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Full text of "Unter den Papua's: Beobachtungen und Studien über Land und Leute, Thier- und ..."

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Unter den Papuas. 

i-»»H 

Beobachtungen und Studien 

Ober 

Land und Leute, ThieF- und Pflanzenwelt 

in 

Kaiser -"Wilhelmsland. 




Von klagen 

Dp. med., Hofralh. 



Mit 46 Vollbildern in Lichtdruck, 
fast durchweg nach eigenen Original-Aufnahmen. 



Otffe^ 



WIESBADEN, 
C. W. KREIDBXi'e VERLAG, 

ISO». 



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Alle Rechte vorbehalten. 



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■J.ll 



Vorwort. 



\-)bs vorliegende Buch sollte ursprünglich nur mein eigenes, während eines fast anderthalb- 
jährigen Aufenthalts in Stefansort an der Astrolabebai gesammeltes naturwissenschaftliches Material 
wiedergeben, ähnlich wie ich das bei meinem Pflanzen- und Thierleben von Deli auf der Ostküste 
Sumatra's gethan hatte. Bei Bearbeitung desselben erwuchs mir jedoch unter der Hand die Lust zu 
tieferem Eindringen, das Bedürfniss nach weiteren Gesichtspunkten; ich sah mich bald genöthigt, auf 
andere Gebiete überzugreifen, andere Gegenden und Länder heranzuziehen, so dass sich an die „Be- 
obachtungen" unwillkürlich die „Studien" reihten. Die natürliche Folge war, dass die Herausgabe, 
welche schon 1897 erfolgen sollte, sich um zwei Jahre verspätete. Ich darf wohl sagen, dass ich mir 
redlich Mühe gegeben habe, die vorhandene Literatur ausfindig und mir nutzbar zu machen; ich 
habe dabei die Regel befolgt, die Autoren möglichst mit ihren eigenen Worten reden zu lassen, weil 
ich der Meinung bin, dass dadurch am besten Missverständnisse und Entstellungen vermieden werden. 

Wenn auch so diese Arbeit vielfach über die Grenzen des ursprünglichen Zieles, die Betrachtung 
der Verhältnisse an der Astrolabebai, hinausgreift, so bildet diese doch immer die Grundlage, nament- 
lich für die Besprechung der Eingeborenen. 

Dass ich in Sprache und Darstellungsweise beflissen war, den trocken wissenschaftlichen 
Ton möglichst zu vermeiden, wird mir hoffentlich nicht als Fehler angerechnet werden. 

Von den beigegebenen Tafeln sind neununddreissig eigene Original - Aufnahmen , von den 
übrigen wurden sechs durch meinen ehemaligen Assistenten und Hospital- Verwalter Kunzrnann auf- 
genommen und mir bereitwillig zur Verfügung gestellt; eine habe ich von Herrn B. Geisler erhalten. 

Ich sage denselben, sowie den Herren Geh. Hofrath Dr. E. Wagner, dem Director des 
grossherzoglich badischen Museums für Alterthums- und Völkerkunde, Dr. W. Kobelt in Schwan- 
heim und Prof. Dr. Kinkelin in Frankfurt a. M., welche mich in liebenswürdigster Weise unter- 
stützten, meinen herzlichsten Dank. * 

Frankfurt am Main, den 20. Juni 1899. 

B. Hagen. 



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Inhalts - Uebersicht. 



I. Reisebericht: Entschiusa zur Reise. Dampfer „Preussen." Singapore. Katx Brothers. Dampfer „Lübeck." 
Die beiden Engländer. Friedrich -Wil heim shafen. Landeshauptmann Schmiele. Hauptadministrateur v. Hagen . S. 1—11 

II. Klima, Gesundheit* Verhältnisse : Besiedelung Neu-Guinea's. Ist Kaiser-Wilhelmsland das deutsche 
Cayenne? Geographie. Geologie. Hydrographie. Meteorologie: Temperatur, Regen and Wind, Feuchtigkeit der Luft, 
Gewitter, Erdbeben. Gesund heitsv e rhältni sse : Malaria, Muskitotheorie, Ursachen der hohen Sterblichkeitsziffer, Influenza, 
Pocken, Dysenterie, Beriberi, Vergleichung mit dem sanitären Entwicklungsgang von Deli auf Sumatra'a Ostküste S. 13—52 

III. Pflanzenwelt: Malayischer Charakter derselben. Pflanzen geographisches. Botanischer Spaziergang vom 
As Irolabe Strand bis zum Gipfel des Owen Stanley-Gebirges: Strand, Küstenwälder: Blumen und Blüthen. Brennnesseln. 
Palmen. Savanen. Urwald. Ameisen pflanz ei). Bergwald. Alpenrosen. Orchideen. Alpine Vegetationszone. Coniferen. Leontodon 
laraxaeum. Gipfelflora : Vergissmeinnieht, Erdbeeren, Haidekraut S. 53 — 78 

IV. Thierwelt. Erlaubnissscheine zum Paradiesvogel-Schiessen. Schiessjungen. Allerlei Sammelschwierigkeiten. 
Säugethiere. Vögel: Tauben, Papageien, Paradiesvögel. Reptilien: Schlangen, Krokodil, Eidechsen, Frösche. Fische. 
Schildkröten. Conchylien. Käfer. Schmetterlinge: Flugzeit, Verbreitungsweise, endemische Formen . . . . S. 79—115 

Allgemeine naturwissenschaftliche Betrachtungen über den Entwicklungsgang Neu-Guinea's: Palaeontologisches. 
Neu-Gninea hat bis zum Ende der Kreideperiode den gleichen Werdegang wie Australien und bildet mit diesem zusammen 
einen Theil des alten südhemisphärischen Gondwanalandes. Schwankungen der Erdachse und deren Effecte. Schöpfungs- 
centren. Glossopteris und ein Theil der Coniferen südhemisphärischen Ursprungs. Phyto- und zoogeographische Beziehungen 
Neu- Guinea' s und Australien'? zu Südafrika und Südamerika. Antarctis. Die Lostrennung Neu-Guinea's von Australien 
fallt zeitlich mit der Isolirimg Australiens von der übrigen Welt zusammen. Auf gemeinsamer Grundlage getrennte 
selbständige Entwicklung S. 115—132 

Kurze Uebersicht der naturwissenschaftlichen Erforschung Deutsch -Neu-Guinea's und der Männer, welchen 
wir sie verdanken S. 132—142 

V. Die Eingeborenen. Name, Abstammung, Einwanderung. Die Ansichten verschiedener Forscher hierüber. 
Worin dieselben übereinstimmen. Die Einwanderung der Polynesier ins parifische Gebiet eine unfreiwillige, durch Ver- 
schlagungen bedingte. Die Wiegen des Menschengeschlechtes. Ein tertiäres Letnurien unmöglich. Ueher die Abstammung des 
Menschen. Primäre autochthone Lokal Varietäten. Die verschiedenen Einteilungen des Menschengeschlechts. Die Papna's 
gehören zur Südrasse. Gemeinsame somatische Eigenschaften derselben. Die Bewohner des deutschen Schulzgebietes 
repräsentiren drei Haupttypen: den Bismarckarchipeltypus, den Bukatypus und den Festland typ us. Der erstere mit den 
Australiern, der zweite mit dem dravidisch-negroiden, der dritte mit dem malayischen verwandt, dem nord- indische Ein- 
sprengungen beigemischt sind (Bergtypus und Küstentypus). Bei allen dreien findet sich als Grundzug der ur- oder prae- 
malayische. Weite Verbreitung desselben. Spuren und Reste einer grossen chamaeprosopen und platyrrhinen südlichen 
Urrasse auf dem ganzen zersplitterten Areal des alten Gondwanalandes. Längs des Nordrandes desselben zerstreut die 
Negroiden. Bei den Papna's Deutsch-Neu-Guinea's zeigen Männer und Frauen verschiedenen Typus; der (indische) Küsten- 
typus erbt sich fast ausschliesslich im männlichen Geschlecht fort Schönheitsideal des Papua S. 143—166 

Spezieller Theil, hauptsächlich die Verhältnisse der Ansiedhing Bogadjim behandelnd: Toilette - Geheimnisse. 
Färben und Einölen der Haut Körpergeruch. Haarpflege und -Färbung. Bari Kleidung und Schmuck. Waffen. 
Hausrath. Musikinstrumente. Arbeits- und Ackerbaugeräthe S. 167 — 193 

Grundbesitz. Eigenthumsverbältnisse. Hausthiere. Die agrarische Frage. Kulturpflanzen. Häuser. Feuer 

S. 193—204 

Sprachliches: Sprachenzersplitterung. Die Bogadjimsprache. Geherdensprache. Ausdruck der Gemütbs- 
bewegungen S. 205—212 

Handel und Wandel S. 218—220 

Staat und Gesellschaft: Familie. Mutterrecht. Polygamie. Stellung der Frau. Regierungsform. Keine Häupt- 
linge. Tamo koba und tamo bole. Spur einer Adelskaste S. 221—228 



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Geburt. Kindererziehung. Namengebimg. Geheimname. Entwicklung. Initiationsfeste. Reschnei düng. Spiele. 
Ideal weiblicher Schönheit. liebe, Werbung, Verlobung, Brautstand, Heirath. Frauenkauf, Fraueuraub. Küssen unbekannt 



Eheliches Zusammenleben. Essen und Trinken. Genussmittel. Kial. Jagd, Fischerei S. 214—248 

Charakterschilderung. Krieg, Kampf, Friedens zeichen. Blutrache. Anthropophagie S. 248— 265 

Krankheit Verzauberung als Krankheitsursache. Medizinen. Chirurgie. Tod. Todtenklage. Beerdigung. 

Erbsdiaftsrerhältnisse. Trauer S. 266—264 

Religiöses: Fortdauer des Lebens nach dem Tode. Buka und rotej. Aufenthalt der Seelen nach dem Tode. 

Ahnenkult. Ahnenbilder. Zauberei. Geheimkult des Asa. Festtime S. 266-276 

Kunst und Wissenschaft. Schlussbemerkungen S. 277-278 



Anhang. 



I. Mfirchen und Sagen der Eingeborenen aus Kaiser-Wilhelmskuid. 
II. Wörterliste der Bogndjim-Sprache. Mitgetheilt von Herrn A. Hoffm 

III. Systematische Listen: a) der S&ugethiere, 

b) der Vögel, 

c) der Reptilien und Balrachier, 

d) der Schmetterlinge, 

e) der Conchylien. 



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Verzeichniss der Lichtdrucktafeln: 



Die „Lübeck" auf der Rhede von Stefansort .... - Titelbild 

Missionar Hoffmann und sein Haus in Bogadjim Seite 1 

Ein deutscher Geschaftspalast in Singapore „ 2 

Die Bergzilge an der Astrolabebai, gesehen von Stefansort „ 6 

Hein Hans in Erima „ 12 

Die Apotheke in Stefansort „ 26 

Inneres des Hospitals für Lei chtk ranke in Stefansort „ 84 

Ein beriberikranker chinesischer Kuli „ 42 

Seestrand bei Bogadjim „ 52 

Einmündung eines Waldbachs in die See „ 54 

Ein Schraubenbaum (Pandanus spec.) „ 56 

Der Urwald „ öS 

Ein „Schiessjonge" mit seiner Beute „ 78 

Mein halber SchmetterlingajuDge und ein Tamo ans ttarima mit Bogen nnd Pfeil „ 80 

Eine Riesenschlange {Pjlhon amethystinua Sehn.) „ 96 

Aufbruch einer Expedition in's Innere „ 114 

Hauptadministrationsgebaude der Astrolabe-Compagnie „ 132 

Tamo's von Bogadjim an der Astinlabebai „ 142 

Aegil, ein typischer Bogadjim -Tamo „ 142 

Ein Mann von Bih'bili mit Cuscusfell- Mütze „ 168 

Salon für Haarschneiden und Rasiren vermittelst Glasscherben „ 168 

Ein Neu - Mecklenburger mit schlingenförmig ausgedehntem Ohrläppchen und ein Neu-Pommer mit 

Pudellockenkopf „ 170 

Papua vom Hüongolf. An der Stirn zahlreiche Ad erlass- Narben „ 170 

Hein Freund Kubai, ein „Tamo koba" von Bogadjim „ 170 

Eine Wiltwe aus Bogadjim, die sich ihren Trauerrock flicht „ 172 

Alter Krieger aus Bogadjim „174 

Werkzeuge und Waffen aus Deutsch -Neu -Guinea „ 174 

Stellung beim Pfeilschiessen „ 176 

Thönerne Kochtöpfe, roh ornamentirt „ 182 

Junger Tamo aus Bogadjim im Festsclimuck, die Trommel schlagend „ 184 

Zweistöckige Hänser in Bogadjim „ 202 

Ein Bdnlje (Mfinnerhaus) in Bogadjim „ 202 

Ein Bilibili - Boot mit Ausleger und Aufbau „ 218 

Partie aus der Ansiedhing Bogadjim „ 220 

Kodi koba, ein uralter Tamo aus Bogadjim „ 226 

Eine vom Feld heimkehrende Tamofrau aus Bogadjim mit ihrem Sprössling „ 232 

Dorfidyll aus Bogadjim «240 

Grosses Krokodil -Festessen in Bogadjim „ 244 

Zwei Damen aus Bogadjim „ 262 

Eine trauernde Wittwe ans Bogadjim „ 262 

Ein trauernder Wittwer vom HQongolf „ 262 

Silum, ein hölzernes Ahnenbild aus Bogadjim „ 266 

Tamfest in Bogadjim I „271 

U „271 

Kakadu -Tanz der Jabim's von Finschhafen „ 272 

Eingeborene von der Gazelle - Halbinsel Neu ■ Pommerns, zum Tanze geschmückt und bemalt .... „ 274 



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Reisebericht. 



Na, 



Nach einem dreizehnjährigen Aufenthalt war mir Deü, das berühmte Tabaks-Eldorado auf 
der Ostküsle Sumatra 's, nachgerade langweilig geworden; wohin ich blickte, überall Bekanntes, Ge- 
wohntes; die anfangs so ehrfurchtsvoll angestaunten Urwälder bargen für mich keine Geheimnisse 
mehr; ich durfte wohl mit gutem Gewissen behaupten, dass nur wenige Thiere darin umherliefen 
und mir wenige Vögel sich in den Zweigen wiegten, die mein Auge nicht beobachtet, meine Büchse 
nicht erbeutet hätte. Sogar die blauen vielzackigen Bergzüge des Hinterlandes und die von ihnen 
begrenzten Hochebenen von Karo und Toba waren mir nicht unbekannt geblieben und ich war einer 
der Ersten, der sie forschend monatelang durchstreifen durfte. Das Herz, das unruhige, wilde 
Abenteurerherz (rieb mich fort , weiter, weiter , in neue Länder, zu neuen Völkern, in neue 
Umgebungen ! 

Neu-Guinea! Diese geheimnissvolle Zauberinsel, dieses bis vor kurzem noch halbverschollene 
Dornröschen unserer Geographie und Naturforsch ung, das war schon längst das heiss ersehnte Ziel 
meiner Sehnsucht, das hatte mir's schon angethan, als ich sozusagen noch „im Flügelkleide" zur 
Schule ging. Einmal im Leben wenigstens wollte ich seinen Boden belrclen; und in meinen Träumen 
sah ich mich als den Ritter, dem es gelang, dieses schlafende Prinzesslein zu erlösen. 

Es hat mich aber schlecht empfangen, das böse Röschen, und wollte sich gar nicht ent- 
zaubern lassen; ich mussle sogar froh sein, dass ich nach kaum Vj t Jahren gerade noch mit blauem 
Auge und grosser Milz seiner fiebersehwangeren Umarmung entrinnen konnte. 

Da mir bei meiner Geburt keine gütige Fee ein bischen Handels- und Schachertalent und 
Sinn für das liebe Gold oder gar dieses selbst in die Wiege gelegt hat, so war ich genöthigt, mein 
Diplom als approbirter Arzt im Gebiet des Deutschen Reiches — und seiner Colonieen, wird man 
nun bald hinzusetzen müssen — hervorzusuchen, und mich in den Dienst der Neu-Guinea -Compagnie, 
d. h. eigentlich der subspecies Astrolabe-Compagnie , zu stellen. Ich wäre natürlich viel, viel lieber 
als freier, in keiner Weise eingeengter Mann hingegangen, denn der ärztliche Beruf in dem verrufenen 
Neu-Guinea war voraussichtlich keine Sinecure und liess mir wenig Zeit zur Erforschung des Landes. 
Diesen Umstand bitte ich bei der Bcurtheilung und Vergleichung meiner Resultate mit denen anderer, 
durch keine Berufsfessel gehinderter Reisenden mildernd in Rücksicht zu ziehen. Durch die That- 
sache, dass auf mich als einzigen Arzt eine Arbeiterbevölkerung von über 2000 Menschen angewiesen 
war, von denen ein grosser Theil beständig krank in den Hospitälern lag, verboten sich grössere 
Ausflüge und Expeditionen ins Innere von selbst und meine Studien und Forschungen wurden natur- 
gemäss auf den engeren Umkreis meines Wohn- und Amtssitzes Stephansort im hinteren Winkel 
der Astrolabebai beschränkt. Als ausgezeichnetes Studienfeld hatte ich hier in nächster Nähe die 
grosse Dorfgemeinschaft Bogadjim, die grössto Eingeborenen-Ansiedlung an der Astrolabebai und als 
sprachkundigen, stets hillsbereiten und gefälligen Lehrer und Freund den Missionar Hoffmann, der 
mir in selbstlosester Weise seine durch mehrjährigen Aufenthalt gewonnenen reichen Kenntnisse zur 
Verfügung stellte. Ich verdanke ihm sehr viel und werde in der Folge seinen Namen noch oft zu 
erwähnen haben. Auf Tafel 2 gebe ich ein Bild des dortigen Missionshauses. Wie oft habe ich 



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_ 2 - 

auf der gastlichen Veranda desselben gesessen und mich von dem tüchtigen Manne über Sitten und 
Gebräuche der Papuas belehren lassen! Der Eingeborene im Vordergrunde links ist der später im 
ethnographischen Theil noch erwähnte und abgebildete Kubai. 

Am 28. August 1893 ging ich in Genua an Bord des hübschen Dampfers „Preussen" vom 
Norddeutschen Lloyd. Derselbe ward geführt von Kapitän Högemnnn, einem der gebildetsten und 
liebenswürdigsten Kapitäne, die ich kenne; und ich habe doch schon manches gule Schiff unler meinen 
Sohlen gehabt und manchem Kapitän die Hand geschüttelt. Er war ein richtiger Passagierkapitän. 

Es gibt kein schöneres und sorgenloseres, gemüthlicheres Reisen als das zu Schiff. Wenn 
das letzte Haltesei! gelöst ist, so weiss man, dass für so und so viel Tage jede Verbindung mit der 
übrigen Welt abgeschnitten ist; die ganze Erdkugel mit all ihren Sorgen und Mühen und Lasten 
bleibt hinter uns, und der Mensch „procul negotiis" wird wieder zum Menschen; das Bedürfniss 
nach Unterhaltung verwischt Rang und Stand und das gesellschaftliche Talent geräth zur ausschliess- 
lichen Geltung. Jeder studirt den Andern auf seine diesbezüglichen Fähigkeiten ; und selbst an dem 
ärgsten Misanthropen werden zuletzt ein paar halbwegs amüsante Seiten entdeckt. An den Eigen- 
thümlichkeiten und kleinen Liebhabereien des Einzelnen nimmt die ganze Gesellschaft theil. 

So spielte uns die Schiffskapelle während der Fahrt häufig den damals gerade im Schwang 
befindlichen Gassenhauer: „Die Male geht nach Afrika, die Male bleibt nicht hier". Dies hatte ich 
zu meiner Leibmelodie erhoben und männiglich an Bord wusste das; es war ja auch so sinnig und 
passte so hübsch zur Situation! Als ich nun nach vielem Händeschütteln endgiltig in Singapore den 
Dampfer verliess, da liess mir der liebenswürdige Kommandant zum Abschied noch mein schönes 
Leiblied nachblasen ; und ich stand auf den schwarzberussten Bohlen von Tandjong pagar und wehte 
mit dem Tuche der langsam weggleitenden »Preussen" und ihrem braven Kapitän meine letzten 
Grüsse zu und mählich verklang der Refrain : „Male, Male, lebt denn meine Male noch ?* Ist es nicht 
komisch, dass mir der Gassenhauer Thränen in die Augen trieb? 

In Singapur*! hatte ich das Glück, meinen lieben, alten Freund Katz aus Frankfurt am Main 
zu treffen, den Inhaber und Chef des augenblicklich wohl bedeutendsten Handelshauses an diesem 
Welthandelsplal ze. Katz ist ein selfmade man im vollen und guten Sinne des Wortes; durch eisernen 
Fleiss, Kenntnisse und Willenskraft hat er sich vom einfachen Handlungsreisenden zum Millionär und 
Chef eines Welthauses emporgeschwungen und, was noch merkwürdiger ist, er ist dabei ein lieber, 
bescheidener, Jedem gern gefälliger Mensch geblieben, der in seinem Hause ungemessene Gast- 
freundschaft übt. 

Von der Bedeutung des Hauses Katz Brothers, die dem deutschen Leser bereits durch die berufene 
Feder v. Hesse-Wartegg's in einem Artikel der „illustrirten Zeitung" (23. Dezember 1897) vor Augen 
geführt ward, kann man sich einen Begriff machen, wenn ich sage, dass es ausser dem Haupt- 
geschäft in Singapore noch Filialen hat in Sumatra, Borneo, Penang und in Europa in London und 
Frankfurt a. M. 

Das neue Geschäftsgebäude in Singapore (s. nebenstehende Abbildung) stellt einen gross- 
artigen Handelspatast mit riesigen Verkaufshallen dar, in denen sich der neue Ankömmling wie der 
Alteingesessene mit allen Bedürfnissen im weitesten Umfang des Wortes gut, billig und schnell ver- 
sorgen kann. Während meines ganzen Aufenthaltes in Neu-Guinea, wie früher schon in Sumatra, 
haben mich „Katz Brothers" in ausgezeichnetster Weise verproviantirt. 

In Osborae house, der grossen, geräumigen Villa des Herrn Katz, verlebte ich bis zum 
Abgang des Neu-Guineadampfers noch einige sehr vei-gnügte Tage. Unter Anderem nahm ich auch 
Gelegenheit, eine genanntem Herrn gehörige, 8 oder 8 englische Meilen von der Stadt entfernte 
Planlage — Tebon Luisa Eslate — zu besuchen, wo ein Versuch gemacht war, Pfeffer zu eultiviren. 
Die Stauden standen ziemlich kräftig und schön und hatten viele Trauben angesetzt, sind aber doch 



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Taf. 3. Katz Brothers. Ein deutscher Geschäftspalast in Singapore. 



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_ 8 — 

schliesslich zu gründe gegangen; der sterile, trockene, eisenschüssige Boden mag ihnen nicht benagt 
haben. Ein paar hundert Liberia-Kaffeebäume befanden sich hier jedoch augenscheinlich in ihrem 
Element und strotzten von Gesundheit und Früchten. Die Hauptcultur bestand in dem bekannten 
Citronellagras, das eine Spezialität Singapore's zu sein scheint. Das aetherische Oel dieses hübschen, 
stark nach Citronen duftenden Grases wird in der Seifenfabrication verwendet, und dos Singapore- 
produet soll einen besonderen Ruf haben. Die Witwe des bekannten Begleiters Wallace's auf dessen 
Reisen in den Molukken, Charles Allen, welche ich besuchte, besitzt in der Nähe ebenfalls eine solche 
Gitronellaplantage. 

Am 26. October Abends ging die „Lübeck" (siehe das Titelbild), ein massig grosser 
Dampfer des Norddeutschen Lloyd, welcher alle 6 — 8 Wochen die Verbindung zwischen Deutsch- 
Neuguinea und Singapore besorgte und von Capitan Dewers, einem alten Bekannten aus metner 
Delizeit her, befehligt wurde, auf die Aussenrhede und dampfte am folgenden Morgen nach Batavia 
ab. Vorher wurden noch über hundert chinesische, für die Astrolabe-Compagnie zum Tabaksbau 
bestimmte Kulis eingeschifft, so viel ich sehen konnte, und wie sich nachher zur Evidenz heraus- 
stellte, fast durchweg elende, ausgemergelte Opiumraucher, die wahrscheinlich nirgends sonst Arbeit 
und Unterkommen finden konnten. Kein Wunder, dass bei solchem minderwerthigen Menschen- 
material die Sterblichkeit in Neuguinea eine so hohe war! Die Kulis waren ja freilich alle vom 
Arzt in Singapore untersucht und „fit for iield-labour" befunden worden, und ich nehme sogar an, 
dass dies gründlich geschehen sei, denn der Arzt erhielt für jeden untersuchten und tauglich 
befundenen Kuli einen halben Dollar. Aber vom Arztzimmer bis an Bord des Dampfers ist noch 
ein weiter Weg und die chinesischen „brookers" sind schlau. Noch während der Einschiffung unter 
unsern Augen verwandelte sich ein untersuchter, junger, gesunder Kuli in einen alten, nicht unter- 
suchten Greis mit total gelähmtem linkem Arm. 

Am 29. Morgens 7 Uhr kamen wir auf der Rhede von Batavia an und nahmen da noch 
weitere 75 sundanesische Arbeiter an Bord, ebenfalls für Deutsch-Neuguinea resp. die Astrolabe- 
Compagnie bestimmt, Männer, Frauen und Kinder. Ihretwegen liefen wir auch nicht in den Hafen 
ein, damit die Leute, welche bereits Vorschuss (30 Gulden) empfangen hatten, nicht in Versuchung 
kommen sollten, davonzulaufen. Ein alter Schout (Poiizeicommissär) begleitete als Aufsichtsorgan 
der niederländisch-indischen Regierung, welche sehr für ihre Unterthanen besorgt ist, die Leute an 
Bord und examinirte noch in Gegenwart von Kapitän und Agenten Mann für Mann: „Suda trima 
voorschot?" Hast Du Vorschusa empfangen? 

Um 1 Uhr Mittags verliessen wir Batavia, hinter dessen bewaldeten Ebenen die Vulkane 
Salak und Gedeh herübergrüssten, der letzte Abschiedsgruss der civilisirten Welt. 

Am 31. October befanden wir uns gegenüber der Insel Bawean, der Heimath all' der fleissigen, 
braven Leute, welche im ganzen Osten als vorzügliche Matrosen, gute Pferdeknechte und tüchtige 
Zimmerleute eines ausgezeichneten Rufes gentessen. Als ich des Morgens gegen 1 /t? Uhr auf Deck 
kam, verschwanden eben die letzten blauen Bergkuppen am Horizont. Im Wasser trieben sich 
ausserordentlich viele Seeschlangen herum, 2 Fuss lang, grünlich mit dunkleren Querringen, eine un- 
heimliche Gesellschaft und äusserst giflig. 

Da unser Dampfer auf seiner Fahrt sich durch die ganze Menge der Molukkeninseln hindurch- 
winden musste, so gestaltete sich dieselbe zu einer äusserst interessanten, und man kann sich die 
Tantalusqualen eines armen Naturforscherherzens vorstellen, wie ich so eine nach der andern dieser 
klassischen, grünen Schmetterlingsinseln in fast greifbarer Nähe, und doch so unerreichbar, am 
Horizont auftauchen, langsam in all' ihrer tropischen, üppigen Schönheit vorüberschweben und endlich 
wie einen verklungenen Traum langsam und feierlich wieder in den Ocean hinabsinken sah. 

Es seien mir aus meinem Tagebuch über diese Reise folgende kurze Notizen anzuführen gestattet: 



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31. Oclober, Unter den Passagieren befinden sich zwei komische Käuze, zwei englische 
.Naturforscher", die eine Sammelreise nach Kaiser-Wilhelmsland machen wollen, Capt. Cotton und 
Capt, Webster. Sie sind wunderbar gut mit allem Möglichen ausgeröstet und haben Empfehlungen 
von Rothschild und Hansemann. Ihre naturwissenschaftlichen Kenntnisse scheinen nicht allzu weit 
her Eil sein, denn sie haben, wie sich im Lauf der Unterhaltung ergiebl, keine Ahnung, welche Fauna 
sie in Neuguinea erwartet. Der eine, Gapt. ('.., ist ein langer, magerer Herr mit einem etwas spitzen 
Vogelgesicht, der auf dem rechten Auge blind ist infolge eines Hufschlags ,a horse kicked me, you 
know." Infolgedessen hatte er ein eigens geschafftes Gewehr, das er an die rechte Wange anlegen 
und mit dem linken Auge visiren konnte. Er war im übrigen, ebenso wie sein kleinerer und 
lebhafterer College W. ein recht gemütlicher, humorvoller Mensch; das Paar bereitete uns während 
der Reise vielfach Unterhaltung und Vergnügen. 

1. November. Wetter heiss, windstill, die See wie Oel. Auf dem Wasserspiegel eigen- 
tümliche Strassen von rüthlichen Tangfeldern mit viel umhertreibendem Detritus, worauf Albatrosse 
sitzen; viele Tümmler, vulgo Schweinftsche, die lustig neben uns her purzeln. Eine Angel ausgelegt, 
aller Nichts gefangen als das Kiemenstück eines losgerissenen Fisches. 

Um 5 Uhr Nachmittags den grossen, hübschen Leuchtthurm auf der Brill-Bank (Paka Katapa) 
südlich von Celebes passirt. 

Alles lässt sich vom Schiffsarzt mit frischer animater, aus dem Vaccine-Institut von Buiten- 
zorg stammender Lymphe impfen, da in Kaiser-Wilhelmsland die Pocken arg wüthen sollen. 

2. November. Heute Morgen gegen 3 Uhr die Strasse zwischen Celebes und den Saleyer- 
Inseln passirt. Gegen 4 Uhr Nachmittags kommt die Insel Buton in Sicht, an der wir ganz nahe 
vorbeifahren, so dass die Details der ziemlich bergigen Küste gut zu sehen sind. Die Berge, wie es 
schien, Kaikgestein mit vielen Höhlen, schätzte ich auf 2000 Fuss. Ein Bergkegel, dicht an der See, 
ist nach Osten scharf halbringförmig fast 1000 Fuss tief eingestürzt, ein schauerlich grossartiges 
Amphitheater. 

Buton scheint an dieser Stelle ziemlich bewohnt zu sein; eine Masse Rodungen und Gärten, 
jeder säuberlich mit Planken oder Steinplatten eingezäunt, ziehen sich an den Berglehnen hinauf. 
Fünf bis sechs Prahu's, die wahrscheinlich vom Fischfang heimkehrten, hlssten bei unserer Annäherung 
die holländische Flagge. Sie hatten alle den merkwürdigen, dreieckigen Holzrahmen als Mast, den 
ich hier zum ersten Mal sah. 

Abends war ein wunderbares Meeresleuchten zu bemerken. Die ganze See rings um die 
Lübeck schien besät mit grossen phosphorescirenden Sternen. Wir machten uns das Vergnügen, die 
leuchtenden Körper mit einem Eimer aufzufischen und entpuppten sich dieselben als fingerlange und 
dicke, granulirte, oben geschlossene Gallertröhren, Pyrosoma-Arten, deren Granulationen bei jeder 
Berührung, sowie beim Schütteln des Gefüsses hellauf phosphorescirten. 

3. November. In der Nacht die Butonstrasse passirt. Gegen Abend erscheinen links die 
Berge Buru's, an welcher Insel wir ziemlich nahe vorbeifahren. 

4. November. Gegen Mitlag passiren wir die Insel Obi major, und bald darauf die ganze 
Gruppe der bergigen, dichlbewaldeten Obi-Inseln, späterhin, gegen Abend, kommen links in der Ferne 
die Bcrgkuppen von Mysole in Sicht. 

Während der Nacht fuhren wir nur mit halber Kraft, wegen der Nähe der engen, bei Dunkelheit 
nicht passirharen Pittstrasse zwischen Batanta und Salawatti. Wir erreichen dieselbe am 5. November, 
Morgens 6 Uhr. Sie ist sehr eng, so dass ein cinigermassen grosses Schiff kaum darin wenden 
könnte. Wir halten uns näher an der Küste Batanta's, deren überreich bewaldete Höhen in allen 
Details zu sehen sind. Es ist ein wunderhübscher, prächtiger Anblick. Einige Bäume stehen ganz 
in rosenrolhe, andere wieder in feuerrothe Blüthendecke gehüllt, Mit dem Feldstecher sind in einer 



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— 5 _ 

Baumkrone ganz deutlich zwei schneeweise Kakadus zu sehen, die ersten Kakadus in der Freiheit! 
Zwei Schmetterlinge kommen an Bord zu Besuch, eine dunkle Euploea und ein anderer nicht zu 
diagnostirender ; dieselben thun mir aber nicht den Gefallen, sieh fangen zu lassen. Capilän Wehster 
ist glücklicher gewesen, der hat gestern Abend einen hübschen Nachtschmetterling gefangen (eine 
Eusemia). Am Strande, oft nur in einer kleinen Waldlücke, stand hie und da ein Häuflein, höchstens 
fünf, elender viereckiger Häuser, mit Baumrindendach und in spitzen Giebeln ausgeschweift wie die 
Batakhfluser in Sumatra. Die Hütten stehen theils auf dem Boden, theils auf Pfählen. Das Wasser 
der See ist wunderbar blau, manchmal blitzen darin kirschgrosse runde, nicht deutlich erkennbare 
Körper in grüngoldenem Scheine auf, wahrscheinlich Quallen. 

Hinter Salawatti tauchen gegen die Mittagsstunde in der Ferne blaue Höhenzüge auf — 
Neu-Guinea! Hurrah, Dornröschen, sei mir gegrüsst! 

Nunmehr geht die Fahrt immer längs der Nordküste meiner neuen Heimath, die ich so recht 
liebevoll und mit befriedigten Blicken betrachte; so ist es mir also geglückt, den so lange und heiss 
ersehnten Boden darf ich bald betreten! 

In einer flachen Bucht liegt ein holländischer Kriegsdampfer. Wir holen zum Gruss unsere 
Flagge nieder, aber Niemand dankt uns; wahrscheinlich schlafen die mynheers. Es ist aber auch 
zu heiss ; die Temperatur des Seewassers heute Morgen betrug 29 ° G. 

Da es Sonntag ist, hält ein an Bord befindlicher Missionar, Barkemeyer hiess er, (der arme 
Mensch ward später auf Dampierinsel stationirt und hatte dort das Unglück, sich auf der Jagd zu 
erschiessen) Gottesdienst ab in der ersten Kajüte, wobei ein geistliches Lied gesungen ward, zu dem 
man die Melodie dem schönen, erhabenen Burschenlied: Freiheit, die ich meine! entlehnt hatte. 
Ob wohl die paar alten Studenten, die sich unler uns befanden, bei diesen Tönen ihr Herz so voll 
und ganz zum Herrn der Heerschaaren erheben konnten? 

6. November. Heute morgen passirten wir das westliche Cap der Geelvinkbai; dahinler 
ragte eine hochgezackte, schroffe Bergkette, die ich auf 6000 Fuss Höhe schätzte, die aber nach der 
Karte 9000 Fuss betragen soll. 

Gegen Mittag liegt zu unser Linken die Insel Mefur und Nachmittags gehen wir durch die 
Geelvinkstrasse zwischen der Schouten- und der flachen Jobi-Insel. Auf dem breiten, weissen Strande 
der letzteren sah man, halb im Wasser, auf hohen, dünnen Pfählen dicht bei einander mehrere 
Häusergruppen. Gleich dahinter befand sich ein Wald von Kokospalmen und weiterhin dichter, 
schwerer Urwald. 

In der Strasse kam uns ein kleines Boot mit übergelegtem viereckigem Rahmen von Bambus- 
stangen und einem elenden kleinen Mattensegel sehr nahe, so dass wir die darinsitzenden 4 Personen 
deutlich beobachten konnten. Das waren die ersten Papuas, die ich zu Gesicht bekam. Es waren 
lange, hagere und magere, dunkelbraune Gestalten, anscheinend ganz nackt ; alle tragen sie den be- 
kannten grossen, dicken Haarwulst, nur der vorderste hatte den Kopf kahl geschoren. 

7. November. Wieder in Sicht von Neuguinea's Küste, die hier ziemlich flach ist. Gegen 
10 Uhr Morgens passiren wir gelbgrünes Wasser, aus dem grossen Ambernok-Flusse stammend, der, 
wie es scheint, seine Fluthen weit hinaus in das Meer trägt. 

8. November. Heute Morgen sieht man eine grosse, 5 — 6000 Fuss hohe Gebirgskette, 
scharfzackig, mit ganz flachem Vorland. Um 10 Uhr sind wir etwa auf dem 142° östlicher Länge, 
mithin schon auf deutschem Gebiet. Das bemerken wir beim Passiren der d'Urville-lnsel. Dort 
stiess bei unserem Herannahen ein Boot mit einer riesigen schwarz-weiss-rothen Flagge ab und 
hielt auf uns zu. Capitän Dewers liess jedoch nicht stoppen, da sich beim Näherkommen heraus- 
stellte, dass nur zwei Eingeborene darin sassen. Dewers erzählte, dass vor kurzem die »Ysabel", 



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der Dampfer der Neu-Guinea-Compagnie, zum Rekrutiren resp. Anwerben von Arbeitern hier gewesen 
sei, und vermuthete, dass die zwei Bootsinsassen sich noch nachträglich anbieten wollten. 

Da heute der letzte Abend ist, den wir an Bord der „Lübeck" zubringen, — morgen Hittag 
sollen wir schon in Friedrich-Wilhelmshafen sein — so fand grosss Abschiedsfestlichkeit statt, welche 
die beiden Englander durch Bauchrednerkünste und Zaubertric's, und meine Wenigkeit durch schöne 
Musik auf der Ziehharmonika verherrlichten. Die Engländer hatten sich speziell auf Zauberkunst- 
stücke und Bauchrednerei in der ausgesprochenen Absicht eingeübt, dadurch auf ihren Landreisen 
den Eingeborenen zu imponiren und sie für sich zu gewinnen. Hätten sie sich lieber auf den 
Gebrauch ihrer schönen, funkelnagelneuen Instrumente eingeübt! 

9. November. Heute Morgen gegen 5 Uhr passirten wir die Vulkaninsel, einen steilen 
Bergkegel mit tiefer Kraterspalte nach Osten, aus der sich eine ziemlich starke Rauchsäule erhob. 
Später,, auf der Rückreise, habe ich auf zwei Stellen nahe dem Gipfel Feuer und Rauch ausbrechen 
sehen. Der ganze Kegel mag ca. 4000 Fuss hoch sein. 

Die Vulkaninsel ist ein äusserst thätiger Vulkan, der seit der deutschen Occupation Neu- 
Guinea's schon mehrfach Unglück, selbst auf weite Strecken, bis nach dem Bismarck- Archipel hin 
gebracht hat. Man erinnere sich nur an die Verwüstimg durch eine Fluthwelle an der Südküste 
Neu-Pommerns, hervorgerufen durch einen Krakatau-ähnlichen Ausbruch desselben, wobei leider auch 
eine Expedition, bestehend aus den Herren von Below und Hunstein nebst 16 Eingeborenen, ver- 
nichtet wurde. 

Das nahe Festland Neu-Guinea's gegenüber der Vulkaninsel hat ein anderes Gepräge als die 
vorhergehenden Küstenstriche, indem das hügelige Vorland stark mit Graswiesen und Savanen 
durchsetzt ist. Dahinter steigen die Berge steil und glatt wie eine Mauer bis zu ca. 3 000 Fuss 
Höhe auf ohne hervorragende Gipfel. 

Gegen 9 Uhr Vormittags taucht vor uns der regelmässig und hübsch geschwungene, lange für 
erloschen gehaltene, aber neuerdings in einem schweren Ausbruch das Gegentheil beweisende Vulkan- 
kegel der Dampierinsel, am Eingang in die Astrolabebucht vor uns auf, und in grauer Ferne sieht 
man bereits die hohen Zackenrücken des Finisterre- Gebirges, an dessen Fuss die Ansiedlung 
Stephansort, mein zukünftiger Wohn- und Amtssitz, liegt. 

Ein prächtiges Panorama thut sich nun vor uns auf. Der Dampfer biegt zwischen Dampier- 
insel und dem flachen Cap Croisilles hindurch in die grosse, weite Astrolabebucht hinein. Da 
thürmen sich ganz nahe an der Küste links vor uns die majestätischen Bergzüge des schroffen, wild- 
gezackten Finisterregebirges in fünf Reihen hintereinander bis über 8000 Fuss hoch empor, eine 
imposante Alpenlandschaft, während zur Rechten die niedrigeren und sanfteren Hänge des Oertzen- 
gebirges sich hinziehen, welche im Nasenberg gipfeln, so genannt wegen eines sehr auffallenden, 
nasenartigen Vorsprungs auf seiner Spitze, der den ansegelnden Schiffen als Landmarke dient. 
Zwischen diesen beiden Gebirgssystemen, die mit ihrem Fusse im Hintergrund der Bucht sich gegen- 
seitig berühren und eine Lücke zur Aussicht in das Hinterland frei lassen, da blauen aus weiter 
Ferne im Innern die klassischen, schön geschwungenen Hochgebirgsconturen des Bismarck-Gebirges 
herüber, das, wie die neueste deutsche Expedition 1896 ja nun endgiltig festgestellt hat, über 
15000 Fuss hoch ist und zeit- und stellenweise eine Schneedecke trägt. 

An landschaftlichem Reiz übertrifft die Astrolabebucht alles, was mir bisher auf der ganzen 
langen Nordküste Neu-Guinea's zu Gesicht gekommen. Es ist ganz unzweifelhaft richtig, dass wir 
Deutsche uns den schönsten, malerischsten und wahrscheinlich auch den fruchtbarsten Theil von 
ganz Neu-Guinea herausgesucht haben. Ich brenne darauf, von Bord zu kommen. 

Welche naturwissenschaftlichen Wunder und Schätze mögen hier noch der Entdeckung, der 
glücklichen Forscherhand harren ! Wer wird der Kühne sein, dem es vergönnt ist, seinen Fuss auf 



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den Gipfel jenes blauen, so verheißungsvoll herüberwinkenden, halbsagenhaften Bismarck-Gebirgcs, 
dieses richtigen, wahren Palastes unseres Dornröschens, zu setzen? Ich ? — ! — ? Die zwei Engländer 
hier werden's nicht sein, das ist sicher. — 

Ich muss jetzt beim Durchlesen dieser in hoffnungsfroher Begeisterung beim Anblick des 
gelobten Landes niedergeschriebenen Stelle meines Tagebuches wehmüthig lächeln. Die Fessel, ja 
wenn die eiserne Fessel des Berufs nicht gewesen wäre! Und die Malaria! 

Punkt ein Uhr kam uns das Hafenzeichen Friedrich -Wilhelmshafens in Sicht, ein grosses F 
auf weiss gestrichenes Wellblech gemalt und an ein paar Stangen an einer frei gekappten Stelle des 
Strandes aufgerichtet. Die Einfahrt in diesen vortrefflichen, durch Finsch entdeckten und nun zum 
Haupt- und Amtssitz des Landeshauptmanns über das gesammte Schutzgebiet der Neuguinea-Compagnie 
bestimmten Hafen ist eng und schmal, erweitert sich aber bald zu einem schönen, mehreren Schiffen 
Raum gewährenden Bassin, in welchem schon der kleine, der Neuguinea-Compagnie gehörige Dampfer 
Ysabel lag. 

Wir legten an einem ziemlich primitiven Steiger an, und konnten nun von Bord aus bequem 
die sämmtlichen am ganzen Ufer zerstreuten Gebäulichkeiten der Residenz Friedrich -Wilhelms- 
hafen mustern. 

Das Haus des Landeshauptmanns, ein schönes, grosses Gebäude, das auf ungeheuer dicken 
Pfählen stand und ganz gut die grosse Summe, von der mir erzählt wurde, gekostet haben mag, lag 
etwas abseits in vornehmer Isotirung hinter einem Stacheldrahtzaun; an der Eingangspforte fand 
ich zu meiner Ueberraschung eine Tafel angebracht mit der warnenden Inschrift: Eintritt verboten! 
Warum musste dies da stehen? Von den 20 Einwohnern Friedrich- Wilhelmshafens wusste jedermann 
ganz genau, wer da wohnte, und keiner lief, wie ich mir habe sagen lassen, dem hohen Herrn 
freiwillig in den Weg; der Fremdenzufluss war andrerseits auch nicht so heftig, — alle 2 Monate 
einer oder zwei — , dass man solche Absperrungsmassregeln hätte treffen müssen. 

Ich gestehe, es that mir weh, dieses kleine unscheinbare Täfelchen mit der in Deutschland 
so selbstverständlichen Inschrift hier in Neu-Guinea und zwar gleich zu Anfang, zur Begrüssung 
gewissermassen, sehen zu müssen. Gerade solche kleinen und kleinlichen Dinge sind es, welche dem 
Neuankommenden , der von den alten englischen und holländischen Kolonieen , von Batavia und 
Singapore, her unwillkürlich den dortigen Maassstab mitbringt, zuerst auffallen und ihn zu Vergleichen 
herausfordern. Der erste Eindruck ist aber erfahrungsgeniäss der am zähesten haftende, und der 
Fremde, der nicht tiefer eindringen kann, klammert sich in seinem Urtheil nur gar zu gern an solche 
Aeusserlichkeiten, wie ich das in Batavia, ganz besonders aber in Singapore, oft genug zu meinem 
Aerger erfahren habe, wo man mit spöttischer und süffisanter Ueberlegenheil über unsere Golonisations- 
bestrebungen urtheille. 

Dicht vor dem Steiger, wo wir liegen, dehnen sich ein. paar grosse Wellblechschuppen der 
Lagerverwaltung der Neu-Guinea-Compagnie; darum herum ein paar kleine, winzige Wohnhäuschen 
— mit Ausnahme der Lagerschuppen steht hier Alles auf Pfählen und Alles ist mit Wellblech gedeckt — 
für die Unterbeamten. Nach links hin folgen dann in einigem Abstand die offiziellen Gebäude: das 
Schreibhaus — in Kaiser- Wilhelmslnnd wird ausserordentlich viel geschrieben — und das Gefängniss; 
weiterhin das schon erwähnte Haus des Landeshauptmanns; links ist also sozusagen das Geheimraths- 
viertel. Nach rechts hin fällt zuerst in die Augen das „Hotel zur feuchten Pappe", wie es der 
Neuguineawitz eines verunglückten Versuclis mit Dachpappe wegen getauft hat, ein grosses, aber 
ausserordentlich unpraktisch gebautes Assistentenhaus. Nicht weit davon steht ein kleines schwedisches 
Holz-Kästchen, das die Wohnung eines ziemlich umfangreichen Arztes darstellt, und daneben das 
grosse geräumige Haus des Stationsvorstehers, das durch seine gehisste Postflagge sich zugleich als 
das Postgebäude kennzeichnet. 



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Wenn wir uns nun umdrehen und auf der andern Seite hinausblicken, so sehen wir auf 
einem kleinen Inselchen das Hospital für kranke farbige Arbeiter, ein paar Gebäude, die seither, 
Gott sei Dank, neueren und zwecfemässigeren Platz gemacht - haben. Zur Seite auf einer grösseren 
Insel, Beiiao, liegt das grosse, hübsch und practisch, fast etwas zu weitläufig, mit Aufwand grosser Kosten 
erbaute Europäer-Hospital, das von Aussen her direct die Seebrise empfangt und meiner Meinung 
nach an einer glücklich gewählten Stelle liegt. Es steht unter der Verwaltung einer Rothen-Kreuz- 
Dame, der früher in Ostafrika thaiigen und wohl manchem Afrikaner noch in dankbarer Erinnerung 
stehenden Schwester Augusta (Herzer), die ich hiermit herzlich grüsse; ob ich ihr wohl jemals wieder 
eine Partie „Halma 1 abgewinnen werde? 

Das ist Friedrichwilhelmshafen, 

Auf der Landungsbrücke hatten sich inzwischen verschiedene Herren eingefunden. Sie sahen 
Alle wohl und gesund aus, namentlich der Arzt, damals Dr. Jentsch, und schienen die bösen Gerüchte 
über die Gefährlichkeit des Neuguinea klimas Lügen zu strafen. Sie sprachen sich auch nicht un- 
günstig über dasselbe aus, namentlich über Friedrich-Wilhelmshafen; das einige Stunden weiter im 
Hintergrund der Astrolabebucht liegende Stefansort sollte weit ungesunder sein. Die interessanteste 
Bekanntschaft, die ich hier machte, war der aus den Kämpfen in Ostafrika her bekannt gewordene 
Corvetten-Gapitän a. D. Rüdiger, ein ausserordentlich liebenswürdiger und allgemein beliebter Herr 
mit blauem Zwicker und graumelirtem Cotelettebart, den, noch in der Vollkraft seiner Jahre, das 
Schicksal als Adlatus des Landeshauptmanns hierher nach Neuguinea verschlagen hatte; er und seine 
liebenswürdige Frau, die den Muth hatte, ihm dorthin zu folgen, sind mir später liebe Freunde ge- 
worden; mögen diese Zeiten, wenn sie ihnen zu Gesicht kommen, ihnen ebenfalls meine herzlichsten 
Grüsse überbringen! 

Alles war gespannt auf das Erscheinen des Landeshauplmanns, über dessen Benehmen 
und Auftreten nur eine — ungünstige — Stimme herrschte und von dessen pedantischer Bureau- 
kralie sowohl in Singapore, als an Bord die merkwürdigsten Erzählungen umliefen. Er liess uns, 
so recht nach der Manier grosser Herren, ein paar Stunden warten, die namentlich ich in grosser 
Ungeduld verbrachte; denn nach dem Festlegen hatte uns sofort schon ein grosser weisser Schmetter- 
ling — eine Tenaris — an Bord besucht und mein Sammlerherz entzündet; aber die Ankunft des 
Landeshauptmanns behufs Vorstellung musste unter allen Umständen abgewartet werden. Endlich 
erschien seine Staatsgig, gerudert von 6 Schwarzen, und hinten, am Steuer, da sass Herr Assessor 
Schmiele, der Landeshauptmann selbst, ein kleiner, dicker Herr mit kugelrundem, gesundem Gesicht 
und graumelirtem Schnurrbart darin, grosse,- dicke, goldene Generalsraupen auf der weissen Jacke 
und eine grosse, weisse Schirmmütze mit breitem goldenen Band auf dem Kopf. 

Nun folgte grosse Vorstellung der Neuangekommenen. Tiefe, devote Verbeugung von Seilen 
dieser, Erheben zweier Finger gegen den Mützenrand von Seiten des Landeshauptmanns — ach, wie 
ich mich freute, hier am Strande Neuguinea's solche hübschen ceremoniellen Complimente zu sehen! 

Ich ward mit einem freundschaftlichen Händedruck und einer Einladung zum Diner (sehr 
vernünftigerweise in Weiss!) nebst den Engländern, Capitän Dewers und dem Ehepaar Hernsheim*) 
beehrt. Das Essen war sehr opulent, die Weine sehr gut, die Unterhaltung sehr animirt, und zu 
meinem Erstaunen der Landeshauptmann sehr liebenswürdig; ich will hier vorausgreifend gleich be- 
merken, dass ich Herrn Schmiele später, als ich ihn erst näher kannte, hoch schätzen und achten 
lernte; es war ein Mann von grossem Wissen, grosser Erfahrung und riesiger Arbeitskraft, so lange 
er gesund war, und, was ich besonders noch ihm anrechne, er hatte ein Herz für die Eingeborenen 
und sah den leider manchmal oft recht brutalen und gransamen Pflanzern scharf auf die Finger; 



*) Hernsheim ist der Inhaber der bekannten Sfldseefirma Hernsheim & Co. in Matupi. Er v 
in Batavia an Bord gekommen. 



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ich habe ihm in Gedanken oft das Vorurtheil abgebeten, mit dem ich ihm, nach den cursirenden 
Erzählungen urtheilend, anfangs gegenübertrat. Er war ein ganzer Mann, der seine volle Kraft an 
die ihm gewordene Aufgabe setzte und darüber zu Grunde ging; was wollen dagegen ein paar kleine 
Schwächen und Fehler besagen? Wer von uns ist frei davon? 

Schmiele war ein sehr gastlicher Herr, und der Wein floss bei ihm stets in Strömen; sein 
oft scherzweise ausgesprochener Grundsatz, dem aber leider sehr viele Europäer in den Tropen noch 
im Ernst huldigen, war: Der Magen muss immer zwei Zoll unter Alkohol stehen, sonst packt Einen 
die Malaria! Nun, sie hat ihn aber doch gepackt, die Malaria, und auf dem Friedhof zu Batavia 
schlummert er schon seit ein paar Jahren unter dem Rasen 

Ich lese mit Wehmuth eben in meinem Tagebuch, wie fröhlich wir nach diesem Diner noch 
bis tief in die Nacht hinein bei ihm weilten, und zum Schluss noch eine Partie Billard spielten, bei 
der die beiden (einzigen) Queues, das Tuch und der Tisch aus dem Leim gingen; nur die Kugeln 
blieben ganz. 

Von Bord aus konnte man morgens sehr hübsch das Antreten von 2—300 schwarzer 
.Jungen", d. i. angeworbener Arbeiter aus dem Bismarck- und Salomonsarchipel, beobachten. Das waren 
nun echte, unverfälschte Papua's, meist grosse, plumpe, roh und grob gebaute, anscheinend nicht 
sonderlich starke Leute mit prognathen, groben Bauernzügen, die bis auf das krause Haar auf mich 
durchaus keinen negerhaften Eindruck machen. Es gibt wahre, veritable Judengesichter darunter, 
mit gebogenen, charakteristischen Judennasen und Zwickelbärten. Die meisten haben sich die dunkle 
Wollperücke und den Bart mit Kalk eingerieben und dadurch weiss oder roth gebeizt Alle haben 
eine weithin wahrnehmbare, unangenehm riechende Hautausdünstung und tragen als einziges Kleidungs- 
stück nur einen Lappen rothes oder buntes Baumwollzeug, den .lawalawa' oder „lawalap", um die 
Hüften, den sie aber offenbar nur als Zierrath, nicht als Bedeckungsmittel ihrer Blosse betrachten, 
denn keiner gibt sich z. B. beim Niedersetzen Mühe, seine entblössten Genitalien damit zu bedecken. 
Unser europäisches Schamgefühl scheint ihnen total zu fehlen und in Wahrheit laufen sie ja auch 
meist auf ihren Heimathsinseln vollkommen nackt. 

Die Weiber haben dieselbe robuste Figur und dieselben groben, urhässtichen Gesichter wie 
die Männer; die Geschlechter haben sich hier, auch im Schädelbau, noch nicht so differenzirt, wie 
bei uns Culturmenschen. Das Einzige, wodurch sie sich von den Männern unterscheiden, ist, dass 
sie alle auf ihren groben, ungeschlachten Wollköpfen mit Stolz und Vorliebe runde, europäische 
Männerst rohhüte tragen, die sie rund herum mit Kakadu- und Papagei-Federn besteckt haben, was 
einen grotesk-komischen Eindruck macht. Denkt man sich nun noch dazu, dass jede von ihnen, 
so gut wie die Männer, einen schmutzigen kurzen oder langen Thonpfeifenstummel mit einem entsetz- 
lich stinkenden, scharf gesossten amerikanischen Trade-Tahak im Mund hält, so ist das Bild der 
papuanischen Schönheit fertig. Ich bedauerte lebhaft, dass mein photographischer Apparat nicht 
zur Hand war, um dasselbe auf der Platte festzuhalten. Wenn die Herrschaften gerade nicht 
rauchen, so stecken sie den kostbaren Pfeifenstummel in den von männigtich getragenen, aus Bast 
geflochtenen Oberarmring oder in das Lendentuch. 

Sie scheinen übrigens sehr harmloser und gulmüthiger Natur zu sein und lassen sich unter 
Scherzen und Lachen von einem wahren Berserker von amerikanischem Nigger, der hier den Auf- 
seher spielt, herumpuffen und anschreien. Da sehe ich also nun Papua und Neger direkt neben 
einander, wenn es auch gerade kein Vollblutneger direkt aus Afrika, sondern nur ein coloured 
gentleman aus den Vereinigten Staaten ist und ich kann nur wiederholen: Kein einziger dieser Ein- 
geborenen hatte solche Aehnlichkeit mit ihm, dass man sie als eines Stammes hätte betrachten 
können; der Mister Joris, oder wie er sonst hiess, war mindestens doppelt so schwarz, wie der 
schwärzeste unter der Papua-Gesellschaft ; wer diese beiden Stämme als sehr ähnlich oder verwandt 



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— 10 — 

mit einander vei gleicht, der tauscht sich eben in seiner Erinnerung, wenn er sie beide lebend neben 
einander stehen hätte, würde sein Urtheil wohl anders ausfallen. Ich will ja gar nicht leugnen, 
dass einzelne Individuen wirklich einen ganz negerhaften Eindruck machen können; das findet sich 
aber auch bei andern Völkern und beweist gar Nichts. 

Der Mister Joris war übrigens sehr stolz auf seine amerikanische Staatsbürgerschaft und 
betrachtete sich den Europäern gegenüber als vollkommen gleichberechtigt, die Eingeborenen dagegen 
als bergetief unter ihm stehend; von ihm lief die Sage, als ein Fremder einmal an' einen Platz 
kam, wo Mister Joris mit seiner Papua-Schaar eben arbeitete, und nach seinem Vorgesetzten frug, 
da habe sich dieser Schwärzeste der Schwarzen stolz in die Brust geworfen und gesagt: J am the 
only white gentleman here. 

Mit welcher Wonne nahm ich, nachdem den Pflichten der Höflichkeit und Etikette Genüge 
gethan war, am nächsten Morgen mein Schmetterlingsnetz zur Hand und ging auf die Insektenjagd 1 
Die Sonne schien so wunderbar schön golden vom blauen Himmel herab, es war noch nicht zu heiss, 
der Thau glänzte und glitzerte noch überall an Busch und Halm — ja, ich stand wirklich und 
wahrhaftig auf dem Boden Neu-Guinea's und durfte leibhaftig in seinen Wäldern herumschweifen! 
' Das Herz schlug mir vor Spannung und Erwartung und ich durchlebte einige Stunden so reiner, 
erhabener Freude, dass die Erinnerung daran mich noch im späten Aller warm und wohlthuend 
durchfluthen wird! Was geht aber auch über den Genuss, den ein echter und gerechter Sammler 
und Naturfreund beim Betreten eines neuen, unbekannten Gebietes empfindet! 

Freudefunkelnden Auges sah ich an den Halmen und Blättern die noch halb schlaftrunkenen, 
wunderbar sctiön gefärbten Arten der kleinen östlichen Bläulinge sitzen; einzelne schwirrten schon, 
im prachtvollsten metallischen Blau schillernd, hoch oben in den dunkelgrünen Baumkronen herum ; 
überall flog und wimmelte und schwirrte es von Insecten, alle in den prächtigsten Farben glänzend, 
wie denn überhaupt nicht blos die Vögel, sondern auch die Insecten Neuguinea's zu den schönst und 
reichst gefärbten der Welt gehören. 

Ich hatte Glück an diesem Tage, indem ich auf diesem einzigen kurzen Ausflug eine solche 
Blumenlese der Thierwelt aller Ordnungen, die Neuguinea bieten konnte, zusammenfing oder wenigstens 
zu Gesicht bekam, wie kaum mehr später. Die fast handgrossen Prachtjuwelen der Schmetterlings- 
welt flogen zahlreich um mich herum: Der azurblaue Ulysses, der schwarz-weisse Ormenus, der 
schwarzgelbe Euchenor, und zuletzt hatte ich noch das Glück, den grössten aller Tagschmetterlinge, 
ein Weibchen des berühmten goldgrünen Priamus zu erbeuten, als es langsam, einem mittelgrossen 
Vogel vergleichbar, durch die Büsche schwebte. Selbst mein malayischer Diener und Fänger Saman, 
den ich schon in Sumatra zum Schmetterlingsfang angelernt und mit nach Neuguinea genommen 
hatte und der auch mit Leib und Seele Schmetterlingsenthusiast geworden war, zeigte sich entzückt 
über die vielen neuen Formen und Farben, so dass er einmal über das andere in laute Ausrufe des 
Entzückens ausbrach. An jedem Busch, ja, fast auf jedem Blatt, klebte ein kleines, grünes Laub- 
fröschlein oder eine kleine weissschalige Schnecke, ein mir ganz unerwarteter Anblick, da Frösche 
und Schnecken in der bislang von mir bewohnten Tiefebene Sumatra's zu den Seltenheiten gehörten. 

In den Baumkronen wiegten sich bunt und grell gefärbte Vögel: Eisvögel hauptsächlich, 
Tauben und einige Papageien. Sogar den sonderbaren grossen schwarzen Kakadu Microglossus 
alerrimus hatte ich das Glück, einmal ganz langsam und niedrig über den Weg fliegen zu sehen. 

Unter der Pflanzenwelt entdeckte ich eine ganze Menge alter Bekannter aus der sumatranischen 
Küstenebene; ist ja die Flora Neuguinea's fast ganz indomalayisch. Auffallend waren die vielen, riesig 
grossen, baumähnlichen Pandaneen. 

Entzückt und hochbefriedigt von diesem ersten kurzen lehr- und erfolgreichen Ausflug kehrte 
ich an Bord zurück. 



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- 11 - 

Unterwegs begegneten mir die beiden Engländer. Der eine trug ein Schmetterlingsnetz von 
fürchterlichen Dimensionen, womit er einen ganzen Storch hätte fangen können, der andere sein 
berühmtes Muster-Gewehr. Gefangen oder geschossen hatten sie noch nichts. Ich erbot mich, sie 
an die Plätze zu führen, wo ich vorhin so erfolgreich Jagd gehalten, und sie nahmen das dankbar 
an. Aber es war mittlerweile 10 Uhr und mehr geworden, die Schmetterlinge flogen schon zu 
unruhig und hoch, und die Ausbeute blieb für den Schmetterlingsmann eine geringe. Der andere, 
der Schütze mit dem sonderbaren Gewehr, welches man rechts anlegte und links abschoss, war 
noch unglücklicher, und traf niemals, obwohl wir eine ganze Reihe von Vögeln schussgerecht be- 
gegneten. Der Effect war stets der gleiche, und die Scene spielte sich automatisch ab wie ein 
Uhrwerk: Der Captain legte an, zielte volle zwei Minuten, und drückte dann los. Der Vogel flog 
weg, der Captain starrte ihm verblüfft nach, sagte: Damned! und ging weiter — Alles, ohne eine 
Miene zu verziehen. 

Am 12. November kam die Dampfbarkasse der Neuguinea-Compagnie „Freiwald*, um mich 
und ein paar andere, ebenfalls für die Astrolabe-Gompagnie engagirte Herren nach Stefansort über- 
zuführen. Eine mehrstündige Fahrt längs des ganz flachen, dicht bewaldeten Küstensaumes der 
rechten Seite der Astrolabebucht, vorbei an dem winzig kleinen, aber für den Eingeborenen-Handel 
sehr wichtigen Inselchen Bilibili, welches vor der Mündung des nicht unbedeutenden Gogolflusses 
liegt, brachte uns dahin. Bei dem flachen ungeschützten Strande von Stefansort und der dort öfters 
stehenden Brandung — die Freiwald ist später in einer solchen zu Grunde gegangen — war das 
Landen etwas mit Schwierigkeit verknüpft, ging aber schliesslich glücklich von statten. 

Hier erwartete und begrüsste mich der Hauptadminislrateur der Astrolabe-Compagnie, Herr 
von Hagen, ein ehemaliger preussischer Artillerieoffizier, der in Deli, dieser Hochschule für Tabaksbau, 
schon seine Sporen verdient hatte. Er weilte erst seit einigen Monaten hier und war damit bemüht, 
die Tabaksplantagen der Compagnie nach Delimuster umzuwandeln. Das war ihm der Kürze der 
Zeit halber noch nicht ganz gelungen; aber er war ein sehr kluger und energischer Mann, der ziel- 
bewusst vorging und der den grossen, umfassenden Blick besass, der hier noththat. 

Auch er ist bereits zur ewigen Ruhe eingegangen. Sein tragisches Schicksal — er ist 
bekanntlich am 14. August 1897 auf einer Streife nach den entsprungenen Mördern des armen 
Ehlers meuchlings erschossen worden — hat mich tief erschüttert. 

Ich sehe ihn noch vor mir, wie er während der Fahrt durch die sauber und schmuck 
gehaltene Pflanzung voll Stolz das bisher Geleistete zeigte und von seinen Zukunftsplänen sprach. 
Gleichwie Schmiele, hat auch er sein Leben an die Erfüllung seiner Aufgabe gesetzt; in diesem 
Punkt stimmten die beiden sonst nicht unerheblich divergirenden Männer überein; jeder stellte einen 
der beiden Haupttypen unserer Colonialverwaltung dar: von Hagen repräsentirte den Degen, Schmiele 
die Feder. 

Da für mich erst ein Haus gebaut werden musste, so bezog ich vorläufig das frühere 
Reichskommissariat, welches nach dem Aufgeben der Station Finschhafen seit Juli 1891 dem Kaiser- 
lichen Kommissar als Wohn- und Amtssitz diente. Späterhin erst siedelt ich in das auf Tafel 4 
abgebildete Haus nach Erima über. 

Hiermit war die Reise zu Ende; ich war Bürger von Neu-Guinea. 



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Klima, Gesundheitsverhältnisse. 



N. 



Neu-Guinea, oder präciser ausgedrückt, Kaiser- Wilhelmsland ist sozusagen unser Schmerzens- 
kind, das uns durch sein ungeberdiges sanitäres Verhalten schon manche trübe Stunde bereitet und 
seinen Müttern viel Mühe verursacht hat. Es hatte nämlich mehrere Mütter: Die Neu-Guinea-Gompagnie 
* und das Reich. Dazu kam noch als eine Art Vicemuüer die Astrolabe-Compagnie ; die ist aber 
jetzt todt. 

Von diesen Müttern schob es immer eine der andern zu. Die ursprüngliche richtige Mutter, 
welche es vor fünfzehn Jahren gebar, war die Neu-Guinea-Compagnie. Als das Kindlein fünf Jahre 
alt war, gab es diese an das Reich ab, um es jedoch schon drei Jahre später wieder zurück- 
zunehmen. Kürzlich nun hat sich der Wechsel wiederholt und das inzwischen herangewachsene 
Kind ist wiederum von der zweiten Mutter in die Arme genommen worden. 

Dass dasselbe bei diesem steten Wechsel der Mütter und der Nahrung nicht recht gedeihen 
konnte, ist kein Wunder. Ich persönlich habe die Kunde, dass das Reich wieder die Verwaltimg 
Kaiser-Wilhelmslands übernehmen wolle, mit hoher Freude begrüsst. Ich halte das für das einzig 
Richtige und hoffe und wünsche nur, dass dasselbe es nunmehr auch für immer in seinen Armen 
halten und an seiner Brust gesunden lassen möge. 

Unser Vaterland ist ja eine kräftige, junge und starke Mutter, der eine zahlreiche Kinder- 
schaar Lebensbedürfhiss ist. Es brauchen beileibe nicht lauter wohlerzogene, braVe und gesunde, 
dicke Colon ialkinder zu sein ; das wäre langweilig und würde die Mutter allmählich abstumpfen ; 
sondern es muss auch muthwillige und ab und zu selbst kränkelnde darunter geben, welche die 
Liebe und Sorgfalt beständig herausfordern ; das erhält gesund und frisch und die Freude, auch solche 
sich zu kräftigen, lebensfähigen Individuen herausbilden zu sehen, ist hernach eine doppelte. 

Die Colonialidee, das Bedürfniss nach überseeischen Niederlassungen ist eine unmittelbare 
und sehr natürliche Folge des deutsch-französischen Krieges und der Einigung der deutschen Stämme 
unter der Kaiserkrone. 

Das haben die alten, gewissennassen concessionirten Colonialmächte auch instinktiv gefühlt 
und suchten die erwachende Expansionskraft des jungen Reiches abzuleiten oder zu paralysiren. 

Namentlich das kleine Holland scheint ein bischen bange für seinen allzu umfangreichen 
Colon ialbesitz geworden zu sein, und daraus ist es wahrscheinlich zu erklären, dass ein holländischer 
Gelehrter, Herr Robide van der Aa, in seinem 1879 erschienenen Buche über Neu-Guinea den 
Deutschen den guten Rath gab, es doch einmal mit der herrenlosen östlichen Hälfte von Neu-Guinea, 
speciell mit der Astrolabebucht, zu versuchen, von wo durch den bekannten russischen Reisenden 
Miklucho-Maclay eben die ersten Nachrichten gekommen waren. 

Nun sind die Holländer ja sehr nette und angenehme Leute, und ich speciell habe sie 
während meines langjährigen Aufenthaltes in den niederländischen Colonieen recht lieb gewonnen; 
aber es sind gute Rechner und noch bessere Kaufleute, und wenn sie Einem so uneigennützig und 



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— H — 

theilnahmsvoll etwas anboten, was ihnen eigentlich doch selbst so nahe vor der Thür gelegen hätte, 
so musste die Sache doch ihren Haken haben. 

Der Haken war auch richtig da und bestand darin, dass die Hollander bei ihren beiden 
einzigen Colonisirungsversuchen, die sie auf der ihnen gehörenden westlichen Hälfte von Neu-Guinea 
unternommen hatten, geradezu entsetzliche Erfahrungen über die Tücke des dortigen Klimas gemacht hatten. 

Besonders der erste Versuch, die Gründung des berüchtigten Forts du Bus, kostete eine 
Menge Menschenleben. Was heute hinkam, war morgen von der Malaria ergriffen und übermorgen 
todt; es ist geradezu schauerlich, die Leidensgeschichte dieser Niederlassung zu lesen und verständiger- 
oder eigentlich nothgedrungenerweise — denn zuletzt hatte man in den andern Colonieen Hollands 
keine Aerzte mehr, weil sie alle in du Bus begraben lagen — hob man dieselbe auf und Holland 
üherliess seinen Antheil an Neu-Guinea sozusagen sich selbst. 

Desshalb auch wohl der freundschaftliche Rath des Herrn van der Aa, der zwar für uns 
gemünzt war, den aber zunächst die — Engländer sich gesagt sein Hessen, die offenbar nicht ver- 
tragen können, dass es irgendwo noch Land gibt, das nicht ihnen gehört, und uns nicht einmal das 
bischen Neu-Guinea vergönnen wollten, an dem sich die Holländer doch schon die Finger verbrannt hatten/ 

Sie fingen an, fix drauf los zu annectiren, natürlich von der Südseite her, die ihren austra- 
lischen Colonieen ja am nächsten lag. Es war ihnen vielleicht weniger um das Festland Neu-Guinea's 
selbst zu thun, obwohl gegründete Aussicht auf Gold dort vorhanden war, als darum, das grosse Arbeiter- 
reservoir der Bismarck- und Salomonsinscln in die Hände zu bekommen, von woher die grossen 
Zuckerplantagen in Queensland und Fidji seit Alters ihre Arbeitskräfte bezogen. 

Im Jahre 1884 verkündeten sie das Protektorat Englands über die Südküste des östlichen 
Neu-Guinea, und der entsprechende Theil der Nordküste wäre wohl bald gefolgt, wenn Deutschland 
nicht zur guten Stunde noch rasch zugegriffen hätle. Ob der Griff ein glücklicher war, das war 
damals und ist theilweise heute noch eine viel ventilirte Frage. Ja, es gibt sogar Pessimisten, welche 
behaupten, jeder der drei glücklichen Besitzer Neu-Guinea's wäre froh, wenn er seinen Antheil mit 
guter Manier wieder los werden könnte. 

Es hat auch nicht an gewichtigen Stimmen gefehlt, welche aufs Eindringlichste von einer 
Annexion abriethen. Ich erinnere nur an die Worte, mit denen die hochangesehenen Petermann'schen 
Geographischen Mittheilungen 1880 den Rath des Herrn Robide van der Aa begleiteten: 

.Vielleicht werden sich", heisst es dort, „für diese Idee Enthusiasten finden. Bas Klima 
würde wenigstens für eine schnelle Beseitigung der von Deutschland dorthin Gebrachten sorgen; die 
Astrolabebai würde das deutsche Cayenne werden." 

Nun, die Enthusiasten, die es wagen wollten, fanden sich in den Gründern der Neu-Guinea- 
Compagnie, welcher der Kaiser unterm 17. Mai 1885 einen Schutzbrief verlieh. 

Von diesem Zeitpunkt an datirt die Colonisation Neu-Guinea's. Während in der wissen- 
schaftlichen Erforschung des Landes die Engländer uns mindestens die Wage halten, gebührt uns 
Deutschen der unbestreitbare Ruhm, die wirtschaftliche Erschliessung dieser grössten Insel der Erde 
am kräftigsten und nachdrücklichsten in Angriff genommen zu haben. 

Ist nun Kaiser- Wilhelmsland wirklich das deutsche Cayenne geworden? 

Wahr ist es ja, dass dasselbe nicht die gesundheitlich beste, vielleicht sogar die schlechteste 
unserer Colonien ist ; es fehlt mir das Vergleichsmaterial, um das beurtheilen zu können. Aber nach 
dem, was wir bisher über das Neu-Guinea-KIima wussten, hätten ja auch nur Thoren erwarten 
können, ein gesundheitlich günstiges Land vorzufinden; man wusste ganz genau, oder hätte es 
wenigstens wissen können, was man that, als man daran ging, auf Neu-Guinea Plantagen in grossem 
Stil zu errichten. Zu unserm Tröste kann ich es aber sagen: So schlimm, wie es nach den Erwar- 
tungen der Pessimisten hätte werden müssen, ist es bei Weitem nicht geworden. 



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Jede Tropenltolonie rouss mit Menschenleibern gedüngt werden, bevor sie ihre Früchte 
tragen kann, und Kaiser-Wilhelmsland ist in dieser Beziehung noch nicht einmal der schlimmsten 
eine gewesen; fehlen doch ein paar der Hauptmörder unter den Tropenkrankheiten, wie Beriheri, 
Cholera und PesI, und hat auch die Malaria dort keinen übermässig bösartigen Character! 

Wenn die Colonisation trotzdem Menschenleben genug gekostet hat, so muss man das mehr 
auf die Anfängerschaft, den Mangel an Erfahrung*) setzen, als auf die Tücke des Klimas. Wir 
werden sehen, dass es Faktoren gab, welche in Kaiser- Wilhelmsland die Krankheits- und Sterblich- 
keitsziffern ungebührlich hoch hinaufgetrieben haben über den Stand, welcher nach Lage der klima- 
tischen Verhältnisse zu erwarten war. 

Bevor wir uns jedoch in diese vertiefen, will ich in kurzen Zügen eine Uebersicht der 
geographischen Verhältnisse vorausschicken. Von der Beigabe einer Karte habe ich absehen zu 
dürfen geglaubt, da ich selbst keine neuen geographischen Entdeckungen zu vermelden habe, sondern 
mich nur auf bereits Bekanntes stütze, das in jedem guten neueren Atlas nachgesehen werden kann. 
Besonders instruktiv ist die dem neuesten Heft der „Nachrichten über Kaiser-Wilhelmsland 1898" 
beigegebene Karte. 

Man denke sich die Insel Neu-Guinea am Risten Grad, etwas östlich vom Hüongolf, senk- 
recht in zwei Hälften getheill, in eine westliche und eine östliche; halbirt man diese östliche 
Hälfte dann wieder horizontal in einen nördlichen und südlichen Theil, so ist der nördliche 
Theil der Deutschland zugefallene: Deutsch-Neu-Guinea oder Kaiser - Wilhelmsland ; der südliche 
gehört England als Englisch-Neu-Guinea. Die Grenze zwischen beiden verläuft der Hauptsache nach 
auf den Kämmen der grossen centralen Gebirgsketten, welche Neu-Guinea, wenigstens die uns 
berührende Hälfte, in seiner ganzen Lunge durchziehen und gewissermassen das Rückgrat derselben 
darstellen. Und zwar ein sehr starkes Rückgrat; denn einzelne Gipfel ragen über 4000 Meter hoch 
in die Lüfte und tragen zeitweilig Schnee. Die einzelnen Theile haben verschiedene Namen und es 
ist gar nicht einmal sicher, ob sie wirklich fortlaufend mit einander zusammenhängen ; sind sie doch 
erst in alleineuester Zeit einigermassen bekannt geworden, und nur von den wenigsten Stellen der 
Küste aus kann man ab und zu einen flüchtigen, kurzen Blick auf diese geheimnissvollen Hochalpen 
erhaschen, wie z. B. von der Astrolabebai aus auf das Bismarck-Gebirge, wie es die mittlere Ansicht 
auf Tafel 5 zeigt. Der Theil im Westen unserer Colonie vom Risten Grad ab trägt den Namen 
Victor-Emanuel-Gehirge mit Spitzen von 3000 bis 3600 Meter. Daran schliesst sich nach Osten 
fortschreitend das Bismarck-Gebirge mit Gipfeln bis zu 4300 Meter, welches durch die Lauterbach'sche 
Expedition 1896, die bis an seinen Fnss voitfrang, etwas näher bekannt ward, weiterhin das Albert- 
Victor-Gebirge, 2000 Meter hoch, der Yule-Berg, 3060 Meter und das Owen-Stanley-Gebirge, dessen 
4000 Meter hohe Kuppen die ersten und einzigen dieser Cenlralkette sind, welche bis jetzt erstiegen 
wurden und zwar von dem bewunderungswürdigen Mac Gregor, dem Gouverneur von Englisch-Neu- 
Guinea. Bei Gelegenheit der Besprechung der Pflanzenwelt werden wir auf diese kühnen und erfolg- 
reichen Besteigungen zurückkommen. 

Dieser centrale Gebirgsstock scheint seiner Hauptmasse nach aus mit Quarz durchsetztem 
Schiefergestein aufgebaut zu sein. Wir wissen dies vom Owen-Stanley-Gebirge bestimmt durch Mac 
Gregor's ebenerwähnte Expeditionen, der nicht blos dieses selbst bis zur Spitze hinauf, sondern auch 
die im Süden und Norden vorgelagerten Bergketten, wie z. B. die Scratchly-Berge, aus demselben 
Gestein bestehend fand. Vom Bismarck-Gebirge lässt die Besteigung eines ca. 1000 Meter hohen 
Vorberges durch die Dr. Dr. Lauterbach und Kersting dasselbe vermuthen, denn der Bericht**) sagt: 
.Diese Bergbesteigung liess erkennen, dass das sehr schroffe und wild zerklüftete Formen aufweisende 

*) Siehe Nachrichten Ober Kaiser-Wilhelm stand 1896, S. 1*. 
**) In den Nachrichten über Kaiser- Wilhelmsknd 1896 S. 42. 



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Bismarck - Gebirge hauptsächlich aus Schiefer- und Quarzgesteinen besteht, also ahnlich wie die 
Scratchley - Berge auf englischem Gebiet weiter nach Osten. Ob sie wie diese, was nach dem 
geologischen Aufbau wahrscheinlich ist, goldführend sind, muss näheren Feststellungen vorbehalten bleiben.* 

Es ist demnach nicht ausgeschlossen, dass diese ungeheueren Centralketten dereinst als neue 
Goldquelle eine grosse Bedeutung erlangen können. 

Dieses centrale Rückgrat, dessen Breite vorläufig noch ganz unbekannt ist — möglicherweise 
schliesst es grössere Hochebenen ein, was aber nicht recht wahrscheinlich ist — steht mit seinem 
Fusse auf unserer, das ist der nördlichen Seite, in grossen, ausgedehnten Ebenen, welche dasselbe 
von der Küste und den Küstengebirgen trennen. Diese Ebenen bilden den Schauplatz zweier riesiger, 
das ganze Areal von Deutsch -Neu -Guinea beherrschender Stromgebiete. Das ist im Westen der 
Kaiserin - Augusta - Fluss, im Osten der neuentdeckte Ottilien- oder, wie er vernünftigerweise jetzt 
heisst, Ramufluss. Die Beiden haben einen sehr merkwürdigen, einander geradezu entgegengesetzten 
Lauf, münden aber friedlich zusammen in einer einzigen Bucht. Der Kaiserin-Augusta-Fluss entspringt 
im äussersten Westen unseres Gebietes in der Nähe des Vietor-Emanuel-Gebirges, und der andere, 
der Ramu-Fluss, fast im äussersten Osten in der Nähe des Hüon-Golfs. Der eine läuft eine lange 
Strecke nach West, der andere nach Ost, bis sie beide, durch einen nach Norden vorspringenden 
Ausläufer des Gentralgebirges bewogen, nach Norden umbiegen und keine 25 Kilometer von einander, 
fast in der Mitte der deutschen Küste, zwischen dem 144. und 145. Grad, in der sogenannten Broken- 
Water-Bai in die See münden. Der grösste Theil ihres Laufes geht also der Küste und dem Central- 
gebirge parallel am Fusse des letzteren und die beiden Flüsse bilden die alleinige und einzige Ent- 
wässerung der ganzen ungeheuren centralen Gebirgskette nach Norden zu, soweit sie durch deutsches 
Gebiet gehl. Daraus mag man die eminente Bedeutung dieser beiden Flusssysteme und ihrer 
Mündungsstellen für die Zukunft ermessen. 

Zwischen diesen Flüssen und der Küste liegt eine andere Reihe von Gebirgssystemen, die 
unabhängig vom Centralgebirge und etwas niedriger sind und kurz als Kiistengebirge bezeichnet 
werden können. Sie haben auch meist eine andere Entstehung und eine andere Zusammensetzung 
als jene. Vulkanisches Gestein tritt in ihnen auf. Diesen wiederum vorgelagert — und zwar der 
ganzen Küste entlang — sind noch niedrigere Hügel- und Bergketten aus Korallenkalk, also rein 
marinen Ursprungs. Dieselben treten entweder direct an die See heran oder sind durch grössere 
oder kleinere alluviale, meist sehr humusreiche und fruchtbare Ebenen von ihr getrennt. 

Während die Südseite dieser Küstengebirge entweder in den Kaiserin -Augusta- oder den 
Ramustrom entwässert, sendet die Nordseite derselben ihre Abwässer direct in die See in ausser- 
ordentlich zahlreichen Bächen und Flüssen, deren Lauf aber natürlich mit wenig Ausnahmen nur 
ein kurzer sein kann. Ihr Gefälle ist durchweg ein sehr starkes, und viele derselben haben sich 
grosse, breite, mit Geröll und Schutt aller Art vollgepfropfte Betten gerissen, die sie in der trockenen, 
regenlosen Zeit als dünnes, kaum fusstiefes Wasserfädlein, nach schweren Regengüssen oder in der 
Regenzeit jedoch als wild brausende, alles mit sich fortreissende tiefe Ströme durcheilen. 

Die von Nordwest nach Südost verlaufende Küstenlinie selbst zeigt drei treppenstufenartige 
Absätze, welche durch zwei tiefere Einbuchtungen hervorgebracht werden: den Hüon-Golf im Osten 
und die ca. 250 Kilometer weiter westlich befindliche Astrolabebai, die an ihrem Eingang, zwischen 
Friedrich-Wilhelmshafen und Cap Rigny, 85 Kilometer breit ist. 

Die Küste zwischen diesen beiden Punkten trägt den Namen Maclay- Küste, nach dem 
bekannten russischen Forscher Nicolaus von Miklucho - Maclay, der in den siebziger Jahren an der 
Astrolabebai als erster Europäer das Land betreten und längere Zeit dort unter den Eingeborenen 
zugebracht hat. So viel ich gehört habe, wird das Land, welches er damals von denselben 
ertauscht hat (bei dem Dorfe Bongu), noch heute von diesen als sein Eigenthum anerkannt und 



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respectirt, der beste Beweis, dass dieselben recht gut die Bedeutung und die rechtliche Wirkung 
des Landkaufs oder -tauschs kennen. 

Diese Maclay-Küste ist auf eine weite Strecke hin ein grossartigea Terrassenland, das von 
der Küste ab in 4 — 5 mächtigen und zwischen 1 — 3 Kilometer breiten terrassenfthnlichen Absätzen 
— alles Korallenkalk — emporsteigt. Im Osten nach dem Hüon-Golf zu erheben sich einzelne isolirte 
Bergkegel bis über 2000 Meter: der Cromwellberg und der bereits erwähnte Sattelberg, der wohl 
die höchste europäische Niederlassung in ganz Neu-Guinea trögt, das Haus des Missionars Flierl, und 
darum auch einer der zoologisch und botanisch am besten bekannten Berge ist. Der Sattelberg und 
wahrscheinlich der Cromwellberg sind ebenfalls ganz korallinischer Natur bis zum Gipfel (sie bestehen 
nach den Untersuchungen Recknagel's aus Kreidekalken) ; auf dem ersteren ist ganz in der Nähe der 
Missionssl ation eine „sehr grosse Muschel* zu sehen, an welche die Eingeborenen eine Sage knüpfen.*) 
In ethnographischer Hinsicht ist interessant, dass an den Abhängen des Sattelbergs nach Dr. Hellwig's 
Bericht ein eisenschüssiger Thon in Nestern vorkommt, der von den Eingeborenen gerne gegessen 
wird. Eine ähnliche Thatsache habe ich gelegentlich meiner zweiten Tobareise auch bei den Batak's 
auf Sumatra gefunden. 

Nur wenig vom Fusse des Sattelbergs entfernt lag die frühere, jetzt aufgegebene Station 
Finschhafen und befindet sich jetzt noch die mehrzuerwähnende Missionsniederlassung Simhang. 

Die Astrolabebai bildete, wie ich bereits Eingangs gesagt, mein fast ausschliessliches Forschurigs- 
feld. Den prächtigen landschaftlichen Eindruck, den dieselbe macht, habe ich ebenfalls schon früher 
geschildert. Er wird hauptsächlich hervorgerufen durch die vielzackigen Gebirgsketten, welche sie 
im Hintergrund umkränzen. Zwei ganz verschiedene Gebirgssysteme begegnen sich hier: das Finisterre- 
Gebirge, welches weiterhin in einer wilden, schroffen, scharrkantigen Kette der Maclayküste entlang 
nach Südost zieht und das etwas niedrigere und sanfter geschwungene Oertzen-Gebirge, das sich von 
hier ab in nordwestlicher Richtung erstreckt. Beide stossen aber nicht direct zusammen, sondern 
werden durch mehrere tief eingeschnittene, aber ziemlich enge Flussthäler getrennt, die Belbst zwischen 
sich wieder ein eigenes 3 — 400 Meter hohes kleineres Bergsystem fassen. Auf Seite des Finislerre- 
Gebirges ist es der Kabenaufluss, bekannt durch Zöiler's Finislerre-Expedition, welcher dasselbe von 
dem Zwischengebiige trennt, und auf . Seite des Oertzengebirges ist es der Mintjimfluss. 

Das ganze Gebiet ist geologisch interessant, denn das Finisterre-Gebirge ist, abgesehen von 
seinen Vorbergen, welche aus Tuffen und Conglomeraten zusammengesetzt sind, rein vulkanischer 
und zwar jung-tertiärer Natur. Zöller-Hellwig fanden auf ihrer Expedition dem Kabenau entlang bis 
in die Gegend des Kubaryberges (ca. 35 Kilometer Luftlinie von der See) die Uferwände des Kabenau 
aus sedimentärem, weiterhin aber nur noch aus einem dichten verschiedenfarbigen porphyrartigen 
Gestein bestehend. Die höchste erreichte Stelle mit 2300 Meter zeigte anstehend Andesit mit gut 
entwickelten zahlreichen Augitkrystallen. 

■ Das Oertzengebirge jedoch und die Ketten hinter demselben sind nach der Ramuebene zu 
aus blaugrünen Thonschiefern und Conglomeraten aufgebaut. Nach der Seeseite hin finden sich 
braungelbe Thone mit Versteinerungen. 

Das in der Mitte liegende Zwischengebirge, welches durch die Flussbetten des Kabenau 
einer- und des Mintjim andrerseits von den beiden vorigen abgegrenzt wird, scheint ebenfalls aus 
Conglomeraten und Tuffen zu bestehen, wie ich mich gelegentlich meiner ersten und einzigen Bergtour 
auf den ca. 1200 Fuss hohen Rücken desselben überzeugt habe. 

Die Oertzenberge selbst werden nach Norden wieder geschieden von den Höhenzügen hinter 
dem Hansemannberge bei Friedrich- Wilhelmshafen durch das tiefe und breite Thal des Gogolflüsses, 

*) Nach einer Broschäre von Missionar Vetter in Simbang. Barmen 1898. Siehe Ober diese Sage weiter hinten im 

ethnographischen Theil. 



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des grössten und einzigen schiffbaren Flusses der Astrolabebai, welcher in einer grossen Strecke 
seines Unterlaufs von Dr. Lauterbach 1890*) erforscht wurde und fast gegenüber dem kleinen 
Inselchen Bilibilt mündet. 

Die Küste westlich von der Astrolabebai zeigt etwa dieselbe Zusammensetzung: Bei der 
früheren Station Hatzfeldthafen z. B. zeigten die Küstenberge ebenfalls tuffartige Gesteine, Korallenkalke 
und Conglomerate vulkanischer Schichtgesteine, weiterhin steht Eruptivgestein (Hornblende Andesit) an. 

Das Facit unserer geographischen Betrachtung ergibt also, dass die ganze Küste von 
Kaiser-Wilhelmsland von einer nahezu fortlaufenden Reihe höherer oder niederer Korallenkalkberge 
eingefasst ist, hinter der sich eine zweite vulkanische Kette erhebt, die ihrerseits wieder durch die 
grossen LSngsthäler des Kaiserin-Augusta- und Ramuflusses von dem grossen, gewaltigen Cenlral- 
gebirge aus Schiefer- und Quarzgestein getrennt werden. 

Ob diese Korallengebirge, die ganz unzweifelhaft dem Meere entstammen, gehoben sind, ob 
die Küste Kaiser-Wilhelmslands ein aus dem Meere emporgestiegenes Land ist, oder ob dieselben 
einem Sinken des Meeresspiegels (infolge Abflusses von Wasser nach den Polen durch Lage- oder 
Temperaturveränderung dort), wie manche wollen, ihren Ursprung verdanken, das zu entscheiden 
steht uns nicht zu; das ist Sache der Fachgeologen. 

Bei der Beurtheilung kommt vielleicht die Thatsache in Betracht, dass sich dicht an der 
Küste von Kaiser-Wilhelmsland eine Inselreihe von theilweise heute noch thätigen Vulkanen hinzieht. 
Sie beginnt etwa am 145.° mit der sogenannten Vulkaninsel, die, wie oben geschildert, im Jahr 1888 
das grosse Unglück anrichtete, setzt sich fort in der Dampierinsel, die ebenfalls in den letzten Jahren 
Zeichen bösartiger Thätigkeit gegeben hat und zieht sich Über Rich-Insel, Long- und Rookinsel nach 
der Westspitze Neu-Pommern's hinüber, wo sie in den thätigen Vulkanen der Nordküste und der 
Gazellehalbinsel dieses Eilandes ihre Fortsetzung findet. 

Ich habe oben gesagt, dass wegen der Nähe der Gebirge die KüstenQüsse ein starkes Gefalle 
und einen rapiden Lauf haben, so dass sie viel Getrümmer und Gerolle mit sich führen. Das sehen 
wir an der Astrolabebai sehr deutlich. Hier sind, namentlich im westlichen Titeil, — im östlichen 
verhindert eine nach einwärts gerichtete Meeresströmung die Bildung von Schwemmland — 
durch die Wirkung dieser Wasserläufe grossere Alluvialebenen entstanden, die sogenannte Yomba- 
und die Astrolabe-Ebene, beide etwa 8—10 Kilometer breit. Dieses Alluvialland ist sehr fruchtbar 
und desswegen hat sich hier, wo auch ein ausgezeichneter Hafen — Friedrich-Wilhelmshafen — vor- 
handen ist, der Tabaksbau der Neu-Guinea-Compagnie conzentrirt. Der geologische Aufbau dieser 
Ebenen, die nach dem Urtheil des Geologen Dr. Schneider kaum in die Tertiärzeit zurückreichen**), 
ist etwas verschieden im Osten und im Westen der Bucht. Im Osten finden wir vulkanisches 
Gerolle und do. Mergel , Andesite , Andesitporphyre , selten trachy tisches Gestein ; im Westen 
Schotter, Sand und thonigen Lehm. Die Grenze bildet der Mintjimfluss, dessen Gerolle neben Tuffen 
und ganz recenten Korallenblöcken aus Trachyten, Hornblendegestein und Graniten besteht, sodass 
Dr. Schneider schon vermuthete, dieser Fluss erhalte aus zwei geologisch verschiedenen Gebirgen 
Zuflüsse, die vulkanischen Steine von Süden, die Granite aus dem Oertzengebirge von Norden. 

Wir erinnern uns dabei, dass das Mintjimthal die einzige Thalspalte ist, welche so weit das 
Küstengebirge durchbricht, dass man vom Strande aus in ihrem Hintergrund das Bismarck-Gebirge 
sehen kann (die mittlere Abbild, auf Tafel 5). Interessant und für uns wichtig ist noch die Thatsache, 
dass Dr. Schneider in einer Schotterablagerung des Kabenauflusses schönes Rotheisenerz, sowie Stücke 
eines geringwertigen Brauneisenerzes fand, ausserdem in Sandsteinmergel wenige Kohlenstücke von 
Faustgrösse, die er als Gaskohle bezeichnet. 



'] Bericht und Kart« in den Nachrichten Ober Kaiser-Wilbelmsland 1891, 1. Heft. 
**) Siehe dessen Beruht in den Nachrichten Ober Kaiser- Wilhelmaland 18S7, IV. Heft. 



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Wir wollen uns nunmehr der Betrachtung der klimatischen und meteorologischen Verhältnisse 
zuwenden. Leider war ich aus Mangel an Instrumenten — die Neu-Guinea-Gompagnie legte nur 
Werth auf Regenbeobachtungen — nicht in der Lage, eigene Beobachtungen anzustellen, wie ich das 
in Sumatra jahrelang gethan hatte. Wo ich in Nachfolgendem Zahlen anführe, sind dieselben der 
kurzen Notiz Mikhicho-Maclay's*), der direct an der Astrolabebai in den Jahren 1871 — 72 beobachtet 
hat, oder den Veröffentlichungen der Neu-Guinea-Compagnie **) entnommen. 

Dass es in einem Land, welches so nahe am Aequator zwischen dem 3. und 8. Grad südl. 
Breite liegt, warm ist, brauche ich wohl nicht zu sagen. Die Durchschnittstemperatur betrug an der 
Astrolabebai (nach Miklucho-Maclay 1871 — 72) 26,2, in dem benachbarten, etwas westlicher gelegenen 
Hatzfeldthafen 1886,87 26 ° C. Das ist ungefähr das allgemeine Mittel des tropischen Tnsularklimas, 
wie ich es auch auf Sumatra gefunden habe (26,7 °). (Die kleinen Differenzen sind auf Rechnung 
der Verschiedenheit der Instrumente und der Beobachtungsstunden zu setzen). Die Jahresamplitüde, 
d. i. der Temperaturunterschied zwischen dem kältesten (Juni mit 25,2 °) und dem wärmsten Monat 
(Februar mit 26,7 °) beträgt an beiden Stationen 1,4 — 5 ° und entspricht damit völlig der für Orte 
unter dem Aequator gefundenen Jahresschwankung. Von einer warmen und einer kalten Jahreszeit 
kann also nicht die Rede sein. Wir sehen nur in den Monaten des Winters der südlichen Halbkugel 
— Mai bis October — die Temperatursprünge durch schnellere nächtliche Erkaltung sich vergrössern, 
die tägliche Amplitude sich erweitern. So war die mittlere tägliche Schwankung in Hatzfeldthafen 
im Dezember und Februar — dem südlichen Sommer — am geringsten (3,2 "), am grössten im 
August (8,1 ") und betrug im Mittel 5,3 * G. 

Die Morgentemperalur um 7 Uhr früh betrug im Mittel 24,2", sank im Juni und Juli — dem 
südlichen Winter — auf 22,7 — 8 • und stieg in den Monaten Dezember bis Februar auf 25,1 — 3 °. 
Dagegen zeigten die Monate mit den kältesten Morgenlemperaturen merkwürdigerweise die höchsten 
Mittagstemperaturen und umgekehrt. Das erklärt sich durch den Umstand, dass die Monate des 
südlichen Sommers zugleich die Monate der Regenzeit sind; die starke Bewölkung verhindert in 
dieser Periode die ungehinderte Bestrahlung durch die Sonne. 

Darum sehen wir das Thermometer im Dezember seinen niedrigsten Mittagsstand (um 2 Uhr) 
mit 28,3° und im August den höchsten mit 31,7 ° erreichen. Die mittlere Temperatur betrug 29,5 °. 

Abends 9 Uhr war der Monatsdurchschnitt 25,2 '. Der Juni mit der kältesten Morgen- 
temperatur halte entsprechend auch die kühlste Abendtemperatur, und der Februar mit der wärmsten 
Morgen- auch die wärmste Abendtemperatur mit 26,5 °. 

Das absolute Jahresminimum der Temperatur (19,3 •) fiel in den Juni und das absolute 
Maximum (35,3°) in den September. Die grösste beobachtete Differenz ist also 16° C. 

Dieses Temperatur-Minimum von 19 • C, welches natürlich nur in der zweiten Hälfte der 
Nacht eintritt und in Europa als recht warm empfunden würde, berührt aber die durch die beständig 
gleichbleibende Hitze sehr empfindlich gewordene Tropenhaut recht unangenehm, besonders zur 
Regenzeit, und man hüllt sich dann gern fröstelnd in seine Decke, während man für gewöhnlich nur 
mit einem ganz leichten Schlafanzug bekleidet auf seinem Bette liegt und jede sonstige Bedeckung 
weit von sich weist. 

Unter dem Aequator erkältet man sich darum sehr leicht, so paradox das klingt, und am 
ehesten in der sogenannten heissen oder trockenen Zeit, weil hier, wie wir eben gesehen, die 
Temperatursprünge verhällnissmässig am grössten sind. 

*} Id der „Natuurkundig tjdscbrift voor Nederfandscb Indie, deel XXXIII, 7. »erie, deet III, 1873 S. 430. 

**) In den „Nachrichten Ober Kaiser-Wilhelmibnd eU." Benutzt sind ferner eine Reihe von Artikeln in der 
„Meteorologischen Zeitschrift- und ein Aufsatz von Prof. Supan in „I'elermaiins geogr. Hittheil. 1891." Die Arbeit von 
W. Trabeit im 3. Band der Mittbeil, aus den deutschen Schutzgebieten war mir leider nicht zugänglich. 



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Die Temperatur des Meeres, um dies hier anzufügen, betrug im Durchschnitt 27,9 ' C. und 
schwankte zwischen 28,4 • (im November) und 27,3 ° (im August und September). Wenn die Sonne 
im Zenith steht, wird die Meeresfläche starker erwärmt, das sehen wir sehr schön an der Hatzfeldt- 
hafener Tabelle. Für Kaiser-Wilhelmsland steht aber die Sonne zweimal im Zenith, im März und 
im October, und infolgedessen sehen wir, dem Zenithstand nachhinkend, die höchsten Durchschnitts- 
temperaturen des Meerwassers im April (28,3 *) und November (28,4 °). 

Von Conslantinhafen verzeichnet Miklucho-Maclay in den Jahren 1871—72 eine um 2 • 
höhere Durchschnittstemperatur, nämlich 29,9 K Das Minimum mit 28,8* fällt bei ihm in den 
Januar, das Maximum mit 30,6 ° in den Mai und Juli. Die grössere Erwärmung beim Zenithstand 
der Sonne tritt auch bei seiner Tabelle, wenn auch etwas weniger charakteristisch hervor. 

Die Temperatur des Flusswassers betrug in Hatzfeldthafen im Mittel der 6 Monate Juni bis 
November 26 ° (Minimum Juni mit 24,6 °, Maximum September mit 26,9 °), in Gonstantinhafen im 
Jahresmittel 26,6 • mit geringer Schwankung (0,8 °). 

Die Temperatur des Erdbodens schwankte in Hatzfeldthafen in 0,5 m. Tiefe im Mittel aus 
den 6 Monaten September bis Februar zwischen 31,3 ° (October) und 28,7 ° (December), Mittel 30,3 ■; 
in 1 m Tiefe Jahresmittel 1886—87 zwischen 30,8° (November) und 28,5° (December), Mittel 29,7"; 
und in 1,5 m. Tiefe zwischen 29,9 • (November) und 28,2 • (Dezember), Mittel 29 °. Die Temperatur 
nimmt also mit jedem halben Meter Tiefe ziemlich regelmässig um 0,6 — 7 ° ab. 

Ich habe in Europa oft schon die merkwürdigsten Ansichten über Tropenhitze verbreitet 
gefunden, die man sich nicht selten von der Temperatur eines glühenden Bleikessels dachte, und ich 
muss gestehen, so etwas Aehnliches schwebte auch mir vor, als ich mich anno 1879 zu meiner 
ersten Tropenreise rüstete. Wie angenehm enttäuscht fand ich mich, als ich in Singapore an Land 
ging! Wie so mancher junge Grünschnabel, der zum ersten Mal Tropenluft athmet, lachte icli die 
alten Tropiker dort aus, welche diese Hitze unerträglich fanden und mit unerhörten Mengen von Eis 
von innen heraus sich Linderimg zu verschaffen suchten, und prahlte mit meiner Widerstandsfähigkeit 
gegen Wärme. Was, das ist also das gefürchtete heisse Tropenklima! Das war ja nicht wärmer, 
als bei uns im Sommer ! Gewiss, wärmer war's nicht, und Südeuropa hat sogar schon öfters höhere 
Temperatur-Maxima zu verzeichnen gehabt als Singapore oder Sumatra. Aber was wir in Europa 
nur während weniger Wochen oder Monate haben, das muss man hier in den Tropen jahraus, jahr- 
ein aushalten, Tag für Tag, Nacht für Nacht, ohne Nachlass, oline Wandel. 

Freilich, die ersten drei, vier Jahre hindurch, da fühlt man — ich nahm das an meinem 
eigenen Körper wahr — kaum irgend welche grössere Belästigung von der ewig gleichbleibenden 
Wärme, nota bene, wenn man gesund, nicht zu beleibt und nicht zu grossen Anstrengungen und 
Entbehrungen ausgesetzt ist. Erst im vierten und fünften Jahr begann ich mich öfters mal nach 
einer Temperaturveränderung, nach so einem recht tiefen, frischen Athemzug voll herber, kühler 
Frühlingsluft zu sehnen und das Erschlaffende des Tropenklimas zu fühlen. Wer nicht viel von 
Malaria, Dysenterie und dergleichen zu leiden hatte, der kann auch wohl noch ein sechstes und 
siebentes Jahr in voller Thätigkeit aushalten, ohne dauernden Schaden an seiner Gesundheit zu nehmen, 
aber dann wird es hoch Zeit für ihn, zum mindesten ein Jahr lang wieder Europaluft zu alhmen. 
Die Anlagen und die Widerstandsfähigkeit sind freilich sehr individuell; ich habe auf der Ostküste 
Sumalra's viele Leute gekannt, die zehn Jahre und länger in anscheinend voller Gesundheit ununter- 
brochen thätig waren. Allgemein gültige Regeln lassen sich da nur schwer aufstellen, und die 
Localität spielt hierbei eine Hauptrolle. Es ist eine ganz andere Sache, ob ich in dem furchtbaren 
Gluthkessel Calcutta oder auf den kühlen Hochländern Javas meinen Wohnsitz habe. Die holländische 
Regierung gestattet ihren Beamten erst nach zwölfjährigem „ununterbrochenem" Dienst einen europäischen 



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- 21 - 

Erholungsurlaub, während unsere deutschen Beamten in Ostafrika schon nach sehr viel kürzerer 
Dienstzeit einen solchen haben. 

Wie über die Hitze, so fand ich in Europa oft ganz verkehrte Begriffe über Tropenregen 
und Regenzeit. Letztere stellte man sich nur gar zu oft so vor, als schütte es den ganzen Tag wie 
mit Kübeln. Tagelang ununterbrochen fortdauernde Regen, sogenannte „Landregen", waren sowohl 
in Sumatra wie in Neu-Guinea nicht viel häufiger als in Europa. Es finden immer Unterbrechungen 
dazwischen statt, stunden- und sogar tagelange. Meist regnet es sogar nur des Nachts, und den Tag 
über herrscht das schönste, vielleicht nur durch einzelne Schauer unterbrochene Welter.' Tm Mittel 
aus den 3 Jahren 1895 — 97 fielen zu Stefansort 81% des Gesatnmtregens bei Nacht, und nur 19 
bei Tage, in Friedrich-Wilhelmshafen sogar 89% zu 11%. Das ist keine zufällige Erscheinung, denn 
sie ist von Mikluchc-Maclay schon im Jahre 1871/72 constatirt worden. Er gibt ausdrücklich an, 
dass es 128 mal bei Nacht, und nur 33 mal bei Tage geregnet habe. Weiter nach Ost verwischt 
sich dieses ungleiche Verhältniss zwischen Tag und Nacht ; Simbang hat schon 36% Regen bei Tage 
und 64 bei Nacht, und auf Herbertshöhe im Bismarck-Archipel überwiegen die Tagesregen: 58°/ zu 
42% Nachtregen, aber jedenfalls nur durch das ausserordentlich zahlreiche Auftreten von Tagesgewittern. 

Ich glaube, man kann diese im ersten Augenblick frappirende Erscheinung, die ich auch in 
Deli beobachtet habe," 1 ) auf lokale Einflüsse zurückführen, da an der Astrolabebai, gerade wie dort, 
auf der Ostküste Sumatra's dicht hinter der Küste steile Gebirgsroauern stehen, die des Abends 
schneller erkalten als die Meeresflache, und den Wasserdampf der von dieser herüberwehenden 
warmen Winde zu Regen condensiren. Simbang und Herbertshöhe haben keine der Streichrichtung 
der herrschenden Winde NW und SO — sich in den Weg stellenden Gebirgsmauern oder grössere 
Landstrecken. Wahrscheinlich gemacht wird diese Annahme durch die Thatsache, dass auf den Kaiser- 
Wilhelmsland vorgelagerten Purdy-Inseln**), welche noch weiter westlich liegen als die Astrolabebai, 
die Regenfälle bei Tage diejenigen der Nacht übergingen: Auf 46 Tagesregen während der Monate 
Juni— September 1889 kamen 33 Nachtregen. Ferner zeigt Finschhafen, welches doch so nahe bei 
Simbang, aber unter geographischen Verhältnissen liegt, welche denen der Astrolabebai nahe kommen 
in seinen Regenfällen weniger Verwandtschaft zu dem benachbarten Simbang, sondern zu der 
Astrolabebai, denn die nächtlichen Regen überwiegen zu drei Viertheilen (74% : 26%)***). Auch 
die Menge des im Durchschnitt von 4 Jahren (1887 — 1890) gefallenen Regens erreicht mit 3685 mm 
nicht die Durchschnittsmenge des in Simbang gefallenen, sondern hält sich näher an das Astrolabe-Mittel. 

Um jedoch Sicherheit zu gewinnen, müssten genauere Beobachtungen über die lokalen Wind- 
verhältnisse und über die Stunden zu Gebole stehen, zu denen diese nächtlichen Regen niedergehen. 

In dieser Hinsicht ist nur die Anfangszeit einer Reihe von Gewittern bekannt, und da ist 
es nun ganz interessant, dass wie in Deli, so auch hier fast genau die Hälfte aller beobachteten 
Gewitter in die Abend- und ersten Nachtstunden zwischen 6 — 12 Uhr fallen. Von 88 in Friedrich- 
Wilhelmshafen beobachteten Gewittern fielen nämlich 48, und von 90 in Simbang wahrgenommenen 
38 dahin. In die zweite Hälfte der Nacht von 12—6 Uhr Morgens fielen nur 28 im Ganzen; die 
Uebrigen auf die Tagesstunden. Herbertshöhe scheint jedoch eine bemerkenswerte Ausnahme zu 
bilden, denn hier fielen im Jahr 1897 von 197 beobachteten Gewittern %=163, auf den Nachmittag 
von 12 — 7 Uhr, und 99, also nicht weniger als die Hälfte, allein auf die Stunden von 12 — 3 Uhr 
Nachmittags. 

*) Die Pllanien- nnd Thierwelt von Deli auf der Ostkflste Sumatra's, in „tydschrift v. h. kon. Ncderlandsch 
aardrykskundig genootschap. 1890." Seite 16. 

") Siehe Nachrichten Oher Kaiser- Wilhelmsland 1834. Seite 49. 
*♦*) ibid. I. Heft 1891. Seite 29 u. 30. 



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Wenn auch der Hauptregenrall nach dem Gesagten bei Nacht stattfindet, so giebt es während 
der nassen Zeit doch Regentage genug. Nachfolgende Tabelle, nach den lclimatologischen Berichten 
in den .Nachrichten Über Kaiser-Wilhelmsländ" zusammengestellt und das Mittel aus den drei 
Jahren 1895—97 umfassend, mag darüber Aufschluss geben. 





Friedr.-Wilh..Hafen: 


Stefansort : 


Simbatij 




Herbertshöhe : 


Mona! : 


tage . menge 


Gewitter 


Regen- 
tage ' menge 


Gewitter 


tago | menge 


Gewitter 


Regen- 
tage menge 


Gewitter 


Januar . . . 


25 


332 


6 


20 


413 




14 J 108 


11 


22 


311 


16 


Februar . . 


25 


393 


7 


19 


440 


a 


14 ! 86 


6 


17 


271 


15 


März . . . 


25 


405 


3-4 


25 


519 


18 | 199 


5 


23 


338 


16 


April . . . 


23 


532 


9 


18 


303 


3" 


22 389 


3 


18 


132 


11 


Mai ... . 


20 


345 


4-5 


15 


240 




25 608 


1 


15 


114 


16 


Juni .... 


13 


87 


1 


13 


123 


» 


26 760 


1 


10 


71 


9 


Juli .... 


10 


80 


1 


7 


50 


er 


25 547 


3 


9 


132 


fehlt 


August . . . 


9 


131 


1 


8 


81 


o 


24 i 540 


2 


8 


196 


fehlt 


September 


11 ] 111 


1 


7 


187 


z 


23 ' 573 




15 


190 


11 


Oktober . . 


14 j 217 


3 


10 


197 


Z 


17 i 417 


4 


14 


127 


23 


November . . 


15 309 


3 


14 


384 




17 : 471 


7 


16 


131 


26 


Dezember . . 


28 


619 


5 


15 


392 




17 


194 


13 


24 


276 


20') 




218 


3561 


45 


171 [3329 


— 


242 


4892 


56 


191 


2289 


163 


























Monaten!) 



Diese Tabelle zeigt uns mancherlei: 

Erstlich heben sich bei den Stationen der Astrolabebai : Friedrich -Wilhelmshafen und 
Stefansort**) die Monate Juni bis September als die verhältnissmässig trockensten hervor. In dieser 
Zeit herrscht oft wochenlange Dürre, so dass sogar unter dem Druck dieser Thalsache die Haupt- 
hoffnung der Colonie, die Tabakskultur, erheblich eingeschränkt werden musste***). Die Jahre 1894, 
1895 und 96 zeichneten sich in dieser Hinsicht besonders aus. In Stephansort z. B. wurde 1896 
vom 12. August bis zum 21. September kein Tropfen Regen gemessen. 

Die genannten Monate sind zugleich diejenigen, welche wir als die relativ heissesten kennen 
gelernt haben, mit den grössten Temperaturschwankungen nach oben und unten : Die Morgentemperaturen 
des Juni, Juli und August sind die kühlsten des ganzen Jahres (22,7—8° gegen 24. und 25° der 
übrigen Monate. Beobachtung in Halzfeldthafen 1886—87). 

Sie bilden zusammen die trockene, heisse Zeit, während welcher fast alles Thier- und 
Pflanzenleben ruht. Da die Schleusen des Himmels geschlossen bleiben und von den Wellblech- 
dächern der Europäerhäuser kein trinkbares Nass in die untergestellten eisernen Wasserreservoirs 
rieselt — Brunnen fehlen, wären auch, wenn nicht artesisch, kaum anzurathen — , so sieht man 
sich genöthigt, dasselbe per Ochsenkarre in Fässern aus den nächstgclegenen grösseren Flüssen 
herbeizuholen , da kleinere Wasserläufe ebenfalls temporär austrocknen. Ihr Wasser ist immer 
gut, frisch, krystallklar und ohne Schaden trinkbar, weil sie, von den nahen Bergen herabkommend, 

*) Die Gewitter sind zu Herbertshfihe nur wahrend eines einzigen Jahres (1897) beobachtet. 
**) Es giebt — oder gab — dort noch eine Reihe anderer Beobachtungsstationen (Erima, Constantinhafen), aber 
die NoLirungen der oben genannten kenne ich aus eigener Anscliauung als die zuverlässigsten. 
***) Siehe Nachrichten über Kaiser-Wilhelmsländ 1896, Seite 12. 



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alle starkes Gefälle und raschen Lauf haben. Ich spreche hier speziell vom Minijim- oder Mintjengi- 
Fluss, der uns in Stefansort versorgte. 

In Simbang, der Neudettelsauer Missionsstation in der Nahe der früheren Station Finsch- 
hafen, sind, wie die Tabelle zeigt, die Regenverhältnisse total andere und denen an der Astrolabebai 
geradezu entgegengesetzt. Die Monate, welche für Stefansort die trockene, heisse Zeit bedeuten, 
bringen für Simbang den Regen. Von den 4892 mm Jahresniederschlag fallen in den 5 Monalen 
Mai bis September allein über 3000 mm, also etwa drei Fünftel. Dieses auffallende Verhalten ist schon 
lange bekannt und auch erklärt*). Um diese Erklärung jedoch verstehen zu können, ist es nothig, 
dass wir uns zunächst mit den Luftströmungen vertraut zu machen suchen. 

Da Neu-Guinea im indischen Monsun-Gebiet liegt, halten die Luftströmungen dementsprechend 
zwei einander entgegengesetzte Perioden ein : In der Zeit, wo die nördliche Halbkugel starker erwärmt 
wird, im nördlichen Sommer, von Mai bis October, herrscht der Südost-Passat, in den übrigen 
Monaten der Nordwest-Monsun, Die Monate April bis Mai und Oclober bis November sind Ueber- 
gangszeilen, in denen die Winde abflauen und umsetzen, was theils mit Windstillen, den Kalmen, 
die sich hauptsächlich im Bismarckarchipel bemerklich machen, nicht selten aber auch mit grossem 
Aufruhr im Luftraum, mit Stürmen und selbst Orkanen vor sich geht. Doch sind die Umselzungs- 
zeiten nicht regelmässig, sondern zeigen vielfache Störungen. So setzte nach den Beobachtungen 
zu Simbang der Nordwest-Monsun 1894 am 9. November, 1895 aber erst am 16. Dezember ein, 
auf den Purdy-Insel» 1888 schon am 23. October und 1889 in Hatzfeldthafen am 27. October. 
Ebendort musste der Südost-Passat im Jahre 1891 bis zum Juli um sein Recht kämpfen. Lokale 
Winde, Land- und Seebrisen, spielen nebenher noch eine Rolle. Maclay gibt für die Astrolabebai 
an: .Pendant le jour, NO.; quelque fois NNO ou ONO; la nuit, vent de la cöte, c'est-ä-dire S ou 
SO". Auch im Innern des Landes hat man dieselben wahrgenommen, denn von der Zwischenstation 
am Ramu im Hinterland der Astrolabebai meldet der Bericht ein „auffälliges Vorwallen von SO.- 
Winden in den Morgenstunden, von NW. -Winden in den späteren Tagesstunden*. 

Die beiden herrschenden Winde, der Nordwest-Monsun sowohl wie der Südost-Passat, sind 
Regenwinde, denn beide, haben, ehe sie Neu-Guinea erreichen, grosse Meeresflächen zu passiren, 
über denen sie sich mit Wasserdämpfen sättigen. Und doch bringt der eine die trockene Zeit, der 
andere den Regen! 

Die Erklärung ist nach dem, was wir vorhin über die geographische Lage gesagt haben, 
nicht schwer: 

In die Astrolabebucht, die sich von Norden her in das Land hineingebohrt hat, haben nur 
nördliche Winde unmittelbaren Zutritt; nur sie können ihre Feuchtigkeit direkt in Form von Regen 
Über dem nächtlich-kübleren Lande abladen. Der Südost-Passat aber, der, ebenfalls regenschwanger, 
von Süden und Osten heraufkommt, prallt zuerst auf die hohen Gebirgsmauem des Bismarck- und 
Finisterre-Gebirges, die ihm seinen Gehalt an Feuchtigkeit abnehmen, so dass er später, nach 
Ueberwindung der Gebirgskette, als trockener, feuchtigkeitsarmer Elevalionswind auf die Astrolabe- 
bucht herabfällt. Mit andern Worten: Die Astrolabebai liegt im Windschatten des Südost-Passat. 

Gerade das Umgekehrte findet weiter östlich, am andern Ende des Finisterre-Gebirges und 
der Maclay -Küste , am Hüon-Golf, statt Dieser steht dem Südost-Passat offen und liegt, ebenfalls 
durch das Finisterre-Gebirge und seine Fortsetzung, aber in entgegengesetzter Richtung geschützt, im 
Windschatten des Nordwest-Monsuns. Dieses Gebirge bildet also eine wirkliche Wetter- und Jahres- 
zeitscheide; ein und derselbe Wind verursacht auf der einen Flanke desselben Regen, auf der 
andern Trockenheit Denken wir uns das Gebirge weg, so müssten wir fast das ganze Jahr hindurch 

*) Vergleiche den Eingangs dieses Abschnittes cjlirtcn Artikel von Professor Snpan in den Petemutnn'Bchen 
geographischen Hittheilongen. 



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— 24 - 

ohne grosse Verschiedenheit Regen haben, gleichviel, ob Nordwest-Monsun oder' Südost-Passat, Das- 
selbe müsste stattfinden, wenn wir uns auf die freien Gipfel dieses Gebirges versetzten. Dieses 
Experiment ist gemacht worden; auf dem Gipfel des 3000 Fuss hohen Sattelberges hat der Missionar 
Flierl, der .Veteran" unter den weissen Ansiedlern, eine Beobachtungsstation eingerichtet, und das 
Mittel aus seinen dreijährigen Beobachtungen ergiebt eine durchschnittliche Regenmenge von 5000 mm 
und eine fast fortlaufende Reihe Ton Regentagen: Im Dezember und Januar, der trockenen Zeil 
entsprechend, 18,3 bezw. 19,3 und in den Regenzeitmonaten Juni und Juli je 26 Tage mit Regen. 
In Bezug auf die Regenmenge ist der Unterschied beträchtlicher: 123 und 211 mm im Dezember 
und Januar, gegen 781 und 645 mm im Juni und Juli. Das kommt wahrscheinlich daher, weil der 
Nordwest-Monsun einen Theil seines Weges an den Gebirgswändern entlang streichen muss, ehe er 
auf den Saltelberg trifft, während der Südost-Passat direkt von der See heranbraust. In der That, 
der Sattelberg ist ein feuchtigkeitstriefender , regenreicher, stets umwölkter, aber trotzdem sehr 
gesunder, fieberfreier und für die Europäer zum wahren Segen gereichender Aufenthalt. 

Wenn für Kaiser -Wilhelmsland Monsun und Passat beides gleich regenreiche Winde sind, so muss 
sich das ferner auf den kleinen, nördlich vor Neil-Guinea liegenden Inselchen zeigen, wo beide Winde 
ungehinderten Zutritt haben. Solche sind z. B. im Westen die vorerwähnten Purdy-Inseln, auf deren 
Guanolager man früher einmal grosse Hoffnungen gesetzt hatte. Von hier wird thatsächlich berichtet, dass 
der Regenfall das ganze Jahr hindurch ein sehr reichlicher, wenn auch in einzelnen Jahren etwas unregel- 
mässiger sei; ein Beobachter schätzte die Zahl der durchschnil tlichen Regentage im Monat auf 25. 

Im Osten sind es die dicht vor Simbang liegenden Tami-Inseln. Auch von hier zeigen die 
Tabellen nahezu 25 Regentage im Monatsmittel und der Regen strömt berab, gleichviel, welcher 
Wind weht. Ob Monsun oder Passat, jeder bringt Niederschläge und man kann von allen diesen 
Inseln im wahren Sinn des Wortes sagen : Sie kommen vom Regen in die Traufe. 

Natürlich ist auch hier die Regenmenge eine viel bedeutendere, über 6000 mm im Durch- 
schnitt der Jahre 1896/97. Die so nahe liegende Station Simbang auf dem Festlande hat in dem- 
selben Zeitraum nur 4611 mm und im 3jährigen Durchschnitt 4892 mm zu verzeichnen; das sind 
aber immer noch bedeutendere Mengen und mehr Regenlage, als sie die Astrolabebai besitzt; die 
Erklärung hierfür ist darin zu suchen, dass Simbang auf der Ostseite der grossen, nach dem Hüon- 
Golf schauenden exponirten Halbinsel nicht ganz im Windschatten des Nordwest-Monsun liegt und 
von ihm zum Theit noch getroffen wird. Herbertshöhe dagegen, die Reobachlungsstation an der 
Blanchebai auf der Gazelle-Halbinsel Neu-Pommern's, ist gegen Monsun und Passat durch Land- 
vorsprünge geschützt, welche beiden Winden gleichmassig einen Theil ihrer Feuchtigkeit abnehmen. 
Darum sehen wir auch dort erstens trotz der ungemein häufigen Gewitter (viermal mehr als an der 
Astrolabebai und dreimal mehr als in Simbang) eine verminderte Regenmenge, und zweitens eine 
gleichmässigere Vertheilung desselben auf die Jahreszeiten. 

Im 1897 er Heft der »Nachrichten über Kaiser- Wilheimsland" hat der frühere Arzt auf 
Herbertshöhe, Dr. Danneil, eine sehr hübsche Schilderung von Witterung und Klima an der Blanchebai 
gegeben, welche dies bestätigt. 

»Diese Jahreszeit," sagt er — er spricht vom SO.-Passat — „wird hier die trockene 
genannt — nicht ganz mit Recht, wie ein Blick auf die Regentabellen zeigt, denn sie ist nicht das, 
was in vielen Tropengegenden „trockene Jahreszeit" bedeutet. Es regnet auch in dieser Jahreszeit 
und regnet genügend; man darf es geradezu als Ausnahme bezeichnen, wenn einmal 2 — 3 Wochen 
lang kein Tropfen fällt. Wie nass eine solche trockene Jahreszeit unter Umständen sein kann, dafür 
spricht wohl am deutlichsten die im verflossenen Jahre stark verregnete Baumwollenernte, Der 
Unterschied ist nur der, es regnet in dieser Zeit durchschnittlich weniger als zu den andern Zeiten, 
der Himmel zeigt keine schwere Bewölkung und Gewitter oder Böen kommen kaum vor." 



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Der letzte Satz scheint nicht allgemein gültig zu sein, denn im Jahre 1896 fiel gerade 
während des SO.-Passates die Hauptmenge des Regens, und die Gewitterliste von 1897, in der 
freilich gerade die Monate Juli und August fehlen, zeigt, dass auch Gewitter keine Seltenheit sind. 

Bezüglich der Gewitter ersehen wir aus unserer Tabelle die auffallende Tbatsache, dass 
dieselben sowohl an der Astrolabebai und in Simbang — anscheinend auch in Ilerbertshöhe — 
in den Monaten Mai bis September am seltensten sind, trotzdem diese Orte gerade entgegengesetzte 
Re^enverhältnisse haben. Die Gewitter scheinen also mit den letzteren in keinem engeren Zusammen- 
hang zu stehen, sondern vorwiegend mit dem Nordwestmonsun aufzutreten. Aus westlicher Richtung 
kommen denn auch durchschnittlich die meisten Gewitter; so in Simbang von 82 Gewittern 39 aus 
westlicher, 32 aus östlicher Richtung. In Friedrichs-Wilhelmshafen von 80 Gewittern 32 aus westlicher, 
37 aus östlicher, und von 200 in Herbertshöhe 82 aus westlicher und 43 aus östlicher; zusammen 
153 aus westlicher und 112 aus östlicher Richtung; die restirenden 100 vertheilen sich auf Nord und Süd. 

Ueber den Feuchtigkeitsgehalt der Luft liegen nur von Hatzfeldthafen über die Jahre 1886/87 
Beobachtungen vor, ebenso über den Luftdruck. Die absolute Feuchtigkeit betrug im Jahresmitte) 
21,4 mm, mit geringen Schwankungen in den einzelnen Monaten: 23 mm nach oben (im Februar) 
und 20,1 — 7 mm (von Juni bis August) nach unten. 

Die mittlere relative Feuchtigkeit der Luft betrug 85 °/ und zwar war der Gang folgender: 
des Morgens 7 Uhr betrug sie 90 fl / , fiel, der zunehmenden Wärme entsprechend, Mittags 2 Uhr auf 
73 % und stieg bis Abends 9 Uhr wieder auf 91 °/ . Der relative Feuchtigkeitsgehalt war ziemlich 
unabhängig von der Menge des gefallenen Regens, doch hatte der August mit dem Regenminimum 
zugleich die relativ trockenste Luft (79 °) ). Der Dezember und Januar hatten 83 %, die übrigen 
Monate schwankten zwischen 84 und 88 %. 

Die monatliche Schwankung ist entsprechend derjenigen der Temperatur, von der sie ja 
wesentlich abhängt, im Juni und August am stärksten und beträgt 29 °/ Differenz. Im Februar ist 
sie mit 10 /,, am geringsten. 

Der Feuchtigkeitsgehalt der Luft ist also ein sehr hoher, höher sogar als in Deli, wo ich im 
Jahresdurchschnitt nur 80 % relativer Feuchtigkeit fand, und etwa dem von Batavia gleich. 

Der hohe Feuchtigkeitsgehalt ist es neben der gleichmassig hohen Temperatur hauptsächlich, 
welcher das Erschlaffende des Tropenklimas bedingt. Infolge der Sättigung der Athmosphäre mit 
Wasserdämpfen ist eine der Hauptfunctionen des menschlichen Körpers, die Ausscheidung für den 
Körper unbrauchbarer resp. schädlicher Stoffe durch die Haut, die Verdunstung, sehr beeinträchtigt; 
die durch die Schweissdrüsen abgegebenen, mit Kochsalz und anderen Stoffen beladenen Wasserdämpfe 
werden von der feuchtigkeitsüberladenen Luft nicht aufgenommen, sondern schlagen sich als Schweiss 
auf der Haut nieder, verstopfen die Ausführungsgange der 2 1 /, Millionen Schweissdrüsen unseres 
Körpers und hindern dadurch ganz bedeutend die Sauerstoffaufnahme und Kohlensäureabgabe 
der infolge der hohen Temperaturen blutüberfüllten Tropenhaut durch die Hautathmung. 

»Die physiologische Thätigkeit der Haut ist aber," wie Ranke sagt, «ein sehr bedeutender 
Faktor unserer Gesundheit; die Unterdrückung der Haut thätigkeit wirkt tödtüch." 

Bezüglich des Luftdruckes stehen mir wieder nur die Hatzfeldthafener Tabellen zu Gebote. 
Der mittlere Barometerstand war 757,8 mm und die Schwankungen sehr gering. Das absolute 
Maximum fiel in den October mit 762,5 und das absolute Minimum in den Februar mit 751 mm. 

Der tägliche Gang, sagt Trabert bei Besprechung der Finschhafener Luftdrucktabelle von 
1888,*) ist so ausserordentlich regelmässig, dass die aus den mittleren Extremen abgeleitete Amplitude 
desselben hur unwesentlich grösser ist als die Amplitude der mittleren Tagescurve. 



') Meteorologische Zeitschrift, Dezember 1 



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Der mittlere Barometerstand in Hatzfeldthafen war : Morgens 7 Uhr 758,3 mm mit Schwankungen 
von 756,3 (Februar) bis 759,7 (October). Mittags 2 Uhr 756,8 (Minimum 756,1 mm im Januar und 
Februar, Maximum 757,6 im October). Abends 9 Uhr 758,4 (Minimum 757,6 im Januar und Februar, 
Maximum 759,2 mm im September und October). 

Zu den klimatischen Erscheinungen gehören gewissermassen auch die Erdbeben, denn sie 
stehen ganz zweifellos in Zusammenhang mit der Jahreszeit, nie aus folgender Zusammenstellung 
hervorgehen dürfte. 

In den drei Jahren 1895 bis 1897 waren 198 Erdbebentage zur Beobachtung gekommen. 
Davon enl fielen genau drei Viertel, nämlich 149, auf die Monate November bis Mai incl. und last 
die Hälfte (81) auf die drei Monate Januar, Februar und März allein. Sie sind also weitaus am 
häufigsten in der Zeit des Nordwestmonsuns. Wir stossen hier auf dieselbe Tbatsache, welche vorhin 
bezüglich der Gewitter berichtet wurde. Ob zwischen beiden ein Zusammenhang besteht? 

Der erdbebenärmste Monat war mit 6 Erdbebentagen der Juni, nach ihm der Juli mit 9, der erdbeben- 
reichste der Februar mit 33 Erdbebentagen, flankirt vom März mit 26 und Januar mit 22 Erdbebentagen. 

Kaiser -Wilhelmsland mit dem Bismarckarchipel ist ein sehr erdbebenreiches Land, dessen 
Boden in der Regenzeit fast beständig an irgend einer Stelle erzittert; dabei nimmt die Häufigkeit 
der Erdbeben regelmässig von West nach Ost zu. Während ander Astrolabebai (Friedrich -Wilhelms- 
Hafen und Stefansort) in den genannten 3 Jahren 15 bezw. 11 Erdbebentage zur Beobachtung kamen, 
sind vom Sattelberg 81, von Simbang 61, von Herbertshöhe jedoch 80 notirt. Die Erdbeben sind 
meist lokal, oder höchstens über das Festland verbreitet; ein Erdbeben, das gleichzeitig in Kaiser- 
Wilhelmsland und dem Bismarckarchipel verspürt wurde, kam nur ein einzigesmal (1897) zur Beobachtung. 

Die Zunahme der Erdbeben nach Osten mag wohl der Grund sein, wesshalb wir im 
deutschen Theil von Neu-Guinea die Häuser der Eingeborenen mit wenigen Ausnahmen direct auf 
den Boden gebaut finden, während sie im westlichen Theil von Neu-Guinea, wie ich im Reisebericht 
schon erwähnt habe, fast durchweg auf Pfählen stehen. Auch uns Europäer hat dieser Grund be- 
wogen, unsere Wohn- und Arbeiterhäuser entsprechend niedriger zu bauen, nachdem uns ein paar 
starke Erdbebenstösse die Hinfälligkeit aller Gebilde von Menschenhand klar vor Augen geführt 
hatten ; denn die Intensität solcher Stösse ist oft eine sehr grosse. Der stärkste Stoss, den ich dort 
erlebte, war in der Nacht vom 11. auf den 12. December 1894. Er hatte die Richtung N.-S. 
und war so stark, dass meine Hängelampen — ich wohnte damals in dem auf Tafel 4 abgebildeten 
Haus — bis zur Decke hinauf schwangen, Gläser, Stehlampen, Flaschen, Geschirr herabgeschleudert 
rasselnd in Trümmer gingen und die ganze Einwohnerschaft, Schwarze und Weisse, voll Angst ins 
Freie sprang. Die meisten Häuser und Gebäude fanden wir am nächsten Morgen um '/» — 2 Fuss 
aus ihrer Senkrechten gewichen, und zwei Tabaksscheunen lagen ganz auf dem Boden. Steinerne 
Gebäude wären unrettbar vernichtet worden. Gerade im December 1894 hatten wir ausserordentlich 
viele, aber mit Ausnahme dieses einzigen lauter schwächere Erdbeben. 

Die verhällnissmässig geringe Entwicklung der Küstenebenen und das ziemlich steile Gefälle 
derselben hat die Bildung von grossen, der Gesundheit so sehr gefährlichen Sumpflandschaften ver- 
hindert; die Astrolabebai weist fast gar keine Sümpfe und infolgedessen auch nur geringe und lokale 
Entwicklung der Mangrove-Vegetation auf. 

Das ist ein grosser sanitärer Gewinn; denn es ist eine altbekannte und feststehende That- 
sache, dass die Entwaldung und Austrocknung von Sümpfen in den Tropen — und nicht nur da 
allein — eine der gesundheitsgefährlichsten Manipulationen ist, die immer und überall die meisten 
Opfer fordert; es dauert oft furchtbar lange, ehe ein solches Land sich assanirt. An Sümpfe sollte 
man nur im alleräussersten Nothfall die Hand legen und ihnen unter keiner Bedingung gleich zu 
i der Drainirung den Baumschatten nehmen. 



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- 27 — 

Ich will nur an Batavia erinnern. Von dieser Stadt besitzen wir die Krankheits- und Sterbe- 
listen zweier Jahrhunderte. Weit über hundert Jahre hat es gebraucht, bis Batavia aus der rieber- 
schwangeren Mordgrube die heutige gesunde und schöne Stadt geworden ist. 

Wenn also auch so ausgedehnte Sumpfebenen, wie wir sie z. B. auf der OstkQste Sumatra'» 
haben, in Kaiser- Wilhelmsland fehlen, so haben wir doch dafür etwas Anderes, nämlich häufige und aas- 
gedehnte periodische Ueberschwemmungen. Das Inundationsgebiet der Flüsse und Bäche ist ein 
sehr umfangreiches. An den Gebirgsmauem im Hintergrund der Astrolabebai müssen oft ungeheure 
Regenmassen niedergehen, denn man sieht oft ganz plötzlich und ohne dass es an der Küste geregnet 
hat, ganz kleine Flüsse und Bächlein zu reissenden Strömen anschwellen. Das Flussbett, das man 
jetzt durchschreiten kann, fast ohne sich die Sohlen nass zu machen, steigt binnen wenigen Stunden 
um mehrere Meter. Wie häufig ist es mir passirt, dass ich bei meinen ärztlichen Gängen den Yori, 
das Flüsschen zwischen den Pflanzungen Stefansort und Erima, von Stein zu Stein hüpfend trockenen 
Fusses überschritt, und mir kaum drei Stunden später durch einen wildbrausenden Strom den 
Rückweg abgeschnitten sah! Alle Wasserläufe haben sich ungeheuer breite Betten gerissen, die sie 
mit einer Menge von Schotter und Geröll angefüllt haben; in der trockenen Zeit durchrieseln sie 
dieselben als kleines, dünnes Wasserfädlein, das zu der Breite seines Bettes in gar keinem Ver- 
hältniss steht; in der Regenzeit aber, oder nach starken Gewitterregen auch in der trockenen Zeit, 
fasst das Bett all die infolge der Kürze und Steilheit des Laufs rapid anschwellenden Wassermassen 
nicht mehr, und dieselben überschwemmen weithin das Land. 

Diese periodischen Ueberschwemmungen und Wiederauftrocknungen sind sehr gefährlich, 
weniger in der Regenzeit, wo mindestens jeden zweiten Tag ein starker Regen fällt und das Land 
beständig durchtränkt ist wie ein nasser Schwamm, sondern gerade in der trockenen Zeit, wo eine 
solche Ueberschwemmung rasch wieder zur Aufsaugung gebracht wird. Der rasche Wechsel zwischen 
Durchnässung und Austrocknung des Terrains begünstigen, wie allgemein bekannt, den Ausbruch von 
Epidemieen ungemein, namentlich von Malaria, und so kommt es, dass wir die sogenannte trockene Jahres- 
zeit (an der Aslrolabebucht von April bis October), sobald sie mit Anormal itäten der Witterung gepaart 
geht, als die ungesundeste Zeit zu betrachten haben ; das gilt nicht nur für Neu-Guinea, sondern auch für 
Java, Sumatra und vermuthlich für die Tropen überhaupt.*) Ich darf vielleicht hiebei noch daran 
erinnern, dass wir diese Zeit vorhin auch mit den extremsten Temperatursprüngen behaftet gesehen haben. 

Ganz dieselbe Ursache, der schnelle, häufige Wechsel zwischen Regen und Trockenheit ist 
es, welcher auch die Uebergangszeiten, die Monate April, Mai, October und November so ungesund macht. 

Ich will zum Beweis dessen nur einige Beispiele aus Neu-Guinea selbst anführen. 

Da ist zunächst Finschhafen. Von hier besitzen wir eingehende ärztliche Berichte über die 
Jahre 1889 und 1890.**) 

Im Jahre 1889 betrug die Zahl der Malariaerkrankungen während der Regenzeit (Mai bis 
October incl.) nicht viel über ein Drittel der Gesammtmalaria und war am geringsten während der 
regenreichsten Monate Juli bis August. 

Auch das Jahr 1890 zeigt dies, aber nicht so deutlich; denn dasselbe war ein abnorm 
trockenes, so dass die Regenzeit nicht zum Durchbruch kam; der Beginn derselben im Mai und der 
Monat August mit einer grösseren plötzlichen Regenmenge reagiren sofort mit einer starken An- 
schwellung der Malariaziffer. In den trockenen Monaten November und December steigt dann die 

*} cf. Moncurvo, sur la Malaria infantile et son traitement, welcher sagt: „Wie in andern tropischen Gebieten, fallt 
auch in Rio (de Janeiro) da« Gros der Erkrankungen auf die heissen, trockenen Sommermonate (Dezember bis April), wahrend die 
kühlere Regenzeit eine bedeutend geringere Morbidität aufweist" (Referat v. Martin im Archiv f. Schiffs- u. Tropenhygiene 1899. 
Band III, Heft 1). 

**) Publizirt in den Nachrichten Ober Kaiser Wilhelmsland 1890 und 1891 und in Specialarbeiten des früheren 
Finsch hafener Arztes Dr. Schellong, die mir bei Abfassung dieses leider nicht mehr zur Hand sind. 



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Malaria stark an und leitet die schwere Katastrophe der zwei ersten Monate des Jahres 1891 ein, 
welche zum Aufgeben der Station führte. Diese ganze schwere Epidemie lallt in die trockene Zeit. 

Aus den arztlichen Berichten der beiden Jahre hebe ich folgende Sätze hervor: 

«Vereinzelte Regen, die in eine sonst trockene Zeit fallen, begünstigen die Malaria 

Den vereinzelten Niederschlagen hinsichtlich ihrer Wirkung sehr ähnlich ist das Aufhören einer 
Regenperiode, resp. der Anfang einer trockenen Jahreszeit." 

.Auffällig erscheint das sehr schnelle Auftreten zahlreicher Malaria-Erkrankungen nach ver- 
einzelten, meist heftigen, abkühlenden Regen oft innerhalb 24 Stunden.* 

.Die Gipfel der Fieberperioden fallen mit stärkeren Regenperioden zusammen." 

„Der October, welcher bei Weitem den höchsten Stand der Malaria-Erkrankungen während 
des Quartals zeigt, war durch fast fortwahrenden Wechsel von trockenem und regnerischem Wetter 
ausgezeichnet * 

Gehen wir nun nach der Astrolabebai. Hier ist, wie wir vorhin gesehen haben, die Trocken- 
zeit derjenigen von Finschhalen entgegengesetzt und wir müssen die Monate April bis October als 
die trockenen und unter obiger Bedingung wahrscheinlich malariareicheren ansprechen. Das erhellt 
auch sofort aus der ärztlichen Statistik über die Zeit: 1. April 1896 bis 1. April 1897.*) In der 
ersten Hälfte dieses Zeitraumes, welche der trockenen Jahreszeit entspricht, sind hier 195 Malaria- 
Erkrankungen mit 19 Todesfällen verzeichnet, in der zweiten Hälfte nur 106 mit 4 Todesfällen, 

Dem meteorologischen Bericht über 1896 von Friedrich-Wilhelmshafen entnehme ich folgendes: 
Eine Seebrise, sehr heftig und warm, kam in der Nacht vom 28. Juli auf. Dieselbe wurde altgemein 
sehr unangenehm empfunden und war von Fieberanfällen begleitet. Vom 1. bis 8. Juli herrschte 
hei zeitweise sehr heftigen Ostwinden und meist bedecktem Himmel höchst unangenehmes, nasskaltes 
Wetter, welches das Tragen von Unterkleidern erforderlich machte und das von vielen und hart- 
näckigen Fieberanfällen begleitet war. 

Ich selbst habe in Stefansort während der Zeit vom November 1893 bis December 1894 
keinen Unterschied bemerkt ; beide Jahreshälften standen sich in Bezug auf Malariaerkrankungen fast 
gleich; das hatte aber zweierlei Ursachen: erstlich war das Jahr 1894 ein meteorologisch ziemlich 
normales, und zweitens kamen gerade in der Regenzeit grosse Trupps neuangeworbener Leute an, 
die noch während derselben ihre Acclimatisationsmalaria durchzumachen hatten. 

Auf Sumatra beobachtete ich dasselbe. Nicht auf den Tabaksplantagen, wo infolge äusserer, 
in der Plantagenarbeit begründeter Umstände die Regenmonate die gesundheitlich ungünstigsten 
waren, sondern bei der freien Bevölkerung der Küstenplätze, insbesondere der „Stadt" Labuan in 
Deli, wo ich acht Jahre hindurch als Regierungsarzt resp. .civiel geneesheer" wohnte. Von meinen 
damaligen Jahresberichten liegt mir nur noch der über das Jahr 1887 vor. Darin heisst es: .Aus 
dieser Statistik ergibt sich, dass die gesundesten Monate December, Januar, Februar und März zu sein 
scheinen. Von Mai bis October, der trockenen Zeit, herrschten ziemlich starke Fieberepidemieen, welche 
mitunter beträchtliche Opfer forderten. " Das Jahr 1887 war in seiner Trockenheit insofern abnorm, als es die 
wenigsten und unregelmässigsten (im Mai und August sehr häufige, in den übrigen Monaten sehr wenige) 
Niederschlage in dieser Zeit wahrend der ganzen vorhergehenden achtziger Jahre hatte, das Jahr 1882 
ausgenommen ; dieses war aber das Jahr, wo die Cholera ihren verheerenden Einzug in Deli hielt. Hofrath 
Dr. Martin, mein Freund und College, der fast so lange wie ich in Deli practizirte, hat ähnliche Erfahrungen 
gemacht. Er sagt**): ,Auf der Höhe der Regenzeit liegt das Minimum der (Malaria-) Erkrankungen*. 



*) Nachrichten über Kaiser-Wilhelmsland. 1897, Seile 28. Vom vorhergehenden Jahr 1895—96 wird darin 
ebenfalls gesagt, dass in der trockenen Zeit, 1. April bis 1. October, 33°/o, in der Regenzeit, 1. October bis 1. April, 
nur 27,7»; o der Gesanimterkranknngen Malariafieber waren! 

**) In: Aerztliche Erfahrungen über die Malaria der Tropenlander. Berlin, Springer, 1889. 



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Aehnlich sagt auch Dr. J. H. F. Kohlbrugge*), der leitende Arzt des Höhensanatoriuma 
Tosari auf Java, dessen Ansichten über die Aetiologie der Malaria ich in den meisten Fällen nur 
beipflichten kann: .Wahrscheinlich wird während der Regenzeil die Malaria weniger heftig auftreten, 
da dann die Austrocknung (des Bodens) geringer sein wird." 

Aus dem Gesagten den Schluss zu ziehen, dass die Malaria — denn um diese handelt es sich 
fast allein — an die Jahreszeit als solche, und speciell an die trockene, gebunden sei, wäre falsch. 
Es wird dadurch nur bewiesen, dass die Malariaexacerbationen eng an Witterungswechsel sich an- 
schliessen; da solche in der trockenen Zeit mehr und stärker auftreten, als in der Regenzeit, so 
treten sie hier auch mehr hervor. Ein normal verlaufendes Jahr zeigt nur beim normalen meteorologischen 
Umschlag, ungefähr im Mai und October, Steigerungen der Fiebercurve und bleibt sich sonst in 
Bezug auf Malaria gleich. Es stimmt dies allerdings nicht ganz mit der sogenannten Muskitotheorie, 
d. h. mit der Ansicht, die Malariainfection des Menschen erfolge ausschliesslich auf dem Wege der 
Uebertragung durch die bekannten blutsaugenden Muskitos, welche namentlich an Robert Koch ihren 
eifrigsten und erfolgreichsten Vertreter gefunden hat. Denn nach dieser Theorie müsste folgerichtig 
diejenige Zeit die meisten Malariainfectionen zeigen, zu welcher es die meisten Muskitos gibt — und 
das ist die Regenzeit. Während der Trockenzeit spürt man kaum etwas von Muskitos, in der Regen- 
zeit jedoch kann man sich kaum vor ihnen retten ; jede entblösste Hautparthie ist im Nu mit diesen 
stechenden Quälgeistern bedeckt. Koch hat das auch direct behauptet**): ,in manchen Gegenden 
beschränkt sich die Malariazeit auf bestimmte Monate im Jahr; es sind dies immer diejenigen Monate, 
in denen die Muskitos auftreten." Ich habe mir gerade in Hinsicht darauf erlaubt, etwas aus- 
führlicher zu zeigen, dass das Auftreten der Malaria in Kaiser-Wilhelmsland nicht blos Nichts mit 
der Häufigkeit der Muskitos zu thun hat, sondern zu derselben gerade im umgekehrten Verhftltniss 
steht. Es lässl sich das Alles freilich trotzdem mit der Muskitotheorie vereinigen, das will ich zu- 
geben; man braucht nur zu sagen: Diese von dem Witterungswechsel abhängigen Malariaepidemieen 
in der muskiloarmen Trockenzeit sind keine Neuinfectionen, sondern nur Wiederausbrüche einer alten 
Dauermalaria, wenn ich mich so ausdrücken darf. Wer dies behauptet, hat viel für sich; denn das 
dürfte wohl feststehen, dass die Malaria Dauerformen macht, welche monate-, selbst jahrelang im 
menschlichen Körper latent bleiben, d. h. schlummern können, um bei irgend einer Gelegenheit, wozu 
in allererster Linie der Witterungswechsel gehört — ich werde gleich darauf zurückkommen — in voller 
Kraft wieder auszubrechen. Ich will auch gar nicht leugnen, dass ich einen grossen Theil der Trocken- 
zeitepidemieen, das Plus sozusagen, wodurch sie über den Malariastand der Regenzeit hinausragen, 
auf dieses Conto schreibe, ganz besonders die Fälle, in denen, wie oben erwähnt, widriges, nasskaltes 
Wetter notorisch von Fieberanfallen begleitet wird, da hier die Incubationszeit der Malariaparasiten eine 
so erstaunlich kurze sein müsste, dass dies nach dem, was wir über die Vermehrung derselben wissen, 
unmöglich angenommen werden kann. Aber andererseits habe ich unanfechtbare Neuinfectionen in 
der muskitoarmen Trockenzeit ebenso häufig wahrgenommen, als in der muskitoreichen Regenzeit. 

Ich will hierfür nur ein Beispiel bringen: Auf der Höhe der trockenen Zeit, im Juli und 
August 1894, erhielten wir in Stefansort zwei Sendungen frisch angeworbener Melanesen- Arbeil er, 
zusammen 306 Mann, aus Neu-Hannover und Neu-Mecklenburg, die zum erstenmal nach Neu-Guinea 
kamen. Während nun in Stefansorl gerade in diesen Monaten keine besonderen meteorologischen 
Alterationen statthatten und infolgedessen die Malaria unter den Altgesessenen keine besondere Höhe 
erreichte, erkrankten die neuen Ankömmlinge sehr schnell und prompt, so dass Ende October bereits 

*) In einer sehr beachlenswerlhen Arbeit Qber „Malaria und Höhenklima in den Tropen" im Archiv fflr Schiffs- 
und Tropenhjgiene, Jg. 18S>8, Band 2, Heft 1. 

**) In einem Vortrag: Aerzlliche Beobachtungen in den Tropen, gehalten in der Abtheilung Berlin-Charlottenburg der 
deutschen Colonial-Gesellschaft. Verhandl. der deutschen Colonial- Gesellschaft Berlin Charlottenburg. 1891/98. Heft 7. S. 306. 



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nahezu die Hälfte aller Neuen im Hospital lag, ohne Oberhaupt zur Arbeit gekommen zu sein. Es 
erkrankten: Im Juli 1 Mann 

, August 41 , 
, September 29 , 
, October 73 . 
Zusammen: 144 Mann. 

Das sind nur die Leute, welche schwerer erkrankten und in 's Hospital aufgenommen wurden. 
Die leichten, ambulanten Fieberfälle, die zu Hause behandelt wurden, sind gar nicht mitgezählt. 

Auch bei den in derselben Zeit angekommenen Europäern und Oslasiaten gab die Malaria 
ebenso prompt nach den Torgeschriebenen zwei bis drei Wochen ihre Visitenkarle ab. Auffallend 
ist mir dabei gewesen, dass die meisten der Erstlingsanfälle ziemlich leichter, milder Natur waren 
und erst nach der dritten oder vierten Attacke — hier im October und November — zudringlicher 
und heftiger wurden; es ist dies vielleicht eine Cumulalionserscheinung mehrerer Infeclionen. 

Die übrigen Aerzte scheinen bezüglich der Neuinfeclion , d. h. der Erstinfection Neuange- 
kommener ebenfalls keine Saisonunterschiede wahrgenommen zu haben; ich schliesse dies z. B. aus 
den Worten Dr. Dempwolffs', des Friedrich- Wilhelmshafener Arztes 1895/96*): „Die MalariainfecÜon 
war an der Astrolabebai so ubiquitär, dass jeder Neuankömmling (ich erlebte hiervon nur eine, hörte 
von zwei weiteren Ausnahmen) bis zum 21. Tage, meist genau an diesem, seinen ersten Fieber- 
anfall bekam." 

Ich sprach vorhin von „Dauermalaria* und möchte bei der Gelegenheit betonen, dass ich 
fast ganz auf dem Standpunkt Dr. Schellong's, des früheren Finschhafener Arztes, stehe, der annimmt, 
dass in den Körper eines jeden Menschen, der sich einige Zeit in einem tropischen Malarialand 
aufhält, „continuirlich eine mehr oder minder grosse Anzahl von Malariaerregern, gleichgültig zunächst 
auf welchem Wege, hineingelangen"**). Aber auch wenn dieses continuirliche Hineingelangen unter- 
brochen wird, z. B. durch Entfernung aus dem Malariagebiet, bleibt der Körper noch lange durch- 
seucht, und die in ihm schlummernden Dauerformen können unter günstigen Umstanden, z. B. durch 
eine Erkältung oder einen Diätfehler, zu neuem Leben erwachen und neue Fieberattacken, selbst nach 
langer Pause hervorrufen***). Ich habe dies am eigenen Leibe erfahren und will nicht ermangeln, diese 
Beobachtungen, die Kohlbrugge's Erfahrungen und Ansichten in allen Punkten bestätigen, in der 
Hauptsache hier wiederzugeben. 

Die kleinen, leichten Fieberanfälle, von tertianem, alle drei Tage, und von quotidianem, täglich 
sich wiederholenden Typus, an welchen ich fast wahrend der ganzen Zeit meines Aufenthaltes zu 
leiden gehabt hatte, und welche meine Arbeiten und Studien dort ausserordentlich beeinträchtigten, 
hatten mir seit October so zugesetzt, dass, soviel ich mich auch sträubte, ein grösserer Urlaub zur 
absoluten Nothwendigkeit geworden war. Ich trat ihn mit der Februar-„Lübeck" an — es gab für 
uns nur alle 6 Wochen Gelegenheil, das Schutzgebiet, und zwar mit der „Lübeck" zu verlassen, 
wenn nicht gerade mal die „Ysabel*, der Gompagnie-Dampfer, Reparaturen halber nach Sydney 
musste, — und ging nach Singapore. Dort traf ich meinen alten Freund Herrings, der mich einlud, 
mit ihm, statt nach Java oder Japan, hinüber nach Sumatra, auf seine im Redjang-Gebiet in herr- 
lichem, frischem, fieberfreiem Höhenklima gelegenen Tabaks- und Kaffeeplantagen zu gehen, was ich 



*) In einem Artikel : Aerztliche Erfahrungen in Neu-Guinea, im Archiv für Schiffe- und Tropenhygiene 1898. 
Bd. IL H. 3. Drei Viertel der dort besprochenen FUle stammen merkwürdigerweise aus den Monaten der Trockenzeit 

**) ibid. S. 169 in einem Artikel ; Zur Frage des prophylactischen Chiningebr&uchs in tropischen Malaria -Gegenden. 

***) Dr. Plehn, der bekannte Malariaforscher, scheint ja jetzt, wie ich einem Referate in der soeben erschienenen 
Juni -Nummer der „Umschau" entnehme, diese Dauersporen wirklich aufgefunden zu haben, und zwar nicht gerade im 
Blute der Milz und des Knochenmarks, wie Kohlbrugge vermuthet. 



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— St- 
auch that, und dabei Sumatra von Ost nach West, von Palembang bis nach Benkulen, durchquerte. 
Da war es nun merkwürdig zu sehen, wie das Höhenklima auf meine Fieberanfalle einwirkte. Unter 
dem Einfluss der Seereise hatte sich schon kurz nach dem Verlassen Neu-Guinea's der Typus derselben ver- 
ändert ; etwa am 1. März zwischen Surabaya und Batavia, verwandelte sich mein ein- und dreitägiges 
Fieber plötzlich in eine quartana, in ein viertägiges, und so blieb es während meines Aufenthalts in 
Singapore und wahrend der Reise nach Palembang, das ich am 20. März erreichte. Bei dem mehrtägigen 
Aufenthalt hier bildete sich die regelrechte quartana plötzlich wieder zurück in die dreitägige Form, um ein 
paar Tage später bei der Ankunft auf der in 128 m Seehöhe gelegenen Tabaksplantage von Herrings, 
die wir nach einer etwas anstrengenden mehrstündigen Fusstour erreichten, wiederum die viertägige Form 
anzunehmen. So blieb es hier während 14 Tagen, bis nach einer, anscheinend zu besonders glück- 
licher Zeit eingenommenen Ghinindose von l'/i gr- alle Erscheinungen wie weggeblasen waren. Ich 
siedelte nun nach der 900 m hoch in herrlichem Klima gelegenen Kaffeeplantage über. So lange 
ich in dieser Höhe verweilte, hatte ich niemals auch nur einen einzigen Tag Fieber, obwohl ich 
zuletzt, mich völlig hergestellt fühlend, grosse Touren machte und eine mehrtägige, anstrengende 
Besteigung des Vulkans Kaba (6000 Fuss hoch) unternahm. Sowie ich aber wieder hinunter in 
die Küstenzone, nach Benkulen, gelangte, war auch mein getreues Fieber wieder da und zwar 
diesmal abwechslungshalber im eintägigen Kleide. Dies blieb so während der ganzen Seereise nach 
Batavia, verwandelte sich hier wieder in ein viertägiges, und verfolgte mich selbst auf die kühlen, 
aber nicht so hoch gelegenen Bergländer der Preanger Regentschaften, wo ich die Übrige Zeit meines 
Urlaubs zubrachte. Ich brauche als Arzt wohl nicht hinzuzufügen, dass ich all die Zeit über geregelt 
Chinin gebrauchte, freilich nicht in übergrosser Menge und Häufigkeit — davon bin ich im Laufe 
meiner fünfzehnjährigen Tropenpraxis abgekommen — , aber nach meinem Dafürhalten zur richtigen 
Zeit. Da die Quartana nun eine der hartnäckigsten Fieberformen ist, und der zweimonatliche 
Urlaub mir fast keine nachhaltige Besserung gebracht halte, so war ich für Europa reif und ging, 
anstatt nach Neu-Guinea zurück, nach Deutschland, wo ich im Juli anlangte. Auf der Heimreise 
und in Europa waren die Anfälle seltener geworden, aber sehr heftiger Natur, mit stundenlangen 
gewaltigen Initialschüttelfrösten und sehr hohen Temperaturen. Nachdem ich den letzten kurz nach 
meiner Ankunft zu Hause mit einer wohlgezielten Chinindosis gebrochen hatte, kam in der Folge 
von selbst kein weiterer Anfall mehr, und ich hatte oft lange Ruhe. Dagegen brachte mir 
jede grössere körperliche oder geistige Anstrengung, jede Erkältung und jeder 
Diätfehler unrettbar ein Recidiv, selbst nach monatelanger Pause. Da es nie meine 
Art war, bei jedem Intermittensanfall sofort mit Chinin auf den Patienten einzustürmen, am 
wenigsten auf mich selbst, und ich überdies nach dem Vorausgegangenen nicht wusste, ob das neue 
Recidiv quartanen, tertianen oder quotidianen Typus haben werde, so liess ich immer ein paar 
Anfälle ohne Chinin über mich ergehen, um die geeignete Stunde für die Chiningabe herauszufinden; 
denn schon in Sumatra, lange bevor man von den Malariaplasinodien und deren Sporuiationseffecten 
etwas wusste, hatte ich grob empirisch beobachtet, dass, wenn es mir gelang, das Stadium des 
höchsten Chininrausches mit dem Beginn des Initialfrostes zusammenfallen zu lassen, der Anfall unter- 
drückt oder auf ein Minimum abgeschwächt wurde, oft sogar für immer. Als die günstigste Zeit 
für mich persönlich habe ich genau drei und eine halbe Stunde vor dem zu erwartenden Anfall 
gefunden; das ist aber individuell und je nach der Art der Darreichung des Chinins verschieden; 
das muss sich eigentlich jeder Mensch selbst ausprobiren. Wenn ich nur um eine Stunde zu früh 
oder zu spät kam, wurde der Anfall meistens gar nicht affizirt, ganz besonders im Fall des Zuspät- 
kommens. Diese Erfahrung hat mich auch zum Feinde aller prophylactischen Chiningaben gemacht. 
Ich liess also ruhig einige Anfälle über mich ergehen, ehe ich zum Chinin griff. Und da 
machte ich nun folgende Erfahrung: Die beiden ersten Anfalle kamen ganz regelmässig, der eine 



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heute, der andere am vierten Tag genau um dieselbe Stunde, fast sogar auf die Minute. Der dritte, 
oder manchmal auch erst der vierte kam um einige Stunden früher, anstatt des Nachmittags um 
4 oder 6 Uhr, wie gewöhnlich, schon des Morgens und der nächste noch früher, so dass die quartana 
schon zur tertiana geworden war. So ging es weiter, immer näher rückten die Anfälle zusammen, 
immer mehr Überstürzten sie sich , bis etwa in der dritten Woche nach dem ersten Anfall das 
ursprünglich viertägige Fieber sich in ein richtiges tägliches verwandelt hatte, das immer noch 
Neigung zum Anteponiren zeigte, so dass ich keinen Augenblick im Zweifel blieb, dass es zuletzt in 
eine febris continua, das heisst ein fortlaufendes, beständiges Fieber ohne Intermission ausgeartet 
wäre. So weit Hess ich es freilich nie kommen. Mit einer einzigen richtig berechneten Chinindose 
von 1 Gramm war ich stets im Stande, alle diese wochenlang dauernden und zweifellos sehr 
schweren Anfälle wie mit der Scheere abzuschneiden — bis zur nächsten Erkältung oder zur nächsten 
Indigestion, denen ja der heimkehrende Tropenmann so leicht ausgesetzt ist. Den letzten Fieber- 
anfall hatte ich am 10. Januar 1896, also ein halbes Jahr nach meiner Ankunft in Europa. Seit 
dieser Zeit bin ich stets verschont geblieben. 

Warum konnte ich nun in Neu-Guinea selbst mich mit meiner Chininkur nicht schützen 
oder genesen? Weil dort eine „continuirliche" Neuinfection stattfand, die dem Blute stets neue, 
frische Parasiten wieder zuführte. Das war in Europa ausgeschlossen, und darum hatte ich hier mit 
wenigen Dosen Chinin — im Ganzen vielleicht 6—8 ä 1 Gramm in dem ganzen halben Jahr — im 
Verhältniss zu der Schwere der Infection leichten und schnellen Erfolg. Ich kann darum den Satz 
Koch's nicht begreifen, den er im vorerwähnten Vortrag ausspricht, »dass Sanatorten, welche in 
fieberfreien Gegenden angelegt sind, in Bezug auf Malaria nicht den geringsten Vortheil gewähren". 
Ich sollte doch denken, dass ein Kranker, der Möglichkeit einer Neuinfection entrückt, schneller und 
sicherer genesen müsse, als einer, der in dieser Möglichkeit verbleibt ! 

Ob die Neu-Guinea-Malaria wirklich nur durch die Muskitos übertragen wird, oder ob sie, 
wie mein Vorgänger in Stefansort Dr. Hagge sich etwas drastisch ausdrückt*), „im Boden steckt" 
und durch die Luft oder ein anderes Medium übertragen wird, das ist noch nicht entschieden! 
Robert Koch befindet sich ja augenblicklich auf der Reise dahin, und wir wollen hoffen, dass es 
dem genialen Forscher gelingen möge, auch hier Klarheit zu bringen. So bestechend die Muskito- 
theorie auch ist, sie lässt uns noch Vieles unklar und manche Thatsachen scheinen sogar direct 
dagegen zu sprechen, wie z. B. die gleichmässige Neuinfection während der muskito reichen und 
muskitoarmen Zeit. Dann die Massenerkrankungen der Arbeiter bei Erdarbeiten, die doch nur am 
Tage verrichtet werden, während, wie Koch selbst in seinem bereits erwähnten Vortrag sagt, die 
Malaria fast nur während der Nachtzeit infizirt. Ich wenigstens kann mir bis jetzt keine Vorstellung 
machen, wie die vielen Malaria-Erkrankungen infolge von Umwühlen des Bodens und nach -Ent- 
waldungen, die so mannigfaltig bezeugt sind, dass ich keine Beispiele anzuführen brauche, nur durch 
Muskitostiche zu Stande kommen sollen. Auch solche plötzlichen Katastrophen, wie die von Finsch- 
hafen, die in eine übermässig trockene, ergo nuiskitoarme Zeit fällt, bleiben dadurch gänzlich unerklärt. 

Ich bin kein Gegner der Muskitotheorie und zweifle nicht im Geringsten, dass durch Muskito- 
sliche Malaria hervorgerufen werden kann, im Gegentheil, ich habe erleichtert aufgeathmet, als ich, 
ein alter Tropenarzt, der seit 15 Jahren gegen die Malaria zu kämpfen hatte, von Koch's Forschungen 
und Erfolgen erfuhr, aber ich möchte doch davor warnen, dies als den ausschliesslichen Weg 
anzunehmen und die ganze ungeheure Malaria allein den armen, zarten, kleinen Muskitos auf- 
bürden zu wollen. Es ist ja nur zu menschlich, dass das blendende Neue die Geister an- 
zieht und die Gedanken beeinflusst; hintennach kommt dann die Reaction und erst wenn auch 



*) Im n 3ntlichen Centa-al-Anzeiger", September-Nummer 1 



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- 33 — 

diese vorbei ist, schlägt sich das Bleibende und Wahre als wissenschaftliches Gold nieder. So 
lange mir die Muskitotheorie nicht Alles erklärt, nehme ich noch die Möglichkeit anderer Wege 
an, auf denen die Malariakeime von irgendwoher, sagen wir mal: aus dem Boden, in den menschlichen 
Körper dringen; einer dieser Wege ist vielleicht die Luft. Freilich in der Form, wie wir die Parasiten 
bis jetzt im Blute kennen, würden wir sie nicht in der Luft suchen dürfen; aber giebt es nicht 
am Ende eine andere Form? Ja, es ist sogar eine Möglichkeit vorhanden, die beiden Theorieen 
einander zu nähern. Ich habe selbst beobachtet, dass die Muskitos tagsüber schaarenweise auf dem 
feuchten, abgefallenen, faulenden Laub buschiger, schattiger Niederwälder sitzen, zwischen denen sie 
mit ihrem langen, nicht zurückziehbaren Saugrüssel herumstochern oder an sonstigen dunkeln, 
modrigen und feuchten Loyalitäten, die sie erst mit Einbruch der Dunkelheit verlassen. Ich führe 
zum Ueberfluss noch die Worte Kükenthal's an*), welcher sagt: .Wahrhaftig peinigend sind dagegen 
die Wolken von Muskitos, welche sich aus den fauligen Blättern des Untergrundes erheben". 

Gerade wie die dortigen Landblutegel, stürzen auch sie sich und zwar am hellen Tage auf 
jedes vorüberpassirende Wesen, ob Mensch, ob Thier; doch erheben sie sich niemals hoch über den 
Boden ; das Gesicht eines aufrechlgehenden Menschen bleibt meistens frei von ihnen, und ihre 
Anwesenheit gewahrt man nur, wenn man aus irgend welchen nothwendigen Gründen einen entblössten 
Theil seines Körpers dem Boden nähert; die betreffende Hautstelle ist im Nu schwarz voll Muskilos, 
und die stille Beschaulichkeit, der man sich vielleicht hinzugeben gedachte, wird durch den Massen- 
angriff der brutal zustechenden Lanzenträger gründlich zerstört. Warum sollen diese Muskitos nicht 
im Stande sein, mit ihrem Rüssel Bacterien vom Boden direct auf den Menschen zu übertragen? 

Meiner Meinung nach wäre gerade Neu-Guinea der Platz, wie kein zweiter in der Welt, 
um hierüber beweiskräftige Experimente anzustellen, denn hier finden wir grosse, meilenweit von 
Menschen und Säugethieren entblösste Strecken. Man verschaffe sich nun einmal von dorther 
Muskitos oder, noch besser, ihre Larven, von denen man die Gewissheit hat, dass sie nie mit 
Menschen in Berührung gekommen sind — und in dem menschenarmen Neu-Guinea ist dies möglich 
— und untersuche sie auf Plasmodien. 

Es läge ferner der Gedanke nahe, zu prüfen, ob die Malaria nur auf die gehobene Korallen- 
zone der Küste und die Alluvialebene des Meeres, der Flüsse und der Berge, — denn- das Land am 
Fusse der Gebirgsketten, von dem Koch ausdrücklich in seinem Vortrag spricht und welches auch 
ich bereits längst als höchst ungesund kenne" 1 *), ist ebenfalls nur herabgeschwemmtes Alluvium — 
beschränkt ist. 

Hypothesen aufzustellen, liegt mir fern ; ich wollte nur meine Bedenken äussern und zeigen, 
dass auch noch andere Wege wenigstens möglich sind. 

Kaiser-Wilhelmsland, das ist gar kein Zweifel, zählt zu den ersten Malarialändern der Welt. 
Jeder Mensch, der dahin kommt und einige Zeit da verweilt, wird vom Fieber ergriffen, der eine 
mehr, der andere weniger ; sehr selten ist Jemand davon ausgenommen. Die Frage, ob Blonde oder 
Brünette widerstandsfähiger sind, muss ich unentschieden lassen; ich habe beide gleichmässig er- 
kranken und bei beiden auch Ausnahmen gesehen. Ueber die Widerstandsfähigkeit der Eingeborenen 
und der fremden farbigen Arbeiter soll weiter unten gesprochen werden. 

Die Neu-Guineafieber tragen glücklicherweise im Grossen und Ganzen einen ziemlich milden 
Character. Es sind kurze, kleine Anfälle, die sich aber häufig wiederholen. Sie können, ohne 



•) Im malavischen Archipel. Eine Forschungsreise von W. Kükenthal, Professor der Zoologie in Jena. Frank- 
furt a. M., Diesterweg, 1890: 

**) Siehe meinen Bericht über die Gesundheitsverhaltnisse der Astrolabe-Compagnic in den Nachrichten Ober 
Kaiser-Wilhelmsland 1894 Seite 27. 

Auch Davidson in seiner „Hygiene and diseases of warm climates" berichtet von Vorderindien, dass die schwersten 
Malariaformen am Fubs der Berge gefunden würden (Kohlhrugge 1. c. p. 13). 



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- 34 - 

unheilbaren Schaden anzurichten, längere Zeit hindurch ertragen werden. Erst die langandauernde 
Wiederholung bringt die Gefahr. Die Leute verlieren ihre Resistenzkraft und gerathen allmählich 
in einen Zustand herein, den wir als Malariakachexie bezeichnen ; sie werden matt, blutleer, theil- 
nahmslos oder hochgradig nervös — eine der Hauptursachen des berühmten Tropenkollers — , sie 
magern ab und werden arbeitsunfähig. Ich habe in Kaiser-Wilhelmsland viel mehr solcher chronischen 
Malarialeider gesehen als anderswo, Nordborneo zur Zeit seiner Erschliessung ausgenommen. 

In diesem Zustand wird eine andere, an und für sich kleine Krankheit verhängnissvoll, oder 
ein altes früheres Leiden tritt plötzlich gefahrdrohend wieder hervor» 

Dieses Stadium wird je nach der Körperconstitution früher oder später, im Durchschnitt 
etwa nach 2—3 Jahren erreicht. Dann ist es Zeit zu gehen, wenn auch nur mit einem halbjährigen 
Erholungsurlaub nach einem fieberfreien Höhenklima, wo man, ohne Gefahr von Neuinfection, mit 
kaltblütiger Planmässigkeit den alteingesessenen Plasmodiengeneralionen den Garaus machen kann. 

Die Kontracte für die Beamten, dreijährig, waren nach meiner Ansicht etwas zu lang, so 
dass die Wenigsten im Stande waren oder Last hatten, nach dieser Zeit neue einzugehen. Mein 
Ideal wären dreijährige Kontrakte gewesen mit einem eingeschobenen halbjährigen Erholungsurlaub 
zwischen dem zweiten und dritten Jahr. 

Alle europäischen Beamten, welche in der genannten Weise erkrankten und deren Genesung 
im Schutzgebiet nicht zu erwarten war, wurden mit ärztlichem Attest nach Hause gesandt. Dadurch 
erreichten wir es, dass nicht ein einziger von den etwa vierzig Europäern, die während der Zeit 
meines Aufenthaltes meinem Patientenkreis angehörten, der Malaria erlegen ist, obwohl sie in dem 
schweren Plantagendienst sich sehr exponiren mussten. Es ist in dieser Zeit überhaupt nur ein 
Europäer dort gestorben, an einer Krankheit, die er sich an seinem früheren Aufenthaltsort Sumatra 
geholt hatte. 

Ich habe mich, so viel ich vermochte, nach dem weiteren Schicksal dieser wegge- 
sandten „Neu-Guinea-Leichen", wie man mit grausamem Spott in Singapore und auf den Schiffen 
des norddeutschen Lloyd die heimkehrenden Neu-Guineamänner nannte, erkundigt und zu meiner 
Freude vernommen, dass sie alle wieder hergestellt sind. Nur ein einziger, der nicht nach Europa 
zurückwollte, sondern nach Sumatra ging, starb dort nach ein paar Monaten. 

Die Sterblichkeit der Europäer war übrigens nicht in Stefansort allein so gering. Dr. Dempwolff 
hat für Friedrich-Wilhelmshafen in seiner ebenerwähnten Arbeit eine Statistik aufgemacht. Danach 
starben seit der Gründung der Station von 1891 bis 96 von ca. hundert Europäern, worunter etwa 
25 Mann Schiffsbesatzung, acht, und etwa 20 mussten nach Europa zurückgesandt werden. 

Das ist doch nicht ein so mörderisches Klima, als welches es in Europa verschrieen wurde! 

Was dem Neu-Guinea-Klima seinen schlechten Ruf über das verdiente Maass hinaus ver- 
schafft hat, war einesteils das Auflreten von mancherlei Epidemieen, andernlheüs eine grosse 
Zufuhr sehr minderwertigen Arbeitermaterials. 

Was die Epidemieen betrifft, so grassirte, wie schon berichtet, in den letzten Monaten des 
Jahres 1890 und den ersten von 1891 in Finschhafen eine schwere Malariaepidemie, die einzige 
Epidemie, welcher Europäer in Mehrzahl erlagen, und welche einigermassen an das traurige Schicksal 
des holländischen Forls du Bus erinnerte. In den Sommermonaten des Jahres 1893 wütheten die 
Pocken entsetzlich unter den Eingeborenen und Arbeitern papuanischer Rasse, und in den letzten 
Monaten von 1894 raffte eine Influenzaepidemie in Stefansort die Neuhannoveraner und Neu- 
mecklenburger dahin. 

Namentlich die beiden erstgenannten Epidemieen erregten bei ihrem Bekanntwerden in 
Europa Furcht und Entsetzen und die Pessimisten und Gegner unserer Koionieen riefen: Da habt 
Ihr's ja! Da ist das Cayemie, fort aus dieser Mördergrube! 



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— 35 — 

Die so riefen, bedachten aber nicht, dass solche Epidemieen etwas Anormales sind, hervorgerufen 
durch irgendwelches Zusammentreffen schädlicher Factoren. Epidemieen können uns nie ein richtiges 
Bild von den Gesundheitsverhältnissen eines Landes liefern, und namentlich nicht eines neuerschlossenen. 

Wie viel Epidemieen hatten wir schon in Europa! Man denke nur an die Hamburger 
Choleraepidemie, an die frühere Typhuszeit in München, an die Influenza u. s. w. Werden wir 
darum unsern Erdtheil ungesund nennen? 

Epidemieen kommen überall vor, und ganz besonders in neugegründeten Tropenkolonieen ; 
es sind gewissermassen die Kinderkrankheiten derselben, die mit zunehmendem Alter schwächer 
werden oder sich ganz verlieren. Das ist in ganz hervorragendem Grade mit der Malaria der Fall. 
Wo ein Tropenland in Gultur genommen wird, da flackert sie auf, und je rascher und intensiver 
dies geschieht, je umfangreicher die Entwaldungen sind, desto heftiger ist die Reaction. Und in 
Kaiser - Wilhelmsland wollte man im Sturmschritt vorwärts gehen. Aber wenn der Boden einige 
Zeit unter Gultur gestanden hat, wenn das Werden beendigt ist, dann ist auch die Assanirung voll- 
zogen und die Malaria verschwindet von selbst. Man kann das bei jeder umfangreicheren und lange 
genug forlgesetzten Gultur mit Sicherheit voraussagen. 

Ich habe oben als Beispiel einer assanirten Stadt schon Batavia genannt; dem Hessen sich 
noch beliebig viele andere anfügen. Wie furchtbar viele Opfer forderte nicht Hongkong in der ersten 
Zeit seines Bestandes, sodass der Gouverneur sogar zu einer gänzlichen Aufgabe des Platzes rieth! 

Als Beispiel, wie ein ganzes Land sich assanirt hat, kann ich aus eigener Anschauung die 
berühmte Tabakskolonie Deli auf der Ostküste Sumatra's anfuhren, auf deren Gesundheitsverhält- 
nisse und Kinderkrankheiten ich noch zurückkommen werde. 

Der zweite Factor, welcher in Kaiser-Wilhelmsland die Sterblichkeitsziffer so hoch hinauf- 
trieb, war die Zufuhr äusserst minderwerthigen Arbeitermaterials en gros. 

Es gibt zwei Maassregeln, vermittelst welcher man bedeutend auf den Gesundheitsstand einer 
werdenden Colonie einzuwirken vermag. Die eine besteht in scharfer gesundheitlicher Gonirole der für die 
Golonieen bestimmten Individuen, unerbittlich strenge Zurückweisung aller körperlich — und geistig 
oder moralisch — Minderwerthigen und Auslese nur der Besten. Die andere besteht in der zeitigen 
Zurücksendung Aller, die sich nachträglich doch als nicht widerstandsfällig genug erweisen. 

Was das letztere betrifft, so ist diese Maassregel natürlich nur bis zu einem gewissen Grad 
anwendbar und findet ihre Grenze im Kostenpunkt. Bei den wenigen Europäern geht es zwar noch 
zur Noth, obwohl es schweres Geld genug kostet; aber die Massen siecher Kulis — wir hatten über 
2000 Arbeiter — zurückzusenden, deren Hertransport und Engagement schon riesige Summen ver- 
schlungen, ehe sie noch das Geringste geleistet hatten, das würde alle Kräfte übersteigen, abgesehen 
davon, dass man in Singapore sich für das Danaergeschenk mittelloser schwerkranker Kulis schönstens 
bedankt und ihre Ausschiffung strikte verweigert hätte. Die Neu-Guinea-Compagnie hat auch hier, 
zu ihrer Ehre sei es gesagt, ihr Möglichstes gethan und grosse Opfer gebracht. 

Ja, sie hat sogar Ende 1895 den schwerwiegenden, aber radikalen und heldenmüthigen 
Entschluss gefasst, den ich dem damaligen Hauptadministrateur schon öfters angerathen hatte, und 
eine Reduktion des Betriebes vorgenommen, die chronisch und unheilbar Kranken in die Heimath 
zurückgesandt und keine grösseren Trupps neuer Kulis mehr eingeführt. „Da die Natur sich nicht 
fügt, heisst es sich selbst fügen." (Bericht der Generalversammlung der Neu-Guinea-Compagnie vom 
28. November 1895.) Dadurch wurde erreicht, dass die Sterblichkeit 1896/97 auf ein Drittel der 
früheren, nämlich etwa 7 — 8 °/o zurückging. 

Bezüglich der gesundheitlichen Controle und Zurückweisung der körperlich Minderwerthigen 
bestand schon von Anfang an für die europäischen Beamten eine solche, indem alle für den Dienst 
bei der Neu-Guinea-Compagnie sich Meldenden ärztlich untersucht und begutachtet werden mussten. 



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Aber für die Masse der farbigen Arbeiter, die wir zum Ptantagenbau benöthigten, für die 
Chinesen, Javanen, die Vorderindier, für die Leute aus dem Bismarck- und Salomonsarchipel, da 
war dieselbe entweder sehr ungenügend oder sie fehlte ganz. 

Die Neu-Guinea-Compagnie trifft hierbei keine Schuld; die that, was sie konnte, und ich 
kann nur wieder mit vollstem Lob anerkennen, dass ich von Seiten der Leitung in Berlin stets bereit- 
willigstes Eingehen auf meine Vorschläge fand. Nicht immer dasselbe kann ich von der Haupt- 
administration draussen in Stefansort behaupten und ich kann nur aufs Allerdringendste befür- 
worten, dass dem Arzt in den Colonieen in allen sanitären Maassregeln nicht nur eine berathende, 
sondern eine beschliessende Stimme eingeräumt werde. 

Die Javanen und Chinesen, welche unsere Agenten in Java und Singapore für uns anwarben, 
wurden zwar nominell ebenfalls ärztlich untersucht, aber zweifeltos ungenügend und ohne Kenntniss 
des Neu- Guinea-Klimas. Ferner sind die chinesischen Brookers, welche die Anwerbung vermittelten, 
so geriebene und schlaue Bursche, dass sie auf dem Weg vom Arzt zum Schiff allerhand elendes, 
schwächliches Gesindel einschmuggeln und vertauschen; ich habe ja oben (S. 3) schon erzählt, wie sich 
vor meinen leiblichen Augen im Handumdrehen ein Kuli, den der Arzt als kräftigen, starken Feld- 
arbeiter in die Liste eingetragen hatte, in ein uraltes, mageres, schwaches Männchen mit lahmem 
Arm verwandelte. 

Ich will nur ein kleines Beispiel geben von dem Sammelsurium, welches die beiden .Arbeiter"- 
Sendungen vom November 1893 und April 1894, zusammen 141 Mann, sämmtlich Chinesen, uns 
anbrachten. 

Ueber zwei Drittel aller Leute hatte eingestandenem! aassen noch nie eine Hacke in der Hand 
gehabt und überhaupt keine Ahnung vom Feldbau, denn die meisten der uns zugesandten chinesischen 
Kuli's gehörten Stämmen an, die man in Sumatra nicht gerne als Feldarbeiter nimmt. Das sind 
die sogenannten Keh's, die Makau's und die HokiSn's, welche fast nur aus Handwerkern oder Kauf- 
leuten bestehen, während die Cheü-chu's und die Heilok-hong's vorzugsweise Ackerbauer und darum 
auch die gesuchteren sind. Ich habe hier noch den Rapport, über die Leute, welchen ich damals 
aufgenommen habe. 

Unter den 141 Leuten befanden sich: 

4 Köche, 5 Schuster, 10 fliegende Händler, 1 Professionsspieler, 1 Anstreicher, 2 Metzger, 
1 Blasbalgzieher, 1 Matrose, 1 Seiler, 5 Barbiere, 2 Korbflechter, 4 Zimmerleute, 33 Reisstampfer 
(eine der ungesundesten Beschäftigungen), 5 Jinrikshazieher (also menschliche Droschkenpferde; diese 
Leute gehen ebenfalls schnell zu Grunde), 1 Theehändler, 1 Hospitalaufseher, 1 Schweinezüchter, 
1 Thunichtgul, d. h. ein Kind reicher Ellern, das überhaupt noch nie gearbeitet hatte, 1 Kohlen- 
zieher, 1 Wasserträger, 6 Zinnminenarbeiter, die alle miteinander an Beriberi leiden, 5 Kahnführer, 
6 Gepäckträger, 2 Erdarbeiter, 5 Gärtner, 13 Reispflanzer, 1 Theepflanzer, 1 Kaffee- und 4 Gambir- 
pflanzer, 2 Kartoffelbauern und endlich — 15 Tabakspflanzer! 

Mit diesem Material sollten wir hier in Neu-Guinea den schwerste Feldarbeit erfordernden 
Tabaksbau treiben! 

Das ist aber noch nicht Alles. Wenn nur die Leute wenigstens robust und stark gewesen 
wären! Ein robuster Schuster und Kesselflicker kann mit der Zeit immer noch ein erträglicher 
Feldarbeiter werden. Aber was wir erhielten, wenigstens im Anfang, das war ein ganz elendes, 
heruntergekommenes anämisches Gesindel, der opiumentnervte Abschaum, der thatsächlich in den 
Strassen von Singapore aufgelesen war, und sonst kein anderes Unterkommen finden konnte. Ich 
weiss es ganz gewiss, dass man auf den Tabaksplantagen Sumatra's sich für ein solches Kulimaterial 
schönstens bedankt hätte. Eingestandenermaassen die ganze Hälfte derselben und nicht ein- 
geslandenermaassen die andere Hälfte, waren eingefleischte Opiumraucher, Und diese sind von 



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— 37 — 

Allen die wenigst Widerstandsfähigen gegen Krankheiten und werden am schnellsten und promptesten 
dahingerafft. Von 85 Mann, die zugleich mit mir im Schutzgebiet ankamen, starben in den ersten 
drei Monaten bereits 32. Und 29 von diesen 32 Gestorbenen waren von mir schon bei der Ankunft 
als Todeskandidaten bezeichnet worden; so genau ist man bei einiger Erfahrung im Stande, die 
Leute zu taxiren. 

Auch die Javanensendungen , welche wir zur Zeit meiner Anwesenheit erhielten, waren 
ungeschickt ausgewählt, denn sie bestanden ausser einer Reihe batavia'scher Herumlungerer, von 
denen nahezu dasselbe gilt, was ich von den Singapore-Eulis gesagt habe, durchweg aus Leuten von 
Buitenzorg und den Preanger Regentschaften, also aus Bewohnern fieberfreier kühler Berglander, die 
darum für unsere feuchtheisse Küstenebene absolut ungeeignet und ebenfalls einer gründlichen 
Durchsiebung und Auslese seitens der Malaria unterworfen waren. Ich konnte wiederum nur dringend 
empfehlen, vom Bezug weiteren derartigen Materials abzusehen und dagegen zu trachten, wirkliche 
tüchtige Landleute aus den heissen Tiefebenen Mittel- und Ostjava's zu erhallen, die sich zweifellos 
besser bewähren mussten. 

Im Uebrigen haben sich von allen fremden Völkern die Javanen und Malayen gesundheitlich 
am besten gehalten. Einfuhr javanischer Kuli's kann darum nur empfohlen werden. Die Haupt- 
krankheit derselben war bezeichnenderweise Beriberi, eine mit aus der Heimath gebrachte Infection. 

Die Chinesen, soweit sie gesund, robust und an Feldarbeit gewöhnt waren, hielten sich 
ebenfalls gut; ihre Hauptkrankheit war Malaria, während die Melanesen wieder mehr durch Influenza 
und Dysenterie dahingerafft wurden. 

Nicht gut hielten sich die vorderindischen Tamil's (Kling's) und die Manila-Leute, mit deren 
Einführung wir schlechte Erfahrungen machten; diese beiden Völkerschaften wurden sehr prompt 
und schnell dahingerafft. 

Ob sich der japanische Kuli besser halten würde, muss ich bezweifeln; auf alle Fälle sollte 
man bei vorkommender Gelegenheit nur Leute aus den südlichen, wärmeren Theilen Japans engagiren 
und niemals Bewohner der Berggegenden. 

Nachfolgende Aufstellung mag zeigen, wie für alle Schwächlinge und Kachectiker die ersten 
Monate die gefährlichsten sind, und wie prompt dieselben dahingerafft werden. 

Von den obigen im November 1893 angekommenen Leuten starben: 
Im December 14 



„ Januar 


11 


, Februar 


7 


„ März 


1 


* April 


— 



Summa 33 Leute. 

Auch eine .natürliche Auslese" und ein ,Ueberleben des Passendsten" ! 

Nur 7 dieser Kulis erlagen der Malaria direct, 20 dagegen den Wirkungen und 
Folgen des Opiumrauchens. Kann es uns angesichts dieser Thatsachen wundern, dass die Sterblich- 
keit der Arbeiter 25°/ betrug? 

Dieser Umstand war es hauptsächtlich, der mich veranlasste, zu sagen, dass die Kranken- 
und Sterbeziffer ungebührlich hoch hinaufgetrieben worden sei, und dass weniger die klimatischen 
Verhältnisse Kaiser -Wilhelmslands, als die . ausserordentlich minderwertige Beschaffenheit unseres 
Arbeitermaterials die Schuld hieran trugen! 

Nachdem wir, durch obige Erfahrung gewitzigt, unweigerlich die ungeeignetsten der Leute 
sofort zurückgesandt und energisch reklamirt hatten, erhielten wir bessere Kulis und dadurch auch 
) Resultate: 



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— 38 - 

Von 78 Mann, die im Januar 1894 ankamen, starben in den nächsten vier Monaten nur noch 4. 

Meine Leser haben sich vielleicht schon verwundert gefragt: Wozu denn so viele Völker? 
Warum denn Chinesen und Javanen und Indier? Haben wir nicht die Eingeborenen des Landes 
selbst dort, die Papua's, die gewiss gesundheitlich viel besser daran sind, als die Fremden? Könnten 
wir denn die nicht heranziehen zur Arbeit? 

Gewiss können wir das, und wir thun es auch selbstverständlich im ausgiebigsten Grade, 
wo es nur angeht, denn der einheimische Arbeiter kommt uns ja zehnmal billiger zu stehen als der fremde. 

Aber die Hauptkultur in Kaiser-Wilhelmsland war bisher der Tabak, und der feine, theure 
Deckblatt tabak, der allein sich lohnt, ist eine ausserordentlich heikle und empfindliche Pflanze, die 
nur der geborene Gärtner, der Chinese, richtig aufzuziehen und zu behandeln versteht. Ohne Chinesen 
giebt es keine lohnende Tabakskultur im Osten. 

Diese Kultur bedingt aber ausserordentlich viele und umfangreiche Scheunen hauten, und diese 
versteht nun weder der Chinese noch der Papua herzustellen, sondern nur der Malaye resp. Javane. 

Erdarbeiter, Ochsenkarrenführer und Viehwärter sind hingegen die vorderindischen Tamil's. 

So hängt Eins am Andern, und das Alles muss man sorgfältig beachten, wenn man billig 
und mit gutem Resultat arbeiten will. 

Unsere einheimischen Papua's, die durchaus nicht immun gegen Malaria sind, sondern eben- 
falls, und oft recht schwer, daran zu leiden haben, können wir einstweilen nur zum Waldschlagen, 
Holzschleppen und den gröberen Erdarbeiten verwenden. Zweifellos werden wir sie mit der Zeit noch 
besser heranziehen und sie bei der weniger anspruchsvollen Cultur von Cocosnuss, von Baumwolle, 
Kaffee, Zuckerrohr u. s. w. trefflich verwenden können, so dass wir uns allmählich unabhängig von den 
fremden Arbeitern machen, wozu ja die Neu-Guinea-Compagnie jetzt energisch die Iniliative ergriffen 
zu haben scheint. 

Vor Allem ist ein papuanischer Stamm unserer besonderen Aufmerksamkeit werth; das 
sind die sogenannten Jabim's, die Bewohner der östlichen Maclay-Küste in der Gegend der froheren 
Station Finschhafen. Diese gehören mit zu den intelligentesten Völkern des ganzen Papuastammes. 
Sie sind arbeitslustig, kräftig, fassen leicht, sind bei guter Behandlung immer heiter und willig und, 
was für uns die Hauptsache ist, sie sind die gesundesten von Allen. Ihre unverwüstliche Gesund- 
heit schreibe ich vornehmlich der Ursache zu, dass sie sozusagen Landeskinder und darum gewisser- 
maassen mehr immunisirt gegen die Tücken des continentalen Klimas sind, als die andern Stämme, 
die wir von den Inseln her beziehen. 

Sie könnten das Arbeitermaterial der Zukunft bilden, aber leider stehen sie auf dem Aus- 
sterbeetat. Sie zählen nur nach Tausenden, und seit Jahren schon überwiegen bei ihnen die Sterbe- 
falle die Geburten. 

Die Eingeborenen in unserer nächsten Nähe, die Bewohner der Astrolabe-Ebene, sind nicht 
zur Plantagenarbeit zu haben ; sie ignoriren uns völlig. Sie meiden uns gerade nicht, aber sie haben 
auch bis jetzt kein Bedürfniss zur Annäherung. Das ist jedoch nur eine Frage der Zeit, und die 
Thatsache, dass die Bevölkerung von Bogadjim in den letzten Jahren durch Zuzug bedeutend gegen 
früher angewachsen, ist von guter Vorbedeutung. 

Mit den wenigen Jabim's konnten wir unsern Bedarf, der sich auch nach der Reduction des 
Plantagenbetriebes noch immer auf fast 1000 Mann beläuft, nicht decken. 

Da bot sich nun das uralte Arbeiterreservoir der Südsee, welches ich vorhin schon einmal 
erwähnte, der Bismarck- und der Salomonsarchipel. In den Bewohnern der Insel Neupommern, und 
ganz besonders denen der Gazetlehalbinsel, haben wir ein Volk, welches sich fast in jeder Beziehung 
den Jabim's an die Seite stellen kann. Sie sind intelligent, stark und gesund. Manche von meinen 
Lesern haben sich vielleicht auf der letzten Colonialausstellung in Berlin persönlich von den guten 



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Eigenschaften dieser Leute überzeugen können. Es waren 8 Mnnn dort und sie sind wegen ihrer 
Intelligenz und Disciplin die Lieblinge des Publikums geworden. 

Auch die sogenannten Bukaleute, die Bewohner der nördlichsten Insel des Salomonsarchipels, 
wenn auch ein bischen wild und menschenfresserisch von Gemüth, sind ein sehr brauchbares Material. 

Als gänzlich ungenügend muss ich jedoch die Leute von den Inseln Neu-Mecklenburg (speziell 
der Nordküste) und Neu-Hannover bezeichnen, Sie können dem Kaiser-Wilhelmslandklima am 
wenigsten Widerstand entgegenselzen, haben sehr viel von der Malaria zu leiden, magern oft auf eine 
entsetzliche Weise ab, siechen dahin, und wenn man sie nicht bald zurücksendet, gehen sie häufig an 
irgend einer, oft ganz geringfügigen Krankheit zu Grunde. 

So hat unter ihnen die Influenza in den Monaten October bis Dezember 1894 geradezu 
schauerlich gehaust, und von mehreren hundert Mann über zwei Drittel dahingerafft. Es waren dies 
aber auch ganz ausgesucht minderwertige Leute, von denen ich etwa ein Drittel gleich bei der 
Ankunftsmusterung schon refüstren wollte, ohne damit durchzudringen. 

Das Anwerben von Arbeitern auf Neu-Mecklenburg und Neu-Hannover kann ich für die 
Plantagen auf Kaiser-Wilhelmsland nur befürworten, wenn ein Arzt die Anwerbeschiffc begleitet. 

Eine vom Landeshauptmann aufgenommene Statistik*) über die Sterblichkeitsverhältnisse unter 
den eingeführten melanesischen Arbeitern zeigt ein ähnliches Resultat. Er schreibt: „Die Unter- 
suchung .... ergab, dass die Eingeborenen der grösseren Inseln dem Klima von Kaisei- Wilhelms- 
land besser widerstehen, als Arbeiter von solchen Gruppen, deren Klima einen oceanischen Charakter 
hat oder sich demselben nähert., So erliegt der Arbeiter von Neuhannover gesundheitlich in Kaiser- 
Wilhelmsland leichter als derjenige von Neu-Mecklenburg, er ist in dieser Richtung aber noch besser 
gestellt, als die Einwohner isolirter Ausseninseln, wie zahlreiche Erfahrungen mit den Arbeitern aus 
Wattom-Insel (Man Island) Gerrit Denys, S. Antonio, S. Francisco, Nissan etc. gelehrt haben. Ja es 
scheint, als ob dieses Gesetz sich noch weiter verfolgen lasse, so zwar, dass bezüglich der von den 
grösseren Inseln herstammenden Eingeborenen solche von der Leeseite grössere Widerstandsfähigkeit 
besitzen, als diejenigen von der Luvseite, wie z. B. ein Vergleich der auf der Ostküste Bougainville's 
angeworbenen Arbeiter mit denen von Buka, woselbst eigentlich nur die Westseite bevölkert ist, 
ergiebt. Freilich sprechen hier auch noch andere Umstände mit, wie die Unfähigkeit der Buschleute, 
sich in fremde Verhältnisse zu schicken. Fraglos hält sich der aus dem Süden von Kaiser-Wilhelms- 
land stammende Arbeiter, weil der continentalen Verhältnisse gewohnt, weitaus am besten auf den 
Unternehmungen in der Astrolabo-Ebene und es wird sich erst noch zu erweisen haben, ob die von 
den Inseln des Berlin- und Dalimannhafen zu gewinnenden Leute insoweit gleichartig sein werden." 

Einen recht ungünstigen Einfluss übte auf viele dieser Leute die veränderte Lebensweise, 
der Uebergang von der Taro- (Galadiumknollen-) Nahrung, die im Schutzgebiete ausschliesslich 
herrscht, zur Reisnahrung. Man hatte bei Gründung der Stationen den Fehler begangen, keine 
Nahrungsmittelplantagen anzulegen: Reis war ja viel einfacher und leichter zu beschaffen, und so 
sahen sich die neuen melanesischen Ankömmlinge, die all ihrer Lebtage nur von Taro sich genährt 
hatten, ausschliesslich auf jenen angewiesen. Robuste Naturen vertrugen den Uebergang ja leicht, 
aber alle Schwächlinge, insbesondere die mit empfindlichem Verdauungsapparat ausgerüsteten, hatten 
sehr darunter zu leiden. 

Es war auffallend, wie wenig Verstandniss ich anfangs in dieser Frage bei der sonst so klar 
denkenden und scharf combinirenden Hauptadministration fand, und darum setze ich diese Beobachtimg 
hieher, weil sie vielleicht an einem anderen Orte, wo ähnliche Verhältnisse herrschen, von Nutzen 
sein kann. ,Was wollen Sie denn, Doctor?" ward mir stets erwidert, „Reis ist doch das Haupt* 



*) In den Nachrichten aber K aiser- Willielmslnnd 1694 S. 26, 



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nahrungsmitlel der Tropen, von dem sich die grössere Hälfte der Menschheit ernährt!" Man übersah 
völlig, dass die Zeit, wo die neuen Ankömmlinge schon schwer genug mit ihrer Acclimatisation zu 
thun hatten, die denkbar schlechtes! gewählte für einen Nahrungswechsel war, und dass es erste 
Bedingung für die Gesundheit einer Tropenkolonie ist, dem Arbeiter die Nahrung 
zu verschaffen, an die er von Kind auf gewöhnt ist. 

Taro wächst ja langsam, das will ich zugeben, und die Pflanze muss, um die Wurzelknollen 
zu erhalten, ausgerissen, vernichtet, also auch jedesmal neu angepflanzt werden ; bei den Eingeborenen 
an der Asfrolabebai ist die Taroemtc jährlich nur einmal. Man hätte also, um das Bedürmiss für 
so viele hundert Menschen fortlaufend zu befriedigen, grosse Taroplantagen beständig unterhalten 
müssen. Das war nicht geschehen und konnte auch so schnell nicht nachgeholt werden. Es wurde 
darum der Ausweg gefunden, dass man die reichlich und schnell tragenden Bataten und Tapioka, 
die wenig Pflege bedürfen, in grösserem Maassstabe anbaute. Ich habe aber niemals die Knollen 
der letzteren Gewächse für der Taroknolle gleichwerl hig erachten können, deren Geschmack einer 
herrlichen mehligen Kartoffel gleichkommt, und einen hohen Nährwerth besitzt. Immerhin waren 
sie ein guter Ersatz. 

Ausser der Malaria war es eine andere Infectionskrankhett, welche noch sehr viele Opfer 
forderte, nämlich die Influenza. Dieser unglückselige Gast ist ja leider auch in Europa zur Genüge 
bekannt und hat hier fast gerade so viel Sterblichkeit verursacht, wie in Neu-Guinea. Ich brauche 
mich also hierbei nicht weiter aufzuhalten, und will nur bemerken, dass sie, soweit die von der 
Neu-Guinea-Gompagnie publicirten Gesundheitsberichte dies erkennen lassen, im Jahre 1889 zum 
ersten Mal auffällig wird; doch scheint sie auch früher schon beobachtet worden zu sein, wie man 
aus einer Notiz über den Gesundheitszustand in Constantinhafen (Nachrichten über Kaiser-Wilhelms- 
land IL H. 1890, S, 87) schliessen kann: »Erkältung oder Influenza, die in früheren Jahren zuweilen 
sehr stark auftrat, nur in 2 Fällen Ende April 1890 beobachtet." 

Sie kehrte von da ab jedes Jahr wieder, doch ist sie anscheinend nicht direkt an eine der 
beiden Hauptwindrichtungen gebunden, wenn sie auch zur Zeit des NW.-Monsuns am heftigsten und 
stärksten auftritt; denn wir finden in den Gesundheitsberichten grössere und kleinere Influenza- 
epidemieen zu allen Jahreszeiten. Ich hatte, durch die verhältnissmässig günstigen Erfahrungen in 
Sumatra verleitet, wo ich 1890 im März den Einbruch der Influenza bis auf die einschleppenden 
Personen herab beobachtet hatte, die Gefährlichkeit dieser Seuche unterschätzt, wurde aber durch 
die oben beschriebene Epidemie leider bald eines Besseren belehrt. Schwere Lungen- und Rippen- 
fellentzündungen im Gefolge eines Anfalls sah ich öfters. 

Die Melanesen aus dem Archipel sowohl als die Jabim's vom Festlande erkrankten nahezu 
sämmtlich; aber nur die ersteren starben in grosser Zahl infolge ihrer körperlichen Minderwerthigkert, 
während die Sache bei den Jabim's mit ein paar Tagen Husten und Schnupfen abgethan war. Die 
Chinesen und Javanen, sowie die Europäer wurden gar nicht berührt. 

Die Pocken, welche in der trockenen Zeit 1893 durch ein krankes Javanenkind von Java 
oder Singapore eingeschleppt wurden, aber höchst wahrscheinlich schon in früheren Jahren ab und 
zu die Eingeborenen dezimirten, hatten kurz vor meiner Ankunft unter den melanesischen Arbeitern 
und den Eingeborenen fürchterlich gehaust; den Berichten nach waren nicht blos ganze Häuser, 
sondern ganze Dörfer ausgestorben. Ich kam gerade recht, um ein letztes Aufflackern dieser Epidemie 
noch mitzuerleben. Eine meiner ersten ärztlichen Handlungen war, mit der von Buitenzorg aus dem 
yaccine-Institut mitgebrachten Lymphe, mit der wir uns auf dem Schiff schon hatten impfen lassen, 
unsere sämmtlichen melanesischen Arbeiter, soweit sie von den Pocken noch nicht befallen waren, 
zu impfen. Die von dem Vaccine-Institut fortan regelmässig mit jedem Dampfer gelieferte Lymphe 



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— 41 - 

war vorzüglich und überstand den langen Transport, in Eis gekühlt, ausgezeichnet; ich hatte kaum 
5°/ Fehlimpfungen. 

Die Güte der Lymphe dieses Instituts, welches ein wahrer Segen für den Osten ist, hatte 
ich schon vorher jahrelang in Deli erprobt, doch mit mehr Fehlimpfungen als hier. 

Die Melanosen reagirten ungemein viel heftiger und prompter als die Malayen oder Chinesen, 
welche, seit vielen Generationen schon von den Pocken heimgesucht, sozusagen bereits halb immunisirt 
sind. Ich ziehe daraus den Schluss, dass die Pocken unter den Melanesen erst seit kürzerer Zeit auftraten. 

Eine Menge Leute bekam Pusteln von ungeheurer Ausdehnung; handtellergrosse Zerstörung 
der Haut war keine Seltenheit. Mit hiezu beigetragen haben mag freilich der Umstand, dass ich 
sehr häufig genöthigl war, meine Lymphe in einer Haut zu deponiren, die einer borkigen Baumrinde 
ähnlicher sah, als einer menschlichen Epidermis; denn die meisten unserer Arbeiter waren über und 
über bedeckt von der „Kaskas* genannten Hautkrankheit, welche den Eindruck machte, als habe 
sich bei ihr Herpes, Ichthyosis und Krätze zu einem lieblichen Ensemble vereinigt, so dass mir zum 
Impfen kein geeignetes freies Hautstückchen zur Verfügung stand. 

Interessant war es, das Gebahren der Leute bei der für sie total unverständlichen Manipulation 
zu beobachten. Dass ein Act unerhörter Zauberei mit ihnen vorgenommen werde, das stand bei 
Allen bombenfest, und der Mensch, der zur Hinrichtung geführt wird, kann nicht schlotteriger und 
erbärmlicher aussehen, als diese armen Menschenkinder, wenn die Reihe an sie kam. Die Prozedur 
ward mit angstvollem Augenrollen verfolgt und das leichte unfühlbare Ritzen mit der Impflanzette 
— manchmal freilich musste man die borkige Kaskashaut etwas stärker behandeln — mit erschrecktem 
Zusammenzucken des ganzen Körpers, mit jämmerlichem Geschrei und Thränen beantwortet. Diese 
Feinfühligkeit machte bei den erwachsenen bärtigen Kerlen mit dem wilden, groben Menschenfresser- 
gesicht einen um so lächerlicheren Eindruck. 

Durch die regelmässig bei allen Neuangekommenen durchgeführte Impfung, nach der ich 
wohl noch ab und zu Varicellen, aber nie mehr echte Pocken habe auftreten sehen, ist dieser Seuche 
die Spitze abgebrochen, und sie bringt höchstens noch den der Impfung entrückten Eingeborenen 
Gefahr. Auch diese beginnen aber schon den Nutzen der Schutzimpfung zu begreifen, wie die auf 
Siar und der Gazellehalbinsel vorgenommenen Impfungen beweisen. 

Eine weitere Infectionskrankheit, welche viele Opfer forderte, aber nicht mehr, wie in anderen 
Tropencolonieen auch, war die Dysenterie. Ungefähr der zehnte Mann wurde von ihr befallen, auch 
bei den Europäern. Kräftige Naturen genasen, die Schwächlinge aber erlagen fast sämmtüch. 

Zu einer ausgebildeten Epidemie hat sie sich zu meiner Zeil nicht entwickelt, dagegen halte 
ich das ganze Jahr über in wechselnder Zahl derartig Erkrankte in einem eigens erbauten Dysenterie- 
hospital. Die Krankheit war ebenfalls nicht von der Jahreszeit bedingt, trat aber sichtlich gern in 
den Uebergangsmonaten auf. 

Im Bismarck- Archipel, wo dieselbe viel heftiger und in grossen Epidemieen aufzutreten scheint, 
hat Dr. Danneil Aehntiches beobachtet*), indem ihr Hauptauftreten auf der engern Station Herberts- 
höhe zwei Jahre hintereinander in den April fiel, und gegen Ende des Berichtsjahres in furchtbarer 
Weise in den Dörfern der Eingeborenen im Hinterland wüthete. 

April, Mai und September bis November, das sind auch die Monate, welche an der Astrotabe- 
bai und in Hatzfeldthafen am häufigsten Dysenterieerkrankungen, oft in epidemischer Form, brachten**). 

Als erfolgreichste Behandlung dieses vielgefürchteten Würgers, dessen Ursache heute noch 
nicht genügend bekannt ist, hat sich mir stets am Besten erwiesen: In den ersten beiden Tagen 
milde Laxantien (Ricinus, Calomel) um den Darm zu entleeren, eventuell auch Einlaufe von sehr 

*) Siehe seine Berichte in den Nachrichten über Kaiser-Wilhelmsland, 1897 Seite 39 und 1898 Seile 35. 
**) ibid. 1890, L Heft Seite 87 und II, Heft Seile 88, 



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verdünnten Sublimatlosungen. Sodann Morphiumbehandlung per os bei absoluter Bettruhe — diese 
stelle ich obenan! — durch Wochen hindurch, sofern natürlich keine Contraindication besteht. Opium 
ist absolut zu verwerfen und das emetinfreie Ipecacuanha, sowie Wismuthpräparate haben mir keine 
erweislichen Dienste geleistet. Ich selbst habe sechs Jahre hindurch an sogenannter chronischer 
Dysenterie mit geringen Unterbrechungen gelitten, war zweimal dieserhalb in Europa und machte 
nahezu alle bekannten Kuren durch, zuletzt selbst inländische bei verschiedenen javanischen „moeders", 
wobei ich nahezu einen Viertelcentner von dem hochberühmten javanischen „obat seriawan" schluckte 
— ohne jeglichen Erfolg. 

Einmal überraschte mich sogar des Nachts eine profuse Darmblutung infolge eines durch 
die tiefgehenden Geschwüre arrodirten Blutgefässes, wobei ich mindestens 1% Liter dunklen, einge- 
dickten Blutes verlor. Hilfe war keine in der Nähe, da ich ganz allein und isolirt wohnte, und ich 
selbst war unfähig, irgend etwas zu thun. So gab ich mich verloren und schleppte mich mit Auf- 
bietung meiner letzten Kräfte zum Schreibtisch, um ein paar Zeilen als Testament niederzuschreiben. 
Dann kroch ich ins Bett zurück in der sicheren Erwartung des nahenden Todes durch Verblutung. 
Anstatt dessen aber erwachte ich Morgens verhältnissmassig wohl und munter, nur ein bischen sehr 
schwach. Die Blutung war von selbst gestanden. 

Klimawechsel über See sowohl wie schliesslich nach den Bergen, Repatriirung nach Europa 
und Aufenthalt daselbst während zweier Jahre hatte nicht den mindesten Einfluss auf die Krankheit, 
nur dass meine Kräfte und das Allgemeinbefinden sich etwas hoben. In meiner Verzweiflung beschloss 
ich wieder nach Indien (Sumatra) zurückzugehen und siehe dal sofort nach der Ankunft in 
meiner zweiten Heimath Deli war die ganze Krankheit ohne Medicamente wie weggeblasen und blieb 
es drei Jahre hindurch. In Neu -Guinea bekam ich im April 1894 einen neuen Anfall, der mit 
foudroyanten Erscheinungen (hohes Fieber, Erbrechen, Tenesmus etc.) urplötzlich mitten in der 
Nacht ohne irgend welche Vorläufer einsetzte. Man sieht, ich kann aus Erfahrung sprechen. Bei 
diesem Anfall war es, wo ich den Segen der Morphiumbehandlung an mir selbst erprobte. Nicht nur, 
dass der Darm dadurch so milde und angenehm, möchte ich sagen, ruhig gestellt wird, ohne Verstopfung 
zu verursachen, die stets üble Folgen hat, auch nach der geistigen Seite hin erstrecken sich die guten 
Wirkungen, was ich nicht hoch genug veranschlagen kann. Die ungemeine psychische Aufregung, 
die Angst, das entsetzlich deprimirende Nachgrübeln über den eigenen Zustand, und vor Allem die 
qualvoll schreckliche, die letzten Lebenskräfte aufzehrende Schlaflosigkeit werden dadurch gebannt 
und die Genesung auf die denkbar wirksamste Weise angebahnt. Bezüglich der Nahrung braucht 
man nicht halb so ängstlich zu sein, als es gewöhnlich geschieht, da Magen und Dünndarm meistens 
intact sind. Nur der Dickdarm, das Colon, ist afßzirt und zwar anfangs, wie Plehn*) ganz richtig 
ahgiebt, in seiner ganzen Ausdehnung. Die empfindlichste Stelle war bei mir wie bei den meisten 
meiner Patienten stets der Anfangslheil des aufsteigenden Astes, und die Krankheit lokalisirte sich 
erst später im absteigenden. Was ein Kranker am besten verträgt, muss individuell ausprobirt 
werden. Vor allem muss die Nahrung kräftig sein und genügend; einen so schwer kranken 
Körper auch noch unpassend oder ungenügend ernähren, heisst sein Ende beschleunigen. Habe ich 
doch in Indien gesehen, wie man Dysenteriekranke wochenlang mit zerkochten Heissuppen vulgo: 
bubor, oder gar nur Reiswasser ernährte und sie dadurch an den Rand des Grabes brachte! 

Beachtenswert!] ist, dass ich mir meine Dysenterie in Sumatra beidemale auf dem Plateau von 
Toba holte. Sobald ich von meinen beiden Expeditionen dorthin , die mich wochenlang in ein 
kühles Bergklima in ca. 4000 Fuss Höhe führten, an die feuchtheisse Küste zurückkam, schloss sich 
jedesmal prompt eine Dysenterie an. Das Vorkommen von Dysenterie und „hill-diarrhoe" auf den 



*} Die Dysenterie in Kamerun. Von Dr. Ä. Plehn. Im Archiv für Schiffs- und Tropenhygiene 1898 B. II. H. i 



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Bergen im malayischen Archipel und in Englisch-Indien ist ja bekannt, und Keconvalescenten, die in 
Bezug auf die Eingeweide nicht ganz kapitelfest sind, schickt man in Java nicht gern in ein Höhen- 
klima, aus Furcht vor „buikziekte", aber es erscheint mir merkwürdig, dass meine Dysenterie beidemale 
erst ausbrach, nachdem ich wieder an die Küste zurückgekehrt war. 

Cholera, dieser schlimme Gast, ist in unserm Gebiete gottlob ein Fremdling und es besteht 
auch meines Erachtens wenig Aussicht für die Einschleppung bei nur einigermassen vorsichtiger 
Handhabung des Quarantäne-Dienstes. Denn Kaiser-Wilhelmsland liegt zu fern, die Seereise dauert 
viel zu lange*), 12 Tage, und der Verkehr ist nur minimal. Dass aber eine Einschleppung doch 
möglich ist, sehen wir aus einer kleinen Epidemie, die im November 1890 in Hatzfeldhafen aus- 
brach**) und von Surabaya oder Singapore aus eingeschleppt war. Sie hatte schon auf dem Schiff 
einige Opfer gefordert und brach einige Tage nach Ankunft desselben in Hatzfeldthafen wieder aus. 
Doch gelang es, ihr Mitte Dezember ein Ziel zu setzen, nachdem sie 28 Opfer unter den farbigen 
Arbeitern dahingerafft hatte. 

Auch die entsetzliche, heimtückische Beriberi-Krankheit kann man in Kaiser-Wilhelmsland 
einen Fremdling nennen, da sie unter den Eingeborenen unbekannt ist oder zu meiner Zeit wenigstens 
war. Sie befiel fast ausschliesslich Chinesen und Javanen, wie aus folgender Aufstellung hervorgeht: 
In der Zeit vom 1, November 1893 bis zum 1. November 1894 erkrankten etwa 245 Mann an 
Beriberi; davon waren 110 Mann Chinesen, 110 Javanen und nur 25 Melanesen, in Prozenten des 
durchschnittlichen Arbeiterbestandes ausgedrückt: Javanen 25%, Chinesen 13 B /i, Melanesen 2%- 
Von den Chinesen und Javanen hatten die meisten schon in ihrer Heimath, resp. ihren früheren 
Aufenthaltsorten an der Krankheit gelitten und waren zum grossen Theil desswegen von ihren ehe- 
maligen Arbeitgebern, denen die Gefahr der ewigen Becidive dieser Krankheit wohl bekannt ist, 
entlassen worden. Die niederländisch-indische Armee z. B. nimmt Niemand als Soldat an, der ein- 
mal an Beriberi gelitten hat, und solchen, die wegen dieser Krankheit entlassen werden, drückt man 
da, gerade wo der Rücken bereits halb seinen anständigen Namen verloren hat, über der Analkerbe, 
einen unverlöschlichen blauen Stempel auf, anscheinend vermittelst eines Schröpfkopfs, in dessen 
Schnittchen irgend ein Farbstoff eingerieben wird, um zu verhüten, dass solche Leute unter Ver- 
leugnung ihrer Antecedentien sich an einem andern Ort wieder zur Aufnahme in die Armee melden. 

Wir erhielten in Kaiser-Wilhelmsland eine ganze Reihe derartig gezeichneter Individuen. 
Der Mann wird als dauernd untauglich angesehen. Der Pflanzer, der diesbezügliche Erfahrung 
besitzt, denkt natürlich ganz ebenso und so kommt es, dass eine grosse Menge solcher wieder- 
genesener Beriberikranker arbeitslos in Singapore oder Batavia auf der Strasse Hegt. Diese Leute 
melden sich nun zuerst zum Engagement und daraus erklärt sich die unverhältnissmässig grosse 
Menge von Beriberikranken, die wir als Arbeitermaterial nach Neu-Guinea erhielten. Die unter- 
suchenden Aerzte in den betreffenden Anwerbeplätzen trifft bei dieser Sache keine Schuld, denn die 
Leute, welche Beriberi gehabt haben, sind durch Nichts zu erkennen; sie sehen nach einiger Zeit 
wieder genau so dick, fett und gesund aus, wie vorher auch, und man erfuhr die vorausgegangene 
Krankheit nur, wenn sie kürzere oder längere Zeit nach ihrer Ankunft von einem Recidiv befallen 
wurden. Es ist desswegen sehr schwer, gegen die Einschleppung gerade dieser Krankheit sich zu 
schützen; vielleicht nur, indem man auf Singapore und die grossen Städte Java's als Anwerbeplätze 
verzichtet und die chinesischen Kulis direkt in ihrer Heimath zu engagiren sucht, wie es ja die Neu- 
Guinea-Compagnie laut den letzten Mittheilungen (in den Nachrichten über Kaiser-Wilhelmsland 
1898, Seite 24) begonnen zu haben scheint. 



*) Das ist jetzt, glaube ich, durch Einschiebimg eines Zwischenhafens auf den Holukken geändert 
**) Siebe Nachrichten aber K&iser-Wilhelmsland 1891, Seite 13. 



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Wenn auch die Hauptmasse der Beriberierkrankungen in Kaiser-Wilhelmsland auf Recidiven 
früherer Infection beruht , so sind doch dort eine Reihe zweifelloser Neuerkrankungen im Lande 
selbst zu Stande gekommen, wie allein schon die Erkrankungen der Melanesen beweisen. Ich habe 
das u. A. bei meinem javanischen Bedienten beobachtet, der seit sechs Jahren bereits in meinem Dienst 
stand und nie vorher an Beriberi gelitten hatte. Im vierten Monat nach seiner Ankunft im Schutz- 
gebiet, im Februar, erkrankte er plötzlich in charakteristischer Weise. Eine Reise nach dem Bismarck- 
archipel stellte ihn wieder her. 

Wie mein Nachfolger, Dr. Wendland, im Archiv für Schiffs- und Tropenhygiene (1897 I. Band 
4. Heft) mittheilt, ist in den Monaten September 1895 bis Januar 1896 eine epidemieartige Steigerung 
der Beriberierkrankungen eingetreten, wobei bereits die Melanesen in grösserer Zahl ergriffen wurden; 
die Krankheit scheint sich also wirklich häuslich dort niederlassen zu wollen. 

Beriberi kann zu einer wirklichen Gefahr für Kaiser-Wilhelmsland werden, besonders wenn 
einmal das coupirte Terrain am Fusse der Bergketten in Angriff genommen werden wird; dort hat 
sich auch in Deli die Krankheit am verheerendsten gezeigt, viel mehr als direkt an der Küste. Da 
Beriberi eine fast ausschliessliche Tropenkrankheit ist , deren Ursachen — zweifellos Microben — 
trotz alter Jagd, die auf sie gemacht wurde, sich bis heute noch nicht sicher haben entdecken lassen 
und für unsere sammflichen Kolonieen einmal von unangenehmer Bedeutung werden kann, denn sie 
tritt auch in Afrika auf, so möge es mir gestattet sein, auch meine Erfahrungen darüber, die ich 
in meiner langjährigen Thätigkeit in Deli gewonnen habe, kurz hierherzusetzen, so weit sie von 
allgemeinerem Interesse sind. 

Beriberi, von Scheube als periphere Nervenentzündung, Neuritis multiplex subacuta endemica, 
bezeichnet, ist ganz zweifellos eine Infectionskrankheit ; dass sie in irgend welchem Zusammenhang mit 
der Malaria steht, kann ich weder behaupten, noch leugnen; ich habe viele Fälle gesehen, wo sie sich 
direct an vorausgehende Intermittens anschloss, aber auch solche ohne dieselbe ; dass der Infectionsstoff 
durch Wunden, Hautabschürfungen und dergl. in den Körper eindringen kann, will ich gerne glauben, 
da ich selbst ein paar Operirte nachträglich auf diese Weise verloren habe, die ich im Anfang meiner 
Tropenpraxis in denselben Saal mit Beriberireconvalescenten zusammengelegt halle. Durch diese 
Erfahrung gewitzigt, hielt ich chirurgisch Kranke und Beriberileidende in der Folge stets getrennt. 

Die Krankheit kann in zwei einander ganz entgegengesetzten Formen auftreten.*) Bei dereinen 
schwellen die Leute gleich zu Anfang unförmlich dick am ganzen Körper auf, werden furchtbar schwer- 
und kurzathmig, das Herz arbeilet stürmisch, ihre Stimme wird heiser, aber sie behalten noch lange 
ihre Bewegungsfähigkeit, soweit sie nicht durch das grosse allgemeine Oedem mechanisch verhindert 
wird. Diese Form, die hydropische, kann u. A. oft sehr schnell durch eine geringfügige äussere Ursache zum 
Tode führen infolge von Wasseraiistritts in den Herzbeutel oder die Brusthöhle. Die Herz- und Arterien- 
wände sind nämlich so schlaff und dünn geworden und fettig degenerirt, wie ich mich an einer 
Reihe von Sectionen selbst überzeugt habe, dass sie den Druck des pulsirenden Blutes kaum noch 
aushalten können und das Blutwasser in die umgebenden Gewebe oder Körperhöhlen austreten 
lassen. Irgend eine physische oder psychische Erregung, welche vermehrte Herzaction hervorruft, 
kann ganz plötzlich das Ende bringen. Es ist in Deü verschiedenemale vorgekommen, dass der- 
artig Kranke, die sogar schon auf dem Weg der Besserung waren, aus dem Hospital entlaufen wollten, 
aber vom Wärter verfolgt nach wenigen Minuten bereits sterbend zusammenbrachen. Ein sehr 
instructives Vorkommniss aus Deli ist mir heute noch lebhaft im Gedächtniss. Ein chinesischer, bereits 
stark auf dem Wege der Genesimg befindlicher, und fast von jedem Oedem befreiter Kuli, eine sehr eigen- 
sinnige und renitente Natur, dem Nichts recht zu machen war und der namentlich des Essens halber 



*) Um allgemein verständlich zu bleiben, suche ich ho viel wie möglich medizinisch- technische Ausdrucke zu vermeiden. 



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stets mit dem Hospitalaufseber haderte, hatte sich so weit vergessen, dass er letzterem einen 
Porzellanteller an den Eopf warf, durch den der Mann eine stark blutende tiefe Wunde im Gesicht 
davontrug, die genaht werden musste. Das war eine so crasse Verletzung der Hospitaldisciplin, 
dass sie unbedingt streng geahndet werden musste. Ich begab mich in den betreuenden Saal, und 
stellte den Thäter zur Rede ; der gab aber mir ebenfalls so freche Reden und nahm eine so heraus- 
fordernde Haltung an, dass ich mich vom Zorn hinreissen liess und dem Manne eine tüchtige Ohr- 
feige verabreichte. Der. Effect war geradezu grauenhaft. Der Mann fiel auf sein Lager zurück, auf 
dem er gesessen hatte, begann schwer zu athmen und zuletzt zu röcheln. Kopf und Gesicht schwollen 
zusehends an, die Lippen wurden blau, cyanotisch und nach 10 Minuten war der Mann nicht 
wiederzukennen. Das Gesicht hatte einen so unförmlichen Umfang angenommen, dass er nicht mehr 
im Stande war, die Augen zu öffnen und ich jede Minute eine Herzlähmung befürchtete. Nach 
einer halben Stunde war auch sein ganzer Körper wieder angeschwollen wie nur je im heftigsten 
Stadium seiner Krankheit. Und das Alles war hervorgerufen durch eine Ohrfeige, die ich von 
jahrelanger Dysenterie entkräfteter Mensch nicht einmal mit besonderer Wucht hatte verabreichen können ! 
Einen Tag und zwei Nächte habe ich am Krankenbett dieses Mannes in Angst und Reue zugebracht, 
bis die Gefahr für sein Leben vorüber war und sein Körper wieder normale Gestalt annahm! Es 
war mir eine Lehre für alle Zeiten! 

Wenn diese Form der Beriberi nicht mit dem Tod endigt, so verliert sich, oft erst nach 
Monaten, das Oedem, und zwar manchmal ganz plötzlich, sodass der Patient nach wenigen Tagen 
kaum wiederzuerkennen ist, und geht nun durch eine langwierige Reconvalescenz in die Genesung, 
öfters aber auch in die zweite Form über. 

Diese zweite Form, die atrophische, besteht darin, dass die Leute auf eine unglaubliche 
Weise abmagern' und an beiden Extremitäten gänzlich gelähmt werden. Diese Lähmung zeigt sich 
zuerst in den Beinen als Schwäche und schnelle Ermüdung, die den Patienten, welche die Krankheit 
nicht kennen, oft ganz lächerlich vorkommt, namentlich den Europäern. Ich erinnere mich noch 
lebhaft eines solchen, eines in Singapore geborenen Engländers, der, ohne irgend welche andere 
Symptome zu fühlen, als die schnelle Ermüdung der Beine, nur durch Festhalten am Geländer die 
Treppe zu meiner Wohnung heraufsteigen konnte und mir ärgerlich lachend zurief: Nun sehen Sie 

mal, Doctor, so'ne verd Schlappheit! Daran ist nur die miserable Hitze schuld! Es war 

aber nicht die Hitze, welche schuld war, sondern Beriberi. Der Mann war hochentrüstet über diese 
Diagnose und über den Rath, so schnell als möglich Deli zu verlassen, da er sich, bis auf diese 

„verd Müdigkeit' pudelwohl fühlte. Er ging nur gezwungen nach Singapore, genas dort 

bald, trat darauf bei einer andern Firma in Dienst, erlitt im nächsten Jahr ein Recidiv, ging wieder 
auf einige Wochen nach Singapore, genas wieder, trat wieder in Deli in Dienst, bekam nach einem 
Jahr wieder ein Recidiv und — starb. 

Die atrophische Form führt nicht so schnell und so häufig zum Tode wie die hydropische ; 
derartige Patienten liegen, wenn keine Möglichkeit zur Evacuirung besteht, oft jahrelang in den 
Hospitälern. Ich selbst habe einzelne nahezu drei Jahre lang gehabt. Die nebenstehende Tafel 8 
bringt einen solchen Mann, einen Chinesen, zur Ansicht, der bei meiner Ankunft in Stefansort schon 
nahezu ein Jahr im Hospital gelegen hatte. Als ich 16 Monate später das Schutzgebiet verliess, 
nahm ich den seit kurzem auf dem Weg der Genesung Befindlichen und nach 2 Jahren totaler 
Lähmung wieder die ersten Gehversuche Anstellenden mit nach Singapore, wo er ziemlich wieder- 
hergestellt und mobil anlangte. Früher konnten wir den Mann nicht wegsenden, weil die dortige 
Hafenpolizei das Ausschiffen desselben nicht geduldet hätte. 

Ich habe das Bild des Mannes hierhersetzen lassen, weil es sehr characteristisch den 
Beriberitypus zeigt. Leider ist dasselbe erst in den Monaten der Reconvalescenz aufgenommen, als 



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er schon wieder begann, Fett anzusetzen. Vorher waren seine Beine so dünn, dass ich seine Ober- 
schenkel ganz gut mit einer Hand umspannen konnte. Die Lähmung besteht aber noch; der 
Mann ist noch nicht im Stande, Arm oder Bein zu erheben oder nur eine Faust zu machen; die 
Muskeln sind total gelahmt und er musste all die lange Zeit hindurch vom Wärter förmlich 
gefüttert werden. 

Der Beriberi-Gang ist sehr characteristisch und ähnelt dem der Tabetiker*): Da der Patient 
an seinen gelähmten und meist auch gänzlich gefühllosen , auf Nadelstiche nicht reagirenden Bein- 
muskeln keinen Halt mehr hat, kann er nur stehen, wenn die Beinknochen senkrecht aufeinander 
stehen und im Kniegelenk durch die straff gespannten hinteren Bänder einen gewissen Halt finden; 
der Beriberimann geht und steht also immer mit stark nach hinten durchgedrückten Knieen. 
Infolgedessen beugt er unwillkürlich compensatorisch den Oberkörper vor; ich habe einen Melanosen 
in solch characteristischer Stellung in meinem anthropologischen Atlas auf Tafel 87 abgebildet. 
Beim Gehen wird der Rumpf noch mehr nach vorn gebeugt und das Bein, so gut oder so schlecht 
es noch geht, nach vorn geschleudert, wobei das Knie aber der gelähmt herabhängenden Fussspitze 
halber ziemlich hoch gehoben werden muss. Trotz dieser furchtbaren Geh-Arbeit fördert dieselbe 
fast gar nicht; der Fuss fällt fast auf dieselbe Stelle wieder nieder, von wo er aufgehoben wurde 
und das Bein muss erst nach hinten durchgedrückt werden, ehe der Oberkörper darauf ruhen kann; 
so zappeln sich die Leute entsetzlich ah, ohne viel vom Fleck zu kommen. Der kleine, dünne, 
fadenförmige, weiche und beschleunigte Puls von 100—120 Schlägen, der sonst unter dem unter- 
suchenden Finger nur so wegschleicht, fliegt dabei ordentlich und wird durch eine Arbeitsleistung 
von 10 — 15 Schritten Gehens um 20—25 Schläge per Minute beschleunigt. Dieses Symptom der 
Herzschwäche bleibt noch sehr lange bestehen, nachdem die Patienten längst ihre volle Beweglichkeit 
wieder erlangt haben; als völlig genesen habe ich erst Solche betrachtet, welche nach zwei Dutzend 
Laufschritten keine Beschleunigung des Pulses mehr zeigten. Die melanesischen Arbeiter von Neu- 
Mecklenburg hatten durchgehends einen viel elenderen Puls als Chinesen oder Javanen; manche 
konnte man sogar als nahezu pulslos bezeichnen. Das machte sich nicht blos bei Beriberi, sondern 
auch bei anderen Krankheiten bemerklich. 

Die nachfolgenden Sätze entnehme ich einem Bericht, den ich seinerzeit — wenn ich nicht 
irre 1888 — in Folge einer Umfrage der Regierung nach Batavia erstattet habe. 

Beriberi war in Deli endemisch, aber vor 1882 nur lokal; ich kenne Pflanzungen, die vor 
dieser Zeit fast gar nicht von dieser Krankheit zu leiden hatten. 

Der Hauptheerd war das am Fuss der centralen Bergkette gelegene thal- und schluchten- 
reiche Gebiet der Vorberge, wie bereits oben bemerkt. Die unmittelbar an der Küste gelegene 
Alluvialebene kam erst in zweiter Linie. 

Befallen von der Krankheit wurden ausschliesslich Fremde, Eingewanderte, während die 
Eingeborenen seihst, die wirklichen orfsgeborenen Delimalayen, stets frei blieben; mir selbst ist in den 
13 Jahren meiner Praxis dort unter tausenden von Beriberikranken kein einziger Delimalaye vorgekommen; 
ich habe jedoch auf Befragen von den intelligenten malayischen Fürsten vernommen, dass Fälle 
bekannt wären. Jedenfalls sind sie aber so selten, dass ich mit gutem Gewissen den Satz aus- 
sprechen kann : Der Delimalaye ist in Deli immun. Was ich in den malayischen Kampongs von 
angeblichen .Eingeborenen" erkrankt gesehen habe — und meine malayische Praxis war sehr gross 
— waren lauter fremde, eingewanderte Malayen von der Westküste Sumatra's, sogenannte Menang- 



*) Ich erinnere mich sogar eines Falles, wo ein Holländer von einem alten Tropen-Arzt in Deli, der schon 
hunderte, nenn nicht lausende von Beriberikranken in Behandlung gehabt hatte, wegen „Tabes" nach Europa gesandt 
wnrde, und erst Professor Erb in Heidelberg, der, wie er mir selbst sagte, nie vorher einen Beriberikranken gesehen 
halle, die Diagnose; Beriberi stellte. 



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kabau- und Mandelingmalayen, die sich freilich meist wie wirkliche Delimalayen geberdeten und für 
solche ausgaben, auch mitten unter denselben wohnten. Auch die von der Halbinsel Malakka, von 
Penang und Singapore herübergekommenen Malayen erkrankten, ebenso die Jävanen und Baweanesen, 
alles Angehörige der malayischen Rasse. Die Chinesen und Vorderindier wurden gleichfalls ergriffen, 
in seltenen Fällen auch Europäer. 

Die Empfänglichkeit für Beriberi war bei den verschiedenen Rassen derart, dass Chinesen 
und Javanen am häufigsten erkrankten und zwar vorwiegend an der hydropischen Form ; nach diesen 
die eingewanderten Malayen und zwar mit Vorliebe an der zweiten, atrophischen Form, der 
sogenannten trockenen Beriberi; am seltensten die Vorderindier (Tamil's) und Europäer. 

Langdauernder Aufenthalt im Lande scheint einigermassen Schutz zu gewähren; Neuange- 
kommene wurden leichter ergriffen als Alteingesessene. 

Das männliche Geschlecht wurde in weitaus überwiegender Mehrzahl befallen und nur 
ausnahmsweise das weibliche; ich habe nur sehr wenige Fälle bei Frauen gesehen, darunter zwei 
bei frischangekommenen Javaninnen in Kaiser-Wilhelmsland, die aber rudimentär verliefen. 

Die Beschäftigung und der Aufenthalt bildeten einen wesentlichen Factor für das Zustande- 
kommen der Krankheit. Dieselbe erfasst, ich möchte fast sagen, ausschliesslich Leute, die unter 
einem gewissen Zwang stehen und der Bethätigung ihres freien Beliebens beraubt sind, sei es in 
Bezug auf Wohnung, Nahrung oder Arbeit. Ich habe sie fast ausschliesslich beobachet im Gefängnis?, 
im Hospital, auf den Hulks und Leuchtschiffen (hier sehr häufig), in den öffentlichen Bordells (gering, 
weil Frauen) und den Tabaksplantagen, also bei Leuten, die durchgehends an ihre Scholle und ein 
einförmiges Leben gebunden sind. Die Einförmigkeit des Lebens, des Arbeitskreises und der Nahrung 
scheint mehr von Einfluss zu sein als die Art der Arbeit, da der den ganzen Tag im Feld arbeitende 
chinesische Kuli die Krankheit ebenso gut bekommen kann, wie der Gefangene oder Matrose. Freie, 
selbständige Leute habe ich nur selten erkranken sehen. 

Zusammenwohnen in grösserer Anzahl in beträchtlich kleinen Lokalen, wo jeder eben nur 
einen Platz gross genug zum Schlafen hat, begünstigt das Ausbrechen und die Verbreitung der 
Krankheit ganz entschieden. Alle die eben angeführten prädisponirten Kategorien wohnen auf solche 
Weise und meistens noch zu ebener Erde, während die Eingeborenen bekanntlich auf Pfählen stehende 
Häuser besitzen, was vielleicht ebenfalls nicht unwichtig ist. 

Eine nicht uninteressante Beobachtung habe ich bei den Sträflingen und Gefangenen gemacht. 
Vor dem Jahr 1885 hatten wir in Labuan, der damaligen Hafenstadt Deli's, ein altes, auf Pfählen 
mitten im sumpfigen Terrain stehendes Gefängniss aus Atap (Nipapalmenblättern), das in gar keiner 
Weise auch nur den bescheidensten Anforderungen der Hygiene entsprach, und trotzdem blieben 
seine Insassen stets gesund und wohlauf. 

Nun baute die Regierung uns einen wahren Palast von Gefängniss aus Backsteinen, mit 
grossen, luftigen und sauber auscementirten Zellen an einem speciell hiefür als gesund ausgesuchten 
Platz, und hier bekamen die Insassen in schönster Reihenfolge Malaria, Beriberi und Cholera, 
trotzdem wir den von Prof. Pekelharing gegen Beriberi angeralhenen Abwaschungen der Wände und 
Böden mit Sublimatlösung sogar mittels der Feuerspritze nachkamen. 

In diesem Gefängnisse wurden zweierlei, eigentlich dreierlei Arten Gefangene aufbewahrt: 
erstens Zuchthäusler, die, wegen schwerer Verbrechen zu mehreren Jahren verurtheilt, von der 
Regierung sehr vernünftigerweise nicht als nutzlose Kostgänger eingekerkert, sondern an einem von 
ihrer Heimathsinsel möglichst entfernten Theil der niederländisch -indischen Besitzungen zu allerlei 
öffentlichen Arbeiten verwendet wurden. Diese „dwangarbeiders", unter denen die schwersten Ver- 
brecher einen eisernen Ring um den Hals geschmiedet trugen, haben sich der Regierung im Atjeh- 



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krieg von ganz hervorragendem Nutzen erwiesen. Wir in Doli hatten fast lauter , Zwangarbeiter " 
von Java und Madura. 

Die zweite Sorte von Gefangenen bestand aus Einheimischen, chinesischen oder javanischen 
oder Tamitkuli's von den Pflanzungen; die wegen leichterer Polizeivergehen zu so und so viel Tagen 
.Arbeit an den öffentlichen Wegen" verurtheilt waien. 

Diese beiden Kategorieen wurden unter Polizeibewachung Morgens zur Arbeit geführt, kehrten 
zur Mittagspause zurück oder auch nicht, je nach der Entfernung- des Arbeitsplatzes, und fanden 
sich dann erst am Abend wieder im Gefängniss ein. 

Die dritte Sorte bestand aus Untersuchungsgefangenen. Diese wurden nicht zur Arbeit 
ausgeführt, aber auch nicht direkt eingeschlossen in der Zelle gehallen, sondern tagsüber im Gefangniss- 
hofe beschäftigt. 

Von diesen letzteren nun erkrankten merkwürdig viele, oft schon binnen acht Tagen nach 
ihrem Eintritt, an Beriberi, während die beiden ersten Kategorieen, soweit sie nicht die Krankheit 
schon mitgebracht hatten, relativ frei blieben. 

Man könnte denken, dass diese Untersuchungsgefangenen den Krankheitsstoff von aussen 
mitgebracht hätten. Möglich, aber nicht recht glaubwürdig, denn, nachdem ich der Regierung über 
die Sache berichtet, und die Untersuchungsgefangenen auf meinen Vorschlag hin ebenfalls an der 
Aussenarbeit betheiligt wurden, erkrankten sie nicht mehr. Ausserdem weiss ich von einem Mann 
positiv, dass er seuchenfrei ins Gefängniss eingeliefert ward. Derselbe, ein Mandelingmalaye, gehörte 
nämlich zu meiner Dienerschaft und war bereits im achten Jahr in meinem Dienst, ohne je krank 
gewesen zu sein. Am zehnten Tage nach seiner Einsperrung erkrankte er an Beriberi. 

Durch diese Erfahrungen bin ich gezwungen, die Incubationszeit viel kürzer anzunehmen als 
Vorderman in Batavia, der dieselbe zwischen 106 bis 120 Tagen berechnet. 

Ebenso wie eine Zusammenpferchung der Gesunden in Gefängnissen, Arbeiterhäusern oder 
Schiffen, lieferte auch die der Beriberi-Kranken im Hospital immer schlechte Resultate. Trotz aller 
Evacuirung hatte ich immer eine Sterblichkeit von zwanzig Procent. 

Ich kann darum nur anrathen, Beriberikranke nicht ins Hospital zusammenzulegen, sofern 
es nicht absolut geboten erscheint, sondern sie zu Hause in ihrem Heim zu belassen und zu behandeln, 
wo sie nach Gutdünken schalten und walten können. Man kann dieses System der Freiluftbehandlung 
und Sichselbstüberlassung um so unbedenklicher anwenden, als wir den armen Beriberikranken in 
unseren Hospitälern ja doch keine Medicin verabreichen können, die cinigermaassen den Namen 
eines Heilmittels verdient, und das Uebrige, kräftige Nahrung, roborirende Arzneien und dgl. kann 
man ihnen auch zu Hause zukommen lassen. 

Und doch stehen wir der Krankheit nicht waffenlos gegenüber, ja wir haben sogar ein 
souveränes Mittel gegen dieselbe, welches fast nie den Erfolg versagt. Das ist die Ortsveränderung, 
die Evacuirung, womöglich über See, deren ausgedehnteste Anwendung leider auch wieder im Kosten- 
punkt eine unangenehme Grenze hat. 

Es ist ganz merkwürdig, wie eine Ortsveränderung günstig auf den Lauf dieser Krankheit 
einwirkt. Das ist freilich längst bekannt, aber ich glaube kaum, dass irgend jemand so schnelle, 
auffallende, sozusagen blitzähnliche Erfolge beobachtet hat, wie ich seinerzeit gelegentlich einer 
äusserst heftigen Epidemie in Delt. Wir benutzten als Evacuationsort Singapore, die Regierung sendet 
ihre Kranken nach Java, in ein Höhenklima, was nach meiner Erfahrung gar nicht einmal 
nöthig ist. 

Ich habe bisher stets nur die sporadische Form im Auge gehabt, welche im ganzen Land 
verbreitet ist, überall Erkrankungen in massiger Zahl verursacht und nur an den obengenannten 
Orten von Zeit zu Zeit kleinere Exacerbationen macht. Nun giebt es aber auch eine epidemische 



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- 49 - 

Form, und die hauste, wie gesagt, vornehmlich in dem coupirten Terrain des Hinterlandes. Ich 
habe 1882 eine solche auf der Pflanzung, wo ich functionirte, erlebt und will dieselbe kurz 
schildern: 

Vorher war Beriberi nur in ganz wenigen Fällen dort beobachtet worden, während sie sonst 
in Deli Überall bereits sogar sehr zahlreiche Opfer forderte, sodass die beiden damals in Deli 
amtirenden Collegen an die Immunität meines Platzes kaum glauben wollten. 

Die beregte Tabaksunlernehmung Tandjong Morawa, welche mit einem grossen Theil ihrer 
Ländereien in das vorerwähnte coupirte Terrain hineinragte, nahm 1881 die ErÖffhungsarbeiten einer 
neuen Pflanzung dorlselbst vor, welche in das Centrum von drei bereits bestehenden Plantagen und 
zwischen V* bis */ 4 Stunden Gehens von denselben entfernt zu liegen kam. Auf sämmllichen drei älteren 
Pflanzungen waren 1881 nur sechs sporadische Beriberifälle in den Monaten April, October und November 
beobachtet worden. Im December häuften sich plötzlich die Erkrankungen. Die ersten Fälle kamen 
aber merkwürdigerweise nicht aus der neuen Pflanzung, sondern von den umliegenden älteren; im 
Januar und Februar stand die Epidemie überall auf ihrem Gipfelpunkt, flaute dann auf den älteren 
Pflanzungen langsam bis in den Mai hinein ab, während sie auf der neuen Plantage sich noch im 
April auf gleicher Höhe hielt und erst Ende Juni erlosch. Auf den älteren Pflanzungen von Juni 
ab, und aut der neuen von August ab kam dann kein weiterer neuer Beriberifall mehr zur Beobachtung 
bis zum Einsetzen der nassen Zeit im October, welche wieder mehrere, aber nur sporadische Er- 
krankungen brachte. Von da an blieb Beriberi auf der Pflanzung endemisch; dieselbe hatte sich 
also den übrigen Unternehmungen in Deli würdig angegliedert. 

Da ich den Verlauf dieser Epidemie andernorts genauer darstellen will, so begnüge ich mich 
hier mit einigen allgemeinen Zahlen. 

Der Arbeiterbestand auf den genannten Pflanzungen betrug etwa 13 — 1400 Mann, worunter 
gegen 1100 Chinesen, 150 Baweanesen und Malakkaraalayen und ungefähr 100 Tamils. Von diesen 
erkranklen in den 6 Monaten December bis Mai nach Ausweis meiner Hospitallisten rund 250 Mann 
mit 200 Todesfällen, also 80% Sterblichkeit. Es war also der fünfte Mann der gesammten Arbeiter- 
schaar an Beriberi erkrankt! Dies sind aber nota bene nur die Leute, welche in's Hospital kamen; 
viele erkrankten und starben auch draussen auf den Plantagen oder wurden sofort nach Singapore 
evacuirt, über die ich gar nicht Buch führen konnte. Ich glaube, dass man ganz gut annehmen 
kann, auf den älteren Plantagen sei mindestens jeder vierte, auf der neuen jedoch jeder zweite Mann 
ergriffen worden. 

Die Baweanesen und Malayen hatten verhall nissmässig am ärgsten zu leiden; sie wurden 
fast alle befallen, aber es starben nur sehr wenige, weil die meisten sofort in der Lage waren, 
evacuirt zu werden. Von 14 Mann, die ich im Hospital hatte, starben nur vier. 

Die Chinesen kamen in zweiter Linie; es erkrankten von ihnen 210 Mann und starben 180. 

Die Neulinge, Sin-Keh's, welche noch nicht lange im Land waren, wurden fast doppelt so 
stark ergriffen, als die alten, acclimatisirten Arbeiter. Von ersteren erkrankten 135 mit 115 Todes- 
fällen, von den letzteren nur 75, aber mit 65 Todesfällen. 

Die tamulischen Arbeiter aus Vorderindien, die sogenannten Kling's, wurden am wenigsten 
ergriffen: Nur 8 Mann, aber alle 8 starben. 

Die Europäer blieben gänzlich verschont. 

Im Hospital selbst erkrankten ebenfalls einige Patienten an Beriberi (im Ganzen 16, davon 
3 schon im December); alle litten an Unterschenkelgeschwüren oder waren operirt worden, so dass 
der Gedanke sich von selbst aufdrängte, die Geschwürs- und Operationswunden bildeten die Eingangs- 
pforte für das Beriberigift. 



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— 50 - 

Nachfolgende Statistik mag den Verlauf dieser mörderischen Epidemie veranschaulichen: 
Zugang von Beriberikranken im Hospital: 

1881 October 3 
November 2 
December 24 

1882 Januar 61 
Februar 40 
März 32 
April 39 
Hai 26 
Juni 10 
Juli _1 

Für mich steht es ganz zweifellos fest, dass die Eröffnung der neuen Plantage die directe 
Veranlassung zum Ausbruch der Epidemie gab. Angesichts derselben kann ich unmöglich annehmen, 
dass die Ursache in der Nahrung liege, speciell im Reis, dem man schon damals iu ärztlichen 
Kreisen vielfach die Schuld gab. Auch die getrockneten Fische, neben Reis die Hauplnahrung der 
Kulis, gerielhen in Verruf, obwohl die Leute vor, während und nach der Epidemie denselben Reis 
und dieselben Fische genossen. Aber da der Verdacht einmal bestand, musste die Probe gemacht 
werden, und so nährten wir die Kranken und einen grossen Theil der Gesunden wochenlang mit 
ganzen Kübeln voll Kraftsuppen und Ochsenfleisch, unter Ausschluss von Reis und Fisch — ohne Erfolg. 

Eine komische Episode heiterte uns mitten in all dem Unglück etwas auf. Die chinesischen 
Kulis waren durch das massenhafte Hinsterben erschreckt und aufsässig geworden und schrieben die 
Epidemie der Unkenntniss des europäischen Arztes — meiner Wenigkeit — zu. Sie verlangten 
drohend, von einem Yseng, einem chinesischen Arzt, behandelt zu werden, der die Sache besser 
verstehe. Es war nur billig, den armen, erschreckten Leuten den Willen zu thun und so ward ein 
gelehrtes Haus aus Singapore verschrieben. Der Herr kam, mit einer furchtbar grossen runden Horn- 
brille und einem Fächer bewaffnet, der ihm den silber- oder goldbeknopften Rohrslock der europäischen 
Collegen ersetzte, voll unnahbaren Protzendünkels, wie er nur einem chinesischen Parvenü zu Gebote 
steht, an, und ich führte ihn in mein Hospital. Dort untersuchte er, hinter einem Tische sitzend, eine 
Reihe von noch ziemlich mobilen Kulis, die auf den Knieen durch die Thür zu ihm hinrutschten vor 
Ehrfurcht. Sie mussten einen Ann auf den Tisch legen und der bezopfte College fühlte ihnen eine 
Viertelstunde lang mit vor Nachdenken geschlossenen Augen den Puls. Wenn der eine Arm fertig war, 
kam der andere an die Reihe und ward ebenso behandelt. Ich stand in meines Nichts durch- 
bohrendem Gefühle lernend dabei. Gleichviel wie die Pulsuntersuchung ausfiel, die Medizin war für 
Alle dieselbe, selbst für einen harmlos mituntergelaufenen Syphiliticus, und bestand aus einem Gesund- 
heitsthee, den er gleich mitgebracht hatte, dessen Zusammensetzung er mir aber um keinen Preis 
verrathen wollte. Es wurde ihm nun ein eigenes kleines Spital eingerichtet und ich liess ihn sich 
selbst zehn Beriberikranke heraussuchen, von denen er behauptete, sie würden unfehlbar binnen 
14 Tagen gesund. Nachdem dieselben einen Tag lang den Gesundheitsthee getrunken hatten, waren 
sie wirklich viel frischer und wohler aussehend, jedenfalls eine Autosuggestionserscheinung infolge 
ihres blinden Vertrauens zu dem landsmännischen Heilkünstler. Das hielt auch noch am zweiten und 
dritten Tag an und die Leute posaunten das Lob des Wundermannes in alle Winde. Am vierten 
und fünften Tag war die Erregung vorbei und die Leute fühlten, dass sie eigentlich in der objectiven 
Besserung gar keine Fortschritte gemacht hatten. Die Schmerzen in den gelähmten Beinmuskeln, 
die Kurzathmigkeit und das Herzklopfen waren in alter Stärke wiedergekehrt Am sechsten und 



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— 51 — 

siebenten Tag begannen Einzelne bereits auf den dicken, ihnen ewig Tbee eintrichternden Herrn zu 
schimpfen. Am achten und neunten Tag wurde dies allgemein, und die Kranken verlangten in's 
Haupthospital zurück. Am zehnten Tag endlich war der Yseng — durchgehrannt, wie wir hörten, 
aus Furcht, dass ihn selbst die Beriberi ergreifen könne, und so schnell, dass er in seiner Wohnung 
noch einen ganzen Pack seines Wunderthees zurückgelassen hatte. Es fanden sich aber keine 
Liebhaber mehr dafür. Die Kulis aber waren nun gewitzigt und zufrieden und verlangten nicht 
wieder nach einem Arzt ihrer eigenen Nationalität 

Hier bei dieser Epidemie habe ich so recht den Nutzen der Ortsveränderung bei Beriberi 
kennen gelernt Leute, bei denen ich mit absoluter Sicherheit den lethalen Ausgang vorhersagen 
konnte, kehrten, nach Singapore überführt, kaum 4 Wochen später frisch, gesund und munter zurück, 
und blieben von einem Recidiv, so lange ich sie beobachten konnte, verschont. Es war ein wahres 
Wunder und ich würde so etwas nie für möglich gehalten haben, wenn ich nicht selbst Augenzeuge 
gewesen wäre. Meinen Aufzeichnungen nach ist kein einziger von den nach Singapore gesandten 
Kranken dort gestorben. 

Eracuation, Ueberführung nach einem andern Ort, womöglich über See, ist, ich wiederhole 
dies, eine sichere Waffe gegen diese scheussliche Krankheit. Von Medizinen habe ich sonst nur noch 
von Pilocarpineinspritzungen bei der hydropischen Form Erfolge gesehen, aber erst im Stadium der 
Reconvalescenz, wenn die Herzaction und die Arterienspannung bereits wieder kräftiger war; in 
einem früheren Stadium beschleunigt meiner Ueberzeugung nach das Mittel nur den tödtlichen Ausgang. 

Aus dem Mitgetheilten wird man zur Genüge ersehen haben, dass der Tabakpflanzer auf 
Sumatra anfangs auch nicht auf Rosen gebettet war. Ich will nur noch gleich hinzufügen, dass sich 
an diese Beriberiepidemie unmittelbar, noch im Mai 1882, eine Choleraepidemie anschloss, die uns 
ebenfalls eine Menge Leute hinwegraffte; auch diese Krankheit trat damals zum ersten Mal auf 
unserer Pflanzung auf. 

Es mag überhaupt nützlich sein, in Hinsicht auf die Gesundheitsverhältnisse Kaiser-Wilhelms- 
land's einmal einen flüchtigen Rückblick auf die Kinderkrankheiten und den sanitären Entwicklungs- 
gang Deli's zu werfen, das den Holländern so ungezählte Millionen in den Schooss geworfen hat. 
Steht diese berühmte Tabakscolonie doch nahezu unter denselben klimatischen Bedingungen wie 
unsere Neu-Guinea-Colonie. 

Deli wurde „gegründet* in der Mitte der sechziger Jahre, aber erst um die Mitte der siebziger 
in intensivere Cultur genommen. Als ich im August 1879 dahin kam, herrschten auf der Pflanzung, wo 
ich amtiren sollte, sehr günstige sanitäre Verhältnisse. Malaria war ja da, Dysenterie auch, aber nicht in 
hohem oder bösartigem Grade. Von ca. 1500 Arbeitern starben in der zweiten Jahreshälfte von 1879 nur 
8 Mann. Dieses günstige Verhältniss blieb auch 1880 so. In diesem Jahr starb nur ein Prozent der 
Arbeiterbevölkerung. Ich spreche hiehei nur von der mir unterstellten Plantage, über die mir Zahlen 
zu Gebote stehen: in andern Theilen Deli's waren die Gesundheitsverhältnisse zum Theil beträchtlich 
schlimmer. 

Die hohen Tabakspreise bewirkten nun eine bedeutende VergrÖsserung des Plantagenbetriebes, 
so dass grosse Strecken Landes entwaldet und in Cultur genommen wurden. Eine beginnende 
Reaction hierauf sehe ich in dem Ansteigen der Todtenziffer des Jahres 1881 auf 4°/ u . 

Nun kommen in 1882 plötzlich die beiden obenbeschriebenen mörderischen Epidemieen: die 
Beriberi- und die Choleraepidemie. 

1883 waren dieselben vorbei und die Sterbeziffer sank wieder auf 5°/ . 

Späterhin trat die Malaria epidemieenartig auf. Eine mir bekannte Pflanzung ward mit 
120 Leuten eröffnet; nach kaum 5 Monaten waren 80 davon todt und die übrigen 40 weggelaufen. 



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— 52 — 

Martin erzählt in seiner MalariaarbeiL von einer andern Pflanzung, die von 200 Kulis in 
Zeit von 3 Monaten 80 Mann an schwerster Malaria verloren hatte, und einer weiteren, geschlossenen* 
früher gesunden, nach deren Wiedereröffnung von 300 Arbeitern kaum 50 halbwegs gesund waren. 
Er hatte in Deli 80 — 90 •/„ Maiariakranke unter seinen Patienten und schätzt die Morbidität auf 
100%, mit andern Worten: Jedermann dort bekam Malaria. 

Die Hafenstadt Labuan, wo ich von 1884 ab wohnte, allerdings damals der Sammelplatz 
und das Stelldichein aller kranken und siechen arbeitslosen Kulis, halte 1887 unter den Chinesen 
27°/ Sterblichkeit und als ich einst, durch die Klagen der von Holz*) entblössten Sehiffscapitäne 
bewogen, eine Inspection des im Mangrovewald dicht an der See liegenden chinesischen Holzfäller- 
dorfes**) vornahm, hatle ich einen erschütternden Anblick. Von etwa 100 Insassen waren kaum 
zehn arbeitsfähig; die Uebrigen lagen entweder sterbend oder bereits todt in ihren Hütten! 

Das sind in kurzen Zügen die gesundheitlichen Verhältnisse aus der Jugendzeit einer heute 
gesunden, reichen und blühenden Colonie, die in ihrem wunderbaren, phänomenalen Entwicklungs- 
gang einzig in der Welt dasteht und eine der schönsten und glänzendsten Perlen im Kranze der 
ostindischen Besitzungen Hollands darstellt. 

Bei einer andern Colonie, auf Nordborneo, wo man ebenfalls in den achtziger Jahren anfing, 
Tabaksbau im Grossen zu treiben, lagen die Verhältnisse gerade ebenso, oder womöglich noch 
schlimmer; einem Deüpflanzer hätte man schon viel bieten müssen, bevor er sich in dieses Malaria- 
nest gewagt hätte. 

Glaubt man nun, dass auch nur eine einzige Stimme in Holland oder in den Golonieen 
gewesen wäre, die zur Aufgabe und zum Verlassen des Landes gerathen hätte, oder dass auch nur 
ein einziger Pflanzer sich dadurch hätte abschrecken lassen? Mit nichten! Sie blieben dort, sie 
hielten aus, und zehn Jahre später waren die Kinderkrankheiten überwunden, das Land assanirt 
und millionenreiche Ernten lohnten die Ausharrenden. Deli ist heute eine der blühendsten Colonieen 
des Erdballs und der Fremdling, wenn er in Belawan an Land steigt und vom Dampfross an üppigen 
Fluren und Pflanzungen vorbei nach der Hauptstadt Medan sich tragen lässt, er ahnt nicht, wie viel 
Menschenleiber diesen Boden haben düngen müssen, ehe er solche Früchte trug! Wir in Kaiser- 
Wilhelmsland haben die gesundheitlichen Verhältnisse zweifellos nicht schlimmer, ja, meiner Meinung 
nach sogar viel besser, als sie damals auf Deli lagen. 

Denn die Neu-Guinea-Malaria hat keinen gefährlichen, pernieiösen Charakter; Naturen, die 
das Klima nicht vertragen, haben vollkommen Zeit, sich zu entfernen. Beriberi ist nicht dort ein- 
heimisch und lässt sich, ebenso wie die Cholera, durch geeignete Maassregeln fernhalten. Die 
Zwangsimpfung sichert gegen die Pocken, was in Deli lange Zeit nicht der Fall war. 

Wir haben also alle Chancen des Gelingens und die Gesundheitsberichte der letzten beiden 
Jahre lassen vermuthen, dass die Assanirung der Stationen und Plantagen bedeutende Fortschritte 
gemacht hat. 

Aber dass dies anhält, dazu ist es nothwendig, — es ist dies ein Vorwurf, den ich der 
Neu- Guinea -Compagnie nicht ersparen kann — , dass man mit dem System des Probirens, des 
ewigen Herumtastens breche; dass man nicht heute eine Station eröffne und sie morgen wieder 
aufgebe, wie es leider bisher in allzu reichlichem Maasse geschehen ist. Jede Eröffnung einer Station 
ist ein sanitäres Experiment und jeder halbcultivirte und wieder verlassene Platz wird zu einem 
gefährlichen Krankheitsheerd, ich weiss das von Deli her. Man beherzige Aschenfeldt's goldene 
Worte: „Nur die grösste Wildniss oder vollkommene Cultur schützen vor Malaria!" 

*) Die kleinen, den Verkehr mit Penang und der Küste vermittelnden Dampfer wurden damals mit Holz geheizt. 
") Dasselbe befand sich auf der Stelle, wo jetzt die Eisenbahnendstation Belawan liegt. 



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Die Pflanzenwelt. 



D., 



sank einer Reihe von tüchtigen Fachmännern ist seit den deutschen Occnpation die Pflanzen- 
welt Kaiser-Wilhelmsland's fleissig untersucht worden, besser, als irgend ein anderes naturwissen- 
schaftliches Gebiet, und umfangreiche Sammlungen wurden nadi Hause gebracht. Als einer der 
ersten und erfolgreichsten Forscher ist Professor Warburg zu nennen, sodann Dr. Hollrung, Dr. Lauter- 
bach, der Entdecker der grossen Ramu-Ebene, und Dr. Heüwig, der Begleiter Zöller's auf dessen 
Finisterre-Expedition. Ihnen schliesst sich der unermüdliche Kämbach an. Hollrung, Hellwig und 
Kärnbach arbeiteten im Auftrage der Neu-Guinea-Compagnie, welche aus begreiflichen Gründen der 
botanischen Erforschung ihres Gebietes ein besonderes Interesse entgegenbrachte. Ich beschränke mich 
hier auf diese kurzen Angaben und verweise auf den Schluss des zoologischen Theils, wo ich eine 
zusammenfassende Darstellung des Ganges der naturwissenschaftlichen Erforschung Kaiser-Wilhelms- 
land's zu geben gedenke. 

Der Anblick der Pflanzenwelt Neu-Guinea's vom Schiffe aus während der Fahrt an der 
Nordküste entlang unterscheidet sich in gar Nichts von dem anderer östlicher Tropenländer. Wald, 
nichts als Wald ! Wenige savanenähnliche Grasflächen von verschiedener Ausdehnung abgerechnet, 
ist Alles, was das Auge ringsum erschaut, die Bergzüge, die Thäler, die Schluchten und die vor- 
gelagerte Ebene, von der höchsten Spilze an, die in den blauen Aether hinaufragt bis herunter zu 
dem blendendweissen Sandgürtel, der die wunderbar tiefblaue See umsäumt, Alles das ist bedeckt 
von dem strahlenden glänzenden Grün dichten schweren Urwaldes. 

Grün — weiss — blau, das müssten eigentlich die Landesfarben von Kaiser-Wilhelmsland 
sein und nicht der schwarze Löwe im weissen Feld, der in seinen Pranken einen rothen Pfeil hält 
und als Wappenthier für Neu-Guinea passt wie — nun, wie eben ein Löwe zur Neu-Guineafauna. 
Der Galgenhumor malariakranker Neu-Guineamänner hat ihm denn auch längst schon einen andern 
Namen gegeben. 

Auch wenn man das Land betritt, bemerkt man kaum einen Unterschied zwischen hier 
und den vor Kurzem verlassenen malayischen Inseln. Die Pflanzenwelt an der Küste ist ganz 
indomalayisch und hat nur blutwenig australische Formen. Es fehlen in Kaiser-Wilhelmsland z. B, 
vollständig die australischen Characlerbäume der Eucalyptus, der Akazien und der Proteaceen; von 
letzterer Familie, die in Australien nach dem letzten Census Baron v. Müller's 33 Gattungen und 
597 Arten zählt, ist bisher nur ein einziger Vertreter und zwar auf dem Saltelberg bei Finsclihafen 
gefunden worden, der bezeichenderweise einer neuen Gattung, Finschia, angehört. Der Myrthaceen- 
reichthum Australiens spiegelt sich jedoch deutlich in Neu-Guinea wieder, namentlich in den Gattungen 
Eugenia und Barringtonia, von denen eine Anzahl endemischer Arten im primären Wald und im 
Gebirge vorkommen, während die gewöhnlichen, durch den ganzen malayischen Archipel bis Australien 
und Polynesien vorkommenden Arten auf den sekundären Küstenwald beschränkt bleiben. 

Ich war ganz erstaunt, überall in Wäldern und Feldern Pflanzen zu begegnen, die mir von 
Sumatra her bekannt und geläufig waren. Wenn die Thierwelt und die Eingeborenen nicht gewesen 
wären, hätte man sich ganz gut nach der Ostküste Sumatra's versetzt fühlen können. Dieser malayische 
Character der Neu-Guineaflora ist ja längst bekannt und durch die geographisch-klimatischen Ver- 
hältnisse auch erklärt. 



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— 54 — 

Professor Warburg, dessen äusserst interessanten Arbeiten über die Vegetationsverhältnisse 
von Neu-Guinea ich Vieles des Nachfolgenden entnehme, hat auf Grund seiner eigenen und Dr. Hollrung's 
umfangreichen Sammlungen folgende Aufstellung gemacht:*) 

Von den 753 Allen seiner Sammlung sind 27 % Neu-Guinea eigenthümlich, kommen also 
sonst nirgends vor. Von den übrigen 547 nicht endemischen Arten kommen 96%, nämlich 527 
Arten, auch im malayischen Gebiet und nur 209 = 38 °/ in Australien vor. Mit dem pacifischen 
Gebiet hat Neu-Guinea noch weniger Verwandtschaft, indem es nur 165 Arten (= 30°/ B ) mit dem- 
selben gemeinsam hat, wenn man die Salomonsinseln wegen deren geringer Bekanntheit ausser 
Berücksichtigung lässf. 

Noch deutlicher wird das Verhältniss, wenn wir die Ubiquisten, d. h. die überall durch das ganze 
Gebiet verbreiteten und desshalb nicht characteristischen Arten, 254, ausschliessen. Dann erhalten wir: 

Von den restirenden 293 Arten sind 93 Prozent (273 Arten) mit dem malayischen Archipel 
gemeinsam, dagegen nur 6 Arien, also 2 Prozent, mit Australien, und 3 Prozent (9 Arten) mit 
den paciflschen Inseln. Fünf Arten, also 2 Prozent, sind Neu-Guinea und dem australischen wie 
pacifischen Gebiet gemeinsam, fehlen dagegen im malayischen. 

Schlagender kann wohl kaum die innige Verwandtschaft der Neu -Guineaflora mit der 
malayischen dargethan werden. 

Und die wenigen Arten, die Neu-Guinea mit Australien oder dem pacifischen Gebiet gemeinsam 
hat, gehören fast ausschliesslich Pflanzen von .weitem Verbreitungsgebiet und günstigen Verbreitungs- 
möglichkeiten " an, sind also secundär; die eigentliche primäre, beweisende Waldflora, .das 
conservative Element" dieser Regionen, besitzt fast gar keine gemeinsamen Arten, dagegen eine 
grosse Menge gemeinsamer Gattungen. Das würde also darauf hindeuten, dass die australische und 
Neu Guinea-Flora auf gemeinsamer Grundlage beruhen, dagegen so lange schon von einander ge- 
trennt und ohne wechselseitige Beziehungen gewesen sind, dass sich auf Neu-Guinea neue differente 
Arten haben herausbilden können. Die Beziehungen Neu-Guinea's zu den malayischen Inseln sind 
jüngere und bedeutend intensivere, da eine grosse Menge von Arien und Gattungen des heutigen 
primären Urwaldes von Neu-Guinea mit den malayischen identisch oder eng verwandt ist, so eng, 
dass Warburg gezwungen wird, eine lange Zeit hindurch bestehende Landbrücke anzunehmen, auf 
welcher die malayische Flora herübermarschirte nach Neu-Guinea, das nach Warburg's Annahme 
damals die Südostspitze des asiatischen Gontinents bildete, und der alten ursprünglichen grössten- 
theils den Garaus machte. Wenigstens an der Küste und den anstossenden Ebenen, vielleicht soweit 
das Alluvium und die Korallenkalkzone reicht. Die botanischen Resultate der Lauterbach-Kersting'schen 
Expedition in das Hinterland der Astrolabebai werden in dieser Beziehung voraussichtlich viele Auf- 
schlüsse bringen. 

Aber auch die Verbindung Neu-Guinea's mit den malayischen Inseln ist schon seit so langer 
Zeit gelöst, so dass die dortige Flora Zeit gehabt hat, die empfangenen Keime zu einem grossen 
Theil selbstständig zu modificiren und zu localisiren und zu endemischen Gattungen und Arten 
umzubilden. Neu-Guinea besitzt eine merkwürdige Neigung zu Localvariationen ; das sehen wir hier 
bei den Pflanzen und werden wir später bei der Thierwelt noch weiter bestätigt finden; jeder Ge- 
birgsstock, jedes Thal beinahe entwickelt seine eigenen Formen. Warburg hat das auch gefunden, 
denn er sagt: .Dabei ist die Lokalisirung der Arten sehr merkwürdig; fast alle Pflanzen, die Hellwig 
auf dem Finisterre-Gebirge sammelte, erwiesen sich verschieden von denen der Owen-Stanley-Kette. * 
Und weiter: „Es wechseln die Bestandteile des Waldes in ganz ausserordentlich kurzen Entfernungen, 
so dass oft zwei benachbarte Punkte derartig verschiedene Pflanzen beherbergen, wie es bei uns 
nur bei weit von einander entfernten Gebieten der Fall ist" 

*) „Beitrage zur Kennlniss der papuanischeu Flora". In Engler's botaii. Jahrb. Band XIII 1891 p. 230 ff. 



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— 55 — 

Eine theilweise Erklärung dieser Erscheinung können wir einerseits in der Thatsache der 
Einwanderung selbst und in dem regellosen Aufeinandertreffen der einheimischen mit der fremden 
Flora finden, andrerseits in dem Umstand, dass wir in Kaiser-Wilhelmsland Gebirgsstöcke ganz 
verschiedenen Ursprungs haben, die sich dicht beisammen finden; korall mische Küstenberge, wie der 
Sattelberg, das rein vulkanische Finisterre-Gebirge und das centrale Schiefergebirge. 

Die Neigung zu Lokalvariationeti trug neben der langen Isoltrung hauptsächlich mit dazu 
bei, so viele eigentümliche, sonst nirgends vorkommende Formen zu erzeugen. Denn in Bezug auf 
endemische Pflanzen steht Neu-Guinea von allen Inselgebieten der Erde nur hinter Neu-Kaledonien 
und Madagascar zurück. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass wir von Neu-Guinea erst einen 
Bruchtheil der Pflanzenwelt kennen und am wenigsten gerade aus dem voraussichtlich an Endemismen 
reichsten Berg-Gebieten im Innern. Was wollen für die allergrösste Insel der Erde mit 802848 qkm 
Flächeninhalt, in der üppigen heissen Tropenzone gelegen und von bis über die Schneegrenze 
reichenden Bergketten durchzogen, die ca. 2000 bis jetzt bekannten Pflanzenarten besagen! Hat 
doch das benachbarte, halb sterile Australien nach F. v. Müller 's Gensus allein schon 8839, also 
viermal so viel Arten, wovon nicht weniger als 85 % endemisch ! Madagascar wird wohl von Neu- 
Guinea in Bezug auf endemische Formen selbst nach gründlicher Durchforschung kaum erreicht, Neu- 
Kaledonien aber sicher überflügelt werden, so dass unsere Insel nach Madagascar die an eigentüm- 
lichen Formen reichste sein wird. 

Es ist interessant, an der Hand von Warburg's Aufzählungen die Anzahl der den ver- 
schiedenen grösseren Inseln eigentümlichen Pflanzengattungen zu vergleichen: 

Die grösste Anzahl hat, wie gesagt, Madagascar mit 156 Gattungen; dann kommt Neu- 
Kaledonien mit 70, Neu-Guinea mit 50, Japan mit 48, Borneo mit 42, die Mascarenen mit 36, die 
Sandwichsinseln mit 32, Java mit 27, Neuseeland mit 22, Ceylon mit 21 und Fidji endlich mit 13 
eigenthümlichen Gattungen. 

Engler spricht in seiner Entwiekelungsgeschichte der Pflanzenwelt unter No. 19 seiner .Leitenden 
Ideen' 1 den Satz aus, dass in Ländern von hohem Alter, zu denen Neu-Guinea unzweifelhaft gehört, 
ein reicher Endemismus herrschen muss, namentlich in gebirgigen Gegenden, deren Vegetation seit 
langem nicht durch geologische Ereignisse vollständig vernichtet wurde. Endemische Formen könnten 
aber auch in verhältnissmässig jungen Gebieten unter gewissen Bedingungen reichlich auftreten. Der 
Unterschied zwischen alten und neuen Florengebieten mit reichem Endemismus bestehe gewöhnlich 
darin, dass in den älteren Gebieten die Arienzahl der Gattungen eine geringere, in den neueren die 
Artenzahl einzelner Gattungen gewöhnlich eine sehr grosse ist, wie z. B. in Australien. Denn arten- 
arme oder monotypische Gattungen seien in den meisten Fällen Reste von früher viel reicher ent- 
wickelten Typen, und ihr häufiges Vorkommen in einem Gebiet beweise, dass in demselben frühere 
Verhältnisse längere Zeil fortgedauert haben. 

Die endemischen Gattungen Neu-Guinea's sind nun fast alle monotypisch, d. h. die Gattungen 
umfassen blos eine einzige Art mit sehr wenigen und geringfügigen Ausnahmen. Viele sind über- 
dies noch sogenannte Sammeltypen, d. h. sie vereinigen die Kennzeichen und Merkmale mehrerer 
Gattungen oder gar Familien in sich, stellen also gewissermaassen uralte, zufällig erhalten gebliebene 
Stammformen derselben dar. 

Dies würde nach Engler einerseits das hohe Alter der endemischen Neu-Guineaflora beweisen, 
andrerseits aber auch, dass dort seit langer Zeit keine grossen geologischen Umwälzungen statt- 
gefunden haben. 

Lassen wir nun einmal vorläufig die pflanzengeographischen Erörterungen bei Seite und 
begeben uns auf einen botanischen Spaziergang, um aus eigener Anschauung ein Bild der hier vor- 
kommenden Formen und ihre Vertheüung in die verschiedenen floristischen Zonen zu gewinnen. 



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— 56 — 

Wir" wollen dabei vom Seestrande bei Stefansort an der Astrolabebai ausgehen und uns 
allmählich durchzuschlagen suchen bis zu den höchsten Spitzen des 11000 Fuss hohen Owen-Stanley- 
Gebirges. Freilich werden wir dabei uns nach ein paar zuverlässigen Führern umsehen müssen, wenn 
wir das Schicksal des armen Ehlers nicht theilen wollen; denn, ich wills nur gleich gestehen, ich 
selbst bin nicht sehr hoch hinaufgekommen. Gemocht hätte ich ja freilich — ach, wie gerne! Aber 
die Fessel des Berufs, die Rücksicht auf meine Kranken! Mein höchster Punkt, den ich einmal 
in einem Tagesausflug von Stefansort aus erreichte, war das auf dem Bergrücken zwischen Kabenau- 
und Mintjimfluss etwas über 1000 Fuss hoch gelegene Eingeborenendorf Wjenge. Dort hätte ich 
sicherlich viel Schönes gefunden; aber gerade, als Fauna und Flora sich zu verändern begannen, 
war der Berg und meine disponible Zeit zu Ende. 

Ich habe nun drei ausgezeichnete Führer an der Hand, die höher gekommen sind als ich 
und denen wir uns ruhig anvertrauen dürfen ; freilich ist der eine schon todt und die beiden andern 
weilen nicht mehr in Neu-Guinea; ihre Führung ist, wie unser Spaziergang, nur eine geistige. Diese 
drei sind der mehrgenannte Professor Warburg, der meines Wissens nur etwas über 3000 Fuss 
(auf dem Sattelberg) gekommen ist; ferner der leider früh verstorbene Ür. Hellwig, der mit 
Zöller das Finisterre-Gebirg bis zu 2300 Meter erstiegen hat, und endlich Mac Gregor, der Gouverneur 
von Britisch-Neu-Guinea, der die Owen-Stanleykette mit 11000 Fuss Höhe zweimal unter seine Füsse 
brachte und als Erster den östlichen Theil Neu-Guinea's durchquerte. 

Durch diese Herren wissen wir, wie es in botanischer Hinsicht da oben aussieht und können 
uns an ihrer Hand getrost auf die Wanderschaft begeben. Vorläufig jedoch, in der Küstenebene und 
den Vorbergen, kann ich noch selbst den Führer machen. 

Der Seestrand, aus glänzendweissem Korallensand gebildet, ist durchschnittlich 10 — 20 Sehritte 
breit; auf ihm kriecht fast als einzige Pflanze in dichtem Rasen die an allen Küsten der Tropen- 
länder gemeine Strandwinde, Ipomoea biloba Forsk. Auf dem Slrandbild T. 9 S. 53 ist dieselbe sehr 
gut zu sehen. Dieser glatte, reinliche Strand längs des Meeres, auf dem nur Muscheln, Treibholz 
und bei Stefansort auch die Trümmer der gestrandeten Bark „Norma" der Neu-Guinea-Compagnic 
herumliegen, bildet die schönste natürliche Landstrasse, auf der den ganzen Tag die Eingeborenen 
hin- und herlaufen. Dass ihnen dabei bei einem etwas tieferen Athemzug des Meeres durch eine 
heraufleckende Salzwasserzunge ab und zu die Füsse nass werden, geniert sie sehr wenig. 

Fast bei jedem Schritt jagt man dort einen hübschen violettblauen Schmetterling auf, die 
Lybithea antipoda Boisd., der gerade an diesem feuchlsalzigen Sande seine Freude zu haben scheint. 
Derselbe versteht sich aber so zusammenzuducken und die Unterseite seiner im Sitzen stets zusammenge- 
falteten Flügel ist dem silbergrau glänzenden Sande so ähnlich gefärbt, dass ihn selbst das suchende 
Auge des Sammlers nur schwer entdecken kann. Das an demselben Ort oft mitten unler den Männchen 
herumfliegende Weibchen dieses Schmetterlings ist nicht blau auf der Oberseite, sondern einfarbig 
dunkel mit drei scharfen weissen Flecken auf den Vorderflügeln. Das ist nun nicht etwa eine be- 
sondere Schutzfärbung des Weibchens, die gar keinen Zweck hätte, sondern es ist einfach der Typus 
der Gattung, da die übrigen Arten dieser, nebenbei bemerkt, ausserordentlich weit verbreiteten 
Gattung alle ähnlich dunkel mit weissen oder röthlichgelben Flecken gezeichnet sind und zwar 
sowohl Männchen wie Weibchen. Nur bei der Östlichsten Art, der L. geoffroyi, wozu antipoda 
gehört, und die von den kleinen Sundainseln an bis zum Bismarckarchipel reicht, werden die 
Männchen plötzlich blau und schlagen aus der Art. Warum 'f Ich kann dies nur für eine sogenannte 
Schmuckfarbe in Darwinschem Sinne hallen, ähnlich wie bei den Schillerfaltern oder den Bläulin^en, 
den Lycaeniden. 

Diese Slrandstrasse gestaltet sich stellenweise zu einein äusserst angenehmen schattigen 
Spaziergange, indem grosse, oft mannsdicke Aeste aus dem dicht neben demselben emporstrebenden 



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- 57 — 

Wald heraus sich bald höher, bald so niedrig, dass man gebückt darunter durchschlüpfen muss, 
quer über die ganze Breite desselben hinüberstrecken und sie beschatten. Ganz besonders ein Baum 
ist es, welcher diese liebenswürdige Gepflogenheit hat, nämlich das bekannte Calophyllum inophyllum L., 
welches im ganzen malayischen Archipel verbreitet ist und ein sehr gutes, festes und starkes Bauholz 
liefert. Diese nützliche Eigenschaft gereicht dem braven Baum zum Verderben, denn die Neu- 
Guinea-Compagnie ist oder war wenigstens zur Zeit meiner Anwesenheit sehr dahinter her, Hess 
überall an der ganzen Astrolabebucht die schönsten und dicksten Stamme aufspüren und fallen, um 
das werthvolle Holz nach Europa zu schaffen und zu verkaufen. 

Dasselbe Holz, welches im Urwald an den weltentlegenen Gestaden Neu-Guinea's still und 
friedlich emporwuchs, nur unitönt von dem Gekreische der Papageien und Kakadus, welches keine 
andern Menschen kannte, als die nackten braunen Papua's, mit welcher Verwunderung mag es jetzt 
von den Plafonds der vornehmen Palaste auf das Leben und Treiben des hypercivilisirten europäischen 
Gulturmenschen herabschauen oder von den Wandtäfelungen des Reichstagsgebäudes die Colonial- 
debalten unserer Volksvertreter mit anhören ! 

Mit einigem Erstaunen wird der in Tropenbotanik etwas bewanderte Leser wahrgenommen 
haben, dass ich gar nicht der Strandpflanzen par excellence, der Mangrove-Vegetation erwähnte, die 
doch sonst keiner tropischen Küste mangelt. Sie fehlt auch hier nicht ganz, aber sie ist in ihrem 
Vorkommen sehr reduzirt. So breite, ununterbrochene Rhizophorengürtel freilich, wie z. B. an der 
Ostküäte Sumatra's, haben wir hier nicht, da das Land meistens von der See aus zu stark ansteigt, 
seinen Salzgehalt verliert und darum diesen salzbedürftigen Strandbäumen keine genügenden Existenz- 
bedingungen mehr bietet. Wo aber grössere, flache Küstenstriche vorhanden sind, da fehlen auch 
nicht die Mangle-Bäume der Gattungen Bhizophora und Bruguiera. 

Bei Stefansort und überhaupt an der Astrolabebai sind sie selten und in einiger Ausdehnung 
nur an den vielverschlungenen Einbuchtungen des Friedrich-Wilhelmshafens vorhanden. Das ist ein 
wirtschaftlicher Mangel, denn die Bhizophoren sind sehr nützliche Bäume, welche neben andern 
Producten hauptsächlich ein gutes, fast unverwüstliches Bauholz abgeben. 

An ihrer Stelle tritt der gewöhnliche tropische Wald an die See heran, unter dessen äusserslen 
Vorposten sich zahlreiche malerisch gewundene Pandaneen befinden, von denen der bekannte Schrauben- 
baum (Pandanus odoratissimus), dessen Abbildung ich nebenstehend gebe, am interessantesten und 
merkwüdigsten ist. 

Wir verlassen nun den Strand und treten in den Wald ein. Es ist kein Hoch- oder Urwald im 
vollen Sinne des Wortes, obwohl sich genug altehrwürdige Baumriesen, bedeckt mit Epiphyten, darin 
befinden. Das Gros jedoch, die Hauptmasse, besteht einige Kilometer weit in das Land hinein 
aus halbwüchsigem Jungholz und aus Bäumen, deren Verzweigung schon ziemlich dicht über dem 
Boden beginnt,, welche desswegen im Hochwald, wo Alles in die Hohe strebt, ihre Existenzbe- 
dingungen nicht mehr finden würden. Hier ist nämlich das Terrain, wo die Eingeborenen, die Papua's, 
ihre Plantagen anlegen. Nur ganz alte, umfangreiche, hartholzige Bäume haben der Steinaxt und 
dem Feuer widerstanden. 

Diese Küstenwälder zeichnen sich dadurch aus, dass sie ungemein viel Strauchwerk und 
Unterholz besitzen und der Boden mit gras- und krautartigen Pflanzen fast bedeckt ist. Hier offen- 
bart sich das üppige Wachsthum der Tropen am meisten. 

Auf denjenigen, welcher einen solchen Wald zum erstenmal sieht, macht diese Ueberfülle 
an Formen und Gestalten einen überwältigenden Eindruck, und ich selbst, der ich doch bereits 
fünfzehn Jahre lang fast alltäglich darin umherlief, ich musste immer und immer wieder stille stelin 
und, bewundern und staunen. Das nebenstehende hübsche Bild, welches eine Parthie des Waldes bei 



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— 58 — 

der Pflanzung Erima an der Astrolabe- Bucht vorstellt, wird besser als Worte es vermögen dem 
Leser eine Vorstellung des Tropenwaldes ermöglichen. 

Wo nur ein Plätzchen ist auf dem Boden, das Licht und Luft gewährt, da drängen sich 
Blätter und Halme in üppiger Fülle, und wenn sie auf dem Boden nicht mehr Platz haben, so 
machen sie sich auf die Beine und klettern und laufen in die Bäume hinauf, sie umhüllen die Rinde, 
sie sitzen in jeder Astgabel, sie schmarotzen auf allen Zweigen und hängen dann wieder aus den 
Baumkronen herab in lausenden von Fäden und Stricken, an denen sich dann oft das merkwürdige 
Farnkraut Asplenium nidus avis aufhangt und wie ein riesiger Kronleuchter in der dämmernden 
Höhe da oben frei hin und ber schaukelt. 

Diese Wälder sind der Boden und der Haupt-Schauplatz, wo die animalische Welt Neu- 
Guinea's ihren in so vieler Beziehung und vor allen andern Faunen der Erde merkwürdigen Kampf 
ums Dasein kämpft. 

Meine Reisegenossen werden es mir wohl Dank wissen, wenn ich sie mit der Aufzählung 
all' der Hunderte von lateinischen Gattungs- und Speziesnamen verschone, um so. mehr, als ich selbst 
ein Dilettant in der Botanik bin und die gelehrten Namen doch nur bei Warburg oder Schumann- 
Hollrung entleihen müsste. Ganz kann ich sie freilich nicht davon dispensiren; ein paar müssen sie 
sich gefallen lassen, schon der Ordnung wegen. 

Das Gerippe, die Knochen sozusagen dieser Küstenwälder, bilden Bäume, die zum aller- 
grössten Theil dem indomalayischen Formenkreis angehören. Der' Löwenantheil darunter fällt, wie 
überall in dieser Zone der östlichen Tropen, den Ficus-Arlen, den Feigenbäumen, zu, von denen 
Neu-Guinea wohl über ein halbes hundert Arten beherbergt. Sie dominiren nicht nur durch ihre 
Artenzahl, sondern auch durch den eigenartigen Anblick, den die meisten von ihnen gewähren. 
Auge und Fuss werden zunächst gefesselt durch einen grossen, hierher gehörigen Baum, der, wie 
auf dem Bild so schön ersichtlich, Unmassen von Luftwurzeln, oft nur zwirnsfadendünn, oft daumen- 
dick oder noch stärker aus einer Höhe von nahezu hundert Fuss herabsendet zum Boden, so dass 
wir beim Weiterschreiten uns erst mit dem Hackmesser Bahn schaffen müssen. Sein Stamm ist 
merkwürdig gestaltet. Er sieht aus, als ob man ein Dutzend kleinerer, arm- bis schenkeldicker 
Stämme, die nahe bei einander selbständig in der Erde wurzeln, etwa in Mannshöhe über dem Boden 
mit einer Riesenfaust gepackt und zu einem einzigen, in den aberteuerlichsten und bizarrsten Formen 
gewundenen Stamm zusammengedreht hätte. Nach oben fahren dann diese gewaltsam zusammen- 
geschweissten Stämme bald wieder auseinander in eine Krone von grossen, sehr langen und weit- 
reichenden sperrigen Aesten, die ihrerseits wieder die obenerwähnten Luftwurzeln zur Erde herabsenden. 
In den zahllosen Lüchern, Spalten und Rissen dieses wunderlichen Sammelstammes haben sich ganze 
Colonieen von Schmarotzerpflanzen angesiedelt. Stundenlang könnte man unter einem solchen Wald- 
wunder stehen und hinaufstarren in die weitläufige Krone, dass Einem das Genick weh thut, und 
immer wird man wieder etwas Neues an Epiphyten da oben in diesem hängenden botanischen Garten 
entdecken, sehr häufig allerdings nur mit dem Fernglas. 

Die Feigenbäume gehören als Unterabtheilung in die grosse Familie der Moraceen, der maul- 
beerartigen Gewächse, die ebenfalls zu der Baumwelt dieser Küstenwälder ein sehr grosses Contingent 
stellen, 11 bis 12 Gattungen, worunter nicht weniger als 4 endemische, eine Zahl, die meines Wissens 
keine andere Pflanzenfamilie Neu-Guinea's bis jetzt erreicht hat. Diese Gattungen sind alle mono- 
typisch und die meisten derselben stellen zugleich Sammeltypen verschiedener Gruppen dar. 
Man mag daraus auf das hohe Alter dieser Pflanzenform auf unserer Insel schliessen. 

Zu den Moraceen gehören auch die Artocarpeen, denen der wichtige, aber von den Papua's 
wenig beachtete Brodfruchtbaum angehört, wie überhaupt diese Familie eine Menge nützlicher Bäume 
enthält. Sie liefert z. B. dem Papua den Stoff zu seinem einzigen Kleidungsstück, dem Rindengürtel 



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Taf. 12. Der Urwald. 



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— 59 — 

und hat eine ganze Anzahl von Gummi- und Kautschuk -produzirenden Bäumen, auf welche der ver- 
storbene Karnbach grosse Hoffnungen setzte. Er hatte etwa 24 — 80 Arten von Proben gesammelt 
und nach Europa zur Begutachtung gesandt; ob gerade alle aus dieser Familie, weiss ich nicht, da 
er die Sache sehr geheimnissvoll betrieb und nicht gern über seine diesbezüglichen Entdeckungen 
sprach; ich habe nur die Proben gesehen. Wie mir neulich Professor Schumann, neben Warburg 
der beste deutsche Kenner der Neu-Guineaflora, mittheilte, haben dieselben jedoch keinen grossen 
Handelswerth ; auch scheint es sich nicht bewahrheitet zu haben, dass Karnbach, wie er mir kurz 
vor meiner Abreise erzählte, den ächten Guttapercha-Baum dort entdeckte. Werthvolle Harze und 
Gummi-Arten hat also Kaiser-Wilhelmsland bis jetzt noch nicht geliefert, doch ist es nicht aus- 
geschlossen, dass dies noch in Zukunft geschieht. 

Da, wo der Wald dünn und jung genug ist, um der Sonne Zutritt zu gestatten, stösst unser 
Fuss häufig an einen harten, sperrigen Strauch mit etwas gelappten, manchmal auch ganzrandigen 
Blättern, welche so hart und rauh sind, dass man sie wie Schmirgelpapier zum Glätten und Poliren 
benutzen kann. Trotzdem dienen dieselben, beiläufig gesagt, zwei Schmetterlingsraupen zur Nahrung, 
nämlich der einer Euplöa (E. swierslrae) und derjenigen von Cyrestis acilia. Die gar nicht grossen und 
ziemlich zarten Raupen müssen jedenfalls viel robustere und härtere Fresswerkzeuge haben als alle 
die andern, welche bekanntlich in diesem Punkt sehr empfindlich sind; sie halten sich freilich ja 
meist an die jungen Triebe, verschmähen aber auch, wie ich selbst gesehen habe, die älteren 
nicht. Diese Pflanze, welche ich schon von Sumatra her unter dem Namen daon ampelas kannte, 
gehört ebenfalls zu den Feigen und wird wohl F. ampelas oder politoria sein. 

Da uns der Kopf und Nacken noch weh thut von dem langen Hinaufstarren in die Krone 
des Feigenbaumes, so wollen wir jetzt zur Erholung einmal den Blick auf dem Boden haften lassen, 
der uns wahrlich ebenfalls des Merkwürdigen genug bietet. Das Hauptgewächs ist eine blaugrün 
schimmernde Selaginella. An den helleren, von der Sonne getroffenen Stellen entwickeln sich Un- 
mengen verschiedener, auch kletternder, Gräser, untermischt mit Papilionaceen etc. Nirgends, selbst 
nicht auf Sumatra in dessen üppigsten Thcilen, den Oberländern von Palembang, habe ich die Farne 
und Aroideengewächse zu solcher Riesenhaftigkeit heranwachsen sehen, wie hier in diesen Wäldern 
der Küstenebene an der Astrolabebai. Eine gigantische Cotocasia z. B. entfaltet hier Blätter, dass 
wir sie kaum mit den Armen erklärtem können. Araceen und die schönblätterigen Maranthaceen, 
sowie Zingiberaceen wuchern hier in Menge auf dem Boden, Philodendren, feinblättrige Freycinetien 
ranken sich malerisch mit allen möglichen Lianen um die Wette an den von grandiosen Platycerien 
umklammerten Bäumen hinauf und Piperaceen und Pothos klexen sich so dicht und fest an die 
Rinde derselben, dass man sie nur mit dem Messer davon losschneiden kann. Jüngere, dünnere 
Stämme sind oft ihrer ganzen Länge nach von ihnen so dicht eingehüllt, dass von der Rinde auch 
kein zollgrosses Stückchen zu sehen bleibt. Man betrachte nur z. B. den Baum rechts im Vorder- 
grunde des Waldbildes. 

Blumen und hübsche Blülhen sieht man verhältnissmässig nur wenige. Die schönste und 
zugleich wohlriechendste ist unstreitig die von Schumann aus Finschhafen beschriebene Gardenia 
hansemanni mit weissen, später orangefarbenen Blüthen, dann eine andere hübsche Rubiacee, Randia 
speciosa Schumann, eine ziegelrothe Ixora, eine hübsche weissgefiederte Eugenia u. s. w. u. s. w. 

Die bekannte Erythrina indica, ein von Ostindien an bis nach Australien hin häufiger Baum, 
hüllt seine Krone von Zeit zu Zeit in eine leuchtend scharlachfarbene Decke. Wie unsere Obstbäume 
zur Frühlingszeit in schneeigem Weiss, so erprangt dieser Baum im feurigsten Roth. Das giebt auf 
dem dunkelgrünen Hintergrund des Waldes einen prächtigen Farbeneffekt; wenn mehrere solcher 
Bäume beisammen stehen, sieht es aus, als brenne der Wald in feuriger Lohe. 



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— 60 — 

Eine andere grosse Blüthe gehört einer Liane, einer Schlingpflanze aus der Gattung Mucuna 
an, welche sich mit blätterlosen, armdicken Strängen bis in die höchsten Kronen hinaufwindet. 
Alle diese Stränge umhüllen sich zur Blülhezeit dicht mit brennend scharlachfarbenen grossen 
Schmetterlingsblülhen , so dass es den Eindruck erweckt, als sei der ganze grosse dunkelgrüne 
Wald mit dicken rolhen Stricken die Kreuz und Quer durchflochten. Zu demselben Geschlecht 
gehört ein anderes bohnenartig rankendes Schlinggewächs, welches dicke, grosse Trauben dunkel- 
violetter Blülhen trägt, die einen hübschen Anblick gewähren und ebenso wie die vorige Art 
vielleicht eine sehr willkommene Bereicherung unserer Gewächshäuser bilden würden. Das ist die 
auch auf Sumatra vorkommende gefürchtete Mucuna pruriens DG. Gerürchtet ist sie nämlich wegen 
des entsetzlichen Brennens und Juckens, das ihre mit einem dichten weisslichen Filz von Brenn- 
haaren überzogenen Fruchtschoten beim Anfassen verursachen, wie ich am eigenen Leibe erfahren 
habe. Ich hatte in Sumatra, von Malayen auf diese Teufelsbohne aufmerksam gemacht, eine 
Schote nur flüchtig zwischen die Fingerspitzen genommen, bis ich das kitzelnde Jucken verspürte. 
Nach ganz kurzer Zeit verbreitete sich dasselbe auf Arme, Nacken und den ganzen Oberleib in 
einer unerträglichen Heftigkeit. Ich hätte zehn Hände haben mögen, nur um mich überall zugleich 
kratzen zu können. Und je heftiger meine Bewegungen wurden, deslo rascher verbreiteten sich die 
Brennhaare auf meinem Körper, desto grässlicher ward das Jucken, das stundenlang anhielt. Die 
Malayen behaupten, Wildschweine oder Rhinozerosse, deren gewiss nicht allzu zarte Haut mit der 
Bohne in Berührung gekommen ist, wälzten sich wie närrisch auf dem Boden herum. Karbauen- 
büffel sollen davon wüthend werden. 

Ich will hier gleich noch eines bösen Gesellen gedenken, bei dessen Erinnerung mein Herz 
jetzt noch in Wuth und Grimm entbrennt. Das ist nämlich eine Brennessel, aber eine solche, die 
sich zu unserer europäischen verhält, wie etwa ein Neufundländer zum Schoosshündchen. Sie gleicht 
dem sumatranischen daon tjelatan, das ebenfalls nicht übel brennt, hat aber stärker gezackte und 
mehr gelblich gefärbte Blätter. Es ist wahrscheinlich eine Laportea-Spezies, vielleicht die von Warburg 
L. armata — ach mit wie grossem Recht! — genannte Art, die mit der berüchtigten australischen 
L. gigas und der malayischen L. Stimulans verwandt ist. Mit den Blättern der letztern soll man auf 
Java Menschen zu Tode streicheln können, wie Perelaer in seinem Opiumroman Babu dalima so 
drastisch erzählt. Die Neu-Guinea-Brennessel sticht durch die Kleider hindurch und zwar so heftig, 
als würden glühende Nadeln zolltief in's Fleisch gebohrt. 

Ich bin einst auf der Jagd tief drinnen im Wald unvorsichtigerweise in ein solches Brennessel- 
feld hineingerät hen. Ich verfolgte mit den Augen einen Königs-Paradiesvogel hoch oben in den 
Zweigen und wand mich durch die Büsche, ohne viel auf den Boden, wohin mein Fuss trat, zu achten. 
Plötzlich stand ich bis an die Achseln in den Nesseln und die fielen trotz meiner Kleider sofort 
über mich her und bohrten mir händevollweise ihre glühenden Malefizstachcln in die Haut, so dass 
ich vor Schmerz aufschrie. Ich machte Sprünge wie ein Känguru, um wieder aus diesem Unglückskraut 
herauszukommen. Mein armer Papuajunge, der Nichts anhatte als seinen Rindengürtel und ebenfalls 
mit den Augen fortwährend in den Baumkronen hing, der heulte und schrie und wälzte sich vor 
Schmerz auf dem Boden. Seine Haut schwoll sofort dick auf und wir hinkten dann beide schimpfend 
und stöhnend nach Hause. Acht Tage lang habe ich den Schmerz gefühlt. 

Damit sind aber auch so ziemlich die Missethäter unler den Pflanzen erschöpft. Von 
Stacheln und Stachelgewächsen ist nicht viel im Neu-Guineawald zu verspüren. Sogar der Rottan, 
dieser nützliche, aber gefürchlete Dornträger der malayischen Wälder, dessen engverschlungene 
Dickichte für Mensch und Thier, das Rhinoceros ausgenommen, undurchdringlich sind, kommt hier 
nicht besonders häufig vor. Nur einige Palmen sind am Kusse ihres Stammes mit langen bös- 
artigen Stacheln, andere mit solchen an den Blattstielen und -scheiden besetzt. 



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— 61 — 

Neu-Guinea ist eines der palmenreichsten Lander der Erde, Amerika nicht ausgenommen. 
Es hat eine ganze Menge eigener Arten, selbst Gattungen, ein Beweis, dass diese Familie ebenfalls 
ein uralter einheimischer Bestandteil der Neu-Guineaflora ist. In Bezug auf Palmen dürfen wir 
noch viel Neues von dort erwarten. Aber dieselben sind zerstreut und vereinzelt in den grossen 
dichten Wald eingesprengt, so dass sie nicht recht zur Geltung gelangen. Sie müssen förmlich auf- 
gesucht werden. In grösseren Beständen, die man füglich Wald, oder sagen wir bescheidener: Hain 
nennen könnte, treten nur fünf Arten auf und dies sind mit einer Ausnahme lauter allbekannte, 
geschonte, theilweise sogar angebaute Nutzpflanzen, nämlich die Kokospalme, die sogenannte „Betel*- 
palme, die Sagopalme und der Schmutzfink Nipa frutlcans, die Nipapalme, welche nur da gedeiht, 
wo der Schlamm am dicksten. Die Ausnahme betrifft eine wilde Areka, die den Eingeborenen das 
Holz für ihre Speere und Bogen liefert und darum ebenfalls hoch geschätzt wird. Sie bildet auf 
dem Weg, den wir nehmen, zwischen Gonstantinhafen und Stefansort einen richtigen Wald. Das 
ist jedoch kein lustiger, grüner Wald, und wer da glaubt, er hätte ein Bild vor sieb, wie etwa im 
Palmenhaus des Frankfurter Palmengartens, der irrt sich ganz gewaltig. Der Arekawald macht auf 
den aus dem sonniggrünen lichten Küstenwald plötzlich hier herein tretenden Wanderer einen 
todten, starren, öden Eindruck. Einförmig grau oder braun wie Säulen ragen die nackten Stämme 
neben einander in die Luft, die grossen, abgestorbenen, bizarr geformten einfarbig braunen Blätter 
bedecken modernd den kahlen Boden, auf dem kein anderer Pflanzenwuchs gedeihen kann; Alles todt, 
starr, vorweltlich. Man fühlt da so recht, wie eigentlich die Palmen nur noch als Ueberreste einer 
längstvergangenen Erd- und Pflanzenperiode in unsere heutigen Dikotyledonenwälder hereinragen. Es 
ist in dieser Hinsicht für die Geschichte unserer Insel recht bezeichnend, dass dieselbe so viele 
Formen aus dieser uralten Familie bewahrt und ausgebildet hat. 

Ich will schliesslich nicht verfehlen, darauf hinzuweisen, dass Dr. Hollrung aus der Verbreitung 
von Cocos nueifera eine ganz interessante geologische Schlussfolgerung zieht, indem er von der 
Annahme ausgeht, dass die Kokosnuss zu ihrer Verbreitung des Wassers bedürfe (selbstverständlich 
insoweit sie nicht durch den Menschen verschleppt wird). Finden wir nun, wie z. B. am Augusta- 
fluss im Innern der Insel weitab vom Meere, noch grössere natürliche Bestände dieser Palme, so 
dürfen wir annehmen, dass das Meer einstens bis hierher reichte und die Küste nachträglich gehoben 
oder angeschwemmt wurde. Und die ganz auffallende Armuth der Berge scheint eben ein Beweis 
dafür zu sein, dass jene entweder vor der seiner Zeit staltgehabten Hebung niemals bis an den 
Meeresspiegel herangereicht, also niemals die Küste gebildet haben, oder dass vor der Hebung 
entweder keine Meeresströmungen die Nordostküste von Neu-Guinea berührten, oder nur solche, die 
aus einer cocosnussfreien Gegend herkamen. 

Wir haben nunmehr, unter sehr häufiger Zuhilfenahme des Hackmessers und unserer Arme, 
um uns aus den tausenderlei Verstrickungen und Verschlingungen der Lianen und andern Schling- 
pflanzen, meist Papilionaceen und Ipomoeen, zu befreien, den von Warburg und Hollrung sogenannten 
seeundären Küstenwald durchmessen, und treten aus seinen theils träumerisch-dunkeln, theils sonnen- 
durchflutheten lichten und kühlen Hallen heraus. 

Eine Wiese empfängt uns; aber eine Wiese, die aus einem dichten Gewirr starrer, harter, 
5 — 6 Fuss hoher Gräser besteht, so dicht, dass man sich fast der ganzen Länge nach auf sie werfen 
kann, ohne zu Boden zu sinken, und mit so messerscharfen Rändern und Spitzen, dass sie Einem 
im Vorbeigehen oft die Hände blutig schneiden, oder die gerade in Kopfhöhe befindlichen nadel- 
scharfen Spitzen in die Augen bohren. Der grösste Theil der unter den farbigen Arbeitern so 
häufigen Hornhautgesehwüre ist dieser Ursache zuzuschreiben. Als vorsichtige Leute gehen wir 
durch diese Savane nur mit vorgehaltenem Arm und blinzelndem Auge; das Wandeln auf der 
grünen Wiese ist hier wirklich keine Lust. 



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— 62 - 

Das Gras, welches dieses Zerrbild einer Wiese uns vorzutäuschen sich erlaubt, ist die all- 
überall in den östlichen Tropen unter dem Namen Alang oder Lalang übergenug bekannte Imperata 
arundinacea, welche nur da aufschiesst, wo altes Cutturland sich selbst wieder überlassen wird. 
Lalangsavanen deuten also stets auf frühere Wohn- oder Pflanzstätten. 

In diesen Graswüsten, die aber auf Neu-Guinea kaum je eine solche Ausdehnung annehmen, 
wie auf Sumatra, brennt die Sonne mit unbarmherziger Gluth hernieder, dörrt den Boden aus und 
macht ihn im Verein mit dem ungeheuer dichten Wurzeigefilz des Lalanggrases total ungeeignet für 
die Entwicklung anderer Pflanzen. Damit ist aber durchaus nicht gesagt, dass der Boden selbst 
unfruchtbar oder minderwcrthjg sei, sobald einmal das ungemein zähe Lalanggras ausgerottet ist; im 
Gegentheil, zu meiner Zeit gab es in Deli Pflanzer, welche Lalangboden nicht bloss dem Waldboden 
gleichwertig erachteten, sondern theilweise sogar noch über ihn stellten, je nachdem sie einen 
schweren dunkeln oder leichten hellen Tabak produciren wollten. 

Blumen sucht man auf diesen Wiesen vergebens; höchstens, dass man ab und zu ein paar 
Akazien- oder Glerodendronsträucher antrifft; dagegen wächst hier, speziell zwischen Gonslantinhafen 
und Stefansort, in diesen Savanen, namentlich da, wo sie beginnen, die ersten Vorhügel hinan- 
zuklimmen, eine Cycas, ziemlich häufig, aber zerstreut. Ihre Stämme sah ich hier nur bis zu 4 Fuss 
Höhe; am Strande von Bogadjim unweit des Missionshauses steht jedoch eine kleine Cycasgruppe mit 
Stämmen von mindestens 80 Fuss Höhe. Ebendort findet sich auch, beiläufig bemerkt, neben der 
Coix lacryma Jobi, deren Samenkerne von den Eingeborenen sehr vielfach zu Schmuck verwendet 
werden, die allbekannte Ganna indica verwildert; sie trägt aber hier ausschliesslich goldgelbe Blüthen, 
während ich sie sonst auf Sumatra und Java nur mit scharlachrothen gesehen habe. 

Die Kronen der Cycas dienen bei Stefansort einem von den Aru-Inseln bekannten, von 
mir jedoch auch auf der Gazellehalbinsel Neu-Pommern's gefundenen hübschen kleinen Schmetterling 
zum ausschliesslichen Aufenthalt, der Lycaena arruana Feld, deren Raupe in den Blüthenständen 
oder den wolligen Herzblättern der Cycaskronen zu leben scheint. Man wird selten oder nie diesen 
Schmetterling an der Astrolabebucht anderswo treffen als in diesen Cycas - durchsetzten Savanen, 
aber auch umgekehrt selten eine Cycas ohne ihre kleinen blaugeflügelten Freunde. Ob ich die 
Exemplare von Herbertshöhe bei dein dortigen auf der Höhe im Lalang gelegenen Stationsvorsteherhause 
ebenfalls an oder in der Nähe von Gycadeen fing, weiss ich nicht mehr genau, vermuthe es aber. 

Wir nähern uns nunmehr dem Urwald, dessen dunkle, kühlschattige Hallen uns armen, in 
der Glühhitze der Lalangsavane halb gebratenen Wanderern verlockend entgegenwinken. Wir fühlen 
sofort, dass wir hier in eine ganz andere Region eingetreten sind. Das fröhlich - lustige Gewimmel 
all der Legionen von Blättern und Halmen und Ranken und Stricken, mit dem uns der Küstenwald 
umschlang und festzuhalten suchte, ist hier verschwunden. Hier laufen keine Pfeffer- und Polhos- 
und Aroideensträuche die Bäume hinauf, keine elegante Freycinetie nickt uns zu; braun und kahl 
streben die Stämme aus dem braunen Boden heraus empor, und nur gering ist das Unterholz da- 
zwischen; unser Fuss schreitet fast widerstandslos auf dem braunen weichen Teppich vermoderten 
Laubes dahin. Dicke, feuchte Moderluft herrscht hier in dem dämmerigen Halbdunkel, denn ein 
dichtes schweres Laubdach breitet sich hoch über uns aus, so hoch, dass unser Auge kaum Details 
erkennen kann; ob die Bäume da oben blühen oder Früchte tragen, man sieht es nicht, sondern 
merkt es höchstens an den herabgefallenen Spuren auf dem Boden. Ein Sonnenstrahl dringt nur 
selten herein; nur wenn einer der Bäume altersschwach, oder von einem Schmarotzer erdrosselt 
niedergebroclien ist und verwesend am Boden liegt, da huschen durch die entstandene Lücke ein 
Stückchen blauen Himmels und blendendgrelle Sonnenstrahlen herein, und die Schmarotzerpflanzen, 
welche der gestürzte Baumriese in seiner Krone beherbergte, schmarotzen auf der Leiche am Boden 
ruhig und üppig weiter, bis auch ihr Stündlein schlägt und sie, nachdem sich die Lücke oben in 



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— 63 — 

der grünen Decke langsam wieder geschlossen hat, abgesperrt von Licht und Luft elendiglich ersticken. 
Unter diesen Epiphyten bemerken wir, wenn wir Glück haben, eine Menge prficlitigblühender 
Orchideen; denn Neu-Guinea ist ausserordentlich reich an diesen wunderbarsten aller Blumen; im 
Östlichen Theil der Insel sind über hundert Arten bereits bekannt .geworden, wovon etwa die Hälfte 
neu war, theilweise zu den prächtigst blühenden Familien gehörig; Herr Michulicz, der bekannte 
Orchideenjäger, wird hier Freude gehabt haben an seiner Ausbeute. Der Urwald aber, in dem 
wir uns eben befinden, ist noch nicht das orchideenreichste Gebiet; die eigentliche Heimatli dieser 
Blumenfürsten scheint, wie auf Sumatra, erst der höhere Bergwald von 1000 — 2000 Fuss ab zu 
sein; je tiefer und näher dem Meere, desto spärlicher werden sie; in dem Küstenwald, den wir 
vorhin durchschritten, habe ich trotz aller Mühe noch keine 6, überdies noch unscheinbare Arten gesehen ; 
ich gebe zu, dass dies jedoch möglicherweise ganz spezielles Pech meinerseits gewesen sein mag. 

Im Weitermarschiren müssen wir öfters über die auf dem Boden sich bis zum nächsten 
grosseren Stamm dahinwindenden, faust- bis schenkeldicken Stämme mächtiger Lianen hinübersteigen, 
die blattlos und kahl, in unheimlich-bizarren Krümmungen wie grosse Riesenschlangen hinauf- 
klettern in das Laubdach, um ebenfalls ihr Theil da oben an Licht und Luft zu erhaschen. 

Licht und Luft, das ist die Parole im Urwald. Alles strebt empor. Alle Samen, alle 
Keimlinge müssen trachten, so bald als möglich in die Höhe zu schiessen, um ihre Krone hindurch- 
zudrängen zu dem goldnen Lebensstrom der Sonne; was nicht kräftig oder rasch genug isl, das 
siecht im Halbdunkel bleichsüchtig dahin und geht im Moder bald zu Grunde. Finger-- bis daumen- 
dicke Stammchen sind sclion 20—25 Fuss hoch, elend, mager, kaum ein paar Blätter an der Krone 
zeigend, so ausschliesslich wird alle Kraft auf das Langenwachsthum verwandt; sie stehen nur 
aufrecht, weil sie von ihren Nebenbrüdern gehalten werden ; hier lernt sichs begreifen, wie das 
struggle of life aus einem ursprünglich stolzen, gradstämmigen, selbständigen Baum einen kriechenden 
sich windenden Schmarotzer zu wege bringt. Bitte, bitte, hilf mir, halte mich, nur ein kleines, be- 
scheidenes Plätzchen gönne mir, dass ich auch einen Sonnenstrahl erhaschen kann, fleht das 
magere, lange, schwindsüchtige Ding zu seinem dicken, grossen, umfangreichen Nachbar, der oben 
im Sonnenlicht bereits seit langem schwelgt und zehnmal mehr Platz einnimmt, als er zum Dasein 
nöthig hat. Doch der will nichts davon wissen: Selber essen macht fett, und dann mag ja auch 
schliesslich selbst ein Baum nicht gerne seinen eignen Mörder grossziehen — er kennt das, er war 
ja selbst einmal so ein junger rücksichtsloser Streber. Und darum sucht er im Besitz der Kraft 
und Macht Alles um sich her erbarmungslos zu ersticken und zu erdrücken. Hunderte fallen ihm 
zum Opfer. Aber das elende, unscheinbare Ding zwischen seinen Füssen, gerade das unbedeutendste 
von allen, das er nie sonderlich beachtet, hat sich mit Zähigkeit und Ausdauer zu behaupten 
gewusst; zuerst, als es noch klein und schwach war, mit Kriechen und Ducken und Schmeicheln, 
dann aber, sobald es sich stark genug fühlte, mit brutaler Rücksichtslosigkeit sich zwischen seinen 
Aesten durchdrängend. Ein erbitterter Kampf bricht nun aus, aber der junge Streber hat frische, 
im Emporringen gestählte Kräfte, die des andern sind im Genuas verweichlicht. Es dauert nicht 
lange, so ist der arme, dicke Alte niedergedrängt und vernichtet. Wenn er nun eine schwachmüthige, 
minderwerthige Natur war, so jammert er im Niederstürzen über die Undankbarkeit der Welt und 
die Schlechtigkeit der — Bäume; ist es aber ein Gharacter, ein Baum -Philosoph, so sagt er sich: 
Geschieht mir recht; ich hab's ja seinerzeit auch nicht anders gemacht! Und mit ihm stürzt das 
ganze Heer der Epiphyten, der Sclunarotzer, die in seiner Krone wucherten — jener merkwürdigen 
Geschöpfe, die vollkommen darauf verzichten, ein selbständiges, unabhängiges Individuum zu sein, 
die nichts Anderes sein wollen, als Schmarotzer — sofern sie nicht so schlau waren, bei Zeiten auf 
den neuen, emporstrebenden, vielversprechenderen Baum überzusiedeln. 

Das ist der Kampf ums Dasein in — den Urwäldern von Neu-Guinea, 



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_ C4 — 

Wenn ich schon beim Küstenwald nicht im Stande war, die Völker und Namen aufzuzählen, 
so kann ich das hier beim hohen Urwald erst recht nicht. Selbst Fachbotaniker wie Hollrung 
schrecken davor zurück. Und Warburg sagt in seinem Vortrag in der Gesellschaft für Erdkunde in 
Berlin sehr treffend, „dass der wirkliche Urwald eine so ausserordentlich schwer fassbare oder dar- 
stellbare Masse ausmacht, dass es ein ganz hoffnungsloses Beginnen ist, einem grösseren, nicht fach- 
männischen Publikum das Wesen des betreffenden Urwaldes in kurzen Strichen zu zeichnen." 

Als unser Herrgott den tropischen Urwald erschuf, da nahm er die Samen von tausend 
verschiedenen Bäumen, schüttelte sie in seiner Hand durcheinander und streute sie aus, kunterbunt, 
wie sie fielen. Und da stehen sie nun durcheinander wie Kraut und Rüben; kein Baum fast gleicht 
dem andern, und wer ein bestimmtes Exemplar gefunden hat, mag oft lange nach dem zweiten 
suchen. Es ist der Masse zuviel und in der Hauptsache auch noch zu wenig bekannt. Von den 
Bäumen der Küstenwälder ist es schon nicht immer leicht, blühende Zweige zu erlangen. Wie 
sollte man nun im hohen, glatten Urwald dazu kommen? Man müsste zu diesem Zweck beinahe 
jeden einzelnen Baumriesen fällen, und, da man es meist von unten gar nicht sehen kann, wäre 
man noch nicht einmal sicher, dass der betreffende Baum auch wirklich in Elüthe ist. Auf lange 
Jahrzehnte hinaus werden diese Wälder noch für den Botaniker eine unerschöpfliche Fundgrube 
bleiben. Malayische Formen herrschen ja auch in ihnen noch vor, aber nur im Familien- oder 
Gruppenverband, dagegen macht sich in den Gattungen und noch viel mehr in den Arten ein über- 
reicher Endemismus bemerkbar, der die mit den Nachbarländern gemeinschaftlich oder direct von 
ihnen empfangenen Keime zu selbständigen Formen ausgebildet oder aber auch umgekehrt intact 
bewahrt hat, während sie sich etwa im Nachbarland zu eigenen Formen ummodelten. 

Es ist merkwürdig, wie ein gutes Bild Schule macht. -Um die Ueppigkeit und Ausdehnung 
der Wälder auf Sumatra recht anschaulich darzustellen, hat Junghuhn seinerzeit gesagt, ein Affe 
könne, von Zweig zu Zweig springend, vom Südende der Insel bis zum Nordende gelangen, ohne 
den Erdboden berühren zu müssen. Seitdem — es war anno 1847 — muss der arme Affe in jeder 
neuen Beschreibung Sumatra's diesen Spaziergang wiederholen. Nicht genug damit, lässt Wallace 
auf Borneo später den Orang-Utan dasselbe Experiment machen. Warburg wollte es auch auf 
Neu-Guinea anwenden, gerieth aber etwas in die Klemme, da es dort keine Affen und Orang-Utans 
giebt. Darum presste er, grausam genug, das viel langsamere und schwerfälligere Baumkänguru zu 
dieser Reise, und siehe da, nachdem es dann und wann etwas ins Gedränge gekommen ist, gelingt 
es auch ihm, wenn es gewissenhaft die vorgeschriebene Reiseroute innehält Mit andern Worten: 
Der primäre Urwald überzieht die ganze Insel in ununterbrochener Masse; er steigt an manchen 
Stellen, wo er nicht durch den eingewanderten secundären Küstenwald oder die Latangsavanen zurück- 
gedrängt wird, herab bis direct an die See, und geht andrerseits hoch hinauf in die Gebirge bis zu 
jener Grenze, wo die alpine Vegetation beginnt, das ist in etwa 3600 m Höhe. 

Diese bedeutenden Höhendifferenzen haben natürlich auf die Zusammensetzung des Urwaldes einen 
gewaltigen Einfluss ; der Urwald der Tiefebene sieht ganz anders aus, wie derjenige in 2000 m Seehöhe ; 
nach Aussage der Herren, die droben gewesen sind, wechselt die Vegetation etwa alle 1000 m ihr Kleid. 

In dem unteren Theil, in welchem wir uns jetzt befinden, bemerken wir Bäume aus den 
Familien der Tiliaceen, Moraceen, Clusiaceen, Meliaceen, Myrtaceen, Anonaceen, Sterculiaceen, Bur- 
seraeeen (Canarium), Combretaceen Apocyneen, Meliaceen, ja selbst der Dipterocarpeen, von denen 
jetzt schon '/» Dutzend Arten, sämmtlich endemisch, bekannt ist *), während Bentham noch als Beweis 
der Unähnlichkeit der Floren Bomeo's und Neu-Guinea's, im Gegensatz zu Grisebach, anführte, dass 
auf Neu-Guinea keine Dipterocarpee gefunden sei. Was helfen die geistreichsten Theorieen und die 

*) cf. W. T. Thieeltoii Dyer, on Ihe DipterocMpeae of New-Guioea, with remarks on some other specie». Journ. 
of Bot. W78 p. 98 ff. 



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gelehrteste knifflichste Gehimequilibristik ohne genügende reelle Grundlage! Dies jedoch nur in 



Die ebengenannten sind natürlich nicht die ausschliesslichen Elemente des Waldes, aber 
su ungefähr die Hauptfactoren, und reichen in dieser Zusammensetzung bis zum Gipfel des ca. 1000 
Ftiss betragenden Höhenzuges, welcher die Astrolabe-Ebene nach Süden hin abschliesst. Es giebt 
keine angenehmere Wanderung als durch diesen Hochwald. Langsam führt uns der Eingeborenen- 
pfad, dem wir jetzt folgen, bergan, die Hitze des Tages, die draussen im freien Feld Alles versengt, 
ist hier in diesen weiten, kühlschattigen Hallen kaum zu verspüren, kein Schlingpflanzengewirr oder 
Zingiberaceenkraut belästigt den schreitenden Fuss, das spärliche Unterholz besteht aus dünnen 
Büschen oder kleinen Baumchen. Die Cissus- und andere Lianenstränge, sowie die mitunter ausser- 
ordentlich grossen und zu phantastischen drachen- und schlangenähnlichen Ungeheuern geformten 
Wurzelleisten der Bäume sind fest das einzige Hinderniss. Mitten auf dem Wege finden wir plötzlich 
ein Casuar-Ei! Nein doch, es ist kein Ei, es ist nur eine faustgrosse eiförmige Fruchtpflaume von 
leuchtend-blauer Farbe, die täuschend einem solchen ähnlich sieht. Freilich ist ein Casuar-Ei 
grün und diese Frucht ist blau, aber wer denkt gerade daran, wenn er plötzlich dieses auffallende 
Etwas, das er nie zuvor gesehen, auf dem Boden glänzen sieht. Es ist wahrscheinlich die Frucht 
einer Apocynee, Cerbera floribunda K. Seh., sonst gewöhnlich ein Küstenbaum, der aber hier einige 
Kilometer weit ins Land hinein und fast hundert Fuss hoch über die Ebene hinaufgeht. Unweit 
davon finden wir auch richtige Eicheln auf dem Boden liegen, zwar etwas anders geformt als unsere 
europäischen, aber trotzdem veritable Früchte einer Quercus-Art. Das ist insofern interessant, als 
es uns beweist, dass auch hier in Neu-Guinea die Eichengrenze kaum hundert Fuss über dem Meere 
liegt, genau wie in Sumatra, Eichen waren bisher in Kaiser-Wilhelmsland nur von Warburg 3000 
Fuss hoch im Gipfelwald des Sattelbergs gefunden worden. Die Ursache des Herabgedrücktwerdens 
der Eichengrenze wird, wie auf Sumatra, so auch'hier in Kaiser- Wilhelmsland an der Depression der 
Wolkengrenze durch die beständigen Nebel und. Wasserdämpfe während des grössten Theils des 
Jahres ■liegen, wodurch eine stärkere Erwärmung der Pflanzendecke der Gebirgsflanken verhindert wird. 

Auffallend ist uns die grosse Menge der wilden Muskalnussbäume aus der Gattung Myristica. 
Dies ist eine Gattung der Familie der Myristicaceen, die ausschliesslich nur in diesem Theil der 
Erde, auf der malayisch-papuanischen Inselwelt, vorkommt. Die Molukken und Neu-Guinea bilden 
das Centrum ihrer Verbreitung; ja, wenn man die Anzahl der Arten zur Grundlage einer Calculation 
der Entstehungscentrea. von Pflanzengruppen machen will, was freilich nicht immer richtig sein dürfte, 
so müssen wir Neu-Guinea mit seinen über 20 fast durchweg endemischen Arten direkt als das 
Ursprungsland der Myristicaceen, als das Land der Muscatoüsse bezeichnen. Da Warburg*) etwas 
Über 80 Arten im ganzen Gebiet von Indien bis Polynesien anführt, so kommt auf Neu-Guinea 
beinahe ein Drittel aller Arten. Leider liefert keine einzige von allen ein brauchbares Gewürz, da 
die meisten ihr Aroma, falls sie solches besitzen, beim Trocknen verlieren. Nur die in holländisch 
Neu-Guinea wachsende Myristica argentea Warb, macht eine Ausnahme. Wie uns Warburg erzählt, 
gehen ihre Nüsse als Handelsartikel durch den ganzen malayischen Archipel ; ja am Mac Cluer Golf 
spielen sie beim Sclavenkauf und bei Heirathscontracten sogar die Rolle des Geldes. 

Wenn wir Glück haben, so können wir unter diesen vielen Muscatnussarten eine treffen, die 
der berühmte Beccari auf den Am- Inseln und holländisch Neu-Guinea entdeckte, die aber nach 
Warburg auch am Sattelberg bei Finschhafen, also möglicherweise auch in dem von uns durch- 
schnittenen Berggelände vorkommt, und die desswegen äusserst interessant ist, weil sie hohle und 
stellenweise aufgetriebene, mit spaltformigen Oeffnungen versehene Zweige besitzt, in welchen Ameisen 
wohnen. Sie wurde von Beccari desshalb auch M. myrmecophila genannt. Warburg fand in den 

*) Zur Characterisirung und Gliederung der Myiisticaeaen (Ber. D. ü. G. XIII, 1895). 



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Hohlräumen dieser und der folgenden Art reihenweise die Ueberreste ausserordentlich gut gepflegter 
Schildläuse aus der Gattung Myzolecanium sitzen, die sicher nicht von selbst sich das harte Holz 
ausgesucht haben werden. 

K. Schumann*) berichtet noch von einer dritten Myristica-Art, M. heterophylla K. Seh. mit 
Hohlräumen und einer vierten, M. subalulata Miq., von der es ihm zweifellos sei, dass sie von 
Ameisen bewohnt würde. 

Das sind höchst merkwürdige Thatsachen. Wer sollte denken, dass in dem durchgehends 
sehr harten Holze der Muscatbäume sich Ameisen ihre Wohnungen aushöhlen und ihre Milchkühe, 
die Schildläuse, hineinschleppen ! Das heisst, die Auftreibungen und Aushöhlungen der Zweige gehen 
eigentlich, wie Schumann sagt und Warburg wahrscheinlich macht, ohne Zuthun der Ameisen durch 
ausschliessliches Dicken wachs! hum und späteren Schwund des Markes vor sich, und die Ameisen 
helfen nur bei der Ausglättung des Innern und der nach aussen führenden Spalten nach, oder auch 
vielleicht das nicht einmal. Wie aber kommt der Baum dazu, solche Hohlräume zu bilden? Das 
harrt noch der Aufklärung. 

Neu-Guinea scheint nicht blos das Land der Muscatnüsse, sondern auch das der Ameisen- 
pflanzen zu sein. Ich bezweifle, ob irgendwo auf der Welt die Mutter Natur so gut für „Hüsung" 
ihrer Ameisenkinder gesorgt hat, wie hier. Nicht blos die Myristica's haben ihnen ihr Zweig-Inneres 
geöffnet, sondern auch die Rubiaceen, die eigentlichen Ameisenpflanzen kommen mit den Gattungen 
Myrmecodia, Myrmedoma und Hydnophytum massenhaft hier vor. Wo es an der Küste Man- 
grovewaldung giebt, wie bei Friedrich- Wilhelmshafen, da sitzen dieselben überall auf den Stämmen. 
Bei Finsch- und Hatzfeldthafen fand Warburg eine Reihe von meist neuen Hydnophytum-Arten, 
weiter drinnen im Lande bieten verschiedene, ebenfalls meist neue Psychotrien ihre hohlen Zweige 
zum Bewohnen dar und in den Bergen von holländisch Neu-Guinea hat Beccari das Myrmedoma 
arfakianum gefunden. 

Damit ist die Reihe aber noch nicht erschöpft. Noch andere Familien beherbergen Ameisen. 
So ein zu den Meliaceen gehöriger Baum, die Amoora myrmecophila Warb., deren knotenartig auf- 
getriebene junge Zweige bequeme, mit braunen glatten Wänden versehene Höhlungen besitzen, zu 
denen sich die Ameisen die Zugänge erst erbohren. Dann die Monimiacee Kibara formicarum Becc. 
und eine wolfsmilchartige Pflanze, die Euphorbiacee Endospermum formicarum Becc. Ich glaube, 
dass es diese Pflanze war, welche ich im Küslenwald bei Bogadjim als einen kleinen Baum mit 
weichem Holze und endständiger Belaubung beobachtete. Die kleinen und kleinsten Zweige desselben 
sind im Innern vollkommen bohl — das Mark fehlt vollständig — und von aussen führen an ver- 
schiedenen Stellen ganz unregelmässig angeordnete runde Stecknadelkopf- und noch grössere Löcher 
hinein. Diese Höhlungen werden von einer kleinen schwarzen Ameisenart massenhaft bewohnt, und 
man kann die Thierchen jederzeit durch die Locher ein- und auskriechen sehen. In der Nähe der 
Hospital-Anlagen bei Stefansort stand ein solcher Baum, und ich habe mich von der Thatsache oft 
genug überzeugen können, leider aber versäumt, nachzuforschen, wie die Höhlen im Innern der 
Zweige entstehen, resp. auf welche Weise das Mark derselben schwindet. In den ganz jungen, blätter- 
tragenden, noch nicht verholzten Spitzen war es noch vorhanden. 

Je höher wir steigen, desto mehr treten myrthenartige Bäume und Sträucher auf, aus der 
Familie der Myrthaceen, ähnlich wie in Sumatra und den übrigen Sunda-Inseln. Haben wir schon 
im Küstenwald dicht am Seeufer die schöne Barringtonia bewundern können, so treffen wir hier, 
ihrer essbaren, zum Theil sehr wohlschmeckenden Früchte wegen in der Nähe der Bergdörfer geschont, 
eine ganze Reihe schönblüthiger Bäume und Bäumchen aus den Gattungen Eugenia, Jambosa, 

*) Die Flora von Kaiser- Wilhelmsland. Von Dr. K. Schumann und Dr. M. Hollrung. Beiheft zu den Nach- 
richten Ober Kaisei'-Wilhelmsland 1889. VerbeattniDgen hierzu im Bot C.-Bl. XLI p. 266, 



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— 67 — 

Syzygiura u. A. Meiner Lebtage werde ich des Anblicks gedenken, den ich während meiner einzigen 
Bergtour hatte, als ich aus den dunkeln majestätischen Säulenhallen des Urwaldes plötzlich heraus- 
trat auf eine lichtdurchfluthete Rodung des Dorfes Yimjam in ca. 8—900 Fuss Meereshöhe. Hier 
hatten die Leute mitten auf dem Feld einen halbwüchsigen Eugeniabaum stehen lassen, und der 
hatte sich nun, wie ein Pflaumenbaum bei uns im Frühling, ganz in eine schneeweisse Decke seiner 
grossen, ungemein duftig und zart aussehenden Myrthenblüthen eingehüllt. Und um seine Krone, 
da wogte und wimmelte es in der leuchtenden Sonne von Azurblau und Goldgrün in wunderbarer 
Pracht. Es flogen nämlich ganze Wolken der handgrossen Riesenschmetterlinge des Priamus und des 
Ulysses hier saugend um die Blüthen, und ab und zu leuchtete dazwischen das feurige Orangegelb 
und Zinnoberroth der prachtigen Delias aruna. Es war ein Anblick so farbenprachtig, wie ich noch 
nie etwas Aehnliches gesehen hatte, eine wahre Farben-Orgie. Ich genoss hier einen jener köst- 
lichen Augenblicke, wie sie nur dem Naturforscher ab und zu beschieden sind als Preis für monate- 
lange Mühseligkeiten und Gefahren. 

An dem benachbarten Rande des Urwaldes hatten sich auf den Blattern verschiedene Weibchen 
des Priamus in ihrem gegenüber der goldgrün strahlenden Pracht des Männchens unscheinbar und 
ärmlich aussehenden düsterbraunen Kleide niedergelassen. Sie waren erheblich schwerfälliger und 
träger im Fluge als die Männchen. Ab und zu erhob sich eines, taumelte wie eine grosse Fledermaus 
hinüber mitten unter die lustige, goldstrahlende Gesellschaft, saugte ein Weniges, liess sich flattieren 
und Galanterieen von den Männchen erweisen, um schliesslich mit einem Auserkorenen in reissendem 
HochzeilsQuge hinauf zu wirbeln in den blauen Aether bis zu unsichtbarer Höhe. Wer von der 
Gesellschaft aber gesättigt war, flog ebenfalls hinüber zum Waldrand auf eine einladende Blattspreite, 
breitete die wunderbaren goldgrünen oder azurblauen Flügel aus, und hielt seine Siesta und träumte 
süss von Honig und Blumen und liebenden Weibchen. 

Jetzt muss ich mich aber als persönlicher Führer von dem geehrten Leser verabschieden — 
weiter hinauf in die Berge bin ich nicht gekommen. Wir stehen auf dem Gipfel der ersten Hügel- 
kette im Hintergrund der Astrolabebucht und können von dem Marktplatz des Dorfes Wjenge aus 
in etwa 1000 — 1200 Fuss Meereshöhe eine prachtvolle Vogelschau geniessen über den ganzen von 
uns zurückgelegten Weg. Freilich von diesem selbst ist Nichts zu sehen; unter der grünen einförmigen 
Laubdecke des unermeßlichen Urwaldes ist er verborgen wie in einem Tunnel. Wald, Urwald über- 
all bis hinunter zur blauen See bei Stefansort, bis hinauf nach Friedrich-Wilhelmshafen. Ach, ein 
wie kleines, winziges Fleckchen hat sich die Pflanzung dort unten, die grosse weitläufige Pflanzung 
Stefansort aus diesem Waldmantel herausgeschnitten, wie spärlich nehmen sich die paar hellgrünen 
Grassavanen aus, welche zu unserer Linken den Lauf des Flüssleins Mintjim begleiten! 

Der Marktplatz des Dörfleins, wenn ich so sagen darf, denn Markt wird und wurde wahr- 
scheinlich noch nie dort gehalten, und die Hütten desselben werden umsäumt von üppigen, fracht- 
schweren Papaya's und Pisang's, deren Früchte uns hier viel besser und wohlschmeckender, auch 
grosser vorkommen, als drunten in der heissen Tiefebene. Die bekannte Papaya (Carica papaya) 
soll allen Berichten nach an der Astrolabebucht erst in den siebziger Jahren eingeführt worden sein, 
und zwar von Miklucho-Maclay, auf dessen einstigen Wohnort Bongu wir beinahe hinabsehen können. 
Ich selbst habe die Papaya dort oft mitten im allerdicksten Urwalde an einem sonnenbeschienenen 
Fleckchen gefunden. Das ist weiter nicht wunderbar, denn sie keimt und wächst ungeheuer leicht 
und schnell und ist darum zu grösster Verbreitung befähigt; jedenfalls waren deren Samen durch 
Vögel dahin gebracht worden. 

Doch — unser erster Führer wartet schon ; es ist Warburg, der uns bis auf eine Höhe von 
3000 und einige hundert Fuss fuhren wird, freilich nicht hier, denn wir stehen ja bereits auf dem 
höchsten Gipfel unseres Bergrückens, sondern auf dem beinahe 1000 Meter hohen Sattelberg bei 



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Finschhafen. Das ist zwar ein bischen weit weg, da der Sattelberg 250 km weiter östlich am 
andern Ende des Finisterre-Gebirges Hegt, aber wir sind ja gut zu Fuss und haben eine kecke 
Phantasie. Wir brauchen nur im Geiste den Bergrucken, auf dem wir uns befinden, nach Osten 
entlang zu laufen, Thäler, Spalten und Schluchten, die uns hemmen wollen, zu überfliegen, ein paar 
Gipfel zu überspringen — hurre hurre hopp hopp hopp — da sind wir auch schon am Sattelberg, 
ungefähr in derselben Höhe, die wir eben verlassen haben. 

Ein wirres Bambudickicht, von dem wir in der eben verlassenen Gegend nie etwas bemerkt 
haben, empfangt uns hier, so dicht und verschlungen, dass fast nicht durchzukommen sei, wie mir 
mein Malaye, den ich zum Schmetterlingsfang einmal hinsandte, klagte. Und der Mann kannte doch 
die Bambudickichte, er stammte ja aus Java! Der Bambu am Sattelberg ist eine wilde Art mit 
kurzen, dünnen Gliedern, für den menschlichen Bedarf kaum geeignet. Edlen Bambu, der im Haus- 
halt der Tropenvölker eine so gewaltige Rolle spielt, trifft man nur eultivirt in der Nähe der Dörfer. 

Unser Pfad, der ziemlich steil und mühsam in die Höhe führt, wird jetzt recht schlüpfrig; 
e3 regnet, oder hat kurz vorher geregnet: denn der Sattelberg gehört, wie wir bereits erfahren haben, 
zu den feuchtesten Gegenden des ganzen Kaiser-Wilhelmslandes, und der Missionar Flierl, der nun 
schon manches Jahr mit seiner Familie droben auf dem Gipfel wohnt, hat viel von Nässe und Nebel 
zu leiden. Das ist kein Wunder: Mag der Wind von Südost oder Nordwest kommen, für den un- 
glücklichen, exponirten Sattelberggipfel ist es immer Regenwind. 

Aber gerade deswegen ist er ein Pflanzen-Dorado. Alle Besucher desselben wissen zu 
sprechen von dem Reichthum und der Mannigfaltigkeit der Flora dortselbst und wir können während 
des Aufstiegs uns genügend von der Richtigkeit dieses Factums überzeugen. Dort aus jener Schlucht 
fällt eine Gruppe von Bäumen durch ihre eigenthümlich graugrüne Krone auf, die lebhaft an unsere 
Nadelhölzer erinnert, auch durch den Umstand, dass sie keine Blätter nach unsern Begriffen, sondern 
sozusagen leere Zweige trägt. Das ist der bekannte indische Streitkolbenbaum, die Casuarina, aber 
nicht die gewöhnliche, von den Sunda-Inseln bis nach Polynesien hin an den Meeresküsten verbreitete 
C. equisetifolia, welche auch in Deutsch-Neu-Guinea gelegentlich am Strande hübsche lichte gras- 
bewachsene Wäldchen bildet, sondern eine andre Art, C. nodiflora, die auch in den Molukken vor- 
kommt und eine der wenigen Formen ist, welche die Neu-Guinea-Flora mit dem räthselhaften Neu- 
Kaledonien gemein hat. Die Casuarina nodiflora ist eine ausschliessliche Bergpflanze und kommt in 
der Küstenebene nicht vor. Aber auch eine Conifere treffen wir bald, eine richtige echte Conifere, 
freilich von einer Form, die sie unserm europäischen Auge nicht sofort kenntlich macht, da sie eine 
Art von dreieckigen, verkümmerten Blättchen zu tragen scheint, die aber in Wahrheit nur verbreiterte 
Nadeln sind. "Das ist Podocarpus rumphü Bl. Auch aus der den Coniferen so nahe verwandten 
Familie der Gnetaceen können wir hier Vertreter finden, ja einige derselben gehen bis an die See 
herab, wie z. B. das bekannte Gnetum gnernon L., das sogar mitten im Dorfe Bogadjim wächst. 

Pandanus, an denen Kaiser-Wilhelmsland so reich ist, gehen in neuen Arten, ja selbst in 
einer wahrscheinlich neuen Gattung bis hier herauf; namentlich scheint P. krauelianus K. Seh. ein 
solcher Bergpandanus zu sein. 

Auch Dipterocarpeen finden sich, freilich mehr am Fusse des Berges. 

Je weiter wir hinauf kommen, desto interessanter, eigenthümlicher wird Alles. Fast auf 
jedem Schritte begegnen wir, wie unser Führer uns belehrt, neuen Arten und monotypischen 
Gattungen, die Myrtaceen werden häufiger, ebenso die lorbeerartigen Gewächse, die Lauraceen. Ein 
hierher gehöriger Baum, die Massoia aromatica Becc. besitzt eine höchst aromatisch nach Zimmet 
riechende Rinde, die seinerzeit viel nach Java und China unter dem Namen Massoirinde ausgeführt 
wurde, jetzt aber wenig mehr begehrt wird. Das deutsche Colonialhaus in Berlin verkauft ein mit 
dieser Rinde gewürztes süsses Gebäck als Massoikuchen und einen Massoiliqueur. Ein grosser Theil 



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des Unterholzes im Gipfelwalde des Sattelberges besteht aus jungen' Lauraceenbäumchen, sowie von 
andern, die Warburg als neue Art einstweilen zu der Monimiaceengattung Kibara rechnet. 

Ein mittelhohes Bäumchen mit riesigen runden, Ober 3 Fuss grossen glanzenden Blättern 
zieht jetzt unsere Blicke auf sich; es ist eine Araliacee, die Eschweileria boerlagei. Weiterhin 
macht uns unser Führer aufmerksam auf einen stattlichen hohen Baum mit prächtig rothen Blüthen, 
die man aber allerdings erst durch das Fernglas ordentlich erkennen kann. Auch dieser wäre der 
Einführung in europäische Gewächshäuser werth. Es ist der oben erwähnte einzige bisher ge- 
fundene Vertreter der Proteaceen in Kaiser- Wilhelmsland, einer Familie, die, wie wir uns erinnern, 
in Australien zu so ungeheuer reicher Entwicklung gelangt ist (33 Gattungen mit ca. 600 Arten!). Er 
stellt, wie Warburg selbst sagt, der doch sonst die floristischen Beziehungen Neu-Guinea's zu Australien 
so gering wie möglich darzustellen sucht, einen sehr interessanten, nach Australien hinweisenden alten 
Typus Papuasiens dar und steht als monotypische Gattung, die Warburg nach dem verdienstvollen 
Erforscher Kaiser- Wilhelmslands, Finsch, benannt hat, zwischen der im malayischen Archipel und 
Australien verbreiteten Gattung Helicia und der neu-kaledonischen — wieder eine Beziehung zu 
dieser Insel! — Kermadecia. Die Proteaceen haben allem Anschein nach in Australien oder zum 
wenigsten auf der südlichen Halbkugel ihren Ursprung genommen und ihre Zahl mag wohl früher, 
als Neu-Guinea und Australien noch zusammenhingen, ursprünglich gleich gewesen sein und nur aus 
wenigen Arten bestanden haben. Während sie aber in Neu-Guinea infolge des unveränderten Klimas 
stabil blieben, mit der Zeit vielleicht sogar theilweise ausstarben, gelangten sie auf dem immer 
mehr austrocknenden und sein Klima verändernden australischen Kontinent zu immer höherer BlQthe 
und Entfaltung, da sie sich infolge verschiedener Eigenthümlichkeiten diesen Veränderungen gut 
anzupassen verstanden und das Feld für ihre Ausbreitung frei fanden. 

Ich merke, Gelehrsamkeit steckt an ; ich bin da unwillkürlich in's Theoretisiren gerathen 
und im Begriff, meine eigene Warnung von vorhin zu vergessen. Das kommt davon, wenn man 
einen so gelehrten Botaniker wie Warburg zum Führer hat ; der versteht so hübsch die pflanzen- 
geographischen Beziehungen Neu-Guinea's darzustellen, dass es eine wahre Freude ist, ihm zuzuhören. 
Und seine Worte packen und überzeugen um so mehr, als es kein Mann vom grünen Tisch ist, 
sondern er ist selbst draussen gewesen und hat einen grossen Theil von Neu-Guinea selbst unter- 
sucht. Nur schade, dass er Australien bei der Würdigung der Nachbarbeziehungen unseres Landes 
so schlecht wegkommen lässt! Nun, vielleicht ändert sich seine Meinung noch in dieser Beziehung, 
wenn erst einmal die Bergwälder besser durchforscht sein werden; denn dort erst dürfen wir ja, 
wie er selbst zugiebt, auf die Auffindung der richtigen autochthonen Neu-Guineaflora rechnen. 

Nicht weniger interessant als die Finschia rufa ist ein anderes Bäumchen, das wir hier 
treffen und das eine monotypische Gattung der Moraceen bildet, nämlich Dammaropsis kingiana, 
welche sehr nahe der Gattung Ficus, den Feigenbäumen, steht, jedoch auch im Blüthenbau wieder 
Aehnlichkeit mit Dammara, einer Coniferengattung, zeigt. Hier haben wir es jedenfalls mit ausser- 
ordentlich alten Urtypen des Pflanzenreichs zu thun. Eine andere, ebenfalls monotypische Gattung 
der Ctusiaceen ist ein hoher Baum des Gipfelwaldes, den Warburg Pentaphalangium crassinerve 
genannt hat, und der ebenfalls ganz eigentümliche Merkmale zeigt. Dann begegnen wir zwei 
weiteren Bäumchen aus der Familie der Dilleniaceen, die auch nirgends recht hineinpassen, so dass 
Warburg für sie eine neue Section der Gattung Saurauja schaffen musste. 

Ich denke, diese wenigen Proben haben meine Reisegenossen überzeugt, auf welch' interes- 
santem Gebiet sie sich befinden. Es ist uns unmöglich, alle die neuen Formen, die unser Führer 
uns zeigt, gründlich zu besichtigen, denn neu ist ja sozusagen Alles hier. Wir wollen also von 
den Bäumen als die characterislischsten und interessantesten nur noch erwähnen: Eine neue Ano- 
nacee, Stelechocarpus grandifolia Wrbg., ein hoher, gern in schattigen Schluchten wachsender 



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- 70 — 

Waldbaum ; ferner die Meliacee Dysoxylon novo-guinense Wrbg., einen der riesigsten Bäume dea 
Sattelberges, dessen Blüthentrauben direct dem Stamme entspringen; die Anacardiacee Buchanania 
nova-guineensis Wrbg., ebenfalls ein hoher Baum ; dann eine neue Combretacee, Terminalia kämbachii 
Wrbg., dessen essbare' Früchte wir versuchen können, und den Warburg wegen seiner Schönheit 
und seines Nutzens zur Einführung in tropische botanische Gärten empfiehlt, namentlich aber Elaeo- 
carpus viscosus Wrbg., der bis 40 Meter hoch wird und in der Nähe des Gipfels in ziemlich be- 
deutender Anzahl auftritt. Endlich, an europäische Formen erinnernd, finden wir Tiliaceen, linden- 
ähnliche Bäume, und einige stattliche Eichen,, sämmtlich neu. 

Damit hätten wir so ungefähr das Merkwürdigste unter den Baumformen in Augenschein 
genommen, wir können jetzt unsere Blicke aus den luftigen Höhen des Laubdaches über uns wieder 
zur Erde richten, denn was wir hier sehen an kleineren Pflanzen und Kräutern, ist wahrlich nicht 
minder interessant und merkwürdig. 

Die grossen, bizarren Schlinglianen des heissen Tiefebenenwaldes sind fast alle schon ver- 
schwunden; nur ein paar Cissus-Arten ziehen ihre Stränge durch das Gebüsch und um die Bäume, 
darunter die hübsche C. lineata Warb. Dafür aber haben wir uns jetzt durch Brombeerranken 
durchzuschlagen, aus mehreren, auch im malayischen Archipel weitverbreiteten Rubus-Arten be- 
stehend. Von ihren hübschen Himbeerfrüchten pflücken wir uns einige Hände voll und verkosten 
sie; den etwas säuerlich faden Geschmack, der bei weitem nicht so aromatisch wie bei unserer 
Himbeere ist, muss die bei ihrem Anblick unwillkürlich aufsteigende Erinnerung an die ferne Heimath 



Ein anderer Kletterer gehört der Familie der Passionsblumen an, mit hübsch kobaltblauen 
Blüthen, Passiflora hollrungii K. Schum. Leider scheinen in der Gärtnerei die früher so beliebten 
Passifloren aus der Mode gekommen zu sein, sonst würde sich dieselbe zur Einführung als Zier- 
pflanze empfehlen. Ueberhaupt finden wir von jetzt ab sehr viele Kräuter und Sträucher mit 
schönen, lebhaft gefärbten Blumen, deren Einführung in unsere Gewächshäuser sicherlich nur eine 
Frage der Zeit ist. So wandelt unser Fuss schon eine ganze Weile zwischen zahlreichen Begonien 
dahin; schöne Balsaminen, Impatiens herzogü K. Seh. mit weissen oder blaurosa Blumen säumen 
die Wegränder, und eine ganze Reihe von Zingiberaceen mit mehreren neuen Gattungen entzücken 
durch ihre Farbenpracht das Auge, vornehmlich die ausserordentlich schönen Hellwigia, Tapeinochilus 
und Naumannia, letztere mit prächtig gelben Blülhenkelchen. 

Auch die Tecoma dendrophila Bl. mit prächtigen grossen rosenrothen Blüthen könnte 
durch ihre Samen leicht bei uns eingebürgert werden, ebenso ein Calycacanthus mit schönen rothen 
und die Bikkia grandiflora mit grossen weissen, trichterförmigen Blülhen. Es wäre wirklich der 
Mühe werth, dass eine grosse, gärtnerische Firma hier ihre Unternehmungslust bethätigte. Auch 
hübsche Blattpflanzen aus den Familien der Maranthaceen, Liliaceen und Commelynaceen finden 
sich, z. B. Anoilema mit weiss gezeichneten und Cordyline mit bunten Blättern. Unter den Büschen 
sind es namentlich die Melastomaceen, die mit rosa-violetten Blumen übersät sind ; es sind meist 
weit über den malayischen Archipel verbreitete Arten, doch finden sich auch neue, eigenthümliche, 
ja sogar eine wahrscheinlich neue Gattung. Allen voran aber steht das prachtvoll rothe Clerodendron, 
welchem unser Führer mit Recht den Namen magnificum gegeben hat. Er erklärt es unbedingt für 
die schönste Pflanze Neu-Guinea's, die bis jetzt gefunden wurde. Ihr würdig an die Seite wäre nur 
die prächtige Gardenia hansemanni K. Seh. mit ihren lieblich duftenden weissen, allmählich orange- 
gelb werdenden Blüthen zu stellen, die aber wohl kaum so weit heraufgehen wird, und sich auf die 
untersten Abtheilungen des Berges zu beschränken scheint. 

Wir befinden uns nämlich schon fast in 3000 Fuss Höhe. Die Rinde der Bäume zeigt sich 
bereits vielfach mit Moos überzogen, und ein paar abgefallene rothe Blüthen auf unserm Pfad 



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erkennen wir zu unserem Erstaunen als einem richtigen und echten Rhododendron angehörig. Wir 
sind also hier mit 2500 Fuss schon in die höhere Bergregion eingetreten. Rhododendren habe ich 
weder auf Sumatra noch auf Java unter 3000 Fuss gefunden. Das Exemplar, von dem die ab- 
gefallenen Blüthen stammen, scheint nach dem Dafürhalten unseres Führers eine neue Art zu sein, 
die parasitisch oben in den Baumkronen lebt; wir sind aber beim besten Willen nicht im Stande, 
den Strauch zu entdecken. 

Wo man von Alpenrosen hört oder liest, denkt man unwillkürlich an ihr Pendant in den 
Alpen, an Gentianen und Edelweiss. Das letztere hoffen wir im Verlauf unserer Gebirgstour noch 
zu Gesicht zu bekommen, von der Familie der Gentianen aber können wir gleich hier einen Ver- 
treter sehen, nämlich die parasitisch auf Baumwurzeln schmarotzende Cotylanthera tenuis Bl., die 
ausser auf Neu-Guinea nur noch in Java vorkommt. An einem und demselben Baum schmarotzt 
also oben in der Krone eine Alpenrose und unten an der Wurzel eine Gentianel 

Weil wir doch einmal bei den Schmarotzern angelangt sind, wollen wir gleich noch 
einige andere betrachten, die im Vorübergehen gerade sich unsern Blicken darbieten ; da stehen uns 
nämlich ein paar kleine hübsch blühende Bäumchen aus der Meliaceengattung Aglaia im Wege. Auf 
dem einen sitzt als Parasit ein Loranthus, auf dem andern eine Santalacee, letztere besonders dess- 
wegen interessant, weil sie wiederum auf Australien hindeutet, das wir wohl mit Südafrika und 
Südamerika als ursprüngliches Vaterland der Santalaceen zu betrachten haben, resp. den Continent 
oder das Land, welches diese drei heute durch so ungeheure Meere getrennten Regionen einstens 
mit einander verband. Da dieselbe jedoch einer Gattung und Art, Henslowja umbellata, angehört, 
welche wohl im malayischen Archipel, aber nicht in Australien heimisch ist, so muss sie trotz ihres 
australischen Stammbaumes von Westen her eingewandert sein, oder — sie hat sich an Ort und 
Stelle selbständig umgemodelt in derselben Richtung, wie ihre westlichen Verwandten. 

Professor Engler nimmt übrigens noch ein viertes Centrum für die Santalaceen an, nämlich 
Südasien und den malayischen Archipel. 

Was die Paradiesvögel unter den Vögeln, die Omithopteren unter den Schmetterlingen sind, 
das sind unter den Pflanzen die Orchideen: Fürsten in ihrer Sippe. Ich habe oben gesagt, dass die 
Wälder der Küstenebene mir ausserordentlich arm schienen an Orchideen gegenüber den malayischen 
Inseln. Dies Verhaltniss ändert sich mit jedem Schritt, den wir in die Höhe thun, und während 
unseres Marsches zum Gipfel können wir eine ganze Reihe dieser herrlichen Epiphyten bewundern. Ob wir 
gerade das Glück haben, das in Berlinhafen gefundene und nach unserer Kaiserin benannte ausgezeichnete 
Dendrobium Augustae Victoriae hier oben zu treffen oder gar das imposante Grammatophyllum 
Guilielmi II, welches der Ehre gewürdigt wurde, den Namen unseres Kaisers zu tragen, das ist bei 
der grossen Artenlocalisirung unseres Gebietes nicht sicher. Dagegen fallen uns durch ihre Schönheit 
eine Reihe von andern Orchideen auf, besonders eine grosse, weissblüthige Art und eine purpurrothe, 
sehr reichblüthige, die zu Ehren unseres Führers Dendrobium warburgianum genannt ist. Auch eine 
Erdorchidee fehlt nicht, die hübsche effectvolle Calanthe veratrifolia, die uns mit ihren weissen 
Blüthensträussen als alte Bekannte von Sumatra her grüsst. Auch sie hat sich, gleich mir selbst, 
vom Wandertrieb beseelt auf den Weg gemacht, und ist über die Sundainseln und die Molukken 
bis hieher nach Neu-Guinea auf den Sattelberg gewandert, ja noch viel, viel weiter, bis nach Nord- 
australien, immer in demselben schlichten, anspruchslosen, freundlich-weissen Gewände. Hier am 
Sattelberg hat sie einen anderen alten Bekannten aus Sumatra getroffen, ein kleines Blumchen aus 
der Familie der Olacaceen, Gomphandra prasina Bl., das mit einem ungeheuren Salto mortale, wie sie 
die Pflanzen öfters zu machen lieben, über ganz Borneo, Gelebes, die Molukken, ohne sie zu berühren, 
hieher gehüpft ist, und steh nun freut, mit der alten Freundin sumatranische Erinnerungen aus- 
tauschen zu können. Lassen wir ihnen das Vergnügen. Uns winkt bereits durch die Baume dm 



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gastliche Wellblechdach des Missionshauses, der höchsten europäischen Wohnung in ganz Neu-Guinea, 
und der Missionar Flierl stellt uns bereitwillig gegen billiges Entgelt die bescheidenen, leider nur 
allzu beschränkten Räume seines Hauses zur Verfügung, die aber neuerdings, wie ich zu meiner Freude 
vernommen habe, vergrössert und verbessert worden sind. Hier können wir uns unserer nassen, 
durch und durch verregneten und schmutzigen Kleider entledigen und der Ruhe pflegen, um späterhin 
frisch und -froh unsere Gebirgslour weiter zu verfolgen. Die Rast wird uns sehr gut thun; denn 
man wandelt nicht ungestraft durch den Tropenwald. Die Neulinge unter uns betrachten voll Ent- 
setzen ihre nackten Beine, welche stellenweise von ganzen Klumpen geronnenen Blutes starren, 
zwischen denen noch flüssige Bächlein des rothen Lebenssaftes durchrieseln. Das ist das Werk der 
heimtückischen Waldblutegel, die überall zwischen dem modernden Laub auf dem Boden lauern, 
sich an dem vorbeischreitenden Fuss festsetzen und durch die Maschen der Strümpfe zwirnsfaden- 
dünn hindurchstehlen, um auf der Haut irgendwo sich festzusaugen. Sind sie dick voll Blut gesogen, 
so lassen sie sich einfach fallen und. man findet dann die unförmlich kugelig aufgeschwollenen 
Ungeheuer beim Ausziehen in den Schuhen oder Strümpfen. Aus den Stichwunden aber fliesst das 
Blut noch lange fort und röthet zuletzt die weissen Tropenkleider, so dass ein aus dem Wald 
Heimkehrender aussieht wie ein aus der Schlacht kommender Verwundeter. Immerhin ist die Plage 
der Waldblutegel — die übrigens niemals springen, das ist ein Märchen — in Neu-Guinea nicht 
halb so gross wie in Sumatra; dort habe ich bei Waldtouren oft 20 — 30 Blutegel zugleich an 
meinem Körper gezählt Abreiben der Beine mit frischen Tabaksblättern ist ein sicherer Schutz, 
ebenso eine Reihe von schlechtschmeckcnden oder riechenden Oelen. 

Einer unserer Begleiter klagt über „Buschmucker*. Seine Unterschenkel sind bedeckt von 
kleinen, entzündeten, schmerzenden Knötchen, wie wir sie etwa nach Iiisecten- oder Dornenstichen 
oder dergleichen bekommen. Das ist im Wald bei den dünnen Kleidern ja sehr leicht möglich und 
da der Weg bald durch Wasser, bald durch Schlamm und Moder geht, so ist es auch begreiflich, 
dass diese kleinen Wundchen sich entzünden und die Ursache der grossen, hartnäckigen und lange 
dauernden Unterschenkelgeschwüre werden, welche jeder Tropenbewohner kennt. Hier in Neu- 
Guinea begnügt man sich aber nicht mit dieser Erklärung; hier sind die mythischen .Buschmucker* 
— ich möchte gerne wissen, wer diesen Namen erfunden hat! — daran schuld; es sollen winzig 
kleine, röthliche Milben sein, die sich in die Haut bohren und die Entzündungen verursachen. Die 
gewöhnlich im ersten Jahr des Tropenaufenthaltes gewissermaassen als Accllmatisationserscheinung 
auftretenden Geschwüre und Entzündungen habe ich häufig gesehen, auch in Sumatra, wo man den 
»Buschmucker' nicht kennt; aber die Milbe hat mir noch Keiner zeigen können. Auch unserm 
Patienten gelingt es nicht. Trotzdem soll die Möglichkeit nicht geleugnet, werden. 

Wir sind bei der Fortsetzung unserer Wanderung wieder in derselben Lage wie vorhin, als wir 
den Phantasieflug hieher nach dem Sattelberg unternehmen mussten ; wir stehen auf dem Gipfel und 
können nicht weiter. Um grössere durchforschte Höhen zu erreichen, müssten wir eigentlich wieder 
die Lokalität wechseln und auf demselben Wege zurückfliegen bis in die Nähe unseres früheren 
Weges bei Constantinhafen ; denn von dort aus hat seinerzeit Herr Zöller, der Correspondent der 
Kölnischen Zeitung, in Begleitung des Botanikers Dr. Hellwig den bekannten .Husarenzug* ins 
Innere Neu-Gumea's unternommen und dabei halb unbewusst den Kamm des Finisterre-Gebirges 
erklettert; aber leider können wir diesen beiden Herren auf ihrem Wege nicht folgen; Herr Zöller 
ist zu wenig Botaniker, um unser Führer sein zu können, und Dr. Hellwig ist leider 6 Monate nach 
dieser Bergtour gestorben, bevor er seine Ausbeute selbst bearbeiten konnte; sein kurzer Bericht 
in den Nachrichten aus Kaiser-Wilhelmsland ist zu wenig botanisch, um uns ein getreues Bild der 
höheren Bergregionen zu geben. Ich denke, wir bleiben daher vorläufig einen Tag bei Herrn 
Flierl auf dem Sattelberg zu Gaste und lassen uns von unserm bewährten Fuhrer Warburg, der die 



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botanische Hinterlassenschaft Hellwig's bearbeitet*) und mancherlei Notizen von dessen Hand zur Ver- 
fügung gehabt hat und darum auch über das von ihm selbst gesehene Gebiet hinaus competent ist 
wie kein Anderer, erzählen, wie es in den Regionen des Finisterre-Gebirges Ober tausend Meter 
aussieht. Ich habe dabei noch meine ganz besonderen Gründe : Erstlich können wir unsere müden und 
wunden Beine von den gehabten Strapazen gehörig ausruhen und für die kommenden starken; zweitens 
würden wir, wie es uns nun schon zweimal passirt ist, gar bald wieder auf einem Gipfel stehen, von 
wo aus kein Weg weiter führt, da das Finisterre-Gebirge kaum 3000 Meter hoch ist. Es bliebe uns dann 
nur übrig, den Phantasieflug zum dritten Mal zu machen, wieder zurück in die Gegend des Sattelbergs, 
um von hier aus mit besserem Erfolg als der unglückliche Ehlers zu versuchen, uns bis zur Owen- 
Stanley-Kette durchzuschlagen, wo wir den Gouverneur Mac Gregor von Britisch -Neu -Guinea bei 
der Besteigung des 4000 Meter hohen Victoria-Gipfels begleiten zu können hoffen. Wir ersparen 
uns also auf diese Weise einen sehr zeitraubenden und strapaziösen Abstecher. Endlich aber der 
letzte Grund ist, dass unser trefflicher Dr. Warburg so anschaulich und lebendig zu schildern versteht, dass 
wir von seinen Schilderungen fast denselben Nutzen und Genuss haben, wie von eigener Anschauung. 

Lassen wir ihn darum zu Wort kommen : **} .Unterdessen sind wir weiter ins Gebirge hinauf- 
gestiegen, den schmalen Flussbetten folgend. Fern liegt das Treiben der Menschen jetzt unter uns, die 
letzten Papuadörfer, selbst die, welche sich tief im Gebirge befinden, liegen doch alle noch in der wirklich 
heissen Zone .... Die tropischen Regen hören auf, Nebelmassen wogen auf und nieder, uns nur zu- 
weilen Blicke auf immer höher aufsteigende Bergketten gönnend. Die Bäume werden kleiner, sparriger, 
dichte Moospolster und Bariflechten überziehen neben kleinblütigen Orchideen die Bäume,, während 
Farne den Boden bedecken und an den Bäumen hinaufkriechen; Schlinggewächse hören auf, nur 
noch einzelne Kletterpalmen wagen sich in diese Regionen, die tropische Mannigfaltigkeit hat uns 
verlassen, Lauraceen und Myrtaceen bilden Hauptbestandteile des Waldes. Wir treten an einen 
schroffen Felsabsturz und sind erstaunt durch die in den Tropen ungewohnte Blüthenpracht ; die 
herrlichsten rothen und gelben Rhododendronbüsche bedecken den Abhang, und dazwischen schweben 
kolibriartige Vögelchen, die buntgefärbten Honigsauger. Oben fängt zwar der Wald wieder an, aber 
immer eigenartiger wird das Gepräge, zu den tropischen Formen der Elaeocarpus gesellen sich hohe 
Heidelbeerbüsche in reichlicher Artenzahl, neben Zimmtarten gedeihen Weidenröschen, und die unten 
so spärlich vertretenen Gompositen werden hier überaus häufig ; Bäume aus fast vorweltlichen Coni- 
ferengeschlechtem, Libocedrus und Phyllocladus, die jetzt nur noch in beschränkter Anzahl auf den 
Gebirgen Ghile's, Tasmanien 's, Neu-Seeland's, Borneo's, Batjan's, Mindanao's, Japan's und Californien's 
gedeihen, treten hier fast waldbildend auf. 

Auch die imposante, 1 — 2 m Durchmesser haltende und 50 m hohe Araucaria hunsteini 
K. Seh., welche auf den Bergen in der Umgebung Finschhafi n's gefunden wurde, mag hier oben noch 
vorkommen. Diese Entdeckung einer zweiten, endemischen, Araucaria in Neu-Guinea ist für die allen 
Beziehungen unserer Insel zu Australien und Neu-Kaledonien wieder sehr bezeichnend. Die erste Art 
ward von Beccari in holländisch Neu-Guinea entdeckt, und auf den Abhängen des Owen-Stanley- 
Gebirges werden wir später bis zu 8000 Fuss Höhe der A. eunninghami Steud. aus Australien 
noch begegnen. 

Wir sind somit in etwa 1700 m Meereshöhe in die alpine Vegetationszone eingetreten. Da 
Zöller und Hellwig sehr vernünftigerweise ihren Marsch fast stets im Bette der Flussläufe bis hoch 
hinauf verfolgten und Hellwig gezwungen war, seine ganze Ausbeute nur zwischen wenigen in der 
Brusttasche getragenen Papierblättern zu bergen, so ist es erklärlich, dass nur kleinere Pflanzen 



*) Siehe „Bergpflanzen aus Kaiser -Wilhelmsland". In Engler's bot Jahrb. XVI. 1893, Seite 1—32, und: 
„Pkntae Helhvipanae" ibid. Band XVÜI., 1694, Seite 184-213. 

**) Puma aw einem von ihm im 6. Februar 1692 in der GeseUaehaTt für Erdkunde tu Bert« gehaltenen Vortrag. 

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conservirt wurden und die grösseren, sowie die Bäume, fast unberücksichtigt blieben. Die allgemeine 
Uebersicht ist dadurch eine sehr mangelhafte. Aber immerhin ist das Gesammelte ausserordentlich interessant. 

Auf der Strecke von 1150 bis 1525 m fanden sich zwischen den Steinen und im Grase 
des Ufers hier in diesen weltabgelegenen Höhen Blumen und Pflanzen, welche das durch all' die 
Tropenformen geblendete Auge so recht wohlthuend heimathlich berühren. 

Hier wuchs z. B. ein Knöterich, Polygonum microcephalum Don., das Weidenröslein Epilobium 
prostratum Warb., Hypericum japanicum Thb., Lactuca laevigata DC u. s. w., während eine kleine Borra- 
ginacee, die am Boden hinkroch, völlig neu war und von Warburg dem Leiter der Expedition, Zöller, 
zu Ehren Zölleria genannt ward. An feuchten Stellen überzogen Flechten aus der Gattung Sticta den 
Boden, und aus dem Grasrasen erhob sich als kleines Bäumchen mit grossen gelben Blüthen das 
Rhododendron Zöllen Warb. 

An den Abhängen fanden sich Euphorbiaceen , darunter Phyllanthus finschi K. Seh. und 
eine Pflanze aus der Gattung Acalypha (A. insulana var. glabrescens), welche uns neuerdings eine 
so prachtvoll rothblühende Art in unsere Gewächshäuser geliefert hat, und in einer Reihe von 
vielleicht gärtnerisch ebenfalls brauchbaren Arten in unserm Gebiet vorkommt. 

Weiter hinauf gesellte sich der schöne Fam Lmdsaya euneifolia Presl. hinzu, eine Saurauja, 
ein Coleus, sowie die alpinen Pflanzen Anaphalis (Gnaphalium) hellwigi Warb, und Macaranga 
rufibarbis Warb. Hier fanden sich auch eine Reihe weiterer Rhododendren, theils im Grase, theils 
an den Abhängen: Rhododendron hellwigi mit grossen, dunkelrothen Blüthen, Rh. hansemanni, beides 
schönste Zierden unserer Gewächshäuser in der Zukunft, Rh. herzogi mit langen, röhrenförmigen 
Blumen, endlich Rh. yellioti, sämmtlich neu. 

Auf den Bäumen und an den Büschen wucherten eine Menge Orchideen, den Gattungen 
Dendrobium, Ceratochilus, Bolbophyllum und Sarcochilus angehörig, sowie der neue Loranthus finis- 
terrae Warb. 

Auf dem allerhöchsten erreichten Punkt standen die schöne neue Cyrtandra hellwigi Warb., 
ein steriler Heidelbeerbusch, wahrscheinlich Vaccinium acutissimum F. v. M., die neue Elaeocarpus 
culminicola Warb, und ein Zimmtbäumchen (Ginnamomum sp.) 

Hier, in einer Höhe von 2300 Meter nach Helhvig, 2550 Meter nach Zöller, auf einem 
schmalen, langgestreckten Höhenzug, schliesst das Vordringen der Zöller'schen Expedition ab. Sie 
hat anscheinend so ziemlich den höchsten Kamm des Finislerre-Gebirgee erreicht; die einzelnen 
Gipfel mögen ein wenig höher sein, keinenfalls über 3000 Meter, denn mit dieser Höhe wäre die 
oberste Baumgrenze schon fast erreicht. Ich habe aber, wie seinerzeit Miklucho-Maclay und Andere, 
vom Strande der Astrolabebucht aus telescopisch beobachten können, dass selbst die höchsten Spitzen 
noch mit Wald bedeckl sind. 

Hellwig hat in diesen Höhen Pandanus gefunden, wozu Warburg bemerkt: „Pandanus in 
solchen Höhen ist bisher noch nie beobachtet und wäre sehr interessant, doch bedarf es noch der 
Bestätigung." Diese Bemerkung hat mich einigermaassen gewundert, denn ich dachte, es sei eine all- 
bekannte Thatsache, dass Pandanus sehr hoch in's Gebirge hinaufgeht; ich habe in Sumatra auf 
dem Gipfel des Vulkans Kaba in 6000 Fuss Seehöhe sehr üppige Bestände dieser Pflanze mit schenkel- 
dicken Stämmen und 20 Fuss Höhe gefunden; mein Lagerfeuer dort oben ward meistens nur mit 
abgewelkten Pandanusblättern genährt, da die Waldgrenze schon überschritten war und die spärlichen 
Melastomaceenbüsche zu wenig trockenes Holz hatten. 

Nunmehr ist die Zeit herangekommen, wo -wir uns von unserm bisherigen trefflichen Führer 
verabschieden und von unserm luftigen Höhenrastort auf dem Sattelberg aufbrechen müssen, um zu 
trachten, in südöstlicher Richtung die Owen-Stanley-Kette zu erreichen, deren höchsten Gipfel, den 
4000 Meter hohen Mt. Victoria, der britische Gouverneur Mac Gregor mit 4 Schwarzen und einem 



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Samoaner eben zu erklimmen im Begriffe steht. Da der Weg zu Fuss dahin ein bischen weit und 
beschwerlich ist, so leihen wir uns wieder die Flügel des Ikarus, drücken dem braven Missionar Flierl 
und Professor Warburg noch einmal dankbar die Hand, dann ein herzhafter Sprung hinaus in das 
feuchtkalte Nebelmeer, welches den Gipfel des Sattelberges umwogt, und wir schweben dahin, laut- 
los, in den Nebelwolken weder sichtbar noch sehend, in reissendem Flug. Dank der kühlen Wolken- 
umhüllung halt auch das Wachs unserer Flügel gut aus, so dass wir glücklich in 2500 Meter Höhe 
am Mt. Knutsford gerade an einer WaldblÖsse landen, wo Mac Gregor mit seinen Begleitern lagert 
inmitten prachtvoll blühender gelber und rother, malerisch von den Wedeln zahlreicher Palmfarne 
überschatteter Rhododendronbüsche, ein feenhafter Anblick! Rhododendron allüberall, wohin wir 
blicken ; wenn wir bisher Neu-Guinea als das Land der Palmen, der Muscatnüsse und der Ameisen- 
pflanzen kennen gelernt haben, so müssen wir hinzufügen: Es ist auch das Land der Alpenrosen und 
wird hierin nur vom Himalaja übertroffen, ja Warburg vermuthet, die Gebirge Neu-Guinea's dürften 
in Bezug auf Pracht und Reichhaltigkeit der Arten bei genauerer Erforschung demselben noch den 
Rang streitig machen. Alpenrosen! Welche Fülle von Poesie, von Heimathssehnsucht, von süssen 
Erinnerungen ruft dies Wort in uns wachl Wer hätte gedacht, dass das im fernen, weiten Südmeer 
schlafende Dornröschen seine Stirn mit einem solch' üppigen Kranze von Alpenrosen umflochten hätte ! 

Ueber ein Dutzend Arten — sämmtlich endemisch; selbst die von F. v. Müller zu dem 
bisher nur vom Kina Balu auf Borneo bekannten Rh. lowii Hook, mit prachtvoll gelben Blüthen 
gerechnete dürfte sich noch als eigene Art herausstellen — sind nun schon allein aus Deutsch- und 
Britisch-Neu-Guinea bekannt geworden; wie viele mögen bei der bekannten Localisationstendenz 
unserer Insel noch zu entdecken sein, z. B. im Bismarck-Gebirge ! Keine einzige der in Deutsch- 
Neu-Guinea gefundenen Arten ist identisch mit einer aus Britisch-Neu-Guinea; das zeigt sich schlagend 
aus den Sammlungen Hellwig's vom Finisterre- und denen Mac Gregor's vom Owen-Stanley-Gebirge. 
Auch die meisten andern Pflanzen sind von einander verschieden. Das Weidenröschen, welches wir 
im Finisterre-Gebirge trafen, ist ein anderes wie das, welches wir jetzt hier im Owen-Stanley-Gebirge 
pflücken, ebenso Anaphalis u. s. w. Aber freilich, das Finisterre-Gebirge ist auch anderer, vulkanischer, 
Natur als das Owen-Stanley-Gebirge. 

Mac Gregor erzählt uns, dass er froh sei, aus der Nebelregion herausgekommen zu sein, die 
hier am Mt. Knutsford die Höhe zwischen 1800 und 2400 Meter einnimmt, wo dicke Moosschichten 
die Zweige, Wurzeln und Stämme des Urwalds bedeckten, Alles von Feuchtigkeit triefte und eine 
Totenstille herrschte.*) 

Bei der gemeinschaftlichen Fortsetzung unserer Bergfahrt bemerken wir, dass von hier ab 
die Häufigkeit des Mooses wieder abnimmt und die Urwaldbäume wieder höher und von geraderem 
Wuchs werden. In 2700 Meter Höhe macht sich ein Unterwuchs von Bambu bemerkbar, der zu- 
nächst das Fortkommen wenig hindert, dann aber in 2900 Meter Höhe so dicht und von solch' 
enormer Grösse wird, dass er hohe Bäume überragt und den Leuten das Wegebahnen zu einer un- 
gemein schwierigen Arbeit macht. Mit dem Auftreten des Bambu ändern sich auch die klimatischen 
Verhältnisse, der Nebel macht angenehmer trockener Luft Platz. Ein schmaler Gürtel von 150 Meter 
Höhe von der Spitze aus, welche 3380 Meter Meereshöhe hat, zeigt eine ausgesprochen alpine Flora ; 
im Uebrigen sind die Bergflanken, soweit wir sie von hier aus übersehen können, bedeckt mit Wald, 
Bambu und Moos. 

Ein herrliches, trockenes Höhenklima erfrischt uns" hier; am Tage steigt die Temperatur nur 
auf 15—20" G, eine wahre Erquickung nach dem heissen Aufenthalt in der Küstenebene; die Brust 
dehnt sich ordentlich vor Wohlbehagen beim Einschlürfen dieser köstlichen Lnft; des Nachts jedoch 

*) Ans einem Referat Ober Mac Gregor's Bericht (s. Proc. R. Geogr. Soc 1890, Aprilheft) in den Kachrichten 
über Kaiser-Wilhelmsland, 1890, I. Heft, Seite 43. 

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wird uns dieselbe, auf 4—7° C. abgekühlt, minder angenehm, so dass wir in unsern luftigen Zelten 
fröstelnd zusammenrücken und uns gern ein Feuer gefallen lassen von den Zweigen verschiedener 
Büsche und Bäume, die sich bei näherem Betrachten als richtige Goniferen, zu den Gattungen 
Phyllocladus und Libocedrus gehörend, erweisen. 

Am nächsten Tage brechen wir alle zusammen auf, um auf dem Kamm der Owen-Stanley- 
Kette dahinschreitend bei Zeiten den höchsten Punkt derselben, den 4000 Meter hohen Mt. Victoria, 
zu erreichen. Unser Weg führt uns durch ganze Wälder von Goniferen, namentlich aus Liboc. 
papuanus bestehend, zu denen sich noch die uralten Gattungen Phyllocladus, Nageia und Dacrydium 
gesellen, und wenn wir an einem Punkte angelangt sind, wo wir bei dem herrlichen Morgenwetter 
die wunderbare, weite Fernsicht gemessen können, so erblicken wir an den Berghängen einige hundert 
Meter tief unter uns die merkwürdigen Gipfel riesiger Araucarien (A. eunninghami Steud.), deren 
Alter vielleicht noch weiter zurückreicht in die graue Vorzeit als das der ebengenannten. Ein merk- 
würdiges Gefühl beschleicht uns, wenn wir diese am Leben gebliebenen Kinder der Vorwelt, die wir 
sonst nur als Versteinerungen zu erblicken gewohnt sind, hier frisch und grün vor unsern Augen 
sehen ; kommen nun noch die baumhohen Halme des Bamburohres hinzu und die eleganten Kronen 
der Baumfarae, so durchschreitet unser Fuss eine förmlich antediluvianische Landschaft, die man 
jeden Augenblick als Typus des vorwelttichen Pflanzenlebens abbilden könnte. 

Da, während noch die Schauer der Vorzeit unser Gemüth durchzittern, erblicken wir 
am Boden einen gelben, ach, uns so wohlbekannt und heimathlich anmuthenden Stern. Neckisch 
lugt er zu uns herauf, als wollte er sagen: Da bin ich! Ueberrascht beugen wir uns zu ihm 
nieder — wahrhaftig , er ist's , ein bischen kleiner zwar als bei uns in der Heimath , aber 
trotzdem der schöne, liebe Löwenzahn, aus dessen hohlen Stengeln wir Kinder uns so oft Hals- 
ketten machten und dessen leichtbeschwingte Samenkugel wir in alle Lüfte zerbliesen — Leon- 
todon taraxaeum ! Sei mir gegrüsst , du einzige Blume , von der Jedermann den lateinischen 
Namen kennt! Oder wer kennt ihn etwa nicht? Wenn du mit einem Baekfischlein spazieren 
gehst und zeigst ihm nur die Blume von weitem, gleich lispelt es erröthend: Leontodon taraxaeum! 
und ist froh, seine botanischen Kenntnisse gezeigt zu haben. Und wenn ich mit meiner Schwieger- 
mutter eine Promenade durch den Garten mache, da bleibt sie plötzlich stehen, deutet auf die Kuh- 
blume und fragt: Sag mal, lieber Sohn, ihr Gelehrten nennt das wohl Leontodon taraxaeum? und 
ist überzeugt, mir mal wieder gründlich imponirt zu haben. Als ich mein liebes kleines Frauchen 
am ersten Tage, nachdem wir unser Nest bezogen hatten, interpellirte : Du, Schatz, verrathe mir 
doch, was es heute zu Abendbrod giebt! »Nun, natürlich Salat von Leontodon taraxaeum" (eine 
Leibspeise von mir!), antwortete der gelehrte Schelm. Meine Frau ist nämlich sehr gelehrt, wie 
Jedermann weiss, und kennt ausser dem Leontodon noch eine ganze Menge lateinischer Pflanzennamen. 
Ja, sogar der Gandidat der Median, der sofort nach der mit Ach und Krach im Tentamen bestan- 
denen botanischen Prüfung alle Pflanzensystematik systematisch über Bord wirft, den Namen Leon- 
todon taraxaeum wird er nicht los, der hat sich ihm ins Gehirn gekrallt für Lebenszeit! 

Trauter Löwenzahn, wie kommst du hieher in das weltferne Hochgebirge Neu-Guinea's ? 
Hat etwa ein Sturm deine Samenfiedereben erfasst und über Länder und Meere hinweg hiehergeweht, 
oder gehörst du zu jener geheimnissvollen uralten Pflanzengesellschaft, die aus der grauen Vorwelt 
ihr Leben herübergerettet hat und nun, in Europa heimisch, bald hier, bald da auf hohen Berg- 
gipfeln mit kühlem Klima auftaucht, ganz gleich, ob in Asien, Africa oder Neu-Guinea; auf dem 
Himalaja ebenso gut, wie auf dem Kina balu in Borneo oder dem Owen-Staniey-Gebirge in Neu- 
Guinea? Weisst du, wo ich dich zuletzt gesehen habe? Auf Java war's, in den lieblichen kühlen 
Preanger Regentschaften, bei dem idyllischen Luftkurort Garut. Im Begriff, zum Vulcan Papandayan 
aufzusteigen, da lachtest du mir aus dem Rasen des Dorfmarktplatzes am Fusse des Berges gerade 



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so fidel und lieb entgegen, wie jetzt auf dem Gipfel des Mount Knutsford. Baron F. v. Maller, 
der grosse, neulich verstorbene australische Botaniker, der die botanische Ausbeute unseres Reise- 
genossen Mac Gregor bearbeitet hat, sagt zwar im Hinblick auf dich: ,1t bas been found neither on 
the high mountains of the Sunda- Islands" , aber wir zwei wissen das besser. 

Herrjemine! da phantasiren und simuliren wir über Heimath und Löwenzahn und haben 
darüber bei dem schnellen Vorwärlsmarsch schon eine ganze Reihe interessantester Pflanzenformen 
übersehen ; das dumme Leontodon hat unser kühles Naturforscherherz ganz aus dem Concept gebracht. 
Ein Glück nur, dass Sir Mac Gregor sich nicht bestechen liess, und während wir in Heimalhs- 
Erinnerungen schwelgten, als praktischer Forscher sein Herbarium gefüllt hat; sogar das Leontodon 
hat er, kühl bis ans Herz hinan, ausgerissen und zwischen Papier gelegt. 

Wir haben nunmehr den letzten Anstieg vor uns und treten, in 3500 Meter Höhe, aus dem 
Waldgürtel, der erst hier seine Höhengrenze erreicht hat, heraus auf eine noch etwa 200 Meter weit 
mit dichtem Gestrüpp bestandene Grasmatte, die sich bis zum Gipfel hinaufzieht. Wenn wir nicht 
sicher wüssten, dass wir hier in Neu-Guinea auf einem der höchsten Gipfel des Owen-Stanley-Gebirges 
uns befinden, so müssten wir beim Anblick dieser Vegetation unbedingt glauben, auf irgend einer 
Alpenmatte in Europa zu stehen. Da blühen im Grase zu unsern Füssen Vergissmeinnicht (Myosotis 
australis R. Brown), Ranunkeln (R. amerophyllus F. v.M.), Gänseblümchen (Myriactis bellidiformis 
F. v. M.), Johanniskraut (Hypericum macgregorii F. v. M.), WeidenrÖslein (Epilobium peduncuiare 
Gunn ), Labkraut (Galium javanicum Bl.J, eine Art Edelweiss (Anaphalis mariae F. v. M.}, Greiskraut 
(Senecio erechthitoides F. v. M.), Enzian (Gentiana ettingshauseni F. v. M.), Veronica (V. lendenfeldii 
F. v. M.), Augentrost (Euphrasia brownii F. v. M.) und Gänsekraut (Potentilla leuconota Don) 
zwischen einer Menge von Gräsern, deren einige auch in Europa vorkommen, z. B. Scirpus, Festuca etc. 
Auch ein Schachtelhalm (Equisetum debile Roxb.) findet sich und zwischen dem Allem durch 
schlangeln sich Stränge verschiedener Bärlapp-Arten (Lycopodium clavatum L. und selago L.). Das 
Buschwerk besteht aus Alpenrosen (Rhododendron culminicolum F. v. M.), Heidelbeersträuchern 
(Vaccinium helenae F. v. M. und V. ambyandrum F. v. M.) und Haidekraut (Gaultiera mundula 
F. v. M.) Aber was leuchtet uns hier aus dem Grase entgegen? Erdbeeren, leibhaftige Erdbeeren! 
Hände voll können wir uns hier pflücken; sie sind aber, obgleich sie im Wüchse und in den 
Früchten sehr unserer heimischen Erdbeere gleichen und sehr wohlschmeckend sind, weniger mit 
dieser, als mit der Himbeere verwandt, denn sie gehören in die Gattung Rubus und die Pflanze 
ward von Baron F. v. Müller unserm Führer zu Ehren Rubus macgregorii genannt.*) 

Dies Alles zusammen ist so europäisch alpin, es sind so dieselben Gattungen, die wir auch 
auf unsern Hochgebirgen finden, nur in andern, umgebildeten Arten, dass wir uns unwillkürlich 
umsehen, ob nicht irgendwo in der Nähe eine Sennhütte zum Vorschein kommt und eine schmucke 
Sennerin uns entgegenjodelt, der wir den gepflückten Alpenrosen strauss an's Mieder stecken dürfen. 
Ach nein, da ist weder Sennhütte, noch Sennerin, noch melodisches Heerdengeläute; still und todt 
ruhen diese Gipfel, fast allen Thierlebens bar, als ob sie verstummt wären über die unerhörte Frech- 
heit der winzigen Menschenwichtlein, die auf ihnen herumkrabbeln und ihr schönes Pflanzenkleid 
zerzausen. Doch nein, ganz stumm nicht; ein paar Lerchen schweben tirilirend, ganz wie in der 
Heimath, im blauen Aether über uns. Nach einiger Zeit, wenn sich unser Auge und Herz an den 
überraschenden Anblick heimathlicher Flora hier gewöhnt bat, sind wir im Stande, auch den andern 
Bestandtheilen derselben unsere Aufmerksamkeit zu widmen. Und sie sind wahrhaftig interessant 
genug. Wie an Europa, so erinnern uns viele Formen an Australien and Tasmanien, darunter in 
erster Linie Epacrideen, z. B. Styphelia montana F. v. M. und Decatoca spenceri F. v. M., von 

*) Siehe F. von Maller: „Records of obserrations od Sir William Mac Gregor'i Highland- Plaut» frora New- 
Guinea." Separatum. Vergleiche auch dessen „Notes on Papuan Planta." Ferner: Uaber einige Rofluceen aus den Hochgebirgen 
Neu- Guinea 's, von W. 0. Focke. In den Abhandinngen des naturwissenschaftl. Vereins zu Bremen XIII. Bd. 1896, S. 161 — 166, 



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welchen die letztere sogar eine neue Gattung darstellt, die ihren nächsten Verwandten nur in Tasmanien 
besitzt, wie Herr von Müller sagt, der die Pflanze beschrieb. Sodann einige asterartige Blumen, 
Vitladiuia alinae F. v. M., V. macra F. v. M. und die Composite Lagenophora billardieri Cass, nebst 
einer ganzen Anzahl von Gräsern. Andere wieder erinnern uns an die Schneeberge des Himalaja, 
wie z. B. die aromatische Caryophyllee Sagina donatioides F. v. M., das Haidekraut Gaultiera munduta 
F. v. M. und die vergissmeinnicht-artigen Pflanzen Trigonotis haackei F. v. M. und Tr. inoblita F. v. M. 

Einige wenige finden wir auch, die bisher nur von dem Berge Kina Balu auf Borneo be- 
kannt waren, z. B. die Thymelee Drapetes ericoides Hook, den Magnoliaceenstrauch Drimys piperila 
Hooker, und die merkwürdige l'arnblätterige Conifere Phyllocladus hypophyllus. Auch eine winzige 
Orchidee dürfen wir nicht vergessen, die an steinigen Stellen auf dem Boden im Moose dahinkriecht ; 
das ist das Dendrobium psychrophilum F. v. M. 

Der merkwürdigste Fund jedoch ist ein kleines, nur wenige Zoll hohes Pflänzchen, in die 
Familie der Compositen gehörig. Dasselbe wurde ebenfalls von Baron v. Müller beschrieben als 
lschnea elachoglossa und für dasselbe eine neue Gattung aufgestellt. Seinen nächsten Verwandten 
hat das merkwürdige Ding in — Italieh, in der Nananthea perpusilla, die ausserdem noch, wie 
Herr v. Müller sagt, eine der seltensten in der Welt ist! 

Erkläret mir, Graf Oerindur, dieses Räthsel der Natur! 

Nun aber genug des Pflanzensammelns ! Obwohl wir des Mittags 20° C. haben, wird die 
Temperatur des Abends und während der Nacht so kalt, dass Morgens Alles von weissem Reif be- 
deckt ist und unser Koch, der schon in aller Frühe zum Wasserholen gehen muss — wenige 100 
Fuss unterhalb des Gipfels fliesst eine reichliche Quelle — ausser einem vor Kälte halberstarrten 
Frosch Eiszapfen findet von 25 mm Dicke und 200 mm Länge! Wenn wir's nicht selbst sähen, 
wir würden es nicht glauben ! Dieser Thatsache gegenüber gewinnen die Erzählungen von hohen 
Schneebergen im Innern des holländischen Theils Neu-Guinea's an Wahrscheinlichkeit, die dadurch 
noch unterstützt wird, dass die Lauterbach'sche Expedition im Hinterland der Astrolabe-Bucht das 
4000 — 4500 Meter hohe, in seinen oberen Theilen ganz kahle Massiv des Bismarck-Gebirges mehrere 
Male leicht mit Schnee bedeckt gesehen hat, der freilich nicht lange liegen blieb, aber immerhin 
lange genug, um den weissen Winterglanz hinabzusenden über die Schluchten und Thäler der Berg- 
welt hin, von welchen die majestätischen Araucarien und Palmfarne heraufgrüsscn, bis zu den 
blauen Gestaden der tropenheissen Astrolabeküste. 

Der meist wolkenlose Himmel ist von tiefem Dunkelblau, nur wenn der SO. Wind heftig 
blast, führt er etwas Nebel mit. Jedenfalls herrscht, wie auch die Dürre des Grases beweist, um 
diese Jahreszeit in diesen Höhen eine ausgesprochene Trockenheit. 

Die Femsicht des Morgens, ehe die aus den Thälern aufsteigenden Nebelinassen uns die 
Aussicht verdecken, ist prachtvoll. Die Nordküste von Neu-Guinea ist gelegentlich mehrere Stunden 
lang gut sichtbar: Im Osten sind die höchsten Spitzen der Goodenough- und Fergusson-Inseln er- 
kennbar. Nach Ost und Südost zu trennt ein tiefer Thaleinschnitt, in dem, nach den vielen Rauch- 
säulen zu urtheilen, die aus ihm emporsteigen, eine zahlreiche Bevölkerung wohnt, die Bergkette, 
welche in dem Mt. Obree gipfelt, und die sie begleitenden Parallelketten von dem Owen-Stanley-Gebirge, 

Der Nordabhang des Gebirges zeigt sich als ein Paradies von Palmen und Farnen; ja ein 
Baumfarn, die Cyathea macgregorii, reicht fast bis in die Nähe unseres Standortes herauf. Die Palme, 
die am weitesten heraufgeht und am unempfindlichsten gegen Kälte ist, ist die Korthalsia zippelii Bl. 

Herr Mac Gregor mit seinen Begleitern will noch zwei Tage hier auf dem Gipfel bleiben 
und dann wieder nach dem Süden zurück. Wir aber, nachdem wir ihm herzlich für die herrliche 
Hochgebirgstour gedankt und die Hand geschüttelt haben, spannen unsere Icarusftügel wieder aus 
und lassen uns leicht und sicher nach Norden zurücktragen an den Strand der schönen Astrolabebai. 



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Die Thierwelt. 



VjTegenüber der Pflanzenwelt Deutsch-Neuguinea's, deren Erforschung, wie wir gesehen haben, 
von einer so tüchtigen Reihe fachwissenschaftlich geschulter Kräfte in Angriff genommen wurde, blieb 
die Thierwelt einigermaassen im Hintertreffen, wie wir uns bei Betrachtung der am Ende dieses 
Kapitels zu gebenden Darstellung der naturwissenschaftlichen Erschliessung unseres Gebietes überzeugen 
können. Der Grund war wohl der, dass man von der Thierwelt Neu-Guinea's sich keinen besonderen 
Nutzen erwartete. In zoologischer Hinsicht bleibt deshalb noch sehr viel zu thun. Es ist ja bekannt, 
dass auf den grossen Inseln die besten und seltensten Schätze der Natur nicht in den Küstengebieten 
an der See, sondern meistens im Innern auf den Bergzügen und Hochebenen zu finden sind. Was 
uns dort Neu-Guinea noch für zoologische Wunder und Ueberraschungen aufgespart hat, wir wissen 
es nicht, und können es kaum ahnen. Glücklich derjenige, welchem es vergönnt sein wird, als Ersler 
forschend die Alpenwelt des Bismarckmassivs zu durchstreifen ! 

Nicolaus von Miklucho-Maclay hat den Schwerpunkt seiner Forscherthätigkeit mehr auf das 
anthropologisch-ethnographische Gebiet verlegt, als auf das zoologische, wie aus seinen Publikationen 
hervorgeht. Und Otto Finsch hatte in Kaiser -Wilhelmsland seinerzeit andere Aufgaben zu erfüllen, 
die ihm eine erspriessliche Thätigkeit auf zoologischem Gebiet versagten. Die Herren Kubary, 
Wahnes, Ribbe, Fenichel, Kunzmann u. A. waren wohl gute und tüchtige Sammler, deren Arbeit 
wir weitaus das meiste Material über unser Gebiet verdanken, aber keine wissenschaftlich durchge- 
gebildeten Zoologen. 

Von solchen kenne ich nur Professor Dahl, der aber seine Forscher! hätigkeit meines Wissens 
auf den Bismarckarchipel beschränkte, und den ungarischen Professor Birö, der mit grosser Energie, 
eisernem Fleiss und wissenschaftlicher Tüchtigkeit die zoologische Erforschung unseres Gebietes sehr 
erfolgreich in Angriff genommen hat. Die deutsche Zoologie hat bisher Kaiser- Wilhelmsland gemieden. 

Mir fällt es wahrlich nicht im Traume ein, Etwas gegen die kosmopolitische Universalität 
der Wissenschaft zu sagen; im Gegentheil, ich begrüsse es mit Freuden, wenn fremde Forscher 
unsere Colonialgebiete bearbeiten helfen und dadurch die einheimischen Kräfte zu edler-., Rivalität 
herausfordern und anspornen. Aber nach diesen sehe ich mich in Kaiser- Wilhelmsland vergebens um, 
und da muss ich doch fragen: Wo bleiben unsere jungen deutschen Zoologen? Warum lassen sie 
sich die Priorität der Erforschung eines der zoologisch interessantesten Länder der Erde, einer 
deutschen Kolonie überdies, entgelten? Ist es nicht beschämend für unseren naturwissenschaft- 
lichen Unternehmungsgeist, wenn Gebiete, die bereits seit 15 Jahren unter deutscher Flagge stehen, 
von einem ungarischen Professor zoologisch erschlossen und wenn die „Terra eszetrajzi Füzetek", die 
Publikationen des ungarischen National museums, zu einem .Brennpunkt des Wissens" über Deutsch- 
Neuguinea werden?*) 



i Siehe einen Artikel von R. F. in der »Umschau", December 1697. 



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Die Neu-Guinea-Compagnie trägt hieran auch einige Schuld. In den Reihen ihrer Beamten 
und Angestellten hatten sich, ich weiss das gewiss, Leute gefunden, die sich mit Lust und Liebe natur- 
wissenschaftlichen Aufgaben unterzogen und für ihre verschiedenen vaterländischen Museen oder meinet- 
wegen auch für sich selbst Sammlungen angelegt hätten, unbeschadet ihrer dienstlichen Verrichtungen, 
deren Vernachlässigung auf dem kleinen Räume, auf welchem die Europäer beisammen lebten, 
nicht gut möglich war, ohne sofort zur Kennt niss des Vorgesetzten zu kommen. Leider wurde 
dieser Eifer und die dadurch bedingte Förderung der Kenntniss unserer Fauna total lahm gelegt 
durch eine geradezu unverständliche Grüne-Tisch-Beslimmung, wonach jeder Angestellte verpflichtet 
war, die von ihm gesammelten naturwissenschaftlichen Objecte an die Compagnie abzuliefern. Wer 
empfand da noch Lust, seine freie Zeil mit Sammeln von solchen auszufüllen? Und doch kann 
ich vom Standpunkt des Arztes und aus eigener Erfahrung als Mensch nur auf's Allerdringendsle 
die Cultivirung einer derartigen nützlichen und belehrenden Liebhaberei den draussen befmdlichen 
jungen Leuten anrathon. Man wird ihr manche schöne Stunde verdanken; sie ist das neutrale Feld, 
auf welches sich der durch des Tages Last und Mühen und Aerger und Sorgen nur zu leicht er- 
mattende und verstimmte Geist zur Wiedergewinnung seiner Ruhe und Frische zurückziehen kann. 
Das Sammeln und die Beschäftigung mit naturwissenschaftlichen Objeclen ist eine bessere Erholung 
als Biertunken und Scatspielen, obwohl ich auch diese aus dem Leben des Tropenmannes nicht 
ganz streichen möchte. 

Ob aus diesem Gesichtspunkte heraus oder durch allerhand merkwürdige „Sammlungen" 
bewogen, welche verschiedene humoristisch angelegte Neu-Guineamänner beim Verlassen des Schutz- 
gebietes ablieferten, genug, man hat später diese Bestimmung stillschweigend wieder eingehen lassen, 
wie man mir auf dem Bureau in Berlin versicherte, und ich selbst habe nichts mehr davon wahr- 
genommen. Aber das Misstrauen war geblieben, und die Lust und der Eifer waren den jungen 
Leuten vergangen. 

Hiezu trug noch eine zweite Bestimmung bei, wonach das Schiessen von Paradiesvögeln Hin- 
gegen einen Erlaubnissschein des Landeshauptmannes und Bezahlung von einhundert Mark an die 
Compagniekasse in einem gewissen Umkreis für ein Jahr gestattet war. Diese Verfügung war ja 
gewerbsmässigen Händlern und Jägern gegenüber sehr angebracht und nützlich, aber sie wurde bureau- 
kratisch-pedantisch für Alle aufrecht erhalten, und traf mit doppelter Wucht den armen Assistenten, der 
sich doch auch zum Andenken an seinen Neu-Guinea-Aufenthalt neben seiner Malaria einen selbstge- 
schossenen Paradiesvogel mitnehmen wollte. Zum Schutze der Vögel war diese Maassregel nicht noth- 
wendig, denn der gewöhnliche gelbe Paradiesvogel und der sogenannte King-bird sind so häufig und 
so allgemein verbreitet, dass der Europäer an den wenigen Punkten des Landes, die er besetzt hält, 
ruhig drauf los knallen darf. Eine jede Kugel, die trifft ja nicht, wie es im Liede heisst. 

Wenn ich im Nachfolgenden versuche, eine Uebersicht über das Thierleben in Neu-Guinea 
zu geben, wie es sich mir darstellte, so bitte ich wiederholt, die grosse Lückenhaftigkeit meiner 
Beobachtungen mit meiner sehr angestrengten Doppelthätigkeit als Arzt und Patient zu entschuldigen. 
Dieselben sind eben nur in der freien Zeit zusammengetragen, welche mir das Fieber und die Praxis 
Hessen, und die erlaubten mir nicht, grössere Touren und Expeditionen zu unternehmen, z. B. in das 
alltäglich so sehnsüchtig mit den Blicken verschlungene Finisterre-Gebirge, obwohl mir die Neu- 
Guinea-Compagnie, wie ich dankbarst anerkennen muss, dabei keine Schwierigkeiten in den Weg 
gelegt hätte und Herr von Hansemann mir selbst aus freien Stücken einen mehrwöchentlichen Urlaub 
zur Begleitung der „expedition" der beiden Engländer zur Verfügung stellte. Richtig, die beiden 
Engländer] Die hätte ich ja bei der Aufzählung der Naturaliensammler in unserm Gebiet beinahe 
vergessen! Also auch sie müssen den zoologischen »Erforschern" unseres Landes beigezählt werden, 
und manches Exemplar „cottonis" und „websteri* legen Zeugniss ab von der etwas naiven und un- 



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geschickten, aber immerhin zäh durchgeführten und nicht erfolglosen Sammelthätigkeit der Herren 
Gapt. Cotf.on und Webster. 

Noch ein zweiter Umstand kam hinzu, meine Thätigkeit als Naturforscher zu beschränken: 
Man sucht sich natürlich für das Zusammenbringen von Sammlungen so viel wie möglich der Hilfe 
der Eingeborenen zu versichern. Das war aber hier nicht möglich. Die Eingeborenen an der 
Astrolabebai unterhielten gar keine Beziehungen zum Europäer und wollten, wohlhabend wie sie alle 
waren und ganz im Gegensatz zu ihren Landsleuten westlich und östlich an der Küste, nicht für 
uns arbeiten. Ich hatte zwar im Dorfe Bogadjim ein paar gute Freunde, die alle Augenblicke 
kamen und um ein Gewehr bettelten, um ,Duim* (den gelben Paradiesvogel) zu schiessen, aber ich 
bin sicher, dass ich nie eine Feder davon gesehen hätte, oder höchstens als vielbegehrten Tanzscbmuck 
auf dem Kopfe meiner guten Freunde; und dazu war mir doch mein Pulver zu lieb. 

Nur Schmetterlingsraupen (mamangi), und zwar die grossen von Ornithoptera pegasus und 
papuana, wurden mir auf Wunsch massenhaft von den kleinen Buben gebracht und gewissenhaft 
mit der landläufigen Scheidemünze, einem SLückchen amerikanischen Kautabaks oder einem pracht- 
vollen Fingerring aus Messing mit Glasdiamant bezahlt. 

Nun existirte zwar in Neu-Guinea das Institut der .Schiessjungen', d. h. die Gompagnie gab 
von ihren Arbeitern aus dem Bismarckarchipel, von denen sehr viele des Schiessens kundig waren, 
einzelne Leute an ihre Angestellten ab, um dieselben mit Fleisch zu versorgen, denn dieser Artikel 
war sehr rar zu meiner Zeit; die Hühner konnte man zählen und wer eins hatte, gab's nicht her 
oder ass es selbst; Ochsen und Kühe zum Schlachten waren damals nicht vorhanden und zahme 
Schweine auch selten. Da war man also ausser den Conserven nur auf das angewiesen, was der 
Schiessjunge aus dem Wald nach Hause brachte, und das war allerdings, wenn derselbe seine Sache 
verstand, gar nicht wenig: ein halbes Dutzend Papageien und Kakadus, mehrere Buschhühner, und 
4 oder 5 grosse Krontauben in einem Tag war nichts Seltenes; gelegentlich gab's auch einen Casuar 
oder ein Känguru; die letzteren waren jedoch ziemlich selten, Gasuare dagegen häufiger. Und die 
meisten, namentlich die grossen Goura's, die Krontauben, hatten ein sehr zartes, schmackhaftes Fleisch, 
es waren wahre Leckerbissen; aber so'n alter Kakadu oder Papagei konnte recht zähe sein. Und 
doch schätzte man ihn, denn er lieferte eine sehr schmackhafte Suppe, mit Fettaugen drauf so gross 
fast wie eine Faust. Wildschweine gab's ebenfalls die Menge. 

Es wäre ein Leichtes gewesen, einen dieser äusserst brauchbaren und intelligenten Schiess- 
jungen für Sammelzwecke abzurichten, aber — ich konnte keinen erhalten, es war angeblich keiner 
abkömmlich. Erst im letzten halben Jahr meines Aufenthalts liess sich der Hauptadministrateur, 
der selbst zwei Schiessjungen sich zugebilligt hatte, herbei, denselben Auftrag zu geben, auch 
andere Vögel als die gewöhnlichen essbaren zu schiessen und mir auszuliefern; dagegen musste ich 
den einen der Leute bezahlen, die ganze Jagdbeute prfipariren und meinem Compagnon die Hälfte 
derselben abgeben, ausserdem auch noch häutig Pulver, Schrot und Patronenhülsen stellen. 

Auf langes, ernstliches Drängen erhielt ich endlich einen Buka- Knaben, den ich zum 
Schmetterlingsfang anlernte, und als dieser starb, einen halben jungen Bismarckinsulaner, der zwar 
recht anstellig und intelligent, aber so faul war, dass er sich im Wald lieber auf den Rücken legte 
und Gottes liebe Sonne auf seinen stets gefüllten Bauch scheinen liess, als den Schmetterlingen 
nachjagte. 

Die andre Hälfte dieses hoffnungsvollen Naturburschen, dessen Porträt ich hierneben wieder- 
zugeben mir nicht versagen kann, und damit natürlich auch die Hälfte der Schmetterlingsbeute gehörte 
selbstverständlich wieder meinem Compagnon. 

Da war es denn ein wahres Glück, dass ich vorsichtshalber zwei meiner brauchbarsten Leute 
— Malayen aus Sumatra — mitgenommen hatte, die für mich sammelten und präparirten. Leider 



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Dicht lange, den einen zog nach kaum zwei Monaten die Liebe wieder zurück nach Sumatra, wo 
er Weib und Kind gelassen hatte, und der andere erkrankte bald an Beriberi und war zum Fang 
draussen nicht mehr zu verwenden. Doch hatte ich immerhin Zeit gehabt, ihn auf einige Monate 
nach verschiedenen Lokalitäten zu senden, wo ich selbst nicht hinkommen konnte, so z. B. nach 
der Finschhafener Gegend am Hüongolf und nach der Grazellehalbinsel auf Neupommern. 

Wie das Pflanzenleben, so konzentrirt sich auch das Thierleben in Kaiser- Wilhelmsland fast 
ganz auf die Monate der Hegenzeit, viel schärfer und präciser, als ich es in Sumatra beobachtet habe. 

Von November bis April, da grünen und blühen und wachsen die Pflanzen, da legt die 
Vogelwelt ihr neues Kleid an, da schwirrt und summt es allerorten von Insekten, da ist die richtige 
Zeit der Jagd und des Fanges. 

In den heissen, trockenen Monaten dagegen ist Alles wie todt und erstorben, kein Thier, 
kein Vogel und kaum ein Insekt lässt sich sehen, der Wald steht leer und mein halber Schmetter- 
lingsjunge kann sich nun in doppelter Gemüthsruhe die Sonne auf den faulen Leib scheinen lassen 
und bedauernd in seinem famosen Pitjen - Englisch sagen: Master, bebek he no slopl Das soll 
heissen: Es gibt keine Schmetterlinge mehr draussen! 

Es ist ja allgemein bekannt, welch ein eigentümliches Stück Erde die australische Region 
und speziell die Unterabtheilung Neu-Guinea in zoologischer Hinsicht ist. Die Säugethiere, welche 
heutzutage unsere Erde bevölkern, die sucht man, mit Ausnahme des Schweines, einiger Fledermäuse 
und der gewöhnlichen Hausratten und Mäuse, in Neu-Guinea vergebens Man findet da weder Affen 
noch Raubthiere, weder Dickhäuter noch Hufthiere. Mit einem Ruck wird man hier plötzlich um 
Hunderttausende, vielleicht Millionen von Jahren in eine sehr frühe Entwicklungsphase unserer Erde 
zurückversetzt, in das mesolitische Zeitalter, wo unsere ganze heutige Säugethierwelt noch nicht 
existirte, sondern nur ihre Vorläufer und Stammthiere, nämlich die Beutel- und die Kloakenthiere, 
und diese altehrwürdigen Formen, welche in unser quaternäres Zeitalter gar nicht mehr hineinpassen, 
die sieht man denn allein dort in den Wäldern herumlaufen. 

Sie stehen aber bereits auf dem Aussterbe-Etat; darauf deutet nicht sowohl ihr hohes Alter 
hin, als ganz besonders ihre äusserst geringe Anzahl hinsichtlich der Art und der Individuen. Sie 
haben sich überlebt und gehen nun innerer Na tumoth wendigkeit nach zu Grunde. Beschleunigt 
wird dieser Process durch eine äussere Ursache, nämlich durch das Einwandern der neuen indo- 
malayischen Pflanzenwelt. Im Kampfe mit ihr geht die alte australische Säugethierwelt Neu-Guinea's 
unter, weil die heutigen Wälder ihren Lebensbedürfnissen nicht mehr entsprechen und sie ihr hohes 
Alter verhindert, sich den veränderten Verhältnissen anzupassen. In diesen langsam und still sich 
vollziehenden Process nun, der uns einen tiefen Blick thun lässt und einen hochbedeutsamen Finger- 
zeig giebt für das Verständniss der Art und Weise, in der sich auch die früheren Umwälzungen in 
der organischen Welt vollzogen haben müssen, da greifen wir Europäer jetzt mit rauher Hand ein, 
indem wir das Land eultiviren und hierdurch das Einwandern einer neuen Fauna begünstigen. Die 
Vorläufer derselben, die Pioniere sozusagen, haben in Gestalt von Ratten und Mäusen schon ihren 
Einzug gehalten. Lassen wir nun, durch Zufall oder Absicht, ein halbes Dutzend Arten Raubthiere, 
— es brauchen gar nicht einmal die schrecklichsten: Tiger oder Menschen zu sein — die zum 
Theil zum Klettern befähigt sind, dort festen Fuss fassen, so wird der ganzen bisherigen, theils 
plumpen und unbehilflichen, theils wehrlosen Säugethierwelt ein ungeahnt rasches Ende bereitet werden! 

Von Säugethieren haben wir in Kaiser-Wilhelmsland nur sehr wenig Arten. 

Dr. K. M. Heller hat in den „Abhandlungen und Berichten d. kgl. zoologischen und anthro- 
pologisch-ethnographischen Museums zu Dresden'*) eine Liste der vom Festlande Neu-Guinea's 
bekannten Säugethiere veröffentlicht, die kurz darauf von Oldfleld Thomas durch die Beschreibung 

•) Band VI 1896/97. 



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der Ausbeute Dr. Loria's aus Britisch-Neu-Guinea*) beträchtlich vermehrt wurde, so dass jetzt vom 
Festland Neu-Guinea's 84 Säugethierarten (darunter allein 26 Nagethiere, Mäuse und Ratten !) bekannt 
sind, von denen 22 in Kaiser- Wilhelmsland vorkommen. Von diesen 22 habe ich 16 selbst dort 
beobachtet, also über zwei Drittel. 

Wenn man dagegen hält, dass ich in Sumatra 66 Arten von Säugetnieren gefunden habe, 
und dass dort, auf der kleineren Insel, 112 im Ganzen vorkommen, so illustrirt dies wohl am 
besten die Artenarmut h Neu-Guinea's an Säugetbiercn. Ein Känguru, zwei Cuscus-Arten , zwei 
fliegende Eichhörnchen, ein Beutelmarder, ein Beuteldachs und ein Wildschwein, das ist Alles, was 
ich in den Wäldern dort gefunden habe. Dazu kommen dann noch Hausratte, Hausmaus und fünf 
Fledermäuse. 

Aber nicht nur der Arten- sondern auch der Individuenzahl nach ist, wie gesagt, die Säuge- 
thierfauna arm zu nennen. Nur das Wildschwein und der Perameles sind eigentlich sehr häufig 
und überall vorhanden; alle andern Thiere sind selten und vereinzelt. Es ist schon ein grosses 
Jagdglück, wenn man einmal im Wald ein Känguru eilig davonhüpfen sieht. 

Am meisten bekommt man noch die Cuscus zu Gesicht, einen grossen weissen, der auch 
braun gescheckt und gefleckt vorkommt, Phalanger maculatus E. Geoff.**) und einen kleineren 
Ph. orientalis Pall., von bräunlicher, nach dem Bauche zu allmählich in grau übergehender 
Farbe mit dunkelbraunem Rückenstreif. 

Die Maasse eines Männchens der letzteren Art waren folgende: 

Ganze Länge: Schnauzen- bis Schwanzspitze . 535 mm 

Kopflänge 75 

Rumpfiänge 205 

Schwanzlänge 255 

Länge des Vorderbeins 110 

„ „ Hinterbeins 110 

Bauchumfang 220 

Schnauzenspitze bis Ohr 60 

Ohrbogen 50 

Es sind nächtliche Baumthiere, die bei Tage träge in Baumlöchern oder am Astwinkel 
angeschmiegt sitzen. Doch habe ich auch zweimal am hellen Tage ohne mir erkennbare Veranlassung 
einen Cuscus langsam auf dem Baum herumklettern sehen. Sie haben einen durchdringenden, eigen- 
thümlichen Geruch, der oft im Wald auf ihre Spur resp. ihren Versteck hinleitet. Beim Waldschlagen 
werden sie von unsern schwarzen Arbeitern öfters gefangen, aber sie bleiben auch in der Gefangen- 
schaft langweilige, mürrische und bissige Gesellen, deren man bald überdrüssig wird. Ein grosses 
altes schneeweisses Männchen, das ich eine Zeit lang lebend hielt, frass mit Vorliebe saure Citronen. 
Aus dem Fell, namentlich der kleineren braunen Art, machen sich die alten Papuagreise 
und die Kahlköpfe Perrücken; ich habe einen solchen Mann weiter hinten abgebildet. Das Fleisch 
dieser Thiere ist für die Papuaküche ein grosser Leckerbissen, den sich die Leute nur theuer 
abkaufen lassen. 

Ein ebenso träges und langweiliges Nachtthier ist das fliegende Eichhorn, Petaurus brevi- 
ceps papuanus Thos"., ein gelblichgraues, nach unten heller werdendes Eichhorn mit dunklem 
Rückenstreif und langem Schwanz, dessen Vorder- und Hinterbeine durch eine grosse weite Flughaut 



*) On the mummals collect«! in British New-Guinea by Dr. Lamberto Loria, by Oldfield Thomas, British museum. 
Estratio dagli annali del Museo Civico di Storia Naturale di Genova Vol, XVI 11, Dezbr. 1897. 

**) Die Determination der von mir gesammelten Balge und Spirituapraparate, welche sich jetzt im Karlsruher 
Museum befinden, verdanke ich der Gute des Herrn Geh. Ruths Dr. A. B. Meyer in Dresden. 

11* 



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mit einander verbunden sind. Es scheint selten zu sein, denn ich habe nur einmal ein solches Thier, 
ein ausgewachsenes Weibchen, im December 1894 erhalten. An den Zitzen hingen zwei nackte 
blinde Junge von grauer, nach unten in rosa übergehender Farbe mit braunem Rückenstreif, die 
jedoch für den Beutel schon zu gross waren, so dass sich nur noch der Kopf darin befand. 
Folgende Masse habe ich nolirt: 

Ganze Länge 340 mm 

Kopflänge 45 , 

Rumpflänge 105 » 

Schwanzlänge 185 , 

Vorderbeinlänge 83 „ 

Hinterbeinlänge 83 „ 

Schnauzenspitze bis Ohrmuschel .... 35 „ 

Ohrbogen 30 . 

Schnauzenspitze bis vorderer Augenwinkel 12 „ 

Schnauzenspitze bis hinterer Augenwinkel . 25 , 

Bauchumfang 100 „ 

Viel lebhafter, agiler und leicht füssiger, ganz nach Eichhörnchen-Art, war das zierliche kleine 
Thierchen Belidaeus (ariel ? Gld.), das mein Assistent, Herr Kunzmann, in zwei Exemplaren längere 
Zeit in Gefangenschaft hielt. 

Der heimliche Wunsch, mit dem ich den Boden Neu-Guinea's betrat, war, eine Echidna 
aufzufinden. Ich habe mich jedoch vergebens danach umgesehen, wenn das keine war, welche ich 
einmal im tiefsten Wald am Fuss der ersten Bergkette aufstöberte, die aber rasselnd so schnell meinen 
Augen entschwand, dass ich nicht Zeit behielt, die Flinte an die Backe zu reissen. Die beiden 
Engländer erzählten mir zwar bei der Rückkehr von ihrer »expedition* in das Hinterland, sie halten 
eine ganze Familie von 3 Stück bekommen, doch habe ich allen Grund, an der Zuverlässigkeit ihrer 
Angaben zu zweifeln. Dagegen entnehme ich der Arbeit Heller's, dass es dem Sammler Wahnes 
geglückt isf, ein solches Thier, wenn auch nur todt und bereits in Fäulniss übergegangen, auf- 
zufinden ; leider ist nicht gesagt, wo der Fund geschah, ob bei Finschhafen oder an der Astrolabebai, 
denn Wahnes sammelte an beiden Orten. 

Ein sehr hübsches, schlankes, kleines Thierchen, braun und weiss getüpfelt, brachte mir 
mein Sammler von Simbang im Januar 1895 mit. Es war ein junger Beuteldachs, Dasyurus 
albopunetatus Schi. Von dieser australischen Gattung ist bisher nur diese eine Art in Neu- 
Guinea, und zwar im äussersten Westen, im Arfak-Gebirge, gefunden worden, und die Auffindung 
derselben nunmehr auch in unsenn Gebiet, ganz im Osten, ist sehr interessant und beweist die Ver- 
breitung des Thieres über die ganze grosse Insel. 

Das durch sein Geschrei für die Landschaft charakteristischste, zugleich das häufigste, Säuge- 
thier ist ein Beutelmarder, Perameles doreyana Q. G., der ebenfalls durch die ganze Insel hin 
vorkommt. Es ist ein Thierchen mit harten, stacheligen Grannenhaaren, ähnlich, aber grösser wie 
eine Ratte, das sich namentlich gegen Abend in den Lalangsavanen und auf dem Boden zwischen 
dem Gestrüpp der Brachfelder umhertreibt. Es lasst jedoch sein Geschrei den ganzen Tag über hören, 
meist aus den kahlen Lalangwiesen heraus. Dasselbe ist höchst merkwürdig. Ich kann wahrhaftig 
nicht sagen, ob dieses helle, laute, durchdringende Quieken in zwei Absätzen von zwei oder nur 
von einem einzigen Thiere herrührt, denn ich habe sie während des Concerts nie zu Gesicht 
bekommen, trotz aller Mühe und trotzdem die Töne kaum fünf Schritte seitwärts von mir aus der 
Grassteppe heraus erschallten. Vielleicht stellt es ein Duett zwischen Männchen und Weibchen vor, 
denn es klingt genau wie ein promptes, minutenlang dauerndes Frage- und Antwortspiel zwischen 



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zwei Individuen. Abends mit Einbruch der Dämmerung beginnen sie ihren Raubzug und dann kann 
man sie auf dem Anstand erlauern, lieber kahles oder mit kurzem Gras bestandenes Terrain hüpfen 
sie in kurzen, wieselartigen Sprüngen dahin. 

Auch dieses Thier wird natürlich von den Eingeborenen gegessen. Das erste Exemplar, 
welches ich erhielt, war von einem befreundeten Herrn mit dem Stock erschlagen und den schwarzen 
Arbeitern überlassen worden. Als ich ein paar Minuten später hinzukam und der Herr mir von 
seinem Fang erzählte, beeilte ich mich, denselben für die Sammlung zu reiten. Gegen ein tüchtiges 
Stück Kautabak kaufte ich ihn von den Schwarzen, welche ihn bereits, hübsch in grüne Blatter ein- 
geschnürt, zum Braten ins Feuer gesteckt hatten, zurück, konnte aber dem zischenden und dampfenden 
Packet leider nur noch den gargekochten Schädel unversehrt entnehmen. 

Am Hüon-Golf kommt nach Heller's Liste eine andere Perameles-Art vor, P. raffrayana 
A.M.E., und bei Bongu hat Wahnes eine neue, völlig schwanzlose Art gefunden, welche K. M. 
Heller Anuromeles rufiventris genannt hat. 

Von Känguru's kommen in unserm Gebiete zwei Arten vor. Das eine, Macropus browni 
Rams, welches bei Finschhafen und an der Astrolabebai vorkommen soll, habe ich nicht erhallen, 
das andere dagegen, zur Gattung Dorcopsis gehörig, von welchem mir ein Pärchen frisch geschossen 
gebracht wurde, erwies sich zu meiner Freude als neu und ward von Herrn Heller D. hageni 
genannt. Es ist die grösste Art der Gattung Dorcopsis, rauchgrau, gegen den Bauch zu heller, mit 
einem hellen Rückenstreifen. Die von mir am frischen männlichen Thier genommenen, bereits von 
Herrn Heller bei seiner Beschreibung der Art gegebenen Maasse sind die folgenden: 
Länge: Schnauzenspitze bis Schwanzwurzel . 710 mm 

Kopflänge 100 , 

Schwanzlange 540 . 

Schnauzenspitze bis vorderer Augenwinkel 70 , 

.Ohr 140 „ 

Entfernung zwischen Vorder- und Hinterbein 300 , 
Länge des Vorderbeins bis zur Klauenspitze . 420 „ 
„ „ Hinterbeins „ , „ . 550 B 

Bauchumfang (etwas aufgetrieben) .... 610 „ 
Geschossen am 31. Mai 1894 bei Stefansort. 
Ich selbst habe nur ein einzigesmal im Freien, d. h. im Wald, ein Stück eilfertig dahin- 
hoppeln sehen, ohne zum Schuss zu kommen. Die Tbiere sind offenbar selten; während meines 
Aufenthalts dort wurden im Ganzen nur vier Stück erlegt. 

Die Wildschweine sind überaus zahlreich. Ob das bei Stefansort vorkommende Thier Sus 
papuensis Less. oder Sus niger Finsch. ist, kann ich nicht entscheiden, da mir meine einzigen 
zwei conservirten Schädel zn Verlust gingen. Ich glaube jedoch, dass es die letztere Art ist; Heller 
führt auch dieselbe von der Astrolabebai, Sus papuensis nur von Butaueng aus unserm Gebiet an. 
Die zahmen Schweine der Papua's stammen sicherlich von den wilden Arten ab. An den Schweinen 
in Bogadjim ist das nicht mehr so deutlich zu sehen, sie sind alle schon stark mit chinesischen 
Schweinen gekreuzt; die meisten haben auf der Stirn einen weissen Fleck und oberhalb des Fesselgelenks 
der Vorderbeine einen hellen Ring. Ein solches Exemplar ist auf einer der Tafeln im ethnographischen 
Theil abgebildet. Die zahmen, besser gesagt, halbwilden Schweine der Bergdörfer dagegen sehen anders 
aus; sie sind ganz schwarz, viel magerer, stehen höher auf den Beinen und haben eine lange, starre, 
gerade emporstehende Mähne über den ganzen Rücken. Ob das Wildschwein ursprünglich auf Neu-Guinea 
zu Hause ist, das ist eine Frage, die ich nicht zu entscheiden vermag. Die grosse Häufigkeit und die 
allgemeine Verbreitung über die ganze Insel würde wohl dafür sprechen; doch ist wieder zu be- 



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denken, dass sich in dem Pendant-Gebiet Neu-Guinea's, in Australien, das Schwein nicht findet, dass 
bei den regen Handelsbeziehungen von West-Neu-Guinea mit den Molukken dasselbe sehr leicht 
durch chinesische Handler, deren Lieblingshausthier ja dasselbe ist, herübergebracht sein kann und 
dass die grosse Fruchtbarkeit des Schweines und das Fehlen jeder Raubthiere auf Neu-Guinea ein- 
schliesslich des Menschen die Vermehrung derselben gerade hier ausserordentlich begünstigen. Einige 
chinesische Hausschweine, die ein Bekannter etwa 3 Jahre vor meiner Hinkunft in Erima eingeführt 
hatte und die ihm ausgebrochen waren, hatten sich so vermehrt, dass sie ein ganzes Rudel bildeten. 
Sie hatten die Vorsicht und Behendigkeit ihrer wilden Brüder angenommen, so dass es nicht 
mehr möglich war, sie auszurotten; für Unbewaffnete machten sie sogar die Strasse unsicher und 
attakirten die Europäer verschiedene male. Ich halte die Constatirung dieses Factums für nicht un- 
wichtig für spätere Zeiten, wenn diese Flüchtlinge sich einmal als Localrasse differenzirt haben 
werden und man im Zweifel ist über deren Zugehörigkeit. 

Die Hausschweine bilden nebst den Hunden fast das einzige Vermögen der Papuadörfer; die 
Strafen, die der Europäer ab und zu über die Eingeborenen verhängt oder verhängen muss, werden 
ausschliesslich in Schweinen bezahlt. Für den Angriff auf die Engländer Webster und Cotton musste 
z. B. das Dorf Wjenge 8 Schweine an den Polizeivorstand zu Stefansort entrichten. 

Bezüglich der Ratte (Mus decumanus Pall) und der Maus (Mus musculus L.) welche 
beide in den von mir bewohnten Häusern leider nur zu häufig waren, so dass ich theilweise mit 
Arsenik dagegen einschreiten musste, weiss ich eigentlich nicht, ob ich sie nicht besser bei den 
Hausthieren unterzubringen hätte, denn zur ursprünglichen Fauna gehören sie sicherlich nicht, obwohl 
man Neu-Guinea mit Fug und Recht das Land der Ratten und Mäuse nennen kann. 

Von den 8 bisher in Kaiser- Wilhelmsland gefundenen Fledermäusen habe ich fünf gefangen ; 
vermöge ihrer Flugkraft und ihres dadurch bedingten grossen Verbreitungsbezirkes gehört diese Ab- 
theilung der Säugethiere jedoch zu den für eine Gegend am wenigsten charakteristischen; es sind 
folgende Arten: Pteropus kerandreni Q. G., Harpyia major Dobs., Gephalotes peroni 
E. Geoff., Carponycteris minimus E. Geoff., Hipposiderus cervinus Gould, Marmop- 
terus beccarii Ptrs., Vesperugo abramus Temm., Vespertilio muricola Hodgs. 

Von Seesäugethieren endlich wäre zu erwähnen Halicore dugong Q. G., der Dugong, der 
nach der Beschreibung der Eingeborenen dort vorkommen soll, von mir aber nicht gesehen wurde. 

Der Merkwürdigkeit halber sei noch erwähnt, dass die Eingeborenen in Bogadjim einen 
Namen — Rotej — für den Walfisch haben, der bezeichnenderweise zugleich etwas Fremdes bedeutet. 
Hie und da mag ja ein Walfisch an dieser Küste gestrandet sein. 

So armselig und einförmig uns die Säugethierwelt entgegentritt, so reich und mannichfaltig 
hat sich die Vogelwelt entwickelt. 

Bis jetzt sind 252 Arten Vögel in Neu-Guinea gefunden worden*), von denen über 200 an 
der Astrolabebai vorkommen mögen; 130 davon habe ich selbst erbeutet. An Artenzahl steht also 
die Ornis von Neu-Guinea derjenigen von Sumatra — ich habe dort 188 Arten erlegt — gewiss 
nicht nach, und an Pracht des Gefieders übertreffen die Neu-Guinea-Vögel, wie uns Wallace schon 
gezeigt hat, alle andern der Well, die südamerikanischen einschliesslich derKolibri's nicht ausgenommen. 
Was war das jedesmal für eine Freude, wenn die beiden Schiessjnngen, deren einer der von Zöller 
in seinem Neu-Guineawerk (S. 80) so gelobte „brave" Towatlik**) war, mit ihrer stets reichen 
Tagesbeute ankamen ! Die Augen konnten da förmlich in dem strahlenden, leuchtenden Farbenbündel 
schwelgen, welches den Leuten von der Schulter hing. Das feurige Orangegelb der zarten langen 
Schmuckfedern von einem halben Dutzend der gewöhnlichen Paradiesvögel vermischte sich mit dem 



*) Siehe hierüber das Verzeichnis» im Anhang. 

»•) Der übrigens auf der Tafel der zum Tanz geschmückten Neupommern weiter hinten abgebildet ist. 



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Scharlach und Goldgrün des Königsparadiesvogels und dem schwarzen Sammt der Manucodien, der 
hinwieder den schreienden, grellbunten plein air-Farben einer Menge der verschiedensten Papa- 
geien zur Folie diente. Dazwischen schillerten himmelblaue und kornblumenfarbige Eisvögel, schwarz 
und gelbe Pirole und eine ganze Reihe der wunderbaren Prachttauben mit grün und blutrothem 
Gefieder — ein unvergeßliches Bild, ein Hochgenuss ohne Gleichen für jedes Naturforscherherz! 

Wie Wallace ausgerechnet hat, ist in Neu-Guinea jeder zweite Vogel mit hervorragenden 
Farben geschmückt, in Brasilien erst jeder dritte. Dies wird bedingt durch die ausserordentlich reiche 
Entwicklung schöngefärbter Gattungen und die Verkümmerung vieler, sonst überall zahlreicher 
Geschlechter mit unscheinbarem Kleide. 

Sehr reducirt sind z. B. die Familien der Timeliiden, der Lärmdrosseln, dann der Sylviidae, 
der Sänger, die trotz ihres schlichten Kleides eine so metallreiche Kehle besitzen, der Laniidae, 
der Würger, der Ploceidae, der Webervögel, der Alaudidae, der Lerchen, der Motacillidae, der Bach- 
stelzen u. s. w., im Allgemeinen gesagt: die Angehörigen der Ordnung Passeres. Finken und Spechte 
glänzen sogar durch vollständige Abwesenheit. Namentlich das Fehlen der letzteren ist ausserordentlich 
interessant. Wenn sie in den Eucalyptus- und Proteaceenwäldern Australien^ nicht vorhanden sind, 
so könnte man die fremde, ungeeignete Flora als halbwegs begreiflichen Grund gelten lassen, obwohl 
wir anderwärts genug Beispiele von der Anpassungsfähigkeit der Spechte haben, und obwohl gerade 
Australien an ihrer Leibspeise (Larven und Käfern von Cerambyciden, Buprestiden etc.) ausserordentlich 
reich ist. Aber hier in Neu-Guinea, in der Küstenebene wenigstens, da stehen die Wälder mit dem- 
selben Holz, denselben Bäumen, nahezu denselben Insekten wie in Sumatra, und doch fehlt hier der 
Specht! Es muss ein anderes, ein mechanisches Hinderniss sein, welches sie vom Eindringen in die 
australische Region (und Madagaskar) abhält. Dieser Vogel, der bekanntlich ein schwacher und kurzer 
Flieger ist, hat anscheinend mit der vorwärtsschreitenden Flora nicht gleichen Schritt halten können ; 
die zwischenliegenden Meere, die früher ja viel breiter waren, aber für die Pflanzen so gut wie kein 
Hinderniss bildeten, waren für ihn eine unübersteigliche Schranke.*) 

Hingegen sind ausserordentlich zahlreich entwickelt, sowohl an Arten wie an Individuenzahl, 
die reich gefärbten Familien der Tauben, der Papageien, der Eisvögel und Paradiesvögel. 

Jeder sechste Vogel ist eine Taube und jeder elfte ein Papagei, wahrend jeder dreizehnte 
ein Fliegenschnäpper und jeder achtzehnte entweder ein Paradiesvogel, ein Eisvogel, ein Kukuk, ein 
Raubvogel oder ein den Uferlfiufern und Schnepfen zugehöriges Thier ist. 

Nachfolgende Uebersicht mag den Unterschied zwischen der malayisch-sumatranischen **) 
Vogelwelt und der von Kaiser-Wilhelmsland illustriren: 

Dentsch- Ostkflate von 

Neu-Guinea Sumatra (Deli) 

Raubvögel 13 7 

Eulen 2 5 

Raken (Coraciadae) 2 7 

Podargidae u. Caprimulg., Ziegenmelker und Schwalme . 5 4 

Meropidae, Bienenfresser 2 3 

Gypselidae, Segler 2 2 

Hirundinidae, Schwalben 2 2 

Cuculidae, Kukuke 14 11 

Dicruridae, Paradies Würger 2 4 

*) Vergleiche die Abhandlung: Die Spechte (Pici) von WM. Marshall, Leipzig, 1889. 

**) Die sumalranische Liste enthält nur die Arten, welche ich selbst auf der Oslküste Sumatra's und den an- 
grenzenden Batakbergen erbalten habe. Siehe mein „Pflanzen- und Tbierleben von Deli". 



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Deutweh- OstkOste von 

Neu -Guinea Sumatra (Deli) 

Laniidae, Würger 7 3 

Muscicapidae, Fliegenfänger 19 4 

Bucerotidae, Nashornvögel 1 8 

Alcedinidae, Eisvögel 14 8 

Papageien und Kakadu's 23 3 

Raben 3 3 

Oriolidae, Pirole 1 3 

Sturnidae, Staare 5 3 

Honigsauger 4 7 

Pitta's, Prachtdrosseln 2 4 

Tauben 39 12 

Timelüdae, Lärmdrosseln 5 12 

Campophagidne 8 5 

Ploeeidae, Webervögel 3 6 

Dicaeidae, Blumenpiclter 2 3 

Reiher 7 6 

Charadriidae u. Scolopacidae 14 8 

Rallidae, Wasserhühner 3 4 

Laridae 3 2 

Colymbidae 1 1 

Pelekanidae 3 1 

Anatidae 3 2 

Phalacrocoracidae 1 1 

In Kaiser-Wilhelmsland kommen noch folgende Familien vor, die ich in Sumatra nicht 
erhielt: Paradiesvögel (14), Ptilonorhynchidae (5), Artamidae (2), Megapodidae (4), Casuare (3), Meli- 
phagidae (9). 

In Sumatra dagegen waren folgende Familien vorhanden, die auf Neu-Guinea fehlen : Spechte (14), 
Megalaemidae (6), Trogonidae (3), Gallidae (5), Motacillidae (2), Fringillidae (1), Turnicidae (1), 
Certhiidae (1), Cicorüdae (1). 

Aus dieser Liste ersehen wir, dass der Gegensatz zwischen den beiden Gebieten, wenn 
man nur die beiden Gebieten gemeinsamen Arten in Rechnung zieht, sich haupt- 
sächlich in dem bedeutenden Ueberwiegen der Tauben, Papageien, Fliegenfänger und Eisvögel auf 
Neu-Guinea, und dem der Raten, der Timelüden und Nashornvögel auf Sumatra offenbart. 

Auf. Neu-Guinea 39 Tauben gegen 12, 23 Papageien gegen 3, 19 Fliegenfänger gegen 4 
und 14 Eisvögel gegen 8. Auf Sumatra hingegen 7 Raken gegen 2, 8 Nashornvögel gegen 1, und 
12 Timelüden gegen 5. 

Die übrigen Familien werden nicht in besonderer Weise affizirt. 

So ist also die Vogelwelt der australisch-papuanischen Region ebenfalls durch eine Reihe 
von eigenthümlichen Familien in ausgezeichneter Weise characterisirt, fast wider Erwarten, denn 
man sollte meinen, dass für diese mobilen Bewohner der Lüfte irdische Schranken gar nicht vor- 
handen seien. Trotzdem finden wir 6 Familien, welche in ihrer Verbreitung nur wenig über das 
austraüsch-papuanische Gebiet hinausgehen: das sind die Kakadus, die Paradiesvögel, die Casuare, 
die Megapodien, die Meliphagiden und die Podargiden. 



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Von den letzteren geht nur eine Gattung (Batrachostamus) nach Westen in das malayisch- 
indische Gebiet hinein, die übrigen sind endemisch. Australien haben wir vielleicht als alleiniges 
Entwicklungscentrum für dieselben zu betrachten. 

Das Letztere gilt auch für die merkwürdigen, langgeschnäbelten Honigsanger, die Meliphagiden, 
welche überall im austral-papuanischen Gebiet vorkommen, aber westlich kaum über die Molukken 
hinaus und östlich nur bis Samoa gehen. 

Die Hegapodien, nach Wallace hoch characteristisch für die australische Region, haben 
sich, vielleicht unter Mithilfe des Menschen, der sie ihrer Eier wegen gebrauchte, etwas weiter aus- 
gedehnt, sowohl nach Ost auf die pazifischen Inseln, wie nach Westen bis Nordbomeo und die 
Nicobaren, nördlich bis nach den Philippinen. Die Kasuare hingegen sind wieder streng anf unser 
Gebiet beschränkt, und zwar so, dass die Gattung Casuarius sich in Neu-Guinea und den anliegenden 
Inselgruppen im Osten (Melanesien) und Westen (Molukken), Dromaeus dagegen nur m Australien 
entwickelt hat. 

Die Kakadu'* sind ebenfalls keine weitgereisten Wanderer und haben sich hübsch zq Hause 
gehalten; aber dort sind sie überall, von Australien und den melanesischen Inseln bis nach den 
Molukken verbreitet, und gehen sogar mit ihren Spitzen nach Bali, Celebes und den Philippinen 
hinüber. 

Die Paradiesvögel endlich sind eine ausschliesslich neu-guineensische Schöpfung und auf 
dieses Land nebst den zu allernächst anliegenden Inseln beschrankt; eine einzige Art bat sich nach 
Nord-Australien hinüber verirrt. 

Für diese sechs Familien können wir, auf ihrer geographischen Verbreitung fussend, mit 
grosser Wahrscheinlichkeit die australisch-papuanische Region als Entstetnmgs- oder Entwicklungs- 
centrom annehmen. 

Neben denselben erwecken aber in zoogeographischer Hinsicht noch besonders die oben- 
genannten Familien der Tauben, der Papageien, der Eisvögel und der Fliegenfänger unsere Auf- 
merksamkeit. Es giebt nämlich kein Land auf der Erde, welches reicher an denselben wäre als 
die papuanisch- australische Region. Alle vier Familie» sind ja heutzutage über die ganze Welt 
verbreitet, aber die Thafsache, dass sie in unserem Gebiet ihre höchste und mannichfaltigste Ent- 
wicklung erreichen, z. Th. in ganz merkwürdigen und eigentümlichen Formen, das- legt uns 
mindestens die Prüfung nahe, ob diese kosmopolitischen Familien nicht ebenfalls ihren Ursprung 
hieher zurückleiten können. Freilich hat man im Miocän Frankreichs einen {wahrscheinlich mit 
afrikanischen Formen) verwandten Papagei gefunden, und nicht vergebens macht Wallace*) darauf 
aufmerksam, dass die offen nistenden Tauben hier im melanesischen Gebiet, wo Affen und andere 
Eierliebhaber fehlen, beinahe nothwendig eine hohe Entwicklung erlangt haben müssen, aber ich 
meine, gerade darum wird auch hier am leichtesten ein so leichtsinnig hausendes Geschöpf haben 
entstehen könne». 

Papageien nnd Tauben sind uralte Vogelgeschleehter, deren Ursprung Wallace noch jenseits 
des Beginnes der Tertiärperiode vermuthet; er sagt bezüglich der Papageien; ,Die fast universelle 
Verbreitung, wie auch ihre »annigfaltigen Details in der Organisation neben einer grossen Einförmig- 
keit im aligemeinen Typus — erzählen uns ra nicht misszuverstehender Sprache von einem sehr 
hohen Alter." Und bezüglich der Tauben: „lieber das geologische Alter der Columbae haben wir 
keine Berichte ; aber ihre weite Verbreitung, ihre mannigfaltigen Formen und ihre grosse Tsoh'rtheit 
deuten 1 alte auf einen Ursprung mindestens so weit zurück wie derjenige, welchen wir für die 
Papageien bezeichnet haben,* 



*) I* nbter „VBrbfrftaig *f tMere", H. Band, f. 874 f. 



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Von den Eisvögeln, auf welche diese Worte so gut passen wie auf die Tauben, sagt Wallace 
ausdrücklich, „dass in keiner andern gleich mannichfaltigen Gruppe von universeller Verbreitung ein 
so grosser Theil der generischen Formen auf einen so kleinen Distriet beschränkt ist. Von diesem 
Centrum aus (den Molukken und Neu-Guinea) vermindern sich die Eisvögel schnell nach allen 
Richtungen hin." Dass er das Alter der Eisvögel ebenfalls für ein sehr hohes hält, geht daraus 
hervor, dass er „in verhältnismässig neuen Zeiten (vielleicht während der Miocän- oder Pliocän- 
Periode) eine Art der Alten-Welt-Galtung Ceryle ihren Weg nach Nordamerika" finden lässt als 
Stammmutter der amerikanischen Alcediniden. 

Die Kakadu's, die Kasuare, vor allem die Paradiesvögel, die Warburg direct mit den uralten 
botanischen „Sammeltypen" vergleicht, wahrscheinlich auch die Megapodien und Podargiden sind 
ebenfalls alle mit einander sehr alte Vogelfamilien. Es fehlt also auch in der Vogelwelt nicht an 
Anzeichen und Beweisen für den archaischen Character der Neu-Guinea-Fauna. 

Wir wollen uns nunmehr das Leben und Treiben der gefiederten Welt etwas näher ansehen. 
Den Tauben mit ihren 39 Arten gebührt als der grössten und stattlichsten Familie der Vortritt. 

Der hervorragendste Vertreter dieser Sippe ist die bekannte Krontaube Goura beecarii, die 
in einer Varietät hüonensis weiter Östlich am Höongolf vorkommt. Das ist ein grosses, ungeschlachtes 
und etwas unbehilfliches Thier, von geringer Flugkraft, das ganz den Eindruck hohen Alters macht. 
Es ist schwerfällig und bäumt nicht gern hoch auf, ist darum gemächlich zu schiessen und wird 
unseren .Schiessjungen 1 ' immer eine leichte Beule. Es ist ganz zweifellos eine auf den Aussterbe- 
Etat gesetzte, .sich überlebt habende Art, die freilich jetzt noch sehr häufig ist. Wie ich oben schon 
erzählte, wird ihr des zarten Fleisches wegen sehr nachgestellt. 

Viele von den kleineren Arten, aus den Gattungen Treron und Ptilopus, sind mit einem 
grünen Kleide geschmückt. Das ist eine ausgezeichnete Schutzfarbe, welche die Taube, wenn sie 
sich ruhig verhält, in einer Höhe von 40—60 Fuss kaum von einem der grossen grünen Blätter 
unterscheiden lässt, auch wenn sie frank und frei vor unseren Augen auf einem Ast sitzt. Ich muss 
zu meiner Schande bekennen, dass ich mehrere Male schon auf ein solch grosses, grünes Blatt 
geschossen habe, in der Meinung, es sei eine Taube. 

Aber — diese Täuschung kommt nur zu Stande, wenn uns das Thierchen seinen grünen 
Rücken kehrt; sobald es uns seine gewöhnlich mit leuchtenden Farben — weiss, purpurroth, gelb 
oder orange — geschmückte Unterseite zudreht, sticht es sofort auffällig hervor. Nach unten, gegen 
einen vom Boden heranschleichenden Feind, wirkt also die grüne Schutzfarbe nur ausnahmsweise ; sie 
ist offenbar nur nach oben berechnet, gegen Feinde, die aus der Lull herabkommen, gegen Raubvögel. 

Die Gattung Ptilopus umfasst die Edelsteine unter den Tauben; die Farbenentwickelung ist 
bei ihnen eine ausserordentlich bunte und prächtige, und steht derjenigen der Papageien nur wenig nach. 

Das schönste ist wohl ein kleines Täubchen, welches Tcmmink mit Recht Ptilopus superbus 
genannt hat, und welches in den prächtigsten bunten Metallfarben prangt. Der Kopf ist grün und 
violett gesprenkelt, Hals und Nacken gelbrot li, mit grün durchsetzt, Rücken und Flügeldeckfedern 
grün, letztere mit pfauenaugenarligen grossen blauen Tupfen. Quer über die helle perlgraue Brust 
läuft ein breites schwarzblau schillerndes Band. Es ist dies ein Vögelchen, das an Pracht des Ge- 
fieders dem schönsten Paradiesvogel nicht nachsteht. Ein anderes hübsches Täubchen, grün mit 
leuchtend purpurrothem Scheitel ist Ptilopus pulchellus Temmink, während ein drittes statt des rothen 
einen prächtig kobaltblauen Fleck auf dem Kopf und Ptilopus quadrigeminus A. B. Meyer einen 
solchen von zart rosa Farbe besitzt, der nach hinten von einem schmalen orangefarbenen Band 
eingefasst ist. 

Ein hübsches, elegantes Thier war die grosse creme-weisse Taube mit schwarzen Schwung- 
und Schwanzfedern, Myristicivora spilorrhoea Gray, welche in Schaaren auf dem Inselchen Bilibili 



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— 91 — 

und den angrenzenden Theilen des Festlandes bis Maraga hin, bei Stefansort jedoch nicht mehr 
vorkam. Die grossen, stattlichen Carpophaga's, deren eine ganze Reihe von Arten und in grosser 
Menge bei Stefansort lebte, waren für unsern Tisch stets eine hochwillkommene Beute, denn ihr 
Fleisch ist womöglich noch zarter und schmackhafter als das der Krontaube; ich wenigstens zog es 
dem letzteren stets vor. Seltenere und vereinzeltere Gaste waren die bekannte prächtige Nicobar- 
taube, Caloenas nicobarica und die metallgrün schimmernden Erdtauben aus der Gattung Chalcophaps. 
Ebenfalls weniger häufiger bekam oder sah man die seltsamen, langgeschwänzten und gebändelten 
Arten der Gattungen Reinwardtoenas und Macropygia. Es war keine Seltenheit, dass der Schiess- 
junge 8 — 10 verschiedene Tauben des Abends nach Hause brachte. 

Die nächsthäufige Familie ist die der Papageien mit 23 Arten. Tauben und Papageien 
machen zusammen genau den vierten Theil der Avifauna von Deutsch -Neu -Guinea aus! 

Wahrend aber die Tauben mehr still und halbverborgen leben und nur wenig hervortreten, 
sind es gerade die Papageien, welche der Neu-Guinealandschaft ihren characte ristischen Stempel 
aufdrücken. Still und schweigsam würden die Wälder ohne sie daliegen, denn es fehlt ja fast die 
ganze Vogelfamilie, welche wir speciell die Sänger nennen. Der einzige wirklich gute Sänger, ein 
Oriolus, ist zu selten, um besonders hervorzutreten, und die paar gelegentlichen Schreier, die Eis- 
und Paradiesvögel, der Lederkopf und der Gymnocorax, auch der Nashornvogel, fallen nur zeit- und 
stellenweise und nicht gerade angenehm ins Gewicht; eine Ausnahme hievon bildet nur noch der 
mit wirklich klangvoller und kräftiger Stimme begabte Mino. Es fehlen ferner auch die fröhlichen 
Gesellen, die Affen, diese Allerweltslärmmacher ; kein Elephant trompetet hier, kein Hirsch schreit, 
kein Bär brüllt. 

Da treten nun die Papageien ein und helfen einem tiefgefühlten Bedürfniss ab und vollführen 
ganz allein einen grösseren Spectakel als Affen, Elephanten, Hirsche und Bären zusammen. Eine 
Neu-Guinealandschaft ohne das gellende, fremdartig klingende Geschrei der Papageien und Kakadu's 
ist nicht denkbar. 

In hellen Haufen ziehen sie durch das Land, und wenn man zufallig unter einem Baum 
steht, wo ein solcher Schwärm einfallt, dann kann man sein eigenes Wort nicht mehr verstehen. 

Es ist nur ein Glück, dass die grossen Arten, z. B. der Eclectus pectoralis Müller, (dessen 
Männchen lebhaft grasgrün ist, während das Weibchen ausschliesslich in feurigem Roth und Blau 
prangt, so dass man lange Zeit dieselben für verschiedene Arten hielt, bis A. B. Meyer diesen 
Irrthum berichtigte) und die Kakadu's isolirt oder höchstens familienweise zusammen leben, sonst 
wäre es gar nicht zum Aushalten. 

Der gemeinste Papagei, der in Schwärmen von hunderten, ja tausenden sich überall findet, 
und der in allen möglichen Varietäten von braun mit schwefelgelb bis scharlachroth vorkommt, ist 
Eos fuscata incondita A. B. Meyer. Wo ein Schwärm in eine Baumkrone eingefallen ist, sitzen die 
Thiere so dicht aufeinander, dass auf einen blindlings hinaufgesandten Schuss oft ein ganzes Dutzend 
herabpurzelt. Die Thiere waren so wenig scheu, dass man ruhig an ihren Baum herangehen und 
sich das Leben und Treiben derselben ansehen konnte. Ein Schuss verscheuchte den Schwärm 
höchstens auf Minuten. Nachdem sie aber ein paar Tage lang kennen gelernt hatten, was das 
Nahen eines Europäers für sie bedeute, war es kaum mehr möglich, auf Schussnähe heranzukommen. 
Man mochte sich noch so still und verborgen anpirschen, das Geschrei und Stimmengewirr der an- 
scheinend sorglos herumlärmenden Vögel wurde allmählich dünner und dünner und vereinzelter, und 
wenn man sich dann glücklich an ihren Baum herangeschlichen hatte, da war Alles stumm und die 
Gesellschaft hatte sich längst gedrückt, oder die letzten Nachzügler purrten gerade im gegebenen 
Moment auf und davon. 



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_ 92 ~ 

In meinem Tagebuch habe ich unterm 20. Februar 1894 bemertt: .Heute Nachmittag Gang 
in den Wald. Bemerke zum erstenmal seit December wieder grosse Papageischwärme auf gewissen 
Bäumen. Während sie aber früher so wenig scheu waren, dass man offen an ihren Baum heran- 
gehen konnte, war es jetzt fast unmöglich, sich an sie anzuschleichen. Ich hockte fast eine halbe 
Stunde im Gebüsch unter ihrem Tummelbaum, und der ganze Schwärm, der mich beim Nahen offenbar 
entdeckt hatte, sass in der Nahe im Gipfel eines benachbarten Baumes ausser Schussweite, vor 
Schreck und Furcht ein betäubendes Geschrei vollführend, ohne sich wieder herzufrauen. Nur einmal 
unternahm er einen pfeilschnellen Recognoscirungsflug über meinen Kopf hin, wobei die Thiere 
mich, ihrem Gezeter zufolge, wieder gesehen haben mussten." 

Etwas minder zahlreich waren Schwärme des prachtvoll grün und carmoisinfarbenen Lorius 
salvadorii A. B. Meyer, oder des Cyclopsittacus edwardsi Ouest; Trichoglossus massena Bp. war 
noch weniger häufig, ebenso Geoffroyus jobiensis A. B. Meyer und Chalcopsiltacus duyvenbodei 
Dubois, die nur in ganz dünnen Schwärmen flogen. Cyclopsittacus diophthalmus H. & J., Hypo- 
charmosyna subplacens Sol. erhielt ich nur ganz vereinzelt. Der Felsenpapagei Dasyptilus pescqueti 
Less, ein sehr merkwürdiges Thier, kam in der Astrolabebai gar nicht, sondern nur in den Vorbergen 
des Finisterre-Gebirges vor, war aber dort anscheinend nicht besonders selten. 

Die Krone des Schreiens gebührt zweifellos dem gelbgehäubten Kakadu, Cacatua triton. Von 
diesem lebt immer ein Pärchen in einem gewissen Bezirk; Flüge sieht man nur zusammen, wenn 
sie flügge Jungen haben, die sie anlernen und zur Selbständigkeit erziehen. 

Aufmerksam spähend und mäuschenstill sitzen diese Thiere in den Baumkronen, wo sie 
trotz ihres schneeweissen Gefieders in dem wechselnden Spiel von grellen Lichtern und Schatten 
manchmal gar nicht leicht entdeckt, manchmal aber auch, besonders auf einem dunkeln Hinlergrund, 
z. B. am Waldrande, auf grosse Entfernungen hin wahrgenommen werden können. Nichts entgeht 
ihren scharfen Augen und alles Neue und Ungewohnte wird mit einem entsetzlichen Geschrei begrüsst. 

Wieviel hundertmal habe ich mich über diese schlauen Gesellen geärgert, wenn ich so still 
und sachte durch den Wald hinschlich, um Etwas zum Schuss zu bekommen, und so ein Malefiz- 
Kakadu entdeckte mich. Der erhob dann ein solch entsetzliches Gekreisch, dass jede Feder auf eine 
Viertelstunde in der Runde ängstlich davonstob und die Jagd nolens volens ein Ende hatte. 

Das war nun einestheils offenbares Triumphgeschrei über die glückliche Entdeckung des 
heranschleichenden Feindes, andererseits aber auch eine so absichtliche Warnung der andern minder 
wachsamen Thiere, dass man aus dem Geschrei förmlich die Worte herausshören konnte: Fort, 
fort, Alles, was Flügel und Beine hat! Da naht sich Einer mit schwarzen Mordgedanken im Busen! 

Diese Vögel fühlen sich offenbar ihren Mitgeschöpfen geistig überlegen und dazu berufen, die 
andern zu warnen und über sie zu wachen, also eine Art Schutzpolizei über sie auszuüben. 

Im Gegensatz zu dem weissen hat der schwarze Kakadu, der Microglossus aterrimus, der 
ganz einsam und verborgen lebt, eine ziemlich leise, zarte und melodische Stimme. Er war nicht 
selten und die Schiessjungen brachten ihn oft an. 

Ein merkwürdiges Thierchen, kaum halb so gross als ein Sperling, ist der kleine, grüne 
Zwergkakadu Nasiterna pusio Sei., dem man sein Kakadutbnm nur am Schnabel ansehen kann. Er 
lebt auch in Schwärmen wie die Papageien, aber man bekommt ihn seiner Kleinheit und seiner 
grünen Farbe wegen in den Baumkronen selten zu Gesicht. 

Ein anderer guter Schreier, der aber auch nur paarweise oder in Familien von höchstens 
5 — 6 Stück zusammenlebt, ist der grosse Nashornvogel, Rhytidoceros pheatus ruficollis. Mit eigen- 
thümlich sausendem Flügelschlag zieht er unter rauh krächzendem, weithin hallendem Geschrei 
schwerfällig über die Baumkronen dahin, meist nur am frühen Morgen oder gegen Abend. 



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Die Krone und der Stolz der Neu-Guinea-Ornis sind die wanderbaren Paradiesvögel, welche 
auf Erden ihres Gleichen nicht mehr haben. Diese wirklich paradiesischen Juwelen der Vogelwelt in 
ihrem frischen Federschmuck draussen im grünen Wald in ihrer vollen Freiheit bewundern zu dürfen, 
das ist ein Hochgenuss, für den ein begeisterter Naturfreund ein Jahr Malaria gern auf sich nimmt! 

Ich habe, wie oben schon gesagt, 8 Arten dieser Familie erhalten, nämlich: Trichoparadisea 
guilielmi Cab., Diphyflodes chrysoptera seplentrionalis A. B. Meyer, Cictnnnrus regius L., Paradisea 
augustae victoriae Cab., Paradisea minor finschi A. B. Meyer, Craspedophora magniflca intercedens 
Sharpe, Manucodta chalybeata und Manucodia atra Less. 

Von diesen ist nur der gewöhnliche gelbe Paradiesvogel, P. minor, und das kleine wunder- 
bare Juwel Cicinnurus regius weit verbreitet. Von letzterem habe ich eine prächtige Reihe in aHen 
Stadien der Entwicklung bekommen, die gerade hier bei diesem Vogel ausserordentlich interessant 
zu beobachten war. Die Weibchen der Paradiesvögel entbehren nämlich sämmtlich des hervor- 
ragenden Schmuckes, welcher die Männchen auszeichnet; sie sind ganz einfach braun oder dunkel 
gefärbt mit wenig Zeichnung und namentlich das Weibchen des Cicinnurus regius ist ein ganz 
unansehnliches und unscheinbares Thierehen. Nun tragen aber die jungen Männchen bekanntlich 
zuerst das schlichte Kleid der Mutter und erst allmählich kommt stückweise der volle Schmuck 
des ausgewachsenen Männchens zum Durchbruch. Das scheint ganz unregelmässig und individuell 
vor sich zu gehen und man kann da die merkwürdigsten üebergänge beobachten. Manchmal deuten 
nur ein paar rothe Federchen auf dem Rücken das neue Kleid an; manchmal ist auch umgekehrt 
das ganze Kleid schon ausgefärbt und nur noch ein Büschel der braunen gestrichelten mütterlichen 
Federn mitten in der weissen Unterseite stehen geblieben. Von dem breiten, schwarzgrünen Band, 
das über die Brust läuft, ist oft nur ein Bruchstück rechts oder links entwickelt, ebenso von den 
beiden langen Schwanzfedern, die anfangs ganz gerade hervorwachsen und erst allmählich sich zu 
der bekannten eleganten Spirale einrollen. Bei einigen Exemplaren jedoch habe ich auch ein Hervor- 
wachsen bereits fertig gerollter Spiralen beobachtet. 

Die übrigen Paradiesvogelarten sind sehr lokal. Jede Gebirgskette, ja beinahe jeder isolirte 
Berg hat solche. Trichoparadisea guilielmi habe ich nur aus dem Hinterland der Astrolabebucht 
und Paradisea augustae victoriae nur vom Sattelberg erhalten. Der Diphyllodes und die Craspedophora 
magniflca intercedens, der schwarze Paradiesvogel mit dem grossen bronceschillernden Halsschild 
waren ebenfalls lokal und zwar in den Vorbergen der Astrolabebucht; die Schiessjungen mussten 
jedesmal eine Expedition von zwei Tagen machen, um sie zu erbeuten. Die Manucodien kamen 
zwar vereinzelt in den Wäldern der Küstenebene vor, aber auch nicht überall; die M. ehalybeata 
z. B. nur im Küstenwald bei Constantinhafen. Für das oft ganz eng umgrenzte Fluggebiet dieser Art 
ist es sehr bezeichnend, dass Kubary, der doch die Gegend jahrelang systematisch hatte absammeln 
lassen, durch seine Leute das Thier erst in der allerletzten Zeit seines Aufenthalts dort erhielt. Der 
sehr locale Character der Neu- Guineafauna, wird dadurch wieder aufs Neue documentirt, und gerade 
in Hinsicht darauf habe ich oben gesagt: Was uns die Hochgebirge Neu-Guinea's noch bringen 
werden, wir wissen es nicht, können es nicht einmal ahnen. 

Eine merkwürdige und wenigstens mir ganz neue Beobachtung bezüglich der Paradisea minor, 
der gewöhnlichen gelben Art, habe ich noch gemacht. Noch halb befangen von der bekannten 
Schilderung des alten Gessner, wonach die Paradiesvögel kein« Fasse haben und nur hoch in den 
Lüften herumschweben, bis sie todt irgendwo herabfallen, sachte ich stets hoch in den Baumkronen 
nach ihnen, und übersah dabei regelmässig, dass ich in den niederen Büschen und auf dem Boden 
immer eine Herde von 8 — 10 Stück eigentümlicher elstergrosser Vögel vor mir herjagte, die nur wider- 
willig und gar nicht scheu in kurzem, schwerfälligem Flug von Bosch zu Bosch flatterten. Da ich 



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nun endlich auf sie aufmerksam wurde und zwei von ihnen schoss, merkte ich zu meinem grossen 
Erstaunen, dass es junge Paradiesvögel waren, die noch keinen Federschmuck hatten. Es war dies 
offenbar eine Mutter, die ihre flügge gewordenen Jungen ausführte und Nahrung suchen lehrte. Im 
Magen derselben fand ich nur Insecten. Ich habe dies in der Folge dann noch oft beobachtet und 
kann auf Grund dieser Wahrnehmungen eidlich versichern, dass die Paradisea minor fmschi mindestens 
in ihrer Jugend ihre Nahrung auf dem Boden sucht. Alte Vögel im vollen Schmuck habe ich aller- 
dings auf dem Boden nicht gesehen, sondern nur in den Baumkronen, wo sie mit dem ausgespreizten 
goldenen Gefieder auf dem dunkelgrünen Hintergrunde einen herrlichen, unvergeßlichen Eindruck 
machen. Ich schliesse aber auch daraus, dass das Weibchen günstigenfalls ein Gelege von 8 bis 
10 Eiern ausbrüten muss, denn ich kann doch nicht annehmen, dass sich mehrere Flüge junger 
Vögel zu gemeinsamer Jagd zusammenthun. Diese Flüge habe ich Ende Dezember und Anfang 
Januar bemerkt, die Brutzeit fällt also in die heissen, trockenen Monate. Eier und Nest habe ich 
nie gesehen, obwohl die Vögel kaum eine halbe Stunde weit von meinem Hause im Wald brüten 
mussten, denn dort traf ich diese Jungen immer und konnte, mit Ausnahme der heissen Monate, 
auch dort stets ihre Stimme hören. Darum halle ich auch die Paradisea minor nicht für einen 
Strichvogel, wie vielfach angenommen wird. Die Stimme ist sehr laut und klangvoll und weithin ver- 
nehmbar: nach dem Gekreisch der Papageien hört man in den dortigen Wäldern am häufigsten die 
Stimme des Paradiesvogels. 

Ein merkwürdiger Vogel von AmselgrÖsse, der sowohl durch sein Gefieder, oben grün, unten 
lehmgelb mit schwarzen Flecken, als durch seine Stimme auffällt, die in einem eigenthümlichen 
Knarren und Wetzen besteht, ist Aeluroedus geislerorum, zuerst entdeckt von den Gebrüdern Geissler, 
welche sich um die Erforschung des deutschen Schutzgebietes verdient gemacht haben und nach 
denen A. B. Meyer den Vogel benannt hat. Im Magen dieser Thiere habe ich stets nur eine einzige 
Frucht, eine Schmiere von schwarzen Beeren von sehr intensiver Färbekraft, etwa wie unsere Heidel- 
oder Blaubeeren, gefunden. Der Vogel lebt ziemlich vereinzelt und verborgen im Walde. Ich habe 
nur wenige Exemplare davon bekommen. 

Der Casuar, Casuarius picticollis Schi., ist der hervorragendste und grösste Vertreter nicht blos 
der Vögel, sondern aller Thiere Neu-Guinea's überhaupt. Er ist bei Stefansort und an der Astrolabe- 
bucht im Allgemeinen nicht so häufig, als an der Küste ost- und westwärts, wo ausgedehntere Lalang- 
savanen sind, die er zu bevorzugen scheint. Bei Stefansort kommt er jedoch auch im dicksten Wald 
vor und scheut sich nicht, bis dicht an die Ansiedlungen herum zu streifen. Ich habe seine Spuren 
öfters ganz in der Nähe meines Hospitals gefunden, wo er offenbar während der Nacht hingekommen 
sein musste; er liebt also nächtliche Streifereien. Das Weibchen scheint nur ein Junges, höchstens 
zwei, grosszuziehen und vertheidigt dieselben mit grosser Kraft und Tapferkeit, Das hat einer unserer 
schwarzen Schiessjungen erfahren müssen, der einen Fehlschuss auf das Junge gethan hatte, und 
nun von der Mutter in der heftigsten Weise angegriffen ward. Sie warf ihn durch einen Fusstritt 
zu Boden und versetzte dem Mann durch Schnabelhiebe ein paar tiefe Wunden auf den Oberschenkel, 
so tief, dass ich den Zeigefinger seiner ganzen Länge nach hineinstecken konnte. Der Mann musste 
per Tragbahre nach Hause geschafft werden und lag wochenlang danieder. Es ist dieses Vorkommniss 
insofern interessant, als dadurch unwiderleglich dargethan wird, dass der Casuar als Waffe vorzugs- 
weise den Schnabel und nicht die Beine gebraucht. 

Auch der Casuar ist sehr local in der Verbreitung seiner Formen; an der Astrolabebucht 
kommt die eben besprochene Art vor, weiter nach Westen hin scheint sie ersetzt zu werden durch 
C. uniappendiculatus Schi., denn der Balg eines jungen, noch nicht ausgefärbten männlichen Thieres, 
das ein Freund von mir aus Berlinhafen erhielt, ward von Herrn von Berlepsch, der die Güte hatte, 
meine ornithologische Ausbeute zu determiniren, als zu dieser Art gehörig angesprochen. Der Vogel 



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befand sich etwa ein Jahr lang in Gefangenschaft; seine liebste Nahrung waren junge Hühner, die 
er, wenn sie sich in sein Gehege verirrt hatten, verfolgte und aufspiesste! 

Dann will ich noch in Kürze der beiden Hühnerarten gedenken, die in ihrer Lebensweise 
sich einander sehr gleichen. Es ist das Talegallahuhn, Talegallus longicaudus A. B. Meyer und ein 
Grossfusshuhn, Megapodius bruneiventris A. B. Meyer, etwas kleiner als das vorige. Beide laufen 
einsam oder höchstens zu zweien zwischen dem Unterholz der Wälder herum, sind jedoch nichts 
weniger als selten und verhältnissmässig leicht zu schiessen. Ihre lehmfarbenen Eier, ebenso wie die 
des Casuars werden von den Papuas häufig gefunden und gegessen. Sonst kann ich über dieselben 
weiter Nichts mittheilen, als dass sie ein sehr zähes Fleisch haben und, wenigstens mir, nicht 
besonders mundeten. 

Aus der Menge der übrigen gefiederten Welt will ich noch hervorheben als besonders 
bemerkenswerth wegen ihrer hübschen Farben zwei Prachtdrosseln, Pitla macktoti Temm und P. 
novaeguineae Müll. u. Schi., und wegen seiner klangvollen und modulationsfähigen Stimme die Mino 
dumonti, schwarzblau mit grossen lebhaft gelben, nackten Augenlappen, einen Verwandten der so 
sehr gelehrigen indischen und malayischen Eulabes-Arten, deren Sprachtalent so gross ist, dass sie 
sogar im wilden Zustand sich allerhand fremde Stimmen und- Töne aneignen. Ich bin überzeugt, 
dass auch die Mino dumonti mit Leichtigkeit zum Sprechen abzurichten wäre. Das Nest ist, gleich- 
wie bei den Eulabes-Arten, in hohlen Bäumen. 

Die bunten, glänzend gefärbten Eisvögel tragen sowohl durch die stattliche Anzahl der 
Arten (14), als der Individuen sehr viel zur Charakteristik unserer Landschaft bei. Der häufigste ist 
weitaus Halcyon sanetus Vig. und Horsf., oben seegrün, unten weisslich, mit schwarzgelblichem 
Nackenband. Er sitzt überall an der See und noch eine ziemliche Strecke weit ins Land hinein 
längs der Flussläufe, am liebsten auf abgestorbenen, todten Bäumen oder Aesten, von wo aus er eine 
freie Uebersicht hat. Mehr im Wald hält sich die schöne und grosse Sauromarptis gaudichaudi 
Qu. et G. auf. Das schönste Thierchen aus der ganzen Familie ist unstreitig die prachtvoll kobalt- 
blau gefärbte Tanysiptera meyeri Salvad-, welche man ziemlich häufig in lichtem, sonnigem Wald 
blitzartig dahinschwirren sieht. Sie ist ausgezeichnet durch die 2 ausserordentlich verlängerten 
mittlem Schwanzfedern, was ihr ein sehr elegantes Aussehen verleiht. 

Auch an Gaprimulgiden, Ziegenmelkern und Nachtschwalmen ist das Land sehr reich. Das 
hervorragendste, ausserordentlich merkwürdige Thier dieser Sippe ist der grosse Riesenschwalm 
Podargus papuensis Qu. und G., ein mächtiges Thier mit einer ungeheuer grossen RachenöfTnung, 
das man aber nicht sehr häufig zu Gesicht bekommt, weil es tagsüber der Länge nach eng an einen 
Ast angeschmiegt ruhig und bewegungslos dasitzt. Seine eigentümliche braun gesprenkelte Farbe 
passt dabei so gut zu der. des Astes, und das Thier duckt sich so platt und unbeweglich nieder, 
dass man kaum im Stande ist, den Vogel zu erkennen. Derselbe weiss das aber auch, und hat so 
grosses Vertrauen in seine Färbung und Anpassungskunst, dass er beim Nahen eines Menschen ruhig 
sitzen bleibt. Mir ist es nur ein einzigesmal geglückt, einen Riesenschwalm auf seinem Lager zu 
entdecken, das geübte Auge der Eingeborenen jedoch kann er nur selten täuschen. Man sehiesst 
die Schwalme und Ziegenmelker am besten in der Abenddämmerung, wenn sie aus ihren Verstecken 
herauskommen und unter ihrem eigentümlichen Geschrei der Nahrung nachgehend sich in den 
Lüften tummeln. 

Ein weiteres merkwürdiges Thier ist der Philemon jobiensis A. B. Meyer, welchem die 
europäischen Ansiedler seines nahezu kahlen, schwärzlich-grauen Kopfes wegen den Namen .Leder- 
kopf* gegeben haben. Es ist ein kräftiges, robustes Thier von Amselgrösse mit langem, spifzem 
Schnabel und grossen scharfen Krallen, das eine sehr laute, durchdringende Summe besitzt, mit der 
er das Seinige zur Belebung der Buschwälder redlich beiträgt Er gehört zu den Meliphagiden und 



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ist das einzige Thier dieser Familie, welches ich, und zwar in Flögen von 5—6 Stück, manchmal 
ausserhalb des Waldes angetroffen habe. Die andern von mir erbeuteten Meliphagiden wurden alle 
nur innerhalb des dichtesten Busch- und Hochwaldes geschossen. 

Das widerwärtigste Thier, welches mir in Neu-Guinea aufstiess, war eine in Flügen von 
6 — 10 Stück einherziehende Krähe, welche Lesson mit dem sehr charakteristischen und bezeichnenden 
Namen Gymnocorax senex belegt hat. Das Thier ist von schmutzig graubrauner Farbe, unten heller, 
Kopf, Kacken und Brust weisslich. Alle nackten Thcile einschliesslich des Schnabels sind schmutzig 
fleischfarben. In diesem Kleid macht das Thier einen unendlich unsauberen, zerschlissenen, so- 
zusagen abgeschabten Eindruck, der noch erhöht wird durch eine jämmerliche, wegen ihres er- 
bärmlichen Tones sofort auffallende Stimme. Es war mir, wie gesagt, der unsympathischste Vogel, 
dem ich je begegnete ; so oft ich ihn sah oder hörte, musste ich unwillkürlich an Aas denken. 

Ausserdem kam noch bei Stefansort, aber selten, ein richtiger schwarzer Rabe vor, Corvus 
orru Hüll. 

Aus der Familie der Kukuke war mir auffallend ein ebenfalls schwarzer Buschkukuk, Poto- 
philus bernsteini Scbleg., der hie und da einsam auf einem Busch in den Grassavanen sitzend sein 
kollerndes Liedchen flötete. Er war nicht häufig. Ein viel grösserer, ebenfalls schwarzer Verwandter, 
Nesocentor menebiki Garn, kam nur im dichten Urwald vor. Die kleine, den Webervögeln (Ploceidae) 
angehörige Munia sharpei war häufig in dem schnell aufspriessenden Gebüsch der Brachfelder zu 
treffen, wo sie in Flügen von 10 - 20 Stück ihre stille Thätigkeit auf irgend einem Strauch entfaltete, 
um beim Nahen eines Menschen plötzlich einmüthig davonzupurren, wobei die weissen Köpfchen der 
kleinen niedlichen Thiere gar merkwürdig hervorstachen. 

Auf den Wegen ebendortselbst trieb sich in sonderbaren Sprüngen und Capriolen ein anderes, 
aber einsam lebendes, schwanzwippendes Vögelchen umher, ein Fliegenfänger, der besonders des 
Abends seinen lustigen Insectenfang ausübte, entweder eine Rhipidura oder die Sauloproeta melaleuca. 

Auch ein hübsches Wachtelchen lief in den Grasfddern herum, Synoecus cervinus Gould, und 
einmal sah ich auch ein Wasserhühnchen, Amaurornis olivaeea Meyer, über den Weg laufen, das 
ich aber fehlte, so dass ich über die Zugehörigkeit nicht absolut sicher bin. 

Reiher, Sumpf- und Wasservögel gab es überreichlich und namentlich in der Regenzeit 
wimmelte es förmlich in den Brachfeldern und Savanen von Regenpfeifern, Uferläufern und Beccas- 
sinen, die ans vom November bis in den März hinein tagtäglich willkommene Braten für die Küche 
Lieferten. 

Zum Schlüsse will ich noch der Raubvögel gedenken, deren ich etwa 10 Arten bemerkte. 
Das grösste Thier, ein stattlicher Adler, der aber nicht häufig zu sein schien, war Harpyopsis 
novoeguineae Salvad. Das häufigste jedoch und durch sein Gebahren am auffallendsten war ein Habicht, 
Accipiter eirrhocephalus Vieill. Derselbe hatte völlig seine frühere stolze Stegreif-Lebensweise aufgegeben 
und war auf das Niveau eine Krähe herabgesunken, denn er nährte sich nur ausschliesslich von den 
Larven und Kerfen, welche die Hacke der chinesischen und melanesischen Feldarbeiter zu Tage förderte. 
Dutzend-, ja manchmal fast hundertweise tummelten sich die Thiere auf den friscbgeackerten Feldern 
mitten unter den arbeitenden Kulis, wie hierzulande die Krähe zwischen den pflügenden Landleuten. 
Während aber diese trotz aller Frechheit und unverschämten Zudringlichkeit immer auf ihrer Hut 
ist, war dies der Habicht nicht. Er blieb stets dumm-zutraulich oder, besser gesagt, unachtsam, 
and Kess die Menschen ruhig bis auf fest Greimähe an sich herankommen, selbst nachdem er schon 
Monate lang das Gewehr können gelernt hatte. Es war und blieb die leichteste Jagdbeute, die mir 
noch je -vorgekommen ist. Eck traue infolgedessen seinen geistigen Fähigkeiten nicht allzuviel zu. 

Von Eulen erhielt ich nur die Ninox theomacha Bp., eine hübsche, kleine Zwergeule. 

So viel im Allgemeinen über die Vogelwelt Eine vollständige Artenliste befindet sich im Anhang. 



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- 97 — 

Gehen wir nun über zu den Reptilien. Welch 1 hohe Bedeutung denselben in zoogeographischer 
Hinsicht beizumessen ist, mag der Ausspruch von Ihering's*) zeigen, „dass für die Erkenntniss der 
mesozoischen Geographie lediglich Eidechsen, Mollusken, Insecten und einige andere niedere Thiere 
in Betracht kommen. 1 

Da ist es nun sehr bezeichnend, dass auch die Reptilien, die wir bis jetzt aus Neu-Guinea 
kennen, den archaistischen Faunen -Character dieser Insel vollauf bestätigen, wie wir gleich sehen 
werden, und zwar nicht blos hinsichtlich der sehr zahlreichen Eidechsen, sondern auch der spärlicher 
vertretenen Schlangen. 

An Schlangen ist nämlich Deutsch - Neu - Guinea für ein Tropenland recht arm zu nennen. 
Ich selbst habe nur 11 Arten auffinden können; ausserdem kenne ich nur noch 10 weitere, die in 
Böüger's, Mehely's und F. Wemer's Listen (s. im Anhang) aufgeführt werden, so dass bis jetzt etwa 
im Ganzen 21 Arten bekannt sein dürften. Werner**) zählt von Neu-Guinea (wahrscheinlich nur 
der östlichen Hälfte) 33 Arten im Ganzen auf mit je 27,3 % Riesenschlangen und Giftnattern, ein 
Verhältniss, welches, wie er sagt, „schon sehr nahe an Australien erinnert, für welches das Vorwiegen 
dieser beiden Schlangengruppen geradezu characteristisch ist". Diese Schlangenarmuth ist um so 
auffallender, als Neu-Guinea zwischen zwei reine Schlangenparadiese eingekeilt ist, nämlich den 
malayischen Archipel und Australien. 

In Sumatra, in dem verhältnissmässig kleinen Theil, den ich dort durchforschen konnte, habe 
ich 45 Arten gefunden; in Australien kommen ebensoviel allein schon in Queensland vor. Kaiser- 
Wilhelmsland hat also noch nicht einmal die Hälfte. Wie an Arten, so ist es auch arm an Individuen. 
Man kann thalsächlich wochen-, ja monatelang dort herumspazieren, ohne einem solchen Gewürm 
zu begegnen. Die meisten werden nur beim Waldkappen oder Roden der Felder erbeutet oder in 
den Hühnerställen, deren Insassen sie gerne nächtlicherweile nachstellen, gelegentlich todtgeschlagen, 

Die nebenstehende Abbildung zeigt eine Python amethystinus Sehn, von 3 Vi Meter Länge, 
die wir im Hühnerstall eines Bekannten, durch den Lärm der gefiederten Bewohner in später 
Abendstunde aufmerksam gemacht, erschlugen. Sie hatte ein todles, aber völlig unversehrtes 
Huhn im Leibe. Die dadurch verursachte Anschwellung, welche sie am schnellen Rückzug durch 
den etwas engen Lattenzaun hinderte und so mittelbar ihre Todesursache wurde, ist auf der Ab- 
bildung deutlich zu sehen. Eine andere Schlange der gleichen Art, welche mein Assistent Kunzmann 
in seinem Hühnerstall erschlug und secirte, hatte in ihrem Magen: 
7 junge Kücken, 

1 als Hühnernest benutzte Strohhülse von einer Sectflasche, 

2 unversehrte Hühnereier, 

2 andere Eier, halb so gross wie ein Hühnerei, weiss, gelbgrau gesprenkelt. 

Bei einem der letzteren war die harte Schale durch die Säuren des Magens völlig 

aufgelöst, bei dem andern nur an der Stelle, welche fest an der Magenwand anlag. Das 

feine Häutchen unter der harten Schale war ganz intact. 

Das war gewiss ein guter Appetit! 

Es ist merkwürdig, wie vielfach in Europa, selbst bei naturwissenschaftlich Gebildeten, der 

Glaube verbreitet ist, es gäbe in Neu-Guinea keine Giftschlangen. Dem gegenüber will ich nur con- 

statiren, dass die australische Todesotter, Acanthophis antareticus Shaw, bekanntlich eine der aller- 

giftigsten des an Giftschlangen so reichen australischen Contuients, in Kaiser- Wilhelmsland nicht selten 



*) »Das neotropische Florengebiet und seine Geschichte" von Dr. H. v. Ihering in dem Beiblatt zu den bo- 
tanischen Jahrbüchern v. Engler Ho. 42, 7. Nov. 1893. Band XVII. 

**) „Ueber Reptilien und Batrachia aus Togoland, Kamerun und Deutsch-Neu-Guinea" in: Verhandl. zooL bot 
Ges. Wien 1899, XUX. Bd., 2. und 8. Heft. 

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ist, und dass, wie die systematische Liste hinten im Anhang ausweist, ausserdem noch fünf weitere 
giftige Arten bereits aufgefunden sind, so dass sich das Verhältniss der giftigen zu den nichtgiftigen 
Arten in unserer Kolonie wie 1 : 3 stellt. Dieses Verhältniss, ein Drittel giftige, gilt zugleich für die 
ganze austro-malayische Region. Unter meinen 45 in Sumatra erbeuteten Arten waren 13 giftig. 

In Australien ist das Verhältniss noch viel ungünstiger. Wallace *) sagt, dass zwei Drittel 
der australischen Schlangen zu der giftigen Familie der Elapiden gehören. Prof. Böttger hat in seiner 
Bearbeitung der Semon'schen Ausbeute speciell darauf aufmerksam gemacht, dass die Schlangenwelt 
Australiens ein besonders alterthümliches Gepräge erhält durch die reiche Entwicklung der geologisch 
ältesten Schlangengruppe, der Pythoninae, und zweitens durch das Verhandensein zahlreicher Schlangen 
mit Giftzähnen, deren Vorfahren durch Prof. Kinkelin ebenfalls im Untermiocän schon nachgewiesen 
wurden. Wenn wir nun unsere Kaiser-Wilhelmsland-Schlangen daraufhin ansehen, so gehören von den 
21 Arten 18, also über die Hälfte, diesen uralten Familien an. Dies beweist, dass die Grundlage der 
Schlangenfauna unseres Gebietes wesentlich australisch ist, und damit ist auch von Seiten dieser 
Thierklasse der Nachweis für das hohe Alter der Neu-Guineafauna erbracht. Zugleich zeigen sich 
aber auch deutlich die Einflüsse und Einwanderlingen von Westen, von den malayischen Inseln her, 
in den Familien der Colubrinen und Dipsadinen. Nach West-Neu-Guinea sind sogar schon die 
malayischen Lycodon und Ophiophagus eingedrungen.**) 

Von den übrigen Reptilien ist wohl am interessantesten das Krokodil, das aber bei Weitem 
nicht so häufig ist wie in Sumatra. Die wenigsten Europäer in Kaiser-Wilhelmsland werden dies 
Thier in der Freiheit beobachtet haben, während eine einfache Fahrt an der Mündung des Deli- 
flusses in Sumatra zu meiner Zeit hinreichte, es in genügender Anzahl zu Gesicht zu bekommen. 
An der Astrolabebucht, wo grössere Flüsse fehlen, scheint das Krokodil ausschliesslich am Seestrande 
vorzukommen und tagsüber Wanderungen auf regelmässigen Wechseln nach den mehr landeinwärts 
gelegenen isolirten Tümpeln und Sümpfen zu unternehmen, was dann die Eingebornen, die mit ihren 
jämmerlichen Waffen diesem hartgepanzerten Unthier gegenüber rein auf Ueberlistung angewiesen 
sind, benützen, ihm auf seinem Wege aufzulauern und es mit Knütteln und Speeren zu erlegen. 
Das mag ihnen nun selten genug gelingen ; ich kann mich aus der Zeit meines Aufenthaltes nur 
zweier Fälle erinnern, in denen ein Krokodil so dumm war, sich totschlagen zu lassen. 

Unter den Eidechsen, die bereits in der stattlichen Zahl von 26 resp. 29 Arten aufgefunden 
wurden — 13 davon habe ich selbst beobachtet (S. die Liste im Anhang) möchte ich als merk- 
würdig hervorheben das Vorkommen zahlreicher Varanus-Arten, nicht weniger als 4 resp. 5, während 
ich in Sumatra nur eine einzige angetroffen habe. Diese häufigen, oft über 6 Fuss langen Riesen- 
eidechsen sind noch mehr als die vorhin erwähnte Schlange eine wahre Plage für den Hühnerzüchter, 
die seine Heerde nur allzusehr brandschatzen. Es sind sehr gewandte Diebe und Räuber; Nichts 
ist vor ihnen sicher; sie stehlen einem die Scelette von den Bäumen herunter, an die man sie zum 
Trocknen aufgehängt hat und graben sich unter den Hühnerställen ins Innere durch, oder klettern, 
wenn das nicht geht, eilig und gewandt an den Wänden hinauf und kommen durchs Dach berein. 
Sie sind so flink und aufmerksam, dass es schon grosser Vorsicht und Schnelligkeit bedarf, sie in 
flagranti zu überraschen. 

Ein kleines Juwel in der Sippe der Eidechsen ist das hübsche Lygosoma smaragdinum Lesson, 
ein nettes, kleines Thierchen von smaragdgrüner Farbe mit einem sehr langen, leuchtend himmel- 



*) In : Australasia by A. R. Wallace, London 1880, p. 62 und : Die geographische Verbreitung der Thiere, übers. 
von A. B. Heyer. Band I. Seite 168. 

") S. Dr. A. B. Heyer : Uebersicht der von mir auf Neu-Guinea und den Inseln Jubi, Hyeore und Mafoor im Jahre 
1878 gesammelten Amphibien. Auszug aus dem Monatsbericht der kgl. Akademie d. Wisa. zu Berlin. Site v. 12. Febr. 1874. 



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blauen Schwanz, das allerorten im Wald auf niederen Kräutern und Blättern, eine Blume unter 
Blumen, dasitzt und gar nicht besonders scheu ist. 

Was die Frösche betrifft, so habe ich bereits im Reisebericht eines kleinen grünen Laub- 
fröschleins (Hyla iofrafrenata Gthr.) Erwähnung gethan, welches ich bei meinem ersten Ausflug in 
Friedrich-Wilhelmshafen fast auf jedem Busch bemerkte. Ausser diesem habe ich nur noch zwei 
weitere Frösche gefunden, welche beide ebenfalls der in den Tropen weitverbreiteten Baumfrosch- 
Galtung Hyla angehörten : H. dolichopsis Gope und H. congenita Pts. et Dor., wovon die erstere in ihrem 
grasgrünen Kleid eine ziemlich stattliche Grösse, etwa wie eine Kinderfaust, erreicht. Ich habe sie 
recht häufig im Geäst der Citronen- und Orangenbüsche gefunden, einigemale auch am Fusse der- 
selben in einer seichten Mulde zwischen den Wurzeln. 

Ausser den von mir beobachteten sind noch einige weitere Arien in Kaiser-Wilhelmsland 
gefunden (siehe den Anhang), darunter auch je zwei zu den eigentlichen Fröschen, den Raniden, 
und zu der Krötenfamilie der Engystomatiden gehörige Thiere, während die übrigen alle zu den 
Baumfröschen (Hyliden) gehören. Von der im Anhang erwähnten Bufo melanostictus sehe ich wegen 
der nicht ganz sicheren Provenienz ab. 

In der nassen Jahreszeit sind die Frösche wie überall, so auch hier besonders häufig, und 
das Gequake derselben rings um das Haus kann Einem in regenfeuchten Nächten wirklich manchmal 
den Schlummer rauben. Kubary giebt eine drastische Schilderung von ihrer stellenweisen Häufigkeit : 

„Da es in der vorhergegangenen Nacht geregnet hatte, stand der Weg nach Ajirubu ganz 
unter Wasser und auf beiden Seiten desselben erstreckten sich vertiefte Mulden, dicht bewachsen 
und von unzähligen Mengen von Fröschen bewohnt. Bei näherer Untersuchung einer solchen Stelle 
ergab sich, dass die Sümpfe wörtlich mit diesen Fröschen ausgefüllt sind, und zwar leben sie 
klumpenweise auf todten Individuen ihresgleichen zusammengedrängt; nach dem weithin hörbaren 
Geschrei unterschied ich zwei Arten derselben, von welchen die eine nach der Beobachtung des 
Steuermannes Knoth die Grösse von beinahe 10 Zoll erreicht. Leider war die Stelle zu sumpfig, 
um ein Exemplar zu sichern.* (Bericht Kubary's im II. Heft 1888 der Nachrichten über Kaiser- 
Wilhelmsland Seite 61). 

Auf die Bewohner des Meeres habe ich meine Sammelthätigkeit nicht ausgedehnt; der 
Mensch kann eben nicht Alles zu gleicher Zeit. Und dann habe ich, ehrlich gestanden, eine Anti- 
pathie, namentlich gegen Fische; ich esse sie auch nur, wenn es nichts Anderes giebt. Ich glaube, 
es rührt dies davon her, dass mir als Kind einmal eine Gräte im Schlund stecken blieb und ich 
unter grossen Schmerzen lange daran zu laboriren hatte. Kleine Ursachen — grosse Wirkungen. 

Fische gab es in der Astrolabebai massenhaft; die Eingeborenen, namentlich die Bogadjim- 
Leüte, haben eine fast unfehlbare Sicherheit, dieselben zu Speeren oder mit besonderen, mehrspitzigen 
Pfeilen zu schiessen. Mein Apotheker und Hospitalverwalter Kunzmann fuhr anfangs fast alltäglich 
hinaus in die Bucht mit einigen Dynamitpatronen, die er, angezündet, an geeigneten Plätzen ins 
Wasser warf. Nach der Explosion trieben fast stets eine Menge getödtete Fische an der Oberfläche, 
die er mit leichter Mühe einsammelte und dadurch uns und unsern Kranken zu einer willkommenen 
Abwechslung im Speisezettel verhalf. Das Fischen mit Dynamit ist im Schutzgebiet ein sehr 
beliebter Sport, doch hat auch mancher Leichtsinnige oder Unvorsichtige hiebei schon Hand oder 
Arm eingebüsst, wenn er die angezündete Patrone zu lange in der Hand hielt oder sie mit der 
glimmenden Cigarre, an der er die Lunte entzündet, verwechselte und jene statt dieser ins Wasser 
warf, eine Verwechslung, die, so komisch und merkwürdig dies klingt, gar nicht so selten einem 
alten, indolenten Tropengehirn passirt. Ich kenne mehrere derartige Fälle. 

Späterhin liess die Administration der Astrolabe-Compagnie einen gelernten chinesischen 
Fischer kommen, der den Fang regelrecht betrieb. Seine Hauptbeute war stets ein grosser, manch- 



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mal bis 15 Fuss langer ungeschlachter Hammerhai, eine Zygaene, der sich recht häufig in den 
grossen ausgelegten Netzen fing. Dessen Lebensweise scheint also keineswegs mit solcher Vorliebe 
sich auf den Meeresschlamm zu beschränken, weil er sich sonst nicht so oft in den Schleppnetzen 
gefangen hätte. Auch fänden sich in den Mägen der von mir und Herrn Kunzmann secirten Thiere 
stets nur die gewöhnlichen Fische und niemals Rochen oder Plattfische. Diese Zygaene schien die 
Astrolabebai ausschliesslich zu ihrem Tummelplatz erwählt zu haben; ich habe während meiner 
Anwesenheit dort keinen andern Hai bemerkt ; nur ein paar grosse abenteuerlich geformte Rochen 
wurden noch erbeutet, nebst grossen Schwert- und Sägefischen. 

Von Süsswasserfischen wäre selbst beim besten Willen in unserer Gegend (um Stefansort) 
Nichts zu erhalten gewesen, denn die beiden Flüsschen daselbst, der Yori und der Mintjim, waren, 
obwohl breit, doch in der trockenen Zeit so seicht, dass man sie beinahe ohne den Fuss zu netzen 
durchwaten konnte, schwollen jedoch in der Regenzeit so rapide und reissend an, dass sich darin 
keine Fischbrut hätte halten können. Die übrigen Bäche waren zu klein und versiegten im 
Sommer fast ganz. 

Erwähnenswerth ist vielleicht, dass bei Friedrich- Wilhelmshafen ein ziemlich grosser, schwarz- 
blau und weiss geringelter Aal vorkam, von dem sich ein Exemplar, durch Missionar Bergmann 
mitgebracht, jetzt im naturhistorischen Museum zu Wiesbaden befindet. 

Ein ganz unvergleichliches Vergnügen war es stets für mich, an einem frischen klaren 
Morgen bei Sonnenaufgang hinauszufahren auf die blaue Fluth an einen Ort, der vor Wellenschlag 
geschützt war, dort meinen Kahn treiben zu lassen und mich über Bord lehnend hinunterzuschauen 
in das krystallkfare Wasser. Da blickte das Auge hinab in wunderbare Zaubergärten, 10, 20, 30 
und noch mehr Fuss tief unter mir und doch so klar und deutlich, alä könnte ich sie mit den 
Händen erreichen. Wundersame Blumen und Bäume — Korallen — hoben sich da aus dem Grunde, 
Fische in allen Formen und Farben spielten silber- und goldblitzend um sie herum und dazwischen 
lagen prächtige grosse Seesterne von leuchtend blauer oder ledergelber Farbe mit eleganter dunkel- 
rother Zeichnung. Hinabstürzen hätte man sich mögen in diese märchenhafte, durch den Reflex des 
Wassers magisch verklärte Feenwelt; es kostete mich jedesmal Mühe, mich von dem Anblick los- 
zureissen, und lange noch zitterte das Gesehene in meiner Seele nach. 

Von Schildkröten, Cheloniern, fand ich nur die grosse, werthvolle Seeschildkröte, der wegen 
des Schildpatts bedeutend von Europäern und Eingebornen nachgestellt wird. Ich traf einmal einen 
solchen Coloss an der Oberfläche schwimmend mitten in der Astrolabebai, der so wenig scheu 
war, dass er eine ganze Zeit lang fast in Greirhähe neben meiner fauchenden und rasselnden Dampf- 
barkasse herschwamm ; es sah fast aus wie ein Wettkampf im Schwimmen zwischen Barkasse und 
Schildkröte, und nur ganz langsam, fast widerwillig, tauchte das Thier endlich tiefer hinab, blieb 
aber noch lange in Sicht. 

Mit Conchylien war ich etwas glücklicher. Zwar die Meeresconchylien waren kaum der 
Rede und des Mitnehmens werth, höchstens wäre hier die Riesenmuschel, eine Tridacna von mehreren 
Fuss Durchmesser, zu erwähnen, welche ein Bekannter von mir unweit eines Riffes bei Erimahafen 
im Sande steckend gesehen haben will; derselbe Herr, ein alter Seemann, der sich gerne auf dem 
Wasser herumtrieb, Hess auch verschiedentlich Andeutungen von durch ihn in der Astrolabe-Bucht ent- 
deckten Perlmuschelbänken fallen, und wollte ein hübsches Perlenexemplar an einen Bekannten in 
Europa geschickt haben. Ich lasse die Sache dahingestellt — Jäger und Seeleute sprechen dasselbe 
Latein. Unmöglich wäre die Sache ja übrigens nicht. 

Es ist merkwürdig, wie selten verhältnissmässig in tropischen Tiefländern die Schnecken 
sind. So sehr man in Höhen von 2 — 3000 Fuss manchmal erdrückt werden kann von der Masse 
von Formen und Exemplaren, so selten sieht man Land-Schnecken in der Ebene. Das habe ich in 



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Sumatra erfahren, und fand es wieder hier in Neu-Guinea bestätigt. Häufig waren hier nur zwei 
Arten , die Papuina kubaryi und eine kleine Adelomorpha , welche namentlich bei Friedrich- 
Wilhelmshafen auf den Blättern der Büsche herumkroch. Die übrigen im Verzeichniss am Schlüsse 
aufgeführten Arten stammen meistens aus den höheren Strecken und den Vorbergen des Finisterre- 
Gebirges. 

In den Flüsschen und Wasserläufen fanden sich jedoch stets massenhafte Süsswasserschnecken 
aus den Gattungen Neritina und Melania, welche den Eingeborenen theilweise zur Nahrung dienen. 

Da ich in der Molluskenfauna vollständig Laie bin, so hatte mein verehrter Freund Dr. 
W. Kübelt, einer der besten Kenner, die Güte, meiner Unkenntniss zu Hilfe zu kommen und mir eine 
kurze Besprechung der Molluskenfauna Neu-Guinea's zur Verfügung zu stellen, welche ich im Nach- 
folgenden zum Abdruck bringe. 

Er schreibt: Die Binnenmolluskenfauna von Neu-Guinea ist uns leider noch lange nicht 
bekannt genug, um ein endgültiges Urtheil über ihre zoogeographische Bedeutung abgeben zu können. 
Einiger Fortschritt gegenüber dem Stand der Kenntnisse zur Zeit der Abfassung meiner Arbeit im Nach- 
richtsblatt der Deutschen Malacozoologischen Gesellschaft 1886 und 1887 ist allerdings zu verzeichnen; 
er vertheilt sich aber ungleich auf die verschiedenen Theile der langgestreckten Insel. Am schlechtesten 
ist der holländische Theil weggekommen. Hier hat eigentlich nur Doherty eine Bereicherung geliefert; 
seine Novitäten stammen von den Küsten der Geelvinkbai, von Andai und der Insel Jobi. Für den 
deutschen Antheil kennen wir immer noch nur die nächste Umgebung der Ansiedelungen an der 
Astrolabebai, den Hauptantheil hat charakteristischer Weise der Ungar Brancsik nach den Samm- 
lungen des ungarischen Reisenden Fenichel geliefert. Dann kennen wir noch einige Arien von der 
Maclay-Küste, die Brazier veröffentlicht hat und neuerdings einige von der Humboldtbai und speziell 
einer in derselben liegenden Insel Djamna (Zamna?), die ich auf keiner Karte verzeichnet finde. 
Sollte das halbe Dutzend prächtiger und eigenthümlicher Arten wirklich von einer kleinen Insel 
stammen, so würden wir von Neu-Guinea allerdings noch sehr zahlreiche und interessante Formen 
erwarten können. 

Besser kennen wir das britische Neu-Guinea, über dessen Molluskenfauna auch bereits eine 
zusammenfassende Arbeit von Hedley vorliegt. Ich komme auf sie später zurück. 

Neu-Guinea liegt im Mittelpunkte dreier gut verschiedener Faunengebiete, von denen zwei, 
das der Molukken und das melanesische zu den reichsten der Erde gehören, während das 
dritte, das australische, sich durch seinen ganz eigenthümlich archaischen Charakter auszeichnet. 
Betrachten wir zuerst das Verhältniss der Insel zu Australien, so ist, wenn wir Australien als ein 
Ganzes nehmen, die Verwandtschaft anscheinend eine ziemlich nahe; eine ganze Reihe australischer 
Formen finden sich auch auf Neu-Guinea. Sehen wir aber schärfer zu, so sind alle diese Formen 
auf einen ganz kleinen Theil des Festlandes beschränkt, auf das nördlichste Queensland und den 
schmalen Küstenstreifen Östlich von dem Gebirge bis etwa zum Claraice River herab. Nur hier finden 
sich überhaupt Deckelschnecken und die prächtigen grossen Heliciden der Gattung Hadra, welche 
eine Zierde der Sammlungen sind. Weiter südlich verschwinden sie völlig. Sie stehen der eigent- 
lichen australischen Fauna, wie wir sie im Süden und Westen, aber auch längs der Nordküste finden, 
so völlig fremdartig gegenüber, dass sie unbedingt als spätere Eindringlinge betrachtet werden müssen 
und zwar als Eindringlinge, die ausschliesslich über die Torres-Strasse eingewandert sind. In dem 
Northern Territory, obwohl die es von Neu-Guinea trennende Harafura-See auch nirgends 100 Faden 
Tiefe erreicht, fehlen Schnecken von papuanischem Typus vollständig, es kann also seit deren Aus- 
bildung eine Landverbindung hier niemals stattgefunden haben. 

Betrachten wir die Mollusken-Fauna von Neu-Guinea als Ganzes, so fällt uns, namentlich im 
Vergleich zur Pflanzenwelt, ein sehr schroffer Unterschied in's Auge: die geringe Anzahl endemischer 



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eigenthümlicher Gattungen und Untergattungen. Es ist eigentlich nur die seltsame Gattung Perrieria, 
die unseren Glausilien in der Faltenbildung der Mündung ähnlich ist, aber kein Schliessknöchelchen 
hat und trotz des Verlustes der Gehausespitze noch die Länge von 65 mm erreicht; wir kennen von 
ihr jetzt zwei Arten. Dann die eigentümliche bulimusarüge Calycia, von der eine Art aber bis 
zu den Molukken übergreift. Ausserdem können höchstens noch ein paar unbedeutende Deckel- 
schnecken (Cyclotropis, Bellardiella) als eigentümlich gelten. 

Dagegen sind die Arten der Gattungen, welche überhaupt zoogeographische Bedeutung 
haben , mit sehr geringen Ausnahmen endemisch und anscheinend auf kleine Theile der Insel 
beschränkt. Die Zahl der weiter verbreiteten nimmt mit der genaueren Erforschung nicht zu, sondern 
ab; eigentlich nur mit den Molukken sind einige Arten gemeinsam und auffallend ist nur das durch 
Hedley sicher gestellte Vorkommen der ceramischen Xesta citrina an Fly River und Douglas River. 

Die Hauptmasse der Landschneckenarten entfallt auf die Galtung TIelix im engeren Sinne. 
Es verlheilen sich dieselben zwar auf mehrere Untergattungen, aber sie gehören doch unverkennbar 
zusammen. Aber keine der Untergattungen ist auf Neu-Guinea beschränkt, sie reichen einerseits 
über die Molukken bis nach der Minahassa, der nördlichen Halbinsel von Gelebes, und andererseits 
über den Bismarckarcbipel und die Salomonen bis zu den Neuen Hebriden, wo sie mit zwei Geo- 
trochus ausklingen. Neu-Caledonien, die Tonga- und Vitiinseln haben keine dieser Formen mehr, 
sie müssen also als mehr westliche Arten betrachtet werden, im Gegensatz zu den Bulimus der 
Gattung Placostylus, welche ihr Entwicklungszentrum im Östlichen Melanesien haben und auf Neu- 
Guinea vollständig fehlen. Es existirt also ein ziemlich scharfer Gegensatz zwischen dem südöstlichen 
Melanesien und den sich enger an Neu-Guinea anschliessenden Inselgruppen, der nur in einer relativ 
frühen Trennung seine Ursache haben kann. Die Grenzlinie muss trotz der zwei noch auf den Neuen 
Hebriden vorkommenden Geotrochus zwischen dieser Inselgruppe und den Salomonen gezogen werden. 

Auch innerhalb der Gattung Heliz im älteren Sinne zeigen die verschiedenen Gruppen noch 
eine sehr verschiedene Verbreitung. Die wichtigste derselben, Papuina einschliesslich Geotrochus 
und Crystallopsis, zählt auf Neu-Guinea und den unmittelbar anliegenden Inseln bereits über 
60 Arten, ziemlich eben so viel, wie auf den Salomonen. Sie greift mit 5 Arten auf das australische 
Festland über, mit 8 auf die Molukken; noch eine erreicht Nord-Celebes. Gegenüber der reichen 
Entwicklung auf Neu-Guinea und den Salomonen ist das Zurücktreten der Gruppe auf den Inseln 
des Bismarckarchipela auffallend ; Neu-Irland hat nur 5 Arten, Neu-Britannien 2. Von den Inseln 
der Torres-Strasse nennt Smith keine Papuina. Ueber die Vertheilung der Arten auf Neu-Guinea 
selbst ist etwas Bestimmtes noch kaum zu sagen. Die Lousiaden einschliesslich der Inseln Woodlark 
und Trobriand beherbergen 7 — 8 Arten, an der Astrolabebai leben je nach der Artauffassung 3 — 4, 
von Kapaur an der Südküste führt Smith 4 an, von Port Dorey kennen wir 9, von der kleinen Insel 
Sorong noch 7, von Waigiu 3. Daraus lässt sich ein Uebergewicht eines Inseltheiles über die andern 
nicht nachweisen. 

Die zweite Gruppe der papuanischen Helices bilden die hornbraunen, erdbewohnenden, mehr 
oder minder behaarten Arten, die sich um Chloritis gruppiren. Hatte für die Papuinen eine 
Trennungslinie von dem mafayischen Gebiet wenigstens insofern noch eine Bedeutung, als sie nicht 
über Nord-Celebes -hinausreichlen, so ist das für diese Gruppe nicht der Fall. Borneo hat noch acht 
Arten, auch auf Java ist Chloritis durch verschiedene Arten vertreten. Neuerdings haben wir auch 
Arten vom hinterindischen Festland und bis Ober-Birma hinauf kennen gelernt. Nach Osten ist die 
Verbreitung ungefähr dieselbe, wie bei den Papuinen, die Salomonen haben noch zwei charakteristische 
Arten. Ebenso greift die Gruppe naeh Queensland über. Auf Neu-Guinea selbst scheint Chloritis 
ebenso allgemein verbreitet zu sein, wie Papuina, ohne dass man ein überwiegendes Verbreitungs- 
zentrum nachweisen könnte. 



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Fügen wir noch hinzu, dass auch die Untergattung Planispira, welche für die Molukken 
charakteristisch ist, auf Neu-Guinea durch mindestens ein halbes Dutzend Arten vertreten ist, dass 
auch die Untergattung Albersia nicht fehlt, so können wir uns der Erkenntniss nicht verscbliessen, 
dass die Heliceenfauna von Neu-Guinea sich in betreff der Untergattungen oder Gruppen von der 
molukkisch-melanesischen nicht scheiden lasst und somit Neu-Guinea einen Anspruch auf Anerkennung 
als eigene malakogeographische Provinz nicht machen kann. Der Molukkenfauna fremd sind nur 
drei oder vier Arten der queensländischen Gruppe Hadra, welche auf den Gap York gegenüber- 
liegenden Theil von Britisch-Neu-Guinea beschränkt sind. Es wird dadurch wahrscheinlich, dass 
diese schönen Formen, obschon sie der australischen Stammfauna fremd gegenüber stehen, doch sich 
in ihrem heuligen Verbreitungsgebiete ursprünglich entwickelt haben und dass die wenigen papuanischen 
Arten im Gegensalz zu den Deckelschnecken die Torres-Strasse in der Richtung von Süd nach Nord 
überschritten haben. 

Nach Südosten deuten auch die beiden Rhytida, bis jetzt die einzigen fleischfressenden 
Mollusken N eu -Guinea 's, und die vier kleinen Patuliden (Charopa, Paratrochus). Aber wenn 
wir in den Hadra-Arten wahrscheinlich spätere Einwanderer zu sehen haben, so werden wir umgekehrt 
bei diesen Arten anzunehmen haben, dass sie Ueberreste einer alten Fauna antarktischen oder 
notialen Charakters sind, welche in einer früheren Epoche weit über die südliche Hemisphäre ver- 
breitet war, aber in den Tropen von der heutigen Molluskenfauna zum grösseren Theile verdrängt 
worden ist. Rhytida globosa hat sich z. B. nur in den höchsten Theilen der Owen-Stanley- 
Kette erhalten. Derselben alten Fauna mögen die kleinen Arten der über die ganze Erde verbreiteten 
Gattung Conulus angehören, die sich auf den Inseln der Torresstrasse erhalten haben und die 
beiden Pupa, sowie ein Theil der Süsswasserschnecken und Muscheln. Genauere Nachforschungen 
werden von solchen kleinen und mehr verborgen lebenden Arten wahrscheinlich noch eine grosse 
Zahl nachweisen, ganz besonders, wenn einmal die Hochgebirge erforscht sein werden. 

Ueberblicken wir das im Anhang gegebene Verzeichniss der Mollusken-Fauna von Neu-Guinea, 
so fällt uns das Zurücktreten der kleinen Deckelschnecken auf und man möchte versucht sein, in ihrer ge- 
ringen Entwicklung einen Characterzug des papuanisch-melanesischen Gebietes zu sehen. Wir dürfen aber 
nicht vergessen, dass die Diplommatiniden und ihre Verwandten äusserst schwer aufzufinden sind und 
nur von Leuten gesammelt werden können, die völlig auf das Sammeln eingeübt sind. Auch für die 
Philippinen galt es noch nach Sempers Reise für ausgemacht, dass diese kleinen Formen kaum ver- 
treten seien, und welchen ungeahnten Reichthum hat dann Möllendorf und nach seiner Anleitung 
Quadras nachgewiesen. Dagegen ist es kaum wahrscheinlich, dass grosse Deckelschnecken, wie die 
Cyclophoriden der Philippinen, auf Neu-Guinea vorkommen werden; ist ja ihre Entwicklung auf 
den Molukken bereits eine schwache. Immerhin haben wir noch eine Art, die allerdings eine eigene 
Untergattung (Rhytidorhaphe Mlldff.) bildet, von Constantinhafen, es ist also Vorsicht im Urtheil 
geboten. Die Hauptmasse der Deckelschnecken fällt auf die weitverbreiteten Leptopoma, die als 
Baumbewohner mit schwimmenden Stämmen gar leicht verbreitet werden, und auf die kleinen 
glänzenden Pupiniden. Aber neben ihnen findet sich eine ganze Anzahl Vertreter der im eigentlichen 
Polynesien vorherrschenden Realiidae, und gerade unter diesen dürften noch die meisten eigenthüm- 
lichen Novitäten zu erwarten sein. 

Die Süsswasserfauna schliesst sich im Grossen und Ganzen an die malayische an, aber nach 
dem heutigen Stand unserer Kenntnisse zeigt sie zwei der malayischen fremdartigen Züge: den 
Reichthum an Physa-Arten und das Auftreten von Unio mit australischem Typus im Fly-River. Aus 
dem deutschen Neu-Guinea kennen wir bis jetzt nur Arten von Batissa, es bleibt abzuwarten, ob 
der Augusta-FIuss Unionen enthält. 



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Dass Neu-Guinea nicht als ein einheitliches Faunengebiet betrachtet werden kann, ergiebt sich 
aus seiner Lage zu den drei benachbarten Entwicklungszentren, den Molukken, Melanesien und 
Australien, Ton selbst. Aber die interessante Frage, wie innerhalb der gewaltigen Insel die Grenzen 
zu ziehen sind, lässt sich heute noch nicht beantworten. Wissen wir ja noch nicht einmal, ob sich 
das Scheidegebirge des Ostens bis zur Geelvinkbai fortsetzt oder nicht ! Auch von den meisten Arten 
kennen wir nur den Fundort, an dem sie entdeckt worden sind; über die Grösse ihrer Verbreitungs- 
gebiete sind wir noch ganz im Unklaren. So lange wir die Küste des Hüon-Golfes nicht kennen, 
können wir noch nicht einmal sagen, ob das Hochgebirge des Ostendes eine Scheidelinie bildet 
oder nicht. 

Für den englischen Antheil an Neu-Guinea hat Charles Hedley den Versuch gemacht, Unter- 
provinzen zu unterscheiden. Er trennt zunächst die alpinen Gebiete ab, die Hochgipfel der Owen- 
Stanley-Kette, allerdings wesentlich auf botanische Gründe hin, denn wir kennen bis jetzt aus diesen 
Höhen nur eine einzige Art, eine Raubschnecke der Gattung Rhytida. Als zweite Provinz trennt 
er das Gebiet zwischen Port Moresby und dem Fly River ab; es zeigt am meisten Verwandtschaft 
mit Queensland ; als Typen der dortigen Molluskenfauna betrachtet er Hadra broadbenti, 
Papuina tayloriana, die aber am Constantinhafen in Pap. kubaryi ihre nächste Verwandte 
hat, und Helicina coxeni. Eine dritte Provinz bildet der Osten und zwar beide Küsten mit den 
nächst anliegenden Inseln, also tingetrennt durch den Gebirgskamm. Pur diese Provinz typisch nennt 
er Hadra rehsei, Nanina hunsteini, Papuina brumeriensis. Als vierte Provinz endlich 
betrachtet er die Louisiaden einschliesslich Trobriand Jsl., Woodlark etc. Sie zeigt enge Beziehungen 
zu den Salomonen , aber die eigentlich charakteristischen Arten , Papuina louisiadensis, 
Nanina densa, Chloritis leay, Helicina insularum, haben papuanischen Typus. Sie und die 
grossen Pupiniden finden sich auf jeder Insel in eigenthümlicher Ausprägung, so dass ihre Ab- 
trennung vom Hauptland und die Isolirung der einzelnen Inseln von einander schon vor ziemlich 
langer Zeit erfolgt sein muss. So weit Kobelt. 

Ueber die von mir gesammelten Insecten, mit Ausnahme der Schmetterlinge, vermag ich 
leider augenblicklich Nichts mitzutheilen, da mir bis jetzt, nach 4 Jahren, noch keine Determinations- 
listen zugegangen sind. Ich muss mich daher bei den Käfern auf die allgemeine Bemerkung be- 
schränken, dass die Familien der Rüssler, der Getoniden und Buprestiden, ganz besonders aber die 
der Bockkäfer, am zahlreichsten vertreten waren und manche schöne grosse und farbenprächtige Arten 
lieferten, die dem Renommee Neu-Guinea's keine Schande machten. Die Käferwelt Kaiser-Wilhelms- 
lands scheint mir mehr australische als indische Anklänge zu besitzen. Ich befinde mich damit im 
Gegensatz zu Pascoe, der (nach einem Citat bei Warburg) die Käferfauna Neu-Guinea's zu der all- 
gemein indischen gehören und sie sich ungemein scharf von der Käferfauna Neuhollands unterscheiden 
lässt. Jedenfalls ist sie meiner Erfahrung nach ausserordentlich artenarm. 

An Dipteren, Hymenopteren und Hemipteren habe ich unser Gebiet bedeutend weniger 
arten- und individuenreich gefunden, als mein früheres Forschungsgebiet Sumatra. Den sich näher 
für diese Insectenordmingen Interessirenden wird bekannt sein, dass die Termeszetrajzi Füzetek, die 
Publikationen des Budapester Nationalmuseums, schon eine Reihe von Facharbeiten Über Professor 
Birö's Ausbeute veröffentlicht haben. 

Tausendfüsse*) und Scorpione, namentlich die grossen, giftigen Arten, wovon es in Sumatra 
seinerzeit nur so wimmelte, waren in Neu-Guinea erheblich seltener, und wurden nur gelegentlich 
bei Rodungen und dergl. erbeutet. Von ihnen gebissen wurde während der ganzen Zeit meiner 
Anwesenheit Niemand. Dr. Daday führt von Fenichel's Ausbeute nur 5 Arten an. 



•) S. Termesz. Füzetek XVI, 1893, S. 98. Myriapoda, von Dr. Daday (Fenichel's Ausbeute). 



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Die Schmetterlinge konnte ich glücklicherweise selbst bearbeiten, wenigstens die Tagfalter. *) 

Sind doch dieselben von Kindesbeinen an meine Lieblinge gewesen, an denen ich mit 
Leidenschan hing; und neben der Abenteuerlust und der Sehnsucht nach fremden Ländern waren 
hauptsächlich sie es, welche mich hinauszogen in die Tropen und dort festhielten, Jahr um Jahr; 
drei Jahre hatte ich ursprünglich bleiben wollen, und siebzehn sind es geworden 

Sie sind es auch gewesen, welche grossen Anlheil hatten an meinem Entschluss, nach 
Neu-Guinea zu gehen. Hatte doch gerade damals — 1893 — diese bisher so wenig gekannte 
Insel die ganze Entomologen weit in staunenden Aufruhr versetzt durch die Entdeckung eines der 
wunderbarsten Schmetterlinge der Erde, des Troides paradiseus! Dieses Prachlthier musste ich an 
Ort und Stelle beobachten, und das ist mir denn auch geglückt; ich habe alle Stadien der Ent- 
wicklung dieses Schmetterlingsfürsten studiren können. 

Auch jetzt scheint wieder ein ähnlicher hervorragender Fund gemacht worden zu sein; 
wenigstens wird in dem XXII. Heft der „Termeszetrajzi Füzetek* über eine neue hervorragende 
Ornithoptera berichtet, welche die Herren Horvath und Mocsäry zu Ehren der unglücklichen Kaiserin 
und Königin Elisabeth von Oesterreich-Ungarn Ornith. Elisabethae-reginae genannt haben, und welche 
in dieselbe Gruppe wie paradiseus gehört. Ich möchte aber meine Zweifel nicht unterdrücken, 
ob nicht das neue Thier doch vielleicht der von Röber als schönbergi und von Oberthür als goliath 
beschriebenen tithonusform angehört. Zwei Arten dieser herrlichsten aller Schmelterlingsgruppen 
zusammen an einem Ort, dazu noch zwei andere aus der Priamus- und eine aus der schwarzgelben Oblongo- 
maculatus-Gruppe, das ist ein Reichtbum, wie er nicht zum zweitenmal auf der Welt gefunden wird! 

Die Schmetterlingswelt in Neu-Guinea, speziell an der Astrolabebucht ist, wie ich oben S. 82 
schon hervorhob, in ihrem Erscheinen viel mehr an die Jahreszeit gebunden, als z. B, in Sumatra. 
Es war eine der ersten Erfahrungen, welche ich beim Beginn der trockenen Zeit machte, dass das 
Pflanzen- wie das Thierleben sich fast ganz auf die Monate der Regenzeit beschrankt. 

Nur ausserordentlich wenige Arten sind das ganze Jahr hindurch gleich häufig und durch 
die Jahreszeit nicht beeinflusst: sechs im Ganzen! Etwas mehr fliegen schon "in der Weise, dass sie 
in der trockenen Zeit spärlicher werden. Noch mehr Arten pausiren aber förmlich, indem sie nach 
der Regenzeit für einige Monate verschwinden, im Juni oder (allermeistens) im Juli oder August für 
kurze Zeit und in geringer Anzahl wieder erscheinen, um ebenso schnell bis zum Eintritt der Regen- 
zeit abermals zu verschwinden. Die überwiegende Anzahl jedoch fliegt ausschliesslich in der Regenzeit. 
Von 92 beobachteten Arten kommen alle in grosser Häufigkeit in der Regenzeit, dagegen nur 41, 
und in meistens sehr geringer Häufigkeit, in einzelnen Monaten der trockenen Zeit vor! 

Ein einziges Thier (Messaras turneri) scheint seine Hauptflugzeit in den trockenen Monaten 
zu haben.**) 

Wenn wir nun auch annehmen wollten, dass das wahre Verhältniss so sei, dass alle Arten 
in einzelnen, oder sagen wir, wenigen Individuen auch während der ganzen trockenen Zeit vorkommen, 
so genügt das immerhin nicht zur Erklärung der Thatsache, dass plötzlich wie mit einem Schlage 
mit dem Eintritt der nassen Zeit eine solche Menge von Raupen und bald darauf auch Schmetter- 
lingen erscheint, und zwar mit stets wiederkehrender grosser Regelmflssigkeit; denn 
die paar Weiber, die vielleicht ein kümmerliches Dasein während der Sommermonate gefristet haben 
oder sich aus einer Sommergeneration entwickelten, können unmöglich im Stande sein, eine solche 
Menge von Eiern zur gegebenen Zeit zu produciren. Und dann bin ich für gewisse Arten durch 
meine Erfahrungen geradezu gezwungen, jede Entwicklung während der trockenen Monate zu negiren. 



*) In den Jahrbüchern des Nassauischen Vereins fflr Naturkunde Jahrg. 50, 1897, woraus ich das allgemein 
Interenrirende nachfolgend wiedergebe. 

**} Auf S. SS meiner vorerwähnten Arbeit habe ich eine ausführliche SaisonJiste gegeben. 



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— loe - 

Diese Erfahrungen betreffen in erster Linie die Agamemnon-Gruppe der Papilio's, speciell P. mao 
farlanei (aegistus), P. agaroemnon und P. wallacei. Von diesen drei häufigen Arten habe ich Exem- 
plare nur in der Regenzeit und zwar von der ersten und letzten ausschliesslich im November und 
Dezember, von agamemnon auch bis in den April hinein gefangen, während der ganzen übrigen 
Zeit von keinem auch nur ein einziges Stück. Die Raupen dieser drei leben auf der durch uns 
Europäer in Neu-Guinea erst neu eingeführten Anona muricata, die ihrer herrlichen Früchte wegen 
längs der Strassen und Häuser cultivirt ward. Diese Büsche wurden von mir während der ganzen 
Zeit meines Aufenthaltes genau und intensiv beobachtet, und ich kann darum für das Nachfolgende 
einen hohen Grad von Zuverlässigkeit beanspruchen, namentlich was P. macfarlanei anbetrifft. Die 
übrigen beiden Arten waren bedeutend weniger gemein. Von Mai ab bis in den October nun, also 
6 Monate lang, hatte ich grosse Mühe, ab und zu mal nach langem Suchen eine Raupe der genannten 
Arten zu entdecken; ob und wann diese vereinzelten Vorläufer oder Nachzügler, wie man will, der 
Hauptsaison sich entwickelten, das habe ich mir nicht näher notirt — leider; unter meinen Vor- 
räthen jedenfalls habe ich keine Stücke aus den fraglichen Monaten datirt gefunden. Kaum jedoch 
erschien der October, und mit ihm die Regenzeit, so wimmelten alle Anona-Büsche plötzlich von 
jungen Räupchen, ohne dass ich vorher eierlegende Weiber beobachtet hätte; von jedem einzelnen 
Busch konnte ich oft ein Dutzend zu gleicher Zeit abnehmen. Im November erschienen dann die 
frischen Falter, machten in kurzer Zeit eine oder zwei Generationen durch und verschwanden dann 
ebenso spurlos, wie sie gekommen waren. 

Leider habe ich es versäumt, in der trockenen Zeit nachzusehen, ob ich nicht die abgelegten 
Eier irgendwo auffinden könnte; die Entdeckung übersommernder, wenn der Ausdruck erlaubt ist, 
Eier hätte ja sofort Aufschluss über die Art und Weise der Fortpflanzung gegeben. Meine Auf- 
merksamkeit blieb eben nur auf die besser wahrzunehmenden Raupen gerichtet. Ich kann es darum 
nur als Vermuthung aussprechen, und als persönliche Ueberzeugung, dass die zahlreiche erste Herbst- 
generation von übersommernden, und nicht von den durch etwaige spärliche Sommerexemplare 
deponirten Eiem herrührt. 

Saisonvarietäten habe ich nicht wahrnehmen können; das Kleid der das ganze Jahr über 
fliegenden Schmetterlinge bleibt sich sowohl in der Regen- als in der trockenen Zeit stets gleich. 

Nach dem vorher Gesagten möchte es vielleicht Manchen erstaunen, dass mein Fänger in 
Simbang, wo er im December und Januar sammelte, zu welcher Zeit doch dort der Culminations- 
punkt der trockenen Zeit ist, so viele Arten in zahlreichen Individuen erbeutete. Das wird uns aber 
sofort erklärlich, wenn wir uns an die oben S. 23 berichtete Thatsache erinnern, dass Simbang 
nicht ganz im Windschatten des NW.-Monsun liegt, sondern von ihm zum Theil noch getroffen wird 
und darum auch in seiner trockenen Periode doppelt so viel Regentage hat als Stefansort. Vergl. 
auch die Tabelle auf S. 21. 

Betrachten wir nun einmal die Tagschmetterlinge von Kaiser-Wilhelmsland im Allgemeinen, 
mit Ausschluss der Familien der Lycaeniden und Hesperiiden. Ich habe im Ganzen gefunden 160 
Arten; hierzu kommen noch 5 Arten, die von anderen Sammlern in unserem Gebiete erbeutet wurden, 
zusammen 165 Arten. Auf Sumatra haben Martin und ich 327 Arten gefunden, also gerade 
doppelt so viel ; hierbei ist jedoch zu bedenken, dass unter den Sumatra-Schmetterlingen auch die 
ausschliesslichen Bergthiere aufgeführt sind, die selbstverständlich bei Vergleichung der beiden 
Listen in Abzug zu bringen sind, weil wir die Bergfauna Neu-Guinea's noch fast gar nicht 
kennen. Es sind dies etwa 92 Arten; sonach bleiben von der Sumatrafauna zur Vergleichung mit 
meinen Kaiser-Wilhelmsland Rhopaloceren nur 232 übrig. Deutsch-Neuguinea hat also vorläufig 67 
Tagfalterarten (die Lycaeniden und Hesperiiden stels ausgenommen) weniger, als die gleiche Höhen- 
zone Sumatra's. Nehmen wir nun einen näher liegenden Dislrict, ein Zwischenglied zwischen den grossen 



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Sunda-Inseln und Neu-Guinea, nämlich die Molukken. Von der grössten derselben, Ceram, liegt ein 
ziemlich reichhaltiges Verzeichnis aus der Feder des Herrn C. Ribbe (Iris Bd. II, pag. 187 — 265) 
vor. Es enthalt 95 Arten, also noch bedeutend (fast um die Hälfte) weniger als Neu-Guinea. 

Für die Schmetterlinge des Bismarckarchipels, 133 Arten, die ich der Vollständigkeit halber 
hinzufüge, habe ich Pagenstecher's sorgfältige grosse Arbeit*) zu Grund gelegt und' 'für die Rhopalo- 
cerentabelle Australiens mit 136 Arten den Catalog von Miskin in den „Annais of the Queensland 
museum, Brisbane 1891" mit Modification der Papilioniden nach Rothschilds schöner Arbeit. 

Es ist interessant, diese fünf Faunen in Bezug auf die Reichhaltigkeit der einzelnen Familien 
mit einander zu vergleichen. 



1. Sumatra . . . . 

2. Ceram . . . . 

3. D. Neu-Guinea 

4. Bismarckarchipel . 

5. Australien . . . 



36 
16 
19 
17 
15 



24 
20 
19 
20 
37 







48 
53 
24 



i 
M 

232 Arten 
95 , 
165 , 
133 , 
136 , 



Diese Liste zeigt deutlich die beträchtliche Abnahme der absoluten Arienzahl nach Osten, 
und zwar ragt Sumatra, welches ich als Repräsentanten der indomalayischen Fauna nehme, haupt- 
sächlich mit vier Familien in bedeutendem Grad hervor, sodass die Artenzahl derselben fast um das 
Doppelte die höchste aus einem der austro-papuanischen Gebiete übertrifft. Das sind die Familien 
der Papilioninae, Nymphalinae, Elymniinae und Libytheinae. 

Wenn wir dagegen die relative Zusammensetzung der Tagfalterfauna betrachten, so hat im 
Verhältniss zur Gesammtartenzahl Ceram die meisten Papilioninen ; jede 6. Art ist ein Papilio, auf 
Sumatra jede 7., im Bismarckarchipel jede 8. und in Australien und Neu-Guinea erst jede 9. 

Australien hat die meisten Pierinen; jede 4. Art ist eine solche, auf Ceram jede 5., im 
Bismarckarchipel jede 7., in Neu-Guinea jede 9. und auf Sumatra jede 10. Ausserdem besitzt es 
die meisten Satyrinen ; jede 4. Art ist eine Satyrine, auf Neu-Guinea jede 8., Sumatra jede 10., im 
Bismarckarchipel jede 11. und auf Ceram sogar nur jede 18. Art. 

Deutsch-Neu-Guinea hat die meisten Morphinen und Danainen. Jede 11. Art gehört 
hieher, in Sumatra jede 21., auf Ceram jede 31. und im Bismarckarchipel jede 66. In Australien 
kommt gar keine vor. 

Der Bismarckarchipel und Neu-Guinea haben zusammen die meisten Danainen; jede 5. Art 
ist eine Danaine, in Australien und Ceram jede 6., in Sumatra dagegen nur jede 11. 

Sumatra hat die meisten Nymphalinen, nämlich fast jede 2. Art. Aber der Bismarck- 
archipel kommt ihm mit nicht ganz jeder 3. Art sehr nahe. Auch auf Ceram ist jede 3. Art eine 
Nymphaline, auf Neu-Guinea jede 4., in Australien erst jede 6. 

In relativer Hinsicht ragt also Sumatra nur durch seinen Reichthum an der phylogenetisch 
jungen Familie der Nymphalinen hervor, wenn wir die Elyronünen und Libytheinen wegen ihrer 
geringen Artenzahl ausser Betracht lassen, und die alten Familien der Papilioninen, der Pierinen, 
der Satyrinen und Morphinen, denen sich auch die Lycaeniden und Hesperiden in ' Australien an- 
schliessen, überwiegen im austro-papuanischen Gebiet theilweise sogar recht beträchtlich. Dies fällt 



*) Die Lepidopterenfauna des Bismarckarchipels. I. Theil: Die Tagfalter (Zoologica Heft 27). Stuttgart 1899. 



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um so schwerer in's Gewicht, als dasselbe am Endpunkt sozusagen der alten Welt liegt und nur von 
einer Seite, von Westen her, neue' Keime und Einwanderungen hat aufnehmen können, während das 
malayische Gebiet, zwischen dem indischen und austro-papuanischem Faunenbezirk gelegen, solchen 
von zwei Seiten her zugänglich war. Es beweisen somit auch die Bhopaloceren, die Tagfalter, gerade 
so wie die Säugethiere, die Vögel und die Schlangenwelt das hohe Alter der Fauna Neu-Guinea's. 

Das reichliche Vorhandensein der Familie der Danaiden, die mancherseits für die jüngsten 
Sprösslinge des Tagfalterstammes gehalten werden, spricht nicht dagegen. Erstlich herrscht auf Neu- 
Guinea infolge klimatischer Ursachen die Tendenz zu Localvariationen, wie wir oben gesehen haben, 
in viel höherem Grade als z. B. in Sumatra, und das ist auf das leicht veränderliche Kleid der 
Danaiden gewiss von grossem Einfluss gewesen; es haben sich also auf Neu-Guinea mehr Arten 
herausgebildet wie auf Sumatra. Sodann aber sind diese neuesten aller Tagfalterfamilien mit allen 
Mitteln zu einem erfolgreichen Kampf ums Dasein ausgerüstet, und werden sich dort, wo sie nur 
einigermaassen günstige Bedingungen vorfinden, schrankenlos ausbreiten, so sehr, dass manche Ento- 
mologen sogar fürchten, die zählebigen übelriechenden Danaiden würden mit der Zeit noch die ganze 
übrige Rhopalocerenwelt im wahren Sinne des Wortes überflügeln und ersticken. Neu-Guinea liefert 
aber diese Bedingungen im höchsten Grade. Ueberdies will ich nicht vergessen darauf hinzuweisen, 
dass noch nicht alle Lepidopterologen der Ansicht huldigen, dass die Danaiden auch wirklich der 
jüngste Zweig am Stamme sind. 

Der verringerten Artenzahl im Vergleich mit Sumatra*) steht in Neu-Guinea gegenüber die 
vermehrte Individuenzahl. Die Schmetterlinge sind fast alle bedeutend häufiger in Neu-Guinea; 
wirklich seltene Arten, die man alle Jahre oder alle paar Jahre nur einmal fängt, wie einem das in 
Sumatra häufig passiren kann, giebt es fast gar nicht in Kaiser-Wilhelmsland. Beweis ist, dass ich 
in der Zeit von einem Jahre mit meinen unzulänglichen Hilfsmitteln bis auf fünf oder sechs Arten 
die ganze Rhopalocerensuite zusammenfangen konnte, und in solcher Anzahl, dass ich verschiedene 
meiner entomologischen Freunde mit ziemlich completen Sammlungen versehen konnte, obwohl ich 
für meine eigene Sammlung ganze Serien zurückbehielt. 

Merkwürdig ist, wie sehr die Häufigkeit verschiedener Arten in einzelnen Jahren auf- und 
abschwankt, viel mehr als ich dies je in Sumatra wahrgenommen hatte. Ich will nur einige 
Beispiele anführen. 

Der eine Fall betrifft einen zu den Weisslingen gehörigen Schmetterling, die Catopsilia flava. 
Ich war schon ein ganzes Jahr auf Neu-Guinea und hatte nur ein einziges Mal ein Männchen aus der 
Ferne beobachtet. Da ich die Futterpflanze der Raupe von Sumatra her kannte und hier in Neu- 
Guinea dieselbe in einigen spärlichen Sträuchern wiederfand, welche ich allwöchentlich gewissenhaft 
absuchte, so kann ich, da die von mir controlirten Sträucher die einzigen in weitem Umkreis, 
vielleicht die einzigen überhaupt**), waren, mit ziemlicher Bestimmtheit die Versicherung abgeben, 
dass nicht eine einzige Raupe in der ganzen Zeit dort aufgewachsen war. Im December 1894 nun 

*) Welche besonders drastisch in den hier nicht behandelten Familien der Lycaeniden und Hesperiiden herror- 
trilt. Ich habe in Neu-Guinea kaum 60 bis 70 Arten Lycaeniden und ca. SO Hesperiiden erbeutet, gegenüber ca. ,134 
Lycaeniden und 97 Hesperiiden in Sumatra, die Bergthiere wieder abgerechnet. Wahrend die Lycaeniden jedoch in ungemein 
grosser Individuen zahl vorhanden sind, sodass die Artenarmuth einigermaassen verdeckt wird, sind die Hesperiiden ausser- 
ordentlich spärlich und erscheint ihre Artenarmulh in um so grellerem Licht. 

**) Da alle mir bekannten Casaia aleta-Sträucher, von den Chinesen zu Gemüse- oder medicinisehen Zwecken 
gepflegt und gehegt, in den (lä riehen derselben oder unmittelbar nebenan standen, so habe ich Verdacht, dass die Pflanze 
durch die chinesischen Kulis Oberhaupt erst dort eingeführt wurde. In der Flora von Kaiser- Wilhelmsland von Schumann 
und Hollrung wird die Pflanze nicht aufgeführt. Das plötzliche massenhafte Auftreten der C. flava, die, wie mir von 
kundigen dort lebenden Europaern bezeugt wurde, vorher in Stefansort nur in sehr seltenen und spärlichen Exemplaren 
aultrat, konnte demnach eventuell mit der Einführung eines zusagenden neuen Futtergewachses zusammenhängen. Anf 
eine briefliche Anfrage schrieb mir Dr. Lauterbacb, dass er C. »lata L. im Schutzgebiet auch nur im angepflanzten Zustand kenne. 



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— 109 - 

wimmelten plötzlich alle Straucher von jungen Raupchen, sie wurden förmlich kahl gefressen, namentlich 
nachdem ich den Chinesen verbot, die Pflanzen abzuraupen, und bald darauf flogen die Schmetter- 
linge so massenhaft, dass man ihnen auf Schritt und Tritt begegnete. 

In Simbang scheint das Thier jahraus jahrein häufig zu sein und lebt die Raupe dort wahr- 
scheinlich an der in der Flora von Kaiser-Wilhelmsland von Finschhafen aufgeführten Cassia glauca 
Lam. Die englischen Sammler Webster und Cotton fingen dasselbe im Februar und März 1893, 
und mein eigener Sammler im December und Januar 1894/95 massenhaft. 

Der andere Fall betrifft eine Nymphalide, Symphaedra aeropus. Der bekannte Sammler 
Wahnes versicherte mir, dass er die Raupen und Puppen des Thieres, welche auf Calophyllum 
inophyllum leben, kurze Zeit bevor ich ankam, körbevollweise habe aufsammeln können ; und ich 
habe in den fast l'/i Jahren meiner Anwesenheit dort keine 10 Stück mehr gesehen. 

Auch Euthaliii aethion Hew., deren Raupe mit der vorigen zusammenlebt, machte es ahnlich. 
In der Regenzeit 1893/94 erhielt ich kaum vier elende abgeflogene Stücke, und in derselben Saison 
1894/95 an derselben Localität etwa hundert. 

Wenn ich vorhin sagte, dass der verringerten Artenzahl in Neu-Guinea die vermehrte Indt- 
viduenzabl gegenüber stehe, so muss ich eine Familie davon ausnehmen, und das sind die Pieriden. 
Sie sind allerwege nicht gemein, und nur die kleine Elodina treibt sich noch in ziemlicher Häufig- 
keit in den Wäldern umher. Solche Wolken von Weisslingen, wie man sie in Sumatra an jedem 
heissen Vormittag an den feuchten Wegpfützen sitzen sehen kann, sind in Neu-Guinea geradezu 
undenkbar, und die Weisslinge tragen hier — abgesehen von der für den Neu-Guineawald bezeich- 
nenden Elodina — absolut Nichts zur Charakteristik der Landschaft bei. 

Interessant war für mich die Beobachtung, wie rasch und total sich Schmetterlinge an ein 
neues Futter gewöhnen können. Die obenerwähnte Frucht Anona muricata ward zweifellos erst vor 
wenigen Jahren an der AstroEabebucht eingeführt. Etwas weniger zweifellos ist der Umstand, dass 
Pap. macfarlanei (aegistus) schon vor dem Einführen dieser Pflanze an der Astrolabebucht gelebt hat *) ; 
falls diese Annahme richtig ist, so muss der Schmetterling sein ursprüngliches Futter verlassen und 
sich ganz und ausschliesslich der neuen, ihm besser zusagenden Anona zugewandt haben. Oder 
benutzt er die Anona nur zur Zeit, wenn sie in Saft und Blüthe steht, und macht seine Entwickelung 
während der heissen Zeit auf der früheren, gegen die Sonnenhitze besser acclimatisirten Futterpflanze 
durch, die vielleicht tief im Wald steht und uns darum die Sommergenerationen nicht vor Augen 
bringt, da der Schmetterling keine Ursache hat, aus dem schattigen Waldesdunkel heraus in die 
dürren, blüthenlosen Felder zu fliegen? Quien sabe? Das wäre auch eine Möglichkeit der Erklärung 
für das saisonweise Erscheinen der grünen Papilio's. Für Pap. agamemnon und wallacei, die sicher 
schon vor Einführung der Anona dort gelebt haben, kommt mir dieselbe sogar sehr verlockend vor, 
denn im Verhältnis zu der Häufigkeit des P. agamemnon z. B. ist die Anzahl der auf der Anona 
gefundenen Raupen ausserordentlich klein; das Gros lebt wahrscheinlich auf der früheren Futter- 
pflanze weiter und entwickelt sich dort. 

Eine zweite Beobachtung, die mich höchlich interessirte , war, zu sehen, wie sich die 
Schmetterlinge neuen, ihnen unbekannten Blüthen gegenüber verhalten würden, und halte ich zu 



*) Ich will meine Zweifel in dieser Hinsicht nicht verschweigen. P. raachrlanei ist ein Molukkeuthier, das auf 
Neu-Guinea ausser an der Astrolabebucht nur noch im aussersten Westen vorzukommen scheint, wo es A. B. Heyer 
bei Rnbi gefangen hat. Keine einzige der oben erwähnten mir bekannten Sammellisten erwähnt 
desselben, und auch auf Simbang hat mein Sammler dasselbe, so viel ich mich erinnere, nicht gefunden. Die Astrolabe- 
bucht bildet also für den Schmetterling die einzige Oase auf der ganzen grossen Insel ostlich der Geelvinkbai, wo er Fuss 
gefasal hat, and hier lebt die Raupe auf einem nachweislich erst seit Kurzem eingeführten Frucht bäum. 
Dagegen ist wieder zu berücksichtigen, dass er auf Neupommern in einer Varietät als F. macfarlanei seminger wieder 
erscheint. 



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dem Zwecke hauptsächlich Stecklinge der bekannten und bei den Schmetterlingen — jedoch nicht 
allen — beliebten Lantana, sowie Samen von Zinnia elegans mitgenommen. Beide gediehen sehr 
gut und namentlich die Zinnia bildete zuletzt, verwildernd, ganze Wiesen. Leider traf meine Krank- 
heit und Abreise gerade in die Zeit, wo beide im schönsten Flor standen; ich konnte also nicht 
lange und intensiv genug beobachten, habe aber doch gesehen, dass der erste und einzige Schmetter- 
ling, der sofort beide Blumen besuchte und eifrig annahm, der Papilio ulysses autolycus war. . Auf 
den Zinniawiesen hielten sich oft 8 — 10 Stück gleichzeitig auf und es war ein Anblick seltenster 
Pracht, diese handgrossen azurfarbigen Schmetterlingsfürsten auf dem grellbunten Zinniateppich sich 
herumtummeln zu sehen, den die Tropensonne mit ihrem goldigsten Licht übergoss. Auch die 
Hypolimnas bolina beehrte die Blumen nicht selten mit ihrem Besuch. 

Auf den Lantanablüthen halte sieb ausser dem Ulysses nur noch einThier, und zwar merk- 
würdigerweise ein Waldlhier, zu einem Versuch herbeigelassen, nämlich die Cethosia damasippe. 
Die übrigen Schmetterlinge, auch die sonst überall häufigen und gemeinen, hatten von diesen neuen 
Sachen bis zu meiner Abreise noch gar keine Notiz genommen. 

Die eigenartigen klimatologischen Verhältnisse Deutsch-Neu-Guinea's geben uns für das Ver- 
ständniss der Verbreitung und Variation der Schmetterlingswelt ausserordentlich werthvolle Finger- 
zeige, ohne deren Berücksichtigung gar Vieles unerklärt bleiben würde, z. B. die Thatsache, dass in 
Simbang, das doch nur wenige Meilen von der Astrolabebucht entfernt liegt, eine solche Menge ganz 
anderer Formen vorkommen können. Wenn ich zum Vergleich Sumatra wieder heranziehen darf, 
das lepidopterologisch ja nahe verwandt ist mit Neu-Guinea, so treffen wir hier eine ziemlich gleich- 
massige Vertheilung der Schmetterlingswelt über die ganze grosse Insel, abgesehen natürlich von den 
Elevationsdifferenzen. Locat beschränkte Thiere finden sich verhältnissmässig wenige; ob ich in Deü 
sammle oder Palembang, Orte, die fast dreimal so weit von einander entfernt sind, als die Astro- 
labebai von Simbang, das bleibt sich fast ganz gleich. Die diametral entgegengesetzten meteorologischen 
Verbältnisse im Osten und Westen von Kaiser-Wilhelmsland bewirken eben hier diese Differenz. Die 
Betrachtung der Luftströmungen giebt uns auch die Erklärung für eine andere Erscheinung, nämlich, 
dass wir bei Simbang unter den Schmetterlingen mehr Formen aus Australien und Süd-Neu-Guinea 
antreffen, als an der Astrolabebucht, und dass die Humboldtbai, obwohl sie über doppelt so weit 
von der Astrolabebucht entfernt ist, als Simbang, doch mit derselben in viel innigerer lepidop- 
terologischer Beziehung steht, als die letztere. Sie hat eben mit der Astrolabebucht das Gemeinsame, 
dass sie dem Einfluss des Nordwestmonsuns ausgesetzt und vor dem Südostpassat geschützt ist, 
während der Hüongolf und Simbang ausschliesslich dem letzteren offenstehen. Die Verbreitung der 
leichtbeschwingten Bewohner der Luft bangt aber zum grossen Theil von den Windströmungen ab. 
Ich bin zufällig in der Lage, ein ausserordentlich lehrreiches und schlagendes Beispiel für die Richtig- 
keit dieser Behauptungen beizubringen durch das Vorkommen des kosmopolitischen Danais chrysippus, 
der in Australien in einer so abweichenden und dunkeln Form auftritt, dass er sogar hie und da 
als eigene gute Art betrachtet wird. Nun habe ich an der Astrolabebucht ein Stück von der 
gewöhnlichen typischen Form gefangen, wie sie im Westen vorkommt, und von Simbang ein anderes 
von der dunkeln australischen Form petilia, die auch im Süden, in Britisch-Neu-Guinea , schon 
gefunden wird, wie Semon's Ausbeute beweist. 

Dieser höchst merkwürdige Fund zeigt uns unwiderleglich die Wege, auf denen eine neue 
Schmelterlingswelt in unser Gebiet einwandert. Während aber der Einfluss Australiens nur gering 
ist und verhältnissmässig wenig Arten herüber gesandt hat*), ist die Zuwanderung von Westen, den 
malayischen Inseln her, eine so ungeheure, dass fest die ganze Tagschmetterlingswelt als indomalayisch 

*) Z. B. Die speeifisch australische Eurycus cressida nach Port Moresby. 



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— tu — 

zu bezeichnen ist, und dies entspricht ja auch völlig der Thatsache einer fast ganz indomalayi sehen 
Pflanzenwelt, von der als Nährboden die Schmetterlinge doch zunächst abhangig sind. Nur die alten 
Familien der Morphiden und Satyriden und einiger Gattungen aus den andern Familien lassen uns 
noch die Reste der ehemaligen autochthonen Scbmetterlingswelt erkennen. Wie diese Einwanderung 
vor sich ging, lernen wir am besten kennen aus der Vergleichung der Sainmelergebnisse verschiedener 
Localitäten. Vom westlichen Theil der Insel haben wir ein Verzeichniss der von Gebeimrath A. B. 
Meyer gefangenen Tagschmetterlinge und aus dem mittleren Theil, von der Humboldtbai, durch den 
bekannten Sammler Doherty, während ich für den Osten das meinige benützen will. Herr Meyer 
erhielt unter 61 Arten schon eine ziemliche Anzahl reiner Molukken formen und bezeichnenderweise 
gerade unter den guten Fliegern, den Segeiralfern (Papilioniden) und Weisslingen (Pieriden). Nach 
der Humboldtbai schlagt nur eine Molukkenform hinüber, der Pap. albinus (severus), der an der 
Aslrolabebucht nicht mehr vorkommt, abgesehen von der Localform des Pap. fuscus beccarii, der 
an der Humboldtbai häufig ist, und den ich als Flüchtling — oder Pionier — auch an der Astro- 
labebucht gefangen habe.*) 

Längs der geschützten Südküste Neu-Guinea's scheint das Vordringen von Molukkenformen 
nach Osten gemächlicher und leichter zu sein, als längs der rauheren und durch einen tiefen, breiten 
Einschnitt — die Geelvinkbai — unterbrochenen Nordküste; denn wir finden in Britisch-Neu-Guinea 
mehrfach kaum modiflzirte Molukkenformen, die an der Nordküste schon von der Humboldtbai an 
nicht mehr vorkommen. Von dort werden sie gelegentlich durch den Südost-Passat hinübergebracht 
nach dem Hüongolf und Simhang zusammen mit den australischen Formen der Südküste. 

Dass Neu-Guinea auch lepidopterologisch einen selbständigen und namentlich von Australien 
verschiedenen Entwicklungsgang eingeschlagen hat, ersehen wir aus verschiedenen Thatsachen, von 
denen ich nur einige der markantesten hier hervorheben will. 

Neu-Guinea ist das Entwicklungscentrum für eine grosse Reihe von Arten und Gattungen; 
so z. B. für die grossen grünen Ornithoptera's, die grüsste und brillanleste Gattung der Tagfalter. 

Die dem indoaustralischen Faunengebiet eigenthümliche Gattung Ornithoplera oder Troides 
kommt im ganzen Areal desselben vor, vom Himalaja an bis nach Australien und lässt sich bequem 
in drei grosse Gruppen zerlegen : Die Gruppe der schwarz-gelben, der schwarz-grünen und der grün- 
goldnen Arten, die man am besten mit den Untergattungsnamen Troides, Ornithoplera und Paradisea 
belegen sollte, womit man zugleich jedem der drei Autoren, welche diese Galtung getauft haben, sein 
Recht angedeihen lassen könnte. 

Die Gruppe der schwarzgelben Arten hat ihr Entwicklungscentrum im malayischen Archipel 
und reicht nach Neu-Guinea nur mit einer Art, dem Troides oblongomaculatus ; sie scheint gerade 
an der Astrolahebai ihre östlichste Grenze zu erreichen, denn vom Hüongolf resp. der Finschhafener 
Gegend habe ich den Schmetterling schon nicht mehr erhalten und im Bismarck- und Salomons- 
archipel kommt er bestimmt nicht mehr vor.**) 

Die beiden andern Gruppen haben ihr Entstehungscent rum in Neu-Guinea. Die Stammart 
der schwarz-grünen Ornithoptera's ist 0. poseidon Dbld. Hier haben wir eine sehr schöne Illustration 
zu der Thatsache, dass eine Art an der Peripherie ihres Verbreitungskreises oft in eine Reihe von 
Varietäten zersplittert. Das Kleid nämlich, in welchem die Stammart poseidon durch das ganze 
grosse Gebiet von Neu-Guinea ohne merkliche Abweichung vorkommt, ist schwarz-grün ; dasselbe 
verändert sich an der westlichen Grenze ihres Verbreitungsbezirkes, auf den Inseln Batjan, Halmahera 



*) Dort kommt auch Doch, wie oben schon gesagt, eine andre Molukkenform vor, Pap. macfarlonei, von dem 
aber nicht sicher ist, ob er nicht künstlich durch L'ebertragen der Futterpflanze dahin gebracht wurde. 

**) Siehe „Die Lepidoplerenfanna des Bismarckarchipels. Von Dr. Arnold Pagenstecher I. Theil: Die Tagfalter 
(Zoologica Heft 27) Stuttgart 1899. 



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und Ternate, in Goldgelb (0. croesus Wall.) und Orangeroth (0. lydius Feld.), an der östlichen 
Grenze aber, im Bismarck- und Salomonsarchipel, in Violettblau (0. urvilliana Quer.) und Blaugrün 
(0. boroemanni Pagst.). Die Zugehörigkeit aller dieser in der Zeichnungsanlage zwar übereinstimmender, 
in der Färbung jedoch sehr differirender Thiere zu einander zeigt sich u. A. darin, dass unter einem 
gewissen Gesichtswinkel die blaue Farbe gelb oder grün, die gelbe und rothe grün und die grüne 
gelb erscheint. 

Die Gruppe der goldgrünen (Paradisea-) Arten, welche zu den prächtigsten und schönsten, 
aber bis jetzt noch seltensten und theuersten aller Schmetterlinge gehören, besitzt auf Neu-Guinea 
zwei Arten, die bisher nur an der Astrolabebai gefunden wurden, und je eine auf den vorliegenden 
Inseln östlich (Salomonsarchipel) und westlich (Waigeu). 

Von Papilios sind ebenfalls ganze Gruppen unserm Gebiet eigentümlich, nämlich die Oritas- 
Euchenor- und Gambrisius-Gruppe, die nur ausnahmsweise nach Australien übergreifen und von denen 
die erste auf den Osten und die letztere mehr auf den Westen beschränkt ist, während der mono- 
typische euchenor durch das ganze Gebiet vorkommt. Die Raupen aller dieser Schmetterlingsgruppen 
nähren sich merkwürdigerweise von einer einzigen Pflanzengattung; sie leben sämmflich auf Citrus- 
Arten, Citronen- und Orangenbüschen. Auch die Ulysses-Gruppe gehört hieher, deren azurblau 
schillernde Vertreter auf Neu-Guinea, ihrem Vaterlande, in einem uniformen Kleide auftreten, gleich 
wie die grünen Ornithoptera's, um östlich und westlich auf den Inseln der Grenzbezirke in eine Reihe 
von Varietäten zu zerfallen. Gerade der Ulysses ist wieder ein Beweis von der Farbenpracht, mit 
welcher die Mutter Neu-Guinea das Kleid ihrer Kinder zu besticken versteht. 

Die Codrus-Gruppe scheint ebenfalls ursprünglich eine rein papuanische gewesen zu sein, 
aber sie hat sich bereits über den ganzen melanesischen und malayischen Archipel bis zu den 
Philippinen hinauf verbreitet. 

Ob der papuanische Pap. wallacei, sowie die ausschliesslich australischen Pap. macleayanus 
und Pap. anactus eigene alte monotypische Gattungen repräsentiren, halte ich noch nicht für aus- 
gemacht, aber als characteristische Thiere müssen sie erwähnt werden. 

Zwei Thiere aus fremden, nicht einheimischen Gruppen haben es in unserm Gebiet zu be- 
sonders reicher eigentümlicher Entwicklung gebracht: nämlich der Pap. polydorus aus der Hector- 
Gruppe mit seinen zahlreichen, durch den ganzen Archipel gehenden Verwandten, und der Pap. 
fuscus aus der Nephelus-Gruppe, der in einer Menge von Formen sich hauptsächlich im westlichen 
Theil, in den Molukken, entwickelt hat und östlich erst bis zur Astrolabebai vorgedrungen ist. Die 
grosse Variationsbreite der beiden, sowie ihre Zugehörigkeit zu einer externen Gruppe oder Unter- 
gattung, berechtigt zu der Vermuthung, dass es sich hier um verhältnissmfissig neue Formen handelt, 
vermittelst welcher die westlichen Gruppen in dem neuen Gebiet Fuss zu fassen suchen. 

Unter den Pieriden ist es die Gattung Elodina, welche eigenthümlich ist; sie erstreckt sich 
nur bis Celebes westlich. Es sind kleine, weissliche, ziemlich träge im Wald fliegende Thierchen. 
Auch die Gattung Delias ist reichlich entwickelt und umfasst viele eigene, zum Theil auf Australien 
hinweisende Arten. 

Die Familie der Danaiden enthält aus den oben angeführten Gründen eine Menge oder 
eigentlich fast lauter eigentümliche Arien und Localvarietäten, die sich auch schon in der Abtheilung 
Euplöa zu eigenen Untergattungen: Saphara, Chirosa, Sarobia, Patosa entwickelt haben, während 
die eigentliche Abtheilung Danais selbst in keiner ihrer Untergattungen auf unser Gebiet allein be- 
schränkt ist. 

Zu den Danaiden wurde bisher ein eigentümliches Thierchen gerechnet, das man aber in 
neuerer Zeit davon weggenommen und mit Recht der ausschliesslich amerikanischen Familie der 
Neotropiden zugetheilt hat ; das ist die kleine Hamadryas, die in verschiedenen Varietäten durch das 



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ganze Gebiet, von den Molukken an bis nach Australien und Polynesien hin vorkommt, wenn man 
den Angaben in Kirby's Katalog Glauben schenken darf. Da das Thierchen zu klein und zu schwach 
ist — es ist ein ausschliessliches Waldttner überdies — um sich gleich dem robusten und zähen 
grossen Danais erippus im Fluge die Welt zu erobern und sich über so ungeheure weite Meeres- 
strecken von Insel zu Insel selbständig zu verbreiten, so erübrigt uns nur, dasselbe wieder als einen 
weiteren Beleg des früheren innigen Zusammenhangs der antarctischen Lander zu betrachten. 

Von den Satyrinen ist ebenfalls eine Reihe eigener Formen zu verzeichnen und auch zwei 
eigenthümliche Gattungen: Lamprolenis, ein Monotyp, und Hypocysta. Von letzterer Gattung sind 
bis jetzt in Neu-Guinea allerdings nur zwei Arten bekannt, von Australien dagegen acht, so dass 
man versucht ist, letzteres als Entstehungscentrum dieser Gattimg anzusehen; das mag ja auch der 
Fall sein, obwohl die Menge der Arten schliesslich nicht immer das Entscheidende bei Feststellung 
eines Entwicklungscentrums ist. Jedenfalls ist die Gattung so eng auf Australien und Neu-Guinea 
begrenzt, dass sie einerseits weder nach den Molukken, noch andererseits nach den melanesischen 
Inseln überschlagt. 

Das australisch-papuanische Gebiet ist überhaupt sehr reich an eigentümlichen Satyrinen- 
gattungen; ausser den beiden genannten noch Argyrophenga, Xenica, Heteronympha, Xois, Acro- 
phthalmia, von denen nur die letztere bis Celebes und die Philippinen hinaufgeht. 

Um dies zu verstehen, ist es nothwendig, zu wissen, dass gerade diese Familie, die phylo- 
genetisch älteste der Nymphaliden, ein ausserordentlich hohes Alter hat und bis in die Kreide zurück- 
gehl. In der obern Kreide (nach Andern im Obereocän) hat man Ueberreste von zwei Satyrinenarten 
gefunden : Neorinopis sepulta und Satyrites renuesii. Die Vorfahren dieser hoehspecialisirlen Arten 
müssen also ziemlich weit in die mesolithische Epoche hineingereicht haben. 

Die Frage, welche hiebei auftaucht, wovon sich die Schmetterlinge denn in jener Zeit, etwa 
im Jura mit seiner blüthenlosen Coniferen-, Cycadeen- und Cryptogamenflora, genfihrt haben mochten, 
findet durch oben (S. 62) mitgetheilte Wahrnehmung der Symbiose eines Bläuling's mit einer Cycadee 
einige Beleuchtung. Die Bläulmge sind ja ebenfalls eine sehr alte Sippe der Tagschmetterlinge. Ich 
möchte bei der Gelegenheit noch darauf hinweisen, dass die Familie der Satyrinen sowohl wie die 
der eng verwandten Morphinen als Raupen fast ausschliesslich Monocotyledonen fressen. Dies ist 
aber ebenfalls eine sehr alte Pflanzengesellschaft. 

Die Elymniinen haben wohl lauter eigene Arten, aber, keine eigene Gattung. 

Das ist bei den Morphinen anders. Wenn in Australien sich die Satyrinen besonders aus- 
gebildet haben, so ist dies in Neu-Guinea mit den Morphinen der Fall. Aus dieser Familie haben 
wir sämmtliche Gattungen, die hier vorkommen, eigenthümlich : Morphopsis, Morphotenaris, Hyantis 
und Tenaris. Die letztere Gattung, welche auf Neu-Guinea etwa anderthalb Dutzend Arten zählen 
mag, ist für unser Gebiet charakteristisch; der erste Schmetterling, den ich in Neu-Guinea sah, war 
eine Tenaris. Diese Gattung scheint eine eigenthümliche Verbreitungstendenz zu haben; ihr Zug 
geht nach Westen. In den Molukken treffen wir noch eine ganze Reihe von Arten und eine kommt 
sogar noch auf den Bergen Sumatra 's, Borneo's und Java's vor; nach Osten hinüber, nach den so 
sehr nahe liegenden Inseln des Bismarck- und Salomonsarchipels, geht aber nur eine einzige*) und 
nach dem ebenso nahen Australien, das doch sonst in seinem tropischen Theil so gerne die papuanische 
Schmetterlingswelt aufnimmt, gar keine. 

Ich habe bereits oben gesagt, dass ich die Morphinen, welche im ganzen austromalayischen 
Gebiet am reichlichsten auf Neu-Guinea vertreten sind, mit lauter eigentümlichen Gattungen und Arten 
für einen uralten integrirenden Bestandtheil der Neu-Guineafauna halte, deren archaistischer Character 



*) S. Pagenstecher, die Lepidoplerenfauna de* Bismarck -Archipels. 



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schon dadurch bewiesen wird, dass ihre Raupen sich ausschliesslich von monocotyledonen Pflanzen, 
Palmen, Cycadeen, Musaceen, Gräsern etc. nähren. Darin stimmen sie mit den Satyrinen überein, 
die wahrscheinlich ebenso alte Bewohner von Neu-Guinea und Australien sind. 

Die Verbreitung der Morphinen im malayischen Archipel ist sehr lehrreich, sie zerfallen 
scharf in eine östliche und eine westliche Gruppe. Die Tenariden dringen von Neu-Guinea her noch 
in zahlreichen Arten nach den Molukken, und hören dann, abgesehen von der einen nach den 
grossen Sunda-Inseln übergreifenden Form, plötzlich auf, obwohl die Futterpflanzen derselben, vor- 
wiegend der Pisang, in gleicher Art und Häufigkeil überall durch den ganzen Archipel vorkommt. 
Die andere Gruppe von Morphinen kommt von Westen, von Indien her, z. B. die überall gemeine 
Amathusia phidippus; diese macht plötzlich in Celebes als östlichstem Punkt Halt und greift nicht 
in das Bereich der Tenariden, nach den Molukken über, obwohl ihre Futterpflanze, die Kokosnuss, 
an dem einen Ort so gemein ist wie an dem andern. Es ist genau die Wallace'sche Grenzlinie, an 
der die beiden wie auf Kommando Halt machen. Warum? Eine klimatische, oder durch die 
Nahrung begründete Ursache kann es nicht sein, auch keine geographische, denn alle diese Inseln 
bilden ja eine ununterbrochen fortlaufende Reihe. 

Die beiden Acraeinen sind ebenfalls eigenthümlich, aber im ganzen Gebiet, von den Molukken 
bis nach Australien hin verbreitet. 

Die Familie der Nymphalinae ist weitaus die gattungs- und artenreichste von Allen. Sie 
machen beinahe den dritten Theil der Rhopalocerenfauna in Kaiser-Wilhelmsland aus. Trotzdem 
sind von den zweiundzwanzig vorkommenden Gattungen nur zwei eigenthümlich: Apaturina und 
Mynes, die übrigen sind alle malayisch oder selbst indisch mit oft kaum modifizirten Formen. 

Ich halte darum, in Verbindung mit der Annahme, dass die Nymphalinen eine entwicklungs- 
geschichtlich betrachtet sehr junge, vielleicht sogar die jüngste Tagfalterfamilie sind, an der Meinung 
fest, dass dieselben ein erst mit der neuen indischen Flora eingewanderter secundärer Bestandteil 
der Neu-Guineafauna sind. Freilich müssen wir etwas vorsichtig sein; denn wenn auch eine Gattung 
heutzutage durch den ganzen malayischen Archipel sich verbreitet findet, so kann sie immerhin in 
Neu-Guinea ihren eventuellen Ursprungsort haben; diese Wahrscheinlichkeit dürfte noch gewinnen, 
wenn die Gattung nicht nach Indien übergreift, sondern auf den Archipel begrenzt bleibt; denn dass 
Neu-Guinea seinen Einfluss unter Umständen bis nach Sumatra erstreckt, haben wir schon bei der 
Gattung Tenaris gesehen. Aber bis nach Vorderindien hin dürfte derselbe doch schwerlich reichen. 

Eine solche Neu-Guinea-verdächtige Gattung wäre vielleicht Doleschallia , die in zahlreichen 
(7) Arten in unserm Gebiet (incl. Bismarckarchipel) vorkommt, aber nur in einer varnrenden Art 
durch die Sundainseln und Malakka nach Tenasserim hin ausstrahlt. Gerade dass sie auch in mehreren 
Arten im Bismarckarchipel vorkommt, bestärkt mich in meiner Vermuthung, die fast zur Gewissheit 
erhoben wird durch den Umstand, dass die Futterpflanze derselben, das Graptophyllum pictum L., 
eine auf den malayischen Inseln vielbeliebte Zierpflanze, nach K. Schumann hier auf Neu-Guinea 
gleichfalls ihr Entstehungscentrum hat. 

Die Gattung Prothoe, welche dieselbe geographische Verbreitung hat, würde ebenfalls hierauf 
zu prüfen sein. Bei ihr fällt noch ins Gewicht, dass die nächstverwandte Gattung, Mynes, eine rein 
austral-papuanische ist. 

Bei den Nymphalinen möchte ich noch hervorheben die reiche Entwicklung der Gattung 
Hypolimnas: 6 Arten und mehrere Varietäten, ein Reichthum, der nur noch in Afrika sich wieder 
findet. Unter den Libytheinen finden wir nur eine einzige eigentümliche Gattung: Dicallaneura. 

Die Lycaeniden liinwiederum stechen nicht blos durch ihre Farbenpracht, sondern auch 
durch eine reiche Zahl endemischer Gattungen und Arten hervor, hier wie in Australien. 

Ich mache mir von der zeitlichen Entwicklung der Rhopalocerenfauna Neu-Guinea's folgendes Bild: 



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Ursprüngliche Bewohner sind die alten monocotyledonenfressenden Familien der Morphinen 
und Satyrinen, die Neotropide Hamadryas und die Lycaeniden. Ihnen gesellen sich bald die grossen 
schwarzgrünen und grüngoldenen Ornithoptera's, sowie die obenerwähnten citronenfiressenden Papi- 
lioniden-Gruppen hinzu. 

In zweiter, späterer Linie folgen die Pierinen, Danainen und Elymniinen, vielleicht auch die 
Acraeinen und zuletzt erst das Gros der Nymphalinen, die übrigen Papilio's und die schwarzgelbe 
Ornithoptera. 



An der Hand des Pflanzen- und Thierlebens, soweit wir es im Vorstehenden kennen gelernt 
haben, können wir nunmehr den Versuch wagen, uns ein zusammenfassendes Bild von dem Werde- 
gang unseres Dornröschens zu machen. 

Sowohl die Betrachtung der Pflanzenwelt, wie diejenige der Thierwelt zeigte uns überein- 
stimmend, dass wir es in Neu-Guinea mit einer uralten Relictenflora und -fauna zu thun haben, 
deren älteste Formen auf Australien hinweisen. Bei der Säugethierwelt tritt diese Verwandtschaft 
ohne Weiteres in augenfälliger Weise hervor; aber auch bei der Pflanzenwelt ist dieselbe so deutlich, 
dass noch kein Botaniker sie in Frage gestellt hat. Ich will zum Beweis vorläufig nur Warburg 
anführen, der ausdrücklich und mehrfach hervorhebt, dass die botanischen Beziehungen Neu-Guinea's 
zu Australien älteren Datums sind als zu den malayischen Inseln, und vor die Zeit zurückreichen, 
zu der in Australien die jetzt herrschende Eucalyptussavanenformation zur Blüthe gelangt war, das 
heisst vor die Tertiärperiode. Wir werden also wohl keinen grossen Fehler begehen, wenn wir die 
älteste Geschichte Neu-Guinea's, über die wir gar nichts Positives wissen, mit derjenigen Australiens 
identifiziren. Wir werden darum zunächst in dieser uns zu orientiren suchen müssen. 

Die ältesten Spuren von Lebewesen finden wir in Australien*) in den östlich gelegenen 
Staaten Victoria, Neu-Süd-Wales und Queensland in paläozoischen Schichten, welche unserm euro- 
päischen Devon entsprechen ; dieselben enthalten an Pflanzen Farne (Sphenopteris , Archaeopteris), 
Lycopodiaceen (Lepidodendron, Cyclostigma) und den Sammeltypus Cordaites. In den darauf folgenden 
Schichten, welche dem unteren Carbon (Culm) gleichzustellen sind, treten hiezu noch Equisetaceen 
(Calamites), der neue Farn Rhacopteris und eine Reihe neuer Lepidodendren. Alles dies sind Pflanzen, 
die in den Schichten der frühen Garbonepoche auf der ganzen Welt universell verbreitet sind, nicht 
blos den Gattungen, sondern sogar den Arten nach, wie wir an den Leitfossilien des Culm Lepido- 
dendron veltheimianum und volkmannianum sehen. Auch einige marine Thierreste linden sich. 

In den höheren Schichten, im Über-Carbon, beginnt diese Flora sich plötzlich zu verändern, 
während die Fauna einstweilen noch dieselbe bleibt. Es treten neue Pflanzen auf, die aller euro- 
päischen Formelemente entbehren und ganz verschieden sind von denen der nördlichen Hemisphäre 
aus den gleichen Schichten; der Gegensatz der Entwicklung beider Erdhälften beginnt also schon im 
oberen Carbon. Diese neuen Pflanzen sind die Equisetacee Phyllotheca, der Farn Glossopteris und 
endlich die den Cycadeen verwandte Gattung Nöggerathiopsis. Die Zugehörigkeit dieser Schichten 
mit den neuen Pflanzen zum oberen Carbon wird unwiderleglich durch den Umstand dargethan, 
dass sie mit andern Schichten marinen Ursprungs wechsellagern, welche marine carbone Fossilien 



*) Ich folge hier den Arbeiten Feistmaiitel's : Geologien! and paläontological relaüons of the coal and plantbearing 
beds of palaeozoic and mesozoie age in Eastem Aiislralia and Tasmania etc. etc.; Sydney, Department of miues, 1890. 
Ferner: lieber die pflanzen- und kohlenführenden Schichten in Indien (bezw. Asien), Afrika und Australien und darin vor- 
kommende glaciale Erscheinungen. Prag, 1887, 

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{Productus giganteus etc.) enthalten; und zur Altersbestimmung giebt es nach Kinkelin*) keine 
sicherem Erkennungsmerkmale als marine Fossilien. 

Noch höher hinauf, im Perm und am Schluss der paläozoischen Epoche, werden diese neuen 
Pflanzen immer zahlreicher, und namentlich Glossopteris, ein Farn mit ganzrandigen Blättern**), erscheint 
in grosser Artenzahl; nach ihm als Characterpflanze kann man die ganze permo-carbonische Flora 
in Australien die Glossopterisflora nennen. Dieselbe hat also die marine Katastrophe überdauert 
und kann darum in eine erste vormarine und in eine zweite wiederaufgelebte nachmarine geschieden 
werden. In dieser zweiten nachmarinen Glossopterisflora treten die Equisetaceen mit den neuen 
Gattungen Vertebraria und Annularia, und die Farne mit Gangamopteris und Caulopteris auf; auch 
finden sich bereits Coniferen (Brachyphyllum) und verschiedene undefinirbare Gymnospermenzapfen- 
spuren. 

Wir haben also hier die merkwürdige Thatsache, dass Formen, die in der mesozoischen Epoche 
ihre Hauptentwicklung haben, in Australien bereits in der paläozoischen Epoche noch unter den 
marinen Schichten beginnen, während umgekehrt alte paläozoische Thiere, z. B. die heterocercen 
Fische Palaeoniscus, Myriolepis, Cleithrolepis, Urosthenes weit in die mesozoische Periode hinein- 
ragen, ein Verhalten, das sich sonst nirgends in der Welt mehr findet. Es ist also nichts Neues, 
wenn wir oben fanden, dass alte Thierformen sich lange in Australien {und Neu-Guinea) erhalten. 
Es hat schon einmal eine Epoche gegeben, die mesozoische, wo in Australien 
uralte paläozoische Formen bis in den Jura hinein weiter lebten und ganz wie 
heutzutage in einer fast völlig neuen Flora, während anderwärts bereits überall neue 
mesozoische Formen sich gebildet hatten. 

Wir haben aber weiter das nicht minder merkwürdige Factum, dass die Flora, welche wir 
in Australien sich bereits im Obercarbon entwickeln sehen, in den übrigen Theiten der Welt (mit 
Ausnahme Südamerika's, dessen Glossopterisflora nach Bodenbender's Funden***) ebenfalls in eine vor- 
permische Periode fallt) erst viel später, im Oberperm, erscheint, und dort in der mesozoischen 
Periode ihre höchste Blüthe erreicht, wenn sie in Australien längst verschwunden ist. Wir sehen dies 
besonders deutlich bei einer Vergleichung der betreffenden Schichten Australiens mit denen des 
sogenannten Gondwana-Systems in Vorderindien, worüber besonders Feistmantel eine Reihe sehr 
schöner Arbeiten publiziert hat. 

Die Glossopterisflora tritt auf der ganzen Welt zuerst in Australien auf; 
erst wenn sie hier, am Beginn der mesozoischen Periode erlischt, erscheint sie in Indien und dauert 
dort bis in den Mitteljura hinüber. Auch in Europa kommt Glossopteris und Phyllotheca im Jura 
vor, beginnt in den unteren mesozoischen Schichten und geht bis in die oberen, ja, bis ins Tertiär 
(Italien). Man darf desswegen als Ursprungsland der Glossopterisflora mit einigem Recht Australien 
in Anspruch nehmen, oder, da dieselbe fast gleichzeitig in Südamerika und in Südafrika (in der 
sogenannten Karrooformation) auftritt, vielleicht den grossen südhemisphärischen Continent, 
welcher einst diese drei, heute durch ungeheure Meere getrennten Erdtheile verband. 

Dass ein solcher zur Devon- und Garbonzeit existirte, muss fast als sicher 
angenommen werden, denn — und das ist die dritte Merkwürdigkeit, auf die wir beim Studium 
der paläontologischen Verhältnisse stossen — wir finden durch das ganze ungeheure Gebiet : in 
Australien, in Vorder- und Nordwestindien, in Südafrika und in Brasilien und Argentinien ganz gleich- 
förmig abgelagerte Binnen- oder Süsswassersedimentschichten, die alle erstens wunderbar gleichmässige 



*) In seinem Vorlesungs-Manuscript, welches er mir freundlichst mr Verfügung stellte, wofür ihm hiermit herz- 
lichst gedankt sei. 

**) Neumayr in seiner „Erdgeschichte" bildet Band II, Seite 192 einen solchen ab. 
"*) Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft 1896, Bd. 48. 



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Pflanzenfossilien enthalten und zweitens sämmtlich auf einer Basis von Glazialschottern mit deutlichen 
Gletscherspuren aufliegen. Solche Gleichförmigkeit der Structur und der Fossilien an den heute so 
weit von einander entfernten Landern lässt sich nur durch die Annahme einer früheren Land- 
verbindung erklaren. Und dieser riesige Continenl, vielleicht waren C3 auch mehrere, 
die sich einander sehr nahe lagen, muss neben einer recht gleichförmigen 
Vegetation auch sehr hohe und weitverzweigte Gebirge mit ungeheuren Wald- 
beständen gehabt haben, welche die Entstehung der ausgedehnten EohlenflÖtze aller dieser 
Gebiete ermöglichten. 

Es müssen ferner enorme, wie Kinkelin sagt: meeresgrosse, Süsswasserseen (die heutigen 
Wüsten Südafrika's, die Steppen Australien^, die Pampas Argentinien 's) in denselben eingesenkt 
gewesen seih, deren fortgesetzte Senkung den sich häufenden, vom Festland in sie geschwemmten 
Trümmern Raum schuf. In die See einmündende Flüsse und Flüsschen brachten mit den Trümmern 
auch die Pflanzenreste. 

Mehrfach schoben sich aber aus den Hochthälern des Gebirges Eisströme vor, die morfinen- 
artigo Schutthaufen hinterliessen, oder die Eisströme brachen am Eintritt in die See ab und durch 
die solcherweise entstandenen Eisberge verbreiteten sich die glazialen Schotter und Blöcke in die Tiefe. 

Es existiren nämlich im ganzen Gebiet, in Australien, in Indien und Südafrika überall ganz 
unzweifelhafte Spuren einer obercarbonen Eiszeil*), und diese ist es einzig und allein 
gewesen, welche in Australien die untercarbone, an Wärme gewöhnte Culmflora der kosmopolitischen 
Geschlechter CalamÜes, Rhacopteris, Archaeopteris und Lepidodendron, die keine Nachtfröste ver- 
trugen, vernichtet hat, denn wir finden die glacialen Ablagerungen unmittelbar über der vernichteten 
Culmflora. Oberhalb der Gletscherschotter findet sich dann sofort die neue Glossopterisflora. 
Australien, resp. der Südcontinent, der sich nach dem Urtheil Waagen's**) über mehr als ein 
Viertel der Erdoberfläche erstreckt haben mag, etwa vom 35° nördlicher bis zum 40° südlicher 
Breite und vom 35° westlicher bis zum 170° östlicher Länge, muss also zur Zeit des oberen Carbon 
ein wesentlich kälteres Klima gegen früher gehabt haben. 

Kinkelin meint übrigens, dass wir uns diese Erniedrigung der Jahrestemperatur nicht als 
sehr beträchtlich vorstellen dürfen, da Eisanhäufungen mehr von der Feuchtigkeit der Luft und von 
der Erhebung Wasserdunst condensirender Gebirge abhängig seien. An eine Eiszeit von solch' enormer 
allgemeiner Mächtigkeit wie die diluviale sei daher nicht zu denken. 

Australien hing also in der Carbonepoche zweifellos mit Indien zusammen 
und bildete das mächtige Gondwanaland, das in Vorderindien in einer Schicht von 7—8000 Meter 
Mächtigkeit bestand ohne irgend eine Spur von marinen Ablagerungen, ohne also jemals in den Ocean 
untergetaucht zu sein. Dasselbe ist darum eines der ältesten Festländer der Erde. In Australien 



*) Oldham besuchte diese Glacial- (Stony Creek-) Schichten in Australien persönlich und schildert das Gesehene 
folgenderroaassen I Blöcke von Schiefer, Quorzit und krystallmen Felsarten, zum grössten Theile kantig, findet man in einer 
Matrix von feinem Sand oder Schieferthon verstreut. Die Schiefarthone enthalten zerbrechliche Fenestellen und Bivalven, 
deren Schalen noch mit einander vereinigt sind, ein deutlicher Beweis, dass sie lebten, starben und eingebettet worden 
sind, wo wir sie jetzt finden, und dass sie niemals einer Strömung von hinlänglicher Stärke und Schnelligkeit ausgesetzt 
waren, um Blöcke fortzuwälzen, wo sie jetzt mit den Versteinerungen untermischt gefunden wurden. Die vorhandenen 
Bruchstöcke von Gesteinen sind von allen Grossen, von wenigen Zollen bis zu mehreren Fuss im Durchmesser; der grösste 
Block, den ich sah, hatte 4 Fuss im Durchmesser nach jeder Richtung, doch theilte mir Herr Wilkinson mit, dass er in 
denselben Schichten schon Blocke gesehen habe, deren Dimensionen nach Ellen gemessen werden konnten. 

Es ist unmöglich, derartige Verhältnisse zu erklären, ausser durch den Einfiuss grosser Hassen schwimmenden 
Eises. Ich hatte auch das Gluck, im Eisen bahne in schnitt bei Braus ton ein Gesteinsfragment zu finden, das wundervoll 
geglättet und geschrammt war, in der Weise, wie sie für Gletscherwirkung characte ristisch ist Ausserdem fand ich noch 
zwei Fragmente, bei denen Aehnliches, jedoch weniger deutlich zu beobachten war. Dies scheint zu beweisen, dass das 
Eis in der Form von Eisbergen, wie sie von Gletschern abbrechen, die in das Niveau des Heeres hinabsteigen, vorhanden war. 

**) Jahrbach der geologischen Reichs -Anstalt 188 V. 



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- 118 — 

und Süd-Afrika finden wir dasselbe, auch hier sehen wir auf dem Devon-Culm Süsswasserschichten 
in enormer Mächtigkeit aufgebaut. In Südamerika scheint das Gleiche stattzufinden. 

Wir können darum vermuthen, dass dieses Gondwanaland sich gegen den Südpol zu einem 
gewaltigen antarktischen Continent bis nach Südamerika hin erweiterte, über die Annahme Waagen's 
hinaus, der im Grossen und Ganzen nur den indischen Ocean zwischen Australien und Afrika aus- 
gefüllt sein lässt. Gestützt wird diese Vermuthnng durch die Thatsache, dass die von Borchgrevink 
in der Antarktis gesammelten Gesteine Mikrolingranite mit Granat und Turmalin, sowie Glimmerschiefer 
sind. Solche sind aber nach Lydekker auf oceanischen Inseln fast ganz unbekannt, wahrend sie in 
continentalen Gebieten sehr häufig vorkommen. Die südliche Hemisphäre hat also in der 
paläozoischen Periode ein total anderes Aussehen gehabt, als jetzt; um den 
Südpol schlang sich, ganz ähnlich wie heutzutage um den Nordpol, ein riesiger 
Landgürtel, der, um mit Lydekker*) zu sprechen, nahezu drei Viertel des Erdumfangs umfasste 
und mit den nördlichen Ländern nicht in Verbindung stand. 

Dieser Continent ist heutzutage in die Tiefe gegangen und zum Meeres- 
boden geworden. Mit Ausnahme der überseeisch stehen gebliebenen Stücke Vorder-Indien's, 
Australien^, Südafrika's und Südamerika's wird heutzutage das ganze alte carbone Festland vom 
Wasser bedeckt. Grössere Stücke existirten noch in der Kreidezeit als indo-mada- 
gassische Halbinsel. Ein Theil desselben soll sogar noch zur Tertiärzeit in dem bekannten 
Sclater'schen Lemurien existirt haben, doch wird dessen Vorhandensein, wie wir später im anthro- 
pologischen Theil sehen werden, von Kobelt auf Grund der Mollusken-Zoogeographie stricte geleugnet. 

Ich mag vielleicht nach der Ansicht Mancher etwas zu lange mich in diesen uralten Gegenden 
und Zeiten herumtreiben, aber ich denke, die Mühe wird nicht verloren sein ; denn nur das Studium dieser 
ältesten Verhältnisse wird uns manche Erscheinungen der Jetztzeit richtig verstehen und würdigen 
lehren, z. B. die Thatsache, dass wir eine Reihe von Pflanzen gleichmässig in Australien, Südafrika 
und Südamerika verbreitet finden, dass wir Thiere wie z. B. Mesosaurus, sowohl in den tieferen 
Karrooschichten Südafrika's, wie in denen Südamerika's finden, dass die Rieseneidechse Varanus 
priscus des australischen Pleistocän ihren nächsten Verwandten im Pliocän des nördlichen Indien 
hat u. s. w. 

Seit wir uns daran gewöhnt haben, die Schwankungen der Erdachse nicht mehr 
als haltlose Hypothese zu betrachten — Oscillationen derselben von 0,5 Sekunden in Zeit von 
einem halben Jahr sind nachgewiesen**) — haben wir uns auch daran gewöhnen müssen, Temperatur- 
und Niveauveränderungen der Erde hiemit in Verbindung zu bringen, denn, sagt Heil, welcher der 
letzteren Frage näher getreten ist***), .der flüssige Theil der Erde folgt der durch die 
Achsenverlegung veränderten Wirkung der Centrifugalkraft, während der feste 
Theil innerhalb der Stabilitätsgrenzen Widerstand leistet. Sollte diese Auffassung 
richtig sein, so lässt sich zeigen, dass die gedachten Einflüsse auf das Meeresniveau sich unter dem 
45. Breitegrad am stärksten bemerkbar machen und dass sie nach dem Pole und dem Aequator 
abnehmen. Eine etwaige Breitenschwankung von 10 Grad würde in Mitteleuropa 
schon eine Niveauveränderung von 3700 Meter hervorrufen." Weiter führt er aus, 
dass die durch die Niveauveränderungen veränderten Druckverhältnisse lokale Störungen in den 
Lagerungen, Senkungen, Hebungen, Bergschlipfe u. dergl. veranlassen müssen; auch die Erosion 
erzeugt unter dem veränderten Niveau andere Formen. 



*) Die geographische Verbreitung und geologische Entwicklung der Sftugethiere. Hebers, von Prof. 6. Sichert, 
t 1897. 

**) Bericht Ober die aligemeine Conferanz der Internationalen Gradmessung in Berlin 1895. 
***) In einem sehr interessanten Aufsatz: „Breiten- und KlimsiKchwankttngea". In: Die Natur, XXDJ Band, 1897. 



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Ich muss gestehen, dass mich diese Ausführungen Heü's ausserordentlich sympathisch berühren, 
denn sie lehren uns auf die allerungezwungenste Weise eine Menge geologischer Thatsachen verstehen. 
Ich muss jedoch, um nicht zu weitläufig zu werden, auf den Artikel selbst verweisen. 

Durch verhaltnissmässig geringe Polschwankungen Hessen sich sowohl die oben besprochene 
obercarbonische Eiszeit der Südhemisphäre, sowie das Auf- und Untertauchen selbst so grosser 
Ländennassen, wie des antarctischen Continents, erklären. Eine Probe auf das Exempel wire, zu 
untersuchen, ob in dem entsprechenden Zeitraum des Obercarbon auf der nördlichen Hemisphäre 
das Entgegengesetzte stattgefunden hat. Denn wenn der Südpol in der Richtung des Aequators sich 
verschiebt und damit auf der entsprechenden Seite der Sudhalbkugel grosse Landermassen infolge 
der Niveau Veränderung des Wasserspiegels trocken gelegt und dem Südpol genähert werden, also 
einer Eiszeit entgegengehen, so muss naturnothwendtg auf der correspondirenden Seite der nördlichen 
Hemisphäre das Umgekehrte stattfinden; dort müssen grosse Strecken theilweise unter Wasser gesetzt 
und dem Aequator genähert, also wärmer werden. Dies Wechselspiel muss sich selbstverständlich 
bei jeder Pol Verschiebung wiederholen: Im Süden Eiszeit, im Norden Tropenwärme und umgekehrt 
ad infinitum. Auf der entgegengesetzten Erdhälfte würde natürlich das Entgegengesetzte stattfinden. 
Wir wollen abwarten, ob Jemand diese vergleichenden Untersuchungen anstellt, und ob sie bejahende 
Resultat« liefern. Für die Steinkohlenzeit scheint das wirklich der Fall zu sein, denn aus jener 
Periode sind von den nördlichen Polargegenden Pflanzenreste bekannt, die auf ein wärmeres, nach 
Below's Meinung sogar tropisches Klima schliessen lassen. Neumayr meint freilich, wenn wir die 
gleichzeitige obercarbone Eiszeit in dem ungeheueren Gebiet Afrika, Indien, Australien mit der Ver- 
legung des Südpols nach der Mitte zwischen diesen drei Landern erklären wollten, etwa in das 
Centrum des heutigen indischen Oceans, so müsse damals der Nordpol sich in der Gegend des 
heutigen Mejiko, etwa bei Queretaro, befunden haben, eine Annahme, die durch nicht die geringsten 
Funde dort wahrscheinlich gemacht werde. 

Durch den stets wiederholten Wechsel zwischen Eiszeit und Tropenwärme, zwischen Ueber- 
fluthung und Austrocknung würde dann auch die Pflanzen- und die Thierwert aufs Empfindlichste 
berührt, werden. Sie würde tüchtig durcheinander gerüttelt und geschüttelt, bald nach Norden, bald 
nach Süden gedrängt, bald nach Ost, bald nach West verjagt werden in den betroffenen Gebieten; 
höchst wahrscheinlich nicht hastig, plötzlich und übereilt, obwohl auch das ab und zu vorkommen 
mag, sondern langsam, allmählich, in vielen jahrtausendlangen Zwischenräumen. Süd und Nord kommen 
auf diese Weise in Austausch, denn meiner Meinung nach gehen die Wanderungen der Thiere und 
der Pflanzen nur sehr selten freiwillig ohne zwingende äussere Veranlassung vor sich, und neben den 
durch Austausch und in Berührungtreten der gegenseitigen Keime entstehenden neuen Formen mag 
auch noch das stattfinden, was Below*) „Artenbilduttg durch Zonenwechsel * nennt. 

Das Alles klingt etwas dualistisch, ist es aber nicht und braucht es auch nicht zu sein, ich 
will ganz gerne zugeben und anerkennen, dass alles organische Leben auf onserm Erdbali an einem 
einzigen Punkte — derselbe braucht ja nicht zu klein zu sein — seinen Ursprung genommen and 
kl einer einzigen Form sich verbreitet habe. Dann muss aber diese erste Form schon auf der ersten 
Wanderang, die sie unter veränderte Lebensbedingungen brachte, Differenzirungen erlitten haben, 
und je grosser die Veränderung sich gestaltete, desto mehr mussten die neuen Formen divergiren. 
So denke ich mir auf gemeinsamer Grundlage die verschiedene Entwicklung des 
organischen Lebens auf der nördlichen und südlichen Hemisphäre. 



*) Dr. E. Below: Artenbfldung durch Zonenwechsel, Frankfurt 1894, und: Das Grtnnelland und der Nordpol in 
ihrer Bedeutung für das Gesetz der r Ar Unbildung durch Zonenwechsel* in; Die Katur 1897, XXIII. Band. Vergleiche Mexu 
einen Artikel desselben Verfassers im Archiv für Schiffs- und Tropenhygiene, L Band, 2. Heft: Impahidisrrras, Bactertotogte 
und Bässen resistent. 



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Für Australien brachte die erste Eiszeit des Carbon diese Difierenzirung , indem sie die 
kosmopolitische Universalflora der Calamites, Rhacopteris, Archaeopteris, Lepidodendron vernichtete, 
und eine neue Form zu Tage fordert: Glossopteris. Ob dies eine neue, durch Anpassung alterer 
Pflanzen an das neue Klima entstandene Form ist, oder ob dieselbe, die Hochgebirgsflora der Ober- 
carbonzeit, {s. Neumayr II., S. 197), durch die vorrückende Kältezone von dem supponirten antare- 
tischen Kontinent aus mit heraufwanderte, wer will, das heute entscheiden? 

Genug,' dieselbe tritt in Australien unmittelbar nach einer Klimaänderung zuerst auf und 
verbreitet sich von hier aus über Indien nach Europa, wo sie erst zu höchster -Blüthe gelangt, 
nachdem sie in Australien schon längst erloschen ist. Glossopteris ist also einer der besten 
Beweise für die Existenz selbständiger südhemisphäri scher Formen und die 
Wanderung derselben nach der nördlichen. Der Weg ist ganz genau vorgozeichnet, er 
geht und kann nur gehen über Indien, denn dies ist ja der nördlichste Theil des grossen paläo- 
zoischen Gondwana- Kontinentes. Ganz denselben Weg nehmen später die Coniferen, 
deren erste Spuren wir schon am Ende des paläolithischen Zeitalters, im Perm, also gleichzeitig mit 
der zweiten Glossopterisflora in Australien auftreten sehen. Sie haben in ihrer Verbreitungsweise 
überhaupt viel Uebereinstimmendes mit den Glossopterisfamen. Auch sie treten uns zuerst in Aus- 
tralien entgegen als Gingko-nrtige Formen, in denen man nach Engler eine Annäherungsform an die 
Cycadeen sehen kann, und verbreiten sich als Araucarien auf demselben Wege nach Norden; sie 
existiren im Jura in Ostindien und gehen im oberen Jura und der Kreideperiode nach Europa, wo 
sie bis in's Eocan, also in die Tertiärperiode hinein dauern*). Also auch die Coniferen sind, 
wenigstens zu einem Theil, rein australischen, oder sagen wir besser: südhemisphärischen Ursprungs, 
und wurden ebenso wie Glossopteris durch die vordringende Kältezone nach Norden geschoben; auf 
einen solchen Ursprung deutet wenigstens ihre weite Verbreitung in gaoz ähnlichen Formen in 
Südamerika sowohl wie in Süd-Afrika, und ihre Häufigkeit im östlichen Australien und Tasmanien, 
nach Professor Täte dem Sitz der euronotischen Fauna und Flora**), sowie auf den Inseln Neu- 
Kaledonien, Neu-Seeland, wo Araucaria bis in die Trias zurückreicht, Neu-Scholtland, den Neu- 
Hebriden u. s. w., während sie nach dem westlichen Australien hin, dem Gebiet der eigentlichen 
autochthonen Flora, an Zahl abnehmen. Ganz besonders wichtig und interessant aber und nach 
meiner Meinung mehr für ihre Abkunft von dem antaretischen Continent, als von Südamerika 
sprechend ist das frühere Vorkommen derselben auf den ganz isolirt zwischen Australien und Afrika 
nach Süden vorgeschobenen Kerguelen-Inseln, die ehedem mit mächtigen Bäumen bestanden waren. 

Kein Botaniker leugnet auch meines Wissens den südlichen Ursprung eines grossen Theils 
der Coniferen, wenn auch Engler meint, der stricte paläontologische Nachweis sei noch nicht geliefert 
worden; Drude***) erkennt dies unumwunden an und unterscheidet als Heimath der Nadelhölzer 
deutlich die „borealen, bore al -subtropischen und austral-subtropischen Florenreiche" . „Ein breiter 
Gürtel tropischer Regenwälder", sagt er, „trennt die boreal-subtropischen von den austral-subtro- 
pischen Coniferen, die in fast gänzlich neuen Gattungen auftreten". 

Dieser trennende Tropengürtel konnte nur auf zwei Brücken für die kälteliebenden Coniferen 
überschritten werden; einmal in Amerika auf der Gebirgskette der Anden und ein zweites mal auf 
den Bergzügen Hinterindiens, de3 malayischen Archipels und Neu-Guinea's. Während aber die weit 



*) S. Engler und Prantl: Die natürlichen Pflanzen dm ilien, nebst ihren Gattungen und wichtigeren Arten, ins- 
besondere der Nutzpflanzen etc. Leipzig, W. Engelmann 1889. 

**) Für die H. 0. Korbes in seinem Buch über die Ghatam-Inseln den südamerikanischen Ursprung wahrschein- 
lich zu machen sucht Vergleiche hierüber: Hedley, Uie Faunal regious of Australasia. (Read nt Ihe Adelaide meeting of 
tlie Australasian associalion for tbe advancement of science, held September 1893). 
***) In seinem Handbuch der Pflanzengeograpbie, Stuttgart 1890. 



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bequemere und gangbarere erste Brücke nur wenig benutzt wurde, war der Austausch zwischen 
südlichen und nördlichen Formen auf der zweiten ein viel bedeutenderer und intensiverer, so dass 
sogar eine echt nordische Pinus nach dem äquatorialen malayischen Archipel vordringen konnte. 
Wir können daraus schliessen, dass der Hauptverkehr auf dieser Brücke zu einer Zeit stattfand, wo 
sie noch nicht so zersprengt und unzusammenhängend war, wie heutzutage, mit andern Worten: zu 
einer Zeit, wo das alte Gondwanaland noch ganz oder zum grössten Theil existirte. Die Sprengung 
und damit die für die Entwicklung Australiens und Papuasiens auf ungeheure Zeiträume hinaus 
entscheidende Isolirung fand nach der Ansicht Vieler in der jüngsten Kreideperiode oder da herum 
statt, die Coniferen hatten also vollkommen Zeit zur Ausbreitung. 

Interessant ist es auch hier wieder zu sehen, dass die Coniferen ebenfalls sich aus einem 
allgemein verbreiteten Stamm heraus entwickelt haben dürften; denn die Cordaitaceen, welche nach 
Englcr Sammeltypen zwischen Cycadeen und Araucarieen sind und im Devon Australiens (Victoria) 
gefunden wurden, sind universell vom Silur bis zum Perm verbreitet. Es ist das ein weiterer Beweis 
für den Satz: Getrennte Entwicklung auf gemeinsamer Grundlage. 

Angesichts solcher Thatsachen hält es sehr schwer, den Ursprung alles organischen Lebens 
in die nördliche Hemisphäre auf die grossen circumpolaren Gebiete zu verlegen, wie es die sogenannte 
Nordpoltheorie annimmt, die dort oben, Schicht um Schicht, neue Lebewesen entstehen und die 
älteren Formen nach Süden zurückdrängen lässt, so dass wir schliesslich die ältesten Formen ganz 
unten in den Südspitzen Amerika's, Afrika's und in Australien zu suchen haben. Ich glaube, es war 
die Angst vor dem Dualismus oder gar Pluralismus, welcher diese Lehre entstehen liess und das 
hauptsächlich durch den Darwinismus hervorgerufene Bedürfnis^, die ganze organische Welt durch 
Entwicklung aus einer Form heraus zu erklären. 

Die jüngeren Zoologen scheinen gegen diese Nordpoltheorie Front zu machen, wie ich aus 
dem Buche Kükenthal's *) mit Befriedigung entnehme. Derselbe sagt: .Gehen wir nun zu der Sichtung 
des zoogeographischen Thatsachenmateriales über, so ergiebt sich unter Zuhilfenahme der Paläontologie 
eine Entwickelung des Säugethierstammes auf der Erdoberfläche, die der Nordpolartheorie als durch- 
laufender Beweis entgegensteht. 

Von den mesozoischen Säugethieren wissen wir sehr wenig, nur einige unvollständige Bruch- 
stücke aus Europa, Afrika und Nordamerika Hegen vor, und für die Annahme, dass es Beutelthiere 
waren, ist kein überzeugender Beweis zu erbringen. Erst von der Tertiärzeit an können wir mit 
Sicherheit die Verbreitung der Säugethiere verfolgen und es hat sich ergeben, dass wir drei 
Schöpfungsherde anzunehmen haben, von denen aus die Wanderungen erfolgten. Der erste und 
altertümlichste ist Australien mit seiner Monotremen- und Beutelthierfauna, als zweites Schöpfungs- 
zentrum ist Südamerika anzusehen. Hier entstanden die Edentaten, alle Nager und es finden sich 
auch Beutelthiere vor, die freilich von den australischen stark abweichen. Es ist nun sehr wahr- 
scheinlich, dass beide Scböpfungsheerde einst durch eine antarktische Brücke verbunden gewesen sind 
und dass auch Südafrika zu einer gewissen Zeit an dieser Verbindung theilgenommen hat. 

Das dritte Schöpfungscentrum ist das bei weitem grosste, es umfasst Europa, Asien, Afrika 
und das mit Europa verbundene Nordamerika. Aus diesem gewaltigen t hiergeographischen Reiche 
gingen später die nahe verwandten Wallace'sehen vier Regionen, die paläarktische, nearktische, 
äthiopische und indische, hervor. Diese Thatsachen lassen sich aber unmöglich mit der Nordpol- 
hypothese vereinigen, welche daher endgültig aufzugeben ist." 

Da haben wir also auch von Seiten der Zoologie nicht blos die Annahme eines selbständigen 
Schöpfungsheerdes, der sogar — sehr beachtenswerth — der »erste und altertümlichste" genannt 



*) „Im maJayiichen Archipel" Eine ForechuDgweise. Frankfurt b. M. 1896> 



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— 122 — 

wird, sondern auch das Postulat der antarktischen Land Verbindung Australiens mit Südamerika und 
Südafrika klipp und klar ausgesprochen. 

Auch Kükenthal neigt sich der Annahme zu, dass die Klimaverschiebungen Schwankungen 
der Erdachse zuzuschreiben seien. Er führt noch an, dass in jener Zeit, als Grönland und Spitz- 
bergen ein wärmeres Klima besessen haben, in Sachalin und Alaska keine höhere Temperatur 
geherrscht zu haben scheine — natürlich! Diese Lander liegen auf der entgegengesetzten Seite des 
Poles, und wenn Spitzbergen und Grönland im Osten gegen den Aequator hinabrücken, müssen die 
andern im Westen nach dem Pol hinaufsteigen. 

Wir haben oben aus der Arbeit Heil's entnommen, dass die Niveauveränderung des Wassers 
bei Schwankungen der Erdachse sich etwa unter dem 45. Breitegrad am stärksten bemerkbar machen 
müssen. Nun verläuft aber gerade zwischen dem 40. und 50. Grad südlicher Breite von Australien 
über Südafrika nach Südamerika der Rand eines submarinen circurn polaren Plateau's von höchstens 
2000 Meter Tiefe, auf dem die Inseln Orkney, Süd-Georgien, Bouvet, Marion, Crozet, Macdonald, 
Kerguelen, Amsterdam, St. Paul u. s. w. liegen. Da nach der Berechnung Heil's eine Polschwankung 
von 10 Grad in den gedachten Breiten eine Niveauveränderung von ungefähr 3700 Meter hervor- 
rufen würde, so genügte schon eine Schwankung von 5 Grad, um dieses ungeheuere antarktische Land 
trocken laufen zu lassen und eine feste Landbrücke zwischen den Südspitzen von Amerika, Afrika 
und Australien herzustellen. 

Diese Brücke hat noch in der Zeit der Blüthe der Coniferen existirt, also in der mesolithischen 
Periode, vielleicht in der Trias ; ich verweise nur auf Neumayr, der vor dem Jura Australien eben- 
falls mit dem grossen Kontinent der mesozoischen Periode in Verbindung stehen lässt; denn nur 
dadurch wird uns verständlich, dass wir eine Reihe australischer, auch auf Neu-Kaledonien und 
Norfolk vorkommender Nadelhölzer (Podocarpus, Callitris, Araucaria) auf Kerguelen (hier ausgestorben), 
Mauritius, Madagascar, Süd- Afrika und Süd-Amerika treffen. Einen ähnlichen Verbreilungskreis 
haben auch die Gnetaceen, welche bereits einen Fortschritt des Pflanzenreichs darstellen von den 
Gymnospermen zu den Angiospermen und einen direkten Uebergang bilden zwischen den Nadel- 
hölzern, den Coniferen, und den apetalen Dicotyledonen. Es verdient hier auch die Thatsache registrirt 
zu werden, dass (nach Lydekker 1. c. S. 78) ein französisches Schiff auf dem Terrain des antaretischen 
Continents Gestein baggerte, welches Gyroporella enthielt, eine für die europäische Trias charak- 
teristische Pflanze. 

Aber auch in einer späteren mesolitischen Zeit, im Jura und selbst in der Kreide muss 
noch eine Möglichkeit zum Pflanzenaustausch existirt haben, nachdem vielleicht die Verbindung mit 
Afrika, die, wie ein Blick auf eine Meerestiefenkarte zeigt, zuerst gelöst werden musste, schon auf- 
gehoben war; denn die australischen Kreideschichten finden sich pflanzenführend und ihre Flora 
ähnelt wieder auffallend den gleichaltrigen europäischen und indischen*), von Ettingshausen **) hat 
sogar im europäischen Tertiär indo-australische Pflanzenelemente aufgefunden. Nach von Ihering 
(L c.) reicht die gauze östliche Tropenflora in's Eocän oder in die Kreide zurück; dies ist nach ihm 
die Ursache, dass die bekannte „Wallace'sche Linie B für die Pflanzen nicht gilt. Gestützt wird diese 
Ansicht durch fossile Pflanzenfunde auf Java, Sumatra und Borneo***), welche alle unzweifelhaft 
den indisch-malayischen Pflanzen der Gegenwart sehr ähnlich sind. Ihr Alter wird von Verbeek 

*) cf. Lendenfeld in Petermann's Mitteilungen 1888, No. % 
**) „Das australische Floren element ia Europa". Graz 1890. 

**") 1. O. Heer: Fossile Pflanzen von Sumatra in: Abhandlungen der schweizerischen palaeontologiscben Gesell- 
schaft I 1874, Denkschrift der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft 1879 und Beiträge zur fossilen Flora von 
Sumatra., Zürich 1880, worin er zusammen 32 Arten in 10 Uattungen aufführt. 

2. Geyler: Ueber fossile Pflanzen von Borneo. Palaeontographica 1875. 13 Arten. 

3. Goppert: Die TertiärBora auf der Insel Java, s'Graveouage 1854. 36 Arten in 31 Gattungen. 



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— 123 — 

für Sumatra und Borneo eocän, von Heer für Sumatra wegen Uebereinstimmung mit miocänen euro- 
päischen Pflanzen miocän angegeben, die fossile Flora Java's ziemlich allgemein für mittel- bis ober- 
tertiär erklärt. 

Es handelt sich hier zweifellos um eine von Norden her eingewanderte Pflanzenwelt, welche 
die nördliche Hemisphäre als Gegengabe für die Glossopteris- und Goniferenflora herabgesandt hat, 
und zwar sehr weit nach Australien hinein, denn die Früchte, welche in den goldführenden Schichten 
von Victoria und Neu-Süd-Wales gefunden wurden, gehören zum Theil tropischen Formen (Meliaceen, 
Capparideen und Proteaceen, Menispermaceen, Euealypten) an, von denen ein Theil noch heute in 
Nord- und Ostaustralien lebt, ein untrüglicher Beweis, dass Australien in jener Periode näher nach 
dem Aequator zu gerückt war. 

So sind wohl auch die heute noch in den Hochgebirgen Ostaustralien's und Neu-Guinea's 
lebenden Pflanzen, von denen sehr viele (vom Owen-Stanley-Gebirge z. B. 17 unter 80 Hochgebirgs- 
pflanzen) nördlichen, denen des Himalaja ähnlichen Character tragen, wie die Rhododendren, von 
dort zwischen der Eocän- und Miocänperiode, wie v. Ihering meint, herabgewandert und haben auf 
den kühlen Bergketten, deren Verlauf uns Neumayr in seiner Erdgeschichte angiebt, den Aequator 
überschritten. Damit wäre das frappirende Geheimniss so vieler unsenn Auge wohlbekannter nordisch- 
heimischer Bergpflanzenformen , welche wir auf unsenn Owen - Stanley - Ausflug kennen gelernt 
haben, erklärt. 

Die Gemeinschaft Australien's und Neu-Guinea's an dicolyledonen Pflanzen erstreckt sich 
aber nicht nur auf den Norden. Wir finden eine ganze Reihe höherer Pflanzen, die auch auf innige 
Beziehungen zum südlichen Theil von Südamerika hindeuten. 

So hat Warburg z. B. in Holtändisch-Neu-Guinea im primären Wald eine Rhamnaeee gefunden, 
Colubrina beccariana Warb., von der er selbst sagt, dass ihr endemisches Vorkommen auf Neu-Guinea 
unerwartet und interessant sei, da von der Gattung Colubrina alle Arten amerikanisch seien und 
nur eine einzige als Küstenpflanze weite Verbreitung habe. Wir finden auf Neu-Guinea ferner 
die Tiliaceengattungen Sloanea und Aristotelia, deren meiste Arten ebenfalls südamerikanisch sind, 
aber auch noch in Australien, Tasmanien und Neu-Seeland bis in den malayischen Archipel vor- 
kommen, und die Magnoliaceengattung Drimys, welche Mac Gregor in „primärstem" Gebiet, am 
Owen-Stanley-Gebirge, in zwei Arten auffand. Diese Galtung geht vom Kina balu in Borneo über 
Neu-Guinea, Australien, Neu-Seeland bis Südamerika. Ein weiterer Beweis ist die Rosacee Acaena*) 
in Neu-Guinea, Australien und Neu-Seeland, die viele Arten in Südamerika hat. Dasselbe ist mit 
der Umbellifere Azorella der Fall, die zudem noch auf der Zwischenstation der Kerguelen-Inseln 
gefunden wird. 

Auf allen drei Gebieten dagegen: Australien-Neu-Guinea, Südafrika und Südamerika, findet 
sich die Leguminose Rhynchosia. 

Dieselbe Verbreitung haben die Proteaceen, die heutigen Characterpflanzen Australien's, wie 
nachfolgende Aufstellung (nach Engler-Prantl) zeigen mag. Bekannt sind nahe an tausend Arten; 
davon kommen auf Australien 600, das tropische Ostasien 25, Neu-Kaledonien 27, Neu-Seeland 2, 
Chile 7, das tropische Südamerika 36, Südafrika 262, Gebirge des tropischen Afrika ca. 5, Mada- 
gascar 2. Fossile Formen (Petrophiloides) wurden im Tertiär Europa's gefunden, die Gattung erstreckte 
sich also früher weiter nach Norden, lieber ihre südliche Abkunft kann aber kein Zweifel bestehen. 
In dieser Hinsicht ist es wichtig, dass die Gattung Helicia von Mac Gregor am Owen-Stanley-Gebirge 
in subalpiner Höhe gefunden wurde. Auch die Gattung Finschia ist, wie wir uns vom Sattelberg 



*) S. W. O. Focke: Ueber einige Rosaceen aus den Hochgebirgen Neu-Guinea's. Abh. naturw. Ver. Bremen, 

MI. Bd. 1896, S. 166. 



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her erinnern, eine Bergpflanze, und dazu noch ein Sammeltypus, der Helicia mit der neu-kaledontschen 
Kennadecia verbindet. 

Am interessantesten und beweisendsten ist, dass auf Neu-Guinea sich heute noch gewisse 
Formen, Sammeltypen, erhalten haben, welche Uebergänge und Zwischenformen zwischen papuanisch- 
australischen, amerikanischen und afrikanischen Gattungen darstellen. Warburg in der Einleitung zu 
seinen „Beiträgen zur Kenntniss der papuanischen Flora" erwähnt in dieser Hinsicht die Morac.ee 
Antiaropsls, welche die amerikanische Gruppe der Castilloinae an die Antiarinae anschliesst; die 
Artocarpee Pseudotrophis, welche mit der Gattung Paratrophis von Neu-Seeland durch das pazifische 
Gebiet geht und mit der madagassischen Pachytrophe verwandt ist. Die Gattung Schleinitzia, eine 
Adenantheree, welche nach einer Bemerkung Warburg's im Anhang zu seiner Arbeit zu der afrikanisch- 
amerikanischen Gattung Piptadenia gerechnet werden muss und der amerikanischen Section Niopa 
näher steht, als den afrikanisch-indischen. Hansemannia stellt eine Mittelform der Ingeae dar, die 
in manchen Beziehungen der amerikanischen Gattung Affonsea sich nähert. 

Diese Liste von verwandten Formen aus den drei Gebieten Hesse sich noch beträchtlich 
vermehren. Wallace*) z. B. meint, dass die Berge von Südostaustralien etwa ein Dutzend spezifisch 
antarktische Gattungen enthielten und mehr als 20 Arten dem genannten District und den Inseln 
südlich von Neu-Seeland, inclusive Amerika südlich von Chile, gemeinsam seien. Ich habe hier ab- 
sichtlich nur südhemisphärische Gattungen genannt, deren Verbreitung ohne die supponirte antarktische 
Brücke unverständlich wäre. 

Hooker und Engler haben vollständige Listen von Pflanzen aufgestellt, welche in Südamerika 
und Australien gemeinsam oder vicariirend vorkommen. Wie würden wir erstaunen, wenn wir 
plötzlich auf den Bergen Patagonien's die vorhin von den Alpenmatten Neu-Guinea's genannten 
europäischen Typen: Ranunculus, Rubus, Potentilla, Geum, Aster, Epilobium, Veronica, Gentiana, 
Senecio, Gnaphalium, Plantago, Fagus, Caltha auftauchen sähen, wie es wirklich der Fall ist! Sogar 
unsere hübsche, rosenrothe Primula farinosa finden wir in einer Varietät (magellanica) dort wieder. 
Alle diese nordischen Typen sollen nach von Ihering nicht über Europa und Nordamerika nach 
Süden gedrungen sein, sondern über Australien, Tasmanien und Neu-Guinea auf antarktischem Wege, 
was mit triftigen Gründen belegt wird. 

In der That, die Pflanzengemeinschaft unseres Gebietes mit Südamerika ist eine erstaunliche. 

Sehen wir uns nun in der Tbierwelt um. Da sieht's freilich in den ältesten Perioden 
unserer Gegend etwas windig aus. Die Ueberreste, welche aus der paläolithischen und der mesolithischen 
Zeit bekannt wurden, sind zu geringfügig, um aus ihnen irgendwelche nur halbwegs wahrscheinliche 
Schlüsse zu ziehen. Nur das Eine steht fest, dass paläozoische Wirbelthiere (Fische) bis tief in das 
mesolithische Zeitalter hinein in Australien sich erhielten, während überall sonst schon höhere 
Wirbelthiertypeo sich entwickelt haben. 

Bewiesen ist ferner, dass die marinen Versteinerungen der Kreideformation, sowie solche des 
Eocän und Miocän von Victoria nach Prof. Mc Goy's Untersuchungen den europäischen vielfach 
auffallend ähnlich sind. Darunter befinden sich Cetaceen der Gattung Squalodon, plagiostome Fische, 
sowie Mollusken und Korallen (Voluten, Dentalium etc.), die vollständig mit solchen von Europa und 
Nordamerika aus den gleichen Schichten übereinstimmen (Wallace). 

Die mesozoische Periode ist in der ganzen Welt die Zeit der Blüthe des Reptilien- und 
Amphibienzweiges der Thierwelt. Nur in Australien scheinen noch wenig Funde in dieser Hinsicht 
gemacht zu sein. Von hohem Interesse ist es darum, dass bei Sydney ein Mastodonsaurus gefunden 
wurde, der erste Repräsentant der triassischen Labyrintbodonten in Australien. Wir finden ferner 



*) In; „Australaaia" p. 47. 



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aus derselben Ordnung Vertreter der Gattungen Bothriceps und Micropholis, die ausser in Australien 
auch zugleich in Südafrika vorkommen und mit der indischen Gattung Brachyops verwandt sind. 
Lydekker, dem ich dies entnehme (I. c. S. 209) meint darum, dass während eines grossen Theils der 
Sekundär- (mesozoischen) Periode überall eine gleiche Fauna herrschte, so dass sich keine zoologischen 
Reiche unterscheiden lassen. 

Mesozoische Säuget hierreste sind meines Wissens aus Australien nicht bekannt geworden*). 
Alle Spuren australischer Säugethiere fehlen bis ins Pliocän, und auch da findet man nur wenige 
Reste. Die meisten stammen aus dem Pleistocän (Lydekker 1. c. S. 69). Die Verbreitung der 
heuligen, lebenden, Beutlerfauna beschränkt sich auf Neu-Guinea, Australien und Tasmanien; nach 
dem Bismarckarchipel gehen mehrere Arten, nach den Salomonen jedoch nur eine einzige über; in 
Neu-Kaledonien und Neu-Seeland, welche doch sonst regelmässige Bindeglieder zwischen der Antarktis 
und Australien-Neu-Guinea darstellen, fehlen sie ganz. Man trifft sie weder lebend, noch fossil. 
Angesichts dessen könnte man fast meinen , trotz der uralten heutigen Beutelthier- und Monotremen- 
fauna Australiens sei dieselbe an einem andern Orte entstanden und erst verhältnissmässig spät 
hier eingewandert, nachdem Neu-Kaledonien und Neu-Seeland bereits abgetrennt waren, was nach 
Neumayr im Jura geschah; dies ist auch in der That schon ausgesprochen worden, u. A. von Hedley. 
Lydekker, ein Anhänger der Nordpoltheorie, lässt als solcher ebenfalls die Urformen der Beutelthiere 
und Monotremen vom Norden her einwandern, — „dass Australien seine ursprüngliche Fauna 
polyprotodonter Beutelthiere von Norden her erhalten hat, kann als ziemlich feststehend betrachtet 
werden" — , und erkennt Australien gewissermaassen nur als seeundäres Entwicklungscentrum der- 
selben an. Es dünkt mir dies aber doch nicht recht wahrscheinlich. Australiens Boden ist noch 
viel zu wenig erforscht, als dass man aus dem Nichtvorhandensein von Funden gleich auf das 
Fehlen von Säugethierfamilien schliessen darf, die, sonst überall bereits ausgestorben, hier eine 
ungeahnte und einzig dastehende Mannigfaltigkeit erreicht haben. Wir wollen eher Lendenfeld 
glauben, welcher sagt: .Australien ist zweifellos dasjenige Faunengebiet, welches seit der längsten 
Zeitdauer unverändert gebheben ist und die wenigsten neuen Einwanderungen erlitten hat. Wenn 
wir also eine Gattung gut entwickelt dort vorfinden, so können wir, sie mag sonst noch so weit 
verbreitet sein, getrost annehmen, dass sie dort ihre Heimath hat und von dort aus weiter 
gewandert ist." 

Wir treffen bekanntlich in Europa sowohl wie in Afrika und Amerika schon in der untersten 
Abtheilung der mesozoischen Epoche, dem Trias, Säugethierreste, Zähne und Unterkieferfragmente, 
welche die einen zu den Beutelthieren, die andern zu den Monotremen gestellt wissen wollen. Wie 
dem auch sei, sie beweisen un3 erstens das wichtige Factum, „dass", um mit Neumayr**) zu reden, 
„der am niedrigsten organisirte Zweig der Säugethiere auch zuerst in der geologischen Geschichte 
auftrat", und zweitens, dass der Urstamm der Säugethiere noch weit vor diesen bereits sehr speciali- 
sirten Formen gelegen haben muss, vielleicht schon in der paläozoischen Epoche, im Perm ; am Ende 
sind sie gar schon mit der Glossopterisflora von den Gebirgen des Südens her nach Australien 
gekommen — gefunden hat man, wie gesagt, ihre Reste freilich so frühe noch nicht und in Australien 
überhaupt erst viel später als auf der übrigen Welt; denn die triassischen Säuger Microlestes, 
Triglyphus und Tritylodon sind bis jetzt nur bekannt aus Südafrika, Nordamerika und Europa. Wir 
wollen hier wieder einen Ausspruch Neumayr's registriren, dass das Gebiss des südafrikanischen 
Tritylodon, welcher gewisse Merkmale mit den Nagern und den Beutlern gemeinsam hat und An- 
klänge an den europäischen Triglyphus zeigt, sehr reducirt und specialisirt ist, so dass wir es hier 



*) v. lhering spricht in seinem m ehrerwähnten Aufsatz von fossilen Dickhauterknocben auf Neu-Kaledonien, die 
Doch nicht gehörig untersucht seien. 

**) Erdgeschichte, II. Band, S. 232. 



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mit einem extremen Ausläufer zu thun haben, der die Existenz von zahlreichen älteren Säugethier- 
formen mit Noth wendigkeit voraussetzt." Und Lydekker (1. c. S. 74) theilt uns mit, dass das Gebiss 
des amerikanischen Dryolestes aus dem obern Jura so deutliche Anklänge an den heute noch in 
Australien lebenden Ameisenbeutler Myrmecobius zeigt, „dass diese Gattung als ein modifizirter Nach- 
komme jener alten Säugethierformen anzusehen ist*. 

Kükenthal, den ich bereils oben S. 9 citirt habe, scheint auch den südlichen Ursprung zu 
vermuthen, denn er sagt: „die Vorfahren der Eeutler wären dann von ihrer antarktischen Heimath 
sowohl nach Australien wie nach Südamerika gewandert und hätten sich in beiden, spater isolirten 
Regionen in zwei verschiedenen Richtungen ausgebildet. Nur eine noch jetzt lebende Familie, die 
der Dasyuriden, ist wahrscheinlich schon zu damaliger Zeit vorhanden gewesen und nach beiden 
Regionen gewandert, denn es sind in neuerer Zeit fossile Dasyuridenreste in Südamerika gefunden 
worden, während in Australien (und Neu-Guinea d. V.) noch lebende Vertreter dieser Familie existiren. 
Dass auch im europäischen Tertiär Beutler vorkommen, ist ebenfalls zur Slülze der Nordpolhypothese 
herangezogen worden, doch haben diese in Wirklichkeit mit den australischen Beutlern gar nichts, 
(besser gesagt: wenig; cf. Neumayr's Bemerkung über Neoplagiaulax weiter unten, d. V.) zu thun, 
es sind Didelphiden, wie sie noch heute in Nord- wie Südamerika vorkommen, und da aus vielen 
andern Gründen schon ein Zusammenhang Nordamerika^ mit Europa angenommen werden muss, 
so stehen der Annahme ihrer Einwanderung von Amerika her keine Schwierigkeiten entgegen." 

Es bliebe bezüglich der didelphen Beuller nur die Frage zu erörtern: Warum sind sie in 
ihrer ursprünglichen Heimath Amerika am Leben geblieben und in Europa ausgestorben? Ich 
glaube, diese Frage findet ihre Erledigung in dem Factum, dass das von Kükenthal angenommene 
drilte Schöpfungscentrum, welches hauptsächlich Europa und Asien umfasst, und in dessen Gebiet 
die Umwandlung der Marsupialien in Placentalien vor sich ging, zugleich das Entstehungscentrum 
der Stammeltern all der verschiedenen Raubthiere ist, welche den wehrlosen Beutlern gar schnell 
den Garaus machen konnten. In Südamerika sind aber solche sogar heutzulage wenig zahlreich 
und fehlen noch gänzlich im Obaroligocän und Unlermiocän (Lydekker 1. c. S. 159). 

Gar lehrreich ist, was uns Neumayr in seinem prächtigen Werke über die fossilen Marsu- 
pialien sagt: „Beim Vergleiche der fossilen Marsupialier mit den lebenden ergiebt sich nun, dass die 
mesozoischen Formen entweder ganz eigenthümlich sind, oder sich an aus- 
tralische Typen anschliessend .Nun folgt die grosse, der Kreideformation entsprechende 
Lücke, dann treten im Tertiär Säugethiere in grosser Zahl und Mannigfaltigkeit auf. Beutelthiere 
stellen sich auch hier wieder ein, allein während sie früher die alleinigen Vertreter waren, spielen 
sie nun eine untergeordnete Rolle, während wir allerdings bei vielen alttertiären Piacent althieren 
einzelne Merkmale vorfinden, welche sonst den Marsupialiern eigen sind.* „Im Tertiär sind Be- 
ziehungen zu Australien nur verschwindend angedeutet, nur durch zwei überaus 
seltene Arten der Gattung Ptilodus oder Neoplagiaulax aus dem Eocän Nordamerikas und Frankreichs, 
sie schliessen sich einerseits an den jurassischen Plagiaulax, andrerseits an die lebende australische 
Kängururatte Hypsiprymnus an. Dagegen treten Beutelratten, wie sie jetzt in Amerika 
vorkommen, im älteren Tertiär in viel bedeutenderer Zahl auf." 

Nicht unwichtig ist, dass auch von Seiten der heutigen Thierwelt, gerade wie bei der 
Pflanzenwelt, Anzeichen, aber in schwächerem Grade, bestehen, welche darauf hindeuten, dass noch 
in verhältnissmässig recht späten Zeiten eine Möglichkeit des Austausche von Thierformen bestanden 
habe. Australien hat mit Südamerika zwei Familien von Süsswasserfischen sogar bis auf Arten 
herab gemeinsam, die Galaxiiden und die Haplochitoniden, welche Feuerland, die Falklandsinseln, 
Neu-Seeland, Auckland und Südaustralien bewohnen, deren merkwürdiges Vorkommen Haacke so 
erklärt, dass ihre Vorfahren vielleicht im Südmeer lebten und an beiden Ufern, dem amerikanischen 



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und dem australischen, sich an's Süsswasser gewöhnten, aber im Meere ausstarben. Dann wäre dies 
freilich, wie Neumayr oder Wailace ganz richtig sagen, kein grosser Beweis für ehemaligen Land- 
zusammenhang; aber die Erklärung scheint mir etwas sehr gekünstelt. 

Zu den vorigen kommt noch die Trachinidengatlung Äphritis, welche 1 Art in Tasmanien 
und 2 in Patagonien hat. 

Der berühmte Ceratodus, der mit dem tropisch-amerikanischen Lepidosiren und dem tropisch- 
afrikanischen Protopterus so nahe verwandt ist, dass man dieselbe in eine eigene Unterklasse: 
Dipnoi, hat zusammenstellen müssen, ist kein Beweis für eine spate Landverbindung, denn er reicht 
bis in die älteste mesozoische Periode, die Trias, zurück, wo der Landzusammenhang ganz zweifellos 
ist: er kann sich also schon zu jener Zeit verbreitet haben. Fische sind überhaupt ihres meist 
hohen Alters wegen weniger beweiskräftig für unsere Zwecke. 

Was die Vogel anbetrifft, so hält Professor Parker eine mit den amerikanischen Dendro- 
colaptinen verwandte Vogelform für die Stammeltern gewisser australischer Krähen, und die papuanisch- 
australischen Megapodien sollen mit den südamerikanischen Craciden verwandt sein. Die Verkeilung 
der Papageien scheint ebenfalls auf einen solchen Zusammenhang hinzudeuten. 

Für die Erdwürmer, Thiere, die gewiss nicht leicht verschleppt werden, hat F. E. Beddard 
in seinem Textbook of Zoogeography, Cambridge 1895 S. 170 f, die nahe Verwandtschaft derselben 
in Patagonien, Neu-Seeland und Ostaustralien hervorgehoben. 

Es sei endlich noch hingewiesen auf die Verbreitung der cystignathen Frösche und das Vor- 
kommen der sonst ausschliesslich amerikanischen Molluskengattung Gundlachia in Tasmanien und 
Südaustralien, sowie den Fund des ausgestorbenen Alligators Palimnarchus in Queensland. 

Auch die Schmetterlingswelt können wir heranziehen. Abgesehen von dem allgemeinen 
Characterzug der besonderen Entwicklung der Satyriden, welchen Südamerika mit Australien gemeinsam 
hat, linden wir nähere Beziehungen in dem Vorkommen eines echten Neotropiden, des oben S. 112 
besprochenen Hamadryas in der austral-papuanischen Begion. Ein zweites Beispiel von naher Ver- 
wandtschaft finden wir in dem alten Sammeltypus Eurycus cressida aus Australien, der in nächster 
Beziehung zu der südamerikanischen Gattung Euryades steht. Beide stellen Zwischenglieder zwischen 
den Familien der Papilioninen und der Parnassier dar. 

Auf die jüngstvergangenen Perioden zurückgreifend, meint Hedley: „Angenommen, dass, 
während oder vor dem Miocän ein zusammenhängendes Land Feuerland mit Tasmanien verbunden 
hat, wäre die Herkunft (ich möchte lieber sagen: der Zusammenbang d. V.) der australischen 
Marsupialien der Pliocänzeit von ihrem südamerikanischen Verwandten aus dem Eocän, nämlich 
Prothylacinus und Amphiproviverra, klar." Auch v. Ihering ist dieser Meinung: „Die argentinische 
Eocänfauna muss in Austausch mit der australischen gestanden haben, denn nur von da kann 
sie ihre Beutelthiere aus der Gruppe der Dasyura erhalten haben* und zwar „über antarktische 
Landmassen. * Lydekker (I. c. p. 77) sieht sich ebenfalls wegen der Verwandtschaft der fossilen 
patagonischen oberoligoeänen Dasyuriden (Prothylacinus) mit dem fossil in Südaustralien und heute 
noch lebend auf Tasmanien vorkommenden Thylacinus gezwungen, eine Landbrücke zwischen Süd- 
amerika und Australien anzunehmen, die „möglicherweise" vom antarktischen Kontinent gebildet 
sein könne. 

Die Dasyuriden sind aber mit den amerikanischen Didelphiden nach dem Zeugniss von Oldfield 
Thomas (Catalogue of Marsupiais and Monotremes, British Museum 1888, Seite 315) sehr nahe ver- 
wandt, so dass einer selbständigen Entwicklung der Didelphiden aus den Dasyuriden heraus und der 
seeundären Ausbreitung nach Europa Nichts im Wege stehen würde. In Europa treffen sie dann mit 
den alten, schon früher von Australien heraufgekommenen Formen zusammen, die langsam aussterben. 



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In dieser Hinsicht ist ausserordentlich wichtig das Vorkommen einer heute noch lebenden 
Form in Südamerika, die aber auch schon fossil massenhaft in den patagonischen (oberoligocänen) 
Sta. Cruz-Schichten erscheint, nämlich Caenolestes, der im Oberkiefer polyprotodonte, im Unterkiefer 
aber diprotodonte Bezahnung hat. 

Ferner kommen in ebendiesen Sta. Cruz-Schichten Reste von andern Beutelthierfamilien vor, 
welche stark an australische diprotodonte Formen erinnern, sich aber doch in der sonstigen Be- 
zahnung unterscheiden. 

Dies Alles sind schwerwiegende Belege für eine alte, wahrscheinlich noch frühtertiäre Ver- 
bindung Südamerikas mit Australien. Wir haben uns hienach die Entwicklung der Beutler und 
Monotremen etwa so zu denken: Im mesozoischen Zeitalter kommen so ziemlich auf der ganzen Welt 
polyprotodonte, mit vielen Schneidezähnen versehene, Beutler- und Monotremenformen vor. Nach 
der Kreidekatastrophe, welche sie in Australien und Südamerika von der nördlichen Halbkugel ab- 
schneidet, entwickeln sich aus ihnen dort die Diprolodonten mit wenigen (höchstens 3) und durch 
eine Lücke von den übrigen Zähnen getrennten Schneidezähnen, in Südamerika aber die Didelphiden, 
die Opossums mit oben 5, unten 4 Schneidezähnen aur jeder Seite und gut entwickelten Eckzähnen. 
Auch die Entwicklung der Beutelthiere liefert uns sonach wieder einen Beweis für die Richtigkeit 
des Satzes, den wir für die Verbreitung der Pflanzen gefunden haben: Getrennte Entwicklung 
auf gemeinsamer Grundlage. 

Da wir im Norden bereits im Eocän Placentalthiere entstanden sahen, solche aber im ganzen 
austral-papuanischen Gebiet sowohl lebend als fossil nicht kennen (Hund resp. Dingo, Schwein, Ratten 
und Mäuse sind durch den Menschen verschleppte und verwilderte Hauslhiere), so muss die Isolirung 
desselben allerspätestens im untern Eocän erfolgt sein ; die Brücke nach dem noch lange placenlalien- 
losen Südamerika mag ja, nach Hedley, noch etwas länger stehen geblieben sein. 

In der Kreide ist Australien noch angeschlossen, und zwar an Indien sowohl als Südamerika, 
Die Ammoniten aus der oberen Kreide Neu-HoIIands sind nach Neumayr identisch mit denen von 
Südindien und dieser Forscher nimmt eine gewaltige zoogeographische Provinz in jener Zeit an, welche 
sich von Kalifornien bis Südafrika erstreckte, und aus zwei grösstentheils durch Festland getrennten 
Meeresbecken bestand. Dies zeigt auch die Koken'sche Karte der Kreideperiode; Mc Coy's obener- 
wähnte Untersuchungen stimmen hiermit überein. 

Zwischen dem Eocän also und der Kreide hört für Australien jede Ver- 
bindung mit der übrigen Welt auf. Der antarctische Continent versinkt, die Verbindung mit Süd- 
amerika und Afrika wird unterbrochen und die Brücke nach Norden im malayischen Archipel bricht ein. 
Die grossen Vulkanreihen dort, welche von Norden und Westen her in den molukkischen Inseln zusammen- 
treffen, zeigen die Bruchränder an. Australien mit seiner uralten Monotremen- und Beutelthierfauna ist 
abgeschnitten. Während die ganze übrige Welt der neuen, lustigen Schöpfungsperiode des Tertiär 
entgegengeht, während überall die alten Typen verschwinden und die neuen Placentalthiere sich ent- 
wickeln, bleibt Australien in seinen vorwelllichen Formen stecken. Kein einziger neuer Keim dringt 
mehr zu ihm und so kann es zwar seine marsupialen Formen zu einer ungeahnten Vollkommenheit 
ausbilden, aber doch nur innerhalb der in dieser Thierreihe möglichen Variationsbreite. Es ent- 
wickeln sich Riesenthiere, sowohl unter den fleischfressenden, als unter den pflanzenfressenden Beutel- 
thieren; ein solch fleischfressender Riesenbeutler war der Thylacoleo, ein Thier, fast so gross und so 
stark wie ein Löwe, so dass es nach Prof. Owen's*) Ansicht ganz gut im Stande war, auf ein anderes 
grosses Beutelthier, das Diprotodon, zu jagen, das fast die Grösse eines Elephanten erreichte. Ein 
dritter Beutlerriese, Nolotherium, hatte die Grösse eines kleinen Rhinoceros. Auch die Wombat's 



*) In: Fossil pwunmala of Atulralia. Phil. Tranaact. 



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(Phascolomys) entwickelten sich zu bedeutender Grosse und Artenzahl.' Die grossen Formen sind 
jetzt alle ausgestorben, theiweise recht spät, postpliocan, so dass Prof. Owen bei einigen an die 
Ausrottung durch Menschenhand (und den mit dem Menschen zugleich einwandernden Dingo d. V.) 
denkt, und ihr schnelles Verschwinden der Unfähigkeit dieser Kolosse zuschreibt, sich durch Löcher- 
graben und Einscharren in den Sand zu verbergen, wie es die kleineren Formen thun, welche darum ■ 
am Leben blieben. Gregory*) meint, dass an dem Aussterben die im Tertiär beginnende Aus- 
trocknung Australiens schuld gewesen sei, »welche den grossen Beutelthieren die Existenzbedingungen 
entzog und nur kleinen Grasfressern das Fortleben gestattete.* Mit dem Diprotodon starb auch sein 
Verfolger, der Thylacoleo, aus. Wallace führt noch andere sehr plausible Gründe für das Aussterben 
der grossen Thiere an. 

Hier ist nun der Zeitpunkt, wo die Naturgeschichte Neu-Guinea's sich 
von der Australien'» trennt und ihre eigenen Wege geht, denn auf Neu-Guinea haben 
wir bis jetzt noch keine Reste von solchen Riesenbeutlern entdeckt. 

Die Lostrennung Neu-Guinea's muss zeitlich so ziemlich mit der Separirung Australien's von 
der übrigen Welt zusammenfallen. Neumayr setzt dieselbe in die Kreide : „Um die Mitte der Kreide fand 
eine der grössten Veränderungen zwischen Wasser und Land statt, welche wir kennen." W. Haacke**) 
verlegt die Trennung des papuanischen Mittelgebirges von Australien durch einen breiten, aber seichten 
Meeresarm, die kaum 42 Faden tiefe Arafura-See, in die Zeit nach dem Jura. Beide Trennungen 
werden wahrscheinlich auf eine einzige physische Ursache zurückzuführen sein, als die am besten wohl 
wieder eine Lagenveränderung der Erdachse anzunehmen ist. 

Es wird diese Annahme befestigt durch den Umstand, dass in der obern Kreide, wie ich 
aus Neumayr's Werk (IL S. 393) entnehme, die äquatoriale Entwicklung in Indien sich 
mächtig nach Norden vorgeschoben hat, in Süd-Amerika aber nach Süden, ein 
nieht zu verachtender practischer Beweis für Polverlagerung nach dem Nordrand Amerika's zu. Infolge» 
dessen muss sich Australien um ebenso viel dem Südpol nähern, das Klima verändert sich aus 
einem subtropischen grösstenteils in ein gemässigtes, das näher am Aequator liegende Neu-Guinea 
aber behält sein Tropenklima. Dies ist ein Grund für die jetzige Divergenz der Entwicklung beider 
bisher in Freud und Leid verbundener Länder. Der zweite Grund ist die beginnende Aus- 
trocknung Australien's, die zum Theil ebenfalls mit der Lageveränderung des Pols in Ver- 
bindung zu bringen ist und welche der Flora dieses Landes allmählich ein eigenartiges and von 
Neu-Guinea total verschiedenes Gepräge aufdrückt. Pflanzenfamilien, welche sich dem allmählich 
entwickelnden Steppencharakter anzupassen verstehen, finden hier freies, unbestrittenes Feld; solche 
sind in hervorragendem Grad die Proteaceen, die Eucalypten und die Phyllodien-Akazien ; auf Neu- 
Guinea aber finden diese Pflanzen keine Veranlassung, sich so auszubreiten und bleiben in derselben 
Artenzahl vielleicht bestehen, welche sie ehedem auch in Australien hatten. Ebenso geht es mit 
der Thierwelt. 

Em dritter Grund der Divergenz ist die Nähe anderer Gebiete mit fremder Fauna und fremder 
Flora, von der ab und zu doch ein Tropfchen wenigstens nach Neu-Guinea herübersickert, während 
das entfernter und viel isolirter gelegene Australien Nichts davon erhält. 

Alle diese Umstände zusammen haben die beutige Verschiedenheit der Faunen und Floren 
Australien's und Neu-Guinea's zuwege gebracht. 

Namentlich der ebengenannte dritte Grund ist es, welcher Neu-Guinea befähigte, eine Reihe 
Von neuen, selbständigen und von Australien unabhängigen Formen zu produziren, welche ihm das 



*) of. einen Vortrag im Aostr. Soc. Adv. Science 1 
•*) Im Bericht jeogr. Verein Frankfurt 1888/80. 



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— 180 - 

Anrecht verschafften, als eigene zoologische Provinz, als Hauptabteilung des austral-papuanischen 
Gebietes zu gelten. 

Unter den Pflanzen giebt es solcher eine ganze Menge; ich will von grösseren Familien nur 
auf die Palmen und Myristicaceen hinweisen. Unter den Vögeln sind es ganz speziell die Paradies- 
vögel, unter den Schmetterlingen die grünschwarzen und grüngoldenen Ornithoptera's und besonders 
auch die Tenariden, unter den Schnecken die Heliceengruppe Papuina. Alles dies sind echt neu- 
guineensische Schöpfungen. 

Nun kommt noch hinzu der grossartige Endemismus, die ungemein reiche Entwicklung eigener 
Gattungen und Arten sonst weit verbreiteter oder ursprünglich gemeinsamer Familien, welche jedes 
der beiden Gebiete auf seine eigene Weise ausgebildet hat, selbst unter den Monotremen und Beutel- 
thieren. Die drei Gattungen Proechidna, Distaechurus und Dorcopsis sind Neu-Guinea eigenthümlich. Die 
ursprüngliche Zusammengehörigkeit wird dadurch um so mehr verdeckt und aufgehoben, als Neu- 
Guinea vermöge seiner günstigeren geographischen Lage den westlichen indomalayischen Einflüssen 
mehr ausgesetzt war und unter bald schwächerer, bald heftigerer Invasion zu leiden hatte, je nach- 
dem die malayische Inselbrücke gangbarer war oder nicht. So hat, wie wir gesehen haben, die 
indische Monsunflora von den Küstensäumen Neu-Guinea's oft bis tief in's Land hinein Besitz er- 
griffen, während sie in Australien, gerade so wie die zugehörige Fauna, nur den nordöstlichsten 
Streifen erobern konnte. Wenn wir nach der Masse gehen, so gehört Neu-Guinea ganz unzweifelhaft 
zur indomalayischen Flora. Wenn wir aber das Einzelne wägen, so kommen die alten Beziehungen 
wieder deutlich zum Vorschein. In dieser Richtung sind die alten Sammeltypen und Anklänge an 
neu-kaledonische, tasmanische oder neu-seeländische Formen, die wir oben kennen gelernt haben, 
ausserordentlich bezeichnend und belehrend. Ein solcher Typus, wie Finschia, Dammaropsis oder 
Antiaropsis wiegt mehr wie Hunderte von indomalayischen Monsunformen. Uebrigens mehren sich 
auch von Tag zu Tag mit dem besseren Bekanntwerden der Floren des Centralgebirges die australischen 
Pflanzen, denn dort hinauf haben sich dieselben in Neu-Guinea vor den westlichen Eindringlingen 
geflüchtet. Viele der kleinsamigen Pflanzen mögen ja durch Vögel oder durch Windströmungen ver- 
breitet werden, ja, man muss zugeben, dass die Menge rein australischer Gräser auf dem Mount 
Victoria beweist, dass für die Verbreitung der leichtbeschwingteren unter den Pflanzensamen die 
Windströmungen eine Hauptrolle spielen. Ich kann mir wohl vorstellen, dass so ein Samenfallschirm 
wie von Leontodon taraxacum z. B. von einem heftigen Wind, vielleicht einer Windhose, empor- 
gewirbelt und hunderte von Meilen über Lander und Meeresarme hinweggeführt wird. 

Auch grossen Waldbäumen kann das passiren, nicht durch die Luft natürlich, sondern durch 
die Wellen, als Treibholz. „Wer jemals" sagt Semon in seinem .australischen Busch*, „durch solche 
Mengen von Treibholz gesegelt ist, wie sie mir in der Nähe der Neu-Guinea-Küste begegneten, wird 
die Wichtigkeit dieses Factors bei der Ausbreitung der Vegetation von Land zu Land, von Insel zu 
Insel begreifen." Dr. Lauterbach erzählt*) im Bericht über seine Expedition nach dem Gogolfluss, 
der in die Astrolabebai mündet, dass nach Kubary's Bericht während der Regenzeit gewaltige Stämme 
hinaus trieben. Ich selbst habe in Palembang auf der Oslküste Sumatra's wahrgenommen, wie der 
grosse Musi-Fluss bei Hochwässer förmliche kleine Inseln mit noch darauf stehendem Gebüsch und 
halbwüchsigen Bäumen herabbrachte, die er oben in den Bergen losgerissen hatte. An der Mündung 
des Serdangflusses, ebenfalls an der Ostküste Sumatra's, habe ich ganze Colonieen herabgeschwemmler 
Bergpflanzen angetroffen. 

Nach meiner Meinung sind das aber doch nur Ausnahmefalle ; die Hauptmasse der Pflanzen 
wird sich kaum „auf diesem nicht mehr ungewöhnlichen Wege" verbreiten, sondern hübsch langsam, 



*) S. Nachrichten aber Kaiser-WilbelmsUnd 1891, 1. Heft, S. ! 



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- 131 - 

Schritt vor Schritt, auf festem Boden. Wenn ich darum auf Neu-Guinea's Bergen eine Menge 
australischer Pflanzen antreffe, so denke ich nicht zuerst an Luft oder Vögel oder Wasser, sondern 
an alte Landverbindungen, um so eher, als die ganze Vorgeschichte und der Character der Thierwelt 
darauf hinweist. 

Bei dieser habe ich oben stets Gelegenheit genommen, den archaischen Typus derselben 
zu betonen oder nachzuweisen; die Grundzüge der Fauna sind auf beinahe allen Ge- 
bieten uralte, auf Australien hinweisende. Bei den Säugethieren ist dies sofort evident, 
so dass wir darüber weiter keine Worte zu verlieren brauchen; aber auch die übrigen Abtheilungen 
haben bei aller Divergenz in der Entwicklung so viel Gemeinsames, dass uns die Beweise dafür 
überall in die Augen springen. In der Vogelwelt fehlen die Spechte, ganz wie in Australien, eine 
Reihe von spezifischen Familien aber: Casuariden, Megapodien, Meliphagiden, Artamiden, Papageien, 
Tauben und Eisvögel sind hier wie dort entweder eigentümlich entstanden oder haben sich so 
reich entwickelt, wie sonst an keinem Orte der Welt. Bei den Reptilien haben wir in der zahlreichen 
Entwicklung der Schlangenfamilie der Pythoninae und der Schlangen mit Giftzähnen australische 
Züge kennen gelernt und auch in der Schmetterlingswelt sehen wir eine gewisse Uebereinstimmung, 
indem auf Neu-Guinea die den Satyriden sehr nahestehenden Tenariden vorwiegend zur Entwicklung 



Neu-Guinea steht mit Australien auf derselben Grundlage, hat sich aber 
neben ihm selbständig und getrennt entwickelt. 

Es hat aber, so wie es von Australien einen Theil von dessen selbstständigen späteren 
Formen übernommen hat, auch wieder von den seinigen dahin abgegeben, wie das ja übrigens bei 
zwei so nahe liegenden, durch die Inseln der Torresstrasse beinahe direkt verbundenen Ländern gar 
nicht anders möglich ist. Es ist dies nur gerade hier so interessant, weil wir deutlich den Weg 
sehen können, auf dem die Einwanderung vor sich gegangen ist. Dieselbe fand in so reichlichem 
Maasse und auf allen Gebieten statt, dass Hedley bei Besprechung der australischen Faunengebiete 
sich gezwungen sieht, die Fauna und Flora Australien^ zunächst und vor Allem in eine papuanisch- 
neuguineensische und in eine nicht papuanische einzuteilen. Dieses papuanische Uebergreifen hat 
aber nur an einer einzigen Stelle stattgefunden, nämlich im nördlichen Theile von Ostaustralien über 
die York-Halbinsel und zieht sich von da in einem breiten Streifen längs der Ostküste hinunter bis 
etwa zur südlichen Grenze von Queensland. Dieser Strich ist so spezifisch papuanisch, dass, wie 
Hedley sagt, „im Herzen des Queensland .scrub" ein Naturforscher kaum wissen kann, ob er in 
Neu-Guinea oder Australien ist". 

Derselbe Autor vermuthet darum, dass spät im Tertiär die nur wenige (7) Faden tiefe 
Torresstrasse wieder temporär aufgehoben war und über diese Brücke ein Strom papuanischen 
Lebens sich nach Australien ergoss. 

Auch die Brücke nach den malayischen Inseln zu muss um diese Zeit etwas gangbarer 
gewesen sein, aber niemals so, dass tertiäre Säugethiere hätten nach Neu-Guinea gelangen können*). 
Warburg meint, dass die grösste Annäherung am Ende der Tertiärperiode schon der Vergangenheit 
angehörte. 

Der reiche Endemismus, die grosse Menge vicariirender Gattungen und Arten — Neu- 
Guinea wird hierin, wie wir uns erinnern, nur noch von Madagascar übertroffen — wie wir 
sie in Vorstehendem auf den verschiedensten Gebieten angetroffen haben, zeigen uns, dass die 



*) Der kleine in West-Neu- Guinea vorkommende Paradoxurus ist ganz zweifellos durch malayische Händler, die 
ihn oft. als Hausthier halten, eingeschleppt worden. Der sehr thierfreundliche MaJaye, der gern irgend ein zahmes Tbier 
Oberall mit sich führt, wird Oberhaupt als In unen veränderndes Element nach meiner Meinung viel zu wenig beachtet Viele 
merkwürdige Vorkommnisse, z. B. den Hirsch auf Timor, erkläre ich mir nur auf diese Weise. 

17* 



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— 132 — 

Differenzirung und Separirung noch beute immer weiter geht. Jetzt, wo der Mensch seine Nivellirungs- 
und Vermischungsarbeit dort begonnen hat und überall neue Keime mitbringt, die trennenden Meere 
.Überbrückend, jetzt wird dieser Prozeas vielleicht doppelt so schnell von statten geben ; denn an den 
Sohlen des Culturpioniers hängen seine heimathlichen Pflanzen und Thiere und werden durch ihn 
überall hingeschleppt. K. Müller*) zahlt in Sudaustralien bereits 126 Pflanzen, zu 22 Familien 
gehörig, als verwildert auf, darunter die Brennessel, das Chenopodium murale etc. Wir in Neu- 
Guinea haben auch schon Ratten und Mause und verwilderte Schweine und Hunde und bei der 
Masse importirter chinesischer Kuli's, von denen jeder einzelne gärtnerisches Talent hat und seine 
beimischen Gemüse- und Pflanzensamen mitschleppt, darf man bald ebenfalls verwilderte Pflanzen 
erwarten. Die Lantana, die, wo sie einmal Fuss gefasst hat, sich fast unausrottbar zähe erhält, 
habe ich sogar eigenhändig der Flora Neu-Guinea's einverleibt; ich weiss bestimmt, dass vorher kein 
einziger Strauch an der Astrolabebucht gewesen ist; und es wird nicht uninteressant sein, ihre 
eventuelle Ausbreitung dortselbst zu verfolgen. 

Diejenigen meiner Leser, welche sich redlich bis hieher durchgelesen haben, mögen nebst 
meiner Entschuldigung für die Länge und Weitschweifigkeit dieser Nachrede zu der Schilderung des 
Pflanzen- und Thterlebens zugleich meinen Dank für ihr getreues Ausharren empfangen; für die 
Uebrigen, Bequemeren, welche sich diese Ausführungen geschenkt haben, will ich kurz zugammea- 
faasend resumiren: 

Die älteste Geschichte Neu-Guinea's bis zum Ende der mesozoischen Epoche herauf ist allem 
Anschein nach aufs Innigste mit derjenigen Australien^ verknüpft. Obgleich uns die greifbaren fossilen 
Beweise dafür fehlen, können wir dies doch mit grosster Wahrscheinlichkeit aus der geographischen 
Lage, sowie aus den nahen Beziehungen der heutigen beiderseitigen Flora und Fauna schöpfen. 

Die Trennung Australien^ von dem Zusammenhang mit der nördlichen Halbkugel fällt höchst 
wahrscheinlich zwischen die Kreide und das Eocän, und gleichzeitig damit dürfte auch die Verbindung 
Neu-Guinea's nach beiden Seiten hin durch Einbrechen der Torresstrasse sowohl wie der malayischen 
Brücke gelöst worden sein. 

Neu-Guinea, mit älteren von Australien her überkommenen Formen, die sich heutzutage 
vorwiegend in der Thierwelt geltend machen, und mit neueren, vom Norden, Indien, stammenden, 
ausgestattet, die ganz besonders in der Pflanzenwelt zu Tage treten, schlagt nun, isolirt und auf sich 
selbst angewiesen, einen selbständigen Entwicklungsgang ein, der namentlich von dem des benachbarten, 
austrocknenden und in ein gomässigteres Klima hinabgerückten australischen Kontinents gänzlich 
verschieden ist, sich aber auch von der Lebewelt des malayischen Archipels so scharf unterscheidet, 
dass wir diese grosse Insel mit ihren um sie herumliegenden kleinen Trabanten als selbständiges 
Schöpfungscentrum, als eigene Hauptabtheilung der grossen austro-malayischen Region betrachten 
müssen. Und da sie als solche auch einen eigenen, hübsch klingenden Namen haben muss, so wollen 
wir sie, nach dem Vorgang des gelehrten französischen Grafen Meyners d'Estrey und Warburg's, 
Papuasien nennen. 



Es erübrigt uns nunmehr noch, kurz der Männer zu gedenken, welchen wir die Entschleierung 
der naturwissenschaftlichen Geheimnisse unseres Dornröschens verdanken. Die rein geographische 
Erschliessung soll hiebei als zu weit führend nur ganz flüchtig berücksichtigt werden. 



*) Die Verwilderung Ausländischer Pflanzen in Südaustralien. „Natur" 1889, Seite 516. Ferner: F. Ludwig: 
Australische Graser mit europäischen im Kampf. „Humboldt" VW., 188t), Seite 117. 



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-"1 



Aus der frühesten Geschichte sei nur erwähnt, daas die Insel Neu Guinea wahrscheinlich 
von dem alten Portugiesen Meneses anno 1526 .entdeckt* wurde, der de .Papua* genannt haben 
soll. Das ganze 16. Jahrhundert hindurch wird Neu-Guinea von verschiedenen spanischen und 
portugiesischen Schiffen, theils freiwillig, theils unfreiwillig besucht, und der Herr Ynigo de Ret es 
taufte die Insel zum ersten mal ,Nueva Guinea", welchen Namen sie bis heute behielt. 

Während das sechzehnte Jahrhundert ausschliesslich den Spaniern und Portugiesen 
gehört, dominiren im siebzehnten die Holländer, welche vielfache und bedeutungsvolle Entdeckungs- 
fahrten dahin unternehmen (Willem Jansz, Willem Scbouten, Abel Tasman!). 

Im achtzehnten werden sie durch die Engländer abgelöst (Dampier, Cook u. A). Der 
letzte Theil des achtzehnten und die erste Hälfte des neunzehnten gehört vorzugsweise den 
Franzosen (Bougainville, d'Entrecasteaux, Duperrey, Dumont d'Urville, nach dessen Schiff Astrolabe 
die von ihm 1827 entdeckte Astrolabebai benannt ward). 

In der zweiten Hälfte des neunzehnten treten die Deutschen auf den Schauplatz und 
rivalisiren mit den zu neuer Thätigkeit erwachten Engländern (Owen Stanley, Moresby). 

Spielt sich nicht in dieser kurzen Entdeckungsgeschichte Neu-Guinea's ein ungeheures Stück 
Weltgeschichte wieder? 

Der erste Forscher, welcher den Boden Deutsch-Neu-Guinea's betreten hat, war merk- 
würdigerweise ein Russe, nämlich der bekannte Nicola us v. Miklucho-Maclay. Er kam nach Neu- 
Guinea in der ausgesprochenen Absicht, die Menschen zu studiren. .Ihre Vermuthung*, schreibt er*) 
an Virchow unterm 19. Februar 1874, ,dass das Werk dos Herrn C E. v. Baer (Crania selecta, d. V.) 
meine Reise nach Neu-Guinea veranlasst hat, ist nur insofern richtig, als jedes ausgezeichnete Werk 
uns zu neuen Forschungen anspornt. Ich muss gestehen, dass bei meiner Reise nicht blos rein 
anthropologische Fragen mich bestimmt hatten; die Ethnologie dieser noch so indifferenten Stamme 
zog mich an'. Aus diesen Worten wird es uns klar, warum wir dem ausgezeichneten Forscher, 
der doch in ein vollständig jungfräuliches, unberührtes Gebiet kam, so wenig Neues über Pflanzen- 
und Thierwelt verdanken; genau genommen eigentlich gar Nichts. 

Miklucho-Maclay besuchte dreimal Neu-Guinea**). Im Dezember 1870 trat der damals kaum 
23jährige Forscher seine erste Reise an. Hohe Protection am kaiserlich russischen Hofe bewirkte, 
dass ihm ein Kriegsschiff zur Verfügung gestellt wurde, die Korvette .Vitias", welche ihn im 
September an der Astrolabebai bei dem Dorfe Bongu an Land setzte, in einem kleinen Hafen, der 
zu Ehren seines Protectors, des Grossfürsten Constantin, Constantinhafen genannt wurde. Hier lebte 
nun Miklucho-Maclay fast ein ganzes Jahr lang, bis er durch dieCorvette „Ysumrud* imDecember 1872 
wieder abgeholt wurde, in einem kleinen, von den Zimmerleuten der „Vitias" auf dem „Einsiedelei- 
Point*, Vi Stunde von Bongu entfernt, erbauten Hause. Ueber den Aufenthalt Miklucho-Maclay's und 
sein Verhältniss zu den Eingeborenen werde ich noch an verschiedenen Stellen Anlass haben zu 
sprechen. Gharacteristisch für den Mann ist, dass er seinen Leuten nicht erlaubte, auf die Jagd zu 
gehen, .damit Schiessen die Eingeborenen nicht erschrecke.' Sammlungen legte er grundsätzlich 
nicht an. 

Nachdem er in der Zwischenzeit die Molukken, Philippinen, Hongkong und Java besucht, 
auch Reisen nach Johore und in's Innere der malayischen Halbinsel gemacht hatte, alles zu dem 
Zweck, durch eigene Anschauung die „Negrito's* kennen zu lernen behufs Vergleichung mit den 
Papua's, ging er über die Karolinen- und Admiralitätsinseln wieder zurück nach der Astrolabebai, wo 



*) Siebe Berliner Zeitschrift fflr Ethnologie etc. Band VI, p. 177. 

**) 0. Finscli hat in den „Deutschen gen graphischen Blättern', herausgegeben von der geographischen Gesellschaft 
in Bremen, Band XI, 1888, eine schßne nnd nusfilhrliche Biographie dieses seltsamen Hannes veröffentlicht, der ich das 
Meiste des Nachstehenden entnehme. 



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- 134 — 

er am 28. Juni 1876 wieder eintraf und in der Nähe seines früheren Wohnortes sich ein neues 
Haus baute, in dem er bis zum 10. November 1877 verweilte und von dem noch zu meiner Zeit 
Pfahlreste standen, wie mir Kubary erzählte; ich selbst habe sie nicht gesehen, Finsch ebenfalls 
nicht. Aber sein Land, das er von den Eingeborenen käuflich resp. durch Tausch erworben halte, 
wurde noch immer von ihnen reapectirt. Es war auch, wie ich hörte, durch eine Tafel mit ent- 
sprechender Aufschrift gekennzeichnet, die aber Kubary entfernen liess. Dann kehrte er nach Singapore 
zurück, schwer krank an Malaria, wie ich später, 1879, von dem ihn behandelnden Arzt Dr. Trebing 
vernommen habe. Zur Stärkung seiner Gesundheit ging der rastlose Wanderer nun nach Sydney 
in Australien, blieb aber nicht lange, sondern begab sich auf eine neue Fahrt nach Ost- 
Melanesien, den Inseln an der Ostspitze Neu-Guinea's, der Südküste (Britisch-Neu-Guinea) und den 
Inselchen der Torresstrasse, welche die Zeit von März 1879 bis Mai 1880 in Anspruch nahm. Die 
letzte Hälfte des Jahres 1880 brachte er in Queensland zu und die erste Hälfte von 1881 in Sydney, 
wo er eine biologische Station einrichten wollte, es aber nie über die Ansätze dazu hinaus brachte. 
Im August und September 1881 trieb ihn seine Reiselust schon wieder nach der Südküste Neu- 
Guinea's. Dann, 1882, benutzte er die Anwesenheit eines russischen Geschwaders zur Heimkehr nach 
Europa, das er seit 12 Jahren nicht gesehen hatte, blieb aber nur bis Ende 1882. Denn im 
Februar 1883 treffen wir ihn schon wieder als Passagier nach Queensland. Finsch erzählt sehr 
hübsch das characteristische Factum, dass Miklucho-Maclay, als er auf der Bhede von Batavia ein 
russisches Kriegsschiff liegen sieht, sofort hinüberrudert, den bereits schlafenden Admiral wecken 
lässt und denselben überredet, statt nach dem Amur zu segeln, ihn lieber nach der Astrolabebai 
zu bringen. Das war die Corvette „Scobeleff", die auf dieser Reise den „Alexishafen* vermaass und 
benannte. Der Admiral ging darauf ein, und so kam Miklucho-Maclay zum dritten Mal nach der 
Astrolabebai. Er blieb diesmal nur 10 Tage und die Reise hatte eigentlich nur den Zweck, seine 
im Jahre 1877 zurückgelassenen Sachen wieder abzuholen, die er einstweilen in der Obhut der 
Eingeborenen gelassen hatte, die ihm .nie das Geringste gestohlen hatten*. 

Er hatte eine Menge Vieh mit eingeschifft, Rinder, Ziegen und Schafe, von denen aber 
Finsch 1864 nur noch einen Bullen und eine Zebukuh antraf, zum Glück für die Eingeborenen, wie 
er meint. Denn er sieht, und vielleicht nicht mit Unrecht, die Einführung und Verwilderung so 
grosser Thiere als ein Danaergeschenk für die ackerbautreibenden Papua's an. 

Miklucho-Maclay ging dann auf dem kleinen Umweg über die Admiralitätsinseln, Pelau (wo 
er Kubary aufsuchte, seinen Nachfolger in Bongu), Manila und Hongkong nach seinem ursprünglichen 
Ziel, Sidney, zurück. Er sah Neu-Guinea nicht wieder. 1888 starb er in St Petersburg, ehe er 
Zeit gefunden hat, seine gewiss sehr umfangreichen Beobachtungen und Notizen zusammenfassend in 
einem grossen Werk niederzulegen, für dessen Herausgabe ihm der Zar die splendide Summe von 
beinahe 45000 Mark angewiesen hatte. Ueber seine ca. 30 Nummern umfassenden, überall zerstreuten 
Schriften, die wie gesagt wenig Zoologisch-Botanisches enthalten, finden wir in Finsch's Nachruf eine 
vollzählige UebersichL 

Miklucho-Maclay war ein Philantrop, der Herz und Liebe für .seine" Eingeborenen besass, 
und sowohl bei der englischen wie der niederländischen Regierung protestirte gegen die Vergewaltigung 
derselben durch die australischen ArbeiteranwerbungsschifFe, wie durch die sogenannte Hongieflotte 
aus Tidore. 

Als zweiter ist Dr. Otto Finsch zu nennen. Derselbe unternahm im Jahre 1879 mit Unter- 
stützung der Humboldt-Stiftung der königlichen Akademie der Wissenschaften eine zoologisch-anthro- 
pologische Forschungsreise nach Micronesien, dem Bismarckarchipel, Australien und Südost-Neu-Guinea. 
Unser Gebiet blieb auf dieser Reise unberührt. 



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— 1S5 — 

Dieser Forscher war es wohl, welcher die deutschen Kreise, aus denen spater die Neu- 
Guinea-Compagnie hervorging, für den Bismarckarchipel und das jetzige Kaiser- Wilhelmsland interessirte, 
so dass er durch dieselben beauftragt wurde, die Küsten jener Landstrecken zu untersuchen und 
Grundstücke für Rechnung derselben zu erwerben. Er eröffnet also die Reihe von Expeditionen, 
durch welche die spatere Neu-Guinea-Conipagnie Aufschluss über Land und Leute zu erhalten suchte. 
Mit dem eigens zu diesem Zweck angekauften Dampfer „Samoa" unter Führung des mit der Ent- 
deckungsgeschichte, resp. Erforschung des Schutzgebietes, unzertrennlich verknüpften Kapitän Dallmann, 
führte er vom 11. September 1884 bis Ende Mai 1885 eine ganze Reihe (5) von Reisen aus, wobei 
ihm sehr zu statten kam, dass er sich auf Mioko, die bereits bestehende Niederlassung der deutschen 
Handels- und Plantagengesellschaft, stützen konnte. Auf der ersten Reise ging er in Port Constantin 
(Constantinhafen), dem Feld der Thätigkeit Miklucho-Maclay's, vor Anker, erwarb dort ein Stück 
Land und baute ein Haus. Constantinhafen ist also die erste und älteste Besitzung 
der Neu-Guinea-Compagnie in Kaiser-Wilhelmsland, obwohl die eigentliche Station 
erst am 80. Mai 1886 gegründet wurde. Mehrere Tage später entdeckte er den ausgezeichneten 
„ Friedrich-Wilhelmshafen • (19. October), welcher nunmehr Sitz des Landeshauptmanns geworden ist. 
Am 22. October, während der Fahrt nach dem kleinen, aber damals schon .bevölkertsten" Inselchen 
Bilibili, ward weit inland der Astrolabebai, gerade bei Sonnenaufgang eine gewaltige Gebirgskette 
,16—18000 Fuss hoch" entdeckt, die den Namen „Bismarck-Kette" erhielt Es ist dieselbe Ansicht, 
fast von demselben Punkt aus aufgenommen, welche ich in der mittleren Ansicht der Gebirgslafel, 
No. 4, s. S. 6, wiedergegeben habe. 

Auf der zweiten Reise, die sich über den östlichen Theil der Küste von Kaiser-Wilhelmsland 
erstreckte, entdeckte Finsch die von ihm „Deutschland"-, von dem einen Tag später zur Hissung der 
deutschen Flagge eingetroffenen Kriegsschiff Hyäne jedoch ihm zu Ehren „Finschhafen" genannte 
Bucht (23. November). Auf der Rückfahrt nach Mioko ward diesmal die Nordküste Neu-Britannien's 
aufgenommen, während man auf der Rückkehr von der vorigen (ersten) Reise die Südküste dieser 
Insel entlang gefahren war. 

Die dritte und vierte Reise machte Dr. Finsch zur Erforschung der Ostküste Kaiser-Wilhelms- 
lands vom Hüongolf zu bis zum Ostcap, hauptsächlich um den Engländern zuvorzukommen, welche 
zu gleicher Zeit von der Südküste des östlichen Neu-Guinea's Besitz ergriffen hatten, wie die Deutschen 
von der Nordküste, und nun an der Ost- und Nordostküste mit den ersteren zusammenprallten, 
so dass die Feststellung der definitiven Grenze diplomatischen Verhandlungen überlassen werden 
musste. Die von Finsch auf dieser dritten Reise besuchten Punkte und eine von ihm in der Nähe 
der Bentleybai gegründete Station Hihiaura, fallen alle in das später England zugewiesene Gebiet. 

Die fünfte Reise unternahm Finsch im Mai 188$ zur Untersuchung der Küste von der Astro- 
labebai bis zur holländischen Grenze, der Humboldtbai. Er entdeckte und benannte hier den Kaiserin- 
Augusta-Fluss (9. Mai) und drei gute Ankerplätze, den Dallmann-, Berlin- und Hatzfeldhafen. 

Auch Finsch konnte, seiner vielen Schiffsreisen wegen, welche zoologischen und botanischen 
Forschungen nicht gerade günstig sind, für die naturwissenschaftliche Forschung nicht so viel thun, 
als es ihm, dem Naturforscher von Fach, bei einem stabileren Verweilen am Lande wohl möglich 
gewesen wäre. Seine Beobachtungen hat er in seinen wichtigen Quellen- Arbeiten : „Samoafahrten* 
und „Ethnologische Erfahrungen und Belegstücke aus der Südsee" in den „Annalen des k. k. Hof- 
museums, Wien Band III und VI niedergelegt, worin er auch in den Anmerkungen eine voll- 
ständige Aufzählung seiner vielen anderweitigen kleineren Schriften giebt, die hier nicht alle angeführt 
werden können. 

Nachdem Finsch sozusagen den Boden für die künftige Colonisation geebnet hatte, und an 
den von ihm gefundenen geeigneten Plätzen, z. B. Finschhafen (am 5. November 1885) und Hatz- 



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feldhafen (21. Dezember 1885) Stationen eingerichtet waren, ging die inzwischen (am 29. März 1886) 
als Neu-Guinea-Compagnie constituirte und unterm 17. Mai 1885 bereits mit einem kaiserlichen 
Schutzbrief versehene Gesellschaft unter Direction der Herren Geheime Commerz ienrath v. Hansemann 
und Staatssekretär a. D. Wirklicher Geheime Rath Dr. Herzog, Excellenz, daran, das neue Gebiet wissen- 
schaftlich erforschen zu lassen. Sie rüstete dessbalb eine Expedition aus, welche aus dem Astronomen 
Dr. Sehrader, dem Botaniker Dr. Hollrung und dem Geologen Dr. Schneider bestand. 
Wie man sieht, war neben der geographischen hauptsächlich die botanische und geologische Erforschung 
Ton Kaiser-Wilhelmsland in's Auge gefasst. Für die zoologische Seite glaubte man durch zeitweilige 
Beigabe des Jägers Hunstein genügend Sorge getragen zu haben. Die Expedition langte am 19. April 1886 
in Finschhafen an und erforschte zunächst die Umgebung dieser Niederlassung bis zum Sattelberg 
hin, dann diejenige von Constantin- und Hatzfeldthafen, sowie die Küste zwischen Friedrich- Wilhelms- 
hafen und dem Gap Croisilles. Dr. Schrader richtete an de» genannten Stationen überall meteorolo- 
gische Warten ein, die aber nicht lange functionirten. Am 24. Juni 1887 wurde eine grössere Forschungs- 
reise nach dem von Finsch entdeckten und sowohl von Gapitän Dalimann als dem damaligen Landes- 
hauptmann Admiral Freiherrn von Schleinitz bereits 300 km weit befahrenen Kaiserin-Augusta-Fluss 
unternommen, die aber nicht viel weiter vordrang (380 km) als im Jahr vorher Admiral Schleinitz. 
Dagegen verweilte man 4 Monate lang dort (bis zum 7. November) und suchte von zwei festen 
Standlagern aus, Zenap und Malu, die Umgebung der befahrenen Strecken eingehend zu erforschen. 
Ueber die Resultate dieser Forschungen scheint nicht viel publizirt worden zu sein; ich habe mich 
vergeblich danach umgesehen. Auf der Rückkehr vom Augusta-Flusse wurden die von Admiral 
von Schleinitz 1886 flüchtig untersuchten und im Gerüche brauchbarer Guano-Lager stehenden Purdy- 
Inseln näher erforscht und die Unmöglichkeit der Existenz solcher dargethan. Eine Gesammt- 
darstellung der von dieser Expedition unternommenen Ausflüge und Forschungen findet sich in den 
„Nachrichten aus Kaiser-Wilhelmsland und dem Bismarckarchipel IV. Heft 1888, Seite 183 ff.* 

Das bedeutendste Ergebniss dieser grossen, wohlausgerüsteten Expedition war zweifellos das 
botanische; Dr. Hollrung hat unermüdlich gesammelt und das Gesammelte ausgezeichnet conservirt; 
ausser verschiedenen sehr interessanten Berichten in den „Nachrichten über Kaiser-Wilhelmsland* hat 
er auf Grund seiner Ausbeute mit Dr. K. Schumann zusammen die bereits oben Seite 66 erwähnte 
«Flora von Kaiser-Wilhelmsland" geschrieben. 

Dr. Schellong, der als erster deutscher Arzt in der neuen Kolonie thätig war, von 1886 
bis 1888, hat eine sehr fruchtbare wissenschaftliche Thätigkeit entfaltet. Seine Aufmerksamkeit hatte 
er hiebe! weniger auf die naturwissenschaftliche, als auf die anthropologisch-ethnographische Seite 
gerichtet, über die er neben seinen fachwissenschaftlich-ärztlichen Arbeiten eine Reihe sehr wichtiger 
und tüchtiger Publikationen geliefert hat, die im nachfolgenden anthropologischen Theil zur Benutzung 
und Anführung gelangen. 

Rein geographisch -topographischer Natur waren die Untersuchungsfahrten des Admirals 
Freiherrn von Schleinitz, der nach und nach fast alle Küsten des Schutzgebietes befuhr und 
aufnahm. Er lieferte die geographische Grundlage. Seine Berichte, sowie die des Nachfolgenden, 
sind in den Nachrichten über Kaiser-Wilhelmsland abgedruckt, der Haupt- und Uebersichtsbericht 
im II. Heft 1889. 

Hier ist auch Hauptmann Dreger zu nennen, der speziell den Hüongolf und die in ihn 
mündenden Flüsse untersuchte und aufnahm. (Siehe V. Heft 1887). 

Bergingenieur Recknagel (1888—1890) hat die geographisch-geologischen Verhältnisse der 
Umgebung der früheren Station Hatzfeldthafen untersucht und darüber einen Bericht an die Neu- 
Guinea-Compagnie erstattet, der im II. Heft der Nachrichten über Kaiser-Wilhelmsland 1890 ab- 
gedruckt Ist, 



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— 137 — 

Im Jahre 1887 langte der Gärtner L. Kärnbach, ,der Unermüdliche", im Schutzgebiet an 
und begann seine botanische Thätigkeit. Er sammelte sehr viel und lernte auf seinen mannichfachen 
Reisen die Küste landauf und landab kennen wie kein Zweiter; da er die richtige Art hatte, mit 
den Eingeborenen umzugehen, die ihm blindlings vertrauten, ward er vielfach zu Arbeiteranwerbungen 
verwendet; denn mit seinen gärtnerischen Versuchen scheint es nicht recht geglückt zu sein. Als 
ich im November 1893 im Schutzgebiet ankam, fand ich Kärnbach in Friedrich-Wilhelmshafen; 
mit betrübter Miene führte er mich in eine Art Garten in der Nähe des „Hotels zur feuchten Pappe", 
wo er einige Dutzend Kaffeebäumchen grossgepäppelt halte, den letzten Rest von einigen Hundert; 
auch sonst halte er noch allerhand da ausgepflanzt, wovon Manches gar nicht übel stand; er klagte 
sehr, dass er bei seinen Versuchen von der Administration nicht die nöthige Unterstützung finde; mit 
wie viel Recht oder Unrecht weiss ich nicht ; jedenfalls war die Idee eines Versuchsgartens auf dem 
sterilen, des Humus entbehrenden Korallenbodens von Friedrich-Wiihelmshafen eine sehr unglückliche. 
Später begann Kärnbach auf eigene Rechnung Speculationen, zuerst, wie ich oben erzählte, mit Auf- 
suchen von gummi- und harzhaltigen Bäumen, dann mit Anlage einer Traderstation auf Seleo bei 
Berlinhafen. Er wurde mehreremale todtgesagt, tauchte aber immer wieder auf. Das letztemal 1894; 
nachdem er sich in dem gänzlich von allem Verkehr abgeschnittenen Berlinhafen niedergelassen, dessen 
Bewohner bei uns an der Astrolabebai in einem sehr schlechten Ruf standen, hörten und sahen wir 
lange Nichts von ihm. Plötzlich erschien in Friedrich-Wilhelmshafen einer seiner schwarzen .Jungen* 
über Land und erzählte unter Thränen, sein Herr sei mit seinem Segelboot, das in Singapore gekauft 
und sehr bedenklich construirt war, so dass ihm Herr v. Hagen mehrmals ein Unglück damit 
prophezeite, auf der Fahrt nach Friedrieh- Wilhelmshafen gescheitert und von den Eingeborenen vor 
seinen Augen ermordet worden. Wir betrauerten alle den armen Kärnbach aufs Tiefste; endlich also 
hatte es ihn doch erwischt! Doch siehe da! einige Monate später tauchte er frisch und munter 
plötzlich wieder bei uns auf; an der ganzen Geschichte war kein wahres Wort gewesen; es waren 
eitel Flunkereien seines weggelaufenen schwarzen Jungen, der steh vor Strafe retten wollte. Ein 
paar Jahre später ist Kärnbach aber wirklich gestorben. Wenn er auch kein akademisch graduirter 
Forscher war, so hat er doch sehr Tüchtiges geleistet und für die Erschliessung unseres Gebietes 
mehr beigetragen als viele Andere. Der Name Kärnbach wird in der Colonisationsgeschichte Kaiser- 
Wilhelmslands stets ehrenvoll genannt werden. 

Von seinen Zügen hat er stets eine Menge ethnographischer Sammlungen mitgebracht; ein 
Theil davon ging in die Hände meines Freundes Maschmeyer, damals Hauptassistent in Stefansort, 
ein anderer und zwar der bedeutendste, in diejenigen des Hauptadministrateurs v. Hagen über. 

Kärnbach hat selbst wenig publizirt; ein paar kleine Aufsätze, die er mir selbst schenkte, 
deren Titel ich aber leider augenblicklich nicht angeben kann, weil ich sie unauffindbar verlegt habe, 
das ist glaube ich Alles. Die von ihm gesammelten Algen, Pilze, Flechten etc. sind publizirt (zu- 
gleich mit denen Lauterbach's) von P. Hennings: .Fungi novoguineenses" in Engler's botanischen 
Jahrbüchern Band XV, 1892, I. Beiblatt No. 33 und Band XVIII, 1894, Beiblatt 44. 

Im Jahre 1886 oder 1887 muss auch Johann Kubary, der bekannte Südseereisende und 
Sammler für die Firma Godeffroy & Cie. in Hamburg, nach Kaiser-Wilhelmsland gekommen sein, 
denn wir finden ihn bereits Ende 1887 als Stationsvorsteher von Constantinhafen, wo er bis zu 
seinem Weggang 1895 blieb. Er hatte sich in der langen Zeit seines Aufenthaltes dort vollständig 
in die Sprache, Sitten und Gewohnheiten der Eingeborenen eingelebt, war aber von denselben weniger 
geliebt, als gefürchtet. 

Da Kubary einer der bekanntesten Südseereisenden ist, so dürften ein paar Bemerkungen 
über die persönliche Erscheinung des Mannes, der ebenfalls schon zur ewigen Ruhe eingegangen ist, 
nicht unwillkommen sein. Er war, obwohl nach seiner Angabe erst 48 Jahr alt, ein gebeugt gehender, 

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völlig ergrauter Mann, den ich nahe den Siebzigern geschätzt hätte; er befand sich auch freilich 
schon seit dreissig Jahren fast beständig in den Tropen. Er war mit einer hübschen, schlanken 
Mischlingsfrau von den Karolinen (Fonape) verheirathet ; wohl bei dieser Gelegenheit hatte er sich 
am ganzen Körper regelrecht tätowiren lassen, gleich seiner Frau. Er besass ein ca. 8jähriges 
Mädchen, Bella, mit prächtigen blauen Augen und blonden Haaren. Mit seiner Frau, der .Mutterr" 
die, wie auch das Kind, sehr gut deutsch sprach, schien er sehr glücklich zu leben. Sie war eine 
liebe, sanfte und stille, aber sehr tüchtige Hausfrau, die aber auch mit dem Ruder und der Büchse 
umzugehen verstand. Sie verferligte entzückende Schmucksachen aus Schildpatt. Ich habe Fächer 
von ihr gesehen, so wunderbar mit Paradiesvogelfedern und -Bälgen arrangirt, dass sie jedem 
Beschauer einen Ausruf der Bewunderung entlockten. Kubary war der erste, der den wunderbaren 
Schmetterling Troides paradiseus Staudgr. aus der Raupe züchtete, und in grösserer Zahl nach 
Europa sandte. 

Er war einer der erfolgreichsten Sammler, hatte aber auch stets eine Menge von Personal 
zur Verfügung, das er zur Vogeljagd und zum Fang von Schmetterlingen und Landconchylien anlernte 
und bis weit hinein in's Land auf die Vorberge des Finisterre-Gebirges aussandte. Er betrieb das 
Sammeln als Geschäft; durch ihn sind grosse Collectionen nach Europa gekommen, namentlich Vogel- 
bälge, von denen die meisten nach seiner mündlichen Mittheilung Rothschild in Tring und das 
Dresdener Museum erhielt, Schmetterlinge, die an Dr. Staudinger nach Dresden gingen, und Land- 
conchylien, die er an den bekannten Malakologen Freiheim von Möllendorlf, damals deutscher Consul 
in Manila, sandte. Er hat nach seiner eigenen Aussage nie wo anders in Kaiser-Wilhelmsland 
sammeln lassen, als an der Astrolabebai, was vielleicht für die Provenienz von ihm nicht eliketlirter 
Sammlungen nicht unwichtig ist. Von andern Lokalitäten habe ich nur ein Kästchen mit Schmetter- 
lingen aus Finschhafen bei ihm gesehen, das er von irgend Jemand erhalten hatte. 

Er selbst hat Nichts aus Kaiser-Wilhelmsland publizirt. Seine Concbylien hat Herr von 
Möllendorff beschrieben und über eine Vogelbalgsammlung berichtete Geheimrath Dr. A. B. Meyer im 
„Ibis" 1890: „Notes on birds from the Papuan region". Ueber Schmetterlinge hat Dr. Staudinger 
in der „Jris" geschrieben. Ueber seine ethnographischen Sammlungen, die theilweise nach Leiden 
gegangen zu sein scheinen, hat J. D. E. Schmeltz im Internationalen Archiv für Ethnographie berichtet. 

Im Jahre 1888 war der junge Danziger Botaniker Dr. Hellwig nach dem Schutz- 
gebiet gekommen und hatte, im October 1888, mit dem bekannten Weltreisenden und Korre- 
spondenten der „Kölnischen Zeitung", H. Zöller, dessen kurzen, aber berühmten Zug in das 
Finisterre-Gebirge mitgemacht, von dem die beiden so reiche geographische und botanische Resultate 
mitbrachten. Zöller-Hellwig sind bis jetzt die einzigen, welche in Kaiser -Wilhelmsland die Hoch- 
gebirgsregion erreichten. Zöller hat seine Resultate indem schönen und inhaltreichen Buch: .Deutsch- 
Neu-Guinea und meine Ersteigung des Finisterre-Gebirges*, 1891, Deutsche Verlagsgesellschaft, nieder- 
gelegt, dem armen Dr. Hellwig ist es nicht so gut geworden; ihn raffte bereits am 24. Juni 1889 
die Dysenterie dahin. Aus seiner Feder kenne ich nur die Berichte in den Nachrichten über Kaiser- 
Wilhelmsland über eine Expedition nach Tiggedu, eine solche nach dem Sattelberg (II. Heft 1889) 
und eine dritte nach Poom-Sattelberg in Begleitung Recknagels und Warburgs (I. Heft 1890). Sein 
botanischer Nachlass kam glücklicherweise in die Hände Warburg's, und derselbe hat ihn in 2 
Arbeiten: „Plantae Helhvigianae" und „Bergpflanzen aus Kaiser-Wilhelmsland", beide abgedruckt 
in Engler's botan. Jahrbüchern, Bd. XVI, 1893 u. Bd. XVIII, 1894, bearbeitet. 

Einen warmen Nachruf an diesen jungen, auf dem Felde der Ehre gefallenen Forscher aus 
der Feder von Dr. Lakowitz enthält das 13. Heft der Schriften der naturforschenden Gesellschaft zu 
Danzig über die Wanderversammlung des westpreussischen zoologischen botanischen Vereins zu 
Schweiz a. W. vom 27. Mai 1890. 



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Etwas später weilte in Kaiser -Wilhelmsiand der meinen Lesern bereits so wohlbekannte 
Dr. und jetzige Professor 0. Warburg, der im Jahre 1889 das Schutzgebiet besuchte und von Finsch- 
hafen an bis Hatzfeldthafen botanisirte. Sein Hauptwerk: „Beitrage zur Kenntniss der papuanischen 
Flora* in Engler's Jahrbüchern, Band XIII 1891, ist ein wahrer Schatz. Seine zahlreichen übrigen 
Publikationen habe ich oben im botanischen Theil bereits erwähnt. 

Gegen das Ende der achtziger Jahre legten auch die Gebrüder Geissler im Kaiser- 
Wilhelmsland ihre, soviel mir bekannt, vorwiegend ornithologischen Sammlungen an, die hauptsächlich 
an das Dresdener Museum kamen und in mehreren Publikationen von Herrn Geheimrath Dr. A. B. 
Meyer bearbeitet wurden. Es sind mir bekannt: 

, lieber Vogel von Neu-Guinea und Neu-Britannien" , in den „Abhandlungen und Berichten 
des Kg), zoologischen und anthropologisch-ethnographischen Museums zu Dresden", 1890 — 91, No. 4. 

„Neuer Beitrag zur Kenntniss der Vogelfauna von Kaiser- Wilhelmsland, besonders vom Hüon- 
golfe", ibid. 1892-93, No. 3. 

„Beitrag zur Kenntniss der Vogelfauna von Kaiser-Wilhelmsland', im Journal für Ornitho- 
logie 1892. 

„Goura beccarii huonensis", in: Ornithologische Monatsberichte 1893, Seite 65 — 67. 

Herrn B. Geisler, der, so viel ich weiss, jetzt noch im Bismarckarchipel weilt, hatte ich im 
Jahre 1894 das Vergnügen, persönlich in Herbertshöhe kennen zu lernen. 

Dr. C. Lauterbach hat seinen Namen zweimal mit der naturwissenschaftlichen Erforschung 
unseres Gebietes in hervorragender Weise verknüpft ; das eine Mal im November und Dezember 1890 
durch seine Erforschung des Gogolflusses, das zweilemal durch die bekannte Espedition 1896, wobei 
der grosse Ramufluss und dessen Ebene entdeckt, sowie der Fuss des Bismarckgebirges erreicht wurde. 

Ueber seine Gogolexpedition, wobei ihn Kärnbach begleitete, hat er im I. Heft der .Nach- 
richten über Kaiser-Wilhelmsland elc." 1891 berichtet, und dabei eine leider nur sehr summarische 
Uebersicht über seine zoologisch-botanische Ausheute gegeben. 

Er traf auffallend viel Palmen und erklärt das Vorherrschen derselben, namentlich zweier 
Areca-Arten, am Unterlauf geradezu charakteristisch. Auch Nipa- und Sagopalmen, Calamus, Rottan, 
eine hohe Caryota, kleine Chamaedorea ähnliche Palmen und Licuala's waren nicht selten, die weiter 
flussaufwärts das häufigste Unterholz bildeten. Dadurch scheint sich das Gogolthal von der übrigen 
Landschaft an der Astrolabebucht zu unterscheiden, die wir verhällnissmässig palmenarm gefunden 
haben. Interessant und wichtig ist, dass noch weit im Innern, wo Tauschwaaren, wie Muschel- 
schmuck, Bilibili-Kochtöpfe etc. kaum hingedrungen waren, auf den Plantagen der Eingeborenen 
noch Papaya's gefunden wurden. Da sie auch sonst überall in Neu-Guinea sehr häufig sind und, 
gerade wie der Tabak, schon lange kultivirt werden, so sind trotz bestimmter Angaben leichte Zweifel 
nicht zu unterdrücken, ob die Papaya wirklich erst durch Miklucho-Maclay an der Astrolabebucht 
eingeführt wurde. Kokosnüsse wurden im ganzen Bereich der Expedition gefunden, ebenso Bananen, 
von denen auch 6 Meter hohe Exemplare wild im Wald angetroffen wurden. 

Von Säugethieren fand Lauterbach Massen fliegender Hunde (Pteropus), sowie einen Beutel- 
dachs und Wildschweine. An Wasservögeln nennt er mehrere Arten von Seeschwalben und Strand- 
läufern, Reiher, Enten, Raubvögel, Kasuare, Krön- und eine Reihe anderer Tauben, viele Nashorn- 
vögel, den schwarzen Kakadu, Tanysiptera, Gicinnurus regius, Paradisea finschii. Krokodile von 
ca. 4 Meter Länge waren häufig, und Schlangen, Eidechsen und Frösche in ziemlicher Menge und 
Mannichfaltigkeit vorhanden. Von Fischen wurden nur junge Aale, aber in grosser Menge, erbeutet, 
doch meint Lauterbach, dass der Fischreichthum des Flusses jedenfalls ein bedeutender sei. (Auch 
im Augustafluss waren Aale die Hauptfischgattung). Am Ufer unter Laub versteckt fanden sich 
massenhaft kleine Krabben, und in ihrer Gesellschaft auch ziemlich grosse Scolopender. Goleopteren 

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stellten besonders zahlreiche Vertreter aus den Familien der Curculioniden und Longicornier. Eine 
glänzend grüne Cetonia war äusserst zahlreich. Landschnecken waren in ziemlicher Mannich faltigkeit. 
Zu den unangenehmen Beigaben gehörten Landblutegel, die jedoch nur vereinzelt vorkamen und vor 
Allem die sogenannten Buschläuse, vulgo Buschmucker (siehe oben Seite 72) die Lauterbach als zu 
den Milben gehörig anspricht. Sie sollen besonders im Schilf zahlreich gewesen sein. Jammerschade, 
dass Dr. Lauterbach keine grössere zusammenfassende Arbeit über die von ihm beobachtete Pflanzen- 
undThierwelt veröffentlicht hat. Wo seine Ausbeute, aus 300 Nummern Phanerogamen, 100 Nummern 
niedere Kryptogamen, Gesteins- und Bodenproben, ethnographischen Sammiungen, einer grossen Zahl 
Insekten und etwa 100 Nummern anderer zoologischer Gegenstande bestehend, bearbeitet und publizirt 
wurde, ist mir unbekannt geblieben, mit Ausnahme der vorhin bei Kämbach erwähnten Fungi. 

Die im Schutzgebiet thätigen Missionare haben einen Hauptantheü an der Forschungsarbeit, 
aber nach Lage der Sache erstreckt sich dieselbe vorwiegend auf den Menschen. Hier wurde aber von 
hnen bereits Hervorragendes geleistet. Ohne die Missionare wäre es nicht möglich gewesen, so lief 
in das geistige Leben der Eingeborenen einzudringen, wie es uns bereits gelungen ist; namentlich 
im Schlüssel zu dem Ganzen, in den Sprachen, die hier verwickelter sind wie anderswo, haben sie 
der Wissenschaft unschätzbare Dienste bewiesen. Die Namen Hoffmann, Bergmann, Kunze von 
der rheinischen und Vetter von der Neu-Dettelsauer Mission, werden unvergessen bleiben. Ihre ver- 
schiedenen Publikationen, meist in den Missionszeitschriften, werden im ethnographischen Theil zur 
Würdigung gelangen. Das Mutterhaus in Barmen mit seinen riesigen Sammlungen birgt natur- 
wissenschaftliche Schätze ersten Ranges. 

Missionar Bammler von der Neu-Dettelsauer Mission, auf den Tami-Inseln thätig, hat sich 
ausserdem noch durch eine reichhaltige botanische Sammlung ausgezeichnet, die K. Schumann als 
„Plantae Bammlerianae" im Notizblatt des kgl. bot. Gartens und Museums zu Berlin I, 1895 p. 44 
bis 57 beschrieben hat. (In demselben Blatt No. VII 1897 sind von demselben Verfasser die „Plantae 
Dahlianae" aus Neu-Pommern beschrieben.) 

Im Jahre 1892 begann der Präparator des ungarischen Nationalmuseums S. Fenichel seine 
umfangreiche Sammelthätigkeit an der Astrolabebai. Seine Sammlungen haben uns zuerst ein 
einigermaassen vollständiges und übersichtliches Bild über die Fauna Deutsch-Neu-Guinea's geliefert, 
namentlich hinsichtlich der Vogetwelt und der Landconchylien. Der anscheinend nur mit geringen 
Mitteln ausgestattete Mann fand freundliche Aufnahme und verständnissvolle Unterstützung bei dem 
stellvertretenden Administrateur Herrn L. Maschmeyer, der, selbst ein grosser Naturfreund und 
Sammler, von Fenichel die richtigen Präparationsmethoden erlernte und dadurch im Stande war, 
ziemlich umfangreiche Sammlungen anzulegen, von denen ein grosser Theil in das grossherzogliche 
Museum zu Karlsruhe gelangte. 

Leider konnte Fenichel seine erspriessliche Sammelthätigkeit nicht lange ausüben; ein 
„Schwarzwasserfieber* raffte schon 1893 den bescheidenen, stets gefälligen und anspruchslosen Mann 
dahin. Als ich im November 1893 im Schutzgebiet anlangte, war er schon seit längerer Zeit lodt. 
Seine Sammlungen, die das Budapester Nationalmuseum erhielt, wurden theils in der Zeitschrift 
„Aquila* 1894, theils in den mehrgenannten Termeszetrajzi Füzetek publizirt. 

In die durch Fenichel's Tod gerissene Lücke trat bald der ungarische Professor L, Birö, eben- 
falls vom Budapester Nationalmuseum ausgesendet. Dies war der erste wissenschaftliche Zoologe, 
der von 1896 an bis jetzt in unsenn Gebiet seine Forscherthätigkeit entfaltete und sehr umfangreiche 
Sammlungen an sein Museum sandte. Ich habe schon oben Seite 79 über ihn gesprochen und will 
nur noch hinzufügen, dass seine Sammlungen alle in den „Termesz. Füzetek" zur vorläufigen Be- 
arbeitung gelangt sind. Er hat bis jetzt nur wenig selbst publiziren können; dagegen dürfen 



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wir wohl nach seiner Rückkehr ein grosses, zusammenfassendes Werk über Deutscb-Neu-Guinea von 
ihm erwarten. 

Des englischen Sammlerpaares Cotton und Webster war ich schon verschiedene male in der 
Lage zu erwähnen. Sic trafen mit derselben „Lübeck" wie ich, im November 1893 im Schutz- 
gebiet ein und gingen zuerst nach dem Archipel, wo sie, nach Webster's Aussage, über 4000 Schmetter- 
linge und 200 Vogelbälge erbeuteten; am 19. Januar kehrten sie zurück nach Stefansort, wo sie der 
Hauptadministrateur v. Hagen in seinem Hause aufnahm und ihnen in einem Nebengebäude ein 
Präparations- und Sammlungszimmer (die »Stinkbude*) einrichtete. Sie sammelten die Umgebung 
von Stefansort ab, ohne etwas Anderes als das Allergewöhnlichste zu erbeuten; namentlich die von 
ihnen so sehr gesuchte Ornithoptera paradisea wollte sich nicht finden lassen. Sie unternahmen 
zwei grössere, wochenlang dauernde Touren; eine in das Hinterland der Astrolabebai, die vom 
27. März bis zum 19. April 1894 dauerte, wobei sie der Polizeiunteroffizier Piering mit einem Theil seiner 
Truppe geleitete, der nachmals mit Ehlers eines so jämmerlichen Todes sterben musste. Ich besitze 
die wortgetreue Abschrift von dem damals durch Piering geführten Tagebuch, wonach auf der 
ganzen dreiwöchentlichen .Expedition" 17 gewöhnliehe und 1 schwarzer Paradiesvogel geschossen 
und ca. 50 Schmetterlinge, darunter einige seltene, erbeutet wurden, ein Resultat, welches mir von 
den Herren selbst bestätigt Wurde; die übergrosse Magerkeit desselben wurde dem ewig herab- 
rieselnden Regen zur Last gelegt. Die Tour hat die Herren jedenfalls nicht weit in das Land 
hineingeführl, denn Piering berichtet von dem weitesten und höchsten Punct, der am 11. April 
erreicht wurde und von dem aus er in 25 (deutschen) Meilen die Dampier-Insel N 20° O, Long 
Island N 60° O, das Finisterre-Gebirge N 70 ° O (4 deutsche Meilen entfernt) peilte, dass flaches 
Land, soweit man sehen könne, nicht wahrzunehmen sei. Die Ramuebene wurde also noch nicht 
einmal gesichtet. Ebenso wenig berichtet er von Sichtung der Bismarckkette. Die Tour ging fast 
stets den Mintjimfluss entlang. 

Die zweite Tour machten die Herren etwas früher, indem sie am 10. Februar mit der 
„Lübeck" nach Simbang und dem Sattelberg fuhren, von wo sie eine ganze Menge sehr hübscher, 
seltener und neuer Schmetterlinge mitbrachten, die grösstenteils in die Sammlung von Rothschild's in 
Tring oder in die von Henley Grose Smith in London übergingen und theils in den, „Novitates zoologicae" 
des Tring-Museums, theils in den „Rhopalocera exotica" von Grose Smith und Kirby beschrieben 
und abgebildet wurden. Selbst publizirt haben die beiden Herren meines Wissens Nichts ; sie sprachen 
zwar immer mit grosser Ehrfurcht von ihrem „book", das sie zusammen schreiben wollten, aber ich 
glaube nicht, dass dasselbe je das Licht der Welt erblickt hat Im Mai 1894 gingen sie, zugleich 
mit mir, wiederum nach dem Archipel, und scheinen von da, ohne wieder nach Kai sei- Wilhelmsland 
zurückzukehren, nach Australien gezogen zu sein. 

Ein tüchtiger Sammler von Beruf, namentlich für Schmetterlinge, war Wahnes. Schon ein 
Sechziger, hatte er sich, noch frisch wie ein Jüngling, hinausgemacht nach Neu-Guinea und eine Zeit 
lang 1890 in Finschhafen, später aber, nach seiner Rückkehr von den Salomoninseln (Shortland), wohin 
er mit dem bekannten Sammler und Reisenden C. Ribbe gegangen war, im April 1894 an der 
Astrolabebai in Stefansort und Bongu verweilt. Ich lernte ihn dort kennen. Gleichwie Kubary, hatte 
auch Wahnes Erfolg im Züchten von Ornithoptera paradisea, und lieferte manch schönes Pärchen 
nach Europa. Seine Hauptausbeute gelangte in die Hände des bekannten Schmetterlingsliebhabers 
Herrn W. v. Schönberg, nach dem als erstem Besitzer Pagenstecher die Ornithoptera paradisea ur- 
sprünglich benannt hatte (Ornithoptera schönbergi event. Schönbergia paradisea). 

Unter den Sammlern ist noch der Apotheker und Hospitalverwalter in Stefansort, F. Runz- 
ln ann (1893 — 96) zu nennen, der sich hauptsächlich auf Fische, Kriechthiere und Schmetterlinge 
verlegte und sowohl an Schlüter in Halle wie an eine belgische Firma sandte. Er hat auch nach 



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eigenen photographischen Aufnahmen ein „Neu-Guinea-Album" herausgegeben, das von Meisenbach, 
Raffarin & Co. vervielfältigt wurde und viele hübsche und interessante Abbildungen enthält. 

Der traurige Ausgang der Expedition Ehlers ist noch in Aller Gedächtniss. Seine Sammlungen 
und Tagebücher sind mit ihm und Piering in den Fluthen des Urwaldstromes begraben. 

Ueber die letzte grosse Expedition Lauterbach-Kersting-Tappenbeck, welche die grosse 
Ramu-Ebene und den gleichnamigen Fluss entdeckte und bis an den Puss des Bismarck-Gebirges vordrang, 
brauche ich ebenfalls keine Worte zu verlieren, da die Berichte über dieselbe noch vor Kurzem durch 
alle Blätter gingen. Ich kann desshalb kurz auf die Publikationen der Gesellschaft für Erdkunde in 
Berlin und den Jahrgang 1896 der Nachrichten über Kaiser- Wilhelmsland verweisen. Die zoologischen und 
botanischen Ergebnisse der Expedition scheinen noch theilweise der Veröffentlichung zu harren; bis 
jetzt ist mir nur die Bearbeitung der mitgebrachten Vogelbälge bekannt geworden, welche Reichenow 
im Journal für Ornithologie gegeben hat. Auf die vollständigen naturwissenschaftlichen Ergebnisse 
darf man mit Recht gespannt sein. 

Anschliessend an die bedeutenden Ergebnisse dieser ersten Ramu- Expedition ward 1897 
durch die Neu-Guinea-Compagnie eine zweite unter Leitung des Herrn Tappenbeck ausgerüstet, die, 
wie ich höre, sogar schon eine Station am Fusse des Bismarck-Gebirges angelegt hat. Wer wird 
der glückliche Zoologe sein, der dort zuerst seine Thätigkeit entfalten und das Bismarckmassiv durch- 
forschen darf? 

Dies sind im Grossen und Allgemeinen die Umrisse des Ganges der naturwissenschaftlichen 
Erforschung Kaiser-Wilhelmslands und der Männer, welchen wir dieselbe verdanken. Ich glaube 
nicht, dass ich etwas Wesentliches übersehen oder ausgelassen habe, wenn ich auch gerne zugeben 
will, dass mir manche Publikation in Fachzeil Schriften entgangen sein mag, und dass ausser den 
genannten Herren noch eine Reihe von Beamten und Angestellten Sammlungen für ihnen nahe 
stehende Museen oder Privatsammler angelegt haben, namentlich solche ethnographischer Art. 

Nachdem wir so die Bühne mit ihren pflanzlichen und animalischen Decorationen kennen 
gelernt haben, auf der sich das Leben der Menschen dort drüben, unserer braunen Colonialbrüder, 
abspielt, wollen wir nunmehr uns diesen zuwenden und die Bekanntschaft der Herren Eingeborenen, 
so gut es geht, zu machen suchen. 



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Die Eingeborenen. 



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Vir nennen dieselben bekanntlieh Papua's (spr. Papua's) und begreifen unier diesem Namen 
die eingeborenen Bewohner von ganz Neu-Guinea. Selbstverständlich hat kein Einziger eine Ahnung, dass 
er ein „Papua" ist ; dieser hübsche Name wurde ihnen von Fremden ohne ihr Vorwissen oder ihre 
Einwilligung beigelegt, und am wahrscheinlichsten von den handeltreibenden Malayen der Molukken. 
Riedel*) leitet denselben von dem Geram'schen Wort für Haar ab, das hua oder vua heissen soll. 
V können die Malayen nicht aussprechen, weil die malayischc Sprache kein F hat, und setzen 
meistens dafür ein P; also Pua, oder mit dem Praefix: Pe- resp. Pa-pua. Riedel sagt ganz richtig, 
dass die Papua's den Malayen nicht zuerst auf Neu-Guinea, sondern bereits auf den Molukken zu 
Gesicht gekommen sein müssen, und dass darum das Ceramwort in das (ost-) Malayische über- 
gegangen sei; der Westmalaye kennt dasselbe nicht. Dies dürfte von allen Erklärungen wohl die 
plausibelste für das räthselhafte Papua sein. 

Die Leute selbst nennen sich verschieden; ein allgemeines Stammesbewusslsein geht ihnen 
ab und die Sprachenzersplitterung ist, wie wir sehen werden, so gross, dass fast jedes Dorf seine 
eigene Sprache hat; die Eingeborenen an der Astrolabebai nennen sich in bescheidenem Stolz ein- 
fach: Männer, Tamo's. 

Die zunächst sich erhebende Frage ist: 

Welchem Völker- oder Menschenstamm gehören die Papua's an und wo sind sie her- 
gekommen? Ich weiss es nicht, Niemand weiss es, die Papua's selbst auch nicht. Doch ja, ein 
alter Mann aus Bogadjim wusste es. Er erzählte mir, sein Volk sei aus den Bergen herabgekommen 
und stamme ab von einem riesenhaften Ehepaare, Baring (d. i. Mann) und Silau (d. i. Frau) genannt, 
welche dort aus der Erde hervorgewachsen seien.**) 

Die Leute von Siar bei Friedrich -Wilhelmshafen hinwiederum wollen vom Wasser her- 
gekommen sein. Beide divergirenden Uoberlieferungen mögen ein Körnchen Wahrheit enthalten; 
Von irgendwoher gekommen müssen die Papua's ja doch wohl sein; denn dass sie an Ort und 
Stelle, ich meine auf Neu-Guinea selbst, entstanden sein sollten, das dürfte doch wohl als atis- 
geschlossen zu betrachten sein; denn seit dem Ende des mesolithischen Zeitalters ist Neu- 
Guinea (und Australien), wie wir vorhin gesehen haben, von dem Zusammenhang mit der übrigen 
Welt getrennt gewesen und hat keine Keime zur Weiterentwicklung der damals bereits vorhandenen 
Säugethiere (Monotremen und Marsupialien) in placentale erhalten. Darum ist es auch nach dem 
heutigen Stand punet unserer naturwissenschaftlichen Kenntnisse unmöglich, dass der Mensch, augen- 
blicklich das höchste Glied, die Blüthe sozusagen der ganzen Schöpfungsreihe, direct aus dem 
marsupialen Formenkreis, mit Ueberspringung der ganzen ungeheuren tertiären Entwicklungsreihe, 
autochthon in Neu-Guinea oder Australien oder gar in Polynesien entstanden sei. Wenn es sich 
bewahrheiten sollte, dass man in Australien (Victoria) wirklich auf tertiären Sandsteinplalten Fussspuren 

*) In einem Brief an Virehow (siehe Zeitschrift für Ethnologie, Band XV! pag. 408). Er sagt dort auch, dass 
im Ceramesischen djs Schwein hahua heisse. Wenn dies richtig ist, so wäre es auch nicht unmöglich, dass die Papua's 
von den neu zum Islam bekehrten Ceramesen einfach „Schweine" genannt wurden. „Schwein" ist ja dem Malayen jedem 
Nichtmohamedaner gegenüber ein sehr beliebtes Schimpfwort 

**) Dies ist nur das Bruchstück eines Härchens, das ich der Güte meines noch oft zu erwähnenden Freundes, 
des Missionars A. Hoffmami, verdanke und das weiter hinten ausführlicher mitgetheilt werden soll. 



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— 144 — 

eines menschlichen Wesens entdeckt hat*), so könnte das höchstens beweisen, dass die Einwanderung 
des Menschen schon damals stattgefunden hatte. Denn dass der Mensch ausserordentlich früh schon 
und zwar in Begleitung des Hundes, des Dingo, jene Gebiete besiedelte, ist ganz zweifellos und wird 
durch die Thatsache bewiesen, dass er bei seiner Einwanderung weder die Metalle, noch wahr- 
scheinlich das Feuer kannte, wie wir späterhin sehen werden. Dieselbe ist aber auch schon sehr 
früh wieder abgeschnitten worden, noch vor der Metallzeit; denn die Metallschätze Neu-Guinea's 
und Australiens liegen heute noch vom Eingebornen ungekannt und unbenutzt da; wir erst haben 
ihn seit wenigen Jahren das Eisen kennen gelehrt. Wenn wir darum finden, dass die Australier 
und Papua's sich zu eigenen, gut unterschiedenen Localvarietäten entwickelt haben, so darf uns dies 
angesichts der langen und strengen Isolirung nicht wunder nehmen. 

Ich will für das Gesagte hier nur zwei Autoritäten anführen. 

Oscar Peschel sagt schon 1876 in seiner Völkerkunde Seite 32; .Allerdings ist in diese 
(vortertiäre) Schöpfung auch der Mensch hineingerathen und in seiner Begleitung — denn gleich 
und gleich gesellt sich gern — ein reissendes Thier, der Dingo oder neuholländische Hund. Allein, 
dass sie als Fremdlinge diese zoologische Provinz betraten (dies gesteht selbst Agassiz im Essay 
on Classification London 1849, p. 60), fühlt ein Jeder, der den Thatsachen der Thiergeographie ihre 
geschichtlichen Lehren abgewonnen hat.* 

Ebenso sagt Virchow im IX. Band der Berliner Zeitschrift für Ethnologie etc. p. (89): „Wenn 
man die Gesammtheit der Erscheinungen des thierischen Lebens in Australien studirt, so stösst man 
bekanntlich auf eine tiefe Kluft, welche plötzlich das Thierreich unterbricht und zwar auf einem 
sehr niedrigen Punct; diesseits desselben erscheint plötzlich der Dingo und dann mit einer neuen 
längeren Unterbrechung der Mensch." „Die Einwanderung des Menschen in Australien soll von NO 
nach S und SW in progressiver Schiebung der Stämme vor sich gehen. Auch sollen (nach Taplin) 
Verwandtschaften der australischen mit polynesischen und melanesischen Sprachen existiren." 

Ueber den Gang dieser Einwanderung giebt es eine Menge Theorien und Ansichten Berufener 
und Nichtberufener, die aber sämmtlich darin übereinstimmen, dass die Besiedlung von Westen her, 
über den malayischen Archipel, stattgefunden haben muss, im Grossen und Ganzen also denselben 
Weg nahm, wie die Pflanzen- und Thierwelt, soweit diese als eingewandert zu gelten hat. 

Und in der That kann ein andrer Weg auch kaum möglich gewesen sein, das lehrt uns 
schon ein flüchtiger Blick auf die Karte. 

Im Osten und Norden Neu-Guinea's breitet sich das unendliche Meer aus mit seinen selbst 
unbesiedelten, zerstreuten Inselgruppen, und im Süden stösst unmittelbar der ebenfalls menschenleere 
australische Kontinent an. 

Im Westen dagegen, fast direkt mit Neu-Guinea zusammenhängend, liegt die dichte Insel- 
welt des malayischen Archipels, welche die schönste und bequemste natürliche Brücke bildet zwischen 
Papuasien und den alten Völkercentren Vorder- und Hinterindiens. 

Ich will nun in Folgendem die Resultate einiger Forscher der verschiedensten Richtungen 
möglichst wortgetreu wiedergeben, um dem Leser einen Einblick zu gewähren in die Vorstellungen, 
welche sich jene über den wahrscheinlichen Verlauf dieser Besiedelung gemacht haben. 

Zunächst mag ein „Laie" das Wort haben. 

Herr J. Weisser hatte als Marinezahlmeister von 1882 bis 1885 mehrfach unser Gebiet 
besucht, und fasst seine auf Grund eigener Anschauungen gewonnenen Resultate in folgenden Sätzen **) 
zusammen : 



*) cf. r Scienre of man and Australian anthropological Journal" Sydney 1898. 

**) „Der Bismarck- Archipel und das Kaiser-Wilhelmsland." In den Mitteilungen der Geograph lachen Gesell- 
schaft Hamburg 1885/86, Seit« 269. 



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— 146 -~ 

Der Archipel wird von vier bemerkbar zu unterscheidenden Stammen bewohnt: 

1. Die dunkelste Bevölkerung (echte Melanesier), welche hauptsächlich auf der Gazellehalb- 
insel Neii-Pommems wohnt, von dort Neu-Lauenburg, das ganze südliche Neu-Mecklenburg von Cap 
Gjvry an bevölkert bat und von da über die Salomon-Inseln und Neu-Hebriden weiter gewandert 
ist Es waren dies seiner Ansicht nach die am weitesten nach Nord gekommenen Stamme des 
australischen Festlandes, deren Reste wir heute noch an einigen Stellen der Südostküste Neu-Guinea's, 
besonders aber auf den äussersten Luisiaden finden. 

2. Die hellste, im Aeussem den Polynesiem am ähnlichsten sehende Bevölkerung, mit heute 
noch deutlich erkennbaren Anklängen an polynesische Sprache und polyneeisch.es Wesen, findet sich 
im südwestlichen Neu-Britannien. Diese Völkerstamme haben sich bei ihrer Auswanderung aus dem 
Gebiet des heutigen indischen Archipels auch nach der Südküste Neu-Guinea's abgezweigt, wahrend 
der Hauptzug im Norden Neu-Guinea's entlang zog und über Mikronesien und die östlichen Küsten 
der Salomonen und Neu-Hebriden nach ihren heutigen Stammsitzen kam. Bei ihrer Wanderung 
nach Ost stieasen dieselben im Süden Neu-Guinea's gegenüber der Torresstrasse mit den über- 
gewanderten Australiern zusammen, hemmten die weitere Auswanderung aus Australien, drängten 
die bereits dort Befindlichen bis zur Gazellehalbinsel und den äusseren Luisiaden vorwärts, vermischten 
sich mit den Resten schwarzer Bevölkerung, änderten dadurch in Etwas Farbe und Sprache und 
sind im heutigen Südosten Neu-Guinea's, den Luisiaden und der Südküste Neu- Britannien' s bis 
Spaciousbai als auaserslem Osten, sitzen geblieben. 

3. Die mehr kastanienbraune Bevölkerung, welche an der Ostküste Neu-Guinea's bis Cap 
King William, den Echiquier- und Admiralitätsinseln, stellenweise auch noch am westlichen Theil 
der Nordküste Neu-Britannien's, in der Hauptmasse aber auf Neu-Hannover, den Inseln der Byron- 
und Steffenstrasse und auf Neu-Mecklenburg bis Cap Givry im Süden angetroffen wird. Diese 
Bevölkerung ist doppelt gemischt, und zwar waren die Urstämme die übergewanderten Australier, 
welche von den über die Nordküste Neu-Guinea's kommenden Polynesiem zurückgedrängt, sich mit 
diesen in grösserem Haassstabe vermischten wie im Süden und so die heutige spezifisch grösste 
Bevölkerung Neu-Mecklenburg's und die ausschliessliche Bevölkerung Neu-Hannover's bildeten. Auf 
den Admiralität s- und Echiquier-Inseln machen sich öfters schon roicrouesische Einflüsse geltend. 
Am unvenniscbtesten sind diese Polynesier heute noch an der Nordostküste Neu-Guinea's, besonders 
in der Astrolabebai, geblieben. 

4. Die hellste Bevölkerung, welche so hell wie die Karolinier und nahezu reine Micronesier 
sind, sitzt auf den Hermiten- und besonders auf den Anachoreten-lnseln. Einflüsse von Vermischung 
lassen sich sowohl an einigen Stellen der Nordostküste Neu-Guinea's, wie auf den Echiquier- und 
Admiralitäts-Inseln nachweisen. Hauptmerkmale sind die etwas an chinesischen Typus erinnernden 
wenig geschlitzten Augen, lange Gesichter mit hervorstehenden Backenknochen und die spezifisch 
micronesische Sprache. Sie sind bei ihren Wanderungen jedenfalls über die Palau-Inseln und Karolinen 
bis an die Nordostküste Neu-Guinea's und die genannten Inselgruppen herunter gekommen, fanden 
hier die vorerwähnte dunklere Bevölkerung und mussten in diesen Sitzen verbleiben. 

So weit Weisser. Nun wollen wir einen Anthropologen hören: 

Dr. Volz in Breslau erhält*) folgende Resultate auf Grund des Studiums von 1520 Schädeln 
und 104 Messungen von lebenden Südsee-Insulanern: 

Wir haben in der Südsee drei Rassen zu unterscheiden, deren jede in mehrere Zweige zerfällt: 

1. Die australische Rasse. Sie bildet die älteste Bevölkerung der Südsee und dehnte sich 
wahrscheinlich über den Continent, das ganze heutige Melanesien und Neu-Seeland aus. Die einzelnen 



*) In seinen „Beiträgen rar Anthropologie der Sfldsee" im XX1IL Band des Archiv» für Anthropologie, S. 91 ff. 



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- 14Ö -- 

Abteilungen sind: a) eine nördliche (Nordostaustralien, Melanesien), b) eine südliche (Südaustralien, 
Neuseeland), c) eine tasmanische. 

2. Die melanesische Rasse. Die Melanesier sind nicht autochthon. Sie kamen aus der 
Richtung des malayischen Archipels. Ihre ehemalige Ausbreitung war bedeutender als sie jetzt ist; 
vielleicht bewohnten sie ehemals sogar die ganze Südsee. Ihre Einwanderung erfolgte in wenigstens 
drei Zügen, deren zweiter wohl der bedeutendste war: Erster Zug: Vorwanderung der Ostmelanesier, 
die sich in zwei Typen scheiden: Vitilevu- und Ovalau-Typus; Zweiter Zug: Hauptwanderung der 
Westmelänesier (Bismarck-Archipel und australoider Typus, letzterer in der Torresstrasse und Nord- 
australien bis hinüber nach Neu-Guinea); Dritter Zug: Nachwanderung der Neu-Guinea- Varietät. 

Die Ostmelanesier sind der erste Hauptzweig der melanesischen Rasse, und die sammtlichen 
übrigen Völkerschaften bilden den zweiten; als dritten Hauptzweig zählt Volz den micronesischen auf. 

3. Die Polynesier sind die jüngsten Bewohner der Südsee. Ihre Einwanderung erfolgte direkt 
aus dem malayischen Archipel, nicht auf einmal, sondern in mehreren Stössen, etwa seit dem Beginn 
unserer Zeitrechnung. Den Anfang machte der östliche Zweig, dem spater die andern folgten. 

Die Ausbreitung der Polynesier in der Südsee hatte von gewissen Gentren aus Platz: den 
Samoa-Inseln und der Tonga-Gruppe; secundär, aber sehr intensiv, Von Tahiti aus. 

Die polynesische Rasse hat 3 Zweige : Den ersten östlich des 165. Langengrades, den zweiten 
westlich hiervon; der dritte (brachycephale) Zweig sitzt auf Tonga, den Marquesas- und Sandwich-Inseln. 

Als Eraniolog vom reinsten Wasser, die bisherigen ethnologischen und linguistischen Studien 
absichtlich nicht berücksichtigend, kommt Dr. R. Krause*) dazu, die Bewohner der Südsee in eine 
dolichocephale, papuanische und in eine brachycephale, polynesische Rasse zu trennen. Die erstere 
wird mit den Negern identifizirt, als deren gemeinsame Wiege in prähistorischer Zeit ein unter- 
gegangenes südoceanisches Festland (Lemurien) angenommen wird; die Polynesier sollen ihre Urheimat 
in dem südöstlichen Theiie von Asien gehabt haben, von wo die gelbe brachycephale Rasse (der 
Malayen) sich nach Norden längs der Ostküste Asiens ausdehnte und, über die Behringstrasse 
ziehend, schliesslich ganz Amerika bevölkerte, wahrend ein zweiter Zug nach West über Mittel-Asien, 
Arabien und Kleinasien sich ausbreitete und der dritte Strom, die Polynesier, sich der östlichen 
Inseln der Südsee bemächtigte. Die sogenannten Micronesier werden als ein Mischlingsvolk der 
Papua's und Polynesier erklärt. 

Den mehr ethnologischen Standpunkt berücksichtigend, schreibt das ,The Australien Anthro- 
potogical Journal', Mai 1897 p. 121 : .Differences between Australians and Melanesians, and the 
ethnical compositum of these latter" nach einer kurzen Schilderung der verschiedenen, bisherigen 
Ansichten**): 

»Eine genauere Untersuchung über die Anatomie dieser Inselbewohner und eine Rundschau 
unter den Schriften der frühesten Reisenden und Geschichtsschreiber von Java, Neu-Guinea, von den 
Fidschiinseln, den Philippinen, den Salomonsinseln, den Neuhebriden etc. wird alle unparteiischen 
Forscher überzeugen, dass die Einwanderung und Besitzergreifung dieser Inseln in folgender Reihen- 
folge vor sich ging. Die erste Bevölkerung bestand aus schwarzen Zwergen oder Negritos. Sie kamen 
als Jäger und Fischer in der paläolithischen Zeit. Sie gingen von den Küsten des indischen Oceans 
von Platz zu Platz, von Insel zu Insel, als viele der jetzigen Inseln noch verbunden waren durch 
Land, jagend und fischend und Vegetabilien sammelnd, während sie sich ostwärts forlbewegten. 
Sie waren'das erste Volk, welches diese Inseln betrat. Dann lange hernach folgten die Papua von 

") Die ethnographisch-anthropologische Abtheilung des Museum» Godeffroy in Hamburg. Ein Beilrag rar Kund« 
der Sudsee-Volker. Hamburg;, Friederieb seil & die., 1881. Ton J. D. £. Schmellz und Dr. med. R. Krause. Besprochen 
in Pntermaim's Mitteilungen 1881, Seite 87, denen das Obige entnommen ist. 

**) Siehe den Artikel von Dr. F. Birkner im Correspondenzblatt für Anthropologie No. 1, Januar 1898. 



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— 147 — 

Indien und den asiatischen Inseln gegen die östlichen Inseln als paläolithische Jager und Fischer, 
und wo immer sie die froheren Bewohner {die Negritos) trafen, töteten und assen sie die Manner 
and behielten die Weiber und durch diese Kreuzung entstanden die gemischten Völker der Papua- 
Negritos. Diese drangen weiter vor und nahmen alle östlichen Inseln in Besitz einschliesslich Au- 
straliens, Tasmaniens, Melanesiens und der Inseln des Stillen Oceans und blieben da ungestört von 
neuen Einfällen während Tausenden von Jahren. Aber im Laufe der Zeit kamen in der neolithischen 
Periode Zweige der Dravida aus Indien (gedrängt von den Eindringlingen aus Nordwest) nach den 
asiatischen Inseln und durchquerten Australien und Mikronesien, wie auch Melanesien, einige drangen 
sogar .vollkommen, bis nach Neu-Guinea und Australien vor, erreichten jedoch Tasmanien nicht. Sie 
waren nur Jäger, keine Ackerbauer und hatten als Hausthiere nur den Hund, brachten aber von 
Indien mit sich ihre Gesetze und Sitten und die Technik in der Verfertigung von Werkzeugen, 
Waffen, Kleidern, Bändern, Geweben etc. Sie töteten die Männer, behielten die Weiber der Papua- 
Negritos, wo sie Sieger waren, wodurch sie der Mischrasse der Papua-Negritos-Dravida den Ursprung 
gaben. Aber diese letzten Einwanderer, die Dravida, erreichten nicht alle Inseln in gleichem Maasse, 
sie kamen nur zu einigen Inseln in genügender Anzahl, um die Herrschaft an sich zu reissen, wie 
z. B. in einigen der Neuhebriden, Neucaledonien und anderen Plätzen. Wo immer sie zur Herrschaft 
gelangten, hinterliessen sie für künftige Zeiten ihre Waffen, den Speer, den schmalen Schild, den 
Wurfstock und den Boomerang, der eingerichtet ist, in der Luft sich zu wenden und zurückzukehren, 
manchmal ihre Jagdhunde und andere neolilhische Erfindungen, weit überlegen denjenigen des paläo- 
lithischen Zeitalters und den Waffen der Negritos und Papuas. 

Hierauf finden wir zunächst in verhältnissmassig neuerer Zeit jene ganz gemischten Völker 
von hellerer Färbung, bekannt unter dem Namen Polynesien Zusammengesetzt aus verschiedenen 
Rassen lebten sie durch mehrere Jahrhunderte hindurch auf den Molukken. Von hier begannen sie 
ihre Wanderung nach Osten. Einige gingen nach den Salomonsinseln, andere nach Neu-Guinea, 
andere nach Tonga, Samoa, den Gesetlschaftsinseln und anderen Gruppen des grossen Oceans. Viele 
von ihnen machten sich ansässig unter den Schwarzen von Melanesien, welchen sie ihre Künste, ihre 
Kultur und ihre Sprachen lehrten. Waren sie in genügender Anzahl, so trieben sie die schwarzen 
Völker in das Innere der Inseln zurück, behielten die Küstendistricte für sich und ihre gemischten 
Nachkommen von den schwarzen Weibern, welche sie geraubt hatten. Diesen gekreuzten Abkömm- 
lingen lehrten sie die Art und Weise, Landbau für Nahrung und Kleidung zu betreiben, und diese 
Kinder mischten die Sprache der Mutter mit der des Vaters. Durch die Vermischung der Eltern 
entstanden die gemischten Völker, jetzt bekannt als Melanesier, von welchen manche auf Neu-Guinea, 
den Salomonsinseln, Fidschiinseln und anderen Plätzen, als sie zum ersten Male von Europäern 
gesehen wurden, viele Künste, Landbau und merkwürdige Gebräuche hatten, wenn sie auch, wie auf 
den Fidschiinseln, gemischt waren mit Cannibalismus und anderen Ueberbleibseln äusserster Wildheit. 
Von den letzteren, den polynesischen Einwanderern, lernten die Melanesier Matten flechten, Häuser 
bauen, Töpfe formen, den Boden bebauen, die Erblichkeit der Häuptlingswürde, ihre Dörfer befestigen 
und Tempel bauen, sowie den Ahnencult. 

Alle diese Dinge werden in den verschiedenen Theilen von Melanesien gefunden. Die Ursache 
des grossen und bemerkenswerthen Unterschiedes zwischen den schwarzen Australiern und Melanesiern 
ist darin begründet, dass nur unter den letzteren die Mischung mit den heller gefärbten Polynesien! 
stattgefunden hatte, indem letztere niemals zahlreich genug nach Australien gekommen sind, um über 
die Schwarzen Einfluss zu gewinnen oder Aenderungen durch ihre Vermischung und ihre Lehren 
hervorzubringen. 

Ein anderes ethnisches Element, welches bei den Melanesiern, speciell auf einem Theil der 
Salomonsinseln, Nord-Neu-Guinea und einigen von den Schwarzen bewohnten Inselgruppen gefunden 

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— 148 — 

worden ist, kam von den Philippinen, den Carolinen und der Redleakgruppe, wohin sie erst vor 
kurzem von Indio-China und Japan gekommen sind. Diese brachten mit sich die Kunst der Töpferei, 
den Gebrauch von Bogen und Pfeil, den Canoesbau aus Brettern, die mit Stricken zusammengefügt 
sind, ebenso den Hausbau auf Pfählen bald auf dem Lande, bald im Wasser. Einzelne Wörter ihrer 
einsilbigen Sprache sind auch übergegangen in die melanesische Sprache. Mit Ausnahme der wenigen 
Melanesien welche wohl in Nordaustralien eingedrungen sind, hat die Tsolirung der australischen 
Schwarzen so lange fortbestanden, dass keine der polynesischen oder mikronesischen Gesichtszuge 
unter den Ureinwohnern von Australien gefunden werden, wahrend die Melanesien die Eigenschaften 
der hellergefärbten Völker in sich aufgenommen haben, lange nachdem sie ihren Verkehr und ihre 
Mischung mit den Bewohnern von Australien aufgegeben haben. 

Auf einigen der melanesischen Inseln mögen noch Familien von Negrito's und Papua's zu 
finden sein, die sich so isolirt gehalten haben, dass sie noch ihre typisch reine Gesichtsform besitzen 
und sofort als solche reinen Typen erkannt werden. Aber bei der Mehrzahl der Melanesier wurde 
die Kreuzung solange zwischen den genannten Völkern und Rassen fortgesetzt, dass sie erstens durch 
und durch gemischter Typus wurden, und nur die Kraniometrie und Anthropometrie entwirrt dem 
wissenschaftlichen Forscher die verschiedenen Kreuzungen bestimmter Rassen, welche die Melanesier 
zusammensetzen, wie auch die verschiedenen Sitten, Gebräuche, Geräthe, Hausbau und andere Dinge 
diese Resultate der somatischen Untersuchungen bestätigen." 

Nun die Sprachforschung: 

Professor Kern*) hat aus der Vergleichung der hauptsächlichsten Pflanzen- und Thiernamen 
in 112 Sprachen der Malayo-Polynesier den Schluss gefolgert, dass dieUrheimath derselben in Hinter- 
indien (Gochinchina, Cambodja etc.) zu suchen sei, und Codrington in seiner Arbeit : The melanesian 
languages, Oxford 1885**), will beweisen, dass: 

1. Die verschiedenen Sprachen von Melanesien (ohne die von Neu-Guinea, welche ihm fehlen) 
gleichartig sind und zu einer Familie gehören. 

2. Diese Familie dieselbe ist, zu der die andern ozeanischen Sprachen, Malayisch, Polynesisch, 
die Inselsprachen zwischen dem indischen Archipel und Melanesien, und Madagasisch gehören. 

Wenn er damit die Theorie bekämpft, dass alles Gemeinsame aus dem Malayiscfaen oder 
Polynesischen entlehnt ist, so leugnet er doch nicht Uebertragungen, aber aus einer verwandten Sprache. 

Haie***) sieht die Verwandtschaft der vorderindisch -dravidischen mit den australischen 
Idiomen als vollkommen feststehende Thatsache an, die durch den Besitz des merkwürdigen Wurf- 
faolzes, des Bumerang, nur um so trefflicher illustrirt wird. 

Noch fester steht die Thatsache der sprachlichen Verwandtschaft zwischen den malayischen 
und polynesischen Stämmen, die man gar nicht einmal mehr getrennt aussprechen mag, sondern 
einfach als Malayo-Polynesier bezeichnet. Dass die Polynesier aber nicht die malayischen Inseln 
besiedelt haben können, sondern umgekehrt die Malayen Polynesien, das liegt doch wohl auf der 
flachen Hand. 

Es fehlt aber auch nicht an thatsächlichen Spuren von Beziehungen zwischen dem indischen 
Festland und unserm Gebiet. 

So hat man, wie uns Ratze] in seiner Völkerkunde Seite 141 erzählt, im Innern Neu-Seelahds 
eine indische Bronceglocke mit tamulischer Inschrift gefunden, die Schiffsglocke eines mohammedanischen 
Tamulen, die höchstens in das 14. Jahrhundert zurückreicht. 



*) In den Veröffentlichungen der k. Akademie der Wissenschaften zu Amsterdam 1 
**) Referat im XX. Band des Archivs für Anthropologie. 
***) Citirt von den Herren Sarasin in ihrem Ceylonwert, in. Band, Seite 361. 



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- 149 - 

Nach Utile*) lassen sich einzelne Hindu-Ansiedlungen (die wohl von dem javanischen Hindu- 
Centrum Modjopahit ausgingen und in das 8. bis 16. Jahrhundert zu verlegen sind d. V.) anf Dali, 
Sumbawa, Sumba, Rotli, ja auf Letti und Luang nachweisen. ' 

Auch auf Neu-Guinea selbst, namentlich im westlichen holländischen Theil, der Geelvinkbay 
bei den Mafoors, finden Prof. Gigliogli und Beccari in den elef'antenrüsseiartigen Nasen der Menschen- 
figuren Erinnerung an den indischen Ganesa, was allerdings Dr. Uhle bestreitet, Herr de Clercqu 
aber befestigt, da er in Bonggose einen Pfeil erhielt mit eingeschnittenen menschlichen Figuren, wovon 
eine mit einem alle Zweifel ausschliessenden Elefantenrüssel. 

Die „elongated noses" bei den Masken von Dalimannhafen, welche Herr Giglioli ebenfalls 
gern noch als „one of the many vestiges of the Hindoo influence, which occur amongst the Mafoora" 
ansprechen möchte, sind weiter nichts als eine übertriebene vogelschnabelartige Darstellung der vor- 
springenden, gebogenen Papua-Nasen. **) 

Hinduspuren will man ferner finden in einer Reihe religiöser Anschauungen, ***) so wie in 
den Kunstäusserungen. So wie aber Prof. Wilken sich dem letzteren gegenüber ablehnend verhielt, 
so glaubt dies auch Schmeltz thun zu müssen und betont, dass die im Schnitzwerk etc. zum Aus- 
druck kommenden Aeusserungen des Kunstsinnes der Eingeborenen Neu-Guinea's zum meianesischen 
und nicht zum malayischen Formenkreis gehören +). 

Natürlich hat man auch Versuche gemacht, diese Einwanderungen asiatischer Völker . nach 
den oceanischen Gebieten zeitlich zu flxiren, und kam dabei hinauf bis zu dem Zeitraum um etwa 
1500 v. Chr. Nachfolgende hübsche und Übersichtliche Zusammenstellung der diesbezüglichen Er- 
gebnisse entnehme ich den interessanten Aufsätzen von Dr. Wirth.+t) Derselbe sagt: 

«Nun erfolgte, gegen 1500 v. Chr., der Aufbruch der nordindischen Völkerschaften, die vor 
den eindringenden Ariern flüchteten. Vielleicht durch diesen Aufbruch erschüttert, wie der geistvolle 
Logan vermuthet, vielleicht auch gleich den Islam- begeisterten Arabern ohne äusseren Anstoss 
erwacht, setzten sich anscheinend um 1000 v. Chr. — so Friedrich Müller, der grosse Wiener 
Sprachforscher und Ethnologe — die Gemeinmalayen in Bewegung und verschoben sich nach Süd- 
osten. Möglicherweise haben sie ihre Wanderung zunächst nach Hinterindien gelenkt. Von da be- 
siedelten sie Inselasien. Zwischen annähernd 1000 v. Chr. und 100 n. Chr. zweigten sich die 
Tagalen und Polynesier ab. Der Weg, den die Polynesier genommen, ist unbekannt. Die Gegend 
zwischen Sunda und den Melanesischen Inseln, namentlich Papuasien, ist wahrscheinlich von Ihnen 
vermieden worden. Der nächste Weg, der über die Philippinen, scheint sich ihnen mehr empfohlen 
zu haben. Wenigstens sieht es so aus, als ob die Polynesier sprachlich am meisten mit den Tagalen 
sich berühren, während nach den Sundainseln wenig Analogieen hinweisen- Im 2. Jahrhundert 
n. Chr. kamen bereits die Seekönige der Hindu nach Kambodja und bald darauf nach Java und 
Sumatra, überall Sanskritinschriften und indische Cultur aussäend. Damals, nicht ohne einige Sans- 
kritworte ihrer Sprache einverleibt zu haben, segelten die Hova weit nach Südwesten und gründeten 
Colonieen in Madagaskar, wo sie indess bis zum heutigen Tage sich noch nicht acclimatisirt haben. 
Im 11, Jahrhundert n. Chr. richtete sich dann ein neuer malayischer Vorstosa westwärts, als Malayen 
von Sumatra die Küsten Ceylon's plünderten und zu besetzen suchten. Unterdessen kamen die 
Polynesier, von Insel zu Insel segelnd, im äussersten NO nach Formosa und den Liukiuinseln und 



•) In dem Prachtwerk von A. B. Meyer: AlterthOmer aus dem oetindischen Archipel, Leipzig 1664. 
"•) cf. Internationales Archiv für Ethnographie, Bd. I in Prof. Gigliolis Aufsatz, und Bd. III in de Clercqu'! Be- 
merkungen tu Dr. Uhle : Holz- und Bambusgerathe aus Nordwest-Neu -Guinea. 

***) ibid. Band VII: De Rum-seram's op Nieuw -Guinea of het hinduinne in het Ooslen TU onzen archipeL Vop 
Dr. D. W. Horst, Leiden 1893. 

t) ibid. Band VIII: Schmeltz: Beitrage zur Ethnographie von Neu-Guinea p. 153 f. 
tt) In der „Umschan", Frankfurt 1896. 



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im SO nach Samoa, wo sie sich sammelten und einige Jahrhunderte zusammen blieben. Gegen 
1200 n. Chr. machten sie sich auf, die vielzerstreuten Inselgruppen der Südsee zu besiedeln. Um 
1400 war die ferne Osterinsel erreicht. Um 1450 gelangten die kühnen Segler nach Neu-Seeland. 
Wohl durch die Araber aufgerüttelt., brechen um 1200 die Sumatramalayen auf. Sie gründen, 
Wikinger gleich die Ostmeere durchfahrend, Niederlassungen auf Malakka und in Inselasien bis nach 
Nordaustralien (Port Jackson). Docli nicht immer sind sie bloss Seeräuber, auch als scharf rechnende 
Kaufleute und organisatorische Staatsmänner erlangen sie Bedeutung*. Auf die Zahlen braucht man 
natürlich nicht zu schwören. 

Von malayischem Einfluss in Australien weiss Batzel zu erzählen: ,Es ist Thatsache", sagt 
er, ,dass Malayen zeitweilig oder dauernd unter nordaustralischen Stämmen leben und einen nicht 
geringen Einfluss auf sie üben. Malayischer Einfluss ist an der Nordwestküste Australiens bestimmter 
als jeder andere nachzuweisen.* Nach Campbell ist die malayische Fischerei an der nordaustralischen 
Küste eine feste Einrichtung, die auf längere Dauer hinweist. Hierin sehen wir zugleich den Grund, 
welcher die Malayen dahingezogen hat. 

Wenn wir nun zusammenfassend die Ergebnisse aller dieser vom verschiedensten Gesichts- 
punkt aus und nach verschiedenster Richtung hin unternommenen Untersuchungen übersehen, so 
stimmen sie alle einmüthig in fünf Dingen überein, die wir desswegen mit Fug und Recht als fest- 
stehende wissenschaftliche Thatsachen betrachten dürfen, nämlich: 

1. Dass die Einwanderung in alle Theile unseres Gebietes von Westen aus über den 
malayischen Archipel erfolgte. 

2. Dass die dunklere, kraus- oder lockenhaarige Bevölkerung Australien^ und Melanesien^ 
die älteste, am frühesten eingewanderte ist. 

3. Dass die helleren, schlichthaarigen Polynesier später eingewandert sind und dass 

4. diese polynesische Einwanderung im Norden um das von den Australo-Melanesiern besetzte 
Gebiet herumgegangen ist und dasselbe höchstens gestreift oder eben berührt hat. 

5. Dass aber in dem australisch-melanesischen Gebiet hellere polynesische Einsprengungen 
vorkommen. 

Alles Andere, besonders über die Art und Weise der einzelnen Einwanderungen und über 
deren zeitliche Fixirung, ist Hypothese und unbewiesen, oft sogar nur blosse Vermuthung. 

Auffällig ist mir stets Eines gewesen: Wir haben uns, und darin stimmen ja die meisten 
Forscher ebenfalls erfreulich überein, zwischen der melanesischen und der polynesischen Wanderung 
einen grösseren zeitlichen Zwischenraum zu denken. Die dunkeln, kraushaarigen Menschen wandern, 
wie uns das „Australien anthropological Journal" erzählt, in der paläolithischen Zeil von Platz zu 
Platz, von Insel zu Insel, als viele der jetzigen Inseln noch verbunden waren durch Land. Wie aber 
um ein Beträchtliches später die Polynesier denselben Weg nehmen wollen, können sie das offenbar 
nicht mehr. Sie finden eine Barriere, welche ihr Vordringen nach Melanesien verhindert und sie 
zwingt, nach Norden abzulenken und um Melanesien sozusagen herumzugehen, wie die Katze um den 
heissen Brei. Welcherart war diese Barriere? Die sicherlich nur geringe Widerstandskraft der paläo- 
lithischen Melanesien gegenüber den neolithischen Polynesien! kann es nicht gewesen sein, die Vorliebe 
der letzteren für Wanderungen zur See gegenüber den den Landweg bevorzugenden Melanesien! und 
Australiern ebenfalls nicht Es wäre höchstens zu denken an eine physische, terrestrische Schranke, 
welche die Brücke des malayischen Archipels ungangbar machte. Und da dürfen wir nicht vergessen, 
dass gerade diese Brücke, speziell die Molukken, der Schauplatz grossartiger vulkanischer Ereignisse ist, 
indem hier zwei grosse Linien feuerspeiender Berge zusammentreffen: eine ost-westliche, von Sumatra 
nach Neu-Guinea über Java und die kleinen Sunda-Inseln verlaufende, und eine nord-südliche, von 



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Japan über die Philippinen herunterkommende*), welche im Grossen und Ganzen auch heute noch die 
Grenzscheide zwischen malayisch-isdischer und papuanisch-australischer Fauna bildet. Angenommen 
nun, dass jene Vulkankette in der Zeit zwischen der melanesischen und polynesischen Invasion auf- 
geschüttet worden sei oder nur eine entsprechend intensive Thätigkeit entfaltet habe, so könnten wir 
uns das sehr gut als Hinderniss für das Vordringen der Polynesien auf dem alten Melanesierweg denken. 

Abgesehen aber davon, dass diese Vulkanketten, wenngleich sehr jungen Datums, doch wohl 
älter sind, als der Mensch, muss ich auch gestehen, dass ich kein grosser Freund solch .gewaltsamer, 
feuerspeiender Theorieen bin. Zum weitaus grössten Theil vollzieht sich die Entwicklung auf der 
Erde langsam und auf natürlichem Wege. 

Wie und wann und warum die dunkle krausköpfige Rasse ihre Ursitze verlassen hat und in das 
australisch -papuanische Gebiet eingewandert ist, darüber wissen wir nichts Positives. Die Wanderungen 
der Polynesien aber vollziehen sich genau in einer Richtung, welche durch die physischen Verhältnisse 
vorgezeichnet ist, und zwar theilweise entgegen den gewöhnlich herrschenden Wind- und Meeres- 
strömungen, auf einer Verschlagungslinie durch Stürme und Unwetter, welche über die Palau-Inseln, 
die Carolinen- und Marschall-Inseln nach den Gilbert-Inseln und weiterhin nach Viti und Samoa 
führt. Von Nord-Celebes und den nördlichen Molukken existirt eine fast lücken- 
lose Reihe gut beglaubigter, unfreiwilliger Wanderungen resp. Verschlagungen 
auf dem genannten Wege bis hinunter nach Samoa. Ich kenne kein instructiveres, deut- 
licheres Bild über diese Verhältnisse, als das, welches Herr 0. Sittig**) in seiner Karle der unfrei- 
willigen Wanderungen im Grossen Ocean gegeben hat. Es war also kein zielbewusstes, plötzliches 
oder auch nur allmähliches Aufbrechen und Vordringen der heuligen Polynesier in mehreren „Stössen", 
sondern ein ganz langsames, durch viele Jahrhunderte sich hinziehendes, sozusagen tropfenweises 
Besiedeln durch unfreiwillig Verschlagene. Noth lehrt beten und mag auch den einmal auf den welt- 
abgeschiedenen Inseln angekommenen und dort zu einiger Entwicklung gelangten armen Verschlagenen 
die spätere hochentwickelte Schifffahrtskunst beigebracht und die Wanderlust entfesselt haben, welche 
sie später befähigten, dieselben Reisen freiwillig und zielbewusst zu unternehmen, welche ihre Vor- 
fahren unfreiwillig gemacht hauen. Darum sehen wir nun von Samoa und den Gesellschafls-Inseln 
(Tahiti) aus, welche sich zu Entwicklungscentren ausgebildet hatten, bewusstes Wandern, Colonisation. 

Und während auf der nördlichen Seite des Aequator die unfreiwilligen Wanderungen und 
Verschlagungen meist von West nach Ost und gegen die herrschenden Wind- und Meeresströmungen 
stattfinden, infolge besonderer physikalischer Verhältnisse, sehen wir dieselben südlich von ihm sjch 
mit Wind- und Meeresströmung vollziehen, nämlich ausnahmslos von Ost nach West. Polynesier 
werden sehr häufig in das melanesische Gebiet verschlagen, und die Einsprengungen polynesisclier 
Enclaven, die auch thatsächlich im Osten des melanesischen Gebietes häufiger sind als im Westen, 
sind als solche, meist ebenfalls unfreiwillige, Rückwanderungen polynesischer Elemente nach Westen 
zu betrachten, und nicht, wie Einige meinen, als Abzweigungen des primären polynesischen Völker- 
stromes von Westen her. 

Diese unbewusste und unfreiwillige Besiedelung der — nola bene: menschenleeren — ' poly- 
nesischen Inseln auf von der Natur selbst vorgezeichneten unverrückbaren Pfaden erklärt uns auch 
am besten und ungezwungensten das gänzliche Frei- und Unberührtbleiben Australien^ und Mela- 
nesien^. Eine Verschlagung nach Neu-Guinea von dem Ausgangspunkt der polynesischen Bewegung 
hat nach Sittig's Karle thatsächlich nicht stattgefunden, und wenn, — A. B. Meyer weiss von 
einer Verschlagung von den Philippinen nach der Nordküste Neu-Guinea's zu erzählen — so werden 
die Schiffbrüchigen wohl meistens von der bereits vorhandenen papuanischen Bevölkerung erschlagen 

*) Mail vergleiche die „Ktrte zur physischen Geographie" in Wfillaue's berühmtem Werk: „Der raalayische Archipel". 
*) 0. Sittig : Ueber unfreiwillige Wanderungen im Grossen Ocean. Petermann's Miltheilungeu 1890, H. VII u. VJH, 



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— 162 ~ 

worden sein. Auf den der Nordküste Neu-Guinea's vorgelagerten kleineren Inseln jedoch, welche 
vielleicht noch gar nicht besiedelt waren, mochten sie sich eher haben behaupten können. 

Rein physikalische Verhältnisse sind es also, welche die Besiedelung Neu-Guinea's durch die 
Polynesier verhindert haben, wenigstens auf dem von diesen unfreiwillig eingeschlagenen Seeweg. 
Gut — so bleibt aber doch immer noch der Landweg! Warum hat Neu-Guinea auf diesem keine 
Einwanderung mehr empfangen? Der ganze malayische Archipel war doch erfüllt von dem regen, 
expansiven Volk der Malayo-Polynesier bis zu den Grenzen Neu-Guinea's hin, das Hinderniss des 
feuerspeienden Vulkangürtels wollen wir nicht als ernstlich betrachten , und während von den 
nördlichen '('heilen des Archipels Tropfen um Tropfen der polynesischen Invasion nach Osten hin 
absickerte, machte dieselbe im Süden trotz der ausserordentlich günstigen geographischen Verhältnisse 
fast gar keinen Schritt nach Neu-Guinea zu vorwärts. Warum nicht? 

Ich habe eine sehr einfache Lösung der Frage: Weil es dort Nichts zu holen gab! Denn 
die Malayen sind in erster Linie Handelsleute und zwar sehr umsichtige und berechnende und sind 
es zweifellos schon von jeher gewesen. Neu-Guinea aber mit seiner einzig auf Erden dastehenden 
Armuth an jagdbaren Thieren, an essbaren Früchten und Pflanzen, geschweige denn an Handels- 
produkten, bot kaum für ein Ackerbauern- oder Jägervolk die nölhigen Existenzbedingungen und 
war für die handeltreibenden Malayen ein völlig werthloses Land, das sie gern den bereits dort 
befindlichen Papua's überliessen. Und werthlos ist es für sie bis zum beutigen Tage geblieben ; 
kaum, dass sie im Aussersten Westen einige Colonisationsversuche gemacht haben. Einen Beweis für 
die Richtigkeit meiner Behauptung sehe ich darin, dass doch selbst wir ländergierigen Europäer bis 
in die neueste Zeit hinein Nichts mit dieser ungeheuren, üppigen, aber leeren Insel anzufangen wussten. 

Als unterstützendes Moment für die Niehtbesiedelung mag man dann noch die Ungesundheit 
des Klimas gelten lassen, obwohl viele der malayischen Inseln in dieser Beziehung hinter Neu-Guinea 
nicht zurückstehen. Keinesfalls aber liegt die Sache so, wie Dr. Danneil*) annehmen möchte, dass 
die Ausbreitung der Polynesier mit dem Verbreitungskreis der Malaria in gewissem Zusammenhang 
steht ; das Fehlen der letzteren in der „weiten Inselflur der Südsee", welche von „reinen" Polynesiern 
bewohnt ist, ist sehr erklärlich, aber ebenso, dass die Polynesier, welche vielfach in den Kreis des 
fieberschwangeren Melanesiens eindrangen, nicht „rein" geblieben sind. Malaria auf Nichtkorallen 
soll spätere Besiedelung durch Einwanderung andeuten. 

Die Bewohner Australiens und Neu-Guinea's nebst den angrenzenden Inseln sind also als die 
ältesten Besiedler anzusehen, die von den nachrückenden Malayo -Polynesiern ziemlich verschont 
geblieben sind. Ratzel sagt in seiner Völkerkunde: „Die Melanesier stehen im Ganzen unter den 
Polynesiern; sie reprasenliren eine ältere Entwicklung, die Vieles erhalten hat, was sich bei diesen 
schon zersetzt." 

Aus welchen westlichen Ländern aber dieselben hergekommen sind, darüber wissen wir 
Nichts. Alle Forscher lassen sie ruhig von ebendaher kommen, wie die andern Völker alle, aus 
Indien oder da herum, ja sie nehmen, wie wir sahen, theilweise direkt dravidische Verwandtschaft 
an. Nur Krause weicht davon ab und betrachtet sie gewissermaassen als autochthon, indem er ein 
untergegangenes südozeanisches Festland (Lemurien) als gemeinsame Wiege mit den Negern annimmt. 

Andre Forscher verlegen den Ursprungsort der schwarzen Menschheit noch weiter westlich, 
nach Hochafrika „dem ältesten geologischen Punkte auf dem Erdball und der faktischen Urheimath 
des Menschengeschlechts"**). 



*) cf. Nachrichten ober Kaiser-Wilhelmsland, 1898 Seite 34. 

**} Europaene in den Verhandlungen der Berliner Zeitschrift für Ethnologie Band VIT! Seite (144) und F. v. Schwarlz : 
Siniflaüi und Völkerwanderung«, Stuttgart, Enke 1895. 



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Zweifellos richtig ist, und auch Ratzel spricht dies verschiedentlich aus, dass die negroiden, 
also die dunkeln, kraushaarigen, prognathen Menschen dem Süden angehören. „Die negroide ist 
wesentlich eine Südrasse. Ihre Nordgrenze wird in Afrika durch die Wüste gebildet, setzt sich im 
südlichen Asien durch Hochgebirge fort, ragt nur im Induswinkel beträchtlich über den nördlichen 
Wendekreis hinaus und sinkt in Ozeanien unter den Aequator hinab." Aber nur im Süden der 
alten Welt finden wir diese Rasse; Amerika besitzt kaum Spuren negroider Völker. 

Die Mongoloiden und Weissen gehören dem Norden an und auf ihren Schultern ruht aus- 
schliesslich unsere ganze Culturentwickelung. „Die höchsten Culturentwickelungen liegen nördlich vom 
Aequator." Es gelingt uns auch annähernd, die Spuren dieser nördlichen Völker, des homo asiaticus 
brachycephalus fulvus Wilser's, ziemlich weit zurück zu verfolgen bis zu ihrem muthmasslichen Ent- 
stehungscentrum, den asiatischen Hochländern, vielleicht an den Ufern eines grossen central-asiatischen 
Binnenmeers, wie Schwartz will, vielleicht südlicher im tropischen Vorder- und Hinterindien, wie die 
Herren Sarasin wollen. In dieser Hinsicht würde das Plateau von Dekhan mit seinem Gewimmel 
an bunten Völkerfetzen besondere Beachtung verdienen, weil es seit der Kreideperiode fast gar keine 
Veränderung erlitten hat (nach Kobelt). Ich will aber gleich hier bemerken, dass ich Südindien als 
Entstehungscentrum für eine andere Rasse in Beschlag zu nehmen gedenke. 

Der Norden und der Süden unseres Erdballs, von Amerika abgesehen, stehen sich also 
anthropologisch gegenüber und wir kommen beinahe in die Lage, zwei Entwicklungscentren annehmen 
zu müssen: eines in Centralafrika für die Negroiden und eines im südlicheren oder nördlicheren 
Centralasien für die Mongoloiden und Weissen. Da aber ein doppelter Ursprung, die doppelte 
Schöpfung eines solch complizirten Wesens, wie der Mensch es ist, nach dem heutigen Stand- 
punkt unserer Wissenschaft nicht wohl angenommen werden kann, so müssen wir uns zu helfen 
suchen, so gut es geht 

Ein ausgezeichneter Mittelweg wäre der , die Wiege des ganzen Menschengeschlechts 
zwischen diese beiden Punkte zu verlegen, nämlich nach dem berühmten untergegangenen Sclater'schen 
Lemurien, dem Rest des alten paläozoischen Gondwanalandes, von dem ja Stücke noch im spätem 
Tertiär zwischen Madagaskar, Ceylon und Celebes existirt haben sollten. In der That, Peschel, Häckel, 
Krause u. A. haben sich auch gar nicht abgeneigt gezeigt, dies zu thun. Dubois, zweifellos von 
demselben Gedanken beseelt, ging persönlich dorthin, und fand auf Java im Oberpliocän seinen 
Pithecanthropus erectus, der beinahe dem „missing link" Darwin's entspricht. Die Vettern Sarasin 
wollten auf Ceylon in den Wedda's eine „Primärvarietät" und ich selbst in den centralen Urvölkern 
Sumatra's eine der primitivsten, weil den kindlichen Verhaltnissen am nächsten stehenden Menschen- 
formen gefunden haben. Alle diese Lokalitäten aber, Ceylon, Sumatra, Java, liegen an der Peripherie 
oder auf Bruchstücken des versunkenen Lemurien. 

Nun kommt aber Kobelt und beweist uns*) aus zoogeographischen Gründen, dass das Wesen 
der Monsune seit dem Ende der Kreideperiode sich nicht verändert hat. Folglich kann auch seit 
derselben Zeit keine wesentliche Veränderung in der Vertheilung von Wasser und Land im indischen 
Ozean stattgefunden haben. Mit andern Worten: Ein tertiäres Lemurien als Wiege des 
Menschengeschlechts kann nicht existirt haben. Denn das Alter des letzteren kann doch 
wohl kaum irgendwo auf der Welt über das obere, höchstens mittlere PliocBn zurückreichen, da sich 
im oberen Miocän erst die anthropoiden Affen zu differenziren beginnen**) und von diesem Stadium 
bis zum Menschen ist doch noch ein sehr, sehr weiter Weg (Häckel). 



*) In einem Vortrag, den er im Januar 1899 vor der Senckenbergischen nalurforschenden Gesellschaft m Frank- 
furt a. M. hielt 

**) cf. den Stammbaum , den Dubois im 37. Band der Verhandlungen der Berliner Zeitschrift für Ethnologie 
Seite (738) aufgestellt bat 



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Diesen Mittelweg müssen wir also, falls Kobelt's Beweisführung richtig ist, verlassen. 

Sollte es aber nicht einen andern geben, der auf bessere, ungezwungenere und weniger ge- 
waltsame Weise die Frage lösen könnte? 

Betrachten wir uns zu diesem Zweck einmal die Anthropoiden, aus deren Urformen sich 
der homo sapiens doch zweifellos herausentwickelt hat. 

Die Menschenaffen, welche heute noch leben, können natürlich nicht als Stammform des 
Menschen betrachtet werden; sie sind gewissermaassen nur blinde Ausläufer und nicht mehr ent- 
wicklungsfähige (wie Gorilla, Ghimpanse) oder, wie der Orang-Utan trotz seiner von Selenka nach- 
gewiesenen*) Umbildungsfähigkeit, aussterbende Zweige des alten Urstammes. 

Der anatomische Unterschied zwischen dem Menschen und den anthropoiden Affen liegt 
fast ausschliesslich in der Entwicklung des Gehirns. Nur wo dieses sich ungehemmt ausdehnen und 
entwickeln konnte, wird sich ein menschenähnliches Wesen haben herausbilden können. 

Das Gehirn aber hängt wiederum ab von der es umgebenden Schädelkapsel. Frühzeitige 
Verwachsungen derselben bewirken Verkümmerungen und Funktionsbeeinträchtigungen des Gehirns; 
manchmal allerdings mag auch das Umgekehrte vorkommen. Bei den grossen Anthropoiden ver- 
wachsen aber die Nähte sehr frühzeitig und es entwickeln sich die derben Knochenleisten, welche, 
wie Kollmann**) treffend sagt, .bei denselben eine weitere Entwicklung des Hirnraumes wie in 
eherne Fesseln schlagen." Dieselben haben darum auch unter den Affen, selbst den im System viel 
tiefer stehenden, das relativ kleinste Hirngewicht: der Gorilla nur etwa 1/200, der Orang-Utan und 
Ghimpanse 1/150 ihres Körpergewichts, während der Mensch (nach Bischoff) 1/35 hat 

Die frühzeitigen Verwachsungen und die einengenden Knochenkämme und -Leisten fehlen 
nun beim Gibbon (Hylobates) vollständig, wie ich mich an Dutzenden selbstgeschossener alter 
H. syndactylus-Schädel überzeugt habe, und sein Hirngewicht ist darum auch ein dem mensch- 
lichen bedeutend näher stehendes, etwa 1/70 seines Körpergewichts.***) 

In dem Kreise der Gibbonformen — ich bediene mich wieder der Worte Kollmann's — 
scheint die Descendenzlinie verlaufen zu sein für die dem Menschengeschlecht zunächst verwandten Formen. 

Dass der Urhylobatesstamm hoher, sich der menschlichen nähernder Ausbildung des Hirn- 
schädels fähig war, wird durch die Auffindung des berühmten Pithecanthropus erectus bewiesen, 
über den die Gelehrten ja heute noch nicht einig sind, ob er als Mensch oder als ein riesiger Gibbon 
oder als Zwischenglied zwischen beiden anzusehen sei. 

In den Kreis der Gibbonformen gehört wahrscheinlich auch der Chimpanse hinein, der (nach 
Selenka) am meisten von allen Anthropoiden diesen ähnelt und die geringsten Knochenleisten am 
Schädel aufweist (Hartmann). Die Vettern Sarasiu stellen ihn geradezu auf Grund einer Reihe von 
Merkmalen als die Form tun, welche dem Menschen am nächsten kommt. Und da ist es nun gewiss 
merkwürdig, dass der Chimpanse gerade an den beiden Orten der Erde gefunden wird, welche als 
eventuelle Entsteh ungshe erde des Menschengeschlechts in Betracht gekommen sind: in Afrika, wo er 
heute noch lebt, und in Nordindien, wo er zusammen mit einem orang-utan-ähnlicben Thier als 
Anthropopithecus sivalensis fossil in den pliocänen sogenannten Siwalikschichten des Pendjab gefunden 
wurde; letzterer mit einer Bezahnung, die derjenigen des Menschen ähnlicher ist, als das Gebiss des 
heutigen afrikanischen Thieres.f) 

Es liegt nun nahe, anzunehmen, dass die Ur- und Stammform des Menschen, aus der 
sowohl der Chimpanse als die übrigen Anthropoiden gewissermaassen als wilde, entwicklungs- 



*) Siehe das Rererat Ober einen Vortrag desselben im Corr. Blatt f. Anthr. etc. März 1899. 
*•) Siehe Verh.-B. G. f. Ethn. 1895 p. (729) und den Vortrag von Dr. Dnbois ibid. 
•**) Max Weber: Zool, Ergebnisse einer Reise in Nieder! Ostindien. 

t) R. Lydekker: Die geographische Verbreitung und geologische Eutwicklung der Säugethiere. Jena, 1897. 3.276, 



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unfähige Wurzel- und Seiteutriebe entsprossen sind, eine ebenso weite Verbreitung hatte, und dass 
sich die Fortbildung zum Menschen sozusagen der ganzen Front entlang abspielte. An lokale Ent- 
wicklung aus einem Paar heraus ist natürlich nicht zu denken, das wäre, um mit Häckel zu 
sprechen, ein Denkfehler; es kommt nur die gesammte Individuenreihe der Art, vielleicht sogar der 
Gattung, in Betracht, die an dem einen Orte nach der, in dem andern nach jener Seite hin sich 
differenzirt. Auf diese Weise mag sich aus einer einzigen Urform und unbeschadet der Lehre der 
einheitlichen Entstehung des Menschengeschlechts in Afrika der negroide, in Asien der mongoloide 
Typus herausgebildet haben. 

Wenn also auch der Neger sich niemals in Asien und der Mongole niemals in Afrika 
entwickelt hat, wenn mit Fug und Recht der Neger Afrika und der Mongole Asien als sein Ent- 
stehungscentrum ansehen kann, so beruhen sie doch beide auf einer gemeinsamen Ur- oder Stamm- 
form und sind blos divergirende Zweige, primäre autochthone Lokalvarietäten, im Gegen- 
satz zu den bereits als Menschen eingewanderten secundären Lokalvarietäten, von denen uns die 
Papua's und Australier ein ausgezeichnetes Beispiel darbieten. Auch hier documentirt sich wieder 
der alte Satz, den wir schon bei Betrachtung der Pflanzen- und Thierwelt gefunden haben: Getrennte 
Entwicklung auf gemeinsamer Grundlage. 

Diese Annohme würde uns den grossen anthropologischen Gegensatz zwischen Nord und Süd 
am einfachsten erklären und wir würden folgerichtig zunächst zwei solcher Primärvarietäten des 
Menschen anzunehmen haben; eine nördliche und eine südliche, eine negroide und eine mongoloide. 
Die letztere dürfte sich am wahrscheinlichsten nördlich vom Himalaja, vielleicht, wie früher bereits 
gesagt, an den Südufern eines grossen, centralasiatischen Binnenmeeres entwickelt und ihre Aus- 
breitung zunächst nach Ost und West genommen haben (vergl. Ripley's Rassenweltkarte), da sie am 
Vorrücken nach Süden durch die in der Auffaltung begriffene gewaltige Gebirgsmauer des Himalaja 
gehindert wurde, der ja bekanntlich eines der jüngsten Gebirge der Erde und heute noch in Be- 
wegung ist. Darum konnte auch hier die negroide Südrasse, die vielleicht die ältere der Zeit nach 
ist, auf dem uralten Hochland der vorderindischen Halbinsel eventuell am weitesten nach Norden 
vorrücken. 

Zwischen den reinen Negroiden und den reinen Mongoloiden breitet sich nun hauptsächlich 
jener ungeheure Gürtel von Mischvölkern aus, deren mannichfache Combinationen und Verschmelzungen 
von jeher die Lust und den Schmerz der anthropologischen Forschung gebildet haben. 

Es sind etwas über hundert Jahre, dass man begann, sich näher mit dem Studium der 
Menschenrassen zu befassen und Vater Linne's fast lediglich geographische Einteilung des „homo 
sapiens" in Europäer, Amerikaner, Asiaten und Afrikaner unzulänglich zu finden. Blumenbach war 
der erste, der nach wissenschaftlicher Methode die uns Allen heute noch geläufigen fünf Menschen- 
rassen beschrieb : Die kaukasische, mongolische, äthiopische, amerikanische und malayische, wobei er 
schon Rücksicht auf die Schädelform und das Gesicht nahm, Dinge, auf welche dann Retzius seine 
Eintheilung in Lang- und Kurzköpfe , Prognathe und Orthognathe begründete. Diese Eintheilung, 
welche ohne Rücksicht auf den übrigen Menschen oder seine geographische Verbreitung nur nach 
dem knöchernen Schädel aufgestellt war, eroberte sich im Sturm die Herzen Aller, welche sich mit 
anthropologischen Forschungen beschäftigten. Es war ja zu schön; Der Schädel liess sich gut trans- 
portiren, man brauchte sich nur so viel wie möglich davon aus aller Herren Landern zu verschaffen 
und konnte in aller Bequemlichkeit vom Studirtisch aus seine Rassen schaffen und das .Beweis- 
material* im Museum aufstapeln. Was Weichtheile, was Hautfarbe, was Haarverschiedenheit, was 
Sprache, hier hatte man seinen Schädel, verglich ihn mit andern, stellte sie säuberlich nach ihrer 
osteologischen Aehnlichkeit zusammen und konstruirte seine .Varietät", gleichviel, ob der eine Schädel 
aus Alt-Holland und der andere aus Neu-Holland oder Afrika stammte. Beide, oder alle drei, waren 



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„langköpftge Schiefzähner" *) und, um doch einigermaassen diese allen geographischen Thatsachen ins 
Gesicht schlagende Verwandtschaft zu erklären, nahm man einen .australoiden" Typus der Urbewohner 
Europas an. An die Kraniologie, diese spröde Schöne, wurde von unsern besten Geistern nur allzuviel 
Zeit und Mühe verschwendet, ohne zu nennenswerthen Resultaten zu gelangen. Den Vogel in dieser 
Richtung schoss der italienische Professor Sergi ab, der — natürlich nur nach Schädeln 1 — Unter- 
suchungen über .Menschen- (rectiu3: Schädel* d. V.) Varietäten in Melanesien' anstellte und glück- 
lich schon für den kleinen d'Entrecasteaux-ArchipeJ nicht weniger als elf derselben .nachwies" und 
mit hübschen Namen, wie z. B. Lophocephalus brachyclitometopus etc. belegte. Regalia**) hat die 
Absurdität solchen Vorgehens richtig gekennzeichnet, indem er sagt, man käme damit schliesslich so 
weit, zwei leibliche Brüder verschiedenen Menschenvarieläten zuzahlen zu müssen. 

Infolge der vielen Enttäuschungen, welche sie ihren Jüngern bereitet hat, ist die Begeisterung 
für die reine Schädelkunde etwas im Abflauen begriffen; man beginnt, dem ganzen Menschen „mit 
Haut und Haaren" wieder mehr Aufmerksamkeit zuzuwenden. Das Material ist freilich etwas 
schwieriger zusammenzubringen, aber wir verfügen doch bereits schon über eine hübsche Menge von 
„Messungen an Lebenden", die mit jedem Tag sich vermehren, und anstatt der Schädel allein 
schleppt man jetzt den lebendigen Menschen in ganzen Völkerkarawanen nach Europa. 

Ob wir auf diesem neuen Wege zu besserer Einsicht und Klarheit gelangen, bleibt abzu- 
warten ; jedenfalls ist die Variationsbreite dieses neuesten, noch mitten in der Umbildung begriffenen 
Produktes der Schöpfung, welches wir Mensch nennen, eine so enorme, dass wir zum Verständniss 
seines Sein's und Werden's nicht auf einem einseitigen Wege durchdringen werden, gleichviel, ob 
dies der somatisch - anthropologische , der ethnologische oder linguistische ist. Nicht dünkelvolles 
gegenseitiges Ueber die Achsel-Ansehen und Ignorieren, sondern nur ehrliches Mit- und Nebenein- 
anderarbeiten ohne Voreingenommenheit der verschiedenen Wissenschaften kann zum Ziel führen. 

Huxley, der grosse englische Anthropolog, stellte auf Grund dieser neueren Richtung und 
die ganze somatische Erscheinung berücksichtigend, vier Haupttypen der Menschheit auf; Den austra- 
loiden, den negroiden, den xanthochroea und den mongoloiden Typus {s. Ranke). 

Die Betrachtung der Xanthochroen, der Europäer, liegt ausserhalb des Rahmens unserer Arbeit 
und mag darum hier unberücksichtigt bleiben. Die Eingeborenen Australien's, welche nach Huxley 
einen der am besten markirten von allen Typen oder Hauptformen der Menschheit***) bilden, können 
aus obengenannten zoogeographischen Gründen keine „primäre", sondern nur eine durch die sehr 
lange Isolirung hervorgebrachte und plastisch abgerundete seeundäre Hauptform darstellen, wie 
Huxley selbst gewiss zugeben wird. 

Es bleiben von dessen Typen daher nur zwei als eventuelle Primärformen: Die Mongoloiden 
und die Negroiden — dieselben, welche wir vorhin ebenfalls als solche gefunden haben! 

Die neueste Eintheilung des Menschengeschlechts, die von dem grossen Wiener Sprachforscher 
und Ethnologen F. Müller herrührt, gelangt zu nahezu demselben Resultat: Müller unterscheidet nach 
der Beschaffenheit der Haare und der Sprache — eine etwas paradoxe Zusammenstellung — eben- 
falls nur zwei grosse Hauptgruppen: Die Wollhaarigen, Ulotrichen, welche etwa den Negroiden, und 
die Lissotrichen, Schlichthaarigen, welche ungefähr den Mongoloiden entsprechen. 

Anthropologie, Ethnologie und Linguistik befinden sich also bezüglich dieses Resultats wieder 
einmal in erfreulicher Übereinstimmung. Dasselbe gewinnt dadurch eine ganz besondere wissen- 
schaftliche Bedeutung und scheint sich auch schon allgemein Bahn gebrochen zu haben, wie ich 



*) cf. Ranke, der Mensch, 1887, II. Band, Seite 189. 
**) Im XXIV. Band des Arehivs für Anthrop., Seite 66 
*") Siehe Ranke 1. c. II. Seit« 289. 



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aus einer Arbeit von Wilser*) entnehme. Derselbe sagt: „Diese drei Rassen, zwei langköpfige und 
eine rundköpfige, der weisse Europäer, der schwarze Afrikaner und der gelbe Asiate bilden die 
Gmndrassen der Menschheit. Dies hat schon Cuvier erkannt, und ihm sind neuere Forscher wie 
Beddoe, Ripley, Houze" u. a. gefolgt." Das ist, wiederum nach Ausschaltung des Europäers, ganz 
übereinstimmend mit unsem bisherigen Ausführungen. 

Zu welcher von diesen beiden Primärvarietäten die Papua's und Australier gehören, das 
scheint auf den ersten Blick nicht zweifelhaft: Krauses Haar, langer Kopf, vorspringendes Gesicht 
(Prognathie), dunkle Haut — das können nur negerartige Menschen seinl und doch stimmt wieder 
so Vieles bei näherer Betrachtung nicht. Das Haar ist wohl kraus, aber nicht negerartig, die Nase 
ist meistens das gerade Gegentheil von der Negernase, das Gesichtsprofil hat mehr Aehnlichkeit mit 
dem des Europäers als des Negers, die Farbe der Haut ist nicht so dunkel wie die des letzteren, 
oft sogar sehr hell u. s. w. 

Um uns in dieser schwierigen Sache einen üeberblick und ein ürtheil zu verschaffen, müssen 
wir uns zunächst mit den körperlichen Eigenschaften der Papua's etwas näher befassen. 

Hier tritt uns eine solche Menge der widersprechendsten Erscheinungen entgegen, dass es 
schwerhält, sich hindurchzufinden und das Gemeinsame bei Allen zu erfassen. Finsoh sagt*) „Ueber- 
haupt sind alle diese Charaktere: Grösse, Färbung, Mund, Nase, Ausdruck etc. so variabel, dass ich 
darauf keine Rassencharaktere basiren kann, so hübsch sich das aueh z. B. bei Moritz, Meinicke, 
Peschel liest. " Er hat dies auf den Perlstationen der Torresstrasse studirt, wo Leute von Hawai, 
Neu-Seeland, den Philippinen, Singapore, Araber etc. hinkommen. „Ich kann Alle unterscheiden, 1 
fährt er fort, »aber nur in 3 Gruppen: 1. hellere Leute mit schüchtern Haar: Polynesier (wozu auch 
die vertrakten Micronesier gehören, die von den Polynesiern so wenig verschieden sind, wie die 
Schwaben von den Norddeutschen). 2. Dunkle Leute mit krausem Haar: Melanesien 3. Dunkle 
Leute mit schlichtem Haar: Australier." „Wenn ein schlichthaariger heller Melanesier vorkäme — 
ich habe keinen gesehen, aber er kann ja — z. B. ein Lifuaner — vorkommen — , so würde der- 
selbe alle schönen Charaktere, mit denen ich bisher wenigstens Polynesier, Melanesier und Australier 
unterscheiden zu können glaubte, über den Haufen werfen." Er sagt schliesslich, dass er schon viel 
Menschenrassen gesehen und die Ueberzeugung gewonnen habe, „dass alle so in einander übergehen, 
dass der Unterschied zwischen Europäer und Papua schliesslich ganz unbedeutend wird"; er muss 
auf Grund seiner Erfahrungen annehmen, dass es nur eine einzige Menschenspecies giebt. 

Finsch hat dies zweifellos in einem Stadium der Entmuthigung geschrieben, in das schliesslich 
Jeder einmal, wenn auch nur vorübergehend geräth bei dem Versuche, sich die vielerlei Formen der 
westpacifischen Inselwelt und Australiens zu entwirren und klar zu machen. Auch mir ist es eine 
Zeit lang nicht besser ergangen. Ich glaube, daran ist das unglückliche Schema -Wort: Melanesier 
schuld, in welches man die verschiedenartigsten Elemente zusammen presste. Ich fasse darum das 
Wort: Melanesier, wo ich es anwende, nur in geographischem, nicht in anthropologischem Sinn auf. 

Gemeinsame, Allen zukommende Merkmale finden sich bei den Bewohnern unseres Schutz- 
gebietes nur sehr wenige; eines der besten ist die Körpergrösse. Die Papua's sind schlanke, 
sehnige, wohlproportionirte Gestatten von etwa 1620 mm im Durchschnitt. Das ist eine ganz hübsche 
Mittelgrösse. Wir Deutsche, die wir zu den grossen Völkern zahlen, haben im Durchschnitt ungefähr 
1700 mm. Die Papuaweiber sind 1540 mm hoch, die deutschen Frauen etwa 1580 mm. Der 
Grössenunterschied zwischen den Geschlechtem bei den Papua's ist also geringer, als bei den Deutschen, 
entsprechend der Thatsache, dass bei den primitiven Völkern die Geschlechter viel weniger somatisch 
differiren, als bei den Kulturvölkern. Je höher die Kultur, desto mehr entfernt sich das Weib 
körperlich vom Mann, 

*) .Die RiLUiJkOpfe in Europa." Im Centralblatt (ur Anthropologie 1809, Haft 1. 



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Ein gemeinsamer Zug ist ferner die oft ganz hervorragende Langköpfigkeit; Kurz- 
köpfigkeit kommt aber als Ausnahme vor. Sodann ein oft erschreckend geräumiger Hund nebst 
schmaler, langer Augenspalte, an der das Fehlen der sogenannten Mongolenfalte 
characterisüsch ist 

Das hervorstechendste Merkmal jedoch, wodurch sie sich sofort von allen benachbarten 
Rassen, den Malayen sowohl, wie den Polynesien! unterscheiden, und welches ihnen hauptsächlich 
den Ruf der Negerähnlichkeit eingetragen hat, das ist der starke, sehr krause Haarwuchs 
am ganzen Körper, der in der bekannten Papuaperrücke . gipfelt Ohne diesen Haarwuchs, allein 
nach dem Gesicht und dem übrigen Körper inclusive der Hautfarbe urthetlend, würde glaube ich 
kein Mensch die Papua's negerähnlich gefunden haben. 

Diese starke negerähnliche Kräuselung des Haares ist eine naturliche, namentlich sind an 
dem Körperhaar häufig die characteristischen „Pfefferkörner" zu beobachten ; ich habe jedoch, wie 
ich nicht verschweigen will, auch manchmal Kopfhaar gesehen, und zwar vorwiegend bei Neu- 
Mecklenburgern, das nach dem Abrasiren bis zu 2 Zoll Länge straff, ohne Spur von Ringelung wuchs. 

Die natürliche Farbe desselben war schwarzbraun, doch kam auch blond als Ausnahme vor, 
und dass dies natürlich und nicht etwa eine durch die beliebte Kalkeinreibung hervorgebrachte 
Erscheinung war, konnte man daraus ersehen, dass auch das übrige Körperhaar, das nicht mit Kalk 
behandelt wird, hellblond war. Bei dem letzteren ist die blonde Farbe sogar sehr häufig. Das 
einzelne Haar ist stark, dick, grob ; beim Anfassen einer Papuaperrücke hat man das characteristische 
„Matratzengefühl " . 

In allem Uebrigen differiren die Bewohner der einzelnen Gebiete nicht unbeträchtlich von 



Zunächst sind es drei recht verschiedene Haupttypen, welche in unserm Schutz- 
gebiet uns ins Auge fallen. Dieselben sind auch geographisch getrennt. 

Das sind erstens die Salomonier, zweitens die Bismarckinsulaner, und drittens die 
Bewohner des Festlandes von Neu-Guinea. 

Von Salomoniern habe ich nur Leute der nördlichen Inseln Buka und Bougainville gesehen, 
da die südlichen Salomonen bekanntlich zu England gehören und ihre Bewohner für uns nicht zu- 
gänglich waren. 

Dieselben — ich will sie kurz Buka's nennen — charakterisirt gegenüber den übrigen 
Melanesiern ein hoher, steiler, öfters etwas thurmförmiger Schädel, eine ziemlich 
hohe, steile, etwas schmale Stirn und ein rundes, breites Gesicht, das breiteste 
aller Melanesier, mit ziemlich kurzer, breiter, aber nicht eingedrückter Stumpf- 
nase, so eine Art von gelindem Bulldoggtypus gegenüber den langen Köpfen und Gesichtern mit 
langen, vorspringenden, öfters sogar etwas convexen Nasen der übrigen Melanesier. Wodurch sie 
aber am meisten auffallen, das ist ihre sehr dunkle Hautfarbe und die starke Pigmen- 
tirung der Schleimhäute, sodass die Lippen meistens gleichfarbig mit der Gesichtshaut sind, 
oder schwärzlich-violett ohne jede Spur von Rosa. 

Die Bismarckinsulaner, ihre nächsten Nachbarn, sehen ganz anders aus. Dies sind 
gewöhnlich ziemlich grosse Gestalten mit plumpen Extremitäten, und langen, 
ausserordentlich roh und klotzig geschnittenen Bauerngesichtern mit langen, 
plumpen Nasen. Alles an den Leuten ist grob und ungeschlacht. Die Farbe der Haut ist 
eine ganz bedeutend hellere, als die der Buka's und das Kopfhaar zeigt häufiger als bei 
den andern Abtheilungen ein röthliches Blond. 

Man kann bei den Bismarckinsulanern von 2 Unterabtheilungen reden, nach den beiden 
Hauptinseln Neu-Mecklenburg und Neu-Pommern. Die Bewohner beider unterscheiden sich bestimmt 



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— 159 — 

von einander, so dass die Typen derselben nicht leicht mit einander verwechselt werden, selbst von 
Nichtanthropologen. 

Die Neu-Mecklenburger zeichnen sich vor allen andern Melanesiern dadurch aus, dass 
sie die längsten und breitesten, umfangreichsten Schädel, die längsten und dabei 
schmälsten Gesichter, sowie die längsten Nasen besitzen. 

Die Bewohner Neu-Pommern's dagegen, die plumpsten von allen, haben die Gesichter 
öfters kürzer und breiter. Sie sehen am wildesten und kannibalischsten aus. Gute Vertreter 
dieses Typus findet man auf Tafel 46 abgebildet. 

Die dritte Gruppe von Melanesiern wird gebildet durch die Bewohner des Pest- 
landes von Neu-Guinea. Die ausserordentliche Tendenz dieser Insel zu Local Variationen auf 
botanischem und zoologischem Gebiet lässt dies a priori auch hinsichtlich der menschlichen Bewohner 
vermuthen. Persönlich habe ich nur Gelegenheit gehabt, Eingeborene vom Hüongolf und der Astro- 
labebucht, sowie der zwischen beiden hegenden Maclay-Küste in grösserer Anzahl zu beobachten, 
und in der That muss ich* sagen, die Bewohner dieser Küste scheinen mehr zu va'riiren, 
als die vorbesprochenen Buka's oder Bismarckinsulaner. Ein Blick auf die Illustrationen wird dies 
bestätigen. 

Im Osten, am Hüongolf und bei Simbang-Finschhafen, sitzen die Völker, welche 
ich unter dem Namen der Jabim's zusammenfassen will, und welche schon von Dr. Schellong früher 
eingehend anthropologisch untersucht wurden. Sie ähneln noch theilweise dem Neu-Mecklenburgtypus, 
im Jugendstadium auch dem der Neu -Pommern von der Westhälfte dieser Insel, haben jedoch 
kürzere und breitere Gesichter, meist mit kurzer, gerader und breiter Stumpf- 
nase, wie wir sie bei den Buka's finden. 

An der Astrolabebucht jedoch wohnt in den Dörfern von Bogadjim ein mittel- 
grosses, hageres, langköpfiges Volk mit ziemlich kurzen und schmalen Gesichtern, 
in denen eine lange, meist mehr oder minder gebogene, manchmal vogelschnabel- 
artig vorspringende Nase sitzt; einen typischen Jabim und einen typischen Astrolabemann 
wird man desshalb schon an der Nase unterscheiden können. Diese vogelschnabel artige Nase, von 
welcher der Mann auf Tafel 19 einen sehr guten Begriff giebt, scheint sich, nach den hölzernen 
Masken zu schliessen, weit nach Westen bis zum Dallmann- oder Berlinhafen oder gar bis zur 
Humboldtbai zu erstrecken (s. oben S. 14 die Bemerkung über die „elongated noses" von Dallmann- 
hafen), denn die Masken, welche mir aus Kaiser-Wilhelmsland bekannt geworden sind, berücksichtigen 
stets getreu die Natur, namentlich hinsichtlich der Nase, die ja ein Hauptcharacteristicum des mensch- 
lichen Gesichts ist; so hat eine Dallmannhafener Maske in meinem Besitz einen richtigen gebogenen 
Vogelschnabel als Nase, und zu der auf Tafel 27 abgebildeten Maske aus Bogadjim könnte der 
lächelnde Kubai mit seinem charakteristisch gebogenen Gesichtserker (s. Tafel 24) Modell gesessen 
haben — hat's auch vielleicht, denn er stammt ja aus demselben Dorf. Natürlich kommen bei 
beiden Völkern alle möglichen Uebergänge vor, und selbst Neu-Pommern und Neu-Irlandtypen wird 
man hie und da unter ihnen finden. Ein solcher ist der alte Krieger aus Bogadjim auf Tafel 26. 

Unter den Jabim's machen sich wiederum zwei Typen bemerklich: Ein langer, schlanker, 
wohlproportionirter, doli choeepha ler und schwach leptoprosoper, welchen ich 
Küstentypus genannt habe, und ein kleiner, untersetzter, zur Brachycephalie neigen- 
der, breitgesichtiger mit oft stark entwickelten, an den Orang-Utan erinnernden 
Backenwülsten, den ich als Bergtypus bezeichne. Auch Schellong hat diese beiden Typen 
herausgefunden; seine Jabim's repräsentiren meinen Küstentypus und seine Kai- und Poum-Leute, 
bei denen er ebenfalls die starke Masseteren - oder Parotidenschwellung erwähnt (die ersteren 
bezeichnet er selbst als Berg- oder Waldbewohner) meinen Bergtypus. 



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- 160 — 

Auch im Hinterland der Astrolabebucht scheint ein ähnlicher, von den Küstenbewohnern 
verschiedener Menschenschlag vorankommen. Dr. Lauterbach berichtet sowohl von seiner Gogol-, wie 
Ton seiner Ramu-Expeditioh über Eingeborene, die sich von den Küstenstämmen im Allgemeinen 
durch „etwas kleinere, dabei gedrungenere Statur und gröbere Gesichtszüge unter- 
scheiden". Die Nase sei meist breit, doch finde sich auch vereinzelt die unter den Küsten- 
papua 's so verbreitete gebogene Nase mit scharfem Rücken*). In seinem Gogolreisebericht**) ver- 
gleicht er diesen „viel kleineren und kümmerlicheren" Menschenschlag, der zu den 
Andern in einem Abhängigkeitsverhältnis^ zu stehen schien, direkt mit den Kai-Leuten im Hinter- 
land von Finschhafen. 

Abbildungen aller dieser Typen habe ich bereits in meinem anthropologischen Atlas gegeben, 
woselbst sich auch die vollständigen Messungslisten und Individualbeschreibungen befinden, so dass 
ich hier mich einfach darauf berufen kann. Man wird übrigens auch in dem vorliegenden Buch 
gute Abbildungen aller der besprochenen Gruppen finden, mit Ausnahme der Buka's, die nicht ver- 
treten sind. 

Die nächste, sehr natürliche Frage, die nun entsteht, ist: Treffen wir irgendwo auf der 
Welt noch Stämme oder Völker an, mit welchen die Papua's somatisch, körperlich, verwandt sind? 
Die Aufmerksamkeit richtet sich hiebe! selbstverständlich zuerst auf den Westen, auf den malayischen 
Archipel und Vorderindien, denn von hier sind ja, dem einstimmigen Forschungsergebniss zufolge, 
die Papua's hergekommen. 

um diese Frage beantworten zu können, müssen wir jeden der drei Haupttypen gesondert 
vornehmen und vergleichen. 

Da ist zunächst der Bismarckarchipeltypus. Zu ihm können wir nirgends ausserhalb 
Melanesiens Analogieen entdecken. Es ist eine selbständige, nur dem austral-papua- 
nischen Gebiet eigenthümliche Form, die sich hier entwickelt und ausgebildet hat. Die- 
selbe ist innig und nahe verwandt mit der australischen Form; beide gehören 
zusammen und bilden eine secundäre Hauptvarietät des Menschengeschlechts, wie ich sie oben 
genannt habe. Einige QueenslandaustraÜer, die ich vor 2 Jahren in Berlin gesehen habe, hätten 
ganz gut für Bismarckinsulaner und speziell für solche von Neu-Pommern passiren können. Alle 
Portraits von Australiern der verschiedensten Gegenden, die Ratzel in seiner Völkerkunde, oder 
Ranke in seinem Buch über den Menschen bringt, könnte man fast ebenso gut für solche von Bis- 
marck -Insulanern halten. 

Auch Finsch ist diese Aehnlichkeit nicht entgangen, denn er sagt (I. c): „Letztere (nämlich 
die Australier, d. V.) unterscheiden sich von Melanesien] hauptsächlich durch die hageren Glieder, 
fast wadenlose Beine, aber derselbe Typus oder doch ein sehr ähnlicher kommt auch in Nen-Bri- 
tannien vor, sowie auf Neu-Guinea." Dass auch das letztere, das Uebergreifen auf Neu-Guinea, sehr 
richtig ist, davon können wir uns an dem Portrait des vorerwähnten alten Kriegers aus Bogadjirn 
auf Tafel 26 überzeugen; seiner Physiognomie und abschreckenden Hässlichkeit nach wäre derselbe 
jederzeit berechtigt, mitten unter der Neu-Pommern-Oesellschaft auf Tafel 46 zu stehen. 

Die Australier gesondert, als eigene, von den Melanesiern getrennte 
Rasse zu behandeln, geht nicht mehr an. So lange wir Neu-Pommern und Buka's oder 
Astrolabe-Papua's zusammen zu einer hielanesischen Rasse rechnen, müssen wir dies auch mit den 
Australiern thun; denn diese sind mindestens ebenso nahe verwandt wie jene. Und wenn wir die 
Ansichten der oben genannten Forscher über die Besiedelung unseres Gebietes aufmerksam durch- 
gehen, so finden wir, dass sie alle diese Verwandtschaft unumwunden zugeben; die australischen 

*} Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde Band XXIV, 1897, Nu. 1, Seite 66. 
**) Nachrichten Ober Kaiser- Wilhelmsland 1891, I. Heft. Seite 60. 



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Anthropologen machen hur den Vorbehalt (s. S. 148), dass die Isolirung der australischen Schwarzen 
lange fortbestanden habe. Aber auch das dürfte nur insoweit richtig sein, als es für ganz Melanesien 
überhaupt gilt; denn wir treffen unter den Australiern bekanntlich ganz dasselbe Sammelsurium von 
verschiedenen Typen, wie unter den Melanesien), sogar gebogene Nasen oder, wie Finsch (1. c.) sagt, 
jüdischen Typus. 

Auch die neuere Sprachforschung nimmt, wie wir sehen werden, eine enge Verwandtschaft 
und gemeinschaftliche Grundlage der australischen und melanesischen Sprachen an. 

In Bezug auf die australischen Beziehungen Neu-Pommerns ist es nicht uninteressant, dass 
der australische Charakterbaum Eucalyptus, der in Kaiser-Wilhelmsland ganzlich fehlt, 
hier an manchen Orten ganze Wälder bildend auftritt.*) 

Bei dem aweiten Typus, dem der Salomonsinsulaner mit seiner dunkeln Hantfarbe, 
seinem breiten niedern Gesicht und der niederen Stumpfnase, finden wir schon eher Beziehungen 
nach Aussen, nach Westen, und zwar zu den dravidischen Kling's oder Tamil's m Südindien. Ich 
habe in meinem anthropologischen Atlas bei Besprechung der Buka's dies hervorgehoben und gesagt : 
.Sie gleichen in dieser Beziehung stark den dunkelsten dravidischen Kling's oder Tamil's von der 
Südostküste Vorder-Indien's, mit denen sie auch die starke Körperbehaarung gemeinsam haben. 
Manche Individuen beider räumlich so weit getrennter Völker könnte man bei oberflächlicher 
Betrachtung sogar mit einander verwechsein, wenn nicht die kurzen Beine und das krause Papua- 
haar wären." Ich glaube, dass ich ziemlich competent bin, bezüglich dieser Aehnlichkeit ein Urtheil 
abzugeben, denn ich konnte diese beiden Völker unmittelbar neben einander sehen und vergleichen, 
da wir auf unsern Plantagen einige Dutzend Kling's eingeführt hatten. 

Die dunkeln dravidischen Stämme gelten bekanntlich als die autochthonen Ureinwohner 
Vorder-Indien's, die ursprünglich über das ganze Gebiet dieses uralten Erdtheils verbreitet waren, 
aber durch arische Invasion von Norden her immer mehr nach Süden zusammen- und zurück- 
gedrängt wurden. Diese Dravida's sind einmal sehr expansiv gewesen, und haben ihren Einfluss über 
Hinter-Indien bis nach Malakka und Singapore hinunter ausgeübt, wo sie heute noch in sehr zahl- 
reichen Kolonien sitzen und einen nicht unbeträchtlichen Theil des Handels in Händen haben. Die 
heutigen Maläyen Malakka's und des östlichen Sumatra sind direct aus einer Vermischung dieser 
Kling's mit den Urstammen Sumatra's und Malakka's hervorgegangen .**) Mit ihren Fahrzeugen segeln 
sie heute noch in den malayischen Meeren herum und wie weit sie früher gekommen sein müssen, 
können wir aus dem oben Seite 148 mitgetheilten Fund einer tamulischen Bronceglocke im Innern 
Neu-Seeland's ersehen. 

Die heutigen Tamil's Süd-Indien's sind alle schon viel zu gemischt und haben sich im Lauf 
der Jahrhunderte oder Jahrtausende in viel zu auseinanderlaufender Richtung entwickelt, um sie 
als Volk, als Ganzes, zu Vergleichen mit den Salomoniern resp. Buka's zahlenmässig heranziehen 
zu können. Es sind immer nur Individuen beiderseits, welche die alte Stammesverwandtschaft 
erhalten und fortgepflanzt haben; aber gerade die verhältnissmässige Häufigkeit solcher Individuen 
giebt uns die hohe Wahrscheinlichkeit für den gemeinsamen Ursprung. 

Eine bessere Zahlenübereinstimmung dürften wir erwarten von den noch verhältnissmässig 
reinen Urstammen in den Bergen Südindien's. Die Herren Sarasin haben in ihrem Werk über die 
Wedda's auf Ceylon Band III Seite 353 eine kurze Uebersicht der über diese Stämme bekannten 
Forschungen gegeben. Daraus geht hervor, dass „alle diese Völker Übereinstimmen in der Kleinheit 
des Körperbaues, der dunkel- oder trübbraunen Hautfarbe , dem welligen, zuweilen leicht sich 
kräuselnden Kopfhaar, dem spärlichen Bartwuchs und der tief eingesattelten, an den Flügeln breiten 

*) Eucalyptus naudiniuna F. v. M. 
**) Siehe hierüber meine „anttiropologi sehen Studien aus fhsutiode", Amsterdam, 1890, 



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Nase." Jagor*) hat auch eine Anzahl derselben gemessen, und seine Zahlen geben eine Bestätigung 
dieser Beschreibung, namentlich was die Kleinheit des Wuchses und des Schädels betrifft. Eine 
direkte Zahlenvergleichung würde demnach auch hier negativ ausfallen, obwohl alles Sonstige ganz 
gut auf unsere Buka's passt. Aber das ist kein Gegenbeweis; wir müssen uns hier vor Augen 
halten, dass diese Stämme zu der unterjochten, verfolgten, von den fruchtbaren Ebenen in die Berge 
zurückgetriebenen und hier unter den schlechtesten sozialen Verhältnissen lebenden Urbevölkerung 
gehören, welcher eine freie, ungehinderte Entwicklung des Körpers unmöglich gemacht ist; es sind, 
wie Professor E. Schmidt**) erklärt, der die Leute selbst aufgesucht hat, Kümmerformen. Die 
Buka's jedoch, auf ihreu Südseeinseln durch keine Eroberer bedroht und eingeengt, konnten sich frei 
entfalten. Wir treffen hier dieselbe Erscheinung, wie bei den Polynesiens diese erlangen auf den 
fruchtbaren, unbedrohten Südseeinseln durchgängig einen ganz bedeutend stattlicheren und ent- 
wickelteren Körperbau als ihre Stammväter, die Malayen. 

Eine gewisse Verbindung zwischen den Wohnsitzen der heutigen Dravida's und der Salomons- 
Insulaner, oder sagen wir allgemeiner: Papua's, wird hergestellt durch die heute noch rätsel- 
haften Reste kleiner, dunkler, kraushaariger Menschen, der sogenannten Negrito's, die zerstreut im 
Norden des weiten Inselbogens vorkommen, welcher diese Länder miteinander verbindet. Solche 
sind unzweifelhaft bekannt von den Andamanen, aus dem Innern von Malakka und den Philippinen. 
Von hier hat A. B. Meyer***) einen gewissen Zusammenhang nachgewiesen mit Neu-Guinea, indem er 
zwei Fälle anführt, wo Boote ohne Sturm von den Philippineninseln nach Neu-Guinea abgetrieben 
wurden und umgekehrt, üeber die Aehnlichkeit wenigstens der Philippinen- und der Malakka-Negrito's 
kann kein Zweifel herrschen, wo sie von zwei so competenten Beurtheilern wie Miklucho-Maclay und 
A. B. Meyer ausdrücklich hervorgehoben wird; für die Andamanesen (Mincopie's) giebt Virchowf) 
die Verwandtschaft zu: „Nach wie vor halte ich daran fest, dass das spiralgelockte Wollhaar ein 
positives Unterscheidungsmerkmal bildet. Auf Grund dieses Merkmals gestehe ich zu, dass die 
Andamanesen, die Scmang's in Malakka, die Negrito's der Philippinen und manche zersprengte Reste 
der gleichen Zone einander genähert werden müssen." Er fügt aber gleich hinzu: .Aber ich 
behaupte um so bestimmter, dass die Wedda's, die Tamilen, die Jakun's in Malakka und deren 
nächste Nachbarn, d. h. die wellhaarigen oder selbst straffhaarigen Stämme von ihnen zu trennen 
sind." »Will man Parallelen aufsuchen, so liegt es näher, wie ich wiederholt ausgeführt habe, das 
Weddahaar mit dem australischen zusammenzustellen und dann gelangt man schliesslich auch zu 
der oft diskutirten Frage von der Verwandtschaft der Australier mit den indischen Tamilen. Hier 
aber erhebt sich das Hinderniss, dass Wedda's, Tamilen, Australier dolichocephal sind, während 
Andamanen und Negrito's der Philippinen brachycephal sind. Dahin gehören auch Semang und 
Sakai." 

Wir wollen unerörtert lassen, ob nicht Virchow hier zu viel Gewicht auf das Haar und die 
Constanz von dessen Beschaffenheit legt ; wir wollen auch nicht untersuchen, ob es angebracht und 
berechtigt ist, die Hauptformen der Menschheit allein auf die Haare zu basiren und sie in ulotriche 
(kraushaarige) und lissotriche (schlichthaarige) zu scheiden, denen man sogar noch cymotriche (well- 
oder lockenhaarige) anfügen zu müssen glaubte ; wir wollen ferner einräumen, dass diese Unterscheidung 
den Eindruck einer gewissen Verlegenheits-Eintheilung macht in Ermangelung besserer anatomischer 
Merkmale , ungefähr gerade so, als wenn man die Hunderassen in die beiden Hauptabtheilungen 
Pudel (ulotriche) und Nichtpudel (lissotriche) zerlegen wollte. 



*) In der Berliner Zeitschrift für Ethnologie etc. 1879 Heft 1. 
**) „Die Anthropologie Indiens". Globus 1892, LXI. 
***) Berliner Zeitschrift für Ethnologie, Band VII 1875, Seite 47. 
f) Berliner Zeitschrift für Ethnologie etc. Band XXVIII, 1896, Seite 141 ff. 



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Aber trotzdem müssen wir anerkennen, dass ein gewisses System in der Vertheilung der 
dunkelfarbigen kraushaarigen Völker herrscht; sie sind im Wesentlichen eine Südrasse, wie Ratzel 
sagt, und züngeln von Afrika über Süd-Indien durch den nördlichen Theil des Archipels hinüber 
nach Neu-Giunea. Wenn wir schärfer zusehen, so entspricht diese ganze Verbreitungslinie genau 
der nördlichen Küste des alten Gondwanalandes, wie es von Waagen (s. oben S. 117) fixirt wurde, 
und der Gedanke eines gewissen Zusammenhangs drängt sich von selbst auf. Wir haben auch ge- 
sehen, dass und warum gerade in Süd-Indien die dunkle Südrasse am weitesten nach Norden vor- 
dringen konnte (S. 155). Der negroide Zug geht also am Nordrande des Gondwanalandes entlang, 
wo Landverbindungen ja heute noch fast der ganzen Ausdehnung nach existiren; wollten wir eine 
gleiche Wanderung des südlichen Menschen auch im Süden annehmen, etwa über die Antarctis, da 
ein Lemurien nun einmal nach Eobelt nicht existirt haben kann, so kämen wir in Zeiträume 
hinein, die lange, lange vor dem Erscheinen des Menschen liegen müssen, zum allermindesten in das 
mesolithische Zeitalter , und das ist nach dem heutigen Stande unserer naturwissenschaftlichen 
Kenntniss unmöglich. 

Es ist merkwürdig, wie wir bei Betrachtung der heutigen Lebewelt wie mit magischer Ge- 
walt immer wieder zurückgeführt werden auf uralte Zeiten und wie die paläozoische und mesozoische 
Geographie unseres Erdballs, die schon vor Jahrmillionen zerstört und umgewandelt ist, heute noch 
überall durchleuchtet. 

Aus diesen Verhältnissen dürfen wir aber auch schliessen, dass die dunkle, kraushaarige 
Bevölkerung eine sehr alte ist und wohl eine, wie ich oben (S. 1 55) ausgeführt habe, Primär-Varietät 
des Menschengeschlechts darstellt; daraus folgt dann aber ferner, wie recht Virchow hat, wenn er 
dieses uralte krause Haar, das sich so lange unverändert erhielt, als ein «positives Unterscheidungs- 
merkmal" ansieht. Damit kommen wir zugleich auf die Frage der Persistenz der Menschenrassen, 
wie sie von meinem verehrten Lehrer und Freund Prof. Kollmann vertreten wird; doch das würde 
uns zu weil abführen, und wir wollen es uns für eine andere Gelegenheit versparen. 

Hiermit, glaube ich, können wir die Negrito-Dravida-Papua-Australierfrage verlassen; sie ist 
augenblicklich noch zu dunkel und verworren, es müssen noch viele umfangreiche und gründliche 
Untersuchungen vorgenommen, noch eine Reihe von Vorfragen entschieden werden, ehe wir eine 
endgültige Lösung hoffen dürfen; uns mag es genügen, dass wir bei den Buka's dravidische An- 
klänge festgestellt haben, ja dass uns beim Anblick derselben sogar ein leiser negroider Gedanke 
beschlichen hat. 

Wir kommen nunmehr zu dem dritten Typus, dem der Papua's vom Festlande Neu- 
Guinea's. Derselbe enthält, wie wir. gesehen haben {s. S. 159) ebenfalls zwei scharf geschiedene 
Abtheilungen. Die Astrolabe- oder Küstenform, lang, hager, mit langen, schmalen Köpfen und kleinen, 
schmalen Gesichtern, worin eine lange, gebogene Nase sitzt, halte ich für eine entschieden indische, 
nur wenig veränderte Form, und zwar eine nordindische, die mit den Dravida's Südindiens so 
gut wie Nichts zu thun hat; es ist dieselbe Form, welche wir auch in Java unter den höheren 
Kasten auftreten sehen und dort mit grosser Sicherheit einer vorderindischen Hindu-Invasion zu- 
schreiben können. Vgl. oben S. 149 das über den Hindu-Einfluss Gesagte. Wir können wohl an- 
nehmen, dass zur Zeit der Blüthe des Hindureiches Modjopahit auf Java Hindu-Elemente, die ja 
grosse Schacherer und Händler sind, bis an die Astrolabebai vordrangen, wo sie der Bevölkerung, 
welche einen von den übrigen Küstenbewohnera etwas abweichenden, isolirten Eindruck macht, ihre 
gebogene Vogelschnabelnase hinterliessen. Bei Betrachtung der Gruppe von Bogadjim-Leuten auf Tafel 18, 
sowie der übrigen abgebildeten Gesichtstypen wird man bei vielen diese Nasenform in mehr oder 
minder hervorragendem Grade entdecken. Weit ins Innere oder weiter nach Osten scheint dieselbe 
nicht zu gehen, denn weder Schellong noch ich haben sie bei den Jabims von der Finschhafener 



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- 16* - 

Käste gesehen. Im Bismarekarchipe] und selbst in Australien taucht dieselbe jedoch in etwas ver- 
änderter Form wieder auf. 

Das andere Element, welches dem Berg- oder Inlandtypus entspricht, ist dem eben besprochenen 
geradezu entgegengesetzt. Seine Trager sind ziemlich kurz, untersetzt und haben ein breites, niederes 
Gesicht mit breiter, flacher und stumpfer Nase. Bei diesem Element sind uns sofort die Beziehungen 
klar. Es ist das malayische, oder besser gesagt : das prämalayische, wie wir es heute noch als 
Urtypus im malayischen Archipel, auf den grossen Sunda-Inseln unter den Stämmen der Batak's, 
Dajaks etc. antreffen und welches motüöcirt als Polynesier auf den paeifischen Inseln sitzt. 

Wenn wir diesen Typus nach weiteren Analogieen verfolgen, passirt uns etwas Merkwürdiges. 
Wir treffen denselben nämlich fast überall, wonin wir in den in Betracht kommenden Landern 
blicken. Er findet sich nicht nur in mehr oder minder starkem Grade unter allen bisher besprochenen 
Typen der Melanesier, so dass wir schliesslich, wenn nur solche Individuen vor uns stehen, nicht 
mehr wissen, ob wir es mit Neupommern, Salomoniern oder Astrolabeleuten zu thun haben, sondern 
wir sehen ihn in höchst ausgebildetem Grade auch bei den Australiern, die nach Virchow und Kollmann 
übereinstimmend ein sehr breites und niedriges Gesicht mit sehr kurzer, breiter und niedriger Nase 
haben, sodass nach Virchow*) .die Besonderheit der australischen Physiognomie in der Bildung der 
Nasengegend Hegt". 

Er geht dann in etwas veredelter Form nach Polynesien, ja wahi-scheinlich bis zu den süd- 
amerikanischen Indianern**) und sitzt als Urelement überall im malayischen Archipel. Von dort 
können wir ihn verfolgen nach Hinterindien bis Südchina hinauf, und finden ihn wieder bei den 
Dravidastämmen Indiens, bei den Wedda's auf Ceylon und bei den vorerwähnten Negrito's. Bei 
allen miteinander heisst es einstimmig in den Beschreibungen: Die Form des Gesichtes ist ziemlich 
breit und niedrig, die Nase kurz, niedrig und breit. Bei manchen geht die Aehnlichkeit sogar 
so weit, dass noch starke Verbreiterung der Backengegend zwischen Ohr und Kieferwinkel hinzutritt, 
die eine gewisse Erinnerung an die Backenwülste des Orang-Utan wachruft. 

Aber wir können diese Gesichtsform noch weiter verfolgen, bis tief nach Afrika hinein, wo 
wir sie in ausgezeichnetem Grad bei den Hottentotten***), den Buschmännern, bei denen nur das 
Kinn noch keilförmig spitz wird (Virchow), und den Akka'sf) auftreten sehen. 

Zum Beweis des Gesagten berufe ich mich ausser den bereits erwähnten Beschreibungen und 
Messungen auf die Abbildungen in den Werken der Herren Sarasin, Meyer & Parkinson, der Berliner 
Zeitschrift für Ethnologie Band XVIII, Montano, Ratzel, Ranke etc. Man vergleiche nur die 
folgenden Bilder: 

Die Neu -Pommernfrau auf Tafel V des Meyer-Parkinson'schen Albums von Papua-Typen 
könnte geradezu die Schwester sein von dem Wedda-Mann No. 1 auf Tafel III oder von No. 17 auf 
Tafel XI des Sarasin'schen Werkes. Der Knabe No. 15 auf Tafel X ebendort könnte anstatt ein 
Wedda-, ebenso gut ein Dajakknabe aus Borneo sein. Wenn man nicht wüsste, dass die Frau 
No. 31 auf Tafel XVIII eine Weddafrau wäre, würde man sie ebenso gut für eine Batakfrau aus 
Centralsumatra, wie für eine Tamofrau von Bogadjim zu halten versucht sein ; dasselbe gilt von den 



*) Berliner Zeitschrift für Ethnologie. 1888, Seite 190. 

**) cf. Ricardo Rohde : Messungen von Payagua -Indianern (Paragua) in der Berliner Zeitschrift für Ethnologie, 
der von diesen ein breites, niedriges Gesicht mit vortretenden Wangenbeinen, volle, vortretende Lippen, kurze, breite, ein- 
gedrückte Nase angiebi 

***) Vergleiche die Abbildungen der ausserordentlich chamaprosopen und breit- and knrznasigen Herero und 
Namaqua-Hottentolten auf Tafel IV, Figur 2—4 der Verhandlungen der Berliner Zeitschrift für Ethnologie, Band XVIII, 1886. 

f) S. G. Fritsch in den Verhandlungen der Berliner Zeitschrift für Ethnologie, 1896, pag. 545 und: Die 
Eingeborenen SQdaffita's, Breslau 1872. Ferner: W. H. Flower im Journal of the anthrop. instit of Great Britein and 
Ireland, 18, 1889. 



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— 165 — 

beiden Frauen auf Tafel XXVI, Fig. 49. Der zweit« Mann von rechts auf dem diesem Abschnitt 
vorgehefteten Gruppenbild von Bogadjim-Tamos, Tafel 16, könnte ebenso gut ei» Batak auf 
Sumatra sein von dem Typus, wie ich ihn auf Tafel XXIII in meinem anthropologischen Atlas ab- 
gebildet habe, und in dem Meyer-Parkinson'schen Album wird man auf Tafel VT und XXIII weitere 
Analogieen hiezu aus Neu-Pommern und Neu-Meckleoburg entdecken. Die von Dr. Montanu*) auf 
planche II Nu. 58 und 54 abgebildeten Negrito's aus Luzon würde man mit gleichem Rocht sowohl 
für Batak's wie für Papua 's ansehen dürfen und die übrigen Abbildungen von philippinischen Typen 
aus Luzon und Mindanao in seinem Werk sind rein batak-dajakische Gesichter. 

Die Bilder ferner, welche in der Berliner Zeitschrift für Ethnologie 1886, Band XVIII, 
Tafel IV von Hottentotten gegeben werden, zeigen unsern Typus in einem so ausgezeichneten Grade, 
dass man sie direct als specimuia bezeichnen kann. 

Wenn wir das ganze Verbreitungsgebiet dieses Typus, den ich bereits in meinen anthro- 
pologischen Studien aus Insulinde Seite 33 und 96 gekennzeichnet und als Urrasse bezeichnet habe, 
überblicken, so treten zwei höchst bemerkenswerthe Thatsachen hervor. Erstljch sehen wir, 
dass das Areal, auf dem derselbe vorkommt, wieder genau dasjenige des alten 
Gondwana-Landes ist, und zweitens frappirt uns die Thatsache, dass derselbe 
in auffallendem Grade nur bei solchen Völkern hervortritt, die wir einstimmig 
als Urvölker bezeichnen, sowohl in Afrika, wie in Indien, sowohl im malayischen, wie im 
papuanischen Archipel. 

Wir werden dadurch von selbst auf den Gedanken gebracht, dass wir hier vor den Besten 
einer alten, einst über das ganze, noch überseeisch gebliebene Gondwanaland verbreiteten Menschen- 
rasse stehen. Diese Urrasse hat in ihrer körperlichen Erscheinung eine Reihe von kindlichen und 
darum an frühere Entwicklungszustände der Menschheit erinnernden Zügen bewahrt ; sie umfasst die 
primitivsten Völker, welche wir kennen. Da nach Vircbow's gelegentlich der Besprechung der Busch- 
männer**) gethanen Aeusserung dem kindlichen Typus der weibliche im Allgemeinen näher steht, 
so ist es nicht unwichtig, dass wir die charakteristischen Merkmale bei den Weibern der genannten 
Völker durchgängig öfter und besser erbalten finden, als bei den Männern; diese variiren mehr, und 
das ist ein bedeutsames Zeichen von Vermischung; denn die Wanderer, die Eroberer sind die 
Männer; durch sie wird das fremde Element in ein Land gebracht. Es scheint sonach, als wenn 
der Stammestypus des Vaters vorwiegend in den Söhnen, derjenige der Mutter in den Töchtern sich 
fortpflanze. Das stimmt mit meinen Erfahrungen vollkommen überein, und wir werden gleich nachher 
in Bogadjim einen Beweis dafür finden. 

Diese alte Urrasse ist nun schon die zweite, welche wir auf dem Areal des alten Gondwana- 
Landes, also in der Südhemisphäre, entwickelt finden, und zwar ist als Entstehungscentrum derselben 
mit höchster Wahrscheinlichkeit das Gebiet Vorder- und Hinter-Indien's incl. der grossen Sunda- 
Inseln anzunehmen. Sie sass als braune, wellhaarige Rasse zwischen den hellen, 
schlichthaarigen, mongoloiden Völkern des Nordens und den dunklen kraus- 
haarigen des Südens, nimmt also gerade das centrale Mischungsgebiet ein, welches wir oben 
Seite 155 als die Lust und den Schmerz der Anthropologen kennen gelernt haben. Von beiden 
Seiten war sie Vermischungen ausgesestzt, von beiden Seiten her wurde sie geschoben und gedrückt 
und zusammengequetsebt, bis sie in die leere Lücke nach Osten auswich, wo wir sie heute haupt- 
sächlich finden. In Indien war der Druck und die Vermischung am stärksten, und darum sind dort 
auch die wenigsten reinen unvermischten Reste zu finden ; es wirkten von Norden her arische Einflüsse 



*) Rapport a H. le Miuistre de 1' Instruction publique sur wie mission am lies phüippine* et en Malaitie (1879 — 81), 
Paris, Imprimeria nationale 1885. Extrait des archives des missions scienliflquee et litteraires, tronieme serie, tonte onzieme. 
**) Im 18. Band der Berliner Zeitschrift für Ethnologie 1886 Verhandlungen Seite 22t. 



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— 166 — 

und schufen die zahlreichen Mischformen der Bengali's bis zu den Kling's herunter*) und von Süden 
herauf war es die dunkle, krausköpfige Hasse, die ihre Stammesmerkmale diesem Typus aufpfropfte. 

Ich will den Leser hier mit Zahlen und Tabellen verschonen, um so mehr, als ich demnächst 
in einer andern Arbeit Gelegenheit haben werde, dieser Frage nochmals näher zu treten. Wir wollen 
uns hier mit dem allgemeinen Resultat begnügen, dass wir, entsprechend der Annahme aller Gelehrten 
und Forscher, eine Reihe somatischer Beziehungen zu verschiedenen westlichen Völkern gefunden 
haben und dass wir eine gewisse Wahrscheinlichkeit geltend machen können für die Annahme einer 
alten Urrasse, welche weit auf der südlichen Hemisphäre verbreitet war und die Grundlage abgegeben 
hat, auf welcher sich in Folge langer Isolirung der heutige charakteristische austrat -papuanische 
Typus hat herausbilden können, vielleicht unter Hinzutritt von dunklen, kraushaarigen Elementen, 
deren Spuren wir heute noch an der nördlichen Peripherie dieser Rasse zwischen Indien und 
Melanesien antreffen. 

Unsere Papua's an der Astrolabebai speciell zeigen nach unserm Dafürhalten in den schlanken, 
mageren Gestalten mit schmalen Köpfen und kleinen Gesichtern mit vorspringender Nase indische 
Züge und es ist nicht unbedeutsam , ' dass die Hauptträger dieser Merkmale in der Bogadjim- 
Gemeinde eine gewisse respectirte Ausnahmestellung einnehmen; sie bilden eine Art alter Adels- 
oder Patrizierfamilien, wie wir weiten hinten sehen werden. 

Dieser indische Typus, der etwas Intelligentes, Kühnes in seinen Zügen hat, findet sich 
vorwiegend beim männlichen Geschlecht; bei den Frauen ist er Ausnahme; eine solche ist 
z. B. die Wittwe auf Tafel 25, welche sich ihren Trauerrock flicht; sie besitzt eine gebogene Nase 
und das feinere, längliche, indische Gesicht. Die übrigen Frauen — es sind ja eine Anzahl solcher 
in diesem Buche, sowie in dem Meyer-Parkinson'schen Atlas abgebildet, woran man die Richtigkeit 
der Sache prüfen kann — haben sonst alle das grobe, hässliche, breite Gesicht mit platter, breiter 
Nase, welches unserm Urtypus entspricht. Man halte nur die beiden Abbildungen des Mannes Aegil 
Tafel 19 und der trauernden Wittwe Tafel 40 zusammen, um den gewaltigen Unterschied der 
Gesichtsbildung zu sehen I 

Die Frauen verdienen weder in Bogadjim, noch bei den Papua's überhaupt den Namen des 
schönen Geschlechts; so wie hier, sind sie überall, denn wie wir vorhin sahen, hat sich der alte, 
ursprüngliche Typus beim Weib viel gleichmässiger erhalten und tritt namentlich im reiferen Alter 
mit dem schwindenden Fettpolster in seiner ganzen Hässlichkeit hervor. 

Zürn Schlüsse unserer Ausführungen über die somatische Anthropologie wollen wir hieher- 
setzen, was**) dem Papua als Schönheitsideal des Mannes gilt: Kräftige Gestalt, glatte Haut, 
glänzendes Gesicht, ausgeprägte Nase, kleine, mehr beisammenstehende Zähne mit schwarzer Politur, 
keine Augenbrauen und keine hervorquellenden Augäpfel, verlängerte Ohren und dicker, runder, 
gut gepflegter und roth eingesalbter Haarbusch. Ueber das weibliche Schönheitsideal werden wir 
gelegentlich der Heirathsgebräuche weiter hinten etwas erfahren. 



*) S. Risley's umfangreiche Messungen: The tribes und castes of Bengal, Calcutla 1891, und meinen anthro- 
pologischen Atlas Seite XIII. 

*•) Missionar Vetler, dessen Mittheilungen Ün 2. Heft der Banner Missionstractate 1898 ich dies entnehme, hat 
zwar speciell biebei die Jabim's im Äuge, ich glaube aber, dass man dies unzweifelhaft auch auf die Bogadjimtsjno's an- 
wenden kann. Ich selbst habe versäumt, mich nach dem Tamo-ldeal zu erkundigen. 



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- 167 - 

Wir wollen nunmehr, mit aller Discretion natürlich, einen Blick in die Toilettengeheimnisse 
unserer Völker thun. Zunächst sei verrathen, dass der Papua ein sehr eitler Mensch ist, obwohl 
er ausser seinem Rindengürtel nichts anhat, als seine eigene braune Haut; diese frischt er aber alle 
paar Tage ein bischen auf mit einem Gemengsei aus Ocker und Palmöl, resp. den zerquetschten 
Kokosnuss-Kernen, denn Oel zu pressen versteht der Papua nicht, indem er sich den ganzen Körper 
inclusive Haarfrisur damit einreibt, so dass seine Farbe dadurch kupferroth wird. Anrühren darf man 
ihn natürlich nicht, denn er färbt stark ab, wie ich zu meinem Leidwesen in höchst eigener Person 
erfahren habe, als ich mich, um meine frischen weissen Kleider nicht zu beschmutzen, von einem des 
Weges kommenden Tamo huckepack durch einen Tümpel tragen Hess. Aus diesem Grunde scheut er 
auch den Regen wie die Sünde und weicht ihm aus wo er kann. Es ist geradezu lächerlich zu sehen 
wie diese nackten Kerle, denen es doch ihrer Kleidung wegen ganz gleichgültig sein könnte, vor 
einem leichten Regenschauer schon ausreissen. Freilich soll auch, wie ich mir habe sagen lassen, 
ihr kostbarer mel, ihr Rindengürtel, durch die Feuchtigkeit Noth leiden. Gebadet wird nur ganz 
gelegentlich und nur im Flusse, nicht im Meere. 

Ich glaube, dass das öftere Einschmieren des ganzen Körpers mit einer fettigen Ockerfarbe 
die Ursache des Fehlens jeden Körpergeruches ist, denn ich habe dasselbe auch bei den dravidischen 
Tamil's Vorderindien's bemerkt, welche sich ebenfalls fleissig den ganzen Körper einölen. Bei den Buka's, 
den Jabim's, den Neu-Pommern und Neu-Mecklenburgern scheint dieser Gebrauch des Einfettens oder 
Einölens der Haut nicht zu herrschen; ich habe weder selbst etwas davon bemerkt, noch in der 
diesbezüglichen Litteratur Angaben darüber gefunden. Alle diese Völker riechen aber und zwar so 
speeifisch verschieden, dass Zöller glaubt, man würde eine Gruppe von Salomoniern allein schon am 
Geruch von Neu-Pommern oder Neu-Guinea-Leutcn unterscheiden können. 

Am allerstärksten und penetrantesten, auch ohne grössere Körperanstrengung, riechen die Leute 
aus Neu-Pommern; deren Geruch kann geradezu entsetzlich werden, trotz Zöller, der in seinem 
Buch p. 237 den Geruch der Papua's .zum mindesten nicht unangenehm" findet. Sie wissen das auch 
recht gut und behängen sich den Nacken mit dicken Büscheln von scharf duftenden Krauseminze- 
kräutern; als ich einst meinen Schiessjungen nach dem Zweck dieses sonderbaren und nicht weniger 
als lieblich duftenden Nackenschmucks fragte, gab er mir zur Antwort: Master, wenn wir das nicht 
thun, ,me stink plenty to much!" Andere sagten wieder, sie thäten das, damit die Muskitos sie 
nicht beissen. Bei Buka's und Neu-Mecktenburgern habe ich keinen Geruch bemerkt, doch wird dies 
für die ersteren von Zöller und für die letzteren von Graf Pfeil bezeugt. Bei Jabim's habe ich 
denselben selbst wahrgenommen, auch schwitzen dieselben bei starker und anstrengender Feldarbeit 
ganz tüchtig in dicken grossen Tropfen, wie ich im Gegensatz zu Schellong (1. c. S. 159) oft gesehen habe. 

Auch den Zähnen widmet man einige Aufmerksamkeit ; man feilt oder meisselt sie nicht, 
wie es bei denMalayen üblich ist, aber man färbt sie schwarz. Diese Sitte scheint der ganzen Küste 
Deutsch-Neu-Guinea's entlang zu herrschen. Das Färbematerial besteht aus einer Art von schwarzer 
Erde, die sich an manchen Orten findet. Zum Gebrauch vermischt man sie, wie uns Missionar Vetter*) 
belehrt, mit dem Wurzelsaft eines Nussbaumes , knetet die Masse zu einem Päckchen und legt 
dasselbe mehrere Nächte hindurch quer vor die Zähne. Dadurch erhalten diese eine tiefschwarze 
glänzende Politur. 

Das krause, überreichliche Haar wird vom Bogadjim-Manne entweder selbst oder durch einen 
veritabeln Friseur alltäglich gekämmt, gelaust und hoch aufgezaust. Er ist auf seinen Haarschmuck sehr 
stolz und alte Leute oder Kahlköpfe, die an der Astrolabebucht nicht so gar selten sind — vergleiche 
das Portrait des Mannes Aegil Tafel 19 aus Bogadjim ; der Arme ist leider vor einem Jahr in einem 
Kampfe gefallen — , fertigen sich oft aus Kasuarfedern oder Cuscusfellen förmliche Perrücken und 

*) Im zweiten Heft der Barmer Miseionatrnctata 1896. 



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Mälzen an, wie aus dem nebenstehenden Bild des Bilibilinrannes Tafel 20 ersichtlich ist. Baum- 
rmdenmützen, wie sie am Hüongolf, bei Finschhafen und im Süden bei Port Moresby getragen 
werden*) oder gar Trauerhüte (Oylinder ohne Deckel und Rand, siehe die Abbildung Tafel 41) 
habe ich hier nicht gefunden; nur der uralte Korii Koba hat ein Tuch europäischer Provenienz um 
seinen kahlen Greisenschädel geschlungen (siehe die Abbildung Tafel 35). Dann wird das Haar mit 
Kalk hübsch weiss, oder mit Ocker roth, oder, nach der neuesten Mode — man sieht, auch hier 
hftlt die Königin Mode bereits ihren Einzug — mit Wäschebku blitzcblau gefärbt, mit einem hübsch 
geschnitzten Bambukamm, allerlei ZiersUben, bei festlichen Gelegenheiten auch mit einem ganzen 
getrockneten Balge des gewöhnlichen gelben Paradiesvogels besteckt. Um die Stirn wird dann 
diademartig eine Schmuckbinde aus kleinen Muscheln und Hundezähnen gelegt, das Gesicht feuerroth 
mit Ocker angematt — falls der Mann nicht gerade Wittwer ist, worüber später — , ein langer Nasen- 
pfeil quer durch die durchbohrte Nasenscheidewand geschoben oder an Stelle dessen ein lyraförmiger 
Ring aus Perlmutter, je nach Geschmack, ebenso in die furchtbar ausgedehnten schlingenförmigen 
Ohrläppchen ein paar schildpattene Ohrringe eingehängt, und die Festtoilette des Kopfes ist beendigt. 

In der Gegend weiter östlich, bei Finschhafen, Simbang und am Hüongolf, wird das Haar 
rings um den Kopf etwa 2 Finger breit, am Hinterkopf jedoch viel mehr, etwa handbreit, weg- 
geschoren, Und die übriggebliebene Frisur viel höher und länger getragen, so dass sie durch einen 
mehrere Finger breiten, aus Rottanringen zusammengesetzten Kopfreif gestützt und getragen werden 
muss, der, etwa einem abgeschnittenen Hutrand vergleichbar, horizontal um den Kopf gelegt wird. 

Im Bismarckarchipel hinwieder scheint man pudelähnliche Zotteln zu lieben, die, wie die 
umstehende Abbildung beweist, oft zu beträchtlicher Länge und Menge anwachsen. Diese Locken- 
strähnen sind, wie uns Parkinson, der vielerfahrene und seit langen Jahren auf Ralum bei Herberts- 
höhe ansässige Südseereisende belehrt, künstlich zuwege gebracht, indem die Haare, sobald sie nach 
dem Scheeren, was gelegentlich geschieht, wieder lang genug geworden sind, mit den Fingern gefasst 
und fleissig in Lückchen zusammengedreht werden. 

Die Neu-Mecklenburger und Bukaleute, welche mir zu Gesicht gekommen sind, trugen alle 
das Haar ziemlich kurz und rasirten es öfters vermittelst Glasscherben. Eine solche Scene findet 
sich auf dem nebenstehenden Bilde dargestellt, welches mein Assistent Kunzmann seinerzeit auf- 
genommen und mir freundlich zur Verfügung gestellt hat. 

Bei den Archipclbewohnern wird das Haar ziemlich häufig mit einer dicken Lage von Kalkbrei 
incrustirt, den man aus gebrannten Seemuscheln gewinnt und am Kopf antrocknen lässt, so dass 
das betreffende Individuum aussieht, als habe es eine dicke anliegende weisse Haube auf. Nach 
einigen Tagen, nachdem dieselbe abgefallen oder abgewaschen ist, kommt ein röthlichblonder Kraus- 
kopf zum Vorschein-; die Haare sind durch die Aetzwrrkung des Kalks ganz hell gebeizt. Dieser 
hellblonde Haarwutet bildet einen ganz eigentümlichen Gontrast zu der dunkeln Hauffarbe der Leute, 
und darum glaube ich auch nicht, dass das Kalk-Eitireiben allein geschieht, um das Ungeziefer zu 
tödten, was nicht bloss als löblich, sondern manchmal als ausserordentlich nothwendig sich erweist, 
sondern dass auch eine Schönheitswirkung damit beabsichtigt ist. Denn wenn es allein zum Zweck 
des Ungeziefervertilgens geschähe, so denke ich, müsste die Sitte allgemeiner verbreitet sein; sie ist 
aber anscheinend nur auf die Bewohner des Bismarck- und Salomonsafchipels beschränkt und kommt 
an der Maclay- Küste vom Hüongolf bis zur Astrolabebai nicht vor. Nach einigen Tagen werden 
die Haare röthlich und zuletzt wieder so dunkel schwarzbraun, wie zuvor. Dass es übrigens, be- 
sonders unter den Neu-Mecklenburgern, auch Individuen mit natürlichem hellblondem, resp, gelblich- 



*) Flusch, Ethnologische Erfahrungen und Belegstücke aus der Südsee, in: Ännalen des K. K. Hofmuaeums zu 
Wien Band VI, pag. 92. 



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Taf. 20. Ein Mann von Bilibili mit Cuscusfell-M Litze. 



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blondem Haar giebt, habe ich bereits oben Seite 158 bemerkt, ebenso wie die Thatsache, dass es 
unter denselben auch schlichthaarige Individuen giebt. 

An der Astrolabebucht liebt man Gesichtshaare nicht, ja, man hat dort so wenig Verständniss 
für die .schönste Manneszier', den Bart, dass man alle Gesichtshaare, und deren sind nicht wenige, 
da die Papua's zu den stark behaarten Völkern gehören, consequent ausreisst und zwar mittelst 
wirbelnder Bewegung eines zusammengedrehten Fadens, der um einen Finger der linken Hand ge- 
schlungen und mit der rechten in Bewegung gesetzt wird. Die Prozedur ist von Miklucho - Maclay, 
der sie an sich selbst probirte und sehr schmerzhaft fand, obwohl die Papua's dabei keine 
Miene verziehen, genau beschrieben worden.*) Im höheren Alter freilich scheint man es nicht mehr 
so genau zu nehmen, denn Greise sieht man oft mit ziemlich stattlichen weissen Barten, den 
Resten, welche glücklich dem Schicksal des Ausrupfens entgangen sind und Zeugniss für die Reichlichkeit 
der ursprüglichen Behaarung ablegen. Einen solchen posthumen Cotelettebart trägt z. B. der alte 
Kodi koba (Tafel 35), der angesehenste, zugleich auch älteste Mann von Bogadjim. Der Widerwille 
gegen die Gesichtshaare gebt so weit, dass man ab und zu sogar die Augenbrauen abrasirt oder 
ausreisst, sogar schon bei kleinen Knaben gelegentlich des Beschneidungsfestes. 

Weiter nach Westen zu, in Hatzfeldt- und Dalimannhafen bis Guap scheint umgekehrt ein stattlicher 
Backen- oder Kinnbart hochgeschätzt zu sein. Derselbe ist nach Finsch**) Gegenstand sorgfältiger 
Pflege und wird mit vielerlei Zierrat hen durchflochten und behangen. 

Im Archipel scheint auch in dieser Hinsicht andere Sitte zu herrschen. Die Buka's 
zwar pflegen sich ebenfalls das Gesichtshaar auszureissen — wohl aus dem Grunde, damit die Zier- 
narbenlinien ihres Gesichts***) sichtbar bleiben — aber die Neu-Mecklenburger tragen regelrechte, 
ziemlich kurz gehaltene Vollbarte, die auch hie und da bei den Jabim's und den Bewohnern des 
Hüongolfes, die überhaupt mancherlei Uebereinstimmungen besitzen und einen Uebergang des Fest- 
landtypus zum Bismarckarchipellypus bilden, wie ich an einer früheren Stelle bereits hervorhob, 
beliebt zu sein scheinen. 

Die Neu-Pommem, besser gesagt, die Bewohner der Gazellehalbinsel Neu-Pommems, rasiren 
sich das ganze Gesicht glatt, mit Ausnahme eines schmalen, oft nur centimeterbreiten Streifens, der 
von einem Ohr zum andern über das Kinn hinwegläuft und dort in zwei wohldressirte Spitzen aus- 
gezogen ist, ein sogenannter Ziegen- oder Judenbart, der den ohnehin schon manchmal stark semitisch 
angehauchten Gesichtern etwas so exquisit Jüdisches verleiht, dass man unwillkürlich jeden Augen- 
blick aus ihrem Munde ein: »Nichts zu handeln?" vernehmen zu müssen glaubt. 

Mit der Toilette des Kopfes ist bei unsern Leutchen auch so ziemlich die übrige Toilette 
beendigt. Denn dem sonstigen Körper widmet man nur die einzige Sorgfalt, dass man ihn, wie 
bereits gesagt, mit einem Gemisch von Ocker und Kokosnussöl einreibt; oben Alles, unten Nichts, 
das ist hier der Grundsatz. Nur der Hals wird noch mit Schmuck bedacht und zwar sehr reichlich, 
in Form von allerlei Schmucksachen aus Zähnen und Muscheln, sowie Täschchen und Ketten, die um 
ihn gehängt werden in der Weise, dass sie alle zusammen auf die Brust herabbaumcln, welche 
dadurch oft ganz bedeckt wird und gar nicht mehr nackt aussieht; ich habe hier einsehen gelernt, 
dass wirklich der Schmuck zu einem Kleidungsstück werden und dieses aus jenem hervorgehen kann. 
Sehen die Neu-Pommem auf dem Bilde Tafel 46 nicht aus, als hätten sie fein gemusterte Strümpfe 
an? Und doch haben sie weiter Nichts gethan, als ihre Beine dick mit Farbe bestrichen, meist 
weisser, und sind dann mit ihren fünf Fingern in schlängelnder Bewegung hindurchgefahren. 



*) „Ettanolog. Bemerkungen Ober die Papua's der Maclay -Küste" in: Naluurkundig Tydsohrift voor Nederlandsch 
Indifl, Deel XXXVI, Batavia 1876, p. 294 ff. 
•*) I. c. p. 93. 
***) cf. das Album von Papua-Typen Ton A. B. Meyer Sc Parkinson, Tafel 26 und 27. 



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— 170 — 

Der Hauptmannesschmuck des erwachsenen Bogadjim-Tamo ist der zweiflügelige aus Bast- 
fasern geflochtene und mit Kaurimuscheln, Hundezähnen und Muschelringen verzierte Ring, Tsaue", 
der am Oberarm getragen wird. Er ist das äussere Zeichen der Männlichkeit, welches der Junge 
sofort nach der Beschneidung von seinem Vater erhält und trägt, so lange die Bastfasern zusammen- 
halten. Es ist sehr bezeichnend für die Bedeutung dieses Armringes, dass das Wort Tsaue oder 
Dsaue, mit dem derselbe bezeichnet wird, zugleich auch das Wort für Eigenthum, Besitzthum 
xari^oxv" ist. Natürlich wird dem heranwachsenden Jüngling und Manne mit der Zeit der wenig 
elastische Ring, der nur selten abgelegt wird, zu eng und wächst ihm sozusagen in's Fleisch hinein; 
oft ist der Arm dadurch so stark eingeschnürt, dass man meinen sollte, das Glied müsse unbedingt 
absterben. Auf der Tafel 35 des Meyer-Parkinson'schen Albums, auch auf unserer Tafel 19, trägt 
der dort abgebildete Mann solche zu eng gewordene Armringe an beiden Oberarmen, was sehr 
deutlich zu sehen ist. (Der Mann heisst übrigens Kate [in der Siarsprache Eidechse] und das neben 
ihm stehende Mädchen ist nicht seine Frau, wie dort angegeben, sondern seine Schwester.) Nur 
wenn's zu arg wird und gar nicht mehr auszuhaken ist, dann, aber nur dann, entschliesst sich der 
Träger, mit einem Messerschnitt das kostbare Besitzthum zu spalten und so gut oder eigentlich so 
schlecht er's versteht mittelst eingeflochtener Fasern weiter zu machen, anzulangen. Die Wohlhaben- 
deren tragen zwei Ringe und mehr an beiden Oberarmen. 

Ausser dem gewöhnlichen zweiflügeligen, dessen Rohstoffe stets durch die Bilibili -Kaufleute 
eingehandelt werden müssen, ist noch eine zweite Form beliebt, Bangsula genannt (Bang = Ring, Sula = 
Muschel), auf deren Basttheil zwei oder mehr Reihen grösserer Muschelringe, auf der Kante stehend, 
aufgenäht sind. Eine dritte Form besteht aus einem einfachen Bastgeflecht von grösserer oder 
geringerer Breite ohne weitere Zuthaten. 

Breite Schildpattarmbänder aus einem handbreiten, einfach zusammengebogenen Stück 
Schildpatt mit oft recht hübsch eingravirten Mustern, sind ebenfalls in der Mode und nicht besonders 
selten ; jedenfalls nicht so selten, wie die anderwärts viel häufigeren schmalen Ringe aus den Basis- 
querschnitten von Trochus niloticus, deren immer mehrere zusammen getragen werden und die meist 
mit hübschen Strichornamenten verziert sind. 

Alle diese Formen können für sich allein oder nebeneinander getragen werden, wie aus 
den Abbildungen zu ersehen ist, namentlich im Gruppenbild Tafel 18. Die zweite Form, den Bangsula, 
trägt der umstehend abgebildete Mann Kubai am linken Arm, während er als besonders Wohl- 
habender an dem zweiflügeligen Tsaue rechts ebenfalls noch einige Muschelringe aufgenäht hat. Ich 
habe nicht für nöthig gehalten, diese Armbänder besonders abzubilden, da ja Finsch schon von allen 
sehr schöne und getreue Zeichnungen gegeben hat. 

Von Frauen werden nur die beiden letzten Arten getragen, der zweiflügelige Tsaue niemals ; 
dieser ist ausschliesslich Mannesvorrecht. 

Auf den Salomons-, namentlich den Shortland-Inseln, werden sehr zierliche, schmale Ober- 
Armringe aus schwarz, roth oder gelb gefärbten Bastfasern geflochten, die ausserordentlich niedliche 
Muster aufweisen. 

Nicht blos der Arm, auch das Bein wird geschmückt, aber bei weitem nicht so reich und 
kostbar wie jener, und auch nicht so allgemein. Unsere Astrolabe -Tamo's tragen nur ab und zu 
unterhalb des Kniegelenks einen, manchmal auch zwei einfach aus Bastfasern geflochtene Ringe, Singa 
tsaue genannt (Singa = Bein, tsaue = Ring). 

Kniebänder aus feinem Flechtwerk oder Gras werden von Finsch*) vom Hüongolf bis 
Venushuk, speciell auch in Constantinhafen, beobachtet. Auf Grager bei Friedrich -Wilhelmshafen 



*) „Ethnologische Erfahrungen und Belegstücke aus der Sadsee" in den „Aimalen des K. K. Hofmuseums, Wien. 
Band VI. Seite 112. 



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Taf. 23. Papua vom Hüongolf. An der Stirn zahlreiche Aderlass-Narben. 

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Taf. 24. Mein Freund Kubai, ein „Tamo koba" von Bogadjim. 

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hat er bei jungen Mädchen solche roth gefärbt und mit ein paar Conusringen verziert bemerkt und 
in seinen „Samoafahrten" Seite 108 abgebildet. ,In Grager und Hatzfeldthafen war zuweilen das 
Bein vom Knöchel bis fast zur halben Wade mit rothem Flechtwerk eingestrickt" 

Dr. Schellong in seiner prächtigen Arbeit über das Barlumfest der Gegend Finschhafen's*) 
erwähnt ebenfalls .höchst kostbare, mit Muscheln besetzte Beinschienen j letztere, wie es den Anschein 
hatte, eine Specialität der Kai-Leute."**) 

An einer andern Stelle sagt er: .Den ssagu's, den Naubeschnittenen, hatte man um die 
Waden die Perlenschnüre zu handbreiten Schienen herumgelegt." 

Nun wollen wir uns einmal betrachten, was der Tamo alles für Herrlichkeiten auf der Brust 
hängen hat. Zu diesem Zweck müssen wir uns aber einen Mann aus den .oberen Zehntausend" 
herausgreifen, einen Begüterten, da die gewöhnlichen armen Teufel froh sind, wenn sie ein kleines 
Säckchen mit Coixperlen besetzt oder einen aus Muschelringen nachgemachten Eberhauerschmuck 
erschwingen können. 

Ein solcher Begüterter ist der auf Tafel 24 abgebildete, freundlich lächelnde Kubai, einer 
der Hauptleute der Ansiedlung Bogadjim. 

Zu beiden Seiten seines Kopfes stehen die oben erwähnten Zierstäbe, Gohtch genannt, mit 
Bast umwunden und einer Hahnenfeder, sowie einem europäischen Hosenknopf geschmückt, hervor, 
die gelegentlich auch beim Essen zum Aufspiessen eines Stückchen Fleisches etc., also als Gabel 
benützt werden, so dass man mit Fug und Recht sagen kann, der Mann trage sein Essbesteck 
auf dem Kopfe im Haar herum. 

Einen Kamm, Kate Borang (kate=Kopf, also: Kopfkamm), von der durch Finsch in seinem 
ethnographischen Atlas T. XVII F. 1 abgebildeten und in Bogadjim ausschliesslich gebräuchlichen 
Form, die manchmal, aber nicht häutig, oben noch mit Büscheln von Kasuarhaaren und Papagei- 
federn verziert ist, hat Herr Kubai heute zufällig nicht angelegt, vielleicht weil ihm, dem Patrizier, 
dies von Jedermann getragene nützliche Schmuckstück zu gewöhnlich erschien. 

In beiden Ohrläppchen trägt er schön geschnitzte Schildpatt-Ohrringe (Damala), an den 
Armen beiderseits die vorbesprochenen Ringe, wovon derjenige rechts ein Tsaue, der links ein Bang- 
Sula ist, und dazu noch über dem Ellbogen zwei schmälere aus Muschelschalen. Um die Hüften und 
zwischen den Beinen durchgeschlungen trägt er seinen Mel, den Rindengürtel und über demselben 
zwei Schnüre grosser Perlen, so viel ich mich entsinne, europäischer Provenienz. Möglicherweise hat 
er unter demselben — wir wollen uns nicht erlauben, hierüber wahrscheinlich mit Entrüstung zurück- 
gewiesene Nachforschungen anzustellen — noch einen zweiten Gürtel aus Baumbast, der aber alt 
und selten geworden ist, oder einen solchen, wie der vorige Alaläk genannt, der aus Rottanfasern 
direkt auf den Leib geflochten wird und nur durch Losschneiden wieder entfernt werden kann. 

Um den Hals hat er dreierlei Zi errat h hängen: 1. ein ziemlich eng anliegendes Halsband 
aus durchbohrten und aufgereihten kleinen Nassa-Muscheln mit daran befestigten Hunde-Eckzähnen, 
und darum Baun-Rällage (Baun = Hund, Rällage = Zähne) oder Ge-Rallage, Fischzähne, weshalb 
weiss ich nicht, genannt. Darunter (die beiden grossen Ringe) folgt das Bel-Rallage (Bei = Schwein, 
Rallage = Zähne) zwei grosse Eberhauer, an der Wurzel so mit einander zusammen gebunden, 
dass sie zwei nebeneinanderliegende, nach unten offene Halbkreise vorstellen, ein höchst malerischer 
Schmuck, der sehr beliebt und gesucht ist, so dass Einer, der keine Eberzähne erschwingen kann, 
sich begnügen muss, solche aus den Muschelschalen der Tridacna sich nachzumachen, und zwar oft 

*) Im Internationalen Archiv für Ethnogr., Band II. 

**) Kai heisst nach Schellong (Beitrage z. Anthropologie der Papua's in der Berliner Zeitschrift für Ethnologie etc., 
XXm. Band, 1891. S. 169) in der Tami-Sprathe Wald. Es ist dasselbe Wort, wie da« javanische Ki und das malayische 
Kaju, welches Holz bedeutet Es soll mit diesem Wort der Gegensatz zu den Küsten bewohn cm ausgedrückt worden. 



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so gut, dass man erst bei näherem Zusehen die Fälschung gewahr wird. Solche Duschen Eberhauer 
trägt z. B. der Bogenschütze auf dem Bild Tafel 28. Je vollkommener der Kreis ist, den die Eber- 
hauer bilden, d. h. je mehr die Spitze der Wurzel sich nähert, desto gesuchter und theurer sind 
dieselben; ein vollkommen geschlossener Kreis, bei dem die Spitze die Wurzel berührt oder gar 
noch darüber hinausgeht, ist ein kostbares Prunk- und Staatsstück. Das vorliegende Stück unseres 
Freundes Eubai erreicht fast dieses Ideal. 

Es wird den Leser gewiss interessiren, zu hören, dass dieser malerische, aber barbarische 
Schmuck ganz in derselben Weise und Anordnung, wie ich hier geschildert, auch bei unsera eigenen 
Vorfahren in Europa beliebt und gebräuchlich war*). Und nicht bloss die Eberhauer, auch die 
Hundezähne wurden von denselben ganz in gleicher Weisse benützt und getragen" 1 *). 

Wir dürfen daraus schliessen, dass der Hund, der nach Langkavel ***) sicher anfänglich 
nur Speiseobject war, bei unsern Vorfahren ganz ebenso einen leckeren Bestandteil des Speise- 
zettels bildete, wie heute noch bei unsern Papua's oder den Batak's auf Sumatra. Eberhauer und 
Hundezähne sind ursprünglich nur einfache Jagdtrophäen und darum unter den primitiven Völkern 
allgemein verbreitet gewesen. 

Das dritte und grösste Stück, welches Herr Kubai sich an einer geflochtenen Bastschnur 
um den Hals gehängt hat, ist der Bul, ein sehr begehrtes Schmuckstück, das beim Tanz, aber auch 
beim Kampf zwischen die Zähne genommen wird, so zwar, dass die beiden Ovula-Muscheln rechts 
und links von den Mundwinkeln stehen, während der übrige Theil über das Kinn herabhängt. Da 
die mit Flechtwerk umwundene Querstange ziemlich dick ist, so muss der Mund weit geöffnet und 
dadurch das Gesicht etwas verzerrt werden. Dies, sowie der Umstand, dass das Untergesicht von 
dem Mund abwärts durch den Bul völlig verdeckt wird, verleiht dem Gesicht etwas Scheusslich es, 
Furchteinflössendes und macht dasselbe fast unkenntlich, so dass wir in diesem Gegenstand wohl 
die primitivste Art einer Maske zu erblicken haben, die auch im Kampfe zu gehrauchen ist und 
zugleich den Hals etwas schützt. Einen Uebergang des Bul zur wirklichen Maske bildet ein mit 
kleinen Muscheln besetztes Flechtwerk in Form einer Maske. Dasselbe wird beim Tanz und vielleicht 
auch beim Kampf um das Gesicht gebunden und verhüllt dasselbe, hat aber Oeflnungen für Augen 
und Mund und lässt die Wangen frei, ist also schon eigentlich Maske. Dasselbe \ist besonders in 
Siar (Friedrich-Wilhelmshafen) gebräuchlich, wo ich es bei Herrn Bergmann, dem Missionar-Veteran 
Kaiser-Wilhelmslands, gesehen habe. Hollrung erwähnt es auch von Hatzfeldthafen. 

Wirkliche Masken, Asa Kate (Kate = Kopf) genannt, kommen in unserer Gegend — Bogadjim — 
ebenfalls vor. Sie hängen im Asahause, dessen Inneres ein Europäer selten zu sehen bekommt, 
und werden nur gelegentlich der Asafeste, deren hauptsächlichstes das Beschneidungsfest ist, beim 
Tanz gebraucht Sie sind durchgängig aus Holz noch mit dem Steinbeil und Muschelmesser her- 
gestellt und, obwohl etwas roh und ungeschlacht, gerade in Anbetracht der primitiven Werkzeuge 
bewundernswert!]. Da sie einem Typus angehören, der meines Wissens noch nicht abgebildet ist, 
gebe ich auf Tafel 27 die Abbildung einer solchen, massiv geschnitzt und darum von ziemlichem 
Gewicht, so dass sie ihren Träger beim Tanz nicht wenig drücken muss. Gegenüber den oft sehr 
zierlichen und schönen, manchmal mit wahrer Kunst geschnitzten Masken aus anderen Strecken 
ist dieses rohe, plumpe Ding eines der vielen Zeichen mangelnder Kunstfertigkeit, die uns in Bogadjim 
frappiren, und die ich auf Degenerationserscheinungen infolge des sorglosen, sybaritischen Lebens der 
Tamo's zurückführen möchte. Doch hierüber später. 



*) cf. einen Vortrag von Olshausen in der Berliner anthropol. Gesellschaft vom 20. October 1888. 
**) cf. Nehring Verhandlung der Berliner anthropol. Gesellschaft, Band XVIII 1886, Seite 39, F. 3. 
**) „Hunde und Natur Völker". Von Dr. B. Langkavel, Hamburg im Intern. Archiv für Ethnographie, Band VIII. 



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— 178 -. 

Nicht umgehängt hat sich Herr Kubai den Gumbotto, das kleine, gestrickte Sackchen, oft 
mit Coix-Körnern besetzt, welche viele Tamo's tragen und worin sie die oder jene Kleinigkeit, 
Amulette, Tabak, Betel etc. aufbewahren. Ein solches tragt aber der alte Herr Kodi auf Tafel 35. 

Dagegen hätte ich beinahe vergessen aufzuführen den Nasenpfeil, Managaschim, den sich 
Herr Kubai noch einsteckte, als er Toilette für die photographische Aufnahme machte. Für ge- 
wöhnlich, im alltäglichen Leben, trägt man denselben nämlich wenig. Kubai's Nasenpfeil ist klein, 
ein Hölzchen, kaum grösser als ein starkes Schwefelholz; aber das ist Ausnahme. Gewöhnlich sind 
die Nasenpfeile aus Muschelschalen gearbeitet, haben die Dicke eines nach beiden Seiten leicht zu- 
gespitzten Federkiels und sind etwa fingerlang. Anstatt der Nasenpfeile hat man auch längliche 
Nasenringe, Managela, aus Perlmutter. Einen solchen trägt z. B. der alte Krieger auf Tafel 26 
und die trauernde Wittwe Tafel 40. 

Schliesslich sei noch, erwähnt, dass Herr Kubai ein Uebriges gethan und durch Einstecken 
einiger Büschel getrockneter, wohlriechender Blätter in seine Armringe auch das nöthige Parfüm 
nicht vergessen hat. 

Die Frauen stehen liier an der Astrolabebucht bezüglich des Schmuckes ihren Männern 
durchaus nicht nach, ja sie übertreffen sie darin, das heisst, wenn sie „es dazu haben*. Die 
trauernde Wittwe auf Tafel -10 hat es offenbar und die Frau auf Tafel 39 ebenfalls. Beide tragen 
kostbare Baun-Ballage (Hundezahnketten), länger als die der Manner. Der Bel-Rallage, der Eber- 
zahn, fehlt ihnen jedoch, da er wie der Tsaue ausschliesslich Männerschmuck ist; an Stelle des- 
selben trägt die eine Frau auf dem Bild Tafel 39 eine runde Perlmutterplatte. Auf demselben 
Bild ist auch sehr schön die weibliche Tracht, der Bastfaserrock, Tsebing, zu sehen. Derselbe ist 
aus feinzerschlissenen Pandanusfasern hergestellt und besteht aus zwei Theilen, einem grössern, der 
die Vorder-, und einem kleineren, der die Rückseite des Körpers bedeckt, so dass die Seiten frei 
bleiben. Beide sind durch einen aus demselben Material geflochtenen Strick verbunden. Solcher 
Gras- resp. Bastfäserröcke werden stets mehrere, bis zu drei und mehr, übereinander getragen. 
Ich wusste das anfangs nicht und machte kuriose Augen, als eine Frau, der ich spasseshalber für 
ihren Hock ein paar Stangen Tabak bot, denselben sofort auszuziehen sich anschickte. Sie hatte 
aber noch zwei darunter an. 

Die Herstellung resp. das Flechten eines solchen Bockes, wobei die Frau ihre grosse Zehe 
als „ Anknüpfungspunkt" benützt, habe ich auf dem nach der Natur aufgenommenem Bilde Tafel 25 
zu veranschaulichen gesucht. Es ist eine Wittwe, die im Begriffe ist, ihren Trauerrock zu flechten; 
derselbe unterscheidet sich von den andern dadurch, dass er weiss, ungefärbt, ist, während der 
Rock der Frauen und Mädchen dunkelroth gefärbt ist mit hellen Querstreifen. Bei genauerem Zusehen 
kann man auf Tafel 39, wo ich eine Wittwe und eine verheirathete Frau neben einander abgebildet 
habe, die verschiedene Farbe der Röcke erkennen. Bei Finschhafen scheint der ungefärbte Weiber- 
rock die gewöhnliche Tracht zu bilden ; ich habe von dorther nur solche bekommen. Kokette Frauen 
befestigen auch wohl an ihrem Tsebing ein oder mehrere Schneckenhäuser zur Verzierung. 

Das ist so das Hauptsächlichste, was zur Toilette unserer Bogadjim-Leutchen gehört. 

Nun zu den Waffen! 

Ohne Waffe ist ein erwachsener Tamo nicht denkbar. Ob er zu einer Festlichkeit geht oder 
zu Markte oder zur Arbeit in's Feld, überallhin nimmt er seine Waffen mit, Speer, Bogen und Pfeil. 
Es giebt zwar ausser diesen beiden noch zwei andere Angriffswaffen, nämlich die Schleuder und 
eine Art hölzernen Schwertes, aber die zählen nicht für voll. Keulen irgendwelcher Form, welche im 
übrigen melanesischen Gebiet eine so grosse Rolle spielen, habe ich an der Astrolabebucht nirgends 
bemerkt, wenn wir das hölzerne Schwert nicht für eine Abart derselben halten wollen, das übrigens 



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— 174 — 

fast häufiger als harmloser Spazierstock, denn als Waffe gebraucht wird. Auch ein Knochendolch 
kommt noch vor. 

Wir wollen uns nun die einzelnen Mordwerkzeuge etwas näher ansehen. 

Hierneben stelle ich dem geehrten Leser einen tapferen allen Herrn, einen der ältesten 
Krieger Bogadjim's, vor, gelehnt ah seine Stosslanze, deren Spitze auf dem Bild leider nicht mehr 
sichtbar ist, und in der Hand den Bogen mit einigen Pfeilen. Die beiden Pfeile, welche auf dem 
Boden ' aufstehen, fast so lang sind wie der Mann selbst und drei auseinanderstehende Spitzen haben, 
sind Fischpfeile zum Fisch eschiessen, Jaruga genannt, während der Pfeil, welchen der Mann horizontal 
zwischen Zeige- und Mittelfinger halt, mit der Spitze nach dem Beschauer gerichtet, der gewöhnliche 
einspitzige Kriegspfeil, anggej, ist. Der alte Herr kam nämlich eben von einer (vergeblichen) Fisch- 
jagd, als ich ihn zum Photographien abfing. 

An Speeren, gatja, hat man inBogadjim zweierlei Formen, den Stossspeer, 8 bis 12Fuss 
lang, und einen etwas leichteren, kleineren, 6 — 8 Fuss langen Wurfspeer; beide sind aus dem Holz 
der Niebungpalme, einer Areca-spezies, geschnitzt und nach vorn zu einfach zugespitzt, also ganz 
aus einem einzigen Stück bestehend, massiv. Die Spitze bat gewöhnlich eine lange, tiefe Blutrinne, 
an deren Enden öfters zwei einfache seichte Kerbenringe den Uebergang des Spitzentheils in den 
Schaft andeuten. Auch am Fussende befinden sich zwei Kerben, wie auf dem Bild ersichtlich. 
Irgendwelcher Schmuck, Flechtwerk, Federn- oder Perlenverzierung, Schnitzerei fehlt denselben völlip, 
es sind einfache, zugespitzte Stangen. Nur ausnahmsweise kommen Speere mit einer Bambuspitze 
vor, Gatja tjarrwarr. 

Dr. Schmeltz, der Leidener Ethnolog, erwähnt an Speeren aus Constantinhafen *) ,ein,e Art 
stilisirtes Gesicht" an der Basis der Spitze; es ist dies in der Thal eine auch in Bogadjim nicht 
seltene Verzierung; ob aber die paar seichten, kümmerlichen Einschnitte wirklich ein „stilisirtes 
Gesicht' 1 vorstellen sollen, will ich dahingestellt lassen. 

Selbstverständlich giebt es auch Fischspeere, Jourr, die mehrspitzig sind wie die Fischpfeile; 
im Fischspeeren und -Schiessen gemessen die Bogadjimleute einen vorzüglichen Ruf, während sie im 
Speerwerfen nach einem armdicken Pisangstamm, wozu wir sie bei festlichen Gelegenheiten veran- 
lassten, selbst auf 12—15 Schritte jämmerlich Fiasco machten. 

Speerwunden, sind äusserst bösartig und brechen häufig weder auf, weil das kurzfaserige 
Palmholz leicht in eine Menge kleiner, kurzer, bröckeliger, aber nichtsdestoweniger nadelscharfer 
Partikel zersplittert, die sich rechts und links vom Stosskanal in die Seiten einbohren und sehr 
schwer alle zu entfernen sind. Ich habe einen allerdings sehr veralteten Fall in Behandlung gehabt, 
einen Speerstich in den Oberschenkel, der mit grosser Gewalt bis auf den Knochen gedrungen war 
und alljährlich unter ungeheurer Anschwellung des Beines wieder aufbrach, obwohl ich den Stoss- 
kanal mit breitem Schnitt bis auf den Knochen erweitert und gründlich nach etwaigen zurück- 
gebliebenen Splittern, deren ich auch mehrere auffand, abgesucht hatte. Die Wunde war drei Jahre 
vorher empfangen worden. 

Der Bogen, Ang, ist gewöhnlich 6 Fuss hoch und besteht in seinem Körper (ang reli) eben- 
falls aus einem Stück Niebung-Pahnenholz, das in der Mitte am breitesten ist und sich nach beiden 
Enden hin verjüngt. Die Sehne (ang bor) besteht durchgehends aus einem fast kleinfingerbreiten 
Streifen Rottan, öfters auch aus Bambu. 

Ebenso wie die Speere, zeigt auch der Bogadjimbogen keine Verzierungen, wodurch er sich 
bedeutend von der weiter westlich, namentlich bei Berlinhafen gebräuchlichen Form unterscheidet. 
Hier ist der Bogen noch theilweise mit Rottanflechlwerk umwickelt, die beiden Enden künstlicher 



♦) Internationales Archiv fflr Ethnographie, Band IX, S. ! 



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Taf. 26. Alter Krieger aus Bogadjim. 

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zugespitzt und mit einer besseren, sorgfältigeren Vorrichtung zum Einspannen der Sehne versehen, 
auch mit allen möglichen Zierrathen behängt, bunten Papageifedern, Schnüren mit Coixperlen u. dergl., 
kurz man sieht, dass weiter nach Westen, an der Grenze unserer Oolonie, der Bogen die hervor- 
ragendste Stelle unter den Waffen der Eingeborenen einnimmt. Speer und Keule sind, wie 
Dr. Schmeltz sagt*), im Gebiet der Humboldtbai unbekannte Waffen. Wir sehen sonach auch 
hier in Nou-Guinea den Satz sicli bestätigen, den unser genialer Ratzel aufgestellt hat, nämlich 
dass Bogen und Speer sich gewissermaassen gegenseitig ausschliessen ; wo der Bogen am 
entwickeltsten ist, fehlt häufig der Speer. Unser Gebiet an der Astrolabebai ist ein Mischgebiet; 
Speer und Bogen stehen gleichberechtigt neben einander; auf seinen gewöhnlichen friedlichen Gängen 
bedient man sich mit Vorliebe des mehr defensive Natur tragenden Speers; bei Streit, Fehden oder 
gefährlichen weiteren Gängen taucht stets auch der Bogen auf. Zöller sagt (Seite 237) ganz richtig: 
.Männer, die bloss mit den Speeren in der Hand erscheinen, gelten nur als halbbewaffnet. ' Der 
Speer ist aber auch hier bereits im Begriff, zur Fernwaffe zu werden; die grossen, schweren, 10 bis 
12 Fuss langen Stosslanzen, wie eine solche z. B. auf dem Bild Tafel 16 (Aufbruch einer Expedition 
in's Innere) sichtbar ist, sind in der Minderzahl; häufiger sind kleinere, zum Schleudern besser 
geeignete Stücke. Auf der Dampierinsel scheinen ausschliesslich Stosslanzen im Gebrauche zu sein, 
12 Fuss lange, nach beiden Seiten sich verjüngende Speere mit beinahe 3 Fuss langer, konischer, 
mit Ocker roth gefärbter Spitze ohne Blutrinne, an die sich am Schaftende zunächst ein Kranz aus 
weissen Federn, dann ein fast ein Fuss langes Stück Flechtwerk aus schwarz, weiss und roth 
gefärbten Bastfasern mit sehr zierlichen und eleganten Mustern ansetzt, von dem Schnüre mit Coix- 
perlen herabhängen. Pfeil und Bogen sind vorhanden, aber weniger beliebt wie der Speer. 

Von Pfeilen kennt der Bogadjimmann viererlei Sorten, die sich nur durch die verschiedenen 
Spitzen unterscheiden, denn der Schall besteht bei sämmtlichen aus einem nicht ganz kleinfinger- 
dicken leichten, aber doch starken Rohr, 2 — 3 Fuss lang, das, am hintern Ende glatt abgeschnitten, 
ohne weitere Verzierung oder Fliegevorrichtung, an seinem vorderen Ende die 1 — 1% Fuss lange 
Spitze aus Holz oder Bambu (anderes Material wird hier nicht verwendet) trägt, die entweder ein- 
fach in die Höhlung des Schaftes eingesteckt oder vermittelst Flechtwerk oder Harz darin (oder daran) 
befestigt wird, lieber zwei Sorten dieser Pfeile habe ich vorhin schon gesprochen, nämlich den 
Fischpfeil, Jaruga und den gewöhnlichen Kriegs- und Jagdpfeil, Ang-gej, auch Ang-du 
genannt, der nur eine einfache lange Spitze aus hartem Palmholz hat; solche sind z. B. auf der 
nebenstehenden Tafel die beiden mittlem Pfeile rechts. Ein Jagdpfeil für grosse Thiere 
(Schweine, Kasuare), der fürchterliche Wunden reisst, ist der Palam, der als Spitze eine flache, 
breite, zugespitzte Bambulamelle hat. Bei dem abgebildeten Stück — es ist der äusserste Pfeil 
rechts auf der Tafel — ist die Bambuspitze noch mit Schnitzereien verziert und eigenartig messer- 
artig zugeschärft; das ist eine an der Astrolabebai ungebräuchliche Form; hier sieht man für 
gewöhnlich nur ganz primitive, unverzierte und ganz oberflächlich und roh zugespitzte und geschärfte 
Bambusplitter aufgesetzt, wie sie der Bogenschütze auf Tafel 14 abzuschiessen bereit ist. 

Finsch**) sagt, dass diese Art Pfeile, welche ganz ähnlich auch im Süden, in Englisch-Neu- 
Guinea vorkommen, dort hauptsächlich zur Jagd auf Känguru's benützt werden. 

Im Gegensatz zu allen diesen Arten, die für den Gebrauch bestimmt sind, stehen die 
Schmuck- oder Zierpfeile. Was für unsere Stutzer das Monocle oder Spazierstöckchen, das ist 
für den Papua-Gigerl der Schmuckpfeil, der verschiedene Namen trägt, je nach seinem Aussehen. 
Wenn er mit Zacken- oder Hakenartigen Schnitzereien (meist in vierkantiger Anordnung und dann 



*) Im Internationalen Archiv für Ethnographie Band IX, VI: Ueber eine Sammlung aus Constanünhafen lI.Theil: 
Waffen. Band VIII, IV : Ueber Bogen von Neu-Goinea. 

**) Ethnologische Erfahrungen etc.. Band III, No. 4, Seite 330. 



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— 176 — 

sehr künstlich gearbeitet) versehen ist, heisst er Seringej oder Tsiringe; ist die Spitze ringsum mit 
Längsrinnen versehen, wie bei dem inneren Pfeil rechts auf der Tafel, so tragt er den Namen Tjaba, 
und ist das untere Ende knollig verdickt, wie bei den vier Pfeilen auf der Tafel links, so nennt 
man sie Anggulam. Ohne einen oder einige derselben ist der Tamo-Jüngling gar nicht denkbar. 

Man muss aber nicht denken, dass der Träger des Schmuckpfeils auch immer der Verfertiger 
desselben ist. Beileibe! InBogadjim fällt es keinem Menschen ein, sich seine Pfeile selbst zu schnitzen, 
höchstens dass mal einer dran denkt, sich eine neue Spitze an einen alten Schaft zu machen und 
die fallt dann plump und unkünstlerisch genug aus. Die Schmuckpfeile sind Handels- resp. Tausch- 
artikel, so gut wie alles Andere, und sogar noch mehr: Sie werden zu Freundschafts- und Erinnerungs- 
geschenken verwendet; Freunde schenken sich oder tauschen ihre Schmuckpfeile aus, so wie bei 
uns zu Lande man sich gegenseitig Bierseidel oder Cigarrenspitzen dedicirt. Ich selbst habe 
Öfters von mir besonders wohlwollenden Leuten, die mich in meinem Heim besuchten, beim Abschied, 
oder auch ohne irgendwelche Veranlassung, nur aus reinem Zuneigungsgefühl und ohne dass man 
dafür eine Gegengabe zu erbetteln versuchte, was bei dem ewig bettelnden Tamo hochbedeutsam ist, 
solche Zierpfeile zum Geschenk erhalten. 

Auf diese Weise kann es kommen, dass Formen weithin verschleppt werden, so dass man 
m einem Dorf oft Pfeile findet, die nach der geographischen Vertheilung der Pfeilformen gar nicht 
dahin gehören. Für mich hat es gar nichts Erstaunliches, wenn man an der Astrolabebucht oder 
Humboldtbai Pfeilformen findet von einem Typus, der sonst nur im südlichen Theil Neu-Guinea's 
vorzukommen pflegt.*) Ich habe in Bogadjim einige Pfeile mit den (dort gar nicht gebräuchlichen) 
Widerhaken erhalten, wie sie als der Humboldtbai eigentümlich angegeben werden. Nach Schmeltz 
soll ebendort auch die als Tjaba bezeichnete Form häufig vorkommen. 

Aus diesem Grunde erhellt aber auch das Missliche, die Pfeiltypen geographisch eintheilen 
oder sichten zu wollen ; man kann dadurch leicht auf falsche Wege gebracht werden. Die an der 
Astrolabebai, will sagen: in Bogadjim, am häufigsten angetroffenen zwiebel- oder rübenahnlich am 
untern Ende verdickten Formen stammen durchgängig aus dem Hinterlande, den Bergdörfern; hätten 
diese zufällig andere Muster, so würde man auch in Bogadjim andere Pfeile treffen. 

Herr Schmeltz, dessen Form d dieser Typus reprflsentirt, meint, dieselbe sei nachgeholfene 
Natur (Wurzelknollen); ich glaube dies jedoch nicht, denn das Material dieser Pfeilspitzen besteht 
meines Wissens durchgängig aus hartem Palmholz und das hat keine Knollen. 

Herr Serrurier, der verdienstvolle frühere Director des ethnographischen Museums in Leiden, 
hat im 1. Band des .Internationalen Archiv's für Ethnographie" eine sehr lobenswerthe Eintheilung 
der verschiedenen Pfeiltypen vorgeschlagen, die er nach einem .künstlichen" und .natürlichen" 
System ordnet; das .natürliche" soll zweifellos ein geographisches sein, aber er kann es nur bei den 
beiden ersten Gruppen durchführen, dem Tanah mera- und dem Humboldtbai-Typus, dann fällt er 
sofort wieder in das .künstliche" System zurück — aus der oben angegebenen Ursache. Serrurier's 
Eintheilung kommt mir etwas zu .künstlich" vor, ungefähr so, wie Professor Sergi's Klassifizirung der 
Menschenrassen nach Schädelformen. Ich habe darum, wie der verehrliche Leser sieht, gar keinen 
Versuch gemacht, die Astrolabe-Pfeile in dieses System einzuordnen, das mir etwas zu sehr nach 
dem Museum schmeckt, sondern mein eigenes System befolgt. 

Um es kurz zu wiederholen: In Bogadjim herrschen einfache, glatte, unverzierte Formen 
vor, wie bei Speer und Bogen, so auch bei den Pfeilen. Die Schmuck- und Zierpfeile bilden eine 
Ausnahme; in der Mehrzahl zeigen sie zwar ebenfalls ein Vorherrschen einfacherer, rüben- oder 
zwiebelartiger Typen, doch kommen auch solche vor, die mit ausserordentlicher Kunst fast der 

*) cf. Dr. M. Uhle: Ueber Pfeile aus der Toresstrasse im: Internationalen Archiv für Ethnologie. Band I, und 
Dr. Schmellz ibid. Band DC, VI. 



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F. Knnimann phot. 



Taf. 28. Stellung beim Pfeilschiessen. 



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ganzen Spitze entlang und stets vierkantig angeordnete Widerhaken tragen, bald nur ganz kurz, 
stumpf, domenfSrmig, bald sehr lang, stachelartig, und stets aus dem Holz selbst herausgearbeitet. 

Kein Pfeilgift irgend welcher Art ist mir bekannt geworden. 

Nachdem wir jetzt so ausführlich Bogen und Pfeil betrachtet haben, müssen wir auch ein 
Wort über die Technik des Schiessens sagen, umsomehr, als man gerade in neuerer Zeit der Art 
und Weise der Handhabung des Bogens eine besondere ethnologische Bedeutung zuerkennt.*) 

Da auch hier das Bild besseren und schnelleren Aufschluss giebt, als Worte, verweise ich 
einfach auf die Tafeln 14 und 28. Die erste stellt einen Mann aus dem Bogadjim-Dorfe Garima 
dar und soll die Haltung der Hände und Finger beim Losschnellen des Pfeiles veranschaulichen, die 
zweite dagegen zeigt sehr hübsch und drastisch die Körperhaltung eines Mannes aus Constantinbafen 
(Melamu resp. Bongu). Beide Bilder hat mein Assistent Kunzmann aufgenommen und mir freundlichst 
zur Verfügung gestellt. 

Aus dem ersten Bilde ersieht man, dass die Fingerhaltung der rechten Hand ungefähr dem 
entspricht, was Prof. Morse „mediterranean release" nennt. Die drei letzten Finger liegen über der 
Sehne und ziehen sie zurück, während das Pfeilende zwischen dem (über die Sehne gekrümmten) 
Mittelfinger und dem Daumen gehalten wird ; der ganz unbeschäftigte, leicht ausgestreckte Zeigefinger 
kommt mit seiner Spitze unter den Pfeil gewissermaassen als Stütze zu liegen.**) Die linke Hand 
umfasst den Bogen in der Mitte, ohne den Zeigefinger, der etwas in die Höhe gekrümmt wird und 
mit dem Mittelfinger eine Höhlung bildet, in welche der Pfeil gelegt wird, fast ganz in der Weise, 
wie es Pleyte in seiner Skizze Fig. III bei einem Alfuru von Halmahera abbildet. 

Die Handhaltung des Constantinhafener Mannes ist eine etwas andere. Bei der linken Hand 
umklammert auch der Zeigefinger den Bogen und der Pfeil liegt auf ihm auf; die rechte Hand 
gebraucht mit den übrigen auch den Zeigefinger zur Umklammerung der Sehne; der Pfeil liegt 
zwischen Zeigefinger und Daumen, etwa der Skizze No. VI (eines Motu - Kriegers aus Britisch-Neu- 
Guinea) von Pleyte entsprechend, die ebenfalls noch zum mediterranean release gehört. Ich denke 
mir, die Handhaltung wird eben in keinem Dorfe ganz übereinstimmend, sondern je nach der indi- 
viduellen Veranlagung verschieden sein. 

Wie aus den Abbildungen ersichtlich, wurden in der linken Hand ausser dem Bogen stets 
die noch vorräthigen Pfeile gehalten, da köcherartige Vorrichtungen bei nnsern Leutchen ganz un- 
bekannt sind. Ein Handschutz gegen das Bückprallen der Sehne existirt nicht. 

Beim Schiessen wird, wie unsere Abbildung in trefflicher Weise zeigt, ausnahmslos die 
Flankenstellung mit auseinandergespreizten Beinen und nach links, d. i. nach vorn gebogenem Oberkörper 
eingenommen. Dann wird der Pfeil in der Mitte der Sehne aufgelegt, in Augenhöhe gebracht, der 
Bogen mit schief zur Erde gerichteter Spitze — zweifellos darum,, damit der Pfeil bei einem zufälligen 
Ausrutschen der Sehne nicht verloren wegfliegt — und stark gebeugtem Oberkörper gespannt, langsam 
etwas über das Ziel hinaus erhoben, dann wieder ebenso langsam gesenkt und sobald der Pfeil die 
Zielhöhe erreicht hat, abgeschossen. 

Im Grossen und Ganzen muss ich sagen, dass die Bogadjimleute keine besonders hervor- 
ragenden Bogenschützen sind; allerdings habe ich sie nur im Spass schiessen sehen, nach Kokos- 
nüssen, die nicht allzu hoch hingen, und gebe zu, dass sie möglicherweise im Ernstfall besser zu 



*) So hat z. B. Prof. E. S. Morse in seiner mir leider nicht in natura zugänglichen Arbeit: Ancient and modern 
melhods of arrotv release diesem Gegenstand seine besondere Aufmerksamkeit zugewandt und auch Herr C. H. Pleyte, 
Wzs. beschäftigt sich in einem Artikel : Sumpitan und bow in Indonesia (Intern. Archiv für Ethnographie Band V) hiemit. 
**) Die Skizze eines Papua ans Nordwest- Neu Guinea, Fig. V in Pleyte's Artikel ähnelt etwas der Handhaltung 
unseres Mannes, doch ist hier der Zeigefinger nicht unter den Pfeil, sondern Ober den Daumen gebogen nnd offenbar 
krummen sich auch nicht alle Finger um die Sehne, 



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treffen wissen. Es wäre ja auch verwunderlich, wenn es nicht der Fall wäre, da sich schon die 
kleinen Buben spielenderweise im Bogenschiessen mit stumpfen Pfeilen üben. 

Die Schleuder, Gänigäning, existirt ebenfalls in Bogadjim, doch habe ich sie nie von Er- 
wachsenen, sondern stets nur von halbwüchsigen Jungen gebrauchen sehen. Sie ist von derselben Form, 
wie sie Finsch*) von der Gazellehalbinsel abbildet, wo die Schleuder eine gefährliche und gefürchtet e 
Kriegswaffe darstellt, die gewissermaassen die Stelle des dort fehlenden Bogens vertritt. Das Blatt, aus 
dem ihr kahnförmiges Lager hergestellt ist, scheint mir ein getrocknetes, mehrfach zusammengelegtes 
Zingiberaceenblatt zu sein, an dem beiderseits je eine 3 Fuss lange, aus Bastfasern zusammen- 
gedrehte Schnur, raunga, befestigt ist, deren eine in eine kurze Schlinge, die an der Hand befestigt wird, 
ausläuft. Die kleinen Schlingel, welche die Schleuder gewöhnlich im Mel (Schamgürtel) verborgeh 
tragen, hantieren recht geschickt damit. 

Keulen kennt, wie gesagt, der Astrolabe-Mann nicht oder nicht mehr, denn Finsch (1. c. 
Band VI, pag. 77) erwähnt von Constantinhafen .runde Kampfknüttel " ; dagegen sind in der Finsch- 
hafener Gegend und am Hüongolf Steinkeulen im Gebrauche, deren Formen sehr an die in Britisch 
Neu-Guinea, am Owen-Stanley- und Astrolabe-Gebirge gebräuchlichen erinnern. So gut sie von diesen 
Cöntralgebirgen nach der Südküste durchdringen konnten, werden sie auch nach der Nordküste haben 
gelangen können. Wenn irgend etwas, so beweist uns das Vorkommen dieser Steinkeulen den 
Zusammenhang und das Vorhandensein von Handelsverbindungen und gebahnten Verkehrswegen 
zwischen Süd- und Nordküste. 

Die häufigste Form, welche ich vom Sattelberge erhielt, war eine flache scharfrandige Stein- 
scheibe, die nach der Mitte zu verdickt ist; Finsch bildet sie 1, c. auf Tafel XX, No. 6 vom Astro- 
labe-Gebirge ab. Ich habe sie ebenfalls abgebildet; es ist die oberste Figur links auf Tafel 27. 
Auch morgensternartige und seeigelförmig gezackte Steinkeulen (siehe die unterste Figur rechts) 
kommen dort vor, ja ich erhielt selbst eine der von Finsch als höchst selten bezeichneten, ebenfalls 
aus dem Astrolabe-Gebirge stammenden kugelförmigen Keulen. (Oberste Figur rechts ; Finsch Tafel XX, 
Figur 9.) Als Unicum habe ich einen richtigen durchlochten, grossen Steinhammer gesehen, (siehe 
die unterste Figur links) den Missionar Hoffmann durch Vermittlung der Neudettelsauer Missionare 
in Simbang bei Finschhafen erhielt. 

Alle Steinkeulen sind central (nur der letzterwähnte Steinhammer excentrisch) durchbohrt, 
der Holzstiel ist mit einer Art dunklen Harzes darin befestigt, in das oft noch ein Kranz von Kauri- 
.M u seh ein eingeknetet ist. 

Das Holzschwert, Tseboru, welches, wie ich oben S. 173 schon erwähnte, hie und da das 
harmlosere Geschäft eines Spazierstockes vertreten muss, hat eine 6 cm breite schilfblattförmige 
Klinge und einen ziemlich kurzen Griff; es ist mit diesem ca. 3 Fuss lang. Alles zusammen ist aus 
einem einzigen Stück Niehungpalmenholz gearbeitet und stellt eine plumpe, ungefüge und unhandliche 
Waffe vor, die im Ernstkampfe wohl nur in Ermangelung von etwas Anderem gebraucht wird. 

Von Finschhafen habe ich ein ganz ähnliches Instrument, das sich nur durch darauf an- 
gebrachte Ornamente und einen durchbrochen geschnitzten Griff auszeichnet, wie überhaupt die 
Finschhafener Jabim's den Astrolabetamo's gegenüber die grösseren Künstler sind. 

Einen Wurfstock, wie ihn Finsch 1. c. Tafel XV, Fig. 5 abbildet, habe ich nicht beobachtet, 
wohl aber ab und zu einen Dolch aus Gasuarknochen, der im linken Armring getragen wurde und 
ganz die Form des von Ratzel in der zweiten Auflage seiner Völkerkunde Band I, pag. 218 ab- 
gebildeten Exemplars besass. Ich habe jedoch kaum 5 oder 6 Stück gesehen, so selten war diese 
Waffe schon geworden. Nach Finsch (1. c. Band VI, pag. 77) kommt dieselbe im Westen von 

*) Ethnologische Erfahrungen und Belegstücke aus der Südsee. Annalen des K. K. neturiuatorischen Hoftnnseums, 
Wien 1888, Band 10, No. 2, pag. 106. 



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Kaiser- Wilhelmsland (Angriffshafen bis Humboldtbai) häufiger vor und die Bogadjiraexemplare mögen 
vielleicht von dorther eingehandelt sein. 

Das waren die Trutzwaffen. Von Schutzwaffen kennt der Bogadjimtamo nur eine einzige, 
das ist der Schild (Dumu). Und zwar ist dies, wie der geneigte Leser aus der Abbildung Tafel 14 
ersehen kann, ein mächtiges, ungeschlachtes und beschwerliches Möbel, fast so gross und rund wie 
ein Wagenrad, 3 Fuss im Durchmesser, ganz von Holz, und zwar aus den dünnen, brettartig vor- 
springenden Strebepfeilern gewisser Baumriesen. Durch die brettartige Beschaffenheit dieser Pfeiler 
hat die Natur dem armseligen Steinheil des Papua — denn alle die Schilde, die ich zu Gesicht be- 
kam, waren ausschliesslich noch mit dem Steinbeil hergestellt — einen ausserordentlichen Vorschub 
geleistet; man brauchte das abgehauene Brett nur zu entrinden, zu glätten und abzurunden und 
der Schild war fertig. Alle die grossen Schilde sind in nahezu gleicher Weise verziert, nämlich mit 
einem grossen Kreuz. Auch Finsch (I. c.) bildet einen solchen aus Friedrich-Wilhelmshafen ab. 

Ausser dieser grossen Form kommen auch bedeutend kleinere, Sabäm genannt, vor, die 
ebenfalls rund sind, und in einer geflochtenen Tasche (Gärung) an der linken Schulter getragen 
werden zum Schutze der Seite. Ein herzförmig ausgeschnittener kleiner Schild, den ich aus den 
Bergdörfern des Hinterlandes der Astrolabebai erhalten habe {siehe Tafel 27) wird ohne Tasche nur 
an einer Schlinge ebendort getragen, da beim Pfeilschiessen, wie wir oben sahen, stets eine Flanken- 
stellung eingenommen und die linke Seite exponirt wird. Der concave Ausschnitt der oberen Kante 
deutet darauf hin, dass er unter dem linken Arm getragen wird, der zum Hantieren mit dem Bogen 
frei bleiben muss. Auch die andern grossen schweren Schilde müssen desswegen an der linken 
Schulter oder am Oberarm getragen werden, wie die Abbildung Tafel 14 dies verdeutlicht. 

Also auch bei den Schilden der Tamo's von Bogadjim stossen wir wieder auf höchste Einfach- 
heit, ja Plumpheit in Form und Verzierung, die wir schon öfter haben hervorheben müssen. Jedoch 
schon ganz in der Nähe, auf Karkar — so heisst die Dampierinsel im Bogadjim-Dialect — finden wir 
eine ganz andere, praktischere und künstlerischer ausgestaltete Art von Schilden. Gross und schwer 
sind sie freilich ebenfalls. Die Grundlage bildet ein an den beiden schmalen Enden abgerundetes Brett 
von i Fuss Länge und 28—30 cm Breite. Dasselbe wird der Quere nach überspannt von dicht 
neben einander liegenden und fein mit schmalen Streifchen lebhaft schwarz, roth oder gelb gefärbten 
Rottans übersponnenen Strängen, die mittels zahlreicher Löcher im Brette darauf befestigt sind, und 
in geschmackvoller Farbenzusammenstellung, mit Roth als Grundfarbe, hübsche geradlinige Muster 
darbieten. Jhrer Schmalheit wegen können sie ebenfalls nur dazu bestimmt sein, die beim Pfeil- 
schiessen exponirte linke Seite zu schützen. 

Viel zierlicher und kleiner, nur 88 cm lang und oben 16, unten 22 cm breit, sind die Schilde 
von der Tiger-Insel. Sie bestehen nur aus parallel nebeneinander gelegten kleinfingerdicken Rottan- 
stäben, die durch dünne Streifen gleichen Materials mit einander verbunden sind. Sie können natür- 
lich ebenfalls nur die Flanke decken und stellen die am weitesten vorgeschrittene Form vor, welche 
im Interesse der freien Bewegung des Schützen auf den mindestmöglichen Umfang zurückgebracht ist. 

Der Dampierschild stellt gewissermaassen eine Mittelform zwischen dieser und der Bogadjim- 
form vor. Es will mir vorkommen, als ob der absolut unpraktische und schwerfällige Astrolabeschild 
ursprünglich gar nicht für Bogen und Pfeil berechnet gewesen sei, sondern noch aus 
einer Zeit stamme, wo der Speer die alleinige Waffe war. Gestützt wird diese Ansicht dadurch, 
dass die Exemplare, die ich sah, alle Zeichen hohen Alters an sich trugen; neue werden nicht mehr 
verfertigt. Zur Zeit meiner Anwesenheit waren, so viel Missionar Hoffmann und ich herausbringen 
konnten, nur noch zwei Exemplare vorhanden, von denen ich das eine und Herr Kunzmann das 
andere acquirirte. Ich möchte daraus schliessen, dass Bogen und Pfeil erst in verhältnissmässig 
neuer Zeit die Astrolabebucht erreicht haben. 



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Der schwere Dampierschild gewährt ebenfalls noch Deckung gegen Speerwürfe — beim 
Speerwerfen wird ja auch die Seitenstellung eingenommen — , aber der leichte kleine Roltansschild 
Ton der Tigerinsel schon nicht mehr; hier muss also der Speer unbekannt sein. 

Kürasse, wie sie Finsch von einem andern benachbarten Ort Kaiser -Wilhelmsland's, dem 
Angrifishafen, kennen gelehrt hat, sind an der Astrolabebai nicht im Gebrauch. 

Von Jagd waffen kennt man ausser den oben erwähnten, speciell für die Schweine- und Kasuar- 
jagd bestimmten Pfeilen, von denen eine Art auch Arwümetru heisst, nur Fischereigeräthe : Fisch- 
speere, Fischpfeile, Angeln aus Muschel- und Schildpattstückchen zusammengebunden, die aber hier, 
der seichten Gewässer wegen, seltener im Gebrauch sind, Fischreusen, grosse und kleine, aus Bambulatten 
gefertigt (eine solche ist auf Tafel 14 im Hintergrunde auf dem Bilde rechts zu sehen), und Schöpfnetze 
zum Fang von Krabben, Garneelen und derartigem Kleinzeug. Der Bogadjim-Tamo, am Meere lebend, 
sucht und findet eben in diesem fast ausschliesslich die Zukost zu seinen Taro- und Yam-Knollen. 

In der Haushaltung braucht der Tamo nicht viel ; ein Hauptgegenstand ist die grosse, ausser- 
ordentlich dehnbare Tragtasche, Gung oder Gagung, aus sehr netter und gefälliger Knüpfarbeit oder 
Filetstrickerei, welche manchmal dunkelblaue und schmutzigrot lie Farbenstreifen trägt und öfters in 
ausserordentlich eleganten Mustern mit Coixperlen*) bestickt ist. In ihm bewahrt der Tamo all die 
Dinge und Sächelchen auf, welche auch er so gut wie der cultivirteste Europäer im täglichen Leben 
nöthig hat. Der Gung mit seinem Inhalt bildet oft dessen ganze fahrende Habe. Wenn er sich diesen 
an die Schulter gehängt, sich geschmückt und bewaffnet hat und zu seiner Thüre hinausgeht, lässt er 
häufig an Eigenthum nur vier kahle Wände zurück, höchstens vielleicht noch eine Schlafmalte, ein paar 
irdene Töpfe und eine hölzerne Speiseschüssel. Aber diese Dinge sind durchaus nicht immer vor- 
handen. Besitzt Einer dies Alles zusammen, so ist er schon ein wohlhabender Mann. 

Auch die Frauen gebrauchen diese Tragtasche in etwas grösserer und dehnbarerer Form. 
Sie nehmen öfters darin ihre Kinder mit auf's Feld, oder schleppen die Ernte, Yams und Taro-Knollen, 
nach Hause, öfters auch Holz, wie auf dem Bilde der aus dem Felde nach Hause kehrenden Frau 
Tafel 36 sehr schön zu sehen ist. Bei schwerer Belastung läuft der Traggurt über die Stirn; die 
Tasche selbst hängt auf dem Rücken. Trägt die Frau, was nicht selten vorkommt, zwei Taschen, 
so hängt die zweite auf der Brust, und der Traggurt derselben läuft über den Hinterkopf. 

Am seltensten und durch europäische Wolldecken grossentheils ersetzt sind die Schlafmatten 
aus Baumbastzeug, mit denen sich der Tamo des Nachts zuzudecken pflegt, 2 Meter grosse, gewöhnlich 
doppelt zusammengelegte und genähte Stücke aus demselben Rindentheil hergestellt, wie der Scham- 
gürtel, und öfters mit rohen, unbeholfenen Ornamenten von rother und schwarzer Farbe bemalt. 
Diese Ornamente scheinen mit der Hand aufgemalt und nicht auf die merkwürdige und höchst 
originelle Weise hervorgebracht zu sein, welche Dr. Schellong aus Finschhafen beschreibt.**) Ich 
kann mir nicht versagen, dessen Beschreibung hier wiederzugeben: Das Basttuch wird aus zwei 
Baumarten gewonnen, avissimi und imban, die selten und nur im grössten Bambudickicht wachsen, 
Um ein mannshohes Stück zu gewinnen, kerbt der Papua zunächst den Stamm an seinem untern 
Ende ein und knickt denselben um. Das Holz der Bäume ist weich und mit dem Beil leicht zu 
behandeln ; das Material zum Tuch ist die Bastschicht. Der Stoff ist weiss. 

Das Verfahren ist folgendes: Der Stamm wird im Feuer gewärmt und angekohlt, die weiden- 
artige dünne Rinde mit Bambumesser abgeschabt, worauf die weisse Bastschicht erscheint, die mit 
dem Messer der Länge nach gespalten und vom Splitt vorsichtig abgeschält wird. Das so erhaltene 
rohe Tuch wird durch Klopfen mit einem beafsteakklopferartigen, quadratisch eingekerbten Korallen- 
stein bearbeitet. Zuerst über einen Klotz geschlagen, dann der Länge nach zusammengefaltet und 

*) Die ganzen, meist aber halbirten Fruchtkerne von Coix lacryma. 
**) Im Internationalen Archiv für Ethnographie, Band I. 



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nochmals geschlagen, dann quer gefaltet und nochmals geschlagen. Dadurch dehnt es sich um 
wenigstens das Doppelte seiner Breite aus. Schliesslich wird es ausgewunden und in die Sonne zum 
Trocknen gelegt. 

Gefärbt wird es mit dem rothbräunlichen Farbstoff der gekauten Blätter einer niedrigen 
Pflanze, gbaile, deren Saft man im Mund behält und das längsgefaltete Tuch da hindurchzieht, 
wodurch rothe Streifen entstehen, oder das quer gefaltele kurz anbeisst, wodurch Tupfen entstehen. 
Diese Tücher werden in Finschhafen um den Kopf, in Constantin- und Hatzfeldthafen als Scham- 
binde gelragen. 

Missionar Kunze 1. c. berichtet über die Herstellung an der Astroiabcbai : „Die grossen, 
langen Baststücke werden im Wasser eingeweicht, gereinigt und, um sie für den Gebrauch geschmeidig 
zu machen, mit gerippten Hölzern geklopft. Wenn dies im Dorf viele Leute zugleich thun, hört es 
sich an, wie das taktinässige Klappern einer Menge Dreschflegel. Will man zur Verzierung der Bast- 
zeuge noch allerlei Muster und Schnörkel in dieselben einprägen, so wickelt man sie um hölzerne 
Walzen, in die man die Schnörkel und Muster erhaben eingeschnitzt hat. Durch Hin- und Herrollen 
oder Beschweren der Walzen drücken sich die darauf befindlichen Figuren auf den Bastzeugen ab. 
Um ein rothes Muster zu gewinnen, werden die Figuren auf der Walze mit rolher Ockerfarbe bemall." 

Die roth und schwarzen Ornamente des Tuches, welches ich von Bogadjim erhalten habe, 
scheinen mir wie gesagt mit der Hand aufgemalt zu sein. 

Die Tamo's schlafen für gewöhnlich mit dem Kopf auf dem Querholz ihrer mattenbedeckten 
Schlafpritsche oder schieben sich ein gewöhnliches Rundholz unter den Nacken. Eigentliche Nacken- 
stützen, wie sie bei Finschhafen gebräuchlich sind und namentlich auf den Tami-Inseln sehr schön 
und künstlerisch hergestellt werden, habe ich hier nicht bemerkt 

Die grossen, runden, hölzernen, sehr exaet gearbeiteten Speiseschüsseln, deren Form man 
aus den Abbildungen auf der Darstellung des grossen Krokodil-Festessens Tafel 38 zu entnehmen 
behebe, sind ebenfalls nicht mehr häufig. Was auf dem Bilde dort dargestellt ist, im Ganzen acht 
Schüsseln, wird so ziemlich Alles sein, was in der Ansiedlung Bogadjim noch vorhanden ist. Dieselben 
heissen Tawirr koba (koba heisst: gross) im Gegensatz zu den Tawirr kinielle (= klein), kleinen, 
hölzernen Schüsseln ebensolcher oder länglicher Form, die zum täglichen Gebrauch dienen und 
häufiger sind. Hat eine Familie keine Schüssel , so thun's einige Pisangblätter , mit denen 
übrigens jede Schüssel sorgfältig ausgelegt wird, bevor sie das Mahl aus den Kochtöpfen aufnimmt. 
Auch die Kochtöpfe werden sorglich mit Blättern ausgelegt, damit die Speisen nicht anbrennen. 
Geschirrspülen nach dem Gebrauch scheint man darum auch für unnöthig zu halten, denn nach der 
Mittheilung des Missionars Bergmann*) werden diese Töpfe niemals gereinigt, fingerdicker Schleim 
sitzt innen an den Wänden. 

Von den Tami-Insulanern, diesen Meistern der Holzschnitzkunst habe ich keine runden, 
sondern kahnformig gearbeitete Speiseschüsseln erhalten. Dies scheint dort die gebräuchliche Form 
zu sein, die übrigens auch an der Astrolabebai gelegentlich vorkommt. 

In jeder Familie anzutreffen sind dagegen die runden, kugelförmigen Kochtöpfe aus Thon, 
Web genannt, eine Spezialität der Handelsleute von Bilibili. Solche Töpfe sind abgebildet auf den 
Tafeln 25, 29 und 38. Aus der letzteren Abbildung (des Krokodil-Festessens) ist zugleich ersichtlich, 
in welcher Weise sie beim Kochen gehandhabt werden; sie werden nämlich, in unserm Fall eine 
ganze Reihe, auf zwei parallel neben einander liegende Baumstämme gestellt, zwischen denen sich 
das Feuer befindet und mit einer halbirten Kokosnuss geschlossen. 

Die Herstellung dieser Töpfe auf Bilibili ist zwar schon einigemale beschrieben worden, be- 
sonders hübsch und anschaulich von Missionar G. Kunze in: Allerlei Bilder aus dem Leben der 

*) „Die MissionsstatioD Siar in Kaiser- Wilhelmaland". Barmen 1894. Rheinische Missionstraklate No. 62. 



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Papua. Barmen 1897 S. 27 Anmerkung, sodass eine nochmalige Darstellung eigentlich überflüssig 
ist; der Vollständigkeit halber will ich jedoch einen Brief meines schon des öfteren erwähnten 
Assistenten, des Herrn Kunzmann, mittheilen, der in Verhinderung meiner selbst die Güte hatte, 
nach Bilibili zu fahren und sich die Bereitung der Töpfe dort anzusehen. Er schreibt: „Während 
meines Besuches auf der Insel Bilibili habe ich bei der Fabrikation von Töpfen ausschliesslich nur 
Frauen beschäftigt gesehen. Jcli sah mehrere (aber selten mehr als zwei zusammen), meist schon 
ältere Frauen, welche mit der Herstellung von Töpfen beschäftigt waren. Jede hatte einen alten 
Topf oder eine Kokosschale oder auch eine vormalige Conservenbüchse mit Wasser gefüllt vor sich 
stehen. Die erste Frau, die ich sah, hatte einen ziemlich grossen Topf fast fertig und war nur noch 
bemüht, ihm mit der Hand, welche sie öfters in Wasser tauchte, ein glattes Aussehen zu geben. 
Eine Andere holte gerade einen Klumpen feuchten Thon aus einer alten Topfscherbe und formte 
mit beiden Händen, manchmal auch mit Hülfe eines glatten Steines, einen ganz plump und uneben 
aussehenden Topf. Eine Dritte hatte einen solch roh geformten, noch feuchten Topf vor sich 
zwischen den Beinen und bemühte sich, die Unebenheiten desselben durch Klopfen mit einem 
Brettchen zu beseitigen; im Innern des Topfes hielt sie eine Kokosnuss dagegen. Der Topf wurde 
dabei öfters mit Wasser benetzt. Eine Vierte haue einen solchen Topf fast fertig geglättet, ge- 
brauchte aber zum Gegenhalten im Innern einen rundlichen glatten Stein. Der Thon wird gegen- 
über von Bilibili vom Festlande, nicht weit vom Seestrande entfernt, geholt. Das eigentliche 
Brennen der Töpfe habe ich nicht beobachten können. Wohl habe ich gesehen, wie einige frisch 
gebrannte Töpfe noch aufgestapelt dastanden; rings herum lagen halb verkohlte Pfähle und Kokos- 
fasern, sowie halb- und ganz versengtes Gras und Pisangblätter. So viel ich aus den Leuten heraus- 
bringen konnte, werden die an der Luft gut getrockneten Töpfe auf einer zweckmässig erhöhten 
Unterlage pyramidenförmig aufgeschichtet, sodass das Feuer zu allen Zutritt hat Die Pyramide 
wird mit einem primitiven Gerüst aus Pfählen umgeben und letzteres mit grünem Gras und Blättern 
bedeckt, wahrscheinlich, um die Hitze langer zu halten.* 

Die Farbe der Bilibilitöpfe ist roth, theils weil der verwendete Thon an und für sich eine 
röthliche Farbe hat, theils weil man das fertige Product noch extra mit röthlicher Farbe beschmiert. 
Etwas weiter nördlich von Bilibili, in der Landschaft Tukain nördlich von Cap Croisilles und gegen- 
über der Dampier-Insel, gewinnt man schwärzlichen Thon und darum sind die von dorther stammen- 
den Töpfe, die ich übrigens nie zu Gesicht bekommen habe, von schwarzer Farbe. (Kunze, I. c.) 

Die Form der gewöhnlichen Bilibilitöpfe (Finsch sah dort auch „sehr kunstvolle mit Buckeln, 
wie sonst nirgends") ähnelt nach diesem Autor denen von Port Horesby aus Brilisch-Neu-Guinea, 
welches ebenfalls ein grosses Töpferei-Cent rum ist. Wir haben also auch hier wieder Beziehungen 
und Aehnlichkeiten zwischen Süd und Nord. 

Soweit die Handelsverbindungen der Bilibilileule reichen, d. h. an der Küste entlang, sind 
überall in jedem Dorf ihre Thonwaaren reichlich zu finden; weit in's Land hinein dringen sie dagegen 
nicht, das kann man an den Bergdörfern des Hinterlandes der Aslrolabebai sehen. Dort, nur eine 
Tagereise von Bogadjim entfernt, in dem Dorfe Uija, erhielt ich total andere und auch aus ganz ver- 
schiedenem Material hergestellte Formen von Kochtöpfen, deren Aussehen die Abbildungen auf neben- 
stehender Tafel (29) verdeutlichen. Das Material ist ein dicker, schwärzlicher oder grauer, bröckeliger 
Thon und das Vorbild zu diesen Gefässen ist nicht die kugelige Kunstform des Bilibilitopfes, 
sondern sie haben zum Modell den Urtopf des Tropenbewohners, der überall wiederkehrt: 
die halbirte Kokosnuss mit spitz zulaufendem unterem Ende, und den Flaschenkürbis, Während 
ferner die Bilibilitöpfe, obwohl technisch weit vollendeter, an Verzierungen und Ornamenten höchstens 
ein dürftiges Punktornament am Halse aufweisen — wohl eine Folge der schematisch- fabrikmässigen 



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Herstellung — sind die Uija-Töpfe fast alle am oberen Rande breit mit eingeritzten und eingedruckten 
Strich- und Punktornamenten verziert.*) 

Dass diese Form von Töpfen nicht bloss lokal im Dorfe Uija, sondern im ganzen Hinterlande 
der Astrolabebai im Gebrauche sind, zeigt der Bericht Dr. Lauterbachs von seiner Ramu-Expedition, 
sowie die aus dem Hinterland von Constantinhafen auf der Östlichen Seite der Astrolabebucht 
stammende Sammlung Kubary's, die 2 solcher mit den Unsrigen ganz identischer Töpfe enthielt, welche 
im Internationalen Archiv für Ethnographie Band VIII, sub. V besprochen und abgebildet sind. 

Von unsera Buka-Arbeitern habe ich in Stefansort einmal einen Kochtopf erhalten, von 
ähnlicher Form, wie die kurzen Uijatöpfe, der nach Aussage seines Besitzers in seiner Heimath, der 
Insel Buka, fabrizirt worden war. Es verwunderte mich dies einigermaassen, da ich unsere Buka- 
Arbeiter sonst ihre Nahrung, in Pisangblatter eingewickelt, zwischen heisser Asche gar kochen sah 
und das auch bei ihnen zu Hause voraussetzte. Es scheint wirklich die Annahme de Clercq's,**) 
dass, wenn Töpferei nicht überall geübt wurde, dies nur am Fehlen des Thones Hege, da die Bearbeitung 
eine so einfache sei, dass dazu keine hohe Stufe der Entwicklung gehöre, das Richtige zu treffen. 
Ich habe sogar noch ein weiteres und recht merkwürdiges Produkt der Thonbildekunst der Buka's 
kennen gelernt, nämlich ein selbstverfertigte, dem richtigen europäischen Nasenwärmer nachgebildete 
Tabakspfeife. Nach Finsch geschieht auf den Salomonen die Fertigstellung der oberen Hälfte der 
Töpfe durch , spiralig gewundenen Autbau von gerollten Thonwülsten."***) 

Doch ist gegen de Clercq's Annahme wieder einzuwenden, dass thalsächlich trotz der vor- 
handenen Thonlager die Töpferei oft an gewisse Stämme gebunden ist. Finsch f) führt als „schlagendes 
Beispiel" dafür Derflni an, das von zwei Stämmen bewohnt wird, von denen nur einer die Töpferei' betreibt. 

Ueberall aber, ob in Britisch- oder Deutsch-Neu-Guinea, sind es ausschliesslich die Frauen, 
denen die Topffabrikation obliegt; selbst kleine Mädchen üben sich schon darin. .Geschickte 
Töpferinnen", sagt Finsch ft) »erringen sich ein Renomme, das weithin bekannt ist und ihren 
Fabrikaten besondere Nachfrage verschafft. Es ist daher bei den Weibem in Port Moresby Brauch, 
ihre Töpfe mit einem besonderen Zeichen, Igeri genannt, zu versehen, Zeichen, die wir meist als 
Anfänge der Ornamentik ansprechen, die aber in der That Handels- oder Schutzmarken bedeuten.' 
Solche Handels-, besser gesagt Erkennungsmarken, sind mir von den Bilibilitöpfen nicht bekannt, 
denn die strichformigen Verzierungen am Halse finden sich bei allen gleichmässig. 

Die Töpferei scheint übrigens, nach Finsch's ausführlichen Berichten ftt) zu schliessen, aut 
der Südostküste, in Englisch-Neu-Guinea, bedeutend mehr und mannichfaltiger (Wasser-, Kochtöpfe, 
Näpfe und Schüsseln) entwickelt zu sein, als bei uns auf Bilibilf. Anuapata in Port Moresby ist der 
Centralpunkt hiefür. Auf den Inselgebieten weiter östlich von da bis zu den d'Entrecasteaux-Inseln 
ist der Hauptfabrikationsort die Teste-Insel und es zeigen dort die Töpfe nicht mehr die gewöhn- 
liche Kugelgestalt, sondern besitzen einen flachen Boden. 

Der Tamo ist ein gebildeter Mann, der nicht gern mit seinen fünf Fingern in die Schüssel 
langt, wenigstens nicht allzu häufig, sondern hübsch mit Gabel und Löffel zu hantiren versteht. Als 
Gabel dienen ihm die oben schon (S. 171) erwähnten Stäbchen, Göhtch, die er, wenn sie ihren 

*) Herr Geheimrath Dr. E. Wagner, der hochverdiente Leiter des Karlsruher archäologischen und anthropologisch - 
ethnographischen Museums, in welchem sich meine Original -Sammlungen aus Neo-Guinea jetzt befinden, war so liebens- 
würdig, mir die Photogramme dieser Töpfe anfertigen zu lassen und zur Verfügung zu stellen, wofür ihm herzlichst 
gedankt sei. 

**) In einer Besprechung von Finsch's: Ethnographische Erfahrungen und Belegslücke aus der Sfldsee im Inter- 
nationalen Archiv für Ethnographie, Band IV. 

***) In der Berliner Zeitschrift für Ethnologie, Band XIV, Seite 614. 
t) Finsch: Ethnographischer Atlas, Tafel IV, f. 8. 
tt) L c. Band III, No. 4, Seite 325. 
ttt) Z B. in der Berliner Zeitschrift für Ethnologie^ Band XIV, p. (574). 



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Dienst als Gabel getban haben, ruhig als Zierstäbe in seinen Haarwulst steckt. Von Löffeln, Kes 
genannt, besitzt er allerlei Sorten, grosse und kleine, aus Perlmutlerschale, Bambu oder (Schulterblatt-) 
Knochen gefertigt. Auch einen Ker, d. h. einen perlmutternen Schaber zum Ausschaben des Kernes 
der Kokosnüsse (Mangi) findet sich im Kücheninventar des Tamo-Haushalts, nicht zu vergessen eines 
Reibeisens, Njäm, das freilich nur ein einfaches Stück der Blattscheide einer (Sago?) Palme ist. 

Wie wir unsere Stammgläser zum Biergenuss besitzen, so hat der Tamo zum Genuss seines 
(einzigen) geistigen Getränkes, des berüchtigten Kawa, das aber in Bogadjim Kial heisst, worüber 
später, einen eigenen Special-Becher. Er ist, der Massigkeit der Tamo's entsprechend, nicht so 
gross wie unsere Stammseidel oder gar Maasskrüge, sondern erheblich kleiner, kaum kinderfnuslgross, 
aus einer länglichen, harten, schwärzlichen Frucht hergestellt, ohne Henkel und Puss, das obere 
Ende abgeschnitten. 

Wasser trinkt der Tamo gelegentlich aus einer Kokosnussschale, einem Bamburohr, einer 
kleinen Holzschüssel oder auch aus der hohlen Hand. 

Da das Siri- (Betel-) Kauen bei den Tamo's sehr beliebt ist, so findet man bei den Wohl- 
habenderen Öfters auch hübsche Kalkbehälter, Gäh (zusammengezogen aus Ganöbu), verfertigt aus 
einem rundlichen Kürbis mit eingeschnittener Oeffnung, deren Rand vermittelst eines schwärz- 
lichen Harzes breit mit kleinen Muscheln besetzt ist, und in welcher meistens ein dolcliähnlicher 
KalklÖfTel, Gäh tumbüll, aus Kasuarknochen steckt, der zugleich den Verschluss bildet. 

In dieser Form scheint die Sirikalkbüchse durch das ganze Gebiet vorzukommen, denn ich 
erhielt sie ganz ähnlich von Neu-Hannover und den Shortland-Inseln und Finsch*) bildet eine eben- 
solche von Finschhafen ab. 

Bemerkenswert!) ist, dass der Bogadjim-Mann, der mir diese Büchse vertauschte, die dünn- 
wandige Kürbisschale, ehe er sie mir übergab, an einem Stein zerschlug, damit „Niemand mehr 
Kalk daraus essen solle*, offenbar aus Furcht vor möglicher Bezauberung durch den fremden Besitzer. 

Ausser diesen Kürbiskugeln sieht man auch öfters hübsch mit Zickzackornamenten verzierte 
und gehörig mit Deckel versehene Bambubüchsen, Tserie, zu gleichem Zwecke verwandt. 

Bei Aufzählung der Schmuckgegenstände eines Bogadjim tamo habe ich den Haupt- und 
Staatsschmuck desselben, der nur bei festlichen Gelegenheiten, Tänzen etc. getragen wird, nicht 
erwähnt, und hole dies jetzt nach. Dies ist nämlich der getrocknete, seines Kopfes und seiner Füsse 
beraubte Balg eines gelben Paradiesvogels. Daher das Märchen von der Fusslosigkeit des Paradies- 
vogels, das sich noch in der lateinischen Benennung des seligen Linne (Paradisea apoda) wieder- 
spiegelt, denn die ersten Bälge dieses Vogels, welche nach Europa kamen, waren solcherart prä- 
parirt. Er wird einfach in das Haar gesteckt, manchmal absichtlich etwas schief und bei den 
rhythmischen Tanzbewegungen gewährt das majestätische Auf- und Abschwanken dieser anmuthigen 
Kopfzierde einen prächtigen Anblick. Unser junger Freund, der hierneben sich in vollstem Fest- 
schmuck mit dem freudigen Lächeln der Erwartung ob des kommenden Tanzvergnügens prfisentirt, 
trägt ebenfalls diesen vielbegehrten Kopfschmuck, Lo-wälä (Lo = Tanz, wälä = Schmuck) genannL 
Es ist der weisse Busch, der über dem dicken Büschel zerschlissener Hahnenfedern, die ihm zur 
Basis dienen, hervorragt, aber hier nicht recht zur Geltung kommt, weil er etwas schief nach 
hinten gesteckt und auch durch den Hahnenfederbüschel etwas verdeckt ist. Duim (Paradiesvögel) 
schiessen gehen, das war die ewige Bettelei meiner Bogadjimfreunde, sobald sie mich mit der Flinte 
ausgehen sahen, und für diesen Zweck konnte ich Dutzende von Begleitern und Führern haben, 
während sie für andere Gänge, z. B. Schmetterlingfangen u. dergl., absolut nicht zum Mitgehen zu 
bewegen waren, selbst nicht gegen Belohnung. 



*) I. c. Band III No, i, T. XK F. 1. 



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Taf. 30. Junger Tamo aus Bogadjim im Festschmuck, die Trommel schlagend. 

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In Finschhafen trägt man einen andern, aus Kakadufedern hergestellten und offenbar der 
Kakaduhaube nachgebildeten Kopfputz (siehe die Abbildung Tafel 45), der ebenfalls nur beim Tanz 
angelegt wird. Schellong*) beschreibt und bildet auch noch andere dort übliche Arten von Kopf- 
putz ab, ebenso Finsch. 

Die Neu-Pommern auf der Gazellehalbinsel hinwiederum tragen noch eine andere Art von 
Kopfschmuck, der auf der Abbildung Tafel 46 zu sehen ist, nämlich dichte, grosse, umfangreiche 
Büschel von Kakadu-, Papagei- und andern bunten Federn. 

Federn, namentlich Kakadu- und Papageifedern, bilden überall in Melanesien eine hoch- 
beliebte Kopfzier. Die Paradiesvögelbälge als solche scheinen aber nur von der Astrolabebai an 
westlich verwendet zu werden ; dies entspricht meines Wissens auch ungefähr dem Verbreitungsgebiet 
des gelben Paradiesvogels, der Paradisea minor finschii. 

An dem jungen Herrn im Ballkostüm können wir gleich auch die Art und Weise sehen, 
wie er zur Vervollständigung seiner Toilette Blätter und Blüthen benützt. In die Armringe seiner 
beiden Arme hat er buntfarbige Croton (Codiaeum-) Zweige gesteckt, im Wollhaar beiderseits der 
Ohren stecken Büschel wohlriechender Kräuter (Ocimum, Celosium) und auf seiner Rückseite hat 
er im Gürtel grosse Zweige von der Lieblingsblume Hibiscus rosa sinensis mit ihren grossen feurig- 
rotlien Blut henk eichen stecken, die fast bis zur Schulter reichen und den Oberleib verdecken, so 
dass er von hinten aussieht, wie ein wandelnder Garten auf zwei Beinen. Den Uebergang vermittelt 
effektvoll das nackte Gesäss. 

Die Schambinde ist völlig neu umgeschlungen und ein Stück derselben wird vorne schurz- 
artig bis fast zu den Knieen herunter hängen gelassen. In die schildpattenen Ohrringe hat er ausser- 
dem noch einen platten, weissen Muschelring eingehängt. 

In der linken Hand erhoben hält er die für ganz Melanesien charakteristische Trommel, 
Wagam, denn hei den Papuabällen spielt kein Orchester auf, sondern der Tanzende macht sich mit 
der Trommel selbst seine Musik. Die charakteristische Fingerstellung der rechten, zum Schlagen 
ausholenden Hand ist sehr glücklich bei der Aufnahme getroffen worden, es ist deutlich zu sehen, 
dass den drei letzten Fingern die Hauptaufgabe beim Trommeln zufällt, in der Weise, dass der 
Ballen der Kleinfingerseite der Hand so auf den Rand der Trommel aufschlägt, dass die Finger 
federnd auf das Fell schnellen. Der Zeigefinger wirkt bloss accessorisch mit. Das Trommelfell, 
welches nur die eine Seite des Instruments überzieht, ist ein Stück Haut der grossen Varanus-Eidechse 
und soll während des Gebrauches beim Feuer öfters erwärmt werden**), was ich jedoch nicht bemerkt 
habe. Manche Trommeln haben als Handgriff das schön und sauber geschnitzte Bild einer Eidechse.***) 
Die Eidechse wird von Urmalayen (Batak's, Dajak's), Melanesien!, Polynesien! und Australiern vielfach 
als Motiv verwendet und hat entschieden folkloristische Bedeutung. Ob aber auch gerade hier bei 
der Trommel der Papua's, das möchte ich nicht so ohne Weiteres bejahen; denn bei der Figur des 
schmalen, langgestreckten Instruments und dem Ueberspanntsein desselben mit Eidechsenhaut liegt doch 
eigentlich die Anwendung dieser Thierfigur sehr nahe. 

Diese Trommeln sind wahre Kunstwerke, in Anbetracht der primitiven Muschel- und Stein- 
werkzeuge, mit denen sie angefertigt 'worden sind. .Wenn man bedenkt," sagt Finsch (1. c. Bd. VI 
p. 115), »welche Mühe es machen muss, ohne eisernes Geräth ein 70 cm langes Stück harten Holzes 
allein nur auszuhöhlen, so wird man, ganz abgesehen von der oft sehr kunstreichen und geschmack- 
vollen Schnitzarbeit, diese Trommeln mit unter die besonders hervorragenden und bewundernswertheii 

*) In seiner schönen und ausführlichen Beschreibung des Barlumfestes der Fiuschhafener Gegend im II. Rind 
des Internationalen Archivs far Ethnographie. 

*♦) cf. einen Artikel: Ueber die Musik der Eingeborenen Deutsch-Neu -Guinea's. Von Victor Schmidt-Ernsthausen. 
Vlerteljahrsschrift für Musik Wissenschaft Band 6. 

"•) x. B. die von Finsch L c. T. XXI. Flg. 1 abgebildete. 



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igen der Papuakunst rechnen müssen. Auch das ideale Streben des Menschen der Steinzeit 
verdient dabei volle Würdigung." 

Ausser dieser Handtrommel giebt es noch die grosse, aus einem ausgehöhlten Baumstamm 
bestehende Familien-Trommel, Gumma, der wir später begegnen werden. 

Da wir nun schon einmal bei der Musik angelangt sind, so wollen wir auch gleich die andern 
Instrumente betrachten, mit denen der Tamo sein musikalisches Bedürfniss befriedigt. Sie sind bald 
aufgezählt, denn es sind herzlich wenige, und rast lauter Blasinstrumente; Streichinstrumente fehlen 
gänzlich. Herr Schmidt-Ernsthausen (1. c.) schätzt, nach Hörensagen zu schliessen, den Musiksinn 
in Kaiser-Wilhelmsland weniger entwickelt, als im Bismarck-Archipel. 

Das Hauptmusikinstrument ist nächst der Trommel die Flöte. Sie ist freilich in Bogadjim, 
im Gegensatz zu andern Melanesiern, nicht sehr astimirt und wird eigentlich nur von Knaben und 
Jünglingen zu einer gewissen Zeit im Jahre gespielt. So wie bei uns in Europa sich im Frühling 
oder Herbst die Strassen mit kreiselspielenden Knaben bedecken, so lauft plötzlich die Jugend in 
Bogadjim mit der Tjumbum, der Flöte, umher, der sie unablässig zwei einförmige, eine Terz auseinander- 
liegende Töne entlockt. Das Instrument ist eine ca. 3 Fuss lange, daumendicke Bamburöhre, oben 
geschlossen, unten offen. Das Mundloch befindet sich wie bei unserer Flöte nahe dem geschlossenen 
oberen Ende, das (einzige) Schallloch dagegen ganz nahe dem unteren, so dass bei der beträchtlichen 
Länge des Inslrumentes der Bläser schon den Arm, so weit er nur kann, ausrecken muss, um 
dasselbe mit der Fingerspitze zu erreichen. Eine andere, kleinere Art von Flöte mit mehr Schall- 
löchern, ist auch bei den Asafesten in Gebrauch. 

Dass die Flöte wenigstens früher eine höhere Stelle im Instrumentarium der Bogadjimleute 
eingenommen haben muss, entnehme ich u. A. daraus, dass ihre Function und ihr Name zur Be- 
zeichnung gewisser Körpertheile, herhalten muss, z. B. des anus, der Kothflöte (Bi-ljumbüm) und der 
Luftröhre (Ra tjumbüm), Bezeichnungen, die gar nicht so übel gewählt sind. 

Herr Schmidt-Ernsthausen (1. c.) sagt ebenfalls: .Die Flöte spielt in den Junggesellenhäusern 
vor den Beschnei dungsfesten eine Hauptrolle. Die jungen Leute, die wochenlang vor dem Fest abge- 
legen von ihren Dörfern gehalten werden, vertreiben sich die Zeit mit Flötenspiel." 

In anderen Gegenden Kaiser -Wilhelmsland's giebt es noch andere Arten von Fluten; wie 
wir aus dem obenerwähnten Aufsatz von V. Schmidt-Ernst hausen ersehen, unterscheidet und bildet 
derselbe ab ausser der obigen Art noch eine Stossflöte, bei der man durch Verschieben eines Stöpsels 
im untern Ende den Ton verändern kann (leider giebt er nicht an, woher das Instrument stammt; 
den Melodieen nach zu schliessen |Siassi und Jabim] vielleicht von Finschhafen*), und eine soge- 
nannte Pansflöte, die nach seiner Untersuchung aus grösseren und kleineren verkoppelten Rohrpfeifen 
besteht, welche eine Doppeloctav -|- 1 Ton mit zusammen 14 Tönen umfassen, indem in beiden 
Octaven je ein Ton übersprungen ist folgenderweise: 

(d), f, g, a, b, c, des, e, f, gis, b, c, d, e. 

Das Instrument, sagt er, wird sorgfältig unter häufigem Probieren der Töne angefertigt. 



*) Dies wird durch Schellong in seinem Aufsatz Ober das Barlumfest der Gegend Finscbhafen's im Internat ionaien 
Archiv für Ethnographie, Band II, bestätigt: .-Man zeigte mir, sagte er, 2 in der Conslruclinn ganz verschiedene Instrumente, 
die angagoeng, aus hohlem Bamhusrohr mit einer einzigen Oeffnung nach Art unserer Klarinette zu blasen und den Ding, 
wie ein« Orgelpfeife mit darin befindlichem Stempel konstruirt und darauf berechnet, durch schnellstes Auf- und Ab- 
bewegen des eng anschliessenden Stempels und Hineinblasen von oben, verschiedene Töne her vorzubringen ; wohl der 
verschiedenen Klangfarbe der Töne entsprechend, hat man das erstere Instrument als die weibliche, die letztere als die 
männliche Flöte bezeichnet (ich glaube, dies geschah eher des Stempels wegen, d. V.) ; diese beiden aber waren mit- 
einander verheiralhet" An einer andern Stelle sagt er: „Die angagoeng wie Schalmeienmusik in lieblichen Mullacorden 
erklingend, der Ding laut und ungestüm rufend." 



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— 187 — 

Die Panflöte habe ich nur bei den Buka's in Gebrauch gesehen. Meyer und Parkinson geben 
in ihrem Album von Papua-Typen auf Tafel 29 eine ausgezeichnete Abbildung solcher Bukamusiker, 
und sagen als Erläuterung dazu: .Sie (die Musikanten) blasen auf Panflöten aus Bambus; die 
Instrumente sind verschieden gestimmt und die Musik klingt nicht unangenehm; sie hat zwar Melodie, 
aber hauptsachlich Rhythmus und wird nicht improvisirt, sondern eingeübt. Man treibt dergleichen, 
ausser auf Buka, auch auf Bougainville und den Short land-Inseln." 

Dies ist ganz richtig. Ich habe dem noch hinzuzufügen, dass, wie auf dem erwähnten Bilde 
ersichtlich, die Musizirenden alle auf einem Haufen stehen, die grössten Leute in der Mitte, die 
kleineren und kleinsten nach aussen. Die grössten in der Mitte haben die kleinsten Instrumente. 
Je weiter nach aussen, und je kleiner die Spieler, desto grösser werden die Instrumente, die zuletzt 
aus anndicken und mehrere Fuss langen Bambustämmen bestehen, in welche die kleinen Jungen 
mit aller Kraft ihrer Lungen hineinpusten müssen, um einen furchtbaren, gewaltigen Basston zu 
erzeugen, welcher die Grundlage für die übrigen, bis zu den höchsten Tönen hinauf abgestimmten 
Flötenreihen abgiebt. Doch damit nicht genug. Die ganze Musikergesellschaft bewegte sich um den 
Mittelpunkt des Knäuels, den sie zusammen bildete. Während die Erwachsenen im Mittelpunkt 
aber, auf dem Fleck stehend bleibend oder langsam vorwärts schiebend, sich nur um sich selbst 
zu drehen brauchten, mussten die armen Jungen an der Peripherie mit ihrem ungeheuren Instrument 
einen gelinden Trab anschlagen, um mit herumzukommen. Was ich hier erzähle, habe ich in 
Stephansort bei unsern Buka-Arbeitern beobachtet; ob sie es zu Hause in ihrer Heimath ebenso 
machen, weiss ich nicht. 

Meyer und Parkinson sagen, die Musik klinge nicht unangenehm. Das ist zu wenig gesagt. 
Auf mich hat dies Concert einen gewaltigen Eindruck gemacht, etwa wie wenn ein Wagner-Orchester 
plötzlich unisono mit völler Kraft einsetzt. Man deüke sich nur die weichen und doch so vollen, 
kräftigen Töne, von der kleinsten Piccoloflöfe bis herunter zum tiefstmöglichen Brummbass, harmonisch 
abgestimmt, zu gleicher Zeit streng im Takt auf das Ohr einstürmen! Noch heute, nach vier Jahren, 
klingt mir der schwere, wuchtige Rhythmus dieses Buka-OrchestBrs in meine Träume hinein! 

Die Concerle werden sorgfältig eingeübt. Nicht weit von meinem Hause stand das Wohn- 
gcbfiude für unsere Bukaarbeiter. Da konnte ich sie nun wochenlang vor einem Feste Abend (ur 
Abend stundenlang üben hören. Einer sang den Rhythmus vor: 6 hijö — hijö — ahö — hohd — 

ahö , bis jeder den Takt gefunden hatte. Die Melodie ergab sich dann bei dem taktmässigen 

Zusammenklingen der verschiedenen Töne schon von selbst. 

Ausser den Flöten gab es in Bogadjim auch Maultrommeln, Gumbing. Es ist merkwürdig, 
wie weit in der Welt dies kleine, unscheinbare Musikinstrument verbreitet ist, ßei uns in Europa hat es 
freilich seine Rolle ausgespielt ; aber dahinten im Osten florirt es noch. Ich habe es bei den Batak's auf 
Sumatra getroffen, und fand es hier in Neu-Guinea bis nach den Salomoninseln hin wieder, in der 
characterisüschen Form, wie sie Finsch und Schmidt-Ernsthausen abbilden. Um ehrlich zu sein: ich 
habe niemals einen Tamo dies Instrument, das an der Astrolabebai nicht mehr häufig ist, spielen 
sehen. Schmidt-Ernsthausen beschreibt dies folgendermaassen : 

„Die Vorderzähne beider Kiefer halten den Ober- bezw, Unterstab. Der Mittelstab federt 
durch Anschnellen mit dem Zeigefinger, Oeffnen und leichtes Schliessen der Lippen verändert den 
surrenden Ton." Die Batak's auf Sumatra spielen das etwas anders und viel zierlicher gebaute 
Instrument auf die Weise, dass sie die Zunge nicht mit dem Finger, sondern durch einen Ruck an 
einem am Ende desselben, an der Basis der Zunge, angebrachten Schnürchen in Bewegung setzen. 

Einzelne fusslange und zwei Zoll dicke geschlossene Bambuglieder, der Länge nach mit zwei 
schmalen Spalten und oben in der Zwischenwand mit einem Loch zum Hineinblasen versehen, müssen 
wir wohl oder übel ebenfalls zu den Musikinstrumenten rechnen, wenn sie auch nur einen schnarrenden 



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— 188 — 

Lärm verursachen. Ich habe diese Stücke nicht aus Bogadjim selbst erhalten, sondern von der 
Dampier-Insel, aber die Tamo's kannten das Ding. Finsch erwähnt dasselbe von Grager bei Friedrich- 
Wilhelmshafen und Maclay aus Bongu; also wird es auch wohl gelegentlich in Bogadjim vorkommen. 

Schmeltz hat unter der Kubary'schen Sammlung aus Melamu (Constantinhafen) ein Instrument 
erhalten, das er als „Tanzrassel" auffassen zu müssen glaubt und das er in der ihm zugänglichen 
Literatur nicht erwähnt geFunden hat. Vielleicht ist es ähnlich der „ Tanzklapper " (von Finschhafen ?), 
welche Herr Schmidt-Ernsthausen beschreibt als aus ausgehöhlten, getrockneten Früchten bestehend. Die- 
selbe wird hinten am Kreuz angebunden und macht sich so von selbst bei jeder Tanzbewegung 
hörbar. Je stärker der Ton und je weniger „Nachklappern*, desto besser der Tänzer. Auch dies 
Instrument habe ich in Bogadjim nicht begegnet. 

Geflochtene Knie- und Armbänder, sowie Hals- (oder Hüften?) Ringe mit einem Büschel an- 
gehängter und halb abgeschliffener Schneckenschalen der verschiedensten Sorten habe ich seinerzeit 
durch den verstorbenen Landeshauptmann Schmiele von den Schouten-Inseln erhalten. Es scheint 
dies so etwas Aehnliches wie die Tanzrassel zu sein. Die Schneckenscbalen geben beim Aneinander- 
schlagen, was bei jeder Bewegung geschehen muss, ein eigenthümlich leeres, klapperndes, aber nicht 
ganz unmelodisches Geräusch. Ueber den Gebrauch dieses musikalischen Schmuckes hat mir Herr 
Schmiele Nichts mittheilen können, doch scheint es mir höchst wahrscheinlich ein Tanzschmuck zu 
sein; gegen einen Schmuck, der täglich im Gebrauch ist, spricht meiner Ansicht nach das bei jeder 
Bewegung entstehende Geräusch. 

Ob das Schwirrblatt, oder die Schnurre, welche sich kleine Kinder als Spielzeug anfertigen, 
ebenfalls unter die Musikinstrumente gerechnet werden muss, ist zum Mindesten zweifelhaft und stünde 
vielleicht besser unter den Spielwerkzeugen; ich will aber doch auch hier derselben Erwähnung thun. 
Sie besteht aus einem losen Stückchen Palmblatt, welches an einen Faden gebunden und an einen 
Stock befestigt ist. Heftig im Kreise über dem Kopf geschwungen, giebt dasselbe einen eigentümlichen 
dumpfbrummenden Basston. 

Dieses Spielzeug scheint international zu sein, denn ich erinnere mich, dass wir Jungens 
uns seinerzeit ganz ähnliche Instrumente anfertigten. Bastian sagt, dass es schon Dionysius und bei 
den eleusinischen Mysterien geschwirrt hat und heute noch als Witama bei den Australiern schwirrt*), 
und nicht bloss hier, sondern „from Peru to China". 

Es ist darum ganz begreiflich, dass das Instrument bei den Jabim's ebenfalls eine höhere, 
religiöse Bedeutung hat und bei der .sozial durchgreifendsten und eingehendsten Ceremonie", nl. 
der Beschneidung, eine ganz hervorragende Rolle spielt, wie uns dies Schellong in seiner Beschreibung 
des Barlumfestes der Gegend Finschhafens schildert**). Es ist hier ein grosses, prächtig ausgestattetes 
Instrument. 

„Bei einer Art Ehrenpforte", sagt er „hatten sich je 3 Männer zu beiden Seiten des Fuss- 
pfades aufgestellt und kreuzten riesenlange Stöcke aus Bamburohr (ssung), jeder dieser Stöcke hatte 
die grösste Aehnlichkeit mit einer Angel und war mit Kasuarfedern ganz geschmackvoll dekorirt; 
von der Spitze herab hing eine Art Angelschnur (guäm), an deren äusserstem Ende ein hölzerner, 
lanzettförmiger, schwarz polirter, etwa fusslanger Gegenstand befestigt war, der etwa die Form eines 
Fisches hatte; bei näherem Zusehen bemerkte ich, dass er durch eingeschnittene Menschenfratzen 
verziert war.* „Als wir auf eine freie Wiese herauskamen, erblickte ich an einem erhöhten Punkte 
etwa 10 Männer, welche sich damit beschäftigten, mit ganz gleichen Angelstöcken eine Musik zu 



*) In der Berliner Zeilschrift für Ethnologie, Band XX, 1888, pag. 266, wo auch die Zeichnung eines solchen 
„Schwirr- oder Brummhol zes" niedergegeben ist, auf dessen beiden Seiten eine ruhende (eigentlich nur der Kopf) und eine 
fliegende „ Brummfliege ", „Bremse'' bezeichnender Weise abgebildet sind. 
**) Im Internationalen Archiv für Ethnologie Band 11. 



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machen, welche vielleicht einzig in ihrer Art dasteht ; das war der am Abend vorher zuerst gehörte 
Ton des barlum, zu vergleichen halb dem Brummen des Waldteufels, halb menschlichen Klagelauten, 
ausserordentlich weittönend und alle möglichen Tonarten durchwandernd; der Ton wurde hervor- 
gerufen durch die wirbelnden Bewegungen der um ihre Längsaxe rolirenden Holzlanzette; die letztere 
aber wurde in Bewegung und Schwingung versetzt durch den langen Bambustock; man begann 
damit, ganz langsam Kreise in der Luft zu ziehen, dann wurde man schneller und schneller, und je 
rapider das an der Schnur befestigte lanzettartige Hölzchen herumwirbelle, um so höher wurde die 
Tonlage, und je mehr denn wiederum die Bewegungen in ein ruhiges Tempo zurückkehrten, um so 
tiefer gestaltete sich der Ton." 

Mit dem Schwirrholz des barlum empfangen die Neubeschnittenen bei der Rückkehr in's 
Dorf durch einen alten Mann sogar einen Art Segen, indem er mit demselben eines Jeden Kinn und 
Stirn feierlich berührt. Die langen Stöcke selbst wurden zu einem grossen, mit Reisern und Blattern 
verdeckten Bündel zusammengetragen. Auf welche Art und wo sie geborgen werden, bat Schellong 
nicht mehr gesehen. 

Auch der Missionar Hammler aus Simbang*) beschreibt das Schwirrholz. Derselbe sagt; 
„Abgebildet wird der Balum durch ein fischförmiges Stückchen Holz, auf welchem ein Menschenkopf 
mit einer Schlange oder sonstigen Verzierungen aufgeschnitten ist. Bei Festlichkeiten wird dieses 
Stückchen Holz, das für gewöhnlich im Dache des Lum (Junggesellenhauses) versteckt ist, an eine 
10 — 12 Fuss lange Schnur und diese an eine mit Federn geschmückte Bambusstange gebunden und 
das Ganze herumgeschwungen, so dass es einen summenden Ton giebt. Was damit angedeutet werden 
soll, weiss ich nicht.* 

Bei der aus diesem letzten Bericht hervorgehenden versteckten Aufbewahrung des kleinen 
Instrumentes wäre es schliesslich nicht unmöglich, dass dasselbe ebenfalls bei dem Beschneidungs- 
feste in Bogadjim, Welches sich in dem langen Zeitraum von 15 Jahren wiederholt, in Gebrauch, 
aber nicht zur Beobachtung gekommen ist. Missionar Hoffmann, dem wir eine Beschreibung dieses 
Festes aus Bogadjim, wo es zum letzten Mal Anfang 1893 stattfand, verdanken**), erwähnt hiervon 
Nichts. Mündlich hat er mir vor Kurzem jedoch mitgetheilt, dass er nachtraglich dasselbe auch, 
mit Schnitzereien in Form eines Menschenantlitzes verziert, von hier erhalten habe. 

Das Schwirrholz existirt also auch in Bogadjim und hat wohl dieselbe religiöse Bedeutung 
beim Initiationsfest, wie in Finschhafen. 

Die mir bekannten rituellen, ausschliesslich bei den religiösen Festen in Anwendung kommenden 
Instrumente sind ausser der Seite 186 erwähnten Flöte. Blashörner und Ocarina's, die eben- 
falls nur im Asahause ***) aufbewahrt werden. 

Die ersteren, Gul genannt, sind einfach ausgehöhlte lange, schlangenförmige Kürbisse mit 
Löchern an beiden Enden, in welche mit Gutturallauten hineingeheult wird. Und die anderen, die 
Ocarinas, sind aus einer harten Frucht hergestellt, welche ganz die Grösse und Gestalt einer massigen 
Ocarina hat. Sie hat zwei Löcher, eines an der Spitze und eines an der Seite. Man bläst beim 
Spielen in das an der Spitze befindliche Loch und tremulirt mit dem Zeigefinger auf dem andern. 

Ich erhielt beide Instrumente von dem Bergdorfe Uija im Hinterlande der Astrolabebai, aber 
ich weiss, dass sie auch in Bogadjim im Gebrauche sind. Bei den Tugeri Süd-Neuguinea's erwähnt 
Velthuyzenf) ebenfalls neben Trommeln eines ocarinaähnlichen Blasinstruments. 

*) „Der Balumglaube der Eingeborenen in Kaiser- Wilhelmsla nd. u Von Missionar Bammler aus Simbang. In ; 
Mittheilungen der geographischen Gesellschaft in Jena, Band VIII, 1890. 

**} „Ein Kinderfest auf Neu-Guinea". In : „Der kleine Missionsfreund 11 Barmen 1894, Vierzigster Jahrgang No. 4. 
***) Ein ausschliesslich zu Cultuszwecken errichtetes Gebäude, 
t) er. Schmeltz, Beiträge zur Ethnographie von Neu -Guinea im Internationalen Archiv für Ethnographie. 
Band VIII, p. 153. 



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— 190 — 

Die drei rituellen Instrumente: die Asaflöte, der Gul und die Ocarina, sind nur fürMfinner- 
ohren bestimmt und dürfen bei Todesgefahr von Frauen, selbst von europäischen, weder gesehen, 
noch gehört werden. Der Mann, der mir dieselben verhandelte, bat mich hoch und heilig, dieselben 
doch ja gut zu verstecken, damit die „Missis", eine europäische Dame, Gemahlin eines unserer 
Herren, sie nieht zu Gesicht bekomme, sie würde sonst unfehlbar den Tod davon haben. Die lange 
Flöte und die Pfeife dagegen scheinen freigegeben zu sein, denn ich sah die Knaben unbesorgt auf 
der auch von den Weibern benülzten öffentlichen Strasse darauf spielen. 

Neue, noch nicht in Gebrauch genommene Musikinstrumente verbotener Art dürfen aber von 
den Frauen gehört und gesehen werden, wie mir ausdrücklich bei Uebergabe der oben erwähnten 
beiden Blashömcr gesagt wurde. Das eine davon war nämlich ein ganz neues, ungebrauchtes Stück. 

In Finschhafen dagegen, welches den Gul und die Ocarina nicht zu besitzen scheint, ist 
ausser dem Schwirrholz nur die Flöte ein für die Frauen unsicht- und unhörbares rituelles Instrument, 
wie aus allen Berichten hervorgeht. Namentlich Schellong (I. c.) sagt geradezu: .Die Flöte gehört 
zu denjenigen Musikinstrumenten, welche in Gegenwart einer Frau nicht gespielt werden dürfen." 
Schellong amüsirte sich darüber, mit welcher Furcht und Besorgniss die von ihm erhandelten In- 
strumente hergegeben wurden; es wurde ihm das heilige Versprechen abgenommen, dieselben unter 
seinem Rocke zu verbergen und sie zu Hause sofort in ein grosses Papier (Papier, sagt er, ist das 
erste deutsche Wort, welches die Eingeborenen der Finschhafener Gegend sprechen lernten 1) zu 
wickeln; denn beim Anblick derselben würden die Frauen sterben müssen, und er sollte nur ja 
auch die Malayenfrauen davor, hüten und Emma (d. i. Frau Goetz, die erste deutsche Dame in 
Kaiser-Wilhelmsland). Wenn die Frauen, erzählt er weiterhin, den Exilbezirk (der Beschnittenen) zu 
passiren hatten, führten sie kleine Bambust rommein mit sich und trommelten ihrerseits, wie die 
Knaben flöteten. 

Auf Neupommern hinwieder, ist laut Finsch*) ein der Ocarina sehr ähnliches Instrument, 
die Blasekugel, ein ausschliessliches Fraueninstrument, in Constanlinhafen jedoch, laut demselben 
Autor (ibid. Band VI Seile 116), den Frauen ebenfalls verboten, wie im benachbarten Bogadjim. 

Die grossen Signaltrommeln, Gumma (s. weiter unten), welche sonst an der Küste (z. B. in dem 
ganz nahen Friedrich-Wilhelmshafen) für die Frauen sireng tabu sind und in den Gemeindehäusern 
verborgen aufbewahrt werden (Finsch ibid.), lagen in Bogadjim offen und unbedeckt unter den 
Häusern und werden sogar von Frauen benützt. 

Den Schluss des ganzen musikalischen Instrumentariums bilden die Signal-Instrumente, welche 
hier in Bogadjim eigentlich nur aus der obenerwähnten grossen Trommel bestehen, denn Muschel- 
hörner aus den grossen Gehäusen der Tritonium tritonis- Schnecke, wie sie Kubary im nahen 
Constantinhafen gesammelt**) und Finsch in Kaiser- Wilhelmsland beobachtet hat, habe ich Bogadjim 
nicht bemerkt. 

Die grosse Familien-Trommel, guruma, ist ein 6 — 8 Fuss langer entrindeter und ausgehöhlter, 
oben mit einem langen Schlitz versehener Baumstamm, der mit einem langen armdicken Pfahl ge- 
stossen, nicht geschlagen wird. Die Töne sind ausserordentlich weit vernehmbar; in Bogadjim konnte 
ich ganz deutlich die Töne der in den umliegenden Bergdörfern (10 — 12 und mehr Kilometer Gehens 
entfernt) geschlagenen Trommeln vernehmen. Beim Anstosseh und dicht am Instrumente (ich habe 
dies selbst versucht)» scheinen Einem die Töne zu matt und dumpf, um ihnen solche weitreichende 
Kraft zuzutrauen, wie sie wirklich besitzen; sie scheinen eben sowohl von der Luft wie vom Erdboden 
fortgeleitet zu werden; in der Nähe kommt natürlich nur das Erslere zur Geltung. 

*) Ethnographische Erfahrungen und Belegstücke aus der Südsee. Annal. des K. K. nalurhistori sehen Hof- 
i, Band III, Na 2, Seite 110. 
") Internationales Archiv für Ethnographie, Band VIII. 



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— 191 — 

Auch die Bogadjim-Leufe haben eine ausgebildete Trommel spräche, wie an der ganzen Küste, 
mit vollständig geregelten .Zeichen, so dass man im Stande ist, mittelst derselben alle möglichen 
Mitt hei hingen in kürzester Zeit an die umgebenden Dörfer gelangen zu lassen. Siehe auch Finsch: 
„Samoafahrten* und R. Andree: .Signale bei den Naturvölkern*. 

Jedes Haus, resp. jede Familie hat eine solche Signal-Trommel und sowohl Männer wie 
Frauen verstehen sie zu handhaben. Am meisten dient sie dazu, die im weit entfernten Felde 
arbeitenden Ehegatten nach Hause zu rufen, wenn das Essen „gar" isl. Das Zeichen hiefür besteht 
aus einer Reihe von langsam beginnenden, sich immer mehr verschnei lernden Schlägen. Eine Todes- 
nachricht wird durch feierlich langsame, und der Ruf zum Streit durch schnelle, kurze, hastige, 
abgebrochene Schläge resp. Stusse ausgedrückt. 

Nunmehr bleibt uns von den Habseligkeiten des Tamo noch das Feld- und Ackerbau- 
Geräthe zu betrachten, das ebenfalls so bescheiden und primitiv wie nur möglich ist. 

Zum Umbrechen des Bodens behufs Pflanzen von Taro und Yam dient ein einfacher unten 
spatenförmig verbreiteter Stock von Niebung-Palmenholz, Gedat genannt. 

Zum Fällen der Bäume, zum Behauen des Holzes für Haus- oder Kahnbau oder irgend- 
welche sonstigen Zwecken dient die Axt. Heutzutage sind es schon lauter eiserne Werkzeuge, Aexte 
europäischer Provenienz, mit Vorliebe aber Hobeleisen, welche nicht so schwer sind als die Axtklingen 
und leichter zu regieren, und ihrer Form nach besser zu den Stielen und in die Hülsen der weg- 
geworfenen oder bei Seite gelegten' Steinklingen passen; viele der Steinbeile nämlich stecken in einer 
Hülse, welche ihrerseits erst am wirklichen langen Axtstiel befestigt und nach Belieben drehbar ist, 
so dass die Schneide je nach Bedürmiss parallel oder quer zu dem Stiel gestellt werden kann, ganz 
in ähnlicher Weise, wie dies bei der malayischen Axf, dem Bliong, stattfindet Vor zehn Jahren 
jedoch, oder nicht viel länger, waren eiserne Aexte und Messer, denn auch diese letzteren haben die 
alten Muschel- und Steinmesser verdrängt, eine grosse, t heuer bezahlte und seltene Rarität. So schnell 
hat sich der Uebergang aus der dicksten Steinzeit heraus direkt in das Zeitalter des Eisens vollzogen. 
Die ersten eisernen Aexte mögen die Tamo's überhaupt erst durch Miklucho-Maclay in den siebziger 
Jahren erhalten haben, denn an der ganzen Aslrolabebai wird die eiserne Axt mit dem russischen 
Namen taporr benannt, während die Steinaxt Mening-bieh heisst (Mening=Stein, bieh = Beil). 

Weit in's Land hinein ist aber das Eisen noch nicht gedrungen, gerade nur soweit, als die 
Handels- und Familienverbindungen der Bongu- und Bogadjim-Leute reichen. Zöller*) hat dies bei 
seinem „Husarenzug" nach dem Finisterre-Gebirge festgestellt. Er sagt: „Bei meinem Vordringen 
in's Innere war es hochinteressant, zu beobachten, bis wie weit die Aexte reichten, bis wie weit das 
kleinere Eisengeräth und bis wie weit die leichler und schneller vordringenden Perlen ihren Weg 
gefunden hatten. Schon im Küstengebirge, ein paar Tagemärsche abseits von Gonstantinhafen, 
fanden wir bei den mit Plantagenanlagen beschäftigten Männern vorwiegend Steinäxte. Ein wenig 
weiter aber zeigten Baumstümpfe und Hausgerät niemals mehr den scharfen Schnitt der europäischen 
Eisenaxt, sondern blos noch jene unregelmässigen, für die Steinaxt characteristischen Flachen, die 
aussehen, als ob sie von Ratten angefressen worden wären. Wer einmal dieses Unterscheidungs- 
merkmal kennt, wird kaum jemals darüber im Zweifel sein können, ob ein Baum mit Eisen- oder 
Steinaxt gefallt worden ist. Perlen fanden wir, aber bloss in sehr geringer Menge, noch in Kadda, 
am Ende des Küstengebirges. Sie standen hoch im Werthe." 

Die alten Geräthe in Bogadjim, die grossen Schilde, die Essschüsseln, die Trommeln sind 
fast alle noch mit der Steinaxt hergestellt**), und die oben abgebildete Maske ist ein kleines Juwel 
steinzeitlicher Kunst. 



*) 1. c. p. 257. 
**) Vergleiche die oben p. 46 citirte Bemerkung Finsch's Ober diese Leistungen der Stein Werkzeuge, 



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In Bogadjim selbst konnte ich nur noch 5 Stein- und Muscheläxte auftreiben, darunter 
allerdings das auf Tafel 27 abgebildete wahre Prachtexemplar, das in ähnlicher Vollkommenheit 
selten gefunden werden dürfte. Sie sind definitiv bei Seile gelegt in einen Winkel des Hauses und 
schlummern dort in Vergessenheit. Schmiele erzählte mir einmal, dass er bei irgend einer Gelegen- 
heit in Neu-Hannover in einem verlassenen Haus im Winkel versteckt eine ganze Anzahl jeher 
hübschen steinernen Hohlmeissel gefunden habe, die jetzt schon seit langen Jahren ausser Gebrauch, 
verschwunden und vergessen sind. Nachkommen entdecken dieselben gelegentlich wieder, staunen 
sie mit Ehrfurcht als Geräthe der Vorfahren an, und die Pietät, die beim nackten Wilden in viel 
stärkerem Maasse wirksam ist als bei uns modernen t'in de siecle-Mensehen, bringt sie dazu, den- 
selben übernatürliche Kräfte beizulegen. Auf den Salomonsinseln, wo Steingeräthe im uncullivirten 
Innern jetzt noch in Gebrauch sind, finden sie sich in den Küstengegenden bereits vergessen in der 
Erde, und zwar ganz oberflächlich, und die Eingeborenen, welche sie hervorgraben, sehen sie als 
fremdartige, vom Himmel gefallene Dinge an; sie kennen sie nicht mehr. Guppy*}, dem wir diese 
Mittheilung verdanken, wird dadurch auf den Gedanken gebracht, diese Steinäxle einer den jetzigen 
Bewohnern vorausgegangenen Negritobevölkerung zuzuschreiben. Diese Steinwerkzeuge sind auch 
geologisch von hohem Interesse, da ihr Material aus Kreideschichten zu slammen scheint, die bisher 
auf den Salomonen nicht nachgewissen sind (Gerland). Ich will hiezu bemerken, dass auf Buka 
oder dem nördlichsten Theil von Bougainville Steinbeile auch an der Küste noch vorzukommen 
scheinen, da ich selbst unsern von dorther recrutirten Arbeitern ihre mitgebrachten Steinbeilklingen 
abgetauscht habe. 

Ganz dasselbe beobachten wir ja auch in Europa. Der Landmann, der in meiner rhein- 
pfälzischen Heimath solche von seinen Urvätern weggeworfenen oder verlorenen Steinwaffen wieder 
herauspflügl, verehrt sie instinetiv als .Donnerkeile", und bewahrt sie sorgfältig auf; denn sie be- 
sitzen allerhand Zauberkräfte. Jeder Hirt im Dorfe besitzt einen solchen Donnerkeil, mit dem er, 
wie der Kunstausdruck lautet, .braucht". Wenn ein Schwein erkrankt, wenn eine Kuh rothe Milch 
giebt, ja schliesslich auch, wenn dem Bauern selbst etwas fehlt, der Hirt bestreicht das kranke 
Organ unter Zaubersprüchen mit seinem alten Steinbeil, und weg ist die Krankheit. 

Dieses conservative Ehrfurchts- oder Pietälsgefühl erhält die als Werkzeuge überholten und 
untauglich gewordenen Sachen im rituellen religiösen Dienst; so treffen wir Steinwerkzeuge als Cultus- 
geräthe bei vielen Völkern, die seit Jahrhunderten schon ausschliesslich Metall-Werkzeuge benützen. 
Auch die Bogadjim-Leute gebrauchen trotz ihrer eisernen Messer in Hülle und Fülle zur rituellen 
Beschneidung noch Bambusplilter und Obsidianmesser.**) Ich habe auf dem Platz des Stephansorter 
Hauptspitals, wo früher das Asa-Haus eines jetzt verschwundenen Dorfes stand, beim Roden noch 
einen kindskopfgrossen Obsidian-Klumpen gefunden, der offenbar früher bei einem Beschneidungsfeät 
gebraucht worden war. Schellong ***) beschreibt sehr gut die Herstellung dieser Obsidianmesser: 
„Es wurde ein Obsidianklumpen von der Grösse eines Kindskopfes herbeigeschleppt, dessgleichen ein 
paar kleine harte Steine, mittelst welcher durch kurzen Anschlag kleine Scherben von Obsidian los- 
geschlagen wurden; jedesmal, wenn der klinkende Sprung erfolgte, machten diese würdigen Männer 
den grässlichsten Lärm etc. etc." 

Das Material, aus dem die Axtklingen gefertigt sind, ist ein harter, dunkelschwarzgrüner 
Stein, vielleicht Dioritporphyr , wie ihn Finschf) von Bongu erhielt, der wohl auch nicht als 
Geschiebe in den Flüssen und Bächen von Bogadjim gefunden, sondern auf dem Handelswege aus 

*) H. Br. Guppy: The Solomon Islands and their nalives. London, Sonnenschein 1887. Referat von (1. Gerland. 
**) cf. Finsch I. c Band VI, pag. 118. 
"*) „Das Barlumfeat der Gegend Finschhafens" . Im Internationalen Archiv für Ethnographie, Band II. 
t) 1. c. p. 70. 



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andern Gegenden bezogen ward. Die Form ist die gleiche, durch das Material und den Zweck 
gegebene keil- oder meisselfbrmige , welche in der ganzen Welt wiederkehrt; manche, ja fast 
die meisten Stücke aus unsern Südsee-Besitzungen, nur nach der Form betrachtet, könnten ganz gut 
auch in unserm heimischen Grund und Boden gefunden sein. Nur in der Sammlung des Herrn von 
Hagen, welche derselbe von dem verstorbenen Kärnbach, so viel ich weiss aus Berlinhafett, erhielt, 
sah ich ungemein breite, flache Steinklingen mit oft spannenlanger Schneide, wie Ich sie sonst 
nirgends, auch nicht in Europa, gesehen habe. 

Anstatt der Steinklingen sah ich in Bogadjim und anderswo auch öfters Muschelklingen, nach 
Finsch (1. c. Band VI, pag. 83) aus den Schlosstheilen der Riesenmuschel Tridacna gigas Oder aus 
Stücken von Hippopus verfertigt. Aus diesen Materialien bestehen z. B. alle Hohläxte mit gekrümmter 
Klinge, die, wie ich mir habe sagen lassen, beim Bootbau besondere Verwendung finden und im 
Hoblschliff aus Stein nicht gut hergestellt werden können; dass es aber doch möglich ist und dass 
der Papua auch diese technische Schwierigkeit zu überwinden versteht, zeigen die vorhin erwähnten 
steinernen Hohlmeissel von Neu-Hannover. 

Zu den Steingeräthen gehört noch ein Klopfer, der ganz wie ein Steinbeil geformt und be- 
festigt ist, aber ein stumpfes Ende hat, welches zum Weichklopfen des Rindentuches dient, aus 
welchem die Schomgürtel und Schlafmatten verfertigt werden. Ganz ähnliche Instrumente hat man 
auch zum Klopfen des Sagomarks. 

Das ist der Hausratb, das sind die Werkzeuge, die Waffen, die Kleidung, der Schmuck, 
kurz, das ist das ganze Besilzthum des Bogadjim-Tamo, soweit ich es kennen gelernt habe. Ich 
glaube nicht, dass ich Wichtiges übersehen habe. 

Wir wollen nun einen Schritt weiter gehen und an die Betrachtung der fahrenden Habe 
unserer neolithischen Compatrioten gleich diejenige der Immobilien und des lebenden Inventars — 
der Hausthiere — anschliessen. Dann sind wir orientirt und können, ohne uns viel mit Beschreibungen 
und Erklärungen aufhalten zu müssen, frischweg in das Leben und Treiben unseres Völkchens 
uns vertiefen. 

Betrachten wir zunächst den Grundbesitz. Wer etwa glaubt, die grossen, unbewohnten, mit 
Urwald bedeckten Lnndstrecken, welche sich zwischen den einzelnen Papua-Ansiedlungen ausbreiten, 
seien herrenloses Gut, der befindet sich in einem gewaltigen trrthum. 

Professor Dr. J. Kohler sagte noch 1887 in einem Aufsatz: Ueber das riecht der Papua's 
auf Neu-Guinea *) : 

„Da auf Neu-Guinea Landbau betrieben wird, so ist bereits die Idee des Bodeneigenthums 
aufgedämmert, mindestens die Idee eines temporären Eigenthums, welches so lange dauert, als der 
Landstrich von dem betreffenden Eigenthumer bebaut wird. Unbebaute Strecken kann ein jeder 
bebauen und sich approprüren ; doch verlangt man die Zustimmung des Häuptlings (wo du Hftuptlings- 
recht entwickelt ist)." 

Unsere fortschreitende und namentlich in den letzten 10 Jahren bedeutend erweiterte Kenntniss 
der Eingeborenenverhältnisse zeigt uns, dass hier an der Astrolabebai die Idee des Bodeneigenthums 
nicht blos schon aufgedämmert ist, sondern in fast demselben Umfang und in der bis in's Kleinste 
geregelten Ausführlichkeit besteht, wie bei uns in Europa — ein ausserordentlich lehrreiches und 
mahnendes Beispiel, dass Völker, welche, wie die Melanesien durch das Fehlen oder Nichtauffinden 
von Metallen (speciell Eisen und Kupfer) zufällig auf einer technisch sehr tiefen Stufe der Entwicklung 
stehen geblieben sind, desswegen nicht immer auch geistig so weit zurückgeblieben sein müssen! 

Hier an der Astrolabebai hat jeder Fussbreit Landes, jeder Bach, jeder Hügel, ja jeder 
Fruchtbaum im Walde seinen Herrn, dem er erblich zugehört. Ich habe das selbst auf drastische 

*) In der Zeitschrift rar vergleichende Rechtswissenschaft Band VlI, 1887, Seite 869—881. 



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Weise erfahren, als ich zusammen mit Missionar Hoffmarin den früher schon erwähnlen Ausflug 
nach dem Bergdorf Wjenge machte. Wir befanden uns bereits stundenlang im dicksten Urwald, 
ohne Pfad, nur einem kleinen Wasserlaufe von wenigen Fuss Breite folgend — einem der tausend 
namenlosen kleinen Rinnsale, im Walde geboren und im Walde sich verlierend — und ich war steif 
und fest überzeugt, dass hier vor uns noch keines Menschen Fuss gewandelt sei. Da sprach unser 
Führer plötzlich etwas lachend zu Herrn Hoffmann und deutete auf das Wässerlein. »Was erzählt 
der Mann Ihnen eben?" fragte ich neugierig. »Ach", antwortete Hoffmann, „er sagte mir nur, dass der 
Bacb, in dem wir eben gehen, sein Eigenthum sei und dass er neulich wegen der Fischereigerechtigkeit 
Händel gehabt habe!" Ade, du schöne Illusion von jungfräulichem, unbetretenem Urwald! 

Auch Miklucho-Maclay wusste dies schon, denn er sagte in einem Brief, den er an den 
englischen Oberkommandeur im westlichen Pacific, Sir Arthur Gordon, richtete, um seine Schützlinge 
an der Maclayküste vor den unheilbringenden Besuchen der australischen Arbeiteranwerbungsschi ffe 
zu bewahren: „Les habitanls de la cöte Maclay (partie de la cöte NE de la Nouvelle Guinee, entre 
les Cap Croisille3 et le Cap King William) etant une population agricole et nombreuse (pres de 
15—20000 hommes, au moins) sont strictement lies au sol qu'ils cultivent; chaque pouce de terre, 
chaque arbre utile dans la foret, les poissons dans chaque ruisseau etc. etc. ont un proprietaire*. 

Wenn ich sagte, jetler Fuss breit Landes habe seinen Herrn, so ist das im wörtlichen Sinn 
genommen nicht ganz richtig. Der Grund und Boden ist nicht Eigenthum des Einzelnen, sondern 
der Familie oder der Dorfgemeinschaft, und nur sein Ertrag, sei es in Form der Ernte eigener Aus- 
saat oder in Form des wild darauf gewachsenen Baumes und seiner Früchte sind persönliches Eigen- 
thum. Die Frau scheint kein Landeigentum haben zu dürfen. 

Ueber die Familie und die staatlichen Verbände ausführlich zu sprechen, ist hier noch nicht 
der Ort; es möge einstweilen genügen, dass jedes Individuum Mitglied irgend eines Familienverbandes 
ist, der hier in Kaiser- Wilhelmsland an die Stelle des staatlichen Verbandes tritt, und als solches 
zweierlei Besitzthum hat: 

Erstens sein ganz persönliches Privat eigenthum. 

Zweitens seinen Anlheil an dem Familien besitz. 

Zu dem gemeinsamen Familieneigenthum gehören: 

1. Der Landbesitz, welcher durch Grenzsteine, Bäume, Flüsse oder Bäche genau von dem 
Besitzstand einer andern Familie abgegrenzt ist — ganz wie bei uns. 

2. Die Fi seherei gerechtigkeit an bestimmten Stellen der Bäche, der Flüsse und sogar des 
Meeres - - ganz wie bei uns. 

3. Die Jagdgerechtigkeit an bestimmten Theüen des Waldes und der Savanen. 

4. Die Bestände an Sago- und Niebungpalmen. 

5. Die grossen oben beschriebenen Signaltrommeln (guruma). 

Alles Andere ist Privatbesitz, auch die Wohnhäuser, und unterliegt den genauen Gesetzen 
des Erbrechts*). 

Nur die Männerhäuser (hantje), die Häuser, in welchen die männlichen Erwachsenen 
schlafen, und welche auf Veranlassung des Familienoberhaupts gebaut werden, sind noch eine Art 
Communalbesilz, und werden nach dem Tode desselben häufig dem Verfall überlassen. 

Communalgut des ganzen Dorfes, nicht blos der Familie, ist das sogenannte Asa-Haus 
(Asa tal), eine Art religiösen, dem Asa-Cultus — worüber später — geweihten, primitiven Gebäudes 

*) Herr HofTmann hat, wie iah zu meiner Freude ersehe, in dem neuesten Heft der „Nartirichton über Kaiser- 
Wilhelms] au J etc." pag. 72—74 die Besitz- und Erbschaftsverhaltnisse in Bogadjim besprochen und Ifissl hoffentlich auch 
bald die Darlegung der übrigen Institutionen folgen. 



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und der Platz, worauf dasselbe steht. Dagegen gehören die in demselben aufbewahrten Gegenstände 
(Musikinstrumente und Gesichtsmasken) den einzelnen Theilnehmern des Asa-Cultes. 

Der Viehbestand ist ebenfalls so eine halbe Ausnahme, indem der Tamo denselben, der aus 
Schweinen, Hunden und Hühnern besteht, zwar füttern und mästen, aber nicht selbst schlachten und 
essen darf, sondern ihn gelegentlich und gewöhnlich an die Verwandten mütterlicherseits abliefern 
muss. Dennoch beansprucht er persönliches Eigentumsrecht darauf. 

Die Schweine habe ich oben Seite 85 schon besprochen und verweise hier nur nochmals 
auf die Abbildung eines solchen auf Tafel 37. Ueber die Hunde braucht man nicht viele Worte zu 
verlieren. Von einer eigenen Rasse kann gar keine Rede sein, da sich die Leute vom ersten Tage 
an, wo Europäer bei ihnen erschienen, Hunde aller Rassen eintauschten oder zusammenbettelten, 
von der Ulnier Dogge an bis herunter zum Schoossliündchen, und diese alle mit einander vermischten 
und kreuzten. Der häufigste Typus gleicht etwas in Grösse und Gestalt einem langgezogenen, ruppigen 
Pintscher mit etwas längeren Ohren. Finsch *) nennt den Papuahund eine kleine dingoartige Rasse mit 
spitzen Ohren und stark gekrümmtem Schweif, die in allen möglichen Farben (auch weiss und weiss und 
schwarz gefleckt) vorkomme. Ebenso spricht Missionar Kunze von , fuchsartigen, bissigen Geschöpfen" 
auf Karkar (Dampier- Insel). Der Hund aus dem Bismarckarchipel, das will ich zugeben, hat wirklieb 
Etwas von seinem australischen Vetter an sich; bezüglich der „reinrassigen" Neu-Guineahunde möchte 
ich mich aber eher Ratzel anschliessen, der die Dingo- Verwandtschaft derselben leugnet**). Miklucho- 
Maclay thut dasselbe***), indem er die gänzliche Verschiedenheit des Hundes von Neu-Guinea betont. 
Im Meyer-Parkinson'schen Album ist auf Tafel 40 ein gefleckter „reinrassiger" Papuahund abgebildet, 
an dem gewiss Niemand etwas Dingoartiges linden wird, ebenso wenig freilich von einer reinen Rasse. 

In dem Bericht der Expedition Lauterbach-Kersting nach dem Bismarck-Gebirge wird gesagt f), 
dass dieselbe aus dem Hinterlande zwei Eingeborenenhunde mit nach Europa gebracht und dem 
Berliner Zoologischen Garten übergeben habe. Mein Freund Dr. Seitz, der Direclor des Frankfurter 
Zoologischen Gartens, war so liebenswürdig, dieserhalb an seinen Berliner Collcgen, Herrn Dr. Heck, 
zu schreiben. Letzterer diagnosticirte die beiden Thiere, die leider bald eingingen, in seiner Antwort 
folgendermaassen : »Sie sahen aus wie alle tropischen Naturhunde, die nicht schon europäisch „ver- 
edelt* sind, d. h. wie ein gelber, kurzhaariger Köter, oder, wenn Sie eine Rasse haben wollen, kurz- 
haariger Pinscher mit mehr oder weniger stehenden Ohren und mehr oder weniger geringeltem 
Schwanz. Farbe gelb oder gelbartig. " 

Die Stimme des Neu-Guinea-Hundes ist ein heiseres Heulen, dos Einen auf Schritt und Tritt 
in den Papuadörfern begleitet. Missionar Hoffmann meint, in Siar (bei Friedrich -Wilhelmshafen) 
erinnere das Geheul der Tamohunde an das Schreien kleiner Kinder. In Bogadjim, wo die Rasse 
schon zu sehr gemischt ist, kann man einzelne Hunde auch schon bellen hören. 

Ich habe nicht bemerkt, dass der Tamohund seinen Herrn auf weiteren Gängen begleitet; 
er lungert meistens nur im Dorf herum in der Nähe seines Hauses und hält sich mit Vorliebe in 
der Nähe der Frauen auf, deren besonderer Schützling und Pflegling er ist. Wo man eine Frau im 
Dorfe sitzen sieht, kann man zehn gegen eins wetten, dass ihre Hunde bei ihr hocken. Man betrachte 
nur die Tafeln 25 und 37. Auf der ersleren hat sich sogar in dem Flechtmatcrial für den Wittwen- 
rock eine ganze Brut junger Hunde eingenistet, von denen drei zu sehen sind. Auch Schweine finden 
sich manchmal ein und dann ist das Idyll fertig, wie auf Tafel 37. Da Schweine und Hunde das 
werthvollste Besitzthum des Papua bilden, so werden sie selbstverständlich sehr gehütet und ge- 

*) 1. c. Seite 46 und „Samoafatirlen" Seite 53, wo er den Papuahund abbildet 
") 1. c. Seite 172 Band I. 
•*•) Berliner Zeitschrift für Ethnologie, Band XI, Seite 190. 

t) Siehe Nachrichten Ober Kaiser- Wilhelmaland elc, 18%, Seite 43. 



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hätschelt, so lange sie jung sind. Kunze sagt*): .Nicht selten werden sie auf den Annen getragen 
oder auf den Schooss genommen, und verendet einer, so kann die Besitzerin ihn beweinen und be- 
klagen, mehr als ein verstorbenes Kind." Es geht sogar die Sage, dass die Papuafrauen junge Hunde 
und selbst Schweine an ihrer Brust nähren zugleich mit ihren Kindern; ich selbst habe das nicht 
gesehen, und Herr Hoffmann auch nicht; Dr. Schellong sagt**} ausdrücklich, dass er von dieser Sitte 
bei den Jabim's wohl gehört, sie aber nicht selbst gesehen habe. Captain Webster aber hat dies in 
Simbang gesehen. Er sagt in seinem Buch***) Seite 28: „I have also seen a woman nourishing her 
child and a small pjg at the same time, carrying one under each arm, appearing to be more 
anxious für the welfare of the latter, in consequence of its greater market value." Hm — möglich! 

In Hatzfeldthafep sollen die Hunde zur Jagd benützt werdenf) und in Niederiändisch-Neu- 
Guinea ist dies nach dem Zeugniss F. S. A. de Clercq'stt) überall der Fall. Von Bogadjim ist mir 
eine derartige Verwendung nicht bekannt. Dagegen ist der Hund eine beliebte Festspeise und einer 
der feinsten Leckerbissen der Papuaküche, bei dessen Erinnerung schon dem Tamo das Wasser im 
Munde zusammenläuft. Wir werden spüler noch darüber zu sprechen haben. 

Da der Hund in ganz Neu-Guinea, soweit bis jetzt die Forscher kamen, überall als Haust hier 
und vergesellt mit dem Huhn getroffen wurde, beide aber auf Neu-Guinea nicht einheimisch sind 
oder waren, so hat man dies als Beweis für die Annahme verwerthet, dass die Papua's aus Ländern 
einwanderten, wo diese Hausthiere heimisch waren, also von Westen. 

Hühner sind nur häufiger in Bogadjim und werden, wie Finsch sagt, mehr der Federn (zum 
Anfertigen von Schmuck) als des Fleisches wegen gehalten. Je weiter nach dem Innern zu, desto 
seltener werden sie. In Wjenge auf der Höhe des ersten Bergrückens traf ich im Ganzen nur 4 Stück. 
Nach Maclay sollen die Papua's den Hahnenschrei als Verkünder des Morgens lieben. 

Herr von Hagen, der erschossene Landeshauptmann und damalige Hauptadministrateur der 
Astrolabe-Gompagnie, erzählte mir, als er von einer Tour auf die Höhen des Oertzengebirges (der 
Abmarsch dieser Expedition ist auf dem Bild Tafel 16 dargestellt) zurückkehrte, er habe dort in 
den Dörfern eine eigene, merkwürdige Art Hühner getroffen, viel kleiner, als die gewöhnlichen, und 
gescheckt. Dies Letztere würde gerade nicht für Rassenreinheit sprechen, es könnte vielleicht eher 
ein durch lange Inzucht verdorbenes gewöhnliches Huhn sein. 

Ich will bei dieser Gelegenheit erwähnen, dass ich niemals in den von mir besuchten Dörfern 
Vögel oder Thiere des Waldes, z. B. Papageien, Kakadu's etc. gezähmt oder in Gefangenschaft ge- 
halten gefunden habe, wie Finsch dies beobachtet hatftf). Den Tamo's scheint jeder Sinn hiefür zu 
fehlen; sie stehen dadurch in bemerkenswerthem Gegensatz zu den malayischen Völkern, die ausser- 
ordentliche Liebhaber von dergleichen und Meister in der Zähmungskunst sind. 

•)Lc Seite 17. 

**) In einem Artikel Ober Familienleben und Gebräuche der Papua's der Umgebung von Finschhafen im XXI. Band 
der Berliner Zeitschrift für Ethnologie etc., Seile 10 ff. 

*•*) Ich habe nämlich einen schweren Irrlhum zu berichtigen. Das „book" unserer beiden Englander, der Capt. 
Webster und Cotton, von dem ich oben Seite 111 vermuthete, dass es nie das Licht der Welt erblicken würde, ist schon 
im vorigen Jahre erschienen unter dem Titel: Through New Guinea and the Cannibal Countries, By H. Cayley -Webster. 
London, T. Fisber Unwin Paternoster Square 1898. Auf 10 Seilen wird darin der Aufenthalt in Kaiser- Wilhelmsland be- 
handelt. Nur über diesen Abschnitt urtheilend, kann ich sagen, dass das Buch, welches von Herrn Cayley- Wehster allein 
geschrieben ist, mir keinen Anlass gegeben hat, meine Meinung Ober die wissenschaftliche Befähigung der Herren zu ändern. 
Es ist ein gutes Touristenbuch und als solches sehr anerkennenswert!), aber als wissenschaftliches Quellenwerk nur vor- 
sichtig zu gebrauchen. 

t) Nach F. Grabowsky: Der Bezirk von Hatzfeldthafen und seine Bewohner. Siehe Petermann's geographische 
Monatsberichte 1895, Seite 186. 

tt) Siehe dessen „Aantaekeningen naar aanleiding van Dr. Finsch's onderzoekingen in Nieuw-Guinea" im III. Band 
des Internationalen Archivs für Ethnographie. 
ttt) I. e. p. 50, 51. 



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Die agrarische Frage ist in folgender Weise gelöst: 

Der Landbesitz, der Grund und Boden, ist Eigenthum der Familie, auch der unbebaute, 
brachliegende, und kann nur, durch Familienbeschluss sanctionirt, vom Familienoberhaupt (tarno 
koba) veräussert werden. Als seinerzeit die Bogudjimleule der Neu-Guinea- und Astrolabe-Conipagnic 
Ländereien verkauften, wurden nach Aussage der Leute dieContracte durch die bctrolTenen Familien- 
häupter gezeichnet; sie erhielten auch den bedungenen Kaufpreis und verlheiltcn denselben wieder 
unter die einzelnen Familienmitglieder. 

Kubary, der 1887 den Ankauf bewerkstelligte, berichtet hierüber*), und da die „Nachrichten 
über Kaiser -Wilhelinsland" nicht in Jedennann's Hand sein dürften, so mag es mir gestattet sein, 
den sehr bezeichnenden und instructiven passus hier anzuführen: 

»Noch an demselben Tage, an welchem der oben erwähnte Ankauf geschah, wurde eine 
sehr günstig dicht an dem Ufer und dem Dorfe gelegene Stelle klar gemacht, auf welcher die Ein- 
wohner ein Haus, in welchem Herr Kubary wohnen könnte, erbauen wollten. Sie wollten arbeiten, 
Zäune bauen u. s. w. Der für die Niederlassung ausersehene Platz wurde Karregulan getauft und 
durch Einpflanzen eines Speers, an welchen eine deutsche Flagge gebunden wurde, für den Zweck 
in Besitz genommen. 

Bei den vorausgegangenen Verhandlungen hatte sich gezeigt, dass die ältesten Tamo's zwar 
geachtet, aber wenig gefürchtet werden. Ein wirkliches Oberhaupt besteht nur in Sachen des Glaubens 
oder Aberglaubens, indem dem alten Koji ( — Kodi d. V., siehe dessen Bild auf Tafel 35) eine Art 
priesterlichen Ansehens eingeräumt wird. 

Bei der Abtretung des Landes gab es weder Beratungen, noch Meinungsverschiedenheiten, 
die Jungen und die Alten waren einig; all rieten eifrig von dem nördlichen Teile ab, alle wollten 
Führer für den südlichen sein und wiesen die für Landbau besten Strecken an. Als die Bezahlung 
den Aeltesten vorgelegt wurde, zeigten sie kein Verlangen nach Mehr und nahmen die vorgeschlagene 
Theilung nicht vor. Die erwachsenen Männer, die vor dem Hause sassen, kamen herein, ergriffen 
handvollweise die Gegenstände und trugen sie vor das Haus, wo Jeder etwas erfasste, bis die Sachen 
zu Ende waren; dann erfolgten Auseinandersetzungen über das Mehr und Minder. Die Alten sassen 
indess ruhig im Hause, ohne sich um den Spektakel draussen im geringsten zu bekümmern, nur 
sprachen sie lachend aus, dass sie selbst Nichts bekommen hätten, worauf natürlich durch einige 
Extrageschenke geantwortet wurde. Ein heiteres Intermezzo führten die Frauen aus. Erairnt auf 
die Männer, welche eine grosse Schüssel voll Perlen, die sie erhalten halten, gierig unter sich ver- 
teilten, ohne den darum bittenden Frauen etwas abzugeben, begaben sie sich zu Frau Kubary mit 
der unschuldigen Anfrage, ob sie gegen Perlen einige alte Nüsse kaufen würde. Auf die bejahende 
Antwort verschwanden sSmmt liebe Frauen und kamen nach einer Stunde mit 300 Nüssen, die sie 
als ihr Eigenthum unabhängig von den Männern verkauften. Sie nahmen ihre Perlen, die dieses 
Mal verdienterweise reichlich ausgetheilt wurden, im Triumphe weg und begannen unter lautem 
Lachen ihre Halsbänder auf/ust rängen. Es geht daraus hervor, dass die Stellung der Frau keinenfalls 
so ungeordnet ist, wie man es anzunehmen gewöhnlich geneigt ist." 

Es geht aber auch daraus hervor, wie ich oben bereits bemerkte, dass die Frau kein Anrecht 
auf den Grundbesitz hat, sonst hätten sie, die sonst ihren Ehegewaltigen gegenüber gar nicht so 
nachgiebig und schüchtern sind, denselben sicherlich nicht so stillschweigend die schönen Perlen 
überlassen und sich auf so schlaue Weise Ersatz verschafft. 

Die Plantagen werden in jedem Jahr neu angelegt, da man die Vortheile guten, jungfräu- 
lichen Bodens wohl kennt und zwar gemeinschaftlich, entweder vom ganzen Dorf oder von Familien- 
gruppen; nachdem durch alle dem Familienverbande Angehörigen gemeinschaftlich die Arbeit des 

") In den „ N ach richten Qber Kaiser • Wilhelm stund und den Bismarck- Archipel," Jahrgang 1888, 1. Heft, p. 21. 



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Baumfällens, Rodens und Brennens gethan worden ist, wird das urbar gemachte Stück in Parzellen 
getheilt, welche genau durch Gräben und quergelegte Baumstämme abgegrenzt werden, und jede 
Familie erhält eine solche Parzelle zum Bepflanzen zugewiesen. 

Da der Landbesitz Eigenthum der einzelnen Familien isl, die gemeinschaftlichen Plantagen 
aber oft ganz wo anders angelegt werden, als die Familie ihr Grundeigentum hat, so ist die 
naturliche Folge, dass dieselbe auf fremdem Eigenthum pflanzt. Wir wollen einmal annehmen, es 
existiilen drei Familiengruppen: A, B und C, welche zusammen ein Dorf ausmachen. Da kann es 
kommen, dass das ganze Dorf in diesem Jahre auf dem Grundstück der Familie A ihre gemein- 
same Plantage anlegt, im nächsten Jahr auf dem der Familie B u. s. w., ohne dass der Familien- 
gruppe A oder B weitere Rechte hieraus erwachsen; denn die Ernte gehört dem, der sie pflanzt, 
also den einzelnen Familien der Gruppe A oder B oder C, mit der einzigen Beschränkung, dass der 
Familienvater oder -Vorstand verpflichtet ist, einen Thcil davon zu den etwa im Familien- Verband 
vorkommenden Festsch mausen abzuliefern. 

Sollte sich eine Familiengruppe als zu schwach zur Bearbeitung des ihr zufallenden Theils 
der neuen Plantage erweisen, so kann sie die übrigen Familiengruppen zu Hilfe rufen, ohne dass 
dieselben andern Anspruch als auf ein grosses Essen nach beendigter Arbeit haben. 

Hauptnahrungspflanzen sind zwei Knollengewächse, Taro, Colocasia antiquorum Schott, 
^aning*), und Yanis, (Dioscorea verschiedene species), Zambi genannt, die in grossen Mengen an- 
gebaut werden. Wie wichtig der Taro für die Leute ist, kann man daraus entnehmen, dass sie, 
wie die Malayen nach Reisernten, die Zeit nach Taroernten berechnen. Vom Auspflanzen der 
Taro's bis zum Ernten derselben und dem Klarmachen eines neuen Feldes vergeht beinahe genau 
ein Jahr; dieser Cyclus heisst wau; der Taino rechnet nach wau's. 

Dass der Tamo zwei Knollengewächse züchtet, Taro und Yam, hat seinen guten Grund. 
Taro, eine Aroidee, liebt viel Feuchtigkeit und gedeiht am besten in der Regenzeit, von November 
bis April. Da die Knollen sich in dem Tropenklima nicht aufspeichern lassen, so pflanzt man, um 
nicht mit Nahrung in Verlegenheit zu kommen, als Ersatz die mehr Trockenheit liebende Dioscorea 
und zwar in der trockenen Zeit von Mai bis October. Als Gelände für dieselben sucht man auch 
mit Vorliebe höheres, hügeliges Terrain aus, während der Taro mehr niedriges, feuchteres liebt. 

Weniger beliebt ist der Maniok, den die Leute wohl erst durch die Europäer kennen ge- 
lernt, aber schon mit eigenem Namen belegt haben: Alam. 

Die Batate (Ipomoea balatas), welche wir als Ersatz für Taro in Stefansort massenhaft 
anpflanzten, ist bei den Tamo's nicht beliebt und wird nicht angebaut. Um so überraschender 
und merkwürdiger ist es, dass Dr. Lauterbuch auf seiner Bismarckgehirgs-Expedilion ganz im 
Binnenlande, in der Ramuebene, diese Pflanze und zwar in einer sehr wohlschmeckenden weiss- 
fleischigen Varietät angebaut gefunden hat. Wie mng diese Pllanze in's Innere Neu-tjiiinea's gelangt 
sein? Wir können einstweilen nur die Thatsache regislriren, erklären können wir sie nicht. 

Von Körnerfrüchten kennt man nur den Mais, der aber wenig beliebt und angebaut ist; 
auch er hat seinen eigenen Namen bekommen: gurkus, was offenbar eine Verkelzerung des Namens 
Kukuruz ist. 

Reis, diese Hauptnahrungsfrucht der asiatischen Völker, wird nicht angebaut. 

Die Kokosnuss, mangi, spielt auch hier dieselbe Rolle wie bei allen Tropenvölkern und 
ihre Nüsse sind vielgebrauchte Tauscliartikel. Ich will hier bemerken, dass mir die Kokosnüsse 

•) Mit dem griechischen Buclistaben % habe ich, der Schreibweise der Missionare folgend, den Consonanleii r 
l>ezeictmel, der in der Bogadjimsprache nicht vorne an den Zähnen mit der Zungenspitze, sondern hinten im Gaumen mit 
der Zungenwurzcl gebildet wird, was jn auch ölters von manchen Europäern geschieht — theils angeboren, theils affeclirt 
— und dann wie ein Mittelding zwischen r und ch klingt. 



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unserer Südsee-Besitzungen durchgehends viel kleiner erschienen, als solche von Sumatra oder 
Singapore, was vielleicht auf einer Degeneration infolge schlechter Pflege — denn der Eingeborene 
bekümmert sich nicht viel um sie — zurückzuführen ist. Da Copra, der getrocknete, zerschnittene 
Kern der Kokosnuss, einen Hauptausfuhrartikel bis jetzt bildet, so wäre eine nähere Prüfung dieser 
Sache und eventuelle Auffrischung der degenerirten Zucht wohl ins Auge zu fassen. 

Bohnen (Merme), Zuckerrohr (Jang), Gurken und Kürbisse (Zekwai und Arbus 
genannt) sind Zuspeisen, ebenso der Pisang (Munge), der aber hier bei weitem nicht die Bedeutung 
erlangt, wie z. B. in den Malayenl ändern. 

Die Bohnen haben als Speise vielleicht eine eigene Bedeutung, denn, wie mir Herr Hoffmann 
erzählte, der Augenzeuge war, vorzehrte beim Friedensschluss nach dem grossen Kampfe im Jahre 
1896 zwischen den Bogadjim-Dürfern jeder der am Kampfe Betheiliglen feierlich eine Bohne! 

Den Melonenbaum, die Papaya, die auch bei den Tamo's diesen Namen trägt, haben 
wir als beliebte, viel angebaute und stark verwildernde Frucht schon einigemale erwähnt. 

Als Gewürz pflanzt man spanischen Pfeffer (Capsicum spec.) und Ingwer, Lee genannt. 

Rein dorn Genuss dienen die Früchte der sogenannten Betel- oder Pinang-Palmen 
(Areca sp.), welche mit dem Siri zusammen gekaut werden. Sie sind eine Hauptculturpflanze der 
Bergdörfer, und ihre Nüsse sind sehr gesuchte Tauschwaare. Auch der Siripfeffer, Piper belle L., 
in dessen grüne Blätter das aus etwas ungelöschtem Kalk*), etwas Tabak und einem Stückchen 
Pinangnuss bestehende Priemchen eingewickelt wird, ist dort eine lohnende Culturpflanze. In Er- 
manglung eines richtigen Siriblattes thut's auch zur Noth ein anderes Pfefferblatt von einer der 
verschiedenen wildwachsenden Sorten. 

Die Kawa-Wurzel, Piper methysticum Forst., ist keine Culturpflanze, sondern wächst wild. 

Der Tabak wird in ganz Neu-Guinea, selbst tief im Innern, offenbar schon seit uralten 
Zeiten angepflanzt, so dass Finsch**) sogar meint, die Papun's hätten bei ihrer Einwanderung in 
Neu-Guinea, wie Hund und Ilaushuhn, so auch den Tabak mitgebracht, vielleicht auch die Betel- 
palme. Durch den Europäer haben sie ihn nicht erst kennen gelernt, so viel steht fest ; denn wohin 
auch Reisende in's Innere vorgedrungen sind, überall haben sie Tabak angebaut gefunden. Jeder 
Reisebericht constatirt das. Ueber die Zubereitung des Tabaks siehe weiter hinten. 

Neben dem Nützlichen vergisst aber der Tamo auch nicht das Schöne. Er ist Liebhabor 
von hübschen und wohlriechenden Blumen und Blättern und hat bei seinen Tanzfesten, deren im 
Jahr nicht wenige sind, grossen Bedarf hieran. Er hegt im Dorf zwischen den Häusern gern blühende 
Sträucher, namentlich die überall beliebte Hibiscus rosa sinensis, deren grosse rothe Trichterblumen er 
gern ins Haar steckt, und huntblätterige Codiaeum- und Graptophyllumbüsche. Letztere sind auch 
beliebte Zierpflanzen bei den Malayen und werden in der dunkelblätterigen Varietät gern von den- 
selben auf die Gräber gepflanzt. Mit Vorliebe wird auch eine Liliacee gezogen, Gordyline jaquini 
Korth., die den Vortheil hat, dass sie neben hübschen, zum Festschmuck viel verwendeten Blättern 
auch noch eine essbare Wurzel besitzt. In den Feldern pflanzt man die Lieblingsblume Celosium 
und das wohlriechende Ocimum sanetum, das zu Riechsträusschen dient, welche in den Oberarm- 
ring gesteckt werden. Auch das Citronellagras , welches wir in Singapore kennen gelernt haben 
{s. S. 3), kann man hier in den Gärten finden. 

Weitere Culturgewächse habe ich nicht gesehen. Sago (Bern) und Brotfruchtbaum (Bali, 
eine zweite Art heisst Guwel) wachsen wild und können darum nicht zu jenen gerechnet werden. 



*) „Das Betelkauen bei den malayischen Völkern." Von F. Grabowsky. Internat. Archiv für Ethnographie. Bd. I. 
**) Ethnologische Erfahrungen und Belegstücke etc. VI. Band, p. 63. 



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Ueberdies ist die Sagopalme lokal beschränkt, und von der Brodfrucht habe ich persönlich die Ein- 
geborenen nie Gebrauch machen sehen, obgleich es bestimmt der Fall ist. Die Cycas wird nicht 
verwerthet. 

Im Walde und auf dem Felde wachsen dem Tamo noch eine ganze Menge von Nutzpflanzen 
wild zu. Im Anhang habe ich versucht, eine Uebersicht derselben zu geben, soweit mir die Literatur 
zuganglich war, und bitte ich denjenigen meiner Leser, der sich dafür interessirt, dort nachzuschlagen. 

Der Tamo ist hauptsächlich Ackerbauer und bestellt seine Felder sehr sorgfältig. Es ist 
eine Freude, ihn mit seiner Familie im Feld arbeiten zu sehen. Er sieht seine Frau nicht bloss als 
Arbeitsthier an, sondern verrichtet stets die schwerere Arbeit selbst. Er fällt im Schweisse seines 
Angesichts den Wald, indem er den kleineren Bäumen mittelst seines Stein- oder Hobeleisenbeils, 
den grossen Riesen aber mittelst Feuer zu Leibe geht, das er an ihrem Fusse Tag und Nacht 
unterhält; er trägt und schichtet das Holz zusammen und verbrennt es oder benützt es zur Herstellung 
eines festen, dichten und hohen Zaunes gegen die vielen herumlaufenden Schweine, wilde sowohl wie 
zahme. Nur beim Zusammentragen der kleineren Aeste und Zweige helfen alle Hände mit. Erst 
wenn diese Vorarbeiten getlian und die Felder geklärt sind, treten die Frauen und Kinder in Action. 
Die Männer gehen voraus und brechen mit langen spatenähnlichen Stangen aus festem Palmholz (gedät, 
s. S. 191) den Boden um, die Frauen und Kinder folgen hintennach und zerkleinern und zerreiben 
mit Knüppeln und Händen die Schollen, bis das Land aussieht wie ein frisch umgegrabener Garten. 
Dann werden von den Männern mit zugespitzten langen Hölzern die Pflanzlöcher gebohrt, in 
welche von den Frauen die Taro- oder Yamknollen ausgepflanzt werden. Der Taro wächst sehr 
leicht; von einer alten Taropflanze braucht man nur das Kraut mit einem kleinem Scheibchen des 
Wurzelknollens in den Boden zu stecken, so wächst dasselbe lustig weiter. Die Yampflanze muss 
sorgfältiger behandelt und, da sie ein Schlinggewächs ist, an Stöcke oder Reiser festgebunden werden, 
woran sie sich emporranken kann. Die Dioscorcafelder haben mich lebhaft an die malayischen 
Pfeffergärten erinnert, die in ähnlicher Weise gezogen werden. Wenn dann Alles durch die Frauen, 
denen vom Auspflanzen ab das Instandhalten der Felder obliegt, schön von Mang (= Unkraut) rein 
gehalten und gejätet wird und überall mit den dazwischen gepflanzten bunten Ziersträuchern lustig 
grünt und blüht, dann macht das Papuafeld einen ungemein anmuth enden, hei mal blichen Eindruck, 
wie ein grosser Pflanz- und Gemüsegarten bei uns zu Hause. 

Die Häuser sind das letzte an Eigenthum, was wir zu besprechen haben. Communalgut 
der Familie sind, wie wir oben Seite 194 gesehen haben, die Männerhäuser, bäntje, welche auf 
Veranlassung des Familienoberhauptes gebaut werden und in welchen alle männlichen Mitglieder der 
Familie, die verheiratheten sowohl als die unverheiratheten, schlafen. Dieses Zusammenschlafen aller 
Männer scheint eine Sicherheitsmaassregel gegen nächtliche Ueberfälle zu sein, da man in's bantje 
alle Waffen mitnimmt. Hier hängen auch die Schilde und liegt die grosse Trommel. Auch die 
Schmucksachen für die Tänze bewahrt man hier auf. Das Männerhaus ist in Bogadjim im Begriff, 
an Stelle des Asa-Hauses zu treten und ein Mittelpunkt des Asa-Cultus zu werden. Zugleich dient 
dasselbe als Nachtherberge für fremde Gäste. Wenn man deren viele hat, so kann es wohl vorkommen, 
dass die Dorfbewohner selbst sich anderwärts ein Unterkommen suchen müssen. 

Communalgut ist ferner das Asa-Haus, das in Bogadjim noch besieht, aber in einem 
Zustand grosser Vernachlässigung sich befindet. 

Die Wohnhäuser (täl) sind alle persönlicher Privatbesitz. So viel Frauen ein Mann hat, 
so viel Häuser baut er, für jede Frau eins. Auch der Papua scheint also schon seine Erfahrungen 
bezüglich des Zusammenlebens der Frauen gemacht zu haben. 

Theuer sind sie ja nicht, die Häuser, und leicht und schnell herzustellen. Wenn Jemand 
in Bogadjim ein Haus bauen will, so hilft ihm gewöhnlich die ganze Freundschaft und Verwandtschaft, 



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— 201 — 

selten das ganze Dorr. Nach Fertigstellung muss der Erbauer ein grosses Essen geben. Hat er kein 
Zuchtschwein zum Schlachten, so sucht er ein oder zwei Wildschweine zu fangen. Vor Allem dürfen 
die sehr begehrten Betelnüsse und der Tabak nicht fehlen. Wie in den östlichen Tropen überhaupt, 
so fehlt auch hier jegliche Verwendung von Metall bei Herstellung der Häuser, an Stelle der Nägel und 
Klammern und Schrauben treten Stricke von Bastfasern und Rottan (Bu), mit denen die Verbindung 
der einzelnen Theile bewirkt wird. Das Gebäude wird dadurch bei aller Haltbarkeit sehr elastisch 
und kann auch, ohne zusammenzubrechen, einen gelegentlichen starken Erdbebenpuff, die hier- 
zulande gar nicht - selten sind, vertragen. Wie ich bereits früher schon gesagt habe (Seite 26), 
sieht man auch aus diesem Grande an der Astrolabebucht keine Pfahlbauten, wie sie weiter 
westlich und namentlich im holländischen Theil Neu-Guinea's Regel sind. Die Häuser ruhen 
alle unmittelbar auf dem Boden; die Thüröffnung, welche mittelst einer Pandanusmatte oder 
eines Palmblattgeflechts verschlossen werden kann, ist meist so angebracht, dass sie sich einige 
Fuss über dem Boden befindet ; man muss einige Stufen zu ihr hinaufsteigen und auf ihrer inneren 
Seite unmittelbar wieder ebenso viele Stufen hinunter, worauf man sich auf dem festgetretenen 
Estrich befindet. Manche Hütten besitzen jedoch auch einige Fuss über demselben in Höhe der 
nachher zu erwähnenden Veranda einen hölzernen Fussboden aus Niebunglatten ; der Raum unter 
demselben heisst dann Zunim. Die aus Holz und Bambu- oder Niebunglatten zusammengebundene 
Schla fpritsche, Bitjäl, ist das einzige grössere Möbelstück in dem sonst gänzlich kahlen Raum, so 
viel ich in der Dunkelheit habe unterscheiden können, denn finster ist es in diesen Wohnhöhlen fast 
wie im Grabe, weil mit Ausnahme einer kleiner Oeffming unter dem Giebel jede Art von Fenster 
fehlt. Auch durch die Thüren (die vordere heisst Zirame, die hintere Polom), die sich stets an der 
Giebelseite befinden, kann nur gedämpftes Tageslicht einfallen, weil ausserhalb derselben, etwa in 
halber Manneshöhe, meist noch eine Art Veranda, Kombi, angebracht ist, die durch ein vorspringendes 
Ueberdach geschützt wird. 

Auf dieser Veranda spielt sich meistens das häusliche Leben ab, soweit es nicht in die 
finsteren Innenräume verbannt ist, die aber fast nur zum Schlafen oder bei Regenwetter aufgesucht 
werden. Häufig genug zieht es der Tamo aber vor, seine Geschäfte direkt auf dem durch die Frauen 
allmorgendlich . rein und glatt wie eine Tenne gefegten Erdboden vor dem Hause zu verrichten, wie 
z. B. die ihren Wittwenrock flechtende Frau auf Tafel 25. Auch gegessen wird meistens im Freien: 
die tischartigen Gestelle, welche man in der Nähe der Familienhäuser trifft, und von denen eins auf 
Tafel 36 (im Hintergrund; ein junges Mädchen beugt sich gerade spielend darüber) zu sehen ist, 
sind wirkliche Esstische; nach Miklucho-Maclay *) und Kunze**) pflegt der Hausherr und seine allen- 
fallsigen Gäste, niemals jedoch die Frau, auf diesen seine Hauptmahlzeiten einzunehmen und nach 
denselben zu ruhen, unbelästigt von Hunden, Schweinen oder Kindern. Nach Finsch***) sollen diese 
Tische für die Astrolabebai charakteristisch sein, aber auch in Finschhafen vorkommen. Auch im 
Hinterland, in den Bergdörfern trifft man sie an ; im Dorfe Wjenge habe ich selbst darauf gegessen. 

An den beiden Längsseiten des Hauses reicht das leichtgewölbte Dach, Moröte, welches aus 
dichten Lagen ineinandergeflochtener Blätter der Nipa- oder Sagopalme, manchmal auch nur aus 
Pandanusblättern oder Gras, wie in den Bergdörfern, besteht, bis herab zum Boden; die Palmblatt- 
lagen sind auf dicht nebeneinander gelegte horizontale, fingerdicke Stecken festgebunden, welche 
ihrerseits wieder an andere, ebensolche befestigt sind, die vom First nach dem Boden zu verlaufen 
und die Unterlage des ganzen Daches bilden. 



*} Ethnologische Bemerkungen Aber die Papuas der Maclay-Küste in Neu-Üuinea. In: Natimrkundig tydschrift 
voor Neederiandsch IndiS, deel XXXV, 187», Seite 66. 

**) „Im Dienst des Kreuzes auf angebahnten Pfaden." Barmen 1897, 3. Heft, Seite 10. 
*•*) L c. Band VT, Seile 56. 



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Wie aus der Abbildung Tafel 31 ersichtlich ist, giebt es in Bogadjim nicht nur ein-, sondern 
auch zweistöckige Häuser. Der zweite Stock, Butjua, der ebenfalls vor seinen Thüren einen 
.Balkon" hat, wird dann auf einem gewähnlichen eingekerbten Baumstamm oder auf einer aus 
Stangen und Querhölzern zusammengebundenen Leiter, Teta, erstiegen. Wer gute Augen hat, mag 
eine solche auf Tafel 31 in der rechten Ecke des linken Hauses erkennen. 

Aus den verschiedenen Abbildungen, namentlich den Tafeln 31, 34, 37, wird sich der Leser 
ein besseres Bild von dem Aussehen und der Bauart der Häuser machen können, als ich es mit der 
vollständigsten und langatmigsten Beschreibung vermöchte. * 

Die Häuser in den Bergdörfern sind niedriger und scheinen oft nur, wie Finsch sagt, ein 
auf die Erde gesetztes Dach vorzustellen, sind aber im Uebrigen, wie ich in dem Dorf Wjenge selbst 
gesehen habe, nach dem gleichen Typus gebaut. Nur der Eingang ist ebenerdig und die Veranda 
fehlt. Cayley- Webster bat in seinem Buch solche Häuser aus dem Bergdorf Dumbu auf den Tafeln 
Seite 50 und 54 abgebildet. 

Die Häuserwände (nur an der Giebelseite) bestehen aus horizontal gelegten daumen- bis 
armdicken Stangen aus Holz oder Bambu. Jedoch sieht man auch Wände aus einfachen, kreuzweis 
ineinander geflochtenen Palmblättern und zwar vorzugsweise an den Männerhäusern. Man kann dies 
z. B. sehr schön sehen auf der Tafel 38 des Meyer-Parkinson'schen Albums von Papua-Typen, welche 
das Männerhaus auf Siar bei Friedrich -Wilhelmshafen darstellt. Ein Männerhaus von Bogadjim, 
welches ich hierneben im Bilde bringe, ist noch nicht ganz fertig; es fehlen noch die Giebelwände 
und der Beschauer hat darum einen freien Einblick in das Innere und auf die Construction des 
ganzen Baues.*) In der Mitte, gerade aufgerichtet, steht ein starker Baumstamm als Mittelpfeiler, 
welcher dem Ganzen Halt und Festigkeit giebt. Diese Mittelpfeiler sind oft ganz hübsch geschnitzt; 
der des .Dschelum" auf Bilibili, welchen Finsch abbildet, ist 25 Fuss hoch und zeigt, aus einem 
Stück geschnitzt, sechs übereinander stehende Papuafiguren, vier männliche und zwei weibliche. 
Bogadjim mit seinem degenerirten Kunstsinn hat so Etwas nicht. 

Rechts und links in den beiden Ecken, wo das Dach den Boden berührt, sieht man die 
Kopfenden zweier mächtiger, über mannsdicker Baumstämme, welche in der Längsrichtung des 
Gebäudes auf dem Boden liegen und sowohl Schutz gegen hereinlaufende Feuchtigkeit, als gegen das 
Eindringen von Thieren gewähren sollen, welche etwa unter dem ' Dach durchschlüpfen könnten. 
Angelehnt und in der Ecke links sichtbar ist das Kopfende dieses Baumstammes an einen manns- 
hohen dicken Holzpfahl, der oben in einer muldenförmigen Auskerbung einen Deckbalken aufnimmt, 
der zur Stütze und Befestigung des Daches dient. In der rechten Hälfte wird die ca. 3 Fuss hohe 
aus Pfählen und Niebunglatten gezimmerte gemeinschaftliche Schlafprilsche sichtbar, so wie die an 
ihrem nach der Mitte des Hauses gerichteten Kopfende befestigte Bambustange , welche den 
Schläfern als Kopfkissen, Kalika, dient. 

Baumhäuser, wie sie häufig in Englisch-Neu-Guinea, also im Süden, vorkommen, treffen wir 
in unserm Bezirk kaum; Kunze spricht zwar im III. Hell seiner Publikationen Seite 7 von Baum- 
häusern und bildet solche Seite 9 ab, die am Strand auf überhängenden Bäumen errichtet werden 
und ausschliesslich zu Zwecken der Fischjagd dienen, aber ich habe in Bogadjim weder solche ge- 
sehen, noch davon gehört. (Siehe die Bemerkung über Kunze's Schriften auf der folgenden Seite.) 



*) Ein ganz ähnliches, augenscheinlich ebenfalls unvollständiges Manuerhaus bilden die ^Nachrichten über Kaiser- 
Wilhelmiland" etc. im I. Heft 1891 ab und ein ebensolches von Bilibili Finsch in seinen Samoafahrten Seite 74. Neben- 
bei sei bemerkt, dass diese Mann erb. aus er, welche in Bogadjim, wie gesagt, Banlje heissen, in ßungu Buambrsmra, auf 
Bilibili Djelum, in Siar Dasem genannt werden ; das letztere wird von den Bilihilileuten Dahem gesprochen, weil dieselben 
angeblich kein s aussprechen können. Ich darf wohl daran erinnern, dass die Balak's auf Sumatra ebenfalls solche „Jung 
gesellen"- und Passani enhfiuser besitzen. 



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Auf der Dampier - Insel aber (Karkar) kommen nach demselben Autor Baumhäuser als 
wirkliche Wohnhäuser vor, die jedoch nur den Charakter von Zufluchtsorten in Blutfehden tragen. Er 
hat ein solches besucht und giebt auch eine Abbildung I. c. I, Seite 48, doch weiss ich nicht, ob 
dieselbe Original oder anderswoher entlehnt isl. Er sagt, er sei nicht wenig verwundert gewesen, 
nach dem Erklettern auf schwanker Strickleiter ,im Wipfel des mächtigen Baumes eine Holte an- 
zutreffen, darin bequem drei Männer hätten schlafen können. Auch befand sich vor derselben noch 
eine ziemlich grosse Plattform, worauf ausser einem kleinen Feuerheerd ein Topf und ein Häuflein 
gerösteter Taro zu bemerken waren." 

Was die innere Einrichtung eines Familienhauses betrifft, so ist ausser dem bereits Hitgetheilten 
nur noch wenig nachzutragen. Manchmal ist der Innenraum in ein oder mehrere Zimmer, Warum, 
abgetheilt, wovon das hintere als Speise- und Vorratskammer dient für die aus dem Felde heim- 
gebrachten und für mehrtägigen Bedarf berechneten Taro- und Yamknollen. Auch werden hier die 
Kochtöpfe, Essschüsseln und dgl. aufbewahrt, wenn sie nicht auf einem vom First herabhangenden 
Regal untergebracht sind, welches nach Finsch*) zum Schutz gegen die Mäuse und Ratten mit einem 
überstehenden Dache aus Bunibu oder einer runden Scheibe aus der Blattbasis der Sagopalme ver- 
sehen ist. Auf diesem Regal ist auch der Waflenvorrath des Hausherrn untergebracht, Bogen, 
Pfeile und Speere- 
Häufig ist auch unter dem Dachfirst ein Bodenraum eingerichtet, in welchem alle werthvolleren 
Sachen weggeborgen werden, sowie solche, welche wie Kunze**) sagt auf keinem ehrlichen Wege 
in den Besitz des Betreffenden gelangt sind und eine Zeit lang das Licht nicht sehen sollen. 

Wo ein solcher Bodenraum nicht vorhanden ist, steckt man die wegzubergenden Gegenstände 
einfach zwischen die Blätterlagen des Daches, wo sie für Fremde unauffindbar versteckt sind. Ein 
Papuahaus kann also möglicherweise im Innern total leer aussehen und doch eine Menge Sachen 
enthalten, die aber nur durch einen Zufall entdeckt werden können. 

Nahe dem Eingang des Hauses befindet sich die Feuerstelle, der Herd, Kräng, der meist 
nur aus einigen zusammengesetzten Steinen oder, wie Kunze sagt, .dem Bodenstück eines kaputten 
Topfes" besieht, in welchem Tag und Nacht ein Feuerchen unterhalten wird, am Tag, um zur 
Bereitung des Frühstücks oder zum Anzünden der Cigarren zu dienen, des Nachts, um bei kühlem 
Wetter zu wärmen oder mit seinem Rauch die lästigen Muskito's zu vertreiben, die der braunen 
Haut so gut zusetzen wie der weissen. Ein bischen Rauch in der Wohnung genirt den Tamo nicht 
im Geringsten. 

Das Feuer ist ein sorgsam gehüteter Schatz und insofern könnte man es eigentlich ebenfalls 
zum Besitzthum des Papua rechnen; denn wenn es ihm ausgeht, versteht er — rectius: verstand 
er, denn er benützt heute schon grossentheils schwedische Zündhölzer — kein Feuer zu machen. 
Dieses merkwürdige Factum ist schon Miklucho-Maclay aurgefallen. Wenn es ihnen ausgehe, sagt 
er***), müssten sie aus andern Dörfern sich Feuer holen und darum nähmen sie dasselbe sorgfältig 
vor dem Ausgehen in Acht; überall und immer trügen sie Kohlen und glühende Holzstücke mit sich. 
Herr Hoffmann bestätigte mir das. »In jedem Hause", schreibt er mir, .sieht man darauf, dass 
Tag und Nacht Feuer auf der Feuerstelle brennt. Man nimmt dazu eine Holzart, welche schwer 
brennt, aber lange fortglimmt und Gluth behält. Macht der Tamo eine Reise oder geht er in 's 



') 1. e. Band VT, Seite 58. 

**) Kunze, f. c III. Hell, Seite 11 f, der eine sehr hübsche Schilderung der Häuser und ihres Innern giebt, 
ebenso wie Miklucho-Maclay. Kunze 's sehr lesenswerthe Schriften haben leider den Mangel, dass der Autor oft die mit- 
unter recht verschiedenen Sitten und Gebräuche von Bogadjim, Situ- und der Dampier-lnsel durcheinander mengt ohne 
genaue Angabe des Ortes. 

***) In: Natuurkuudig lydschrift voor Nederlandscb IndiE 1875, deel XXXV, Seite 82 f. 



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— 204 — 

Feld, so hat er immer ein glimmendes Holzscheit bei sich. Will er Feuer anmachen, so schwingt 
er das glimmende Scheit so lange hin und her, bis es ordentlich in Gluth geräth." 

An viel begangenen Wegen, Kreuzungspunkten und dergleichen Orten sieht man oft Baum- 
stämme liegen, die speziell zu dem Zweck gefällt sind, angezündet zu worden und, langsam ver- 
kohlend, den Passanten Feuer zu spenden. Solche Bäume glimmen wochenlang fort. 

Geht aber das Feuer in einem Hause oder Dorfe doch einmal zufällig aus, so sendet man 
zum Nachbar oder in's nächste Dorf. Wenn man aber mit diesen gerade in Unfrieden oder gar 
Fehde lebt, so kann man bös in die Klemme kommen, wie seinerzeit die Bewohner des Bogadjim- 
dorfes Lalu, die mit den übrigen Theildorfem in Streit lagen und nun genöthigt waren, hinüber 
nach Bilibili, also über See, zu fahren, und von dort Feuer zu holen. Die Biiibilileute aber, sagte der 
Gewährsmann Hoffmann's, dem ich diese Mittheilung verdanke, .waren schlechte Kerle und liessen 
sich das Feuer theuer bezahlen." Natürlich — es sind ja geriebene Geschäftsleute! 

Von den Bewohnern der Bergdörfer des Hinterlandes geht die Sage, dass sie Feuer zu 
machen verständen. Auch Miklucho-Maclay hörte davon und liess sich bei seinem Besuche der Berg- 
dörfer Englam-mana und Tiengum-mana (mana = Berg) die Sache vormachen. Die Leute bereiten 
Feuer, sagt er, .indem sie ein Stück Irockenen Holzes, das sie Hol nennen, oben mit ihrer steinernen 
Axt spalten, aber so, dass die beiden Hälften nicht ganz getrennt werden. In die Spalte wird eine 
starke Schnur (die nichts Anderes als eine gespaltene Liane isl) eingeführt, und das Holzstück mit 
dem Knie oder dem Fusse am Boden festhaltend, setzt der Papua die Schnur in eine immer schneller 
werdende reibende Bewegung , bis die trockenen Kokosnussschalenfasern , die untergelegt sind, 
anbrennen. Diese Art des Feuermachens ist eine sehr unbehülfliche, es dauerte Vi Stunde, bis der 
Papua durch diese Procedur mir Feuer machen konnte." 

Ich brannte nun darauf, diese Procedur ebenfalls vor meinen Augen ausführen zu sehen, und 
einer meine ersten Handlungen in dem Bergdorfe, welches ich besuchte, war, einen der Bewohner 
gefälligst um Feuer zu bitten. Kaltblütig und bereitwillig langte der Angesprochene in seine Trag- 
tasche und brachte — eine Schachtel schwedischer Zündhölzer zum Vorschein! So weit ist es auch 
hier bereits gekommen! In wenigen Jahren wird wohl kein Mensch mehr sein, der noch auf die 
alte Art Feuer zu machen versteht. Und noch einige Jahre weiter, so wird selbst die Erinnerung 
und damit ein hochbedeutsames Document über die Urgeschichte der Menschheit ausgelöscht sein. 
Ein Glück, dass uns Miklucho-Maclay wenigstens die Kunde hiervon bewahrt hat. Derselbe macht 
noch folgende wichtige Mitlheilung: 

„Sie erzählten mir", sagt er*), „dass sie sich recht gut der Zeit erinnerten, wo sie ohne 
Töpfe backen und sonstige Nahrung zubereiten mussten. Bei diesen Nachfragen ist es mir noch 
gelungen, herauszubringen, dass die jetzigen Leute an der Maclay-Küste durch Tradition noch die 
Zeit kennen, wo sie noch kein Feuer hatten. Es ist sehr eigenth Cimlich und sehr interessant, dass 
in verschiedenen Loyalitäten mir dasselbe erzählt wurde. Sie berichteten mir, dass damals, wo sie 
kein Feuer hatten, alle Früchte roh verzehrt wurden und dass desshalb die Leute an einer Zahn- 
fleischerkrankung litten, wobei sie den Mund immer voll Blut hatten. Sie hatten auch einen be- 
sonderen Namen für diese Krankheit**)." 

Wir haben nunmehr, denke ich, das gesammte Hab und Gut unserer Bogadjim-Leute so 
gründlich kennen gelernt, dass wir bei einer Begegnung mit ihnen oder einem Gang durch die 
Dörfer kaum mehr viel Neues und Unbekanntes erblicken werden. Wir können uns darum jetzt an 
die Aufgabe machen, auch ihr geistiges Eigenthum einer näheren Betrachtung zu unterziehen. 



•) In der Berliner Zeitschrift fflr Ethnologie. Band XIV, 1882, p. 574. 

**) Die vielleicht eine Art Scorbut oder die jetzt noch ziemlich häufig unter den Melanesien! vorkommende 
Noma-artige Erkrankung war. 



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— 205 — 

Da die Sprache unzweifelhaft die höchste Stelle in dem geistigen Eigenthum der Menschheit 
einnimmt, so ist es nicht mehr wie recht und billig, dass wir die sprachlichen Verhältnisse zu aller- 
nächst berücksichtigen. 

Da stoäse ich nun auf eine dreifache Schwierigkeit. Erstens bin ich kein Linguist, weder 
nach Anlage noch nach Beruf. Zweitens habe ich wahrend meines doch verhältnissmässig kurzen 
Aufenthaltes dort weder genügende Gelegenheit noch Müsse gehabt, um selbst der Bogadjim -Sprache 
genügend mächtig zu werden, die eine der verwickeltsten und complicirtesten ist, so dass Missionar 
Hoffmann, der dieselbe schon seit Jahren an Ort und Stelle als ausschliessliches Studium betreibt, 
trotz einer unleugbaren Begabung für Sprachforschung jetzt erst anfängt, klar zu sehen. 

Drittens existiren nur sehr wenige Arbeiten über Papuasprachen, welche Deutsch-Neu-Guinea 
betreffen. Mir sind nur bekannt geworden die Arbeiten von Dr. Schellong*), Dr. Schnorr v. Garols- 
feld**) und Prof. v. d. Gabelentz ***), von welchen die beiden ersten nur die Jabimsprachen be- 
handeln. Wörterverzeichnisse der Aslro labesprachen und Bemerkungen hierüber existiren von 
Miklucho-Maclay und Finsch. Das weitaus meiste Material bringt unstreitig Zöller in seinem be- 
kannten Buche über Neu-Guinea. Er publizirt in seinem Werke Wörterlisten aus 29 verschiedenen 
Sprachen unseres östlichen Schutzgebietes und widmet das ganze letzte Capitel seines umfangreichen 
Werkes sprachwissenschaftlichen Untersuchungen. 

Die Sprachenzersplitterung in unserm Gebiet ist eine ausserordentlich grosse. An der 
Astrolabebucht z. B. sind mir allein 4 Sprachen bekannt: Die von Bongu, Bogadjim, Bilibili und 
Siar. Alle diese Orte liegen nur wenige Stunden auseinander, unlerhalten aber nur wenig Verkehr 
unter einander, sondern leben getrennt, nicht gerade feindschaftlich, aber gleichgültig und ohne viel 
nähere Beziehungen neben einander dahin. Die Bilibilileute machen eine Ausnahme; sie verkehren 
und kommen überall hin, ihr kleines Inselchen bildet den einen der beiden grossen Handelsmittel- 
puncte Kaiser-Wilhelmslands. Die Verschiedenheit dieser Sprachen unter einander ist so gross, dass 
z. B. die Eingeborenen der obengenannten vier Ortschaften einander nicht verstehen können, wenn 
sie die betreffende Sprache nicht geradezu gelernt haben, was jedoch denselben mit ihrem durch 
keine Schule ermüdeten und überfüllten Gehirn keineswegs schwer fällt; es ist ganz erstaunlich, wie 
schnell der Eingeborene Sprachen lernt. Ich war dreimal in der Lage, Malayen mit nach Europa zu 
nehmen; die Leute konnten weder lesen noch schreiben, aber alle sprachen — ohne Lehrer — 
bereits nach wenigen Monaten ein ganz passables Deutsch. Ein anderer kleiner Knirps, ein Kling- 
junge aus Madras, der unsere Tischgesellschaft — ausser mir noch 5 Deutsche — in Deli auf 
Sumatra bediente, etwa 2 Jahre lang, hatte nur durch das gelegentliche Anhören unserer Tisch- 
gespräche perfect Deutsch gelernt, wie ich eines schönen Tages zu meiner grössten Ueberraschung 
entdeckte. 

Mitten in diesen mehrfachen ausserordentlichen sprachlichen Schwierigkeiten halte ich das 
Glück, in Missionar A. Hoffmann einen Mann zu treffen, der mir mit grosser Freundlichkeit und 
Hilfsbereitschaft an die Hand ging und mir von dem reichen Schatze seines Wissens in selbstlosester 
Weise mittheilte. Er hatte die Güte, mir auf meine Bitte einige Bemerkungen über die uns haupt- 
sächlich hier interessirende Bogadjimsprache und ihr Verhältniss zu den übrigen Astrolabesprachen 
niederzuschreiben, die ich im Nachfolgenden wiedergebe. Für die Bogadjimsprache ist ja gerade 
Hoffmann die beste, ja die einzige Autorität, und ich wünsche und hoffe nur, dass er bald seine 

*) Die Jabimspniche. E in zelbei trage zur allgemeinen und vergleichende Sprachwissenschaft , Heft VII , Leipzig, 
Friedrich 1890. 

**) Beiträge zur Sprachenkunde Ozeaniens. Sitzungsberichte der phil.-hist. Klasse der Königl. bair. Atad. 4- Wissen- 
schaften 1890, S. 247. 

***) Beiträge zur Kenntniss der melanesischen, micronesischen und popuanischen Sprachen in den Abhandhingen 
der philol.-hist. Klasse der Königl. sächsischen Akademie der Wissenschaften, Leipzig 1882. 



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— 206 — 

Bescheidenheit überwinden und uns mit einer Grammatik und einem Lexikon der Bogadjimsprache 
beschenken möge. Des Dankes der wissenschaftlichen Welt dürfte er gewiss sein. Und ihm schliessen 
sich hoffentlich die Missionare der andern Orte, wie Kunze von Dampier, Bergmann von Siar, Vetter 
von Simbang etc.. bald an; an der Arbeit sind sie wenigstens sammtlich schon tüchtig gewesen, 
wie ich selbst gesehen habe. 

Ich lasse nun Herrn Hoffmann's Ausführungen folgen: 
Die Bogadjim-Sprache und ihre Verwandtschaft zu den in der Umgegend von 
Bogadjim gesprochenen anderen Sprachen. 

Die Bogadjim-Sprache wird gesprochen in den Dörfern Bogadjim, Bauar und Jauar. In 
diesen 3 Dörfern, von denen das eine, Bogadjim, an der See liegt, die beiden andern aber im Gebirge 
— Jauar am Minjengja, Bauar am Jorjft (Ja =- Wasser, Fluss, Bach, d. V.) — gelegen sind, wohnen kaum 
600 Seelen. Es ist desshalb ein sehr kleines Gebiet, auf welches die Bogadjim-Sprache beschränkt 
ist. Doch giebt es sowohl an der Küsle, wie auch im Hinterlande der Astrolabebai eine ganze Anzahl 
Dörfer, in welchen immer Leute zu finden sind, welche die Bogadjim-Sprache einigermassen verstehen. 
Im Verkehr mit den Eingebornen an der Astrolabebai kann deshalb immerhin die Bogadjim-Sprache 
gute Dienste leisten, wenn ihr auch nicht die Bedeutung zukommt wie der Siar- und der mit ihr 
nahe verwandten Bilibili-Sprache. Diese beiden Sprachen werden verstanden nordwärts bis Cap Croisilles 
und der Dampier-Insel, südwärts bis beinahe zum Kap König Wilhelm. Mit der Siar- und Bilibili- 
Sprache hat die Bogadjim-Sprache keine Verwandtschaft; hier eine dialektische 
Verschiedenheit suchen zu wollen, wäre verkehrt. Wohl giebt es eine kleine Anzahl Wörter, welche 
den genannten drei Sprachen gemeinsam sind, aber die meisten beziehen sich auf Gegenstände 
des Handels und dieselben sind wohl durch den regen Handelsverkehr, welchen die Siar-, Bilibili- 
und Bogadjim-Leute stels unterhalten haben, in alle 3 Sprachen aufgenommen worden. Im Bau und 
Wesen ist die Bogadjim-Sprache von den beiden oben genannten Sprachen total verschieden. 
Merkwürdig ist, dass in Bogadjim eine Anzahl Leute wohnen, welche die Siar- und Bilibili-Sprache gut 
sprechen, während es, soweit ich beobachten konnte, keinen Bilibili- oder Siar-Mann giebt, welcher 
die Bogadjim Sprache vollständig beherrscht. Die Leute bedienen sich, wenn sie in ihrer Sprache nicht 
verstanden werden, der Zeichensprache, in welcher die Papua's erstaunlich viel sagen und ausdrücken 
können. Es fällt vor allem den Bilibili- und Siar-Leuten die Aussprache der in der Bogadjim-Sprache 
vorkommenden Gutturallaute sehr schwer, sie können sich, auch wenn sie in Bogadjim ansässig 
werden, nicht daran gewöhnen. 

Mehr Berührungspunkte finden sich zwischen der Bogadjim- und Bongu-Sprache. 
Hier kann man von einer Verwandtschaft beider Sprachen reden; es handelt sich wohl nur um dia- 
lektische Verschiedenheit. Beide Sprachen haben die gleichen Guttural- und Nasallaute. Viele scheinbar 
verschiedenen Wörter lassen sich auf einen gemeinsamen Stamm zurückführen. Deshalb sprechen auch 
eine Anzahl Bongu-Leute die Bogadjim-Sprache ganz gut und umgekehrt Bogadjim-Leute die Bongu- 
Sprache. Dass im Laufe der Zeiten in beiden Sprachen auch Wörter Aufnahme gefunden haben, 
bei welchen sich keine Verwandtschaft konstatieren lässt, ist bei dem Sprachengewirr Neu-Guinca's 
leicht erklärlich, besonders wenn man beobachtet, dass häufig Leute, sei es durch Heirath oder um 
eines Vergehens willen, von einem Dorf ins andere übersiedeln und dann keineswegs nun die Sprache 
des neuen Heimathdorfes lernen, sondern sich nach wie vor der Muttersprache bedienen. 

Es bleibt noch zu erörtern, in welchem Verhältnisse die Bogadjim-Sprache zu den Inland- 
Sprachen steht. Der Verkehr mit den Bewohnern der Inlanddörfer ist nicht schwer, da man 
allenthalben, soweit die Bogadjim-Leute ins Innere hineinkommen, Personen antrifft, welche die 
Bogadjim-Sprache verstehen und zum Teil auch sprechen. 



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- 207 — 

Verwandt sowohl mit der Bogadjim-, wie auch mit der Bongu-Sprache ist die Sprache, 
welche in den Dörfern Wuang, Jimjam, Kalikomana, Buramana und Manikam, also in den Dörfern 
am Unterlauf des Minjengja und um den Konstantinberg gesprochen wird. In der Sprache dieser 
Dörfer gibt es eine Menge Wörter, welche mit den gleichen Wörtern der Bogadjim-Sprache einen 
Stamm haben. Da die genannten Dörfer sowohl mit Bogadjim wie mit Bongu in regem Verkehr 
stehen, ist es erklärlich, dass man Wörter findet, welche denselben Wörtern der Bogadjim -Spracht! 
gleichlautend und andere, welche denselben Wörtern der Bongu-Sprache gleichlautend sind. Auch 
diese Sprache hat Guttural- und Nasallaute, die recht schwierig auszusprechen sind, 

Ganz verschieden von der Bogadjim-Sprache ist die Sprache, welche in dem Dorfe Wenke 
(linkes Ufer des Minjengja) gesprochen wird. Auch die Dörfer am Oberlauf des Minjengja und die 
mehr nach dem Finisterre-Gebirge gelegenen scheinen diese Sprache zu sprechen. 

In den Dörfern Aiau (rechtes Ufer des Minjengja), Balai, Wai, Waloke, Zenaitje, Erima, Uja 
(alte zwischen Jorja und Narumja gelegen), sowie in Dörfern der Landschaft Mariga (zwischen Eli- 
sabeth- und dem Gocholfluss) wird eine Sprache gesprochen, weiche von der Bogadjim-Sprache sehr 
abweicht, aber dennoch Wörter aufweist, welche Bogadjim-Würtern verwandt sind. Hier scheinen 
wir es mit einer Inlandssprache zu tliun zu haben, die ein viel grösseres Gebiet umfasst, wie die 
Sprachen an der Küste, und die Vermuthung läge nahe, dass die Inlandssprachen überhaupt 
nicht so zersplittert sind wie die Küstensprachen. Als sprachliches Kuriosum sei 
erwähnt, dass in dieser Sprache Sonne sona heisst. 

Soweit Herr Hoffmann. 

Ueber die Grammatik der Bogadjim-Sprache glaube ich mich nicht weiter verbreiten zu 
sollen, um genanntem Herrn, von dem ja doch meine ganze sprachliche W T eislieit stammt, nicht in's 
Handwerk zu pfuschen. Es sei nur so viel bemerkt, dass die Bogadjim-Sprache, wie alle melanesischen 
überhaupt, zu den agglutinirenden Sprachen gerechnet wird, die weder Deklination noch Conjugation 
kennen, sondern ihre Stamm- oder Wurzelwörter einfach neben einander stellen und die Abwandlung 
nur durch Prä- und Suffixe bewirken. 

Nam heisst z. B. der Baum; hiermit wird alles zusammengesetzt, was mit dem Baum in Ver- 
bindung steht : Namtang = Holz, Namaring = Busch, Namwau = Rodung, Plantage, Nambanga = Blatt, 
Namge = Frucht, Namdjerim = Wurzel , Namgara = Rinde , Namschuö = Blüthe (schuö = Blume), 
Namoe = Kohle (06 oder ui = Asche), Namgorem = Rauch von Holz (gorem = Rauch), den die Ein- 
geborenen scharf unterscheiden von Ja-gorem = Wasserdampf (Ja = Wasser) oder Kasch-gorem = 
Tabaksrauch (Kasch = Tabak). 

Manarobu (Gesichtsberg) heisst die Nase, und mit Mana (Berg) wird Alles zusammengesetzt, 
was auf die Nase Bezug hat, z. B. Manasabu Nasenflügel, Managaki Nasenloch, Manakunjill Nasen- 
spitze, Managaschim Nasenpfeil, Managela Nasenring u. s. f. 

Bang heisst die Hand, resp, der Arm und Singa der Fuss oder das Bein. Mit diesen 
Wörtern wird ebenfalls Alles bis auf den Nagel des kleinen Fingers oder der Zehe herab zusammen- 
gesetzt, was mit Arm oder Bein in Verbindung steht 

Die Bogadjimsprache ist eigentlich eine rauhe, harte Sprache wegen ihrer vielen Gutturallaute, 
aber sehr ausdrucksvoll und bildsam, so dass sie unter Umstanden recht angenehm und wohlklingend 
werden kann, z. B. Dungengi Mädchen, Dedti Lied, Gesang. Sie enthält viele onomatopoetische Wörter 
und Ausdrücke, die der Tamo der Natur abgelauscht hat, wie z. B, Kor-kor der Sturm, Kolla der 
Donner, Go-ba der Nashornvogel, /al*) der Rabe, Baun der Hund, Kiadke der Kakadu, Siwirr der 
Papagei (speciell das Männchen von Eclectus), Gaijing der Muskito, Do/öl Husten, Butbutjo der 
Puls u. s. w. 



*) Vergleiche die Anmerkung auf Seile 1 



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Ueber den menschlichen Körper sind die Tamo's ausserordentlich, ich möchte sagen, un- 
heimlich gut orienlirt. Sie kennen und benennen jeden Theil des menschlichen Körpers, sogar die 
einzelnen Theile der Eingeweide. Das mag wohl in ihrer etwas kannibalisch anrüchigen Vergangen- 
heit liegen. 

Die Ausdrucke sind oft sehr drastisch und bilderreich, aber treffend. So heisst z. B. das 
Knie Singa tombol, wörtlich übersetzt: Deckel des Beins (singa = Bein oder Fuss). Ruhr, Dysenterie 
beisst Biteng (bi = Koth, leng - Blut), also: Blutkoth, nach der Haupt erscheinung bei dieser Krank- 
heit. Die Milch heisst wörtlich: Brusteiter, Mungumgar (gar = Eiter, mungum « die weibliche Brust). 
Erheiternd wirken die mit Bi = Koth zusammengesetzten Worte. So heisst z. B. der Magen 
Bi-ani, d. h. die Mutter des Kothes. Die Locken werden Koth des Kopfes (Kale-bi) und die Wolken 
Koth des Himmels (Lau-bi) genannt. Am drastischsten ist jedoch die Zusammensetzung zur Bezeichnung 
des anus; derselbe heisst Bi-tjumbüm, d. i. die KothflÖte. Man sieht, die braunen Brüder dahinten 
ih Neu-Guinea sind nicht ohne Mutterwitz! 

Wahrend die Bogad Jimsprache , wie gesagt, keine Deklination kennt, hat sie aber merk- 
würdigerweise eine Conjugation, ahnlich wie die Jabimsprache. Zöller hat das ja schon in seinem 
Buch Seite 396 auf Grund seiner (wohl von den Missionaren) erhaltenen Aufzeichnungen verinulhet 
und Hoffmann hat mir dasselbe bestätigt ; er hat mir sogar auf meine Bitte das Futur und Perfect 
des Wortes gilimo, nach Süden gehen*) niedergeschrieben, wie folgt: 
Infinitiv: 
gilimo, ich gehe nach Süden. 
Futur: 
e gilerai ich werde nach Süden gehen 

ni gileras du wirst nach Süden gehen 

a gileras er wird nach Süden gehen 

ga gilerom wir werden nach Süden gehen 

ningi gilerabete ihr werdet nach Süden gehen 
nangi gilerabete sie werden nach Süden geben. 
Imperativ: 
gile! gilime gehe! 
gili je gehet ! 

Perfekt: 
e gilemtjete ich bin nach Süden gegangen 

ni gilemtjete du bist nach Süden gegangen 

a giletjete er ist nach Süden gegangen 

ga gilemtjete wir sind nach Süden gegangen 

ningi gilebtjete ihr seid nach Süden gegangen 
nangi gilebtjete sie sind nach Süden gegangen. 
Vielleicht wundert sich der Leser darüber, dass der Tamo für .nach Süden gehen' ein 
eigenes Wort hat. Er ist eben ein praktischer Mann, der mit einem einzigen Wort das auszudrücken 
sucht, wozu wir vier Worte gebrauchen. Selbstverständlich hat er auch ein besonderes Wort für die 
andern Himmelsrichtungen; so heisst aijimo nach Norden, zimimo nach Westen, orimo nach Osten 
gehen. Das ist für einen Naturmenschen, der am und im Urwald lebt, ganz practisch ; ich bezweifle, 
ob es überhaupt ein einfaches Wort für .gehen" allein giebt. Die genannten Zeitwörter sind für 
sich und haben offenbar mit dem Wort für die betreffenden Himmelsrichtungen — die der Tamo als 



*} Zöller hat gefunden, dass alle Verben der Bogadjimsprache im Infinitiv auf o endigen. Ich weiss nicht, ob 
dies durchgängig richtig ist 



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— 209 — 

Naturmensch sehr wohl unterscheidet — Nichts zu thun, denn Nord heisst in der Bogadjimsprache 
Gumate, der Süden Gutate, Ost Taunle, West Bebeng. 

Der Tamo hat die löbliche Sitte, wenn man ihn vertagst, oder ihm begegnet, Einem freundlich 
grüssend zuzurufen: Gehe nach Ost, West etc., je nach der Richtung, in welcher man geht. Da mein 
Haus von Bogadjim aus im Süden, wie die ganze Ansiedlung Stefansort lag, so war der häufigste 
Abschiedsgruss stets: Gilime, Dokter! (gehe nach Süden, Doktor!) worauf man zu erwiedern hat: 
o oder: ode, ja! Andernfalls lauten die Rufe: aijime, gehe nach Nord, zimime, gehe nach Ost, 
orime, gehe nach West. Wenn mehrere Personen zusammen weggehen, so lautet der Abschiedsgruss: 
Gilije, aijije, zimije, orije! 

Soviel über die Bogadjimsprache. 

Wir wollen nun noch kurz betrachten, in welchem allgemeinen Verhältniss die Kaiser- 
Wilhelmslandsprachen zu den übrigen Sprachenfamilien stehen, und wollen uns dabei an die Er- 
gebnisse der Züller'schen sprachvergleichenden Studien halten. 

Derselbe kommt zu dem Schluss, dass wir es auf Neu-Guinea nicht mit stammlich total 
verschiedenen Sprachen zu thun haben, sondern dass sie mit grösster Wahrscheinlichkeit alle mit- 
einander zu einem einzigen Sprachstamm gehören und sich etwa zu einander verhalten, wie z. B. das 
Deutsche zum* Holländischen oder Englischen. Er sagt: „Mein Gesammteindruck ist der, dass es 
unter all den vielen Sprachen oder Dialekten unseres Südseeschutzgebietes keine giebt, welche so grosse 
Verschiedenheiten wie die zwischen germanischen und romanischen Sprachen, zum mindesten keine, 
welche grössere aufwiesen. Das Sprachen -Chaos befremdet und verwirrt bloss den Uneingeweihten. 
Je weiter unsere Kenntniss fortschreitet, desto mehr Klarheit wird sich ergeben." Weiter sagt er: 
.Die auffallendste von allen Thatsachcn, die sich aus meinen Sprachstudien in Neu-Guinea ergeben 
haben, ist die, dass wenn man bloss zwei benachbarte Sprachen, beispielsweise „Jabim" und „Kei", 
oder „Bokadschim" und „Bitibili" miteinander vergleicht, zunächst eine erschreckende und ent- 
mutigende Verschiedenheit hervortritt, dass aber in dem Grade, wie man mehr und mehr Sprachen 
oder Dialecte in den Kreis seiner Beobachtung zieht, dieser Anfangseindruck, indem sich durch 
dutzenderlei Uebergangsstufen klarer und klarer das Bild einer grossen Verwandtschaft entrollt, in 
das gerade Gegentlieil umschlägt." 

Wenn man die Vocabulare ZöIIer's durchstudirl, so kommt man mit ihm zu der Ueber- 
zeugung, dass alle diese Sprachen zu dem grossen malayo-polynesi sehen Sprachstamm gehören, 
so dass alle ozeanischen Sprachen zwischen Hawaii und Madagaskar einen gemeinsamen Ursprung 
haben; „häufig genug findet sich sogar ein und dasselbe Wort bei Malayen, Melanesiern und Poly- 
nesien)." Zöller „scheint es sogar, als ob die Papua-Wörter die ursprünglichen und die malayischen 
die davon abgeleiteten wären. Vielfach habe ich", sagt er, „neuester Zeit, namentlich von englischen 
Missionaren, die Ansieht gehört, die Papua-Idiome seien im malayischen, melanesischen und poly- 
nesischen Archipel das Ursprüngliche gewesen. Die dunkelhäutige Bevölkerung sei aber, während 
sie in Melanesien, abgesehen von geringfügigen Mischungen, unverändert blieb, im malayischen 
und polynesischen Archipel durch Masseneinwanderung aus Asien anthropologisch von Grund aus 
verändert worden. Die Sprachverwandtschaft sei das auffallendste Ueberbleibsel einer früheren 
Bevölkerungseinheit." 

Und zu dieser früheren Bevölkerungseinheit gehörig werden sich auch wohl schliesslich noch 
die Australier entpuppen, wenn einmal mehr Klarheit in diesen Dingen eingetreten sein wird. Herr 
Dr. Schnorr v. Carolsfeld hat wenigstens bei den Papua-Sprachen von Britisch-Neu-Guinea mancherlei 
Verwandtschaftliches mit australischen Sprachen nachgewiesen, ebenso Taplin. 

Wir haben also auch von Seiten der Linguistik Spuren und Reste eines uralten, grossen 
Sprachstammes, dessen räumliche Ausdehnung sehr gut mit den Resultaten übereinstimmt, welche 

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- 210 - 

wir aus der Betrachtung der somatischen Verhältnisse oben Seite 165 gewonnen haben. Auch die 
Sprachforschung kommt auf die Grenzen des alten Gondwanalandes zurück! 

Zöller ging in der Weise vor, dass er die ihm zur Verfügung stehenden Melanesiersprachen 
zunächst auf ihren Prozentgehalt an malayischen und polynesischen Worten prüfte. Ob dieser Weg 
vor der Kritik der Linguistik bestehen kann, weiss ich nicht; ich bin all meiner Lebtage kein 
Sprachgenie gewesen und meine Lehrer auf dem Gymnasium haben mir jedwede Befähigung zum 
Philologen rundweg abgesprochen ; aber er erhält auf diesem Wege so klare und deutliche, greifbare 
Resultate, dass ich sie meinen Lesern nicht vorenthalten mag; seine Methode, die ihm so anschau- 
liche, instructive Ergebnisse zuwege bringt, wird ja übrigens auch in der Naturwissenschaft, z. B. 
der Pflanzen- und Thiergeographie, ebenfalls häufig mit bestem Erfolg angewandt. 

Er hat nun Folgendes gefunden: 

„Der Prozentsatz derjenigen Wörter unseres Schutzgebietes, welche mit malayischen Be- 
zeichnungen wurzelverwandt sind, ist bei allen 29 Sprachen annähernd der gleiche, gleichviel ob sie 
Küsten- oder Binnenlandsprachen sind. Das Gleiche gilt für die Verwandtschaft mit solchen Wörtern, 
welche dem malayischen und dem polynesischen Archipel gemeinsam sind. 

„Anders aber steht es mit den Wörtern unseres Schutzgebietes, welche blos mit polynesischen 
Ausdrücken verwandt sind." Hier ist der Prozentsatz in den verschiedenen Sprachen - ein sehr ver- 
schiedener. Er ist am kleinsten bei den Binnenlandstämmen, am grössten aber an der Küste und in 
denjenigen Gegenden, für welche gemäss ihrer geographischen Lage eine polynesische Zuwanderung 
anzunehmen ist. So steigt derselbe z. B. bei den Sprachen des Bismarck- und Salomonsarchipels, 
die ihrer geographischen Lage nach viel eher polynesischen Einwanderungen ausgesetzt sind, auf das 
Doppelte und Dreifache, wahrend der Prozentsatz der malayischen oder malayo-polynesischen der 
gleiche bleibt. 

Auf dem Festlande von Deutsch-Neu-Guinea finden sich an keiner Stelle so viele polynesisch- 
malayische Anklänge als bei Finschhafen, über 20°/ . An der vor polynesischer Einwanderung mehr 
geschützten Astrolabebucht hingegen, sowie bei den im Innern des Landes gesprochenen (sogen. Kei-) 
Sprachen rinden wir kaum die Hälfte dieser Zahl. Aber diese Hälfte in den von Einwanderung 
weniger berührten Gegenden liefert uns eben den Beweis von der uralten Verwandtschaft der malay- 
ischen, melanesischen und polynesischen Sprachen. 

Zöller erwähnt zwei sehr bezeichnende Beispiele. An der Küste der Astrolabebai lautet 
das Wort für Haus tal und für Bogen äng; im Hinterland aber, das von allem Verkehr, aller 
fremden Einwanderung gänzlich abgeschlossen ist, im Dorfe Dschongumana, traf er für diese beiden 
Dinge die rein malayischen Bezeichnungen uriim (ruma) und pana, die übrigens in den Vocabularien 
noch vielfach wiederkehren. Solche Erscheinungen sind doch nicht gut anders zu erklären, als durch 
enge sprachliche Verwandtschaft! Es lässt uns dies vermuthen, dass die Papuasprachen nicht als 
eine fremde Enclave mitten in dem grossen malayo-polynesischen Sprachgebiete sitzen, sondern einen, 
vielleicht sogar den Grundstock für die andern bildenden und mit den australischen Sprachen ver- 
wandten Bestandtheil desselben darstellen. 

Dies sind so die Hauptergebnisse der Zöller'schen Sprachstudien. 

Die Nolhwendigkeit, mit allen Völkern im Schutzgebiete mündlich verkehren zu müssen, und 
die Unmöglichkeit, alle dort gesprochenen Sprachen zu erlernen, sowie das Fehlen jedes grösseren 
Sprachverbandes auf weitere Strecken hin hat im Laufe der Jahre bei den Tradern und Händlern 
und der Bemannung der Arbeiteranwerbungsschiffe im Salomons- und Bismarckarchipel einen ent- 
setzlichen Sprach-Cretin als lingua franca sich herausbilden lassen, welcher ähnlich wie in China 
unter dem Namen Pitjen-Engüsch geht, von dem aber selbst der geborenste Engländer kaum einen 
Satz verstehen dürfte. 



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— 211 — 

Oder kann Jemand sich vielleicht den Satz richtig übersetzen : master, he go belong water, 
big fellow bokes, you fight hem, he cry! wenn er nicht weiss, dass der „big fellow bokes, you fight 
hem he cry (eine grosse Kiste, wenn man sie haut, schreit sie) ein — Pianino bedeutet? Mit diesen 
Worten rapportirte nämlich eines schönen Tages einer unserer schwarzen „Jungen" die betrübende 
Thatsache, dass unser Pianino beim Ausladen aus dem Schiff in's Wasser „gegangen" resp. ge- 
fallen war. 

Zöller hat schon in seinem Buche das bekannte hübsche Beispiel gebracht : Cocosnuss belong 
him, grass he no stop, das heisst: Auf seiner Cocosnuss (so wird im ganzen Archipel der Eopf, 
jedenfalls der Aehnlichkeit halber, genannt) ist resp. wächst kein Gras = Haar. Der ganze Aus- 
druck soll einen Kahlkopf bezeichnen. 

Die Axt heisst im Archipel toniiau, corrumpirt aus: tomahawk*). Brother belong tomiau, 
also „Bruder der Axt", das ist eine Säge; und wenn man das nicht gleich versteht, so macht der 
Betreffende die entsprechende Bewegung des Sägens: He come, he go — he come, he go! 

Noch ein anderes Beispiel, welches den übermässigen Gebrauch des Wortes belong als 
Possesivpronomen recht hübsch und scherzhaft illustrirt: Zwei Leute, einer aus dem Bismarck-, der 
andere aus dem Salomonsarchipel, die sich also nur vermittelst des Pitjen-English verständigen können, 
streiten sich, weil der Eine dem Andern ein Gefäss weggenommen hatte, worin sich eine Carbollösung 
zum Auswaschen seiner Fuss- re3p. Zehenwunde befand. Dieser schalt wörtlich: ,What name — 
whal name bezeichnet alles Mögliche : Eine Anrede, warum, was, eine Frage u. s. w. ; es ist einer 
der häufigst gebrauchten Ausdrücke im Archipel — also: What name, you take him puket belong 
water belong medecin belong sore belong finger belong foot belong leg belong me? 

Dass man in dieser schauerlichsten aller Sprachen keine wissenschaftliche Unterhaltung mit 
den Eingeborenen führen kann, liegt auf der Hand. Glücklicherweise besteht durch die grosse Einfuhr 
von javanischen und chinesischen Kulis Aussicht, dass mit der Zeit das scheussliche und unserer un- 
würdige Pitjen-Englisch verdrängt und das Vulgär-Malayische zur allgemeinen Umgangssprache werden 
wird ; es ist dies, wie ich aus eigener, langjähriger Erfahrung weiss, eine sehr einfache, wohlklingende, 
sehr leicht, vielleicht am leichtesten von allen Sprachen der Erde, zu erlernende und voll- 
kommen, selbst für abstrakte Begriffe, ausreichende Sprache, die den Vortheil hat, dass sie von 
ca. 50 Millionen Menschen im benachbarten auslromalayischen Archipel gesprochen wird und von 
jungen europäischen Kolonisten aus Grammatiken oder im orientalischen Seminar zu Berlin schon in 
Europa gelernt werden kann. 

Da mit der Sprache aufs Engste der »Ausdruck der Gemüthsbewegungen* und die Ge- 
berdensprache verbunden ist, so schickt es sich wohl, dass wir eine kurze Betrachtimg der- 
selben direkt hier anschliessen. 

Der Tamo ist ein lebhafter, impulsiver Mensch. Ratzel meint, der Unterschied des melanesischen 
Charakters vom polynesischen liege wesentlich auf der Seite des Negercharakters. Gewiss, er ist ein 
fröhlicher Gesell, lange nicht so ernst und zurückhaltend wie der Malaye, aber doch auch bei weitem 
nicht so geräuschvoll und lärmend wie der Neger und weiss sich im gegebenen Moment recht würdevoll 
und gesetzt zu benehmen; ich glaube, er wird so gerade die Mitte zwischen beiden halten. 

Seine Geberdensprache ist sehr ausdrucksvoll, aber auf Europäeraugen oft von hochkomischer 
Wirkung. 

Das „Ja* z. B. wird ausgedrückt durch ein Zucken oder Blitzen mit den Augen, oder durch 
ein schnelles Emporziehen der Augenbrauen, ähnlich wie wir es bei manchen Affen zu sehen gewohnt 



*) An der Astrolabebucht, in Bongu und Bogadjim heisst sie nach dem russischen, von dem Russen MiUucho- 
Maclay eingeführten Worte heute noch taporr, wie denn überhaupt die Eingeborenen gerne für neue Dinge in ihre Sprache 
die fremden Worte aufnehmen; cf. hierüber auch Zoller p. 373. 

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sind. Ich war, als ich das zum ersten Male sah, über diese pithecoide Geberde geradezu frappirt. Hiezu 
tritt dann als Verstärkung öfters noch ein massiges Einschlürfen der Luft mit leicht gespitzten Lippen. 

Ein stärkeres Einschlürfen der Luft mit mehr gespitzten Lippen und aufgerissenen Augen 
drückt Verwunderung und Staunen aus. 

Das Herabziehen oder Zucken eines Mundwinkels bedeutet .Nein". 

Als Zeichen der Geringschätzung gilt bei den Neu-Pommern das Zähneknirschen (Dr. Hahl). 

Schnipsen mit den Fingern gegen die Stirn heisst: Bist du aber dumm! Also fast ganz 
dieselbe Geberde, die bei uns in demselben Falle üblich ist. 

Noch mehr übereinstimmend ist eine andere Geberde. Wenn Jemandem von uns etwas 
sicher Erwartetes entgangen ist, so pflegt man wohl zu sagen: Es ist ihm an der Nase vorbei- 
gegangen und veranschaulicht dies, indem man mit dem ausgestreckten Zeigefinger wagrecht am 
Mund vorbeifährt und dabei ein leichtes Pfeifen ausstösst. Ganz dasselbe thun die Papua's, mit dem 
kleinen Unterschied, dass sie beim Pfeifen die Luft einschlürfen, anstatt sie, wie wir meistens, 
auszustossen. Beim Europäer ist man ja so was gewöhnt, aber wenn man diese Geberde unerwarteter 
Weise von den nackten braunen Papua's dahinten in Neu-Guinea ausführen sieht, bekommt dieselbe 
etwas unendlich Komisches. 

Bei Aufregung unangenehmer Art, Betrübniss, Ergriffenheit pflegen (nach Kunze) die Tamo's 
die rechte Hand auf den Unterleib zu legen; es .schmerzen sie die Eingeweide". Auch bei manchen 
Europäern wirkt ja bekanntlich Angst, Aufregung und dergleichen in derselben, oft noch viel 
drastischeren Weise. 

In der Verlegenheit kann der Papua genau wie unsere Kinder seine Fusssohle am Unterschenkel 
des andern Beines reiben oder gar den Zeigefinger in den Mund stecken. Ich habe diese beiden 
Bewegungen einmal den .braven" Towatlik ans Neupommern (siehe Seite 86), unsern trefflichen 
Schiessjungen, ausführen sehen. Ich sass gerade bei Herrn von Hagen auf dessen Veranda, 
als Towatlik unten am Fuss der Treppe erschien und sich da herumdrückte unter verlegenem 
Räuspern und mit der Fusssohle an seinem Unterschenkel auf- und abreibend, welches Manöver er 
bald auf dem rechten, bald auf dem linken Bein stehend ausführte, ganz wie es unsere europäischen 
Kleinen machen, wenn sie von einem Erwachsenen angeredet werden und vor Verlegenheit nicht 
wissen, was sie thun sollen. Der Mann hatte offenbar Etwas auf dem Herzen. Gefragt, was er 
wolle, streckte er nun auch noch den Zeigefinger in seinen geräumigen Mund, senkte die Augen und 
lispelte geschämig wie ein junges Mädchen: „Me like hem mary!" (Ich möchte heirathen!) Man 
denke sich hiezu das wilde, grob geschnittene Menschenfressergesicht. Der Mann ist hinten auf 
Tafel 46 abgebildet, es ist von links der sechste Mann. 

Geradezu zum Wälzen aber ist die Art und Weise, wie der Bogadjim-tamo den höchsten 
Grad von Verwunderung oder Erstaunen ausdrückt Ich habe das nicht selbst gesehen, aber Missionar 
Hoffmann hat es wahrgenommen und auch nur ein einzigesmal. Das war nach der Geburt seines 
ersten Kindes. Als er den Leuten das kleine rosige Wesen auf ihre Bitten hin zeigte, geriethen sie 
ausser sich vor Erstaunen und machten dabei männiglich folgende Geberde: 

Die rechte Hand wurde geballt, der Daumen jedoch blieb ausgestreckt und wurde zwischen 
die Zähne genommen. Gleichzeitig ward das rechte Bein aufgehoben und rechtwinklig im Knie 
gebeugt, so dass der Mann auf einem Beine stand. Sodann wurde unter lautem, aber kurzem Zischen 
der Daumen zwischen den Zähnen herausgezogen und die geballte Hand schnell gegen das gehobene 
Bein herabbewegt. Sobald dieselbe die Kniehohe erreicht hatte, wurde mit den beiden Extremitäten, 
Ann und Bein, gleichzeitig heftig nach hinten ausgekratzt. Der Anblick muss erschütternd gewesen sein. 

Auch die Art des Ausspuckens, insbesondere des Sirispeichels, verdient erwähnt zu werden. 
Der Tamo entledigt sich seiner Mundflüssigkeit nicht in der Weise wie wir, sondern er pustet die- 



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selbe plötzlich und gewaltsam in Form eines Sprühregens heraus, Kunze sagt sehr treffend : Wie aus 
der Brause einer Giesskanne. 

Da die Sprachenverhällnisse, wie wir sie eben kennen gelernt haben, von einschneidendster 
Bedeutung für Handel und Wandel der Tamo's sind, und aufs Engste mit ihnen zusammenhängen, 
so müssen wir zunächst diese der Betrachtung unterziehen. Durch sie werden wir dann von selbst 
auf die allgemeinen staatlichen und politischen Verhältnisse hingeleitet werden. 

Der Melanesier kennt bekanntlich das Geld nicht; der ganze Handel ist ein Tauschhandel. 
Im Bismarck- und Salomonsarchipel, deren Bewohner schon seit längerer Zeit in Berührung mit den 
Europäern und ihrer Cultur gekommen sind und manche Erzeugnisse derselben (namentlich Gewehre) 
in ihren Haushalt aufgenommen haben, dort, wo eine Reihe von Händlern und Tradern bemüht ist, 
europäische Waaren an den Mann zu bringen und Copra oder Schildpatt dafür einzutauschen, hat 
sich freilich schon das Bedürfniss nach einem Ersatz für Geld fühlbar gemacht. Ein solcher wurde 
gefunden in dem Muschelgeld, dem Dewarra oder Diwarra, nach Dr. Hahl*) auf der Gazelle- 
halbinsel Tabu genannt. Dasselbe besteht bekanntlich aus durchlochten, dünngeschliffenen Muschel- 
scheibchen, die auf eine Schnur gereiht sind. Es wird nach Armlängen gemessen; eine Schnur von 
dieser Länge soll, wie mir ein dortiger Händler angab, ca. 1 bis 1 '/i Mark werthen. Unser Scherz- 
ausdruck; ein Gegenstand koste so und so viel „Meter", trifft also für den Archipel voll und ganz zu. 

Das Muschelgeld hat übrigens seine Abstufungen, die nicht alle gleichwerthig sind und die 
der Händler kennen muss, wenn er sich vor Schaden behüten will. Ausser dem gewöhnlichen weissen, 
nach Finsch**) aus den Gehäusen von Nassa callosa var. camelus Martens hergestellten habe ich noch 
solches erhalten, das mit zahlreichen schwarzen Scheibchen einer andern Muschelart (Finsch vermuthet, 
es seien Kokosschalen, was ich nicht glaube) durchsetzt war und etwas höher im Preise stehen soll; 
ausserdem auch noch rothes. Dies, von meinem Gewährsmann Tapsoka genannt, soll das wert- 
vollste sein, und eine Armlänge davon sich auf 3 bis 3'/, Mark im Werthe stellen, (cf. Finsch 1. c.) 

Während die beiden ersten Sorten nur lokalen Werth unter den Eingeborenen haben und 
von den weissen Händlern nicht oder nur selten als Bezahlung genommen werden, soll die Schnur 
der rothen Muschelscheibchen überall im ganzen Archipel und auch dem weissen Händler gegenüber 
vollkommen die Stelle des Geldes vertreten. 

Der Archipelbewohner erfreut sich also schon halbwegs geordneter Münzverhältnisse und 
steht auf der Leiter der Cultur um eine Sprosse höher als sein Nachbar vom Festland Neu-Guinea's. 
Stolz häuft er schon Mammon auf, Schnüre von .Tabu", und im sicheren Bewusstsein seines Reich- 
thums schmaucht er mit Genuss den amerikanischen Kautabak aus seinem kurzen Thonpfeifenstummel 
und stolzirt einher im europäischen Strohhut, ein feuerrothes oder bunt gemustertes „lawa lawa* 
um die Hüften. Mit diesen herrlichen Errungenschaften hat sich aber auch schon die Mode, die 
Sucht nach Neuem, Auffallendem, bei ihm eingestellt und macht ihre närrischen Sprünge dort bereits 
so gut wie bei uns in Europa. Dass dieselbe auch bei den nackten Papua's Fuss fassen konnte, 
wird Niemand mehr wunder nehmen, nachdem wir vorhin gehört haben, dass sie alle sehr eitle 
Menschen sind; denn Eitelkeit und Mode gehören ja ihrer Lebtage zusammen. An den Kleidern 
wie bei uns kann sich die Mode allerdings nicht recht zeigen, da diese ja auf ein Minimum oder 
noch weniger. reducirt sind; aber sie hat sich dafür der sonstigen Gebrauchsgegenstände bemächtigt. 
Zum Beispiel der Tabakspfeifen. Heute raucht Alles weisse Thonpfeifen, und der Händler wird 
bestürmt mit^Nachfrageo nach weissen Thonpfeifen. Vier Wochen später will kein Mensch mehr 



*) „lieber die Rechtsanschauungen der Eingeborenen eines Theils der Blanchebucht und des Innern der Gazelle- 
halbinsel." „In den Nachrichten Ober Kaiser-Wilhelmsland etc.* 1897, Seite 68 ff. 

**) Ethnologische Erfahrungen und Belegstücke aus der Südsee. Annalen des k. k. Hoftnnseuras. Wien 1888, 
Band Ui, Hell 2. 



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— 214 — 

dieselben, jetzt wollen sie Alle braune haben; der Händler verkauft keine einzige weisse mehr; wenn 
er keine braunen hat — desto schlimmer für ihn. Wieder 4 Wochen später will man überhaupt 
keine Pfeifen mehr; jetzt lauft Alles mit rothen Regenschirmen herum. Tout ramme chez nous! 
Kann der Händler diese Modesprünge nicht vorausahnen und sich vorsehen, so macht er eben kein 
Geschäft; denn der Papua lässt sich nicht beschwatzen wie ein dummer Bauer, der in einen Laden 
geht und oft mit etwas ganz Anderem herauskommt, als was er sich vorgenommen hatte zu kaufen. 
Wenn so eine braune Schöne z. B. ein Stock rothen Zeuges haben will, so muss es gerade die be- 
stimmte Nuance sein, die sie im Kopf hat; ein anderes Roth lässt sie vollkommen kalt; und wenn 
sie etwa als Bezahlung einen frischen Fisch im Portemonnaie hat, so lässt sie den Fisch lieber ver- 
faulen, als dass sie eine andere Nuance Roth nähme. 

Man sieht, Trader sein ist gar nicht so leicht; um gute Geschäfte zu machen, muss man 
die Sprünge der Mode auf lange Monate gewissermaassen vorausahnen und sein Waarenlager danach 
einrichten. Der Händler, der mir die obigen Facta erzählte, klagte sehr über die Laune und Eigen- 
willigkeit seiner Kundschaft. 

Auf dem Festland Neu-Guinea's kann die grossartige Bedürfnisslosigkeit der Papua's 
europäischen Producten gegenüber den Importkaufmann geradezu zur Verzweiflung bringen, und da 
es auch keine Eingeborenen-Producte zum Exportiren giebt, so steht der europäische Handel dort 
vollkommen still. Den Anfang einer reinen Trader-Station hatte nur Kärnbach in Seleo bei Berlin- 
hafen gemacht, wo es viele Kokosmlsse zur Goprabereitung gab ; diese Station wird jetzt nach dessen 
Tod von der Neu-Guinea-Gompagnie glaube ich weiter geführt. Der übrige europäische Handel mit 
den Papua's dreht sich in der Hauptsache nur um gelegentlichen Eintausch von Lebensmitteln oder 
elhnographischen Gegenständen, und da hat sich folgendes Tauschsystem herausgebildet: Ganz grosse 
Werthe werden in Schweinen oder Hunden bezahlt, kleinere in Aexten, Messern oder Hobeleisen, 
deren Form sich sehr gut zum Einpassen in den zurückbehaltenen Stiel des weggeworfenen Stein- 
beils eignet und darum beinahe mehr gesucht ist, als eine wirkliche Axt; das Kleingeld, die 
Scheidemünze bilden Schwefelhölzer, rothe und blaue Farbe zum Bemalen des Körpers, Glasperlen, 
tombakene Fingerringe , sowie ganze Stangen , oder Bruchtheile davon , des stark gebeizten 
amerikanischen Trade-tabaks. 

Das alles sind Verhältnisse, die sich erst in der neueren Zeit und ausschliesslich im Verkehr 
mit dem Europäer herausgebildet haben; der eigentliche Handelsverkehr der Eingeborenen unter sich 
wird dadurch kaum berührt ; der geht augenblicklich noch fast denselben Gang weiter, den er seit 
Jahrhunderten, ja vielleicht seit Jahrtausenden befolgt hat. Wenn wir den Spuren desselben nach- 
gehen, so werden wir zurückgeleitet bis zu den Quellen der Menschheit, wir blicken in Zustände 
des allerfrühesten menschlichen Zusammenlebens hinein, die ein gütiges Geschick uns zu unserer 
Belehrung gewissermaassen fossil erhalten hat. Hier in Neu-Guinea lernen wir einsehen, dass 
Handel und Markt zu den allerältesten Einrichtungen der menschlichen Gesellschaft gehören muss, 
und wir können vor unsern Augen die Entstehung und Herausbildung des Geldes aus einfachen 
SchmuckgegenstAnden sich vollziehen sehen. Wir wollen dies näher betrachten. 

Wenn wir uns die Geräthe, die Waffen und den Schmuck unserer Tamo's näher ansehen, so 
stossen wir bezüglich des verwendeten Materials auf feste, durch die Erfahrung gegebene und durch 
Brauch und Gewohnheit befestigte Regeln. Man muss ja nicht glauben, dass der nackte Papua zur 
Anfertigung seiner Habseligkeiten das Material nähme, wo es sich ihm gerade darbietet, die erstbeste 
Muschel vom Strande oder das erstbeste Bohr oder Holz im Walde, vorausgesetzt natürlich dessen 
Brauchbarkeit Es sind immer nur bestimmte Sorten von Rohr, Holz oder Bast, die man ver- 
wendet, immer nur gewisse Muscheln, die man zum Schmuck erkiest, obwohl am Strande überall 
genug Muschel- und Schneckenschalen herumliegen, von denen man eigentlich nicht weiss, warum 



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— 215 — 

sie nicht ebenfalls verwendet werden. Ich will nur einige Beispiele anführen. Zur Anfertigung des 
Bül, des Tanz- und Kampfschmuckes (siehe oben Seite 172) benützt man stets nur Üvulaschalen 
und zum Besetzen der Bangsula genannten Armringe nur Scheiben von Conusscbnecken. Das Üi- 
warra wird nur aus einer einzigen Muschelart hergestellt (nach Finsch Nassa callosa var. camelus 
Martens) , die so tief an der Südküste Neu - Pommerns auf dem Meeresgrunde lebt , dass sie nur 
durch Tauchen, also auf recht mühsame Weise gewonnen werden muss; aber gerade die Schwierig- 
keit der Erlangung ist wohl der Grund, dass man dieselbe gewählt hat. Freilich findet man in 
den Diwarraschnüren auch öfters andere Schneckenschalen verwendet; die aber das gethan haben, 
waren Falschmünzer. An der Astrolabebai besteht der überall angewandte Muschelbesatz neben 
Nassa- noch aus Cassidula- und Cypraeaschalen. 

Die Armringe werden nur aus bestimmten Pflanzenfasern geflochten, für die Pfeilschäfte nur 
gewisse Rohrarten verwendet, für Trommeln, Schüsseln, Waffen immer nur eine bestimmte Holz- 
art u, s. w. u. s. w. 

In einer Gegend rindet sich nun dies, in einer andern jenes besser oder schöner oder häufiger. 
So ist die Dampier-Insel (Karkar) reich an Schildpatt und Perlmutter und liefert ein wunderschönes 
rothes Flechtrohr, Keri genannt. Die sogenannte Rai-Gegend an der Maclay-Küste hinter Constantin- 
hafen zeichnet sich aus durch einen grossen Bestand bastreicher Artocarpeenbäume, dem Material 
zur Herstellung der Lendengürtel und Schlafdecken. Verschiedene Gegenden hinwiederum bauen 
einen vorzüglichen Tabak, Kas, den der Tamo, der ein Qualitätsraucher ist, fein nach seinen 
verschiedenen Eigenschaften zu unterscheiden weiss. Gerade wie unsere Feinschmecker in Europa 
ihre Havana, Sumatra, Manila oder Pfalzer Cigarre haben, so besitzt der Aslrolabemann seine 
Matukar-, Bunu-, Birkam- oder Waskia-Marke. Wieder an andern Orten findet sich die zum Einreiben 
des Körpers so gesuchte Ockererde oder die schwarze, welche zum Färben der Zähne dient. 

Durch die Nachfrage nach diesen Dingen werden die Eingeborenen jener Gegenden ganz von 
selbst auf die Idee gebracht, damit Handel zu treiben. Wer einen neuen, dauerhaften Lendengürtel 
nöthig hat, wer neue rothe Farbe braucht, wessen Knaster-Vorrath ausgegangen ist, der ist genölhigt, 
nach den betreffenden Orten zu pilgern und sie sich dort von den Eigentümern direct zu er- 
handeln; denn in seinem eigenen Dorf kann er den Bedarf nicht decken, da der Papua stets nur 
für den Tag sorgt und sich kaum je Vorräthe oder Reserven anlegt, im Nothfall also auch Nichts 
an seine Nachbarn abgeben kann. Ais Tauschmaterial nimmt der Bedürftige Entbehrliches aus 
seinem Besitz mit, von dem er denkt, dass er es dort verwerlhen kann, und macht sich auf den 
Weg, des gegenseitigen Schutzes halber wohl meist in Gesellschaft von Freunden und in gleicher 
Lage befindlichen Bekannten. Auf diese Weise ist der Tauschhandel entstanden, und zwar in seiner 
ersten, ursprünglichsten Form nach dem Princip: do ut des. Da der Weg oft weit und es überdies 
von Vortheil ist, möglichst viel Auswahl und Tauschlustige zu treffen, so verabredet man mit ein- 
ander bestimmte Zeiten und Orte, gewöhnlich die Wohnorte der Verabredenden der Reihenfolge 
nach. Feste, in einem gewissen turnus reihumgehende Markt- und Handelstage gehören darum zu 
den ältesten Institutionen der menschlichen Gesellschaft. 

Nun kann es aber passiren, da der Papua wie gesagt nur für den Augenblick sorgt und 
sich nur das eintauscht, was er gerade braucht, dass Jemand mit seinen unbegehrten Tauschwaaren 
ruhig sitzen bleibt und sich seine Bedürfnisse nicht verschaffen kann. Diese Galamilät ist es ja, der 
das Geld schliesslich seinen Ursprung verdankt. Die Tauschwaare, welche am allgemeinsten und 
jederzeit begehrt ist und nicht zu grossen Umfang besitzt, wird zuletzt den Gharacter des Geldes 
annehmen. Am allgemeinsten und am meisten begehrt sind aber wohl — sehr bezeichnend für den 
menschlichen Character! — von jeher die Gegenstände zum Aufputzen und Ausschmücken des 
Körpers gewesen : bei den Völkern, welche Metalle kennen, Kupfer, Gold und Silber, bei den metall- 



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— 216 — 

losen Federn, Muscheln, Zähne und dergl. So kommt es, dass bei den Papua's Muschelschnüre und 
Hundezähne, die Hauptschmuckartikel, beinahe den Begriff des Geldes schon erreicht haben. Auch 
an der Aslrolabebai sind Schnüre mit den aufgereihten, geschliffenen, kleinen Schalen von Nassa, 
Cassidula und Cypraea als Djaram neben den Hunde-Eckzähnen die gesuchteste Tauschwaare. 
Ebenso auf Dampier, wo die Muschelgeldschnüre aber eine völlig eigenartige und aus der Reihe der 
übrigen heraustretende Form darstellen, indem sie aus kleinen, ganz porzellanweissen Scheibchen 
von senkrecht auf ihre Spindel gestellten Schneckengehäusen bestehen.*) 

Von dem Austausch des reinen Rohmaterials bis zur Herstellung und dem Angebot der 
fertigen Gegenstände, also zum Gewerbe, ist nur ein Schritt. Und dieser Schritt ist von vielen 
Papua's bereits gethan worden. So sehen wir schliesslich den Mann von Dampier- und Rich-Insel 
nicht mehr sein rohes Schildpatt anbieten, sondern gleich die fertigen Arm- und Ohrringe**), den 
Rai-Mann fertige Lendengürlel, Umhänget ücher und Schlafmatten, den Mann aus dem Hinterlande 
Bogadjim's seine Pfeilspitzen und Holzschüsseln u. s. w. Die natürliche Folge ist, dass die Leute 
der betreffenden Gegenden durch die lange, ausschliessliche Beschäftigung mit ihrem Artikel eine 
gewisse Routine und Kunstfertigkeit in der Herstellung derselben erlangen, hinter mancherlei Fabrikations- 
geheimnisse kommen, ihre Produkte infolgedessen immer begehrter werden und sich weithin verbreiten. 
So ist Siar bei Friedrich -Wilhelmshafen berühmt durch seinen Bootbau; die Siar-Canoes sind weit 
und breit gesucht. Das Inselchen Bilibili haben wir bereits als Hauptfabrikationsort für Thonwaaren 
kennen gelernt, und das Dorf Bongu ragt hervor durch seine Holzschnitzereien, namentlich die grossen 
Holzbildsäulen, wie eine solche auf Tafel 42 abgebildet ist. 

Durch ihre Produkte werden solche Fabrikationscentren maassgebend für ein ganzes Gebiet, 
soweit der Verschluss ihrer Waaren reicht, und ihre Formen werden die Vorlage bilden für Nach- 
ahmungen selbst jenseits dieses Kreises. Diese Fabrikations- und Handelscentren muss man genau 
kennen, wenn man mit einiger Sicherheit eine Gegend ethnographisch beurtheilen will. Meiner Meinung 
nach wird in Europa der Einfluss und die Bedeutung solcher Gentren von den Museums-Ethnologen 
noch nicht gebührend gewürdigt. Ich will ein Beispiel anfuhren: In einem Museum sehe ich eine 
hübsche, vollständige, ethnographische Sammlung aus Bogadjim, nach der Provenienz gut bestimmt 
und darum als .wissenschaftliches Material* hochgeschätzt. Man vergleicht diese Sammlung mit 
anderen aus Kaiser-Wilhelmsland, z. B. Finschhafen oder Berlinhafen, und findet, dass dieselbe eine 
eigene, gut umgrenzte Cnltur zeigt, die man wegen der Einfachheit und Plumpheit der meisten ihrer 
Formen und des Fehlens fast jeglicher Bemalung, welche an den beiden andern genannten Orten 
doch so gerne und ausgiebig angewandt wird, geradezu eine kunstböotische Oase nennen kann. 

Nun sieht sich die Sache aber doch etwas anders an, wenn wir hören, dass wir es hier gar 
nicht mit einer einheitlichen Cultur zu thun haben, sondern dass Alles in Bogadjim von aussen 
importirt und kein einziges Stück in diesem Ort selbst hergestellt wurde, wie 
dies thatsächlich meistens der Fall ist. Die Trommeln, die schildpattenen Arm- und Ohr- 
ringe, sowie die meisten Schmucksachen stammen aus Dampier, die Töpfe sämmtlich von Bilibili, die 
Schilde, die Holzschüsseln, die Speere und Pfeile durchgehends aus den Bergdörfern des Hinterlandes. 
Wir haben thatsächlich hier nicht eine einheitliche, sondern eine sehr bunt zusammengewürfelte 
Cultur. Hierdurch wird uns auch die Erscheinung erklärt, warum wir neben den künstlichen Bilibili- 
töpfen und den oft recht hübsch verzierten und geschnitzten Schmucksachen aus Dampier plötzlich 
Waffen und Geräthe von äusserst einfachen Formen und Verzierungen finden; das ist der Charakter 
des kulturniedrigeren Hinterlandes, der Einfluss desselben auf den degenerirten, sybaritischen Küsten- 



•) Berliner Zeitschrift ffir Ethnologie, Band XXIV, 1892. S. (294). 
**) Nach Kunze (I. C. S. 27) wird diis Schildpatt durch Abkratzen mit Muscheln und Reiben auf Steinen gereinigt 
und |iulirt. In lieisses Wasser getaucht, wird es biegsam und lüssl sich verarbeiten. 



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bewohn» der Grosssfadt Bogadjim, der selbst gar Nichts verfertigt, sondern sich, wie wir sahen, 
höchstens mal nach dem einfachsten Hinterland-Muster eine neue Pfeilspitze zurechtschneidet oder 
ein Männerarmband, den Tsaue, flicht. 

Die Bogadjimleute, als Besitzer des Schlüssels zum Hinterlande, haben nämlich einen andern 
Exportartikel, der seinen Mann reichlich nährt; das sind Fische. Den Ueberfluss ihrer Fischjagd — 
sie haben, wie wir oben hörten, eine besondere Geschicklichkeit im Fischespeeren — räuchern sie 
über qualmenden Holzfeuern, schnüren die Fische, die grössern einzeln, die kleineren kreuzweis über- 
einander, zwischen Holzstäbchen mittelst Bindfaden ein und verwenden sie als Tauschartikel.*) 

Die tabakbauenden Dörfer (siehe oben) richten ihr Produkt folgendermaassen her (s. Kunze 
1. c. Seite 21): »Sind die Tabaksblätter geerntet, so werden sie einzeln mit Stäbchen geklopft, damit 
die Rippen zerbrechen, dann auf Schnüre gereiht, getrocknet und endlich in Büschelchen zusammen- 
gebunden. Letztere werden fest in lederartige Rindenstücke eingewickelt, wodurch der Tabak fermentirt 
wird und seine braune Farbe erhält." 

Dies Alles ist, wie man sieht, wohl ein recht lebhafter und reger und (durch festgesetzte 
Marktorte und -tage) geregelter Tauschverkehr, aber noch lange kein Handel; es ist erst die 
Vorstufe zu demselben. Der Papua tauscht und geht zu Markte, nur um seine persönlichen Bedürf- 
nisse zu befriedigen. 

Aber es hat sich bereits ein respektabler Ansatz zum eigentlichen Handel herausgebildet ; 
es giebt Stämme, die durch besonderes Talent oder äussere Umstände veranlasst, geregelt alle Märkte 
besuchen und richtigen kaufmännischen Handel treiben; sie tauschen Produkte ein, nicht um sie für 
sich zu verwenden, sondern um sie an anderer Stelle mit Nutzen wieder loszuschlagen. Auf diese 
Weise werden sie zu Vermittlern des ganzen Verkehrs zwischen Produzenten und Abnehmern, zu 
Kaufleuten, und ihr Dorf zu einem Handelsmittelpunkt. Solcher Hamielscentren haben wir in 
Kaiser-Wilhelmsland zwei. Eines befindet sich im Osten bei Finschhafen auf den mehrerwähnten 
Tami-Inseln, und das zweite ist das uns bereits ebenfalls wohlbekannte Inselchen Bilibili**). 
Wir können leicht die Umstände, die äussere Ursache erkennen, weshalb die Bewohner derselben 
zu Handelsleuten geworden sind, Das ist erstens die günstige, insulare Verkehrslage nahe beim 
Festlande, zweitens das engbegrenzte Areal, welches den Ackerbau nur bis zu einem gewissen Grade 
gestattet, drittens aber auch der Umstand, der allerdings wieder von dem vorhergehenden bedingt 
ist, dass sie selbst Producenten sind und für ihre Waare nothwendig lohnenden Absatz aufzusuchen 
genöthigt waren. So sind die Tami-Insulaner besonders hervorragend in der Holzschneidekunst und 
produciren wirklich bewundernswerte Schnitzarbeiten. Ihre Handelsspecialität sind nach Schellong ***) 
Kokosnüsse, schön geschnitzte Kokosschalen, kahnförmig geschnitzte Holzschüsseln mit hübschen Be- 
malungen, grosse Signa Imuschel trompeten, Schildpatt-Verzierungen, kleine Schneckenperlen etc. Die 
Bilibili-Leute hingegen haben als Hauptproduct ihre berühmten Töpfe. Diese beiden Handelscentren 
haben ihr streng abgegrenztes Gebiet; die Tami-Insulaner kommen nicht bis zur Astrolabebucht, 
und die Bilibili-Leute gehen nicht bis Finschhafen. Doch hat Kubary bei seinem Besuch in Bilibili 
drei Leute (Handelsfreunde) von Cap Teliata aus der Finschhafener Gegend dort getroffen f). 



*) cf. Kunze 1. c. Seite 26. 

**) In Britisch-Neu- Guinea scheinen die Bewohner der Inselchen bei Port Moresby dieselbe vermittelnde Bolle zu 
spielen, und über ein ähnliches Centrum auf den Salomonsinseln berichtet Schmiele in den Mitlheilungen aus den deutschen 
Schutzgebieten IV Seite 100 — 112. Dies ist die kleine Atoll Insel Nissan in: äussersten Westen der Salomongru|>pe, die 
ihre Producte — hauptsachlich Pfeile und Armringe aus Tridacna-Schalen — bis Quadalcanar liefert 
***) In der Berliner Zeit-Schrift fflr Ethnologie Band XXIII 1891, p. 178. 
t) cf. Nachrichten vlber Kaiser- Wilhelmsland II. Heft 1P88, p. 64. Zwei von diesen drei Leuten waren sogar 
aus dem Innern des Landes. Teliata liegt circa 30 Heilen westlich von Cap Konig Wilhelm. Ausserdem traf Kubary noch 
verschiedene Eingeborene aus dein Innern des Hansem anri- Gebirges dort an. 



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Nun ist die Sache insofern etwas misslich, als doch, wie wir oben gesehen haben, eine grosse 
Sprachenzersplilterung besteht, indem jedes Dorf eine andere Sprache spricht; man hat sich in der 
Weise geholfen, dass jeder der Bilibilileute z. B. eine der in ihren Handelsbereich fallenden Sprachen 
erlernt hat; der eine spricht ausser seiner Muttersprache noch fertig Bogadjim, der andere Siar, ein 
dritter Dampier u. s. f. und macht seinen Landsleuten betreffenden Orts den Dolmetscher. Schwer 
ist das nicht, denn bei aller Verschiedenheit sind die Sprachen ja doch wieder verwandt, und der 
.Wilde" hat an und für sich grosses Sprachtalent. So kommt es, dass man auf Bilibili alle Sprachen 
des Festlandes weithin versteht und spricht. Ein Sprachforscher, der Vocabularien sammeln wollte, 
würde auf Bilibili den günstigsten Platz hiefür finden. Die Bilibili-Leute sind, wie es ihr Beruf mit 
sich bringt, tüchtige Seefahrer und stehen darum in dem Rufe, Wind und Wetter bezaubern zu 
können. Wir werden darüber weiter hinten noch zu berichten haben. 

Die Boote, mit denen sie ihre Fahrten unternehmen, sind, wie an der ganzen Küste von 
Kaiser-Wilhelmsland, Auslegerboote, aus einem einzigen ausgehöhlten Baumstamm mit aufgesetzten 
Bretterborden bestehend, die mit Bast- und Rottanstricken verbunden und mit einem harzigen Bast 
gedichtet werden. Sie tragen einen, selten zwei Masten mit Mattensegel, manche auch noch eine 
Art Verdeck, einen viereckigen, ölters mit Blätterdach versehenen Aufbau in der Mitte des Bootes. 
Die Abbildung Tafel 33, welche ich dem Kunzmann 'sehen Album entnommen habe, lässt sowohl 
die Bauart des Bootes, wie den Aufbau sehr schön erkennen. Auf dem Strandbild Tafel 9. ist ein 
kleineres Boot geringerer Qualität zu sehen; beide werden, wie ich oben schon berichtete, in Siar 
bei Friedrich-Wilhelmshafen hergestellt und Kunze hat die Fabrikation derselben (1. c. Seite 14) 
ausführlich und anschaulich beschrieben. Die Boote an der Astrolabebai sind einfach naturbraun 
ohne besondere oder sich höchstenfalls nur auf die Schnäbel erstreckende Bemalung und mit wenig 
Schnitzereien versehen, also ebenso unkünstlerisch, wie ihre anderen Gerätschaften. Dadurch stechen 
sie sehr ab gegen die Boote der Finschhafener Gegend, welche ganz ähnlich gebaut, aber mit reicherer 
Schnitzerei versehen und über und über mit schwarz, weiss, gelb und rolhen Arabesken bemalt 
sind. Die findigen und künstlerisch veranlagten Tami-Insulaner stellen von denselben sehr hübsche 
kleine Modelle her, mit denen sie einen schwunghaften Handel an die Europäer betreiben. 

Die Handelsthätigkeit der Bilibili-Leute erstreckt sich naturgemäss nur an der Küste entlang, 
aber weithin, von der Maclayküste an bis nach Dampier und über Hatzfeldlhafen hinaus; in's Innere 
dagegen ist sie nur sehr wenig gedrungen. Wir sehen dies u. A. daran, dass das Hauptprodukt der- 
selben, die vielbegehrten Kochtöpfe, kaum die Küstenzone überschritten haben, denn wir finden schon 
auf den ersten Bergketten ein vollkommen selbstständiges Entwickelungscentrum von Töpferei waaren, 
welche mit dem Bilibiliprodukt weder in Form noch in Material auch nur die geringste Aehnlichkeit 
aufweisen. Wir haben dies oben Seite 182 ja schon besprochen. Nebenbei bemerkt ist es ver- 
wunderlich, dass Miklueho-Maclay , der aufmerksame Beobachter, welcher verschiedene Male die 
Bergdörfer besuchte, keine Ahnung von der Existenz dieser primitiven Inlandtöpferei hatte, da er 
bei einer Gelegenheit ausdrücklich sagt, dass die Bergbewohner diese Töpfe nicht zu machen ver- 
stünden und sie von den Küstenbewohnern zum Geschenk erhalten oder austauschen müssten. Oder 
wäre es etwa möglich, dass die Bergbewohner zu Miklucho-Maclay's Zeiten — also vor fünfundzwanzig 
Jahren — wirklich die Töpferei noch nicht kannten und ihre Kunst am Ende nur ein schwacher 
Versuch zur Nachahmung der an der Küste gesehenen Kochtöpfe sein soll? Ich kann das nicht 
recht glauben, denn die Formen der Inlandgefässe , welche, wie wir gesehen haben, das all- 
gemeine Urmodell der halbirten Kokosnuss und des Flaschenkürbis nachahmen, sind doch gar zu 
verschieden von der reinen Kunstform der Bilibilitöpfe. 

Die Schuld daran, dass der eigentliche, wirklich handelsmässige Umsatz der Produkte nur 
auf die Küste beschränkt ist, I ragen die Küslenbewohner selbst. Ich habe vorhin gesagt, dass die 



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Bogadjimtamo's den Schlügsei zum Hinterland in der Hand haben. Den hülen sie in schlauem Egoismus 
auch eifrig und gestatten den Bilibilileuten nicht, seihst im Innern Handel zu treiben. Aller Verkehr 
soll nur durch sie als Zwischenhändler gehen. Es ist eben hier, wie überall in der Welt, und sogar den 
Europäer, den vom Hinterland wegzuhalten man nicht die Macht hat, sucht man durch Kniffe und Pfiffe 
und Lügen abzuschrecken. Das haben noch alle Reisenden erfahren, die das Innere besuchen wollten. 

Der Verkehr der Küstendörfer mit dem Innern vollzieht sich noch ganz auf dem uralten 
Wege des persönlichen Tauschverkehrs wie vor Urzeiten, und der ist nicht geeignet, neue Waaren, 
neue Produkte schnell zu verbreiten und zugänglich zu machen. Er geht noch heute gerade so vor 
sich, wie vor der Ankunft des weissen Mannes, und europäische Produkte, ja selbst einheimische, 
wie die Bilibilitöpfe, sind nur wenige Kilometer weit in's Land gedrungen. Im Hinterland der 
Astrolahebucht , obwohl dort schon seit zehn Jahren sich die grossen, umfangreichen Europäer- 
Niederlassungen befinden, sind eiserne Messer und Aexte nur wenig über die schmale, mit der 
Küste in unmittelbarem Verkehr stehende Zone hinausgelangt, dort muss der Baum heule noch mit 
dem plumpen, jämmerlichen Steinbeil gefällt werden, während in der Nähe der Stationen die 
Eingeborenen mit Eisen „überfüttert" sind. Das liegt an der Indolenz und Kurzsichtigkeit der Leute. 
Wenn Jemand ein eisernes Beil oder ein Messer hat, so genügt ihm das vollkommen. Ein zweites 
erscheint ihm schon viel weniger begehrenswerth. Er braucht nicht mehr und kommt erst wieder, 
sich eines einzuhandeln, wenn dasselbe verloren oder unbrauchbar geworden ist. Sich mehrere hin- 
zulegen oder zu Handelszwecken einzutauschen, fällt ihm gar nicht ein, und ein eisernes Beil, 
Messer oder Hobeleisen hält ja lange. 

Grosse Bedürfnisse an europäischen Waaren hat also der Papua der Astrolabe-Ebene bis 
jetzt noch nicht, namentlich keinen Bedarf an Producten der Textil-Industrie. 

Wie gegen die Bilibilihändler, so sind auch die einzelnen Küstendörfer streng in ihren 
Interessen- und Handelssphären gegen einander abgegrenzt. Jedes hat seine Bergdörfer, in und mit 
welchen es das ausschliessliche Recht des Tauschverkehrs hat. Jede Uebertretung dieses Privilegiums würde 
Feindseligkeiten und blutige Fehden hervorrufen, und nicht zum geringsten Theil darauf ist es zurückzu- 
führen, wenn Eingeborene sich weigern, einen Reisenden über einen gewissen Bezirk hinaus zu begleiten. 

Ja, es hat nicht einmal jeder einzelne Mann eines Dorfes das Recht, mit jedem beliebigen 
Mann des betreffenden befreundeten Bergdorfes Handel zu treiben, sondern jede Familie hat ihre 
ganz speciellen Handelsfreunde, mit denen nur sie in Verbindung steht und deren Gastrecht während 
der Marktzeit sie geniesst. Denn die Märkte dauern oft tagelang und sind mit grossen Festivitäten, 
Schmausen und Tänzen verbunden. Diese Handelsfreunde nennt der Tamo mit einem besondern 
Namen, wie er denn überhaupt die verschiedenen „Freundschaften* scharf auseinander hält. „Er 
unterscheidet', wie Kunze*) das sehr hübsch auseinandersetzt, „einen Freund, mit dem er einen Hund 
gegessen hat, einen Freund, mit dem er ein Schwein gegessen hat; er unterscheidet Handels- und 
auch Barak (-Asa, d. V.) Freunde. Für jede dieser Gattungen hat er besondere Ausdrücke, und 
wir erfuhren, dass durak (-Freund, mit welchem Wort man die Missionare anrief und worüber sich 
diese sehr freuten, d. V.) nichts Anderes, als .mein Handelsfreund* bedeutete. Natürlich war nun 
unsere anfängliche Freude sehr getrübt; merkten wir doch daraus, dass man uns nur um unserer 
Tauschwaaren willen würdigte." 

Wahrscheinlich die Söhne oder Familienmitglieder solcher Handelsfreunde sind es, die oft 
für ein oder mehrere Jahre in das manchmal weit entfernte befreundete Dorf übersiedeln und in der 
ihnen nahestehenden Familie verbleiben. Schellong**) erwähnt diese Sitte von den Jabim's. Häuptlings- 



*) L c. S. 98. 

**) Ueber Familienleben und Gebrauche der Papua's der Umgebung von Finschhafen. Berliner Zeitschrift (ür 
Ethnologie. Band XXI, Seite 10. 



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söhne, d. h. wohl die Söhne der angesehenen Familien, sollen zur Vollendung ihrer Ausbildung auf Reisen 
gehen. Zweck der Entfernung sei namentlich die Erlernung der Sprache des befreundeten Stammes. 
Die Männer von Cap Teliata und dem Hansemannberg, die Kubary seinerzeit in Bilibili getroffen hat 
{siehe oben Seite 217) waren vielleicht solche Söhne von Handelsfreunden, denn die Bilibili- und 
Siar-Leute bringen jetzt noch von ihren Fahrten nach der Rai- oder Maclay-Küste junge Männer 
mit, die sie als beg bezeichnen. Beg soll so viel heissen, wie Diener, und die Missionare sind 
geneigt, dasselbe mit: Sclave zu übersetzen. Ich glaube aber, dass damit das obige Verhältniss 
bezeichnet werden soll, denn die beg's haben es im Hause ihrer „Herren" sehr gut und können nach 
einigen Jahren wieder nach Hause gehen oder auch in's Dorf heirathen. Das spricht meiner Ansicht 
nach gegen jede Spur von Sclaverei, sowie der Umsland, dass die beg's immer aus den Dörfern der 
betreffenden Handelsfreunde stammten; die Bogadjim-tamo's, welche früher ebenfalls ihre beg's hatten, 
erhielten dieselben aus den Gebirgsdörfern des Hinlerlandes*). Ich glaube, dass Schellong's Ansicht 
die richtige ist. Kunze (I. c. S. 50) spricht ebenfalls nur davon, dass die jungen Burschen zu einem 
Papua eines andern Dorfes in „Pension" gegeben werden, dem sie etliche Jahre dienen müssen. 
Diese Institution stellt eine sehr nützliche und wichiige Maassregel dar, wodurch die Papua's — 
willkürlich oder absichtlich — dem Bedürfiiiss und der Nothwendigkeit eines allgemeinen Stammes- 
bewusstseins Rechnung tragen und es durch diese losen Fäden unterhalten, über die allzuengen 
Grenzen hinaus, in welche sie die Sprachverschiedenheiten und die strengen Handelsgesetze einzwängen. 

Die Marktorte und -tage sind von altersher genau festgesetzt und man richtet sich dabei 
nach dem Mondwechsel. Wenn Märkte ausser der Reihe stattfinden sollen oder auf weitere Ent- 
fernung hin, so teilt man dies dem betreffenden Dorfe schon Wochen vorher durch Boten und 
»Briefe* mit. Diese Briefe bestehen nach Kunze aus einem eigentümlichen Geflecht von Blättern, 
an deren Zahl und Beschaffenheit die Empfänger den Zeitpunkt des Marktes erkennen. Herr Hoffmann 
gebrauchte im Verkehr mit den Eingeborenen von Uija das einfache Stück eines Palmblattes, woran 
zehn Blattansätze stehen gelassen waren, um ihnen mitzutheilen, dass er sie binnen zehn Tagen 
besuchen werde. 

Die Märkte finden entweder im Dorfe selbst oder in der Nahe desselben auf einem freien 
Platze statt**). Wenn ein solcher Markttag herannaht, so entsteht grosse Aufregung unter den 
Leutchen. Alles Mögliche wird hervorgesucht und zurechtgelegt, was man verwerthen zu können 
hofft; falls die Reise, wie sehr häufig, über See geht, werden die Boote nachgesehen, ausgebessert 
und seetüchtig gemacht, Nahrungsvorralh aufgehäuft, denn die Reise dauert oftmals lange; den Tag 
vor der Abreise bringt man damit zu, sich gehörig zu schmücken, zu salben und freundlich zu be- 
malen, die Wollperrücke ordentlich aufzuzausen und zu frisiren, denn der Tamo ist neben seiner Eitel- 
keit auch ein wohlanständiger Mann, der mit seiner Erscheinung in dem fremden Marktdorf Ehre ein- 
legen und Bewunderung hervorrufen will. Sein Gesicht durchmustert er vermittelst eines kleinen, 
von den Europäern eingetauschten Spiegelchens nach etwa vorhandenen Unreinigkeiten oder über- 
sehenen Haaren und kontrollirt genau die Bemalung, kurz, aus allem geht hervor, dass die Märkte 
einen der wichtigsten und ättesten Ecksteine in dem Gesellschaftsleben der Papuas bilden, genau 
durch Gesetze und Uebereinkünfte geregelt, die, wie Kunze***) sagt, .fast an moderne Handelsverträge 
europäischer Kulturstaaten erinnern*. 

Auf dem Festland von Neu-Guinea, und speziell an der Astrolabebai, hat der Europäer 
wie gesagt noch wenig in diese urthümlichen Handelsverhältnisse eingegriffen; dieselben bewegen sich 

•) Wirkliche Sclaverei kommt aber (nach Hahl) auf der Gazellelialbinsel Neu-Pommem"s vor. 
**) Ganz wie bei den Batak's auf Sumatra, an deren Markt- und Handels Verhältnisse überhaupt die papuanischen 
sehr stark erinnern. 

*•*) Derselbe hat in seinem mehrerwähnten Büchlein diese Marklverhältnisse sehr ausführlich und anziehend 
geschildert. 



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noch in denselben Bahnen und drehen sieh um dieselben Dinge, wie vor der Ankunft des weissen 
Mannes. Lange freilich kann das nicht mehr so bleiben. Perlen, eiserne Werkzeuge, Zündhölzer 
sind viel zu nützliche und brauchbare Dinge, als dass sie sieh nicht im Fiuge auch den Papua-Markt 
erobern sollten. 

Sprache und Handel sind die Hauptfaktoren, welche die „auswärtigen Beziehungen' der 
Tanio's beeinflussen und regeln, und nur so weit diese reichen, übt der Papuastaat seinen Einfluss 
aus. Das ist gewöhnlich, nach unsern Begriffen wenigstens, nicht sehr weif, denn die Eingeborenen- 
bevölkerung ist ziemlich dünn gesät. 

Ratzel in der neuen Ausgabe seiner Völkerkunde sagt: „Alle Naturvölker leben in dünner 
Vertheilung. * Für Neu-Guinea trifft dies in hohem Grade zu, wenn auch die Meinung, dass das 
Innere dieser ungeheueren Insel öde und leer und unbewohnt sei, durch die Ergebnisse der neueren 
Expeditionen grossentheils als falsch sich erwiesen hat. So hat z. B. die Laulerbach-Kersting'sche 
Expedition die Ramu-Ebene im Hinterland der Astrolabebai nach Westen zu dicht bevölkert gefunden. 
Grosse Bestände von Kokospalmen säumten die Ufer des Flusses ein; die Eingeborenen wohnten in 
grossen, langgestreckten, auf Pfählen erbauten Häusern*). 

Grosse Dörfer mit 1000 Seelen und darüber sind in Kaiser-Wilhelmsland auch noch nicht an der 
Küste, wohl aber im Innern am Kaiserin- Augustafluss (z. B. die Ansiedlung Malu**) entdeckt worden. 

Die Astrolabebai ist wegen der Fruchtbarkeit ihrer Ufer etwas dichter bevölkert. Miklucho- 
Maclay schätzte die Gesammtzahl ihrer Bewohner zwischen 3 — 4000, Dr. Schneider 16 Jahre später 
(1887) nur auf ca. 1400 Seelen. So verschieden ist die individuelle Schätzung, wenn auch zugegeben 
werden muss, dass in dem Zeitraum zwischen beiden Schätzungen ein bedeutender Rückgang der 
Bevölkerung stattgefunden hat. Ich kenne eine ganze Reihe von Dörfern, von Bongu bis Friedrich- 
Wilhclmshafen, die seit der Niederlassung der Europäer dort ausgestorben sind oder verlassen wurden. 
Missionar HorTmann, der die Verhältnisse wohl am besten kennt, veranschlagt die heutige Bevölkerung 
auf 2000—2200 Seelen. 

Die Ansiedlung Bogadjim ist augenblicklich die grösste an der Astrolabebucht und mag 
1894 wohl ca. 150 Häuser und 300 Seelen besessen haben. Das Dorf Bongu besitzt nach Finsch in 
ca. 80 Häusern 100 — 150 Einwohner. Die Bergdörfer des Hinterlandes sind oft ausserordentlich 
klein, kaum 4 — 5 Häuser zählend. 

Bogadjim ist ein Collectivname und besteht aus vier Theildörfern, die keine 
5 Minuten weit auseinander liegen, nämlich Lalu, Garima, Sarrar und Born. Ein fünftes Dorf, 
Gario, wurde bei meinem Weggang, im Januar 1895, wieder aufzubauen und zu besiedeln begonnen. 
Dasselbe war, wie mir Herr Hoffmann erzählte, früher durch einen Beamten der Neu-Gumea-Compagnie, 
Hermes, zerstört worden, um den Streitigkeiten und Todtschlägereien zwischen den Dorfbewohnern 
und den Plantagenarbeifern ein Ende zu machen. Die Leute sollen bei dieser Gelegenheit gar keinen 
Versuch zu gewaltthfitigem Widerstand gemacht haben, gewiss ein markantes Zeichen gutmüthiger 
Friedfertigkeit ! 

Diese vier Theildörfer, von denen zwei, Garima und Sarrar, in engerem Verband zu einander 
stehen als die übrigen, zerfallen wieder in Unterabtheilungen, die aus je 3—4 enger zusammen- 
haltenden Familien bestehen. 

Als Schlüssel zum Hinterland und als bedeutender Handels- und Stapelplatz für die Bilibili- 
Händler übt Bogadjim eine ziemlich beträchtliche Suprematie über eine ganze Reihe von 
Dörfern, meist Bergdörfern des Hinterlandes, aus. Aber dieselbe geschieht nicht so, dass alle Bogadjim- 
leute gleiche Vorrechte in den Hinterlanddörfern ausübten, sondern das Verhältniss ist derart, dass jedes 

•) Siehe Nachrichten ober Kaiser -Wilhelrasland und Bismarck -Archipel 1896 p. 41, 
**) Siehe ibid. 1888, I. Heft, Seite 30. 



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der vier Theildöifcr seinen besondem Rayon hat, in welchem es seine Oberherrschaft ausübt, 
entsprechend den oben erwähnten Handelsbeziehungen. 

So haben die Bewohner des Theildorfes Lalu ihre Verwandten und Handelsfreunde in den 
Dörfern, welche auf der rechten Seite des Minfjim-Flusses liegen: Wjenge, Yimjam, Aiau etc. Die 
beiden mittleren Theildürfer Bogadjim's, Sarrar und Garima, verkehren in den Küstendörfern Erima 
und Zenaitje und haben ausserdem noch ihren Yambang (ihr Gebirgsdorf) in der Maragun-Gegend 
(Rai-Küste). Das Dorf Born wiederum hat seine Freunde in den Dörfern wohnen, welche zwischen 
dem Yori- und Narum (Elisabeth-) Fluss gelegen sind, vornehmlich Balai, Wai, Waloke, Uija, Makwau. 

Ausserdem stehen die Dörfer Sarrar-Garinia-Bom noch in freundschaftlicher Verbindung mit 
einer Anzahl Dörfer in der Landschaft Mariga zwischen Elisabeth- und Gochol (Gogol-) Fluss. 

Von allen diesen Dörfern können nur die zu Sarrar-Garima haltenden Bergdörfer Yauar und 
Bauar als eigentliche reine Colonieen angesehen werden, da sie allein von allen noch die Bogadjim- 
sprache sprechen. Ueber die sprachlichen Verhaltnisse in den andern Dörfern siehe oben Seite 206. 

In allen den genannten Ortschaften hat Bogadjim das ausschliessliche Freundschafts- und 
Handelsrecht. Einige Dörfer jedoch, die auf dem Grenzgebiet der „Interessensphären" Bogadjim's und 
Bongu's liegen, nämlich die Dörfer Wuang, Yimjam, Kalikomana, Buramana und Manikam, haben 
Handels- und Freundschaftsbeziehungen zu beiden und infolgedessen auch Worte aus beiden Sprachen 
aufgenommen. 

Was die Ansiedlung Bogadjim zusammenhält, ist neben der Sprache eigentlich nur ihre 
geographische Lage als Schlüssel und Hauptort für den Handel mit dem Hinterlande, sowie 
ein religiöses Motiv, der Geheimkult des Asa, über den wir später zu sprechen haben werden. 

Wir wollen uns nunmehr den inneren Mechanismus dieses merkwürdigen Staatengebildes 
etwas näher besehen. Bevor wir aber dies thun, müssen wir nothwendig einen flüchtigen Blick auf 
den Melanesierstaat im Allgemeinen werfen. 

Ich erinnere zunächst daran, dass wir uns hier in einem Teil der Erde befinden, welcher 
nicht blos in zoologisch -botanischem, sondern auch in anthropologisch - ethnologischem Sinne die 
Spuren und Ueberbleibsel höchslen Allerthums bewahrt hat. In Australien und Neu-Guinea finden 
wir nicht nur Thierformcn lebend, weiche anderswo schon längst ausgestorben und vernichtet sind, 
sondern wir sehen auch den Menschen noch auf einer Stufe gesellschaftlichen Zusammenlebens stehen 
geblieben (ohne Metalle, ja vor kurzem sogar noch ohne Feuer), welche wir für die älteste und 
primitivste, die wir kennen, ansehen müssen. 

Diese Meinung ist zwar von keinem Geringeren als dem berühmten Sir John Lubbock auf- 
gestellt und von Lewis Morgan auf Grund umfangreicher Studien über Verwandtschaftsbezeichnungen 
gestützt worden. Aber ebenfalls kein Geringerer als Oscar Peschel hat sich dagegen ausgesprochen 
und den Hetärismus der Australier am Murrayfluss für .örtliche Verwilderung" erklärt, hervorgerufen 
durch den entsittlichenden Verkehr mit den Europäern. Auch unser Ratzel meint, die so viel 
besprochene exogarnische Gruppenehe der Mount- Gambier- Australier sei nur eine .proletarische 
Verlotterung". 

Da es bei Differenzen immer gut ist, sich eines juristischen Beiratlies zu versichern, so wollen 
wir unter sothanen Umständen eine auf dem Gebiet der vergleichenden Rechtswissenschaft heimische 
Autorität befragen. Professor Kohler hat*) eine sehr hübsche und klare Uebersicht über die Ent- 
wicklung der Ehe und der Familie der Australier gegeben. In Nachfolgendem wollen wir uns haupt- 
sächlich an seine Ausführungen halten. 

In Australien, sagt er, haben wir noch mehrfache Existenz des Hordenlebens und der Hordenehe, 
denn in jenen Urzeiten kommt der Mensch nur als Hordenindividuum in Betracht. Die Ehe war 

*) Im 7. Band der Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft 18S7. 



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ursprünglich nicht eine Verbindung zwischen zwei Individuen, sondern eine Horden-, eine Gruppenehe. 
Die Männer der Horde A raubten (zuerst) oder tauschten (späterhin) die Frauen der Gruppe B; 
alle Männer von A waren darum die Gatten sämmtlicher Frauen von B, erst späterhin entwickelte 
sich hieraus die Individualehe. 

Darum waren auch alle Kinder sämmtlicher Frauen der Horde B Geschwister, weil alle 
Männer der Horde A ihre Väter waren, die von allen Kindern durchweg mit gleichem Namen an- 
geredet wurden. Verwandtschaftlich gleich standen sich also : Vater und Valersbruder, Ehemann, 
Bruder desselben und Ehemann 'der Schwester und so fort. Wo immer wir also den gleichen 
Namen für diese bei uns so verschiedenen Verwandtschaftsgrade antreffen, können wir mit Sicher- 
heit auf früher bestandene Gruppenehe schliefen. Solches finden wir bei den Australiern, aber 
auch bei den Jabim's in Finschhafen. 

Diese Zustände mussten notwendig das Mutterrecht zur Folge haben; denn der Schooss, 
aus dem das Kind entsprang, war bekannt, nicht aber der Vater; darum folgte es dem Stamm 
der Mutter. 

Der ursprüngliche Frauenraub führte schliesslich zur Exogamie; Heirath in der Horde war 
und ist noch strengstens verpönt. Das Naheliegendste war, dass die Männer der Horde A, welchen 
ihre Töchter von der Horde B geraubt waren, nun ihrerseits die Mädchen von B raubten und 
tauschten. Es entstand also ein regelrechtes Kreuzungsverhältniss , und die beiden ineinander 
heirathenden Horden bildeten einen Stamm. So kommt es z. B., dass jeder australische Stamm 
aus zwei oder mehr exogamen Horden besteht, von denen die eine in die andere hineinheirathet. 
Häufig ist Wiederzertheilung, ebenfalls mit exogamer Qualifikation. Diese Zeitheilung ist leicht be- 
greiflich, sogar nothwendig. Es ist die Zertheilung in jüngere und ältere Generation jeder Horde; 
die jüngere Generation soll nicht in die ältere hineinheirathen, umsomehr als gemeinhin Multcrrecht 
gilt und mithin Vater und Tochter zwei verschiedenen Horden angehören. Der Gedanke, dass in 
dieser Relation die Ehe versperrt ist, dass der Vater die Tochter nicht heirathen darf, äussert sich 
darin, dass die jüngere Generation einer neuen Abtheilung angehört, in welche die ältere nicht hinein- 
heirathen darf. 

Diese Abtheilungen kompliciren sich dann immer mehr, indem sie Träger von Totems (Thier- 
zeichen) sind Oder in verschiedene Totemfamilien zerfallen, die in bestimmter Weise in einander 
heirathen. 

Da die Kinder nach Mutlerrecht dem Stamme der Mutler folgten, so konnte es kommen, 
dass bei Hordenstreitigkeiten der Sohn gegen den Vater kämpfen musste, wie es in Neu-Pommern 
(nach Hahl) noch thatsächlich der Fall ist. Kohler meint, dass wahrscheinlich dieser Consequenz 
wegen viele australische Stämme die Vaterfamilienfolge angenommen haben, oder mindestens, dass 
der Sohn dem Vater folgte. 

Wenn aber alle Söhne dem Vater und alle Töchter der Mutter folgen, so würde die andere 
Schwierigkeit entstehen, dass der Unterschied der Abtheilungen mit dem Unterschied der Geschlechter 
zusammenfiele und dadurch die exogame Gliederung zerstört würde. Daher zerfällt der Stamm nun 
in Familien-Abiheilungen, denen die Ehe unter einander nicht gestattet ist, und die Hordenexogamie 
schlägt so um in eine Familienexogamie: die Familie A heirathet nur in die Familie B. 

Aus der Form der Ehe : Raub oder Tausch geht hervor, dass die Frau dem Manne folgt, 
obwohl sie Angehörige ihrer Horde bleibt; sie wohnt bei dem Mann einer andern Horde; es giebt 
also dort kein Mutterrechtshaus, wo Alles unter Leitung des Mutterbruders zusammenwohnt und der 
Ehemann nur ein Fremdling ist; es macht sich naturgemäss das männliche Uebergewicht geltend; 
die eheherrliche Gewalt ist eine sehr strenge, und die Frau sinkt zum vererbbaren Besitzthum des 
Mannes herab. Daher besteht trotz Mutlerrechtsfolge eine starke väterliche Gewalt. 



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„Dass Raub und Vergewaltigung zum Recht führt," sagt Kohler, „ist eine Erscheinung der 
Rechtsgeschichte, vor welcher wir das Auge nicht verschliessen dürfen; das Recht kann nicht ohne 
ejn bestimmtes Maass von Gewalt bestehen, und wo es zu schwach ist, um die Gewalt zu sich 
herüber zu ziehen, da zieht die Gewalt das Recht zu sich hinüber. Wenn die Gewalt mit ihrem 
Kraftdrucke erlahmt, so bleibt die Raubehe noch in Gestalt eines Scheinraubes übrig. In der That 
finden wir bei den Australnegern noch Raub und Scheinraub, bei dem es zwar Geschrei, Hader und 
Schläge setzt, wobei aber die Raubscene zur Farce herabgesunken ist." 

Mit dem Frauenraub ist vielfach das jus primae noctis verbunden, indem die Raubgehilfen 
das Weib benützen dürfen. 

Eine sehr verbreitete Art .des Raubes ist die Entführung mit Einwilligung der Frau. £>ie 
normale Ehe-Form ist gegenwärtig der Frauentausch. Wer viele Schwestern oder Töchter hat, kann 
sich viel Frauen tauschen, und wer keine hat, kauft sich eine, um sie zum Tausch bieten zu können. 
Frauenkauf ist als Eheform ebenfalls gebräuchlich. 

Wo überall die Ehe Kauf- oder Tauschehe ist, entwickelt sich die Verlobung, d. h. das der 
Ehe vorhergehende Inbeziehungsetzeu der beiden Personen. 

Diese eben geschilderten Urzustände spiegeln sich allenthalben in Melanesien wieder und 
lassen deutlich erkennen, dass sie mit den australischen auf gleicher Grundlage beruhen ; sie stellen 
nur eine höhere , fortgeschrittenere Stufe derselben dar. Ueber das Hordenleben hat sich der 
melanesische Staat bereits hinausgeschwungen; die Grundlage ist überall schon die Familie, 
mit dem Vater als natürlichem Oberhaupt der Einzelfamilie und dem Famlienältesten, der den Namen 
.grosser Herr" führt — in Bogadjim tamo koba, auf der Gazellehalbinsel Neu-Pommern's a gala 
na tutana, kurzweg a gala genannt*) — als solchem des ganzen Familienstammes. Von einer Horden- 
oder Gruppenehe besteht keine Spur mehr, doch lässt sich ihr früheres Vorhandensein aus der 
Bezeichnung der Verwandtschaflszugehörigkeit bei den Jambim's mit aller Sicherheit erkennen. Nach 
Vetter**) nämlich stehen sich Geschwister von gleichem Geschlecht in allen Verwandschaftsgraden 
gleich, ihre Kinder betrachten sich sämmtlich als Geschwister und gebrauchen darum auch für Onkel 
und Tante den Namen Vater und Mutter. In Bogadjim deutet auf frühere Hordenehe vielleicht der 
Gebrauch, dass bei Heirath nach einem fremden Dorfe nicht nur den Eltern der Braut oder der 
Familie, sondern auch der Allgemeinheit, dem Heimathsdorfe derselben etwas bezahlt werden muss. 

Mutterrecht herrscht noch überall in sehr ausgesprochenem Grade und darum ist auch 
das Gefüge des Melanesierstaates ein so ausserordentlich lockeres. „Im Fall eines Krieges", sagt 
Dr. Hahl, »gehen sie (nämlich die Bewohner einer Landschaft oder einer Ansiedlung, d. V.) aus- 
einander, jeder zu seiner Sippe. Die Söhne folgen dem Oheim mütterlicher Seite und stehen gegen 
den Vater und dessen Verwandschaft im Felde." „Es bildet eine besondere Aufgabe des Familien- 
hauptes*, sagt er ferner, „die Stämme genau zu verfolgen und im Gedächtniss zu behalten, um bei 
Heirathsangelegenheiten tavevet (Verwandtschaft mütterlicherseits, d. V.) und tadiat „nicht verwandt" 
zu entscheiden." So krass tritt, glaube ich, das Mutterrecht in Deutsch-Neu-Guinea nirgends mehr 
hervor, und wir haben darum auch in dieser Richtung wieder eine nähere Beziehung der Bismarck- 
Insulaner zu den Australiern zu verzeichnen, die wir schon von der somatisch-anthropologischen Seite 
aus gefunden haben. 

Polygamie besteht ebenfalls allerorten in mehr oder minder ausgebildeter Form, ebenso 
der ursprüngliche Frauenraub, wenn er auch bei den meisten Stämmen heutzutage zu einer Art 
Ceremonie herabgesunken ist und nur noch als Spiel, als Hochzeitsgebrauch besieht. 

•) cf. den Artikel Dr. Hanfs in den Nachrichten Aber Kaiser- Wilhelmsland 1897. 

**) Beriebt lies Missionars Herrn Konrad Vetter in Sirobang Ober papuanische Rechtsverhältnisse, wie solche 
namentlich bei den Jabini beobachtet wurden. Nachrichten über Kaiser- Wilhelmsland 1897, Seite 86 ff. 



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— 225 — 

Ob Spuren von Totemismus sich finden, ist noch zweifelhaft. Dr. Hahl meint von den 
Neu-Pommern, es müsse näherer Untersuchung vorbehalten bleiben, ob hinter den Geheimbünden der 
„Dukduk' und .Ingiet" sich Reste desselben verbergen; Vetter findet solche bei den Jabim's, bei 
denen verschiedene Familien von gewissen Thieren abstammen wollen und sich desshalb der Tödtung 
und des Fleisches derselben enthalten, ,In Simbang", sagt er, „giebt es 2 Familien, von denen die 
eine behauptet, ihre Angehörigen würden nach dem Sterben zu fabelhaften Höhlenschweinen; die 
andere glaubt an eine Verwandlung der Ihrigen in Krokodile. Die Leute scheuen sich auch, einem 
solchen unheimlichen Thier ein Leid zuzufügen, nicht nur, um nicht dessen Rache herauszufordern, 
sondern auch, weil sie es zu ihrer Familie rechnen. Als das Haupt desselben gilt ein altes Krokodil, 
öberall bekannt als der alte Butong, von dem man sich erzählt, dass ihm eine Frau von Simbang, 
die daneben auch wohlgestaltete Kinder hatte, das Leben gegeben habe." 

Wir wollen nun zusehen, wie sich der Bogadjimstaat speziell verhält: 

Die Familie ist auch hier die Grundlage der Gemeinschaft und das älteste männliche Mitglied 
derselben ist Familienoberhaupt (Tamo koba). In diesen Familienverband können sogar schon Fremde 
durch Adoption (Kinder) aufgenommen werden oder durch Heirath (Jünglinge und Wittwer). Doch 
werden solche aufgenommene Familienglieder als Tamo jaun (was Hoffmann am besten mit „Hörige" 
übersetzen zu können glaubt) immer von den geborenen (tal niri; tal = das Haus, niri = der Sohn) 
unterschieden. In Finschhafen bei den Jabim's jedoch, wo ebenfalls Adoption besteht, tritt nach 
Vetter der Aufgenommene so vollständig in die Familie ein, dass er unter Umständen seine wirkliche 
Mutter Schwester und seinen leiblichen Vater Schwager nennt. Die eigentlichen Eltern bekommen 
von den Adoptiv-Eltem eine Vergütung. Auch in Neu-Pommem besteht Adoption, aber nur zwischen 
Schwestern, falls die eine kinderlos, die andre aber mit solchen gesegnet ist. (Hahl.) 

Das Mutterrecht herrscht zwar auch in Bogadjim, wie wir an Vielem, u. A. ganz deutlich 
an den Bestimmungen des Erbrechts, worüber weiter hinten, erkennen können, doch hat das Ueber- 
gewicht des Mannes und Vaters bereits so zugenommen, dass faktisch die väterliche Gewalt die 
maassgebende ist. Das Mutterrecht hat ja, wie Bastian*) ausführt, überhaupt die Tendenz, allmählich 
in das Vaterrecht überzugehen. Die Frau folgt trotz des Mutterrechts dem Manne. Es existiren 
zwar in Bogadjim Fälle, wo Männer aus dem Gebirge Frauen aus Bogadjim heiratheten und sich 
dort ansiedelten. Das geschah aber nicht infolge des herrschenden Mutterreehts , sondern wahr- 
scheinlich nur deshalb, weil Bogadjim den armen Gebirgsdörfern gegenüber eine grosse, reiche Stadt 
ist und als solche ihre Anziehungskraft ausübte. Dies zeigte sich noch in einem andern Fall. In der 
Pockenzeit vor einigen Jahren, als wegen des massenhaften Hinsterbens Mangel an jungen Männern 
in den Gebirgsdörfern war, zogen öfters heirathsfähige junge Mädchen von dort herab nach der grossen 
Stadt Bogadjim, wo sie sicher waren, Männer zum Heirathnn zu finden. 

De jure besteht Polygamie, aber sie wird wenig ausgeübt, aus dem einfachen Grunde, 
weil dies kein ganz billiges Vergnügen ist; denn die Frau muss von ihren Eltern oder Verwandten 
gekauft werden. Von mehr als drei Frauen habe ich nie gehört; soviel besass nur ein einziger 
Mann, einige ihrer zwei und die allermeisten nur eine. Nimmt Jemand mehrere Frauen, so bekommt 
eine Jede ein eigenes Haus, wie wir oben Seite 200 bereits hörten. 

Die Heirathsform ist gegenwärtig der Frauenkauf, aber noch mit sehr starken Anklängen 
an den früher zweifellos bestandenen Raub; da ich weiter hinten bei Gelegenheit der Hochzeits- 
gebräuche mich noch weiter darüber zu verbreiten haben werde, so begnüge ich mich hier, einst- 
weilen darauf hinzuweisen. 



") Bastian, Martriarchat and Patriarchat. In den Verhandlungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie. 
Ethnologie und Urgeschichte, Jahrgang 1686, Seite 388. 



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— 226~ — 

Die Frau sinkt in Bogadjim nie zu einer rechtlosen Sache herab; sie kann nicht vererbt 
werden, sondern, wenn der Mann vor der Frau stirbt, steht es dieser frei, in dem ihr vom Mann 
überwiesenen Hause fernerhin zu wohnen und ledig zu bleiben, oder nach beendeter Trauerzeit zu 
ihren Verwandten zurückzukehren; sie gehört also nicht mehr so ausschliesslich ihrer Mutterfamilie 
an unter der Zucht und dem Dispositionsrecht des Mutterbruders, wie anderswo. Heirathet sie 
wieder, so muss aber ein neuer Kaufpreis an die Verwandten bezahlt werden. Zwischen Mann und 
Frau scheint keine Gütergemeinschaft zu bestehen, wie daraus hervorgeht, dass beim Tode 
der Frau ihre Habseligkeiten auf ihre Töchter und die Verwandten mütterlicherseits übergehen. 

Die Frau nimmt also im Bogadjimsf aat keine so niedrige Position mehr ein, wie im australischen 
oder selbst im malayischen, und sie weiss ihre Stellung mit Mund und, falls nöthig, auch Hand 
ganz trefflich zu wahren. 

Die Staatshoheit wird in Bogadjim nicht durch Häuptlinge repräsentirt und ausgeübt; 
diese sind, wie bei der matriarchalischen Form leicht erklärlich, eine dem Melanesierstaat ursprünglich 
fremde Einrichtung. Aber gerade wie in Australien haben sich auch hier bereits mannichfache 
Ansätze zur Häuptlingschaft herausgebildet, sogar mit Spuren von Erbfolge*). Diese Häuptlingschaft 
ist mehr eine factische, auf Intelligenz, Stärke, Reichthum begründete, als eine legale, und insofern 
können wir auch hier mit Recht sagen, dass wir beim Melanesierstaat in Urzustände hineinblicken, 
welche für unsere Cultur schon unter dem Schult von Jahrtausenden begraben liegen. Wir stehen 
hier an den Wurzeln des Königthums und sehen mit ehrfurchtsvollem Staunen, wie tief hinab bis in 
die allerersten Anfänge der menschlichen Gesellschaftsordnung dieselben reichen. 

Solche Häuptlings-Embryonen finden wir mehrfach, ganz unregelmässig bald hier, bald da, 
je nachdem ein Mann durch besondere Intelligenz und Thalkraft sich hervorthut und Anhang ge- 
winnt. Im Bismarckarchipel sehen wir tapfere Leute mit machtvoller Persönlichkeit zum Luluai, 
zum Anführer im Kriege, aufrücken und auch im Frieden als Richter bei Streitfällen auftreten. 
Wie sehr man die Macht der Persönlichkeit respectirt, geht daraus hervor, dass selbst Fremde, 
Zugewanderte diese zweithöchste Stufe im Staat erreichen können. Auf der Shortland-Insel Morgusaie 
war der alte Gorai, den Zöller so hübsch schildert, wohl der reichste und mächtigste Mann, der 
eine wirkliche Häuptlingsrolle spielte. Auf dem Festland selbst, in Kaiser-Wilhelmsland, giebt es 
bei den Jabim's (nach Vetter) in jedem Dorfe einen „Häuptling", der sogar seine Würde auf den 
Sohn vererben kann, aber sein Ansehen und seine Macht ist so minimal und beschränkt, dass er, wie 
Veiter selbst sagt, nur der „primus inter pares* ist. Es ist aber begreiflich, dass eine thalkräftige, 
kluge Persönlichkeit sich aus dieser Position heraus leicht einen mächtigen erblichen Fürstensessel 
zimmern kann. Eine solche Persönlichkeit scheint der Jabim Makiri aus Suam oder Kolem bei 
Finschhafen gewesen zu sein, dessen Konterfei das II. Heft der Nachrichten über Kaiser-Wilhelms- 
land etc. 1889 bringt, und dem nach Zöller bloss die Energie fehlte, um eine Dynastie zu begründen. 
Vielleicht auch der Ehrgeiz, denn Ehrgeiz und Streberthum fehlen im Papuastaate vollständig; wozu 
auch? Alle Männer stehen einander gleichberechtigt gegenüber, der Landbesitz ist gemeinschaftlich 
und kann nicht Eigenthum des Einzelnen werden, Geld existirt nicht, wegen der paar Schmuck- 
sachen mid sonstigen Dinge verlohnt es sich der Mühe nicht und anderweitig Erstrebenswertb.es 
kennt man nicht! 

Auf seiner Gogol-Expedition hat Dr. Lauterbach den .Häuptling" Biatola getroffen, dessen 
Ansehen sogar so weit reichte, dass er ihm Träger verschaffen konnte, und in Bogadjim selbst ist 
es der schon mehrerwähnte „grosse" Kodi (Kodi koba), welcher nach Kubary (siehe oben Seile 197) 



*) Ich entnehme dies einem weiteren, sehr interessanten Aufsatz von Prof. Dr. J. Kohler in dem Vit. Band der 
Zeitschrift f. vergleich. Rechtswissenschaft: „Ueber das Recht der Papua's auf Neu-Guinea", welcher viele Literatur- 
Angaben enthält. 



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Taf. 35. Kodi koba, ein uralter Tamo aus Bogadjim, der Häuptlings- und priesterliches 
Ansehen geniesst. 



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eine Art priesterlichen Ansehens geniesst. Ich stelle diesen uralten Herrn, den Kubary 1887 schon 
.alt" nennt, hierneben im Bilde dem geehrten Leser vor. Es kostete etwas Mühe, den alten Herrn 
zum Sitzen behufs photographischer Aufnahme zu bewegen. Das starr auf ihn gerichtete Glasauge 
der linse machte ihm offenbar einen unheimlichen Eindruck und er entfloh dreimal ihrem Zauber- 
bann, ehe es gelang, den günstigen Moment zu erhaschen. Er war trotz seiner .Grösse* von 
Bogadjim weggezogen, als die Europäer dort in unheimlicher Nahe der Tamodörfer ihren Plantagen- 
bau begannen, vielleicht auch in Folge der Zerstörung des fünften Bogadjim-Dorfes , ich weiss das 
nicht genau; er ist aber, und das war für uns ein gutes Zeichen der Wiederannäherung, im Jahr 1894 
dahin zurückgekehrt. Sein Ansehen nach aussen ist nicht sehr gross und mag wohl hauptsachlich 
auf seinem hohen Alter (er kann an die Siebzig sein) und seiner langen Erfahrungsweisheit beruhen, 
die sich in den Versammlungen geltend macht. Denn die höchste Gewalt, die suprema lex, als 
welche im Papuastaat die hergebrachte Sitte (der malayische Hadat) gilt, beruht bei der 
Allgemeinheit, bei der Volksversammlung; es wird Alles durch Massenberathung und 
Massenabstimmung der männlichen Bevölkerung im weitesten Umfang erledigt. Wenn z. B. 
zwei Brüder einander prügeln, so wird der Streit nicht durch das Familienhaupt geschlichtet, das nur 
in beschränktem Maasse gebietet, sondern er kommt vor das allgemeine Forum. Leicht begreiflich 
darum, dass die Bedekunst sehr geschätzt ist und in hoher Blüthe steht. 

Die Verfassung könnte man sonach trotz des herrschenden Mutterrechts eine patriarchalisch- 
demokratische nennen. Doch machen sich bereits — und das schon auf dieser frühen staatlichen 
Entwicklungsstufe zu sehen, ist für uns ausserordentlich lehrreich — Klassenunterschiede bemerklich. 

Wo Menschen zusammenleben, sei es selbst auf der niedersten Stufe, der Horde, bei der 
alle erwachsenen gesunden Männer gleichberechtigt neben einander stehen, da wird nach kurzer 
Zeit eine dreitheilige Spaltung vor sich gehen. Aus der grossen Masse werden zunäclist die physisch 
Starken und Tüchtigen sich hervorthun und naturnothwendig das Uebergewicht erlangen, das sich 
zuletzt zur erblichen Häuptlingsschaft consolidirt. Neben ihnen und nach ihnen aber wird auch 
der geistig Starke, der Klügere und Intelligentere sich heraus- und heraufarbeilen. Im späteren 
Verlaufe der Menschheitsgeschichte beginnt dann der Kampf dieser beiden Gewalten gegeneinander 
— Kriegerkaste und Priesterkaste. 

Die Masse des Volks bildet die ernährende und erhallende Unterlage für beide ; aus ihm sind 
sie hervorgegangen, in ihm wurzeln sie, aus ihm recrutiren sie sich. 

Der Bogadjimstaat zeigt uns diese Anfange unverhüllt. Die Familienhäupter und die durch 
Alter und Erfahrung hervorragenden Männer bilden gewissermaassen einen Rath der Alten. 
Dieselben führen den Titel Tamo koba oder relite (— alt). Dass das Alter, wie fast bei allen 
Naturvölkern, hoch geehrt und angesehen ist, beruht auf dem einfachen Umstand, dass bei diesem 
primitiven Leben ohne Schule und Schriftsprache der Aelteste immer zugleich der Erfahrenste und 
der Träger der an Stelle des schriftlichen Gesetzes geltenden mündlichen Traditionen ist. Zu diesen 
Tamo koba gehört der vorerwähnte alte Kodi. 

Neben diesem Rath der Alten ist aber bereits die andere Klasse emporgekommen, welche 
diejenigen umfasst, die durch irgend eine Eigenschaft sich aus der grossen Masse herausheben, z. B. 
durch Körperkraft, Tapferkeit, Reichtimm, Vornehmheit, Schönredenheit. Das sind dann die Tamo 
bole (=gut). 

Es ist Nichts natürlicher, als dass diese beiden Abtheilungen, die Keime unserer Herren- 
und Abgeordnetenhäuser, eine belangreiche Sache zuerst einmal unter und mit einander besprechen, 
ehe sie dieselbe vor die allgemeine Dorfversammlung bringen, oder sie selbst vorkommenden Falls 
unter sich allein abmachen. 

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Um eine Versammlung zu berufen resp. zu veranlassen, genügen einige bestimmte Schlage 
auf die grosse Signaltrommel.*) 

In diese beiden beschliessenden und gesetzgebenden Körperschaften kann, wie man sieht, 
jeder Mann hineinwachsen, sobald er zu den Alteingesessenen, den tal niri gehört; ob die adoptirten 
oder als Ehegatten in die Familie aufgenommenen Fremden, die tamo jaun, dies ebenfalls können, 
weiss ich nicht; der Ausdruck .Hörige* jedoch, mit dem Hoffmann das tamo jaun übersetzt, lässt 
darauf schliessen, dass es nicht der Fall ist. 

Diese tal niri bilden in dem demokratisch -patriarchalischen Bogadjimstaat eine Art von 
Patrizierthum, das als ältester Stamm besonderes Ansehen geniesst; und wir werden nicht fehl- 
gehen, wenn wir darin die ersten Spuren und Keime einer Adelskaste sehen. 

Solcher Patrizierramilien sind es nur noch wenige, und merkwürdigerweise haben fast alle 
Mitglieder eine etwas dunklere Hautfarbe als die übrigen Tamo's ; auch glaube ich — es sei dies 
mit aller Reserve gesagt — bei ihnen vorwiegend die kühn, fast semitisch geschwungenen Nasen 
gefunden zu haben, welche den Bogadjimleuten ihr charakteristisches Gepräge verleihen. Dunkle 
Hautfarbe und gebogene Nase gelten darum in Bogadjim für vornehm. Der Mann Aegil Tafel 19 
gehört einer dieser Familien an, und der Knabe vorn auf dem Gruppenbild Tafel 18 ist ebenfalls 
Sprössling einer solchen. Wenn man die Abbildungen der andern, z. B. des alten Kodi oder des 
alten Kriegers, dagegen hält, wird man den Unterschied in der Gesichts- und Nasenbildung bemerken. 
Im somatischen Theil war schon davon die Rede. Trotzdem ist der alte Kodi der Vater von Aegil; 
aber das beweist nur, dass der Stammestypus nicht bei allen männlichen Individuen durchbricht. 

Es sind fast dieselben Gesichter und Nasen, welche wir auch an den vornehmen Patrizier- 
geschlechtern auf Java mitten unter einer platt- und breitnasigen malayischen Bevölkerung wiederfinden 
und welche, wie wir oben Seite 163 sahen, fast mit Sicherheit auf Michung mit arischen Einwanderern 
aus Nordindien zurückgeführt werden können. Auf Indien weist ja auch die Geschichte der papuanischen 
Einwanderung hin, und so würde es wenigstens nicht zu den Unmöglichkeiten gehören, dass wir in 
der Physiognomie der alten Patriziergeschlechter von Bogadjim die Züge nachdravidischer, arisch- 
indischer Eroberer wiederfinden. Ich kann weder dafür noch dagegen sprechen; es muss mir genügen, 
die Aufmerksamkeit späterer Forscher auf diese Sache hingelenkt zu haben. 

Der Umstand, dass man im Innern, am Oberlauf des Ramu- und Kaiserin Augustaflusses 
ebenfalls schlanke Gestalten mit gebogenen Nasen und „semitischem Typus* antraf, die sich deutlich 
von der „gedrungenem Statur und den gröberen Gesichtszügen* der Bergbewohner unterschieden, 
hat nichts Befremdliches oder der obigen Annahme Entgegenstehendes; es sind, wie Dr. Lauterbach 
in seinem Berliner Vortrag selbst vermuthet, längs dieser grossen Flüsse heraufgewanderte Küstenstämme. 

Hiermit haben wir die Hauptfaktoren der papuanischen Staats- und Gesellschaftsordnung 
kennen gelernt. Wenn wir uns vergegenwärtigen, auf welcher technisch ausserordentlich niedrigen 
Stufe diese Völker stehen, einer Stufe, welcher trotz ihres Vorhandenseins im Erdboden Metalle voll- 
ständig unbekannt geblieben sind, welche trotz der fabrikmässigen Herstellung von Thontöpfen noch 
nicht einmal die einfache Erfindung der Drehscheibe machen konnte, ja welche trotz unleugbar hoher 
Begabung und Intelligenz kaum im Stande war, Feuer zu erzeugen, so muss man die geistige Kultur 
derselben, wie sie sich in ihren staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen äussert, als eine ver- 



*) Wer sich die Mühe geben will, den vorerwähnten Aufsalz von Professor Kohler über das Hecht der Austral- 
neger nachzulesen, der wird finden, dass dort ganz die gleichen staatlichen Organisationen sich finden. Wir haben dort 
ebenfalls eine Organisation der Familienoberhäupter, aber daneben noch eine grosse, besondere Versammlung, wobei nur 
Totemli Kupier oder besondere Notabilitäten zugezogen werden. Auch hier macht das Alter ehrwürdig und giebt Macht. 

Je näher wir Australier und Papua's kennen lernen, desto näher rucken sich die beiden, vor Kurzem noch für 
so verschieden gehaltenen Volker, desto mehr verschwinden die sie trennenden Lücken. 



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hältnissmässig wohlausgebildete anerkennen, die sich derjenigen mancher andern, technisch viel 
höher stehenden Völker, wie z. B. den Bataks auf Sumatra, welche schon längst die Metalle 
kennen , ja sogar schon bis zur Schrift vorgeschritten sind, fast an die Seite stellen kann. Die 
technische und die geistige Kulturstufe der Tamo's stehen im Widerspruch miteinander. Das ist 
nur eine Folge ihrer langen Isolirung, gerade wie wir das auch bei der Säugethierwelt kennen 
gelernt haben. Wie hier die fossilen Formen der Monotremen und Marsupialien sich erhalten und 
in ihrem Formenkreis zu höchster Mannichfaltigkeit ausgebildet haben, so wurden auch die Kultur- 
fossilien der ersten Gesellschaftsanfänge des Menschen bewahrt und ausgebildet, aber nicht weiter ent- 
wickelt. Der zündende Funke fehlte und so bietet, wie die Thierwelt, so auch die Menschenwelt Nen- 
Guinea's ein treffendes Beispiel für die Wahrheit des Satzes, dass nur die lebendige Berührung, die 
Vermischung mit fremden Elementen und Keimen es ist, welche den Fortschritt, die Entwicklung bedingt. 

Wir wollen jetzt mit den allgemeinen Betrachtungen abschließen und uns mehr dem Persönlichen, 
dem einzelnen Individuum zuwenden. Wir thun das am Besten, indem wir zunächst den Lebenslauf 
eines Bogadjim-Tamo von der Geburt bis zum Grabe verfolgen. Was von Sitten, Gebräuchen und 
Einrichtungen der Papua's noch zu besprechen ist, wie Eigenthums-, Erb- und Strafrecht etc., das 
können wir dabei an der betreffenden Stelle nachholen. 

Die Frau arbeitet in Bogadjim bis zur Geburt, ohne irgendwie ihre Lebensweise zu ändern; 
doch erwähnt Veiter von den Jabimfrauen, dass sie sich während der Gravidität allgemein des 
Fleisches von Leguanen, Tintenfischen, Hunden (von denen übrigens die Bogadjimfrauen so wie 
so nicht viel abbekommen), kurz, aller feiten und schweren Speisen enthalten, .damit das Kind nicht 
todt oder missgestaltet geboren werde". Der Jabim-Mann muss sich übrigens ebenfalls in Acht 
nehmen; er soll während der Gravidität seiner Frau nicht auf die See gehen, „die Fische weichen 
vor ihm zurück, und das Meer wird erregt". 

Sobald die Bogadjimfrau ihre Stunde herannahen fühlt, zieht sie sich in ihr Haus oder 
Stockwerk zurück — ebenso ist es in Finschhafen und Neu-Pommern — und dort geht die Geburt 
unter Assistenz der weiblichen Verwandten beider Gatten vor sich, also nicht draussen im Freien, 
im Busch, wie nach echt australischer Sitte an manchen Stellen des Archipels*). Sie geht anscheinend 
leicht von stalten, denn die junge Mutter zeigt sich oft schon einige Stunden nachher auf der Veranda, 
schont sich aber bezüglich der Arbeit noch 8—10 Tage lang. Das Kind bleibt während dieser Zeit 
bei der Mutter und wird Niemandem gezeigt. Es Hegt in einer gewöhnlichen Tragtasche (gagung), 
die an einem Pfahl aufgehängt wird. Kunze erzählt (1. c. S. 47), dass neugeborenen Kindern die 
Nasen plattgedrückt werden, weil platte Nasen für eine besondere Zier gälten. Ich kann nur glauben, 
dass Kunze sich hier irrt; denn dies sieht in direktem Widerspruch mit meinen Erfahrungen {siehe 
vorige Seite über die Vornehmheit der gebogenen Nase!) und denen Vetter's, der das Gegentheil 
ausdrücklich hervorhebt**). Er sagt : „Mit Bewunderung sehen die Papua manchmal unsere Nasen an 
und fragen: „Sagt mal, was machen denn eure Mütter, dass ihr so schöne Nasen habt?* Steglauben, 
die weissen Mütter drückten den kleinen Kindern dieses Organ erst in die richtige Form." Europäer 
und Papua's haben sich also gegenseitig im Verdacht, ihren Neugeborenen die Nasen zureehtzudrücken. 



") loh hatte z. B. eine schwangere Arbeiterfrau au= Nusa (einem Iaselcben am Nordende Neu-Mecklenhurg's) im 
Hospital, die eines schönen Tages in den nahen Busch entlief, um zu gebären. Wir fanden sie in hockender Stellung 
zwischen die vorspringenden Wurzeln eines hohen Baumes gekauert, vor sich das eben geborene — todle — Kind; die 
Nabelschnur hatte sie mit einer Glasscherbe durchschnitten. 

cf. W. Wyatt Gill: Child birth customs on the Loyalily islands (Journ. or the anlhrop. InsL of Great Britaul and 
Ireland XIX 1890, Seite 503—605). Hienach finden auf Liiu die Geburten ebenfalls im Walde, in einer von der zukünftigen 
Mutler selbst gegrabenen Vertiefung statt, unter dem Beistand einer zahlreichen Zu seh nu erschau (Ref. im XXI, Band des 
Archivs für Anthropologie.) 

**) In dem II. Heft seiner Mittheilungen und Schilderungen. Barmen, 1898, Seite 13. 



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Krüppel und Zwillinge *) werden sofort todtgeschlagen wie Hunde, durch stumpfe Hiebe in 
den Nacken** ). Sogar älteren, 3 — 4 jährigen Kindern ergeht es so, wenn sie nach Meinung der Eltern 
unheilbar erkranken und lästig fallen. Denn Alles, was Last und Mühe heisst, weist der Papua weit 
von sich; Aufopferung kennt er nicht, wie die meisten Naturvölker. Darum ist er noch lange kein 
grausamer, gefühlsroher, der Elternliebe entbehrender Mensch. Es ist einfach ein durch den Kampf 
mit den Naturgewalten diklirter Akt, eine Art Selbsterhaltungstrieb, der ihn instinktiv zwingt, die 
schwachen, unbrauchbaren und voraussichtlich der Familie künftig zur Last fallenden Glieder zu 
eliminiren. Wenn wir die allgewaltigen Urtriebe der Naturmenschen richtig verstehen wollen, müssen 
wir uns sorgfältig von allen hypersensitiven Gefühlsverfeinerungen unserer Culturzustände frei 
machen. Seine gesunden Kinder kann ein Tamo gerade so innig lieben und liebkosen wie wir. Auch 
Miklucho-Maclay constalirt dies (1. c.) und bemerkt noch dazu, dass die Kinder, welche sehr munter 
seien und sehr selten weinen und schreien sollen, vom Vater und auch zuweilen von der Mutter 
sehr gut behandelt würden. Die Regel sei, dass die Mutter die Kinder weniger zärtlich behandle 
als der Vater, der ihnen sogar, was bei wilden Völkern sehr selten vorkomme, Spielsachen mache. 

Auch Kunze sagt (1. c. Seite 46) : .Sieht man auf das Verhältniss der Eltern zu den Kindern, 
so muss man staunen über die Zärtlichkeit, Liebe und Fürsorge, womit die Papuaeltern vornehmlich 
ihre Allerkleinsten hegen und pflegen. Es ist eine wahre Wonne, in die glückstrahlenden Augen 
einer Papuamutter und ihres Kindes zu schauen, wenn sie dasselbe mit ausgestreckten Armen vor 
sich hin hält und ihm durch Augenzwinkern, Kopfschütteln u. a. einen fröhlichen Laut abzugewinnen 
sucht. Gleich der Mutter freut sich auch der Vater. Oft nimmt er sein Kleinstes auf den Schooss 
und treibt mit ihm allerlei Kurzweil." 

Nach Ablauf der 8— lOtägigen Frist bekommt das Kind seinen Namen und zwar durch den 
Vater. Wenn es ihm sehr ähnlich sieht, so darf es den väterlichen Namen tragen ; andernfalls wird 
es nach dessen bestem Freunde genannt. Hony soit qui mal y pense! Dieser ist dann der Wah, 
der Pathe oder Namensvetter des Kindes. Die Verwandten mütterlicherseits heissen Gai ; ebenso die 
Bluts- und Hundefreunde. Wie uns Schellong***) erzählt, herrschte in Finschhafen die Sitte, kleine 
Kinder auch nach Europäern zu nennen. So habe es z. B. einen Deiter (=Doctor) gegeben, der 
zum Unterschied vom wirklichen grossen den Beinamen ssaun, d. i. der kleine, führte. Das kleine 
Kind sei demjenigen Herrn, dessen Namen es führen sollte, zugetragen und ein Pathengeschenk 
erbeten worden. Andere Male hörte man nur zufällig von der Existenz eines Namensvetters. 

In Bongu, wo der heute noch verehrte Miklucho-Maclay einst wohnte, existirt noch eine Frau, 
welche nach ihm genannt und öfters fälschlich für seine Tochter gehalten wurde. 

Wie die Knaben nach dem Vater, so werden die Mädchen bei grosser Aehnlichkeit nach 
der Mutter genannt. Ein Unterschied zwischen Männer- und Frauennamen existirt in Bogadjim nicht. 
In dem Theildorfe Bom z. B., woher unser guter Freund Kubai stammt, gab es eine Frau, die 
ebenso hiess; und als s, Z. Herrn Hoffmann's Töchterchen geboren wurde, meldete sich eine Menge 
Männer mit dem Wunsche, das Kind nach ihrem Namen benannt zu sehen. Von Finschhafen jedoch 
erwähnt Schellong ausdrücklich den Unterschied zwischen beiden. 

Ich gebe hier einige Männer- und Frauennamen aus Bogadjim: Kubai, Kodi, Karöi, Jaba, 
Zir, Jul, Pal, Ales, Bodi, Kaliwa, Kana, Kut, Ureng, Sarol, Aegil, Abis, Gamai, Ojo, Sirgu; letztere 
beiden sind Frauennamen. 

*) Nur auf der Insel Bilibüi existirt ein erwachsenes Zwillingspaar, das durch einen Zufall dem schon verhängten 

Tode entging. Auf Neu-Pommern bleiben Zwillinge eines Geschlechtes am Leben; bei verschiedenem Geschlecht wird ein 

Kind_*getödtet und zwar meist das Mädchen. (Hahl.) An der Aslrolabebai umgekehrt der Knabe (Kunze 1. c. Seite 91), 

**) Das geschieht auch in Finschhafen. Von den Neu-Pommern dagegen berichtet Dr. Habt (1. c. Seite 82), dass 

Hissgeburten eine sorgfaltige Pflege gemessen. 

***) Im XXI, Band der Berliner Zeitschrift für Ethnologie elc, r „Ueber Familienleben und Gebräuche der Papua V 



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Eine ganze Anzahl dieser Eigennamen sind von Gegenständen der Natur, Thieren, Pflanzen 
etc. entlehnt, so z. B. der Männername Gumbu. So heisst ein Beutelthier, aber man gebraucht 
den Namen auch jetzt für die Katze, welche die Tamo's erst durch die Europäer kennen gelernt 
haben. Der Männername Kan ist nach dem onomatopoetischen Namen eines Vogels gegeben. Von 
Frauennamen bedeute! : Jama eine Möve, Kuju ein Insekt, Oni die grosse Schildkröte, Lesi die 
Miesmuschel, Boka die Riesenschlange, Miserau das Tarogemüse, Bangar das Haar, Gambang die 
Schale, Kolele die Perle. Missionar Vetter giebt von den Jabim's noch Namen an, wie: Tausendfüssler, 
Regenschirm, Ertrunkener, Nur ein Kind, Die Kuh hat ihn erschlagen, Nashornvogel, Baumbär u. s. w. 
(cf. Schellong 1. c. Seile 14). 

Es kommt auch vor, dass Namen nach körperlichen oder geisligen Gebrechen verliehen 
werden. Ein Mann, der einen Leistenbruch hatte, wurde Wellum genannt, was eigentlich Scrotum 
bedeutet und jedenfalls der Aehnlichkeit halber gegeben war, Beinamen, wie: der Schielende, der 
Hinkende u. s. w. hört man häufig. 

Ausser diesem bei der Geburt verliehenen Namen (nam) hat Jedermann aber auch noch 
einen geheimen (vielleicht bei der Jünglingsweihe erhaltenen?) Namen (gur), den der Träger nicht 
selbst aussprechen darf, wohl aber Andere, die ihn ganz ungenirt bei demselben anrufen. Diese 
Scheu vor dem Aussprechen des eigenen Namens auf Befragen, welche auch den malayischen Völkern 
durchweg eigen ist, hat ausser den Gründen, die Baron von Andrian in seiner umfassenden und 
gründlichen Studie*) vorgeführt hat, noch einen andern, nämlich den verletzten Selbstgefühls und 
gekränkter Eitelkeit. 

Dass der Papua ein ausserordentlich eitler Mensch ist, haben wir oben schon erfahren. 
Eitelkeit ist ja eine uralte Erbsünde des Menschengeschlechts und nach der Liehe wohl die stärkste 
Triebfeder, die der Kluge unnötigerweise nie verletzt, selbst beim einfachen Wilden nicht. Nun 
ist so ein Eingeborener aber ausser auf seine äussere körperliche Erscheinung auf Nichts eitler und 
stolzer, als auf seinen Namen. Er, der nur in seinen Rindengürtel und ein unendliches Selbst- 
bewusstsein gehüllt einherschreitet, er verlangt und setzt voraus, dass jedermann seinen berühmten 
Namen kennt. 

Klopfe der geehrte Leser nur einmal an seine eigene Brust, fst es nicht für ihn ein unendlich 
schmeichelhaftes Gefühl, wenn er sich von einem der Grossen dieser Erde, etwa seinem Landesfürsten, 
sagen wir mal auf der Promenade, plötzlich mit seinem Namen angesprochen fühlt? Wird sein 
Herz da nicht in stolzem Selbstgefühl höher schlagen in dem Bewusstsein, dass sein Monarch ihn 
bei Namen kennt, dass er also doch ein aus der gewöhnlichen Menge hervorragendes Individuum 
sein müsse? 

Ganz dasselbe fühlt der Tamo dem Europäer gpgenüber. Man kann nicht taktloser und 
ungeschickter handeln, als wenn man einen solchen Eingeborenen nach seinem Namen fragt. Man 
kann dem Mann die Indignation über die Taktlosigkeit einer solchen Frage und über die getäuschte 
Eitelkeit förmlich im Gesichte ablesen und er spricht seinen Namen nur zögernd aus und langsam, 
immer in der Erwartung, dass man sich schliesslich doch noch besinne. Geschieht dies und erinnert 
man sich, so strahlt er förmlich vor Vergnügen. 

Eine ausgebreitete Namenkenntniss und öfteres Gebrauchmachen von derselben gewinnt Einem 
sehr schnell das Zutrauen und die Freundschaft der Leute, und die räthselhafte Macht, welche 
manche Europäer über die Eingeborenen besitzen, so dass sie einfach Alles gethan bekommen, wo 
ein Dutzend Anderer trotz aller Bitten und Befehle Nichts erreicht, beruht nicht zum kleinsten Theil 
auf solchen geringfügigen, aber tief wirkenden Dingen. 

*) Ueber Wortaberglaubcn. Korrespondenzblatt der deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und 
Urgeschichte. Oktober 1896. 



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So bin' ich niemals durch die Dörfer Ton Bogadjim gegangen, ohne dass ich das überall mir 
freundlich zugerufene „Güime, Dotter" mit „ode, ja" beantwortete, womöglich mit Namennennung, 
und ohne dass ich an jeder Hand einen oder zwei Jungen hängen hatte, die ganz stolz über die 
Auszeichnung mich bis zum letzten Haus geleiteten. Dabei muss ich bemerken, dass dort die Jugend 
nichts weniger als frech und zudringlich ist, eher das Gegentheil. 

Viele, die ich noch nicht kannte, stellten sich mir gehörig vor, indem sie gegenseitig ihren 
Namen nannten. So machte ich unter Andern auch die Bekanntschaft meines Papua-Collegen, und 
zwar folgendermassen: Er stellte sich vor mich hin, tupfte mit ausgestrecktem Zeigefinger auf meine 
Brust und frug mich : Ere Doctor? Ich nickte bejahend, und darauf hin tippte er stolz auf seine eigene 
Brust und sagte: Ere Tamo-Dokter! Erfreut schüttelte ich dem Herrn Collegen und Sanitatsralh von 
Bogadjim die Hand und verehrte ihm zum Andenken an die Bekanntschaft einen mir gerade über- 
flüssig gewordenen Hund. Hundefleiseh ist ja, wie wir oben sahen, der grösste Leckerbissen, den 
der Tamo kennt. Das Vermögen eines Dorfes oder Mannes zahlt nach Hunden, Schweinen und 
Schmucksachen, die aus deren Zähnen angefertigt werden. 

Wie hoch man den Hund schätzt, mag man daraus entnehmen, dass derjenige, welcher dem 
Andern einen Hund schenkt, dadurch nicht blos in ein gewisses Freundschafts- (siehe oben Seite 219), 
sondern sogar in eine Art Verwandtschaftsverhältniss tritt; er wird, um in der Bogadjimsprache zu 
reden, sein Gai. Der Ausdruck Gai bedeutet eigentlich die Verwandten mütterlicherseits, doch hier 
in diesem Falle mag es wohl so eine Art Pathen-Verhältniss bezeichnen sollen. Ich bin also da 
ganz wider Willen und unbewusst, denn ich hatte keine Ahnung von der Tragweite meines Geschenkes, 
in eine papuanische Verwandtschaft hineingerathen und zu einem braunen Pathenkind resp. Hunde- 
freund gekommen. 

Dasselbe besuchte mich denn auch recht fleissig, und wir gaben und nahmen beständig 
von einander Geschenke, d. h. das Geben war fast immer auf meiner, und das Nehmen auf der Seite 
meines Hundefreundes. Doch nein, ich will nicht ungerecht sein: ein paarmal verehrte er mir einige 
hübsche Schmuckpfeile, und ab und zu fand ich des Morgens beim Erwachen auf meiner Veranda 
ein paar Taro-Knollen, eine Kokosnuss oder dergleichen, die mir mein Pathenkind in wirklich zarter 
und sinniger Weise nächtlings dorthin gelegt hatte. Dieses heimliche, gewissermaassen rücksichtsvolle 
Schenken, ohne die eigene Person hervortreten zu lassen, scheinen die Papua's überhaupt zu lieben. 
Der Missionar Hoffmann fand häufig solche Liebesgaben des Morgens auf seiner Veranda oder vor 
seinem Zimmer. Gestohlen wurde mir, wie auch Maclay seinerzeit, nie und dem Missionar nur selten 
etwas und dann nur von neugierigen Buben, obwohl die Leute bei uns freien Zutritt hatten. Ich 
will aber nicht verschweigen, dass Andere, Kunze z. B, ganz entgegengesetzte Erfahrungen mit der 
Ehrlichkeit der Papua's gemacht haben. Keiner betrug sich je frech in meinem Hause; ein Wink, 
ein Wort genügte, ihn gegebenen Fails in seine Schranken zurückzuweisen. Dabei benahmen sich 
die Leute immer ritterlich und höflich, aber stets selbstbewusst und stolz ; man sah es ihnen an, 
sie fühlten sich bei aller Hochachtung vor dem Europäer ihm doch gleich und ebenbürtig. Den 
farbigen Arbeitern gegenüber, namentlich gegen die Chinesen und noch mehr gegen die kriechenden, 
sclavischen Javanern waren sie von einem wahrhaft komischen Stolze, und betrachteten diese als tief 
unter sich stehend, wenn jene auch noch so nobel gekleidet waren. 

Wenn zum Beispiel mein Jäger, ein gebildeter Javane, der eine gute hollandische Mittelschule 
besucht hatte und drei Sprachen io Wort und Schrift beherrschte, etwas mit mir verhandeln wollte, 
so setzte ich mich auf einen Stuhl, und der Javane hockte sich nach seiner Landessilte vor mir 
nieder auf den Boden. Flugs holte sich dann mein Pathenkind ebenfalls einen Stuhl herbei, setzte 
sich neben mich und schlug voll Gravität seine nackten Beine übereinander, indem er den armen 



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B. Htgen phot. 



Taf. 36. Eine vom Feld heimkehrende Tamofrau aus Bogadjim mit ihrem Sprössling. 

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Teufel von Javanen so recht impertinent stolz von oben herab fixirte, ein Anblick, so hochkomisch, 
dass er stets aufs Neue meine Lachmuskeln in Bewegung setzte. 

Manchmal hielt mir mein Pathenkind grosse Reden auf papuanisch, von denen ich kein 
Wort verstand; ich revanchirte mich aber und las ihm dann meine Monatsrapporte oder sonst was 
Erbauliches vor, und das verstand nun er wieder nicht, und so unterhielten wir uns immer aufs 
Beste mit einander. 

Ich merke soeben, dass ich ganz hübsch in's Plaudern gerathen und ganz von meinem Thema 
abgekommen bin. Wo war ich doch stehen geblieben? Bei der Namengebung, richtig. Diesem Kapitel 
habe ich übrigens weiter Nichts hinzuzufügen, als dass Schellong (1. c.) von den jungen Jabim's 
erwähnt, dass, wenn sie auf Reisen gehen und eine Zeit lang in befreundetem Dorfe zubringen, um 
dessen Sprache zu lernen, sie oft als Zeichen der Freundschaft mit einem Altersgenossen den Namen 
wechseln. 

Auch bei der Heirath legt der Tamo — und das ist wieder ein deutlicher Beweis für das 
ursprüngliche Matriarchat — seinen Namen ab und nennt sich stolz den Mann seiner Frau. Ich 
glaube dies wenigstens für Siar aus der Mittheilung des Missionars Bergmann schliessen zu dürfen, 
der mir erzählte, dass er nach seiner Verheirathung mit Fräulein Ott nicht mehr Bergmann, sondern 
Ott-Mann angeredet wurde. 

Wie bei den Malayen, so existiren auch bei den Papua's besondere Namen für ältere und 
jüngere Geschwister, bei den Jabim's sowohl wie bei den Tamo's. Bei den letzteren heisst der 
ältere Bruder Was, der jüngere Aube; die ältere Schwester heisst Koko {eine merkwürdige Ueber- 
einstimmung mit dem malayischen Kaka für dieselbe Bezeichnung!), die jüngere Nawi. Üie Geschwister 
aber reden sich für gewöhnlich nur Bruder und Schwester an. 

In Siar reden sich, wie mir Missionar Bergmann erzählte, die beiden Brüder gegenseitig mit 
Taik an, ebenso die beiden Schwestern; die Schwester aber nennt den Bruder und umgekehrt der 
Bruder die Schwester: Luk. 

Von Simbang-Finschhafen, bei den Jabim's, wo ebenfalls gesonderte Bezeichnungen für ältere 
und jüngere Geschwister (dua = älterer Bruder, lasi = jüngerer Bruder) existiren, verzeichnet 
Vetter die Merkwürdigkeit, dass der Altersunterschied der gegenseitigen Eltern bestimmend ist für die 
Bezeichnung eines Geschwisterkindes als älterer oder jüngerer Bruder und Schwester, dass also Jemand 
älter sein kann als ein anderer und dennoch von diesem .jüngerer Bruder" angeredet wird. 

Von den Bogadjim-Kindern wird der Vater Abu oder Zirelli, die Mutter Ai oder Ani genannt; 
die Grosseltern heissen Moma. Die Eltern reden die Kinder Niri = Sohn und Assi = Tochter an, 
der Gatte nennt seine Frau Nau, diese ihren Mann Gümbulo. 

Die Mutter trägt das Kind lange an der Brust; sie nimmt es sogar in seinem Tragsack mit 
aufs Feld zur Arbeit. Dort hängt sie denselben an ein schattiges Plätzchen und kommt ab und zu 
herbei, um zu stillen. Grössere Kinder trägt sie, wie die Malayen, rittlings auf der Hütte. Siehe 
die Abbildung Tafel 86, welche eine vom Feld schwerbeladen heimkehrende Mutter mit ihrem 
grossen, dicken SprÖssling darstellt. Ab und zu saugen noch Kinder bis zu drei Jahren. Ich selber 
habe einen solchen Schlingel gesehen, der zu seinem Vater hinlief, ihm die Cigarette aus dem Munde 
nahm, rauchte und sich unmittelbar danach wieder an die Mutterbrust warf. 

Für gewöhnlich reicht man jedoch schon dem Kind zu Beginn des zweiten Lebensjahres 
andere Nahrung, meistens gestampften Pisang. 

Mütter helfen sich wohl gegenseitig mit der Milch aus, aber dass eine Frau junge Hunde 
oder Schweine säugte, habe ich ebensowenig wie Schellong gesehen. Vorkommen soll's jedoch, und 
Capt. Cayley-Webster will es, wie gesagt, selbst wahrgenommen haben. Schellong (1. c.) erwähnt 



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— 234 — 

noch, dass bei den Jabim's nach der Niederkunft der Frau die Cohabitation so lange sislirt wird, 
bis das Kind gehen kann und zu sprechen beginnt. 

So lange hat auch die Mutter die oben bei der Schwangerschaft Seite 229 angegebene Diät 
beizubehalten; Tabak darf sie nach der Entbindung auch nimmer rauchen, .weil das Kind innen 
davon ganz geschwärzt würde und stürbe'. 

Entfernt an die Couvade erinnert der Brauch, dass der Vater eine Zeit lang den Tabak und 
Betel meidet, doch wird das, wie Vetter sagt, der hierüber berichtet, nicht durchgängig beobachtet. 

Bis zum dritten oder vierten Jahr laufen beide Geschlechter nackt. Dann bekommt der 
Junge seinen Mel, seinen Schamgürtel und die Nasenscheidewand wird durchbohrt (nach v. Miklucho- 
Maclay *) mit einem Dioscorea-Dom), wobei das septum öfters nach unten gezogen und die Nase mit 
dem Finger etwas gedruckt wird. Im selben Alter erhält das Mädchen seinen Faserrock, den Tsebing, 
zuerst einen einzigen. Je älter es wird, desto mehr solcher Röcke trägt es übereinander, bis zu 3 
oder 4 bei älteren Frauen, eine Sitte, welche sich auf die Astrolabebucht zu beschränken scheint. 

Die Mädchen wohnen, bis sie erwachsen sind, öfters sogar bis zu ihrer Verheiratliung, bei 
der Mutter. Noch öfter aber ziehen sie im Dorf herum abwechselnd zu Verwandten, natürlich Frauen. 

Ueber Eintritt der Menstruation und etwaige Ceremonien bei der Pubertät der Mädchen habe 
ich nur das in Erfahrung bringen können, was ich weiter hinten gelegentlich der Beschneidungs- 
feierlichkeiten der Knaben mittheilen werde. Nach der Entwicklung der Brösle zu schliessen müssten 
die Mädchen sehr frühe, schon mit 10 — 11 Jahren, reif werden; ich glaube aber, dass dies ein Irr- 
thum ist und möchte eher Schellong Glauben schenken, der als Arzt oft 13jährige Jabim-Mädchen 
noch ganz unentwickelt gesehen hat (I. c). Derselbe theilt auch mit, dass die menses nach Monaten 
gerechnet und während derselben nicht cohabitirt wird. Doch sagt er gleichzeitig, dass schon Knaben 
von 13 — 15 Jahren mit gleichaltrigen Mädchen sich heimlich vergnügen. In Bogadjim habe ich 
Derartiges nicht bemerkt, ich halte überhaupt unsere Leute für sittenstrenger als die Jabim's. 
Gewisse Laster sind ihnen ganz unbekannt, den Leuten vom Bismarck- und Salomonsarchipel jedoch 
geläufig. 

Sobald der Knabe seinen mel bekommen hat, gehört er schon dem öffentlichen Leben; er 
zieht von der Mutter weg in's Männerhaus der Familie, wo er bis zu seiner Verheirathung schläft; 
essen und arbeiten thut er natürlich immer bei und mit den Eltern. Manchmal aber nimmt ihn die 
ersten Jahre hindurch der Vater noch zu sich. 

So lange er noch nicht beschnitten ist, darf er weder Schweine- noch Hundefleisch essen, 
die auch den Frauen verboten sind, sondern nur Fische, Krebse und Muschelarten, die den Männern 
erlaubt sind; bestimmte Arten von Krebsen und Muscheln sind nämlich nur den Frauen gestattet. 
In Parenthese gesagt: Der Speisezettel der Papua 's ist so eingerichtet, dass die guten Sachen, die 
Leckerbissen, ausschliesslich für die Männer reservirt sind. 

Auch bei der Auslheilung des Essens, welches der Hausherr besorgt, richtet er es so ein, dass 
die besten Stücke in seine oder seiner etwaigen Gäste Schüssel und die schlechteren in diejenigen 
der Frauen und Kinder kommen**). Doch da meistens die Frau das Essen kocht, so weiss sie 
sicherlich manchen guten Bissen auf die Seite zu bringen. 

Alle 10 bis 15 Jahre wiederkehrend findet das Fest der Initiation, der Jünglingsweihe statt, 
welches in der Beschneidung (Circumcision, eigentlicher: Excision, da nur ein Stück des praeputiums 
oben entfernt wird) gipfelt. Es beisst darum auch : Mutung airas (Mulung = praeputium, airas = 
herunterfallen). Nur Knaben, die den mel, den Schamgürte], schon tragen, werden operirt, also 
vom 3. bis 4. Jahr ab. Da das Fest erst nach dem langen Zeilraum von 15 Jahren wiederkehrt, 



*) Siehe Zeitschrift fflr Ethnologie, Berlin, V. Band, Seite 188 ff. 
•*) cf. Hiklucho-Haehv. 



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— 235 — 

so bewegt sich das Alter der zu Beschneidenden zwischen 4 und 19 Jahren. Wenn aber in- 
zwischen ein derartiges Fest in einem handelsbefreundeten Dorfe stattfindet, so werden eine Anzahl 
Jungen zur Beschneidung dorthin gesandt. Das mulung airas-Fest scheint auch an der Astrolabebai 
einen gewissen Turnus einzuhalten und das eine mal in dem, das andre mal in jenem Dorfe statt- 
zufinden, so zwar, dass es, wie gesagt, nach 15 Jahren etwa wieder nach Bogadjim zurückkehrt. 

Aehnlich verhalt es sich bei den Jabim's an der Finschhafener Küste; hier heisst dasselbe 
das Balum-Fest. Aus der Feder Schellong's besitzen wir bereits eine ganz ausgezeichnete und aus- 
führliche Beschreibung dieses Balum-Festes*), so dass ich, da dasselbe in ganz ähnlicher Weise wie 
in Bogadjim zu verlaufen scheint, mich bei der Beschreibung ziemlich kurz fassen zu dürfen glaube, 
umsomehr, als das Fest bereits im Sommer 1893, ein halbes Jahr vor meiner Ankunft, stattfand, 
ich also dasselbe nur aus den Erzählungen meines Freundes Hoffmann kenne, der ebenfalls schon 
Bruchstücke hierüber veröffentlicht hat **). 

Das Fest findet stets im Sommer, in der trockenen Zeit statt, wenn die Feldfrüchte reif 
sind, die Urbarmachung neuer Felder aber noch nicht begonnen hat. Denn dasselbe dauert sehr 
lange, wie sich's für den allerwichtigsten Abschnitt im ganzen Papuadasein — und das ist die 
Initiationsweihe zweifellos — schickt. Hoffmann und Arff schätzen die eigentliche Festzeit auf vier 
Monate. Schellong nimmt für den ganzen Festcyclus, der aus mehreren Abtheilungen besteht, rund 
ein Jahr an. 

Lesen und Schreiben, auch in der allerprimitivsten Form, sind dem Tamo unbekannte und 
höchst unnöthige Dinge ***), und der Begriff Zeit existirt für ihn ebenfalls kaum unter gewöhnlichen 
Umständen. Für wie wichlig man nun in Papua-Kreisen das Beschneidungsfest ansieht, mag man 
aus dem Umstand ermessen, dass der Tamo so genau wie möglich die Dauer dieses Festes zu 
berechnen sucht, und sich nicht wie sonst auf sein Gedächtniss verlässt, sondern mit äusserster 
Anstrengung seines neolithischen Gehirnes eine Methode erfunden hat, die Zeit zu fixiren. Er kerbt 
nämlich in einen Baum die Tage ein, und zwar folgendermaassen : .Wenn das erste Mondviertel 
erscheint", sagt Hoffmannt), .machen sie (die Tamo's) alle Tage eine Kerbe in einen dicken Baum, 
bis das letzte Viertel verschwindet. Dann schneiden sie die Form des Halbmondes in denselben Baum 
und fangen von neuem an, die Tage einzukerben." 

Ich habe diese Tageskerben in Bogadjim selbst gesehen, welche bei Gelegenheit des letzten 
Beschneidungsfestes eingeritzt worden waren. Sie glichen auffallend den ersten der von Zöller 
(1. c. p. 151 u. 152) abgebildeten „Schriftzeichen", so dass ich keinen Augenblick zweifle, dass dies 
ebenfalls nur solche Zeitkerben sind. Die Dojradjim-Leute, denen Herr Hoffmann und ich die 
Zöller'schen Abbildungen vorlegten, behaupteten dies bestimmt. Immerhin ist es nicht unrichtig, in 
diesen Zeitkerben die allerersten Anfänge der Schrift zu erblicken. 

Das Fest verläuft also sozusagen nach der Uhr. Den Beginn desselben, dem jedenfalls 
verschiedene vorbereitende Stadien vorausgehen, macht die Internirung der zu Beschneidenden im 
abseits des Dorfes gelegenen Asahause. Ueber dasselbe werde ich weiter hinten bei Besprechung 
der religiösen Gebräuche noch zu reden haben. Hier nur so viel: Das Asahaus ist ein zu religiösen 
Zwecken errichtetes Gebäude, in welchem die rituellen Musikinstrumente, Masken etc. aufbewahrt 



*) Im II. Band des Internationalen Archivs für Ethnographie. 

**) „Ein Kinderfest auf >"eu- Guinea." In No. 4 des „Kleinen Missionsfreund ", Barmen 1894. Siehe ülier das- 
selbe Fest einen Artikel von Missionar Arff in den Berichten der Rheinischen Mi ssionsgesell schaß, Jahrgang 50, Bannen 
1893 und das Referat von BarUl's hierüber in Band XXVI der Berliner Zeitschrift für Ethnologie Seite (200). 

"**) Miklucho-Maclav (1. c p. 312) theilt zwar eine Art von Bilderschrift mit, die zur Erinnerung und Fbrirang 
bedeutender Fest« dient, und eine rohe Darstellung derselben, sogar in Farben, zum Gegenstand hat. Auch Votirtafeln 
und aufgehängte Erinnerungszeichen erwähnt er. Ich habe in Bogadjim von dem Allem Nichts wahrgenommen. 

t) In dem vorerwähnten Aufsatz. 



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werden. Es liegt wie gesagt isoJirt und abseits des Dorfes im Busch. Vor ihm befindet sich ein 
freier Platz mit zwei parallel nebeneinanderliegenden Baumstämmen, welche als Kochheerde und 
Stützen für die Töpfe gelegentlich der grossen Männerschmäuse dienen (siehe Tafel 38). 

Hierin also werden die Jungen inlemirt und müssen nun während der ganzen nächsten 
Monate bis zur Beendigung der Feier fasten und sich kasteien, d. h. sie dürfen keine gekochten Speisen 
essen, kein Wasser trinken und sich weder waschen noch baden. Von Frauenaugen dürfen sie unler 
keinen Umstanden erblickt werden bis zum Schluss. 

Auf dem freien Platz vor dem Asahause lagern Tag und Nacht die Väler der Internirten 
und die sonstigen männlichen Erwachsenen, sowie die zum Fest herbeigekommenen Handelsfreunde, 
und unterhalten sich mit Musik auf den rituellen Instrumenten, Tanz und Essen. Als solches ist 
nach Arff (1. c.) nur gerosteter Taro erlaubt; alles Fleisch wird aufgespart für das Schlussfest; auch 
Wassertrinken ist ihnen verboten wie den Jungen. Die Väter arbeiten dazwischen an den Schmuck- 
sachen für ihre Jungen, die hiebei zusehen und die Arbeit bewundern dürfen, namentlich dem zwei- 
flügeligen Oberarmring, dem Tsaue, den der Junge, wie wir oben Seite 170 gesehen haben, als erstes 
Zeichen seiner anerkannten Männlichkeit erhält. Bei Fremden, von andern Dürrern zur Beschneidung 
Herbeigebrachten, vertritt der Handelsfreund die Stelle des abwesenden Vaters und fertigt die Schmuck- 
sachen an ; der letztere revanchirt sich durch Geschenke von Schweinen, Hunden, Taro's und andern 
Früchten. An Waisenknaben vertritt der nächste Familienangehörige Vaterstelle. 

Die Beschneidung selbst geht folgendermaassen vor sich (nach Hoffmann's Erzählung): 

Die zu Beschneidenden werden von den Mannern nach dem Asaplatz am Wasser (eines 
kleinen Flüsschens) gebracht. Dort nimmt ein Mann, der die Sache, wie es scheint, als Spezialität 
betreibt — er schlachtet z. B. auch alle Schweine — *) die Beschneidung in der Weise vor, dass 
der Junge flach mit dem Rücken auf die Erde gelegt wird. Ein Mann hält ihm die ausgestreckten 
Arme, der Operateur setzt sich auf dessen Beine, schiebt unter das praeputium ein etwas flaches 
Stückchen Holz, und schneidet nun mit einer Glasscherbe (früher war's wohl ein Obsidianstückchen), 
mit einem Zuge ein Stück des oberen Theils desselben ab. Dieses Stückchen wird ins Wasser des 
Flüsschens geworfen. Die Wunde wird dann abgewaschen, ein Baumblatt daraufgelegt und mit 
einem Stück Zeug verbunden. Nicht alle Kandidaten werden von dem gleichen Meister beschnitten. 
Da die Beschneidung durch Wochen hindurch alltäglich geschieht, und im Verlaufe immer noch neue 
Kandidaten ankommen, der Operateur auch nicht immer zur Stelle ist, so wird das Geschäft zuletzt 
auch von Andern ausgeübt, die sich dazu geschickt gemacht haben oder erachten. 

Auf ihrem Schmerzenslager im Asahause warten nun die Jungen ihre Heilung ab. Jeder 
hat auf der Schlafpritsche neben sich ein kleines, aus Atap (Palmblättern) vom Vater angefertigtes 
Modell eines Hauses stehen, welches als Speisebehälter dient und in welches vom Vater oder dessen 
Stellvertreter allmorgendlich das Essen gelegt wird. 

Die Männer lagern beständig auf dem freien Platz vor dem Haus; .der Asa ist da', was 
während der ganzen vier Monate durch beständige Musik und Lärm angedeutet wird. 

Während der mondhellen Zeit werden anfangs um die acht Tage, späterhin nur bei Voll- 
mond — im Ganzen während 4 Monaten etwa 5 mal — die Jungen in feierlicher Prozession 
nach dem (Mintjim-) Flusse zum Bade geführt. Voraus gehen einige junge Leute, welche die Asa- 
Ocarina blasen, dann folgen ältere Leute, welche in die grossen Kürbis- und Bambuhörner (gui, siehe 
oben Seite 189) schreien oder singen, hierauf die übrigen Begleiter, welche, die Neubeschnittenen in 
der Mitte, dazu ebenfalls schreien und brüllen. Dieser Lärm dient einerseits dazu, die Feierlichkeit 
zu erhöhen und imposanter zu machen, andrerseits aber auch die Frauen zu verscheuchen, welche ja 
die Jungen 4 Monate lang nicht sehen dürfen. 

*) Ich denke, es wird derselbe Manu gewesen sein, der sich mir ab Kollege vorstellte (siehe oben Seite 232). 



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— 237 — 

Die * armen Frauen! Sie haben die meiste Last und Arbeit bei der Sache, denn sie müssen 
all' die Monate lang ihren faulenzenden und musizirenden Eheherren das rissen herbeischleppen. 
Wird Die oder Jene mal säumig, so wird sie durch den Asa an ihre Pflicht erinnert, d. h. die Männer 
unternehmen dann unter einem furchtbaren Radau und Gelärm und Getrommel einen Zug nach dem 
Dorfe, sodass die Weiber erschreckt ausreissen und fluchten (gewöhnlich nach dem Missionshaus), 
und stecken als stets wirkendes Moratorium ein Stabchen mit einem eingeklemmten frischen Baum- 
blatt den Nachlässigen vor die Hüllen. 

Da die Ansiedlung Bogadjim aus 4 Theildörfern besteht , von denen nur Sarrar und Garima 
Asahaus und -platz gemeinsam haben, die übrigen getrennt, so kommt es vor, dass in dieser Zeit 
ein Asa den andern in feierlicher Prozession besucht. 

Mit dieser viermonatlichen Internirung ist für die Jungen neben der Beachneidung noch ein 
anderer, religiöser Zweck verbunden, nämlich: Sie sollen den Asa kennen lernen, d. h. sie werden 
in das grosse Nichts des Asadienstes eingeweiht*). 

Das Schlussfest, die Rückkehr der Beschnittenen in's Dorf, scheint das imposanteste und 
grossartigste im ganzen Cyclus zu sein. Während der ganzen viermonal liehen Festzeit sucht man alles 
Fleisch für dasselbe aufzusparen, z. B. grosse Schlangen, Beutelthiere, Krokodile und Varanus-Eidechsen, 
welche in Stücke geschnitten in einem geflochtenen Korb über dem Feuer beim Asahaus geräuchert und 
aufbewahrt werden. Endlich ist der grosse Tag erschienen. „AmSamstag, den6.Mai," sagt Hoffmann, 
dem ich das Folgende entnehme, .waren nach dem Kalender der Leute die vier Monate zu Ende, und 
es wurden die Vorbereitungen zu dem grossen Feste, das am Montag stattfinden sollte, getroffen. Lange 
Rottanstricke wurden geholt und mit buntem Gras umwickelt. Au diese Rottanstricke wurden auch 
kleine niedliche Häuschen, die Speisenhäuschen der Beschnittenen, Blumen, Fruchtkörbchen und 
andere schöne Sächelchen gebunden. Dann wurden diese Guirlanden unter grossem Spektakel am 
Eingang des Dorfes an zwei hohen Palmen festgebunden. Augenscheinlich sollte es eine Art Ehren- 
pforte für die Gäste und Angehörigen der Neubeschnittenen sein, welche, Männer, Frauen und Kinder, 
bereits seit Samstag Nachmittag zu Wasser und zu Lande eintrafen. Samstag Nacht war Alles in 
grosser Erregung. Um grosse Feuer auf dem Asaplatze sass Alt und Jung und sang bis zum lichten 
Morgen zum Schlage der Trommel Festlieder. Sonntag Morgen war für die Beschnittenen grosser 
Waschlag. Es lässt sich denken, dass ein Tropfen Wasser angebracht ist, wenn man sich vier Monate 
nicht gewaschen hat. Zum Glück war das Meer nahe; die Jungen hatten wahre Schmutzkrusten am 
ganzen Körper. Nach dem Waschen wurden die Haare um Stirn, Schläfe und Hinterhaupt weg- 
rasirt und zwar vermittelst einer Glasscherbe, wobei die Haut weidlich geschunden wurde. Die 
Jungen verbissen tapfer alle Schmerzen, selbst als die Augenbrauen und Wimpern ausgerupft wurden. 
Ein ganz kleiner Bursche, der den Mund etwas schief zog, bekam desshalb erbärmliche Schläge. 
Montag, der 8. Mai, war dann der langersehnte Festtag. Die Nacht vorher hatten Alle durchwacht, 
in Erwartung der Dinge, die da kommen sollten. 

In den Morgenstunden wurden die am Tage vorher reingewaschenen und rasirten Buben 
mit den von ihren Vätern während der Festzeit für sie gefertigten Schmucksachen angethan. Jeder 
bekam einen Mel, einen grossen, neuen Lendengurt aus Baumrinde, einen geflochtenen Leibgurte], 
einen Kopfputz aus Hühner- und Papagei federn, verziert mit Muscheln und geschliffenen Schweine- 
und Hundezähnen. Dazu kam die geflochtene Umhängetasche, in der sich alle Sachen befanden) 

*) Auf Dampier werden die Jungen nach Kunze (L c. Seite 84} im wörtlichen Sinn mündig und reif „geschlagen". 
Zum Schiusa richtet der Dorfälteste ein kurzes Mahnwort an sie, aber den ganzen Hergang, namentlich den Weibern 
gegenüber, zu schweigen; auch werden ihnen allerlei Sittenregeln vorgehalten, z. B. freigebig zu sein, nicht zu stehlen, 
sich gegen Frauen und Mädchen anständig zu betragen u. s. f. Den eigentlichen Beschneidun gsakt aber hat man in den 
verweichlichten Küsten dßrfem dieser Insel aufgegeben, „um der damit verbundenen Schmerzen willen"; in den Bergdorfern 
dagegen besieht er noch. 



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welche hier von erwachsenen Männern gebraucht werden. Ausserdem wurden die Jungen noch am 
ganzen Körper mit rother, blauer und weisser Oelfarbe*) beschmiert. Die Kleinsten (Mädchen und 
Buben, welche noch nicht das zur Beschneidung genügende Alter erreicht hallen) wurden Montag 
Miltag, ebenfalls geschmückt und, schrecklich bemalt, herbeigeholt. 

Dann ordnete sich die ganze Gesellschaft zum festlichen Umzüge. An die Spitze stellte sich 
ein alter Mann mit einer Trommel, hinter diesem hatten die kleinen Mädchen ihren Platz, dann 
kamen die Jungen und Männer und den Schluss machte wieder ein Mann mit einer Trommel. 
Nachdem Alles in gehöriger Ordnung aufgestellt war, setzte sich der Zug in Bewegung. Unter 
Trommelschlag und Gesang ging's erst um und dann durch das Dorf. Hei, wie fröhlich leuchteten 
die Augen, namentlich der Kleineren, und wie froh wurden alle Jungen im Dorf von ihren Müttern 
nach der langen Trennung empfangen! Als der Festzug zu Ende war, setzten sich Alle in langer 
Reihe mitten im Dorfe nieder. Jedem wurde ein Schluck Wasser gereicht und auch ein Stück 
Schweine- und Schlangenbraten, 

Damit war eigentlich das Wichtigste zu Ende. Doch dauerte die Festzeit noch länger. Die 
Jungen müssen sich allen Nachbardörfern in ihrem Schmuck vorstellen." 

Hiebei wurden zugleich auch die etwa fälligen Hunde und Schweine eincassirt. Fiel die 
Gabe zu gering aus, so ward ein neuer Zug in das betreffende Dorf veranstaltet, eventuell mit 
Krieg gedroht. 

Mit diesem Initiationsfeste sind meistens grosse Schweinemärkte verbunden, wenigstens in der 
Finschhafener Gegend, wie Schellong und Vetter übereinstimmend berichten. Letzterer beschreibt 
sehr hübsch **) einen solchen, zu dem er selbst eingeladen und durch Uebersenden einer kleinen Ruthe 
benachrichtigt war, dass auch für ihn ein Schwein zum Eintauschen bestimmt sei. Dieser Markt 
wurde mit grossen Festivitäten auf einem eigenen palmwedelgeschmückten Platz gehalten, in dessen 
Mitte ein neues Dorfhaus mit lauter Schweinefiguren an den Planken stand. In demselben hatten 
seit Wochen einige Männer gesessen und sich kasteit, um dadurch Krankheit von den Schweinen 
fernzuhalten und einen guten Kaufpreis zu erzaubern. 

Das Kaufgeschäft ging hier wie stets und überall in der gleichen Weise vor sich: Jeder 
Eigenthümer hielt sein Schweinchen am Strick, der Häuptling loci tritt vor jedes hin und nennt laut 
den Namen dessen, für den das Thier zum Kauf bestimmt ist. Der tritt dann ebenfalls vor und 
legt seine Compensationsgaben, Eberzahnschmuck, Tragtaschen, Hundezähne, Speere etc. vor dem 
ihm bestimmten Schweine nieder. Findet der Verkäufer den Preis, wie meistens, angemessen, so 
übergiebt er dem Käufer den Strick, woran er das Thier festhält, und der Kauf ist perfect. Niemand 
kann also um ein beliebiges Thier feilschen, sondern jeder Käufer wird an einen bestimmten Ver- 
käufer gewiesen. 

Bei den Mädchen scheint ebenfalls eine Art Initiationsfest stattzufinden. Denn auch sie 
waren einige Wochen, aber nicht so lang wie die Jungen, abgesondert in einem Haus, und durften 
gewisse Speisen nicht essen. Eine Beschneidung oder Excision der labia minora oder sonstweicher 
operative Eingriff findet nicht statt. 

Auch bei den Jabim's scheint, nach dem Schlusspassus von Dr. Schellong's ausserordentlich 
interessantem und anschaulich geschriebenem Aufsatz und einem Bericht Dr. Hellwig's ***) zu schliessen, 
ein Fest stattzufinden, „bei welchem Frauen eine den Jünglingen ähnliche Rolle spielen". Es sollen 

*) Das heisst mit fettig angemachtem Kalk, Ocker und Wäscheblau. 
**) In dem zweiten Heft seiner Missionspublikationen 1898, Seite 19 f. 
"*) Expedition nach Tiggedu in den Nachrichten über Kaiser- Wilhelmsland 1889, II. Heft, S. 36. Die »ehr 
interessante Beschreibung stellt zweifellos den letzten Act eines Initiationsfestes der Mädchen zwischen 4 und 12 Jahren 
vor. Bemerkens werlh ist das Abscbiessen von stumpfen Pfeilen auf die Männer seitens der Weiber. 



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da junge, heirathsfähige Mädchen in den Häusern eingeschlossen gehalten und unter festlichem 
Ceremoniell in die OeffentHchkeit hinausgeführt sein; dann hätten sie sich ihrer Schürzen entledigt 
und — die Brüste in den Handflächen — irgend einen ceremoniellen Tanz aufgeführt. Vetter sagt 
ausdrücklich, dass an den Mädchen keine Operation vorgenommen wird, obwohl sie bei Eintritt der 
menses den gleichen Namen (ssagu) führen und auch 5 Wochen im Haus sitzen müssen. Von 
Frauen gebadet und geschmückt wird dann das Mädchen öffentlich gezeigt und werden bei dieser 
Gelegenheit vom Vater ein oder zwei Schweine geschlachtet, welche an die nächsten Dörfer ver- 
theilt werden. 

Wenn nun auch durch diese Initiationsfeierlichkeiten der Knabe recipirt ist, so bleibt er 
doch noch lange Kind und hat seine Freude an kindlichen Vergnügungen und Spielen. Es gicbt 
derselben eine ganze Anzahl. Eines der beliebtesten für Knaben ist Pfeilschiessen und Speere werfen. 
Oefters, wenn keine dringende Feldarbeit vorliegt, versammeln sich die Knaben im Alter bis zu 
10 Jahren am Strande, wo ein Stück Holz aufgerichtet wird, auf das sie unter Anleitung eines Er- 
wachsenen sich im Pfeilschiessen üben. 

Zuweilen werden auch kleine Scheingefechte veranstaltet. Als Vorübung zum Speerwerfen 
gilt das gegenseitige Bewerfen mit den jungen Stengeln des wilden Zuckerrohrs, mit dem stumpfen 
Bruchende voraus. Das geschieht unter grossem Geschrei und Hailoh, besonders wenn Einer getroffen 
wird, der dann auch wohl den Verwundelen oder Todten spielt 

Die Schleuder (siehe oben Seite 178) ist in Bogadjim zu einer ausschliesslichen Waffe der 
Jugend herabgesunken, in der dieselbe ziemliche Gewandtheit erwirbt und gelegentlich Vögel damit erlegt. 

Ein beliebtes Spiel, dem Kinder und Erwachsene beiderlei Geschlechts huldigen, ist folgendes : 

Zwei Personen (oft nur Mann und Frau aHein) oder Parteien setzen sich in ca. 1 Meter 
Entfernung einander gegenüber und legen eine Reihe von Taro- Setzlingsknollen neben sich. Dann 
werfen sie mit kleinen, spitzen Stäbchen (meist aus der Mittelrippe eines Brodfruchtbaumblatles, in 
neuerer Zeit — qualis mutatio rerum ! — aber fast ausschliesslich aus den Stahlrippen alter Regen- 
schirme verfertigt) nach diesen Setzlingsknollen. Wessen Reihe zuerst weggeschossen ist, der hat 
verloren. Es ist dies das einzige Spiel, bei welchem ein materieller Gewinn, die Tarosetzlinge, 
herausschaut. 

Ein anderes Spiel, nota bene nur Abends im Mondschein zu spielen! Zwei Parteien: Eine hält 
sich im Jungenhaus versteckt, die andre sitzt davor. Nun tritt ein Junge aus dem Hause unter die 
Thür und hält ein grosses Pisangblatt vor sich, das seine Gestalt fast völlig verbirgt. Die aussen- 
sitzende Partei muss den Namen des solcherweise Verhüllten zu errathen suchen. Gelingt das, 
so gehört der Errathene der Aussenpartei, andernfalls kehrt er wieder ins Haus zurück. Dies geht 
so lange fort, bis die ganze Hauspartei errathen ist. Dann wechselt man. Die Ellern hocken als 
Zuschauer herum. 

Dass sich die Jungen hübsch geschnitzte kleine Miniaturboote bauen und sie auf dem Wasser 
schwimmen lassen, brauche ich wohl kaum zu erwähnen, das ist bei Strandbewohnern selbst- 
verständlich, in Neu-Guinea sowohl wie in Europa. Wenn die Knaben noch zu klein und ungeschickt 
sind, so schnitzt auch ihnen, ganz wie bei uns, der Vater ihr Spielzeug. 

Ebenfalls wie bei uns zu Hause giebt es auch unter den Papuajungen böse, thierqualerische 
Buben, welche Käfer, Schmetterlinge und kleine Vögel an einen Faden binden und herumschnurren lassen. 

Alle diese Spiele sind periodisch, d. h. sie kehren immer zu einer bestimmten Jahreszeit 
wieder. Gerade so, wie unsere Kinder nach der langen Winterhaft im Frühling schaarenweise 
jauchzend ihren Brummkreisel treiben oder sich ihre Fliederpfeifen, in der Pfalz onomatopoetisch 
„Huppe" genannt, schnitzen, so läuft zu gewissen Zeiten die ganze Bogadjim -Jugend plötzlich mit 
Flöten umher, die man sonst im Jahre nur wenig sieht. Ich habe das oben Seite 186 schon gesagt. 



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Anstatt der Flöten sind auch Maultrommeln, obwohl seltener, und eine Art Brumm- oder Schwirrblatt 
im Gebrauch, eine Nachbildung des rituellen Schwirrholzes. 

Bei seiner Expedition nach dem Sattelberg traf Dr. Hellwig in einigen Dörfern nordwestlich 
von Bussum „ eigentümliche, zur Belustigung dienende Schaukeln, bestehend aus einem 10 — 12 Meter 
langen, starken Rottan, der an dem Ast eines starken Baumes befestigt und unten mit einer Schlinge 
versehen war, in welche die Person, welche sich schaukeln wollte, sich hineinstellte und sich, um 
Schwung zu bekommen, von einem Gerüst abfallen Hess." 

In Finschhafen erwähnt Schellong*) einige ganz europäische Spiele, nämlich den Brumm- 
kreisel, der durch eine Baumfrucht dargestellt wird und das Spiel, welches von unsern europäischen 
Kindern .Scheere* genannt wird: Ein Bindfaden wird in mannichfachen Windungen zwischen die 
ausgestreckten und emporgehaltenen Daumen und kleinen Finger beider Hände symmetrisch geschlungen 
und nach bestimmten Regeln .abgehoben" (so lautet auch in Finschhafen der terminus technicus, 
natürlich übersetzt), wobei sich immer neue Figuren ergeben. 

In Bogadjim habe ich diese beiden Spiele nicht bemerkt; jedoch erwähnt Miklucho-Maclay 
den Kreisel. ebenfalls von Bongu. 

Die Mädchen haben eine Art Ballspiel, indem sie mit den Händen eine aufgeblähte Schweins- 
blase sehr hoch zu werfen verstehen. Man steht hiebei nicht im Kreise, sondern regellos umher und 
auch ältere Frauen betheiligen sich oft an diesem Spiel. Der Ball darf nicht zur Erde fallen; wenn 
dies dennoch geschieht, entsteht allgemeines Gelächter über die Ungeschicklichkeit der betreffenden 
Spielerin. 

In schönen, stillen Mondscheinnächten setzen sich auch oft die Knaben und Mädchen zusammen 
und singen. Ich gebe hier zur Probe ein solches, mir von Herrn Hoffmann mitgetheiltesKindertiedchen: 
Dasselbe heisst: Dungengi dede (Dungengi = Mädchen, dede = Lied). 
0, o, bai alielc! 
0, o, alle, allelö! 
0, o, ere apinde'l 
apin-apinde ! 
ge, wallele"! 
Walle — wallele! 
alle allele! 

apin-apinde! 
Das heisst in der Uebersetzung: 

Der Mond (bai) ist da, auf zum Strand I (allele). 
Auf zum Kosen! (Eigentlich: zum Drücken, nämlich der 
Brust, denn die Knaben pflegen häufig spielender oder 
neckender Weise die Mädchen an der Brust zu fassen. 
Apijimmo heisst nach Hoffmann: Zusammendrücken.) 
Auch die Fische (ge) gehen spazieren (wallele — wer denkt 
dabei nicht an unser Wallen?) 
Gehen spazieren! 
Auf zum Strand! 
Auf zum Kosen! 
Was ist natürlicher, als dass sich hier am Strand in der milden Nacht unter dem Silber- 
Licht des alten Schlingels Mond manche Liebesgeschichte anspinnt, wenn es auch bei den sitten- 



*) Im XXI. Band der Zeitschrill für Ethnologie: Deber Familienleben und Gebräuche der Papna's in der Um- 
gebung von Finschhafen. 



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— 241 - 

sirengeren Tamo's nicht gerade so weit kommen dürfte, wie bei der Finschhafener Jabim-Jugend 
(ef. Schellong), obwohl auch dort die Unzucht nach Vetter's Zeugniss nirgends frech zu Tage tritt. 
Bongu scheint laxer zu sein, denn von dort berichtet Miklucho-Maclay (1. c. Seite 298), dass er 
mehrfach auf dem warmen Sand des Strandes Kinder beiderlei Geschlechtes den Coitus als Kinder- 
spiel habe nachahmen gesehen. 

Das Ideal männlicher papuanischer Schönheit haben wir oben Seite 166 kennengelernt, 
wenigstens so, wie es in den Augen der Jabim's erscheint.*) Das Ideal der weiblichen Schönheit 
bildet (nach Schellong) „eine grosse Nase, eine strotzende Brust und eine dunkelbraune glatte Haut". 

Bei dieser Sachlage ist es nicht verwunderlich, dass schon sehr frühe die Leutchen sich 
miteinander verloben. Als Beispiel früher Verlobung**) ward mir ein 15 jähriger Knabe gezeigt, der 
mit einem 10— 11jährigen Mädchen verlobt war. Obwohl es auch hier vorkommt, dass Väter ihre 
kleinen Kinder miteinander verloben — ich hörte von einem Fall, wo zwei Väter ihre 12 bis 
13jährigen Knaben kreuzweis mit ihren 8 — 10 Jahre alten Mädchen verlobten, so scheint doch der 
Knabe oder Jüngling hier seine Verlobung meistens selbst in die Hand zu nehmen, und dazu giebt 
ihm das Mondscheingekoseund Gedrücke der Brust am Strande reichlich Gelegenheit. Die Heirathen 
dürften also, gerade wie es Schellong von Finschhafen berichtet, reine Neigungs- oder Liebesheirathen 
sein, bei denen die Herren Eltern wenig dreinzureden haben, wenigstens im Anfang. Denn ein 
elterliches Veto muss doch wohl bestehen, weil Fälle bekannt sind, wo Liebespaare, die sich nicht 
„kriegen" konnten oder sollten, miteinander in den Wald oder nach einer Insel durchbrannten — auch 
im Papuaherzen lodert heiss die Flamme der allmächtigen Liebe — und sich dort so lange verborgen 
hielten, bis die Eltern mürbe geworden waren. Ich bin nicht geneigt, solche spontan vorkommenden 
Entführungen, über die auch von den Jabim's berichtet wird, auf Rechnung der früher bestandenen 
Raubehe zu setzen, das scheint mir zu weit gegangen; die gelegentliche Entführung ist eine so 
natürliche Sache, dass sie überall und bei allen Völkern vorkommen wird. Von den Jabim's berichtet 
Vetter, dass man über eine solche Entführung zwar schimpft, das Pärchen aber meistens zusammen lässt, 
zumal „wenn das Mädchen sehr verliebt ist und die Verwandten des Entfuhrers zahlen können". Ebendort 
kommt es aber auch vor, dass ein Mädchen gegen seine Neigung einen Andern hciralhet, auf ein- 
dringliches Zureden von Mutter und Tanten und Basen hin — ganz wie es bei uns manchmal passiren soll. 

Wie bei den matriarchalischen Zuständen erklärlich, liegt die Verheirathung, das Kaufgeschäft, 
in den Händen der Verwandten mütterlicherseits und zwar vorzugsweise der weiblichen, wie ja 
Heirathsstiften von Alters her eine Lieblingsbeschäftigung des weiblichen Geschlechts bildet, bei den 
Weissen sowohl wie den Gelben, Braunen und Schwarzen. 

Der Brautstand ist in Bogadjim ein ziemlich langer, unter einem Jahr wohl nie, oft aber 
6 — 8 Jahre dauernd; vor dem zwanzigsten Jahr wird selten geheirathet. 

Die offizielle Werbung geschieht durch die Mutter und zwar auf folgende originelle Weise : 

Der von Amors Pfeil getroffene Jüngling dreht eine Cigarre, Tabakeinlage mit Hibiscus- 
Deckblatt. In die Einlage aber hat er ein Kopfhaar, ein Achselhaar und noch ein sonstiges Körper- 
haar von sich gewickelt. Diese Cigarre raucht er feierlich halb auf und übergiebt den Stummel der 
Mutter mit der Bitte, ihn seiner Herzenserkorenen zu überbringen. Am nächsten Morgen wird die 
Antwort abgeholt. Hat das Mädchen den Stummel aufgeraucht, so gilt dies als Jawort, giebt sie 

*) In Bogadjim gilt, wie wir später sehen werden, eine vorspringende Nase und eine dunkle Haut für vornehm. 

**) Die nach Vetter bei den Jabim's unbekannt ist; hier bekommen die Mädchen nach Eintritt der Reife im 
Alter von 14—1(1 Jahren gleich einen meist gleichaltrigen Mann; in Gegenden des Inlands werden sogar schon Kinder 
zur Ehe gegeben. Bei noch ganz jungen schwachen Frauen wird Afters Abortus eingeleitet; man will sie erst starker 
werden lassen. Auch Mittel, die Schwangerschaft für immer zu verhüten, sollen nicht unbekannt sein; Mutter geben sie 
angeblich den Töchtern, um frühzeitigem Hinwelken zu begegnen. Kein Wunder, dass die Jabim's ein aussterbender Volks- 
stamm sind (siehe oben Seite 88). Auf der Gazelle- Halbinsel Neu-Pommern's kommen (nach Hahl) Kinder Verlobungen vor. 

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ihn unverletzt zurück, so bedeutet das ein Nein. Doch das Letztere kommt, glaube ich, nur selten 
vor, denn ehe der Jüngling den (Zigarrenstummel sendet, ist gewöhnlich schon Alles besprochen 
und geebnet, sowohl zwischen den Liebenden, als deren Eltern. Die Gigarre mit den eingewickelten 
Haaren soll offenbar als Liebeszauber wirken. 

Die Cigarrenstummelanfrage *) ist ein feierlicher Akt, zu dem sich der Liebende während 
einiger Tage durch Festschmuck und Fasten (nach denselben Regeln wie bei der Beschneidung) vor- 
bereitet. Auch nach dem Verlobungsact dauert dies noch eine mir nicht naher bekannte Spanne 
Zeit an. Mit dem Bräutigam während der ganzen Zeit fasten seine sämmtlichen Freunde und Alters- 
genossen im Dorfe und kleiden sich ebenfalls in festlichen Schmuck. 

Wie es Kohler von den Australiern sagt, ist auch hier die Verlobung wahrscheinlich nicht 
bloss ein obligationsrechtliches Band, sondern bereits ein praseut-familien rechtliches Vorstudium der 
Ehe, und es scheint bereits bei der Verlobung ein Theil der ganzen festgesetzten HeiraÜissumme 
bezahlt zu werden. Wenn also die Braut entfuhrt wird, so ist der Bräutigam der direkt Verletzte, 
Als nämlich in Bogadjim Einer ein Mädchen heirathen wollte, erhob ein Anderer Ansprüche auf 
dasselbe und nahm es ihm weg, weil er bereits Anzahlung geleistet habe. Beinahe wäre es hierüber 
zu Thätlichkeiten gekommen, und nur Dank dem Einschreiten des Hissionars ward die Sache gütlich 
geschlichtet. Wie, weiss ich nicht. 

Die Zeit von der Verlobung an bis zur Hochzeit ist für das Paar eine recht peinliche, da 
sie absolut nicht miteinander verkehren dürfen. Sobald sie sich aas Zufall begegnen, müssen sie das 
Gesicht von einander abwenden; Lächeln oder gar Sprechen mit einander wäre Verbrechen. 

Dieses Gebot des Meidens erstreckt sich auch auf die Schwiegereltern und Schwäger, wiederum 
eine Sitte, die nach Tylor nur da vorkommt, wo Mutterrecht herrscht oder geherrscht hat, Nach der 
Heirath jedoch darf der Schwiegersohn auch wieder mit den Schwiegereltern, die sich nach der 
Hochzeit gegenseitig mit einem besonderen Namen anreden, und Schwägern frei verkehren, das 
Meiden findet also nur temporär während der Verlobung statt, d. h. in Bogadjim. Bei den Jabim's 
dürfen nach Vetter's Zeugniss die Namen der Eltern nicht genannt werden und die Schwiegereltern 
weder genannt noch angerührt, ihr Name auch dann nicht ausgesprochen werden, wenn ihn ein Anderer 
trägt oder er von einer Sache entliehen ist. In Bogadjim hat im Gegentheil die Schwiegermutter 
sehr viel in die junge Ehe zu reden und macht dem armen jungen Ehemann das Leben oft recht sauer 
(es soll dies auch manchmal bei hochstehenden GulturvÖlkern vorkommen), so dass dieser oft wünschen 
mag, es möchten australische Sitten herrschen; denn bei den Australiern, erzählt uns Prof. Köhler, 
müssen sich Schwiegersohn und Schwiegermutter ausweichen. Treffen sie sich zufällig, so verbergen 
sich beide, bis die Begegnung vorüber ist — Alles mit merkwürdigen Geberden des Missbehagens 
und Entsetzens. .Glückliche Menschen !* rief mein Freund Jalla aus, als ich ihm dies verdolmetschte. 
Er hatte nämlich gerade vor den handgreiflichen Insulten seiner Frau und ihrer Mutter Zuflucht auf 
meiner Veranda gesucht. 

Die Hochzeitsfeierlichkeiten sind verschieden, je nachdem der Bräutigam ein Mädchen 
aus seinem eigenen Dorfe**) oder aus einem der oben genannten befreundeten Gebirgsdörfer heimführt; 

") Kunze (1. c. Seile 49, 50) erzählt dieselbe so, dass der Onkel mütterlicherseits, der zuerst, befragt werden 
müsse, im Kall seiner Einwilligung ein Tabaksblatt nehme, eine Zauberformel darüber spreche und es dem Burschen reiche, 
der nun seine Cigaretle dreht und dieselbe direkt der Erkorenen anbietet. Wenn das Mädchen sin annimmt oder gar 
davon raucht, so ist dies ein günstiges Zeichen für den Freier. Doch darf er aeiner Sache etat sicher sein, wenn er als 
Gegengabe eine Nähnadel in Gestalt einer Fischgrat«, wie sie überall gebräuchlich sind, erbalt. 

Kunze sagt auch, da» das Madchen als Braut einen besonderen Schmuck von Muscheln um die Hüften bekomme 
und dass dasselbe nach der Verlobung einige Zeit im Hause der künftigen Schwiegermutter weile. 

**) Wobei die Regeln der Exogamie nicht verletzt zu werden brauchen, denn selbst die einzelnen Theildorfer 
bestehen ja aus verschiedenen Familiengruppen. 



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— 243 — 

ausser denselben stehen Doch mit Bogadjim In connubium die Leute von Yomba bei Friedrich- 
Wilhelmshafen, Bilibili und Bongu. Die legale Eheform ist in beiden Fällen der Kauf, der sogar 
zum (Kreditkauf werden kann ; denn so und nicht anders wird die Thatsache aufzufassen sein, dass 
einige Zeit, nachdem ein Bogadjim-Mann sich eine Frau aus dem Gebirge geholt hatte, eine Abord- 
nung aus dem betreffenden Dorf erschien und unter grossem Singsang und Hailoh einen Hund, 
vielleicht die Restzahlung des Kaufpreises, in Empfang nahm. 

Wenn die Braut aus dem gleichen Dorf wie der Bräutigam ist, so sind die Hochzeitscere- 
monien sehr einfach. 

Wenn der Mann seiner Frau ein Haus gebaut hat, so .ruft er die Frau" ambestimmten 
Tage. Darum heisst das Fest auch Unga (= Frau) metimmo (= rufen). Er führt in feierlichem 
Aufzug seine Zukünftige in den Kreis der Dorfbewohner und spaltet dort eine Betelnuss, wovon er 
die eine und die junge Frau die andre Hälfte kaut, jedenfalls als Symbol der zukünftigen Lebens- 
gemeinschaft. Ein grosses Festmahl beschliesst die Hochzeit, bei der die Eltern anscheinend nur 
eine passive Rollo spielen. 

Anders gestaltet sich die Sache, wenn sich der Mann seine Braut aus dem Gebirge holt. 
Hier tritt in den Ceremonien trotz des Kaufes noch deutlich die alte Form des Frauenraubes zu 
Tage. Hier .ruft* nämlich nicht der Bräutigam seine Braut, sondern er „stiehlt", er entführt sie. 
Der Ausdruck: Eine Frau stehlen steht geradezu für: Sich eine Frau aus dem Gebirge holen. 

Das Mädchen wird dem Räuber nicht gutwillig überlassen, sondern er wird — natürlich nur 
zum Schein und nach vorher festgesetztem Programm — verfolgt und muss seinen Raub vertheidigen. 
Es entsteht Streit und Scheinkampf, der noch vor kurzer Zeit damit endete, dass sich der Entführer 
einen richtigen, veritabeln, allerdings nicht sehr starken Pfeilschuss ins dicke Fleisch des Oberschenkels 
gefallen lassen musste, womit er dann anerkannter Ehemann war. In Bogadjim leben noch viele 
Leute, die mit Stolz ihre Pfeilnarbe zur Schau tragen; ich habe diese selbst gesehen. 

Heutzutage hat sich die Sitte gemildert und es wird der Pfeilschuss nur noch mit dem 
Munde in Form gewaltiger Wortgefechte und Schimpfereien verabreicht. 

Doch kommen noch Ausnahmen vor, wirklicher, ernsthafter und gewaltsamer Frauenraub, 
wie er nur je in den ersten Anfängen menschlichen Gesellschaftslebens bestanden haben mag. Denn 
Kunze (1. c. Seite 44) weiss von einem Fall zu berichten, wo eines Nachts ein in der Nähe des 
Prinz Adalberthafens gelegenes Dorr von den Bewohnern einer ferneren Insel überfallen ward. Viele 
Männer wurden hiebei getödtet, und die Ueberlebenden, welche nach dem Ueberfall ihr Dorf verlassen 
und sich anderswo angesiedelt hatten, baten Kunze flehentlich, ihnen doch wieder zu ihren Frauen 
und Töchtern zu verhelfen. 

Die Frau folgt, wie gesagt, dem Manne; nur selten zieht der Mann in das Dorf seiner Frau; 
dagegen kommt es vor, dass die Frau in ihrem Heimathsdorf wohnen bleibt, während der Mann 
nach seinem Stammdorf zurückkehrt, wo er vielleicht ebenfalls eine Frau wohnen hat. 

Am meisten mag uns bei der ganzen Sache verwundern, dass die Frau nicht wie anderwärts, 
wo Frauenkauf besteht, rechtloses Eigenthum des Mannes wird, sondern ein relativ hohes Maass von 
rechtlicher Selbstständigkeit bewahrt, so dass sie sogar selbstständig vererbbares Eigenthum besitzt 
und nach dem Tode ihres Mannes nicht nur frei wird, sondern von ihm sogar das für sie erbaute 
Haus in Nutzniessung behalten kann. (Siehe oben Seite 226.) 

Wie sich beiden vorherrschenden Neigungsheirathen nicht anders erwarten !8sst, ist die Liebe 
der Gatten zu einander sehr ausgeprägt; es existirt in Bogadjim ein altes Ehepärchen, das einander 
noch alle die Zärtlichkeiten und Aufmerksamkeiten erweist, welche unter Neuvermählten üblich sind. 
Ein anderes, jüngeres Ehepaar ist mir bekannt, wo der Mann seine Frau vom Felde und die Frau 
den Mann vom Fischfang abholt. Häufig und gern nimmt der Tamo seine Kinder auf den Arm 

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— 244 — 

und herzl. und liebkost sie. Ich will bei dieser Gelegenheit bemerken, dass der Papua das Küssen 
nicht kennt, nicht einmal den Nasen- oder Riechkuss der Malayen. ■ ■ ■ 

Aber auch das Gegentheil kommt vor, Ehepaare, die so zu sagen wie Hund und Katze mit 
einander leben, und wobei es Schlage von beiden Seilen setzt. 

Das Recht des Stärkeren herrscht vor, und hei ehelichen Meinungsdifferenzen prügelt man 
sich sowohl ein- als gegenseitig, je nach Vertheihing der Kräfte; dem Manne, welcher drei Frauen 
hat, kann es unter Umständen passiren, dass er sueeessive von allen dreien an die Luft gesetzt wird. 
Missionar Bergmann, einer der ältesten Pioniere dort, erzählte mir, dass die.Siarfrauen nicht mit 
sich spassen lassen. Sie werfen gleich mit Töpfen, sind also ein streitbares Geschlecht. Die dortigen 
Tamo's haben aus Angst vor ihren Weibern schon nächtelang auf Bergmann's Veranda campirt, 
ohne sich nach Hause zu trauen, und haben ihm seufzend und neidisch gesagt: Bergmann, du hast 
aher eine gute Frau l 

So lebt man schlecht und recht dahin. Das häusliche Leben spielt sich, abgesehen von den 
obigen Intermezzos, ziemlich einförmig ab. 

Bei Tagesgrauen steht man auf und bringt die ersten Tagesstunden in Gesellschaft — Männer, 
Weiber und Kinder — am Strande zu, wo man sich den in der Morgenkühle fröstelnden Leib wohlig 
von der aufgehenden Sonne beseheinen lässt. Manchmal gehen auch die Männer vor Tagesgrauen 
schon zum Fischen. ' ■ 

Der Morgen — nebe *olo (^rolo oder rolo Nacht) oder tseng kinielle (tseng = Sonne, kinielle = 
klein, also kleine Sonne, womit aber auch der Abend gemeint sein kann, der ja ebenfalls eine Zeit 
der „kleinen* Sonne ist) dauert etwa den ganzen Vormittag. 

Mittag heisst ^anam oder tseng koba (grosse Sonne) und der Abend neben tseng kinielle 
auch bila^o. jrolo heisst die Nacht. Da man wie bei den malayischen Völkern nach Nächten 
rechnet (ein Ort ist z. B. so und so viel mal .Schlafens" entfernt), so hat man eigentlich gar kein 
rechtes Wort für Tag ; das hiefür gebräuchliche bati bezeichnet nach Hoffmann nur den Handels- 
oder Markttag. 

Grössere Zeiträume berechnet man nach den Mondphasen und nennt sie, wie wir den Monat 
oder Mond, nach dem Monde, der aber in der Bogadjimsprache bai heisst. Noch grössere Zeiträume 
werden nach Taro-Ernten, wau's bemessen, wie ich bereits oben S. 198 erwähnt habe. 

Die Zeitrechnung stimmt also fast mit der unsrigen überein. 

Um 8 Uhr etwa geht die Frau zum Kochen und bereitet für die Familie Taro- oder Yam- 
Knollen mit Fischen, Muscheln, Schnecken oder fetten Maden und Raupen als Zuspeise. Hernach, 
gegen 10 — 11 Uhr, gehen beide Geschlechter in's Feld. Der Mann verrichtet die schwere Arbeit, 
als da ist: Waldroden, Umbrechen und Lockern des Bodens mit dem Niebungholz-Spaten (gedät), 
Einpflanzen der Umzäunung etc., und die Frau die leichtere. Dagegen ist die Frau beim Nachhausegehen 
von der oft recht weit entlegenen Plantage, so gegen 4 Uhr Nachmittags, mit Lasten (Feldfrüchten, 
Feuerholz) und Kindern, die ja, wie wir oben gesehen haben, mitgenommen werden, schwer bepackt 
(siehe das Bild Tafel 36). Der nebenhergehende Mann trägt nur seine Waffen. So wird es überall 
in Melanesien gehalten. Es ist das keine Rohheit und Nichtachtung des weiblichen Geschlechts, 
sondern eine Vorsichtsmaassregel ; der Mann darf sich nicht belasten, weil ihm der Schutz seines 
Weibes obliegt. Aber unzweifelhaft birgt dies Verhältniss den Keim zum späteren Herabdrücken 
des Weibes zum Last- und Arbeitsthier, wie wir es im benachbarten malayischen Archipel antreffen. 

Die Abendmalüzeit, welche gegen 6 Uhr stattfindet, kochen die Männer für sich allein und 
verzehren dieselbe in Gesellschaft vor ihren Häusern auf den obenerwähnten tischartigen Gestellen, 
Säumige, auf der Jagd oder im Feld noch Weilende werden mit einem Zeichen der grossen Familien- 
trommel herbeigerufen. Diese weithinschallenden, regelmässig zur bestimmten Zeit wiederkehrenden 



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— 245 — 

Essensrufe sind für den Papua genau das, was für den im Feld arbeitenden Landmann bei uns das 
mittägige oder abendliche Glockengeläute ist. Es ist, wie ich bereits Seite 191 beschrieben habe, 
eine Reihe von Tönen, die langsam, in grösseren Intervallen beginnend, allmählich immer kürzer 
und schneller, fast wirbelartig werden. Noch heute höre ich oft in meinen Träumen die Esstrommeln 
der Bogadjim-Leute. 

Späterhin kaut man etwas Siri, besucht und schwatzt mit einander, spielt oder wandelt 
und hockt, besonders in mondhellen Nächten, am Strande. Mond (bai) und Sterne (bongar), be- 
sonders der hell und klar am Himmel (=lau) leuchtende Abendstern, sind grosse Lieblinge der 
Bogadjim-Leute und kommen oft in ihren Gesängen vor. 

Als leidenschaftlicher Raucher bereitet sich der Tamo seine Abend-Gigarette. Er holt zu 
dem Zweck seinen Matukar- oder Waskia-Knaster, eventuell auch selbstgebaulen, hervor, zerreisst 
das Blatt in quadratische Stücke, nimmt deren eines oder zwei, rollt sie mit etwas Bruch oder 
Rippen als Einlage zusammen und umwickelt die so entstandene Cigarette mit einem bestimmten 
Blatt*). In Bogadjim, wo dasselbe Warr genannt wird, dienen die Blätter von Hibiscus liliaceus 
als Deckblatt und zwar noch grün, welche man in Dütenform mit den Fingern zusammendreht und 
festhält, bis die Cigarette, nach wenigen Zügen, aufgeraucht ist. Lauterbach hat auf seiner Gogol- 
expedition Bananenblätter als Deckblatt benützen gesehen**). 

Manchmal wird auch das bekannte Kawa getrunken , welches aber hier in Bogadjim Kial 
heisst. Das geschieht aber nicht jeden Tag, sondern nur bei besonders freudigen oder traurigen 
Anlassen. 

Die Pflanzen, aus welcher Kial bereitet wird, sind nach Miklucho-Maclay zwei Pfefferarten, 
die von einer dritten aus Upolu (Samoa-Inseln) stammenden Pflanze nach dem Urtheil Dr. Scheffer's, 
des früheren Directors des botanischen Gartens zn Buitenzorg, verschieden sind. Weiche der richtige 
Piper methysticum ist, bleibt dahingestellt, doch will ich nicht vergessen, darauf hinzuweisen, dass 
derselbe wildwachsend in Deutsch-Neu-Guinea von den Botanikern Hollrung und Warburg nach- 
gewiesen ist. Miklucho-Maclay hat die Kial (-Keu-) Bereitung ausführlich beschrieben***) und zwar 
fast ganz so, wie ich dies selbst in Bogadjim wahrgenommen *habe, gelegentlich des grossen Krokodil- 
Essens. Eine Schaar junger Männer und Jünglinge (nur solche besorgen das Kaugeschäft) sass und stand 
etwas abseits von der übrigen Gesellschaft, die ich im Bild, Taf. 38, fixirt habe; sie kauten auf beiden 
Backenf) an den Wurzeln, deren sie einen grossen Haufen vor sich liegen hatten und spieen von 
Zeit zu Zeit den gut durchgekauten Wurzelballen mitsammt dem dazwischen haftenden Speichel in 



*) Kunze I. c Seite 21 Anmerkung. 

**) Die Leute von Malu am oberen Kaiser in- Auguslafluss scheinen den Tabak in vollkommen sachgemässer und 
technisch richtiger Weise zu bauen, als ob sie es den europäischen Tabakpdanzer oder den Malayen direkt abgelernt 
hätten; das letztere wird ja wohl schliesslich, wenn auch vor etwas langer Zeit, der Fall gewesen sein. Hollrung erzählt, 
dass die Maluleute den Tabak zunächst im Saatbeete aufziehen und dann die Pflänzchen vereinzeln, wenn sie 15—20 cm 
hoch sind, etwa 2—3 Monate nach der Aussaat Die Pflänzchen werden auf eine Entfernung von 40—50 cm bald in 
einem Dreieck, bald in einem quadratischen Verband verzogen. Zum Schutz gegen die Sonnenstrahlen werden die eben 
verzogenen Pflanzen in passender Weise mit Palmen blättern überdacht In einigen Pflanzungen waren die Tabakspflanzen 
angehäufelt worden. 

Mit Anfang der Blüthezeit findet das Abnehmen der Blätter von unten nach oben zu statt Die abgenommenen 
Blätter werden einzeln auf dünne Fäden von Bottan gereiht und später in „Möhren* gebracht Die Aufbewahrung der 
Mohren erfolgt in Palmblattscheiden. 

Es kann sonach gar keinem Zweifel unterliegen, dass diese im Innern Neu-Guhea's lebenden Völker mit dem 
Tabak zugleich die Art und Weise der Cultur desselben überkommen oder mitgebracht haben. 

***) „Ethnologische Bemerkungen über die Papuas der Maclay-KQste in Neu-Guinea". In „Natuurkundig tydschrift 
voor Nederlandsch-Indie" Balavia 1876, Deel XXXVI, 7. Serie, deel VI, p. 328 IT. 

t) Ein solcher mit vollen Backen kauender Jüngling ist auf dem erwähnten Bild, in der Mitte stehend, doch zu 
sehen. Er halle sich wohl aus Neugier von seinem Geschäft abziehen lassen. 



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— 246 — 

einen Topf. Dann wurde noch etwas Wasser zugegossen und die grünliche Brühe durch einen 
Graspfropf hindurch in ein anderes Gefäss abfiltrirt. Ich habe mir das fertige Produkt nicht angesehen 
und auch eine freundlichst ofTerirte Probe dankend abgelehnt. Nach Miklucho-Maclay soll die Flüssigkeit 
sehr bilter und aromatisch sein und nicht besonders gut schmecken, was auch die Gesichter der 
Manner beim Trinken durch allerlei Grimassen bezeugen ; der Effekt ist aber sehr stark ; ein kleines 
Weinglas genügt, wie Miklucho-Maclay sagt, um in einer halben Staude den Mann sehr unsicher auf 
den Beinen zu machen. Es wird auch nur aus einem besondern, aus einer spitzig-ovalen Baumfracht 
(nach Miklucho-Maclay aus einer Zwergkokosnuss) hergestellten und etwa ein Weinglas an Inhalt 
fassenden Baumfrucht getrunken, und zwar nur von erwachsenen Mannern; Frauen und Kindern ist 
es verboten. 

Miklucho-Maclay (1. c.) sagt noch Folgendes, das ich nicht beobachtet habe: 

„Die meisten Keu(=Kial) Trinker richten sich auf und ihren vollen Becher sorgfältig haltend, 
treten sie zum Rand des offenen Platzes und sich von den üebrigen abwendend, schieben sie den 
Mal (= Mel, Schamgürtel) etwas zur Seite, und in gleicher Zeit mit dem Ausleeren des Bechers 
wird Urin gelassen. Diese Sitte ist besonders von den alten Leuten beobachtet." 

Der Effekt ist weniger Rausch als Betäubung. Der Trinker wird schläfrig und hiegegen 
haben die Tamo's nach Miklucho-Maclay ein Mittel erfunden: der schläfrige Keu-Liebhaber lässt sich 
durch einen Freund solange mit einem Grashalm den Augapfel reizen und kitzeln, bis die Augen 
voll Thränen stehen. Diese Operation soll als eine sehr angenehme angesehen werden. Auch dies 
ist mir nicht zur Beobachtung gekommen. 

Die Tamo's schreiben dem Eial besondere Wirkung auf das Rückenmark zu. Von älteren 
Leuten nämlich, die ziemlich früh schon greisenhaft gebückt gehen, sagt man: Er hat die Eial- 
Krankheit (den Kial-Ringwurm). 

Der Eial-Trinker ist, nebenbei bemerkt, am nächsten Morgen wieder klar und nüchtern 
ohne Kater. 

Das Salz kennt der Tamo nicht, d. h. er kennt es wohl und hat auch einen Namen dafür 
(Bar), wie ich mich bei meinem Besuch im Bergdorf Wjenge überzeugt habe, er besitzt es jedoch 
nicht. Als ich in Wjenge oben auf dem öffentlichen Esstisch dort zusammen mit Freund Hoffmann 
meine Mahlzeit ausbreitete und umstanden von der ganzen staunenden Bevölkerung zu mir nahm, 
passirte mir das Unglück, dass das Papier, in welches mein Salz gewickelt war, auf den Boden flog 
und seinen Inhalt ringsherum verstreute. Wie der Blitz hockte die ganze Bevölkerung plötzlich auf 
dem Boden und tupfte und leckte in lächerlich sorgfältiger Weise auch das letzte Stäubchen auf. 
Salz, ich will dies für Unkundige ausdrücklich wiederholen, war mir neben rother Farbe zum 
Bemalen des Gesichtes, sowohl im Innern Sumatra's als in Neu-Guinea stets das begehrteste und 
bestbezahlteste Tauschmittel. 

Die Gewinnung von Salz aus dem Seewasser verstehen die Tamo's nur in allermangelhaftester 
Weise. Ihre Nahrung kochen sie mit reinem Seewasserzusatz, etwa '/ s , zu dem gewöhnlichen 
Kochwasser. Miklucho-Maclay (1. c.) erzählt, dass die Bergbewohner, wenn sie an die Küste kommen, 
nie versäumen, mit Seewasser gefüllte Bamburöhren mit in die Berge zurückzunehmen. Dann 
beschreibt er noch, wie „die bei den hohen Fluthen angeschwemmten trockenen Stämme und Wurzeln, 
die Monate lang vom Meer getragen und vom Salzwasser durchdrungen worden waren, von den 
Papua's herausgezogen , an der Sonne ein paar Tage getrocknet und angebrannt werden. Die 
Stämme brennen mit einer kleinen Flamme und lassen eine bedeutende Masse weisser Asche zurück. 
Diese noch warme Asche wird von den Papua's gierig gegessen ; sie ist auch in der That ziemlich 
salzig; leider kann sie, da sie wegen ihres Salzgehaltes sehr hygroscopisch ist, nicht lange aufbewahrt 
werden, in ein paar Stunden wird sie zu einem schwarzen Brei. Solche angespülte Stämme werden 



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— 247 — 

gespalten und Öfters von den Küstenbewohnern in die Bergdörfer als Geschenke gebracht, wo damit 
sehr sparsam umgegangen wird." 

Hunde, Schweine und Krokodile, sowie grosse Schlangen sind Festspeisen, die den Frauen 
verboten sind und nur von den Mannern und zwar auf dem Asaplatz vor dem Asahause oder ab- 
seits vom Dorfe bereitet und genossen werden dürfen. 

Wie ich oben schon gesagt habe, sind die Speisezettel der Männer und der Frauen verschieden. 
Gewisse Speisen dürfen nur von Mannern und gewisse nur von Frauen genossen werden, so zwar, 
dass die guten Dinge (es handelt sich bei dem Verbot nur um Fleisch- resp. Fisch- und Muschel- 
Speisen) ausschliesslich auf die Tafel der Männer entfallen. 

Die Zukost zu seiner in den Plantagen gewonnenen pflanzlichen Nahrung gewinnt der Papua 
hauptsächlich durch Fischerei. Er lebt ja an der See, die ihm eine bequeme und sichere Nahrungs- 
spenderin ist Doch verschmäht er nicht leicht etwas Essbares und hebt sorgfältig Alles Derartige 
auf. Wenn er über Feld geht, führt er immer seine Bambubüclise mit und sammelt dahinein alles 
Mögliche: Käfer, Schnecken, Krebse, Krabben, Raupen, kleine Eidechsen und dergleichen*). Man 
könnte meinen, der braune Neu-Guineabruder sei ein eingefleischter Sammler oder Naturforscher. 
Wenn er dann aber nach Hause kommt, wird die ganze hübsche Sammlung mitsammt der allenfalls 
mit aufgerafften Erde und den trockenen Blättern in den Kochtopf geleert und mitgekocht. 

Die Fische werden theils gespeert, theils mit Pfeilen geschossen, worin die Bogadjimleute 
einen gewissen Ruf haben, oder auch in grossen aus Bambu und Rottan geflochtenen Reusen und 
mit dem Schöpfnetz gefangen. Aale fängt man durch Ableiten eines Flussarmes. Kleinere Fische 
fängt man wohl auch, indem man einen Wasserarm absperrt und die zerriebenen Blätter eines 
Baumes oder einer Schlingpflanze (wohl dieselbe Pflanze wie die malayisehe Tuba, die zu demselben 
Zweck und in derselben Weise gebraucht wird) hineinwirft, worauf die Fische betäubt an die Ober- 
fläche kommen. Angeln habe ich in Bogadjim keine gesehen, wohl aber massenhaft in Finschhafen, 

Man betreibt auch eine Art Hochseefischerei, indem zu gewissen Zeiten eine kleine Flotille 
auf die See hinausfährt und dort bei Fackelschein, wodurch die Fische angezogen werden, dem Fang 
vermittelst des Speers obliegt. 

Schnecken, Muscheln u. dergl. zu sammeln, ist Sache der Frauen und Kinder. 

Känguru's, Beutelt! liere, Kasuare, Hühner (Tallegalla's und Megapodien) werden nur gelegentlich 
und zufällig erlegt, da diese Thiere bedeutend seltener geworden sind, .seit die Flinte hier ist". 
Die Nistplätze der Kasuare und Hühner scheint man dagegen öfters aufzustöbern ; weniger in Bogadjim, 
dessen Umgebung durch die Tabakplantagen bereits entwaldet ist, als in den noch unberührten Berg- 
dörfern; ich habe in Wjenge im Männerhaus mindestens ein Dutzend leere, aufgegessene Kasuar- und 
Megapodieneier an der Wand stecken gehen. 

Regelmässige Jagden werden nur gehalten auf Krokodile und Schweine. 

Wenn ein Krokodil gespürt wird, so passt man den Zeitpunkt ab, wenn es zu Land, meist 
nach einer benachbarten Lagune, geht. Dann versteckt sich eine Anzahl Leute längs des zurück- 
gelegten Pfades und speert es auf seinem Rückwege. Wenn das Thier nicht gleich todt ist, so 
werfen sich die Leute auf dasselbe und halten es beim Schwänze fest, indem sie den Schlägen und 
Bissen sehr geschickt auszuweichen verstehen, bis ein glücklicher Speerstoss ihm das Lebenslicht ausbläst. 

Kunze (1. c. Seite 26) erwähnt eine andere Jagdmethode. „Das Krokodil'', sagt er, .pflegt 
»ach eingenommener Riesenmahlzeit zu ruhen; liegt es dann am Strande und schläft, so wird es 
von einer Menge kräftiger Papuamänner, welche mit langen zugespitzten Stangen bewaffnet sind, 
umstellt, und jeder bohrt dicht um das schlafende Thier herum das spitze Ende seiner Stange 



*) Kiklucho-Macky L c 



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— 248 — 

möglichst tief in den Erdboden, während er das obere Ende derselben fest in den Händen halt. In 
wenigen Minuten ist so um das Krokodil herum ein Gehege gebildet, darin es sich nicht zu bewegen 
vermag. Nun greifen einige das schlafende Ungethüm an, indem sie ihm in die Augen, in die Brust 
und in den Rachen Speere treiben." 

Die Schweine werden folgendermaassen gejagt: In der beissen, trockenen Zeit umstellt man 
ein bestimmtes Stück der Lalangsavanen, worin man Schweine vermuthet und zündet dasselbe von 
allen Seiten an. Eine Anzahl Beherzter und Behender springt dann in den Feuerkreis hinein und 
schiesst die vom Feuer und Rauch halbblinden Schweine mit dem eigens für solche Jagden bestimmten 
Bambupfeil, dem Palam (siehe Seite 175) nieder. Um die Schweine, die ausbrechen, bevor das Terrain 
umstellt und in Brand ist, bekümmert man sich nicht viel. 

Ausserdem aber fangt man die Schweine auch in Gruben, die ca. ein Meter im Durchmesser 
hallen und mannstief sind. Ihre Wände sind mit wildem Zuckerrohr und Bambustangen ausgekleidet. 
Sie sind mit einem Zaun umgeben, der nur vorn eine Oeffnung lässt. Bedeckt oder sonst maskirt 
ist die Grube weiter nicht und die Schweine stürzen wahrscheinlich des Nachts hinan. 

Da das edle Waidwerk all seiner Lebtage das Vorspiel und die Vorübung zum Kriege 
gewesen ist, so ist es nicht mehr wie recht und billig, dass wir die Betrachtung des letzteren gleich 
hier anschliessen. Glücklicherweise ist es nur sehr wenig, was ich hierüber mittheilen kann. Der 
Bogadjimtamo ist keine kriegerische Natur. Sanftmuth und Friedfertigkeit sind bei ihnen zu Hause, 
darin stimmen alle Reisenden mit mir überein. 

Bevor ich nach Neu-Guinea ging, hatte ich bereits 14 Jahre auf der Ostküste Sumatra's 
unter den halbkultivirten Malayen zugebracht, ich halte zwei Expeditionen in das damals noch fast 
unbekannte Innere dieser Insel zu den Batak's, den berüchtigten Kannibalen, unternommen und 
monatelang mutterseelenallein unter ihnen gelebt; ich dachte also „Wilde" zur Genüge kennen gelernt 
zu haben. Als ich aber in Bogadjim meinen Fuss zum erstenmal auf den weissglänzenden Strand 
setzte und mich plötzlich von einem Haufen nackter, kupferroth bemalter, über und über mit Eber- 
zahnen und Muschelschmuck behangener, mit Bogen, Pfeil und Speer bewaffneter Menschen umringt 
sah, da überkam mich, wie niemals vorher das intensive Gefühl: Jetzt erst bist du unter wirklichen 
und wahrhaftigen Wilden. Als ich den Leuten dann aber in die treuherzig blickenden Augen und 
das trotz aller scheusslichen Bemalung und trotz alles barbarischen Schmuckes gutmüthige, in freund- 
liche Falten gelegte Gesicht sah, da war mein zweiter, ebenso intensiver Gedanke: Das sind gute 
Menschen 1 Und so war es auch. Man hat sie theilweise gezwungen, ihre alten Ansiedlungen zu 
verlassen, man hat schon einige ihrer Dörfer zerstört und niedergebrannt, man hat sogar auf sie 
geschossen — Maassregeln , die ja aus diesen und jenen Gründen berechtigt gewesen sein 
mochten — und immer wieder haben sich die Leute dem weissen Mann auf das erste Zeichen hin 
voll Zutrauen genähert; nur wenn es ihnen gar zu arg wurde, da haben sie in Ueberlegung genommen, 
ihre Heimath, ihre Siranddörfer, ihre Hauptnahrungsquelle, das Meer, zu verlassen, und sich in's 
unzugängliche Innere zurückzuziehen. Sogar die ganze Einwohnerschaft Bogadjim's trug sich lange 
Zeit sehr stark mit diesem Gedanken. Das waren die ganzen Repressalien. Es erinnerte mich dies 
lebhaft an die Anekdote von jenem Sachsen, der im Wirthshaus neben einem richtigen Flegel sitzt 
und sich dessen Brutalitäten einige Zeit gefallen lässt, zuletzt aber entrüstet in die Worte ausbricht: 
.Hören Sie, erst haben Sie mir mein Bier umgeschüttet, dann haben Sie mir mit der Cigarre ein Loch 
in den Aermel gebrannt und jetzt nennen Sie mich einen groben Filz; wenn Sie jetzt noch ein 
Wort sagen — dann setz' ich mich an 'nen andern Tisch!" 

Ich habe hier in Neu-Guinea meine alte Erfahrung aufs Neue bestätigt gefunden: der Wilde, 
solange er mit den Europäern noch nicht in Berührung kam, ist ein harmloser, gutmüthiger Mensch, 
und es liegt fast einzig und allein am Europäer selbst, wenn er Uebles von. ilinen erfahrt. Diebe, 



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— 249 — 

Räuber und Mörder giebt es unter jedem Volk und nicht zum wenigsten unter uns hochcultivirteh 
Europäern; und bei wem wiegt ein solches Verbrechen schwerer: bei dem sittlich so hoch stehen 
sollenden Weissen, der die volle Tragweile seiner Handlungen beurtheilen kann, oder bei dem geistig 
unentwickelten Wilden? Gewiss, es wurden schon viele Reisende und Händler erschlagen und, ich 
will es zugeben, sehr viele wohl aus reinen Raubgelästen; nun möchte ich aber wissen, wie lange 
in Europa Jemand am Leben bliebe, der allein und ungeschützt im Lande herumzöge mit einem 
Koffer voll Gold und Juwelen und die sehen Hesse. Für die armen Wilden aber sind die Waaren 
des Händlers oder Reisenden mindestens von derselben verhängnissvollen Anziehungskraft, wie für 
uns Gold oder Edelsteine! 

Je mehr die Naturmenschen, die sogenannten Wilden, mit den Weissen verkehren, desto 
mehr entwickeln sich ihre Fehler, und je unberührter sie von unserer Cultur bleiben, desto mehr 
bewahren sie ihre guten Eigenschaften; das ist eine alte Geschichte und nicht gerade schmeichel- 
haft für uns und darum hören wir das nicht gern; aber nichts desto weniger ist es wahr, und 
erklärlich ist es auch. Man betrachte sich nur die lange Reihe von verkrachten Existenzen, Aben- 
teurern, Goldsuchern, fanatischen Zeloten, habgierigen Glücksjägern, die wir Weissen seit Jahrhunderten 
als .Pioniere der Cultur" auf die Eingeborenen losgelassen haben! Alles stürmt auf diese armen Kerle 
ein. Jeder will etwas von ihnen, jedem sollen sie behilflich sein, möglichst schnell zu Reichthum 
und Macht zu gelangen, und je nachdem der Wilde sich dazu stellt, wird das Urtheil dieser Leute 
ein verschiedenes und durch Eigenbelang getrübtes sein. 

Gerade der Rismarck- und Salomonsarchipel waren bis vor fünfzehn Jahren noch sozusagen 
herrenloses Gut, um das sich kein Mensch kümmerte und nach deren Bewohnern sammt ihrem Wohl 
und Wehe kein Hahn krähte. Nur wenn hie und da ein Händler todtgeschlagen oder ein Trader- 
oder Arbeiterschiff ausgeraubt wurde, erhoben die Betroffenen ein solches Geschrei über die Heimtücke 
und Mordgier der grausamen Wilden, dass die Regierungen nicht umhin konnten, schnell ein Kriegs- 
schiff hinzusenden und die MÖrdemester ohne viel Umschweife in Grund und Boden hineinzuschiessen. 
Die Händler, Trader und Reisenden waren natürlich immer die unschuldig Ueberfallenen ; dass man 
je einen solchen wegen begangener Grausamkeiten an Eingeborenen justificirt hätte, ist mir nicht 
bekannt geworden. 

Immer hört und liest man von der Grausamkeit und Mordgier der Wilden, selbst aus dem 
Munde und der Feder von Leuten, denen man ein unparteiisches Urtheil zutrauen sollte. - Beginnt 
doch ein hervorragender Jurist einen Artikel über das Recht der Papua's auf Neu-Guinea mit den 
Worten: .Die Bewohner Neu-Guinea's stehen offenbar an Begabung den Australnegern bedeutend 
voran, während sie andrerseits wieder eine Grausamkeit und Rohheit der Gesinnung beweisen, die 
uns empört." Nein, uns muss es empören, solche Urtheile zu lesen. Wir haben kein Recht, Steine 
auf die Papua's zu werfen. Sie können sich nicht vertheidigen, sie haben weder Presse noch Parlament 
und schreiben leider keine Bücher, sondern pflanzen die Erzählung der Greuelthaten der Europäer 
nur mündlich fort; sonst könnte ein papuanischer Professor der Jurisprudenz ganz mit demselben 
oder noch mehr Recht von den Europäern schreiben: Sie stehen offenbar an Begabung den Austral- 
negern voran, während sie andrerseits wieder eine Grausamkeit und Rohheit der Gesinnung beweisen, 
die uns empört. 

Soll ich es aufschlagen, das mit Blut und Thränen geschriebene Buch der Menschenjägerei im 
Archipel durch die Arbeiteranwerbungsschiffe, wie sie noch vor gar nicht langer Zeit betrieben wurde, 
ein Buch so voller Greuel und bestialischer Rohheiten, dass uns die Haut schaudert und die Scham- 
röthe ins Gesicht steigt vor diesen Segnungen der Cultur, die wir Europäer unsern schwarzen Brüdern 
gebracht haben. Schon aus diesem Grunde allein müssen wir es als ein Glück und eine That der 
Menschlichkeit preisen, dass Deutschland seine starke Hand auf diese Gebiete gelegt und ihren Be- 



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— 250 — 

wohnern Ruhe verschafft hat vor den Sclavenjägereien der Arbeiterschiffe der Herren Zuckerpflanzer 
aus Fidji, Queensland u. s. w. Und eben darum darf auch Deutschland seine Südseecolonieen nicht 
mehr aus der Hand geben, gleichviel ob sie ihm Nutzen bringen oder nur zur Last sind. Von 
unserm, zur ersten Weltmacht emporgeblühten Vaterlande kann und darf man einen hohem, als den 
gewöhnlichen Krämerstandpunkt erwarten. 

Obwohl sie nie zuvor einen Weissen gesehen hatten, konnte Miklucho-Maclay es dennoch 
wagen, nur mit einem einzigen europaischen Bedienten und einem Polynesier, der bald danach 
starb, an der Astrolabebucht zu landen und mitten unter den Leutchen für einige Jahre seine Hütte 
aufzuschlagen. Sie waren wohl zudringlich und begannen, wahrscheinlich aus lauter Furcht, ihm ihre 
Speere an Kopf und Hals zu setzen, aber er sagt selbst*), dass kein einziger sich unterfing, ihm einen 
schweren Schlag oder Stoss zu versetzen. Und auch ihre Pfeile schössen sie nicht auf ihn ab, 
sondern absichtlich an ihm vorbei, offenbar um ihn zu erschrecken und zum Fortgehen zu bewegen. 
Ich glaube, an jedem andern Punkt von Kaiser-Wilhelmsland, so wie wir die Bevölkerung jetzt 
kennen, wäre Miklueho-Maclay direct todtgeschlagen worden, denn die übrigen Papua's sind lange 
nicht so gut- und sanftmüthiger Natur, wie die Tamo's an der Astrolabebai. Warum sie so sind, 
weiss ich nicht. Vielleicht, weil sie in einem für sie so glücklichen, stillen und gesegneten Winkel 
wohnen, ohne Krieg, ohne häufigen Mord und Todtschlag. 

Man muss aber aus dem Gesagten nicht schliefen, dass der Tamo ein lahmer, indolenter, 
schwerfälliger Gesell sei. Im Gegentheil I Er kann sehr heissblütig, aufbrausend und jähzornig sein, 
wie er ja auch trotz seiner geringen Bekleidung ein ausserordentlich eitler und unbändig stolzer 
Mensch ist, der selbst auf Europäer mit einem gewissen Hochmuth herabsieht, und Streitigkeiten 
und Prügel- und Schiessereien in den einzelnen Dörfern sind nicht so selten, nehmen aber wie 
gesagt nur ausnahmsweise grössere Dimensionen an; denn so schnell er aufbraust, so schnell ist er 
auch wieder besänftigt. Es sind eben wirklich nur grosse, unüberlegte, dem ersten Impuls folgende. 
Kinder mit allen Tugenden und Mängeln von solchen; sie bedürfen einer gütigen, aber gerechten, 
festen Hand. Die Persönlichkeit macht bei ihnen alles, und es ist erstaunlich, wie gut diese Natur- 
kinder Menschen zu beurtheilen wissen. Wie der Hund, bildet sich der Tamo seine unbestechliche 
Meinung über einen Fremdling nach den Augen; hat er .gute Augen", so kommt man ihm voll 
Freundschaft und Zutrauen entgegen. Nicht blos in der ausgebreiteten Namenkenntniss (s. oben S. 231), 
sondern- auch in den .guten Augen* beruht zum Theil die merkwürdige Macht, welche gewisse 
Europäer auf den Eingeborenen ausüben. In der richtigen Hand und unter der richtigen Leitung 
geben die Leute, sobald sie sich einmal bereit finden lassen werden, gewiss ein ausgezeichnetes Arbeiter- 
material ab. Die Bewohner der Finschhafener Küste, die Jabim's, stehen in dieser Beziehung allen 
anderen voran. Mit einem strengen, aber gütigen, ihnen zusagenden Herrn an der Spitze, habe ich 
niemals eine fröhlichere, lustigere und arbeitswilligere Schaar ins Feld ziehen sehen. 

Kampf und Krieg spielen also bei den Tamo's keine grosse Rolle. So viel ich auch fragte 
und mich erkundigte, ich konnte von grossen Fehden und Stammeskämpfen nichts vernehmen. Jedes 
Dorf, jede Gemeinschaft kennt ihre fest umgrenzten Rechte und Pflichten, keiner geht über seinen 
Rayon hinaus, Ehrgeiz und Streberthum fehlen, wie gesagt, diesem glücklichen genügsamen Völkchen 
gänzlich, woher sollte da Kampf und Fehde kommen? Doch ja, eine Ursache giebt es, jene 
grosse, allgemeine — das Weib, dieses räthselhafte, süsse, schreckliche Geschöpf! 

Auch der Papua kann, wie wir gesehen haben, in heisser Liebe entbrennen, und in diesem 
Zustand begeht er ebensolche Dummheiten und Thorheiten, wie die Leute anderswo auch. Auch er 
sündigt manchmal gegen das Gebot des Herrn, welches da lautet: Du sollst nicht begehren Deines 



*) L c 1873, deel XXXIII Seite 116. 



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Nächst« Weib, wenn dies auch im Ganzen weniger geschieht als bei uns hochgebildeten europäischen 
Culturmenschen, und gerade so wie bei uns entsteht daraus Mord und Todtschlag. Der letzte grosse 
erbitterte Kampf zwischen den Tbeildörfern Lalu und Bom der Ansiedelung Bogadjim, welcher ein 
Jahr nach meinem Weggang, 1896, ausbrach und eine Menge Todter und Verwundeter kostete, war 
wegen der Entführung eines Weibes ausgebrochen. Cherchez la femme! heisst es hier wie überall. 

Ist der Kriegsfall mit einem fremden Dorfe wirklich eingetreten, so erfolgt (nach Kunze 
1. c. Seite 41) oft eine förmliche Kriegserklärung, indem die den Krieg beginnende Partei der anderen 
einen gebrochenen Speer überbringen lässt*). 

Betelnüsse gelten überall als Friedenszeichen; wenn mit den Angehörigen einer fremden 
Dorfschaft nicht mehr Betel gekaut oder keine Betelnüsse mit derselben ausgetauscht werden, so ist 
das ein sehr ernstes Zeichen. 

Der Friedenszeichen giebt es ausserdem noch mancherlei. So erzählt Kunze von einem 
Dorf auf Dampierinsel, dass ihm die Einwohner desselben eine lange rothe, maiskolbenähnliche Frucht 
als Friedensgeschenk für sein Nachbardorf Kulobob mitgegeben hatten. An einer andern Stelle 
beschreibt er**) den Friedensschluss zwischen ihm und den Leuten von Malala, welche einige Jahre 
vorher zwei Missionare ermordet hatten. Sie nahmen eine alte Kokosnuss, zerbrachen deren harten 
Kern in kleine Stücke, die sie in einer Schale herumreichten ; als jeder, auch Kunze, ein Stück davon 
gegessen hatte, nahm der angesehenste der Malala-Männer den Rest der Nuss und beschrieb damit 
etliche Male um eines Jeden Kopf einen Kreis. 

Gelegentlich der Expedition nach dem Kaiserin Augustafluss wurde von dortigen Papua's zur 
Besiegelung des Friedens ein Hund totgeschlagen. Auch wurden besonders geschmückte Friedens- 
lanzen mit der Spitze in den Boden gesteckt. 

Dr. Lauterbach wurde auf seiner Ramu-Expedition von zwei alten Männern ein Sagokuchen 
und ein Topf als Zeichen des Friedens und Empfanges zu Füssen gelegt. Bei der Vorüberfahrt an 
einem vorher feindselig aufgetretenen Dorfe fand er auf dem Rückweg am Ufer auf in den Boden 
gesteckten Stäben „allerlei Lebensmittel, als Sagokuchen, Stücken von Kokosnuss, Fische, Krebse etc. 
aufgestellt, neben denselben Palmenwedel, gewissermaassen um Frieden bittend". Letztere, sowie 
das internationale Friedenszeichen des grünen Zweiges, findet man öfters bei den Papua's erwähnt. 

In Bogadjim wurde beim Friedensschluss nach dem grossen Kampfe zwischen den Dörfern 
Lalu und Bom (siehe Seite 199) eine Schüssel mit Bohnen gekocht, wovon jeder der Betheifigten eine 
verzehrte. Auf Dampier musste Kunze (1. c. Heft I, Seite 47) mit den Eingeborenen eines Dorfes 
die reihumgehende Friedens- und Freundschaftscigarette rauchen. Nach dieser Ceremonie ward eine 
wassergefüllte Kokosschale gebracht und ein an einem Stäbchen befestigtes Ingwerstück ; der Häuptling 
leckte zuerst die an diesem haftende Flüssigkeit ab und Hess dann beides ebenso die Runde machen 
wie vorher die Cigarette. 

Unkenntniss der Sitten und Gebräuche, namentlich des ,tabu*, haben oft zur Gollision mit 
den Papua's geführt, namentlich im Anfang, und es wäre unbillig, die in diesem Stadium begangenen 
Missgriffe nur allein auf Rechnung frevelhaften üebermuthes und absichtlicher Grausamkeit zu setzen. 
Das sind die Kinderkrankheiten jedes colonisatorischen Unternehmens. Aber je mehr unsere Kenntniss 
der Völker unserer überseeischen Besitzungen fortschreitet, mit je mehr Verständniss wir das Leben 

*) Vetler berichtet denselben Gebrauch von Finschbafen, wobei der zerbrochene Speer, an dem ein Crotonbüscbel 
befestigt ist, durch einen „Neutralen' uberbracht wird. Weiter sagt er, weun bei Fehden zwischen einzelnen Ort- 
schaften einige Leute gefallen sind, so läuft der unterliegende Theil schleunig davon. Weite Verfolgung und Belagerung 
sei nicht in Uebung. Bei Ueberfall eines Dorfes fremden Stammes schont man auch die kleinen Kinder nicht, damit sie 
ihre Leute später nicht rufen konnten. Was leicht zu transporüren ist, wird mitgenommen, das Andere verdorben. Die 
Partei, welche einen Gegner getödtet hat, fuhrt beim Zurück*: um i neu einen Kriegstauz auf, „sie speien Blut" heisst es. 
**) Im 4. Heft, Seile 50. 



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— 252 — 

und Treiben derselben erfassen und begreifen, desto mehr werden diese Missgriffe und Collisionen 
schwinden. Wenn dies nicht geschieht, dann erst fangt die Schuld an. Pflicht eines Jeden ist es, 
der draussen gewesen ist, seine gemachten Erfahrungen, seine gesammelten Kenntnisse dem Vater- 
lands zur Verfügung zu stellen; und aus diesem Gesichtspunkte heraus ist ja hauptsächlich dies 
Buch geschrieben. 

Ich will hier ein Beispiel erzählen, wie eine arme, harmlose Dorfbewohnerschaft unverschuldet 
beinahe in den Ruf eines gefürchteten, hinterlistigen und grausamen Feindes gekommen ist 

Die beiden Engländer Webster und Cotton, welche mit mir, wie sich der Leser erinnern 
wird, die Herreise nach Kaiser -Wilhelmsland auf der .Lübeck" machten, hatten von Stefansort aus 
ihre „Expedition* ins Innere Neu-Guinea's angetreten. Bei ihrer Zurückkauft erzählten sie, dass sie 
von den Einwohnern des Dorfes Wjenge in hinterlistischer Weise attakirt und beim Wegzug aus dem 
Dorf mit Speerwürfen und Pfeilschüssen überschüttet worden seien, so dass man sich genöthigt ge- 
sehen hatte, ein halb Dutzend Schüsse rückwärts nach den Verfolgern zu senden. Webster, der in 
seinem Buche (1. c. S. 57) dieses Begegniss erzählt, sagt zwar, er habe Auftrag gegeben, hoch zu 
halten und nur Schreckschüsse abzugeben, aber Thatsache ist, dass ein Mann in den Arm getroffen 
wurde. Also ein regelrechter Kampf. Wer war im Recht ? Natürlich die Engländer ; denn sie waren 
die Angegriffenen. 

Die Ursache des ganzen Streites war, dass dieselben unweit von Witib, einem Wjenge befreundeten 
und benachbarten Dorfe, einen Eber erlegt hatten. Diesen Eber beschaute Capt. Webster als herrenlos, 
weil wild, wie aus seinen eigenen Worten hervorgeht: „Having no brand or ear-mark of any sort 
I knew this to be untrue,* nämlich die Behauptung eines Mannes, das Schwein sei sein Eigenthum 
gewesen. Er wusste eben nicht, dass die Jagdgerechtigkeit in bestimmten Theilen des Waldes ein 
integrirender Bestandtheil des papuanischen Familien-Besitzes ist, wie wir oben Seite 194 auseinander- 
gesetzt haben. Und weil kein Dolmetscher da war, konnte der Witib-Mann, welcher der Expedition' 
bis Wjenge nachgefolgt war und dort die befreundeten Leute zweifellos ob des ihm geschehenen 
Unrechts allarmirt hatte, den Herren auch nicht begreiflich machen, dass auch Wildschweine bei 
den Papua's ihren Eigenthümer haben können. 

Die Handlung der Europäer, obwohl nach ihrer Meinung vollkommen correct, war also eine 
directe Verletzung papuanischen Rechts, und dies führte zu dem beklagenswerthen Zwischenfall*). 
Kenntniss der papuanischen Rechts- und Besitzverhältnisse hätte also hier Unrecht und Kampf leicht 
vermeiden lassen. 



*) Von der Darstellung in dem Buche des Capt. Webster weicht übrigens diejenige des Polizei Unteroffiziers 
Piering in seinem Reiserapport nicht unwesentlich ab. Ich will dieselbe in ihrer trockenen, objektiven Kürze zur Vergleichung 
mit der subjektiven Auffassung und Schreibweise Webst ers, der ja kein Wort und keine Silbe eines Eingebomen-Dialectes, 
geschweige denn etwas von ihren Sitten und Gebräuchen kannte, und auch bezüglich der Reisetechnik ganz auf den erprobten 
Piering angewiesen war, hiehersetzen : 18. IV. 94. 23. Tag (der Reise, d. V.) Morgens */<8 Uhr auf. Capt Webster konnte die 
ersten 40 Hinuten gehen, musste nachher aber wieder getragen werden ; schössen gegen 9 Uhr ein Schwein (nach Webster 
„during the afternoon", d. V.), lO'/i Uhr passirten wir Witib. Die Eingeburnen daselbst meinten, dass es ihr Schwein 
wäre, welches wir geschossen hatten. Der angebliche Eigenthümer desselben ging mit uns nach Wjenge, wo ich ihm eine 
grosse Axt gab, und er sich damit zufrieden stellte. Kamen 12</i Uhr in Wjenge an. Als wir unser Zelt aufschlagen 
wollten, kamen die Leute des Dorfes mit Pfeil und Bogen bewaffnet und forderten uns auf, weiter zu gehen; so blieb 
uns nichts Anderes übrig, als weiter zu ziehen, da wir mit den Leuten in Frieden bleiben wollten. — Als wir ungefähr 
200 Schritte vom Dorfe entfernt eine Anhöhe herunter gekommen waren, wurden wir mit Pfeilen beschossen, die mir 
und den 3 Polizeisoldaten am Ende des Zuges um die Kopfe flogen. Ich liess sechs Schüsse in die Luft feuern, worauf 
die Eingebornen sich verzogen. 

Als Anmerkung ist beigefugt : Heute, 21. IV. 94 wurde in Stefansort bekannt, dass ein Eingeborner von Wjenge 
am 16. IV. 94 durch eine Kugel an beiden Vorderarmen und Brust todtlich verletzt wurde. Dieser Mann muss, den Ver- 
wundungen nach zu urtheilen, mit gespanntem Bogen in Anschlag gestanden haben. 



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— 253 — 

Die Wjenge-Leute mussten Übrigens zur Strafe 6 Schweine an den Polizeivorsteher von 
Stefansort bezahlen; und die armen Teufel besassen im ganzen annseligen Dorfe, dass nur 14 Hauser 
zahlte, überhaupt nur 3 Stück, ihr ganzes Vermögen! Es dauerte eine geraume Zeit, bis sie das 
Fehlende sich, Gott weiss wie und woher, verschafft hatten. Durch die übertriebenen Erzählungen 
der Engländer waren auch wir unten auf der Pflanzung angstlich geworden und trafen eine Zeit 
lang sogar Maassregeln gegen einen nächtlichen Ueberfall. Nachdem die Sühne - Schweine bezahlt 
und damit die Unterwerfung des Dorfes offenkundig war, unternahm ich kurz danach mit Herrn 
Hoffmann eine Tour dahin. Trotz der grausamen Erfahrung, welche die Leute mit den Europäern 
gemacht hatten, empfing man uns ausserordentlich freundlich; die angesehensten Männer umarmten 
uns nach papuanischer BegrÜssungssitte*) und die übrigen schüttelten uns die Hand; darauf bewirthete 
man uns reichlieh mit Pisang's, Papaja's und Taro's, die das Dorf in Fülle zu besitzen schien. Die 
Leutchen waren offenbar ganz ausserordentlich froh, mit uns Europäern wieder in gute Beziehungen 
treten zu können und betrachteten unsern Ausflug als Friedensmission, was sie ja auch eigentlich 
war. Im Laufe des Gespräches beklagten sie sich bitter über die Engländer, die ihnen gegen alles 
Recht und Gesetz ein Schwein weggeschossen hätten. 

Wie leicht hätten bei diesem Rencontre Menschenleben zum Opfer fallen können! Wenn 
das auf Seite der Engländer der Fall gewesen wäre, so wäre mit mathematischer Sicherheit ein 
Rachezug unternommen, die Männer, falls sie sich widersetzten, erschossen und das Dorf nieder- 
gebrannt worden, ein Dorf voll harmloser, gutmüthiger Menschen, die uns kurz nach der That mit 
offenen Armen und allen Zeichen der Zuneigung und Freundschaft aufgenommen hatten. Wären die 
Todten aber auf Seite der Wjenge-Leute gewesen, so hätte nach dem Gesetz der Blutrache lang- 
wierige Fehde und Feindschaft zwischen »ihnen und uns Platz greifen können, die natürlich ebenfalls 
mit der Zerstörung des Dorfes geendet hätte. 

Ich weiss zwar nicht, ob in Wjenge die sonst überall bei den Papua's streng herrschende 
Blutrache, von der Kunze herzbewegende Bilder entwirft, bereits abgeschafft wurde, wie es seit 
Kurzem in Bogadjim der Fall ist, wobei ich aus Mangel an Erfahrung unentschieden lassen muss, 
ob an Stelle derselben wie anderwärts ein Abkauf, eine Composition getreten ist und ob diese für 
alle Fälle, selbst absichtlichen, vorsätzlichen Mord, gilt. Ein Asylrecht besteht meines Wissens in 
Bogadjim nicht, wie bei den Jabim's, wo das Dorfhaus und das Haus des Häuptlings dem Verfolgten 
Schutz gewähren. Auf den Märkten selbst und während der Festzeit der Beschneidungsmonatc herrscht 
Gottesfriede. Früher, als die Blutrache noch im vollen Umfang bestand, hatten die Verwandten 
mütterlicherseits, die Gai's — auch wieder bezeichnend für das Matriarchat — die Verpflichtung, 
den Todten zu rächen und zwar nicht blos am Thäter, sondern an der Familie, dem ganzen Stamm 
desselben, von denen jedes einzelne Mitglied, selbst die Frauen oder Kinder, verantwortlich gemacht 
wurden und zur Sühne getödtet werden konnten, ein direkter Ausfluss und Ueberrest der früheren 
Gruppen- oder Hordenehe; auch das scheussliche „Koppensnellen", die Kopfjägerei, welche an vielen 
Orten im malayischen Archipel und auch auf Neu-Guinea**) noch besteht, ist eine unmittelbare Folge 
der Blutrache. 



*) Ich habe oben bei Besprechung des Ausdrucks der Gemfithsbewegungen die Art der Begrflssung zu erwähnen 
Ich will dies hier nachholen. Gut bekannte Tamo'a begrüssten mich nach europäischer Sitte mit Handschlag 
und ich fühlte mich Die zu erhaben, um denselben nicht herzlich zn erwiedern. Die eingeborene, ursprüngliche Art der 
Begrüssung ist das aber nicht; die besteht, wie ich in Wjenge erfuhr, aus Umarmung und gegenseitigem Anrufen mit der 
Präposition O! oder man schlägt auch einander unter Freuderufen mit flacher Hand auf den Rücken. Originell ist nach 
Dr. Hollrung (Nachrichten über Kaiser-Wilhelms-Land 1888, I. Heft Seite 32) die Begrüssung in den Dorfarn am obern 
Augustafluss. Dem Ankommenden wird nämlich eine Roulade von Sagokuchen, gefüllt mit geschabtem Kokosnusskern in 
den Mund geschoben, wobei dar Chor der Umstehenden in ein stakkatoartig hervorgestossenes a-a-a-a-a-ä ä ä einstimmt 

**) cf. u. A. Prof. A. C. Haddons Aufsatz ; The Tugeri-hend-huuters of New-Guinea, im IV. Band des Inter- 
nationalen Archiv's für Ethnographie. 



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- 85* - 

Als leidenschaftlicher, in seiner Phantasie sehr erregbarer Mensch branst er, wie ich oben 
schon sagte, ungemein leicht und selbst über Kleinigkeiten so heftig auf, dass er alle Besinnung 
verliert, in förmliche Raserei gerath und im Stande ist, Mord, ja sogar, was sonst bei Naturvölkern 
sehr selten ist, Selbstmord zu begehen. Kunze erzählt davon (1. c. Heft III, Seite 54) ein drastisches 
Beispiel. Ein Mann, dem seine Frau heimlich seine Cigarette aufgeraucht hatte, gerieth darüber so 
in Wuth, dass er zu einem Baume lief, hinaufkletterte und sich von einem der höchsten Zweige 
herabstürzte. Er brach sich das Genick. Zum allermindesten aber ergehen sich Männer sowohl als 
Frauen Ober erlittene Kränkungen möglichst öffentlich in Mark und Bein erschütternden Klagen und 
Thrftnen. Ihre Leidenschaftlichkeit wohl kennend, befleissigen sich die Leute gegen einander eines ruhigen, 
gesetzten Benehmens und hüten sich, einander uunöthig zu sticheln und zu reizen. Wenn auch ihr 
Zorn nicht lange anhält und sie im Allgemeinen Beleidigungen schnell vergessen, so können sie doch 
auch wieder manche Dinge lange nachtragen und finster über Rachepläne brüten, namentlich wenn 
sie die Blutrache betreffen. Unheilsinnend hockt dann ein solcher Mann vor seiner Hütte, theilnahmslos 
gegen die Freuden der Andern, ja selbst gegen Nahrung. Ein noch schlimmeres Zeichen ist es, 
wenn er im Kreise der Dorfältesten sitzt, wie ein Träumender vor sich hinblickt und, gefragt, höchstens 
mit einem gleichgültigen Kopfnicken antwortet. Man darf sicher sein, der Mann wird seinen Mund 
nicht eher aufthun, als bis sein Rachedurst durch Blut gestillt ist. Hat er doch vor seiner Hütte 
einen Speer in den Erdboden gespiesst, der ihm die noch nicht ausgeübte Blutrache beständig in 
Erinnerung bringt. 

In Finschhafen, wie überhaupt an den meisten Orten Melanesien^, kann dieselbe abgekauft 
werden. Wenn der Wunsch nach Frieden vorhanden ist, dann geben die Mörder den Angehörigen 
des GetÖdteten, besonders seinen Brüdern und Vettern, Geschenke. Diese sträuben sich vielleicht 
die Busse anzunehmen, bis noch mehr Schweinehauer und Hundezähne dazu gelegt werden. Sie 
lassen sich sodann von jenen mit Kreide an der Stirn bestreichen, damit sie der Geist wegen der 
unterlassenen Blutrache nicht belästige, ihre Schweine wegführe oder ihre Zähne wackelig mache 
(Veiter). Ich will bei dieser Gelegenheit konstatiren, dass Vetter auch die Jabim's ein .weichliches, 
energieloses Volk" nennt. 

Eine Erinnerung an dieselbe haben wir noch in dem Umstand, dass die Männer zur Be- 
erdigung eines Todten alle in Waffen und Wehr kommen. Auch im benachbarten Bongu erschienen 
nach Miklucho-Maclay (1. c. Seite 801} die Männer in voller kriegerischer Rüstung und führten sogar 
Scheinkämpfe auf, wobei manchmal Blut floss (cf. auch Dr. Hollrung's Bericht in den Nachrichten 
über Kaiser- Wilhelmsland, IV. Heft, 1888, Seite 227.) Da der Kranke, wie wir gleich sehen werden, 
meistens an .Verzauberung' durch irgend einen heimlichen Feind stirbt, so entsteht schon an der 
Bahre die Frage: Wer hat das gethan? Wie mir der alte Kubai erzählte, soll es früher angesichts 
der Leiche zu Mord und Todtschlag gekommen sein. Jetzt kommt man meistens dahin überein, 
dass es .Jemand aus den Bergen* gewesen sein müsse und eröffnet gewissermaassen ein resultatloses 
„Verfahren gegen Unbekannt". Ein Kriegszug in's Blaue hinein, wie es früher oft der Fall war, 
kommt jetzt nicht mehr vor. 

Anthropophagie muss an der Astrolabebai früher geherrscht haben, wenn auch jetzt gar 
Nichts mehr darauf hindeutet; denn in der nicht weit entfernten Rai-Gegend, welche theilweise unter 
der Suprematie von Bogadjim steht (siehe oben Seite 222) hat, wie mir Herr Hoffmann neulich 
erzählte, der Missionar Hanke an einem Orte drei Menschenschädel gefunden, an denen alle Spuren 
darauf hinwiesen, dass ihre Inhaber frisch geschlachtet und aufgegessen waren. 

Anthropophagie, so schauderhaft sie für uns auch sein mag, ist nicht immer ein Zeichen 
roher Vertierung, sondern kann selbst bei kulturell ziemlich hochstehenden Völkern vorkommen. 
Als Beispiel nenne ich die Batak's. Zu der Zeit, als unsere Vorfahren auf derselben neolitischen 



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— 255 — 

Kulturstufe standen, wie vor kurzem noch die Papua's, haben sie ebenfalls dem Cannibalismus gehuldigt, 
wie aus zahlreichen Spuren hervorgeht. 

Im Archipel steht derselbe noch in vollem Schwange, wie viele Berichte bezeugen. Einer 
der ausführlichsten und anscheinend vertrau enswerlhesten scheint mir der des Herrn Woodford zu 
sein, aus dessen Buch*) ich mir nachfolgend in freier Uebersetzung die betreffende Stelle wieder- 
zugeben erlaube: 

Es handelte sich um die Einweihung eines neuen Kriegs -Bootshauses auf dem Inselchen 
Rubiana (Salomonsinseln), wozu ein Menschenopfer nöthig war. Das Opfer war ein neunjähriger 
Knabe, ein Sclavenkind, das vor Hunger schreiend, weil es seit zwei Tagen keine Nahrung bekommen 
hatte, nebst seiner Mutter herbeigeholt ward. 

Der Berichterstatter Woodford's, ein vertrauenswürdiger Händler, der später selbst auf den 
Inseln eines schrecklichen Todes starb, ward nun gebeten, sich in das neue Bootshaus zu begeben. 
Dort drinnen in dem halbdunkeln fensterlosen Raum sah er drei alte Männer sitzen und hinter jedem 
war ein gekochler menschlicher Körper ohne Kopf an die Säulen festgebunden. Zwei von den drei 
Leichen waren Frauen, und ihre Eingeweide waren herausgenommen; die dritte war ein Mann. Der 
Häuptling Nono, welcher sich in eine künstliche Aufregung hineingearbeitet hatte, riss nun das Kind 
aus den Armen der nur schwach widerstrebenden Mutter und setzte es sich huckepack auf die 
Schultern. Dann begann er, dessen Beine festhaltend, unter gellendem Geschrei rund um das neue 
Haus zu laufen, dreimal, und rannte dann direkt in die nahe See. Sobald er bis an den Leih darin 
stand, warf er sich hintenüber, sodass das Kind im Wasser untertauchte. Dann rannte er, das 
erschöpfte Kind, das sich an seine Schultern klammerte, immer noch huckepack tragend, wieder 
einigemale um das Haus und zurück zur See, wo er dasselbe wiederum untertauchte. Es war 
nunmehr gänzlich erschöpft und halbtodt und hing kopfabwärts. Da trat Nono vor die Front des 
Hauses, ergriff ein langes Messer und mit einem Schnitt war des Kindes Kehle durchschnitten, mit 
einem zweiten der Kopf ab und das Blut stürzte stromweise aus dem Hals. Immer den Körper noch 
auf dem Bücken, rannte der Häuptling rund um das Haus wie vorher, so dass das Blut die Wände 
und den Boden bespritzte, so lange, bis dasselbe aufhörte zu fiiessen. Dann ward die Leiche vor 
dem Hause niedergelegt, ein Schwein herbeigebracht, das mit zusammengebundenen Beinen schon bereit 
gehalten war und, nachdem dasselbe durch Stösse und Schläge getötet war, die beiden zusammen 
gekocht. Mit den andern Körpern wurden sie dann aufgegessen und der Kopf des Kindes im neuen 
Bootshaus aufgehängt. 

Solche Menschenopfer zur Einweihung von Häusern scheinen in Melanesien nichts Ungewöhn- 
liches zu sein, wie ich aus dem Aufsatz: Human sacrifice in New-Guinea. From Edelfeldt's rapport 
in the Proceed. and Transact. R. G. S. of Australasia Vol. VII Queensland 1892, entnehme. 
Auch aus dem Munde des verstorbenen Landeshauptmanns Schmiele habe ich ähnliche scheussliche 
Menschenfresser-Scenen vernommen. 

Doch, um wieder auf die Blutrache zurückzukommen : Warum und wann dieselbe aufgegeben 
Wurde, bin ich nicht im Stande gewesen zu erfahren; so sehr lange kann das noch nicht her sein, 
da die lebendige Erinnerung daran noch besteht. Ob nun das Aufgeben ein Zeichen der Degeneration 
und Verweichlichung des Volkes ist, wie ich meine, oder eine Frucht bewussten Fortschreitens zu einer 
höheren Culturstufe, wie vielleicht Andere glauben werden, das wollen wir dahingestellt lassen; beides 
läuft ja auch schliesslich auf dasselbe hinaus, denn Gultur bat immer einen gewissen Grad von 
Verweichlichung im Gefolge. Jedenfalls ist das Aufgeben dieser uralten, mit dem ganzen Naturell, 
dem ganzen geistigen Eigenthum dieser Völker so tief verwachsenen Sitte, einer der einschneidendsten 

*} A naturalist ajnong the head-h unters. Being an account of three visits tho the Sotomon tslands in the year* 
1886, 1887 and 1888. By Charles Morris Woodford. Melbourne and Sydney E. A. Petberick & Co., 1890. 



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- 256 - 

Und fundamentalsten des ganzen Menschengeschlechts, die selbst wir auf unserer hohen Culturstufe 
noch nicht ganz überwunden haben, eine der bedeutsamsten Errungenschaften für diese naiven 
Natur-Kinder gewesen, die, wie Ratzel so hübsch und treffend sagt, ,im Netze der Tradition hilflos 
zappeln wie die Fliege im Spinnengewebe", gleichviel ob sie freiwillig und bewusst durch Volks- 
beschluss abgeschafft wurde, oder infolge indolenter Verweichlichung langsam eingeschlafen ist Denn 
mit der voll bestehenden Blutrache ist kein geordnetes gesellschaftliches Zusammenleben möglich, 
selbst nicht auf der primitiven Stufe des Bogadjimstaates. 

Bestände sie noch, so müsste ewiger Mord und Todtschlag herrschen, da nicht blos der 
gewaltsame, sondern jeder plötzliche oder auffallende Todesfall, und auf einer noch früheren Stufe 
jeder Todesfall überhaupt auf Verzauberung und Machinationen eines heimlichen Feindes 
zurückgeführt wird, den entweder der Kranke selbst oder die allgemeine Volksstimme*) bezeichnete, 
die den Schuldigen auf verschiedenerlei Weise ermittelte. Nach Kunze giebt man den Todten Betel- 
kalk und einen Krebs in die Hand und bringt am kleinen Finger desselben eine Schnur an. Dann 
begräbt man ihn. Ist das Grab zugeschüttet, so wird an der Schnur gezogen und mit den Füssen 
gestampft, wobei man ruft: steh auf! Beim Ziehen der Schnur geräth der Krebs in der Hand des 
Todten in Unruhe und streut durch die Bewegungen, welche er macht, Kalk um sich. Je nachdem 
sich die Kalkspuren verbreiten, erkennt man daraus die Richtung, in welcher der Zauberer zu 
suchen ist. 

Zuweilen thut auch der Geist des Verstorbenen durch Sternschnuppen oder einen Lichtschein 
den Wohnort des Zauberers kund. 

Bei den Jabim's dient hauptsächlich das Feuer zur Ermittelung, wie Vetter berichtet. Zu 
dem Zweck setzt sich eine Anzahl Männer im Sterbehaus zusammen. Vor sich haben sie einen 
Scherben mit Kohlen, worauf dürres Zeug gehäuft wird. Nun werden die bekannten Hexenmeister 
genannt; bei wessen Namen das Feuer aufflammt, der wird als Urheber des Todes betrachtet. 
Morde und Fehden kommen desswegen im Anschluss an einen Todesfall häufig vor, ein Nachhall 
der dort ebenfalls aufgegebenen Blutrache, die nach Vetter nur noch beim Tode hervorragender 
Personen zu Tage tritt, und auf zweierlei Weise zum Austrag kommt, indem nämlich entweder im 
Einvernehmen mit dem Häuptling des Dorfes, in dem der Zauberer lebt, und durch Leute desselben, 
die den Mörderlohn empfangen, der Verdächtige gespeert wird, wobei die Ruhe und öffentliche 
Ordnung keine Störung erleidet, also eine Art gesetzlicher Hinrichtung, freilich ohne Prozessverfahren, 
oder indem die Angehörigen des Todten selbst den Zauberer überfallen, wobei aber dessen Familie 
nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Bei solchen Zuständen war Niemand seines Lebens sicher. 
Heutzutage ist man in Bogadjim, wie ich bemerkt zu haben glaube, doch wenigstens schon so 
weit „gebildet*, dass man die gewöhnlichsten und häufigsten Todesursachen, als da sind: Fieber, 
Dysenterie, Pocken und Lungenentzündung infolge Influenza, als solche gelten lässt, oder, bei ganz 
räthselhaften Krankheiten ohne irgendwelche erkennbare Ursache sich, ähnlich wie bei uns noch viel- 
fach hilft Und sagt: Er ist besessen, wörtlich: der buka (Geist. Gespenst) hat ihn geschlagen. 

Da es nicht ohne Interesse ist, die Bogadjim -Namen der verschiedenen Krankheiten 
zu erfahren, soweit ich sie ausfindig machen konnte, besonders da sie oft einen Blick thun lassen 
in die Auffassung der Papua's über das Wesen und den Sitz der Krankheit, so will ich sie hier geben : 

Ma als Suffix bezeichnet Krankheit überhaupt. Das Fieber wird als von der Leber (und 
Milz) stammend gedacht und heisst darum are-ma (are = Leber und vielleicht auch Milz), manchmal 
auch langa-ma (langa = ohne Grund), wenn die Gelehrten der Diagnose nicht ganz sicher sind. 



*) Auch in Finschhafen gelten nach Schellong (1. c.) Krankheiten als Zauberwerk eines übelwollenden Menschen, 
90 dass oft die Anverwandten des Kranken mit reichen Geschenken zu dem vermeintlichen Zauberer pilgern, um von ihm 
die Zurücknahme des Zaubers und damit die Genesung zu erbitten. 



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Eine Folge-Erscheinung der Malaria sind öfters sehr schmerzhafte Anschwellungen der Teslikel, 
Orchitis*), und Vereiterungen der Leistendrüsen, Bubonen. Letztere heissert Zambi-yu Ton Zambi; 
die Yamwurzel und Yu; die Wunde. 

Die Ruhr, Dysenterie, heisst ganz richtig: Bi-leng (bi = Koth, leDg = Blut**) oder Bileng-ma. 

Die Pocken werden turrebung-ma genannt. Gangränöse Beingeschwüre und Hautkrankheiten 
sind ebenfalls sehr häufig, z. B. Herpes und Ichthyosis, aber doch nicht in dem schauderhaften Grade 
wie im Bismarck- und Salomonsarchipel , da der Bogadjtm-Tamo ein verhältnissmässig reinlicher 
Mann ist, der wenigstens gelegentlich im Süsswasser sein Bad nimmt, wenn nicht gerade für ihn aus 
einem der oben angeführten Gründe (Verlobung, Beschneidung etc.) Fastenzeit ist, welche das Baden 
ausschlieft. Er reibt sich sogar, wie uns Miklucho-Maclay erzählt, hiebet mit Sand oder Gras seinen 
Körper ab, etwas, was sogar der Malaye kaum thul, dem Uebergiessen oder Untertauchen im Wasser 
meistens schon genügt. 

Als Heilmittel steht, wie bei allen Naturvölkern, obenan die Zauberei. Gewöhnlich wird 
eine Ingwerwurzel beblasen und bemurmelt wie z. B.: Mache den Kranken gesund I Dann wird sie 
gekaut und auf die wunde oder kranke Stelle gespuckt. 

Eines Tages versammelten sich vor dem Hause eines kranken Alten eine Anzahl Männer 
und hockten sich im Kreise nieder, den Zauberer, den hier jeder Erwachsene spielen kann, in der 
Mitte. Dieser machte mit der Hand eine kleine Grube in den Boden, legte zwei Stäbchen darüber 
und stellte darauf einen kleinen, wassergefüllten Becher aus Kokosschale, der an einem Strick von 
seiner Hand herabhing; dann Hess er denselben an dem Strick langsam in die Grube hinab, welche 
darauf mit Blättern sorgfältig bedeckt und rings mit Erde festzugehäuft ward, -so dass nur der Strick 
heraussah. So blieb die Schale längere Zeit in der Grube, während der Zaubernde Sprüche murmelte : 
Möge der Kranke gesund werdenl u. s. f.; hierauf ward mit einem Ruck das Gefäss herausgezogen 
und das noch darin befindliche Wasser dem Kranken über den Körper gegossen. 

Bei Fieber und Dysenterie wendet man nur solche Besprechungen von Yam- und Taro- 
Knollen an. 

Doch kennt man auch Medizinen. Z. B. bei den Pocken ward der Kranke mit dem wahr- 
scheinlich gerbstoffhaltigen Rindensaft eines Baumes, gumell genannt, bald heiss, bald kalt über- 
schüttet, aber erst nachdem das Exanthem zum Vorschein gekommen war. Ausserdem ward der 
Kranke jeden Tag in der See gebadet. 

Man hat sogar schon einen Begriff von operativer Heilmethode und macht ganz rationell 
bei Entzündungen und noch nicht aufgebrochenen Geschwüren Blutentziehungen, indem man mit 
einer Glasscherbe an der betreffenden Stelle oft hunderte von kleinen Schnittchen ritzt. Im 
Bismarckarchipel wird sogar die Trepanation des Hirnschädels ausgeübt, wie v. Luschan neulich 
zweifellos nachgewiesen hat. Aderlass vermittelst des Bogens ist in Bogadjim unbekannt. 

Bei Kopfschmerz und allgemeinem Uebelbefinden macht man diese Einschnitte oft mitten 
auf die Stirn und zwar ganz kräftig, bis auf den Knochen, so dass oft tiefe, eingezogene Narben 
entstehen. Solche sind zu sehen auf der Stirn des Mannes vom Hüongolf Tafel 28. 

Unkenntniss dieses Gebrauches hätte auch hier einmal beinahe zu einem richtigen Justiz- 
mord geführt. Einer unserer schwarzen Arbeiter, der sich wahrscheinlich unwohl fühlte, liess sich 
von seiner Frau in der eben beschriebenen Weise schröpfen. Sie lhat das mit etwas kräftiger Hand. 
Einer unserer jungen Herren, der dazu kam und den blutüberströmten Mann unter dem < 



*) Auch in Niederländisch- Indien bekannt und von den Holländern scherzweise anstatt malaria: balaria (vom 
hollandischen bal — Hode) genannt, siehe Martin: Aerztliehe Erfahrungen Ober die Malaria der Tropenländer. 

**) Ich will bei dieser Gelegenheit bemerken, dass auf Dampier Blut dar hebst, wiederum eine bemerkenswerthe 
Uebereinstimmung mit dem HeJajiflchen (dara). 

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.'seines Weibes sah, halte nichts Öligeres zu thuri, als die Frao - sofort wegen .GattenmordVersuch's* 

; in Eisen legen zu lassen; Erst das ärztliche Gutachten brachte die beschämende Aufklärung. 

Warzen und dergleichen Auswüchse werden folgendermaassen kurirt; Man legt den -Patienten 

. auf .äen . Boden ; eine Person setzt sich auf jede Extremität desselben. Dann bedeckt man die Warze 
mit einem Blatt und legt darauf ein Stück glühender Kohle, die dann das Gewächs auch radikal 
wegbrennt, natürlich nicht ohne furchtbares Wehegeschrei des Patienten. - 

.Bei den Jabim's .geschah die Behandlung des Schnupfens nach Vetter (1. c-, III. Heft, S. 1) 
in der Weise, dass der Doktor, in diesem Fall ein alter Mann, eine zimmt ähnliche Rinde zerkaute 

.und damit die Patienten von der Stirne bis zu den Füssen, vorn und hinten bespie, eine Methode, 
die ich auch bei Sumatra -Malayen und Batak's wahrgenommen habe. Ein anderer „Doktor" hiess 
einen fieberkranken Burschen aufstehen, und nachdem er über einen Pflanzenstengel einige Worte ge- 
sprochen, strich er damit an jenem links und rechts, vorne und hinten herunter, als wolle er Schmutz 

labstreichen, wobei er jedesmal die Bewegung des Wegwerfens machte. ' Zum Schluss hackte er den 
Stengel klein und Hess die Stücke ins Gebüsch werfen. Auch durch Einreiben mit besprochener 
Erde, genommen von dem Platz, wo sich die Geister, welche die Krankheit gebracht haben, aufhalten, 

iwiil man diese vertreiben können. 

Rationellere Heilmethoden sind bei Kopfschmerz festes Umbinden des Kopfes mit einem Tuch 
und das vorerwähnte Ritzen der Stirnhaut mit einem Glassplitter, also Blutentziehung, was durch die 
Frauen besorgt' wird. Massage ist, wie überall in den östlichen Tropen, auch den Papua's bekannt, 
und wird viel angewandt, namentlich nach anstrengenden Märschen. Bei Wunden hält man eine 
glühende Kohle so dicht wie möglich an die Verletzung, was als sehr rationell, wenn auch schmerzhaft 
bezeichnet werden muss, da hiedurch ein schützender Schorf zuwege gebracht und zweitens möglicher- 
weise die Blutung gestillt wird. Bei Fieber legen sich die Leute, genau wie es die Tämil's mit 
Vorliebe zu thun pflegen, gern .in die glühende Sonne oder ans Feuer. 

Temporär» Verrücktheit und Tobsucht soll unter den Jabim's nicht so -selten sein, aber nur 
einige Stunden andauern und stets mit Fieber verbunden sein, also wohl eine besondere Art von 

'Fieberdelirium. 

Von europäischen Medizinen erfreut sieh nur das Jodoform einer besondern Werthschäizung 

- seitens der Eingeborenen. Ihr Vertrauen zu demselben, sagt Kunze, war so gross, dass es mit der 
Zeit fast als ein Universalmittel betrachtet wurde. Auf Dampier nennt man es Kabombum, mit 
welchem Namen man bisher eine mispelartige Frucht bezeichnete, die man kaute und mit dem Munde 
auf Geschwüre zu spritzen pflegte, «W 

. ! . Wenn Alles Nichts hilft und man sieht, dass der Kranke sterben muss, so versammeln sich 
die weiblichen Anverwandten und machen sich parat, um sofort die Todtenklage anzustimmen, 
die oft schon begonnen wird, noch ehe der Kranke den letzten Athemzug gethan hat; ja zu meiner 
Zeit lief ein Mann in Bogadjim herum, -über dem schon die Todtenklage angestimmt war und der 
trotidem wieder genas. • 

Sobald der Tod eingetreten ist,, wird' dies mit langsamen, feierlichen Schlägen auf der grossen 
■Familientrommel dem ganzen Dorf kundgethan, worauf 3—4 Tage hindurch alle Geschäfte ruhen. 
Zugleich wird von den Frauen die Todtenklage begonnen, die halb gesungen, halb geschrieen wird, 
wobei sich die Frauen, die auf der Veranda des Hauses Eitzen, wie halb verrückt geberden. Trotzdem 
kann mitten, im exaltirtesten Klagegeheul irgend : ein spassiger Vorfall sie sofort zum* -Lachen 
bringen. Gemüthstiefe und wirklicher Schmerz, vielleicht mit Ausnahme der Wiltwe und der Kinder, 
herrschen ebensowenig in Bogadjim, wie manchmal bei uns bei dergleichen Anlässen. Aber der 
Anstand erfordert, mitzuheulen. Die Männer hocken stumm vor dem Sterbehause. Manchmal wird 
sofort nach dem Tode eines angesehenen Mannes eine Kokospalme umgehauen (bei den Jabim's 



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mitunter auch noch ein Fruchtbaum), eine Sitte, die auch bei den Batak's herrseht*), seine Lie ingsrr' 
schweine getödtet, aber weniger aus Trauer, als des Leichenschmauses halber, und Sachen des Vecr, 
storbenen; Topfe, Bogen, Tcsgbeutel etc. zerbrochen und zerrissen (Kunze). Die Leiche wird auf einem 
leiterähnlichen Gerüst vor dem Hause aufgebahrt, angethan mit ihren Schmucksachen und umgeben von. 
Blumen. Zu beiden Seiten, des Gerüstes hängt bei Reicheren je ein. todter Hund, deren. Seelen) 
ihn in's Jenseits begleiten sollen, femer Taro's, Yams und Kokosnüsse. Danach „erscheint der Asa'.i 
lim, de»' Todten zu. bemalen. Aus der Ferne erschallen die schaurigen Töne des Asahornes, die 
Weiber reisten entsetzt; ans, und der inzwischen herbeigekommene Hornbläser bemalt nun dam 
Todten mit weisser und rother Farbe und bekränzt ihn mit grossen rothen Hibiscusrosen. Dann' 
stösst er wieder ins Hörn und verschwindet. Die zurückgekehrten Weiber stimmen nun erst-' diöi 
eigentliche verzivetfhmgsvolie TodleukLage an. 

Dieselbe, das heisst: die meist gebräuchliche, lautet: i 

Barame omube I 

..- ■ Ge schube omube! 

Barabe omube - , '• 

Ge schube omube! >- 

Das heisst auf Deutsch (nach freundlicher Uebersetzung von Herrn Hoffmann): 

Einen. Baramf Baum hah' ich. gehabt, • ' < 

Die Frucht hab' ich, begraben. 
Oder etwas freier: Ich habe gehabt einen -schönen Baum, so schön und stattlich, wie der 
Baram-Baum am Strande; die Frucht ist nun dahin, ich muss sie begraben. 

, Baram heisst nämlich ein . schöner, grosser, stattlicher Baum am Strande Bogadjim's, der 
durch sein: auffallend gelbes Laub aus dem Grün der übrigen hervorsticht und darum den ansegelndem 
Schiffen als: Erkennungsmarke dient; die Tamo's verehren denselben sehr. 
Omube ist das Perfekt von onu = sein oder haben. 

Ge heisst eigentlich Fisch, aber auch Fracht oder Kern. Schube ist das poetische Perfekt 
statt schubat onumde, von schubatimo = begraben. Diese kleine Uebersetzung giebt zugleich einen 
weiteren Beleg für die. oben Seite 208 gemachte Bemerkung, dass in der Bogadjim-Sprache. bereits 
wirkliche. Flexion stattfindet. 

Kunze giebt in Heft III, Seite 64 seiner Mitteilungen ebenfalls einen solchen Klagegesang: 
O der gute Mann! — ■■ der gute Mann ist gestorben — der Mann, stark und schön, wie ein 
Kangar- (NU6S-) bäum — er war so gut ; wenn er ass — er immer ein grosses Stück Speise mir gab.' 
Ein todter Hund wird ganz in ähnlicher Weise beklagt : 

der schöne Hundt — er war von rothem Aussehen — ja, es war ein guter Hund — 
wo ich ging,, da. ging er mit — o der schöne Hund, o der* gute Hand — ja er war sehr schön! 

Derselbe Autor sagtj weun eine Frau durch den Tod ihres Mannes in besondere Trauer ver- 
setzt sei, so komme es vor, dass sie sich platt auf die Erde werfe und sich die Leichenbahre ihres 
Mannes auf den Rücken stellen lasse. Vetter berichtet Aehnliches von den Jabim's. 

Bei Schellong's Beschreibung der Todtengebräuche bei den Jabim's lesen wir, dass ihm von 
glaubwürdiger Seite mitgetheilt ward, bei der Beerdigung einer HSuptlingsleiche sei es vorgekommen, 
dass dessen Frau mit einem Tuch gewaltsam erwürgt und mitbegraben worden sei. 1 Schellong selbst 
sagt, dies sei sicher ein vereinzelter Fall , da er persönlich ■ zwei Häuptlinge ohne diesen Gebrauch 
habe beerdigen sehen. Auch Vetter kennt denselben, sagt aber, dass das nur dann und wann bei 
den Bewohnern des. Inlands vorkomme' und zwar, wie es heisst, mit Einwilligung der Frau. Die 

*) cf. Den Bericht über meine zweite Reise nach dem Tobasee in den Berichten der „Bataviaasch genoolachap 

v. kuiislen en wetenschappen." Batavia 1886. 



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Leute sagen dann: „Als Kinder kamen sie zusammen, nun sollen sie auch zusammen in die Unter- 
welt gehen." 

In Bogadjim wäre so Etwas nicht gut denkbar, da dort, wie wir sahen, die Frau bereits 
auf einer höheren Stufe steht, als der eines rechtlosen Eigenthums. Zwar spricht auch Kunze 
(I. c. Seite 95) von dieser Sitte .nach Aussage der Papua", ich denke jedoch, er hat dabei, wie 
öfters, Velter's Angaben von Simbang im Auge. 

Die Todtonklage dauert ununterbrochen wahrend der ganzen Ausstellungszeit des Todten, 
welche einen Tag nicht übersteigt. Wenn derselbe Morgens gestorben ist, so wird er noch am selben 
Tage Abends begraben. Wenn aber das Ableben Mittags oder noch später stattfand, dann geschieht 
die Beerdigung erst am folgenden Tag. 

In drangvollen Zeiten, z. B. wahrend der entsetzlichen Pockenepidemie 1893, wo ganze Hanser 
ausstarben und beinahe ganze Dörfer, wurde der Ritus natürlich nicht so genau innegehalten; da 
begrub man vor Schreck ohne Sang und Klang und unmittelbar nach dem Tode. 

Währenddem haben die Gai's, also die Verwandten des Todten mütterlicherseits und sein 
Pathe, der Wah (siehe Seite 230) das Grab gegraben und zwar wie bei den Jabim's im Sterbehaus 
selbst, Kopf nach Ost, Füsse nach West gerichtet. Dasselbe ist etwa 3 Fuss tief und 4 Fuss lang 
und sein Boden mit Matten ausgelegt. Dann werden durch dieselben Personen dem Todten seine 
Schmucksachen: Ringe, Eberzähne, Halsketten etc. abgenommen und die Leiche in grosse getrocknete 
Blätter oder aus Kokosblättern geflochtene Matten eingeschnürt und begraben, in Gegenwart der sich 
wie rasend geberdenden und in's Grab nachstürzen wollenden Weiber. Wenn der Todte, wie meistens, 
länger ist als das Grab, so stampft man dessen Beine rücksichtslos hinein. Nach Bergmann werden 
die Todten in Siar sitzend begraben, aber ebenfalls im Hause, Ueber das Grab werden Hölzer 
(Latten der Niebungpalme) gelegt und darüber erst auf einer Blätterlage der Grabbügel auf- 
geschüttet, „damit der Todte nicht durch die Erde gedrückt werde* (terra sit ei levis!) und wohl 
auch, um später den Unterkiefer besser finden zu können, welcher nach einem Zeitraum von zwei 
zu vier Monaten unter mir nicht näher bekannt gewordenen Feierlichkeiten und ceremoniellen 
Waschungen der ganzen männlichen Dorfbevölkerung ausgegraben und aufbewahrt wird. Dass der- 
selbe wie sonstwo, als Armring am Oberarm vom Sohn oder Familienhaupt getragen wird, habe 
ich hier nicht bemerkt, wohl aber behauptet es Miklucho-Maclay von Bongu. Auch der ganze Schädel 
scheint hie und da ausgegraben zu werden. 

In den Bergdörfern des Hinterlandes scheint keine Beerdigung zu esistiren, sondern die 
Leiche, nach dem Zeugniss Dr. Hellwig's*), in hockender Stellung in Matten eingewickelt in der 
Hütte aufbewahrt zu werden. 

Auch in Bongu sind die Todtengebräüche etwas verschieden, indem hier, wie uns Miklucho- 
Maclay**) erzählt, die Todten ebenfalls in hockender Stellung in ein festes Bündel geschnürt und an 
einen starken Stab gebunden, der unter dem Dach der Hütte befestigt wird. Erst einige Tage 
nachher erfolgt die Beerdigung. Nach einem Jahr etwa wird der Schädel ausgegraben und der 
Unterkiefer abgetrennt und als Armring getragen oder sonst sorgfältig und unveräusserlich aufbewahrt. 
Nur zweimal erhielt Miklucho-Maclay Schädel mit Unterkiefer, aber immer mit der inständigen Bitte, 
ja nichts zu verrathen. Die Schädel dagegen werden achtlos in irgend eine Ecke des Dorfes ins 
Gebüsch geworfen. Die russische Corvette „Vitias", welche 1871 Miklucho-Maclay in der Astrolabe- 
buchl bei Bongu absetzte, konnte darum viele Schädel dort auflesen. 

Kunze beschreibt die Beerdigungsweise (auf Dampier?) folgendermaassen : „Ist der oder die 
Verstorbene eine besonders angesehene Person, so wird der Leichnam in wasser- und luftdichte 

') Nachrichten über Kaiser -Wilhelmslnnd 1889, Heft I. 
**) 1. c. Seite 301, und Zeitschrift för Ethnologie, Berlin, V.Band, Seile 188 ff. 



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Matten gepackt, in die ein trichterförmig erweitertes Bamburohr eingeschnürt ist. In dieser Verpackung 
stellt man den Leichnam in der Hütte auf einem erhöhten Gestell auf, bis er ausgetrocknet und das 
Leichenwasser mittelst des Bamburohres in ein Loch abgeleitet ist. Zuweilen reiben sich die Leute 
sogar mit demselben ein, in der Meinung, dass dies ein kräftiger Zauber sei, der sie vor allerlei 
Uebeln bewahren könne. Ist der Leichnam gründlich ausgetrocknet, so schält man das Fleisch ab, 
salbt das Knochengerüst mit rolher Farbe ein und bestattet es. Ist eine gewisse Frist verflossen, 
so nimmt man wohl einzelne Knochen wieder aus der Erde; die nächsten Verwandten tragen sie 
dann eine bestimmte Zeit mit sich herum, bis sie wieder ins Grab zurückgelegt werden. Zuweilen 
behält man auch einzelne der Knochen (z. B. die Kinnlade, welche bei Zauberei sehr kräftig wirken 
soll) und betrachtet sie als Schutzmittel gegen Seuche und Gefahr. Aus längeren Knochen macht 
man sogar Spatel für Betelkalkbüchsen." (Vielleicht auch die oben erwähnten Knochendolche P d. V.) 

Auch die Ramu-Expedition fand im Hinterland in den Dörfern „im Rauch getrocknete, fest 
zusammengewickelte Mumien", die beim Benützen der Hütten durch die Europäer von den Einge- 
borenen scheu und ängstlich bei Seite gebracht wurden. 

Bei den Jabim's wird die Leiche für gewöhnlich beerdigt, aber nicht im, sondern vor dem 
Hause oder in der Nähe desselben, manchmal aber auch, bei Vornehmen, in der oben beschriebenen 
Weise behandelt. Vetter (im III. Heft seiner Missionspublikalionen, Barmen 1898, Seite 19) erwähnt 
einen solchen Fall: .Jener Häuptling wurde nicht begraben, sondern in Matten eingeschnürt im 
Versammlungshaus seines Ortes aufgestellt. Um den Verwesungsgeruch zu mindern, wurde ständig 
Feuer unterhalten, auch wurden Pfeffermünzkräuter in das Bündel gesteckt. Durch ein Rohr wurde 
die Absonderung der Leiche in den Boden abgeleitet. Nach einigen Monaten war die Verwesung 
so weit vorgeschritten, dass die Knochen herausgenommen werden konnten. Der Schädel, die Arm- 
und Beinknochen wurden gesäubert, dann eingeölt und eingerötelt und in diesem Zustand einige 
Jahre in dem Hause des ältesten Sohnes aufbewahrt, bis sie schliesslich in das Grab eines Ver- 
wandten gelegt wurden. Bei jedem Akt mussten einige Schweine geschlachtet werden. Auch bei 
schönen Frauen und besonders geliebten Kindern wird zuweilen dieses Verfahren angewendet. Als 
ich einmal bei einer solchen Salbung zugegen war, zeigte mir der Vater des verstorbenen Mädchens 
einen Knochen desselben, den er sich zuspitzen wollte, um damit seine Betelnüsse zu öffnen." 

Nun beginnt der Leichenschmaus, diese scheusslichste und roheste aller Sitten, die auch 
bei uns hochgebildeten Europäern noch nicht ganz verschwunden ist. 

Die an der Leicbenbabre hängenden Hunde, Feldfrüchie etc., welche ,dem Asa" gehören, 
werden zunächst verzehrt, , um den Gram zu dämpfen" (undumerum). Man dämpft lange, oft mehrere 
Wochen hindurch, bis der grösste Theil des Erntevorraths aufgezehrt ist; der etwa verbleibende 
Rest gehört den Kindern und der Wittwe. Wenn vom Viehbestande noch etwas bleibt, so geht ein 
Theil an die Verwandten mütterlicherseits, die Gai's, der Rest fällt wiederum an die Kinder. Sehr 
häufig aber ist nicht genug Vieh verhanden, um sämmtlichen Schmerz der Trauerversammlung zu 
stillen und die Verwandten zu befriedigen; in diesem Falle müssen die Kinder, sobald sie heran- 
gewachsen sind, noch nachliefern ; obwohl sie also verhftltnissmässig wenig erben, so müssen sie doch 
die Schulden ihres Vaters übernehmen. 

Wir wollen hier gleich die Betrachtung der Erbschaftsverhältnisse anschliessen. Haupterben 
sind, wie in einem matriarchalischen Staat erklärlich, die Verwandten mütterlicherseits, die Gai's. 
In zweiler Reihe kommen die Kinder, dann die Brüder des Mannes und zuletzt die Wittwe. Auch 
der Wah, der Namenspathe, der mit den Gai's die Pflicht der Beerdigung seines Pathenkindes hat, 
erhält ein Stück aus dessen Nachlass. 

Die Gai's erben die werthvollsten Hausgenithe (Schüsseln, Töpfe, Kleidungs- und Schmuck- 
stücke) und Waffen. Doch müssen den Kindern unter allen Umständen je ein Topf, eine Schüssel, ein 



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ger$tischaften_,v6rbjeiben, r ebenso Je. em.ßtücjfy von den grösseren Schmucksachen) ■■.......■ 

Auch, hier bin ich wieder im; Stande, einen hübschen Beleg dafür zu liefern, wie Unkenntnisse 
der Sitten leicht zu Missverständniss und Ungerechtigkeit verleiten kann und wie nothwendig es ist, 
dass der draussen Weilende, namentlich Jemand in maassgehcnder, hervorragender Stellung, sich innigj 
nu't den, Landesgebräuchen vertraut machen muss. . 

Als der Missionar Arff in dem Bergdorf Burumana, wo ihn die Eingeborenen, seine Gai's — 
wie wir oben S- 232 sahen, kann man leicht ein Gai, ein Blutsfreund mit einem Tamo werden,, 
sehen durch Schenkung eines hübschen grossen Hundes — sehr gut gepflegt hatten, starb, da nahmen; 
dieselben, ganz, ihrer Sitte gemäss, als Blutsfreunde all' sein persönliches Eigenthum, Uhr, Messer, 
Kleider, etc. in Besitz und vertheilten es unter sich. Nun hätte ich einmal sehen mögen, wie so eift 
junger, unerfahrener, schneidiger, europäischer Brausekopf zwischen die , vermaledeiten Kerls" gefahren 
wäre,, wenn er diesen .Diebstahl und Leichenraub" entdeckt hätte! Auch die von der Küste herbei- 
geeilten Missionare waren anfangs erstaunt und entrüstet, da sie ebenfalls den Gebrauch noch nichtt 
kannten, und nahmen den Leuten die Sachen wieder ab. Dieselben gaben auch Alles ganz gutwillig 
wieder heraus,, waren nun aber ihrerseits sehr erstaunt und sagten; Uu* Weisse müsst doch gaoq 
andre Sitten haben als. wir! . ■ ,;:■ 

■ . Auf solcher Unkenntniss inögen leine ganze Menge angeblicher Unthaten von Eingeborenen 
beruhen; ich. habe doch nun schon gar lange Jahre unter sogenannten Wilden zugebracht und ich 
kann nur wiederholt von, ganzem Herzen versichern : Sie sind oft, sehr oft besser ab ihr Ruf und 
nicht selten sogar besser als mancher habgierige oder emporstreben wollende Weisse da draussen ! 

■ ■ Die Fruchtbäume werden zwischen den Gai's, den Kindern und den Brüdern des Verstorbenen 
getheilt. Das Haus sowie die Reste der Ernte verbleiben der Wittwe und den Kindern. Macht die 
Wittwe von ihrem Recht keinen Gebrauch und sind die Kinder noqh unmündig, so können die 
Heuser von den Verwandten des Mannes benützt werden*). ] 

■ Wenn die Frau vor dem Manne stirbt, so haben die Leichenschmäuse geringeren Umfang, 
sonst sollen die Ceremonien gleich sein wie beim Manne, natürlich ohne den Asa., Die Habselig- 
keiten jder Frau erben ihre Töchter und die Verwandten mütterlicherseits. Auch wenn ein heran- 
wachsendes Kiiyl stirbt und etwas Vererbbares hinterlässt, so geht dies nicht an die Eltern, sondern 
ebenfalls an die Gai's über. Die. Beerdigungsceremonien sind die gleichen wie bei den Erwachsenen, 
npr von geringerem Umfang. Bei ganz kleinen, Wochen oder höchstens Monate alten Kindern findet 
einfache Beerdigung innerhalb des Hauses ohne weiteres Ceremoniell statt. : 

Nach der Beerdigung beginnt die Trauerzeit. Wenn der Mann stirbt, so ist das für die 
Wittwe in Neu-Guinea ein viel grösseres Unglück, als für die Wittwe in Europa; die letztere legt 
Trauerkleider nur für eine verhältnissmassig kurze Spanne Zeit an, die Papua-Wittwe aber muss 
ihre WÜtwentracht zeit ihres Lebens behalten zur Erinnerung an ihren „Seligen", gleichviel ob sie 
sich nach Ablauf der 6 — 8 wöchentlichen Trauerzeit wieder verheirathet oder nicht.. Schön ist die- 
selbe nicht , das. werden wir gleich sehen. Zunächst muss sie bis zur Beendigung der Leichen- 
schmäuse im Sterbehause wohnen bleiben und das Grab bewachen; sie ist .tenggi", was wohl so 
viel bedeutet als tabu, und darf das Dorf nie und das Haus nur zur Verrichtung ihrer .Nothdurft 
verlassen. Sodann darf sie nicht mehr in ihrem schönen natürlichen Tituskopf prangen, sondern 
muss sich ihr Haar lang wachsen lassen und es von Stund an mit einer schwarzen, theerähnlichen 
Masse (murmung), die sie selbst bereuet, beschmieren und einfetten, dass es zuletzt in langen, 
wilden, pudelähnlichen Zotteln um den Kopf hängt, und anstatt des schönen, bunt gestreiften Faser- 



*] Siehe IIofFLiiaiin's Darlegung im neuesten Heft der Nachrichten über Kaiser- Wilhelmslaiid 1 



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Tat 39. Zwei Damen aus Bogadjim. 

Links eine Wittwe, rechts eine verheimthctc Frs 



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Taf, 40. Eine trauernde Wittwe aus Bogadjim. 

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B. Hacan phot 



Taf. 41. Ein trauernder Wittwer vom Hüongolf. 

f dem Kopf den Traue rey linder aus Baumrinde ohne Rand und Deckel. 



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— 263 — 

röckes, den Sie so gern und kokett trug, muss sie sich nun, wie auf dem Bild Taf. 25 dargestellt 
ist, einen weissen, ungefärbten Wittwenrock flechten und zwar auf die einfachste" Manier 'von der 
Welt, ohne Webstuhl oder Derartiges, indem sie das eine Ende des herzustellenden Kleidungsstückes 
einfach an ihre grosse Zehe anhakt. Auf Tafel 40 stelle ich dem geehrten Leser so eine arme, 
m Schmerz versunkene Wittib vor und auf Tafel 39 habe ich eine Wittwe und eine gewöhnliche 
Frau zusammengestellt, um den Unterschied in der Tracht beider zu zeigen. 

Die Trauervorschriften für den Mann sind aber auch nicht leicht. Er braucht zwar nicht 
im Sterbehaus wohnen zu bleiben, er ist nicht „tenggi", aber auch er muss sich zeitlebens sein 
Haar schwarz färben, wenn auch nicht in so langen, fettigen Zotteln wie die Frau. Und' während 
er früher als Jüngling und glücklicher Ehegatte sein Gesicht hübsch roth mit freundlichem Zinnober oder 
Ocker anstreichen durfte, muss er auch dies jetzt schwarz färben, glänzend schwarz; wie Schuhwichse. 
Nun kommt hier die Combination hinzu, dass ein Mann zwei Frauen haben kann, wovon die eine 
lebt, die andre aber stirbt. Das drückt er denn nach Ablauf der ersten strengen Trauerzeit, die 
für ihn gerade so lang dauert, wie die der Frau und während deren das ganze Gesicht geschwärat 
bleiben muss, sehr hübsch und schlau so aus, dass er die eine Hälfte des Gesichts schwarz, 'die 
andre aber roth bemalt. 

Aus der Bemalung eines Mannes kann man also fast seine ganzen häuslichen Verhältnisse 
herauslesen. 

Das Schlimmste aber ist rar ihn, dass er fortan das Beste, was die Papuata'fel Bietet, 
nämlich Schweinefleisch, nicht mehr gemessen darf, auch nach seiner Wiederverheirathuhg nicht 

Beim Tod von Kindern färben sich die Eltern das Haar ebenfalls schwärt, jedoch ' nur für 
eine gewisse Zeit. 

Am Hüongolf herrscht eine eigefithümliche Mode, von der man meinen könnte; die Leute 
hätten sie uns Europäern abgelauscht. Dort tragen nämlich die Wittwer Gylinder, "richtige höhe 
Angstrühren, nur dass sie aus Baumrinde gemacht sind. Sogar ein richtiger ' Baunirmdentrauerrldr 
befindet sich darum. Es ist nur eine Kleinigkeit vergessen, nämlich die Krampe. Da sich auch 
kein Deckel darauf befindet und die Vorschrift dem Trauernden verbietet, sein Haar zu 'schneiden 
oder zu rasiren, so wächst dasselbe mit der Zeit oben zum Cylinder hinaus und legt sicli trauer- 
weidenartig nach Aussen um. Die Tafel 41 stellt einen solchen cylindertragendeh Wittwer vör.'bei 
dem jedoch das Haar oben noch nicht herausgewachsen ist. Er ist ein noch zu junger Wittwer.' 

In Finschhafen herrschen nach Schellong (1. c.) ähnliche Gebräuche. Während der 4 Trauer- 
'monate hat die Wittwe, vom Wittwenschleier, einem langen flletgestrickten Umhang, bedeckt, am 
Grabe zu hocken, das sich vor der Front des Sterbehauses befindet und mit Crotdns (wie bei Mn 
"Malayen) bepflanzt und eingefassl, kurz, ehrfurchtsvoll behandelt wird bis zur nächsten Gefieratioh, 
die sich scheint's um die älteren Gräber nicht mehr bekümmert, wenn sie nicht gerade sehr hervö'r*- 
ragenden Personen angehören. Wenn die Wittwe kleine Kinder hat, so nimmt sie dieselben zu' sich 
und schützt sich bei schlechtem Wetter durch ein Nothdach von Palmblättern. Schellong sah eine FraÜ 
ununterbrochen am Grabe sitzen vom II. August bis zum 7. November. Dieselbe war aber, noch im 
'Wittwenkoslüm, bereits im Februar die Frau eines andern Mannes. Den Schleier sollte sie erst im 
April ablegen bei Gelegenheit eines zu diesem Zweck veranstalteten Freudenfestes. Die Trau'er- 
insignien werden schliesslich in's Meer geworfen. 

Der Wittwer legt, ähnlich wie am Hüongolf, als Zeichen der Trauer ein Basttuch um den 
Kopf, unter dem man das Haar zu unendlicher Länge anwachsen lässt, und dergleichen eine ge- 
flochtene und zusammengedrehte Schnur um Hals und Schultern wie zwei Bandeliere. Nach Vetter 
und Kunze sind es aus Bindfaden verfertigte Schnüre, in welehe einige Haare des Verstorbenen als 
schützender Zauber eingekochten sind. Diese „Todtenbänder* werden um den Hab getragen urid 



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— 264 - 

aus der Zahl derselben ersieht man, wie viele Angehörige Jemand betrauert. Als Andenken tragt 
die Wittwe auch oft ein Büschel Haar oder einen Armring des Verstorbenen mit sich herum. 

Nach Finschhafener Tradition (Schellong) lebe die Seelen der Verstorbenen in den Sternen 
fort, die der Häuptlinge und Männer in den grossen, die der Frauen und Kinder in den kleinen 
minder glänzenden. Der gemeinsame Aufstieg des Verstorbenen zum Himmelsgewölbe erfolge in 
Kella, einem südlich von Finschhafen gelegenen Ort. 

Hieraus würde sich auch die grosse Vorliebe der Tamo's, auch derjenigen von Bogadjim, 
für die Sterne erklären, die notorisch vorhanden ist und in ihren Gesängen sich abspiegelt. 

Im Widerspruch mit dieser Angabe, die lebhaft an den Glauben der Süd-Australier erinnert*), 
steht die Mittheilung des Missionars J. Vetter in Simbang **), wonach die Seelen der Abgeschiedenen 
vom „Balum* (siehe weiter hinten) auf ihr Verlangen in das Geisterdorf befördert werden, 
das die Eingeborenen auf eine der Inseln der Siasi-Gruppe verlegen. Kein Lebendiger hat je dies 
Reich betreten, über dem beständig Rauch und Nebel lagert; doch hört man Hundegebell und 
Stimmen von Schweinen und Hühnern dorther. Die Siasi-Leute selbst wollen oft am Strande neu 
ankommende Seelen dorthin schreiten sehen, von denen sie manche bestimmt als ehemalige Handels- 
freunde erkennen. 

Im benachbarten Kai-Dorf Bokiseng, erzählt Vetter weiter, war ein Mann gestorben, dem 
man beim Begrähniss auf sein Verlangen eine Steinkeule in die Rechte legte. Mit dieser ging der 
Geist davon und nahm seinen Weg nach Kolem, ebenfalls einem Dorfe in der Nähe. Dort setzte 
er sich auf einen Stein und rief dem Balum, er möge ihn ins Geisterreich befördern. Dieser 
— ein papuanischer Gharon! — erschien auch mit seinem Fahrzeug, welches in der Tiefe des Meeres 
sich befindet, aber der Kai schlug mit seiner Keule die Spitze des Bootes weg. Zur Strafe für diese 
Bosheit wurde er am jenseitigen Strande ausgesetzt und in ein Wallaby verwandelt. Das ab- 
geschlagene Bootsstück wurde in Kolem aufbewahrt und entpuppte sich bei Besichtigung als ein 
veritables Pulverhorn (europäischer Herkunft natürlich), welches jedenfalls vor langer Zeit einmal 
vom Meere angespült worden war. 

Auch die übrigen Melanesier und die Polynesien deren ausserordentlich reichhaltige Mythologie 
ja sehr nahe verwandt ist, haben die Sage von den Todteninsein, die in der Richtung der unter- 
gehenden Sonne liegen. Darum stösst oder fährt man an einigen Orten die Leichname direkt in 
die See hinaus. 

Derselbe Glaube findet sich bei Australiern und Tasmanien! ***). 

Wir wären somit beim Kapitel der Religion angelangt. Welche religiösen Vorstellungen haben 
die Tamo's ? Ich muss gestehen, dass ich nur ungern und zögernd an die Beantwortung dieser Frage 
gehe. Nichts ist für den Europäer schwieriger, als sich über die religiösen Vorstellungen eines Natur- 
volkes einen einigermaassen richtigen Begriff zu verschaffen, und die Schwierigkeit steigt ins Unendliche, 
wenn man dessen Sprache nur mangelhaft oder gar nicht kennt. Nun habe ich zwar als ausge- 
zeichneten Dolmetscher und kenntnissreichen Helfer den Missionar Iloffmann zur Seite gehabt; aber 
derselbe hat mir selbst gestanden, dass es ihm noch nicht gelungen ist, sich über die religiösen 
Vorstellungen der Bogadjim-Tamo's ganz klar zu werden. Nach seiner Meinung mangelt ihnen 
ein Gottes- oder Schöpferbegriff vollkommen und das würde ja mit dem, was wir von andern 
melanesischen Stämmen wissen, übereinstimmen. 

*) Siehe Ralzel I. c. Seile 868. 

"*) „Aus der Märchenwelt der Papua' s in Kaiser- Wilhelmsland." In den Mittheüungen der geographischen Gesell- 
schaft, Jena 1891-92. 

***) Todteninsein und verwandte geographische Mythen. Von Dr. J. Zemmrich. Im IV. Band des Internationalen 
Archivs für Ethnographie. Der sceptische F. S. A. de Clercq hat freilich Zemmrich's Angaben Ober die Doreer nicht der 
Wahrheit gemäss gefunden. Siehe Tvdschrift v. indische taal land en volkenkunde XXXI 1886, Seile 558. 



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Ich denke, es wird am besten sein, wenn ich die Bruchstücke so, wie ich sie im Laufe 
meines Aufenthaltes erfahren und gesammelt habe, wiedergebe. Wir können sie dann mit dem von 
den übrigen Melanesiern bereits Bekannten zusammenhalten und vergleichen und werden so am 
ehesten im Stande sein, eine Uebersicht zu gewinnen. 

Auch in Bogadjim findet sich ein Glauben an die Fortdauer des Lebens nach dem Tode in 
der Behauptung, dass die Seele (gunung), an die auch die Tamo's glauben*), nach dem Tode in die 
buka kure gehe; buka = fremd, bedeutet aber auch Gespenst, Geist; kure=Dorf; buka kure 
würde also wörtlich mit Geisterdorf zu übersetzen sein. Dieses liegt nach den Erkundigungen des 
Herrn Hoflfmann irgendwo in der Erde und die Tamo's sprechen nur mit unheimlichem Schauder 
davon. Wie sieh die Leute den Aufenthalt im buka kure denken, davon erfährt man selten Etwas. 
Charakteristisch ist folgende Geschichte, die mir Herr Hoffmann erzählte: .Ein Mann im Dorf 
Bogadjim war gestorben (derselbe, von dem ich bereits erzahlt habe, dass schon einmal über ihm 
als vermeintlich Gestorbenem die Todtenklage angestimmt worden war). Man rührte die Todten- 
trommel, die Klageweiber heulten und die Verwandten aus den Nachbardörfern kamen zur Beerdigung. 
Als aber der Mann beerdigt werden sollte, stellte es sich heraus, dass er noch gar nicht todt, 
also nur scheintodt gewesen war. Da erzählten sich die Leute Folgendes: .Der Auschua war todt 
und auf dem Wege zur buka kure. Als er aber in die Nähe des Dorfes kam, da begegnete ihm 
sein früher gestorbener Bruder Moka, welcher auf die Wildschweinjagd wollte. Derselbe war sehr 
erzürnt, als er seinem Bruder begegnete, schimpfte zuerst sehr und trieb ihn zuletzt mit Bogen, Pfeil 
und Speer auf die Oberwelt zurück. Als Grund seines Zornes gab er an, dass gar keine Tamo koba 
in seinem Dorfe mehr seien und dass Auschua zum Hüter seines Dorftheiles bestellt sei. Zwei Tage 
darauf aber starb der Auschua wirklich und nun gab es lange Gesichter unter seinen Dorfgenossen." 

Der buka ist ein böser Geist, der ihnen viel Furcht bereitet. Wenn man mit ihnen durch 
den Wald geht und es wird dunkel, so werden sie ängstlich und rufen : Komm, lass uns gehen ; der 
buka geht um ! Die im Kampf Gefallenen gehen nicht in die buka kure, sondern in die bopa kure. 
Das scheint aber durchaus kein Heldenhimmel zu sein in dem Sinne, wie sich ihn die alten Deutschen 
dachten. Vor der bopa kure haben die Leute noch grössere Furcht, als vor der buka kure. Der 
Eingeborene geht schwerlich bei Nacht an einer Stelle vorbei, wo Jemand erschlagen wurde. Oft 
zündet man dort nächtliche Feuer an. Die ferner Wohnenden, die diese Feuer sehen, überfällt dann 
ein Gruseln und um keinen Preis der Welt würden sie sich bewegen lassen, daran vorbeizugehen. 
Hoffmann meint, dies hänge wohl noch mit der Erinnerung an die erst vor Kurzem aufgegebene 
Blutrache zusammen. Die Seelen der Erschlagenen gehen nämlich, so lange sie nicht gerächt sind, 
im Dorfe um, und es ist wunderbar, wie sich die an und für sich schon ausserordentlich regsame 
Phantasie der Leute dabei erhitzt. Noch wunderbarer aber ist wie gesagt und meiner Meinung 
nach nur durch Degeneration zu erklären, dass unter sothanen Umständen die Blutrache hat aufge- 
geben werden können. Die im Kampfe Gefallenen feiert kein Lied, kein Heldensang. 

Weitere Angaben über buka und bopa kure waren nicht zu erlangen; auf jede diesbezügliche 
Frage zucken sie nur stillschweigend die Achseln. 

Wie vor dem buka kure, so haben sie auch vor dem Tode grosse Angst; auch dem Astrolabe- 
Mann ist (nach Kunze) des Käuzleins Ruf eine Todesbotschaft. 

Trotz dieser Todesfurcht können sie einem Schwerkranken lachend ins Gesicht sagen: „Du 
musst jetzt sterben". Man muss desshalb aber die armen Tamo's nicht der Geföhlsrohheit be- 

*) Die Jabim's nehmen (nach Veiter) sogar zwei Seelen im Menschen an, eine im Wasser und eine auf dem 
Lande. Vielleicht nirgends auf der Welt lässt sich die naive Entstehung eines solchen Glaubens besser und klarer erkennen, 
als gerade hier; es ist das Spiegelbild des Menschen im Wasser und das Schattenbild desselben auf dem Lande, welches 
denselben gebar. Die Wasserseele wird nach dem Tode zum Wasserbewohner, die Schattenseite aber zum Geist. 

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schuldigen; sie können nicht anders, dem Naturmenschen kommt nothgedrungen zu allererst sein 
eigenes werthes Ich (traun, uns Culturmenschen zu neunundneunzig Prozent auch ; aber wir verstehen 
das, und das ist eben unsere Cultur, nach aussen hin zu verstecken und zu verdecken); Mitgefühl, 
Nächstenliebe, Dankbarkeit, das Alles sind ihm unbekannte Begriffe, die erst durch die Cultur ge- 
zeitigt werden ; der totale Mangel des Gefühls der Dankbarkeit ist es hauptsachlich, den der Europaer, 
der sich nicht aus seiner dicken Culturhaut herausarbeiten kann, dem Naturmenschen zum besondern 
Vorwurf macht. 

Nach dem Tode bleibt die Seele noch einige Zeit in der Nähe des Leichnam 's*), ehe sie 
ihre Wanderung nach dem buka kure antritt. Als Herr Hoffmarin mit den Tamo's nach dem Berg- 
dorf Buramana ging, um den Leichnam des schon früher erwähnten, dort verstorbenen Missionars 
Arff zu holen, so sprangen — es war schon dunkel geworden — alle Augenblicke seine Begleiter 
voller Angst in den Busch ; es hatte dann Jemand die Seele Arflfs hinter einem Baum auftauchen sehen. 

Kunze berichtet — leider wieder ohne Lokalitätsangabe, aber doch wohl von der Astrolabebai 
oder Dampier — wenn die Leiche nicht, wie es sich gehört, im Boden des eigenen Hauses begraben 
wird, so irrt sie ruhelos umher und sucht immer wieder den früheren Wohnort auf. Damit ihr 
Im Jenseits Nichts fehle, giebt man dem Todten manchmal einen Topf, eine Holzschüssel, eine 
Trinkschale, auch Taro- und Yamsknollen mit ins Grab. 

Die Spur des Glaubens an eine Seelenwanderung kann man vielleicht darin sehen, dass die 
Bogadjira-Tamo's die Stimmen ihrer Abgeschiedenen in dem Ruf des kleinen Vögelchens „Kiau" zu 
erkennen glauben ; wenn sie in ihren Feldern Zauber machen, um eine gute Ernte zu erhalten und 
der Kiau antwortet ihnen, so sind sie der Erhörung gewiss. Auch das oben Seite 225 bei der Be- 
sprechung des Totemismus Mitgetheilte kann man schliesslich auf die Seelenwanderung beziehen, 
ebenso das Verhexenkönnen eines Menschen in weisse Ameisen oder Blatter (Vetter, 111. Heft, S. 23). 

Bei den Jabim's sind die abgeschiedenen Seelen nicht an einen Ort gebunden, sondern 
können des Nachts auf die Erde zurückkehren und schweifen dann in Wald und Feld und Dorf 
herum; wenn ein Hund des Nachts heult, so hat er eine solche Seele erbückt. Der Geist des 
Erschlagenen folgt seinem Mörder und sucht Unglück über ihn zu bringen. Darum ist es nöthig, 
dass er mit Geschrei und Getrommel fortgetrieben wird. Die Nachbildung eines Kanoe's, beladen 
mit Taro und Tabak, wird ausgesetzt, um ihm zu seinem Wegzug zu dienen. 

Die Seelen der gewaltsam um's Leben Gekommenen schweifen ebenfalls ruhelos herum, 
erschrecken die Lebendigen, führen sie in die Irre und verwandeln sich am Tage in Termitenhaufen, 
Dracänenblätter u. A. Besonders gern sitzen sie auf Bäumen, wo sie sich damit beschäftigen, die 
für den Menschen ungeniessbaren Früchte zu verzehren. Vetter berichtet **) : Ein Mann ging auf die 
Jagd und sah die Geister der Verhexten, der Getöteten, der von Bäumen Erschlagenen und der von 
Krokodilen und Haifischen Gefressenen versammelt auf einem Baum sitzen, dass sich die Zweige 
bogen, und Früchte essen. Er lief hinzu und rief: wer seid ihr? was macht ihr? und nahm seinen 
Schild, drohte mit dem Speer und schrie: was zerbrecht ihr die Zweige! ich will euch jagen! und 
warf nach ihnen, dass sie alle mit einander herabpurzelten und nach allen Windrichtungen flohen. 

Ausser dem buka giebt es noch andere Geister, rotej genannt (rotej heisst der Walfisch, 
bedeutet aber auch etwas Fremdes in bösem, feindlichem Sinn; die Europäer sind auch rotej's, 
nämlich fremde, ergo böse Geister). Rotej ist also hauptsächlich wohl die Verkörperung der feindlichen 



*) Bei den Jabira's ruft man sie sogar in der ersten Nacht nach dem Tode und bietet ihr — sehr bezeichnend 
für die Werlhscbätzung des Feuers! — Feuer an zum Hitnehmen. (Vetter.) 

**) Im dritten Heft seiner Mitteilungen, Seile 4. Die Erzählung ist einer von den leise gemurmelten Zauber' 
Sprüchen, besser gesagt: Zauber-Erzählungen, welche, Ober einen Kranken gesprochen, Genesung bringen sollen. 



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Naturgewalt: Die Pocken, die Springfluth, die bösen Europäer, das Alles schickt der rotej ober die 
armen Tamo's. Opfer werden ihm nicht gebracht. 

Ueber den rotej gehen viele Sagen und Erzählungen, rolej'sa, Märchen, genannt, die dem 
Erzählerlalent der Tamo's, welche überhaupt recht poetisch veranlagte und phantasiebegabte Menschen 
sind, alle Ehre machen. Mein Freund Hoffmann war so liebenswürdig, mir einige der bekanntesten 
zur Verfügung zu stellen, die ich im Anhang wiedergebe, zusammen mit dem, was ich sonst in der 
Literatur noch gefunden habe. 

Bei einem Volk, welches sich so lebhaft mit den Seelen seiner Verstorbenen beschäftigt, ist 
es nur natürlich, dass sich ein gewisser Ahnencult herausgebildet hat. Wir sehen den Tamo mit 
besonderer Ehrfurcht die Ueberreste seiner Verstorbenen behandeln, die er als glückbringend für sich 
ansieht und ihnen Zauberkräfte zuschreibt. Kunze sagt (1. c. S. 68): .Verstorbene Väter, Brüder, 
Grossväler, sind die Vertrauenspersonen im Geisterreiche; man ruft dieselben in allerlei irdischen 
Anliegen an, sogar in Verlobungs- und Heirathsangelegenheiten. Liegt ein Verwandter im Sterben, 
so werden ihm von den Angehörigen allerlei Versprechungen gemacht, damit er nach seinem Tode 
als Geist ihren Wünschen stets geneigt sei.* 

Besonders angesehene Todte werden auch bildlich dargestellt. Die grossen hölzernen Bilder, 
Silum genannt, von denen ich eines aus Bogadjim hierneben zur Abbildung bringe, scheinen, wie 
auch Finsch und Sehmeltz vermuthen, ähnlich wie die in Niederländisch-Neu-Guinea gebräuchlichen 
Korwar's*), solche Ahnenbilder zu sein; Gewissheit habe ich nicht erhalten. Doch wird dies von 
Missionar Bammler von den Jabim's ausdrücklich bezeugt. Er schreibt wörtlich (s. unten S. 271 Anm.): 
.Von besonders kunstfertigen Männern werden auch Masken von Verstorbenen geschnitzt und im 

Lum aufbewahrt und ein Junge hat mir bei einem besonders sorgfältig, fast in Lebens- 

grösse geschnitzten Bild eines Mannes gesagt, es sei ein Verstorbener." Grosse Aufmerksamkeit wird 
denselben in Bogadjim nicht bewiesen; nur hie und da, nach Homnann's Erfahrungen alle paar 
Jahre, wird ihnen mal ein grosser Schmaus von Schweinen, Kokosnüssen und Hunden gegeben, an 
dem die Weiber nicht theilnehmen dürfen. Das geschah aber nach der Ansicht dieses Herrn weniger 
aus Verehrung oder religiösem Drang, sondern mehr aus dem sehr realislischen Verlangen, einmal 
unauffällig und ohne den Weibern etwas abgeben zu müssen, zu einem solennen Schmaus zu ge- 
langen. Die Silums werden dabei, wie Kunze sagt, in die Mitte der Schmausenden gesetzt, ähnlich 
wie wir bei einem Jubiläum die Büste des zu Feiernden im Bankettsaal aufzustellen pflegen. Solche 
Bilder können auch, wenn sie unwirksam sind und den Bittenden nicht helfen, abgesetzt werden, 
ganz ähnlich wie bei den Batak's auf Sumatra. 

Fabrizirt werden diese Holzstatuen alle in Bongu; daher auch der übereinstimmende Typus 
derselben an der ganzen Astrolabebai, wie man an den verschiedenen bereits veröffentlichten Ab- 
bildungen solcher**) erkennen kann. 

Das bei dem im Internationalen Archiv abgebildeten Stück aus dem Munde heraus- 
hängende Etwas ist nicht etwa die Zunge, wie Finsch meint, sondern der bul, der Tanzschmuck, der 
ja, wie wir oben (Seite 172) gesehen haben, bei Tänzen und Fehden in den Mund genommen wird. 



*) S. F. S. A. de Clercq: Aanteeken tagen naar aanleiding van Dr. Finsch 's onderzoekingen in Nieuw- Guinea. 
Im Internationalen Archiv für Ethnographie. Band III. 

**) z. B. Finsch ^Samoafahrten" p. 4it von Bongu. Er giebt den Namen desselben als „tehim mul" an. Eine 
sehr schone Abbildung desselben, den Kubary für seine Sammlung acquirirte, befindet sich auf Tafel XVI, Figur 1, 2 des 
VIII. Bandes des Internationalen Archivs für Ethnographie. Sogar an der Finschhafener Küste sehen diese Holzstatuen 
ahnlich ans, wie aus der in den „Nachrichten für Kaiser Wilhelmsland*, IV. Heft, 1888 veröffentlichten Abbildung hervor- 
geht Sie heissen hier abümtau. Das Wort abümtan deckt sich nach Vetter's Erklärung nicht ganz mit dem Wort 
Häuptling, womit es gewöhnlich übersetzt wird, sondern bedeutet halb Familienhaupt, halb Dorfältester. Es entspricht 
also etwa dem bogadjimschen tamo koba. 



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Nach Fiosch ist dieser aus dem Munde hangende bul für die Bildnisse der Astrolabebai, rectius 
Bongu's characteristisch. Bei dem hier abgebildeten Exemplar ist er abgebrochen. Manchmal erreicht 
er, wie Miklucho-Maclay sagt, eine solche Lange, dass er mit der Spitze des oft erigirt aufgerichteten 
circumeidirten penis sich verbindet. Hier bei unserer Figur wird dieses' Glied, das augenscheinlich 
nicht operirt ist, von der linken Hand zur Seite gehalten. Das räthselhafte seepterartige Ding in der 
rechten Hand des Silum weiss ich mir nicht zu erklären. 

Auch weibliche Telum's soll es geben, und das ist, im Fall diese Holzfiguren wirklich Ahnen- 
bilder darstellen, nicht unwichtig als Zeugniss für die Stellung der Frau. 

Anstatt aus Holz hat Miklucho-Maclay auch aus Thon verfertigte telum's gesehen, und Finsch, 
der einen solchen abbildet, ausserdem noch in Suam (bei Finschhafen) solche, die aus noch 
eingewurzelten Baumstümpfen direkt ausgehauen waren mit einem Krokodil auf der Rückseite. In 
dem Bergdorf Englam-Mana fand Miklucho-Maclay*) einen eigenlhümlichen telum, welcher einen 
menschlichen Körper mit einem Krokodilkopf, der als eine Art von Mütze eine Schildkröte trug, dar- 
stellte, sowie einen andern, eine menschliche Figur darstellend, welche eine mit verschiedenen Zeichen 
bedeckte Tafel mit beiden Händen festhielt. Bei näherer Erkundigung fand er: Es war eine Copie 
eines alten telum's; die Zeichen auf der Tafel waren eine Nachbildung wahrscheinlich unverstandener 
Figuren des Originals. Auch grosse Steine wurden gelegentlich in den Bergdörfern als telum's verehrt. 

Diese Menschenfiguren scheinen für Bogadjim etwas Fremdes zu sein, mit denen man nichts 
Rechtes anzufangen weiss ; das abgebildete Stück ward von den Bonguleuten vor einigen Jahren nach 
Bogadjim geschenkt und liegt, ebenso wie ein anderes, das etwa 8 Meter lang ist und aus lauter 
aneinander gereihten Gesichtern besteht, flach und unbeachtet auf dem Boden eines Männerhauses. 
Als ich behufs photographischer Aufnahme dasselbe aus dem Dunkel seines Verliesses herausbefördern 
Hess, halfen die Tamo's willig mit, und einer von ihnen stellte sich bei der Aufnahme sogar daneben, 
um die Grössenverhältnisse der Figur zu veranschaulichen**). 

Ich will schliesslich nicht vergessen hinzuzufügen, dass dieselbe, wie ja auch aus der Ab- 
bildung ersichtlich, mit weissen Streifen und Flecken in Dreiecksform bemalt war. 

Von Bogadjim habe ich durch Herrn Hoffmann noch ein anderes, aber bedeutend kleineres, 
nur etwas über 1 Fuss langes Holzbild bekommen, ebenfalls 'die Figur eines Menschen darstellend 
und mit rother Farbe bemalt, das jedoch mehrfach zerbrochen war und zu sehr die Spuren hohen 
Alters trug, um mehr darüber sagen zu können. Es hat aber wenig A Ähnlichkeit mit den von 
Finsch (I. c. Tafel XXIII) abgebildeten „Talismanen". Dasselbe befindet sich jetzt im ethnographischen 
Museum zu Braunschweig. Sonstige, Idolen, Amuletten oder Talismanen gleichende Dinge, als da 
sind phantastisch gestaltete Wurzelstücke, Steinchen, Ingwerwurzeln, wie sie Finsch, oder Amulette 
aus Schildpatt, Muscheln, Blättern, Knochen, Federn oder Haaren, wie sie Kunze erwähnt, habe ich 
nicht bemerkt, doch mögen sie wohl vorkommen und vielfältig in den Brust säckchen, dem gewöhn- 
lichen Aufbewahrungsort für dergleichen Raritäten, mitgeführt werden ; wir können dies sogar mit 
grosser Wahrscheinlichkeit annehmen, da ja Ingwerwurzeln, wie wir oben sahen, beim Besprechen 
von Krankheiten eine Rolle spielen. 

Zauberei — Guniam — wird, wie bei jedem Naturvolk, ausserordentlich viel getrieben; 
Zauberer können, so viel bis jetzt bekannt, alle älteren Männer sein. Es gibt aber solche, die einen 
besonderen Ruf darin haben, wie z. B. der alte Kodi koba, der, wie Kubary von ihm sagt, desswegen 
eine Art priesterlichen Ansehens geniesst ; diese werden selbst nach den benachbarten Dörfern geholt 

•) v. Miklucho-Maclay 1. c. deel XXXVI, 1876, Seite 316 f. 

**) Mein Assistent Kunzmann hat diese Figur ebenfalls aufgenommen und in seinem „Neu - Guinea - Album J 
ve röffen flieht. 



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— 269 — 

und consultirt, Ueber Krankenbc- und entzauberung habe ich oben schon gesprochen. Bezaubern 
kann man Alles; Sonne, Mond, Erde, Meer, Menschen, Wind und Wetter, Thiere und Pflanzen. 

Wenn Jemand erkrankt, so ist er verhext oder bezaubert, .gebunden*; der Hexer oder 
Zauberer hat dem Kranken „einen Strick gedreht". Diese Vorstellung des Bindens oder Strick- 
drehens findet sich durch das ganze Gebiet, von Finschhafen (cfr. Schellong) bis nach Dampierinsel 
(cfr. Kunze). Im selben Sinne gilt auch das Wort .Besprechen" ; der Zauberer hat den Kranken 
besprochen. Er vermag das aber, wie auch vielfach anderwärts, nur, wenn er ein Stückchen Eigen- 
thum des Betreffenden in die Hände bekommt, z, B. ein verlorenes Haar, abgeschnittene Finger- 
nägel, etwas Tabak, einen Speiserest, einen stehengelassenen Speer und dergl. Dies steckt er denn, 
wie Vetler sagt, unter Beobachtung von allerlei Maassregeln an ein Feuer und sobald die Sache 
verbrannt ist, soll auch das Leben des ursprünglichen Besitzers zu Ende gehen. Dieser Prozess 
kann beschleunigt oder verlangsamt werden. Es ist darum begreiflich, dass der Papua lacherlich 
peinlich darauf bedacht ist, diese Dinge nicht in fremde Hände gelangen zu lassen. Diese Vorsicht 
geht so weit, dass, wenn bei einem Gang durch den Urwald eine Kleinigkeit seiner rothen Haar- 
pomade von einem Zweig abgestreift wird, er dieselbe sorgfällig wegwischt. Ich glaube, dass dies 
auch die Ursache der eigentümlichen Weise des Ausspuckens der Tamo's ist (s. oben Seite 212), 
welche dadurch verhindern wollen, dass der Speichel als ein greifbares Ganzes zur Erde gelangt. 

Des Spasses halber will ich hier bemerken, dass Vetter erzählt, wie die Jabimjungen sich 
einen , Kuhfladen" einwickelten, um diesen als gute Zauber-Arzenei den Schweinen einzugeben, damit 
diese ebenso gross würden wie die Kühe der Missionare, welche den Jabim's eine total neue, durch 
ihre Grösse imponirende Erscheinung waren. 

Einer der häufigsten Zauber ist der Wetterzauber, namentlich die Regenmacherei ; Regen 
ist für ein Ackerbauernvolk, wie es die Tamo's sind, von allerhöchster Wichtigkeit. Wer den Regen 
herbeizaubern kann, geniesst urbFgrenztes Ansehen. Die Bewohner der Insel Bilibili stehen alle 
miteinander in dem Ruf, grosse Regen- und Windmacher zu sein, die man mit Vorliebe bis nach 
Bogadjim citirt. Dieselben rufen den Wind durch Blasen (Hauchen) mit dem Mund herbei. Wenn 
es recht stürmt, dann pflegen die Bogadjim-Leute zu sagen : »Da sind einmal die Bilibili-Leute wieder 
tüchtig am Blasen!* Da sie als erfahrene Männer und wetterkundige Seeleute für ihre Fahrten 
immer guten Wind abwarten, so ist es leicht erklärlich, wie sie in diesen Ruf gekommen sind. Von 
einem anständigen, renommirten Weitermacher verlangt man natürlich, dass er auch Erfolg habe; 
wo der ausbleibt, ist es mit dem Renommee schnell vorbei. So erging es auch den Bilibili-Männern 
gelegentlich der wochenlang andauernden grossen Trockenheit des Jahres 1894. Die Bogadjim-Leule 
verzweifelten da an der Kunst ihrer Nachbarn und kamen zu Missionar Hoffmann mit der Bitte, 
ihnen Regen zu machen. 

Um das Gedeihen der Feldfrüchte zu befördern, stellt sich der Zauberer während des Aus- 
pflanzens sowohl als des später erfolgenden Ans- und Abbrechens der Blätter der Yamswurzeln 
mitten in's Feld und hält eine grosse Rede unbekannten Inhalts, wahrscheinlich Beschwörungsformeln. 
Ein Schmaus beschliesst diesen Feldzauber. 

Auch die Schädel Verstorbener scheinen hie und da zum gleichen Zweck benützt zu werden. 
Ich besitze den Schädel eines Bogadjim-Tamo (ohne Unterkiefer!), der vom Sohne des Verstorbenen 
zu einem Zauber benützt wurde, um die Feldfrüchte wachsen zu machen. 

Eine Casuar- und eine Paradiesvogelfeder auf einen Stumpf gesteckt , soll ein sauberes 
Zusammenbrennen des Holzes auf den neuen Rodungen bewirken (Vetter). 

Zur Beförderung des Gedeihens der Planlage pflanzt man bei den Jabim's rothe Nesseln 
(Coleus) und Limongras zwischen die Pflanzen. Die Geister der früheren Besitzer des Landes werden 
ebenfalls bei den Jabim's günstig gestimmt, indem man ihnen einen grossen Schmaus anbietet. In 



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— 270 — 

feierlicher Prozession, festlich geschmückt, ziehen die Manner hinaus aufs Feld, und der Häuptling 
ruft den Geistern der Vorfahren zu, ins Dorf zu kommen und sich an Sagobrei und Schweinefleisch 
zu ergötzen. Erzählungen und Märchen, abends beim Feuerschein vorgetragen und mit etwas Gesang 
abwechselnd, sollen bei den Jabim's das Gedeihen der Feldfrüchte befördern, hauptsächlich in der 
Zeit, wo die eingeernteten Yamswurzeln in den Hütten liegen; darum lautet auch der Schluss dieser 
Märchen jedes Mal: „Cikaden, Heimchen, Yams sehr viele, Taro grossköpfig, Bananen Iangtraubig." 
(Vetter, 1. c. IL Heft, Seite 26.) 

Auch die Fische bezaubert man. Der Fischzauberer, mit dem während des Zaubers nicht 
gesprochen werden darf, sieht auf einem am Strande liegenden Canoe, neben sich einen geschmückten 
Fischkorb und ruft: „Ihr Fische von Dampier, ihr Fische von Matukar, von der Riehinsel, von Siar, 
kommt alle hierher nach Bogadjim!" 

Liebeszauber haben wir oben schon kennen gelernt. 

Auch einen Dieb kann man durch Zauberkünste ausfindig machen, wie uns Kunze erzählt. 
Auf einen senkrecht in die Erde gesteckten hölzernen Betelspatcl oder langen Casuarknochen 
legt man unter Anwendung einer Zauberformel ein gewisses Blatt. Nun versucht der Zauberer noch 
darauf eine Muschel zu legen — alle diese Dinge sind mit rothem Ocker bemalt — und nennt 
währenddem eine Reihe Namen. Bei wessen Namen die Muschel liegen bleibt, der ist der Dieb. 
Statt der Muschel wird auch zuweilen ein über einen Stab gestülpter Topf gebraucht, den der 
Zauberer in Drehung versetzt ; bei wessen Namen der Topf zur Ruhe kommt, der ist der Schuldige. 
Manchmal wird auch eine mit Wasser gefüllte und an einem Band hängende Schale in Schwingung 
gesetzt; wird dabei etwas Wasser verschüttet, so bezeichnet der im selben Augenblick genannte 
Name den Schuldigen*). 

Eine Spur von heiligen Hainen findet sich meiner Meinung nach in dem Folgenden: 

In dem Gebüch zwischen dem Missionshause und dem Dorfe Bogadjim Hess sich öfters eine 
grüne Schlange sehen, und Herr Hoffmann, der Missionar, wollte die Leute veranlassen, dieselbe 
einzufangen. Dies weigerten sie aber ganz entschieden und sagten, wenn sie auf dieser Stelle ein 
Thier fingen, oder gar das Gebüsch kappten, so würde das ganze Dorf Kaskas (eine Hautkrankkeit, 
eine der grössten Plagen der nackt gehenden Papua's) bekommen. Ich will jedoch nicht verschweigen 
anzuführen, dass sich an diesem Ort auch zugleich die Gräber einiger Missionare befanden, und dass 
dieser Umstand vielleicht auf die Scheu der Eingebornen von Einfluss gewesen sein mag. 

Auch heilige Bäume finden wir. Weil Kelibob (siehe darüber die Sage von Kelibob und 
Mandumba im Anhang) auf einem ,Ngaul'-Baum Zuflucht fand, sahen die Papua von Dampier 
diese Baumgattung als unantastbar an und prophezeiten Unglück, wenn die Missionare in der Nähe 
der Missionsstation einen dieser Bäume fällten. 

Wie ich schon oben hervorgehoben habe, ist es ein merkwürdiger Geheimkult, welcher, 
mehr als jedes politische oder familiäre Band, die Anwohner der Astrolabebucht mit einander ver- 
bindet. In Bogadjim führt derselbe den Namen Asa. Was er im Grunde eigentlich ist oder 
bedeutet, das zu ergründen ist noch Niemand gelungen. Vielleicht — villeicht auch nicht — ist es 
ein grosses, lächerliches Nichts, eine leere Maskerade und ein blasser Vorwand, um grosse Schmause 
ohne Mitbetheiligung der Weiber und Kinder abhalten zu können, wie die Missionare durchweg an- 
zunehmen geneigt sind. Auf jeden Fall aber hat er den Anstrich einer religiösen Genossenschaft, 
und entspricht in gewisser Hinsicht dem bekannten und viel ausgebildeteren Dukduk-Bund der Neu- 
Pommern, die aber nicht beschneiden, noch mehr aber dem Balumglauben der Finschhafener Jabim's, 



*) Kunze citirl hier den Missionar Vetter ohne weitere Angaben, sodass man wieder nicht weiss, ob diese 
Manipulationen bei den Jabim's oder an der Astrolabebai gebräuchlich sind. 



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- 271 - 

worüber wir aus der Feder des Missionar Bammler einen guten Aufsatz besitzen*). Er ist nur für 
Männer ; Frauen und Kinder sind von ihm ausgeschlossen und das Wort Asa ist für sie der Inbegriff 
des Schrecklichen, Furchtbaren, Uebernatürlichen. Sowie Jemand ruft: der Asa kommt, oder wenn 
sich von Ferne nur der Ton der Asa-Instrumente hören lässt, reissen sie Alle aus. 

Mit der Beschneidung, die zweifellos der Haupt- und Glanzpunkt des Asa-Dienstes ist, wird 
der Jüngling in den Geheimkult aufgenommen; während er im Asa-Haus intemirt seine Heilung 
erwartet, lernt er .den Asa kennen". Zum Schluss empfängt er gewisse Sittenlehren. 

Das Asa-Haus steht immer isolirt vom Dorf im Walde und wird von einer oder mehreren 
Dorfgemeinschaften zusammen erbaut ; die Theildörfer Garima und Sarrar in Bogadjim haben z. B. 
ein gemeinschaftliches Asa-Haus. Es ist eine einfache, meist verschlossene Hütte, die sich nicht 
wesentlich von den übrigen Dorf hütten unterscheidet, sondern höchstens noch miserabler und primitiver 
ist als diese. Im Innern ist es kahl und enthält höchstens Schlafpritschen zur Zeit der Besehneidung, 
an den Wänden hängen oder stecken die hölzernen Tanzmasken, die direkt Asa -Kate, Asa -Kopf 
heissen, weil sie nur hei den Asafesten gebraucht werden, und die rituellen Musikinstrumente: 
die Asa-Hörner, -Flöten und -Ocarinas. Man lässt Fremdlinge nicht gerne das Innere dieser Hütten 
sehen. In der neueren Zeit nehmen jedoch die Männerhäuser immer mehr zugleich den Charakter 
der Asahäuser an, und die letzteren werden wohl allmählich verschwinden. 

Die sonst öde und leere Umgebung dieser abgelegenen Asahäuser ist nur zur Zeit der Asa- 
feste, deren hauptsächlichstes die Beschneidung ist, beleht, und bildet dann sogar für Monate hinaus, 
wie wir oben sahen, den Mittelpunkt eines lärmenden Lebens und Treibens. Auf dem freien Platz 
vor dem Hause, wo lange Wochen hindurch die Männer Tag und Nacht kampiren und kochen und 
schmausen, werden dann zum Klang der heiligen Instrumente die Asatänze mit den Masken auf- 
geführt. Wie dieselben aussehen und was sie darstellen, weiss ich nicht; ich habe blos die andern 
Festtänze gesehen, welche gelegentlich in den Dörfern selbst abgehalten werden, die aber doch 
auch gewissermaassen einen Bestandteil ihres religiösen Cultes darstellen. Ich will darum an dieser 
Stelle mittheilen, was ich darüber weiss. 

Dass und wie sich die Tamo's für diese Tänze schmücken, habe ich oben (Seite 184 u. 185) 
schon gesagt und auf Tafel 30 auch einen Mann im Festtanzkostüm abgebildet; ich kann also dies- 
bezüglich einfach hierauf verweisen. 

Das Hauptinstrument hiebet ist die Trommel, deren womöglich jeder Theilnehmer eine in 
der Hand hält und schlagt und es ist bewunderungswürdig, wie genau im Takte trotz der vielen 
Instrumente dies Alles geschieht. 

Die Tänze selbst werden ebenfalls mit Meisterschaft executirt. Jede Bewegung, jedes Zucken 
des Rumpfes oder der Glieder ist genau berechnet, und Alles ist so eingeübt und klappt so vorzüg- 
lich, dass ein Ballelmeister seine Freude daran haben könnte. Es kann dies auch gar nicht wunder 
nehmen bei einem Volk, das keine andere Vergnügung, keine andere Leidenschaft kennt, als nur den 
Tanz und sich den grössten Theil des Jahres hindurch darin übt. Die Tänzer werden aber auch 

*) „Der B&lumglaube der Eingeborenen in Kaiser -Wilhelmsland.'' In den Hittheihingen der geographischen Ger 
Seilschaft. Jena, 1889, Band VU. Hieraus ist Folgendes bemerkenswerth : 

Die Leute sprechen nur ungern Ober den Balum, der durch das (oben Seite 188 beschriebene) Schwirrholz dar- 
gestellt wird. Frauen und Kinder sind vom Balnm-Cuit ausgeschlossen. Wenn zufällig eine Frau den Balum sieht, 
dann kommen alle zu diesem Cult gehörigen Stamme (die Bukaua, Kai, Poom, Siaai-Leute u. A.) zusammen und tödten 
zunächst die Frau, danach die übrigen Bewohner des Dorfes; die Hütten werden verbrannt, die Kokospalmen um- 
gehauen, kurz, das Dorf dem Erdboden gleich gemacht. Bloss die ganz kleinen Kinder sollen gerettet werden. Die 
Hfiuptlingsfrauen indess oder angesehene Haupt! ingstöchter wissen um den Balum und dürfen ihn auch sehen. Die alle 
Mutter vertraut ihr Geheimnis« der Tochter an und diese im Alter wieder ihrer Tochter u. s. f. Die Knaben werden 
mit dem Balum bekannt, wenn sie beschnitten werden. Was sich die Eingebomen unter dem Baluin-Fest eigentlich vor- 
stellen, ist auch Bammler nicht klar geworden. Auch die Seelen der Abgestorbenen sollen Balum heissen. 



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streng von den umstehenden Zuschauern kritisirt und bei einem Versehen oder Fehler unbarmherzig 
ausgelacht. Ein guter Tänzer, glaub' ich, geniesst gerade solches Ansehen, wie ein tapfrer Kriegs- 
held. Der Charakter der Tänze, deren es vielerlei, jeder mit besonderem Namen, sowie eigenem 
Rhythmus und Melodie, giebt, ist der von Reihen- und Contretänzen. Bei allen wird gesungen. 
Häufig ist Einer Vorsänger, die Andern fallen dann ein. Den Schluss jeder Tour markirt ein kurzes 
heftiges Getrommel, oft mit lautem Rufen verbunden, wobei manchmal die Tänzer auf einen Haufen 



Die Gesänge sind nach Vetter den Papua's nur ein Mittel zur Begleitung des Rhythmus, der Test 
ist ihnen fast immer unverständlich. In Simbang und bei den Jabim's kommen die Tanz weisen meist aus 
einer fremden Gegend mit fremder Sprache, ähnlich, wie dies aus Englisch-Neu-Guinea berichtet wird. 
Schmidt-Ernsthausen in seinem oben erwähnten Aufsatz über die Musik der Eingeborenen von Deutsch- 
Neu-Guinea sagt, dass selbst die gewecktesten Jabim-Jungen von den (in der Siasisprache) gesungenen 
Liedern keine ordentliche Uebersetzung liefern konnten. Inhaltsreich sind diese Gesänge nicht, es 
wird immer dasselbe wiederholt. So kann man 10 Minuten lang singen: .Der Kasuar stösst ins 
Wasser, der Kasuar stösst nach Läusen". Oder: .Den Hund möcht' ich, den Vogel möcht' ich, 
lülabu, wipsaua (hopsasa). Wie es mit den Texten der Gesänge in Bogadjim bestellt ist, habe ich 
nicht erfahren, doch glaube ich das bekannte Siasi-Liedchen : Sangimo, sangimo, weigei, sangimo, 
sangima, sangimo, sangima auch dort gehört zu haben. 

Die Tanzenden sind stets erwachsene Männer , wahrscheinlich aus dem Grunde , weil 
jüngere, noch nicht ganz taktfeste Kräfte den Reigen wohl verkuhwedeln und umwerfen würden. 

Frauen, die sonst nur stumme Zuschauer abgeben, habe ich nur ein einziges Mal sich activ 
betheiligen gesehen und zwar bei einem Tanz, der sehr grosse Aehnlichkeit mit einem Kindertanz 
hatte, den ich selbst in meiner Jugend auf den Strassen meines pfälzischen Heimathsstädtchens mit 
andern Kindern, Knaben und Mädchen, oft genug ausgeführt habe : Ein Kind wurde zum Verfolger, das 
andere zum Verfolgten designirt; die übrigen fassten sich mit ausgestreckten Armen gegenseitig bei 
der Hand, so dass sie einen geschlossenen Kreis bildeten. Der Verfolgte nun musste seinem Häscher 
zu entrinnen suchen, indem er in Schlangenwindungen unter den Armen der den Kreis bildenden 
Kinder hindurchschlüpfte, hier hinein, dort hinaus, regellos, ganz wie es ihm beliebte. Der Verfolger 
musste genau denselben Weg nehmen, musste genau zwischen denselben Kindern durchschlüpfen, wie 
der Verfolgte, und ihn so zu haschen suchen ; üeberschlagen, Abkürzen einer Windung, um schneller 
zum Ziel zu gelangen, „galt" nicht. Genau so wurde das Spiel hier von den Bogadjim-Tamo's 
executirt*). Dass dasselbe von Neu-Guinea nach Europa oder umgekehrt gebracht worden sei, wird 
wohl kein vernünftiger Mensch annehmen; es muss also wohl von beiden selbstständig erdacht worden sein. 

Hier, bei diesem Spiel war es, wenn ich mich recht erinnere, wo auch die Frauen einen 
gewissen Antheil nahmen. Sie fingen allmählich an mitzusingen und einen regellosen äusseren Kreis 
um den der Tanzenden zu bilden. Dabei wippten und schwenkten sie äusserst koquett und ver- 
führerisch ihre Baströckchen hin und her durch gewisse Bewegungen mit den Hüften und dem 
selbige nach rückwärts verbindenden wohlconditionirlen Theile **). Auch liessen sie dabei gern lachend ihre 
weissen Zähne sehen; denn die Frauen der Tamo's färben sich, wie ich oben vergessen habe zu 



*) Es ist derselbe Tanz, den ich auf Tafel 44 photo graphisch zu flxiren suchte. Bezüglich der beiden etwas miss- 
glückten Momentaufnahmen von Bogadjimtänzen auf den Tafeln 43 und 44 muss ich den Leser um Entschuldigung 
bitten. Ich wollte die Abbildungen auch ursprünglich weglassen, enUcbloss mich ober bei reiferer Ueberlegung zur Auf- 
nahme, weil sie trotz ihrer Mangel doch eine characteristische und lebendige Vorstellung dieser Tflnze ermöglichen. 

**) Auch Vetter (L c Heft II, Seite 16) erwähnt die Botheiligung der Frauen an den Tanzen der Jabim's: 
„Mit auf- und abwogenden Büscheln hinten in der Schürze und etwa mit einem Zweig in der einen Hand, während 
sie sich mit der andern zu zweit fassen, trippeln sie singend um den Kreis der Männer herum. Hit dem einen Bein 
machen sie einen kleinen Knii und setzen darauf den andern Fuss leicht stampfend auf die Erde.* 



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— 273 — 

bemerken, ihre Zähne nicht. Die Dampierleute benützen übrigens nach Kunze die schwarzfärbende 
Erde nicht in der obengeschilderten Weise, sondern lecken daran und übertragen die Farbe mit der 
Zunge auf die Zähne. 

Die meisten Tänze waren übrigens natürlichen Vorbildern entnommen und ahmten Scenen 
aus dem Leben der Thiere nach. 

Einer derselben war in dieser Hinsicht besonders characteristisch. Ich sah denselben von 
den Bonguleuten executiren gelegentlich eines Besuch's, den ich dem .Alten vom Berge", nämlich 
Kubary, machte, der damals die Station Constantinhafen verwaltete. 

Der Tanz sollte offenbar vorstellen, wie eine Sehaar Wasservögel sich auf einem in der See 
schwimmenden Stück Treibholz niederlässt und schliesslich von einem grossen Albatros verjagt wird. 
Eine lange Bambustange ward auf den Boden gelegt und umtanzt, bis schliesslich einer nach dem 
andern der Tänzer darauf niederhockte, bis die Stange besetzt war. Die ganze Reihe hüpfte nun, 
immer in hockender Stellung, im Tact hin und her, um das Schwanken des Holzes auf dem Wasser 
zu kennzeichnen, denn die Tamo's sind feine Naturbeobachter und statten ihre diesbezüglichen Dar- 
stellungen mit minutiös naturgetreuen Zügen aus. Schliesslich tanzte nur noch der alte Häuptling 
(ich glaube es war Saul, den schon Miklucho-Maclay gekannt hatte), das Gesicht scheusslich, rechts 
roth, links schwarz, bemalt, allein aufrecht, bis er endlich ebenfalls mit einem gewaltigen Satz auf 
die dicht behockte Stange niederplumpte, so dass die Andern rechts und links umpurzelten und das 
Feld räumten, und nun in der grossen Kniebeuge ein Solo auf der Stange zum Besten gab. Das Alles 
war so characteristisch und lebenswahr dargestellt, das Flottiren des Holzes, das allmähliche Einfallen 
der Vögel, das Dehnen und Schlagen mit den Flügeln und schliesslich die Verwirrung und Flucht 
vor dem einfallenden Kiesen Albatros, dass man absolut nicht im Zweifel bleiben konnte, was der 
Tanz vorstellen sollte. 

Ein anderer Tanz, den unsere Jabim-Jungen aus Finschhafen mit Vorliebe aufführten, war 
ein Contretanz, den ich am liebsten mit dem Namen Kakadu-Tanz belegen möchte. Man stellte 
sich in zwei Reihen einander gegenüber auf, einen helmartigen Kopfputz aus weissen Kakadufedern, 
den schon Schellong in seiner Arbeit über das Barlumfest beschreibt, auf dem Kopf, und nickte 
unter Vor- und Rückwärtsschreiten der Reihen so eigenthümlich und characteristisch mit demselben, 
wie es nur den Kakadu's eigenthümlich ist, wenn sie ihre Haube aufstellen. In der nebenstehenden 
Tafel 45 habe ich eine Episode dieses Tanzes photographisch firirt. 

Aehnliche Tänze, die Thiere oder Scenen aus deren Leben darstellen, beschreibt Professor 
A. C. Haddon in einem Aufsatz über; The secular and ceremonial dances of Torres straits*), der 
die Tänze der Torresstrassen-Melanesier eintheilt in 1. Festtänze, 2. Kriegstänze, 3. Geremonien- oder 
religiöse Tänze, eine Eintheilung, die man, mit Ausnahme der hier mit höchster Wahrscheinlichkeit 
nicht vorkommenden Kriegstänze, auch für Bogadjim aufstellen könnte. 

Bei den Festtänzen, wobei ähnliche Kakadufederschmucke getragen werden, wie in Finsch- 
hafen, beshreibt er nun „one dance karum-atapi is intendet to imitate the swimming movements of 
the large lizard (Varanus)". Ferner ,in the tadu kap „crab dance* a men dances in attitude 
representing the way the crab carries its nipping claws. The tadu is evidently some spezies of land 
ore shore crab." Bei den Ceremonientänzen giebt es ebenfalls einen Sägefisch-Tanz. Er unterscheidet 
diese letztere Kategorie nämlich in: 

A. Initiation dances 

B. Seasonal dances, wobei der Waiitutu kap (Saw-fish dance) 
G. Turtle Processions 

- D. Funeral ceremonies. 

*) In Band VI des Internationalen Archivs für Ethnographie. Mit schönen Tafeln. 

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— 274 - 

Die Tänze der Ajrchipelbewohner sind ungleich künstlerischer und namentlich die der Neu- 
Mecklenburger wahre KunsÜeistungen. 

Wir hatten in Stefansort Arbeiter aus allen Theilen des Schutzgebietes und machten uns 
oft das Vergnügen, an Feier- und Festtagen die Leute ihre Tanze auf dem freien Platz vor dem 
Hauptadministrationsgebäude ausführen zu lassen. 

Es war dies nicht bloss ausserordentlich interessant, sondern auch ethnographisch wichtig und 
von grossem Vortheil, da man all die Tänze der verschiedenen Völker unmittelbar nebeneinander sah. 

Die Neu-Britannier von der Gazellehalbinsel waren, wie körperlich, so auch choreographisch 
die Plumpsten, Ungelenkigsten und Langweiligsten, da ihr Tanz in nichts Weiterem bestand, als in 
einem schnellen, rhythmischen von einem Bein aufs andere Hupfen, ohne von der Stelle zu weichen 
oder wenigstens nur in einem sehneckenähnhchen Tempo vorwärts zu kommen. Sie standen stets 
paarweise in zwei langen Reihen und -hielten in jeder Hand einen Blumenstranss, den sie alle im 
Takt vor sich hin hielten und bald rechts bald links schwenkten. Ihre Hauptforce lag jedenfalls 
im Test ihrer etwas eintönigen Gesänge, die sie dazu zum Besten gaben, der uns aber leider 
unverständlich war. 

Sie hatten steh, wie die nebenstehende Abbildung zeigt, zum Tanzen sehr fein gemacht, 
reine, weisse Lendenscharze angezogen, Gesicht und Brust hübsch mit weissen, rothen und blauen 
Streifen und Tupfen bemalt und die Unterschenkel ganz mit weisser Farbe incrustirt , durch welche 
sie dann, so lange sie noch feucht war, der Länge nach mit den Spitzen ihrer fünf Finger im Zikzak 
hindurchfuhren, so dass es aussah, als hätten sie lange, weisse, dunkel gemusterte Wadenstrümpfe an. 

Die Musik zu diesen Tanzen, die augenscheinlich nur im Texte, nicht aber in Melodie oder 
Bewegung verschieden waren, ward nicht von den Tänzern selbst, sondern von einigen seitwärts 
stehenden Burschen mittelst Trommeln und leeren Gonservenbüchsen executirt. Das unterscheidet 
die Bewohner des fiismarckarchipels von den Festländern. 

Leidenschaftlich schneller Dreivierteltakt, der durch rasche, kurze, rhythmische Stösse 
mit Stangen auf leere Petroleumbleche in Ermangelung von Trommeln (die Handtrommel scheint 
dort nicht gebräuchlich zu sein) durch einige ebenfalls beim Tanz nicht mitwirkende Musikanten hervor- 
gebracht wurde, kündigte darauf das Nahen der Neu-Mecklenburger {von der Nord- und Ostknste) an. 

In geschlossener Masse unter wilden Gesängen rückten sie vor, die Wurfspeere in der 
Rechten, die aber der Sicherheit halber aus ungefährlichen Stengeln des wilden Zuckerrohrs bestanden, 
die in beständig zitternder, elastischer Schwingung gehalten wurden, sprangen in wildem Satze vor, 
zurück, kauerten sich nieder, schnellten wieder auf und vollführten mit ihren vibrirenden Pseudo- 
Speeren ausserordentlich schone und schwierige Evolutionen. Alles an den Leuten war Leben, 
Schnellkraft, Wildheit, jeder Muskel war gespannt, ein grosser Gegensatz zu der plumpen Langweilig- 
keit der Neu- -Pommern. Es war offenbar ein Kriegstanz, den sie aufführten, und die Leute waren 
so mit Leib und Seele dabei, dass sie förmlich berauscht wurden und ihre Augen von Wildheit und 
Mordlust strahlten bei den aufregenden, immer schneller werdenden Schlagen der Blechtrommeln. 
Hei! da hatte sich wirklich Einer vergessen und unter gellem Aufjauchzen seinen Speer entsendet! 
Hoch in der Luft flog es dahin, das Rohr, seiner ganzen Länge nach vibrirend von dem gewaltigen 
Wurf, wohl an die siebzig Schritte weit Wir aber gratulirten uns, dass wir den Leuten keine wirk- 
lichen Speere in die Hand gegeben hatten. 

Jetzt kamen die Nusafrauen — Nusa ist ein kleines Inselchen an der Nordküste Neu-Mecklen- 
burgs — heran und, so hässlich diese Weiber auch waren, sie führten einen Tourentanz auf mit so 
schönen, künstlich verschlungenen Figuren und mit einer solchen Präzision, dass wir bei der Rück- 
erinnerung an die ewigen Verwirrungen bei den Figurentänzen in unsern heimischen Ballsälen einfach 
starr waren vor Erstaunen. Diese wilden Nusaweiber, im Tanzen sind sie uns Überl 



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— 275 — 

Abschreckend war nur, dass am* eine ausserordentlich schöne und poetisch ausgedachte und 1 
dargestellte Tour oft eine andere kam, die aus so sinnlich gemeinen und mit brutalster Realistik 
ausgeführten Bewegungen bestand, dass ein Gefühl des Ekels nicht zu unterdrücken war. 

Auf diese Weiher folgten die Buka's, deren Produktion eigentlich aus keinem Tanz, sondern 
aus den Darbietungen ihres originellen oben Seite 187 beschriebenen Orchesters bestand. Originell 
wie ihre Musik war die Art ihres Auftretens. Sie kamen heran und walzten sich vorüber, ein 
regelloser, bestandig um sein Centrum rotirender Haufe. 

Ueber unsere braven Finschhafener Jungens mit ihrem hübschen Kakadu-Tanz habe ich 
bereits berichtet. 

Gerade hier bei diesen Tänzen zeigte sich, wie nahe doch eigentlich die Jabim's von Finsch- 
hafen, überhaupt von der ganzen Maclay-Küste, mit den Bewohnern der Astrolabebai verwandt sind. 



Aus dem Gesagten können wir wenigstens mit Sicherheit entnehmen, dass die religiösen 
Vorstellungen der Tamo's Deutsch-Neuguinea's in Allem dem entsprechen, was wir von andern mela- 
nesischen Stämmen bereits wissen. 

Seelenglauben und Ahnenverehrung, diese Elementargedanken, wie der grosse Meister Bastian 
sie nennt, weil sie sich auf den Kindheitsstufen aller, selbst der höchsten Kulturvölker finden, 
sind auch hier die Grundlage alles religiösen Fühlens. Der Animismus ist nach Andrian*) ein 
integrirender Bestandtheil des menschlichen Seelenlebens, eine psychische Grundanlage. 

Das Causalitätsbedürfniss, der Drang, für jedes Ding die Ursache zu ergründen, der im Papua 
so gut lebt wie in uns, beseelt ihm jeden einzelnen Gegenstand in der Natur, und vermittelst der 
Zauberei, der einzigen höheren , Wissenschaft ■ des Naturmenschen, beherrscht er seine Welt; Seelen- 
glaube und Zauberei sind unzertrennlich. Weil Alles beseelt ist, kann auch Alles bezaubert werden. 
Die Fortdauer des Lebens nach dem Tode ist eine unmittelbare Folge des Seelenglaubens und wir 
sehen den Papua auf die verschiedenste Weise sich das Jenseits ausschmücken. 

Die Allbeseelung setzt dem Glauben an die Seelenwanderung keine Schranken, im Gegen- 
theil, sie hilft denselben recht eigentlich hervorrufen und Nichts liegt näher, als die ihrer Hülle 
entledigte Seele zunächst in Thiere übergehen zu lassen, mit denen der Naturmensch ja in einem 
ziemlich innigen Verhältniss lebt. 

Die Ahnenverehrung hängt ebenfalls aufs Engste mit dem Seelenglauben, dem Glauben an 
die Fortdauer des Lebens und der Seelenwanderung zusammen; die oben besprochenen Holzfiguren, 
der Schädel, die Knochen, besonders der leicht aufzubewahrende Unterkiefer der Verstorbenen, sind 
für die Nachkommen ein Gegenstand der Erinnerung und Verehrung, dem sogar Zauberkräfte innewohnen 
können, wie wir sahen. Die grossen Holzfiguren, vielleicht auch die Asa-Masken, sind höchst wahr- 
scheinlich ausschliesslich Ahnenbilder und noch nicht zur Bedeutung von Götzenbildern emporgediehen. 

Hier, an den religiösen Ideen der Papua 's, können wir so recht deutlich sehen, wie moralische 
Elemente keinen ursprünglichen ersten Bestandtheil der Religion bilden, sondern erst etwas Secundäres, 
im Verlauf der Entwicklung sich Einstellendes sind. Da es in der Natur Freundliches und Feindliches, 
Nützliches und Schädliches für den Menschen giebt, so trägt er wohl bald den Begriff Gut und Böse 
in seine Geisterwelt hinein; das Böse, Feindliche geniesst als das Wichtigere hiebei den Vorrang, 
während das Gute als selbstverständlich ohne Aufsehen hingenommen wird ; auf der untersten Stufe 
wie hier haben wir also noch keine guten, sondern nur böse Geister. 

Zu dem Begriff von Lohn und Strafe gelangt der Mensch erst auf einer viel, viel höheren 
Stufe. Das Jenseits der Tamo's hat zwar auch viele Abstufungen, aber dieselben beruhen auf einer 

*) Ueber Wortaherglauben. Von Ferd. Freiherr von Andrian. Vortrag auf der XXVTI. Versammlung der anthro- 
pologischen Gesellschaft in Speier 1896. Bericht im Korrespondenzblatt für Anthropologie etc. Ottober 1896. 



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— 276 — 

ganz andern Grundlage, wie wir sowohl aus den Erzählungen von Bogadjim, wie aus den Mittheilungen 
des Missionars Vetter ersehen. Derselbe sagt: .Nach dem Glauben der Eingebornen wird die Seele 
beim Sterben von den Balum in Empfang genommen. Dieselben geleiten sie nach dem Lambom 
(Paradies), wo das irdische Leben fortgesetzt wird, aber Alles im Ueberfluss vorhanden ist. Solcher 
Lambom's giebt es viele, mindestens einen in jedem Stamme, und auch in verschiedene Abtheilungen 
ist er geschieden; in der einen finden sich die Balum's derer, die sich erhängt haben, in der andern 
die der Erschlagenen, wieder in einer andern die Balum's derjenigen, welche von einem Hai oder 
Krokodil gefressen worden sind." 

Zu dem, was wir unter einer Religion verstehen, zu einer Moral, zu einem Gottesbegriff, haben 
sich unsere Tamo's gerade so wenig wie ihre andern Stammesgenossen durchgerungen. Ebenso 
wie legale Häuptlinge, fehlen ihnen eigene Priester oder Zauberer. Alles ist noch in einer Hand 
vereinigt, in der der Klügeren, Intelligenteren, geistig Hervorragenderen; die Begriffe Arzt, Priester, 
Philosoph, Zauberer, Häuptling haben sich noch nicht differenzirt und monopolisirt. Jeder Erwachsene, 
der das Glück oder den Verstand dazu hat, kann Eines davon oder Alles zugleich sein. Es sind 
eben Anfangszustände primitivster Art, wie in ihrem übrigen Leben, so auch in puncto Religion. 
Die religiöse Seite ist gegenüber der staatlichen und gesellschaftlichen ganz merkwürdig zurückgeblieben, 
ungefähr gerade so, wie wir dies bei der technischen Entwickelung gefunden haben; neben einem 
verhältnissmässig wohlausgebildeten, gesetzlieh geregelten Staats- und Gesellschaftsmechanismus stehen 
die kümmerlichen Rudimente und Keime transcendentalen Bewusstseins ; Keime, die nur durch die 
Weltabgeschiedenheit und Abgeschlossenheit jener Völker, durch das Fehlen jeglichen Kampfes um's 
Dasein nicht zur Entwicklung gelangt sind; denn dass sie entwicklungsfähig sind, wird Niemand be- 
zweifeln; sind es doch dieselben, von welchen wir, von welchen die ganze Menschheit ausging! 

Eine eigenthümliche Erscheinung, die aber allen Melanesiem gemeinsam ist, sind die Geheim- 
bünde, welche an Stelle eines weiteren Staatsverbandes die Ansiedlungen grösserer Strecken mit 
einander verbinden. Im Bismarckarchipel ist es die Dukduk-Verbrüderung, an der Maclayküste 
vom Hüongolf bis fast zur Astrolabebai der Balum-Glaube und an der letzteren der Asa-Cult. 

Aus der Religion entspringen, in der Religion wurzeln ursprünglich Wissenschaft und Kunst. 
Da von ersterer bei unsern Tamo's, die noch nicht einmal lesen und schreiben können, nicht gut 
die Rede sein kann, so bleibt uns nur die lelztere zu betrachten. Die Ahnenverehrung, der Todten- 
kult hat dazu geführt, Bilder zu schnitzen und Masken, und die Festtänze haben den Tamo ver- 
anlasst, sich mit Farben zu bemalen. Geleugnet soll durchaus nicht werden, dass auch andere Motive 
als religiöse bei der Entwickelung der Kunst thätig gewesen sind. Frohsinn und Leichtlebigkeit, sowie 
eine naive Freude an derselben haben sie befördert, die Hauptsache aber war: Naturanlage, Talent. 

So sehr man auch dasselbe im Allgemeinen den Melanesien) zuerkennen muss und so hoch 
ihre Kunstleistungen von allen Kennern in Anbetracht ihrer mehr als primitiven Werkzeuge bewundert 
werden müssen*), so wenig verdienen, wie wir gesehen haben, unsere Bogadjim-Tamo's dieses Lob. 
Ihre Werkzeuge und Gerätschaften sind die plumpsten und einfachsten von allen, Malerei ist bei 
ihnen nur in allergeringstem Grade üblich, und wo man hübsche und schön geschnitzte Gegenstände 
bei ihnen antrifft, sind sie gewiss von anderswoher importirt. Preuss (siehe Anmerkung) unterscheidet 
in Kaiser -Wilhelmsland 4 .Kunstgebiete" : Finschhafen, Astrolabebai, Hatzfeldt- und Berlinhafen, von 
denen keines durch eine schärfere Sonderung vor den andern bevorzugt ist. Er gründet seine Ein- 
theilung hauptsächlich auf die Ornamentik, da er findet 0- c. 1897, Seite 102), „dass eine lediglich 
auf Ethnographica sich gründende Gliederung hier sehr misslich ist.* Es ist nur eine Folge des oben 
besprochenen Handels der Verkehrscenlren von Bilibili und Tami, dass zwischen Halzfeldt- und 



*) cf. die Abbildungen von Ornamenten in dem wichtigen und hoch interessanten Aufsatz von Dr. K. Th. Preuss: 
Künstlerische Darstellungen aus Kaiser -Willieinisland, in der Berliner Zeitschrift für Ethnologie, Jahrgang 1897 und 1898. 



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- 277 — 

Finschhafen eine grosse ethnographische Uebereinstimmung herrscht; mit den Verkehrsgegenständen 
wird aber auch natürlich deren Ornamentik verschleppt, und die Fabrikationsorte dieser Dinge drücken 
dadurch ihrem ganzen Kundenkreis unwillkürlich den Stempel der eigenen Kunstformen auf. Die 
Ornamentik der Naturvölker wird uns ganz zweifellos noch hochwichtige Ergebnisse liefern; aber 
beim Studium derselben müssen sorfältig alle Dinge, die durch Handel und Verkehr verschleppt sein 
können, ausgeschieden und in ihrer Wirkung auf die autochthonen Kunstformen geprüft werden. 
Wenn ich die Ornamentik von Bogadjim studiren will, so thue ich das nicht an den dort gebräuch- 
lichen Trommeln, Pfeilen, Kanoe's, Armringen, Kochtöpfen, Holzschüsseln, sondern an den hunderterlei 
Kleinigkeiten, die nicht im Verkehr sind, die der Eingeborene sich selbst anfertigen muss, z. B. Zier- 
stäbchen, Löffel, Bambubüchsen, Flöten u. dergl., und da wird sich denn eine traurige Ideen- und 
Formenannuth der Ornamentik zeigen, die meinen obigen Ausspruch, Bogadjim sei eine kunstböotische ■ 
Oase, rechtfertigt. 

Als , Naturmotive " der Ornamentik bei unsern Völkern findet Preuss die Menschengestalt 
und ihre einzelnen Theile, femer den Vogelkopf, den fliegenden Vogel, Fisch, Eidechse, Schlange und 
Krokodil, sowie den fliegenden und den hängenden Pteropus, also lauter animale Motive. Um nur 
Weniges herauszugreifen : Im Kunstbezirk Finschhafen leitet er aus dem Menschenmotiv den Mäander 
(1898, Seite 79), aus dem Vogelmotiv die Spirale ab. Im westlichen Theil (,an der Nordküste 1 ) 
des Schutzgebietes ist die Spirale vorzugsweise der Begleiter der Nasen, ein Beweis, dass sie dort 
von diesen hergeleitet ist. Der Mäander entsteht an der Nordküste aus Mensch, Eidechse und 
fliegendem Pteropus. Da es undenkbar ist, dass diese drei Wesen in dem geistigen Leben der 
Eingeborenen derart ineinander fliessen, dass man in Folge einer Idee zu denselben schematischen 
Linien für alle drei griff, so zieht Preuss daraus die bedeutsame Lehre: in der Ausgestaltung der 
ürmotive ist die Linienconfiguration die Hauptsache, wenigstens in dieser Gegend und das Festhatten 
an der mit der Darstellung der Thiere vielleicht verknüpften Idee gleichgültig. 

Dass auch der Anstoss zur Wissenschaft, sofern wir die allerprimitivsten Ansätze zur Schrift 
als solchen gelten lassen wollen, aus religiösen Motiven entspringt, sehen wir ebenfalls aus der 
oben Seite 235 mitgetheilten Thatsache, dass das Initiationsfest die Leute auf die Idee gebracht hat, 
wenigstens die Zeit und die Erinnerung an bedeutende Feste zu fixiren. Das ist immerhin für 
Menschen, die nicht über die Zahl ihrer Finger imd Zehen hinaus zählen können, ganz respektabel. 
Es hat ihnen wirklich nur der äussere Anstoss gefehlt ; das sieht man auch daraus, dass die Jungen, 
denen auch die Missionare grosse Intelligenz nachrühmen, so dass sie selbst glauben, sie würden, 
zwischen deutsche Kinder gesetzt, mit diesen gleichen Schritt halten können, bereits mit grossem 
Eifer sich der Correspondenz bemächtigten, sobald sie bei den Missionaren Lesen und Schreiben 
gelernt hatten. An ihre auf Urlaub in Europa befindlichen Missionarfreunde richteten sie ganz 
hübsche kleine Briefe oder schriftliche Bitten und Wünsche, die sie mündlich zu stellen sich genirten. 
Vetter theilt *) einen solchen Brief mit , den er von einem seiner Schüler während seines 
Erholungsurlaubs zugeschickt erhielt: ,Beta (= Vetter), wir waren in B. und Du bestiegst das 
Schiff, ich weinte nach Dir. Ich, Gageny, schreibe dies Papier. Wenn Du grosse Perlen hast, 
gieb sie mir, wenn nicht, gieb sie mir nicht! Ich sehne mich nach Deiner Tochter Beleta 
(= Frieda). Dem Ika sein Vater, der alte Ngayaba und der Lematete von Gingala sind gestorben. 
Und ich kam von B. zurück und bin nun auf der Oba-Station. Knaben von Gingala und Yabim 
alle wohnen da. Beta, Deine Monde wie viele und wirst Du wiederkommen oder nicht?* Ja, die 
Cultur ist mächtig bei diesen Leutchen an der Arbeit und die Zeit wird bald vorbei sein, wo dieselben 



*) Im ersten Heft seiner Mittheilungeu Seite 23, 24. Dort sagt er auch, dass die (Jabim?) Leute an der Küste 
kein h und auch kein f und z aussprechen können. 



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— 27& — 

beim Anhören einiger vor ihren Augen durch Kunze niedergeschriebenen Worte erstaunt ausriefen : 
„Das Gekratzte redet r* 

So haben wir also bei unsern Bogadjim - Leuten eine der aüerältesten Anfangsformen 
menschlicher Gesellschaft kennen gelernt, ein Leben ohne Gott, ohne Fürsten, ohne Obrigkeit, ohne 
Religion, aber doch bereits mit den Keimen von Allem. Wie wir bei Betrachtung der Thierwelt in 
Zeiträume haben hineinblicken und Thierformen lebendig vor unsern Augen haben sehen dürfen, die 
für unsern Erdtheil bereits unter dem Schutt von Jahrmillionen begraben liegen, so sehen wip in 
den Tamo^s den Menschen der Steinzeit noch heute auf seiner neolothischen Culturstufe Tor uns; 
uralte prähistorische Staats- und Gesellschaftsformen erblicken wir noch in voüer Blüthe und können 
dank diesen von einem gütigen Geschick und wie durch ein Wunder als unersetzliches Beispiel für uns 
aufbewahrten Urvelkern uns rücksch liessend ein lebendiges Bild formen' von dem geistigen Leben 
unserer eigenen Vorfahren vor tausenden und abertausenden von Jahren. Unwillkürlich kam mir 
beim Anblick dieser Leute der Gedanke: S-o muss der tertiäre Mensch' ausgesehen haben, so 
muss er gewohnt, gelebt, mit diesen Geräthen und Waffen muss er seinen Kampf um's Dasein 
gekämpft haben! 

Doch auch für den Papua ist jetzt das Ende seiner Steinzeit herangekommen. Wir bringen 
ihm das Eisen, wir lehren ihn- die Metalle kennen. Sein Steinbeil hat er schon meistens beiseite 
gelegt oder weggeworfen und steckt in den zurückbehaltenen Stiel schmunzelnd sein Hobeleisen, er trägt 
umd benutzt eiserne Messer und' an seinen braunen Fingern glänzen strahlend tombakene Ringe. Ja, 
dort in. Neu-Gumea. kann man jetzt den merkwürdigen Prozess beobachten, und es ist dies ein 
eigentbjjmlicb.es , Ehrfurchtssehauer erweckendes Gefühl, wie ein Volk einen ganz neuen; Abschnitt 
seines. Daseins beginnt, wie es aus der altersgrauen, primitiven' Steinzeit heraus direkt in das Zeitalter 
der Metalle tritt, aber nicht anf natürlichem, geordnetem und langsamem Wege, wie die andern 
Völker, sondern mit einem: ungeheuem Salto mortale alle Zwischenstufen überspringend, gewaltsam, 
überstürzt. Der neolithische Steinmensch prallt hier direkt mit unserer electxischen flu de siede 
Ctiltur zusammen; er hat den- Leitungsdraht des hochgespannten Stromes derselben berührt und 
diese* Berührung wird wohl, fürchte ich, für ihn eine tödtliche sein. 

Ich, glaube nicht, dass sich heute in Bogadjim noch ein einziges Steinbeil auftreiben läsaL 
Kur erwachsene Männer haben noch mit diesem Werkzeug gearbeitet ; die Jugend kennt es bereite 
nicht mehr. In wenigen Jahren werden nur noch alte Greise zu erzählen, wissen von der Zeit, wo 
man das Eisen noch nicht kannte. 

Wie lange noch und der Papua-Jüngling, nachdem er durch die Clgarrenstiimmelanirage 
sich des Jaworts- seiner Geliebten versichert hat, wird zum Photographen mit ihr gehen und sich 
„abnehmen'' lassen, er wird telephonisch seine Freunde zur Hochzeit laden und wenn, in Erinnerung 
alter Gebräuche, die Spitze des Hochzeitspfeils ihm im Schenkel stecken geblieben ist, sich mit 
Röntgenstrahlen durchleuchten lassen. Seinen Mol, seinen Rindengürtel, vermacht er dann dem 
neuerrichteten Alterthurasmuseum seiner Heimath und stolzirt nur noch im Gigerl - Kostüm einher; 
seine Kinder sind in der Lebensversicherung und ausserdem gegen zehn ansteckende Krankheiten 
immunisirt ; auf Bilibili befindet sich eine Niederlage von Sparkochheerden, und die Bewohner der 
Kai-Gegend rücken in's Stephansorter Wochenblatt: Morgen frisches Menscuenflejsch ! 



— *§« — oc ^ > * — <$&— 



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Anhang*. 



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I. Märchen und Sagen. 



I. Die Erzählung von Kelibob und Mandumba. 

Original-Uebersetzung von Missionar Hoffmann. 
In den Missionsberichten seinerzeit veröffentlicht, aber nicht so ausfuhrlich. 



Kai 



kelibob und Mandumba wohnten an dem Flusse „Gileb" (Flüsschen neben dem Europäer- 
hospital in Stephansort). Beide waren Brüder, Kelibob der ältere, Mandumba der jüngere. Sie be- 
schäftigten sich mit dem Fischfang. Im Walde flochten sie die grossen Fischkörbe (nanir). Eanoes hatten 
sie noch keine. Wenn die Ebbe eintrat und die See vom Strande Laub und Abfall der Bäume weg- 
spülte, benutzten die Brüder dies als Brücke. Mit der Fluth kehrten sie dann nach Hause zurück. Die 
gefangenen Fische waren ihre einzige Nahrung. Jams, Taro und andere Feldfrüchte kannten sie nicht. 
Ausser den Fischen thaten sie noch Steine in ihre Töpfe, aber die Steine wollten beim Kochen nicht 
weich werden. Desshalb assen die Brüder nur die Fische, die Steine leckten sie ab und warfen 
sie in's Meer. 

Eines Tages kam eine Frau aus den Bergen zu Besuch. Die Frau war nicht wie andere 
Frauen. Sie war viel, viel grösser wie alle Frauen, die jetzt leben; ihre Arme und Beine waren so 
dick wie ein Baum. Den beiden Brüdern gefiel die grosse Frau sehr gut Mandumba sagte zum 
Kelibob: „Ich will die Frau zum Weibe haben." Kelibob sagte zum Mandumba: „Du Lügner, mein 
soll sie sein, ich bin der älteste." Und Kelibob bekam die grosse Frau zum Weibe. Er baute ihr 
ein Haus (warum) und sie wohnte mit ihm zusammen. Beide Brüder gingen nun wieder jeden 
Morgen auf die See und fingen Fische. Kelibob's Frau blieb zu Hause und kochte das Essen. Dafür 
bekam sie ihren Antheil Steine und Fische. Aber diese Nahrung gefiel ihr nicht, sie wollte keine 
Steine ablecken. Eines Morgens, als die Brüder dräussen auf der See waren, machte sich die Frau 
des Kelibob einen Spaten zurecht und reinigte damit das Unkraut aus ihrer Hütte und um die Hütte 
her. Dann ging sie ins Haus, streckte den einen Ann aus und schüttelte aus den Gelenken ihres 
Armes eine ganze Stube voll schöner Jams. Als sie die Wohnung ihres Mannes bis oben hin mit 
Jams angefüllt hatte, ging sie in das Haus des Mandumba, streckte den andern Arm aus und 
schüttelte aus den Gelenken des Armes wieder eine solche Menge Jams heraus, dass auch im Hause 
des Mandumba kein Plätzchen leer blieb. Aber auch in den Beinen hatte die Frau noch ein Menge 
Jams verborgen. Als sie beide Beine auswärts warf, dass die Gelenke knackten (peijetjete), fielen 
aus denselben noch zwei weitere Häuser voll Jams heraus. Nach dieser Arbeit setzte sich die Frau 
an den Strand und wartete die Rückkehr ihres Mannes und Schwagers ab. Als die beiden Brüder 
am Abend vom Fischfang nach Hause kamen, wunderten sie sich, dass der Platz um ihre Hütten 
so schön gesäubert war. Die Frau bedeutete ihnen, sie möchten vorsichtig in die Hütten hineingehen. 
Kelibob trug die Ruder und wollte sie unter dem Dach seiner Hütte bergen. Als er das erste Ruder 
mit Gewalt unter dem Dach hineinsteckte, hörte er ein eigenthümliches Krachen. Neugierig öffnete 
er, den Eingang zur Hütte und. da sah er die vielen schönen Jams. ,Was ist das?" fragte er ver- 



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wundert seine Frau. .Das ist ingi (Speise), sagte dieselbe. Eure Steine sind kein gutes Essen. Dieses 
ist gutes Essen.* Und die Frau kochte die Jams und die heute gefangenen Fische. Anfangs wollten 
die beiden Brüder die neue Speise nicht essen. „Werden wir uns auch nicht erbrechen müssen?" 
.werden wir auch nicht sterben?" fragten sie ängstlich. Als sie aber erst die Jams geschmeckt 
hatten, fanden sie, dass sie gut seien und kochten hinfort keine Steine mehr, sondern assen nur noch 
Jams und Fische. 

Der Handumba gönnte seinem Bruder die Frau nicht, weil er sie selbst gern gehabt hätte. 
Eines Tages sagte er, er wäre krank und liess den Kelibob allein zum Fischen gehen. Aber Mandumba 
war nicht krank, sondern stellte sich nur so. Als der Kelibob da draussen auf dem Meer war, führte 
der Mandumba die Frau des Kelibob in den Wald und beschlief sie. Kelibob war draussen auf dem 
Meere und fischte. Da trieb der Strom ein Bündel Blätter in seine Nähe. Die Blätter fischte Kelibob 
auf mit seiner Ruderstange und die Blätter sagten ihm, dass seine Frau untreu geworden war. Er 
nahm die Blätter mit, ging in den Wald hinein und suchte dort solange, bis er einen Strauch fand, 
an dem dieselben fehlten. Der Strauch sagte ihm auch, wie sich die Ehebruchsgeschichte zugetragen 
hatte. Von da an sann Kelibob auf Rache. 

Kelibob wollte ein neues grosses Mannerhaus (bandje) bauen und gab seinem Bruder Mandumba 
den Auftrag, einige verzierte Pfähle und Längsbalken zu dem Hause zu liefern. Aber Mandumba 
verstand es nicht, Holz zu bearbeiten; er konnte weder einen Vogel noch einen Fisch ausschnitzen. 
Kelibob sah ihm eine Zeitlang ruhig zu, endlich sagte er zu dem Mandumba: „Du versiehst es nicht, 
komm her und lass mich einige gaire (verzierte Hölzer) schnitzen." Kelibob ging darauf mit seinem 
Namensvetter (wa), einem Sohne des Mandumba, in den Wald. Dort fällten beide einige Bäume 
und Kelibob schnitt in diese Bäume die Ehebruchsgeschichte seines Bruders ein. Dann verbarg er 
die Hölzer sorgfältig im Walde und gebot seinem Namensvetter Schweigen. 

Am Abend setzten sich Kelibob und sein Bruder Mandumba hin und machten die bei einem 
Hausbau übliche Zauberei. Am andern Morgen sandte Kelibob den Mandumba in den Wald, um 
die geschnitzten Pfähle zu holen. Als Mandumba die Pfahle fand und die geschnitzten Figuren sah, 
erschrak er sehr, denn er merkte, dass sein Bruder Kelibob die Ehebxuchsgeschichte erfahren hatte. 
Als Mandumba die Pfahle herbeigeschleppt halte, gingen er und sein Bruder an den Bau des Männer- 
hauses. Zuerst gruben sie tiefe Löcher in die Erde, in welchen die Pfähle stehen sollten. Die Thiere, 
namentlich die grossen Insekten (girening) halfen die Erde aus den Löchern holen. Kelibob und 
Mandumba holten Betelnüsse, besprachen dieselben und versäumten keinen guten Zauber, damit der 
Hausbau wohl gerathen möge. Die Löcher konnten dem Kelibob nicht tief genug werden. Er befahl 
desshalb dem Mandumba, in eins hineinzusteigen und es tiefer zu graben. Mandumba grub ein Loch, 
so tief, dass er nicht mehr daraus hervorsehen konnte. Als er sich aber bückte, um den letzten 
Rest Erde aus dem Loche zu entfernen, nahm Kelibob rasch einen dicken Pfahl und warf denselben 
mit aller Gewalt in das Loch hinein, dem Mandumba gerade auf den Kopf. „Das ist dafür, dass 
Du meine Frau verführt hast!" rief der Kelibob dem Mandumba zu. Der Mandumba aber drehte 
den Kopf herum und spritzte den Betelnusssaft, den er noch im Munde hatte, mit solcher Gewalt in 
die Höhe, dass sich der Himmel färbte wie bei der Morgenröthe. 

Mandumba war eingeschlossen in seinem Loche und in grosser Noth. Da kam ihm die 
Erdhummel zur Hülfe. Die Erdhummel (mumuk) grub einen langen Gang unter der Erde hin, bis 
zum Oberlauf des Baches Gileb. Mandumba benutzte den unterirdischen Gang und kam tief im 
Walde drinnen wieder an die Oberfläche. Dort am Oberlauf des Baches Gileb fing der Mandumba 
an Kanoes zu bauen. 

Eines Tages ging der wa (Namensvetter des Mandumba und Sohn des Kelibob) am Bache 
Gileb hinauf, um Fische zu fangen. Als er eine Menge Fische gefangen hatte, hörte er Axtsebläge 



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läng läng tang durch den Wald schallen. Er ging auf die Stelle zu, woher die Axtschlage zu hören 
waren und fand dort seinen wa beim Bootbauen. Er gab seinem Onkel von seinen Fischen und 
durfte dafür beim Bootbau helfen. Beide Mandumba blieben zusammen, arbeiteten, assen und 
schliefen zusammen. Gin grosses Kanoe (rubung plangünta) wurde gebaut. Der Rumpf (rubung ani) 
wurde ausgehöhlt. Verbindungshölzer (telüä) wurden in den Rumpf gesetzt. Hölzer, welche Rumpf 
und Ausleger zusammenhalten {kündja), wurden geholt und festgebunden. Auf den Rumpf kam ein 
geflochtener Sitz (djar). Seitenbretter (gilegel) wurden an dem Sitz angebracht tmd oben drüber 
ein Haus (tal) gebaut Dann wurde der Mast (parera) geholt und eingesetzt. Das Kanoe wurde 
mit djimi (gestossener Baumrinde) dicht gemacht. Der Ausleger (sämang) wurde gezimmert und 
gerade gelegt. Da3 Segel (rer) wurde geflochten und aufgezogen. Nachdem alle Theile des Bootes 
eingefügt waren, holten die Beiden Rollen (laun) herbei und schafften das grosse Kanoe hinunter 
zum Strand und in die See. 

In das Kanoe worden alle Thiere vom Lande und aus dem Walde und Ton den Bergen 
hineingebracht. Denn es war sehr, sehr gross. Dann kam ein starker Wind und das Kanoe trieb 
aufs Meer hinaus, immer höher, immer höher, bis vom Lande nichts mehr zu sehen war. Und der 
Wind wurde zum Sturm (kor-kor) und der Bambu, welcher von vorne Mast und Segel hielt, zer- 
brach und alle Stricke und Seile zerrissen und Mast und Segel fielen ins Meer. Zuerst setzte man 
das Huhn ans Steuer, aber der Sturm wehte die Federn des Huhns ins Meer. Da musste der 
Kasuar steuern, aber der war zu ungeschickt (nana*) und trat mit seinem Sporn ein grosses Loch 
ins Boot und das Kanoe wurde angefüllt mit Wasser und sank. 

Der ältere Mandumba überredete nun seinen wa, dass er hinging und seiner Mutter des 
Nachts im Schlafe die Sehnen und Adern aus den Armen und Beinen zog. Mit diesen Sehnen und 
Adern, die fest und dick wie starke Seile waren, wurde nun das Kanoe gebunden und der Mast 
und Ausleger fest gemacht. Die abgeschnittenen Enden der Sehnen und Adern wurden in Büchsen 
von Bambu hineingethan. Als man später die Büchsen öffnete, hüpften eine Menge Tamo's, Männer 
und Frauen heraus und bevölkerten das Land im Osten. 

Mandumba der atte und Mandumba der junge fuhren nun zum zweiten Mal hinaus aufs 
Meer. Auf der Höhe des Meeres hielten sie stille und warfen auf der Seite des Rumpfes eine 
Menge Sand aus. Da hob sich eine Insel aus dem Meere heraus. Mandumba schickte das Huhn 
nach der Insel um zu erfahren, ob dieselbe trocken sei. Das Huhn scharrte im Sande, da kam noch 
Wasser in die Höhe. Mandumba warf noch mehr Sand aus. Nach einiger Zeit schickte er den 
Kasuar nach der Insel. Der Kasuar lief und sein Sporn kam noch ins Wasser. Da rief Mandumba 
den Kasuar zurück und warf noch mehr Sand aus. Dann schickte er das Schwein zur Insel. Das 
Schwein wühlte im Boden, aber kein Wasser kam mehr in die Höhe. Da wurde Mandumba froh, 
brachte alle Sachen und Thiere aus dem Boot auf die Insel, baute sich ein Haus, legte ein Dorf an 
und pflanzte Kokosnüsse. Die Insel nannte er Bagabu (Rieh Island). 

Nach einiger Zeit warfen die beiden Mandumba auch Sand aus auf der Seite, wo der Aus- 
leger des Bootes lag, denn der jüngere Mandumba wollte auch eine Insel haben. Wie sie viel 
Sand ausgeworfen hatten, kam eine Insel zum Vorschein. Da ging der junge Mandumba hinüber, 
um dort zu wohnen. Aber er verstand die Sprache seiner Insel nicht. Da nahm sein wa, der alte 
Mandumba, einen Brodfruchtkern, röstete denselben und warf ihn ganz heiss seinem Namensvetter 
in den offenen Mund, Als -der junge Mandumba den Schmerz im Halse fühlte, schrie er laut: 
Ö tenako! und verstand nun auf einmal die Sprache Beiner Insel. Die Insel wurde merejoü genannt 
(Long Island). 



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— 284 — 

II. Eine Kinder-Erzählung. 

( AusfOhri icher Auszug aus der Kelibob- und Mandumba-Sage Ton Bogadjim. Bereits im Missionsblatt für Kinder veröffentlicht.) 
Original -Uebersetzung von Missionar Hoffmann. 



w- 



i erzählt wohl die Geister-Sage (rotej-sa)? Wer hat wohl zuerst das Boot gebaut? 
Die beiden Namens-Vettern (wa be, wa be) haben zuerst das Boot gebaut. Er stahl die Sehnen 
und Adern seiner Mutter und band damit das Boot. Der eine, altere wa sass auf dem Boot, der 
andere jüngere wa steuerte. Und sie fuhren hinauf aufs Meer, immer weiter. Und der Sturm kam 
und die Rotang-Stricke vorne und hinten rissen entzwei. Der Mast und das Segel fielen ins Meer. 
Und der Südwind (jowon) blies und das Boot fuhr immer schneller. Da setzte sich das Huhn ans 
Steuer. Und der Südwind blies heftiger und das Huhn verlor viele Fedem. Da sagte der Kasuar: 
.Freundin, lass' mich steuern. Du hast genug gethan. Der Morgen ist da, jetzt bin ich an der 
Reihe." Der Kasuar steuerte und das Boot ging unter. Und das Huhn und der Eisvogel und all 
die andern Vögel flogen in den Wald. Der Kasuar aber ging unter. Da kam das Oni (grosses 
Seethier) und nahm den Kasuar auf seinen Rücken und trug Ihn an den Strand und setzte ihn auf 
den Sand nieder. Der Kasuar sagte zu dem Oni: .Bleib ein wenig hier, ich will eben in den Wald 
gehen." Der Kasuar lief geschwind in den Wald und schnitt Rotangstricke und band damit das 
Oni fest. Dann ging der Kasuar hin und holte einen Speer und rief alle Vögel des Waldes zusammen 
und diese holten ihre Speere. Und sie kamen all zu Häuf, um das Oni zu tödten. Da war das 
Oni in grosser Not. Es rief dem Gongömberi (kleinem Nagetier) : ,0 Gongömberi, komm, zerbeisse 
meine Stricke." Das Gongömberi sprach: .Ich habe schlechte Zähne. Die Zähne schmerzen beim 
Nagen." Da rief das Oni den Taschenkrebs (Sangal) herbei: .Komm, zernage meine Stricke." Der 
Taschenkrebs sagte: .Ich verderbe mir meine Zähne." Da kam das Gideng (kleine Beutelratte) und 
zernagte die Stricke. Als die Stricke heinahe durchgebissen waren, kamen der Kasuar und alle die 
Vögel mit ihren Speeren und riefen alalala! (Siegesruf). Aber das Oni riss sich ganz los und 
schwamm ins Meer zurück. .Du bist ein undankbarer schlechter Kerl" rief das Oni dem Kasuar 
zu; dann ging es hinweg. Als die Vögel sahen, dass das Oni weg war, wurden sie dem Kasuar 
böse und der Sangam verwundete ihn mit seinem Speer am Fuss. Und die Narbe hat der Kasuar 
behalten bis heute. 



m. 

Im II. Heft seiner Missionsbroschüren sagt Vetter weiter über die Märchen der (Jabim-) Papua's : 
.Zum Theil sind die Erzählungen sehr schön und können sich mit deutseben Härchen messen. 
Es ist darin besonders viel von Verwandlungen die Rede ; da wird ein Mensch zu Stein, zur Termite, 
zu einer Frucht; aus einer Feder entsteht ein fliegender Mensch, ans Blutstropfen erwächst ein 
Mann und dergleichen mehr. Aber auch Lehren sind darin enthalten ; Menschenfresserei, Lieblosigkeit 
gegen Kinder, Ungastlichkeit finden ihre gerechte Strafe. Deutlich tritt auch die Mordlust der Papua 
hervor, da mit Vorliebe das Totschlagen von Feinden geschildert wird. Horchen wir einmal, was 
die Papua zu erzählen haben: Der Kasuar und der Hahn sassen in einem Boot und ruderten, bis 
sie an ein Dorf kamen. Dort trat ein Mann an den Strand und sagte : .Der an der Spitze hat schöne, 
auf- und abwogende Federn, aber jener am Steuer trägt ein geschweiftes Gefieder." Beleidigt über 
diese Zurücksetzung und wähnend, es läge am Platz, sagte der Kasuar: .Vetter, setz Dich auf meinen 



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Platz! Ich will vorne rudern.* Sie wechselten, aber als sie an ein anderes Dorf gelangten, wurden 
wiederum die Federn des Hahnes gelobt und die des Kasuars geschmäht Wieder forderte der 
Erboste zum Platzwechsel auf, als sich aber der nämliche Vorgang wiederholte, schrie der Kasuar 
voll blinden Zorns: „Vetter, ich zerstampfe das Boot!" — Er thafs, das Boot füllle sich mit Wasser 
und sank. Dem Hahn war es ein Leichtes ans Land zu fliegen. Dort sah er, wie die Menschen 
assen und ging hin, um die Krumen aufzupicken und blieb im Dorf. Dem Kasuar dagegen, der nur 
Flügelansätze hat, ging es schlimm. Er musste viel Wasser schlucken. Da bat er die Fische, sie 
möchten ihn ans Land bringen; er wolle sie reichlich belohnen. Aber diese antworleten, sie könnten 
nicht, weil sie dann stürben. Endlich kam ein riesiger Taschenkrebs heran; der gab der eindringlichen 
Bitte Gehör und trug den Kasuar auf seinem Rücken ans Land. Dort angelangt, verlangte er die 
versprochene Belohnung. Jedoch der Kasuar entgegnete: „Weisst Du denn, dass ich da meinen 
Schatz habe'; 1 Trag mich nur bis an meinen Ort, da sollst Du reichlich belohnt werden!" Der 
einfältige Taschenkrobs gehorchte und trug ihn bis auf einen Berg, wo man kein Geräusch des 
Meeres mehr hörte. Dort wollte der Kasuar zu Haus sein; als er aber bezahlen sollte, da fuhr er 
auf: „Ich gebe Dir nichts, ich bring Dich um!" Damit zerstampfte er den Taschenkrebs. Die 
Erzählung ist eine passende Illustration zu unserem Sprichwort: Undank ist der Welt Lohn. Die 
Schaale des so schändlich gelöteten Taschenkrebses wird noch heutzutage gezeigt auf dem Sattelberg 
in nächster Nähe der Missionsstation und es hat davon der Platz den Namen: Gekagalu =- er hat 
den Taschenkrebs zerstampft, erhalten. Wir erkennen freilich in der vermeintlichen Reliquie eine 
sehr grosse Muschel, deren Hieherkomnien sich aber aus dem Umstand erklärt, dass die ganze 
Gegend gehobenes Land ist.* 

Ueber diese Muschel habe ich schon oben Seite 17 berichlet. Auch diese Sage stellt nur 
ein Bruchstück oder eine Variation der Kelibob- und Mandumba-Sage dar, die anscheinend bei allen 
Papua-Stämmen der ganzen Küste Deutseh-Neu-Guinea's entlang verbreitet ist; denn wir finden sie 
auch auf Siar und der Dampier-Insel. 



IV. 

An dieser letzteren Localität kommt zu Kelibob und Mandumba noch ein dritter: Anute 
oder Anutu, den auch nach dem Zeugniss Vetter's (1. c. IV. Heft, S. 6) die Jabim's als Weltschöpfer 
kennen*). Kunze erzählt (1. c. Heft III, S. 65): .Auf der Dampier-Insel kennt man drei tiwud 
(Götter), den Kelibob, Mannube und Anute, wahre Riesen von Gestalt. Sie sind die Weltschöpfer. 
Die „Welt* bedeutet allerdings für den Papua nicht mehr als sein Stückchen Heimathland. Aber 
seihst solch winzige Welt zu schaffen, ist für einen Papuagott keine Kleinigkeit ; daher nimmt man 
an, dass sich die drei Götter in die Erschaffung der Welt getheilt haben. Mannube, sagten mir 
meine Papua, hat den nördlichen Theil von Neu-Guinea erschaffen, Anute den südlichen Theil und 
endlich, nachdem das Festland entstanden war, Kelibob die Inseln und Gebirge. Zum Erschaffen 
der Inseln und Gebirge gebrauchte Kelibob nichts als einen grossen Bogen und einen riesigen Pfeil. 
Wollte er eine grössere oder kleinere Insel herstellen, so spannte er einfach seinen Bogen und schoss 
mit dem Pfeil bald ein grösseres, bald ein kleineres Stück vom Festlande ab. Als Kelibob so eine 



*) ,.Als die ersten europaischen Schiffe an ihrer KQste erschienen, fanden sie (die Jabim's) dafür keine andere 
Erklärung, als dass Anutu im Anzug begriffen sei. Weiber und Kinder flohen in den Wald, und die Männer legten 
gefesselte Schweine an den Strand, um den an Land kommenden Gott günstig zu stimmen, und riefen: „Da, nimm hin 
und behandle uns gut." Das Schiff hielten sie für ein schwimmendes Stack Land, die Segel für Bananenblatter und den 
aus dem Schornstein aufsteigenden Qualm für Tabaksrauch. " 



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Menge Inseln zustande gebracht hatte, zerriss ihm plötzlich die Sehne seines Bogens. Mit Wacht 
schleuderte er nun den Bogen hinüber auf das Festland und siehe da! mit einem Male erhoben 
sich dort die Gebirge. 

Noch weniger erhebend als diese Schöpfungsgeschichte sind die Märlein, welche sich die 
Papua sonst von ihren Göttern erzählen. Berichteten mir doch die Eingeborenen der Dampier-Insel, 
dass Keliböb von seiner täglichen Schöpfungsarbeit stets sehr ermüdet nach Hause gekommen sei 
und dann zu seiner Frau gesagt habe: „Ich bin sehr hungrig, ich habe sehr gearbeitet — koche 
schnell Essen!' Von Anute sagten mir die Papua, er habe seine Frau Magirpen auf einer Insel im 
Stich gelassen, seine Schwiegermutter Thangel aus Bosheit in einen Stein verwandelt und seine 
Schwester Kamgi zur Frau genommen. Mannube aber, erzahlten mir meine Papua, habe einmal 
mit Eelibob in Fehde gestanden, weil dieser sich gegen Mannubes Ehegespons etwas habe zu 
schulden kommen lassen. Kelibob ergriff dabei vor seinem Gegner die Flucht, kletterte vermöge 
seiner riescnlangen Arme und Beine an dem Stamm eines kolossalen Ngaulbaumes empor und fand 
auf dessen Wipfel einen sicheren Unterschlupf, denn Mannube, der ihn verfolgte, war, wenn schon 
dick Und stark, so doch zu kurzarmig, um ihm nachsteigen zu können. Weil Eelibob auf einem 
Ngaulbaume Zuflucht fand, sahen jetzt meine Papua diese Baumgattung als unantastbar an und 
prophezeiten uns Unglück, wenn wir in der Nähe unserer Missionsstation einen dieser Bäume fällten.* 

Die Kelibob-Mandumba-Anutu-Sage scheint eine polynesische Reminiscenz zu sein. Der 
Name Kelibob findet sich in dem fidjtanischen Kaluvu wieder, Anutu, das nach Kunze mit dem 
Dampierwort nutun, Seele, zusammen hängen soll, in dem allbekannten polynesischen Atua und dem 
micronesischen Anut, Anit, Hani. Mandumba, auf Dampier Mannube, ist vielleicht mit dem Welt- 
schöpfer Nobu der Erromango-Insulaner (siehe Waitz-Gerland, Bd. VI, S. 666) und dem Nopitu der 
Fidjianer- und Banks-Insulaner (Neptun?) verwandt. Wir können demnach wohi Ratzel beistimmen: 
.Man geht nicht zu weit, wenn man sagt, dass das Grundgewebe der melanesischen Mythologie aus 
polynesischen Fäden bestehe." 



V. Sintfluthsagen. 

Ausser der in dem Kelibob-Mandumba-Mythus enthaltenen Sintfluthsage finden wir eine 
solche noch kurz erwähnt in dem Schriftchen von Missionar Bergmann: Die Missionsstation Siar in 
Kaiser-Wilhelmsland, Bannen 1894 S. 18: „Von der grossen Wassertluth erzählen die Alten den 
Jungen, die über die Welt hereingebrochen sei, sodass Menschen und Thiere ertrunken und nur 
wenige gerettet worden seien." 



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VI. Sonne und Mond. 

(Aus: M i Uli e Hangen und Schilderungen von iL Sntter, llianoaar in Simbsng, IL Heft, Seite 28} 



„Die I 



! Papua's hielten sich früher für die einzigen Menschen und ihr Land für die ganze 
Erde, von der sie vermutheten, dass dieselbe einem Pilz ahnlich sei. Den Himmel hielt man für 
fest, getragen von Sonne und Mond und auf der Erde an den Rändern aufliegend. Desshalb wurden 
die Missionare auch gefragt, ob sie durch ein Loch im Himmel gebrochen seien. Ueber das Wesen 
von Sonne und Mond sind sie zu keiner Klarheit gelangt, einestheils vergleicht man sie mit Pilzen, 
anderntheils hält man sie für lebendige Wesen. An eine Umdrehung der Erde glauben die Papua 
nicht, Sonne und Mond laufen, und zwar treten sie den Rückweg entweder unter der Erde durch 
oder über den Himmel hinweg an. Vor Zeiten, wird erzählt, wanderten Sonne und Mond gemeinsam 
zum Schaden der Erde, die zuviel Hitze auszustehen hatte. Keines konnte vor dem andern einen 
Vorsprung gewinnen, bis es der schlauen Sonne einfiel, ihren Handspiess in's Meer zu werfen und 
den Mond zu bitten: »Vetter, heb ihn doch auf!" Der war freundlich genug, diese Bitte zu erfüllen. 
Aber die Sonne wartete nicht, sondern lief schnell weiter. Nach einer anderen Mittheilung beruht 
aber der getrennte Lauf auf gütlicher Uebereinkunft. Für den Mondwechsel hörte ich noch keine 
Erklärung; nur glaubt man, bei Neumond befinde sich das Nachtgestim im Meer, bedrangt von 
Haifischen, Schildkröten und anderen Seeungeheuern, die es auffressen wollen. Befreit durch die 
kleineren Fische, die sich zuhauf sammeln, kommt es wieder zum Vorschein, von den Kindern mit 
Freuden begrüsst. Wie die deutsche Sage von einem Mann im Mond redet, so wissen auch die 
Papua von Bewohnern desselben zu berichten ; Ami und Gasi heissen die beiden, die dort oben ihren 
Sitz haben, unzertrennlich im Leben, vereint noch oben, der eine mit einem Spiess im Feuer sitzend, 
der andere glatt geschoren und einen Hund unter dem Arm tragend. Dass sich manche Papua' 
recht kindische Vorstellungen vom Mond machen, erhellt aus folgendem spassigem Vorgang. Eine 
Anzahl Burschen hatten sich für 12 Monate zur Arbeit in einer Tabakspflanzung anwerben lassen. 
Die Schwarzen zählen aber nach dem Umlauf des Mondes. Um diesen nun zu schnellerem Lauf 
anzutreiben und damit die Rückkehr der jungen Leute zu beschleunigen, warfen ihre Angehörigen 
mit Steinen und Speeren nach ihm, um ihm einen körperlichen Schmerz zuzufügen! — Die Sonne, 
denken die Eingeborenen, muss doch auf ihrem Lauf während des ganzen Tages recht hungrig 
werden , darum haben sie ihm auch eine besorgte Grossmulter zugedacht, die den he ; mkehrenden 
Enkel, man hält nämlich das Tagesgestirn für einen Mann, speist. Die Grossmutter bringt die 
Schüssel, heisst es daher gegen Abend. — Eine Sonnenfinsterniss legte man sich auf die Weise 
zurecht, dass man annahm, die Sonne wäre durch Schuld der Geister gestorben. Da haben früher 
die Leute geweint und getrauert, wohl auch ein Schwein als Leichenschmaus geschlachtet, ja eine 
Frau musste die Stelle der Wittwe einnehmen, worauf das Tagesgestirn wieder lebendig geworden 
sei. Im anderen Falle wäre die Sonne verfault, hätte durch ihren Gestank die Luft verpestet und 
wäre schliesslich auf die Menschen gefallen und hätte sie getötet. Erwähnenswerth ist noch, dass 
die Papua auch einigen Sterngruppen Namen gegeben haben ; so heisst der Morgenstern Sternmutter, 
Aronsstab = aufgereihte Fische, Glucke = die Damo und ihre Schwestern, grosser Bär = Seeadler, 
südliches Kreuz = Kugelfisch," 



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VII. Die Erzählung vom Mond und vom Feuer. 

Zuerst aufgenommen von Missionar Hanke in Bongu. 



In den Dörfern Bogadjim und Bongu lebte früher eine alte Frau, welche allein das Ge- 
heimnis des Feuers kannte. Die alte Frau hütete das Geheimniss sorgfältig in ihrer Hütte. Sie 
kochte das Essen für das ganze Dorf und wenn Jemand Feuer haben wollte, so musste er zu der 
alten Frau hingehen. Das war den Leuten sehr lästig und einige vorwitzige Knaben beschlossen, 
das Geheimniss der alten Frau zu erforschen. Sie legten sich hinter eine Hütte auf die Lauer und 
warteten, bis die Alte ihre Hütte einmal verliess. Dann kamen sie rasch aus ihrem Versteck hervor 
und gingen in die Hütte hinein. Die Hütte war leer, nur in einer Ecke stand ein grosser Topf. 
Neugierig hoben die vorwitzigen Knaben den Deckel von dem Topf, aber wie erschraken sie, als 
aus dem Topf der Mond herauskam. Der Mond stieg in die Höhe und setzte sich auf das Dach 
der Hütte. Die erschrockenen Knaben kletterten dem Mond nach, aber dieser flog auf einen Kokosnuss- 
baum. Auch dahinauf kletterten die Knaben ihm nach und einer konnte ihn noch einmal greifen. 
Aber der Mond war glitschig und entwischte den Händen des Knaben und flog höher und höher, 
bis er sich am Himmel festrannte. Und da hängt er noch bis heute. Und weil der Knabe, der 
ihn auf dem Kokosbaum anfasste, schmutzige Hände hatte, so sieht man bis heute noch die schmutzigen 
Flecken am Mond. 



VIII. Die Erzählung von den Sternen (bonegär). 

Mitgetheilt von Missionar Hoffmann. 



XZ/in Tamo fuhr mit seinem Kanoe den Fluss Gochol hinauf. Da hörte er auf einmal ein 
grosses lo (einen schönen Gesang). Der Tamo zog sein Kanoe an das Ufer und versteckte sich zwischen 
dem Buschwerk am Ufer. Da sah er auf vielen Kanoes die Sterne angefahren kommen, welche 
einen grossen Tanz auf dem Flusse machten. Die Sterne waren sehr geschmückt mit Hunde- und 
Schweinezähnen und geschliffenen Muscheln. Und dem Manne (hat seine Leber weh, wegen der 
schönen Schmucksachen; er kroch aus seinem Versteck hervor und fasste nach einem Kanoe, auf 
welchem die Sterne sassen. Aber die Sterne erschraken, als sie den Tamo sahen und hüpften alle- 
sammt in die Höhe und nahmen die jungen Sterne mit und die Hunde- und Schweinezähne und 
die geschliffenen Muscheln. Und sie kamen nicht mehr auf die Erde, sondern setzten sich an den 
Himmel und dort sieht man sie, die Alten und die Jungen, wie sie Nachts tanzen und auch die 
Schweinezähne und geschliffenen Muscheln, die Sternbilder (bai rata, bai suala und bitjera bai) u. s. w. 



IX. Erdbeben. 



Die 



sie Einen sagen, unter der Erde brenne Feuer; sobald dieses sich einer dünneren Stelle 
nähere, gerathe die Erde in's Schwanken. Andere erzählen, ein Bambusrohr rage tief in's Erdinnere 
hinein, woran zuweilen ein Mann zöge, sodass die Erde in Bewegung käme. Nach einer dritten 
Meinung sitzt irgendwo in einer tiefen Erdhöhle eine Person mit einem kürzeren und einem längeren 
Fuss. Fast immer bliebe sie ruhig sitzen, stände sie aber auf und wandere herum, so wackele der 
Erdboden. 



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X. Wind. 



De, 



Jen Wind stellt man sich augenscheinlich als etwas Persönliches vor, denn von ihm wird 
erzahlt, dass er, besonders in der Hegenzeit, die Brotfruchtbäume tüchtig rüttle und schüttle, sodass 
reichlich Früchte herunterfallen. Dann gehe er heim und fordere nach vollbrachter Arbeit seine 
Grossmutter — die nach Vetter überhaupt eine grosse Rolle spielen soll — auf, die Brotfrüchte 
aufzulesen. Doch die Dorfleute seien schneller und kamen ihr zuvor, sodass sie leer zurückkehren 
müsse. Voll Wuth schlägt sie nun der Enkel; damit aber hat er sich ausgetobt und die Natur 
wird ruhig. 



XI. Thiermärchen. 



Um 



J nter den Thieren giebt es nach der Erzählung der Eingeborenen solche, die andere durch 
Schlauheit überlisten oder sich als Hexenmeister auszeichnen, die sich der Weibchen wegen befehden 
oder in Beziehung, verwandtschaftlichem und sonstigem Verhältniss, zu einander stehen. So gelten 
die Eidechsen, die sich zahlreich in den Häusern aufhalten, als Verwandte des Krokodils, wegen der 
ähnlichen Gestalt, und wird daher die Warnung erlassen, sie nicht zu quälen, damit sie nicht dem 
Krokodil ihr Leid klagen und dieses die Misshandlung räche. 

Vom Kasuar und dem Nashornvogel wird berichtet, dass sie sich gegenseitig das Gefieder 
gemacht hätten, um fliegen zu können, dass aber der Nashornvogel nichts davon verstanden habe, 
weswegen der Kasuar ganz auf das Laufen angewiesen sei. 

Der Basilisk und die Eule gelten als Zauberer. Das Känguru habe seine Gestalt im Kampf 
mit den Hunden erhalten. 

Auch die Beobachtung, dass der grüne Papagei über den Flügeln roth ist, während der 
rothe Papagei nur diese Farbe trägt, wird mit einem Streit der beiden in Zusammenhang gebracht; 
der rothe habe die Frau des grünen gestohlen und der erzürnte Gatte habe den Verführer über den 
Kopf geschlagen, so dass dessen ganzer Körper von Blut überströmt worden sei, er selbst erhielt 
von seinem Gegner einen Stich in die Seite, von dem die rothe Färbung dieser Stelle herrühre*). 

Einer Weiberfehde soll auch der Lederkopf seinen langen Hals zu verdanken haben, sein 
Feind packte ihn beim Schopf und zerrte und zog, bis der Hals diese Länge erreichte. 

Als ich einmal unsere Schüler bei der Gartenarbeit beaufsichtigte, erschlug einer von ihnen 
eine vorbeihuschende Eidechse mit den Worten: .Warum hast du uns belogen!" Auf meine Frage 
erhielt ich folgende Auskunft : Vor langer Zeit lebten die Menschen nicht auf Erden, sondern im 
Himmel und hatten da Ueberfluss an allem Guten. Die Erde war Aufenthaltsort der Schlangen und 
sonstigen Thiere. Da kam die Eidechse zu den Menschen und schilderte ihnen mit verführerischen 
Worten die Erde und ihren Reichthum an grossen, köstlichen Früchten und lockte so lange, bis die 
Menschen, durch ihre Vorspiegelungen verleitet, sich an der Ranke eines spanischen Rohres vom 
Himmel auf die Erde niederliessen. Als sie aber hier Umschau hielten, sahen sie sich bitter 
enttäuscht; und das Schrecklichste war, dass der böse Tausch niemals rückgängig gemacht werden 
konnte. Die hinterlistige Eidechse hatte das Rohr durchgebissen und so die Verbindung mit den] 
Himmel abgeschnitten. Seitdem leben die Menschen auf der Erde. (Vetter, 1. c, IV. Heft Seile 8.) 

*) Dabei wisse» aber die Papua's ganz gut, dass bei'm Eclactus — um diesen handelt es sich — das Männchen 
grfln, das Weibchen roth ist D. V. 



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- 290 - 

XII. Aus der Märchenwelt der Papua's in Kaiser-Wilhelmsland. 

Von Missionar J. Vetter in Simbang (Neu-Guinea). 
(Abgedruckt aus den HittbeiL Geogr. Ges. Jena 1891—92.) 



u- 



Jnter den Eingeborenen von Neu-Guinea cirkuliren auch überlieferte Geschichten und 
Erzählungen, die aber nach dem eigenen Geständniss der Schwarzen nicht Anspruch auf Wahrheit 
machen. Wie überall, ist auch in diesen Märchen (sepoao) des öfteren von Verwandlungen die 
Rede. Wie e3 scheint, hat jede Landschaft ihre eigenen Erzählungen, denen die Leute in ebenso 
lautloser Stille und mit der nämlichen gespannten Aufmerksamkeit nachts, um ein Feuer gelagert, 
lauschen wie deutsche Kinder, wenn sie 1001 Nacht lesen oder noch lieber einem guten Erzähler, 
resp. einer Erzählerin zuhören. Recht schön macht es sich, wenn dabei ein kleiner Gesang einge- 
schoben wird, wobei sämmtliche Zuhörer einfallen. Es mögen nun einige solcher Märchen hier folgen. 
Die Jabim wissen viel von Zwergen zu erzählen, die in Wäldern und Höhlen hausen. Zur Nachtzeit 
hört man, wie sie rufen und pfeifen. Nachts kommen sie auch an den Strand, um zu tischen. 
Dabei beobachten sie aber ihre eigene Methode. Sie stellen sich in's Wasser, und an ihren sehr 
langen Haaren beissen nun die Fische an, die sie dann an den Strand schleudern. Dort finden 
manchmal Eingeborene tote Fische, die nach ihrer Spekulation nur die Zwerge zurückgelassen haben 
können. Freilich, ein Märchen kann man die Sage von den fischenden Zwergen im Sinne der Papua's 
kaum nennen, da sie selber an das Dasein dieser Geschöpfe ihrer Phantasie zu glauben scheinen. 
Wenigstens behaupten sie, dass von ihren Stammesgrnossen ein solch kleiner Kerl wirklich einmal 
gefangen worden sei, und zwar vor nicht allzulangcr Zeit. Derselbe sei so lange gesund und munter 
geblieben, bis man ihm sein langes Haar abschnitt. Damit war seine Lebenskraft dahin; er starb. 
Auch von geschwänzten Menschen gebt hier wie anderwärts die Rede. Diese Affenmenschen 
sollen wie die Schwarzen leben. Mit dem Verlust des Schwanzes entflieht das Leben. Das Komischste 
bei der Sacht; ist, dass verschiedene Schwarze mir gegenüber als Augenzeugen sich ausgaben und 
behaupteten, tief im Innern des Landes hätten sie diese Missgestalten leibhaftig gesehen. Den Beweis 
dafür haben sie freilich trotz der ausgesetzten hohen Belohnung bisher noch nicht erbracht. 

Ein mit vielen Wunden bedeckter Bursche wurde von den Leuten im Spott zum Tanzen 
aufgefordert. Da klagte er sein Leid der älteren Schwester, welche Krebsgestalt annehmen konnte. 
Diese war bereit, seine Stelle zu vertreten, wozu sie sich denn auch zweckentsprechend verkleidete. 
So tanzte sie die ganze Nacht hindurch, ohne dass die Verwechslung offenbar wurde. Bei Tages- 
dämmerung sagte sie, sie könne nicht beim Essen bleiben, sie müsse nach Hause, um ihre Schweine 
zu füttern, sie wolle wiederkommen. Daheim legte sie ihre Verkleidung ab und ging in den Bach 
als Krebs. Der Bruder nahm sich darauf eine Frau, die der Meinung war, derselbe sei der gewandte 
Tänzer in jener Nacht gewesen. Von ihr bekam er ein Kind. Als dessen Mutter nun einmal in 
die Plantage ging und das Kind zurückliess, kam die Tante aus dem Bach, putzte den Kleinen, 
bestrich seinen Kopf mit der beliebten rothon Ockerfarbe und schaukelte ihn auf ihren Armen, wozu 
sie folgenden Gesang anstimmte: „Damam (Dama = Vater) Tukalu matu ugangase ugangase (gesa = 
geschwürig) samauroi (sao = Tante) ai i wago wago wago gete we Ngaioo geo denam (dena = 
Multer) geo damam.* Das heisst etwa: „Als dein Vater Tukalu, der Kleine, Geschwüre hatte, habe 
ich, deine Tante, der Krebs, getanzt. Ngaio (?) deine Mutter schaukelt, dein Vater schaukelt dich." 
Als die Multer des Kindes vom Felde zurückkam, fand sie ihren Jungen geschmückt; der Vater aber 
erklärte auf Befragen, er habe es gethan. Doch bei Gelegenheit eines weiteren Besuches der Krebs- 
schwägerin erfuhr die Frau den wahren Sachverhalt. Die Tante verbrannte sich hienach beim Braten 
von Taro die Hand, sodass diese aussah wie ein gekochter Krebs (ob hier vielleicht der Schlüssel 



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_ 291 — 

zum Vei'stänrlniss dieser wunderlichen Geschichte liegt ?), worauf sie laut klagend in den Bach ging 
und fortan die Krebsgestalt dauernd behielt. Die anderen Personen dieser Geschichte wurden in 
ihrer Grösse entsprechende Steine verwandelt, und unter ihnen hat nun der Krebs seine Wohnung 
aufgeschlagen. 

Nicht übel ist das folgende Märchen, das eine ganz hübsche Nutzanwendung zulässt. Ein 
selbstsüchtiger Mensch pflegte sich überall, wo eine Schmauserei stattfand, einzustellen. Er bekam 
auch jedesmal sein Theil mit nach Haus. Aber damit begab er sich nicht zu seiner Familie, sondern 
setzte sich in den Wald und verzehrte alles selbst, daheim vorgebend, er hatte nichts erhalten. Frau 
und Kinder erfuhren freilich bald den wahren Thatbestand. Wenn er nun mit seinem Frass — 
sit venia verbo — allein war, hatte er die Gewohnheit, beide Augen herauszunehmen und sie von 
sich zu werfen, um sie dann nach Beendigung des Mahles wieder zu sich zu rufen. Als er nun bei 
bewusster Gelegenheit wieder einmal das eine Auge gegen die Mündung des Bache3, das andere 
flussaufwärts warf, nahmen seine beiden Söhne, die dem Vater nachgeschlichen waren, dieselben auf 
und eilten damit ins Dorf zurück, wo sie dieselben in eine Schale mit Wasser legten. Der Selbst- 
süchtige rief nun, wie gewöhnlich, seine Augen, diesmal aber ohne Erfolg, und nun tappte er, überall 
anstossend, nach seinem Hause und wälzte sich vor demselben auf dem Boden, wehklagend um den 
unersetzlichen Verlust. Was ihm denn fehle, riefen Weib und Kinder mit verstellter Theilnahme 
aus der Hütte. Dann aber nahmen sie ihn in's Verhör und fragten, ob er denn nicht da und da 
von dem Festschmaus etwas abbekommen, aber es selber aufgezehrt hätte. Zur Strafe für seine 
Selbstsucht Hessen sie ihm seine Augen nicht zukommen bis an den Abend. Da gaben sie ihm 
dieselben wieder zurück mit der Ermahnung, künftig mehr an Frau und Kinder denken zu wollen*). 
Uebrigens wissen die Eingeborenen noch von einem höheren Wesen, das sie Ding 
nennen und dem sie eine sehr grosse Gestalt andichten. Manchmal sieht man Steine zwischen den 
Aesten der Bäume liegen, welche dieses Wesen dahin gelegt haben soll. Ding und seine Gattin 
Gakweng werden sinnbildlich dargestellt unter einer Art Pfeife oder Flöte aus Bambu, auf welcher 
die Beschneidungscandidaten blasen, (cf. hierüber die Anmerkung auf Seite 186, d. V.) 



Die 



xm. Zwei Asa- Erzählungen aus Bogadjim. 

Origioal-Uebersetznng von Missionar Hoffmann. 
I. 



/ie Grossmutter sass und machte sich eine Schürze. Als sie die Fäden der Schürze 
zerrieb, kam ihr Enkelsohn: „0 Grossmutter, gieb mir eine reife Banane! gieb mir doch eine reife 
Banane!' Die Grossmutter sagte: .Schweig stille! Bananen habe ich keine!" „Ah! Grossmutter, du 
hast Bananen"! „Ah! Kind ich hab' keine Bananen!" „Ah! Grossmulter du lügst: ich will Bananen 
haben." Da schlug die Grossmutter ihren Enkel: „Ich habe keine Bananen!" Als die Grossmutter 
ihren Enkel schlug, da fing er an zu weinen und als er laut heulte, kam sein Vater: „Warum weinst 
du so laut?" „Grossmutler hat mich geschlagen." „Warum denn?" „Ich will eine reife Banane haben." 
„Ah! Desshalb soll sie dich nicht schlagen; schelten darf sie dich, aber nicht schlagen." Da ging die 
Grossmutter zornig in's Asahaus. Der Grossvater blieb draussen sitzen. Die Grossmutter holte die 
Asa-Instrumente. Sie nahm das Kürbishorn, sie holte die Bambuhömer, ihre Hand griff die Asa- 
Rassel (nangam), sie blies auf den Hörnern, sie rasselte mit der Asa-Rassel, sie rief dem Grossvater 

•) lieber das Augen- Weg werfen vergl. die von Ratiel 1. c. Band I. Seite 38 mitgetheilte hawaiische Soge. D. V. 

37* 



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— 292 — 

zu: ,0 Grossvatcr, lauf weg! oihr Männer, lauft alle weg, jetzt kommt der Asa!" Aber der Grossvater 
(moma mel) lachte: »Ich bin nicht bange!" Und der Grossvater blieb im Dorfe sitzen. Da rief die 
Grossmutter (moma zebing) noch lauter: ,0 Grossvater, lauf weg! hörst du nicht den Asa kommen! 
Grossvater lauf! lauf! lauf!" Aber der Grossvater lachte und blieb sitzen. Endlich sagte der 
Grossvater: .Grossmutter, komm heraus! komm heraus! du kannst nichts. Grossmutter, heraus! heraus!" 
Und die Grossmulter stellte beschämt die Asa-Instrumente an ihren Platz. Als die Grossmutler aus 
dem Hause kam, sagte der Grossvater: „Grossmutter, geh', koche das Essen, jetzt gehe ich in das Asa- 
Haus. Und die Grossmutter setzte sich hin zu den Töpfen, kochte das Essen und nähte ihre Schürze. 
Da nahm der Grossvater die Asa-Instrumente in die Hand, setzte sie an den Mund und höäö höoo! 
hm hmmm! rief es aus dem Asa-Haus. ,0 Grossmutter lauf! der Asa kommt! Grossmutter lauf! 
lauf! lauf!" Und die Grossmutter erschrak und sie liess den Bart fallen und den Lendengurt und 
die Tasche, sie liess die Töpfe stehen und die Schürze liegen und sie lief, was sie laufen konnte. 
Und der Asa kam hinterdrein hööö hoööo hm hmmm! Der Asa riss die Häuser ein und schlug die 
Bäume um. Und die Grossmutter konnte nicht mehr laufen, da nahm der Grossvater den Asa und 
brachte ihn ins Haus zurück. „O Grossmutter komm wieder, ich habe den Asa weggejagt! ich habe 
den Asa eingesperrt." Und die Grossmutter kam zitternd zurück: ,0 Grossvater, sieh da den Bart! er 
ist dein, ich will keinen Bart; sieh' da den Bogen, er ist dein, ich will keinen Bogen; sieh' da den 
Lendengurt, er ist dein, ich bin eine Frau, ich will den Topf, die Schürze und die Tasche, ich bin 
eine Frau, du bist der Mann. Grossvater, nun nimm, was dir gehört, ich bin eine Frau, mir gehörl 
der Asa nicht." 

Und sie setzten sich an die Schüsseln und fingen an zu essen. 



II. 

Einem Tamo war sein gai (Freund) gestorben. Ein Mann aus den Bergen kam und sagte 
ihm an: Dein gai ist gestorben. Da nahm der Tamo seinen Speer, seinen Bogen, seine Pfeile; da 
rief er seinen Enkel herbei und beide gingen hinweg, stiegen hinauf ins Gebirge zum Begräbniss. 
Der Tamo begrub seinen gai ; als er ihn begraben hatte, da nahm er einen Hund und schlug ihn 
todt, da holte er Feldfrüchte herbei und machte ein grosses Essen. Einen Teil des Essens wickelte 
er ein, den Hund legte er bei Seite. Dann ging er mit seinem Enkel weg; in einer Feldhütte 
kehrten sie ein. Der Junge holte Holz. Der Tamo zündete ein Feuer an und kochte den Hund. 
Der Junge fing an zu weinen, der buka (böser Geist) kam herbei. „Gieb ihm die Hände des Hundes 
— gieb ihm den Kopf des Hundes — gieb ihm die Schulter des Hundes — gieb ihm die Ohren 
des Hundes — gieb ihm das Kinn des Hundes!" — Das andere ass der Junge alles auf. — Als der 
buka wieder wegging, da schlug er den Tamo. Da fing er Krieg mit dem Tamo an. Da riss er 
ihm die Augen aus und frass sie — da saugte er ihm das Blut aus. Da verstümmelte er ihn ganz 
und gar. Einen Knochen liess er herabfallen, den hob der Enkel des Getödteten auf. Damit lief 
er hinweg, hinein ins Dorf. Da schrie er seinen Vater an: „0 dein Vater! Dein Vater! Der buka 
hat ihn geschlagen — getödtet — gefressen! Hier seht einen Knochen!" Da wurde die Asa- 
Trommel gerührt. Da kam der Asa herbei. Er nahm eine Fackel, er nahm ein Schwert (zebora). 
Und der Asa fing Krieg mit dem buka an, schlug ihn, tödtete ihn, röstete ihn, frass ihn auf. Dann 
ging der Asa heim, man fing ein grosses Schwein, das wurde dem Asa gegeben. 



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II. Wörterliste der Bogadjimsprache. 

Mitgetheilt von A. Hoffmann. 

Bezüglich der Aussprache des Buchstabens X w 'rd auf die Anmerkung Seile 198 verv 



5 der Morgen. 



S übst. int Iva ; 

Anjam, die Sprache. 
Lan, der Himmel. 

Mandam, die Erde. 

Zeng, die Sonne. 

Bai, der Mond. 

Bong», der Stern. 

Ouiii», Nord. 

(luta, Süd. 

Taun, Ost. 

Bebeng, West. 

Bau, der Tag, eigentlich der Handelstag. 

Zeng-k midie I 

Keppe/nlo | 

Z,ng-kob. 1 ^ 

jfänam ) 

Zeng-kinielle, der Abend. 

Hila/o, es ist Abend. 

^olo, die Nacht. 

Wau, das Jahr, eigentlich das Feld. 

Jagua, der Wind. 

Kor- Kor, der Sturm. 

Mim in g, das Erdbeben. 

Kölla, der Bonner. 

Miiijäll, der Blitz. 

Lanbi, die Wolke (wflrtL Himmelskoth). 

Zassa, der Nebel. 

Zaua, das Wetter. 

Budü, der Thau 

Aüa, der Regen. 

Zaue, Besitztum. 

Wau, das Feld, Garten. 

Gung, die Ebene. 

Muiia, der Berg, zugleich Laus u. Nase. 

Jambang, Gebirge. 

Nänju, der Wald. 

Arar, der Graben. 

Bell, die Grenze. 

Kuxe, das DorF. 

Gaki, die Hohle. 

Nui, die Insel. 

Alele, der Strand. 

Karkar Dampier-Insel. 

üagabu, Ricu-EUnnd. 

Mening, der Stein. 

Girger, der Staub. 

Ulül, der Sand. 



Bio, Eisen. 

Namjuo, Feuer. 

Gorem, der Rauch, Dampf. 

Ja-Gorem, Wasser-Dampf. 

Nam-Gorem, Rauch. 

Kasch- Gorem, Tabaks-Rauch, 

Wi, die Asclie. 

Namsä, die Kohle. 

Ja, das Wasser, Süsswasser, Bach, 

Juäl, das Heer. 

Pulprtl, die Quelle. 

Nim, der Baum. 

Säm- ttiiig, Holz. 

Nam-maring, Busch. 

Nam-schno, die Blüthe. 

Schö od Schuö. die Blume. 

Nam-banga, das Blatt. 

Nam-ge, die Frucht. 

Nam-djerim, Wurzel. 

Nam-Gara, Rinde. 

Gambang, die Schale. 

Ning, das Gras. 

Luwl, Dorn, auch Spitze. 

Im ha, Bambu. 

Zurem, Betel. 

Miinge, Banane. 

Bali, Brolfrucht. 

Bäli-zoral, Kern der Brotfrucht. 

Guwel, andere Art der Brotfrucht. 

I.iki, langes Gras, 

Silat, wildes Zuckerrohr. 

Zekwai \ 

Gurkus, Mais. 
Bern, Sago, 
lang, Zuckerrohr. 
Töruo, Gurke. 
Zambi, Jams. 
,/aning, Taro. 
Merme, Bohne. 
Zora, Baumwolle. 
Juai, Mango. 
Lee, Ingwer. 
Alam, Maniok. 



• Kurbisarten. 



Hu, Rollen. 

Mang, Unkraut. 

Warr, Deckblatt der Cigarre. 



Bei, das Schwein. 

Bei gübo, der Eber. 

Bei jali, die Sau. 

Bann, der Hund. 

Gumbu, die Katze, eine Art Kuskus. 

Jimbing, Maus. 

Ma, Beuteltier. 

Gare warn, fliegender Hund. 

Gebari, Vogel. 

Bari, der Flügel. 

;ala oder Lala, die Feder. 

Tadel, Ei. 

Gebari-gaki, Nest. 

Due, Huhn. 

Siwirr, grün, Papagei. 

Bunong, eine Art Tauben, 

Görio, Kran elltaube. 

Due in, Paradiesvogel. 

Tigeijur Gicinnurus regius. 

Göba, Nashornvogel. 

^■al, Rabe. 

Kiadfce, Kakadu. 

XaX\, Kasuar. 

Malaiin, Busch huhu. 

Baging, Habicht. 

Amal, Schlange. 

Ria 

Guretü 

Mamämhu 

Güe daubü 

Djfll 

Baünkuli, kleine giftige Schlange. 

Wangaim, Krokodil, 

Balum, Frosch. 

Zuar, SchildkrSle. 

Millem, Aal 

Ge, Fisch. 

^•otej, Walflsch. 

Samsam, Hailisch, 

Nanjäk, Fliege. 

Gab, Schroeiss-Fliege. 

Uuging, Wespe. 

Tarwöte, Schmetterling. 

Mamängi, Raupe, 

Langang, Spinne. 

Dendjem 1 

Dindjal 

Häna, Laus. 



i grossen Schlangen. 



} Ameise. 



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gle_ 



Jfuak, HuadeOoh. 


Njalök, Gehirn, Rückenmark. 


Biani, Magen (wörtl. Mutter d. Kotbes.) 


Deting, Tausenilhiss. 


Käkoro, Hals. 


Pung, Harnblase. 


Sargüm, Korallen. 


Dojfobsi, Genick. 


Gaunloro, Dickdarm, 


Tschoror, Ringwurm. 


/atjumbum, Luftröhre (wörll. Halsflöte.) 


Bis inj am, Dünndarm. 


Gajing, Moskito. 


Dotnera, Nacken. 


Leng, Blut 


Bubui, Nautilus-Muschel. 


Tanü, Körper. 


Mungum gar, Milch (wörtl. Eiter d. Brust.) 





Aralarga, Brust. 


Nges, Schweiss. 


Tamo, der Mensch. 


Mungum, weibl. Brust 


Bf, Koth. 


Tama, der Mann. 


Mene, Bauch. 


Misse), Spucke. 


Gümbulo, der Gälte. 


Zerelnäm, Nabel 


Jasilibi, Harn. 


Mom.i, Grosselle m. 


Djärbanga, Seite. 


Namja, Thrftne, 


Abu, Vater, 


Auar, Schlüter. 


Ju, Wunde, Geschwür. 


Zi reli, sein Valer (wörtlich: sein Alter.) 


Gi, Achselhöhle. 


Zerel, Bauchfell 


Ai, die Mutter, Mutier. 


Köre, Röcken. 


Gär, Eiter. 


Ani, seine Mutter. 


Bi damram, Gesäss. 


Langa ma, Fieber. 


Angro, Kind, Sohn. 


Denk im, Leistendrüsen. 


Dojfol, Husten. 


NM, sein Sohn. 


Jasilihi, Galle. 


Managille, Schnupfen. 


Dungengi, Mädchen, Tochter. 


Dowül, Schooss. 


Zerelbo/o, Leibschmerz. 


Was, Bruder. 


Bang, die Hand, Arm. 


Türewung, Pocken. 


Aiibe, sein Bruder.') 


Bang-kore, RQcken der Hand. 


Bi-leng, Dysenterie (wörtl. Blulkoth.) 


Koko, Schwester. 


Bang- Wie, Handfläche. 


Buka, Geist der Verstorbenen, böser Geist. 


Nawi, seine Schwester. 


Rang- darum, Handgelenk. 


Wabür 1 

M . j Schatten. 


Ungasari, Weib. 


Bang-tangrim, Finger. 


Assi, seine Tochter. 


Bang-an) ,derDaumen (wörtl. Mutt er d . Hai id .} 


Nam, Name. 


Nau, Gattin. 


Bang bömelo, Zeigefinger. 


Gur, Beiname. 


/obül, Wittwe. 


Bang-tamole, Mittelfinger. 


Hondor, Hauch. 


Kate, Kopf. 


Bang-du, Ring- und kleiner Finger. 


Marmar, Rede. 


Kiitebunu, Hinterkopf. 


Bang-gala, Nägel der Finger. 


Gunung, Seele. 


Dabtangi, Schlafen. 


Singa, Fuss, Bein. 


Kure, Dorf, 


Ulatamo, Gesicht. 


Singa-tangrim, Zehen, 


Mo rote. Dach. 


Kälebanga, Haar (wörtl Blatter d. Kopfes.) 


Singa-gala, Nägel an den Zehen. 


Tal, Haus, 


Namgala, Auge. 


Singa-bele, Sohle. 


Bantje, Haus der Männer. 


Namdu, Augapfel 


Singa- korfi, Fussrücken. 


Biiljua, zweiter Stock, 


Namkunjill, Augenbrauen. 


Singa- taDgi, Knöchel. 


Kombi, Veranda. 


Nambarf, Wimpern. 


Singa pogü, Ferse, 


Teta, Treppe. 


Land ja, Stirn. 


Singa- tombol, Knie. 


Zirame, Thor. 


Medabu, Mund. 


Singa-damu, Waden. 


Polom, Fenster, der hintere Ausgang. 


Medebrem, Lippe. 


Namur, Fett 


Zurum, der Raum unter dem Hause. 


Ära, Kinn. 


Ninjim, Fussspur. 


Warum, Zimmer. 


Mentjim, Bart 


Djedjungum, Härchen der Haut, Fell. 


Kräng, Feuerstelle. 


Katebf. Loken (wörtlich : Kopfkoth.) 


Gara, Haut 


Bitjal, Bett. 


Hing, Zunge. 


Tanü, Knochen. 


Kab'ka, Schlafpolster. 


Rälage, Zahn. 


Djärbanga- tan u, Rippe. 


Djeng, Zaun. 


Wallinge, Wangen. 


Gauantutanu, Schlüsselbein. 


Tütu, Nagel 


Mänarobü, Nase, resp. Nasenrücken. 


Damii, Fleisch. 


,?ubuug, Boot, Schiff, 


Mannsahu, Nasenflügel 


Ring, Sehne, Ader. 


/ubung parera, Mast. 


Managaki, Nasen-Loch. 


Rutbutju, Puls, Herzschlag. 


Ojo, Ruder. 


Manakunjill, Nasen-Spitze. 


Mangij'oki, Herz. 


/er, Segel 


Däbgala, Ohr. 


Zuloböm, Niere. 


Kunl, Steuer. 


Däbgaki, Gehörgang. 


Gumälare, Milz. 


Samäng, Bootsausleger. 


Kateselang, Glatze. 


Bulum, Lunge. 


Zeboru, Schwert, Stock. 



) Hieuach ist die auf Seite 233 gemachte irrthümlicbe Angabe z 
nicht jüngere Schwester. D. V. 



corrigiren. Aube heisst nicht jüngerer Bruder, 



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Tönung, Stock. 


Gagung | 


kiete, warum. 


Ang, Bogen. 


kiara, wozu, wofür. 


Ang-relf. Bogenrücken. 


ManagascbJra, Nasen-Pfeil. 


gäbe, wo. 


Ang-bor, Bogen- Sehne. 


Singa dsaue, Beinringe. 


gabenümo, vonwo, woher. 


Gadja, Speer. 


Därula, kleiner Halsschmuck. 


gäbettero, woher. 


*"» dn ipM. 

Ang ge J 


Sula, Halsschmuck aus zwei gr. Huscheln. 


gembu und gembuo, wann. 


Bel-ralage, Halsschmuck a. zwei Schweins- 




Pakm, Pfeil für Schweine. 


Zahnen. 


Adjectiva. 


Zirlnge, gezackter Pfeil. 


Ge-ralage, Halsschmuck aus Hundezähnen. 


koba, gross. 
göke, hoch, 
oleque u. 1 
olekoba J ^' 
robü, Lief. 
djeril, seicht. 


Dumn, grosser Schild. 
Sabäm. kleiner Schild. 


Kolk öl, Brustschmuck der Hänner. 
Gobi, Brustschmuck. 


Jima, Angelbaken. 


Täpu, Hasken. 


Sil, Schnur. 
Tämtang, Hammer. 
Serie, R am bu- Messer. 


Silum, geschnitzte Ahnen -Figur. 
Ingi, Speise. 
Güe, Suppe. 


Taporr, Beil. 


Bern, Brod von Sago. 


"J 1 alt. 
reli | 


Jinga, Hobeleisen. 


Bar, Salz. 




Njöm, Feile. 


Goreng, Oel. 


gulwö, schwer. 


K&teborang, Kamm. 


Hasch, Tabak. 


k inieile, klein. 


Gotch, Gabel. 


Hiseran, Gemüse aus Turn blättern. 


truKldl. | lm 


Kesch, LBETel. 


Günjam, Zauberei. 


Gedate, Spaten. 


L6, Gesang, Tanz. 


jaun, schwach. 


T einer, Besen. 


Borne, rothe Farbe. 


singelat, stark, fest. 


Gunung, Spiegel. 


Murmung, Trauerfarbe. 


djungu. eng. 


Wanggnl, Fackel. 


Kolele, Perlen. 


tenengi, gerade. 


Gumbing, Haullrommel. 


küdjiii, eins. 


jfala, scharf. 


Tjumbum, Flöte. 


ajill, zwei. 


gad 1 ■ 


Gumma, grosse Trommel. 


^alub, drei. 


., ... \ weiss, 
jemin J 


Wägern, kleine Trommel. 


.jolere, vier. 


tulu, schwarz. 


Gäniganing, Schleuder. 


bang anikobo, fünf. 


djedjika, schmutzig. 


Hot, Flasche von einem Kürbis. 


bang ajil anikobo, zehn. 


leng, roth. 


Jaling, Flasche. 




meli, gelb, reif, dürr. 


Raünga, Strick. 


Pronomina. 


rentjem, grün. 


Amik, Stopfen. 


e, ich. 


&}** 


Web, Topf. 


ni, du. 


Tawirr, SchusseL 


a, er. 


kang-kang, heiss, warm. 


Kulura, Kasten, Kiste. 


ago, wir zwei, ihr zwei. 


daua, trocken. 


Hang! gümba, gefl. Korb. 


ika, wir drei, ihr drei 


njungn, nass, feucht. 


Ra, Netz. 


ga, wir alle. 


g * 8eki . unreif. 


N nilirr, grosser Fischkorb. 


nango, ihr, sie alle. 


ungaria J 


U, kleiner Fischkorb. 


agide, dieser, jener. . 


leleng, laot, Geschrei. 


liiiiiobu, oder ga, Kalkdose. 

Ga tomboll, Löffel zur Kalkdose. 


seki, selbst 
he, der andere. 


J^* f verfault, schlecht 


Ga-Wi, Kalk. 


djote, mein. 


kaneng, und kaneneng schief, krumm. 


Garn, Kleider. 


nöte, dein. 


kurieng, abgesondert. 


Hei, Lendengurl der Manner. 


erate, sein. 


bole, gut, schOn. 


Zebing, Frauenkleid. 


agote, uns beiden, euch beiden. 


aresingelat, tapfer, muthig. 


Katetatal. Hut. 


ikate, uns dreien, euch dreien. 


wau-ani, fleissig. 


Alelak, Gürtel. 


gagote, unser aller. 


wau-Iöla, fauL 


Dsaue, Armband. 


nangote, euer. 


ararboro, müde. 


Keri, Stoff zum Armband. 


jai, welcher. 


asigegboro, verdriesslich. 


Djaram, Stirnband. 


jairo, wer. 


urenamboro, schläfrig. 


Dämala, Ohrring. 


kie, was, wie. 


gidegedang, angstlich. 



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gle_ 



uge, böse, schlecht. 

hole marero, wahr gesprochen. 

nülal, rein. 

dego, ähnlich, gleich. 

w ' e " B 1 ™n. 

maruo J 

trie ) ferÜK - 

saiete, leer, es ist nichls da. 

j'ote, fremd. 

«re hole, fröhlich. 

«re uge, traurig. 

Adverbien und Präposftioi 

ja, gestern. 
ajilero, vorgestern, 
jajong, heute. 
nehhe, morgen. 
nlieb, übermorgen. 



namis, bald, sogleich. 

bunj, soeben. 

jajontim, spater. 

montong, in Zukunft. 

nami, früher. 

sona, damals. 

agidele, dann, da, auch als. 

bang w6, rechts von der Hand. 

bang /anang, links von der Hand. 

ende dort 

... \ nahe. 
dodjom J 

ischaros, fern. 

aue, komm her 

boje, kommet her. 

arna, gib her. 

ulang, hinweg, fort. 

tüma, vorn. 

amplä, mitten zwischen. 

göke, hoch oben. 



gumate, unten. 

ojfer, draussen. 

miligi, drinnen. 

o, ode, ja. 

okio, vielleicht, wahrscheinlich, hoffentlich. 

da mute, sehr. 

köbote, genug. 

be, mehr. 

eo, nein. 

uratenum, will nicht. 

ralje sai, kann nicht. 

olo, nieder. 

ompula, mit, in Begleitung von 



agidete, als. 
te, damit. 



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Vergleichende Wörterliste 

der Sprachen von Bogadjim und den Bergdörfern Wuong und Wenke. 



Ütgetheilt von A. Hoffmann. 



Deutsch 


Bogadjim 


Wuong 


Wenke (Wjenge) 


Krontaube 


gorio 


gurio 


gerio 


Königsparadiesvogel (Cicin- 


tignijur 


beleurin 


— 


narius regius) 








gelber Paradiesvogel 


duem 


kwanral 


— 


Vater 


ahn 


ahn 


abe 


Mutler 


ei 


an 


njang 


Kind 


angro 


gemare 


anfing 


Haus 


tat 


tal (lalu agu sigende er ist 
im Haus) 


keruwam 


Weih, Frau 


tingasari 


gab' 


nanti 


Mann 


tamo 


tuma 


_ 


Mädchen 


dun gen gi 


durungala 


•man 


Jüngling 


angro wala (angro = Kind, 
wala •-=■ Schmuck) 


gemare Jfelagu 


— 


Bambu-Messer 


serie 


sire 


gisim 


Gatte 


gumbulo 


tuma kambile 


— 


Säugling 


angro mom 


gemare mom 


— 


Dorf 


kure 


kure 


koreh 


Ich gehe ins Dorf 


kure gilerai 


— 


koreb serai 


Mfinnerhaus 


bantje 


habt 


— 


Frauenhaus 


warum 


laln 


— 


grosse Trommel 


guruma 


banun 


gerema 


kleine Trommel 


wagam 


— 


dang 


Dach, resp. die (Blatter der) 


morote 


bomaS 


— 


Sagopalme 








Hauptpfahle des Hauses 


tal ai 


tal uror 


- 


Niebungpalme 


gufi 


guno 


— 


Trommelschlägel 


guruma tuinbul 


barum toral 


— 


Kofcosnnss 


mangi 


mangi 


— 


Ruder 


ojo 


waija 


— 


Boot 


^ubung 


kubung 


— 


Brotfrucht 


bali 


bali 


— 


■ einer andern Art 


guwel 


gubol 


— 


eine Art Baumfrucht 


auel 


nol 


— 


Eisenholz 


büi 


bau 


— 


eine Hobart 


ligam 


jiklam 


— 


Kern der Brotfracht 


bali zoral 


bali useral 


— 


Schüssel 


tawirr 


_ 


goro 


Sprache 


anjaro 


— 


bere 


Bog«, 


eng 


pna (cf. das malaybche 
pana! Dr. H.) 


- 


„ rücken 


ang reli 


pna reli 


— 


„ sehne 


ang bor 


pna kol 


— 


Pfeil 


ang ge 


pna ge (gi) 


- 



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Deutsch 


Bogadjim 


Wnong 


Wenke (Wjenge) 


Schild 


dorn» 


_ 


dumu 


Der zwiebel- oder rüben- 


ranguldamu 


pna mngu 


— 


artig verdickte Pfeil 








Beil 


bis 


— 


minjang 


Bunin 


imba 


rau 


— 


Fischspeer 


jour 


jur 


— 


Schlange 


amal 


mal 


maning 


grosse Scb lange 


amal tanu 


amal nhi 


— 


Zahn 


ralage 


ralage 


mara 


Krokodil 


wangaim 


waia 


— 


Leguaii (Varanus) 


gumbelang 


— 


guiegumbang 


Kopf 


kate 


kati (gati) 


tumbam 


Tragtasche 


gung 


rolong 


galu 


Salz 


bar 


bar, bang 


— 


Manne rann band 


bang zaue 


bar ei 


guwer 


Geschliffene Kusch el 


sula 


— 


maljiki 


Bein 


singa 


guwak 


golom 


Arm 


bang 


— 


gambin 


Haar 


katebangar 


gati mui 


lamba ujnm 


Auge 


namgala 


naroge 


angigim 


Ohr 


dabgaln 


damui 


gangusam 


Zunge 


ming 


— 


eng 


Nasenrücken 


manarobu 


m and omni 


djedjungur 


Mund 


medabu 


mobdabu (mobdjebu) 


zombu 


Hals 


kakore 


gosongol 


— 


Ellenbogen 


bang Jfala 


— 


gambing simeger 


Männerbrust 


aratarga 


pari (da im) 


— 


Frauenbrust 


mungum 


wal 


- 


Frauenmilch 


mungum gar 


wal muk 




Wunde 


ju 


wo 


— 


eine Wunde zufügen 


jn atimo 


wo hatigente 


— 


Eiter 


ju gar 


wo muk 


— 


Blut 


leng 


1! 


— 


Bauch 


mene 


kiubsari 


gulegim 


Frauenruck 


zebing 


— 


kande 


Scbamgürtel 


mel 


mol 


mal 


Waden 


singa damu 


guwak sang damu 


— 


Kniescheibe 


singa tiirribi.il 


guwak tombol 


— 


Leber 


nre 


pari 


gumam 


Herz 


mangi ^oki (eigentl. kleine 

Kokosnuss , wegen der 
Aehnlichkeit.) 


mangi mar 




Hülle, Seite 


djarbanga 


tarn Ige 


— 


Leber 


bulom 


bulom 


— 


Zehen 


singa tangrim 


guwak singrim 


— 


Finger 


bang tangrim 


bar singrim 


— 


Sonne 


leng 


keng 


romu 


Mond 


bai 


karam 


gulrum 


der Mond ist da 


hai unu 


_ 


gulrum kidam 


SUra 


hongar 


bnmgar, bunangar 


buanger 



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Deutsch 


Bogadjim 


Wuong 


Abendstern 


boi 


gulu 


Milchstrasse 


burbas 


brus 


Schatten 


wabur 


ma 


Mittag 


/anam 


ranam 


Nicht 


Jfolo 


kolu 


Abend 


bilajtim, (eigenll. wenn es 
Abend ist) 


bila egen 


Morgen 


neppe 


josu 


Känguru 


suba 


— 


Hund 


baun 


sang 


Schwein 


bei 


hol 


Huhn 


du6 


to do 


Hühnerei 


due tauel 


totttol 


Hahn 


due gnho 


to gubu 


Beutelratte 


ma 


jolu (julu) 


Fisch 


«e 


gumam 


Aal 


millem 


— 


Meer 


jual 


ual 


Insel 


nni 


nui 


Erde 


mandam 


mandamu 


Feld 


wau 


wo 


Zaun 


djeng 


iwom 


Wald 


nonju 


maring (maring agu) 


Holz 


pamtang 


namtanj 


Feuer 


namjuo 


beler 


Himmel 


lau 


lau 


Donner 


kola 


kele 


laro 


*aning 


Xaoiag 


Yam 


zambi 


zambi 


Banane 


raunge 


mungol 


n reife 


11 im ige meli 


— 


Maniok 


alam, rangul 


alam 


Zuckerrohr 


djang 


jemhin 


Kawa 


kial 


kiil 


Betel (— Pinang) Nuss 


zureni 


gao, gau 


Speer 


gadja 


gedja 


Sprache 


anjam 


■o 


"" 


aua (in Sinr ui, cf. das ma- 
layische utjan ! Dr. H.) 


zaua 


Bruder ' 


was 


among (cf. das malayische 
ahang! Dr. H.) 


mein Bruder 


djo was 


dje among 



Wenke (Wjenge) 



ihr 

ich werde sehen 

die Frau will (wird) es sehen 

schweig! genug der Rede! 



ni( .dujunime 
e (-ich) m.erai 
uiigassari uneras 
anjam kobote 



gumbelur 



zembilemda 
kundjim 



auel zumbelrum 



ni ulimbe ule 
i ulimbe ule 
nanti angigim ulau 
sile bereei kobote 



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Systematische Listen. 



A. Verzelchniss der bis jetzt aus Kaiser- Wilhelmsland bekannt gewordenen 
Säugethiere. 

Die curmv gedruckten Arten und Gattungen worden von mir nicht erbeutet 

NB. Durch ein Versehen wurde im Text Seite 83 die Zahl der in Kaiser -Wilhelmsland bisher gefundenen 

Säugethiere auf 22 statt 25 angegeben, was ich hiermit zu berichtigen bitte. 



Ornithodelpha. 

1. Eine J&Atdna- oderZaglosmis-speciee. Siehe oben S. 84. 

Auch die beiden Englander scheinen ein Weibchen 
nebst Jungem erbeutet und aufbewahrt zu haben 
(cf. Webster's Buch : Through New-Guinea, p. 39. 
In den Appendics wird die Art, wie Oberhaupt 
Säugethiere, nicht aufgeführt.) Wo sind die Bälge 
geblieben? 

Polyprotodontia. 

2. Dasyurus albopuncUtus Schi. Von Simbang. 

3. Perameles doreyana Q. G. Ueberall. 

4. „ raffrayana A. H. E. Hüongolf. 

5. Amironnles rufirentru K. M. Hell. Astrolabebai. 

D iprotodon tia, 

6. Phalanger orienlalis Tbos. Ueberall. 

7. n maculatus E. Geoff. Ueberall. 

8. Belidaeus spec. V Stefansort. 

9. Pelaurus breviceps papuanus Thos. Ueberall. 

10. Dorcopsis hageni K. M. Hell. Siefansort*) 

11. Hacropus browni Harns. Kinschhafen, Astrolabebai. 



12. Halicore diigong Q. G. Mit grOsster Wahrschein- 

lichkeit auch in unserem Gebiet. 

Ungulata. 

13. Sus papumsi* Less. Fiuschhafen. 

14. „ niger Fihsch. Ueberall. 

Rodentla. 

15. Mus decumanus Pall. Ueberall. 

16. „ muscnlus L. Stefaneort. 

Chiroptera. 

17. Pteropus kerandreni Q. G. Astrolabebai. 

18. „ kypovieUmus Temm. HQongolf. 

19. Barpyia major Dobs. HQongolf. 

20. CephaUttes peroni E. Geoff. Bongu. 

21. Carponycteris minimus E. Geoff. Stefansort. 

22. Hipposiderus cervinus Gould. Stefansort. 
28. Mormo]}terus bfccarii Ptrs. Bongu. 

24. Vesperugo abramus Temm. Astrolabebai. 

25. Vespertilio muricola Hodgs. Slefansort 



B. Verzelchniss der in Kaiser -Wilhelmsland bis jetzt beobachteten Vögel. 

Die Diagnosen sind, nach Hiltheilung des naturhistorischen Museums zu Karlsruhe, in welchem sich 

meine Ausbeute befindet, von Herrn Grafen von Berlepsch. Die curxir gedruckten Arten und Gattungen wurden nicht 
von mir erbeutet, dagegen in Deutsch-Neu '-Guinea von andern Forschern constatirt. 



Raptatores. 

Strigidae. Eulen. 

1. Ninox theomacha Bp. 

2. n dimorpka Salv. 

Falconidae. Falken. 
8. Hnrpvomis novao guineae Salv. 

4. Vroxpizia» etortjua Salv. 

5. Hieracidea berigora Orientalis Schleg. 



6. Hieracidea novo* guineae Mev. 

7. Falco sevenm papuanti» M. 

8. „ doriae Salv. 

Aquilidae. Adler. 

9. SpizaPtus gurneyi Gray. 

10. Milvus afflnis Gould. 

11. Baza reinwardti Müll. u. Schleg. 

12. Hemieapemiif longicauda Garn. 



*} In den Novit, zool. V 1898 S. 612 beschreibt Rothschild e 
Ob diese Art wolil auch in unserm Gebiet vorkommt? 



Dorcopsis rufolateralis von „Northern New-Guinea". 



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13. Haliastur indus girrenera VieiiL 
11. Ciwcuma leucogaster Gm. 

15. Accipiter cirrhocephalus VieiiL 

16. Astur badius Gm. Diese Art ist vielleicht identisch 

mit der von Madarasz 1899 in d. Termesz. 
Füzetek Bd. XXII beschriebenca 

17. A. novae guineae Mad. 



Strisores. 

Coraciidae. Raken. 



19. 



s crassirostris Sei. 

australis Sws. 



Caprimulgtda«. Ziegenmelker. 

20. Caprimulgus macrurus Herst. 

21. Eurystopodus alhigularis V. u. H. 

22. Lynconiis papuensis Schleg. 



24. 



Podargidae. Schwalme. 

Podargus papuensis Qu. et G. 
„ ocellatus Qu. et G. 



Cypselidae. Seglei 

25. Macropteryx mystacea Less. 

26. Collocalia fueiphaga Thunb. 



Passeres. 

Hirundinldae. Schwalben. 
'. Hirundo javanica Sparm. 
I. Petrochelidon nigricans Sparm. 

Muscicapidae. Fliegenschnäpper. 

i. (Jerygont ramuenms Rcbw. 

I, Pseudogerygone conspicillata Gray. 

. Muscipariis ta/tpenbevki Rchw, 

:. Todoptit watlaeei Gr. 

i. l'uecilotli-yax melanogenyx A. B. H. 

■.. , hermani Mad. 

i. Ilhipidura xetnxa Qu. et G. 

I. „ leucolhora.v Salv. 

'. Sauloprocta melaleuca Qu. et G. 

i. Monaxcba chalybeoeephala Garn. 

>. „ guttulnta Garn. 

i. „ melanonola auranlinca A. B. M. 

„ inornata Gani. 
'. Arses insularis Heyer. 
;. „ fenicheli Mad. 
. „ henket A. B. H. 
■. Fiitvrhynchus dichoim Gr. 
.. Peltops blainvillei Less. et G. 



Campephagidae. 

47. Graucalus papuensis stephani A. B. M. 

48. „ melanops Lath. 

49. , caeruleogriseus Gr. 

50. Lalage atroviretu Gr. 

51. Edoliisoma melas S. Müll. 

52. „ mulleri Salv. 

53. „ remot-um Sharpe. 

Lanlldae. Würger. 

54. Cracticus cassicus Bodd. 

56. Cotturicincla brunnea Gould. 

56. Bhectes dichnnu Bp. 

57. „ brunneicaudus A. B. M. 

58. „ cirrhocephalus Less. 

59. n ferrugineux Bp. 

60. Pinarolextex megarhgnchus Qu. et G. 

Dlcruridae. Paradies wörger. 

61. Dicruropsis carbonaria Bp. 

62. Chibia pectoralis Wall. Eine in Stefansort geschossene 



Artami da e. 

63. Artamus leueogaster Valenc 

64. „ leucopygialis Gould. 

Sturnldae. Staare. 

65. Calornis metallica virideseeos Gray. 

66. „ purpureieeps Salv. 

67. „ cantoroides Gr. 

68. Helanopyrrhus orientalis Schi. 

69. Mino dumonti Less. 

Orloüdae. Pirole. 

70. Oriolut striatus Qu et G. 

Sylvüdae. Sfinger. 

71. Citticola exilis Vig. & Horsf 

72. Malurus aiboscapulatUM Mey. 

Ploceidae. Weber vogel, 

13. Hunia sharpei Mad. 

74. „ grandis Sharpe. 

75. Uroloncha tristisxima WalL 

Heliphagldae. Honfgsauger. 

76. Pycnopygius stictoeephalus Salv. 

77. Philirnionopsit meyeri Salv. 

78. Philcmon jobiensis A. B. Mey. 

79. llitottx analoga Reicbb. 

80. „ Chrysotil Less. 

81. , filiyera Gould. 



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82. Glycichaera fallax Salv. 

83. Xanlholis meyeri Salv. 

84. Melilestes megarhynchus Gr. 

Dicaeidae. Bhimenpicker. 

85. Dicaeum rubrocororiatum Sharp«. 

TImelUdae. Drosseln. 

86. Eupetes caerulescens Temm. 

87. „ geislerorum A. B. M. 

88. Metanockttris bicolor Rams. 

89. I'omatorhinus isidorii Less. 

90. Aeluroedus geislerorum A. B. M. 

91. „ buecoides Temm. 

Corvidae. Raben. 

92. Gymnocorax senex Lesa. 

93. Corvüs orru. Hüll. Nur gesehen, Balg nicht erbeutet. 

94. „ coronoides Vig. et Horsf. 

Paradiseidae. Paradiesvögel. 

95. Trichoparadisea guilielmi Gab. 

96. Paradisea augustae victoriae Gab. Nur vom Sattel- 

berg erhalten. 

97. „ minor Shaw. 

98. „ martae Bchw. 

99. Seteucidex nigricans Shaw, 

100. Dipbyllodes chrysoptera seplentrionalis A. B. M 

101. Cicinnurus reg i us L. 

102. Craspedophora magniftca Vieill. 

103. Drepanornte geinleri A. B. II, 

104. Manucodia chalybeala Penn. 

105. n atra Less. 

106. „ jnbienste Salv. 

107. „ rubieimis A. B. M. 



108. 



sa 



Ptilonorhy n c h f dae . 

109. CMamydtxlera cervinitvntris Gould. 

110. „ Itmtertutchi Bchw. 

111. Pliloiiorhynchus sp. kohlschwarz, tbeil weise stahlblau 

schillernd. Noch nicht identiflzirl Dr. H. 

Nectariniidae. 

112. Cinnyris jobiensis A. B. H. 
118. „ Cornelia Salv. 

114. „ nov.ae guineae. Less. 

115. „ aspasia Less. 

116. „ frenatus S. Hall. 

Pitt i dae. Prachtdrosseln. 

117. Pitt« mackloti Temm, 

118. „ novae guineae Müll. & SchL 



Picaiiae. 

Meropldae. Bienenfresser. 

119. Herops philippimis salvadorii A. B. H. 

120. „ ornatus Lalh. 



Alcedlnidae. Eisvögel. 

121. Tanysiptera meyeri Salv. 

122. Melidora macrorhina Less. 

123. Clytoceyx rex Sharpe. Einen grossen Eisvogel, dessen 

ungeheurer abgerundeter Schnabel breiter 
als lang war, glaube ich als hieher gehörig 
ansprechen zu dürfen. Ich habe ihn nur 
gesehen, nicht erbeutet. Kubary besass ihn 
jedoch in seiner Sammlung aus dem Hinter- 
lande von Melamu (Constanlinbafen). 

124. Sauromarptis gaudichaudi Qu. et G. 

125. Cyannlcyon quadricolor Oustal. 

126. Halcyon macleayi Jard. n. Selby. 

127. „ elisabeth Heine. Heines Wissens habe ich auch 

ein Exemplar dieser der vorigen sehr nahe 
siehenden Art erlegt, das Herrn v. Berlepsch 
nicht vorgelegen zu haben scheint. Dr. H. 

128. Halcyon sanetus Vig. u. Horsf, 

129. „ sauropktigus Gould. 

130. „ nympha Gray, (Von Bulaueng). 

131. Alcyone lessoni Cass. 

132. Syma torotoro Less. 

133. t'ei/.c Miliaria Temm. 

134. AIcpiIo ixpidnidf* Less. 

Bucerotidae. Nashornvögel. 

135. Rhytidoceros plicatus ruücollis Vieill. 

Cuculidae. Kukuke. 

136. Si-gtlirops noviie/iottandiiie. LaUi. 

137. QiUieehtkrus hucolopkux S. Hüll. 

138. Eudi/wimis ritfirmter Less. 

139. Cacomanlhis variolosus Horsf. 

140. „ assimitte Gr. 

141. n sp. (insperatus Gould?) 

142. „ casttmeirentriit Gould. 

143. Gentropus menebiki Less. 

144. „ nigrii-itnx Salv. 

145. n bernsteini Schi. 

146. Chalcococcyx poecilurus Gray. 

147. „ po&iluruidtH Sah-. 

148. „ jilaijosiis Latli. 

149. „ potlurui, Salv. 



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Psittaci. 

Loridae. Lori'a. 

150. Eos fuscata incondita A. B. H. 

151. Lorius salvadorii A. B. M. 

152. „ erythrothorax Salv. 
158. Loricuhis uttrantiifrons Schi. 
154. Tridioglossus massena Bp. 

156. „ nigrogidaris Gray. 

156. „ cyniiogmmmus WagL 

Pslttacidae. Papageien. 

157. Ecleclus pectoralis S. Hüll. 

158. Geuflroyuä jobiensis A. B. M. 

159. „ m-ienttitis A. B. M. 

160. * pucherani Bp. 

161. „ darsnliK Salv. 

162. Cyclopsitlacus edwardsi Ouest 

163. „ dioptbalmus H. u. J. 

164. „ amabilix Rchw. 

165. „ iM'jn/fMW Rchw. 

166. Chalcopsiltaeus duivenbodei Dubois. 

167. Hypocharmosyua subplacens Sei. 

168. Aproxmictit* chlwojiterus Rains. 

Cacatuidae. Kakadu '9. 

169. Nusitenia pusio Sei. und var. beccarii Salv. 

170. Dasyptilus pesqueti Less. 

171. Cacatua triton Temm. 

172. Microglossus aterrimus Gmel. 



Gyrante«. 

Columbldae. Tauben. 
173 Hacropygia goldiei Salv. 

174. „ tloreya Bp. 

175. n kn-xtinyi Rchw. 

176. „ nigrirostris Salv. 

177. Rein ward loenas reinwardli Temm. 

178. Gymnophaps albertisi Salv. 

Peristeridae. 

179. Oiidiphnpx eeniralit Rams. 

180. Henicophups albi/'rons Gr. 

181. Chalcophaps slephani Reichb. 

182. ,, chryxochlo-rn Wagl. 

183. Caloenas nicobarica L. Nur gesehen, nicht geschos 

Gouridae. Krontauben. 

184. Goura beccarii Salv. und var. huoneiisis A. B. M 

Carpophagf dae . 

185. Phlogoenas rufigula Hombr. et Jasq. 

186. „ margnritae Salv. u. d'Alb. 

187. „ job/enxi* A. B. M. 



i. Hegaloprepia pol iura septentrionalis A. B. Heyer. 

i, Globicera paeifica Gm. Von Berlinhafen. 

'. Hyristicivora spilorrhoea Gray. 

. Carpophaga jobiensis astrolabiensis A. B. H. 

L „ nifiventris Salv. Eine subspecies. 

i. : , rhodinolaema Schi. 

I. „ zoeae orientalis A. B. H. 

i. „ mülleri auranlia A. B. H. 

i. Ptilopus superbus Temm. 

gaitroi D'Alb. u. Salv. 

;. „ jobiensis Schi 

I. „ biröi Mad. 

I. r pulchellus Temm. 

. Ptilopus trigeminux Salv. 

',. „ coronutatun huunentis A. B. M. Von 
Bu taueng. 

>, Ptilopus quadrigeminus Heyer. 

t. „ plumbeicollis V A. B. M. Eine Art, die nahe 
bei perlatus Temm. und wahrscheinlich mit 
plumbeicollis identisch ist, die ja auch Prof. 
Birö an der A st rolabe bucht erlegte, habe ich 
in einem einzigen Exemplar einmal von Bongu 
erhalten. Identification nicht mehr möglich, 
da der Balg zu Verlust ging. Dr. H. 

i. Ptilopus bfllus piitruelix A. B. H. 

i. „ geminux Salv. 



Rasores. 

Perdtcinae. 

207. Synoecus sp. wahrscheinlich cervinua Gould. Ein 

kleines Zwergwachteichen, was mir öfters 
Ober den Weg lief, aber stets zu einer Zeit, 
wo ich kein Gewehr bei mir hatte. Dr. H. 

Megapodidae. Grossfusahuhner. 

208. Talegallus longicaudns A. B. Heyer. 

209. „ jübUtww A. B. H. 

210. Megapodius brunneiventris A. B. H. 



Gressores. 

Ardeldae. Reiher, 

211. Herodias torra Buch. Harn. 

212. Ardea sumatrana BafTl. 

213. Ardetla sinensis Gm. 

214. Demiegretta sacra Gm. 

215. Ardeiralla flavicollis Lath, 

216. ZonerQtHux hdiiisylua Less. 

217. Nyclicorax caledonicus Gmel. 



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gle_ 



Alectorides. 

Rallidae. Rallen. 

218. Amaurornis sp. wahrscheinlich moluccana Wall. Ein 

Wasserhühnchen bemerkte ich mehrere 
male auf dem Wege zwischen den Pflanz- 
ungen Erima und Stefansort, kam aber nur 
einmal zum Schnss und — fehlte. Dr. H. 

219. rorzima tahuenms Gm. 

320. Gymnocrex. plumbeiventrw Gray. 

Limicolae. 

Charadriidae. 

221. Ohara drius dominicus fulvua Gm. 

222. „ dubiua Scop. 

223. Aegia litis dubius jerdoni Legg. 

224. „ vereda Gould. 

225. „ geoffroyi Wag). 

226. Strepsilas interpres L. 

227. Labifiantilm miUs Bodd. 

228. Statin vmbetta Vieill. 

Scolopacldae. 

229. Totanus incanus Gmel. 

230. „ acuminatujf Horsf. 

231. „ hypoleucus L. 

232. Limosa melanuroides Gould. 

233. HimantopuH leucocejrttalux Gould. 

234. Numenius variegatus Scop. 

235. ,. minutus Gould. 



Steganopodes. 

Sulidae. 
236. Sula leitcoyatfra Bodd. 



Pelccanidae. 
( atJispirilttifint Temm. 



237. l'decm 

288. Microearbo mekmiieucu* Vieill. 



Phalacrocoractdae. 

239. Phalacrocorax sulcirostris. 

Longipennes. 

Larldac. Möven. 

240. Stoma sinensis Gmel. 

241. „ anaextheta Scop. 

242. Bydrocftelidaii kybriila PalL 

Procel 1 ari I da e, 

243. Puffinus leueomela« Temm. 

Urinatores, 

Colymbidae. 

244. Tachybaptes yularix Gould, 

Lamellirostre* 

Anatldae. 

246. Anas superciltöM Gm. 

246. Tatlomn radjak Garn. 

247. Denilrocygnn arcuata Horsf. 



Brevipennes. 

Casuaridae. Casuare. 

>. Casuariua picticollis Schi. 

|. n uniappendicn latus Blyth. 

i. „ ocripitalix Salv. 



C. Verzeichniss der bis jetzt aus Kaiser -Wilhelmsland bekannt gewordenen 
Schlangen, Krokodile, Eidechsen und Batrachier. 



Die cuT.iiv gedruckten Arten und Gattungen wurden v 



r nicht erbeutet. 



a) Schlangen. Ophidia. 
Boidae. 

Python in ae. 

1. Python amethystinus Schneid. 

2. „ papnanus I'ts. Dor. 

3. Choral ropylhon viridis Schleg. Eine von Böllger als 

solche angesehene VarietAt mit unregel- 
mässigen, scharfen, hellgelben Flecken 



über den ganzen Leib die der von ihm 
gegebenen Abbildung in Bd. V Taf. V 
F. 3 der Semon'schen Forschungsreisen 
nicht entspricht 

4. „ azurms Meyer. 

5. Liaxix alltertixi Pts. Dor. 

Bolnae. 

6. Enygrus carinatus Schneid. 

7. „ asper Gthr. 



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ColnbtfÄitfc. 

Coltibrinae. 

8. Stegonotus modeslus Schi, (cucullatus D. B.) 

9. a n. sp. (ausgezeichnet durch 15 Schuppen- 

reihen und je 1 Prae- und 1 Postoco- 
laren. Böltger.) 

10. „ glhitheri Blgr. 

11. Tropidonotus picturatus Schleg. 

12. Dcndrophis calligasler v. salomonis Gthr, 

13. „ puncttdatux Gray. 

14. t. lineolatux Homhr. el Jacq. 

Dfpsadinae. 

15. Dipsas irregulari9 Merr. et. var. papnanus. 

Elapinae. 

lfi. Püfutlelapü millieri Schleg, 

17. Dirmenici xp. gqummüoiuie affin. Bottger. 

18. Mirrtipechix ikahrka Lese. 

19. Acanthophis antarclicus Shaw. 

Hydrophiinae. 

20. Hyilrophis fasriattu Schneid. 

21. IHaturua calubrinux Schneid. Diese Art ist bisher zwar 

nur in Englisch -Ncu-Guinea gefangen, dach 
ist es ziemlich zweifellos, dass sie auch an 
den KOsten Kaiser-Wilhelmslands vorkommt. 



b) Krokodile. Crocodilia. 

1. Crocodilus (porosus?) Astrolabebai. Ein von mir mit- 
gebrachter Schädel befindet sich im Karls- 
ruher Museum. 



c) Eidechsen. Lacertilia. 

Geckonldae. 

1. Gecko vittatus Houtt. 

2. Gymnodactylux marmorntiut Kühl. 

3. „ pelagicux Gir. 

4. Grhyra ivterwtitiali» Oudms. 

5. „ mutilata Wiegm. 

7. Lepidodactyht* htgubri* D. B. 

Pygopodidae. 

8. LüiUk burtmi Gr. und tmr. conrolor Pts. 



Agamldae. 
9. Gony acephala* pnpuensis Macl. 
0. „ dilnphus D. B. 

II. B modestuit Meyer. 



Varanfdae. 

12. Varanus indicus Daod. 

13. - kordensis Heyer. 

14. „ praxirtus Schleg. 

15. „ kabtbevk Less. 

Sciacidae. 

16. TÜiqna gigas Schneid. 

17. Lygosoma jobiense Heyer. 

18. ,, smaragdinum Less. 

19. „ rufescens Shaw. 

20. „ cyanurum Less. 

21. „ «ubnitens Bttgr. 

22. „ mienrti Blgr. 

23. r . noctua Less. 

24. „ callistictttm Pts. Dor. 

25. „ milüeri var. latifaxciatum Meyer. 

26. Tribolonohm novae guineae Schi. 

Ausser den oben angeführten Eidechsen hat mein 
Assistent Kunzmann in Stefnnsort noch 3 Arten gefangen, 
die er, so viel ich mich erinnere, nach Brflssel sandte, 
von wo er ohne Autorangaben folgende Diagnosen erhielt, 
die ich vorsichtshalber hier apart setze, da mir der Name 
des Bestimmers nicht bekannt geworden ist; 

Varanus salvadorii, Tiliqua scincoides, Calotes sp. 
versicolor afi". Letzteres war eine kleine Eidechse mit 
Zackenkamm auf dem Rücken, der Varanus war schwarz, 
weisspunklirL 



d) Frfische. Batrachia. 

Ranidae. 

1. Jtana papttn Less. Von Berlinhafen. 

2. Coniufer eorrugttfux A. Dum. 

Engy stomati dae . 

3. Choanacantha roxtrata Hehely. 

4. Sphenopftryiip. Iriröi Mehely. 

Hylidae. 

5. Hyla dolichopsis Cope. 

6. „ congenita Pts et Dor. 

7. „ infrafrenata Gihr. 

8. „ impura Pts. et Dor. 

9. „ fflflMMt-fmrM Plrs. 
10. IlyMIa boulengeri Hehely. 

Ausser diesen erhielt ich noch Bufo melanostictus 
Schneid, von der ich aber nicht ganz sicher bin, ob sie 
nicht von einer andern Lokalität her unter die Neu -Guinea - 
Scndung geraten ist, trotz aller angewandten Vorsicht. 

Die Bestimmungen der von mir gesammelten Reptilien 
und Batrachier stammen von Herrn Prof. Dr. O. BOllger. 
39 



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Die Liste der Arten, welche ich nicht selbst auf- 
gefunden habe, habe ich aus folgenden Arbeiten zusammen- 
gestellt : 

1. Herpetologische Mitteilungen von Prof. Dr. 0. 
Botiger. „Aus dem 29., 30., 31. und 32. Berichte des 
Offenbacher Vereins für Naturkunde pag. 61—164". Offen- 
bach, 1892. 

2. „Reptilien und Batrachier aus Deutsch -Neu -Guinea" 
von demselben in : Abhandlungen und Berichte des legi. 
zoologischen und anlhropol.-ethnograph. Museums zu Dres- 
den 1696. 

3. „Beiträge zur Herpetologie von Neil-Guinea. Von 
L. v. Mehely in Kronstadt" In: Termeszelrayzi fOzetek 
Vol. XV111 1895. Budapest S. 128. 

4. „An aecount of the reptiles and batrachians by 



Mr. Lewis Birö in New-Guinea." By Prof. L. v. Mehely. 
ibid. Vol. XX 1897, S. 397 und XXI 1898, S. 166. 

5. reber Reptilien und Batrachier aus Togoland, 
Kamerun n. Deutsch-Neu-Guinea, Von F. Werner. Verbandl. 
d. zool. botan. Gesellsch. Wien, 49. Bd., 1899, 2. u. 3. H. 

6. In den Novit. Zoolog. III 18% S. 184 beschreibt 
Dr. A. Günther einen Batrachier: Xenorhina atra, der 
zusammen mit Gonyoceph. papuensis, Lygosoma mülleri 
Schi., L. macrurum Glur., L. cyanurum Less., L. joblense 
Meg., Gymnodaet. louisiadensis de Vis, Hyla dolichopsis 
Cope von der Clarke Expedition am Clyde River, nur 
wenige Heilen von der Grenze zwischen Britisch und 
Deutsch Neu 'Guinea ab, gesammelt wurde, so dass diese 
Thiere wahrscheinlich auch auf deutschem Gebiet sich 
noch finden werden. 



D. Verzeichniss der bis jetzt aus Kaiser-Wilhelmsland bekannten 
Tagschmetterlinge. 



Die cur.ni; gedruckten Arten und Gattungen wurden \ 



mir nicht selbst beobachtet. 



Papilionidae. 



Papilloninae. 

. Troides priamus poseidon Dbd. nebst var. euphorion 
Gray (von Simbang) und Ucbergang zu der 
vnr.urvillianaQuer; (letzterer von der Dampier- 
Insel.) 

„ golialh Oberth. (Hinterland der Astrolabebai). 

„ elisabethae-reginae Horv. und Mo es (ebenda). 
Wahrscheinlich synonym mit Vorigem. 

t paradiscus Stgr. und ab. punctata Hag. 

„ oblongomaculatus papuensis Wall. u. var. 
papuanus Oberth. (Astrolabebai). 
. Papilio polydorus godartianus Luc. u. v. dampierensis 
Hng. (letztere von Dampier- Insel). 

„ fuscus lieccarii Oberth. (Humboldt- und Astro- 
labebai). 
albinw* Wall. (Humboldlbai). 

„ aeircus ormenus Quer (Simbang) u. ab. othello 
Gr. Sm. (Slefnnsort) nelisl der Uebergangsform 
pnndion Wall, (ebenda). 

„ ambrax Buisd. (Stefansoll) nebst var. ambracius 
Wall, (ebenda) u. var. ambracia (Simbang). 

„ euchenor Quer. 

„ Inglaizei Depuiset (Astrolabebai). 

„ nlysses antolyeus Feld, nebst nberr. conjuncla, 
transiens (Siefansort) u. melanotica (v. Dampier). 

„ aristeus parmatus Gray, v. guineensis Stgr. 
codrus medon Feld. u. var. gitoleiisis Wall, 
(letzterer von der Humbo Idtbai). 

„ enrypilus lycaonides Rothsch. 



!. Papilio sarpedon choredon Feld. 

!. n macfarlanei Bull. 

f. „ agameinnon ligatus Rothsch. 

). „ wallacei Hew. 

„ thule Wall. u. var. goldiei S. et G. 

Plerinae. 

!. Elodina egnatia God. 

:. „ hypatia Feld. (Humboldtbai). 

„ bottrvenxitt Wall. (Humboldlbai). 
: Terias virgo Wall. 
i. n puella B. Synonym mit Vorigem? 

„ Marina Horst. (Stefansort). 

„ hecabe L. 

n pumilaris Bull. (Friedrich- Wilhelms!) afen). 

„ spec. (Astrolabe- und Humboldtbai). 

, blatula Boisd. (Humboldlbai). 
. Kronia argolis Feld (Humboldtbai). 
. Calopsilia crocale var. flava Butl. 
. Del iaa aruna Bolsd. 

„ ornyüon G. & S. (Sattelberg). 

„ ladas Gr. Sm. und Kirby (Sattelberg). 

„ gabia Bolsd. und var. albipunclata, fiavi- 
punctata und impunetala Hag. 

„ lara var. cruentata Butl. 

„ geralüina Gr. Sm. (Sattelberg). 
. Vieris abnormis Wall. (Simbang und Humboldlbai). 

„ var. euryianlha Honr. (Astrolabe- und 
Humboldtbai). 
. „ lalilimbata Bull. 



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43. Pier» saina Gr. Sm. (Humboldtbai). 

44. Tachyris tida Cr. 
16. , über in Cr. 

46. n celeslina Bolsd. 



Nymphalidae. 



7. Tirumala purpurata Butl. 

3. n harnata Hc. Leay. Synonym mit Vorigem? 
d. Radeua sobrina Bolsd. (Aslrolabe- und Humboldtbai. 
Bei S inibang eine Local- Varietät). 

0. n turnen ButL (Humboldtbai). 

1. Aslhipa d Irina Feld. (Simbang). 

3. „ kirbyi Gr. Sm. (Astrolabebai). 

S. „ melusine Gr. Sm. (Satleiberg). 

i. Salntura mylilene Feld, und var. biseriata Bull. 

5. „ pkilene Cr. (Humboldtbai). Synonym mit 

Vorigem ? 
3. Anosia plexippus L. 
7. Limnas chrysippus L. und var. pet.ilk Stoll (letztere 

von Simbang). 
i. Hamadryas zoilus Fabr. und Variationen, 
). Salpinx perdita Butl. und var. swierstrae Snell, 
). „ tradueta Gr. Sm. (Humboldtbai). 
1. „ minima Gr. Sm. (Humboldtbai). 
i. „ nemertes Hbn. (Simbang). 
J. „ dolosa ButL (Simbang), vielleicht nur das 2 zu 

Vorigem. 
1. „ calÜthoe Bolsd. (Simbang) und var. hansemanni 

Honr. (Astrolabe- und Humboldtbai) nebst 

Aberrationen. 
>. Calliploea salabanda Kirach var. lucinda Gr. Sm. (Astro- 

labe- und Humboldtbai), 
!. „ jamesii. Vielleicht synonym mit Vorigem. 

I. „ pumila Butl. (Simbang). 

1. „ dudgeonis Gr. Sm. (Aslrolabe- u. Humboldtbai). 

). „ saundersi Feld. Vielleicht identisch mit 

Vorigem. 
). Saphara treitsehkei Bolsd. und Variationen, darunter 

die var. olivacea Gr. Sm. 
.. Trepsichrois midamus L. (Stefansort). 
!. Sarobia confusa Butl. 
i. Palosa batesi Feld. (Humboldtbai). 
:. „ resarta Bull. (Simbang). 

squalida Butl. (?) (Stefansort). 
■. Gamatoba palla Butl. (Dampier-lnsel). 

„ aethiops Butl. und var. 
. „ sp. (Astrolabebai). 

„ metinda Gr. Sm. (Humboldtbai). 

cerberus Butl. (Humboldtbai). 
. Amtasena orop* Boisd. (Humboldtbai). 
. Chirosa netscheri Snell. (Astrolabe- und Humboldtbai). 



88. Chirosa tenebrosa Gr. Sm. (Ebenda). 

84. „ punicea Gr. Sm. (Humboldtbai). 

86. ■ bruno Gr. Sm. 

86. n lugubrU Gr. Sm. 

87. „ euryanasaa Hew. (Simbang). 

88. Stictoploea melina flodt und Aberrationen, 

89. „ inconspicua Butl. (Humboldtbai). 

90. „ spec. thyriantbinae Moore affin. (Simbang). 

Satyrin ae. 

91. Lethe europa Fabr. (Humboldtbai). 

92. Melanitis leda L. 

93. n constantia Cr. 

94. „ craroeri BuU. 

96. „ itmabüi» Boisd. (Humboldtbai). Synonym 

mit Vorigem? 
%. , soUindra Fabr. (Humboldtbai). 

97. Hyealesis mucia Hew. (Astrolabebai). 

98. „ eminena Slgr. 

99. „ durga Gr. Sm. und Kirby. (Astrolabe- und 

Humboldtbai). 

100. „ lorna Gr. Sm. (Humboldtbai). 

101. H fulviana Gr. Sm. (Astrolabe- u. Humboldtbai). 

102. „ cotne* Gr. Sm. (Humboldtbai). 

103. n aethiops Butl. (Simbang u. Astrolabebai). 

104. „ elia Gr. Sm. (Humboldt- u. Astrolabebai). 
106. „ cacodaemon Kirsch. (Simbang). 

106. „ barbara Gr. Sm. u. Kirby. (Sattelberg). 

107. „ sirius Fabr. 

108. „ phidon Hew. 

109. h melanopis G. u. S. 

110. n perneus Fabr. (Humboldtbai). 

111. „ medus Fabr. 

112. „ mtaeus L. (Aslrolabebai). 

113. Lamprolenis nitida S. u. G. 

114. Hypocysta osyris Bolsd. (isis Stgr.). 

115. ' h haemonia Hew, (Humboldtbai). 

116. „ hygea Hew. 

117. Ypthima aretous Fabr. 

118. „ aphnius godt. (Humboldtbai). 

Elymnlinae. 

119. Elymnias thryallis Kirsch, (glaueonia Slgr.) und Var. 

(Astrolabe- und Humboldtbai). 

120. „ bioculalus Weatw. (agondas Bolsd., glaukopis 

Stgr.) (Simbang). 

121. n paradoxa Stgr. (Astrolabebai u. Sattelberg). 

122. n melanippe Gr. Sm. (Sattelberg). 

123. B erastu* Gr. Sm. (Satleiberg). 

124. Dyctis viridescens Gr. Sm. v. kakarona Hag. (Sattelberg). 

Morphinac. 
126. Horphopsis d'albertisi (Humboldt- u. Astrolabebai). 
126. Hyantis hodeva Hew, und var. melanomata Stgr. 



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127. Teiraria calops Ww, 

126. „ standingeri Honr. und var. albicans Hag. u. 
nigricans. Stdgr. 

129. Teuaris wahnesi Heller. (Astrolabebai). 

130. „ kubaryi SLgr. (Astrolabebai). 

131. „ cyclops Stgr. (Astrolabebai). 

132. „ dimona Hew. undjvar. dinora Gr. Sin. 
183. „ dina Stgr. (Aslrolabebai). 

134. „ gorgo Kirsch. 

136. „ microptt Gr. Sm. (Humboldlbai). 

136. „ rothschiUU Gr. Sin. (ebenda). 

137. ., biuculatus Qudr (Humboldtbai) u. var. charon 

Stgr. (Astrolabebai) u. var. charonides Stgr. 
(Simbang). 

138. „ honrathiStgr. (Hnmboldtbai)nebstv.sekarensis 

Stgr. (Astrolabebai) u. var. onolaus Kirsch 
(Simbang). 

139. Morphotenaris schönbergi Frühst, (Astrolabebai), 

Acraeinae. 

140. Acraea sanderi Rothsch, (hades Stgr. in litt.) Simbang. 

141. „ andronuiehe Fahr. (Humboldlbai). 

142. n meyeri Kirsch. (Astrolabebai u. Simbang). 

Nymphallnae. 

143. Celbosia cydippe var. damasippe Feld, und var. 

chrysippe Fabr. 

144. Terinmi Mhys Hew. (Humboldtbai). 
146. Cirrochroa regina Feld. 

146. Messaras turnen Feld. 

147. Gyntbia orsinuS Cr. 

148. Atella alcippe Cr. (Astrolabebai) und var. arruana 

Feld. (Humboldtbai). 

149. „ egista Cr. (Stefansort). 
160. Hhinopulpa algina Bolsd. 

151. Symbrenthia hippoclus Cr. (Humboldtbai) und vnr. 
hippocrates Stgr. (Astrolabebai (V) u. Simbang). 

162. Junonia oritbyin L. var. novae guineae Hag. (Astro- 

labebai und Simbang). 

163. ., vellida Fabr. (Humboldlbai) und var. astro- 

labiensis Hag. (Astrolabebai). 

154. „ antigone var. iona Gr. Sm. 

155. Precis ida var. zelima Fabr. (Astrolabebai u. Simbang). 

156. „ tielluniK Feld. (Humboldlbai). 

157. „ hedonia L. (Humboldtbai). 

158. Apalurina erminea var. papuana Ribbe (Astrolabebai) 

und var. rihhei Röb. (Humboldlbai). 

159. Hypolimnas bolina L. 

160. „ misippus L. (Astrolabebai). 

161. „ alimena L. und aberr. eremita Bull. 

162. „ anomala WnlL var. lutescens Butl. (Hum- 

boldt- und Astrolabebai.) 

163. „ pithöka Kirsch. (Astrolabebai). 

164. „ deois var panopion Gr. Sm. 



Parthenos aspiia Honr. (Astrolnbe- und Humboldtbai). 

„ sylvia var. salentia Hopff. (Simbang). 

Helcyra chionippe Feld. (Simbang und Humboldtbai). 
Neptis consimilis Bolsd. 

„ shepherdi Moore und var. latifasciata Butl. 

„ nausicaa de Nicev. (Simbang). 

„ papua Oberth. (Humboldtbai). 

„ lactaria Bull. Synonym mit Vorigem und viel- 

leicht auch mit nausicaa? 
„ venili» L. (Astrolabe- und Humboldtbai). 
„ aneejm Gr. Sm. (Humboldlbai). 
n satina Gr. Sm. (ebenda). 
„ simbanga Hag. (Simbang). 
„ hrliopolix Feld. (Humboldlbai). 
Cyreslis acilia Godt. 

,. achales Butl. (nedymnus Feld). 
Symphaedra aeropus Hew. (Astrolabebai). 
Eulhalia nelhion Hew. 

Dichorrhagia ninus Feld var. dislinctus Röb. (Astro- 
labebai). 
Doleschallia bisallide var. nacar Bolsd. (Astrolabebai 
und Simbang). 
dascon S. & G. 
„ dascylus S. 4. G. (Simbang und Astro- 

labebai). 
., eomrii G. t S. (Humboldtbai). 

„ noorna Gr. Sm. und Kirby. 

Mynes geoffroyi Quer. (Humboldt- und Aslrolabebai). 
i, guirini var. semperi Stgr. (ebenda). 
„ xchönbergi Röb. (Astrolabebai). 
„ wähnest Röb. (ebenda). 

websteri Gr. Sm. (Sattelberg), 
l'rolhoe hewitsonii Wall. (Humboldt- und Astrolabebai). 
„ auslud ia Quer, und var. schönbergi Honr. und 
doherlyi Gr. Sm. (edenda). 
Charazes affinis var. pnpuensis Bull., von dem wahr- 
scheinlich die Formen cimonides Gr. Sm. 
(Humboldlbai) nnd gigantea Hag. (Simbang) 
nur Varietäten sind. 
,, Jupiter Bull. 



Erycinidac. 

Llbytheinae. 

197. Libylbea geoflroyi Godt (Humboldtbai) und var. anü- 

poda Boisd (Astrolabebai und Simbang.) 
NemeobUnae. 

198. DicaüaneuradecorataHew. (Hu m bold l- u. Astrolabebai). 

199. n pulchra Quer, (ebenda). 

200. * estrina Gr. Sm. (Humboldtbai). 

201. „ Kpmirufa Cr. Sm. (ebenda). 

202. Abisarn sa traps Gr. Sm. (ebenda) und var. simbanga 

Jord. in litt. (Simltang). 



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Lycaenidae. 



203. Hypuclirysops rex Boisd. (Astrolabe- u. Humboldtbai). 

204. „ pythias Feld, (ebenda). 

205. „ plotinus Gr. Sm. (Humboldlbai). 

206. „ Ihesanma Gr. Sm. (ebenda). 

207. „ hermogenes Gr. Sm. (ebenda). 

208. , callipliou Gr. Sm. (ebenda). 

209. v arronica Feld, (ebenda). 

210. „ theophanes Gr. Sm. (ebenda). 

211. , horos Gr. Sm. (ebenda). 

212. „ dryope Gr. Sm. (Conslantinhafen). 
218. „ chrysargyrea Gr. Sm. (ebenda). 

214. Deudorix despoena Hew. (Astrolabebai). 

215. Sithon areca Geld, (ebenda). 

216. „ isabellae Feld, (ebenda). 

217. Arhopala anthore Hew. (ebenda). 

218. „ aexone Hew. (ebenda). 

219. „ meander B. (ebenda). 

220. Hypolycaena phorba* F. (ebenda). 

221. Pseudodipsas helena Snell. (ebenda), 

222. Thysonolis glaucopis Gr. Sm. (Humboldtbai). 

223. „ regalis Gr. Sm. (ebenda). 

224. ,, manto Gr. Sm. (Astrolabebai). 

225. „ stephani Gr. Sm. (ebenda). 

226. „ plolinus Gr. Sm. (ebenda). 

227. „ caesius Gr. Sm. (ebenda u. Humboldlbai). 



>. Thjsonotis peri Gr. Sm. (Sattelberg). 

. Pseudonolis hnmboldti Drace (AstroL- n. Humboldtbai). 

'. Holocbila tringa Gr. Sm. (Humboldtbai). 

„ subrosea Gr. Sm. (ebenda). 

„ dimorpha Röb. (Astrolabebai). 

„ intensa Bntl. (ebenda). 

„ refusa Gr. Sm. (Humboldtbai). 

p harterti Gr. Sm. (ebenda). 

„ marginata Gr. Sm. (ebenda). 
. Lampkies eclectus Gr. Sm. (Simbang u. Astrolabebai). 

„ allectus Gr. Sm. (Humboldlbai). 

„ amphissina Gr. Sm. (ebenda). 
i. Lycaena celeno Cr. 
„ aratus Cr; 
:. „ strabo Fabr. 
1. n amiana Feld. 
-.. Castalius mindarus Feld. 
y. Liphyra sp. Von Wahnes an der Astrolabebai gefangen. 

Hesperüdae. 

:. Casyapa critomedia Fuer. (Astrolabebai). 

'. Ismene tiacetlia Hew. (ebenda), 

>. Parnara mathias F. (ebenda*. 

'. Tagiades menaka Moore, (ebenda). 

I. „ caesina Hew, (ebenda). 

. Plesioneura feisthameli B. (ebenda). 

t. „ wokana Plötz (ebenda). 



Die Liste der Lycaeniden und Hesperiiden ist ausserordentlich lückenhaft, da ich genothigt war, mein dies- 
bezügliches Material, welches etwa die doppelte, bei den Hesperiiden sogar die vierfache Anzahl der hier aufgeführten 
Arten enthielt, unbearbeitet aus der Hand zu geben. 

Die von Doherty in der Humboldtbai, also ganz nahe der westlichen Grenze des deutschen Gehietes, gesammelten 
Arten glaubte ich wegen der Möglichkeit ihres Vorkommens auf unserm Gebiete mit aufnehmen zu sollen. . 



Verzeichniss der bis jetzt aus Deutsch-Neu~Guinea bekannt gewordenen 
Binnenmollusken. 

Mitgetheilt von Dr. W. Kobelt. 
Die cunriu gedruckten Arten und Gattungen wurden von Dr. Hagen nicht erbeutet. 



1. Landschnecken. 

a. Naninidae. 

1. Nanina achilles (Rhysota) Brazier Maclay Küste. 

2. „ armtti (Rh.) Smith. Constantinhafen. 

3. n juvenix Smith. Constantinhafen. 

4. B divergent (Hemiplecta) Brancsic 

6. „ citrina (Xesta) var. apicata MlldfT. Astrolabebai.*) 

6. „ urmipHiucida (Hemiglypta) Brancs. Astro- 

labebai. 

7. „ amblytropis Smith. Constantinhafen. 



M. Nanina lixsorhaphe Smith. Constantinhafen. 

9. „ anthropophagi/i->im{S'Aaiti)Sau\.iiHambo\dlbaL 

10. „ xturanyi pendrot rochus) Brancs. Astrolabebai. 

11. Helicarion n. sp. 

b. Helicidae. 

12. Dorcasia plicifcra Smith. Constantinhafen. 

13. ? „ ctriontiformi» Kobelt. Humboldtbai. 

14. Papuina yorcndueiwix Braz. Maclay-KOste. 

15. „ tayloriana Ad. et Rve. Astrolabebai. 

16. „ var. ktdauiiicmnx T.ipp. 

17. „ „ strabo Braz. 



*) Hienach ist auf Seite 102 auch die Astrolabebai als Fundort einzureihen. 



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i. Papuina kuharyi MUdff. 

w. albina HIldfT. 
i. n multizona Less. Astrolabebai bis Port Dorey 
und rar. sparsa Brancs. 

„ linttckuana Koh. II umbo Idthai. 
:, „ dioaricata Kob. Humboldt bai. 

„ maclayana Braz. 
, Ghloritis delphax Dobrn. Astrolabebai. 

„ inquieta Dobrn. Astrolahebai, 

„ erinaceua Pfr. Astrolabebai. 

, dinodeomorpha Tapp. Astrolabebai, 
i, „ ephamiüa Smith. Constantinhafen. 
'. „ perambigun Smith. Constantinhafen. 
i. Sphaeronpira rohdei Dohrn. Astrolabebai. 

, Itrpidophora Dohrn. Astrolabebai, 

!. „ rehsei Mrts, (gerrurdi Smith) Astrolabebai. 

:. ,. djamnennin KobelL Astrolabebai. 



I 50. Pupinopsis stnibelli Smith. Humboldtbai. 
5!. Helicina papuina Smith. CoDstantinhafen. 
j 52. „ bageoi Bttg. (nomen nudum). 
I 53. Cyclostoroa novae hiberniae Qu. et G. (wohl identisch 
mit No. 46). 



35. Planispira parthtnia Kobalt. Humboldlbai. 

36. „ purpurostoma le Guill. Astrolabebai. 
31. „ Vor. albescetu Brancs. Astrolabebai. 

38. ii dwcordiidix Fer. Maclay-KQste. 

39. Cristigibba mutsgrar.ei Smith. Constantinhafen. 

40. Hadra utirophora Smith. Constantinhafen. 

41. Coliolus canefrianus Smith. Constantinhafen. 

42. Buliminun colonm HlidfT. Constantinhafen. 

43. „ vor. tumida Hlldff. Constantinhafen. 

c. Neurobranchla. 

44. Cyclophorus (Rhytidorhaphe) kubaryi Mlldff. Con- 

stantinhafen. 

45. Mychopoma exui Hlldff. Constantinhafen. 

46. Leptopoma Tilreum Less. Stepbansort. 

47. Adelomorpha laeta Hlldff.*} Fried r. Wilhelmsbafen, 

48. Ihtpina nasuta Smith. Constauliohafen. 

49. PupintUa luteota Brancs. (fultoni Smith) Astrolabebai. 



2. Süsswassermollusken. 



&4. 


Paludina maclayana Braz. Maclayküsle. 


55. 


Melauia hariula Lea. 


56. 


n punctata Lam. 


57. 


„ figurata Hinds. 


58. 


„ turricula Lea. 


59. 


„ civtelium Rvc. 


60. 


„ aalomonis Brot 


61. 


„ recentissima Tapp. 


62. 


„ obscura Brot. 


63. 


„ denniaonensis Brot. 


64. 


verrucosa Hds. 


65. 


„ lauterbachi Brancs. 


66. 


„ acanthica Lam. 


67. 


„ scabra Müll. 


68. 


„ cybele Gld. 


69. 


I'irena atra Houss. 


70. 


Nerittna variegata Less. 


71. 


Cornea L. 


72. 


„ diadema Recl. 


73. 


puella L. 


74. 


„ brevispina Lam. 


75. 


„ petiti Recluz. 


3 


—4 Arten (Melania und Neritina) noch unbestimmt 


76. 


liatwsa childretii Gray. 


77. 


„ corbiciüoidex Desh. 


78. 


„ discort Brancs. 



*) Dies ist die Seite 10 erwähnte kleine Schnecke. 



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/.-um Schlüsse muss ich noch Einiges nachtragen, über das ich erst nach Vollendung dieses 
Buches nähere Aufklärung erhalten habe und zwar durch meinen inzwischen auf Urlaub nach Europa 
zurückgekehrten Freund Hoffmann. 

Bezüglich der in Bogadjim üblichen Kampfweise — Hoffmann war Augenzeuge und Friedens- 
stifter bei mehreren Kämpfen der Tamo's — erzählte mir derselbe: 

Nur alte Leute dürfen getödtet werden; junge zu erschlagen, verstösst gegen den Kriegs- 
gebrauch. 

Die Einleitung des Kampfes, sobald die beiden Parteien sich gegenüberstehen, geschieht durch 
Rasseln und Klappern mit den Pfeilen. Flüchtet daraufhin keine von beiden, so sucht man sieb 
durch drohendes Anlegen der Bogen zu erschrecken, und wenn auch das nicht hilft, so sendet man 
erst einige Pfeile über die Köpfe der Gegner hin. Erst dann schreitet man zum wirklichen Kampfe. 
Derselbe findet familienweise statt. Familie steht gegen Familie. Zuerst treten die Aeltesten, die 
Familienhäupter hervor und beschleudern sich gegenseitig mit Speeren; fällt einer, so springen seine 
Angehörigen herzu, diejenigen der Gegenpartei ebenfalls und es beginnt das regellose Streitgewühl, 
wobei sowohl Speere, wie Pfeile und Nahwaffen verwendet werden. 

Nach dem grossen Kampfe 1896 zwischen den Dörfern Lalu und Bom, worüber ich S. 251 
berichtet habe, ward der Friede (djoutürjonum), der erst auf ernstes Dazwischentreten der Europäer 
zu Stande kam, nur zwischen den älteren Leuten geschlossen (auf die S. 199 und 251 erwähnte 
Weise), zwischen den jungen Männern aber nicht, was Hoffmann als Beweis dafür ansieht, dass die 
Blutrache nur practisch , nicht auch theoretisch aufgegeben worden sei. Es bestärkt mich dies 
in meiner Ansicht, dass dem Fallenlassen dieser einschneidenden Institution nicht irgendwelche 
tiefere moralische oder politische Erwägungen, sondern nur Verlotterung und Verweichlichung zu 
Grunde liegen. 

Die Tamo's sind, wie ich bei dieser Gelegenheit bemerken will, ausserordentlich gute Fährten- 
kenner und entwickeln im Auffinden und Deuten von Fussspuren eine wahrhaft indianische Ge- 
schicklichkeit. Sie unterscheiden an den Fussspuren mit fast absoluter Sicherheit nicht bloss 
Chinesen, Javanen oder Mclanesen aus dem Archipel, sondern auch einen fremden Papua aus dem 
Gebirge, oder einen ihrer eigenen Leute; und in letzterem Fall wissen sie sogar meist den Namen 
des betreffenden Fussgängers zu nennen. Das sieht wunderbarer aus, als es eigentlich ist, obwohl 
immerhin ein gut Theil Beobachtungsgabe und Scharfsinn dazu gehört; Uebung macht auch hier 
den Meister. Der Melanose aus dem Archipel z. B. setzt als Seefahrer, der er in neunundneunzig 
Fällen unter hundert ist, seine Zehen mehr auswärts beim Gehen, der Gebirgsbewohner tritt infolge 
des Bergsteigens mit dem vordem Theil des Fusses stärker auf, als der Bewohner der Ebene und von 
den Dorfgenossen hat fast Jeder eine Eigenthümlichkeit des Ganges oder der Fussbildung, welche 
ihn an seinen Spuren kenntlich macht. So erklären wenigstens die Tamo's selbst ihre Kunst. 

Bezüglich des Handels habe ich noch nachzutragen, dass die Bilibili-Händler bereits mehr- 
fach das Monopol des Binnenhandels der Bogadjim-Leute durchbrochen und den direkten Verkehr 
mit den Bewohnern des Hinterlandes erzwungen haben und zwar einfach durch das auch dort be- 
liebte Mittel des Boykotts. Sie sperrten nämlich den Bogadjim -Leuten so lange die Töpfe — wie 



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wir uns erinnern, das Hauplproduct von Bilibili — , bis jene mürbe geworden waren. Jetzt ist der 
Status so, dass an gewissen Tagen und an bestimmten Plätzen der Astrolabe-Küste die Bilibilileute 
mit den herabkommenden Inlandbewohnern direct Handel treiben dürfen. Auch die Wasserstrasse 
des Gogol- oder Gocholflusses steht ihnen frei. 

Zuletzt noch eine Berichtigung: Auf Seite 191 und 245 steht gelegentlich der Miltheilung 
über die Trommelsprache, dass der Essensruf aus einer Reihe von langsam beginnenden, sich immer 
mehr verschnellernden Schlägen bestehe. Es muss aber gerade umgekehrt heissen : schnell beginnend 
und sich immer mehr verlangsamend. Obwohl auch die Frau die Trommel zu handhaben versteht, 
so thut sie doch dies für gewöhnlich nicht, sondern höchstens mal in Zorn und Wuth oder im 
Nothfall ; die Essenssignale werden fast ausschliesslich von den zu Hause gebliebenen Männern 
gegeben. 



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Register. 



Aale 100, 139. 
Acaena 123. 

Acalypha insulana var. glabr 
Acanthophis antarcticus 07. 
Accipiter cirrhocephalus 96. 
Acraeinne 107, 114, 115. 
Acrophthalmia 113. 
Adelomorpha 101. 
Adel-familien 166. 
Adenanthereae 124. 
Adler 96. 

AdmiraLtalsinseln 145. 
Adoption 225. 
Aeluroedus geislerorum 91. 
Aflbnsea 124. 
Afrika 125, 153. 
Aglaia 71. 
Ahnenbildnisse 267. 
Ahnenkult 147, 267, 275. 
Akazien 5:), 
Akka's 164. 
Alang 62. 
Alaudidae 87. 
Alberdia 103. 
Albert- Victor-Gebirge 1"'. 
Alcedinidae 88. 
Allbeseelung 275. 
Alligator 127. 
Alluvialebenen 18. 
Alpenrosen 71, 77. 
Amathusia phidippus 114. 
Amaurornis olivacea 96. 
Ambernofcßusa 5. 



bcutler 126. 
Amerika 124, 125, 153. 
Amnion iten 128. 
Amoora myrmecophila 66. 
Ampbiproviverra 127. 
Amsterdam-SU Paul 122, 
Anacardiaceen 70. 
Anachore teninseln 145. 
Anaphalis hellwigi 74. 



i 77. 



Anatidae £ 



Aodai 101. 

Andnmanesen 162. 

Andesit 17, 18. 

Andesitporphyi e 18. 

Andre« R. 191. 

Aneilema 70. 

Anfangszustflnde, soziale 276. 

Anonaceen 64. 

Anona muricata 106, 109. 

Annularia 116. 

Antarktis 118, 125. 

n , Gesteine der 118. 
Anthropoiden 154. 

„ , Differenz! rang der 153. 
Anthropophagie 255. 
Antiarinae 124 
Antiaropsis 124. 
Anuromeles ruflveiitris 85. 
Apaturina 114. 
Aphritis 127. 
Apocyneen 64. 
A-aber 149, 150. 
Amceea 59. 
Arafurnsce 120. 
Araliaceen 69. 
Araucaria cunninghami 73, 76. 

n hunsteini 73. 

Araucarien 120, 121, 122. 
Arbeitermaterial, minde werlhiges 35, 36. 
Arbeiter, melanesische 9. 

„ „ , Nahrung derselben 39. 

Archäopteris 115, 117, 120. 
Archipel, malayischer 144, 146. 
Areka 61. 
Argyrophenga 113. 
Arier 149. 
Aristolelia 123. 
Artamidae 88, 131. 

Artenbildung durch Zonenwechsel 119. 
Artocarpeen 58, 124. 
Arat, chinesischer 50. 
Abb 259, 

„ cull 195, 222, 237, 270 

„ fesle 172, 186. 

„ flöte 190. 



Asabaus 172, 189, 191, 200, 235, 271. 

n Instrumente, den Frauen verboten 190. 
Asien 126. 

Asplenium nidus avis 58. 
Astem 78. 124. 
Astrolabebai 6, 18, 24, 25. 

„ , prächtiger Eindruck 17. 

„ , Temperatur 19. 
„ , keine Sümpfe 26 

, Malaria 28. 
n , benannt durch Dumont 
d-UrvÜle 133. 
Astrolabe-compngnie 1, 13. 
„ ebene 18. 
„ gebirge 178. 

„ papua's.ablelinen 1 geg. Arbeit38. 
Auckland 12G. 

Aufstieg der Seelen zum Himmel 264. 
Augentrost 77. 
Augitkrystalle 17. 

Australien 89, 104, 107, 110-116, 120, 

123, 184, 125, 127, 128, 131, 147, 222. 

Australien, älteste Spuren v. Lebewesen 115. 

n erster und altert! i öin liebster 

Schöplungshcerd 121. 
„ Austrocknung 129. 

„ Milkyen in 150. 

„ Myrlhaceenreichlhum 53. 

„ Zahl der POanzenarten 55. 

Australier 145, 155, 1%, 223. 
n , Hetärismus der 222. 
n , iBoUmsg der 148. 
„ , Gesieht-lypus der 164. 
„ , Frauenlausch 224. 
Australische Region 88, 89. 
Axt 191. 
Azorella 123. 

Bachstelzen 87. 

Baekenwillste beim Menschen 164, 

, Orang-Utan 164. 
Badeprozession 236. 
Baer, C. E. von 133 
Bärlapp 77. 
Baume, heilige 270 

40 



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8 le _ 



314 



Ballspiel 210. 
Balsaminen 70. 
Balum 171, 168, 235, 264. 
Bambub Achsen 184. 

„ dickieht am Sattelberg 68. 

„ , hoher 75. 

„ achnarren 187. 
„ splitter als Messer 192. 
Bammler, Missionar 140, 189, 271. 
Barium fest siehe Bai um. 
Barrmgtonk 53, 66. 
Bariflechten 73. 
Bastian 225. 
BasLklopfer 193. 
Batak's von Sumatra 17, 165, 185, 187, 

329, 248. 
Batate 140, 198. 
Batavia 27, 35. 
Batissa 103. 
Batjan 111. 
Balracliostomus 89. 
Baumfarne 76, 78. 

„ Frösche 99. 

„ häuser 202, 203. 

„ riiideomQtzen 168. 

„ stamme als Feuerspender 204. 
Bawean, Insel 3. 
Baweanesen 49. 
Beamtenkonlrakte 34. 
Beccari, Dr. 149. 
Beccassine 96. 
Beerdigung 260. 
Begonien 70. 

Begrabniss siehe Beerdigung, 
Beinschienen 171. 
Belidaeus (ariel?) 84. 
Bellardiella 102. 
Bentham 64. 

Bergmann, Missionar 100, 140, 172, 181. 
Bergpflunzen, lie rahgeschwemmte 130. 
Bergtypus der Papua's 159, 164, 228, 
Beriberi 15, 43. 

in Deli 46. 
BerÜnhafen 159, 174, 193. 
Beschneidung 192, 234, 23G, 271. 
Beschnei düi igsfeste 185. 
Beschrankung meiner ThSligkeit als Natur- 
forscher 1, 80, 81. 
Betelnussc 199, 201. 

„ pahne siehe I'inangpalme. 
Beuteldachs 81, 189. 

„ marder 84. 

„ ratlen 126. 

„ thiere 130. 



Beutelthiere, polyprolodonte 125. 

„ thierfauna 12]. 
Beziehungen zwischen Nord- und Südkflste 

176, 178, 182. 
Bienenfresser 87. 
Bikkia grandiflora 170. 
Bilibili 11, 18, 90, 181, 202, 216, 211. 
Birma, Ober- 102. 
Biro, Prof. Dr. L. 79, 104, 140. 
Bismarckarchipel 26, 102, 107, 111, 113, 
114, 168. 
„ gebirge G, 15, 18, 23. 

, , mit Schnee bedeckt 6, 78. 
„ insulaner, Somalologie der 158. 
„ archipel -Typus, verwand! mit dem 
australischen 160. 
Blaulinge 113. 
Blanchebai 24. 
Blasekugel 190. 
Blashörner 189. 
Blattpflanzen, hübsche 70. 
BEiong 191. 
Blumenbach 155. 
Blumen, geringe Anzahl der 59. 

„ picker 88. 
Blutegel siehe Waldblulegel. 
„ entziehung 257. 
„ fehden 203. 
„ räche 253. 255. 
Bockkäfer 104. 
Boeltger, Prof. Dr. O. 97, 98. 
Bogadjitn 172. 176, 221, 285, 237, 268. 
n , auswart. Beziehungen 221,222. 
„ , Suprematie Ober das Hinler- 
land 221. 
„ , Fehlen selbalstandiger Erzeug- 
nisse 216. 
„ , Schlüssel zum Hinterlande 217. 
„ , ein CoUeküvname 221. 
„ spräche, Charakter der 207. 

Staat 225. 
„ tamo's, Somalologie der 159. 
„ „ Geschicklichkeit in Fische- 

speeren 99. 
Bogen 174. 
Bolbophyllum 74. 
Born, Dorf 222. 

Bongu, Dorf 16, 67, 192, 21G, 273. 
Bopa kure 265. 
Romeo 103, 113, 122, 123. 

„ , endemische Pflanzen 55. 
Borraginaceen 74. 
Bolhriceps 125. 
Bougainville 133. 



Bougainvillc, Insel 187, 192. 
Bouvet 122. 

Brachfelder 96. 
Brachyops 125. 
Brachyphyllum 116. 
ßrancsik Dr. 101. 
Brauneisenerz 18. 
Brazier 101. 
Brennnessel 132. 

„ , eine fürchterliche 60. 
Briefe der Eingeborenen 277. 
Britisch-Neu-Guinea 103, 110, 111. 
Brodfruchtbaum 58. 199. 
Brocken-Water-Bai 16. 
Brombeeren 70. 

Branzeglocke,indiNcheaufNeu-SeeIrtndl48, 
Brücken zwischen Nord- und Siid- 

hemisphare 120. 
Bucerotidae 88. 

Buchanania nova-guineensis 70. 
■Bufo melanostictus 99. 
Buikziekte 43. 

Buitenzorg, Vaccineinstitut 40. 
Buka, böser Geist 265. 

„ Insel 187, 192. 

„ Orchester 187. 

„ Eingeborene von, brauchbare Ar- 

„ kure 265. 
Buka's 160, 161, 162, 163, 168, 169, 
183, 276. 
„ Somatologie der 158. 
Bul, Tanz- und Kampfscbmuck 172. 
Bumerang 147, 148. 
Buprestiden 104. 
Burseraceen 6(. 
Buscbkukuk 96. 

„ lause siehe Buschmucker. 

„ mann er 164. 

„ mucfcer 72, 140. 
Buton, Insel 4. 

Cacat.ua tri Um 92. 

Caenolestes 128. 

Calamites 115, 117, 120. 

Calanthe veratrifolia 71. 

Caloenas nicobarica 91. 

Callilris 122. 

Calophyllum inophyllum, gutes Baubolz 

57, 109. 
Callha 124. 
Calycacanthus 70. 
Calycia 102. 
Gampophagidne 88. 



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Canna indica, verwildert 63. 
Cannibalismus 147. 
Cap Croisilles 6, 194. 
Capparideen 123. 
Capriinulffidae 87, 95. 
Capsicum 199. 
Carbon, oberes 115. 

„ „ , Klima desselben 117. 

„ „ , neue Pflanzen im 115. 

„ , untere» 115. 
Carica papaya 67. 
Carolinen 146. 

Charon, ein papuanischer S64. 
Carponycleris minimus 86. 
Caryophylleen 76. 
Casaia glauca 108. 
Caslilloinae 124. 
Casuar 81, 88, 89, 90, 131, 139. 

„ , Verwundung durch einen 94. 
Casuarinn nodiflora 68. 
Casuariua picticollis 94. 
Casuarknochengeräthe 178, 184. 
Calopsiüa flava 103. 

„ n , Raupe derselben 108, 

Caulopteris 116. 
Cayenne, das deutsche 13, 34. 
Celebes 89, 102, 118, 114, 153. 
Celosium 199. 

Centralgebirge 15, 16, 18, 130, 178. 
Cephalotes peroni 86. 
Cerain 107. 
Ceratochilus 74. 
Ceratodus 127. 

Gerber* floribunda, Fruchtpflaume von 6! 
Ceithiidae 88. 
Ceryle 90. 
Cetaceen 124. 
Cethosia damasippe 110. 
Celoniden 104, 140. 
Ceylon 149, 153. 

„ , endemische Pflanzen 65. 
Ghalcophaps 91. 
Chalcopaillacus duyvenbodei 92. 
Charadriidae 88. 
riiaropa 103. 
Chelonia 100. 
Chenopodium murale 132. 
Chimpanse 154. 

„ , Verbreitungskreis des 154. 
Chinesen 3, 36, 38, 49. 
Chinin, Anwendung von 31. 
Chi rosa 112. 
Chloritis 102. 

leay 104. 



Cholera 43. 

Cicinnurus regius 93, 139. 

n n , Entwickelungsstadien 

des 93. 
Ciconidae 88. 

Cigarrenstummel Werbung 242. 
Cinnamomum 74. 
Circumcision s. Beschneidnng. 
Cissus 65, 70. 

„ lineata 70. 
Cilronellagras 3, 199. 
Clausilien 102. 
C'.eithrolepis 116. 
Clerodendron roagnifieum 70. 
de Clercq 149, 183, 196. 
Clusiaceen 64. 
Cocos nucife.ra 61. 
Codiaeum 199. 
Cohahilation 234. 
Coix lacryma Jobi, Samenlterne von, als 

Schmuck 62. 
Coleopteren 139. 
Coleus 74. 
Colocasia 59. 

„ antiquorum 198. 
Coluhrina beccariana 123, 
Colubrinae 98. 
Colymbidae 88. 
Combretaceen 64, 70. 
Commelynaceen 70. 
Compositcn 73, 78. 
Conchylien 100. 
Conglomerate 17, 18. 
Coniferen 68, 73, 76, 78, 116, 120. 
ConsUintinhafen 20, 93, 103, 104, 170, 

188, 190. 
Conlinent, antarktischer 118. 

„ , BQdhemispllärischer carboner 116. 
Conulus 103. 
Cook 133. 
Copra 199. 
Coraciadae 87. 
Cordaitaceen 121. 
Cordaites 115. 
Cordylina 70. 

., jaquini 199. 
Corvus orru 96. 
Cotton, Capt. s. Webster. 
Colylanthera teauis 7 t. 
Couvade 234. 
Cracidae 127. 

Craspedophora magnifica intercedens 93. 
Cromwellberg 17. 
Crystallopsis 102. 



Cucuüdae 87. 

Culm s. unteres Carbon. 

„ Bora 117. 

„ , Leitrossilien des 115. 
Cultur, indische 149. 
Curcnlioniden 140. 
Cuscus 83. 

Cysthea macgregorii 78. 
Cycadeen 120, 181. 
Cycas 200. 

„ pulmo 62. 
Cyclophoriden 103. 
Cyclopsittacus diophthalmus 92. 

edwardsi 92. 
Cyclostigma 115. 
Cydotropis 102. 
Cypselidae 87. 

Cyrestis acilia, Raupe von 59. 
Cyrliindra hellwigi 74. 

Dacrydium 76. 

Daday, Dr. 104. 

Dahl, Prof. D.-, 79. 

Dajak's 185 

DaUmannhafen 149, 59, 169. 

Dammaropsis kingiana 69, 130. 

Dampier 133. 

„ insel 6. 175, 182, 203, 216, 258. 
Danainae 107, 112, 115. 
Danais 112. 

n cbrysippus 110. 

„ erippus 113. 

„ pelilia 110. 
Lianneil, Dr. 24, 41, 152. 
Dasyptilus pescqueÜ 92. 
Dasyuridae 126, 127. 
Dasyurus albopunetatus 84. 
Dauermalaria 29, 30. 
Decatoca spenceri 77. 
Deckblatt für Cigarren 245. 
Deckelschnecken 101, 103. 
Dekhan, Plateau von 153. 
Deli 1, 28, 35, 44, 46, 110. 
„ , sanitärer Entwicklungsgang 51. 
Delias 112. 

„ aruna 67. 
Dempwolff Dr. 30. 
Dendrobium 74. 

B Augustoe Victoriae 71. 

, „ psychrophilum 78, 

„ wnrburgianum 71. 

Dendrocolaptinae 127. 

Dentalium 124. 

Deutsch-Neu-Guinea 107, 110. 

40* 



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Devon 115. 

Dewarra siehe Diwarra. 

Dewers, Kapitän 3, Ei, 8. 

Dicaeidae 88. 

Dickhäuterknochen 135. 

Dicruridae 87. 

Didelphiden 126, 127, 128. 

Dilleniaceen 69. 

Dingo 128, 129, 144. 

Dioscorea 198. 

Diphyllodes chrysoptera septentrionalis 93. 

Diplom matiniden 103. 

Diprotodon 128. 

Dipsadinae 98. 

Dislflchurus 130. 

Dipteren 104. 

Dipterocarpeen 64, 68. 

Diwarra 218. 

Dörfer, grosse 221. 

„ verlassene 221. 
Doherty, W. 101, 111. 
Doleschallia 114. 
Donnerkeile 192. 
Dorcopsis 130. 

o hageni 85, 
Dorey 102. 
Douglasriver 102. 
Drapetes ericoides 78. 
Dravida'a 147, 161, 162, 164. 
D reger, Hauptmann 136. 
Driroys 123. 

„ piperila 78. 
Dromaeus 89. 
Drude, Prof. Dr. 120. 
Dryolestes 126. 
Dualismus 121. 
Dubois, Dr. 153. 
Du Bus, Fort 14. 
Dugong 86. 
Dukduk 225. 
Dumont d'Urvüle 133. 
Duperrev 133. 
Dynamit, Fischen mit 99. 
Dypnoi 127. 
Dysenterie 41, 257, 

„ , Behandlung der 43. 
Dysoxylon novo-guinense 70. 

Eberhauenchmuck 171. 

n , imitirter 172. 

Echidna 84. 
Echiquier- Inseln 145. 

Eclectua pectoralis 91. 
Edel weiss 77. 



Edentaten 121. 
Ehler», O. 42. 



a 70. 



„ grenze 65. 
Eichhorn, fliegendes 83, 
Eidechse 97, 139. 

„ als Ornament 185. 
Eidechsen, Artenzahl der 98. 
Eingeborene 81. 
Eisberge 117. 
Eisen, Vordringen des 191. 
Eisströme 117. 
„ vögel 87—90, 95, 131. 
„ zapfen auf dem Gipfel des Owen- 
Stanley 78. 
„ zeit, obercarbone in Indien, Australien 
und Südafrika 117. 
Elaeocarpus culminicola 74. 
70. 



Elodina 109, 112. 
Elymniinae 107, 113, 115. 
Endemismus 130, 131. 
Endospermum formicarum 66. 
Engler, Prof. 55, 71, 120, 124. 
Engystomatidae 99. 
Enten 139. 
d'Entrecasteaax 133. 

Entstehung des Menschengeschlechts, ein- 
heitliche 155. 
Entstehungscentrum der nflrdL Volker 153. 
Entwicklung, verschiedene, auf gemein- 
samer Grundlage 119, 121, 128, 155. 
:ian 77. 
Eos fuscata Incondita 91. 
Epacrideen 77. 
lidemieen 35. 
Epilobium 124. 

n pedunculare 77. 
n prostratum 74. 
Equiselaceen 115. 
Equisetum debile 77. 
Erdachse, Schwankungen der 118, 129. 
„ beben 26. 
„ beeren 77. 
„ bodentemperatur 20. 
„ tauben 91. 
„ wurmer 127. 
Erima, Dorf 222. 

, Pflanzung 222. 
Erlaubnissschein zum Schiessen v. Paradies- 
vögeln 80. 
Eruptivgeslein 18. 



Erylhrina. indica 59. 
Eschweileria boerbgei 69. 
Essbare Erde 17. 
Esslische 201. 
Eucalypten 123. 
Eucalyptus 53. 

fehlt in Kaiser- Wilhelms!. 161. 

, naudiniana 161. 

„ savanenformation 115, 

Eugenia 53, 59, 66. 
Eulen 87, 96. 
Euphorbiaceen 66, 74. 
Euphrasia brownii 77. 
Euploea 112. 

„ swierstrae, Raupen von 59. 
Europäer, australischer Typus der 156. 
Euryades 127. 
Eurycus cressida 127. 
Euthaüa aelhion 109. 
Eiogamie 223. 



Fabrikat ionscentren 216. 

Färbung der Zahne s. Zähne. 

Fagus 124. 

Falklandinseln 126. 

Familie, Grundlage d. Helnnesierslaates 224 . 

Familieneigenthum der Papua '9 194. 

Faunengebiet, australisches 101. 

„ „ , archaischer 

Charakter desselben 101. 
Faunengebiet, melanesisches 101. 
Feuchtigkeitsgehalt der Luft 25. 
Fegen der Dorfstrasse 201. 
Feldzauber 269. 
Felsenpapagei 92, 
Fenichel, S. 79, 104, 140. 
Festuca 77. 
Feuer 203. 

„ erzeugung 204. 
„ land 126. 
Ficus 58. 

„ ampelas 59. 
Fidji, endemische Pflanzen 55. 

„ inseln 146, 147. 
Finisterreenpedition 37. 
Finisterregebirge 23, 73, 92, 101. 

„ , Anblick desselben 6. 

n , höchster Kamm 74. 

„ , Natur desselben 17. 

, Wetteracheide 23. 
Finken 87. 

Finsch, Dr. 79, 134, 157, 160, 169, 170, 
t78, 183, 201, 203. 



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317 



Finschhafen 17, 82, 109, 111, 168, 17], 

178, 185, 186, 201, 275. 
Finscbia 53, 123, 130. 

„ rufe 69. 
Fischangehl 180. 
Fische 99, 189. 

„ , heterocerce 116. 
„ , plagiostome 124. 
Fischereigerälhe 160. 

„ gcrechtigkeit 194. 
Fischneüe 180. 
* pfeife 175. 
„ reusen 180. 
n speere 174. 
„ zauber 270. 
Flechten 74. 
Fledermäuse 86. 
Fleisch, Irisches, rar 81. 
Flierl, Missionar 17, 24, 68, 72. 
Fliegensclinäpper 87, 88, 89, 96, 
Flöte 186, 240. 
Flusssystem Neu-Guinea's 16. 
„ wasser-Temperalur 20. 
„ wasser , trinkbar 22. 
Flyriver 102, 103, 101. 
Formosa 149, 

Fortdauer nach dem Tode 265. 
Fossile Frftchte in Australien 123. 

„ Pflanzenfunde auf Java, Sumatra 
und Bornen 122. 
Frauenkauf 225. 
„ raub 223, 243. 
. rock 173, 2i(4. 
„ tanze 272. 
Freycinetien 59. 
Friedenszeichen 251, 311. 
Friedrich-Wilhelmshafeii 7, 16, 17, 18, 21, 

25, 26, 28, 100, 101, 170. 
Fringillidae 88. 
Frosche 99, 127, 139. 
Fungi 140. 

Gabel 183. 
Gänseblümchen 77. 

„ kraut 77. 
Galaxiidae 126. 
Galium javanicum 77. 
Gallidae 88. 
Gangamopteris 116. 
Ganesa 149. 

Gardenia bansemanni 59, 70 
Garitna, Dorf 222. 
Garut, Luftkurort 76. 
Gallungen, vkariireude 131. 



Gaulliera mundula 77, 78. 
Gazejlehalbinsel 18, 24, 8?, 145. 
Geberdensprache 211, 212. 
Gebirge in Neu-Guinea 15. 
Geelvinkbai 101, 104, 111, 149. 

„ Strasse 5. 
Gegensatz , anthropologischer , zwischen 

Nord und Süd 155. 
Geheimcult siehe Asacult. 
Gehirn wachsthum des Menschen und der 

Anthropoiden 154. 
Geisler, Gebrüder 94, 139. 
Geisterdorf 264. 

Geld, Entstehung desselben 214. 
Gemütiisbewegungen, Ausdruck der 211. 
Gentiana 124. 

„ etlingshauseni 77. 
Gentianen 71. 
Gcoffroyus jobiensis 92. 
Geograph. Verhältnisse Kaiser- Wilhelms- 
lands 15. 
Geotrocbus 102, 
Gesfioge 272. 
Gesellschaftsinseln 147. 
Gesichlshaare 169. 

n masken 149, 159, 172, 195. 
Gesundheitsverhaltnisse 13. 
Geum 124. 

Gewerbe, Anfänge der 216. 
Gewitter 25. 
Giftschlangen 97, 98, 131. 

, im Untermiocan 98. 

Gigliogli, Pror. Dr. 149. 
Ginko 120. 
Glazialscbotter 117. 
Glctscberspuren 117. 
Glimmerschiefer 118. 
Glossopteris 115, 120 
Glossopterisflora 116, 125. 

n , zuerst in Australien 116. 

„ , Ursprung der 116. 
in Afrika 116. 

„ in Europa 116. 

in Indien 116. 

„ in Südamerika 116. 

Gnaphalium siehe Anaphalis 
Gnetaceen 62, 122. 
Gnetum gnemon 68. 
Gogolfluss 17, 130, 222, 
Gomphandra prasina 71. 
Gondwanaland 117, 120, 121, 153, 163, 

165, 210. 
Gondwnnn System 116. 
Gorilla 154. 



Goura beccarii 90. 
Graser 77, 78. 
Granit 18. 

Grammatophyllum Guilielmi II. 71. 
Graptophyllum pictum 114. 
Greiskraut 77. 
Gregory, Dr. 129. 
Grisebach 64. 
Grossfusshuhn 95. 
Grüne tisch -Bestimmung 80. 
Gruppenehe , eine proletarische Ver- 
lotterung 222. 
Guanolager 24. 
Guap 169. 
Gummibaume 59. 
Gundlacbia 127. 
Guppy, H. Br. 192. 
Gurken 199. 

Gymnocorax senex 91, 96. 
GymnospermenzapfeDspuren 116. 
Gyropoiella 122. 



Haacke, Dr., W. 126, 129. 

Habicht 96. 

Haddon. Prof., A. 273. 

Hadra 101, 103. 
„ broodbenti 104. 
„ rehsei 104. 

H&ckel, Prof. Dr. 153. 

Hauptlingswürde, Erblichkeit der 147, 
226, 227. 

Hauser, Bauart der 201. 

der Bergdörfer 202, 
„ zweistöckige 202. 

Hagen, C. von 11, 193, 196. 

Hngge, Dr. 32. 

Halri, Dr. 225. 

Haidekrant 77, 78. 

Haine, heilige 270. 

Halbinsel, indomadn gassische 118. 

Halcyon sanctus 95. 

Halicore dugong 86. 

Halmahera 111, 177. 

Halsband 171. 

Halssäckchen 173. 

Hamadryas 112, 115, 127. 

Hammerhai 100. 

Handel, Anfänge desselben 214, 215, 
216, 2 7. 

Handelscentren 216. 

„ freunde 217, 219. 

Handschulz gegen Röckprall der Bogen- 
sehne 177. 



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318 



Hansemann von, Geh. Gammen. Ralh 1 

berg 17. 
Hansemannia 124. 
Haplochitonidae 126, 
Harpyia major 86. 
Harpyopsis novae guineae 96. 
Hatzfeldlhafen 18, 26, 169, 171, 172, 
196, 218. 
„ , Cholera 43. 

, Feuchtigkeit 43. 
„ , Temperatur von 19, 

n , Umgebung von 18. 

Heck, Dr. 195. 
Hedley, Charles 102, 104, 125, 127, 128, 

131. 
Heidelbeerbusche 73, 74, 77, 
Heilmethoden 258. 
Heirath 235. 
Helicia 123, 124. 
Heh'cidae 101, 130. 
Heiirina coxeni 104. 

„ insulanim 104. 
Helix 102. 

Heller, Dr. K. M. 82. 
Hellwig, Dr. 17, 53, 72, 1SB, 283. 
Heilwigia 70. 
Hemipteren 104. 
Henslowia umbellata 71. 
Herbertshöhe 21, 24, 25, 41. 
Herd 203. 
Herrn iten in sein 145. 
Herringa H. 30. 
Herzei; Schwester Augusta 8. 
Herzog, Dr., Wirkl. Geh. Rath, Staats- 

secretär a. D., Escellenz 136. 
Heteronympha 113; 
Hibiscus rosa sinensis 199. 
Hilldiarrhoe 42. 
Himalaja 123, 155. 
Himbeeren 70. 

Himmelsrichtungen, Bezeichnungen d. 208. 
Hindu-Ansiedelungen auf d. Mol uk ten 149. 
„ Invasion 163. 
, , Seekönige der 149. 
„ spuren auf Neu Guinea 149. 
Hippopus 193. 
Hipposiderus cervinus 86. 
Hirngewicht der Anthropoiden und des 

Menschen 154. 
Hirundinidae 87. 

Hochafrika, ältester geologischer Punkt 152. 
„ , Urheimat des Menschen- 
geschlechts 152, 
Hochgebirgsflora des oberen Carbon 120. 



Hochzeitsflug von Schmetterlingen 67. 

Högemann, Kapitän 2. 

Hoffmann, Missionar 1, 140, 194, 196, 

205, 221, 232, 235, 265. 
Hohlaile 193. 

„ meissel, steinerne 192. 
HoUrung, Dr. 63, Gl, 64, 136, 172. 
Holzschwerl 178. 

Homo asiaticus brachycephalus fulvus 153. 
Honigsauger 73, 89. 
Hooker 124. 
Hordenehe 223. 
Hornblendeandesit 18, 
gestein 18. 
Hospital für Europäer 8. 

„ „ Farbige 8. 
Hottentotten 164. 
Hova 149. 
Hühner 196. 
HQongolf 16, 17, 23, 24, 104, 110, 111, 

168, 178. 
Humboldtbai 110, 111, 159, 175, 17G. 
Hund 147, 195, 232. 
„ als Speiseobjekt 196. 
„ , fliegender 139. 
Hunde 230. 

„ , durch Frauen gesaugt 1%. 
„ , Jagd- 196. 
„ zahne 171. 
Hunstein 136. 
Huxley 156. 
Hyantis 113. 
Hydnophytum 66. 
Hyln congenita 99. 
„ dolichopsis 99. 
, infrafrenata. 99. 
Hylobates syndactylus 154. 
Hymenoptercn 104. 
Hypericum japanicum 74. 

„ mac gregorii 77. 

Hypocharmosyoa subplacens 92. 
Hypolimnas 114. 

bolina 110. 
Hypocysta 113. 
Hypsiprymnus 126. 

Ihering, Dr. von 97, 124, 127. 

Impatiens herzogii 70. 

Ini|>erata arundinacea 62. 

Impfung der melanesischen Arbeiter 41. 

lad inner, südamerikanische 161. 

Indien 128, 132. 

Influenza 34, 39, 40. 

Ingeae 124. 



Ingwer 199. 
Initialionsfest 189, 238. 
Inlandsprachen 207. 
Inseln, paci tische 89. 
Ipomoea batatas 198. 

biloba 56. 
Ipomoeen 61. 
Ischnea elachoglossa 78. 
Isolirung des australisch - papuanischen 

Gebiets 128. 
Ixora 59. 



Jabim's 188, 223, 233, 235. 

, , Geruch und Schweiss 167. 

„ , hohe Intelligenz und Gesundheit 

der 38. 
„ , Somatologie der 159. 
„ , zwei Typen der 159. 
Jagd 247. 
„ gerechtigkeit 252. 
„ pfeile 175. 
„ warfen 180. 
Jagor, F. 162. 
Jakun's, in Malakka 162. 
Jambosa 66. 
Jansz Willem 133, 
Japan, endemische Pflanzen 55. 
Java 29, 76, 102, 113, 122, 146, 149, 
150, 153. 
„ endemische Pflanzen 55. 
Jobi 101. 
Jodoform 258. 
Johanniskraut 77. 
Junghulia, Dr. 64. 

Jura, Coniferen-, Cycadeen- u.Kryptogamen- 
Qora des 113. 
„ in Australien 116, 122. 
„ oberer 126. 
Jus primae noctis 224. 



Kabenaufluss 17, 18. 

Küfer 104, 140. 

Kängururatte 126. 

Ränguru's 65. 

Kftrnbacb, L. 53, 59, 137, 193. 

Kahlkopfe 83. 

Kaileute 171. 

Kaiserin-Augustafluss 16, 18, 103. 
I Kaiser- Wilhelms! and siehe Ken -Guinea. 
j Kakadu, der schwarze 92, 139. 
| Kakadu's 81, 88, 89, 90, 91. 
„ , Schlauheit der 92. 
I Kalifornien 128. 



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— 319 — 



KalkbebMter 184. 

„ einreiben des Haares 168. 
Kamm 171. 
Kapaur 102. 

Karkar siehe DampieriraeL 
Karolinier 145. 
Karooformation 116. 
Kaskas, Hautt rankheil 41. 
Kasuare siehe Casuare. 
Katz Brolhers 2. 
Kautschuk bäume 59, 
Kawa siebe Kial. 
„ wurzel 199. 
Kergueleninseln 120, 122, 123. 
Kermadecia 124. 
Kern, Prof. 148. 
Kersting, Dr. 142. 
Keulen 178. 
Kial 184, 245. 
Kibara formicarum 66. 
King bird 80. 
Kinderiiedchen 240. 
Kinkelin, Prof, Dr. 98, HG, 117. 
Kletlerpatme 73. 
Klima 13. 

Kling 's siehe Tamil's. 
Knocbendolch 178. 
Knöterich 74. 
Knulsford Mt. 75, 77. 
Kobelt, Dr. W. 101, 118, 153. 
Koch, Dr. Robert 29. 32. 
Kochtöpfe, Formen der 162, 183. 

„ ausschliesslich von Frauen her- 
gestellt 183. 

„ Herstellung der 182. 

„ thönerne 181. 

„ Ornamentirung der 183. 

Kodi koba 168. 173, 197, 226, 227. 
Körpergeruch 167. 
Kohlhragge, Dr. I. H. F. 29. 
Kohlen 18. 

„ flölze 117. 
Kohler, Prof. Dr. 198, 222. 
Kokosnuss 114, 198. 

, palme 61. 
Kolbnann, Prof. Dr. 154, 163, 164. 
Kontrakte, Beamten- 34. 
Kopfpulz 185, 237. 
Korallen 100, 124. 

„ kalkberge JA, 18. 
Korlhalsia zippelii 78. 
Krabben 139. 
Krabe 96. 
Kraniologie 156. 



Krause, Dr. R. 146. 
Kreideformation 124, 126. 
n kalke 17. 

, periode 128, 129, 132. 
Krieg 248. 
Kriegerkaste 227. 
Kriegserklärung 251. 

pfeife 17Ö. 
Kröten 99. 

Krokodil 98, 139, 217. 
Krontaube 81, 90, 139. 
Krüppel, Tödtung der 230. 
Kuba! 3, 159, 170, 171, 226, 230. 
Kubary, Johann 79, 93, 99, 130, 137, 

183, 188, 197, 217, 273. 
Kubaryberg 17. 

Kückenthal, Prof. 33, 121, 126. 
Kummer formen 162. 
Körasse 180. 
Kürbis 199. 

Küstenflusse, starkes Gefalle der 18. 
gebirge 16. 

„ Natur der 18, 
sprachen 207. 
lypus der Papua 's 159. 
nun eine nordindische 
Form 163. 
walder 57. 
wald, seeundärer 61. 
Kukuk 87, 96. 
Kuli's, chinesische 3, 36, 38, 132. 

javanische, minder wer thige 37. 
Kuliaursicht in Balavia 3. 

auswechselung, betrügerische 3, 36. 
Untersuchung 3. 
Kunstgebiete 276. 
Kunze, Missionar 140, 181, 1%, 201, 220, 

229, 230, 247. 
Kunzmann, F. 79, 99, 100, 141, 177, 182. 



Labkraut 77. . 
Labuan-Deli 52. 
Labyrinthodonten 124. 
Lactuca laevigata 74. 
LSrmdrosselo 87, 88. 
Lagenophora billardieri 78. 
Lalang s. Alang. 



Lalu, Dorf 222. 
Lamprolenis 113. 
Landeshauptmann 7. 
Landsclinecken 140. 
Langkavel 172. 



Laniidae 87, 88. 

Lantana 110, 132. 
Laportea armata 60. 

„ Stimulans 60. 
Laubfrösche 10, 99. 
Lauraceen 68, 73. 
Lauterbach, Dr. 18, 53, 130, 139, 142, 

183, 198, 226. 
Laulerbach - Kersting'sche Expedition 

15, 142. 
Lawalawa 9. 
Lederkopf 91, 95. 
Legumioose 123. 
Leichenschmaus 261. 
Lemurien, das Sclaler'sche 118, 146,152, 

153. 
Lendenfeldt 125. 

LendengQrlel 171, 18J, 185, 234, 237. 
Leontodon taraxaeum 76, 130. 
Lepidodendron 115, 117, 120. 

„ vellheimianum 115, 

„ Volk man niainmi 115 

Leptopoma 103. 
Lerchen 77, 87. 
Lianen 60, 61, 63, 65. 
Liberiakaffee 3. 
Libythea nntipoda 56. 
Libytheinae 107, 114. 
Libocedrus 73, 76. 

„ papuanus 76. 

Licht und Luft, Kampf um, im Urwald 63. 
Liliaceen 70, 199. 
Lindsaja cuneifolia 74. 
Liane 155. 
Lissotricce 156, 162. 
Löffel 183. 

Löwenzahn s. Leontodon. 
Lokal Varietäten des Menschen, primäre 
autocbUione 155, 
d „ „ sekundSre 155. 

Longinsel 18. 
Loranthus 71. 

„ finisterrae 74. 
Loria, Dr. 83. 
Lorius salvadorii 92. 
Louisiaden 102, 104, 145. 
Lubbocfc, Sir John 222. 
Lübeck, Dampfer 3, 5, 
Luftdruck 25. 

Lycaena arruana. Raupe von 62. 
Lycaenidae 114, 115. 
Lycodon 98. 
Lycopodiaceen 115. 
Lycopodium elevatum 77. 



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^20 



Lycopodium setago 77. 
Lydekker 118, 125. 
Lygosoma smaragdimim 98. 

Macaranga rußbarbis 74 
Mac Gregor, Sir, Gouverneur von Britisch 
Neu-Guinea 15, 56, 75, 77, 78, 123. 
Maclayküste 16, 17, 23, 101, 16», IM. 
Macropus browni 85. 
Macropygia 01. 
Madagascar 122, 131, 149, 153. 

n , endemische Pflanzen 55. 
Männerbäuser 194, 200, 202, 234. 
Märchen und Sagen 281. 
Harkte 220. 
Mafoor's 149. 
Hagnoliaceen Vi, 123. 
Hais 198. 
Malakka 114. 
Malaria 27, 28, 152, 257. 

„ epidemie 31. 

„ kacbeiie 34, 
Malayen 49, 150, 161, 162. 
Malayo - Polynesier 162. 

n n , Urheimat der 148. 

Main, Dorf 221. 
Mangrovevegetntion 57. 
Maniok 198. 
Manucodia atra 93. 

„ chalyheata 93. 

Maraga 91. 
Maranlhnceen 59, 70. 
Marmopterus beccarii 86. 
Marsupialien, fossile 127. 

„ , Umwandlung der 127. 
Martin, Dr. Hofrath 28, 62. 
Marquesasinseln 146. 
Mnscarenen, endemische Pflanzen 55. 
Maschmeyer, L. 140. 
Massage 258. 
Massoin aromatic i 68. 
Massoiknchen 68. 
n Uquear 68. 
„ rinde 68. 
Maske s. Gesichtsmaske. 
Masiodonsaurus 124. 
Matriarchat s. Mutterrecht. 
Maultrommeln 187, 240. 
Mauritius 122. 
Maus 86. 

Mc. Coy 124, 128 
Medizinen 257. 
Meeresleuchten 4. 

„ Spiegel, Sinken des 18 



Meereslemperatur 20, 
Megalaemidae 88. 
Megnpodidae 88, 89, 90, 127, 131. 
Hegapodius bruneiventris 95. 

„ „ , Eier von 95. 

Mehely 97. 
Mel s. Hindengürtel. 
Melamu s. Constanlinhafen. 
Melank 101. 

Melanesien 104, 145, 147. 

Melanesier 145, 152, 185. 

Staat, der 222. 

„ „ , lockeres Gertlge des 224. 

Melanesische Arbeiter 9. 

n n , Nahrung der 39. 

Melaslomaceen 70. 
Meliaceen 64, 70, 123. 
Meliphagidae 88, 95, 131. 
Melone nbaum s. Papaya. 
Meneses, der Entdecker Neu-Guinea's 133. 
Memspermaceen 123. 
Mensch, in Neu-Guinea nicht aulochthon 
143. 
„ Einwanderung desselben in Neu- 
Guinea 144. 
„ Fussspuren des tertiSren 143. 
Menschenjagerei 24!). 

opfer 255. 
Menstruation 234. 
Hergel 18. 
Meropidae 87. 
M esosau r us 118. 
Mesozoische Epoche 116. 
Messaras turneri 105. 
Meyer, A. B. Geh. Rath 91, III, 11W, 162. 
Michulitz, Orchideenjager 63. 
Microglossus aterrimus 10, 92. 
Microlestes 135. 
Microlingranite 118. 
Micropholis 116. 
Hiklucbo Maclay, N. von 13, 16, 19, 21, 

23, 67, 79, 133, 191, 194, 196, 201, 

203, 204, 218, 221, 230, 234, 246, 

250, 268. 
Mikronesien 145, 147. 
Mikronesier 145. 
Mincopie's s. Andamanesen. 
Mino dumonti 91, 95. 

n n , Sprachtalent des 95. 

Mintjimtluss 17, 18, 222. 
Mischvölber 155. 
Miskin 107. 

Modjopahit, Hindureich, auf Java 163. 
MöUendorf, Ereih. von 103, 138. 



Mollusken f« nun 101. 

„ , geringe Zahl endemischer 

Gattungen 102. 
Mollusken, fossile 124. 
Molukken 87, 101, 102, 104, 107, 118, 

114, 147, 151. 
Hongoloide 153, 166. 
Monimiaceen 66, 69. 
Monocotyledoneo 113. 
Monotremen 125, 130. 
n fauns. 121. 

Monsune, seit der Kreide unverändert 153. 
Monsunfauna, indische 130. 
,, flora, indische 130. 
MonUoo, Dr. 165. 
Moos 70, 73, 75. 
Moraceeii 58, 64. 
Moresby, Admiral 133, 

n , Port 104, 182, 
Morgan, Lewis 223. 
Morphinae 107, 113, 116. 

„ , archaischer Charakter der 113. 
„ , Raupen der 114. 
n , Verbreitung der 114. 
Morphop=is 113. 
Morphotenaris 113, 
Morse, Prof 177. 
Motncillidae 87, 88. 
Mucuna 60. 

n pruriens 60. 
MQller, Prof. F. 149, 156. 
fl , Baron F. von 77. 
Mumien 261. 
Hunia Sharp« 96. 
Musi-helgeld 213. 

„ hörner 190. 
Muscheln, verstemerte 17. 
Muscicapidae 88. 
Mus deenmanus 66. 

„ musculus 86. 
Musifluss in Sumatra 130. 
Musikinstrumente 195, 235. 
Muskatnussbfiume 65. 
Muskatnüsse, als Geld 65. 
Muskito's 33. 
Muskitolheorie 29, 32. 
Mutterrecht 223, 224, 225, 233. 
Mynes 114. 
Myosotis austnilis 77. 
Myriaclis bellidiformis 77. 
Myriolepis 116. 
Myristica argentea 65 
„ heterophylla 66. 
„ myrmecophila 66. 



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321 



Myristicaceen 130. 

„ , Verbreitung der 66. 

Myrlsticivora spilorrhoea 90. 
Myniiec.obius 136. 
Myrmecodia 66. 
Myrmedoma 66. 

„ arfokianum 66. 

Myrlhaceen 64, 66, 68, 73. 
Myzulecanium, eine Schildlans 66. 



Nackenstützen 181. 
Nageia 76. 
Nager 191. 
Nanina densa 104. 
Nanina hnnstemi 104. 
Nasenberg 6. 
„ pfeil 173. 
„ ring 178. 
Nashornvogel 88, 91, 93, 139. 
Nasilerna pusin 92. 
Naturmolive der Ornamentik 977. 
Naumann ia 70. 
Neger 146. 

„ , verglichen mit Papua 's 9. 
Negrilo's 146, 148, 162, 164. 
Negroide 155. 
Neoplagiankx 126. 
Neorinopis sepulta 113. 
Neotropiden 112, 127, 
Neritina 101. 
Nesocentor menebiki 96. 
Neu-Britannien 102, 145. 
Neu-Britannier 274. 
Nen-Guinea, Trennung desselben 
Australien 129. 
„ sei hsts tändige Entwickelang 

131. 
„ selbslstandiges SchApfangs- 

centmm 133. 

Entdsckungsgescbichte von 
188. 
, Name 183. 

„ eine lee» Inael 162. 

. Werdegang 116. 

fieber, Charakter des 33. 
, leichen 34. 

„ compagnie 1, 13. 

„ „ , Veröffentlichungen 

der 19. 
„ r i Ablieferung der 

Bammlungen an die 80. 
„ flora, malarischer Charakter 

der 63. 



Neu-Guinea flora, endemische Arten der 
64, 66. 
„ n hohes Alter der 66. 

„ , lokaler Charakter der 

64. 
, botanische Beziehungen 115. 

,, HeimatbderMyri8ticaceen65. 

n Honotvpie der endemischen 

Gattungen 66. 
„ Land der Ameisenpflanzen 66. 

„ die schönste Pflanze von 70. 

„ Verbindung mit den malay- 

ischen Inseln 64. 
„ Neigung zu Lokalwiationen 



Aaxahl der SAugethiere 83. 
Artenarmuth an S&uge- 
tbieren 83. 

Land der Ratten u. Hause 86. 
von der deutschen Zoologie 
gemieden 79. 

in zoologischer Hinsicht 82. 

fauna, archaischer Charakter 

der 90, 91, 131. 

„ lokaler Charakter der 
93. 

„ hoh*sAlterder98,108. 
SAugelhierwelt im Aus- 
sterben 82. 
Saogcthiere 181. 
Vogelwelt 131. 

n , Unterschied von 
der malayischen 87. 
Schmetterlings weit 131. 

Jahreszeit gebunden 105. 
Entwickelungscentrum für 
Schmetterlinge 111. 
h Pracht der Schmetterlinge 

von 67. 
n Bild der Rhopolocerenfauna 

von 115. 
. Schlangen 131. 

„ Schlangana nrmth von 97. 

i Holluskenfauna 101. 

„ Käferfauna 104. 

„ die höchste Wohnung in 72. 

Neu-Hannover 146, 184, 192. 

„ Eingeborene von, ungeeig- 

nete Arbeiter 39. 
Neo-Hebriden 102, 120, 145, 147. 
Neu-Holland siehe Australien. 
Neu- Irland 102. 
Neu-Kaledonien 102, 130, 133, 126, 147. 



Neu'Kaledonien, endemische Pflanzen 66. 

Nen-Lauenburg 145. 

Neumayr, Dr. Geh. Admiralitatsrath 119, 

122, 125, 126, 127, 138. 
Neu -Mecklenburg 145. 
Neii-Mecklenburger 168, 274. 

„ , angeeignete Arbeiter 39. 

■ Somatologie der 159. 

Neu-Pommern, Land 18, 190. 
Lente 169. 
, „ , Somatologie der 159. 



Arbeiter 38. 
Nen-Schottland 120. 
Neu-Seeland 120, 128, 127, 145, 160. 

„ endemische Pflanzen 55. 

Neu-Söd-Wales 116. 
Nicobaren 89. 
Nicobartaube 91. 
Niebuogpalme 194. 
Ninox theomacha 96. 
Niopa 124. 
Nipa fruticans 61. 
Nipapalme 61. 

NiveauverBnderung des Wassers 122. 
Nivellirungsarbeit des Menschen 133. 
Nöggerathiopsis 116. 
Nordamerika 134. 
Nord-Borneo 52, 89. 
Nord-Celebes 102. 
Nordpoltheorie 121, 126. 
Nordwestmonsun 33, 110. 
Norfolk 123. 
Nototherium 128. 
Nusa 374. 

Nymphab'dae, hohes Alter der 113. 
Nymphalinae 107, 114, 115. 

n , die jüngste Tagfalterfamilic 114. 

Obree Mt, 78. 
Obsidian messe r 193. 
Ocarina's 189. 
Ocimum sanetam 199, 
Oertzengebirge 18. 

„ Anblick desselben 6. 

„ Natur desselben 17. 

Ohrringe 171. 
Olacaceen 71. 
OldRetd Thomas 82, 127. 
Ophiophagns 98. 
Opiumraucher 3. 

„ wenig widerstandsfähig 36, 37. 
Opossum 's 128. 
Orang Utan 154. 

41 



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8 le _ 



Orchideen 63, 71, 74, 78. 
Oriolidae 88. 
Orkney Inseln 122. 
Ornithoptera aiehe Troides. 
Osterinsel IM. 
Ottilienfluss siebe Ramnfluss. 
Ovalautypns 146. 
Owen, Prof. Dr. 128. 
Owen Stanley 183. 

Owen Stanley-Gebirge 15, 56, 75, 103, 104, 
123, 178. 

„ „ „ , Fernsicht vom 78. 

„ „ n , Temperatur auf dem 

Gipfel des 78. 

Pachytrophe 124. 

Pagenstecner, Dr. Geh. San.-Rath 107. 

Pal&oniscus 116. 

Paläozoische Epoche 115, 116, 125. 

Thiere 116. 
Palembang 31, 110, 130. 
Palimnarchus 127. 
Palmen 61, 78, ISO. 
Palm« 167. 
Pandaneen 10. 

Pandanus in grossen Höben 74. 
„ krauelianus 68. 
„ odoralissimna 67. 

Panflöte 186. 
Papagei, fossil 89. 

Papageien 87, 88, 89, 91, 127, 131. 
„ , Aller der 89. 
„ , charakteristisch für die Neu- 
Guinealandschaft 91. 
Papandayan, Vulkan 76. 
Papaya 67, 189, 199. 
Papilio agamemnon 106, 109. 
„ albinus 111. 
„ codrus 112. 
n euchenor 112. 
„ fuscus beecorii 111, 112. 
„ gambrisias 112, 
„ mncfarlanei 106, 109. 

oritas 112. 
„ polydorus 112, 
„ ulysses 112. 
„ ulysses autolyens 110. 
„ wallacei 106. 
Papilionaccen 61. 
Papilioninae 107, 111, 116, 127. 
P&puina 102, 130. 

„ bnuneriensis 104. 
„ kubaryi 101, 104. 
„ louisiadensis 104. 



Papuina tayloriana 104. 
Papua's 147, 148. 

i , Ableitung des Namens 143. 
, , Herkunft der 143. 
, , Stamme der 146. 
, , Sprachenzersplitterung der 143. 
, , nicht immun gegen Malaria 38. 
] , nur geeignet zu grober Plantagen- 
arbeit 88. 
, körperliche Eigenschaften der 157. 
, , Körpergröße 157. 

, drei Hauptlypen 168. 
, , Kflslentypus 159, 163. 
, , Bergtypus 169, 164. 
, , Langköpflgkeit der 168. 
i , gerBumiger Mund 158. 
, , schmale lange Augeaspalte 168. 

, Fehlen der Mongolenfalte 158. 
, , starke Maasetereneutwicklg. 159. 
, , somatische Verwandtschaft d. 160. 
, , semitischer Typus der 161, 228. 
, , malayisches Element unter d. 164. 
, , Korpergeruch 167. 
, , starker Haarwuchs 158. 
, , Haarbehandlung 168. 
, , Meiden der Schwiegereltern 242. 
, , Geberdensprache der 212, 

, Schönheitsideal, männliches der 
166, 241. 
, , Schönheitsideal, weibliches d. 241. 
, , Moden bei den 213. 

, Bedurfbisslosigkeil der 214. 
, , dünne Vertheilung der 221. 
, , Polygamie 224. 
, , Frauenraub 224. 
, , Häuptlinge 226. 
Papuaaien 132, 149. 
Paradisea augustae victoriae 93. 
h minor finschi 93. 139. 
Paradies rogel, der gelbe 80. 

, Hu, Lebensweise des- 

selben 93. 
Paradiesvogel, der schwarze 93. 

„ balg als Kopfschmuck 184. 

Paradiesvogel 87, 88, 90, 93, 130, 184. 
ParadieswQrger 87. 
Paratrochus 103. 
Paratrophis 124. 
Parkinson 166. 
Parnassier 127. 
Passeres 87. 
Passiflora hollrnnpii 70. 
Passionsblumen 70, 
Patagonien 124, 127. 



Patosa 112. 
Patrizierfamilien 166. 

„ geschlechter auf Java 228. 

„ „ von Bogadjim 228 

Patuhden 103. 
Pelekanidae 88. 

Penlaphalangium crossinerve 69. 
Perameles doreyana 64. 
„ raffrayana 85. 
Perlmuschelbanke 100. 
Perm 116, 120, 121, 125. 
Perrieria 102. 
Perrflcken 167. 

Persistenz der Menschenrassen 163. 
PescheL Dr. Oskar 144. 
Petaorus brevieeps papuanus 83. 
Petrophiloides, fossil 123. 
Pfeffer 2. 

„ kömerwuchs des Papuabaares 156. 

n , spanischer 199. 
Pfeile 175. 

„ als Geschenk 176. 
Pfeilformen 176. 
„ gift 177. 

„ schiessen, Technik des 177. 
Pflanzen, alpine 74, 77. 

„ australische, in Neu-Guinea 77. 

n europäische, auf d. Bergen Neu- 
Gulnea's 74, 77. 

„ europaische, verwildert in Au- 
stralien 132. 

„ leben 82. 

„ weit 63. 

„ „ , erster Anblick der 63. 

, * , ganz malayisch 53. 
Phalacrocoracidae 88. 
Phalanger maculatus 83. 
Phascolomys 129. 
Philemon jobierais 96. 
Philodendren 69. 
Philippinen 69, 103, 112, 113, 146, 148, 

149, 151. 
Phyllanthus finschi 74. 
Phyllocladus 73, 76. 

„ hypophyllns 76. 

Phyllmüen- Akazien 129. 
PhyUotheca 116. 
Physa 103. 

Pierinae 107, 109, 111, 112, 115. 
Pinangpalme 199. 
Piperaceen 69. 
Piper belle 199. 

„ methysticum 199. 
Piptadema 124. 



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Pithecanthropus erectus 153, 154. 
Pitjen-Englisch 210, 211. 
Pitta mackloti 96. 

„ novae guineae 95. 
Pilta's 88. 
l'ittstrassc 4. 
Placentalien 126, 128. 
Placostylus, Entwickehmgscentruin der 1D2. 
Plagiaulai 126. 
Planispira 102. 
Plantago 124. 
Platycerien &!). 
Pleyte Vfts. C. M. 177. 
Ploceidae 67, 88, 96. 
Pocken 34, 40. 
Podargidae 87, 90. 
Pudargus papuensis 95. 
Podocarpus 122. 
„ rumpbii 68. 
Polschwankungen 119. 
Potentilla 124. 

„ leuconotn 77, 

l'olhoa 59. 

Polophilus liemsieini 96. 
Polygamie 225. 

Polygonum microcepbalum 74. 
Polynesien 103, 113. 
Polynesier 145, 147, 149, 162, 185, 

n , Ausbreitung der 146. 

„ , Sprache der 145. 

„ , Veischlagungdinie der 151. 

„ , Wanderungen 151. 
Prachtdrosseln 88, 95. 
Preussen, Dampfer 2. 
Priamus 67. 
Priesterkaste 226. 

Primär Varietäten des Menschen 156, 163. 
Primula farinosa var. magellanica 124. 
Productus giganteos 116. 
Profcbidna 130. 
Proteaceen 53, 69, 123, 129. 
Protektorat Englands über die Südsee 14. 
ProthoS 114. 
Prothylacinus 121. 
Protopterus 127. 
Prügeleien der Ehegatten 244. 
Pseudotrophis 124. 
Psychognen 66. 
Pteropus 139. 

„ kerandreni 86. 
Ptilonorhynchidae 88. 
Ptilodus 126. 



Ptilopua 90. 

„ pulchellus 90. 

„ quadrigeminns 90. 

„ superbus 90. 
Pubertät 234. 
Pupa 103. 
Pupiniden 104. 
Purdyinsebi 23, 24, 136. 
Pyrosoma 4. 
Python amethystinus 97, 

„ „ , Mageninhalt der 97. 

Pythoninae 98, 131. 



Queensland 102, 104, 115, 127, 131. 

-Australier 160. 
Quercus 65. 



Haben 86, 96. 
Raken 87. 
RaUidae 86. 
Ramuebene 198, 221. 

„ fluss 16, 18. 
Randia speciosa 69. , 

Ranidae 99. 

Ranke, Pi'of. Dr. J. 25, 160. 
Ranunculus amerophyllus 77. 
Ranunkeln 77, 124. 
Rasse, äthiopische 155. 

„ amerikanische 155. 

„ australische 145. 

, bracbycephale 146. 

, braune, wellhaarige 165, 

B dolichocephale 146. 

„ kaukasische 155. 

,, malayische 146, 155. 

„ melanesische 146. 

, mongolische 155. 

„ negroide 153. 

„ papuaniacbe 146. 

„ pol ynesi sehe 146. 
Ratte 86. 
Ratzel, Prof. Dr. 148, 152, 160, 163, 211, 

221, 222. 
Raubschnecken 104. 

„ vögel 87, 96, 139. 
Raupen von Papilio agamemnon, P. mac- 

farlanei, P. wallacei 106. 
Realiidae 103. 

Röcknagel, Bergingenieur 17, 136. 
Recidir, Malaria- 31. 
Redjaiiggebiet in Sumatra 30. 
Redleakgruppe 148. 



Regenbeobaebtungen in Stefansort, Friadr. 
WilhelmsbaTen, Simbang u. Herberte- 
hohe 21, 22. 
Regenpfeifer 96. 
Reiher 88, 96. 139. 
Reinward toenas 91. 
Reis 196. 

„ nanning 39. 

Religion 264, 275. 

Reliktenfauna 115. 

„ flora 115. 

Reptilien 96, 131. 

Retzius, Einlbeil. d. Menschenrassen 155. 
Rhacopteris 115, 117, 120. 
Rhipidura 96. 
Rhizophoren 57. 
Rhododendren 71, 73, 75, 123. 

„ , Artenzahl der, in Neu- 

Guihea 75. 
Rhododendron eulminicolum 77. 
„ iiansemannj 74. 

„ hellwigi 74. 

„ herzogi 74. 

„ lowü 75. 

„ yelu'oti 74. 

„ zoetleri 74. 

Rhopaloceren stehe Tagachmetlerlinge. 

„ famia, Vergleich ung der, mit 

Sumatra, Cenun, dem Bismarckar- 
chipel und Australien 107. 
Rhyncbosia 123. 
Rhytida 103, 104. 

globosa 103. 
Rhylidoceros plicatus ruficollis 92. 
Rhylidorhaphe 103. 
Ribbe, C. 79, 107, 141. 
Riehinsel 18, 216. 
Riechkrauter 167, 173, 185, 199. 
Riesenbeutelthiere, fossile 128. 

„ Ursache des Aussterbens 

der 129. 
Rieseneidechsen 98. 
„ schwalm 95. 

„ wuchs der Farne u. der Aroitleen 59. 
Rigny, Cap 16. 

Rindengürtel siehe LendengürteL 
Robide van der Aa 13, 14. 
Rochen 100. 
Rookinsel 18. 
Rosaceen 123. 
Rotej 86, 266. 
Rotheisenerz 18. 
Rothschild, Baron von 107. 
Rottan 60. 

41* 



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Rubiaceen 66. 
Rubus 70, 121. 

„ mac gregorii 77. 
Rüdiger, CorvettenkapiULn 8. 
Rüsselkäfer 104. 

S&gefische 100. 

Saugelhiere, fossile, in Australien 1 



121. 

„ triassische 125. 

Sagina donatioides 78. 
Sagokloprer 193. 

. palme 194, 199. 
Saisonvarietäten, keine, der Schmeller- 

linge 106. 
Sakai's in Malakka 162. 
Salomonsinseln 102, 104, 111, 112, 113, 

126, 145, 146, 147, 192. 
Salomoiiier siehe liuka's. 
Salz 246. 
Sammeln, eine gesunde und empfehlens- 

werthe Beschäftigung i. d. Tropen 80. 
Sammeltypen 65, 58, 69, 90, 116, 121, 

124, 127, 130. 
Samenverbreitung durch Wind 130. 
Samoa 89, 146, 147, 150, 151. 
Sandsteinmergel 18. 
San d wichsin sein 146. 

„ , endemische Pflanzen 66. 

Santa-Cruz-Schichteu 128. 
Santalaceen 71. 
Saphara 112. 
Serasin, Dr. 153, 161. 
Sarcochilus 74. 
Sarobia 112. 
Sarrar 222. 
Sattelberg 17, 24, 26, 68, 70, 93. 

, , Gipfelwald 65. 

n , der, ein Pflanzendorado 68. 
Salyrinae 107, 113, 131. 

„ , fossil 113, 115, 127. 
Satyriles reuuesii 113. 
Sauloprocta melaleuca 96. 
Saurauja 69, 74. 
Sauromarptis gaudichaudi 95. 
Schachtelhalm 77. 
Sc harn bin de siehe Lenden gürtel. 
Schaukeln 240. 
Scheidemünze 81. 
Scheinraub der Frauen 224. 
Schellong, Dr. 30, 136, 163, 171, 180, 185, 

188, 192, 196, 217, 230, 233, 235. 
Schiefzahner, langkOpßge 156. 
Schiessjungen 81, 90. 



Schilde 179. 
Schildkröten 100. 
Schlafmatt cii 180. 

„ , Herstellung .ler 181. 

Schlangen 27, 139. 

, Anzahl der Arten 97. 
„ , alterthümliches Gepräge der 98. 
„ fauna, austral. Charakter der 98. 
„ , Verhältnis« der giftigen zu den 
ung'rftjgen 98. 
Scbleinitz, Freiherr von, Admiral 136. 
Schleinilzia 124. 
Schleuder 178. 
Schlichthaarige 156. 
Schmeltz, Dr. J. D. E. 174, 176, 188. 
Schmarotzerpflanzen 68, 62, 71. 
Schmetterlinge 10, 105, 127, 130. 
, Häufigkeit der 108. 
„ , rasches Gewöhnen an 

neues Kutter 109. 
„ , Raupen 81. 

„ , Verhalten unbekannten 

Blüthen gegenüber 109. 
„ , Zuwanderung von Westen 

her 110. 
Schmetterlingsgewimmel um einen 

Eugen iabaum 67. 
Schmetterlingsjunge, mein halber 81. 
Schmidt, Prof. Dr. E. 162. 
Schmidt-Ernsthausen, Victor, 187, 188. 
Schmiele, Assessor, Landeshauptmann 8, 

9, 188, 192. 
Schmuckpfeile 175, 232. 
Schnecken 10, 100, 130. 
Schneider, Dr., Geologe 18, 136, 221. 
Schnepfen 87. 
Schouteninseln 188. 
Schonten, Willem 133. 
Schrader, Dr. 136. 
Schraubenbaum 57, 

Schumann, Prof. Dr. 59, 66, 114, 13C, 140. 
Schulz-Brief des Kaisers 14. 
„ färbe 90. 
„ waffen 179. 
Schwalben 67. 
Schwalme 87. 

Schwankungen der Erdachse 118, 122. 
Schweine 248. 

markte 238. 
als Geldbusse 86. 
„ , zahme 86, 195. 
„ „ , Verwilderung derselben 

86, 132. 
Schwertfische 100. 



Sebwiegerellern 242. 
Schwirrblatt 188, 189. 

„ holz siehe SchwirrblatL 
Scirpus 77. 
Scolopacidae 88. 
Scolonender 139. 
Scorpione 104. 
Scratchlv-Berge 15. 
Seelenglaobe 275. 

„ Wanderung 266. 
Seeschlangen 3. 
„ schwalben 139. 
„ sterne 100. 
Segler 87. 
Selaginella 59. 
Selenka, Prof. Dr. 154. 
Semang's in Malakka 162. 
Semitischer Typus 161, 169. 
Setnon, Prof. Dr. 98, 110, 180. 
Senecio 124. 

„ erechthitoides 77. 
Serdangfluss 130. 
Sergi'a Menschen Varietäten in Melanesien 

156, 176. 
Serrurier, Dr. 176. 
Sbortlandinseln 184, 187, 226. 
Siar 143, 172, 202, 216. 
Signaltrommeln 190, 194, 22a 
Silur 121. 
Siasiinseln 264. 
Simbaug 17, 21, 23, 25, 26, 106, 109, 

110, 111, 168. 225. 
Singapore 2, 20. 
SirikalkbuchEe 184. 
„ pfeifer 199. 
Sittig, O. 151. 
Sloanea 123. 
Sommergeneration der Schmetterlinge 

105, 109. 
Sorong 102. 
Spaten 191. 
Spechte 87, 131. 
Speere 174. 
Speerwunden 174. 
Speiseschüsseln, hölzerne 181. 
Sphenopteris 115. 
Sprachen, melanesische 148. 

„ ozeanische 148. 

„ , Verwandtschaft d. vorderindisch- 
dravidischenu. australischen 148. 

„ , Verwandtschaft d. maloyischen 
und polynesischen 148. 
! „ Zersplitterung 205, 218. 

! Sprachliches 209, 210. 



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_ 525 - 



Sprachproben 207, 208. 

„ talent der Eingeborenen 305, 218. 
Squalodon 124. 
Ssagu's, Neubeschnittene 171. 
Stach elgewächse, wenig 60. 
Stamm estypus, Vererbung des 165. 
Stefansort 11, 21, 26, 28, 29, 91, 94, 106. 
Steinbeile 191, 192. 
n hammer 178. 
„ keulen siehe Keulen. 
„ Werkzeuge als Cullusgeräthe 192. 
Stelechocarpus grandifolia 69. 
Stossflfite 186. 

Sterblichkeit der Eingeborenen 34. 
„ Europäer 34. 
„ , Ursachen der hohen SS. 
Stercullaceen 64. 
Sterne 264. 
Sticta 74. 

Strand als Landslrasse d. Eingeborenen 56. 
Sirundläufer 139. 

„ winde 56. 
Slypheiia monlana 77. 
Südafrika 118, 120, 122, 123, 125, 128. 
Südamerika 118. 120, 122, 123, 124, 126, 
127, 128. 
n . Glosse ptei'isllorn 116. 
r , zweites -Schöpf uugscentr. 121. 
Südaustraüen 126, 127. 
Süd-Georgien 122. 
Süd-Neu-Guiuea 110. 
Sddoslpassat 23, 110, 111. 
Süsswasserfieche 100, 126. 
„ Schnecken 101, 103. 
, sed im eilt schichten 116. 
, seeen 117. 
Sumatra 28, 83, 97, 98, 104, 106, 110, 
113, 122, 130, 149. 
„ centrale UrvÖlker 153. 
, malayen 150. 
Sumpfvogel 96. 
Sus niger 85. 



Sylviidae 87. 

Symbiose eines Bläulings mit eil 

113. 
Symphaedra aeropus, Raupe v 
Synoecus cervinus 96. 
Syzygium 67. 

Tabak 199, 217. 245. 
Tabnkscultur 38. 
Tänze 271, 273. 
Tagaleii 149. 



Tagesuiten 244. 

Tagschmetterlinge, Anzahl der Arten IOC. 
TahiÜ 146. 
Talegallahuhn 95. 
Talegallos longicaudus 95. 
Tamiinaeln 24, 181, 217. 
Tamil's 38, 49, 161, 166. 
Tamo bole 227. 
„ koba 224, 227. 
. relite 227. 
Tamo's, 143, 165. 

„ Toilettengeheimnisse 167, 220. 
Eitelkeit 167. 
Kleidung 167. 
„ Scheu vor dem Regen 167. 
„ Baden 167, 257. 
., Bemalung des Körpers 167, 169, 
238, 259, 263. 

Einfetten der Haut 167, 169. 
Färben der Zähne 167, 272, 273. 
Haarfrisur 167, 168. 
Kahlköpfe 167. 

Charakter 167, «11, 219, 230, 
231, 250, 254. 
Haarpuli 168. 
H Schinuckgegenstände 168. 
„ Gesichtshaare 169. 
„ Halsschmuck 169. 
„ Männerarmring 170, 236. 
„ Frauenarmring 170. 

Beinringe und Kniebander 170. 
„ Frauenschmuck 173. 

Waffen 173. 
„ schlechte Speerwerfer 174. 
„ gute Fischspeerer 174, 217. 
„ schlechte Bogenschützen 177. 
Betelkauen 184. 
Musik 186. 

Trommelsprache 190, 245, 312. 
Ackerbaugerälhe 191. 
Grundbesitz 193, 194, 198. 
„ Frau kein Landeigentum 191,197. 
,. Eigenlhumsverhältnisse 194. 
. Fischereigerechtigkeit 194. 
, Jagdgerechtigkeil 194. 
„ Gommunalbesitz 194. 
. die agrarische Frage 197. 
„ Luudverkauf an die Neu-Guinea- 
Cempagnie 197. 
Ackerbau 197, 200. 
., Nahrungspflanzen 198. 
Zeitrechnung 198. 
Feldbestellung 200. 
„ Häuser 200. 



Tamo's, Häuser, innere Einrichtung 208. 

Sprache 206. 
„ Abschiedsgruss 209. 
„ Handel und Wandel 213-220, 81 1 . 
„ Unkenntnis: des Geldes 213. 
„ Fische als Tauschartikel 217. 

Boote 218. 
„ Indolenz 219. 
„ UeberfDtterang mit Eisen 219. 
„ Interessensphären 219. 
„ FreundscfaaflBunterscheidungen 

219, 230. 

geben Söhne in Pension 219, 220. 
„ Bevölkerungsziffer 221. 
„ Ebeverhältnisse 224. 

Familie 224, 225. 

Adoption 225. 

Stellung der Frau 226, 243, 260. 
„ keine Gütergemeinschaft 226. 
„ keine Häuptlinge 226. 
„ ohne Ehrgeiz u. Streberthum 226. 
„ Volksversammlung 227. 
„ Verfassung 227'. 

Rath der Alten 227. 

Adelskaste 228. 

semitischer Typus 228, 

Geburt 229. 

vornehmer Typus 228. 

Plattdrücken der Nasen 229. 
„ Liebe zu Kindern 230. 
„ Namen und Namen gebung 230. 

231, 233. 
„ Namensvetter 230. 
„ Hundefreunde 230, 282. 
„ Gebeimnamen 231. 

Ehrlichkeit 232. 

Stolz 232. 
„ Verwandtschaftsbezeichnungen 

233. 
n Kindemahrung 233. 

Säugen von Hunden oder 

Schweinen 283. 
. Durchbohren der Nosenscheide- 

wand 234. 

Speiseverbot 231, 247. 

Initiation 234. 

Lesen u. Schreiben unbekannt 235. 
j „ Mädchenweihc 238. 

Spiele 239. 
! „ Verlobung 241. 
„ Brautstand 241. 
„ Hochzeitsfeierlichkeiten 242. 
„ Küssen unbekannt 244. 
! „ tägliches Leben 244. . 



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Tamo's, Mahlzeiten 244. 
„ Festspeisen 247. 
„ Fischerei 247. 

Jagd 247. 
„ Krieg 248, 311. 

Blnlrache 263, 256, 311. 
„ Anthropophagie 254. 
Zauberkünste 256, 268. 
Krankheiten 256. 
„ Todtenklage 258, 
„ Beerdigung 260. 
„ Erbschaflsverhältnisse 261, 262. 
„ Trauerieit 262, 263. 
„ Haartracht 263. 

Religion 264. 
„ Abnencult 267. 

Ahnen bildnisse 267. 
Asadienst 270. 
„ Time 271, 273. 
Tanzklapper siehe Tanzrassel, 
Tanzrassel 188. 
Tanysiptera meyeri 95, 139. 
Tapeinorhilus 70. 
Tappenbeck 142. 
Taro 40, 198, 236. 

„ ernten als Zeitrechnung 198. 
Tasman Abel 133. 
Tasmanien 124, 125, 127, 147. 
Tauben 87, 88, 89, 90, 131, 139. 
n , Alter der 89. 
„ Schutzfarbe der 90. 
Tauschhandel 213. 
„ syslera 214. 
Tausendfüssler 104. 
Tecoma dendrophila 70 
Temperatur des Erdbodens 20. 
» a Fluss wassere 20. 

„ der Luft 19. 

n des Meeres 20. 

Tenaris 113, 130, 131. 

* , Verbreitungstendenz ders. 113. 
Tenasserim 114, 
Terminalia kftrnbachii 70. 
Teroate 112. 
Tertiär 126, 128, 131. 
Thylacinus 127. 
Tbylacoleo 128. 
Thymeleae 78. 
Thierleben 82. 

„ weit 79, 124. 
Tigerinsel 179. 
Tüiaceen 64, 70, 123. 
Timeliidae 87, 88. 
Todesotter 97. 



Todten-Ausstellung 260. 

„ bander 263. 

„ gebrauche 259, 260. 

„ inseln 264. 
Toepfereicentren 182, 183. 
Tongainseln 102, 146, 147. 
Torresstrasse 101, 103, 131, 132, 145. 
Tutemi sn ms 2?5. 
Totem's 223. 
Towatlik, der brave 86. 
Trachyniden 127. 
Trachyt 18. 
Tragtasche 180, 237. 
Trauercylinder 263. 

„ hüte 178. 

„ schnüre 263. 

„ Vorschriften 268. 
Treibholz 130. 
Trepanation 257. 
Treron 90. 
Trias 125, 127, 
Trichoglossus massena 92. 
Trichop&radisea guilielnü 93. 
Tridacna gigas 193. 
Trigonotis haackei 78. 
„ inoblita 78. 
Triglyphua 125. 
Tritonium trilonis 190. 
Tritylodon 125. 
Trobriand 103, 104. 
Ti'ochue nilotkos 170. 
Trogonidae 88. 
Troides 111, 115, 130. 

n boraemanni 112. 

■ croesus 112. 

„ elisabethae reginae 105. 

n goliath 105. 

. lydius 112. 

„ oblongomaculatus 111. 

„ paradiseus 10Ö, 188. 

n poseidon 111. 

„ schönbergi 105. 
„ lilhonus 105. 
„ urvilliana 112. 
t, , Verbreitung der 111. 
Trommel 185. 

Familien- 186, 190, 245. 
Tropenhitze 20. 

„ kotier 84. 
„ regen 21, 
wald 58. 
Tsaui? s. Manne rann ring. 

, Bedeutung des Wortes 170. 
Tsobing s. Frauenrock. 



Tuffe 11, 18. 
Turnicidae 88. 
Typen, Verschwinden der alten 128. 

Uebergangszeiten 27. 

Ueberschwemmungen 27. 

Uferläufer 87, 96. 

I.'hle, Dr. 149. 

Uija, Dorf 182, 183, 189, 222. 

Ulotriche 166, 162. 

Ulysses 67. 

Umbelliferen 123. 

Umhängetasche s. Tragtasche. 

Unio 103. 

Unterholz im Urwald 65. 

Unterschied zwischen Neger u. Papua 167. 

Urmalaien 161. 

Uroslhenes 116. 

Urstamm der Säugelhiere 125. 

Urtopf des Tio penmenschen 182. 

Urtypen, alte, des Pflanzenreichs 69. 

Urtypus, breitgesichtiger, plattnasiger 164. 

„ Verbreitung desselben 166. 
Urwald 62. 

„ Zusammensetzung 64. 

Vaccine- Institut Buitenzorg 40. 
Vaccinium acutissimum 74. 
„ ambyandrum 77. 

„ heleuae 77. 

Varanus 98. 

„ priscus 118. 
Variationsbreite des Menschen 156. 
Vegetation »grenz«, alpine 73. 
Vergissmeinnicht 77, 78. 
Veronica 124. 

„ lendenfeldii 77. 
Versteinerungen im Oertzengebirge 17. 

„ auf dem Sattelberg 17. 

Vertebraria 116. 

Verwachsung, frühzeitige der Anthropoiden- 
schädel 164. 
Verwandtschaft der Bogadj im Sprache mit 

den benachbarten 206. 
Verzauberung 256. 
Vespertilio muricola 86. 
Vesperugo abramus 86. 
Vetter, Missionar 140, 167, 224, 229, 

233, 238. 
Victor- Emanuel- Gebirge 15. 
Victoria 115. 

„ Mt 76, 130. 
Virchow 133, 144, 162, 164. 
Vitiinselo 102. 



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