Skip to main content

Full text of "Die wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit, vornehmlich in Deutschland"

See other formats


Die  Wirtsehaftsentwieklung 
der  Karolingerzeit 

vornehmlich   in   Deutschland 


Alfons  Dopsch 

2.  Teil 

Mit  Register  für  beide  Teile 
Zweite  veränderte  und  erweiterte  Auflage 


Weimar 

Hermann  Böhlaus  Nachfolger 

1922 


Inhaltsverzeichnis. 


§  8.   Die  soziale  Entwicklung. 

Die  Lehre  von  der  Depression  der  Gemeinfreien  (K.  F.  Eichhorn) 

S.  I.  —  Die  Traditionen    an   die  Kirche  3.   bereits   seit   langem   im 

Gange.  4.  —  Die  Autotraditionen  5.  äußerst  spärlich  7.  —  Sie  betreffen 

Kleriker  8,  oder  Kinder-  und  Vermögenslose,  sowie  Verbrecher  10. 

—  Verknechtungen  eine  typische  Sozialerscheinung  aller  Zeiten  und 
Völker  12.  —  Spezifische  Eigenart  der  Quellennachrichten  14.  — 
Die  Vorentwicklung  (Merowingerzeit)  15.  —  Der  Erfolg  der  sozial- 
politischen Gesetzgebung  Karls  d.  Gr.  17.  —  Die  Kriegsdienstpflicht  18. 

—  Widerstände  20.  —  Minderbemittelte  davon  weniger  betroffen  22. 

—  Der  Zehnt  23.  —  Höhe  und  Träger  der  Abgabe  24.  —  Soziale 
Retorsionsbewegungen,  Flucht  von  Unfreien  27.  —  Freiheitsprozesse 
29.  —  Coniurationes  30.  —  Dienstverweigerung  31.  —  Unrechtmäßige 
Selbstbefreiungen  34.  —  Die  Anziehungskraft  der  Städte  u.  Märkte  35. 

—  Die  Freilassungen  36.  —  Statistik  37.  —  Eintritt  in  d.  geistUchen 
Stand  39.  —  Heiraten  freier  Frauen  mit  Servi  41.  —  Ersitzung  der 
Freiheit  42.  —  Zahlreiche  Freie  überall  44.  —  Geringe  Vermehrung 
der  Leibeigenen  45.  —  Arten  der  Freilassung  46.  —  Niedere  und 
höhere  48.  —  Die  große  Menge  der  Hörigen  daraus  gebildet  50.  — 
Die  grundherrschaftliche  „Familia"  51.  —  Die  soziale  Bedeutung  der 
Grundherrschaften  53.  —  Das  Ständeproblem  54.  —  Sachsen  55.  — 
Hecks  Theorie  (Nobiles  =  Gemeinfreie)  57.  —  Der  Steilingaaufstand 
59.  —  Die  nachkarolingischen  Verhältnisse  61.  —  Die  NObiles  64.  — 
Altfreie  und  Neufreie  65.  —  Amtsaristokratie  66.  —  Der  Kriegsdienst 
67.  —  Verhältnisse  in  Bayern  69.  —  Verschiedenheit  der  Termino- 
logie nach  den  Quellen  69.  —  Tendenz  einzelner  71.  —  Leute  un- 
freier Abkunft  =  nobiles  74.  —  Die  Wergelder  76.  —  Die  Lex  Saxo- 
num  77.  —  Die  Ewa  Chamavorum  79.  —  Die  Lex  Ribuaria  80.  — 
Die  Lex  Angliorum  et  Werinorum  81.  —  Die  Lex  Salica  83.  —  Die 
angebliche  Bußreduktion  unter  K.  Ludwig  d.  Fr.  84.  —  Lohnarbeit  86, 

—  Freie  Tagelöhner  88.  in  Städten  89.  —  Die  Heistalden  90.  — 
Ministeriales  91.  —  Milites  93. 

§  9.    Das  Städtewesen. 

Die  Theorie  von  dem  Mangel  an  Städten  95.  —  Annahmen  jün- 
gerer Entstehung  96.  —  Die  hofrechtliche  Theorie  98.  —  Die  Land- 
gemeindetheorie 99.  —  Die  Markttheorie  100.  —  Die  Burgentheorie 
loi.  —  Ansätze  zur  Städtebildung  in  vorkarolingischer  Zeit  102.  — 
Die   alten  Römerstädte    103.  —  Die  Vororte   der  Gau-   und  Völker- 


—    IV     — 

Schaftsgemeinden  104.  —  Volks- u.  Fluchtburgen  105.  —  Die  civitas 
106.  —  castra  107.  —  Bischofstädte  108.  —  Die  ottonischen  Pri- 
vilegien 110.  —  Der  Markt  iii.  —  Marktorte  112.  —  Kirchweih-  u. 
Klostermärkte  114.  —  Märkte  bei  den  Burganlagen  (castella)  115. 
Diese  sind  größere  Siedlungen  117.  —  Die  Ummauerung  119.  —  cur- 
tis  regia  u.  c.  publica  120.  —  villa  121.  —  oppidum  u.  vicus  122.  — 
Das  deutsche  Sprachgut  123.  —Die  Grundbesitzverteilung  der  Bevöl- 
kerung in  den  Städten  124.  —  freie  Grundeigner  125.  —  Grundbesitz  des 
Königs  und  der  Kirche  126.  — Die  Vasallen  127.  —  Ministerialität  128. 
—  Die  Unfreien  130.  —  Freie  Lohnarbeiter  131.  —  Das  Kauf  leute- 
recht 132.  —  Die  rechtliche  Stellung  der  Städte  133.  —  Die  Fremden 
133.  —  Stadtfriede  und  Königsfriede  134.  —  Markt-,  Zoll-  und  Münz- 
rechte 135.  —  Anfänge  des  Gilde-  und  Zunftwesens  136. 

§  10.  Das  Gewerbe. 

Die  Auffassung  der  Verkehrswirtschaft  durch  die  herrschende 
Lehre  137.  —  Die  äußere  Geschichte  der  Gewerbe:  Metallgewerbe 
139.  —  Eisen-  140.  —  Edelmetallbearbeitung  142.  —  Zinn  143.  — 
Kunstgewerbe  144.  —  Die  Weberei  145.  —  Leinen-  und  Wollweberei 
allgemein  147.  —  Luxus  und  Mode  (England)  148.  —  Seidenindustrie 
150.  —  Bekleidungsgewerbe  und  Lederarbeit  151.  —  Kürschnerei  und 
Glaserei  152.  —  Töpferei  154.  —  Baugewerbe  156.  —  Ziegelindustrie 
157.  —  Holzgewerbe  157.  —  Orgelbau,  Elfenbeinarbeiten  158.  — 
Malerei  159.  —  Nahrungsmittelgewerbe  160.  —  Verfassung  und  Or- 
ganisation der  gewerblichen  Arbeit  161,  —  Das  Fronhofshandwerk 
162.  —  Landhandwerker  164.  —  Lohnwerk  und  Preiswerk  165.  — 
Freie  Handwerker  167.  —  Außerhalb  des  Fronhofsverbandes  168.  — 
Der  Bedarf  nicht  durch  das  grundherrliche  Gewerbe  gedeckt  170.  — 
Betriebsweise  171.  —  Die  Gewerbe  in  den  geistlichen  Grundherr- 
schaften (Prinzip  der  Klausur)  173.  —  Städte  und  Märkte  175.  — 
Handwerkerverbände  177.  —  Der  Bergbau:  Gold  179.  Silber,  Eisen 
180.  Blei  182.  Salz  182.  Meersalz  184.  —  Art  des  Betriebes  184. 

§  II.   Handel  und  Verkehr. 

Die  grundherrliche  Theorie  und  der  Handel  186.  —  v.  Inama- 
Sterneggs  Auffassung  187.  —  Der  nordische  Handel  189.  —  Die 
Friesen  192.  —  Die  Sachsen  194.  —  Hamburg  und  Bremen  196.  — 
Der  fränkische  Handel  196.  —  Handel  nach  Venedig  198.  —  Der 
bayrische  Handel  199.  —  Schwaben  200.  —  Die  Handelsstraße  über 
den  großen  St.  Bernhard  202.  —  Der  Nordosten  Frankreichs  205.  — 
Die  Messen  der  Champagne  205.  —  Der  Süden  Frankreichs  206.  — 
Italien  207.  —  Genua,  Pisa  und  Amalfi  208.  —  Die  Adria  und  Venedig 
209.  —  Der  Seehandel  210.  —  Handel  und  Wandel  in  der  Gesetzgebung 
211.  —  Die  Zollgesetzgebung  213.  —  Die  Römerstraßen  214.  —  Gesetz- 
gebung über  Maß  und  Gewicht  216.  —  Der  Epistolarverkehr  216. 
Passantenverkehr  217.  —  Die  Schilderung  der  arabischen  Reisenden 
218.  —  Die   fremden   (Juden)   219.   —   Die  Stellung  der   Grundherr- 


—     V     — 

Schäften  219.  —  Transportdienste  (angariae)  220.  —  Parafredi  222.  — 
Die  Post  225.  —  Die  Scara  226.  —  Freie  Transportorganisationen 
230.  —  Der  Handel  der  grundherrlichen  Hintersassen  232.  —  Zwischen- 
händler 233.  —  Zollbefreiungen  233.  —  Meßhandel  235.  —  Die  Er- 
richtung von  Märkten  236.  —  Die  kgl.  Marktprivilegien  237.  — 
Der  occursus  239.  —  Straßenzwang  241.  —  Stapelzwang  241.  —  Die 
Preise  242.  —  DieTheorie  von  der  Wertkonstanz  243.  —  Kritik  der 
Quellen  244.  —  Urbare  und  Prekarien  sind  keine  objektiven  Zeugnisse 
246.  —  Freie  Preisbildung  247.  —  Modepreise  248.  —  Liebhaber-  und 
Teuerungspreise  249.  —  Preissatzung  250. 

§  12.   Die  Geldwirtschaft. 

Entstehung  der  geltenden  Auffassung  252.  —  Die  Quellen   254. 

—  Frequenz  der  Kauf-  und  Verkaufsgeschäfte  an  Immobilien  255.  — 
Bei  den  kirchlichen  Grundherrschaften  257  und  den  weltlichen  258. 

—  Fahrniskauf  259.  —  Statistik  der  Kauf-  und  Verkaufsgeschäfte  260. 

—  Die  Naturalzinse  262.  —  Tendenz  der  Alternativzinse  263.  —  Sub- 
sidiarität der  Geldleistung  265.  —  Fortdauer  von  Naturalzinsen  266. 

—  Die  Zurückweisung  von  Münzen  268.  —  Umwandlung  der  Natural- 
zinse in  Geldleistungen  269.  —  Übergang  zur  Geldwirtschaft  271.  — 
Die  Geldsteuern  272.  —  ao.  Vermögenssteuern  273.  —  Armen-  und  Ab- 
laßsteuern 274.  —  Barbestände  an  Gold  und  Silber  allgemein  275.  — 
Die  sog.  Wuchergesetzgebung  277.  —  Keine  weltlichen  Wucherge- 
setze 278.  —  Die  Zinsverbote  der  Kirche  279.  in  vorkarolingischer 
Zeit  281.  —  Die  kirchliche  Wuchergesetzgebung  282.  —  Das  zins- 
bare Darlehen  und  die  Juden  284.  —  Die  Wucherverbote  gehen  von 
der  Kirche  aus  285,  —  Keine  verkehrsfeindliche  Tendenz  der  Karo- 
linger 286.  —  Entstehung  des  Kapitalismus  287. 

•  §  13.  Das  Münzwesen. 

Die  ältere  Lehre  289.  —  Doppelwährung,  kein  Übergang  von 
der  Gold-  zur  Silberwährung  291.  —  Relation  der  Edelmetalle  291.  — 
Der  Münzfuß  292.  —  Die  Silbermünzung  293.  —  Pippins  Maßnahmen 
294.  —  Der  Solidus  zu  12  Denaren  295.  —  Bereits  vor  Pippin  vor- 
handen 297.  —  Der  Denar  der  Lex  Salica  297.  —  Die  enorme  Höhe 
der  Bußsätze  298.  —  Keine  Bußreduktion  unter  Pippin  301.  —  Die 
Substitution  des  Goldsolidus  durch  den  Silberschilling  beruht  auf 
deren  Gleichheit  303.  —  Die  Theorie   von   der  Preisrevolution  304. 

—  Die  Lex  Ribuaria  kein  Beweis  für  den  Übergang  vom  Gold-  zum 
Silberschilling  305.  —  Die  Erhöhung  des  karoling.  Pfundes  durch 
Karl  d.  Gr.  307.  —  Maß  derselben  308.  —  Alle  Theorien  unsicher  309. 

—  Zeit  der  Reform  312.  —  denarii  novi  313.  —  Justierung  (denarii 
probi  atque  pensantes)  314.  —  Priorität  der  Erhöhung  des  Denar- 
gewichtes 315.  —  Zurückweisung  der  Denare  316.  —  Recht  des 
Aufwechsels.  Geldpreise  nach  Gewicht  317-  —  Ursachen  der  Silber- 
prägung 318.  —  Kein  Mangel  an  Gold  im  Frankenreich  319.  —  Münz- 
krise  am  Ende  der  Merowingerzeit  321.  -  Münzpolitik  der   ersten 


—    VI    — 

Karolinger:  Groschenprägung  322.  —  Maßnahmen  der  Münzverwaltung 
323.  —  Pfalzmünzen  325.  —  Münzverleihungen  der  Könige  326.  — 
Münzwesen  der  Friesen  327.  —  Die  friesischen  Denare  329.  —  Ein 
neuer  Erklärungsvorschlag  330.  —  Die  Sachsen  332.  —  Goldschillinge 
333.  —  Wergeidgleichung  334.  —  Ursachen  der  Goldwährung  hier  335. 

—  Bayern,  die  Alemannen  335. 

§  14.    Die  Regalien. 

Das  Münzrecht  336.  —  Erfordernisse  des  neuen  Handelsverkehrs 
337.  —  Maß  und  Gewicht  338.  —  Keine  Einheitlichkeit  339.  —  Stel- 
lung der  Städte  dazu  340.  —  Markt  und  Zoll  342.  —  Judenregal  344. 

—  Fremdenregal  345.  —  Steuerregal  346.  —  Die  Steuern  sind  nicht 
verschwunden  347.  —  Belege  aus  Deutschland  348.  —  Osterstufa  349. 

—  Steuerfreiheit  der  Immunitäten  351.  —  Gerichts-,  Straßen-,  Strom-, 
Forst-,  Jagd-,  Fischerei-,  Ahmend-,  Berg-  und  Fundregal  353.  —  Die 
Wirtschaftspolitik  der  Karolinger  355.  —  Entstaatlichung  am  Aus- 
gang des  9.  Jahrhunderts  357. 

Zusammenfassung. 

Die  Grundlagen :  Träger  der  Wirtschaft  nicht  mehr  gleich- 
begüterte Vollfreie  358,  —  Der  Einfluß  der  politischen  Wandlungen 
in  der  Merowingerzeit  359.  —  Grundherrschaften  längst  vorhanden  361. 

—  Deren  wirtschaftliche  Funktion  362.  —  Sozialer  Aufschwung  363. 

—  Hufe  und  Mark  364.  —  Lohnarbeit  und  Verkehrswirtschaft  365.  — 
Städte  und  Märkte  366.  —  Gewerbe  und  Handel  367.  —  Luxus  und 
Mode,  Preisbildung  368.  —  Geldwirtschaft  369.  —  Münzwesen  369.  — 
Regalien  371.  —  Die  Feudalisierung  der  öffentlichen  Gewalten  372. 

—  Wirtschaftliche  Folgen  davon  373.  — 

Register  S.  375. 
Nachtrag  S.  440. 


§8. 

Die  soziale  Entwicklung. 

Als  eines  der  Hauptdogmen  der  deutschen  Rechts-  und 
Wirtschaftsgeschichte  kann  man  die  Auffassung  bezeichnen, 
daß  die  Zeit  der  Karohnger  eine  allgemeine  soziale  Depression 
des  Standes  der  Gemeinfreien  heraufgeführt  habe,  eine  Er- 
gebung unabhängiger  Kleinbauern  an  die  mächtig  ausgreifen- 
den großen  Grundherrschaften. 

Schon  C.  F.  Eichhorn  hat  1815,  da  er  über  den  Ursprung 
der  städtischen  Verfassung  in  Deutschland  handelte,  die 
Gründe,  welche  besonders  seit  dem  8.  Jahrhundert  solche 
Übertragungen  veranlaßt  haben,  als  „vollständig  bekannt" 
bezeichnet  und  auf  die  Kapitularien  von  803  c.  16,  805  c.  15 
und  16,  sowie  von  811  verwiesen,^)  Er  sprach  bereits  von 
dem  „Übertritt  freier  Leute  in  ein  den  Inhabern  eines 
mansus  servilis  ganz  ähnliches  Verhältnis"  und  führte  darauf 
die  Entstehung  der  Hofrechte  zurück. 2)  Ein  Hofrecht  für 
alle  Hörige  und  Leibeigene,  die  in  eine  Curtis  gehörten, 
stelle  bereits  das  Capitulare  de  Villis  c.  3  dar.^)  Es  habe 
sich  dann  noch  im  9.  Jahrhunderte  „bald  nach  den  Zeiten 
Ludwigs  des  Frommen"  mit  dem  „Eintritt  so  vieler  freier 
Leute  in  das  Verhältnis  der  Hintersassen"  auch  für  diese 
ausgebildet.*)  „Die  Gemeinschaft  des  Hofrechts  bewirkte 
jedoch  keine  Verschmelzung  dieser  vormals  freien  Leute  zu 
einer  Klasse  mit  den  eigenthch  hörigen  und  eigenen  Leuten, 
die  schon  früher  unter  dem  Hofrecht  gestanden  hatten."^) 
Wie  die  Herrschaft  früher  schon  „nach  der  Natur  der  Immuni- 
tä<"sprivilegien"  „gar  keine  Veranlassung  hatte,  den  Rechten 
zu  entsagen,    welche   sie  vorher   kraft   des  Hofrechtes  über 

^)  Zs.  f.  geschichtl.  Rechtswiss.  i,  162  nr.  24. 
*)  Ebenda  166.  »)  Ebenda  187,  ♦)  Ebenda  S.  202. 

»)  Ebenda  S.  208. 
Do psch,  Wirtschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.   II.  2.  Aufl.  i 


—      2      — 

einen  beträchtlichen  Teil  der  Einwohner  ausübte",  so  erhielt 
sie  seit  den  Ottonen  „durch  die  in  ihre  Hände  gelegte 
öffentliche  Gewalt  über  die  freie  Gemeinde  Mittel,  sie  auch 
über  diese  selbst  auszudehnen".^) 

Bei  dieser,  vor  nunmehr  loo  Jahren  bereits  aufgestellten 
Theorie  ist  es  bis  in  die  jüngste  Zeit  geblieben.  Ich  habe 
in  der  Einleitung  schon  gezeigt^),  wie  besonders  G.  L.  von 
Maurer  und  Landau  ganz  gleichzeitig  (1854)  dann  das  von 
Eichhorn  bereits  in  nuce  Gebotene  ausgestaltet  haben.  Mit 
der  Konzentration  des  vollfreien  Grundbesitzes  „in  ver- 
hältnismäßig nur  sehr  wenigen  Händen"^)  seien  auch  „der 
voUberechtigten  Grundbesitzer  immer  weniger  und  weniger 
geworden".*)  Wie  bereits  Eichhorn ^)  haben  auch  Maurer^) 
und  Landau '')  auf  dieselben  Kapitularienstellen  wieder  ver- 
wiesen ,  welche  den  Mißbrauch  der  Amtsgewalt  durch  die 
Gaugrafen  zur  Beraubung  des  Eigentums  von  Freien,  den 
Zwang  zum  Verkaufe  desselben,  sowie  besonders  die  Aus- 
nützung des  Heerbannes  zu  einem  schweren  sozialen  Druck 
bezeugen.  So  schienen  ihre  Annahmen  deutlich  genug  moti- 
viert, zumal  auch  die  zahlreichen  Traditionen  von  Grund- 
besitz an  die  Kirche  sie  zu  bestätigen  schienen.  Man  hat 
sie  daher  als  wohlbegründet  immer  wieder  vorgebracht. 
Auch  V.  Inama- Sternegg  ^)  und  Lamprecht  ^),  anderseits 
H.  Brunner  ^°)  und  A.  Heusler^^)  führen  im  wesentlichen 
keine  anderen  Belege  für  diese  so  bedeutsamen  Aufstellungen 
an,  als  jene  älteren  Forscher.  Denn,  was  man  seit  v.  Inama 
dann  besonders  auch  betont  hat,  „das  strenge  Kompositionen- 
system der  Volksrechte",  als  „eine  häufige  Veranlassung 
zur  Verschuldung"  und  persönlicher  Abhängigkeit  ^2),  darf 
nicht  eigentlich  für  dje  Karolingerzeit  in  Rechnung  gestellt 
werden.     Einmal' waren  Hi^se   Kompositionen  ja,   wie    die 

ji-ij>  ;0' ZB;rf.ogescbteiithReehts^i^S.j?!ö2^2>  nyb 

*)  .G.  L.  V.  Maurer,  Einleitung  S.  211  ,u.-,2m.  ,         *)  A..a.  0.,2|k 
■•)  Vgl,  auch  Deutsche  Staats-  und  Rechtsg.  §  1109. 
"«)-Einl.  S.  2iof.  '■-"^f  Territorien  sl  iaf^.    'noi^DlrvhqaJj; 
«)  Grundherrschaftdn  ai  a.  O;  S..57ff.    DWÖ/i,  246^'^  'n- •    1 
")  DWL.  I.  I,  51  ff.  u.  DeUjtsche^.Qescl^.  2,.9^.,.    ,  „  ■.    ,^  \, 

,'«)  PRG, j, ;?o7,  =  I^  m-X^,J^  P^^^^^^e:y^  ä.|2.;, 

*2)  Grundherrschaften  S.57,  so  auch  Brunii^r^  RG^^,^2o^.^|=  i",  297f. 


-■.Vili. 


—     3     — 

Volksrechte  dartun,  schon  seit  mehreren  Jahrhunderten  da- 
mals in  Geltung  ^),  anderseits  aber  soll  ja  gerade  zu  Beginn 
der  Karolingerzeit  eine  so  beträchtliche  „Bußreduktion" 
durch  den  Übergang  zur  Silberwährung  und  die  Substitution 
des  alten  Goldsolidus  durch  den  neuen  Silbersolidus  ein- 
getreten sein.^)  Man  berechnet  sie  doch  auf  66  — 67%  !  Die 
Schwere  des  Kompositionssystems  wird  man  also  fürder  hier 
beiseite  lassen  müssen. 

Aber  auch  die  Traditionen  an  die  Kirche  bezeugen 
nicht  das,  was  man  aus  ihnen  hat  schließen  wollen.  Auch 
sie  hatten  schon  längst  während  der  Merowingerperiode  in 
eben  dem  Maße  stattgehabt,  gleichwohl  aber  nimmt  die 
herrschende  Lehre  doch  an,  daß  die  Masse  der  Gemeinfreien 
am  Beginne  der  Karolingerzeit  doch  im  ganzen  noch  in- 
takt gewesen  sei.  Untersuchen  wir  nun  die  noch  erhaltenen 
Überreste  von  Weißenburg  i.  E.,  so  ergibt  sich  für  dieses 
ca.  685/90  gegründete  Kloster  die  überraschende  Tatsache, 
daß  für  die  Merowingerzeit  von  695 — 750,  also  für  5 5  Jahre, 
77  Traditionen^),  für  die  folgenden  120 Jahre  der  Karolinger- 
zeit (750 — 870)  aber  nicht  mehr  als  186  Stücke*)  überliefert 
sind.  Nimmt  man  hinzu,  daß  bei  der  in  der  2.  Hälfte  des 
9.  Jahrhunderts  erfolgten  abschriftlichen  Sammlung  das  Ma- 
terial der  älteren  Zeit  leicht  bereits  von  Verlusten  betroffen 
sein  konnte,  so  würde  sich  also  für  einen  gleichen  Zeitraum 
im  ganzen  eine  annähernd  gleiche  Menge  von  Tra- 
ditionen hier  und  dort  ergeben. 

Man  hat  aber  meines  Erachtens  bei  der  Beurteilung 
dieser  Verhältnisse  noch  eine  andere  wichtige  Haupttatsache 
gar  nicht  berücksichtigt.  In  den  anderen  Klöstern  und 
Hochstiften  setzt  die  uns  erhaltene  Überliefe- 
rung der  Traditionen  erst  mit  der  Karolinger- 
zeit überhaupt  ein.  Auch  in  solchen,  die  früher  schon 
bestanden  haben,  wie  Lorsch  und  St.  Gallen  oder  Freising. 
Sicherlich  waren  einst  da,  ebenso  wie  in  Weißenburg,  auch 
Traditionen  in  älterer  Zeit  bereits  erfolgt.     Vermutlich  hat 

^)  Vgl.  dazu  auch  Wittich,  zur  F'rage  der  Freibauern,  Zs.  f.  RG. 
22,  335  f. 

*)  Vgl.  Brunner  RG.  i*,  322  f.,  sowie  unten  §  13. 
')  Zeuß,  Tradit.  Wizz.  nr.  i — 74.  235.  236.  237. 
*)  Ebenda  nr.  75 — 234.  238 — 263. 


—     4     — 

der  Gegensatz,  in  welchen  die  karolingische,  durch  Bonifaz  im 
römischen  Sinne  bestimmte  Kirchenreform  dann  zu  der  älte- 
ren iroschottischen  Kirche  und  Mission  immer  mehr  und  mehr 
getreten  ist,  das  Interesse  an  der  Aufbewahrung  und  Über- 
lieferung ihres  vorausgegangenen  Kolonisations-  und  Missions- 
werkes erkalten  lassen.^)  In  Südostdeutschland  aber  (Altaich, 
Freising,  Salzburg)  hat  der  Sturz  der  Agilolfingerherrschaft 
dann  wohl  ähnlich  gewirkt.  Das  Beispiel  Salzburgs  zeigt 
deutlich,  wie  für  die  Ordnung  der  Besitzfragen  jetzt  eine 
Neuaufnahme  (Indiculus  Arnonis  c.  790)  und  daraufhin  eine 
Besitzbestätigung  durch  Karl  erfolgte,  welche  die  älteren  Ur- 
kunden entbehrlich  machte.  Stellenweise  sind  sie  auch  durch 
äußere  Umstände  schon  in  der  Zeit  Karls  des  Großen  ver- 
lorengegangen, wie  das  z.  B.  für  Lorsch  urkundlich  bezeugt 
ist.^)  Die  Traditionen,  welche  das  alte  Kloster  Reichenau 
einst  besessen  haben  muß,  sind  völlig  verlorengegangen.'^) 
Und  auch  in  St.  Gallen  ist  doch  viel  zerstreut  worden  und 
abhanden  gekommen.*)  Sicher  aber  ist  die  uns  heute  nur 
mehr  zur  Verfügung  stehende  Überlieferung  des  Mate- 
riales  an  Traditionen  ganz  ungleichmäßig  und  ein- 
seitig. Sie  gibt  über  das,  \vas  vor  der  Karolinger- 
zeit geschehen  ist,  nahezu  gar  keinen  Aufschluß 
mehr.  Eben  deshalb  hat  man  wohl  auch  vielfach  das,  was 
sie  uns  bezeugt,  als  eine  Neuerung  der  Karolingerzeit  an- 
gesehen, ohne  sich  zu  fragen,  ob  denn  nicht  vorher  bereits 
Ähnliches  vorhanden  war.  Die  ältesten  Urkunden  der  Karo- 
linger^), sowie  jene  der  Merowinger^)  für  diese  Klöster  und 

1)  Vgl.  Ebrard,  Die  iroschottische  Missionskirche  des  6.,  7.  und 
8.  Jahrh.,  S.  366ff.,  4i9ff.  Sehr  fein  hat  neuestens  Zimmer  für  Irland 
selbst  ausgeführt,  wie  die  spätere,  von  Rom  aus  beeinflußte  Zeit 
mit  ihren  anders  gearteten  Interessen  das  Bild  von  den  älteren 
Zuständen  zu  verdunkeln  suchte  (Patricklegende!),  Sitz.- Ben  der 
Berliner  Akad.  1909,  S.  605.   Dazu  auch  Hauck,  Kirchengesch.  1^^,4470'. 

2)  Vgl.  DCar.  151  (779 — 84):  cart^  per  diver sa  loca  ^cclesi(i  su(_ 
s.  Nazarü  perdit^  fuissent  et  natifragat^. 

■*)  Vgl.  Brandi,  Quell,  u.  Forsch,  z.  Gesch.  d.  Abtei  Reichenau  i,  if. 

*)  Vgl.  Wartmann  in  Einl.  z.  s.  Ausgabe  des  Urk.- Buches  i,Vf. 

•')  Vgl.  z.B.  DCar.  i24f.  Kievermunt  (779);  i48f-  Trier;  151  f. 
Lorsch  (779—84):  168  f,  Salzburg  (790). 

•)  MG.  DD.  Merov.  nr.  53  (681);  56  (687);  69  (696);  85  (716);  90 
(718)  u.  a.  m. 


—     5     — 

Hochstifte  setzen  voraus,  daß  dieser  Prozeß  tatsäch- 
lich bereits  lange  im  Gange  war.  Die  Formeln  für 
Urkunden  königlicher  Besitzbestätigungen  und  Appennes, 
die  schon  in  der  Marculfischen  Sammlung  sich  finden^),  sind 
ein  weiterer  Beleg  dafür.  Aber  auch  die  ältesten  Immunitäts- 
formeln weisen  darauf  hin.^) 

Gewiß  wurde  in  der  Zeit  der  Karolinger  der  Kirche 
sehr  viel  tradiert.  Besonders  da  immer  neue  Klostergrün- 
dungen unternommen  wurden.  Allein  es  wäre  völlig  ver- 
kehrt anzunehmen,  daß  solche  Traditionen  nicht  auch  früher 
schon  in  großer  Anzahl  erfolgt  seien.  Für  Westfrancien 
braucht  nur  auf  die  Säkularisationen  unter  Karl  Martell  und 
Pippin  hingewiesen  zu  werden.  Sie  waren  nur  möglich, 
weil  die  Kirche  damals  schon  große  und  zahlreiche  Zu- 
wendungen erfahren  hatte.  Und  in  Bayern  weist  der  Vor- 
behalt der  Agilolfinger,  daß  gewisse  Schenkungen  an  die 
Kirche  von  ihrer  Zustimmung  abhängig  sein  sollten,  doch 
auf  die  gleiche  Erscheinung.^) 

Ferner  aber  ist  die  ältere  und  häufig  noch  anzutreffende 
Anschauung,  als  ob  gleichzeitig  mit  diesen  Traditionen  eine 
Ergebung  der  Person  selbst  erfolgt  sei,  Autotradition, 
und  auf  diese  Weise  zahlreiche  Freie  zu  Hörigen  herab- 
gesunken seien ,  tatsächlich  nicht  zutreffend.  Caro  ist  ja, 
wie  bereits  im  i.  Bande  dieses  Werkes  angedeutet  wurde*), 
zuerst  gegen  die  herrschende  Lehre  von  einer  allgemeinen 
Depression  der  Freien  in  der  Karolingerzeit  aufgetreten. 
Er   hat   an    dem  reichen  Urkundenmateriale  von  St.  Gallen 


')  MG.  FF.  6s  nr.  35:  omnes  facultates  ipsius  monasterii,  quicquid 
aut  regia  conlationem  mit  privatorum  munerc  vel  antecessores  abbatis 
seu  et  domni  lui  ibidem  est  legaliter  atquesitum  ...  Ib.  64  nr.  34:  omnia 
instrumenta  cartarum,  quod  ipsi  vel  parentes  sui  habtierunt,  tarn  quod 
ex  munificentia  regu?n  possedit,  quam  quod  per  vindicionis,  cessiones 
donationes  commutationesque  titiilum  habuit .  .  . 

-)  MG.  Marculf  I  nr.  3 :  atit  regi(a)  aut  privatorum  largitate  con- 
ialas,  sowie  4:  vel  quod  a  Deo  timentis  hominebus  ibidem  inanten 
äeligabantur. 

")  Vgl.  Löning,  Das  Kirchenrecht  im  Reich  der  Merowinger 
S.  665,  Dazu  aber  auch  Brunner  in  Sitz.- Ben  d.  Berliner  Akad. 
J885  S.  1183,  sowie  meine  „Grundlagen"  2,  269 flf. 

*)  I,  S.  17 ff. 


—     6     — 

gezeigt,  daß  „die  urkundlich  nachweisbaren  Fälle  der  Er- 
gebung von  Freien  in  das  mundiburdium  des  Klosters 
keineswegs  zahlreich  seien,  daß  „durch  solche  Akte  der 
Stand  der  Freien  sich  nicht  wesentlich  vermindert  haben 
dürfte".^)  Er  führte  aus,  daß  „in  der  überwiegenden  Mehr- 
zahl der  Fälle  die  Tradenten  nicht  all  ihren  Besitz  hingaben, 
sondern  nur  einen  Teil  desselben.'^)  Ich  möchte  dem  aber 
gleich  noch  eine  weitere  Beobachtung  hinzufügen.  Liest 
man  die  Zahl  der  St.  Galler  Traditionsurkunden  aufmerk- 
sam durch,  so  kann  auffallen,  wie  häufig,  ja  geradezu  formel- 
haft der  Fall  vorgesehen  wird,  daß  der  Tradent  oder  dessen 
Seitenverwandte  —  sie  waren  also  kinderlos!  —  in  das 
Kloster  eintreten  sollten.^) 

W.  Wittich  hat  dasselbe  für  Sachsen  und  dann  ganz 
allgemein  behauptet*),  für  Bayern  aber  haben  Bitterauf •'^), 
Fastlinger^)  und  Gutmann'')  Ähnliches  angenommen.  Auch 
Äußerungen  Seeligers^)  dürfen  hier  mit  eingereiht  werden. 
Wohl  sind  diese  Darlegungen  nicht  ohne  Widerspruch  auf- 
genommen worden.  So  hat  v:  Inama- Sternegg  in  der 
2.  Auflage  seiner  Deutschen  Wirtschaftsgeschichte  es  als 
„eine  arge  Verkennung  der  ganzen  Sachlage  und  des  durch 
die  Quellen  tausendfältig  bezeugten  Prozesses  der  Zersetzung 
der  altgermanischen  Freiheit"  bezeichnet,  „wenn  neuerdings 
wieder  von  verschiedenen  Seiten  für  verschiedene  Gegenden 
der  Fortbestand  eines  breiten  Freienstandes  behauptet 
wird".^)    Er  nimmt  nach  wie  vor  an,  daß  im  9.  Jahrhundert 

*)  Studien  z.  d.  älteren  St.  Galler  Urkunden,  Jb.  f.  Schweizer. 
Gesch.  26,  261,  sowie  Jb.  f.  Nat.-Ökon.  u.  Statistik  76,  492. 

■-)  Jb.  f.  Schweizer.  Gesch.  27,  346  f. 

■■•)  ÜB.  V.  St.  Gallen  nr.  12.  44.  45.  72.  222.  223.  307.  311.  314.  352. 
363.  368.  372.  393.  406.  407.  416.  432.  442.  443.  470.  485.  505.  507.  512.  529. 
572.  607.  639.  768  u.  a.  m.,  ähnlich  Züricher  ÜB.  i  n.  124. 

*)  Die  Frage  der  Freibauern,  Zs.  d.  Savignystift.  f.  RG.  22,  267. 

■')  Quell,  u.  Erörter.  z.  bayrischen  u.  deutschen  Gesch.,  N.  F.  4, 
Einl.  LXXX. 

•')  Die  wirtschaftliche  Bedeutung  d.  bayr.  Klöster  in  d.  Zeit  der 
Agilulfinger  S.  39  f. 

'')  Die  soziale  Gliederung  etc.  S.  242  ff. 

*)  Die  soziale  und  politische  Bedeutung  der  Grundherrschaft 
im  früheren  Mittelalter  S.  135  ff. 

«)  DWG.  I-,  355  n.  r. 


—     7     — 

eine  allgemeine  Depression  des  Freienstandes  Platz  gegriffen 
habe,  und  zwar  „so  stark,  daß  am  Ende  der  Karolinger- 
periode auch  von  den  besseren  Freien  nur  mehr  ein  ver- 
hältnismäßig kleiner  Teil  übrig  war,  während  die  Mehrzahl 
auf  dieselben  Bahnen  des  sozialen  Niederganges  gedrängt 
wurde,  auf  welchen  ihnen  die  minderen  Freien  schon  ge- 
raume Zeit  früher  vorangeschritten  waren". ^)  Ja,  er  behauptet 
hier  geradezu:  „Am  Schlüsse  der  Karolingerzeit  ist  der 
Stand  der  Freien,  soweit  er  überhaupt  erhalten  geblieben 
war,  zum  großen  Teile  bereits  in  ein  Schutz-  und  Abhängig- 
keitsverhältnis zu  größeren  Grundherren  gekommen."^) 

Auch  die  Rechtshistoriker  haben  meist  die  ältere  An- 
schauung festgehalten.  So  H.  Brunner  ^),  so  auch R. Schröder-'^) 
und  U.  Stutz.*)  Wittich  hat  nun  letzterem  gegenüber  bereits 
betont,  daß  die  Zeugnisse  für  solche  Ergebungen  tatsächlich 
recht  spärlich,  und  zumeist  westfränkischen  Formelsamm- 
lungen entnommen  seien.  Er  hat  sich  die  Mühe  nicht  ver- 
drießen lassen,  an  Stelle  einzelner  Ouellenzitate  statistische 
Nachweise  treten  zu  lassen.  Eine  Auszählung  der  großen 
Masse  von  Lorscher  Traditionen  hatte  ein  überraschendes 
Ergebnis :  Unter  3650  Stücken  fanden  sich  bloß  5  Autotradi- 
tionen !^)  Ich  habe  nun  die  Fuldaer  Traditionen  und  jene 
von  Weißenburg,  sowie  Mondsee  ausgezählt.  In  ersteren 
sind  nach  dem  Druck  von  Dronke  unter  655  Nummern 
bloß  2^),  in  Weißenburg  unter  274  bloß  ein  Stück'')  zu  finden, 
die  von  solchen  Autotraditionen  berichten.  In  dem  Mondseer 
Traditionskodex  begegnet  in  dem  älteren,  der  Karolinger- 
zeit zugehörigen  Teile  unter  138  Nummern  eine  einzige 
Autotradition  und  diese  betrifft  augenscheinlich  eine  Person, 
die  selbst  ins  Kloster  eintrat.^) 


»)  DWG.  i\  354  =  I.  Aufl.  S.  260.  •-)  DRG.  i-,  299  f.  u.  354. 

*)  DRG.  5.  Aufl.  S.  228. 

*)  Vgl.  Zs.  d.  Savignystift.  f.  RG.  20,  326. 

^)  Ebenda  22,  342  n.  3. 

«)  Dronke,  Cod.  Dipl.  Fuld.  nr.  189  (z.  Z.  Karls  d.  Gr.).  419  (823); 
im  ersteren  Falle  tritt  die  Tradentin  in  ein  Kloster  ein! 

^)  Zeuß,  Tradit.  Wizz.  nr.  51. 

»)  ÜB,  d.  L.  ob  d.  Enns   i,  75   nr.  126:   fradidi  ego a  presentc 

die,    nl  ego   loctim   mciini   kabeatn   in   ipso    mona sterio. 


—     8     — 

Die  Freisinger  Traditionen  weisen  zwar  mehr  solche 
Ergebungen  auf.  Allein  auch  sie  beweisen  tatsächlich  nicht 
das,  was  man  früher  daraus  hat  entnehmen  wollen.  Schon 
Fastlinger  hat,  indem  er  auf  die  geringe  Anzahl  der  Auto- 
traditionen (17)  hinwies,  betont,  daß  es  sich  dabei  „meistens 
um  die  Gegenleistung  lebenslänglicher  Versorgung  seitens 
des  Klosters  gehandelt"  habe.^) 

Sehr  treffend  hat  dann  Gutmann  einen  Unterschied  da 
gemacht,  indem  er  von  einer  symbolischen  Autotradition 
sprach.^)  Tatsächlich  können  die  zahlreichen  Fälle  der  Er- 
gebung von  Personen,  die  entweder  schon  Kleriker  waren 
oder  in  das  betreffende  kirchliche  Institut  eintraten^),  nicht 
als  Beweise  für  die  herrschende  Lehre  angesehen  werden. 
Denn  ein  solcher  Tradent  wurde  ja,  wie  Gutmann  richtig 
bemerkte,  „nicht  Grundholde  und  damit  weltlicher  Untertan 
der  kirchlichen  Territorialherrschaft,  sondern  fand  als  aktives 
Glied  der  hierarchischen  Organisation  Aufnahme  in  das 
geistliche  Leben  der  Kirche.  Er  stellt  sich  als  Kleriker 
unter  die  disziplinare  Ordnungsgewalt  der  Kirche".  Diese 
Ergebungen  bedeuteten  keine  soziale  Depression  der  Voll- 
freien, da  Priester  und  Mönche  ja  frei  sein  sollten  und  sie 
ja  auch  ihren  sozialen  Rang  nicht  vererbten.*) 

Wirkliche  Autotraditionen,  bei  denen  es  sich  nicht  um 
Kleriker  oder  in  den  Klerus  Eintretende  handelt  ^),  kommen 
aber  auch  in  dem  Freisinger  Material  äußerst  selten  nur 
vor.®)  Ja  die  Zahl  der  dafür  noch  restierenden  Fälle  wird 
eine  beträchtliche  Minderung  weiters  erfahren  müssen  durch 
eine  Beobachtung,  die  ich  hier  vorlegen  möchte.  Wieder- 
holt können  wir  nämlich  — -  und  das  gilt  nicht  nur  von  den 
Freisinger  Traditionen  —  feststellen,  daß  Tradenten  doch 
Kleriker  waren,  obzwar  es  aus  dem  Kontext  der  Tradition 
selbst  nicht  hervorgeht.  So  übergab  am  10.  Mai  828  ein  ge- 
wisser Fritilo  sein  Eigen  und  sich  selbst  an  Freising.')    Zu- 


0  A.  a.  O.  40.    Vgl.  Bitterauf  nr.  404.  ^j  A.  a.  O.  S.  242. 

*)  Vgl.  dazu   auch   die   Zusammenstellungen   bei   H.  Bikel,  Die 
Wirtschaftsverhältnisse  des  Klosters  St.  Gallen  1914  S.  ssff. 

*)  Richtig  Gutmann  a.a.O. 243 f.  ')  So  Bitterauf  nr.  1 71' 346. 

")  Bitterauf  nr.  230.  386  b.  388.  668.  715  b. 
')  Bitterauf  nr.  560. 


—    9     — 

fällig  besitzen  wir  noch  eine  andere  Traditionsnotiz  vom 
12.  Mai  828,  aus  der  sich  ergibt,  daß  Fritilo  Priester  war.^) 
Mitunter  können  wir  das  aus  der  Überschrift  im  Traditions- 
buche bloß  entnehmen.^)  Das  kommt  nun  aber  auch  bei 
Autotraditionen  vor.^) 

Nach  diesen  Feststellungen  werden  nun  auch  die  Nach- 
richten wohl  anders  zu  bewerten  sein,  die  sich  in  den  Salz- 
burger Breves  Notitiae  finden.  Wenn  es  in  diesen  ganz 
kurzen  Auszügen  aus  Traditionsurkunden,  die  keine 
sichere  Wiedergabe  des  juristischen  Gehaltes  dieser  selbst 
darstellen*),  wiederholt  heißt  „N.  tradidit  segnet  ipsum  et 
proprietatem  suam^'"),  so  erscheint  die  Möglichkeit  nicht 
ausgeschlossen,  daß  es  sich  auch  da  um  Fälle  handelt,  die 
zugleich  einen  Eintritt  der  betreffenden  Personen  ins  Kloster 
in  sich  schlössen. 

Diese  ganz  unbestimmten  Nachrichten  müssen  mit  um  so 
größerer  Vorsicht  aufgenommen  werden,  als  sich  an  anderen 
Stücken,  deren  genauerer  Wortlaut  erhalten  ist,  erkennen 
läßt,  wie  verschieden  solche  Traditionen  in  ihren  Folgen  oft 
waren.  Tradidit  se  ipsum  bedeutet  keineswegs  immer 
eine  Verknechtung.  Es  wird  auch  verwendet  bei  dem  Ein- 
tritt in  ein  bloßes  Zinsverhältnis,  z.  B.  die  Wachszinsigkeit, 
wobei  mitunter  ausdrücklich  betont  wird:  ut  de  cetcro  libcri 
permaneant.  So  bei  Werden®),  also  im  sächsischen  Rechts- 
gebiet, so  auch  bei  Weißenburg  im  Elsaß.  Das  einzige  Stück, 
welches  in  dem  reichen  Schatz  von  Traditionen  dort  (265) 
von  der  Ergebung  ex  Übertäte  handelt,  betrifft  eine  Frau, 
die  sich  „ad  muntburgium''  dem  Kloster  tradiert.  Sie  trägt 
ihre  gesamte  Habe  zugleich  auf,  darunter  auch  2  genannte 
Mancipia.'')  Offenbar  war  sie  kinderlos  und  wollte  sich 
eine  Altersversorgung  sichern.  Gerade  für  Bayern  hat  schon 
Bitterauf  sehr  zutreffend  an  der  Hand  von  Freisinger 
Traditionen  ausgeführt:   „Die  Kommendation,  die  Ergebung 

')  Bitterauf  nr.  561. 

"")  Vgl. ebenda  nr. 432 ;  ferner  ebenso  Tradit.Wizz. (cd .  Zeuß)  m.  1 72 . 

»)  Vgl.  Bitterauf  nr.  61  (773). 

♦)  Siehe  im  i.  Band  S.  102  ff.  *)  Salzburger  ÜB.  «,  37^^- 

*)  Kötzschke,  Rhein.  Urbare  1,  34  §  10  (887). 

'}  Tradit.  Wizzenburg.  nr.  51  (830). 


—       lO      — 

in  den  Schutz  eines  Herrn ,  begründete  an  und  für  sich 
noch  keine  Veränderung  des  Standesverhältnisses.  ^)  Es 
war  eine  Kommendation,  wie  solche  auch  in  den  Urkunden- 
formeln aus  Westfrancien  bezeugt  sind.^)  Sie  hob  aber  die 
persönliche  Freiheit  des  Kommendierten  keineswegs  auf. 
So  heißt  es  in  der  zitierten  Formel  aus  Tours  ausdrücklich: 
dum  ego  in  capud  advixero,  i?igemtili  ordine  tibi  servi- 
cium  vel  obsequiuni  inpendere  dcbeam  .  .  .^)  Eine  ganz  ähn- 
liche Formel  kommt  ja  auch  in  königlichen  Schutzprivilegien 
für  Klöster  vor.*) 

Wird  hier  immerhin  noch  die  Bezeichnung  tradere 
vel  commendare  gebraucht,  so  hat  eine  Immunitätsurkunde 
für  Italien  doch  auch  schon  sprachlich  dem  Rechnung  ge- 
tragen und  genauer  differenziert.  Indem  sie  über  die  Güter 
handelt,  welche  von  freien  Leuten  urkundlich  tradiert  worden 
sind,  spricht  sie  dann  nicht  auch  von  einer  Autotradition 
der  Person,  sondern  verwendet  dafür,  obwohl  die  Fassung 
dadurch  recht  uneben  wird,  eine  abgeschwächtere  Be- 
zeichnung.^) 

Diesen  „Ergebungen"  weiden  wir  also  kaum 
jene  sozialen  Groß-  und  Fern  Wirkungen  zu- 
schreiben dürfen,  welche  man  ganz  generell  für 
die  Karolinger  zeit  angenommen  hat.  Wir  sehen, 
es  sind  meist  Priester  und  Mönche  oder  solche,  die  es  werden 
wollen^),  ferner  Kinderlose,  die  eine  Altersversorgung  sich 
zu  sichern  trachten''),  oder  endlich  völlig  Vermögenslose, 
die  sich,  wie  die  Formel  von  Tours  deutlich  macht,  kommen- 


^)  Quell,  u.  Erörter.  z.  bayer.  u.  deutschen  Gesch.,  N.  F.  4.  Eini. 
p.  LXXX.  Siehe  auch  des  näheren  das  am  Schlüsse  dieses  Para- 
graphen über  Freilassung  Gesagte. 

^)  MG.  FF.  158  nr.  43  (Turon.) :  Qui  se  in  altern/ s  potestale 
commendat.    Vgl.  dazu  auch  Brunner,  RG.  i-,  363  n.  47. 

')  Dazu  Ehrenberg,  Kommendation  u.  Huldigung,  S.  139. 

*)  Vgl.  MG.  DCar.  2  (752):  semetipsiim  et  illatn  coiigregationem 
sanclam  .  .  .  et  omnes  res  eorum  in  manu  nostra  pleniter  commendavit. 

*)  Mühlbacher  Reg.'-  nr.  1221:  de  rebus  vero,  que  a  liberis  homitii- 
hus  per  sirtitnenta  cartarum  tradite  fuerinf,  eiiam  et  setnet  ipsos 
ibidem   sociaverint  .  .  . 

*)  So  auch  Passau  Mon.  Boica  28,  31. 

')  Ebenda  29  nr.  31,  vgl.  auch  im  i.  Teile  S.  216  f. 


—     II     — 

dieren,  um  damit  Lebensunterhalt  und  Kleidung  zu  ge- 
winnen.^) Durchaus  Elemente  also,  durch  deren  „Ergebung" 
der  Stand  der  vollfreien  Grundeigner  kaum  ernstliche  Ein- 
buße erlitt. 

Hierher  möchte  ich  auch  jene,  wie  es  scheint,  nicht 
seltenen  Fälle  der  Ergebung  von  Vermögenslosen  stellen, 
die  infolge  Diebstahles^)  oder  Mordes  ihr  Leben  verwirkt 
hatten,  da  sie  keine  Buße  bezahlen  konnten.^)  Durch  Selbst- 
verknechtung (obnoxiatio)  konnte  der  Schuldige  sich  der 
ihm  drohenden  Todesstrafe  entziehen,  er  wurde  von  seinem 
neuen  Herrn  losgekauft  (redemturia).*) 

Auch  diese  Urkunden  wird  man,  glaube  ich,  ausscheiden 
müssen,  wenn  man  jenen  sozialen  Prozeß  quellenkritisch  be- 
handeln will.  Sie  waren  es  ja  vornehmUch,  die  man  als  Zeugnisse 
dafür  vorbrachte,  wie  schwer  sich  das  Bußen-  und  Kompo- 
sitionssystem sozial  fühlbar  machte.^)  Aber  Diebe,  Mörder 
und  sonstige  Verbrecher,  die  wegen  ihrer  Schuld  schweren 
Kompositionen  verfielen,  darf  man  meines  Erachtens  hier 
ebensowenig  als  typisch  für  die  soziale  Resistenzfähigkeit  der 
ganzen  Klasse  gemeinfreier  Grundeigner  hinstellen,  wie  die 
gänzlich  Vermögenslosen,  welche  ein  anderer  Teil  jener 
Quellenbeiege  für  Verknechtung   in  den  Formeln  betrifft.®) 

So  bleiben  also  jene  Zeugnisse  noch  übrig,  welche  von 
einer  widerrechtlichen  und  gewaltsamen  Verknechtung  der 
Freien  durch  die  Grafen  u.  a.  öffentliche  Beamte,  sowie  die 
Grundherrschaften  sonst  Nachricht  geben.  Die  Tatsache  ist 
ganz  unzweifelhaft  bezeugt  und  unanfechtbar.  Ja,  man  wird 
die  Zahl  der  seit  Eichhorn  vorgebrachten  Quellenstellen''), 
die  solches  melden,  noch  ungleich  stärker  vermehren  können. 


^)  ego  mtnime  habeo,  iinde  me  pascere  vel  vestire  dcheam,  ideo  petii 
p.  V.  et  mihi  decrevit  voluntas,  ut  me  in  vestrum  mundobvrdum  tradere 
vel  commendare  deberem.  Vgl.  auch  für  Mondsee  ÜB.  d.  L.  ob  d.  Enns 
I,  58  nr.  XCVI;  Regensburg:  Ried,  Cod.  dipl.  i,  69. 

"-)  Vgl.  Form.  Senon.  6  (Obnoxiatio)  MG.  FF.  211. 

*)  Vgl. Form.  Arvern.  5  (Redemturia),  ib.  31  u.Marculf  2  nr.28  ib.93. 

*)  Vgl.  dazu  Brunner,  RG.  2,  442  f. 

»)  InamaWG.  1,246  =  I^336f.  Brunner  RG.  i,  206  =  i-,  298  n.  24. 

*)  Vgl.  Inama  WG.  i,  244  n.  3. 

")  Siehe  oben  S.  if.;  dazu  auch  W.  Sickel,  Die  Privatherrschaften 
im  fränk.  Reiche,  Westdeutsche  Zs.  15,  150fr. 


—       12       — 

Nicht  nur  die  bekannten  und  immer  wieder  zitierten  Kapitu- 
larien kommen  da  in  Betracht,  auch  Formeln^)  und  Urkun- 
den^), sowie  Konzilienbeschlüsse ^)  und  erzählende  Quellen*] 
treten  noch  ergänzend  hinzu.  Es  ist  schon  von  Wittich 
mit  Recht  bemerkt  worden,  daß  diese  Zeugnisse  vornehmlich 
Westfrancien  betreffen.  Aber  auch  —  so  können  wir  er- 
gänzend hinzufügen  —  Italien.^)  Gebiete  also,  wo  die  großen 
Grundherrschaften  stärker  ausgebildet  waren.  Auch  an  eine 
Nachwirkung  römischer  Verhältnisse  könnte  man  gerade 
dort  wohl  denken.**) 

Jedoch  hat  man  diesen  Tatsachen,  glaube  ich, 
eine  viel  zu  große  Bedeutung  beigemessen.  Auch 
hier  hat  man  viel  zu  sehr  generalisiert  und  angenommen, 
dieser  Prozeß  habe  sich  ganz  gleichmäßig  und  mit  un- 
gehemmtem Erfolg  zu  einer  allgemeinen  sozialen  Depression 
rasch  entwickelt.  Vor  allem  aber  ist  meines  Erachtens  die 
Grundthese  ganz  unrichtig,  als  ob  diese  Vorgänge  der 
Karolingerzeit  eigentümlich  und  infolge  der  poUtisch -wirt- 
schaftlichen Bildungen  jetzt  erst  zustande  gekommen  wären. '^) 
Vielmehr  lassen  sich,  wie  die  neueren  Forschungen  dargetan 
haben,  ganz  dieselben  oder  analoge  Erscheinungen 
des  sozialen  und  Wirtschaftslebens  zu  allen  Zeiten  und 
in  allen  Ländern  nachweisen.  Sie  werden  jetzt  für  das 
alte  Griechenland  bereits  angenommen  ^),  sie  sind  sicher  im 
hellenistischen  Ägypten  vorhanden^),   und  dann  besonders 

^)  Vgl.  z.  B.  Form.  Marcultin.  aevi  Karo),  nr.  i8,  MG.  p.  120;  Im- 
perial, nr.  5  MG.  p.  291;  nr.  9  ib.  293;  nr.  14  ib.  296;  nr.  51  ib.  324;  53 
ib.  325.     Morbacens.  nr.  4  ib.  330.     San  Gallens.  Miscell.  nr.  i  ib.  380. 

-)  Vgl.  Mühlbacher  Reg.-  nr.  1630— 1633  f.  verschiedene  italie- 
nische Empfänger. 

')  Vgl.  z.  B.  Concil.  Risbac.  798  (Baiern)  MG.  Concil.  2,  200,  i ; 
Chälons  (813)  ib.  282  c.  45;  Tours  (813)  ib.  292  c.  44. 

*)  Vgl.  die  (kl.)  vita  Hludow.  I  c.  13;  MG.  SS.  2,  593. 

")  Vgl.  MG.  Capit.  2,  88  (855). 

•)  Vgl.  Garsonnet  a.  a.  O.  S.  284 f.  und  W.  Sickel,  Die  Privat- 
herrschaften im  fränk,  Reiche,  Westdeutsche  Zs.  15,  167  n.  94. 

')  So  zuerst  Eichhorn  a.a.O.  S.  167. 

*)  Vgl.  Ed.  Meyer,  Gesch.  d.  Altertums  2,  305  §200  ff. 

")  Vgl.  M.  Rostowzew,  Stud.  z.  Gesch.  d.  röm.  Kolonates,  Arch.  f. 
Papyrusforsch,  i.  Beiheft  (1910)  S.  yiff.,  auch  L.  Wenger  in  d.  Kultur 
der  Gegenwart  IT.  2.  i,  189. 


zur  Römerzeit  dort  ^)  und  auch  in  Kleinasien  2)  sowie  ander- 
wärts noch  mit  einer  geradezu  überraschenden  Ähnlichkeit 
der  Einzelzüge  erkennbar  (4. — 6.  Jahrhundert).')  Aber  auch 
unter  der  päpstlichen  Verwaltung  sind  sie  auf  dem  Patri- 
monium S.  Petri  in  Sizilien  am  Ausgang  des  6.  Jahrhunderts 
wiederzufinden*),  und  im  Merowingerreich  begegnen  wir 
ihnen  ebenso  unzweideutig.  Sie  sind  aber  auch  später  — 
das  soll  besonders  betont  werden  —  in  den  Zeiten  der 
glücklichsten  Wirtschaftsentwicklung  Deutschlands  doch  vor- 
handen. Ich  verweise  nur  auf  die  zahlreichen  Urkunden- 
fälschungen des  12.  Jahrhunderts,  die  gegen  den  schweren 
wirtschaftlichen  Druck  von  selten  der  Vögte  sich  richten^), 
der  durch  die  widerrechtliche  Ausnutzung  ihrer  Gerichts- 
bzw. Steuer-  und  Distriktionsgewalt  (Fronden)  bedingt  war 
und  auch  durch  ihr  militärisches  Aufgebotsrecht  (Heerbann; 
z.  T.  hervorgerufen  wurde.*)  Die  sogenannte  Constitutio  de 
expeditione  Romana  verdient  unter  den  Dienstrechten  von 
damals  besondere  Beachtung.  Die  Acta  Murensia,  ein  früher 
viel  zitierter  Beleg  für  solche  Verknechtung''),  gehören,  wie 
wir  heute  wissen,  ihr  eben  an.^} 

Es  kann  kein  Zweifel  sein:  das  sind  keine  etwa  durch 
die  Eigenart  der  Verfassungs-  und  Wirtschaftsentwicklung 
karolingischer  Zeiten  bedingten  sozialen  Ereignisse,  sondern 
wiederkehrende  typische  Begleiterscheinungen  bestimmter 
wirtschaftlicher  und  verfassungsrechtlicher  Bildungen  über- 


')  Rostowzew  S.  218  u.  227  ft'.,  früher  auch  sclion  Garsonnet, 
Hist.  des  locations  perpetuelles  S.  156  ff. 

^)  Rostowzew  a.a.O.  S.  302f.,  311  u.  zusammenfassend  390 ff. 

*)  Vgl.  z.  B.  Grenfell  and  Hunt,  The  Oxyrhynchus  Papyri  P.  i 
(1898)  p.  211  nr.  135. 

*)  Vgl.  die  Mandate  Papst  Gregors  d.  Gr.  vom  J.  591:  MG.  Epp. 
I,  53  u.  61  ff. 

')  Vgl.  meine  Ausführungen  im  Anschluß  an  die  St.  Maximiner 
u.  Ebersheimer  Urkundenfälschungen.  Mitt.  d.  Instit.  17,  25  ff.,  sowie 
19,  607  ff. 

•)  Vgl.  meine  Darlegungen  über  Steuerpflicht  u.  Immunität  im 
Herzogtum  Österreich.     Zs.  d.  Savignystift.  f.  RG.  26,  17. 

')  So  Eichhorn  DRG.  i  §  195. 

*)  Vgl.  H.  Hirsch,  Die  Acta  Murensia.     Mitt.  d.  Inst.  25,  209 ff. 


—     14     — 

haupt,  und  zwar  vornehmlich  der  großen  Grundherrschaften 
und  der  Feudalisierung  öffentlicher  Gewalten.^) 

Ferner  darf  auch  nicht  übersehen  werden,  daß  die 
Klage  über  Bedrückung  der  Armen  durch  die  Reichen  und 
Mächtigen  eine  seit  alters  beliebte  Phrase  der  Moralprediger 
gewesen  ist.  Schon  Beaudouin  hat  gegenüber  den  von 
W.  Sickel  zitierten  Belegen  nebenhin  bemerkt,  daß  dies  z.  T. 
rhetorische  Phrasen  sind,  die  schon  im  alten  Israel  vor- 
kommen und  deren  sich  mit  Vorliebe  die  Kirchenväter 
wieder  bedienten.^) 

Und  in  der  Tat.  Liest  man  z.  B.  die  Beschlüsse  der 
Synode  von  Resbach  (798),  die  auch  einen  Beleg  für  jene 
Bedrückungen  der  Freien  und  Armen  enthalten  ^),  so  klingt 
dies  sehr  deutlich  an  die  bekannten  Stellen  der  Schrift  an 
und  verliert  damit  viel  an  konkreter  Bedeutung. 

Gerade  jene  erzählenden  Quellen  aber,  die  von  der 
Aussendung  besonderer  Kommissäre  durch  Ludwig  den 
Frommen  nach  Antritt  seiner  Regierung  und  der  Abstellung 
zahlreicher  Widerrechtlichkeiten  berichten,  sind  offen- 
sichtlich zugunsten  des  Kaisers  gefärbt,  was  schon 
Mühlbacher  bemerkt  hat.*)  Ich  vermag  ihnen  daher  —  trotz 
der  bekannten  Formel  (Mühlbacher  nr.  560)  —  nicht  jene 
entscheidende  Bedeutung  zuzuerkennen,  wie  dies  neuestens 
doch  selbst  H.  Brunner  noch  getan  hat.^) 

Solche  Gesandte  sind  zudem 'auch  vor  800  gelegentlich 
ausgeschickt  worden  und  fanden,  wie  das  jede  außerordent- 
liche Kontrolle  der  Verwaltung  wohl  zu  allen  Zeiten  ergeben 


^)  Vgl.  dazu  auch  G.  Caro,  Probleme  der  deutschen  Agrargesch. 
Vierteljahrschr.  f.  Soz.  u.  WG.  5,  433  ff. 

*)  Etudes  sur  las  origines  du  regime  feodal.  La  recommanda- 
tion  et  la  justice  seugneuriale.  Annales  de  l'enseignement  superieur 
de  Grenoble  i,  114  n.  i  (1889). 

^)  MG.  Concil.  2,  200  c.  IX;  anima  auteni  sacerdotis  pro  grege 
ponenda  est,  ut  facientibus  mala  cum  summa  audacia  resistere,  oppressos 
liberare  de  manu  potentis,  propter  pauperes  et  viduas  et  orphanos  contra 
iudicem  se  erigere,  et  si  eos  viderit  contra  legem  oppressos,  hoc  dicere  non 
recuset.  Absque  ullo  timore  debet  admonere  iudices ,  ut  cessent  a  malis 
operibus  et  contra  legem  pauperes  non  praesumant  premere. 

*)  Reg.*  nr.  519k.  »)  DRG.  I^  300. 


—     15     - 

hat,  zahlreiche  Mißbräuche  in  dieser  vor.^)  Ich  betone 
übrigens,  daß  man  die  Bedeutung  der  Formel  nicht  über- 
schätzen dürfe,  da  die  ältere  Auffassung  Th.  v.  Sickels,  daß 
diese  Sammlung  möglicherweise  bloß  zum  Unterricht  an 
der  Hofschule  in  St.  Martin-Tours  zusammengestellt  worden 
sei'^),  neuerdings  nach  den  Untersuchungen  E.  Stengels^) 
nicht  mehr  so  unwahrscheinhch  gelten  kann,  als  Zeumer 
meinte.*)  Die  von  ihm  gewählte  Benennung  „Formulae 
Imperiales"  erweist  sich  doch  nicht  als  ganz  treffend  und 
kann  über  die  Bedeutung  derselben  für  die  kaiserliche 
Kanzlei  leicht  irrige  Vorstellungen  erwecken. 

Die  Karolinger  übernahmen  auch  hier  bereits 
eine  deutlich  ausgeprägte  Entwicklung  aus  der 
Merowingerzeit.  Gerade  jene  westfränkischen  Formel- 
sammlungen, in  welchen  Fälle  der  Verknechtung  sich  häufiger 
finden,  gehören  unzweifelhaft  noch  in  die  Merowingerperiode. 
So  die  von  Angers^),  die  Formulae  Arvernenses®),  Marculfi''), 
Turonenses^),  Senonenses^),  Visigothicae.^")  Ja,  es  kann 
auffallen,  daß  demgegenüber  gerade  die  jüngeren  Formeln 
und  jene,  die  in  Deutschland  entstanden  sind,  entschieden 
weniger  solche  Stücke  aufweisen.  Ich  finde  solche  —  da 
die  sogenannten  Formulae  Imperiales  ^^)  auch  nach  West- 
francien  gehören —  nur  in  den  Formulae  Augienses  einmal!  ^^) 

Ganz  dasselbe  bezeugen  aber  auch  die  Kapitularien. 
Schon  in  dem  berühmten  Edikt  Chilperichs  (561  —  84)  werden 
Bestimmungen    gegen    die   Willkür    der   Grafen    getroffen. 


')   Vgl.   die  Paraenesis   ad   judices   Theodulfs    vom   Jahre  798, 
Dazu  G.  Monod  in  Revue  histor.  35,  i  ff . 

-)  Urk.-Lehre  d.  Karolinger  I  §4^,  S.  116  ff. 
')  Diplomatik  d.  deutschen  Immunitätsprivilegien  S.  11  ff. 
*)  MG.  LL.  V  (Formulae)  p.  285. 
")  MG.  FF.  5  nr.  2;  6  nr.  3;  10  nr.  19;  12  nr.  25. 
'■)  Ebenda  31  nr.  5.  ')  Ebenda  93  nr.  28. 

")  Ebenda  140  nr.  10.  ")  Ebenda  187  nr.  4;  211  nr.  6. 

1")  Ebenda  589  nr.  32;  590  nr.  34,  auch  die  Form.  Bignon.  (ebenda 
233  nr.  14  u.  237  n.  27),  sowie  Pithoei  (ebenda  598  nr.  75)  sind  ihrem 
sachlichen  Inhalt  nach   eher  der  Merowingerzeit  noch  zuzurechnen. 
")  Ebenda  291  nr.  5;  293  nr.  9;  296nr.i4;  32inr.  45;  324nr.  51; 
325  nr.  53. 

'')  Ebenda  357  nr.  23. 


—     i6    — 

Wir  hören,  daß  sie  sich  u.  a.  zu  Unrecht  der  Habe  anderer 
bemächtigten^),  daß  sie  ihre  Gerichtsgewalt  zu  gesetz- 
widrigem, ungerechtem.  Urteil  mißbrauchten.^)  Auch  das 
Edikt  Guntchramns  vom  Jahre  585  enthält  ein  Verbot  an 
•die  Richter :  non  vicarios  .  .  .  instituere  .  .  .  gm,  quod  absit, 
maus  operibus  consentiendo  venalitatem  exerceant,  aut 
iniqua  quibuscumque  spolia  inferr'e  praesumant.^) 
Aus  dem  Pactum  Guntchramni  et  Childeberti  II.  von  587 
entnehmen  wir,  daß  niemand  eines  anderen  Leute  abwendig 
machen  oder  (flüchtige)  Ankömmlinge  aufnehmen  sollte.*) 
Das  berühmte  Edikt  Chlothars  vom  Jahre  614  bestimmt  u.  a.: 
Agentes  igitur  episcoporum  aut  potentum  per  potestatem 
nullius  res  collecta  solacia  nee  auferant,  nee  cuiuscumque 
£ontempHi7n  per  se  facere  non  praesumant.^) 

Noch  viel  deutlicher  sprechen  die  Konzilien-Beschlüsse. 
Ut  iudices  aut  potentes,  qui  pauperes  oppremunt, 
si  commoniti  a  pontifice  suo  se  non  emendaverint,  excommuni- 
lentur  heißt  es  bereits  567  auf  dem  Konzil  von  Tours.*) 
Dann  aber  das  2.  Konzil  von  Mäcon  (585).  Es  zeigt  den 
Bedrückten,  der  potentum  importunia  non  sustinens  in  die 
Kirche  seine  Zuflucht  nimmt,  und  verbietet,  ihm  auf  heiliger 
Stätte  Gewalt  anzutun.  Es  läßt  aber  auch  die  Bedrücker 
selbst  und  ihr  Vorgehen  erkennen:  hi ,  qui  latere  regis 
adkaerent,  vel  alii,  qui  potentia  saeculari  inflantur,  res 
alienas  competere  et  nullis  exertis  actionibus  aut  convin- 
iionibus  praerogatis  miseros  non  solum  de  agris,  sed  etiam 
de  domibus  propriis  exolare?^  Und  dazu  halte  man,  was 
auf  dem  Konzil  zu  Clichy  (626)  bestimmt  ward :  Si  quis 
ingenuum  aut  libertum  ad  servitium  inclinare  voluerit  et 
fortasse  iam  fecit,  et  connnonetus  ab  episcopo  se  de  inquie- 

^)  MG.  Capit.  I,  9  c.  8:  et  si  graphio  super  pretium  aut  extra  legem 
aliquid  tollere  presumpserit. 

^)  Vgl.  Clotarii  II  praeceptio:  Si  iudex  alequem  contra  legem  in- 
inste  damnaverit ,  in  nostri  absentia  ab  episcopis  castigetur  MG.  Capit. 
I,  19  c.  6. 

•"«)  Ebenda  12  i". 

*)  Ebenda  14.  25 :  Similiter  convenit,  ut  nullus  alterius  leudes  nee 
sollicitet  nee  venientes  excipiaf. 

^)  Ebenda  23  c.  20.  ')  MG.  Concil.  i,  135  c.  27. 

">)  Ebenda  i,  168  c.  8  u.  170  c.  14- 


—     17     — 

iudinem.    eius    revocare    neglexerit    aüt   cmcndarc   nolucrit, 
tamquam  calumniae  reum  placuit  sequestrariy) 

Tritt  uns  hier  nicht  dasselbe  Bild  bereits  im  6.  Jahr- 
hunderte entgegen,  wie  es  die  viel  zitierten  Kapitularien- 
stellen  für  den  Beginn  des  9.  wieder  zeichnen?  Man  sieht 
deutlich,  dieser  Prozeß  war  seit  langem  im  Gange, 
«r    ist   nicht   erst  eine  Signatur  der  Karolingerzeit. 

So  rücken  auch  die  bekannten  Maßnahmen  Karls  des 
Großen  nun  in  ein  anderes  Licht.  Sie  wiederholen  im  wesent- 
lichen, was  früher  schon  vom  Königtum  und  der  Kirche 
seit  mehr  als  200  Jahren  immer  wieder  verboten  worden  war. 

Mit  dieser  Erkenntnis  gewinnen  wir  aber,  meine  ich, 
nun  einen  richtigeren  Standpunkt  zur  Beurteilung  des  Er- 
folges dieser  sozialpolitischen  Gesetzgebung  Karls 
des  Großen.  Man  hat  sie  ganz  allgemein  sehr  pessimistisch 
aufgefaßt.  Das  war  aber  —  sieht  man  näher  zu  —  doch 
hauptsächlich  durch  die  Grundanschauung  der  ganzen  For- 
schung beeinflußt.  Es  ist  begreiflich:  nahm  man  die  von 
Landau 2)  und  Maurer^)  aufgestellte  Theorie  von  dem  Ver- 
schwinden des  freien  Grundbesitzes  in  den  Grundherrschaften 
als  richtig  an,  dann  konnte  die  Forschung  dieser  Gesetz- 
gebung naturgemäß  nur  wenig  Bedeutung  zuerkennen.  Und 
betrachtete  man  die  Tendenz  zu  einem  sozialen  Niedergang 
als  vorherrschend,  so  mochte  man  darin  nur  „den  ver- 
gebhchen  Kampf  mit  der  Habsucht  der  Großen"  sehen.*) 
^,Keine  seiner  vielen  oft  tiefgreifenden  Vorschriften  ist  so 
wirkungslos  geblieben  als  gerade  diese",  meint  v.  Inama.^) 
Das  Ergebnis  dieser  Verordnungen  sei  also  ein  durchaus 
negatives  gewesen.  „Millionen  von  Freien  sind  Herrschafts- 
leute geworden",  so  faßt  W.  Sickel  den  Erfolg  fortgesetzter 
Übertretung  jener  Verbote  schließlich  zusammen.^) 

Ich  meine,  diese  Beurteilung  geht  von  falschen  Voraus- 
setzungen aus.  Waren  diese  Entwicklungen  nichts  Neues, 
vielmehr   so   seit  Jahrhunderten  im  Werden  begriffen,  und 


')  Ebenda  i,  199  c.  19.  ^)  Die  Territorien  .S.  108  (1854). 

•     ')  Geschichte  der  Fronhöfe  1,273  f. 

■')  So  V.  Inama-Sternegg  DWG.  i,  245,  so  auch  Brunncr  RG.  i -, 
).     ÄhnHch  Lamprecht  DWL.  I.  2,  1144.1150  u.  1152. 

<>)  WG.  I,  233.  »)  A.  a.  O.  S.  170. 

Dopsch,  Wirtschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.   II.   2.  Aufl.  2 


—      18     — 

Karls  des  Großen  Gebote  nur  ein  Glied  in  der  langen  Kette 
unausgesetzter  Prohibitivmaßregeln  zur  Steuerung  ihrer  Aus- 
wüchse, dann  kann  man  einen  solchen  Erfolg  durchgreifender 
Art  von  vornherein  nicht  erwarten.  Man  müßte  denn  für 
möglich  halten,  daß  etwa  die  überall  und  zu  allen  Zeiten 
erlassenen  Verbote  wider  Diebstahl  und  Raub,  Totschlag 
und  Mord  diese  Verbrechen  je  völlig  auszurotten  in  der 
Lage  wären. 

Sowenig  nun  diese  Ursachen ,  welche  schon  seit  Jahr- 
hunderten vorhanden  waren,  eine  solche  soziale  Wirkung 
bis  zur  Karolingerzeit  herbeizuführen  vermochten  —  man 
nimmt  ja  doch  an,  daß  die  Depression  der  Gemeinfreien 
erst  jetzt  eingetreten  sei^)  —  sowenig  dürfen  wir  ihnen 
jetzt  binnen  kurzer  Zeit  eine  so  durchgreifende  Umgestaltung 
zumessen. 

Doch  ist,  so  wird  man  mit  Recht  einwenden,  jene 
Theorie  von  der  großen  sozialen  Umwälzung  ja  noch  weiter 
begründet  worden.  Auch  die  Maßnahmen  Karls  des  Großen 
über  die  Kriegsdienstpflicht  hat  man  dafür  doch  ins 
Treffen  geführt.  Was  ist  der  Tatbestand?  In  einigen  Auf- 
gebotsordnungen Karls  werden  bloß  die  Grundeigner,  welche 
3 — 4  Hufen  besitzen,  zur  Ausrückung  ins  Feld  verhalten. 
Und  eben  darin  hat  man  eine  sozialpolitische  Fürsorge  des 
großen  Kaisers  zugunsten  der  Freien  erblicken  wollen^), 
indem  man  von  der  Voraussetzung  ausging,  daß  die  Hufen- 
einheit das  Normalmaß  des  freien  Grundbesitzes  darstelle. 
Aber  diese  Annahme  hat  sich  als  unzutreffend  erwiesen. 
War,  wie  früher  gezeigt  wurde,  nicht  die  einzelne  Hufe  die 
Grundlage  für  die  militärischen  Verpflichtungen  der  Gemein- 
freien und  galt  vielmehr  ein  Besitz  selbst  von  2  Hufen  in 
der  Karolingerzeit  als  geringfügiges,  ärmliches  Vermögen  ^), 
so   entfällt    auch   ganz    und    gar,    was   man  aus  jenen  Auf- 


1)  Inama  WG.  i,  260:  „Noch  zur  Zeit  Karls  d.  Gr.  ist  die  Zahl 
dieser  besseren  Freien  eine  nicht  unbedeutende  und  überall  vor- 
handen." 

2)  V.  Inama  WG.  i,  248;  Brunner  RG.  2,  207;  Lamprecht  DGesch. 
2,  93;  Boretius,  Beitr.  z.  Kapit. -Kritik  S.  120. 

3)  Vgl.  im  I.  Teil  dieses  Werkes  S.  335f.,  dazu  auch  Roth,  Feuda- 
lität  S.  325,  sowie  meine  „Grundlagen"  2,  124 ff. 


—     19     — 

gebotsordnungen  über  eine  Herabsetzung  oder  Erleichterung 
der  Kriegsdienstpflicht  hat  herauslesen  wollen. 

Wir  wissen  tatsächlich  nichts  von  einer  solchen.  Denn 
auch  diese  Verordnungen  aus  dem  ersten  Dezennium  des 
9.  Jahrhunderts  sind  nicht,  wie  man  bisher  angenommen 
hat,  eine  Neuerung  Karls  des  Großen  im  Sinne  einer  Reform 
des  bisher  Bestehenden^),  sondern  vielmehr  die  Wieder- 
holung früher  bereits  geltender  Grundsätze.  Sehr  deutlich 
geht  dies  meines  Erachtens  aus  dem  Capitulare  Lothars 
vom  Jahre  825  hervor.  Die  Kriegsdienstverpflichtung  er- 
scheint nach  Maßgabe  des  Vermögens  abgestuft,  als  mindere 
Form  der  Verpflichtung  die  Leistung  von  Adjutorien  durch 
die  Ärmeren,  welche  nicht  selbst  ausziehen  konnten,  aber 
auch  die  völlige  Enthebung  für  solche  zulässig,  die  pro 
nimia  panpertate  neqitc  ipsi  ire  valent  ncque  adiiitorium 
eunti  prestare.  Ausdrücklich  aber  wird  am  Schlüsse  dieses 
System  als  antiqua  consuetudo  bezeichnet,  die  von  den 
Grafen  beobachtet  werden  solle. 2) 

Ich  glaube  nicht,  daß  solches  ohne  jede  Berufung  auf 
Lothars  Großvater  geschehen  wäre,  wenn  diese  Grundsätze 
erst  ein  oder  zwei  Dezennien  vorher  durch  Karl  den  Großen 
neu  aufgestellt  worden  wären. 

Zudem  ist  sicher,  daß  auch  die  zweite  der  angeblichen 
Erleichterungen,  die  Karl  eingeführt  haben  soll,  eine  nach 
der  Entfernung  vom  Kriegsschauplatze  geminderte  Heran- 
ziehung^), tatsächlich  schon  in  der  Merowingerzeit  ebenso 
geübt  worden  ist.*)  Das  war  ja  doch  wohl  schon  durch 
militärtechnische  Gründe  bedingt,  die  raschere  Mobilisierängs- 
möglichkeit  der  nächstgesessenen  Mannschaften.  Waitz 
mußte    sich  übrigens  selbst   schon    gestehen,   daß  Karl  der 

^)  Auch  Boretius,  Beitr.  z.  Kapit.-Kritik,  hat  sich,  allerdings  von 
einer  anderen  Seite  her,  dagegen  ausgesprochen,  S.  125. 

-)  Capit.  I,  325  c.  3,  wo  freilich  die  Interpunktion  kaum  zutreffend 
sein  dürfte.  Gegen  die  von  Fehr,  Zs.  d.  Savignystiftg.  f.  RG.  35,  120 
(1914)  dawider  erhobenen  Einwände  zugunsten  der  alten  Lehre  habe 
ich  meine  Auffassung  eingehender  begründet  in  „Grundlagen"  2,  139  ff- 

^)  Waitz  VG.  4^,  565;  Baldamus,  d.  Heerwesen  unt.  d.  spät.  Karo). 
S.  50  und  V.  Luschin  in  d.  Kultur  d.  Gegenwart  IL  2.  i,  251. 

*)  Lezardifere,  th6orie  des  lois  politiques  et  de  la  monarchie 
Frangaise  Nouv.  Ed.  1844,  i>  495-    VII ff.,  vgl.  auch  Waitz  VG.  2",  216. 


—      20      — 

Große  später  eine  Vorschrift  über  den  Heeresdienst  erlassen 
habe,  „in  der  auf  die  einzelnen  Teile  des  Reichs  und  den 
verschiedenen  Schauplatz  der  Kriege  keine  Rücksicht  ge- 
nommen zu  sein  scheint".^) 

Was  drückend  empfunden  und  den  Freien  gefährlich 
wurde,  war  weniger  der  Kriegsdienst  an  sich,  als  die  Willkür 
der  Grafen  in  der  Handhabung  des  Heerbannes.^)  Ich  lasse 
es  nun  sehr  dahingestellt,  ob  man  annehmen  darf,  daß 
solche  Übergriffe  aus  der  Amtsgewalt  gerade  nur  der 
Karolingerzeit  eigen  gewesen  und  früher  nicht  vorgekommen 
seien.  Es  ist  ja  kein  Zufall,  daß  die  Klagen  darüber  gerade 
am  Beginne  des  9.  Jahrhunderts  hervortraten.  Eine  längere 
Zeit  andauernder  Kriege  war  vorangegangen. 

Man  hat  aber  die  Nachrichten  darüber  ganz  einseitig 
bloß  verwertet.  Denn  das  Schriftstück  vom  Jahre  811,  aus 
welchem  jene  Klagen  über  die  Willkür  des  Aufgebotes 
entstammen,  bietet  auch  noch  nach  einer  anderen  Seite 
interessante  Ausblicke. 

Sieht  man  näher  zu,  so  liegt  kein  Capitulare  da  vor, 
was  schon  Boretius  andeutete^),  sondern  ein  Bericht:  de 
caiisis  proptcr  qtias  homines  exercitalevi  oboedientiam  diniitterc 
solent.  Offenbar  war,  wie  auch  am  Schlüsse  direkt  gesagt 
wird,  der  Widerstand  gegen  das  königliche  Aufgebot  so 
stark  und  auffällig  geworden,  daß  Karl  über  die  Gründe 
hieven  einen  Bericht  forderte.  Er  wurde  wahrscheinlich  von 
den  Missi  erstattet.  Er  weist  auch  noch  in  der  hier  vor- 
liegenden Form  Spuren  eines  stattgehabten  Parteienverhörs 
auf.  •  Nicht  nur  die  Klagen  der  verpflichteten  Mannen  finden 
wir  hier,  auch  die  Gegenklagen  der  Comites  haben  da 
Platz  gefunden:  Ungehorsam  der  Heerespflichtigen,  die  sich 
weigern,  dem  Aufgebot  Folge  zu  leisten  und  sich  darauf 
stützen,  nur  den  Missi,  nicht  aber  den  Grafen  dafür  ver- 
antwortlich zu  sein.  Selbst  die  Bannlegung  der  Wohn- 
stätten Renitenter   fruchte   nichts,    außer   es  werde  Gewalt 


*)  VG.  4^*,  567.  ebenso  Baldamus  a.  a.  O.  -)  Inama  WG.  i,  249. 

^)  Vorbemerkung  z.  Texte:  haec  quoque  capitula  non  impera- 
toris  edicta  continent,  sed  causas  adnotant  ad  imperatorem  antea 
relatas,  de  quibus  Imperator  comites  et  fideles'  suos  in  placito 
alloqui  volebat. 


—       21       — 

angewendet.^)  Alle  möglichen  Ausflüchte  würden  benützt, 
um  sich  der  Ausrückung  ins  Feld  zu  entziehen.  Sie  werden 
im  einzelnen  angeführt.^)  Zum  Schlüsse  aber  ist  ausdrück- 
lich betont,  daß  diese  zahlreichen  Widerstände  zu  einem 
früher  nie  erlebten  Höhepunkt  gediehen  seien. ^) 

Wir  sehen  deutlich,  daß  man  sich  jene  viel  zitierten 
Bedrückungen  nicht  ruhig  gefallen  ließ,  sondern  sie  durch 
passive  Resistenz  unschädlich  zu  machen  wußte.  Offenbar 
"auch  mit  Erfolg.  Sonst  wäre  es  nicht  zu  einem  solchen 
Klageprotokoll  und  dessen  Verhandlung  vor  dem  Kaiser 
gekommen. 

Tatsächlich  war  diese  Resistenz  schon  im  Jahre  807 
so  weit  gediehen,  daß  das  ganze  Heeresaufgebot  vereitelt 
wurde.*) 

Man  hat  auch  gar  nicht  erwogen :  die  Ergebung  in  den 
Dienst  eines  Grundherrn  allein  sicherte  ja  nicht  vor  der 
Ausrückung.  Nicht  nur  in  Sachsen^),  auch  anderwärts 
waren  die  grundherrlichen  Hintersassen  keineswegs  davon 
schlechthin  befreit.®)  Wir  wissen  zudem  bereits  aus  einem 
Capitulare  Lothars  vom  Jahre  825,  daß  die  betrügerischen 
Umgehungsversuche  der  Heerespflicht  mit  Ergebung  in  den 
Dienst    eines    anderen    oder   Tradition   der   verpflichtenden 


')  MG.  Capit.  I,  165  c.  6:  Dicunt  ipsi  coinitcs,  qtiod  alii  eorum 
fagenses  non  Ulis  obediant  tiec  bannuni  donini  imperaioris  adimplcre 
volunt,  dicefites  quod  contra  missos  d.  inip.  pro  heribanno  debeant  ratio- 
nem  reddere  nam  non  cofttra  comitem;  etiam  etsi  comes  suam  domum 
Uli  in  banniim  miserit,  nullam  exinde  habeat  revereniiam,  nisi  intret  in 
domum  suam  et  faciat  quaeciimqiie  ei  libitum  fuerit. 

-)  Ebenda  c.  7 :  Sunt  etiam  alii  qiii  dicunt  se  esse  homines  Pippin^ 
et  Chhidicici  et  tunc  proßtentur  se  ire  ad  servitium  dominoru?n  suorum 
quando  alii  pagenses  in  exercitum  pergere  dehent.  c.  8 :  Sunt  Herum  et 
alii  qui  remanent  et  dicunt,  quod  seniores  eorum  domi  resideant  et 
debeant  cum  eorum  senioribus  pergere,  ubicumque  iussio  domni  impe- 
ratoris  fueril.  Alii  vero  sunt  qici  ideo  se  commendant  ad  aliquos  setiiores, 
quos  scixmt  in  hostem  noji  profecturos. 

^)  Ebenda  c.  9:  Quod  super  omnia  malus  Jiunt  inoboediente s 
ipsi  pagenses  comiti  et  missos  decurrentes,  quam  antea  fu i s seilt. 

')  MG.  Capit.  I,  138  c.  7  (808). 

'J  Vgl.  Mühlbacher  Reg.-  nr.  1749  u.  1932;  dazu  auch  924. 

»)  Vgl.  zu  Waitz  VG.  4^  569  auch  DCar.  (MG.)  nr.  91  (f.  Metz); 
auch  Loening,  Kirchenrecht  2,  728;  f.  Italic  n  Mühlbacher  Reg.-  1239. 


—      22      — 

Habe  und  Rückempfang  derselben  zu  Zins  nicht  den  be- 
absichtigten Erfolg  hatten.  Die  Grafen  wurden  vielmehr 
ermächtigt,  in  solchen  Fällen  doch  die  Ausrückung  an- 
zuordnen, so  zwar,  daß  selbst  geistliche  Immunitätsrechte 
in  diesem  Falle  wirkungslos  sein  sollten.^) 

Im  ganzen  aber  erhellt  aus  allen  Capitularien  doch 
immer  wieder,  daß  die  minder  Bemittelten  über- 
haupt weniger  vom  Kriegsdienst  betroffen  waren, 
da  vor  allem  die  Wohlhabenderen  selbst  regelmäßig  aus- 
zogen.^) 

Diese  Auffassung  würde  auch  durch  die  Annahmen 
H.  Delbrücks  unterstützt,  daß  die  karolingischen  Heere 
keine  bäuerUchen  Massenheere,  sondern  kleinere  Qualitäts- 
heere von  Berufskriegern  (Vasallen)  gewesen  seien. ^)  Seine 
Beweisführung  erscheint  freilich  im  einzelnen  unzureichend 
fundiert,  ja  mehrfach  unwahrscheinlich.*) 

Endlich  darf  nicht  unberücksichtigt  bleiben,  daß  man 
in  der  Abforderung  der  Heerbannbuße  bereits  zu  einer 
recht  milden  Praxis  gelangt  war.  Die  Säumigen  verfielen, 
wie  uns  dasselbe  Capitulare  Lothars  bezeugt ,  erst  im 
Wiederholungsfalle  dem  Königsbann  (60  /?),  während  sie 
beim  ersten  Mal  bloß  mit  einer  milderen  Strafe  belegt 
wurden.^) 

^)  MG.  Capit.  I,  330  c.  2  u.  3. 

-)  Ebenda  329  c.  i :  liberi  homines,  qiii  tantiitn  proprietatis  habent' 
unde  hosteni  bene  facerc  possunt  ....  De  mediocribiis  qiiippe  liberis 
qui  non  possimt per  se  hostem  facere  ....  330:  De  his  quoqiie  qui  propter 
nimiam  paupertatem  neque  per  se  hosteni  facere  neque  adiiitorium  prestarc 
possunt  .  .  .  vgl.  dazu  auch  oben  S.  19  n.  2,  sowie  Prenzel,  Beitr.  z. 
Gesch.  d.  Kriegsverf.  unt.  d.  Karol.  S.  38  und  43.  Dann  für  die  vor- 
ausgehende Zeit  meine  ,, Grundlagen"  2,  139  ff. 

^)  Gesch.  d.  Kriegskunst  3,  3  ff.,  bes.  S.  17  (1907). 

*)  Besonders  spricht  auch  dagegen ,  was  die  Kapitularien  an 
Vorschriften  über  die  Bewaffnung  der  Aufgebotenen  melden.  Das 
Verbot  Karls  d.  Gr.,  bloß  mit  einem  Knüttel  oder  Keule  ausgerüstet 
zu  erscheinen  (MG.  Capit.  i,  170  c.  17,  Aachen  801—13),  paßt  wenig 
zu  einem  Berufskriegerstand.  Das  hat  Delbrück  a.  a.  O.  S.  24  ff.  an- 
scheinend ganz  übersehen.  Vgl.  auch  E.  Geßler ,  Die  Trutzwaffen 
der  Karolingerzeit  (1908)  S.  26,  sowie  W.  Erben  in  Hist.  Zs.  10 1,  321  ff., 
jetzt  auch  meine  ,, Grundlagen"  2,  297  ff. 

*)  Capit.  I,  329  c.  i;  vgl.  auch  Boretius,  Beitr.  z.  Kapit.-Kritik 
S.  112. 


—     23     — 

Ähnlich  wie  hier  bei  der  Heeresdienstpflicht  hat  die 
bisherige  Forschung,  glaube  ich,  auch  den  wirtschaftlichen 
Effekt  der  dritten  Last  zu  hoch  eingeschätzt,  welche  die 
allgemeine  soziale  Depression  der  Gemeinfreien  bewirkt 
haben  soll:  des  Zehnten.  Allerdings  war  der  Stand  der 
Forschung  gerade  auf  diesem  Gebiete  bis  vor  kurzem  noch 
ein  wenig  befriedigender.  Die  jüngste  Zeit  hat  aber  da  ganz 
bedeutende  Fortschritte  zu  verzeichnen.^)  v.  Inama  hat  ja 
gemeint,  daß  der  Zehnt  „wieder  besonders  auf  den  kleinen 
Grundbesitzer  drückte  und  ihm  seine  Wirtschaft  und  die 
Erhaltung  der  Selbständigkeit  erschwerte. "2)  Er  hob  die 
Strenge  der  Zehnteinhebung  hervor,  ohne  zu  beachten,  daß 
die  Belege  hierfür  sich  auf  Sachsen  beziehen,  wo  diese  Last, 
da  sie  dort  bis  dahin  eben  überhaupt  nicht  bestanden  hatte, 
naturgemäß  stärker  fühlbar  werden  mußte. ^)  Er  meinte, 
„ganz  besonders  empfindlich  wurde  sie  aber  für  die  Bene- 
fiziare,  welche  säkularisierte  Kirchengüter  innehatten;  denn 
diesen  wurde  neben  dem  Zensus  von  i  solidus  für  jede 
Haushaltung  in  der  sogenannten  nona  et  decima  ein  ganzes 
Fünftel  des  Ertrages  abgenommen."*) 

Zehnt  wurde  im  Frankenreich  auch  früher  schon,  wäh- 
rend der  Merowingerzeit,  entrichtet.^)  Spätestens  seit  Pip- 
pin^)  lieh  der  Staat,  um  die  Kirche  einigermaßen  für  die 
Säkularisationen  zu  entschädigen^),  ihr  seine  Zwangsgewalt 
zur  Eintreibung  der  bisher  nur  nachlässig  und  teilweise  ent- 

^)  Vgl.  E.  Pereis,  Die  kirchl.  Zehnten  im  Karoling.  Reiche,  Berl. 
Diss.  1904.  Dann  besonders  U.  Stutz,  Das  Karoling.  Zehntgebot, 
Zs.  d.  Savignystift.  f.  RG.  29  (1908) ,  sowie  Pereis ,  Die  Ursprünge 
des  Karol.  Zehntrechtes,  Archiv  f.  Urk. -Forschg.  3,  2331?.  (1911)  und 
Viard,  histoire  de  la  dime  ecclesiastique  principalement  en  France 
jusqu'  au  decret  de  Gratien  (Dijon  1909). 

-)  WG.  I,  252  =  I  ^,  342  f. 

ä)  Vgl.  Pereis  Diss.  a.  a.  O.  S.  26.  *)  A.  a.  O. 

')  Vgl.  Pereis  Diss.  S.  nf.    sowie  meine   „Grundlagen"  2,  sigf. 

*)  Vielleicht  sogar  schon  seit  den  Säkularisationen  der  Arnul- 
lingischen  Majordomen,  worauf  die  Urkunde  Pippins  vom  Jahre  753, 
die  sich  doch  ausdrücklich  auf  Vorurkunden  des  älteren  Pippin  und 
Karl  Martells  bezieht ,  deuten  würde.  MG.  DCar.  nr.  4  (f.  Utrecht). 
Dazu  jetzt  meine  ,, Grundlagen"  2,  320 f. 

')  Das  hatte  schon  Roth,  Benefizialwesen  S.  366,  erkannt,  und 
dann  besonders  Stutz  a.  a.  O.  ausgeführt. 


-      24      — 

richteten  Abgabe,  sie  wurde  aus  einer  privaten  Forderung 
nun  allgemeines  Reichsrecht.  ^) 

Von  den  kirchlichen  Benefizialgütern  wurde  neben  dent 
allgemeinen  Kirchenzehnt  noch  die  nona,  d.  h.  ein  Doppel- 
zehnt, eingehoben.  Aber  das  Fortbestehen  des  alten  Zinses^ 
welcher  nach  dem  Capitulare  von  Herstal  779  auch  weiter 
gezahlt  werden  soll,  kann  unmöglich  im  Sinne  einer  dauern- 
den Festhaltung  jenes^  hohen,  743  zu  Estinnes  von  Pippin 
mit  I  ß  für  den  Haushalt  festgesetzten  Zinses  gemeint  sein, 
wie  V.  Inama  und  die  ältere  Forschung  z.  T.  annahm.  Ich 
glaube,  das  hat  U.  Stutz  durchaus  zutreffend  dargetan.-) 
Jener  hohe  und  eigentliche  Leihezins  wurde  jetzt,  da  Zehnt 
und  Neunt  als  Leiheentgelt  der  Kirche  zuflössen,  herab- 
gesetzt. Von  50  Casaten  war  i,  von  30  C.  ^2,  von  20  C.  ^\z  ß 
zu  entrichten.  Dieser  Rekognitionszins  betrug  also  für  eine 
Haushaltung   (casata)  jetzt  nur  mehr  Vs  Denar. 

Und  diese  scharfsinnige  Erklärung  von  U.  Stutz  stimmt 
ganz  vorzüglich  zu  dem,  was  schon  Roth  gegenüber  der 
älteren  Lehre  Birnbaums  z.  T.  richtig  dargelegt  hatte.  Es 
handelt  sich  bei  dieser  Verpflichtung  kirchlicher  Benefiziare 
nicht  so  sehr  um  Kleinbauern,  sondern  um  Grafen,  Vasallen 
des  Königs,  kurz,  wohlhabende  Leute,  die  von  ihm  „wirk- 
liche Benefizien  aus  Kirchengut  erhalten  hatten".  Zu  den 
konkreten  Beispielen,  die  Roth  schon  beigebracht  hatte  ^), 
ist  die  Ordnung  von  Herstal  selbst  die  beste  Illustration . 
Wir  sehen,  Benefizien  zu  50  Casaten  werden  als  etwas  All- 
tägliches da  vorausgesetzt,  als  mindere  Größe  dieser  aber 
solche  zu  20  Haushaltungen  bloß  noch  in  die  Norm  aufge- 
nommen. Ich  möchte  freilich  nicht  den  Schluß  daraus  ziehen, 
den  Roth  gezogen  hat:  „daß  die  Nonae  und  Decimae  nicht 
eine  bäuerliche  Abgabe  waren."  Tatsächlich  entrichtet  wurden 
sie  ja  doch  von  den  einzelnen  Hintersassen  selbst.*)  Aber 
—  und  das  ist  ja  wohl  auch  der  eigentliche  Sinn  der  Dar- 
legungen von  Roth  —  sie  belasteten  nicht  so  sehr  den  kleinen 
freien,  d.  h.  selbständigen  Grundeigner,  sondern  die  wohl- 
habenden Grundherren,  bzw.  die  von  ihnen  abhängigen 
Hintersassen.     Sehr  treffend  hat  Stutz  hervorgehoben,  daß 

*)  Stutz  a.  a.  O.  S.  47.  ^)  A.  a.  O.  S.  36. 

•■')  Benefizialwesen  S.  366.        *)  So  auch  Haff,  Zs.  f.  RG.  35,  467> 


—     25      — 

sich  in  dieser  Frage  die  Interessen  der  Kirche  und  der 
Großen  gegensätzlich  gegenüberstanden".^) 

Damit  ist  aber  auch  schon  die  Unwahrscheinlichkeit 
erwiesen,  daß  diese  Last  gerade  auch  „den  kleinen  [freien] 
Grundbesitzer  drückte".  Dieser  hatte  ja  bloß  den  allgemeinen 
Kirchenzehnten  zu  entrichten,  also  Vio  seiner  Naturalerträge. 
Daß  aber  auch  in  der  Karolingerzeit  das  kirchliche  Zehnt- 
gebot, trotzdem  es  nun  zum  Reichsrecht  gemacht  worden 
war  und  allgemeine  Geltung  erlangt  hatte,  nicht  überall 
auch  den  vollen  Erfolg  hatte,  beweisen  die  zahlreichen 
Capitularienstellen,  die  von  Säumigkeit  in  der  Entrichtung, 
Zahlungsverweigerung  und  dergl.  Nachricht  geben. ^)  Wie 
wenig  bereits  in  der  Zeit  Ludwigs  des  Frommen  die  staat- 
liche Zwangsgewalt  da  half,  lehrt  meines  Erachtens  die  Er- 
scheinung, daß  die  kirchlichen  Organe,  welche  den  Zehnt 
selbst  erhoben,  nun  doch  wieder  zu  kirchlichen  Zwangsmitteln 
ihre  Zuflucht  nahmen.  Hraban  von  Fulda  tadelt  in  einem 
Briefe  an  einen  Priester  diesen,  weil  er  seine  Gläubigen 
nicht  eher  in  die  Kirche  lasse,  Messe  zu  hören  oder  zu  kom- 
munizieren erlaube,  bevor  sie  nicht  eidlich  versichert,  daß 
sie  von  aller  ihrer  Habe  Zehnt  entrichteten.^)  Offenbar 
kamen  auch  bei  dem  Zehntbekenntnis,  wie  bei  jeder  Steuer- 
fatierung,  Hinterziehungen  :^'or,  weshalb  auch  die  Bischöfe 
die  Ablegung  eines  Eides  —  wegen  der  Gefahr  des  Mein- 
eides —  vermieden  wissen  wollten.*) 

Anderseits  hören  wir  auch ,  daß  das  gewöhnliche  Volk 
(populus),  also  die  Steuerträger  selbst,  die  Zehnten  nicht 
geben  wollte:  nisi  quolibet  modo  ab  eo  redimanttir.^)  Der 
Zehnt  war  eine  Holschuld  und  von  den  Naturalerträgen  zu 
entrichten.'')  Augenscheinlich  verlangten  die  Leute  für  ihr 
Getreide  und  Vieh  dann  doch  eine  Geldentschädigung. 

Wenn  die  Zehntlast  in  der  Karolingerzeit  einen  Druck 
bewirkte,  so  dürfte  es  am  ehesten  bei  den  Hintersassen  der 


')  A.  a.  O.  S.  39,  vgl.  48. 

*)  Vgl.  Pereis  Diss.  S.  29 ff.  38.  Die  von  Inama  \VG.  i,  252  n.  5 
dafür  zit.  Stelle  besagt  dies  aber  nicht,  sondern  betrifft  widerrechl- 
li#he  Entziehung  von  Zehnten  durch  Laien. 

')  MG.  Epp.  5,  522,  13  ff.  (c.  832—45).         ■*)  Perejs  Diss.  .S.  37. 

")  MG.  Capit.  2,  13  c.  7  (829).  •)  Stutz  a.  a.  O.  S.  28. 


—      26      — 

Grundherrschaften  anzunehmen  sein.  Denn  da  die  Laien- 
gewalten bereits  damals  oft  zu  Unrecht  die  Zehnten  und 
deren  Erhebung  an  sich  rissen  und  der  Kirche  entfremdeten^), 
mochten  sie  zu  deren  tatsächlicher  Eintreibung  wie  sonst 
ihre  Amtsgewalt  (als  Grafen,  Vikare  und  Zentenare)  miß- 
brauchen. 

Daß  „man"  in  einzelnen  Fällen,  um  der  Zehntleistung 
zu  entgehen,  „lieber  das  Land  ganz  unbebaut"  gelassen 
habe,  „dessen  Früchte  doch  nur  zum  Teil  der  eigenen  Wirt- 
schaft zugute  gekommen  wäre",  wie  Inama  meinte 2),  ist 
unrichtig.  Er  hat  die  betreffende  Stelle  im  Capitulare 
Ludwigs  des  Frommen  von  Worms  829  wohl  kaum  recht 
gedeutet.  Sie  bezieht  sich  auch  nicht  auf  „Königsland", 
wie  Mühlbacher  meinte.^)  Die  agri  dominicati,  deren  Be- 
bauung deshalb  vernachlässigt  wird,  um  davon  keinen  Neunt 
und  Zehnt  zahlen  zu  müssen*),  sind  herrschaftliches  Land, 
und  zwar,  da  auch  von  dem  Neunt  die  Rede  ist,  kirchliches 
Benefizialland.  Die  Stelle  gibt  dann  einen  Sinn  und  wird 
verständlich,  wenn  man  sie  auf  Teilbaugüter  bezieht;  denn 
wir  wissen  aus  andern  Kapitularien^),  daß  von  dem  Teile, 
dessen  Erträge  dem  bäuerlichen  Wirte  zuflössen,  nur  der 
Zehnt,  nicht  aber,  wie  von  dem  andern,  dessen  Früchte  an 
die  Herrschaft  fielen,  Zehnt  und  Neunt  zu  entrichten  waren. 
Möglich  auch,  daß  mitunter  Ähnliches  statthatte  wie  bei 
den  königlichen  Lehen.  Die  blieben  ja  ebenfalls  stellenweise 
unbebaut,  da  sie  die  Inhaber  zur  Aufbesserung  ihrer  Eigen- 
güter verwendeten.")  Und  hier  hören  wir  ja,  daß  die  Be- 
schuldigten anstatt  der  herrschaftUchen  Güter  andere  Län- 


')  Pereis  Diss.  S.  47  ff.  -)  WG.  i,  252  =  i  -,  343. 

■'')  Reg.'-  nr.  886.  *)  MG.  Capit.  2,  14  c.  10. 

*)  Ebenda  i,  179  c.  18:  Ut  qui  ecclesiarum  bcneficia  hahent,  nonam 
£l  decimam  ex  eis  ecclesiae  cuius  res  sunt,  donent.  El  qiii  tale  bc7ieficiu»i 
Iiabenl,  iä  ad  medietatein  laborent,  tit  de  eonini  poriione  proprio  presbytero 
decimas  donent  (810 — 13?).  Die  Erklärung,  die  Boretius  in  seiner  Aus- 
gabe dieser  Stelle  beigab,  daß  bloß  der  Zehnt,  nicht  auch  der  Neunt 
zu  entrichten  gewesen  sei,  da  sie  für  den  Neunt  arbeiteten 
(decimas  tantum,  non  nonas  et  decimas,  cum  pro  nonis  laborent)  ist 
wohl  kaum  zutreffend,  vgl.  dazu  das  im  i.  Teil  S.  276  f.  Gesagte. • 

•■')  Ebenda  1,93  c.  6  (802):  Ut  beneficiiiru  domni  tmpcratoris  deser- 
iare  nemo  mideat,  proprium  suam  exinde  constniere. 


—      27      — 

dereien  zur  Bebauung  übernahmen.  Möglich  auch,  daß  an 
Neurisse  zu  denken  wäre,  von  welchen  wenigstens  stellen- 
weise kein  Zehent  zu  entrichten  war.^)  Das  excolere  wird 
ja  mitunter  prägnant  für  Rodewerk  gebraucht.^) 

Auch  die  Kriegsdienst-  und  Zehntverpflichtungen  können 
also  die  kleinen  Grundeigner  nicht  so  arg  dezimiert  haben. 
Nun  aber  frage  ich  weiter:  waren  Karls  des  Großen 
Bemühungen,  den  vorhandenen  sozialen  Gefahren 
zu  steuern,  aber  auch  wirklich  so  erfolglos,  als 
die  Forschung  angenommen  hat?  Man  hat  sich  gar 
nicht  danach  umgesehen,  deren  Wirkungen  im  einzelnen  zu 
verfolgen  und  das  konkrete  Tatsachenmaterial  sozialer  Tages- 
erscheinungen daraufhin  zu  prüfen.  Eine  allerdings 
trügerischeErscheinunghat  verführerisch  da  ein- 
gewirkt. Man  sah  allüberall  eine  große  Masse  höriger 
Elemente,  Herrschaftsleute  naturgemäß  in  den  nahezu  aus- 
schließlich von  Grundherrschaften  selbst  herrührenden  Quel- 
len jener  Zeiten.  Da  lag  es  nahe,  deren  Herkunft  mit  einer 
Depression  des  Freienstandes  zu  erklären,  zumal  die  Eigen- 
art unserer  Überlieferung  nur  wenig  Gelegenheit  bot,  von 
diesem  ähnlich  oft  Nachricht  zu  geben  .  .  .  Die  wirtschafts- 
geschichtliche Forschung  ist  aber,  glaube  ich,  auf  eine  ganz 
große  und  ebenso  lange  währende  Retorsionsbewegung 
in  der  sozialen  Entwicklung  gar  nicht  aufmerksam 
geworden,  die  von  allem  Anfang  an  mit  jener  andern  zugleich 
entstand  und  durch  sie  bedingt  wurde.  Ebenso  alt  wie  die 
Bedrückung  der  Schwachen  ist  auch  deren  Selbsthilfe.  Was 
die  Papyri  Ägyptens  in  der  Römerzeit  als  tägliches  Vor- 
kommnis belegen,  die  Flucht  der  Kolonen  und  Hörigen 
sowie  Sklaven,  wird  ebenso  in  der  Merowingerzeit  frühe 
ersichtlich.^)  Die  Kirche  nimmt  sich  ihrer  an  und  gewährt 
jn  deutlicher  Anlehnung  an  das  Asylrecht  antiker  Tempel 
den  Flüchtlingen  Schutz,  soferne  sie  ungerechter  Bedrückung 
sich    entzogen  haben.*)     Natürlich    konnte  sie  willkürlicher 

')  Vgl.  Rübe),  Die  Franken  S.  388  n.  8,  dazu  Mühlbacher 
Reg.-  nr.  2029. 

^j  MG.  Capit.  I,  263.  30;  St.  Galler  Uß.  i  nr.  334. 

'j  Siehe  oben  S.  16. 

*)  Vgl.  die  Beschlüsse  d.  2.  Konzils  v.  Mäcon  MG.  Concil.  i,  16S 
c.  8:    Si  e?iim  mundani  principes  suis  legibus  cens2ierunl ,  ut  quicumque 


—      28      — 

Verletzung  bestehender  Eigentumsrechte  keine  Freistatt 
schaffen.  Ein  Rückforderungsrecht  des  Herrn  ist  denn 
auch  schon  in  der  Merowingerzeit  anerkannt  und  die  Aus- 
tragung dieser  Rechtsstreitigkeiten  dem  Gericht  vorbehalten 
worden.^) 

Durch  die  ganzen  langen  Jahrhunderte  merowingischer 
und  karolingischer  Herrschaft  kehren  in  den  Kapitularien 
wie  Formelsammlungen  die  Erwähnungen  flüchtiger  Knechte 
immer  wieder.  Sie  sind  gewissermaßen  bereits  zu  einem 
ständigen  Programmpunkt  jeder  Gesetzgebung  geworden^), 
eine  soziale  Erscheinung  des  täglichen  Lebens  schon.  Be- 
zeichnend dafür  ist  wohl  die  Tatsache,  daß  in  den  Formeln 
für  den  Verkauf  von  Sklaven  und  Manzipien  auch  regelmäßig 
betont   erscheint,   daß  der  Betreffende  non  fugitivus  sei.'^) 

Auch  aus  der  Privatkorrespondenz  des  9.  Jahrhunderts 
kann  man  die  Häufigkeit  dieser  Vorkommnisse  entnehmen. 
Im  Jahre  842  legte  der  Chorbischof  Reginbald  dem  berühmten 
Abte  Hraban  geradezu  die  Frage  vor,  ob  man  für  flüchtige 
Sklaven,  die  auf  der  Flucht  starben,  Messen  und  Psalmen 
singen  dürfe.  Hraban  macht  bezeichnenderweise  dabei  einen 
Unterschied  zwischen  einem  solchen,  der  propter  superbiavt 
und  jenem,  der  propter  neccssitatcm  geflohen  sei:  coactus 
crudelitate  domini.^) 

In  Italien  hat  diese  Erscheinung  wohl  von  der  Römer- 
zeit her  ununterbrochen  fortgedauert,  ist  sie  mindestens  seit 
dem  6.  Jahrhundert  deutlich  im  Gange.  ^) 

Handelt  es  sich  hier  vornehmlich  um  Sklaven  oder  hörige 
Kolonen,  so  interessieren  uns  besonders  dann  die  zahlreichen 


ad  eorum  statuas  fugiret,  inlesus  habeatiir,  quanto  magis  hi  pertnanere 
debeant  indemnati,  qui  pairocinia  inmortalis  regni  adepH  sunt  celestis  ? 

^)  So  bereits  in  dem  Pactus  pro  tenore  pacis  Childeberts  und 
Clothars  (511—58)  MG.  Capit.  i,  6  c.  15. 

*)  Vgl.  die  in  MG.  Capit.  II.  Index  rerum  unter  fugax,  fugere 
und  fugitivus  zusammengestellten  Belege. 

*)  MG.  FF.  90  nr.  22  (Marculfi!);  140  nr.  9  (Turon.) ;  229  nr.  3 
u.  5  (Sal.  Bignon.);  277  nr.  15  (Sal.  Lindenbrog). 

*)  Vgl.  den  Brief  Hrabans  an  d.  Chorbischof  Reginbald  vom 
J.  842  MG.  Epp.  5,  452  c.  5. 

^)  Vgl.  Caggese,  Classi  e  communi  rurali  S.  129  f.  142.  231  f.,  sowie 
Luzzatto,  i  Servi  nellc  grandi  proprietä  ecclesiastiche  S.  62  f. 


Freiheitsprozesse,  von  welchen  die  Formeln  und  Ur- 
kunden Nachricht  geben.  Schon  seit  Mitte  des  S.Jahr- 
hunderts lassen  sich  konkrete  Belege  dafür  anführen.^)  Sie 
sind  also  so  alt  als  die  sichere  Quellenüberlieferung  dieser 
Art  selbst.  Sie  zeigen  uns,  wie  häufig  im  täglichen  Leben 
der  Fall  eintrat,  daß  eine  Grundherrschaft  einzelne  Personen 
als  Hörige  ansprach  und  zu  Diensten  reklamierte.  Wieder- 
holt wird  da  durch  Gerichtsurteil  festgestellt,  daß  die  Be- 
treffenden Freie  seien  und  ihnen  die  Freiheit  zu  Unrecht  ge- 
nommen wurde.^)  Sie  behaupteten  also  ihre  Freiheit  im  Klage- 
wege, ja  eroberten  sie  mitunter  nach  einer  Zeit  der  Hörigkeit 
wieder  zurück.-^)  Man  sieht,  die  Bestrebungen  der  Grund- 
herrschaften zur  Verknechtung  Freier  stießen  auf  kräftigen 
Widerstand*)  und  derselbe  hatte  oft  und  oft  Erfolg. 

Die  Freien  waren  ihnen  ja  nicht  schutzlos  ausgeliefert, 
noch  bot  ihnen  das  öffentliche  Gericht  Schutz  und  Rück- 
halt. Urteile  über  Eigen,  Freiheit  sowie  die  Rückgabe  von 
Manzipien  sollten  nicht  im  Niedergerichte  des  Zentenars 
oder  Vikars,  sondern  vor  dem  Grafen  oder  den  königlichen 
Missi  nur  erfolgen.^)  Ich  erblicke  in  diesen,  von  den  Wirt- 
schaftshistorikern bis  jetzt  kaum  erwähnten  Bestimmungen 
sehr  bedeutungsvolle  Maßnahmen  sozialpolitischer 
Tendenz.  Diese  Sachen  waren  nun  causae  maiores,  mit 
den  schweren  Kriminalfällen  auf  eine  Linie  gestellt  und 
damit  eine  Ausweitung  der  richterlichen  Kompetenz  der 
königlichen  Beamten  neu  gewonnen.^)  Wie  wirksam  die 
Staatsgewalt  sich  hier  entwickelte,  zeigt  die  früher  be- 
sprochene Häufigkeit  ihrer  Inanspruchnahme. 

In    diesem  Zusammenhang  verdient  auch   das    noch   in 

^)  Vgl.  Hübner,  Gerichtsurk.  d.  fränk.  Zeit  nr.  72.  86.  99.  144.  154. 
155.  162.  171.  206.  215.  219.  220.  234.  251.  254.  255.  300—305.  309.  310. 
323-  371-  396.  409.  419.  Mühlbacher  Reg.^  nr.  291  =  887.  728.  943.  1217. 
1605.     ÜB.  V.  St.  Gallen  2,  64  nr.  446.  447. 

-)  Von  den  oben  n.  i  zit.  Urk.  nr.  72.  144.  171  (teilweise).  206. 
251.  254.  255.  396. 

■•)  Ebenda  254.  255. 

*)  Vgl.  dazu  auch  für  Westfrancien  H.  See,  les  classes  rurales 
et  le  regime  domanial  en  France  S.  74  f. 

°)  MG.  Capit.  r,  153  c.  3  (810),  sowie  176  c.  4  (811  — 13). 

•)  Vgl.  dazu  Brunner  RG.  2,  178. 


—     30     — 

die  Zeit  Karls  des  Großen  (oder  die  ersten  Jahre  seines 
Nachfolgers)  gehörige  Capitulare  Beachtung,  durch  welches 
dem  Vasallen  als  Rechtsgrund  für  das  Verlassen  seines 
Herrn  u.  a.  auch  zuerkannt  wird:  si  senior  enm  iniuste  in 
servitio  redigere  volnerit.^) 

Auch  die  berühmten  coniur  a  tion  es  jener  Zeiten 
dürfen  hier  erwähnt  werden.  Sowenig  deren  eigentliche 
Bedeutung  bis  jetzt  auch  ob  ungenügender  Klarheit  der 
Quellen  einwandfrei  ausgemacht  werden  konnte,  und  so 
verschieden  vielleicht  auch  die  Ziele  derselben  an  ver- 
schiedenen Orten  und  Zeiten  gewesen  sein  mögen  ^),  diese 
freien  Vereinigungen  zur  Selbsthilfe  haben  sicherlich  auch 
eine  Abwehr  wider  den  Druck  seitens  der  Grundherrschaften 
bezweckt.^)  Aus  den  Verboten,  die  von  königlicher  Seite 
in  den  Kapitularien  sich  dawider  finden,  erhellt  doch  min- 
destens so  viel,  daß  sie  unter  den  servi,  bzw.  abhängigen 
Herrschaftsleuten  auch  abgeschlossen  wurden.*)  Erwägen 
wir  ferner,  daß  Nachrichten  über  solche  coniurationes 
gerade  aus  Westfrancien,  Italien^)  und  Sachsen .  vorliegen, 
Gebieten,  wo  bekanntlich  gerade  die  Grundherrschaften  sehr 
ausgebildet  waren  und  die  Nachrichten  von  Verknechtungen 
Freier,  sowie  häufiger  Flucht  der  Servi  eben  besonders 
hervortreten,  so  dürfte  ein  innerer  Zusammenhang  zwischen 
diesen  Tatsachen  wohl  kaum  ganz  abgelehnt  werden  können. 
Das   hat  W.  Sickel    tun   wollen.^)     Aber  alles,   was  wir   zu 

1)  MG.  Capit.  I,  215  c.  8,  Mühlbacher  nr.  637  (617). 

^)  Vgl.  Imbart  de  la  Tour,  Revue  Hist.  63,  36,  sowie  neuestens 
A.  Meister,  Die  Anfänge  des  Gildewesens  in  Festgabe  H.  Grauert 
z.  60.  Geb.  T.  1910,  S.  3off. ,  bes.  38.  Für  Italien;  Solmi,  le  asso- 
ciazioni  in  Italia  avanti  le  origini  del  Commune  (1898)  S.  68ff.  Caggesc 
a.  a.  O.  S.  231  ff. 

*)  So  schon  Leymarie,  histoire  des  paysans  en  P'rance  i,  251 
und  A.  Solmi  a.a.O.  S.  74f. ,  neuerdings  auch  H.See,  les  classes 
rurales  et  le  regime  domanial  cn  France  S.  73  f. 

*)  MG.  Capit.  I,  301  c.  7  (821).  Darauf  verweist  noch  einmal 
Haff,  Zs.  f.  RG.  35,  467. 

»)  MG.  Capit.  2,  156  c.  8. 

^)  Die  Privatherrschaften  im  fränk.  Reiche,  Westd.  Zs.  15,  170: 
„Sie  erstrebten  nicht  einen  Bund  der  Regierten  gegen  die  Regieren- 
den, die  Förderung  der  unteren  Klassen  vor  dem  Gemeinwesen,  im 


_     31     — 

erkennen  vermögen,  spricht  gegen  diese  ohne  jeden  Beleg 
aufgestellte  Behauptung.  Man  beachte  doch,  diese  con- 
iurationes  werden  in  den  Kapitularien  ähnlich  gehalten  wie 
die  conspirationes  ^)  und  diese  in  einer  Umgebung  und 
Zusammenhang  erwähnt,  die  kaum  einen  Zweifel  darüber 
lassen,  daß  auch  direkte  Auflehnung,  Empörung  und  Raub 
dabei  gelegentlich  vorkamen.^) 

Wir  hören  übrigens  nicht  nur  aus  Italien  von  solchen 
Bauernempörungen,  der  Aufstand  der  Stellinga  in  Sachsen 
841  hatte  doch  sicherlich  auch  einen  agrarpolitischen  und 
sozialen  Untergrund.^)  Zudem  kann  ich  noch  auf  eine  Ver- 
schwörung (coniuratio)  des  gemeinen  Volkes  (vulgus  pro- 
miscuum)  hinweisen,  die  zum  Jahre  859  für  die  Gegend 
zwischen  Seine  und  Loire  berichtet  wird.^)  Auch  da  tritt 
der  Gegensatz  zu  den  Herren  und  Großen  (potentiores) 
deutlich  zutage. 

Daher  möchte  ich  auch  nicht  mit  Brunner  behaupten, 
daß  die  fränkische  Zeit  keine  Bauernkriege  gekannt  habe 
und  da  ein  Gegensatz  zu  dem  sozialen  Elend  der  ausgehenden 
Römerzeit  anzunehmen  sei.^) 

Übrigens  darf  gerade  in  diesem  Zusammenhange  auch 
nicht  übersehen  werden,  wie  häufig  Dienstesverweige- 
rungen vorgekommen  sind.  Das  ist  nicht  nur  für  West- 
Staate,  in  der  Grafschaft  oder  in  anderen  Kreisen  zu  vertreten,  auch 
gegen  die  Herrschaften  richteten  sie  sich  nicht"  .  .  . 

^)  MG.  Capit.  I,  77  c.  31  :  De  coniurationihus  et  conspiraiionibus- 
ne  fiant. 

*)  Ebenda  2,  156  c.  8:  Ut  de  rapinis  ac  depraedationibus  et  de 
conspirationibus  atqne  seditionibus  et  de  raptis  feminariim  ....  vgl. 
auch  158,  c.  6  u.  7,  wo  gleichfalls  rapinae  und  depraedationes  sowie 
conspiratio7ies  verboten,  dagegen  aber  Friede  sine  oppres sione 
p  au  per  um  angeordnet  wird;  vgl.  auch  ib.  299  c.  4:  ut  a  rapinis  ac 
depraedationibus  atque  a  cojiivrationibus  et  conspirationibus  et  seditioni- 
bus et  a  raptis  feminarum  se  omnes  caveant. 

^)  Vgl.  V.  Inama  DWG.  i,  266  =  i  ^  370,  sowie  Heck,  Die  Gemein- 
freien der  Karoling.  Volksrechtc  1,336,  Mühlbacher  Reg.^  1084k. 

*)  Ann.  St,  Bertin.  (ed.  SS.  rer.  Germ,  in  us.  scholar.  ed.  Waitz 
1883^  p.  51. 

^)  DRG.  I,  208=1  ^  301.  Vgl.  dagegen  meine  „Grundlagen" 
2,  184  ff. 


—     32     — 

francien  belegt.  Es  handelt  sich  auch  nicht,  wie  v.  Inama 
meinte^),  an  der  zitierten  Stelle  des  Ediktes  von  Pistes  (864) 
um  neu  aufgekommene  Frondienste,  also  eine  Mehrbelastung, 
sondern  deutlich^)  um  eine  Auflehnung  gegen  das  zuletzt 
bereits  Gebräuchliche,  v.  Inama  hat  eben  die  Stelle  ent- 
sprechend seiner  ganzen  Anschauung  von  dem  sozialpoliti- 
schen Weitblick  jener  Tage  meines  Erachtens  kaum  richtig 
aufgefaßt,  da  er  doch  wieder  nur  eine  positive  Prohibitivmaß- 
regel  der  verständigen  Wirtschaftspolititik  Karls  des  Großen 
darin  erblickte. 

Wiederholt  mußte  bereits  in  der  Zeit  Ludwigs  des 
Frommen  durch  Kapitularien  eingeschärft  werden,  daß  die 
Leute  (pagenses)  nicht  die  Spanndienste  für  die  Gesandten 
an  den  Hof  oder  die  Grafen  verweigern  sollen.^) 

Ja,  schon  Karl  der  Große  war  bei  Festsetzung  der  Fron- 
dienste im  Gau  von  Lemans  (800)  von  dem  ausgesprochenen 
Ziele  geleitet :  11t  nee  familia  se  a  praedictis  operibus  sub- 
trahere  posset.^) 

Und  ganz  dasselbe  hat  jüngst  G.  Luzzatto  für  Italien 
im  9.  Jahrhundert  dargetan  ^),  wie  dort  die  abhängigen 
consuetudinarii  (Kolonen)  ^)  sich  ihrer  Dienstverpflichtung  zu 
entziehen  suchten.  Ich  verweise  als  Ergänzung  dazu  noch 
auf  eine  Gerichtsurkunde  für  S.  Maria   in  Organo  (Verona) 


')  DWG.  I,  376  =  i'-,  508. 

^)  MG.  Capit.  2,  323  c.  29 :  Ut  Uli  coloni,  tarn  fiscalcs,  quam  et  ecck- 
siasiici,  qui  sicut  in  polypticis  cotitinetur  et  ipsi  non  denegant, 
carropera  et  manopera  ex  antiqua  con S7ietudine  debent  et  mar- 
gilam  et  alia  quaeque  carricare,  quae  Ulis  non  placent,  remmnt,  quoniam 
adhuc  in  Ulis  antiquis  temporibus  forte  niargila  non  trahcbatiir,  quae 
in  multis  locis  tempore  avi  ac  domni  etpatris  nostri  trahi 
£oepit ,  et  de  manopera  in  scuria  battere  nolunt  et  tarnen  non  denegant, 
quia  manoperam  debent,  quicquid  eis  carricare  praecipitur  de  opera  car- 
roperae ,  quando  illam  facere  debent,  sine  ulla  differentia  carricent;  et 
quidquid  eis  de  opera  tnanoperae,  quando  illafn  facere  debent,  praecipitur, 
similiter  sitie  tilla  differentia  faciant.  Vgl.  über  ähnliche  Vorgänge 
in  der  vorausgehenden  Merowingerzeit  meine  „Grundlagen"  2,  187  f. 

■')  MG.  Capit.  I,  295  c.  4  (820),  315  c  10;  vgl.  ebenda  2S4  c.  16 
11.  305  c.  18. 

*)  Ebenda  1,81  nr.  31. 

')  I  servi  nelle  grande  proprietä  eccl.  S.  133. 

")  Vgl.  über  diese  auch  meine  „Grundlagen"  2,  i88. 


—     33     — 

vom  Jahre  845,  nach  welcher  Unfreie  dort  die  Fronden  ver- 
weigerten^), sowie  die  Klage  des  Volkes  zweier  Orte  des 
Klosters  Nonantola,  das  die  Abstellung  neuer  Auflagen 
durch  die  Grundherrschaft  bei  Kaiser  Ludwig  IL  durchsetzte.  2) 
Wir  sehen  deutlich ,  daß  die  Versuche  zur  Verknechtung 
Freier,  ja  auch  die  bloße  Absicht,  Zins  oder  Frondienst  zu 
steigern,  auf  einen  heftigen  Widerstand  stießen  und  zu 
Klagen  der  Betroffenen  im  öffentlichen  Gerichte  führten. 
Die  Gerichtsurkunden  über  derartige  Prozesse  sind  zahl- 
reicher in  Westfrancien.^)  Allein  auch  in  Deutschland  lassen 
sich  Spuren  für  ähnliche  Vorgänge  nachweisen.  In  den 
St.  Galler  Formeln  findet  sich  u.  a.  eine  Reclamatio  ad 
regem  vel  ad  ducem  wider  Bedrückung,  bzw.  zu  große  Be- 
lastung.*) Man  wendet  sich  um  Abhilfe  an  die  öffentliche 
Gewalt:  qiialiter  nos,  famuli  vestri,  servitium  regis  vel 
dticts,  implcre  possimus. 

Dazu  stelle  ich  noch  einige  Beobachtungen,  die  sich  an 
Traditionsurkunden  desselben  Klosters  machen  lassen.  Im 
Jahre  842  bestimmt  ein  Tradent,  der  sich  das  Traditionsgut 
gegen  Zins  vorbehält,  u.  a.,  daß  die  Manzipien  nicht  3, 
sondern  bloß  2  Tage  fronden  sollen.^)  In  einer  Prestarie 
vom  Jahre  869  aber  wird  vom  Abte  die  Bedingung  auf- 
gestellt, daß  die  verliehenen  Güter  an  das  Kloster  fallen 
sollen,  wenn  die  Prekaristen  den  bedungenen  Zins  herab- 
zusetzen suchten.®) 

Und  damit  sind  wir  denn  auch  schon  zu  jenen  wichtigen 
sozialen  Erscheinungen  hinübergelangt,  welche  das  Gegen- 
stück zu  der  Verknechtung  darstellen.  Wir  bemerken  nämlich 
nicht  nur  eine  kräftige  Abwehrbewegung  wider  grundherr- 
schaftliche Verknechtungstendenzen  auf  gewaltsame  Weise 
durch  Selbsthilfe  (Flucht),  oder  durch  Anrufung  des  öffent- 

')  Muratori  Antiq.  2,  971.  -)  Mühlbacher  ^  nr.  1189. 

^)  Vgl.  außer  den  schon  zit.  Belegen  noch  Guerard,  Polyptyque 
Irminon  2,  344  (828),  sowie  Bouquet,  Recueil  8,  567  (861). 

^)  MG.  FF.  380  n.  I :  cernimus  nos  denique ,  domine,  obpressos 
viidique  tnodo  nimne?n  vel  adtritos  esse. 

*)  Wartmann  ÜB.  2,  5  nr.  385. 

'^)  Ebenda  2,  161:  si  eundefn  ccnsutn  minorare  vel  aliorsum 
verlere  volnerint,  statim  predict(i  res  pleniter  ad  prefatum  mottasterüm 
redeant  m  aevum  possidend^_. 

Dopsch,  Wirtschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.    II.    2.  Aufl.         3 


—     34     —   . 

liehen  Gerichtes,  es  kann  kein  Zweifel  sein,  daß  in  der 
Karolingerzeit  auch  eigenmächtige  Anmaßung  der 
Freiheit  zu  Unrecht  sehr  häufig  statthatte.  In  den 
Formeln  finden  sich  zahlreiche  Stücke,  die  davon  Zeugnis 
geben.  Sie  sind  keineswegs  auf  Westfrancien  beschränkt.^) 
Kolonen  behaupteten  zu  Unrecht,  Freie  zu  sein,  ohne  dies 
beweisen  zu  können,  derart,  daß  sie  schließlich  vor  Gericht 
ihre  Kolonatsverpflichtung  selbst  anerkennen  mußten  (pro 
colono  .  .  .  se  recognovit  vel  recredidit).^)  Auch  die  Ur- 
kunden bieten  Belege  dafür  ^),  besonders  für  Italien.  Wie 
bedeutsam  diese  eigenmächtige  Selbstverbesserung  der  so- 
zialen Lage  gewesen  sein  muß,  bezeugt  meines  Erachtens 
die  Tatsache,  daß  die  Kapitulariengesetzgebung  sich  wieder- 
holt damit  beschäftigte.  Karl  der  Große  hat  bereits  802 
einen  Erlaß  darüber  an  die  Missi  gerichtet.*)  Und  in  den 
folgenden  Jahren  kehren  Verordnungen  über  die  unrecht- 
mäßige Selbstbefreiung  von  Knechten  und  Kolonen  mehr- 
fach wieder.^)  Man  produzierte  falsche  Zeugen,  um  die 
Freiheit  zu  beweisen  ^),  aber  auch  alsbald  falsche  Urkunden. 
Das  deuten  indirekt  schon  die  Kapitularienstellen  an,  welche 
von  dem  Freiheitsbeweis  mittels  einer  carta  ingenuitatis 
handeln.'')  Aber  auch  konkrete  Beispiele  der  Produzierung 
solcher   falscher  Freiheitsurkunden   sind  nachweisbar^),  die 

^)  MG.  FF.  194  nr.  20;  211 — 13  nr.  1—5  (Senon.);  230  nr,  7  (Sal. 
Bignon.);  252  nr.  28;  253  nr.  32  (Sal.  Merk.) ;  282nr.  21  (Lindenbrog.); 
331  nr.  5  (Alsat.) ;  463  nr.  i  u.  2 ;  465  nr.  9  (S.  Emeram.);   467  nr.  24. 

^)  Vgl,  z.  B.  Form.  Senon.  rec.  a.  a.  O.  211  nr.  i;  252  nr.  28  (Sal. 
Merkel.);  331  nr.  5  (Alsat.);  Bitterauf,  Tradit.  Frising.  nr.  553. 

ä)  Mühlbacher  nr.  291  =  887  (Bestät.);  vgl.  St.  Galler  ÜB.  2,  64 
u.  65  (856);  Passau  Mon.  Boica  28,  66. 

■*)  MG.  Capit.  T,  92  c.  4:  ef  ut  nemo  fugitivos  fiscales  suos,  qtti 
se  ininste  et  cum  fr  au  des  liberas  diciint,  celare  neque  abs- 
t  rohere  cum  permrio  vel  alio  ingenio  presti7nat. 

^)  Vgl.  MG.  Capit.  I,  113  c.  5 ;  114  c.  7;  dann  insbesondere  1,  14c 
c.  4  (808) ;  vgl.   143  c.  4. 

")  Ebenda  145  c.  3  (801 — 14?);  vgl.  215  c.  7. 

')  Ebenda  114  c.  7  (803);  215  c.  7:  Si  vero  testes  defuerint,  cum 
dnabus  aliis  cartis ,  quae  encsdem  cancellarii  manu  firmatae  sunt  vel 
subscriptae,  suam  cartam  quae  tertia  est,  veracem  et  legitim arn 
esse  conßrmet ;  293  c.  11  (819). 

*)  Hübner,  Gerichtsurkunden  nr.  209  (815),  sowie  MG.  DCar.  159. 
Dazu  Mühlbacher  Reg.-  nr.  887  [787]. 


—     35     — 

vor  Gericht  als  Spuria  erwiesen  und  schließlich  auch  von 
den  Produzenten  als  solche  einbekannt  wurden. 

Möglich,  daß  schon  in  der  Karolingerzeit  Stadt e  und 
Märkte  auf  die  flüchtigen  Knechte  und  Kolonen  eine 
besondere  Anziehungskraft  ausübten.  Im  Capitularc 
de  Villis  findet  sich  bereits  das  Gebot,  der  iudex  solle  die 
Leute  zu  eifriger  Arbeit  anhalten  und  darauf  sehen,  daß 
sie  nicht  faullenzend  auf  den  Märkten  umherstreunen. ^) 
Schon  Gareis  hat  diese  Stelle  so  aufgefaßt,  daß  es  sich  um 
die  Märkte  der  beginnenden  Städte  handle,  „die  bereits  ihre 
anziehende  Wirkung  auf  die  Landbevölkerung  auszuüben 
anfangen".^)  Vielleicht  gewinnt  in  diesem  Zusammenhang 
nun  auch  die  Beobachtung  prägnante  Bedeutung,  daß  in 
den  Formeln  die  Klageeinbringung  auf  Rückforderung  der 
als  Freie  sich  ausgebenden  Kolonen  mitunter  auch  vor  dem 
Grafengerichte  in  der  Stadt  erfolgt.  Gewiß  wird  diesem 
Umstand  an  sich  kaum  eine  entscheidende  Bedeutung  zu- 
erkannt werden  müssen,  da  es  sich  eben  um  Formeln 
handelt,  die  aus  Städten  Westfranciens  stammen,  hier  Sens. 
Allein  gerade  aus  Sens  sind  mehrere  solche  Formeln  über 
die  Rückforderung  von  Kolonen  erhalten,  fünf,  von  welchen 
drei  keine  solche  Beziehung  auf  die  Stadt  selbst  aufweisen. 
Der  Beklagte  befindet  sich  in  zwei  Fällen  3)  selbst  in  der 
Stadt  und  wird  in  einem  davon  dem  Vogte  des  klägerischen 
Klosters  (veniens  .  .  .  advocatus  .  .  de  monasterio  illo) 
selbst  körperlich  zurückgegeben.*) 

Nur  zu  leicht  mochten  Kolonen  oder  Knechte,  wenn 
sie  nichtstuend  auf  den  Märkten  oder  in  der  Stadt  sich 
herumtrieben^),  dazu  neigen,  ihren  Dienstverpflichtungen 
sich  dauernd  zu  entziehen. 


*)  c.  54:  Ut  unusquisque  itidex  praevideat ,  qtiatenus  famüia  nostra 
ad  eorum  opus  bene  läboret  et  per  mercata  vacando  non  cat. 

*)  Die  Landgüterordnung  K.  Karls  d.  Gr.  S.  53  n. 

')  MG.  FF.  211  nr.  I  (Senon.  rec),  sowie  212  nr.  3. 

*)  Ebenda  nr.  i:  ipsiim  hotninem  per  manibus  pro  colono  ipsius 
advocato  illius  ahbatis  visus  est  reddidisse. 

5)  Vacare  wird  doch  auch  von  Geistlichen  gebraucht,  die  ohne 
Vorwissen  oder  Erlaubnis  ihres  Oberen  auswärts  herumziehen.  MG. 
Capit.  I,  76  c.  27;  vgl.  auch  MG.  FF.  104  nr.  49  (Marculf  II). 

3* 


-     36     - 

Hierher  gehört  auch  eine  Bestimmung  Karls  des  Großen 
aus  dem  Capitulare  missorum  Aquisgranense  primum  von 
809,  daß  die  Märkte  nicht  am  Sonntag,  sondern  an  Tagen 
abgehalten  werden  sollten :  in  quibtis  honiines  ad  opus 
dominoriim  siLonim  debent  operari}') 

Im  ganzen  aber  wird  deutlich,  daß  den  Fällen  von 
widerrechtlicher  Verknechtung  Freier  sicher  ebensoviel, 
ja  viel  mehr  Zeugnisse  ebenso  widerrechtlicher 
Selbstbefreiung  Unfreier  und  Höriger  gegenüber- 
stehen, wodurch  jene  reichlich  kompensiert  erscheinen. 
Schon  Waitz  hat  aus  seiner  tiefen  Kenntnis  des  Quellen- 
materials heraus  im  Hinblick  auf  Unregelmäßigkeiten  bei 
der  Übertragung  von  Unfreien  und  dabei  unterlaufener 
widerrechtlicher  Verknechtung  erklärt,  es  sei  „ebenso  oft 
vorgekommen,  daß  Unfreie  sich  ihren  Herren  entzogen,  durch 
die  Flucht  oder  im  gerichtlichen  Weg  durch  falsche  Zeug- 
nisse".^) 

Nun  aber  müssen  auch  jene  Rechtshandlungen  ein- 
gehend gewürdigt  werden,  die  auf  eine  positive  Besserung 
der  sozialen  Lage  bewußt  abzielten.  Das  sind  die  Frei- 
lassungen. Maurer  und  Landau,  v.  Inama  und  Lamprecht 
haben  sie  sonderbarerweise  gar  nicht  eigentlich  sozial- 
statistisch in  Rechnung  gestellt.  Erst  in  der  2.  Auflage 
seiner  Wirtschaftsgeschichte  hat  v.  Inama  —  wie  es  scheint 
durch  eine  Bemerkung  Bitteraufs  veranlaßt  —  so  nebenhin 
bemerkt,  daß  sich  „die  Zahl  dieser  Klasse  von  halbfreien 
Personen  im  Laufe  der  Karolingerzeit  sehr  bedeutend  ver- 
mehrt hat".^)  „Von  einer  wesentlichen  Verbesserung  ihrer 
Lage  aber  sei,  wenigstens  im  großen  und  ganzen  doch  keine 
Rede."  *)  Auch  Lamprecht  hat,  da  er  die  abhängigen  Be- 
völkerungsklassen betrachtete,  vorwiegend  an  eine  Ver- 
mehrung derselben  durch  „Dedition"  gedacht.^)  Zutreffend 
hat  Bitterauf  bei  Herausgabe  der  Freisinger  Traditionen  die 
Verhältnisse  auf  dieser  geistlichen  Grundherrschaft  ge- 
schildert. Indem  er  betonte,  daß  die  Ergebung  in  den 
Schutz  eines  Herrn  an  und  für  sich  noch  keine  Veränderung 
des  Standesverhältnisses  begründete,  faßt  er  seine  aus  den 

0  MG.  Capit.  I,  150  c.  18.        2)  VG.  4',  355-        ')  DWG.  i  ^  358. 
*)  Ebenda  359.  ^)  DWL.  II  i,  1146. 


—     37     — 

Quellen  gewonnenen  Eindrücke  ganz  allgemein  dahin  zu- 
sammen :  „Mehr  als  durch  Freie  wurde  jedenfalls  die  bischöf- 
liche Klientel  vorerst  noch  durch  Entlassung  von  Unfreien 
und  durch  die  Kinder  aus  Ehen  zwischen  Freien  und  Man- 
zipien  erweitert."^) 

Das  gilt  aber  nicht  etwa  bloß  für  Freising  oder  Bayern, 
sondern  ganz  allgemein.  Für  Flandern  hat  neuestens 
L.  Verriest  ganz  ähnliche  Beobachtungen  gemacht. 2)  Man 
betrachte  nur  den  großen  Formelschatz  der  Karolingerzeit. 
Hier  treten  die  Tageserscheinungen  auch  des  sozialen  Lebens 
uns  in  treuem  Abbilde  entgegen.  Wie  überaus  zahlreich 
sind  da  nicht  die  Freilassungen !  Ich  zähle  nach  der  Aus- 
gabe in  den  Mon.  Germ.  Hist.  nicht  weniger  als  60  Stücke. 
Hält  man  dagegen,  daß  in  eben  dieser  Sammlung  an 
Formeln  für  Verknechtung  im  ganzen  nur  20  Stücke  sich 
finden,  so  kann  man  daraus  schon  einen  beiläufigen  Rück- 
schluß auf  das  Verhältnis  dieser  beiden  sozialen  Vorgänge 
machen. 

Von  Seite  der  Rechtshistoriker  ist  denn  auch  dieser 
Quellenbestand  entsprechender  gewürdigt  worden.  Schon 
P.  Roth  hat  aus  den  Testamenten  der  Merowingerzeit  einige 
sehr  bezeichnende  Belege  dafür  angeführt,  die  von  der 
Sozialhistorie  leider  gar  nicht  beachtet  worden  sind.^)  Man 
höre:  „Desiderius  v.  Auxerre  gab  2000  Sklaven  die  Freiheit; 
Bertram  und  Abbo  führen  die  Zahl  nicht  an,  sie  muß  aber 
bei  jedem  mehrere  Hundert  betragen  haben.  Fälle,  wo 
reiche  Leute,  wie  Bischof  Romulf  von  Rheims,  der  Sohn  des 
Herzogs  Lupus,  fast  alle  ihre  Sklaven  in  Freiheit  setzten, 
waren  gar  nicht  selten."  Roth  zog  zur  Illustration  des  Um- 
fanges  dieser  Freilassungen  aber  außer  den  Testamenten 
auch  bereits  die  Formeln  heran.  In  einer  werden  50  Unfreie*), 
in  einer  andern  der  zehnte  Teil  des  Bestandes  emanzipiert.^) 
Das  Verhältnis  von   S.  Germain   des  Pres,    wo  Anfang  des 


0  Quell,  u.  Erört.  z.  baycr.  u.  deutsch.  Gesch.,  N.  F.  4.  Einl.  LXXX. 

-)  Le  servage  dans  le  comte  de  Hainaut  p.  26fif.  (19 10),  für 
Westfrancien  vgl.  H.See,  Les  classes  rurales  et  le  regime  doma- 
nial  en  France  S.  57 ff. 

^)  Feudalität  u.  Untertanverband  S.  3 12 f. 

*)  MG.  FF.  406  nr.  16  (S.  Gall.).  *)  ib.  171  nr-  8  (Bituric). 


9-  Jahrhunderts  unter  2788  Haushaltungen  nur  120  von 
Sklaven  sich  befinden,  wird  —  meinte  Roth  —  als  das 
durchschnittliche  des  9.  Jahrhunderts  anzusehen  sein.  Für 
Itahen  hatte  seinerzeit  schon  Hegel  die  „immer  häufiger 
werdenden  Freilassungen"  betont.^) 

Auch  die  anderen  Quellen  aber  zeigen  das  gleiche  Bild. 
In  den  Königsurkunden  freilich  findet  sich  bis  zum  Tode 
Karls  des  Großen  nur  eine  einzige  Freilassung.^)  Sie 
werden  häufiger  unter  Ludwig  dem  Frommen  (5)^)  und 
mehren  sich  dann  in  der  Folge  noch  weiter.*)  Allerdings 
geben  uns  die  erhaltenen  Diplome,  glaube  ich,  kein  an- 
nähernd richtiges  Bild  von  den  tatsächlich  erfolgten 
Freilassungen.  Karl  der  Große  hat  sicher  zahlreiche  Unfreie 
freigelassen.  Das  einzige  davon  überlieferte  Stück  ist  zu- 
fällig erhalten,  und  zwar  nur  als  Originalkonzept  in  tiro- 
nischen  Noten  auf  der  Rückseite  eines  Diploms  für  Fulda.  ^) 
Sämtliche  Stücke  aus  der  Zeit  Ludwigs  des  Frommen  sind 
ebenfalls  nicht  als  Diplome,  sondern  nur  durch  die  For- 
mulae  Imperiales  überliefert.  Jene  aus  der  späteren  Zeit 
aber  verdanken  wir  lediglich  dem  Umstände,  daß  die  be- 
treffenden Freigelassenen  augenscheinlich  zu  einer  geistlichen 
Grundherrschaft  in  Beziehung  traten  und  so  aus  deren 
Archiv  die  Urkunde  sich  noch  erhalten  hat.  Sicherlich 
waren  auch  da  einst  viel  mehr  vorhanden,  sie  gingen  aber 
wohl  größtenteils  verloren,  da  die  vom  König  Freigelassenen 
als  Vollfreie  eben  zumeist  nicht  in  solche  Beziehungen  traten 
und  daher  auch  nicht  der  Vorteile  einer  Konservierung  ihrer 
Urkunden  durch  ein  geistHches  Archiv  teilhaftig  wurden. 

Die  Freilassung  wurde  ebenso  wie  die  Tradition  an  die 
Kirche  als  ein  gottgefälliges  Werk  angesehen,  durch  das 
man  sein  Seelenheil  zu  fördern  vermöchte.  Immer  wieder 
wird  dieser  Gedanke  in  den  Arengen  der  Formeln  und  Ur- 


^)  Gesch.  d.  Städteverfassung  von  Italien  i,  432f.  (1847). 
■')  MG.  DCar.  115. 

3)  Mühlbacher  Reg.-  nr.  811.  814.  815.  822.  823. 
*)  Ebenda   1103.  1144.   1351.   1462.   1473.    'S^i.   1752.   1943-   1965. 
1983.  2033. 

5)  Vgl.  Tangl  in  Mitt.  d.  Inst.  21,  344. 


—     39     — 

künden  hervorgehoben.^)  Daher  wird  begreiflich,  daß  sie 
das  tägliche  Leben  selbst  so  zahlreich  aufweist,  wie  die 
Sammlungen  der  Geschäftsformulare  dartun.  Verschiedene 
Anlässe  wurden  benutzt,  solche  Freilassungen  vorzunehmen. 
Schon  zur  Merowingerzeit  wurde  bei  Geburt  eines  königlichen 
Prinzen  vom  König  die  Weisung  gegeben ,  daß  in  jeder 
königlichen  villa  des  ganzen  Reiches  je  3  Dienstleute  beiderlei 
Geschlechtes  freigelassen  würden.^)  Man  bedenke,  wie  viele 
Hunderte  das  auf  einmal  ergeben  mußte! 

Dann  bot  der  Eintritt  in  den  geistlichen  Stand  ebenso 
Hunderten,  ja  Tausenden  die  Gelegenheit,  frei  zu  werden. 
Bekannt  ist  es  ja,  daß  Kaiser  Ludwig  der  Fromme  gleich 
am  Beginne  seiner  Regierung  die  Bestimmung  getroffen  hat, 
es  solle  kein  Bischof  jemandem  die  Weihen  erteilen,  bevor 
er  nicht  von  seinem  Herrn  die  Freiheit  erlangt  habe.^)  Ob 
dies  uns  erhaltene  Capitulare  von  818  eine  neue  Satzung 
war.?  Der  Motivenbericht,  wie  auch  die  Ausführungsbe- 
stimmungen zu  dieser  Verordnung  legen  eher  den  Gedanken 
nahe,  daß  schon  vorher  mindestens  gewohnheitsrechtlich 
ein  solcher  Vorgang  als  der  rechtmäßige  und  normale  be- 
trachtet wurde.  Servi  waren,  so  heißt  es  da,  stellenweise 
(passim)  ohne  Unterschied  (indiscrete)  zu  Klerikern  gemacht 
worden.  Von  jetzt  ab  sollten  sie  erst  freigelassen  werden. 
Wäre  aber  ein  Servus  dazu  gelangt,  der  seinem  Herrn  ent- 
flohen sei,  oder  mit  falschem  Zeugnis  oder  sonst  einem 
Betrug  es  erreicht  habe,  so  solle  er  abgesetzt  werden 
(deponatur). 

Schon  seit  dem  5.  Jahrhunderte  war  durch  die  kaiser- 
liche Gesetzgebung  wiederholt  verboten  worden,  Sklaven  zu 
weihen.  Die  Kirche  hatte  dies  Verbot  immer  wieder  ein- 
geschärft.*) Das  Capitulare  Ludwigs  des  Frommen  nimmt 
direkt  auf  jene  älteren  Bestimmungen  Bezug.    Und  Boretius 


')  Vgl.  MG.  FF.  Arvern.  nr.  3.4;  Marculfi  nr.  32.  33.  34.  39 ;  Senon.  i ; 
Sal.  Merkel,  nr.  13;  Sal.  Lindenbrog.  9.  10.  11 ;  Turon.  12;  Bituric.  8; 
I.audun.  nr.  14  u.  a.  m. 

-)  Ebenda  Form.  Marculfi  I  nr.  39. 

^)  MG.  Capit.  I,  276  c.  6  (818). 

*)  Vgl.  Loening,  Das  Kirchenrecht  im  Reiche  der  Merowinger 
2,  28off. 


—     40     — 

hat  bereits  bei  der  Neuausgabe  desselben  auch  auf  die  Ad- 
monitio  Karls  des  Großen  vom  Jahre  789  verwiesen,  deren 
Tendenz  doch  gleich  gerichtet  ist.  Zahlreich  sind  denn  auch 
die  Quellenbelege ^)  über  Freilassungen  von  Personen,  die 
sich  dem  geistlichen  Stande  widmen  wollen. 

Ferner  aber  wurden  sehr  viele  Unfreie  auch  dadurch 
frei,  daß  Tradenten  von  dem  an  die  Kirche  tradierten  Gute 
einen  Teil  der  Manzipien  mitunter  ausnahmen  und  frei- 
ließen, oder  die  Erlaubnis  dazu  sich  vorbehielten,  oder  sie 
der  Kirche  erteilten.^)  In  dem  Passauer  Material  findet  sich 
ein  Fall,  daß  2  Manzipien  geschenkt  werden  mit  der  Be- 
stimmung, deren  Kinder  sollten  der  Kirche  dienen  et  discant 
littcras.  ^^ 

Nahezu  ganz  unbeachtet  ist  geblieben,  daß  auch  in  den 
Traditionsbüchern  sehr  viele  Belege  für  die  Frei- 
lassung von  Unfreien  vorkommen.  Was  in  den  Formeln 
als  manumissio  ad  ecclesiam  bezeichnet  wird*),  findet  hier 
seine  konkreten  Beispiele.  Man  ließ  Manzipien  frei  mit  der 
Bestimmung,  daß  sie  in  den  Schutz  (mundoburd  oder 
patrocinium)  einer  Kirche  eintreten  und  einen  geringen  Zins 
—  2 — 4  Denare,  auch  in  Wachs  —  entrichten  sollten 
(Wachszinsigkeit). 

In  den  Weißenburger  ^) ,  Lorscher  ^) ,  Fuldaer  ')  und 
Freisinger  ^)  Traditionen  kommen  solche  Fälle  jedenfalls  viel 
häufiger  vor  als  Beispiele  von  Verknechtung. 

Seeliger  hat  eine  analoge  Formel  des  10,  Jahrhunderts 
mißverstanden  und  so  ausgelegt,  als  ob  es  sich  dabei  um 
eine  Übertragung  von  Knechten  gehandelt  habe,  denen  die 


1)  Vgl.  MG.  FF.  215  nr.  9;  534  nr.  2;  Form.  Imp.  nr.  33.  35; 
App.  nr.  2;  Sal.  Merk.  nr.  44;  St.  Gall.  ÜB.  2,  37  (851)  u.  a.  m. 

-)  Tradit.  Frising.  (ed.  Bitterauf)  nr.  38.  59.  240,  400  a.  634. 
Wizzenburg.  (ed.  Zeuß)  nr.  9;  Cod.  Lauresham.  i,  598  nr.  763. 

"")  Mon.  Boica  28,  53  nr.  64.  *)  MG.  FF.  Augiens.  nr.  34. 

^)  Zeuß  a.  a.  O.  nr.  51.  68.  102.  126.  166.  168.  191. 

")  Cod.  Lauresham.  dipl.  2,  1 12  nr.  1 102 ;  220  nr.  1477 ;  248  nr.  1592 ; 
407  nr.  2199;  3,  253  nr.  3731;  269  nr.  3767;  vgl.  auch  2,  46  nr.  936. 

')  Cod.  dipl.  Fuld.  (ed.  Dronke)  nr.  264.  279.  296.  359.  378.  382. 
417.  421.  466.  475.  516,  551. 

*)  Vgl.  neben  den  oben  n,  2  zit.  Stücken  Bitterauf  nr.  858,  sowie 
die  Neuchinger  Dekrete  von  772  MG.  Concil.  2.  i,  c.  8.  9.  10. 


—     41     — 

freie  Wahl  eines  Mundiburdiums  zugestanden  worden  sei.^) 
Schon  Brunner  hat  diesen  Irrtum  richtiggestellt. 2)  Nicht 
selten  wird  bei  der  Verkürzung  der  ÜberHeferung  in  den 
Traditionsbüchern ■'^)das  Formular  der  Freilassungs- 
urkunden weggelassen  und  einfach  von  einer  Tradition 
zu  Zins  in  Geld  oder  Wachs  nur  gesprochen. 

Weiter  aber  lassen  sich  Spuren  dafür  nachweisen,  daß 
mitunter  auch  bei  Traditionen  die  Absicht  mitwirkte,  eine 
Freilassung  herbeizuführen;  d.h.  man  gab  einen  Teil  der 
tradierten  Güter  nur  mit  gewissen  Vorbehalten.  So  behält 
sich  in  einer  St.  Galler  Urkunde  ein  Tradent  ein  gewisses 
Gut  zu  Zins  vor,  und  zwar  auch  für  seinen  Sohn :  si  in- 
genuus  licet  fieri.  Falls  dies  nicht  möglich  sein  sollte,  sollen 
es  die  Töchter  zu  Zins  innehaben.*)  In  einem  anderen  Falle 
erteilt  dasselbe  Kloster  einem  Tradenten  2  Hufen  zu  Benefi- 
zium  auch  für  seine  Frau  und  Tochter:  silibertateni  accipiant^) 

Das  führt  zu  jenen  Fällen,  wo  direkt  durch  die  Hingabe 
von'  Grund  und  Boden  ^)  oder  anderes  Gut  (Geld)  '^)  die 
Freiheit  erworben  wurde.  Die  Halbfreien  (Freigelassenen) 
konnten  sowohl  nach  burgundischem  wie  nach  friesischem 
Recht  {von  ihren  Herren  durch  eigene  Habe  ihre  Freiheit 
erkaufen,  ^j 

Der  Stand  der  Freien  erhielt  aber  auch  noch  dadurch 
Zuwachs,  daß  bei  H  e  i  r  a  t  e  n  f r  e  i  e  r  F  r  a  u  e  n  mit  einem 
servus  dem  aus  dieser  Ehe  zu  erwartenden  Nachwuchs  im 

^)  Die  Soziale  u,  polit.  Bedeutung  der  Grundherrschaft  im  früheren 
INIittelalter  S.  72. 

^)  DRG.  I  ■-,  363  n.  47.        ^)  Vgl.  im   i.  Teil  dieses  Werkes  S.  109. 

*j  Wartmann  Uß.  i  nr.  181. 

•"')  Ebenda  nr.  331.  Hier  haben  wir  also  das  Gegenstück  zu  den 
von  Brunner  DRG.  i  ^  354  allein  angeführten  Fällen  vor  uns,  wo  die 
Möglichkeit  einer  drohenden  Verknechtung  vorgesehen  wird.  Wenn 
dafür  der  Heimfall  des  zu  Prekarie  verliehenen  Gutes  vorbehalten 
wird,  so  ist  dies  wohl  eher  aus  dem  Interesse  der  Grundherrschaft 
wider  Entfremdung  ihres  Gutes  (vgl.  im  i.  Teile  dieses  Buche.s 
S.  212  f.)  denn  jenem  des  Prekaristen  zu  erklären,  wie  Brunner  meint. 
Vgl.  dazu  noch  die  Urk.  v.  J.  863  (ebenda  nr.  494) ;  si  au/em  anollic- 
rint  heredes  mei,  tit  proprietatein  suam  contincri  ncn  possint  .  .  .  hcre- 
ditas  illoriim  vwnasterio  revertaUir. 

«)  Ebenda  nr.  446  u.  645.  657.  ')  Vgl.  MG.  FF.  Senon.  nr.  43. 

^)  Vgl.  meine  ,, Grundlagen"  2,  171. 


—     42     — 

Vertragswege,  durch  eine  Urkunde  des  Herrn  (conculcaturia), 
die  Freiheit  vorbehalten,  bzw.  gesichert  wurde.  Solche  Fälle 
müssen  sehr  häufig  vorgekommen  sein.  Denn  es  handeln 
davon  nicht  nur  viele  Formeln  ohne  Unterschied  der  Her- 
kunft ^),  auch  eine  Instruktion  Karls  des  Großen  an  die  Missi 
setzt  das  mit  Bezugnahme  auf  ein  darüber  erlassenes  Capi- 
tulare  als  einen  offenbar  alltäglich  vorkommenden  Fall 
voraus.^)  v.  Inama  hat  das  nahezu  ganz  übersehen,  da  er 
die  Bedeutung  der  „seit  alters  geübten  Grundsätze,  daß  die 
Ehe  mit  Unfreien  selbst  unfrei  mache  und  daß  die  Kinder 
solcher  gemischter  Ehen  der  ärgeren  Hand  folgen",  bei 
w^eitem  überschätzte.^) 

Zudem  war  es  auch  möglich,  die  Kinder  mit  unfreien 
Frauen  vor  der  Verknechtung  durch  fromme  Zuwendimgen 
(Tradition)  zu  bewahren.*) 

Endlich  gab  es  stellenweise  eine  (römisch  -  rechtliche) 
dreißigjährige  Ersitzungsfrist  der  Freiheit,  d.  h.  der, 
welcher  nachweisen  konnte,  daß  er  durch  dreißig  Jahre  als 
Freier  gelebt  und  keine  Knechtesleistung  verrichtet  habe, 
behauptete  damit  seine  Freiheit  wider  Anfechtung  von  außen. 
In  den  alten  Formeln  von  Angers  findet  sich  bereits  ein  Bei- 
spiel dafür.  ^)  Auch  eine  Urkunde  Ludwigs  des  Frommen 
für  Aniane,  die  von  flüchtigen  Hörigen  handelt,  bezeugt  dies 
wiedei.*')  Aber  auch  in  Deutschland  ist  dies  tatsächlich  vor- 
gekommen. Das  lehrt  die  Urkunde  K.  Konrads  I.  für  Chur 
vom  Jahre  913,  durch  welche  der  König  als  schlechte,  und 
von  jener  der  anderen  Kirchen  abweichende  Gewohnheit 
verbietet,  daß  die  Unfreien  dieses  Bistums  sich  nach  Ablauf 
von  30  Jahren  befreien.') 


^)  Ebenda  Andecav.  nr.  59;  Marculf  II  nr.  29;  Sal.  Bignon.  nr.  11; 
Sal.  Merkel,  nr.  31;  Lindenbrog.  nr.  20;  Alsatic.  nr.  18.  19.  Augien.s. 
nr.  41.  —  Nach  langobardischem  Recht  fiel  diese  Nachkommenschaft 
an  den  Fiskus  (vgl.  Mühlbacher  Reg.-  nr.  592.  1188),  bzw.  an  die 
kirchl.  Grundherrschaft  (ebenda  nr.  597  u.  717). 

-)  MG.  Capit.  I,  145  c.  8  (801—14?).  ')  DWG.  i  ^  329. 

*)  Vgl.  St.  Galler  ÜB.  nr.  447-  ')  MG.  FF.  8  nr.  10  (a.b). 

")  Mühlbacher  Reg.*  nr.  728 :  mancipia  j>er  loca  diversa  fugitiva 
.  .  .  secundum  legem  Rotnanam  tricennio  se  defendere  vohierint. 

■')  MG.  DK.  nr.  11:  nullus  servorum  vel  ancillarutn  ad  eandem 
Cnriensem  aecclesiam  pertinentium  se  per  tricennia  iempora  libe^'are  ddii- 


—    43     — 

Und  das  ist  entgegen  der  herrschenden  Lehre  von  der 
allgemeinen  Verknechtung  der  Freien  am  Ausgang  der 
KaroHngerzeit  meines  Erachtens  überhaupt  als  vorherr- 
schende Tendenz  -der  sozialen  Entwicklung  dieser  Zeit  zu 
erkennen:  die  unfreien  Klassen  streben  mit  Erfolg 
auf  verschiedenen  Wegen  nach  der  Besserung 
ihrer  Stellung,  eine  Aufwärtsbewegung  zur  Frei- 
heit wird  weithin  ersichtlich. 

Wir  besitzen  noch  andere  Zeugnisse  genereller  Bedeu- 
tung dafür.  Das  Ergebnis  der  karolingischen  Entwicklung 
spiegeln  ja  am  besten  die  Quellen  des  lO.  Jahrhunderts  wider. 
Aus  dem  Züricher  Urkundenschatze  hat  sich  eine  Auf- 
zeichnung von  924 — 31  erhalten  über  zahlreiche  Hörige  des 
Chorherrnstiftes  zu  Höngg,  welche  sich  widerrechtlich  aus 
der  Stellung  von  servi  in  die  der  censores  ziehen  wollten.^) 

Im  Jahre  985  läßt  sich  der  Bischof  ^von  Passau  von 
Kaiser  Otto  III.  Immunitätsrechte  für  die  Freien  erteilen,  die 
er  auf  seinen  Gütern  in  der  Ostmark  ansiedeln  wollte,  da 
er   keine   unfreien  Leute   zur  Verfügung   hatte.^) 

Endlich  aber  verdient  besonders  das  von  Otto  III. 
(996 — 1002)  erlassene  Edikt  ^)  über  die  Unfreien,  welche  zu 
Unrecht  sich  die  Freiheit  anmaßen,  in  diesem  Zusammenhange 
unsre  Aufmerksamkeit.  Man  sieht  aus  diesen  Bestimmungen 
—  der  obligatorischen  Entrichtung  eines  Rekognitionszinses 
von  I  Denar  am  i.  Dezember  jeden  Jahres,  sowie  eines 
Memorialzinses  für  die  Söhne  und  Töchter  von  Unfreien  im 
25.  Lebensjahre,  der  Abschaffung  jeder  Verjährung  der  Un- 
freiheit —  wie  allgemein  jene  Bestrebungen,  die  uns  aus 
der  Karolingerzeit  bereits  bezeugt  sind,  jetzt  schon  geworden 
sein  müssen.  Das  Edikt  wird  motiviert  durch  die  ständigen 
Klagen  der  Fürsten  des  Reiches,  geistlich  wie  weltlich,  reich 


ceps  audeat,  sicuti  hactenus  ut  audivimus  mala  coitsuehi- 
dinc  et  dissi7nili  aliarum  aecclesiarum  fecerant,  quin  potius  sicubi 
tales  forte  repperiuntiir,  nostra  regali  auctoritaie  servire  compellantur. 

')  Züricher  ÜB.  i,  80:  isti  voluerunt  se  iniuste  ad  censores  tr altere  . . . 
*)  MG.  DOIII  nr.  21:  quatenus  videlicet  ingenui,  qui  ex  inopia 
s  er  vor  um  in  locis  aecclesiastici  patrimonii  constituerentur  coloni. 
3)  MG.  Constit.  i,  47. 


—     44     — 

und  arm,  groß  und  klein,  daß  sie  von  ihren  Eigenleuten 
den   schuldigen  Zins   und  Dienst   nicht  erlangen  könnten.^) 

Nun  aber  die  Probe  auf  die  Richtigkeit  der  hier  ver- 
tretenen Auffassung! 

Daß  noch  eine  breite  Masse  von  Freien  im  9.  Jahr- 
hundert vorhanden  war,  beweisen  vorerst  die  Capitularien, 
durch  welche  die  Konskription  der  Freien  den  Missi,  bzw. 
Grafen  für  ihren  Gau  aufgetragen  wird^),  sei  es  zum  Zwecke 
des  Aufgebotes,  sei  es  auch  behufs  Leistung  des  Fideli- 
tätseides.^) 

Wir  finden  ferner  konkret  in  den  verschiedenen  Quellen 
des  9.  Jahrhunderts  zahlreiche  Freie  allüberall  als 
Hintersassen  der  Grundherrschaften  bezeugt.  Ich  füge  zu  den 
schon  von  Waitz*)  und  Seeliger  ^)  angeführten  Belegen  noch 
einige  weitere  hinzu :  für  Corvey  ^),  Gandersheim '),  Werden  ^), 
Fulda»),  Murbach  10),  Hornbach^^),  Freising ^2),  Weißen- 
burg i.  E.i^),  Hersfeld  ^*j,  Prüm^^j,  Lorsch  1^),  Salzburg i''), 
St.  Emmeram^^).  St.  Gallen'^),  für  Westfrancien 2")  und 
Italien.  ^1)  Ganz  allgemein  setzt  ein  Capitulare  Ludwigs 
des  Frommen  voraus,  daß  Freie,  die  kein  Eigengut  haben, 
auf  herrschaftlichem    Grunde   ansässig  sind.  '^^)     Schon  die 


^)  A.  a.  O.:  diuhirnis  querimonüs  causentttr,  se  a  serm's  suis  pro- 
priis  viris  debitnm  et  proprium  non  possc  Jiabere  ohsequium. 
-)  MG.  Capit.  2,  7  c.  7  (829);   10  c.  5;  19  c,  7. 
3)  Ebenda  2,  345  c.  6  (873).  *)  VG.  4  -,  335. 

^)  Die  soziale  u.  politische  Bedeutung  der  Grundherrschaft  S.  135  f. 
")  Mühlbacher  Reg.-  nr.  924.  '')  Ebenda  nr.  1550. 

*)  Ebenda  nr.  1554.  ^)  Dronke,  Cod.  dipl.  Fuld.  nr.  374. 

*")  Mühlbacher  Reg.-  nr.  624.  1069.  ")  Ebenda  nr.  1039. 

^^)  Bitterauf  nr.  343.  Vormoor,  Soziale  Gliederung  im  Franken- 
reich S.  80. 

'^)  Zeuß,  Trad.  Wizz.  275  nr.  VI.  >*)  MG.  DCar.  nr.  129. 

'^)  Ebenda  108  (775).  '*)  Cod.  Lauresham.  i  nr.  730  (testes!). 

»')  Salzb.  ÜB.  I,  20.  18)  Mühlbacher  nr.  1404. 

'9)  ÜB.  I,  43  nr.  42. 

^'')  MG.  DCar.  nr.  193.  704;  Mühlbacher  nr.  875,  sowie  Heck 
a.  a.  O.  I,  66.  Vgl.  auch  H.  See,  Les  classes  rurales  et  le  regime 
domanial  en  France  S.  76. 

^1)  Mühlbacher  nr.  1122. 1134.  1204.  1629.  1630. 1631.  1632. 1633. 1668. 
--)  MG.  Capit.  2,  19  c.  6:   de  liberis  hominihis,   qui  proprium  neu 
habent,  sed  in  terra  dominica  resident  .  .  . 


—    45     — 

ältesten  Formeln  für  Immunitätsurkunden  tun  dies  regel- 
mäßig ebenso.^) 

Dazu  stimmen  endlich  auch  die  statistischen  Nachweise, 
die  wir  für  einzelne  geistliche  Grundherrschaften  jener  Zeit 
besitzen.  Guerard  hat  aus  den  großen  Polyptychen  für 
St.  Germain  des  Pres  1430  mansi  ingenuiles,  25  lidiles  und 
191  serviles  herausgerechnet  ^),  für  St.  Remi  479  m.  ingen., 
196  m.  serviles,   123  accolae.^) 

Für  Italien  hat  L.  M.  Hartmann  aus  den  Quellen  für 
Bobbio  etwa  300  Libellarier  (Freie)  und  350  Massarii  (Un- 
freie) ermittelt.*)  Dazu  kommen  aber  noch  die  Arimannen 
(Freie),  und  zwar  mindestens  33^),  so  daß  beide  Gruppen 
etwa  gleichgroß  anzusetzen  wären.  Ähnliches  ist  für  St.  Giulia 
(Brescia)  jüngst  von  G.  Luzzatto  nachgewiesen  worden.") 
Aber  auch  für  Deutschland  bieten  die  Nachrichten  über 
Augsburg  ganz  deutliche  Ziffern :  nimisos  ingenuiles  1006 
(bzw.  mit  dem  absi  1041),  serviles  421  (bzw.  466).")  In 
Lorsch  überwogen  an  einzelnen  Orten  die  mansi  ingenuiles 
ebenso.®)  Gewiß  geben  diese  Zahlen  insofern  kein  ganz  zu- 
treffendes Bild,  als  ja  schon  nachgewiesen  worden  ist,  daß 
auch  mansi  ingenuiles  stellenweise  mit  servi  besetzt  waren.") 
Da  aber  auch  das  Umgekehrte  vorkam,  können  wir  immer- 
hin diese  Zahlen  als  beiläufigen  Ausdruck  der  ursprünglichen 
Verhältnisse  ansehen.^")  Die  Zahl  der  Unfreien  wird  sich 
kaum  gemehrt  haben. 

Denn  nun  gewinnt  auf  Grund  dieser  Nachweise  meines 
Erachtens  auch  eine  statistische  Beobachtung,  die  von  Inama 
gemacht  hat,  ihre  bedeutungsvolle  Erklärung.  Das  ist  die 
geringe  Vermehrung  der  Leibeigenen.  Indem  er 
gegenüber    der    von     der    älteren    Forschung    behaupteten 

')  MG.  FF.  Marculf  I.  3  u.  4.  *)  Polyptyque  d'Irminon  i,  891. 

')  Polyptyque  de  l'abbaye  de  St.  Remi  de  Reims  1853  pref.  XLVI. 

*)  Analekten  z.  Wirtschaftsgesch.  Italiens  S.  57  u.  59. 

•')  Ebenda  S.  60.        «)  A.  a.  O.  S.  7ofT.        ')  MG.  Capit.  i.  252  c.  9. 

*)  Cod.  Lauresham.  3,  218:  ingen.  33^2,  serviles  27. 

")  So  schon  Guerard  Polyptyque  d'Irminon  i,  582  und  See,  Les 
classes  rurales  et  le  regime  domanial  en  France  S.  55,  dann  auch 
Vormoor  a.  a.  O.  S.  65  f. 

1«)  So  auch  Guerard  a.  a.  O.  583  u.  Vormoor  S.  59,  anders  Haff,  ' 
Zs.  f.  RG.  35,  466. 


-     46     -     • 

starken  Zunahme  dieser  Bevölkerungsklassen  aus  den  Quellen 
Belege  für  das  Gegenteil  davon  nachwies  ^),  hat  er  sich  ver- 
geblich bemüht,  diese  auffallende  Tatsache  einigermaßen  zu 
erklären.  Sie  wird  ohne  weiteres  verständlich  durch  den 
Hinweis  auf  die  zahlreichen  Freilassungen.  Allerdings  dürfte 
wohl  auch  der  Umstand  in  Rechnung  zu  stellen  sein,  daß 
manche  Unfreie  in  den  benutzten  Quellen  nicht  ausgewiesen 
sind,  da  sie  in  anderen  Betrieben  (Handwerk,  Handel, 
Transportdienst)  tätig  waren,  über  welche  jene  keine  Nach- 
richt geben. 

Noch  ein  Punkt  bedarf  näherer  Klärung.  Es  erlangten 
ja  nicht  alle  Freigelassenen  sofort  die  volle  Freiheit.  Das 
hat  man  früher  zwar  gelegentlich  angenommen^),  ist  aber 
heute  wohl  schon  zur  Genüge  richtiggestellt  worden.^) 

Sehen  wir  von  jenen  Fällen  ab,  die  nur  eine  bedingte 
Freilassung  gewährten,  post  discessum  des  Freilassers*),  so 
gliedern  sich  die  unbedingten  Freilassungen  (a  die  presente) 
wesentlich  in  zwei  große  Gruppen.  Solche,  die  volle  Frei- 
zügigkeit, und  solche,  die  nur  eine  beschränkte  Freiheit  ge- 
währten. Erstere  machten  zum  civis  Romanus  und  schlössen 
jedes  litimonium ,  bzw.  onus  patronati  ^)  oder  libertinitatis 
aut  patrocinatus  obsequium  aus.  Sie  werden  gelegentlich 
auch  als  melior  libertas  bezeichnet.®) 

Es  muß  aber  betont  werden,  daß  solche  Freilassungen 
auch  in  ecclesia  stattfanden  mit  Berufung  auf  die  Kon- 
stitution Konstantins,  nach  welcher  der  Schutz  über  die 
hier  Freigelassenen  der  Kirche  überwiesen  erscheint.'')    Sic. 

>)  DWG.  I,  239,  dazu  Tabelle  nr.  5  =  i  ^  328 ff. 

*)  So  u.  a.  z.  B.  von  M.  Fournier ,  Essai  sur  les  formes  et  les 
effets  de  raffranchissement  dans  le  droit  gallo-franc.  Bibl.  de  l'Ecole 
des  hautes  etudes  Ser.  IV  Fase.  60  (1885)  p.  133  ff.  Vgl.  auch  J.  Havet 
in  Revue  critique  2,  23  (1875)  =  Oeuvres  2,  4. 

^)  Vgl.  jetzt  besonders  Brunner  RG.  i-,  355ff. ,  wo  auch  die 
übrige  Literatur  zitiert  ist.  Seitdem  noch  Vormoor,  Soziale  Gliede- 
rung im  Frankenreich  (Leipziger  histor.  Abhandl.  6)  1907. 

*)  MG.  FF.  Andecav.  nr.  23 ;  Marculf.  II  nr.  33  =  Augiens.  B.  nr.  19. 

^)  Vgl.  Form.  Arvern.  nr.  3  u.  4. 

*)  Bituric.  nr.  9. 

')  Bitur.  9.  Senon.  app.  nr.  3.  Dazu  auch  Vormoor  S.  24.  Brunner 
I  ^  362. 


—     47     — 

sind  in  den  Formeln  am  meisten  vertreten.^)  Hält  man 
dazu  noch  die  Freilassungen  per  denarium,  die  durch  den 
König  oder  in  seiner  Gegenwart^)  oder  auf  seinen  Befehl 
hin  erfolgten  ^) ,  so  bleiben  von  den  Formeln  nur  relativ- 
wenige  übrig,  in  welchen  bloß  eine  beschränkte  Freiheit 
erteilt  wird. 

Gewöhnlich  wird  der  Freigelassene  da  in  den  Schutz 
eines  Heiligen,  d.  h.  also  einer  geistlichen  Grundherrschaft, 
gestellt.*)  Aber  diese  Erwähnung  des  Schutzes  findet  sich 
auch  in  solchen  Formeln,  die  ausdrücklich  jedes  obsequium 
libertinitatis  oder  litimonium  ausschließen.^)  Es  wird  dort, 
wo  der  Schutz  vorbehalten  bleibt ,  doch  ausdrücklich  er- 
wähnt, es  geschehe  dies :  7i07i  ad  adfligendum,  sed  ad  defen- 
sandum  ^) ;  oder  betont,  daß  dieser  Schutz  der  Kirche  statt- 
habe p7'o  infestatione  malorum  hominum  und  die  dafür  zu 
entrichtende  Wachskerze  gelte:  non  pro  iillo  servicio  requi- 
rendo,  sed  pro  sua  ingemiitate  defensanda  atque  finnanda'^), 
oder  zu  dem  Zwecke :  ita  ut  nemo  eum  ulterius  ad  coactuiii 
serviciimi  repetere  temptet.^)  Ein  Rekognitionszins  also,  der 
zugleich  die  soziale  Qualität  kenntlich  machen  und  sichern 
sollte.  Die  Kirche  nahm  nicht  prinzipiell  den  Schutz  über 
alle  Freigelassenen  überhaupt  für  sich  in  Anspruch,  sondern 
trat  für  die  Wahrung  jenes  Status  ein,  der  den  Unfreien 
bei  der  Freilassung  in  ecclesia  zuteilgeworden  war,  ins- 
besonders  auch  von  selten  weltlicher  Grundherren,  die  nach- 


1)  Vgl.  außer  den  schon  zit.  noch:  Marculf.  II  nr.  32,  34;  Türen, 
nr.  35  ;  Senon.  i ;  Senon.  rec.  nr.  9;  Sal.  Merk.  nr.  13.  43.  44;  Sal.  Linden- 
brog  nr.  10;  Imperial,  nr.  33.  35 ;  Imp.  Addit.  nr.  2;  Argentin.  nr.  i; 
Augiens.  18.  20.  42 ;  St.  Gall.  Mise.  nr.  6 ;  Lindenbrog  9  u.  20 ;  Laudun.  14. 
Extravag.  nr.  16.  17.  18;  Wisigoth.  nr.  2 — 6. 

'^)  Form.  Marculf.  I  nr.  22 ;  Marculfin.  aevi  Karol.  27  =  Senon. 
nr.  12  =  Sal.  Bignon.  nr.  i  =  Sal.  Merk.  nr.  40.     Imperial,  nr.  i.  34. 

^)  Marculf.  I  nr.  39,  II  nr.  52. 

*)  MG.  FF.  Andecav.  nr.  20;  Türen.  36  ;  Bituric.  nr.  8;  Sal.  Bignon. 
nr.  2;  Augiens.  21.  34;  Extravag.  nr.  19. 

^)  Marculf.  II  nr.  32,  vgl.  auch  nr.  34;  Senon.  i ;  Lindenbrog.  nr.  9; 
Augiens.  42;  S.  Emmeram.  II.  9. 

«)  Form.  Sal.  Bignon.  2;  Lindenbrog.  11. 

■')  Form.  Sal.  Merk.  nr.  14. 

*)  Form.  Argentin.  nr.  2. 


-     48     - 

her,  scheint  es,  nicht  selten  eine  Wiederverknechtung  zu 
bewirken  suchten.^) 

Beachtenswert  scheint  mir  insbesondere,  daß  mehrere 
Formeln,  durch  die  eine  Freilassung  zum  civis  Romanus 
ertolgte,  noch  eine  Grußformel  mit  Adresse  überliefern.  Sie 
wendet  sich:  ///.  ///.  liberto  nostro,  hz^.  libertis?) 

Aus  diesem  Quellenbestand  wird  der  Sachverhalt,  meine 
ich,  deutlich.  Zwei  Schichten  sind  in  sozialer  Beziehung  zu 
unterscheiden.  Die  niederen  Freigelassenen  liberti  oder  Uten 
(in  Nordwestdeutschland),  welche  zu  gewissen  Leistungen  an 
die  Grundherrschaft  verpflichtet  erscheinen  —  litimonium, 
libertaticum,  obsequium  libertinitatis  —  und  jene,  die  davon 
ausdrücklich  befreit  und  als  ingenui  bezeichnet  werden.  Ihre 
Freiheit  (ingenuitas)  wird  auch  als  die  bessere  (melior)^),  oder 
volle  (plena,  integra)*)  in  den  Formeln  hingestellt.  Dagegen 
wird  die  Freilassung  mit  Vorbehalt  einer  bestimmten  Schutz- 
herrschaft als  bedingte  (respectabilis)  betrachtet.^) 

In  den  Traditionsbüchern  kommen  naturgemäß  nur 
Beispiele  dieser  letzteren  vor,  da  nur  dann  ein  Anlaß  eintrat, 
sie  hier  zu  überliefern.  Fraglich  könnte  bloß  sein,  ob  auch 
dort,  wo  jedes  obsequium  libertinitatis  ausgeschlossen  und 
nur  das  mundiburdium  vorbehalten  erscheint^),  der  also 
Freigelassene  bloß  die  niedere  Freiheit  erlangte.  Ich  glaube 
ja.  Denn  einmal  erscheint  doch  in  den  Freilassungsformeln 
das  obsequium  patrocinatus  auf  gleicher  Stufe  mit  dem 
litimonium  oder  libertaticum '') ,  ferner  wird  bei  dieser  Ge- 
legenheit einmal  auch  von  einem  onus  patronati  gesprochen^), 
und  endlich  geradezu  die  ingenuitas  sub  patronum  der  ingen. 
latina  als  anderer  Typus  gegenübergestellt.^) 


^)  Vgl.  meine  „Grundlagen"  2,  2 14 ff. 

-)  Form.  Wisigoth.  nr.  2.  5  u.  6.  ^)  MG.  FF.  Bituric.  nr.  9. 

*)  Ebenda  Marculf.  II.  32  et  vitam  semper  bene  et  iniegra  ducas 
i7igeniia  =  Augiens.  nr.  18.  Augiens.  nr.  42  sed  integro  ingenuitate 
vivas.  Form.  Imp.  nr.  55  iustc  et  legaliter  plenam  adsecuti  sunt  liber- 
tatem ,  ib.  zw  plenariam  libertatem  esse  consfituit  (durch  Testament 
lizw.  carta). 

°)  Form.  Lindenbrog.  flr.  11. 

")  Siehe  oben  S.  47  n.  5.  ')  Form.  Bituric.  nr.  9. 

•*)  Form.  Arvern.  3  u.  4.  ")  Vgl.  Form.  Turon.  35  u.  36. 


—     49    — 

Deutlich  illustriert  eine  in  dem  Weißenburger  Traditions- 
buch erhaltene  Freilassungsurkunde  diese  Verhältnisse.  Sie 
handelt  von  Mägden,  die  zur  Wachszinsigkeit  frei  wurden, 
und  bietet  außer  dem  üblichen  Formular  dann  noch  die 
erläuternde  Bestimmung :  et  deinceps  sint  firmiter  ingenue 
permanentes,  sicut  et  alii  tributarii  vel  censarii  seti  epistolai'ii , 
qtii  per  talem  conditionem  sunt  relaxati  ingenui.  ^) 

Auch  eine  in  der  Sammlung  von  Flavigny  erhaltene 
Testamentsformel,  die  unter  anderm  von  Freigelassenen 
handelt  und  den  liberti  Freiheit  von  dem  lidemonium  aus- 
drücklich zusichert,  betont  doch,  daß  sie  keine  Freizügigkeit 
und  keine  Veräußerungsbefugnis  der  ihnen  geschenkten 
Güter  haben  sollen.^) 

Auf  beide  Klassen  wird  die  Bezeichnung  ingenui 
mitunter  angewendet,  beide  können  aber  auch  als 
liberti  bezeichnet  werden.  Auch  die  cives  Romani,  wie 
die  lex  Ribuaria  tit.  6i  beweist.^)  Auch  letztere  sind  noch 
gewissen  erbrechtlichen  Beschränkungen  unterworfen  und 
schon  deshalb  nicht  den  Geburtsfreien  ganz  gleichgestellt. 
Sie  können  aber  durch  denariatio  dazu  gelangen.*)  Diese 
Erhebung  zu  Vollfreien  muß  in  der  Karolingerzeit  sehr 
häufig  vorgekommen  sein,  trotzdem  uns  die  königlichen 
Diplome  darüber  nur  in  spärlicher  Zahl  überliefert  sind. 
Das  lehren ,  wie  wir  sahen ,  doch  die  Formeln  mit  ihrer 
besonderen  Eigenart.-'*) 

Jedenfalls  hat  der  Stand  der  Vollfreien  durch  diese  Frei- 
lassungen, sowie  die  früher  besprochenen  Selbstbefreiungen, 
bzw.  Ersitzung  der  Freiheit  durch  Tricennal -Verjährung  der 
Unfreiheit  sehr  viel  größeren  Zuwachs  erhalten,  als  die 
sicher  vorhandenen  Abgänge  und  Einbußen  durch  Ver- 
knechtung  und  sozialen  Druck  sonst  bedeuteten. 

1)  Zeuß,  Tradit.  Wizz.  nr.  i66  (837). 

*)  MG.  FF.  476  nr.  8 :  super  ipsas  terras  pro  ingenuos  conmanent 
et  aliubi  conmanendi  nullam  habeant  potestatetn,  sei  ad  ipsa  loca  smicta 
debeant  sperare;  vgl.  dazu  auch  Vormoor  a.  a.  O.  S.  25. 

*)  Vgl.  Zeumer ,  Über  die  Beerbung  von  Freigelassenen  durch 
den  Fiskus,  Forsch,  z.  deutsch.  Gesch.  23,  196. 

*)  Vgl.  H.  Brunner,  Die  Freilassung  durch  Schatzwurf,  Histor. 
Aufsätze  für  Waitz  (1886)  S.  57. 

•')  Siehe  oben  S.  47. 
D  op  s  ch  ,  Wirtschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.    II.    2.  Aufl.        4 


—     so    — 

Die  große  Masse  der  allüberall  vorhandenen  Hörigen 
erklärt  sich  nun  ganz  ungezwungen  durch  die  zahllosen 
Freilassungen  niederer  Art.  Nicht  nur  fromme  Zwecke 
wirkten  dazu  mit.  Nicht  nur  die  Kirche  hat  sie  gefördert. 
Wie  bei  der  Tradition  von  Grund  und  Boden,  so  sind  auch 
hier  wirtschaftliche  Motive  sicher  sehr  einflußreich  gewesen. 
Je  mehr  Grund  und  Boden  von  den  Grundherrschaften  auf- 
gesammelt und  vereinigt  wurde,  desto  mehr  Arbeitskräfte 
waren  notwendig,  ihn  zu  erschheßen  und  nutzbar  zu  machen. 
Die  vorhandenen  mochten  dazu  nicht  genügen^),  wie  immer 
man  auch  hospites  und  adventicii,  extranei^),  etwa  hinzuzog 
und  accolae  beschäftigte.^)  Es  gab  aber  ein  Mittel,  die 
vorhandenen  Arbeitskräfte  wirksamer  auszunutzen  und  deren 
Leistungskraft  bedeutsam  zu  steigern.  Wenn  man  den  Un- 
freien freiließ,  ihm  seine  Habe  schenkte,  war  er  durch  das 
Interesse  am  eigenen  Gewinn  zur  Übernahme  weiteren 
Herrschaftslandes  und  dessen  Bebauung  wohl  stets  zu  haben. 
Hier  fanden  die  unfreien  Leiheformen  (Kolonat,  Freistift  u.  a.) 
ihre  breite  Anwendung.  Hier  konnte  man  auch  die  be- 
sonders große  Zahl  der  persönlich  Freien  (cives  Romani  und 
Mundlinge),  die  bloß  zu  Zins  verpflichtet  waren  (Wachs- 
zinsige),  wirtschaftlich  verwerten,  indem  man  ihnen  unbe- 
bautes Land  im  Wege  der  Precaria  (data)  verlieh.  Welch 
gute  Spekulation  auf  künftigen  Profit  mit  dieser  Leihe  „auf 


1)  Vgl.  dazu  auch,  was  M.  Fournier,  Les  affranchissements  du  V 
au  VIII  siecle  (Revue  Hist.  21,  52  1883)  für  Westfrancien  und  G.Luzzatto 
a.a.O.  S.  128 ff.  für  Italien  darüber  bemerkt  haben,  sowie  Brunner 
RG.  I,  208  =  I^  301  ff. 

-)  Vgl.  über  diese  Duvivier,  Revue  d'hist.  et  d'archeol.  i,  74  ff. 
(1859):  Gu^rard  Polyptyque  d'Irminon  i,627ff,;  Garsonnet,  Histoire  des 
locations  perpetuelles  S.  283;  Stutz,  Gesch.  d.  Benefizialwesens  i,  177, 
sowie  H.  See ,  Les  ,,h6tes"  et  les  progres  des  classes  rurales  en 
France  au  moyen  äge,  Nouv.  Revue  Hist.  de  droit  frangais  et  etranger 
22,  ii6ff.  (1898);  H.See,  Les  classes  rurales  et  le  regime  domanial 
en  France  S.  64f.,  sowie"  Vormoor  a.  a.  O.  S.  67f.  71.  —  Unter  hos- 
pites konnte  man  allerdings  auch  jene  Personen  verstehen,  die  sich 
gegen  Tradition  entsprechender  Güter  an  die  domus  hospitum  oder 
peregrinorum  daselbst  eine  ständige  Unterkunft  (Leibzucht)  sicherten. 
Vgl.  ÜB.  V.  St.  Gallen  nr.  572  (873),  s.  auch  nr.  646  (885). 

^)  Siehe  im   i.  Teil  S.  273  f. 


—    51     — 

Besserung"  verbunden  war,  ist  schon  im  i.  Teile  dieses 
Werkes  ausgeführt  worden.^) 

Eine  ungeheuere  Masse  von  verschieden  gestellten  Hinter- 
sassen wiesen  diese  Grundherrschaften  der  Karolingerzeit 
innerhalb  ihrer  „Familia"  ^)  auf.  Von  den  mancipia  intra 
curtem,  auch  mancipia  salica  ^),  den  Hausdienerschaften  und 
landwirtschaftlichen  Arbeitern  auf  Eigenbauland,  zu  den 
mancipia  in  hobis  *),  auch  servi  beneficiales  gelegentlich  im 
Gegensatz  zu  den  propra  genannt  ^) ,  Kolonen ,  Liten  und 
mansuarii^),  weiter  zu  den  censuales  (cerocensuales)  und 
Prekaristen,  den  liberi  oder  ingenui  in  bloß  wirtschaftlicher 
Abhängigkeit  und  Verbindung.  Soziale  Klassen  also  von 
großer  Distanz  untereinander  auf  demselben  Boden  einer 
Grundherrschaft  vereinigt,  die  sicher  durch  die  wirtschaft- 
liche Abhängigkeit  von  jener  ihre  persönliche  Stellung  all- 
mählich z.  T.  auch  verschlechterten. 

Aber  wir  werden  nunmehr  diese  großen  Grundherr- 
schaften und  ganz  besonders  die  kirchlichen  auch  noch  von 
einer  anderen  Seite  her  betrachten  müssen.  Sie  wirkten 
gewiß  als  Empfänger  zahlreicher  Traditionen  an  Grund  und 
Boden  wie  an  Manzipien  zunächst  wirtschaftlich  und  sozial 
aufsaugend.  Allein  mit  dieser  äußeren  Zusammenballung 
im  großen  ging  doch  auch  im  Innern  eine  Lösung  und 
Lockerung  der  Einzelbestandteile  im  kleinen  Hand 
in  Hand.    Das  Eigeninteresse,  die  weiten  Schenkgüter  wirt- 

1)  S.  269  f.  Dazu  auch  die  Urk.  von  870  St.  Gall.  ÜB.  2,  165  nr.  550 : 
Si  autem  ab  ipso  mottasterio  aliquod  territorium  in  causa  beneßtii  acce- 
pero,  tunc  ipse  census  in  gtiatitum  possit  augeaiur. 

*)  Vgl.  dazu  K.  Gareis,  Die  „familia"  des  Capitulare  de  villis 
vom  Jahre  812  in  Festschrift  f.  G.  Cohn  1915  S.  261  if.,  dessen  Über- 
setzung mit  „Gutsangestellten"  freilich  dem  darüber  hinausreichenden 
größeren  sozialen  Inhalt  der  familia  (vgl.  Gareis  selbst  a.  a.  O.  S.265!) 
nicht  entspricht. 

*)  Wartmann  ÜB.  2,  157  (869). 

*)  Vgl.  MG.  FF.  404  nr.  12:  mancipia  intra  curtem  et  in  hobis  120. 
Vgl.  Wartmann  ÜB.  2,  162  u.  164  (870).  Ähnlich  auch  bei  Freising: 
mancipia  infra  domum  Bitterauf  nr.  44  (8  et  Colones  2)  300  (6  et  mansos 
vesiitos  et  betie  ad  servitium  paratos  4). 

*)  Vgl.  den  Brief  Agobards  von  Lyon  (822—29)  in  MG.  Epp.  5,  204.  2. 

«)  Über  diese  Brunner  in  den  Histor.  Aufsätzen  für  Waitz 
(1886)  S.  68  f. 


—     52    — 

schaftlich  zu  erschließen  und  finanziell  nutzbar  zu  machen, 
veranlaßte  ein  System  von  Landleihen,  die  niederen,  bis 
dahin  landarmen  Bevölkerungsklassen  die  Möglichkeit  wirt- 
schaftlicher  Erstarkung   und   sozialen  Aufschwunges   boten. 

Schon  Döberl  hat  bei  der  Betrachtung  der  Grundherr- 
schaft in  Bayern  vom  lo.  bis  13.  Jahrhundert  zutreffend 
hervorgehoben,  daß  viele  der  Tradenten  an  kirchliche  In- 
stitute eben  durch  ihren  Eintritt  in  den  Kreis  freier  Cen- 
sualen  vor  der  Aufsaugung  durch  den  adeligen  Großgrund- 
besitz und  dem  Bauernlegen  bewahrt  wurden,  die  geistliche 
Grundherrschaft  ihnen  somit  eine  Gewähr  für  die  Behauptung 
ihrer  Freiheit  bot.^) 

Zudem  ist  die  hergebrachte  Ansicht,  als  ob  das  tradierte 
Gut  ohne  weiteres  in  die  große  Grundherrschaft  aufgegangen 
sei,  gar  nicht  zutreffend.  Das  beweisen  die  zahlreichen 
Rückkaufs  vorbehalte  in  den  Traditionsurkunden.  Die 
Wirtschaftshistorie  ist  an  ihnen  unter  dem  Banne  der  herr- 
schenden Theorie  blind  vorbeigegangen.  In  dem  gut  über- 
lieferten und  reichen  St.  Galler  Material  ist  der  Rückkauf- 
vorbehalt sehr  häufig.^)  Er  kommt  aber  auch  sonst  nicht 
selten  vor,  z.  B.  in  Weißenburg  und  Freising,  obzwar  die 
entsprechende  Formel  hier  und  in  Lorsch  bei  der  Abschrift 
breviandi  causa  meist  beseitigt  wurde. 

Man  wird  einwenden,  daß  es  sich  dabei  um  eine  formel- 
hafte Phrase  handle,  der  praktisch  keine  Bedeutung  zukam. 
Allein  dem  widerspricht  doch  die  Beobachtung  ganz  in- 
dividueller Behandlung  im  Einzelfalle.  Die  Rückstellung, 
bzw.  der  Rückkauf  wird  gelegentlich  vorbehalten  von  Kinder- 
losen für  den  Fall  der  Geburt  von  Nachkommen  ^),  oder  von 
Kranken  bei  erfolgender  Genesung.*) 

Zugleich  aber  wurden  diese  großen  Grundherrschaften 
nun  assoziativ  überaus  wirksam.  Innerhalb  derselben  fand 
eine  weithin  sich  erstreckende  Sozialisierung  früher 
isolierter,  ja  z.  T.  ganz  unproduktiver  Bevölkerungselemente 
statt.    Alle  zu  ihnen  gehörigen  Hintersassen  erscheinen  nun 

^)  Forschungen  z.  bair.  Gesch.  12,  151. 

2)  Vgl.  Bikel  a.  a.  O.  S.  siff. 

ä)  St.  Galler  ÜB.  nr.  658,  vgl.  auch  659.  660  u.  553. 

*)  Ebenda  nr.  553. 


—     53    — 

zu  dem  einheitlichen  Begriff  der  „Familia"  zusammengefaßt, 
so  verschieden  auch  ihre  persönliche  Rechtsstellung  und  die 
wirtschaftlichen  Beziehungen  zu  jenen  sein  mochten.  Sie 
alle  waren  der  Vorteile  teilhaftig,  welche  die  Zugehörigkeit 
zu  einer  großen  Grundherrschaft  in  sich  schloß.  Vor 
allem  der  Immunität,  aber  auch  der  Markgenossenschaft, 
welche  ja  schon  in  der  spätrömischen  Zeit  eben  auf  den 
großen  Grundherrschaften  vorhanden  war  und  das  Vicinen- 
erbrecht  der  Genossen  ebensowohl  wie  deren  Widerspruchs- 
recht gegen  die  Ansiedelung  von  Ausmärkern  mit  sich 
brachte.^)  Dann  aber  entwickelte  diese  ganze  große,  mannig- 
fach abgestufte  „Familia"  triebkräftige  Keime  zur  Erzeugung 
neuer  sozialer  Formen,  indem  sich  nun  allmählich  die  Per- 
sonen homogenen  wirtschaftlichen  und  sozialen  Interesses 
an  der  Grundherrschaft  und  gegen  sie  zusammenschlössen, 
nach  außen  durch  deren  Immunitätsrechte  geschützt.  Je 
mehr  diese  mächtigen  Grundherren  politisch  an  tatsächlicher 
Macht  im  Staate  gewannen,  desto  mehr  schoben  sie  sich  als 
intermediäre  Gewalten  zwischen  die  alten  Vertreter  der 
öffentlichen  Gewalt  und  die  breiten  Bevölkerungsschichten 
ihrer  Hintersassen  ein.  Mit  der  Entstehung  der  feudalen 
Gewalten  ging  doch  zugleich  auch  eine  Assoziation  der  von 
ihnen  abhängigen  Bevölkerungsklassen  Hand  in  Hand.  Und 
eben  damit  bildeten  sich  im  Rahmen  dieser  großen  Grund- 
herrschaften Verbände  aus,  die  sich  später  z.  T.  verselb- 
ständigten und  zu  freier  sozialer  Entfaltung  loslösten,  wie 
z.B.  die  bäuerlichen  Dorfgemeinden  der  sogenannten  „freien" 
Markgenossenschaften.^) 

Man  hat  die  Bedeutung  der  großen  Grundherrschaften 
als  exklusive  Träger  positiver,  alles  durchsetzender  Or- 
ganisationen in  Wirtschaft  und  Recht  sicherlich  überschätzt. 
Aber  sie  ermöglichten  doch,  wenn  auch  z.  T.  ungewollt, 
durch  die  innere  Aufrollung  ihrer  Einzelglieder  eine  soziale 
Evolution  von  einer  Tragweite,  wie  sie  beim  Andauern 
isolierter  freier  Kleinwirtschaft  nimmermehr  zustande  ge- 
kommen wäre. 


')  Vgl.  meine  ,, Grundlagen"  i,  351  IT. 
^)  Siehe  im  i.  Bande  S.  393. 


—     54    — 

R.  Pöhlmann  hat  aus  einer  tiefen  Einsicht  in  die  wirt- 
schaftHchen  und  sozialen  Verhältnisse  der  Antike  den  Satz 
aufgestellt,  daß  eine  starke  aristokratische  Ungleichheit  der 
Güterverteilung  das  unentbehrliche  Instrument  alles  tech- 
nischen und  geistigen  Fortschrittes  sei.^)  Ich  glaube  aber 
auch  des  wirtschaftlichen  und  sozialen.  Das  lehrt,  meine  ich, 
das  deutsche  Mittelalter  deutlich.  Gerade  die  mit  der  Bil- 
dung großer  Grundherrschaften  gegebenen  aristokratisch- 
individualistischen Tendenzen  mußten  ob  des  Druckes,  den  sie 
erzeugten,  innerhalb  der  dadurch  gebundenen  Bevölkerungs- 
schichten ihrer  Hintersassen  notwendigerweise  eine  soziale 
Gegenwirkung  auslösen.  Oder  mit  anderen  Worten:  der 
grundherrschaftliche  oder  naturalwirtschaftliche  Kapitalismus 
des  Mittelalters  (Gutsherrschaft)  zeitigte  ähnliche  Folgeer- 
scheinungen sozialer  Art  wie  der  Geldkapitalismus  der  Neu- 
zeit.^) Die  wirtschaftlichen  Tendenzen  sind  ähnlich  hier  und 
dort,  ebenso  auch  die  sozialen  Wirkungen,  die  sie  erzeug- 
ten :  Eine  allgemeine  Assoziierung  und  Sozialisierung  der 
von  ihnen  abhängigen  Elemente.  Genossenschaftlicher  Zu- 
sammenschluß auch  nicht  durch  gemeinsame  Abstammung 
verbundener  Personen  aus  gleichem  wirtschaftlichen  und  zu 
gleichem  sozialen  Interesse.  Man  darf  aber,  meine  ich,  da- 
bei nicht  bloß  das  Negative  hervorheben.  Ein  positiver 
Fortschritt  war  darin  doch  zugleich  auch  gelegen.  Neue 
Fermente  der  Klassenbildung  wurden  damit  den  altherge- 
brachten Motiven  (Abstammung  oder  Amt)  triebkräftig  an- 
gereiht ... 

Hält  man  sich  diese  Tatsachen  der  konkreten  sozialen 
Entwicklung  vor  Augen,  dann  wird  vielleicht  auch  eine 
Lösung  des  vielumstrittenen  Ständeproblems  der  Karo- 
lingerzeit möglich  sein.  Heck  ist  ja,  wie  bekannt,  mit  der 
Behauptung  aufgetreten,  daß  die  in  den  karolingischen  Volks- 
rechten erwähnten  nobiles  nicht,  wie  die  Forschung  bis 
dahin   meinte,    ein  Volksadel   gewesen  seien,   sondern    den 


^)  Aus  dem  hellenischen  Mittelalter,  Hist.  Zs.  75,  210. 

-)  Der  dagegen  von  W.  Sombart,  Der  moderne  Kapitahsmus 
I  ^)  54  (^916)  erhobene  Widerspruch  ist  unbegründet,  wie  ich  in  Grün- 
bergs Arch.  f.  d.  Gesch.  d.  Sozialismus  8,  360  f.  (1919)  gezeigt  habe. 


—     55     — 

Stand  der  Gemeinfreien  darstellen.^)  Seine  scharfsinnigen 
und  auf  einem  umfassenden  Quellenmaterial  aufgebauten 
Untersuchungen  haben  überaus  bestechend  gewirkt  und 
daher  auch  mehrfache  Zustimmung  gefunden.^)  Sie  haben 
jedenfalls  das  Verdienst,  daß  der  ganze  Komplex  dieser 
Fragen  erneuter  Diskussion  unterzogen  wurde  und  hervor- 
ragende Rechtshistoriker  wie  H.  Brunner,  R.  Schröder  und 
P.  Vinogradoff  sich  dadurch  veranlaßt  fühlten ,  das  vor- 
handene Quellenmaterial  und  dessen  Auslegung  durch  Heck 
kritisch  zu  überprüfen. 

Sachsen  steht  voran.  Die  viel  zitierten  Schilderungen 
des  sächsischen  Volkes  durch  erzählende  Quellen  des  9.  Jahr- 
hunderts —  Nithard  und  Rudolf  von  Fulda  —  bildeten 
gewissermaßen  die  Grundlage.  Ersterer  berichtet  \'on  einer 
Dreiteilung  des  Volkes  in  die  edhilingi  (nobiles),  frilingi 
(ingenuiles)  und  lazzi  (serviles).  Letzterer  aber  führt,  ähnlich 
wie  Tacitus  das  für  die  Germanen  ganz  allgemein  tat,  doch 
vier  Stände  auch  bei  den  Sachsen  an :  nobiles  et  liberi,  liberti 
atque  servi.  Die  Streitfrage  ist  wesentlich  nun  die,  was 
man  unter  den  Frilingi  dort  zu  verstehen  hat ,  bzw.  mit 
welcher  der  drei  genannten  Klassen  die  Freigelassenen 
(liberti)  zu  identifizieren  sind.  Während  man  sie  früher  zu 
den  Liten  (Lazzen)  stellte  und  unter  den  Frilingi  die  Ge- 
meinfreien verstand,  führt  Heck  aus,  daß  die  frilingi  viel- 
mehr die  Freigelassenen  seien  und  folgert  dann  daraus,  daß 
unter  den  nobiles  die  Gemeinfreien  verstanden  werden 
müßten.  Sicher  hat  Heck  darin  recht,  daß  es  Freigelassene 
gab,  die  als  ingenui  bezeichnet  wurden^)  und  auch  keiner 
solchen  Beschränkung  hinsichtlich   des  Gerichtsstandes  und 


^)  Die  altfriesische  Gerichtsverfassung  (1894),  sowie  dann  be- 
sonders: Beiträge  z.  Gesch.  der  Stände  im  Mittelalter :  I.  Die  Gemein- 
freien  der  karolingischen  "Volksrechte  (1900)  u.  II.  Der  Sachsenspiegel 
und  die  Stände  der  Freien  (1905),  hier  bes.  S.  642—733. 

'^)  So  bei  Wittich,  Die  Grundherrschaft  in  Nordwestdeutschland 
Anh.  S.  116,  sowie  die  Frage  der  Freibauern,  Z.s.  f.  RG.  22;  S.  Rietschel, 
Gott.  Gel.  Anz.  1902  S.  92ff. ;  Rubel,  Die  Franken  S.  46.  264,  69;  Gut- 
mann, Die  soziale  Gliederung  der  Bayern  S.  3ff.  u.  passim;  Jul.Strnadt 
im  Arch.  f.  österr.  Gesch.  99,  696  ff. 

»)  A.  a.  O.  I,  64  ff. 


-     56    - 

der  Rechtsfähigkeit  mehr  unterlagen  etwa  wie  die  Liten.^) 
Allein  ingenuus  bedeutet  nach  wie  vor  auch  den  Vollfreien. 
Heck  hat  ja  selbst  dargelegt  ^),  daß  ingenuus  einen  Doppel- 
sinn habe,  indem  es  sowohl  den  gemeinfreien  Germanen, 
als  auch  Freigelassene  bezeichnet.  Es  ist  aber  nicht  richtig, 
von  einem  älteren  merowingischen  und  einem  jüngeren 
karolingischen  ingenuus  zu  reden,  wie  Heck  will.  Vielmehr 
hat  Brunner  bereits  dargetan,  daß  ein  Wechsel  des  Sprach- 
gebrauches sich  nicht  erweisen  und  das,  was  Heck  dafür 
anführte,  bereits  im  7.  Jahrhunderte  finden  lasse. ^) 

Ganz  ähnlich  bezeichnet  Über  den  Gemeinfreien,  aber 
auch  mitunter  Freigelassene.*)  Das  deckt  sich  vollkommen 
mit  dem  oben  für  ingenuus  bereits  Wahrgenommenen. 

Soweit  ist  Heck  zuzustimmen.  Er  geht  aber  entschieden 
zu  weit,  wenn  er  dann  annimmt,  Über  bezeichne  stellenweise 
nur  den  Minderfreien,  weil  in  einzelnen  Quellen,  die  mit 
nobiles  Gemeinfreie  bezeichneten,  doch  daneben  liberi  noch 
genannt  würden.^)  Denn  er  müßte  vor  allem  erst  beweisen, 
daß  unter  den  nobiles  hier  nur  Gemeinfreie  verstanden 
werden  dürfen.  Tatsächlich  ist  bloß  nachweisbar,  daß  in 
anderen  Quellen  auch  liberi  z.  T.  als  nobiles  bezeichnet  er- 
scheinen. Die  soziale  Gleichung  stimmt  also  hier  nicht. 
Mit  Recht  sind  dieser  Annahme  bereits  H.  Brunner  ^)  und 
P.  Vinogradoff)  bestimmt  entgegengetreten  und  haben  be- 
tont, daß  eine  solche  Verengerung  der  Wortbedeutung  weder 
bei  liber  noch  bei  ingenuus  anzunehmen  sei. 

Ich  glaube,  daß  diese  schwierigen  Probleme  der  karo- 
lingischen Ständeverhältnisse  bei  der  oft  recht  fließenden 
Bedeutung  der  einzelnen,  von  verschiedenartigen  Quellen 
verwendeten  Worte  nicht  im  Wege  mathematischer  Gleich- 
setzungen so  einfach  zu  lösen  sind.  Schon  Vinogradoff  **) 
und  besonders  R.  Schröder^)  haben  als  methodischen  Fehler 

^)  So  auch  Vinogradoff ,  Wergeid  und  Stand,  Zs.  d.  Savigny- 
stiftung  f.  RG.  23,  171.  Anders  Brunner,  Nobiles  und  Gemeinfreie, 
ebenda  19,  89 ff.  -)  A.  a.  O.  i,  63. 

^)  Ständerechtliche  Probleme,  Zs.  f.  RG.  23,  240 ff. 

*)  Heck  1,62.  5)  A.  a.  O.  I,  63.  «)  A.  a.O.  S.  236f.  u.  242. 

')  Ebenda  S.  171.  ')  A.  a.  O.  S.  125  u.  168. 

^)  Der  altsächs.  Volksadel  und  die  grundherrliche  Theorie,  Zs. 
f.  RG.  24,  368. 


—     57    — 

Hecks  zutreffend  hervorgehoben,  daß  er  „ohne  genügende 
Berücksichtigung  der  Verschiedenheiten  von  Zeit  und  Ort 
Neigung  zu  einer  gewissen  Gleichmacherei"  bekunde.  Auch 
mir  scheint,  daß  Hecks  ja  gewiß  scharfsinnige  Quellen- 
interpretation hauptsächhch  unter  der  Vorliebe  für  Gleich- 
setzungen anscheinend  übereinstimmender  Bezeichnungs- 
reihen leide  von  Wörtern,  die,  wie  er  selbst  zugeben  muß, 
doch  eine  verschiedene  Deutung  zulassen.  Denn  sie  ent- 
stammen, was  nicht  übersehen  werden  darf,  aus  Quellen, 
die  sich,  was  die  Präzision  ihrer  juristischen  Terminologie 
anlangt,  eben  von  Haus  aus  gar  nicht  gleichsetzen  lassen. 

So  zum  Beispiel  :  In  den  Formeln  bildet,  wie  Heck 
richtig  erkannt  hat,  ingenuus  und  Über  den  Gegensatz  zu 
servus.^j  Da  handelt  es  sich  eben  um  Freilassungen.  Anders 
in  den  Volksrechten,  wo  für  den  ingenuus  dimissus  be- 
sondere Bezeichnungen  (cartularius,  libertus  u.  a.)  verwendet 
werden.  Den  ingenuus  hier  mit  jenem  der  Formeln  gleich- 
zusetzen, verbietet  eben  der  verschiedene  Charakter  der 
Quellen. 

So  insbesondere  auch  der  Kernpunkt  von  Hecks  ganzen 
Aufstellungen,  die  Gleichsetzung  von  edel  und  gemeinfrei, 
nobiles  und  liberi.  Sie  beruht  auf  der  wesentlich  mathe- 
matischen Grunderwägung ,  daß  von  der  oben  erwähnten 
Dreiteilung  in  Sachsen  für  die  Gemeinfreien  nur  die  nobiles 
als  Äquivalent  übrigbleiben,  wenn  unter  den  nächstfolgenden 
Frilingi  die  Freigelassenen  zu  verstehen  sind.  Das  trifft  aber 
tatsächlich  nicht  zu.  Vielmehr  sind  unter  den  Frilingi  ebenso 
wie  unter  den  ingenui  sonst  Freie  und  Freigelassene  zusammen 
den  servi  gegenübergestellt.  Heck  hat  selbst  an  späterer  Stelle 
angeführt,  daß  „eine  von  den  Frilingen  ständisch  unter- 
schiedene Klasse  der  Libertinen  nicht  bestanden"  habe. 2) 
Die  in  einzelnen  Quellen  genannten  libertini  beweisen  aber 
nicht  die  Verschiedenheit  von  Frilingi  und  Gemeinfreien,  da 
diese  Libertini  —  falls  man  nur  3  Stände  unterscheidet  — 
eben  mit  den  Liten  auf  einer  Stufe  rangieren.  Das  lehren 
ganz  allgemein  die  oben  besprochenen  Freilassungsformeln, 
die   das   Hdimonium   auf  einer   Stufe    mit    dem    obsequium 

')  A.  a.  O.  S.  64.  •-)  A.  a.  O.  1,  330. 


-    58    - 

libertinitatis  setzen;  das  beweist  Rudolf  von  Fulda,  der 
mit  Unterscheidung  von  4  Klassen  doch  neben  den  zwei 
Ständen  von  Vpllfreien  (nobiles  et  liberi)  die  liberti  be- 
sonders stellt  (über  den  servi).  Darauf  deuten  endlich 
auch  einzelne  Belege  aus  den  von  Heck  hier  benutzten 
Quellen.!) 

Ferner  aber  ist  Heck  zwar  zuzugeben,  daß  auch  Gemein- 
freie gelegentlich  in  den  Quellen  als  nobiles  bezeichnet 
werden.^)  Das  hatte  schon  Waitz  dargetan  ^)  und  wird 
niemand  bestreiten  wollen.'^)  Allein  der  grundlegende  Irr- 
tum Hecks  ruht  m.  E.  darin,  daß  er  auch  hier  wieder  nur 
eine  ausschließhche  Geltung  annimmt.  Nobilis  bezeichnet 
nicht  nur  den  Gemein  freien,  es  kann  ebenso  wie 
ingenuus  oder  liber  einen  Doppelsinn  haben,  d.h. 
auch  einen  über  den  Gemein  freien  stehenden 
Adeligen  bezeichnen.  R.  Schröder  hat,  glaube  ich,  sehr 
zutreffend  betont,  daß  nach  den  klaren  Berichten  der  er- 
zählenden Quellen  an  der  Existenz  eines  solchen  Adels  in 
Sachsen,  der  Karl  dem  Großen  politisch  so  sehr  zu  schaffen 
machte,  unmöglich  gezweifelt  werden  könne.  ^)  H.  Brunner  ^) 
und  dann  auch  R.  Schröder '')  wiederum  haben  ferner  darauf 
hingewiesen,  daß  in  den  sächsischen  Kapitularien  und  er- 
zählenden Quellen  nobiles  neben  den  Ingenui  und  Liten 
und  von  diesen  unterschieden  auftreten.  Sind  aber,  so 
können  wir  in  Umkehrung  der  Heckschen  Argumentation 
sagen,  unter  den  ingenui  nicht  nur  Freigelassene  zu  ver- 
stehen, sondern  ebenso  Gemeinfreie,  so  hat  diese  Unter- 
scheidung nur  dann  einen  Sinn,  wenn  es  eben  einen  über 
den  Gemeinfreien  stehenden  Stand  noch  gegeben  hat. 
Brunner  hat  auch  die  treffende  Beobachtung  vorgebracht, 
daß   das   Capitulare  Saxonicum   von   797    für   nobiles    den 

^)  Vgl.  die  von  Heck  übersehenen  Stellen :  Dronke,  Tradit.  et 
antiquitates  Fuld.  104  nr.  37:  Gumpertns  honio  libere  conditionis  trad. 
Sco.  Bon.  allodium  snum  in  Bienbah  ad  debitum  lidonis.  Vgl.  auch 
zu  den  von  Heck  a.  a.  O.  S.330  n.  i  zit.  Stellen  noch  ebenda  96  nr.  16, 
99  nr.  68.    Ferner  auch  Waitz  VG.  3  ',  149  n.  2. 

2)  Vgl.  Heck  a.  a.  O.  i,  77  ff-  ')  VG.  4',  329- 

*)  Vgl.  auch  Brunner  Zs.  f.  RG.  19,  103. 

5)  A.  a.  O.  S.  365.     «)  Zs.  f.  RG.  19,  100. 

^)  A.  a.  O.  S.  361. 


—     59    — 

Ausdruck  nobiliores  gebrauche,  womit  unmöglich  die  große 
Masse  der  Gemeinfreien  des  Sachsenstammes  gemeint  sein 
könne.  ^) 

Mit  Recht  haben  Heck  sowohl  als  Schröder  zur  Deu- 
tung der  ständischen  Termini  in  jener  Dreiteilung  des 
sächsischen  Volkes  auch  die  anschließenden  Nachrichten 
über  den  Steilingaaufstand  (841)  selbst  zu  verwerten  ge- 
sucht. Der  Aufstand,  an  welchem  sich  Frilinge  und  Lazzen 
beteiUgten,  war  gegen  die  domini  gerichtet  ^),  die  jene  aus 
dem  Lande  vertrieben.  Es  handelte  sich  also  um  eine  Em- 
pörung abhängiger  Leute  gegen  ihre  Herren.  Das  nimmt 
auch  Heck  an.  Allein  er  geht  entschieden  zu  weit,  wenn 
er  aus  dieser  einen  Nachricht  einer  erzählenden  Quelle, 
daß  auch  die  Frilingi  an  jenem  Aufstande  beteiligt  waren, 
sofort  einen  ganz  allgemeinen  Schluß  auf  die  juristische 
Qualität  der  Frilinge  überhaupt  zieht;  „die  Frilinge  sind  ganz 
sicher  ein  abhängiger  Stand". ^)  Das  ist  genau  so  falsch, 
als  wenn  man  aus  der  Tatsache,  daß  in  einzelnen  Quellen 
auch  Freigelassene  als  ingenui  bezeichnet  werden,  schließen 
wollte,  alle  ingenui  überhaupt  seien  ein  abhängiger  Stand 
gewesen ! 

Schon  Brunner  hat  gegenüber  Wittich  mit  Recht  betont, 
daß  das  durch  c.  64  der  Lex  Saxonum  bezeugte  Mund- 
verhältnis von  liberi  nicht  in  dem  Sinne  gefaßt  werden  dürfe, 
als  ob  jeder  Freie  sub  tutela  nobilis  war.*) 

Heck  hat  aber  einen  noch  viel  bedenklicheren  Schluß 
gewagt.  Er  behauptet  nämlich  ebenso  allgemein:  „Die  Ab- 
hängigkeit der  Frilinge  beruht  auf  der  Libertinenqualität."^! 
Hier  nimmt  er  bereits  als  erwiesen  an,  daß  alle  Frilinge 
Libertini  waren.  Quod  erat  demonstrandum !  Die  einzige 
Quelle  aber,  aus  der  er  das  Vorkommen  der  Schutzherr- 
schaft belegt,  eben  das  „vielbesprochene"  c.  64  der  Lex 
Saxonum,  spricht  von  einem  Hb  er  homo ,  qui  sub  tutela 
nobilis  cuiuslibet  erat.  Also  von  Freien,  nicht  von  Frei- 
gelassenen, den  Libertini  Hecks. 


^)  A.  a.  O.  19,  100.  '^)  Nithard,  Hist.  IV  c.  2. 

3)  A.  a.  O.  I,  336.  *)  A.  a.  O.  19,  102, 

«)  A.  a.  O.  I,  338- 


—    6o    — 

Auch  ist  die  „Abhängigkeit"  hier  und  dort  doch  nicht 
dieselbe.  Schutzherrschaft  (tutela)  hier  und  Kolonat  dort 
(Frilingi)  gehen  weit  auseinander.^) 

Eine  Reihe  weiterer  Argumentationen  Hecks  sind  an 
sich  zwar  nicht  unrichtig,  aber  nicht  exklusiv  beweiskräftig, 
da  andere  Erklärungsmöglichkeiten  übersehen  wurden.  An 
Nithards  Nachricht  von  der  Beteihgung  der  Frilinge  an- 
knüpfend, sagt  er:  „die  Bezeichnung  wäre  auffallend,  wenn 
der  Kern  des  Volkes,  der  ganze  Stand  der  Gemeinfreien, 
sich  beteiligt  hätte."  ^)  Aber  erstens  sagt  Nithard  nicht, 
daß  „der  ganze  Stand  der  Frilingi  sich  beteiligt  habe,  und 
zweitens  sprechen  die  anderen  Quellen  überhaupt  nur  von 
liberti,  bzw.  servi  ^),  so  daß  die  bei  Nithard  gleichfalls  er- 
wähnten Liten(lazzen)  dadurch  als  der  eigentliche  Kern  der 
Empörung  in  den  Vordergrund  geschoben  werden.*) 

Anderseits  führt  Heck  aus  2):  „Die  Bezeichnungen  tutela 
und  tutor  [Lex  Saxonum  c.  64]  passen  auf  das  Verhältnis 
des  Patrons  zum  Freigelassenen."  Das  ist  richtig.  Aber 
sie  passen  auch  noch  auf  andere  Rechtsverhältnisse  und  be- 
weisen deshalb  für  den  vorliegenden  Fall  nicht  das,  was 
Heck  will.  Nehmen  wir  selbst  als  zutreffend  an,  was  er  im 
Anschlüsse  daran  wider  Schröders  Satrapen-Erklärung  ein- 
wendet: Es  sei  „schwer  abzusehen,  wie  diese  Ausdrücke  auf 
das  Hoheitsrecht  eines  Gaufürsten  angewendet  werden 
konnten".  Ja,  gab  es  denn  in  Sachsen  damals  sonst  keine 
anderen  Mundverhältnisse?  Die  wirtschaftsgeschichtliche 
Untersuchung  schafft  da  Klarheit.  Wir  sahen  früher,  wie 
bei  den  verschiedenen  Grundherrschaften  auch  Gemeinfreie 
(Uberi)  als  Hintersassen  zu  belegen  sind.  Auch  in  Sachsen.^) 
Sie  waren  wirtschaftlich  abhängig  von  dem  Herrn  des 
Grundes,  auf  dem  sie  saßen.  Nun  ist  schon  früher  dieser 
Steilingaaufstand  als  Bauernaufstand  angesehen  worden, 
der  sich  wider  die  Macht  der  Grundherren  richtete  und 
eine  soziale  Bewegung  darstellt.^)  Auch  nach  Heck  lassen 
die  Nachrichten  „keinen  Zweifel  über  den  sozialen  Charakter 


')  Vgl.  oben  S.  36 f.  '^)  A.  a.  O.  i,  339. 

')  Ebenda  i,  336  n.  2  u.  3. 

*)  Vgl.  dazu  auch  Vinogradoff  a.  a.  O.  S.  186. 

')  Oben  S.  44  (Corvey!).  *)  So  Inama  WG-  i,  266  =  i*,  370. 


—    6i     — 

des  Aufstandes". ^)  Es  lösen  sich  demnach  die  Schwierig- 
keiten ganz  ungezwungen,  auch  w^enn  wir  annehmen,  daß 
unter  Frilingi  Gemeinfreie  zu  verstehen  sind.  Heck  hat 
ja  selbst,  freiUch  in  anderem  Zusammenhang,  auf  eine 
sehr  bezeichnende  Urkundenstelle  aus  derselben  Zeit  (844) 
hingewiesen,  die  mit  generalisierendem  Wortlaut  zeigt,  daß 
freie  Hintersassen  auf  Klostergut  dem  Kloster  die  den 
F'reien  eigentümliche  Leistung  darbringen  sollten:  ne  eotum 
ingenuitas  vel  nobißtas  vilescat.^)  Von  diesen  aber  nimmt 
ja  auch  Heck   an,    daß   sie   zu  den  Gemeinfreien  gehörten. 

Daraus  ergibt  sich  nicht  nur,  daß  Gemeinfreie  auch 
Hintersassen  auf  grundherrschaftlichem  Boden  waren  und 
gewisse,  ihre  Standesqualität  bezeichnende.  Leistungen  zu 
entrichten  hatten,  man  sieht  auch,  wie  diese  wirtschaftliche 
Abhängigkeit  die  Gefahr  zeitigte,  daß  ihre  Freiheit  wertlos 
und  hinfällig  werde. 

Wir  werden,  meine  ich,  die  Berichte  der  erzählenden 
Quellen  über  den  Steilingaaufstand  und  die  bei  dieser  Ge- 
legenheit eingestreuten  Nachrichten  über  die  sozialen  Ver- 
hältnisse Sachsens  überhaupt  nicht  so  exklusiv  interpre- 
tieren dürfen.  Sowenig  man  meines  Erachtens  daraus 
schließen  darf,  daß  alle  Frilingi,  der  ganze  Stand  dieser, 
an  diesem  Aufstande  beteiligt  war,  sowenig  möchte 
ich  anderseits  für  sicher  halten,  daß  alle  hier 
genannten  nobiles  auch  wirkliche  Adelige  waren. 
Der  Hauptgegensatz,  um  den  es  sich  an  dieser  Stelle  han- 
delt, ist  doch  wohl :  Grundherr  —  Bauer,  bzw.  Hintersasse. 

Einen  schlagenden  Gegenbeweis  wider  die  Richtigkeit 
der  Argumentationen  Hecks  bieten  die  jüngeren,  nachkaro- 
lingischen  Verhältnisse.  Eine  der  Grundanschauungen  Hecks 
ist  ja  die,  daß  die  alte  tripartitio  in  Sachsen  bis  zum  13.  Jahr- 
hundert fortgedauert  habe.  Nun  hat  schon  Wittich  darauf 
hingewiesen  3),  daß  hier  die  von  Heck  angenommene  Bedeu- 
tung von  Liber  (=  Freigelassener)  nicht  mehr  zutreffe.  Er 
wollte  dies  mit  einem  Wechsel  in  der  Bedeutung  der  Be- 
zeichnung erklären.  Mit  Recht  haben  dann  Kröcher  und 
H.  Brunner  hervorgehoben,  daß  damit  der  ganzen  Umdeu- 

>)  A.  a.  O.  S.  336.  *)  Ebenda  105. 

3)  Die  Grundherrschaft  in  Nordwestdeutschland  Anh.  S.  130. 


—      62       — 

timg  der  liberi  in  Freigelassene  „der  Boden  ausgeschlagen 
werde". ^)  Es  ist  tatsächlich  der  beste  Beweis  dafür,  daß 
diese  grundlegende  Hypothese  Hecks,  auf  der  alle  anderen 
Annahmen  mehr  minder  doch  beruhen,  nicht  zutrifft,  sondern 
auch  für  die  Karolingerzeit  die  Fortdauer  der  merowingischen 
Bedeutung  von  liberi  (=:  Gemeinfreien)  anzunehmen  ist. 
Heck  hat  einen  solchen  Bedeutungswechsel,  wie  ihn  sein 
Anhänger  Wittich  supponieren  mußte,  um  diese  Theorie  zu 
retten,  aber  nicht  angenommen.  Er  will,  da  ihm  offenbar 
bewußt  geworden  ist,  wie  schwer  ein  solches  Zugeständnis 
gegen  die  Richtigkeit  seiner  Hypothese  ins  Gewicht  fallen 
müßte,  sich'  damit  helfen,  daß  er  die  Zahl  der  freien  Hinter- 
sassen sich  dann  verringern  läßt,  „sei  es  durch  Ergebung 
in  den  Latenstand,  oder  durch  Verschmelzung  der  Mund- 
linge  mit  den  Laten".^)  Das  läuft  aber  im  Effekt  doch  auf 
dasselbe  hinaus,  wie  Wittichs  Verschwinden  der  Frei- 
gelassenen. 

Demgegenüber  aber  hat  Brunner  bereits  mit  Recht  die 
Frage  erhoben,  woher  denn  Wittich  wisse,  daß  seit  dem 
lO.  Jahrhundert  die  Freilassungen  selten  waren,  und  daß  sie 
etwa  im  8.  Jahrhundert  minder  selten  waren.  ^)  Ganz  das- 
selbe gilt  auch  von  der  Verringerung  durch  Ergebung  in  den 
Latenstand,  oder  durch  Verschmelzung  der  Mundlinge  mit 
den  Laten,  wie  Heck  will.  Nach  allgemeiner  Anschauung 
entspräche  dies  vielmehr  der  wirtschaftUch- sozialen  Ent- 
wicklung eben  der  Karolingerzeit  in  ganz  außerordent- 
lichem Maße.  Und  es  entbehrt  vielleicht  nicht  ganz  der 
Pikanterie,  daß  Heck  selbst  doch  als  Hauptzeugnis  für  das 
Vorkommen  der  libertini  eben  eine  Quelle  angeführt  hat, 
die,  wie  wir  jetzt  wissen,  frühestens  dem  lo.  Jahrhundert 
zuzurechnen  ist,  ein  Fuldaer  Urbar.*)  Daß  ferner  auch  die 
Urkunde,  aus  der  er  das  Vorhandensein  eines  besonderen 
Standes  der  liberti  auf  sächsischem  Boden  erschließen  will, 
eben  erst  dem   lo.  Jahrhunderte  angehört  (937).^)  Wie  kann 

1)  Zs.  d.  bist.  Verf.  f.  Niedersachsen  1897  S.  7.  Brunner,  Zs.  f. 
RG.  19,  102. 

*)  A.  a.  O.  I,  343.  ')  Zs.  f.  RG.  19,  102 f. 

*)  Siehe  oben  S.  58  und  dazu  die  Ausführungen  Edw.  Schröders 
in  den  Mitt.  d.  Instit.  (1912)  33,  120 ff.  **)  Heck' a.a.O.  1,329^- 


—    63     - 

er  also  einen  Wandel  in  den  sozialen  Verhältnissen  gegen- 
über dem  9.  Jahrhundert  da  annehmen,  wenn  seine  Belege 
überhaupt  erst  dieser  jüngeren  Zeit  entstammen?  Heck 
gerät  hier  tatsächlich  in  unlösbare  Schwierigkeiten. 
Er  glaubt  ihnen  aber  damit  entkommen  zu  können,  daß  er 
sie  nur  unter  zwei,  wie  er  meint,  unübersteiglichen  Vor- 
aussetzungen gelten  lassen  will.^)  „Wenn  das  Verschwinden 
der  freien  Hintersassen,  insbesondere  die  Ergebung  in  die 
Hörigkeit,  bei  Annahme  der  Gemeinfreiheit  sich  leichter 
erklären  ließe,  als  bei  Annahme  der  Minderfreiheit."  Ja, 
hat  nicht  bei  Auslegung  der  oben  zitierten  Urkunde  von 
937  doch  Heck  selbst  ausdrücklich  erklärt^),  daß  bei  den 
Liberti,  d.  h.  nach  Heck  den  Minderfreien,  „und  nicht  bei 
den  Gemeinfreien  ein  besonderes  Hindernis  für  die  Er- 
gebung an  die  Kirche  bestand",  nämlich  in  der  Mundgewalt 
des  dominus.?  Und  die  zweite  Voraussetzung:  „Wenn 
Wittich  behauptet  hätte,  daß  die  freien  Hintersassen  zwar 
vorhanden,  aber  nun  nicht  mehr  Libertinen,  sondern  „ge- 
meinfrei" sind.  Ich  will  diese  Behauptung  meinerseits  auf- 
nehmen, indem  ich  auf  eine  Urkunde  K.  Heinrichs  II.  für 
Minden  vom  Jahre  1009  hinweise,  in  der  die  kirchlichen 
Hintersassen  (homines  ipsius  ecclesie)  also  spezifiziert  werden : 
Franc  OS  liberos  et  aecclesiasticos  litones  maahnan  velservos 
cniuslibet  conditionis  seu  colonos.^)  Will  Heck  vielleicht 
diese  Franci  auch  als  libertini  ansehen  und  deren  Gemein- 
freiheit leugnen.? 

Beide  Voraussetzungen,  unter  welchen  Heck  selbst  die 
von  Kröcher  und  Brunner  vorgebfachten  Gegenargumente 
als  zwingend  anerkannt  hatte,  treffen  also  tatsächlich  zu  .  .  . 
Der  Hebel,  den  sie  in  Bewegung  gesetzt  haben,  „greift  also 
wirklich  ein"  *):  diese  Annahmen  Hecks  sind  unhaltbar. 


')  A.  a.  O.  S.  342,  '-)  Ebenda  S.  330. 

ä)  MG.  DH.  II  189  (1009),  vgl.  dazu  auch  Seeliger,  Die  soziale 
und  polit.  Bedeutung  d.  Grundherrschaft  im  früheren  Mittelalter, 
S.  140  f.,  der  ausführt,  daß  bei  Erneuerung  älterer  Privilegien  vom 
Wortlaut  der  Urkunde  abgesehen  und  statt  des  (älteren)  farbloseren 
coloni  jetzt  auf  das  freie  Element  in  den  Immunitäten  ausdrücklich 
hingewiesen  wird. 

♦)  Heck  a.  a.  O.  S.  342. 


-     64     - 

Und  nun  wenden  wir  uns  von  diesen  Beobachtungen 
aus  nach  der  anderen  Seite  hin  zu  den  Nobiles.  Was  ver- 
steht man  darunter  in  der  Karolingerzeit?  Begriff  und  Wesen 
des  Adels  von  damals  stehen  zur  Erörterung.  Waitz  hat 
die  Meinung  ausgesprochen,  daß  nobiles  häufig  u.  a.  auch 
denjenigen  bezeichne,  welcher  persönliche  Freiheit  mit  freiem 
Grundbesitz  verband.^)  In  dieser  vorsichtigen  Fassung  wird 
sich  gegen  die  Annahme  von  Waitz  kaum  etwas  einwenden 
lassen.  Allerdings  hat  er  dann  sofort  in  der  Anmerkung 
hiezu  behauptet,  „daß  nobilis  in  den  Urkunden  dieser  Zeit 
regelmäßig  nur  den  freien  Grundbesitzer  bedeute".^)  Und 
dagegen  ist  Heck  mit  Recht  aufgetreten.^)  Ich  pflichte 
seinen  Darlegungen  soweit  bei,  daß  für  den  Rechtsbegrift" 
des  nobilis  der  Grundbesitz  nicht  notwendiges  Erfordernis 
ist.*)  Allein  in  vielen  Quellen,  vor  allem  den  erzählenden 
(Geschichtsschreibern) ,  dann  auch  den  praktischen  Ver- 
waltungszwecken dienenden  (Traditions-  und  Urbarbüchern), 
ja  vielleicht  auch  in  manchen  Urkunden,  besonders  privater 
Personen,  wird  es  sich  kaum  immer  um  die  strenge  Wort- 
bedeutung im  Rechtssinne  gehandelt  haben,  ebensowenig 
wie  das  tägliche  Leben  von  heute  in  der  Anwendung  von 
sozialen  Bezeichnungsformen  streng  juristisch  sich  bindet. 
Nobilis,  das  muß  doch  auch  im  Auge  behalten  werden, 
mag  mitunter  nichts  anderes  bedeuten  als  vornehm  oder 
hervorragend.^)  Und  es  lag  eben  damals  eine  besondere 
Veranlassung  vor,  gerade  diese  Bezeichnung  mehr  fließend 
zu  verwenden.  Wir  sahen,  daß  allüberall  auf  grundherrschaft- 
lichem Boden  auch  Freie  saßen.  Aber  wir  konnten  auch 
wahrnehmen ,  wie  eben  dieser  Umstand  nur  zu  leicht  ge- 
eignet war,  ihr  soziales  Ansehen  herabzudrücken.  Gewiß 
können  auch  klösterliche  Hintersassen  nobiles  sein.^)  Be- 
sonders wenn  man  die  zahlreichen  Prekaristen  hinzunimmt.") 
Aber  um  so  mehr  mußte  bei  solcher  Entwicklung  das  soziale 
Ansehen  der  Freien  steigen,  die  eigenen  Grund  und  Boden 

*)  VG.  4-,  329.  -)  Ebenda  n.  3. 

=>)  A.  a.  O.  I,  115  ff.  *)  Ebenda  S.  118. 

*)  Vgl.  dazu  auch  Vinogradofif  a.  a.  O.  S.  168. 
*)  Heck  a.  a.  O.  i,  105. 
')  Vgl.  im  I.  Teil  dieses  Werkes  S.  228. 


-    65     - 

selbständig  bewirtschafteten  und  wohl  gar  auch  noch  Hinter- 
sassen, wirtschafthch  abhängige  Leute,  hatten.  Solche  Freie 
mochte  man  leicht  wegen  ihres  auf  dem  Reichtum,  ihrer 
grundherrlichen  Gewalt  beruhenden  größeren  Ansehens  wohl 
auch  als  nobiles  bezeichnen,  selbst  wenn  sie  es  im  Rechts- 
sinne von  bisher  nicht  waren. 

Aber  nicht  so  sehr  die  Verarmung  von  Freien,  oder 
deren  Ergebung  in  den  Schutz  und  die  Abhängigkeit  von 
reichen  Grundherren  möchte  ich,  wie  dies  bisher  von  den 
Anhängern  der  grundherrlichen  Theorie  und  anderen  For- 
schern zumeist  angenommen  worden  ist^),  als  das  wirk- 
same Moment  sozialer  Differenzierung  dabei  ansehen,  sondern 
eher  umgekehrt  glauben,  daß  gerade  die  Häufigkeit  der 
Freilassung,  welche  wir  früher  beobachten  konnten,  dazu 
mitgewirkt  hat.  Dadurch  wurde  ein  großer  Kreis  von 
persönlich  freien  und  halbfreien  Leuten  geschaffen,  die  arm 
waren,  keinen  oder  nur  geringen  Grundbesitz  hatten  und 
schon  deshalb  darauf  angewiesen  erschienen,  sich  zu  wirt- 
schaftlicher Abhängigkeit  zu  verstehen.  Sehr  häufig  wurde 
ja  bei  diesen  Freilassungen  direkt  die  Unterstellung  der  Frei- 
gewordenen unter  die  Munt  der  kirchlichen  Grundherrschaft 
ausdrücklich  mit  beurkundet  ^)  und  war  wohl  auch  mit 
Zweck  der  Freilassung  selbst.^) 

Immer  mehr  wuchs  mit  der  Ausbildung  der  Grund- 
herrschaften durch  solche,  auch  aus  wirtschaftlichen  Gründen 
geförderte  soziale  Besserungen  die  Masse  der  Freien  und 
besonders  Halbfreien  an.  Mußten  da  aber  nicht  unter  dem 
Einflüsse  dieser  großen  wirtschaftlichen  und  sozialen  Wand- 
lungen die  alten  Begriffe  von  edel  und  unedel  sich  ver- 
schieben? Diesen  Neufreien  gegenüber  die  Gruppe  der 
Altfreien  edler  erscheinen,  da  sie  schon  von  Geburt  und 
Abstammung  her  diese  Freiheit  besaßen?     Wie  die  Glosse 

')  So  z.  B.  V.  Inama  WG.  i,  258  =  i  ^  349  ff. :  „Um  so  mehr  ragt 
diese  neue  Aristokratie  über  die  Masse  des  Volkes  empor ,  als  sie 
eben  wesentlich  auf  Kosten  des  freien  Standes  sich  erhob ,  dessen 
Verfall  der  sozialen  Entwicklung  dieser  Periode  ganz  vornehmlich 
ihr  Gepräge  verleiht".  So  auch  Luschin,  Österr.  Reichsgesch.  S.  79; 
Vinogradoff  in  Zs.  f.  RG.  23,  179 f.  und  Brunner  RG.  i  ^,  299f.  353 f. 

^)  Siehe  oben  S.  40.  *)  Siehe  oben  S.  47. 

D  0  p  s  c  h  ,  Wirtschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.   11.    2.  Aufl.         "i 


—    66    — 

zum  über  Papiensis,  auf  die  Sohm  hingewiesen  hat  ^),  sagt : 
nobiles  sunt,  quormn  maiorum  parentiim  suorum  nemo  servi- 
tuti  subiectus  sit.  Die  Abstammung  konnte  auf  diese  Weise 
zum  sozial  differenzierenden  Motiv  werden.  Heck  hat  gegen 
Waitz'  und  Inama-Sterneggs  Annahmen  von  der  Differen- 
zierung der  Gemeinfreien  nach  dem  Grundeigentum  ein- 
gewendet, „es  wäre  doch  sehr  unwahrscheinlich,  daß  die  obere 
Klasse  nach  dem  einzigen  Merkmale  bezeichnet  wurde,  das 
ihr  mit  der  unteren  gerade  gemeinsam  war,  nämlich  nach 
der  Qualität  der  Geburt,  statt  nach  dem  unterscheidenden 
Merkmale,  dem  Grundbesitz".^) 

Aber  dieser  scheinbar  bestechende  Einwand  ist  nichts 
anderes  als  eine  petitio  principii.  Er  setzt  nämlich  bereits 
als  erwiesen  voraus,  was  hier  eben  in  Frage  steht,  daß 
nobilis  nur  die  QuaUtät  der  Geburt  ausdrücke.  Das  ist 
aber  sicher  unrichtig.  Die  Geschichte  aller  Zeiten  und 
Völker  lehrt  ja  doch  deutUch,  daß  es  stets  auch  andere 
Motive  sozialer  Differenzierung  gegeben  hat.  Und  nun  gar 
erst  die  Karolingerzeit,  die  Periode  fränkischer  Entwicklung, 
da  nach  jahrhundertelangem  Bestände  des  Königtums  und 
monarchischer  Institutionen  gerade  das  jugendkräftige  Ge- 
.schlecht  der  Arnulfinger  die  königlichen  Herrschaftsrechte 
neu  belebte  und  durchgreifend  ausbaute.-'')  Mußte  nicht  in 
diesem  Staate,  den  eine  starke  Königsgewalt  nun  machtvoll 
durchdrang,  das  Amt  und  die  damit  gegebene  öffentliche 
Gewalt  sich  auch  sozial  erhöhte  Geltung  verschaffen.?  Be- 
sonders dann ,  wenn  mit  den  praktisch  einflußreichsten 
Ämtern  vornehmlich  Personen  betraut  wurden,  die  bereits 
über  eine  gute  wirtschaftliche  Position  verfügten,  mit  Grund 
und  Boden  im  Gaue  ansässig  waren  (Grafen).  Es  ist  ja 
längst  bereits  von  verschiedenen  Forschern  und  auch  von 
Inama  wieder  ausgeführt  worden,  daß  eben  diese  die  Zeit 
ausgebildeter  Amtsaristokratie  gewesen  *),  die  Entwicklung 
eines  Amts-  und  Dienstadels  an  Stelle  des  alten  Geburts- 
adels   sich  vollzogen  habe,    der  immer  mehr  verschwunden 


*)  Frank.  Reichs-  u.  Gerichtsverfassung  S.  376  n.  16. 

-)  A.a.O.  I,  116. 

^)  Siehe  unten  §  14  über  die  Regalien. 

*)  WG.  1,231  =   I^3I4. 


-^     67     - 

und  zurückgetreten  sei.'^)  Schon  Inama  hatte  dargelegt, 
wie  neben  dem  sozialen  Ansehen  die  Bekleidung  des  Amtes 
auch  mannigfache  wirtschaftliche  Vorteile  bot,  die  eine  Ver- 
stärkung der  materiellen  Position  zugleich  her  auf  führten,  ^j 
Aber  nicht  das  Amt  als  solches  ist,  wie  ich  betonen  möchte, 
das  Entscheidende  gewesen.  Die  damit  gegebene  öffentHche 
Gewalt  und  deren  praktische  Übung  wird  überall  sozial 
fühlbar:  Im  Gericht,  im  Kriegsdienst  und  in  der  Wirtschaft 
auch.  Liest  man  die  Quellen  der  Karolingerzeit  aufmerksam 
durch,  so  kann  bei  jenen,  wo  die  tatsächliche  historische 
Entwicklung  selbst  geschildert  und  wiedergegeben  wird, 
auffallen,  wie  sehr  immer  wieder  und  allerorten  der  Begriff 
der  Herrschaftsgewalt  (potentia,  dominatio)  hervorgekehrt 
erscheint.^)  Der  Unterschied  zwischen  potentiores  und 
mediocres  tritt  neben  jenem  von  nobiles  undinnobiles  stärker 
hervor.*) 

Auch  der  Kriegsdienst  und  besonders  dör  Reiter- 
dienst mußte  jetzt  bereits  ein  größeres  Ansehen  in  sozialer 
Beziehung  verleihen.  Waren,  wie  früher  ausgeführt  wurde  ^), 
die  Vermögenslosen  davon  ganz  befreit  und  auch  die  Leute 
geringerer  Habe  bloß  zu  einem  adjutorium  verpflichtet,  so 
verband  sich  mit  dem  Begriffe  milites  —  der  Ausdruck 
kommt  im  Sinne  von  ausrückenden  Kriegsleuten  doch  schon 
vor  ®)  —  die  konkrete  Vorstellung  von  wohlhabenden  Leuten. 
So  wird  schon  in  einer  Urkunde  Ludwigs  des  Frommen 
für  Kempten  vom  Jahre  834,  die  den  Abt  und  dessen 
abhängige  Hintersassen  vom  Kriegsdienst  befreit,  ihnen 
gegenüber  die  Bezeichnung  nobiliores  personae  für  jene  Heer- 


^)  Inama  i  -,  314  ist  geradezu  geneigt  anzunehmen ,  daß  die 
Aristokratie  der  Karolingerzeit  „nur  zum  kleinen  Teile  noch  Geburts- 
adel" gewesen  sei. 

-)  WG.  I,  275  f. 

')  Vgl.  CaJ>it.  deVillis  c.  60,  dazu  im  i.  Teil  S.  39;  ferner  oben 
die  über  die  coniurationes  gebrachten  Zitate  S.  30  f.  (f.  Westfrankreich 
wie  für  Sachsen);  vgl.  auch  die  ConciUen  MG.  2,  282  c.  45  (813); 
Poetae  Latini  2,  29  v.  181  f. ;  Capit.  i,  263.  26  u.  a.  m. 

*)  Vgl.  die  von  Waitz  VG.  4^,  331  n.  i  zit.  Stellen. 

'")  Siehe  oben  S.  19  ff. 

*)  Mühlbacher  ^  nr.  1932.  Siehe  auch  das  am  Schlüsse  dieses 
Paragraphen  S.  93f.  über  die  Milites  Gesagte. 


—     68     — 

dienstpflichtigen  gebraucht,  die  Lehen  vom  Kloster  haben 
und  zugleich  als  liberi  charakterisiert  erscheinen.^)  Ein 
noch  größerer  Besitz  (12  Hufen)  aber  war  die  Voraussetzung 
für  den  Dienst  mit  schwerer  Reiterrüstung.  Wie  noch  am 
Anfang  des  20.  Jahrhunderts  der  Dienst  bei  der  Kavallerie 
als  vornehmer  galt,  schon  deshalb,  weil  nur  reiche  Leute 
wirtschaftlich  dazu  befähigt  erschienen,  so  mußte  auch  da- 
mals der  Reiterdienst,  weil  gleichbedeutend  mit  persönlichem 
Reichtum,  den  Stand  als  solchen  sozial  heben. 

Durch  alle  diese  Umstände  wurden  jedenfalls  die  alten 
Anschauungen  von  edel  und  unedel  stark  beeinflußt.  Man 
darf  m.  E.  nicht  die  sozialen  Termini  der  Karolingerzeit  an 
Quellen  abmessen  wollen,  die  noch  einer  anderen  Ver- 
fassungsentwicklung entsprossen  sind,  die  vielleicht  auch 
bei  der  Weiterüberlieferung  in  jüngere  Zeit  diesem  Wandel 
nicht  immer  genau  angepaßt  wurden  und  dem  tatsächlichen 
Zustand   der   letztern    nicht  vollkommen  mehr  entsprachen. 

Das  hat  Heck  viel  zu  wenig  beachtet.  Es  handelt  sich 
doch  nicht  allein  um  eine  Gleichsetzung  bestimmter  Be- 
zeichnungen verschiedener  sozialer  Entwicklungen  älterer 
und  jüngerer  Zeit  mit  Hilfe  der  von  Heck  mit  Vorliebe 
verwendeten  sog.  „Übersetzungstechnik".  Was  aber  die 
Hauptsache  ist.  War  denn  der  Begriff  „Gemeinfreie"  selbst, 
den  Heck  zum  Schlüsselpunkt  seiner  ganzen  Aufstellungen 
macht,  auch  stets  eine  feststehende  und  überall  gleich- 
bleibende Größe?  Wenn  er  als  Gemeinfreie  „die  Mitglieder 
der  das  Volk  bildenden,  der  volksrechtlich  als  gleichberech- 
tigt anerkannten  Sippen"  bezeichnet^),  so  hat  er  wohl  dabei 
die  alten  germanischen  und  frühfränkischen  Zustände  der 
Volksrechte  wesentlich  vor  Augen.  Hat  sich  aber  denn 
daran  bis  zur  Karolingerzeit  nicht  doch  sehr  vieles  ge- 
ändert.? Sollten  denn  nicht  mit  den  großen  Veränderungen 
in  Verfassung  und  Wirtschaft  auch  die  sozialen  Termini  im 
tatsächlichen,  praktischen  Leben  weit  mehr  differenziert 
gewesen  sein,  als  die  starren  Formen  älterer  Rechtstexte 
nur  vermuten  lassen.? 

^)  Vgl.  Mühlbacher  -  nr.  929  (sicut  et  ceteri  [beneficiati] ,  ursprüng- 
lich liberi!). 

*)  A.  a.  O.  S.  2. 


-     69     - 

Tatsächlich  hat  sich  herausgestellt,  daß  die  Masse  der 
Gemeinfreien  schon  in  der  vorkarolingischen  Zeit  eine  so- 
ziale Differenzierung  aufweist,  die  durch  die  Verschiedenheit 
des  Vermögens  bedingt  war.^) 

Besonders  lehrreich  sind  m.  E.  dafür  die  Verhältnisse 
in  Bayern.  Heck  hat  ja  gemeint,  gerade  in  dem  Umstand, 
daß  dort  auch  Freie  in  gewissen  Quellen  als  nobiles  be- 
zeichnet werden,  eine  besonders  starke  Stütze  für  sein 
Lehrgebäude  zu  gewinnen.^)  Die  Tatsache  selbst  war  längst 
vorher  schon  bekannt  und  ist  u.  a.  auch  von  Waitz  in 
seinem  Handbuch  der  deutschen  Verfassungsgeschichte  ent- 
sprechend hervorgehoben  worden.^) 

Ob  aber  die  von  Heck  daraus  gezogenen  Schluß- 
folgerungen auch  richtig  sind?  Er  behauptet:  „Wenn  in 
demjenigen  Gebiete,  in  dem  ein  Volksadel  im  Sinne  der 
herrschenden  Meinung  existierte,  doch  dieser  „Adel"  im 
heutigen  Sinne  mit  dem  Worte  adaling  im  damaligen  Sinne 
nichts  zu  tun  hat,  dann  sind  wir  erst  recht  befugt,  das 
Wort  in  dem  fränkischen  Gebiete,  dem  ein  Vorzug  einzelner 
Sippen  nicht  bekannt  war,  auf  den  Gemeinfreien  zu  be- 
ziehen." *) 

Tatsächlich  ist  ein  solcher  Schluß  nicht  erlaubt.  Heck 
verallgemeinert  auch  hier  wieder  ohne  weiteres  und  nimmt 
Gleichsetzungen  zwischen  Bezeichnungen  vor,  die  räumlich 
und  zeitlich  beträchtliche  Distanzen  aufweisen.  Er  hat  doch 
selbst  konstatieren  müssen,  daß  die  bayrischen  Quellen 
diese  Bezeichnung  nicht  alle  gleichmäßig  gebrauchen.^)  „Die 
Lex,  die  Neuchinger  Dekrete  und  die  älteren  Schenkungs- 
urkunden gebrauchen  das  Wort  nobilis  nur  ausnahmsweise." 
Die  Verwendung  von  nobilis  herrsche  vor  in  den  Dingol- 
finger  Dekreten,  in  den  notitiae  Salzburgenses,  dem  Urbar 


^)  Vgl.  meine  „Grundlagen"  2,  132 ff.  -)  A.  a.  O.  i,  Soff. 

')  4'^,  329  f.,  bes.  330  n.:  „Die  Schenker  von  Land  heißen  in 
den  Salzburger  Urkunden  fast  immer  so."  Vgl.  auch  Wittmann  in 
Quellen  u.  Erörterungen  i,  n  n.  2;  früher  schon  Ouitzmann,  Die 
Rechtsverfassung  der  Baiwaren  S.  29,  auch  Luschin,  Österr.  Reichs- 
geschichte S.  78. 

*)  A.  a.  O.  S.  102. 

'")  Sie  sind  wie  er  meint  „nicht  alle  gleich  ergiebig"  S.  80. 


—     70     - 

von  Niederaltaich  und  vor  allem  in  den  jüngeren  Urkunden 
von  Freising. 

Unmittelbar  fällt  da  der  Unterschied  zwischen  älterem 
und  jüngerem  Sprachgebrauch  auf.  Sollte  sich  vielleicht 
die  Verwendung  von  nobilis,  das  in  der  Lex  Baiuwariorum 
übrigens  doch  nicht  nur  für  die  5  bekannten  Geschlechter 
gebraucht  wird^),  in  der  Zwischenzeit  verallgemeinert  haben? 
Man  kann  doch  aus  dem  Umstände,  daß  in  den  jüngeren 
Quellen  auch  andere,  u.  zw.  zahlreiche  Personen  als  nobiles 
bezeichnet  werden,  nicht  einfach  deduzieren,  daß  beide  Worte 
gar  nichts  miteinander  zu  tun  haben. 

Ferner  aber  hat  Heck  hier  auch  die  Folgen  der  von 
ihm  sonst  z.  T.  doch  bemerkten  Tatsache  sich  nicht  recht 
klargemacht,  daß  die  Quellen,  welche  er  ganz  gleichw^ertig 
verwendet,  ihrer  juristischen  Qualität  nach  sehr  erheblich 
verschieden  sind.  Die  Dingolfinger  Dekrete  sind  Beschlüsse 
einer  geistlichen  Provinzialsynode.  ^)  Die  notitiae  Salz- 
burgenses  aber  sind  ebenso  wie  das  Urbar  von  Niederaltaich 
private  Bearbeitungen  von  Urkunden.  Doch  auch  „die 
jüngeren  Urkunden  von  Freising"  sind  uns  nicht  mehr  im 
Original  oder  selbständiger  Kopie  erhalten,  sondern  bloß  in 
den  Traditionsbüchern,  die,  wie  früher  dargelegt  wurde ^), 
keineswegs  den  ursprünglichen  Textbestand  der  Original- 
urkunden selbst  getreu  wiedergeben.  Die  Bezeichnung 
nobilis  vir  tritt  vielfach  in  den  sog.  Notitiae  auf,  das 
heißt  nicht  den  dispositiven  Cartae,  durch  welche  das  be- 
treffende Rechtsgeschäft  selbst  perfekt  wurde ,  sondern 
historischen  Aufzeichnungen,  die  unabhängig  davon  zum 
Zwecke  des  Beweises  vom  Empfänger  angefertigt  wurden.*) 
Letztere  geben  also  nicht  immer  wie  die  cartae  den  offi- 
ziellen Sprachgebrauch  streng  wieder,  sondern  stehen  unter 
dem  Einfluß  der  zur  Zeit  ihrer  Niederschrift  üblichen  pri- 
vaten Auffassung.  Hier  also  des  Klosterschreibers  aus  dem 
9.  Jahrhundert.   Oder  mit  anderen  Worten :  die  Verwendung 


^)  Vgl.  meine  „Grundlagen"  2,  106  ff. 
2)  MG.  LL.  III,  460.  »)  Siehe  im  i.  Band  S.  loiff. 

*)  Vgl.   H.  Brunner,   Carta  u.   Notitia   (Festgaben  f.  Mommscn 
1877)  S.  7,  sowie  Zur  Rechtsgesch.  d.  röm.  u.  germ.  Urkunde  S.  211  ff. 


—    71     — 

von  nobilis  in  solchen  Quellen  bedeutet  nicht  nobilis  im 
Rechtssinn,  sondern  im  Sinne  einer  sozialen  Praxis.^) 

Eine  ähnliche  Verschiedenheit  in  der  Anwendung  der 
Bezeichnung  nobilis  kam  ja  auch  später  noch  eben  im 
bayrischen  Rechtsgebiete  vor.  Herzog  Leopold  VI.  von 
Österreich-Steier  spricht  in  einer  Urkunde  vom  Jahre  I2I0 
von  seinen  Ministerialen  als  nobiles  ^) ,  obwohl  in  gleich- 
zeitigen Urkunden  desselben  Fürsten  diese  doch  ausdrücklich 
als  ein  unter  den  liberi  stehender  Stand  bezeichnet  und  von 
ihnen  geschieden  werden.'') 

Nun  können  wir  aber  noch  nachweisen,  daß  die  Ver- 
wendung gerade  in  jenen  bestimmten  bayrischen  Quellen 
auch  einer  gewissen  Tendenz  entsprungen  ist.  Heck  hat 
ja  selbst  schon  richtig  erkannt,  daß  diese  Standesbezeich- 
nungen nicht  dem  Originalbestande  der  hier  zugrunde  liegen- 
den Urkunden  angehörten,  sondern  Zusätze  des  Registrators 
sind.*)  „Für  ihn,  sagt  er  zutreffend,  war  die  Hervorhebung 
des  Standes  aus  Pietätsrücksichten  und  aus  praktischen 
Gründen  geboten."  Heck  ist  aber  bei  diesen  Ausführungen 
auf  halbem  Wege  stehen  geblieben.  Wir  wissen  ja,  welche 
„praktischen  Gründe"  damals  maßgebend  waren.  Die  Salz- 
burger Breves  Noticiae    verdanken  ihre  Entstehung   letzten 

^)  Vgl.  dazu  doch  auch  Heck  selbst  a.a.O.  i,  88:  „Der  Ver- 
fasser hat  vielleicht  auch  bei  den  Bezeichnungen  nicht  nur  den  juristi- 
schen Stand,  sondern  auch  die  soziale  Stellung  berücksichtigt." 
Richtig  hat  schon  Werunsky,  Österr.  Reichs-  u.  RG.  S.  328  n.  ff 
gegenüber  Heck  betont,  daß  nobilis  hier  „nicht  technisch"  gebraucht 
sei,  vielmehr  „wirtschaftlich  und  sozial  hervorragende  Freie,  aber 
keinen  durch  höheres  Wergeid  ausgezeichneten,  juristisch  abgeschlos- 
senen Stand"  bezeichne. 

2)  Steiermark.  ÜB.  2,  165. 

*)  Meiller,  Babenberger  Reg.  93  n.  51  (1204)  Zeugenreihe! 

*)  A.a.O.  S.  86:  Er  hält  selbst  für  wahrscheinlich,  ,,daß  der 
Verfasser  die  Standesbezeichnungen  nicht  wie  die  Orts-  u.  Personen- 
namen getreu  und  vollständig  aus  den  Originalbeständen  übernom- 
men, sondern  daß  er  sie  nach  eigener  Kenntnis  u.  eigenem  Ermessen 
hinzugefügt  hat.  Die  uns  erhaltenen  bayrischen  Schenkungsurkunden 
des  8.  Jahrhunderts  enthalten  regelmäßig  ebensowenig  eine  Bezeich- 
nung des  Standes  des  Schenkers,  wie  dies  in  anderen  Gebieten  der 
Fall  ist"  .  . .  „Obgleich  die  Originalurkunden  uns  für  Salzburg  nicht 
erhalten  sind,  so  ist  es  doch  unwahrscheinlich,  daß  der  Registratur 
die  Standesbezeichnunwen  in  seiner  Urkunde  vorfand." 


—     72     — 

Endes  ^)  der  inquisitorischen  Besitzaufnahme,  die  nach  dem 
Sturze  Tassilos  durchgeführt  wurde.  Da  war  es  wichtig 
zu  betonen,  daß  die  Schenkungen  durch  Nobiles  erfolgt 
seien,  weil  sonst  die  Zustimmung  des  Herzogs  nachge- 
wiesen werden  mußte. ^)  Ganz  das  gleiche  gilt  auch  für 
das  Urbar  von  Niederalteich.  Hier  sehen  wir,  wie  nach  den 
Schenkungen  der  Herzöge  und  den  mit  ihrer  Zustimmung 
durch  tributales  oder  servi  dominici  gemachten  Traditionen 
dann  jene  zusammenfassend  aufgeführt  werden,  die  von 
nobiles  herstammten.^) 

Zudem  wissen  wir  aus  einer  Formel,  die  bezeichnender- 
weise eben  aus  einem  (heute  verschollenen)  Salzburger 
Traditionskodex  vom  Anfang  des  9.  Jahrhunderts  stammt, 
daß  Kaiser  Ludwig  der  Fromme  dem  Abte  eines  bayrischen 
Klosters  wie  auch  den  übrigen  Kirchen  Bayerns  urkundlich 
unter  Königsschutz  zugesichert  hatte  „quicquid  a  nobilibus 
viris  temporibus  Tassilonis  traditum  fuit".^) 

Man  hat  also  absichtlich  hier  betont,  daß  die  Tradenten 
nobiles  waren.  Denn  bei  diesen  wird  die  potestas  tradendi 
als  selbstverständlich  vorausgesetzt.^)  Daher  auch  die  An- 
wendung anderer  Bezeichnungen  hier  neben  nobilis  z.  B. 
praeclarus,  illustris.  Der  Schreiber  berücksichtigte  eben, 
wie  Heck  richtig  sagt,  nicht  nur  den  juristischen  Stand, 
sondern  auch  die  soziale  Stellung.®)  Ich  stimme  Heck  voll- 
kommen darin  zu,  daß  diese  Ausdrücke  unmöglich  eben- 
sovielen  Ständen  im  Rechtssinn  entsprochen  haben  können. 
Ich  glaube  mit  ihm ,  daß  die  Annahmen  E.  Mayers,  als  ob 
unter  den  hier  genannten  88  Nobiles  Angehörige  der  fünf 
Geschlechter  der  Lex  zu  erblicken  wären ''),  unwahrscheinlich 
ist.    Allein  der  Schlußfolgerung,  die  Heck  selbst  daraus  ge- 

^)  Sie  sind  in  der  vorliegenden  Zusammenstellung  mit  dem  In- 
diculus  Arnonis  nicht  gleichzeitig,  sondern  gehören  doch  erst  in  die 
Zeit  um  820.    Vgl.  meine  „Grundlagen"  i,  171  f. 

-)  Vgl.  Brunner,  Die  Landschenkungen  der  Merowinger  u.  Agilol- 
finger,  Sitz.-Ber.  d.  Berl.  Akad.  1885.  52,  7. 

•    ^)  Mon.  Boica  11,  15  u.  17.    Dazu   Brunner   a.  a.  O.  S.  8,   sowie 
im  I.  Teile  S.  84. 

')  MG.  FF.  533  nr.  i.  *)  Vgl.  Brunner  a.  a.  O.  S.  8  n.  i. 

«)  A.  a.  O.  S.  88. 

')  Deutsche  u.  französ.  Verfassungsgesch.  i,  413  n.  16. 


—     73     — 

winnen  will,  kann  ich  doch  nicht  ganz  beipflichten.  Gewiß 
werden  unter  diesen  nobiles  auch  Gemeinfreie  im  Rechts- 
sinne zu  verstehen  sein,  allein  daraus  folgt  m.  E.  noch 
nicht,  daß  diese  beiden  Begriffe  sich  auch  voll 
decken,  daß  alle  G  em  einfreie  auch  schon  nobiles 
waren  und  jedernobilis  bloßeinschlichter  über. 

In  den  Breves  Notitiae  werden  neben  nobiles  auch 
potestativi  und  liberi  noch  angeführt.  Brunner  hatte  seiner- 
zeit beide  unterschieden.^)  Heck  aber  will  beide  gleich- 
setzen.^) Denn  nur  dann  vermag  er  eben  die  Identifizierung 
von  nobiles  und  Gemeinfreien  aufrechtzuerhalten.  Er  ver- 
weist darauf,  daß  von  20  Fällen,  in  denen  Tradenten  nach 
dem  Indiculus  Arnonis  liberi  sind  oder  sein  können,  5  mit 
Traditionen  von  nobiles  in  den  Breves  Notitiae  sich  decken.^) 
Das  trifft  tatsächlich  zu,  ja  es  Heße  sich  die  Zahl  dieser 
bereits  von  Brunner  bemerkten  Parallelismen  noch  ver- 
mehren. Aber  sie  besagen  eben  nur  einen  verschiedenen 
Sprachgebrauch  hier  und  dort*),  nicht  das,  was  Heck  will. 
Man  darf  doch  nicht  übersehen,  daß  der  Indiculus  Arnonis 
nach  Aufzählung  der  von  den  liberi  Baioarii  per  licentiain 
Tassilonis  ducis  gemachten  Schenkungen  ex  causa  dominica 
dann  doch  ausdrücklich  unterscheidet:  Reliqua  vero,  quod 
ibi  tradituni  est,  de  gener e  nobilium  honiinum  esse  vide- 
tur.^)  Das  aber,  was  im  Anschlüsse  daran  noch  mitgeteilt 
wird,  bezieht  sich  auf  einen  Grafen  (comes) ! 

Anderseits  aber  führen  die  Breves  Notitiae  doch  auch 
in  den  Teilen,  wo  die  im  Indiculus  bloß  als  libe7'-i  be- 
zeichneten Personen  nobiles  genannt  werden,  neben  nobiles 
und  mitten  unter  diesen  selbst  wieder  liberi  komines  und 
viri  potestativi  an.^)  Das  müßte  auffallend  erscheinen, 
wenn  das  alles  doch  ganz  gleichwertige  Bezeichnungen 
wären.     Doppelt   auffällig  hier,    wo  es  doch  galt,    die  Ver- 


')  A.  a.  O.  S.  8  n.  I.  -)  A.  a.  O.  S.  84.  85.  86. 

»)  A.  a.  O.  S.  82  n.  4. 

*)  Dieser  wird  jetzt  durch  die  verschiedene  Zeit  der  Entstehung 
—  es  liegen  rund  30  Jahre  dazwischen  —  sowie  den  nicht  offiziellen 
Charakter  dieser  Breves  Notitiae  noch  mehr  verständlich.  Vgl.  meine 
..Grundlagen"  i,  171  ff. 

■')  Salzburger  ÜB.  i,  10  (23).  *)  Ebenda  S.  43. 


—     74     — 

äußerungsbefugnis  besonders  zu  relevieren.  Heck  nahm  ja 
geradezu  an^),  die  Veräußerungsbefugnis  sei  nach  Aussage 
der  Dingoifinger  Dekrete  auf  den  nobiHs  beschränkt  ge- 
wesen. Und  da  sie  den  Vorschriften  der  Lex,  welche  sie 
dem  liber  einräumt,  entsprechen,  ergebe  sich  ein  Argument 
für  die  Identität  der  beiden  Standesbezeichnungen. '^) 

Tatsächlich  ist  der  zitierte  Wortlaut  der  Dingoifinger 
Dekrete  nicht  so  ausschließlich  gehalten^),  daß  wir  eine  Be- 
schränkung der  Veräußerungsbefugnis  auf  die  Nobiles  daraus 
deduzieren  müssen.*) 

Oder  mit  anderen  Worten:  Es  kann  sehr  wohl  liberi 
gegeben  haben,  die  nicht  nobiles  waren,  ja  es  könnten  auch 
potestativi  homines  zulässig  erscheinen,  die  nicht  liberi  waren. 
Tatsächlich  wurden  in  Bayern  ja  auch  die  Barschalken  ge- 
legentlich in  Traditionsbüchern  als  liberi  bezeichnet^),  es 
gibt  liberi  homines,  die  als  Hintersassen  auf  kirchlichem 
Gute  liberum  servitium  leisten  '^)  und  wohl  kaum  als  nobiles 
bezeichnet  wurden;  tatsächlich  sind  auch  bestimmte  Kate- 
gorien der  Freigelassenen  (cives  Romani)  als  potestativi  zu 
betrachten/) 

Anderseits  aber  ergibt  sich  aus  einer  von  Heck  selbst 
zitierten  Urkunde,  daß  in  Bayern  auch  Leute  unfreier  Ab- 
kunft nobiles  werden  konnten.  Da  in  derselben  ein  ge- 
wisser Tagadeo  als  nobilis  bezeichnet  wird,  begegnen  wir 
dem  Zusatz :  süut  in  provincia  solent  fieri.  Brunner  hat  mit 
sehr  glücklicher  Anknüpfung  an  die  Deutung  des  Personen- 
namens (=  Tagknecht)  betont,  daß  dieser  nobilis  unmöglich 
ein  makellos  geborener  Angehöriger  eines  altfreien  Ge- 
schlechtes sein  könne,  was  nach  Heck  für  den  Gemeinfreien 
charakteristisch  sei.®)     Und  Luschin  hatte  schon  vor  Heck 

1)  A.  a.  O.  S.  82.  ")  A.  a.  O.  S.  83. 

^)  C.  6 :  Ut  si  quis  de  nobüi  genere  de  hereditate  sua  voluisset  darc 
ad  sanctuarium  Dei,  in  sua  potestate  esset,  nemo  prohibnisset. 

*)  Siehe  doch  Heck  selbst  a.  a.  O.  S.  82:  „Ebensowenig  kann 
aber  eine  Einschränkung  vorliegen,  so  daß  von  nun  an  die  Ver- 
äußerungsbefugnis den  Gemeinfreien,  die  nicht  nobiles  waren,  ent- 
zogen sein  sollte." 

^)  Vgl.  Bitterauf  nr.  523  (825),  dazu  oben  S.  44,  sowie  v.  Luschin, 
Österr.  Reichsgesch.  S.  80. 

«)  Bitterauf  nr.  366  (816).  ')  Siehe  Vormoor  a.  a.  O.  S.  23  n.  5. 

*)  Zs,  f.  RG.  23,  237  n.  I. 


—    75     - 

eben  diese  Urkunde  als  Beispiel  dafür  verwendet,  wie  der 
Ausdruck  nobilis  seine  frühere  Bedeutung  änderte,  um  nur 
mehr  „die  volle,  mit  freiem  Grundbesitze  verbundene  Frei- 
heit zu  bezeichnen",  auch  ohne  Abstammung  von  adeligem 
Geschlecht.^) 

Der  Zusatz  (sicut  in  provincia  solent  fieri)^)  beweist, 
daß  ein  solches  Aufsteigen  zum  NobiUs  nicht  selten  vorkam, 
ja  selbst  bei  Unfreien  nicht  ausgeschlossen  war.  Dies  be- 
stätigt meine  Annahme,  daß  die  große  soziale  Aufwärts- 
bewegung der  unteren  Klassen  zu  jener  Verschiebung  und 
dem  Wandel  in  der  Anwendung  der  Bezeichnung  nobilis 
den  Anlaß  gegeben  habe. 

Heck  hat,  meine  ich,  sich  die  soziale  Entwicklung  gar 
zu  starr  und  exklusiv  vorgestellt.  Da  er  annimmt,  daß  alle 
Altfreien  nun  nobiles  waren,  blieben  ihm  als  unter  ihnen 
stehend  nur  Libertinen  und  Mundlinge  übrig.  ^)  Die  Ent- 
wicklung war  tatsächlich  mannigfaltiger.  Das  haben  die 
eingehenden  und  fleißigen  Untersuchungen  Gutmanns  deutlich 
dargetan.*) 

Gerade  wenn  es  wie  in  Bayern  nur  sehr  wenige  (5)  alt- 
adelige Geschlechter  gab,  mochten  jene  Freien,  die  völlig 
unabhängiges  Immobiliareigen  besaßen,  nun  gegenüber  der 
Masse  von  zu  voller  Freiheit  Freigelassenen  und  solchen 
armen  Freien^),  die  fremden  Grund  und  Boden  bebauten  und 
auf  diesem  ansässig  waren,  als  bevorzugte  Klasse  erscheinen, 
da  sie  auch  über  dieses  ihr  Eigen  völlig  unabhängig  ver- 
fügen konnten.  Daß  das  freie  Eigen  gerade  in  Bayern  auch 
eine  standesrechtliche  Bedeutung  hatte  ^),  möchte  ich  nicht 

0  Österr.  Reichsgesch.  S.  78. 

'-)  Heck  übersetzt  dies;  ,,d.  h.  nach  provinziellem  Sprach- 
gebrauch" (S.  78).  Aber  von  dem  Sprachgebrauch  ist  hier 
absolut  nicht  die  Rede,  sondern  vielmehr  von  einem  sozialen, 
bzw.  Rechtsgebrauch. 

')  Das  Hantgemal  des  Codex  Falkensteinensis.  Mitt.  d.  Instit.  28,37. 

*)  Die  soziale  Gliederung  der  Bayern  zur  Zeit  des  Volksrechtes. 
A.  a.  O.  S.  i2off.:  Der  minderfreie  Bauer. 

')  Vgl.  über  die  .pauperes'  unter  den  liberi  der  Lex  Baiuvar. 
meine  „Grundlagen"  2,  129. 

^)  Vgl.  dazu  neben  Luschin,  Österr.  Reichsgesch.  S.  79 f.  auch 
S.  Adler,  Zur  Rechtsgesch.  d.  adelig.  Grundbesitzes  in  Österr.  S.  20 ft". 


-     76     - 

mit  Heck  bezweifeln,  und  zwar  um  so  weniger,  als  durch  die 
wertvollen  Ausführungen  Ilgens  über  das  Hantgemal  ^)  die 
alte  Auffassung  Homeyers  doch  nicht  so  gan^  unhaltbar 
erscheint,  als  Heck  gemeint  hat.  v 

Als  völlig  unzulässig  aber  muß  bezeichnet  werden,  von 
dem  Sprachgebrach  einiger  bayrischer  Quellen  des  9.  Jahr- 
hunderts aus,  die  weder  dem  Text  der  Originalurkunden  ent- 
sprechen, noch  gesetzliche  Geltung  hatten,  Gleichstellungen 
mit  der  Lex  Saxonum  oder  den  Volksrechten  anderer 
deutscher  Stämme  vornehmen  zu  wollen. 

So  bieten  tatsächlich  bei  unbefangener  Berücksichtigung 
der  quellenkritischen  Momente  die  bayrischen  Verhältnisse 
keine  Stütze  für  die  Auffassung  Hecks  von  den  sächsischen 
Verhältnissen,  beide  stellen  sich  vielmehr  als  nicht  unmittel- 
bar kommensurabel  heraus,  erstere  lassen  jedenfalls  auch 
andere  Erklärungen  zu. 

Endlich  halte  ich  auch  das,  was  Heck  für  die  Gleich- 
setzung der  Nobiles  mit  den  Gemeinfreien  auf  Grund  einer 
eingehenden  Untersuchung  der  Wergelder  vorgebracht 
hat,  nicht  für  entscheidend.  Meines  Erachtens  liegt  der 
bedeutsame  Wert  dieser  Studien  mehr  auf  Seite  der  Münz- 
geschichte, die  ja  zum  Verständnis  des  Ganzen  als  Grund- 
lage und  Ausgangspunkt  dabei  hereingezogen  werden  mußte. 
Darüber  wird  unten  in  dem  besonderen  Kapitel  „Münzwesen" 
näher  gehandelt  werden.  Hier  soll  nur  die  Problemstellung 
im  ganzen  kritisiert  werden.  Heck  geht  von  der  Beobachtung 
aus  ^),  daß  die  älteren  Volksrechte  einzelne  Rechtssätze, 
insbesondere  auch  die  ständisch  abgestuften  Bußen,  allein 
oder  doch  in  erster  Linie  für  den  Stand  der  Gemeinfreien 
formulieren,  derart,  daß  sie  von  ihnen  aus  dann  auch  auf 
die  anderen  Stände  unter  entsprechender  Abänderung  ausge- 
dehnt wurden.     Der  Gemeinfreie  trete  als  „Normträger"  auf. 

Deshalb  könne  man  „aus  der  Verwendung  eines  Standes 
als  Normträger  einen  bedeutsamen  Anhaltspunkt  für  die 
Gemeinfreiheit  dieses  Standes  entnehmen".^) 

Heck  muß  sich  freilich  nun  sofort  gestehen,  daß  die 
Verwertung   dieses  Gesichtspunktes   für   die  karolingischen 

^)  Mitt.  d.  Inst.  28,  561  ff.  bes.  573. 

2)  A.  a.  O.   I,  280.  ')  Ebenda  S.  281. 


~     77     — 

Volksrechte  auf  Schwierigkeiten  stoße,  da,  wie  er  es  nennt, 
eine  Duplizität  der  Normgebung  anzunehmen  sei.  Die  beiden 
freien  Stände  werden  als  „Normträger"  verwendet.  Wir 
haben  ausgeprägte  Edelingsnormen  und  ausgeprägte  Frilings- 
normen.  Da  nun  in  der  lex  Saxonum  der  nobilis  ganz  in 
demselben  Umfang  Normträger  sei,  wie  etwa  der  ingenuus 
oder  Über  in  den  merowingischen  Volksrechten,  so  sei  jene 
Duplizität  dadurch  zu  erklären,  daß  die  Edelingsnormen  auf 
die  Gemeinfreiheit  des  Standes  zurückgehen.^) 

So  scharfsinnig  und  großzügig  dieser  Gedankengang 
Hecks  auf  den  ersten  Blick  auch  scheinen  mag,  so  erweist 
er  sich  doch  bei  genauer  Untersuchung  als  unhaltbar.  Diese 
„Duplizität  der  Normgebung"  beschränkt  sich  bei  Lichte 
besehen  doch  auf  die  schlichte  Tatsache,  daß  in  den  Buß- 
taxen der  Lex  Saxonum  die  nobiles  besonders  berücksichtigt 
sind.  Heck  muß  selbst  zugeben,  daß  dies  schon  in  der 
Ewa  Chamavorum  nicht  ebenso  mehr  der  Fall  ist,  daß  in 
der  Lex  Angliorum  „neben  überwiegender  Gleichbehandlung 
beider  Stände  sich  auch  eine  Frilingsform  finde"  und  Ähn- 
liches auch  in  der  Lex  Frisionum  zutage  trete.^) 

Hier  halte  ich  an  der  Argumentation  Hecks  einmal 
schon  für  nicht  richtig,  daß  er  den  für  jeden  Historiker 
nächstliegenden  Schluß  abweist,  jene  Besonderheit  der  Lex 
Saxonum  eben  im  Sinne  einer  Verschiedenheit  in  der 
Standesgliederung  zu  deuten.  „An  eine  für  die  einzelnen 
Volksrechte  verschiedene  Gliederung  der  Stände  könne 
gleichwohl  aus  früher  erörterten  Gründen  nicht  ernstUch 
gedacht  werden."^)  Er  nimmt  also  als  erwiesen  an,  was 
hier  doch  vornehmlich  nur  durch  die  Willkür  der  Gleich- 
setzung erst  bewiesen  werden  kann.  Die  Lex  Saxonum 
nimmt  eine  Ausnahmestellung  ein,  da  sie  in  ihrem  ersten 
Teile,  wie  schon  Joh. Merkel  dargelegt  hatte*),  ein  Adelstatut 

1)  A.  a.  O.  S.  290.  ^)  S.  281.  ')  A.  a.  O.  S.  281. 

*)  Lex  Saxonum  Berlin  1853  p.  5,  dazu  auch  Brunner  RG.  i  ^  467 
u.  Zs.  d.  Savignystift.  19,  10 1.  Daß  die  Ausführungen  K.  v.  Richt- 
hofens  (Zur  Lex  Saxonum  1868  S.  124  ff.)  die  Einheitlichkeit  der 
ganzen  Lex  nicht  zu  erweisen  vermochten,  hat  schon  Boretius  in 
der  Hist.  Zs.  22,  162  f.  betont.  Übrigens  nimmt  auch  v.  Richthofen 
eine  „in  furchtbarer  Weise  prävalierende  Stellung  der  Nobiles  im 
alten  Sachsen  an,  wo  für  den  kleinen  Finger  eines  Edeling  dieselbe 


-     78    - 

ist.  Der  neueste  Bearbeiter  der  Lex,  Cl.  v.  Schwerin, 
kommt  zu  dem  Ergebnis:  „nicht  zu  bestreiten  und  allein  von 
Bedeutung  ist  es,  daß  sich  in  diesen  Capiteln  der  Einfluß 
des  Adels  und  die  Hervorkehrung  seiner  Interessen  in  einer 
Stärke  zeigt,  wie  sonst  nicht  in  der  Lex."  ^)  Der  zweite, 
größere  Teil  derselben  aber  stellt  keine  „Edelingsnorm" 
dar,  sondern  berücksichtigt  alle  drei  Stände  gleichmäßig. 
Hier  tritt  in  den  Darlegungen  Hecks  der  auch  sonst  be- 
merkbare und  von  Schröder  mit  Recht  gerügte  Mangel  in 
der  Beachtung  des  historischen  Tatsachenmaterials  2)  wieder 
empfindlich  zutage. 

Aber  es  lassen  sich  noch  andere  Prämissen  derselben 
als  unrichtig  erweisen.  Indem  Heck  die  Anknüpfung  an 
den  Stand  der  Gemeinfreien  bei  originaler  Abfassung  von 
Rechtssätzen  als  das  Natürliche  erklärt  ^),  meint  er  sofort 
avich,  „nur  ein  Stand  konnte  derjenige  der  Gemeinfreien 
sein".*)  Um  nun  aber  die  auch  von  ihm  selbst  zugegebenen 
.,Frilingsnormen"  doch  erklären  zu  können,  unterscheidet  er 
zwischen  der  originalen  Aufstellung  dieser  Rechtssätze  in 
merowingischer  und  deren  Übersetzung  in  karolingischer 
Zeit.  Und  nun  höre  man  die  entscheidende  Argumentation: 
Als  Normträger  der  merowingischen  Vorlagen  waren  mit 
den  ingenui  und  liberi  ursprünglich  die  Gemeinfreien  ge- 
meint. „Aber  bei  der  Vorübersetzung  in  karolingischer 
Zeit  mußten  die  Tatbestände  von  denjenigen  Stämmen, 
welche  scharf  zwischen  den  Adeligen  und  den 
sonstigen  Freien  unterschieden^),  prima  facie  auf 
die  Minderfreien  gedeutet  werden."  Hier  gibt  Heck  also 
zwar  zu,  daß  einige  Stämme  einen  scharfen  Unterschied 
zwischen   Adehgen   und  Freien    machten,   supponiert    aber 


Buße  gezahlt  werden  mußte,  wie  für  einen  erschlagenen  Freien". 
ÄhnUch  doch  auch  Schücking,  Über  d.  Entstehungszeit  d.  Lex  Saxon. 
N.  Arch.  24,  662  u.  670.  Vgl.  neuestens  Cl.  v.  Schwerin,  Zu  den  LL. 
Saxonum,  Zs.  d.  Savignystift.  f.  RG.  33,  390  ff.,  der  drei  Teile  unter- 
scheidet. 

*)  A.  a.  O.  S.  439,  vgl.  auch  438. 

^)  Dieses  richtig  dargelegt  von  Vinogradoff  a.  a.  O.  S.  183  ff. 

'j  S.  290.         *)  Vgl.  dagegen  richtig  Brunner,  Zs.  f.  RG.  23,  250. 

^)  Von  mir  gesperrt! 


-     79     - 

zugleich  auch  schon  in  einem  Atem,  daß  diese  Unter- 
scheidung innerhalb  des  Standes  der  Gemeinfreien  gemacht 
worden  sei.^)  Eben  das  ist  es  ja,  was  Heck  erst  beweisen 
soll.  Er  macht  sich  hier  also  deutlich  einer  peticio  principii 
schuldig. 

Tatsächlich  beweist  die  Fortdauer  von  „Frilingsnormen" 
auch  in  karolingischer  Zeit,  daß  die  Gemeinfreien  eben  nach 
wie  vor  die  „Normträger"  gewesen  sind.^)  Die  „Duplizität 
der  Normgebung"  aber  hat  schon  Brunner  viel  einfacher 
erklärt.  Dort,  wo  in  der  Karolingerzeit  zwei  vollfreie  Stände 
vorhanden  waren,  wurden  bei  Übernahme  der  alten  mero- 
wingischen  Volksrechte  den  Rechtssätzen  für  den  alten  inge- 
nuus  eben  zwei  Normen,  eine  für  den  AdaUng,  eine  für  den 
Gemeinfreien,  substituiert,  wie  z.B.  bei  den  Anglowarnen.^) 

Und  auch  die  Ewa  Chamavorum  dürfte  sich  so  un- 
gezwungener auslegen  lassen,  da  das  hohe  Wergeid  für  den 
an  erster  Stelle  genannten  homo  Francus,  600  Solidi,  bei 
unbefangener  Betrachtung  als  das  Dreifache  des  homo 
ingenuus  sich  erklärt,  eine  Verdreifachung,  die  ja  in  derselben 
Quelle  tatsächlich  für  die  Grafen  und  Missi  als  königliche 
Beamte,  sowie  für  sonst  unter  Königsschutz  stehende  Per- 
sonen (Waregang)  belegt  erscheint.*)  Damit  wäre  auch  die 
herkömmliche  Deutung  dieses  vielumstrittenen  homo  Francus 
als  einer  über  den  Gemeinfreien  stehenden  und  bevorzugten 
Standesklasse  gegeben.^)  Sehr  richtig  hat  E.  Mayer  darauf 
aufmerksam  gemacht,  daß  nach  der  bedeutenden  Höhe  der 
Beitragsleistung  zur  Normannensteuer  (im  Jahre  866)  die 
Franci  nicht  Freie  überhaupt,  sondern  „wirtschaftlich  sehr 
potente  Leute"  sein  müssen.^) 

Erweist  sich  also  die  methodologische  Grundlage  der 
Heckschen  Beweisführung,  über  die  sog.  Träger  der  Norm- 
gebung,  als  nicht  zwingend,  so  ist  auch  die  Durchführung  des 

')  Vgl.  dazu  auch  richtig  Vinogradoff  a.  a.  O.  S.  186  f. 
*)  Vgl.  dazu  auch  Vormoor  a.  a.  O.  S.  33  ff, 
■')  Zs.  f.  RG.  23,  250;  vgl.  doch  auch  Heck  a.  a.  O.  i,  188. 
*)  MG.  LL.  V  p.  272  c.  9. 

')  Vgl.  zuletzt  darüber  E.  v.  Möller,  D.  homo  Francus  der  Ewa 
Chamavorum,  Mitt.  d.  Inst.  23,  21 7  ff.,  sowie  Vormoor  a.  a.  O.  S.  81  ff. 
")  Deutsche  u.  französ.  VG.  i,  410  n.  1. 


—     8o     - 

Vergleiches  dieser  Wergelder  bei  den  einzelnen  Stämmen 
keineswegs  einwandfrei.  Sie  werden  in  den  Quellen  nach 
Solidi  bestimmt.  Da  diese  nun  in  karolingischer  Zeit  in 
der  Regel  keine  wirkliche  Münze,  sondern  nur  eine  Rechen- 
größe waren,  die  tatsächlich  in  den  umlaufenden  Denaren 
darzustellen  war,  anderseits  aber  die  Franken  nach  der 
herrschenden  Lehre  am  Beginne  der  Karolingerzeit  von  der 
Gold-  zur  Silberwährung  übergingen,  handelte  es  sich  nun 
darum,  was  unter  den  in  den  Quellen  genannten  Solidi 
jemals  zu  verstehen  sei.  Die  herrschende  Lehre  hatte  an- 
genommen, daß  für  den  alten  Goldsolidus  bei  jenem  Über- 
gang in  der  karolingischen  Zeit  der  neue  Silbersolidus  ein- 
fach substituiert  worden  sei,  was  eine  sog.  Bußreduktion  in- 
volviert habe.  Heck  wendet  sich  dagegen,  indem  er  betont, 
daß  dafür  kein  befriedigender  Grund  sich  auffinden  lasse. ^) 
Er  meint  vielmehr,  daß  eine  Umrechnung  stattgefunden  habe 
von  der  alten  auf  die  neue  Währung. 

Selbst  wenn  man  so  weit  den  Darlegungen  Hecks  zu- 
stimmt —  über  das  Meritum  wird  unten,  wie  gesagt,  beim 
„Münzwesen"  näher  gehandelt  werden  — ,  so  ist  nun  die  Art 
und  Weise,  wie  sich  Heck  diese  Umrechnung  denkt,  schlechter- 
dings unannehmbar.  Er  geht  von  der  Lex  Chamavorum 
aus  und  meint,  um  die  Gleichung  homo  Francus  =  Gemein- 
freier aufstellen  zu  können,  man  habe  unter  Solidus  hier 
ein  Doppeltes  zu  verstehen.  Das  Wergeid  von  200  großen 
Solidi  habe  man  den  alten  ingenui  (=  homo  Francus)  re- 
serviert, den  ingenui  der  neuen  Übersetzungtechnik  (!) 
aber  das  gesetzliche  Wergeid  in  kleinen  Schillingen  gewährt. 
„Nachdem  auf  diese  Weise  die  kleinen  Schillinge  in  die 
gesetzlichen  Bußen  eingedrungen  waren,  haben  sie  durch 
Umrechnung  der  Wergelder  der  übrigen  Stände  die  Allein- 
herrschaft erlangt."^) 

Heck  kann  aber  zu  dieser  Auslegung  nur  mit  der 
weiteren  Voraussetzung  kommen,  daß  die  Bußen  der  Lex 
Ripuaria  bis  auf  Ludwig  den  Frommen  in  großen  Schillingen 
bezahlt  wurden.^)  Als  dann  Brunner  mit  Recht  darauf 
hinwies,    daß    dies    nicht   zutreffe,    sondern    Silbersolidi    da 


1)  A.  a.  O.  S.  I,  150.  2)  Ebenda  S.  176.  »)  a.  a.  O.  S.  177. 


gemeint  seien  ^),  behauptete  er,  die  kleinen  Schillinge  seien 
„freilich  schon  unter  Karl  dem  Großen  in  die  Lex  Ripuaria 
eingedrungen,  aber  ohne  Herabsetzung  des  hohen  Wer- 
geides". 2)  „Wie  auf  chamavischem  Gebiete  sind  die  In- 
genuusnormen  umgedeutet  und  in  kleinen  Schillingen  auf 
die  Minderfreien  bezogen  worden."  Dabei  mußte  er  sich 
allerdings  selbst  gestehen:  „diese  Veränderungen  sind  nun 
freilich  nicht  unmittelbar  aus  dem  Text  der  Lex  Ripuaria 
ersichtlich." 

Man  sieht,  wie  gewunden  und  gekünstelt  diese  An- 
nahmen sind,  zumal  nicht  nur  eine  völlig  hypothetische  Um- 
deutung,  sondern  auch  noch  eine  Abrundung  der  alten 
200  Goldsolidi  auf  600  Kleinschillinge  angenommen  werden 
muß.  Mit  Recht  hat  daher  Brunner  in  eingehender  Wider- 
legung diese  ganzen  Ausführungen,  indem  er  auf  weitere 
Schwierigkeiten,  die  sich  daraus  noch  ergeben,  hinwies,  als 
„durchaus  unwahrscheinlich"  bezeichnet.^) 

Noch  unwahrscheinlicher  ist  die  Auslegung  der  Lex 
Angliorum  et  Werinorum.  Da  hier  ganz  deutlich  der  ada- 
lingus  von  dem  liber  geschieden  wird  und  neben  diesem  noch 
der  servus  libertate  donatus  mit  einem  besonderen  Wergeid 
auftritt,  gerät  Heck  mit  seiner  Theorie  in  die  größten  Ver- 
legenheiten.*) Er  vermag  nur  mit  einer  völlig  willkürlichen 
und  gezwungenen  Auslegung  darüber  hinwegzukommen, 
indem  er  auch  hier  bereits  als  erwiesen  annimmt,  was  doch 
nur  seine  Hypothese  ist.^)  Auch  das  Moment,  auf  welches 
Heck  hier  besonderes  Gewicht  legt,  daß  das  Wort  ingenuus 
in  der  Lex  Angliorum  nicht  vorkommt,  beweist  m.  E.  gar 
nichts  und  rechtfertigt  am  allerwenigsten  die  sehr  ge- 
schraubte Interpretation  Hecks. ^)  Selbst  wenn  wir  mit  ihm 
annähmen,  daß  der  ingenuus  der  Lex  Ripuaria  „der  ka- 
rolingischen  Zeit   ein   zweideutiger  Ausdruck"  gewesen  sei, 


»)  Zs.  f.  RG.  19,  83.  2)  A.  a.  O.  178.  =»)  Zs.  f.  RG.  23,246. 

*)  „Die  sachlichen  Gründe  sind  vielleicht  etwas  schwächer"! 
S.  186. 

")  „Der  vermeintliche  Vorrechtsstand  trägt  wiederum  die  tech- 
nische Bezeichnung  des  Gemeinfreien.  Sein  Wergeid  ist  wiederum 
das  alte  Wergeid  des  Gemeinfreien."     Ebenda  S.  186. 

*)  A.  a.  O.  S.  191. 

Dop  seh,  Wirtschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.   II.   2.  Aufl.  6 


—      Ö2      — 

warum  hat  man  dann  dafür  ein  Wort  eingesetzt  —  über  — , 
von  dem  Heck  früher  ja  doch  ausgeführt  hat,  daß  es  ebenso 
zweideutig  sei^),  von  dem  er  hier  selbst  sagt,  daß  es  die 
karolingische  Kanzleisprache  ganz  gleichbedeutend  mit  in- 
genuus  gebrauche.  Wenn  aber,  wie  er  hier,  merkwürdig 
unklar,  annimmt,  Über  ein  Wort  darstellt,  das  immer 2)  die 
Äquivalenz  mit  „frei"  gehabt  habe,  so  könnte  die  angeblich 
der  Verdeutlichung  des  in  der  Vorlage  stehenden  Wortes 
ingenuus  wegen  da  verwendete  Bezeichnung  liber  doch 
nur  auf  die  Gemeinfreien  bezogen  werden.  Denn  daß  liber 
„immer"  die  Äquivalenz  mit  dem  Freigelassenen  höherer 
Ordnung  (Minderfreien)  gehabt  habe,  wird  doch  wohl  Heck 
selbst  nicht  annehmen.  Und  wenn  es  die  Gemeinfreien  und 
diese  Freigelassenen  umfaßte,  so  war  es  ebensowenig  ein- 
deutig als  das  ingenutis  in  der  Vorlage. 

Gerade  diese  Ersetzung  des  ingenuus  der  Vorlage  durch 
liber  beweist  m.  E.  das  Gegenteil ,  daß  liber  eben  wie  der 
ingenuus  der  Vorlage  der  Gemeinfreie,  und  Adaling  ein 
über  den  Gemeinfreien  Stehender  gewesen  ist.  So  erklärt 
sich  dann  auch  die  ,,  Auseinanderlegung  der  Ingenuusnorm"  ^) 
viel  ungezwungener  als  Verdreifachung  des  Wergeides  des 
Gemeinfreien,  der  als  Normträger  zu  betrachten  ist.  Daß 
man  den  Adaling  dabei  vorangehen  ließ,  ist  ganz  natürlich 
und  beweist  gar  nichts.*)  Wenn  es  „nahe  lag",  jede  In- 
genuusnorm  der  Lex  Ripuaria  hier  „durch  zwei  Vorschriften 
zu  ersetzen",  dann  ist  es  höchst  unwahrscheinlich,  daß  „eine 
Norm  für  den  Gemeinfreien  und  eine  für  den  sonstigen 
Freien",  der  nur  ^/a  der  Buße  des  Gemeinfreien  erhalten 
habe,  ersetzt  wurde. ^)  Die  Ingenuusnormen  können  sich 
auch  nicht  „auf  die  Libertinen"  mitbezogen  haben,  weil 
ausdrücklich  für  den  servus  libertate  donatus  ein  besonderes 
Wergeid  von  80  Schillingen  angesetzt  erscheint.  (Cap.  45.) 
Alan  kann  daher  auch  nicht  mit  Heck  behaupten,  daß  „die 
Scheidung  des  vermeintlichen  Gemeinfreien  von  den  Liber- 


')  Ebenda  S.  62.  ^)  Von  mir  hervorgehoben! 

•■')  Heck  a.a.O.  S.  187 f. 

^)  Gegen  Heck  S.  190,  der  meint,  man  müßte  „die  umgekehrte 
Reihenfolge  erwarten". 
•■)  So  Heck  S.  188. 


-     83     - 

tinen  fehlt".  ^)  Er  vermengt  hier  zwei  verschiedene  Klassen, 
die  zu  minderer  Freiheit  und  die  zu  voller  Freiheit  Frei- 
gelassenen. Die  letzteren  konnte  man  juristisch  gar  nicht 
mehr  als  Libertini  bezeichnen,  die  ersteren  aber  sind  tat- 
sächlich hier  besonders  gestellt. 

Endlich  die  Lex  Salica.  In  ihr  sind  die  Bußen  nach 
Solidi  zu  40  Denaren  angesetzt.  Weil  nun  zwei  Kapitularien 
vom  Jahre  803  und  816  im  Gegensatz  dazu  einen  SoHdus 
von  12  Denaren  für  die  Franken  belegen  und  ein  Konzils- 
beschluß von  813  die  Beseitigung  der  Solidi  zu  40  Denaren 
als  Begünstigung  vom  Kaiser  erbittet^),  hat  man  diesen 
Gegensatz  auf  jenen  von  Gold-  und  Silbersolidi  gedeutet 
und  eine  Bußreduktion  angenommen,  die  durch  Beseitigung 
der  in  der  Lex  Salica  vorhandenen  Goldsolidi  zu  40  De- 
naren und  deren  Substitution  durch  den  Silbersolidus  zu 
12  Denaren  bewirkt  worden  sein  soll.  Heck  hat  dagegen, 
wie  schon  erwähnt,  mit  Recht  eingewendet,  daß  für  eine 
solche  Bußreduktion  keine  befriedigende  Erklärung  vor- 
gebracht werden  könne.  ^)  Andere  Forscher  haben  ebenso 
zutreffend  darauf  aufmerksam  gemacht,  daß  eine  solche 
Maßnahme  jedenfalls  weitgehende  volkswirtschaftliche  Um- 
wälzungen bewirkt  haben  müßte.*) 

Heck  verdanken  wir  aber  noch  weitere,  wie  ich  glaube, 
wichtige  Feststellungen.  Er  hat  nämlich  darauf  hingewiesen, 
daß  nach  salischem  Rechte  die  Kompositionen  in  ver- 
schiedenen Schillingen  bezahlt  wurden  ^),  ferner  doch  auch 
die  nach  816  entstandenen  Handschriften  der  Lex  Salica 
noch  die  Rechnung  nach  40  Denaren  aufweisen.*^)  Endlich 
aber,  daß  über  die  Verteilung  der  Schillingswerte  auf  die 
Bußen  uns-  das  Capitulare  von  803  keine  Aus- 
kunft gebe.®) 

')  Ebenda  S.  186.    Dagegen  richtig  Brunner,   Zs.  f.  RG.  23,  255. 

2)  Vgl.  Heck  a.  a.  O.  S.  156. 

3)  A.  a.  O.  S.  150. 

*)  So  Rietschel,  Götting.  Gel.  Anz.  1902  S.  103;  dazu  auch  bei 
Vinogradoff  a.  a.  O.  S.  136:  „In  der  Zwischenzeit  zwischen  den  beiden 
Regulierungen  muß  freilich  eine  arge  Verwirrung  und  Unsicherheit 
geherrscht  haben."    Vgl.  unten  §  13. 

•')  A.  a.  O.  S.  198.     Das  gibt  auch  Brunner  zu  Zs.  f.  RG.  23,  258. 

*)  Ebenda  S.  199. 

6* 


-     84     - 

Allerdings  hat  er  daraus  nicht  die  entsprechenden 
Schlußfolgerungen  gezogen  und  ist  unter  dem  Eindrucke 
der  herrschenden  Lehre  auf  halbem  Wege  stehengeblieben, 
ohne  seine  Beobachtungen  in  ihre  letzten  Konsequenzen  zu 
verfolgen.  Da  eben  nur  so  seine  Auffassung  der  Stände 
sich  halten  läßt,  sieht  sich  Heck  zu  der  Annahme  genötigt, 
daß  in  der  als  Grundlage  dienenden  Lex  Ripuaria  „die 
Ingenuusnormen  zugleich  in  bezug  auf  den  Stand  und  den 
Schilling  umgedeutet  wurden,  die  ripuarische  Schillings- 
differenz zugleich  eine  ständische  gewesen  sei".^)  Dafür 
liegt  aber  keine  Begründung  vor.  Hier  sei  die  Umdeutung 
durch  Usualinterpretation  erfolgt.  Bei  der  Lex  Salica  aber 
sei  dies  nicht  möglich  gewesen,  da  sie  die  Denarwerte  nor- 
mierte. Deshalb  sei  hier  die  Umdeutung  durch  ein  Gesetz 
durchgeführt  worden.  Die  200  Schillinge  des  Ingenuus- 
Wergeldes  der  Lex  Ripuaria  müßten  also  in  einem  dop- 
pelten Sinne  gedeutet  werden.  Einmal  als  Goldsolidi  = 
600  Kleinschillingen  für  die  Gemeinfreien  und  dann  als 
Kleinschillinge  für  die  Minderfreien.  Es  ist  schon  von 
Vinogradoff  mit  Recht  betont  worden,  daß  diese  Annahme 
einer  verschiedenen  Bedeutung  von  Solidus  in  ein  und  der- 
selben Quelle  ganz  unwahrscheinlich  sei.^)  Und  ebenso  un- 
annehmbar, daß  in  der  Lex  Chamavorum,  wo  die  Ab- 
weichungen von  dem  ribuarischen  Rechte  angegeben  werden, 
unter  den  Solidi  der  Wergeidsätze  Silbersolidi  gemeint  sein, 
während  jene  der  benutzten  Vorlage  (Lex  Ripuaria)  Gold- 
solidi bedeuten  sollen.^) 

Zudem  aber  sieht  sich  auch  Heck,  wiewohl  er  die  An- 
nahme der  herrschenden  Lehre  von  einer  allgemeinen  Buß- 
reduktion unter  Pippin  als  unbegründet  betrachtet,  doch 
selbst  genötigt,  für  die  Zeit  Ludwigs  des  Frommen 
eine  solche  für  den  Stand  derFranci  anzunehmen,  die 
bis  dahin  die  Bußen  in  großen  Schillingen  gezahlt  erhielten, 
während  die  Bußen  aller  anderen  Stände  in  kleinen  Schil- 
lingen entrichtet  wurden.*)  Heck  muß  immer  weiter  kon- 
struieren,   um  seine  Hypothese  nur  einigermaßen, plausibel 

')  Ebenda  S.  199.  ^)  Zs.  f.  RG.  23,  142  u.  144. 

»)  Vgl.  Brunner,  Zs.  f.  RG.  19,  87.  *)  Heck  i,  200. 


-     85     - 

zu  machen.    Ludwig  habe  8i6  unter  kirchHchem  Einfluß  das 
Wergeid    der  Gemeinfreien   auf  das   Maß   der  Minderfreien 
herabgesetzt,  und  diese  Beseitigung  des  Vorzuges  der  Ge-. 
meinfreien  sei  dazu  bestimmt  gewesen,  „die  geisthche  Aristo- 
kratie auf  Kosten  der  welthchen  zu  heben". ^) 

Auch  hier  tritt  die  Nichtbeachtung  des  allgemeinen 
historischen  Tatsachenmateriales  bei  Heck  bedenklich  hervor. 
Man  stelle  sich  nur  vor,  was  diese  Herabsetzung  des  Wer- 
geides auf  das  Drittel  des  bisher  gültigen  wirtschaftlich  für 
die  Laienaristokratie  bedeutet  hätte.  Und  das  soll  in  einem 
Zeitpunkt  geschehen  sein,  als  nach  Aussage  aller  Quellen 
gerade  die  Laienaristokratie  immer  mehr  politische  Be- 
deutung gewann  und  wirtschaftlich  erstarkte?  2)  Zu  einer 
Zeit,  da  die  Macht  dieser  Laienaristokratie  bereits  von  der 
Kirche  drückend  empfunden  wurde  ^),  sie  sogar  daran  dachte, 
das  Kirchengut  zu  säkularisieren?*) 

Ludwig  der  Fromme  hätte  816  gar  nicht  die  Macht  zu 
einer  solchen  Maßregel  wider  die  Laienaristokratie  auf- 
gebracht und  letztere  sie  kaum  ruhig  hingenommen. 

Heck  muß  sich  doch  selbst  gleich  gestehen:  „Ob  frelHch 
Ludwig  mit  seiner  Maßregel  auf  die  Dauer  durchgedrungen 
ist,  erscheint  zweifelhaft.  Vielleicht  hat  die  weltliche  Aristo- 
kratie nach  dem  Siege  der  Söhne  auch  das  hohe  Wergeid, 
wennschon  in  kleinen  Schillingen,  wieder  errungen."^) 

Er  hat  sich  die  sozialen  und  wirtschaftlichen  Folgen 
einer  so  bedeutsamen  Maßnahme  offenbar  gar  nicht  klar- 
gemacht, sonst  könnte  er  deren  Durchführung,  bzw.  Amo- 
vierung  nicht  so  einfach  je  nach  seinem  Bedarf  bald  annehmen, 
bald  wieder  abgeschafft  sein  lassen.  Vor  allem  müßte  er  auch 
erst  nachweisen,  daß  nach  833  dann  wieder  andere  Wergeid- 
sätze giltig  waren  als  vorher  seit  816. 

Es  muß  doch  betont  werden:  all  diese  Annahmen 
Hecks  bieten  für  die  Erklärung  der  vorliegenden  Quellen- 
bestände gegenüber  der  bisherigen  Interpretation  keine 
solchen  Vorteile,  daß  man  die  großen  Schwierigkeiten  und 


*)  Ebenda  S.  201. 

*)  Siehe  im  i.  Band  dieses  Werkes  S.  169  u.  294  ff. 

3)  Ebenda  S.  235  ff.  u.  400.  *)  Ebenda  S.  236.  '")  S.  202. 


—     86     — 

unhaltbaren  Künsteleien,  zu  denen  sie  uns  notwendigerweise 
veranlassen,  dafür  eintauschen  sollte. 

Gerade  vom  historisch -politischen  und  wirtschafts- 
geschichtlichen Standpunkte  aus  müssen  diese  Annahmen 
Hecks  entschieden  als  verfehlt  und  unhaltbar  bezeichnet 
werden. 

Ein  Versuch  zur  Lösung  der  anscheinend  da  noch  be- 
stehenden Schwierigkeiten  wird  unten  bei  Besprechung  des 
Münzwesens  geboten. 

Zum  Schlüsse  noch  ein  Wort  über  die  Lohnarbeit, 
bzw.  die  Tagelöhner.  Inama  hat  ja  angenommen,  daß  freie 
Tagelohnsarbeit  in  der  Karolingerzeit  „nur  ganz  vereinzelt 
vorgekommen"  sei  ^)  und  Waitz  hat  sich  dem  durchaus  an- 
geschlossen.^) Auch  Lamprecht  ist  wesentlich  doch  der- 
selben Meinung,  da  er  zwar  zugibt,  daß  „auch  freie  Existenzen 
im  Hausgesinde  und  im  Tagelohn  schon  seit  der  Karolinger- 
zeit durchaus  nicht  unbekannt"  gewesen  seien,  jedoch  ein 
Anwachsen  derselben  erst  mit  dem  13.  Jahrhundert  eintreten 
läßt.^)  Ebenso  Wilh.  Sickel*)  und  neuestens  K.  Haff  wieder.  5) 
Die  von  Sickel  für  diese  Periode  angezogenen  Quellen  waren 
allerdings  auch  Inama  schon  bekannt  gewesen.  Denn  so- 
wohl die  Statuten  von  Corbie  (822),  welche  die  Miete  von 
Tagelöhnern  für  Gartenarbeiten  bezeugen^),  hatte  Inama 
zitiert"^),  als  auch  die  beiden  Kapitularienstellen,  die  Sickel 
noch  anführt.^)  v.  Inama  meinte  aber,  daß  eben  in  Neustrien, 
auf  welches   sich    diese   Belege   überwiegend   beziehen,   ob 

')  DWG.  I,  367  =  I^  498  (hier  „nur  selten  vorgekommen"). 

'-)VG.4^339•  «)  DWL.  I.  2,  1157. 

*)  Die  Privatherrschaften  im  fränk.  Reich,  Westdeutsche  Zs. 
15,  144  n.  48  (1896):  „So  boten  sich  für  den,  welcher  nicht  als  Grund- 
eigentümer leben  konnte,  immer  geringere  Aussichten,  durch  ein 
selbständiges  Gewerbe  Nahrung  zu  finden"  ....  „Neben  einer  ge- 
ringen Menge  freier  Handwerker  und  Händler  fristeten  einzelne 
selbst  als  freie  Lohnarbeiter  ein  ärmliches  oder  unsicheres  Dasein.' 

^)  Zs.  f.  RG.  35,  468.  Sein  Einwand,  daß  die  beiden  von  mir 
zitierten  Capitularien  aus  Westfrancien  (MG.  Capit.  2, 273  c.  9  und  2, 323 
c.  31)  Ausnahmen  betrafen,  besagt  nichts  angesichts  der  von  mir 
sonst  noch  vorgebrachten  Belegstellen  von  allgemeiner  Geltung! 

*)  Gedr.  bei  Guerard,  Polyptyque  d'Irminon  2,  315  jetzt  besser 
Levillain,  Le  Moyen  Age,  2.  Ser.  4,  361. 

')  I,  367  n.  2.  ')  Vgl.  Inama  WG.  i,  236  n.  i. 


seiner  viel  reicheren  wirtschaftlichen  Entwickkmg  die  Ver- 
hältnisse zum  Teil  anders  gewesen  seien.  Und  damit  hat 
er  ja  gar  nicht  unrecht. 

Allerdings  mußte  er  sich  doch  schon  gestehen,  daß 
auch  in  dem  Capitulare  Ludwigs  des  Frommen  aus  Aachen 
vom  Jahre  818/19  doch  dieselbe  Erscheinung  zutage  trete. 
Aber  auch  das,  meinte  er,  bezog  sich  bloß  „auf  einen  be- 
stimmten Fall". 

Tatsächlich  darf  gerade  diese  Stelle  eine  ganz  allge- 
meine Bedeutung  für  sich  in  Anspruch  nehmen.  Es  wird 
im  Anschluß  an  das  Zehntgebot  von  der  Verpflichtung  zu 
Baufronden  an  Kirchen  gehandelt  und  dabei  freier  Ver- 
einbarung eventuell  anheimgestellt,  statt  der  Bauarbeit  ein 
Geldäquivalent  zu  geben,  mit  dem  der  Kirchenvorstand 
Handwerker  zur  Ausführung  dieser  Arbeiten  mieten  könne. ^) 
Offenbar  kamen  solche  Verhältnisse  gar  nicht  selten  vor. 
Es  handelt  sich  gerade  da  eben  nicht  um  „einen  bestimmten 
Fall". 

V.  Inama  mochte  sich  gegen  die  Annahme  einer  all- 
gemeineren Verbreitung  freier  Tagelohnarbeit  naturgemäß 
sträuben,  denn  das  paßte  ja  sehr  schlecht  zu  seiner  ganzen 
Theorie  des  damals  angeblich  herrschenden  Wirtschafts- 
systems.2)  Er  sagt  ja  auch  hier:  „Sowohl  die  Anschauungen 
des  Volkes  über  die  Unvereinbarkeit  von  Dienst  und  Freiheit, 
als  auch  die  allgemeine  Unbeweglichkeit  der  Verhältnisse, 
der  Mangel  der  Freizügigkeit  über  das  Gebiet  des  Seniorats 
hinaus,  in  dessen  Verband  doch  auch  die  besitzlosen  Freien 
stehen  mußten,  und  die  Unsicherheit  einer  solchen  Existenz, 
die  sich  nur  auf  freie  Verwendung  der  Arbeitskraft  gestützt 
hätte,  waren  dem  Aufkommen  einer  freien  Arbeiterbevölke- 
rung entgegen;  nur  im  festen  grundherrschaft- 
lichen Verbände  war  die  nötige  Sicherung  der 
Existenz  zu  finden."^) 


*)  MG.  Capit.  I,  287  c.  5:  Aut  si  inier  eos  co7ivenerit,  ?//  pro  opere 
faciendo  argentum  doiient ,  iuxta  aestimationem  operis  in  ar genta  per- 
solvant:  cum  quo  pretio  rector  ecclesiae  ad  praedictam  restmirationem 
Opera rios  condu cere  et  materiam  emere  possit. 

-)  Vgl.  im  I.  Teile  S.  7  ff.  ^)  WG.  i,  367,  von  mir  gesperrt! 


—     88     — 

Und  dann  wieder:  .  .  Noch  war  nicht  die  Zeit  ge- 
kommen, welche  ein  Arbeitsverhältnis  durch  freien  Vertrag 
begründen  ließ  und  in  festem  Lohn  eine  Teilung  des  Arbeits- 
erfolges zwischen  dem  Herrn  des  Gutes  und  seinen  Arbeits- 
kräften ermöglicht  hätte.  ^) 

Aber  auch  die  andere  Stelle,  das  Capitulare  Missorum 
Silvacense^)  gewinnt  doch  eine  über  Neustrien  hinausragende 
Bedeutung,  wenn  man  den  von  Lamprecht  vorgebrachten 
Beleg  für  Tagelohnarbeit  hinzuhält.  Regino  v.  Prüm  hat 
nämlich  in  seinem  Werk  de  synodalibus  causis  et  disciplinis 
ecclesiasticis  auch  darüber  gehandelt.  Die  betreffende  Stelle 
ist  aber,  worauf  Lamprecht  nicht  aufmerksam  wurde,  offen- 
bar eben  aus  dem  genannten  Capitulare  oder  einem  solchen 
ähnlichen  Inhaltes  entnommen.^)  Hält  man  sich  nun  vor 
Augen,  daß  das  Werk  Reginos  für  praktische  Zwecke  der 
kirchlichen  Verwaltung  des  täglichen  Lebens  bestimmt  war^), 
so  erhellt,  wie  häufig  solche  Fälle  sich  auch  in  Lothringen 
noch  unter  dem  letzten  Karolinger  ergeben  haben  mochten. 
Regino  hat  ja,  was  dort  als  Folgeerscheinung  der  Einfälle 
von  Normannen  und  Britten  dargestellt  erscheint,  ver- 
allgemeinert. Daß  Ähnliches  auch  früher  schon  seit  langem 
vorgekommen,  lehrt  das  Edictum  Pistense  (864),  das  sich 
bei   einer    ganz   analogen  Bestimmung    direkt   auf  ein   von 

')  WG.  I,  236.  2)  MG.  Capit.  2,  273  c.  9. 

^)    Cap.  Silvac:  Regino  2.  5: 

De  advenis,  qui  oppressione  Nort-  bei  Migne  Patrol.  132,  286. 

fnojinorum  vel  Brittanorum  in  par-  Inquirendum,  si  aliquis  peregri- 

ies  istoriim  regnorum  confugerunt,  mim,   qui  de   siia  patria  propter 

statueniHi  seniores   nostri ,    ut  a  paganorum  infestationem  vel  per- 

niillo  rei  publicae  ministro  quam-  seciitionemfiigit,  hac  de  causa  quia 

cumqice  violentiam  vel oppressionem  in   domo  eins  mansit  et  diebus 

aut   exactationcm   patiantur;    sed  aui  annis  loco  mercenarii  Uli 

liceat  eis  conductum  suum  quaerere  servivit ,    pro  proprio    servo 

et  habere,  doncc  aut  ipsi  redeant  ad  illum  velit  habere  et  vendere  aiit 

loca  sua  aut  seniore  illorum  eos  dare  alicui  praesumat. 
recipiant.  Nullus  autetn  eos  in- 
servire  praesumat ,  eo  quod 
loco  mercenarii  aptid  ali- 
quem  manserint ,  nee  censum 
aut  tributum  exigere. 

*j  Darüber  Wattenbach,  Gesch. -Quell.  (1904)  iS3i2. 


-     89    - 

Karl  dem  Großen  darüber  erlassenes  Capitulare  zurück- 
bezieht. ^) 

Tatsächlich  gewinnen  nun  die  in  mehreren  Kapitularien 
Karls  des  Großen  behandelten  advenae  und  adventicii^) 
durch  diese  jüngeren  Erläuterungen  gleichfalls  Quellenwert 
für  die  freie  Tagelohnarbeit. 

Lamprecht  hat  für  das  Vorkommen  dieser  noch  auf  das 
Edictum  Rothari  für  Italien  hingewiesen. 

Auch  die  Formeln  enthalten  mehrere  sehr  interessante 
Stücke.  Arme  Leute  verpflichten  sich  im  Wege  freien 
Vertrages  für  ein  Darlehn  in  Geld  bestimmte  Tage  in  der 
Woche  Arbeiten  nach  Bedarf  zu  verrichten.  Schon  die 
Marculfsche  Sammlung  enthält  ein  solches  Stück. '^j  In  jener 
von  Sens  sind  mehrere  zu  finden.*) 

Ich  möchte  aber  auch  noch  auf  einige  Formeln  der 
westgotischen  Sammlung  hinweisen.  Sie  betreffen  zwar 
Prekarien,  jedoch  scheint  mir  der  Eingang,  die  Motivierung 
hiezu,  jsehr  beachtenswert:  Dum  de  die  in  diem  egestateni 
paterer  et  huc  illuc  percurrerent ,  ubi  mihi  pro  coinpendio 
laborarem  .  .  .^)  Man  sieht,  daß  Vermögenslose  Lohn- 
arbeit suchten  und  fanden. 

Doch  diese  Quellen  stammen  gleichfalls  aus  West- 
francien.  Ich  will  einen  solchen  Einwand  gleich  selbst  er- 
heben. Aber  ich  meine  auch,  daß  hiebei  nicht  so  sehr  der 
Gegensatz  zwischen  Ost  und  West,  als  vielmehr  jener  von 
Land-  und  Verkehrswirtschaft  entscheidend  ist.  Diese 
westfränkischen  Quellen  entstammen  Städten.  Aus  den 
Städten  des  Ostens  sind  uns  keine  solchen  mehr  überliefert. 
Gerade  dort  aber,  in  den  Städten,  mußte  der  Handel  und 
Verkehr  oft  und  oft  Tagelohnarbeiten  zum  Bedürfnis  werden 


')  MG.  Capit.  2,  323  c.  31. 

•-)  MG.  Capit.  I,  131  c.  5  (806);  157  c.  4.  5  (803—13). 

^)  MG.  FF.  S.  93  nr.  27 :  dies  tantus  in  unaquaqiie  epdotnada  ser- 
vicio  vesiro,  qiiale  7nihi  vos  mit  agentes  vestri  iniunxeritis,facere  debea/n- 

*)  Ebenda  186  nr.  3:  iisqiie  ad  annos  tantos  in  quisque  [hebjdoma/a 
dies  tantos  opera  hia,  qtiale  mihi  iniuncxeris  et  ratio  prestat,facere 
debeam  und  195  nr.  24.  Vgl.  auch  H.  Brunner  in  Zs.  f.  Handelsrecht 
22,  64  ff, 

*)  Ebenda  591  nr.  36;  vgl.  auch  nr.  37:  a  vobis  pro  nostro  coin- 
pendio expetisse. 


—    90    — 

lassen.  Es  wird  nicht  zufällig  sein,  daß  Tagelohnarbeit  gerade 
auch  in  den  Formeln  für  die  königl.  Privilegien  an  Juden  in 
den  Städten  sich  findet.  So  für  mehrere  Juden,  die  in  Lyon 
wohnten^),  ähnlich  zwei  weitere  Stücke  aus  den  Formulae 
Imperiales,  von  denen  eines  einen  Juden  betrifft,  der  in 
Saragossa  wohnte.^)  Man  sieht,  diese  Handelsleute  be- 
nötigten Tagelöhner  offenbar  in  größerer  Masse  ^),  da  sie 
sich  mit  dem  Königsschutz  zugleich  auch  dieses  Recht  aus- 
drücklich beurkunden  ließen. 

Durch  die  Lex  Visigot.  (XI.  3.  3  und  XII.  2.  14)  wird 
dieser  Zusammenhang  unmittelbar  illustriert.*) 

Vielleicht  gewinnen  endUch  auch  einige  Bestimmungen 
über  den  Kriegsdienst,  speziell  aus  Italien,  eine  ähnliche 
Bedeutung.  In  dem  Gesetz  Liutprands  wird  u.  a.  von  der 
Verpflichtung  der  ärmsten  Bevölkerungsklasse  (de  minimis 
hominibus),  die  ganz  vermögenslos  war  (qui  nee  casus  nee 
terras  suas  kabent)  gehandelt^);  sie  sollen  3  Tage  in  der 
Woche  Arbeiten  für  den  Richter  ausführen  (ad  .  .  judicein 
faciant  per  ebdomata  .  .  .  operas  tres).  Dasselbe  Bild  also, 
wie   es  dort  in  Westfrancien  die  Formeln  erkennen  lassen. 

V.  Inama  hat  dann  in  der  2.  Auflage  seiner  Wirtschafts- 
geschichte Nachweise,  die  Lamprecht  inzwischen  über  die 
jüngeren  Söhne  von  behausten  Hintersassen,  sowie  Heistalden 
geboten  hat,  für  das  Vorkommen  von  Tagelohnarbeit  an- 
geführt.^) Er  berief  sich  dabei  auf  die  Annahmen  Rhamms, 
daß  diese  Heistalden,  welche  dort  in  Prüm  doch  erst  in 
jüngeren  Quellen  belegt  sind,  bereits  eine  altfränkische  Ein- 
richtung seien. '^)  Das  wären  aber  doch  auf  Hofstätten, 
Seiden,  sitzende  angesiedelte  Leute,  nicht  freie  Lohnarbeiter. 
Nun  läßt  sich  aber  eine  Glosse  nachweisen,  die  für  hagastalt 
mercenarius  als  Übersetzung  bietet.^)    Damit  wird  nun  aller- 

')  MG.  FF.  Imp.  310  nr.  31 :  liceatqiic  eis  .  .  .  homines  christianos 
ad  eonun  opera  facienda  locare,  exceptis  festis  et  diehis  dominicis. 
"-)  Ebenda  309  nr,  30  u.  325  nr.  52. 
*)  Vgl.  auch  unten  §  11  (Handel)  am  Schlüsse. 
*)  Vgl.  meine  „Grundlagen"  2,  384. 
5)  MG.  LL.  IV.  p.  140  c.  83.  XIV.  «)  VVG.  i  -,  499. 

')  Ebenda  S.  302  n.  i;  vgl.  dazu  im  i.  Teile  S.  359. 
*)  Graff,  ahd.  Sprachschatz  4,  762. 


—    91     — 

dings  wahrscheinlich,  daß  die  Heistalden  z.  T.  wenigstens 
auch  Lohnarbeiter  schon  in  jener  Zeit  waren,  wie  dies 
Lamprecht  dann  für  die  jüngere  Zeit  (12.  Jahrhundert)  aus- 
geführt hatte  ^),  und  Rhamm  für  die  dagewerchte  des  Sachsen- 
spiegels annimmt.^) 

Die  austaldi  der  itaHenischen  Kapitularien  ^)  möchte  ich 
allerdings  nicht  hierher  ziehen*),  denn  diese  waren  sicher 
keine  Tagelohnarbeiter. 

Als  allgemeine  Bezeichnung  für  Dienstleute  schlechtweg 
wird  in  der  Karolingerzeit  ministe riales  verwendet.^)  Wie 
ministerium  den  Dienst  überhaupt  bezeichnet®)  =  servitium, 
so  ministeriales  Leute,  die  Dienste  zu  verrichten  haben,  mit 
Diensten  betraut  sind.  Und  wie  ministerium  dann  auch  das 
Amt  ausdrückt"^),  so  erscheint  ministerialis  mit  Vorliebe 
wenigstens  in  Kapitularien  als  ein  Beamter  des  Königs**) 
oder  eines  geistlichen  Herrn.  Auch  in  Urkunden  werden 
gelegentlich  Grafen  vom  König  so  bezeichnet.^) 

Diese  Bezeichnung  hat  aber  nichts  Minderwertiges  aus- 
gedrückt, da  der  König  einmal  einen  Grafen  seinen  lieben 
Ministerialen  nennt  ^^)  und  ebenso  einen  seiner  Räte. ^^)  Auch 
Priester  ^^),  ja  Bischöfe  ^^)  werden  vom  König  Ministeriales 
genannt.  Es  kann  aber  dieses  Wort  auch  niedere  Amtleute 
und  Diener  bezeichnen.  So  heißt  es  im  Capitulare  de  Villis 
c.  47:  Ut  venatores  nostri  et  falconarii  vel  religui  ministeri- 
ales, qui  nobis  in  palatio  adsidue  deserviiint.  Ähnlich  auch 
c.  10  von  den  Förstern,  Gestütsbeamten  und  Kellermeistern, 
sowie  Zöllnern  ^*),  die  aber  hier  doch  auch  mit  den  höheren 

^)  DWL.  1. 2, 1224.  2)  Dje  Großhufen  der  Nordgermanen  S.  120. 

^)  MG.  Capit.  I,  210  c.  10  u.  325,  c.  i. 

*)  So  V.  Inama  i  ^,  302  n.  i,  dagegen  Rhamm  a.  a.  O.  i,  141. 

'")  Vgl.  dazu  Guerard,  Polyptyque  d'Irminon  1,431  ff. 

*}  Vgl.  die  Belegstellen  im  Register  zu  MG.  Capit.  2  S.  660, 

~')  Ebenda.  *)  Ebenda  unter  ministerialis. 

*)  Mühlbacher  Reg.^  nr.  1113.  1114.  1132.  1848.  1854.  1951.  2017. 
")  Comes  honorabilis  et  dilecttis  ministerialis.  MB.  31, 135  (=  Mühl- 
bacher ^  nr.  1848). 

'')  Mühlbacher  Reg.'^  nr.  1669. 

*-)  Wartmann  ÜB.  2,  224  =  Mühlbacher  Reg.^  nr.  16 19. 
'*)  Mühlbacher  Reg.-  nr.  1845,  dazu  Fürth,  Die  Ministerialen  S.  24. 
^*)  Ut  maiores  nostri  et  forestarii ,  poledrarii,   cellerarii,  decani, 
telonarii  vel  ceteri  ministeriales. 


—    92     — 

Beamten  (maiores)  ^)  gleichmäßig  als  ministeriales  zusammen- 
gefaßt erscheinen. 

Häufig  werden  auch  die  Gehilfen  oder  Unterbeamten 
von  Grafen  und  Vögten,  der  Missi  und  ludices  so  genannt.^) 

In  einer  aus  Tours  stammenden  Formel  über  einen 
Verkauf  an  die  Kirche  kommt  ministerialis  neben  libertinis 
in  der  Pertinenz  von  Gütern  vor.^)  Hier  wäre  also  doch 
wohl  an  Hintersassen  zu  denken.  Und  von  da  aus  erschiene 
vielleicht  auch  die  sonst  allerdings  ganz  ungewöhnUche 
Stelle  in  einer  Traditionsurkunde  aus  Lorsch,  angeblich 
vom  Jahre  791,  nicht  ganz  unmöglich,  die  von  einer  Auto- 
tradition  handelt  *) :  Ego  Ansilt,   ex  illustri  prosapiä  edita, 

zmacum  nobili  (marito)  meo  A nos  videlicet  ipsos  et 

filios  ac  filias  nostras  .  .  .  .  optimo  jure  miTiisterialium 
praefatae  ecclesiae  nos  atrahentes,  id  est  in  officium 
cajnerariorum '")  nos  collocantis  .  .  Wahrscheinlich  liegt  aber 
doch  nur  eine  Fälschung  hier  vor,  da  in  der  Datierung  das 
Regierungsjahr  (XXIII)  nicht  zum  Kaisertitel  stimmt.  Aller- 
dings ist  der  Zweck  der  Fälschung  in  einer  solchen  Privat- 
urkunde zu  späterer  Zeit,  etwa  dem  12.  Jahrhunderte,  schwer 
einzusehen. 

Immerhin  finden  sich  auch  in  echten  Urkunden  Mini- 
sterialen als  Pertinenz  eines  zum  königlichen  Amtslehen 
gehörigen  Hofes,  den  König  Ludwig  IV.  im  Jahre  908  an 
Salzburg  schenkte.^)  Diese  Ministerialen  hatten  augen- 
scheinlich für  ihren  Dienst  oder  Amt  gewisse  Güter  vom 
Könige  geliehen.'^)  Das  bezeugt  ja  auch  das  Capitulare  de 
Villis,  da  es  an  derselben  Stelle,  wo  von  den  ministeriales 


')  Siehe  im  i.  Teil  S.  158 f. 

^)  MG.  Capit.  2,  660  Register,  sowie  Mühlbacher  Reg.-  nr.  2021, 
MG.  FF.  297,  10. 

^)  MG.  FF.  160,  nr.  2.  *)  Cod.  Lauresham.  2,  127. 

'")  Vgl.  zu  den  Kämmerlingen  auch  Heck  in  Vierteljahrschr.  f. 
Soz.  u.  WG.  5,  142  n.  I,  sowie  Keutgen,  Ämter  u.  Zünfte  S.  97  u. 
Fressel,  Das  Ministerialenrecht  der  Grafen  von  Tecklenburg  (Mün- 
sterische Beitr.  z.  Geschichtsforsch.  N.  F.  12,  75  ff.  (1907). 

*)  Mühlbacher  Reg.*  nr.  2055. 

')  Ebenda  =  Salzb.  ÜB.  2,  75  u.  40  :^  cum  ministerialibus  lionii- 
nibus  subnotatis :  Kerolt  cum  uxore  sua  et  filiis  et  cum  0  m  nibu s  s i h i 
in  miiiisterinm  commissis  ... 


—    93     — 

die  Rede  ist,  auch  von  Benefizien  der  maiores  spricht.^)  Die 
Urbare  weisen  mehrfach  konkrete  Beispiele  dafür  auf. 2) 

Somit  ist  wohl  die  Annahme  kaum  zulässig,  daß  mini- 
sterialis  zur  Karolingerzeit  bereits  einen  Stand  bezeichnet 
habe,  wie  Brunner  doch  meint. ^)  Schon  A.  Baldamus  hatte 
das  1879  als  unrichtig  bezeichnet*),  neuerdings  haben  es 
Heck^)  und  Keutgen^)  wieder  verworfen. 

Ähnlich  wie  ministerialis  das  Amt  oder  den  Dienst,  so 
bezeichnet  auch  miles  in  dieser  Zeit  den  Beruf  oder  Dienst, 
nicht  einen  Stand.  Dienstleute  also,  besonders  militärische, 
u.  zw.  sowohl  jene,  die  am  Hofe  des  Königs  als  dessen  stets 
bereite  (expediti)  Leibwache  vorhanden'')  waren,  wie  auch 
die  von  den  herrschaftlichen  Hintersassen,  welche  zum  Kriegs- 
dienste verpflichtet  sind.^)  Da  dies  nicht  für  alle  zutraf, 
ergab  sich  hier  naturgemäß  ein  differenzierendes  Moment, 
indem  unter  milites  nur  die  freien,  bzw.  freigelassenen  Hinter- 
sassen verstanden  werden  konnten.^) 

Hierher  sind  wohl  auch  die  exercitales  viri  der  Arno- 
nischen Güterverzeichnisse  aus  Salzburg  zu  stellen,  die  ab- 
hängige Hintersassen  sind,  aber  neben  und  vor  den  freien 
Barschalken  aufgeführt  werden.^") 

Dazu  muß  das  Privileg  Ludwigs  des  Frommen  für 
Kempten  vom  Jahre  834  gehalten  werden.  Da  der  Kaiser 
den  Abt  mit  seinen  Zinsleuten  (tributarii)  vom  Kriegsdienst 

^)  c.  10:  Et  qualiscunque  maior  habuerit  beneficium. 

"-)  Vgl.  Guerard,  Polyptyque  d'Irminon  i,  599.  Cod.  Lauresham. 
3,  210  nr.  3671,  sowie  im  i.  Teile  dieses  Werkes  S.  279 f. 

*)  DRG.  I  ^,  372:  Der  Name  der  Ministerialen  hat  „als  Standes- 
name die  vorwiegende  Beziehung  auf  Unfreie  höheren  Ranges  bei- 
behalten". 

*)  Das  Heerwesen  unter  den  späteren  Karolingern  (Unter- 
suchungen z.  deutsch.  Staats-  u.  RG.  von  O.  Gierke  4)  S.  69. 

*)  Der  Ursprung  der  sächsischen  Dienstmannschaft,  Viertel- 
jahrschr.  f.  Soz.  u.  WG.  5,  123  (1907). 

")  Die  Entstehung  der  deutschen  Ministerialität.    Ebenda  19 10 

S.  537  f- 

')  Hincmar,  de  ordine  palatii  c.  27  MG.  Capit.  2,  526. 

*)  Mühlbacher  Reg.*  nr.  1932  (897)  f.  Corvey. 

*)  Vgl.  zu  der  in  voriger  n.   zit.  Urk.  jene   Ludwigs  d.  Fr.  für 
dasselbe  Kloster  vom  Jahre  833  Mühlbacher  "^  nr.  924. 
^")  Salzburger  ÜB.  i,  13  u.  14. 


—     94    — 

befreit,  wird  doch  betont,  daß  diese  Begünstigung  nicht 
gelten  solle  für  die  nobiliores  persone,  welche  vom  Kloster 
.Lehen  innehatten.^) 

Aus  Westfrancien  besitzen  wir  für  das  Jahr  855  eine 
Nachricht,  daß  damals  schon  ein  Teil  des  herrschaftlichen 
Grund  und  Bodens  an  die  milites  und  cavallarii  zu  Lehen 
erteilt  war,  u.  zw.  anscheinend  für  ihre  Kriegsdienstleistung, 
da  diese  Güter  —  doch  wohl  wegen  ihrer  Zinsfreiheit  — 
bei  der  Besitzaufnahme  in  einem  Urbar  von  St.  Bertin  da- 
mals ebenso  beiseite  gelassen  wurden  wie  jene,  die  an 
andere  Ämter  ausgetan  waren. 2)  Ähnlich  auch  in  St.  Ri- 
quier^)  und  der  Abtei  Laubach  (Hennegau)  sowie  in  Italien.*) 

Soweit  dieses  Quellenmaterial  der  Karolingerzeit  Auf- 
schluß gewährt,  spricht  es  gegen  die  Annahme  einer  aus- 
schließlichen Herkunft  der  späteren  Ministerialität  aus  un- 
freien Elementen  niederer  Kategorie  und  unterstützt  teilweise 
die  neuerdings  wieder  ^)  von  Heck  aufgestellte  und  durch 
Keutgen  im  Prinzip  wesentlich  doch  akzepierte^)  Erklärung  der 
jüngeren  MinisteriaUtät  aus  freien,  bzw.  freigelassenen  Hinter- 
sassen der  Grundherrschaften.  Merkwürdigerweise  haben 
sie  beide  die  Ausführungen  von  Baldamus  '^)  gar  nicht  be- 
rücksichtigt,   der    doch    —    ähnlich    wie   Sohm^)    —   diese 

')  Mühlbacher  Reg.^  nr.  929:  nobiliores  quoque  persone,  de  rebus 
monasterii  beneficia  habentes  ab  exercitatibiis  expeditionibus  faciendis 
non  excliidimus . 

-)  Folcwin,  Gesta  abbat.  S.  Bertin.  Sithiens.  MG.  SS.  13,  619: 
abbas  igitur  Adalardus  villas  ad  fratrum  usus  pertinentes  vel  quicquid 
exinde  sub  qualicunque  servitio  videbatur  provenire,  absqtce  his ,  quae 
in  aliis  minister iis  erant  distributae  vel  quae  militibus  et 
cavallariis  erant  beneficiatae,  tali  iussit  brevitate  describere; 
vgl.  dazu  im  i.  Teil  dieses  Werkes  S.  286. 

^)  Chron.  Centulens.  III.  3 :  inter  Iias  [villas]  erant  quaedam,  licet 
paucae,  ubi  aliqui  militares  S.  Richarii  beneficii  quidpiam 
habebant  (ed.  F.  Lot,  collection  des  textes  pour  servir  ä  l'etude  et 
ä  Tenseignement  de  l'histoire.  S.  94). 

*)  Vgl.  Pöschl,  Bischofsgut  und  Mensa  episcopalis  i,  177  n.  i; 
179  n.  I  und  182. 

'")  Früher  hatte  dies  ähnlich  doch  schon  Nitzsch  angenommen, 
Ministerialität  und  Bürgertum  S.  28f. 

«)  A.  a.  O.  S.  194.  ")  A.  a.  O.  S.  67  =  89,  bes.  S.  85. 

*)  Die  liberti  der  altgerm.  Zeit.  Zs.  d.  Savignystift.  21,  2off., 
bes.  S.  23. 


—    95 


Herkunftsmöglichkeiten  bereits  auch  erörtert,  allerdings  z.  T. 
abgelehnt  hatte.  ^)  Auch  Lamprecht  hatte  schon  darauf 
hingewiesen.^) 


§9- 

Das  Städtewesen. 

Als  eine  der  empfindlichsten  Lücken  in  der  Wirtschafts- 
geschichte der  Karolingerzeit  muß  bezeichnet  werden,  daß 
sie  den  Städten  nahezu  gar  keine  Beachtung  geschenkt  hat. 
Verschiedene  Umstände  haben  dazu  mitgewirkt.  Vor  allem 
die  Anschauung,  daß  die  Römerstädte  wie  die  römische 
Kultur  überhaupt  in  den  Zeiten  der  sog.  Völkerwanderung 
völlig  zugrunde  gegangen  seien.  Dann  aber  auch  die  Über- 
zeugung von  der  Städtescheu  der  Germanen,  welche  man 
aus  Tacitus  entnahm,  sowie  die  ganze  Auffassung  der  früh- 
germanischen Kultur,  die  überwiegend,  wo  nicht  ausschließ- 
lich agrarwirtschaftlicher  Art  gewesen  sei.  Man  dachte  sich 
diese  Zeit  gewissermaßen  als  ein  System  von  Fronhöfen, 
eine  Villikationsverfassung  in  großem  Stile,  bei  der  insbe- 
sondere verkehrswirtschaftliche  Erscheinungen  nahezu  ganz 
gefehlt  hätten.  Gewerbe  und  Handel  seien  nur  im  Rahmen 
der  Einzelwirtschaften,  die  eine  starke  Isolierung  aufwiesen, 
vorgekommen,  als  Pertinenzen  der  Landwirtschaft,  welche 
den  eigentlichen  Kernpunkt  der  ganzen  wirtschaftlichen 
Betätigung  gebildet  habe.^)  In  der  theoretischen  Formu- 
lierung durch  die  moderne  Nationalökonomie  kamen  schließ- 
lich diese  Grundanschauungen  zu  verschärftem  Ausdruck. 
Hatte  Karl  Bücher  schon  diese  Periode  als  eine  Zeit  der 
„geschlossenen  Hauswirtschaft"  hingestellt,  die  arm  oder 
bar  aller  Verkehrswirtschaft  durch  die  Autarkie  ihrer  Eigen- 


*)  Siehe  dazu  jedoch  auch  unten  §  ii  (Handel)  das  über  die 
Scara  Gesagte. 

-)  DWL.  I.  2,  8ii. 

■■')  Neuestens  hat  diese  einst  durch  G.  L.  von  Maurer  aufgestellte 
sog.  hofrechtliche  Theorie  besonders  G.  Seeliger  wieder  vertreten, 
zuletzt  in  seinem  Aufsatz  „Handwerk  und  Hofrecht"  Hist.  Viertel- 
jahrschr.  1913  S.  472  ff.,  bes.  491. 


-    96    - 

Produktion  charakterisiert  sei  ^) ,  so  hat  W.  Sombart  in  der 
neuesten  Darstellung  derselben  geradezu  von  einer  städte- 
losen Zeit  des  Frankenkaisers  gesprochen  und  einen  völligen 
Mangel  an  Städten  behauptet.^) 

Einen  solchen  Eindruck  mußten  vor  allen  die  vor- 
handenen Darstellungen  der  Wirtschaftsgeschichte  dieser 
Zeit  hervorrufen,  v.  Inama-Sternegg  hat  der  Städte  in  der 
KaroHngerzeit  kaum  Erwähnung  getan  und  ähnlich  ist  dies 
doch  auch  in  der  kürzeren  zusammenfassenden  Darstellung 
von  Kötzschke  geschehen.^)  In  der  großen  Literatur  über 
die  Entstehung  des  Städtewesens  aber  galt,  so  verschieden 
man  diese  auch  auffassen  mochte,  doch  so  viel  als  sicher, 
daß  sie  erst  später,  ja  wohl  gar  erst  mit  dem  12.  Jahrhun- 
derte, anzusetzen  sei.  Auch  die  Forscher,  welche  der  älteren 
hofrechtlichen  Theorie  von  der  Herleitung  der  Städte  aus 
den  Zentralhöfen  der  alten  Grundherrschaften  entschieden 
entgegentraten,  wie  besonders  G.  v.  Below,  waren  doch  in 
diesem  Punkte  eben  noch  von  derselben  Grundauffassung 
maßgebend  beeinflußt.*)  Auch  er  ist  überzeugt,  daß  die  Bil- 
dung städtischer  Bezirke  erst  im  12.  Jahrhunderte  erfolgt 
sei,  da  bis  dahin  Handel  und  Verkehr  noch  nicht  zur  Ent- 
wicklung gelangt  wären.  ^)  Selbst  S.Rietschel,  der  das  Städte- 
wesen besonders  auf  die  Marktgründung  zurückführen  wollte, 
hat  doch  angenommen,  dieses  letztere  sei  in  der  Karolinger- 

^)  Die  Entstehung  der  Volkswirtschaft  5.  Aufl.  1906  S.  gaff.. 
ebenso  11.  Aufl.  19 19. 

''■)  Der  moderne  KapitaHsmus  2.  Aufl.  1916  i,  41. 

*)  Deutsche  Wirtschaftsgesch.  bis  zum  17.  Jahrh.  (A.  Meisters 
Grundriß  d.  Gesch.-Wiss.  II.  1,81.  2.  A.  loiff.  (1921). 

*)  Vgl.  Histor.  Zs.  59,  207 f.:  „Das  Stadtrecht  ist  das  Recht  eines 
freieren  Verkehrs;  es  ist  die  Weiterentwicklung  des  überkommenen 
Rechts  auf  einer  wirtschaftlich  vorgerücktere  Stufe.  Das  alte  Recht 
rechnete  mit  keinem  Handels-  u.  Geldverkehr,  sondern 
befriedigte  die  Bedürfnisse  des  bäuerlichen  Lebens  und 
der  Naturalwirtschaft.  Die  Städte  mußten  als  sie  aus  diesen 
Verhältnissen  herauswuchsen,  das  Recht  umbilden." 

*)  Ebenda  S.  211,  sowie  Ursprung  d.  deutschen  Stadtverfassung 
(1892)  S.  84  f. :  ,,In  dem  Zeitalter  der  Ottonen  waren  Handel  u.  Gewerbe, 
war  städtisches  Leben  wohl  noch  zu  wenig  entwickelt,  als  daß  sich 
das  Bedürfnis  nach  einem  besonderen  Stadtgerichtsbezirk  schon  hätte 
einstellen  sollen." 


—    97     - 

zeit  durch  die  Könige  vor  allem  in  oder  neben  den  könig- 
lichen Pfalzen  erfolgt^),  und  ganz  allgemein  von  den  Markt- 
herren dort,  wo  der  Zentralpunkt  ihrer  Macht  lag,  wo  sie 
wirtschaftlich  allen  anderen  Gewalten  weit  überlegen,  vielleicht 
sogar  allgebietend  waren".  Auch  nach  seiner  Auffassung 
ist,  wiewohl  er  sich  gegenüber  der  von  Below  vertretenen 
sog.  Landgemeindetheorie  ablehnend  verhielt^),  das  Markt- 
wesen doch  aus  der  Grundherrschaft  erst  hervorgewachsen. ^) 
Rietschel  und  die  Markttheorie  überhaupt  sieht  den  Ursprung 
des  Städtewesens  in  der  planmäßigen  und  zu  einem  ganz 
bestimmten  Zeitpunkt  erfolgten  Gründung  von  Handels- 
niederlassungen und  mißt  deshalb  den  ostfälischen  Stamm- 
landen des  liudolfingischen  Hauses  eine  besonders  große 
Wichtigkeit  zu,  weil  die  ersten  wichtigen  Nachrichten,  die 
wir  über  die  Gründungen  von  neuen  Handelsniederlassungen 
besitzen,  gerade  diesen  Gegenden  angehören.*) 

In  diese  spätere  nachkarolingische  Zeit  setzen  ferner 
naturgemäß  jene  Forscher  die  Anfänge  des  deutschen  Städte- 
wesens, welche  wie  Eichhorn^),  Arnold®)  und  Heusler'^), 
aber  auch  v.  Inama- Sternegg  ^)  den  „Ottonischen  Privi- 
legien" (Übertragung  gräflicher  Rechte  an  geistliche  Große) 
die  entscheidende  Rolle  bei  der  Entstehung  deutscher  Städte 
zuerkennen. 

Endlich  hat  auch  die  sog.  Burgtheorie,  nach  der  Aus- 
gangspunkt der  städtischen  Entwicklung  die  Burg  gewesen 
ist,  die  Entstehung  der  Städte  in  die  Zeit  vom  lo.  Jahr- 
hundert abwärts  gewiesen,  indem  sie  die  vielbehandelten 
„Städtegründungen"  Heinrichs  I.  in  Sachsen  als  frühesten  Be- 


^)  Markt  u.  Stadt  S.  41,  vgl.  auch  S.  19. 

^)  Vgl.  ebenda  S  42  n.  i. 

')  Ebenda  S.  42 ;  Den  Markt  konnte  der  Marktherr  aber  natür- 
lich nur  auf  solchem  Boden  anlegen ,  über  den  er  als  Eigentümer 
oder  dinglich  Berechtigter  verfügte  .  .  .  Die  wichtigsten  Märkte  des 
rechtsrheinischen  Deutschland  waren  demnach  grundherrliche  Märkte; 
sowie  S.  19. 

*)  Ebenda  S.  51. 

^)  Zs.  f.  geschichtl.  Rechtswiss.  i.  Bd.  (1815)  211  ff. 

*)  Verfassungsgesch.  d.  deutschen  Freistädte  i.  Bd.  128 ff. 

'')  Der  Ursprung  d.  deutschen  Stadtverfassung  1872. 

*)  Deutsche  Revue  6.  Jahrg.  3,  151,  sowie  DWG.  2,  94. 
D  0  p  s  c  h  ,  Wirtschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.   II.  2.  Aufl.         7 


-     98     - 

leg  dafür  ansieht.^)  Karl  HegeP)  und  selbst  S.  RietscheP) 
noch  haben  gemeint,  die  deutschen  Städte  hätten  zumeist 
der  schützenden  Mauern  bis  ins  12.  Jahrhundert  entbehrt. 
Ja  auch  Gelehrte ,  welche  sich  gegen  die  Ableitung  der 
Städte  aus  den  Burgen  erklärt  haben,  nehmen  doch  an,  daß 
die  Befestigung  das  erste  Kennzeichen  der  Stadt  gebildet 
habe,  das,  was  an  erster  Stelle  die  Stadt  vom  Dorf  unter- 
scheidet,*) 

Die  wenigen  Forscher,  welche  doch  auch  für  die  Karo- 
lingerzeit schon  von  Städten  sprachen,  wie  K.  Hegel  und 
S.  Rietschel,  haben  lediglich  an  Bischofstädte  (civitates)^), 
oder  daneben  höchstens  noch  an  Pfalzstädte  gedacht  ^), 
derart,  daß  der  Bischofsitz,  bzw.  die  Pfalz,  den  Anfang  und 
Mittelpunkt  der  späteren  Städteentwicklung  gebildet  habe.^) 
Auch  sie  aber  betonten,  daß  diese  civitates  in  der  Karo- 
lingerzeit auf  deutschem  Boden  nur  tatsächliche  Vorzüge 
vor  dem  platten  Lande  genossen,  in  rechtlicher  und  kommu- 
naler Hinsicht  aber  zwischen  Stadt  und  Land  kein  Unter- 
schied bestanden  habe.  „Eine  rechtliche  Privilegierung  der 
Stadt  und  ein  spezifisch  städtisches  Gemeindeleben  sollte  in 
Deutschland  erst  in  späterer  Zeit  entstehen."  ') 

Alle  diese  Theorien  konnten  aber  nur  deshalb  die  Zeit 
der  Karolinger  als  eine  Periode  ohne  Städte  ansehen,  da 
sie  von  Voraussetzungen  ausgingen,  die  in  Wirklichkeit  nicht 
zutreffen.   Jene  der  hofrechtUchen  Theorie,  als  ob  die  Städte 

^)  Vgl.  Keutgen,  Untersuchungen  über  d.  Ursprung  d.  deutschen 
Stadtverfassung  S.  38  ff. 

-)  Hegel,  Entstehung  d.  deutschen  Städtewes.  1898  S.  32. 

^)  Das  Burggrafenamt  u.  die  hohe  Gerichtsbarkeit  in  den  deut- 
schen Bischofstädten  während  des  früher.  M.-A.  (1905)  S.  322  f. 

*)  Keutgen  a.a.O.  S.  51.  —  Hegel  a.  a.  O.  S.  33  sagt:  ,,seit  dem 
13.  Jahrhundert  wurde  allerdings  die  Ummauerung  einer  neuen  Stadt 
als  Erfordernis  angesehen."    Vgl.  auch  v.  Below,  Hist.  Zs.  59,  199. 

5)  S.  Rietschel,  Die  Civitas  auf  deutschem  Boden  bis  z.  Aus- 
gang der  Karolingerzeit  1894  S.  9ofif. 

«)  Hegel  a.  a.  O.  S.  20  ff. 

')  So  Rietschel,  Civitas  S.  95,  ähnlich  Brunner  RG.  2,  198,  sowie 
R.Schröder  DRG.^  S.  679:  „Aber  nur  in  wirtschaftlicher  u.  sozialer 
Beziehung  sind  diese  ehemaligen  Munizipien  u.  Kastelle  in  der  Fran- 
kenzeit als  Städte  zu  betrachten,  während  ihre  rechtliche  Stellung 
sich  in  nichts  von  der  der  Dörfer  unterschied"  (1919!). 


—    99    — 

aus  den  Zentralhöfen  der  großen  Grundherrschaften  hervor- 
gegangen wären,  sind  schon  von  Below  mit  dem  Nachweis 
widerlegt  worden,  daß  tatsächlich  diese  letztern  kaum  je  zu 
Städten  erwachsen  sind;  daß  sie  gar  nicht  die  Mittelpunkte 
des  Handels  gebildet  haben,  sondern  frühe  schon  eine 
Selbständigkeit  der  lokalen  Hebestellen  bemerkbar  wird, 
während  die  supponierte  Zentralstellung  der  Haupthöfe  zur 
Entstehung  von  Märkten  keinen  Anlaß  gegeben  hat.^) 

Aber  auch  die  Landgemeindetheorie,  die  v.  Below  dann 
im  Anschluß  an  Maurers  grundherrliche  aufgestellt  hat,  ver- 
mag nicht  überzeugend  zu  wirken,  da  die  Städte  von  den 
Landgemeinden  Befugnisse  übernommen  haben  sollen,  die 
diese  gar  nicht  besaßen.  Gerade  das ,  was  v.  Below  als 
Ausgangspunkt  der  gesamten  inneren  Verwaltung  betrachtet, 
die  im  Mittelalter  von  der  Gemeinde  her  sich  gebildet  habe, 
die  Verwaltung  von  Maß  und  Gewicht,  fiel  tatsächlich  nicht 
in  die  Gemeindekompetenz,  sondern  war  Sache  der  öffent- 
lichen Gewalt,  des  Königs  und  später  der  Landesherren.^) 
Dasselbe  gilt  auch  für  die  Ordnung  des  Ge werbe wesens.^) 
R.  Schröder  hat  bereits  zutreffend  gegen  die  Landgemeinde- 
theorie geltend  gemacht,  daß  die  politischen  Befugnisse  der 
Ländgemeinden  zu  spärlich  waren  und  wohl  auch  zu  spät 
zur  Anerkennung  gelangt  sind,  als  daß  sie  schon  bei  der 
Entstehung  der  ältesten  Stadtgemeindeverfassungen  hätten 
ins  Gewicht  fallen  können.*) 

Eine  zweite  Hauptschwäche  dieser  Theorie  ruht  in  der 
unzutreffenden  Beurteilung  der  älteren  Zustände  des  Han- 
dels und  Verkehrs.  Hatte  v.  Below  mit  Recht  betont,  daß 
von  der  Bildung  besonderer  Stadtgerichtsbezirke  erst  von 
der  Zeit  an  die  Rede  sein  kann,  in  welcher  Handel  und 
Verkehr  zu  einer  gewissen  Entwicklung  gelangt  waren  ^), 
so  schließt  dies  die  Existenz  von  Städten  in  der  Karolinger- 
zeit doch  keineswegs  aus.  Denn  v.  Below  irrt  mit  der  An- 
nahme, daß  dies  erst  viel  später,  etwa  seit  dem  12.  Jahrhun- 
dert der  Fall  gewesen  sei. 

1)  V.  Below,  Hist.  Zs.  59  (1888),  197  f. 

*)  Vgl.  darüber  G.  Küntzel,   Über   d.  Verwaltung   des   Maß-  u. 
Gewichtswesens   in  Deutschland  während  d.  M.-A.  1894,   bes.  S.  92. 
^)  Das  betont  G.  v.  Below  selbst  Hist.  Zs.  58,  207. 
*j  DRG."  S.  680.  «)  Hist.  Zs.  59,  209. 

7* 


—      lOO     — 

Diese  ganze  Theorie  baut  übrigens  noch  dazu  auf  einer 
aus  ihrem  Mutterschoß,  der  hofrechthchen  Lehre,  über- 
nommenen irrigen  These  auf,  als  ob  unter  „villa"  stets  nur 
ein  Dorf  oder  höchstens  eine  offene  Siedelung  zu  verstehen 
sei,  die  erst  dadurch  zur  Stadt  wurdej  daß  die  Ummaue- 
rung  später  hinzukam.^)  Daß  diese  Annahme  für  die  Karo- 
lingerzeit nicht  zutrifft,  hat  u.  a.  schon  Gerlach  an  der  Hand 
der  Quellen  dargetan  ^) ,  es  erhellt  dies  aber  auch  bereits  aus 
den  von  S.  Rietschel  seinerzeit  vorgebrachten  Belegen^),  nach 
welchen  verschiedene  civitates  doch  auch  gelegentlich  als 
„villa"  bezeichnet  werden,  und  zwar  gerade  solche,  die  sonst 
auch  als  castra  genannt  erscheinen. 

Gegen  die  ungleich  mehr  Anhänger  zählende  Markt- 
theorie hat  neuestens  W.  Sombart  m.  E.  entscheidende  Ein- 
wände erhoben.*)  Er  wendet  sich  scharf  gegen  die  An- 
nahme sog.  „Gründungsstädte",  d.  h.  einer  plötzHchen  Ent- 
stehung der  Städte  durch  Marktgründungen,  weil  dafür  die 
ökonomische  Basis  gefehlt  habe,  vor  allem  eine  hinreichende 
Zahl  von  Konsumenten,  die  den  Kaufleuten  auskömmliche 
Beschäftigung  zu  bieten  vermochten.  Die  Märkte  und  Städte 
sind  zudem  nicht,  wie  Rietschel  meinte,  an  den  grundherr- 
lichen Haupthöfen  entstanden,  sondern  ganz  unabhängig  da- 
von nicht  selten  in  deren  unmittelbarer  Nähe.  Ganz  falsch 
ist  die  Behauptung  S.  Rietschels,  daß  in  fränkischer  Zeit  die 
Könige  selbst  auf  ihren  Domänen  planmäßig  Märkte  er- 
richtet hätten.^) 

Sombart  selbst  geht  freilich  dann  damit  völlig  irre, 
wenn  er  meint,  daß  es  damals  noch  keine  ständigen, 
sondern  nur  vorübergehende  (sog.  Karawanen-)  Märkte  ge- 
geben habe,  und  erst  als  die  umherziehenden  Kaufleute 
sich  entschlossen,  ihre  fliegenden  Buden  nicht  mehr  abzu- 
brechen, sondern  feste  Häuser  dabei  zu  errichten,  Städte 
entstanden  seien.®) 

1)  Vgl.  zuletzt  V.  Below,  vStadtgemeinde,  Landgemeinde  u.  Gilde 
Viertel] ahrschr.  f.  Soz.  u.  WG.  7,  422  ff. 

-)  Die  Entstehungszeit  der  Stadtbefestigungen  in  Deutschland 
(Leipziger  Histor.  Abhandl.  34)  19 13  S.  20,  sowie  meine  ., Grundlagen" 
2,  371  f.  *)  Die  Civitas  S.  56  ff. 

*)  Der  moderne  Kapitalismus  2.  Aufl.  i,  i38ff.  (1916). 

')  Markt  u.  Stadt  S.  (9.  «)  A.  a.  O.  S.  171. 


—      lOI      — 

Gegen  die  Burgentheorie  aber  ist  schon  geltend  gemacht 
worden,  daß  keineswegs  die  Burg  an  sich  genügte,  um 
den  Ausgangspunkt  für  einen  Markt  oder  gar  städtische 
Entwicklung  abzugeben.  Wie  viele  Burgen  hat  es  nicht 
schon  in  der  ältesten  Zeit  gegeben,  aus  denen  niemals  eine 
Stadt  hervorgegangen  ist !  ^)  Es  müssen  noch  andere  Vor- 
aussetzungen erfüllt  sein,  daß  eine  städtische  Entwicklung 
sich  anschließen  kann.  Nicht  nur  der  Markt,  wie  Keutgen 
meinte.  Ich  glaube  auch  nicht,  „daß  der  höhere  Friede,  der 
die  Stadt  vor  dem  platten  Lande  auszeichnet,  von  ihrer 
Eigenschaft  als  Burg  herrührt,  daß  eben  hierin  der  erste 
Rechtsgrund  für  die  Herstellung  besonderer  Stadtgerichts- 
bezirke zu  sehen  ist". ^) 

Dieser  höhere  Friede  erklärt  sich  m.  E.  ungezwungen 
aus  dem  Umstände,  daß  in  der  Stadt,  nicht  nur  wie  in  den 
Marktorten  während  der  Marktzeit ,  sondern  ständig  ein 
größerer,  öffentlicher  Verkehr  auch  von  Fremden  vorhanden 
war,  der  den  grundherrlichen  Dörfern  völlig  abging. 

Endlich  wird  man  auch  die  Bedeutung  der  Bischofsitze 
und  Pfalzen  an  sich  richtiger,  d.  h.  nicht  zu  hoch  einschätzen 
dürfen.  Denn  die  Bischöfe  nahmen  ihren  Sitz  eben  dort, 
wo  bereits  eine  größere  Siedelung  vorhanden  war.^)  Die 
Errichtung  eines  Bistums  setzte  also  vielmehr  bereits  voraus, 
was  man  erst  als  Folge  von  dessen  Gründung  angesehen  hat. 
Von  den  Pfalzen  aber  hat  schon  C.  Koehne  sehr  treffend 
dargetan^),  daß  die  große  Masse  derselben  niemals  zu  Städten 
emporgediehen  ist,  sondern  unscheinbare  Orte  blieben,  ja 
vielfach  abgekommen  sind.  Aachen  nimmt  da  eine  ganz 
singulare  Stellung  ein.  Es  war  schon  zur  Römerzeit  ob  seiner 
heilkräftigen  Quellen  besucht  und  ist  von  Karl  dem  Großen 
dann  aus  demselben  Grunde  in  den  beiden  letzten  Dezennien 
seiner  Regierung  als  Aufenthaltsort  besonders  bevorzugt 
worden.^) 

*)  Das  betont  zutreffend  auch  Keutgen  a.  a.  O.  S.  50  f. 

*)  So  Keutgen  a.  a.  O.  S.  52. 

')  Vgl.  meine  „Grundlagen"  2,  369.  Dazu  Hegel  a.  a.  O.  26,  vgl. 
auch  V.  Below,  Hist.  Zs.  58,  224  u.  59,  212. 

*)  Der  Ursprung  der  Stadtverfassung  in  Worms,  Speier  u.  Mainz 
1890  S.  10,  sowie  oben  i,  185. 

•'■)  Vgl.  darüber  v.  Below  in  Schmollcrs  Jb.  43,  813  ff. 


—       102      — 

Lassen  sich  somit  gegen  jede  dieser  Theorien  gewich- 
tige Einwände  erheben  und  vermag  keine  die  große  Mannig- 
faltigkeit der  geschichtHchen  Tatbestände  restlos  zu  erklären, 
so  muß  doch  ebenso  anerkannt  werden ,  daß  in  jeder  von 
ihnen  doch  auch  ein  brauchbarer  Kern  steckt  und  eine 
richtige  Beobachtung  enthalten  ist.  Die  hofrechtliche  Theorie 
erkannte  m.  E.  zutreffend,  daß  die  Städte  der  älteren  Zeit 
eine  Vorentwicklung  doch  voraussetzen,  nicht  plötzlich  aus 
dem  Nichts  entstanden  sein  können.  Bei  der  Auffassung, 
die  G.  L.  Maurer  mit  seiner  Zeit  von  der  primitiven  und 
überwiegend  landwirtschaftlichen  Kultur  der  Germanen  ver- 
trat, war  es  ganz  selbstverständlich,  daß  man  das  Dorf, 
bzw.  die  Wirtschaftshöfe  (Fronhöfe)  als  dieses  Vorstadium 
hinstellte. 

Die  Landgemeindetheorie  v.  Belows  hat  gegenüber  der 
hofrechtlichen,  von  der  sie  doch  nur  ein  Ableger  ist,  die  eine 
große  Erkenntnis  voraus,  daß  sie  den  öffentlichen  Charakter 
nicht  nur  des  Stadtgerichtes,  sondern  auch  mancher  anderer 
Einrichtungen  der  Städte  betont  hat.  Sowenig  das  Stadtrecht 
aus  dem  Hofrecht  erwachsen  ist,  so  wenig  sind  die  Stadtbürger 
aus  den  grundherrlichen  Hörigen,  oder  ist  das  Handwerk  aus 
den  unfreien  Fronhofsgewerben  hervorgegangen.^)  Dieses 
Ergebnis  läßt  sich  auch  für  die  ältere  Zeit  fruchtbar  machen, 
da  es  einerseits  die  Möglichkeit  eröffnet,  daß  die  Städte 
auch  früher  schon  neben  den  Dorfgemeinden  existiert  haben, 
anderseits  aber  doch  einen  grundlegenden  Unterschied  bei- 
der gerade  zufolge  der  Bedeutung  des  öffentlichen  Verkehrs 
auch  in  der  Karolingerzeit  annehmen  läßt,  den  man  bisher 
doch  hatte  leugnen  wollen. 

Ich  habe  an  anderer  Stelle  für  die  vorkarolingischen 
Zeiten  vom  5. — S.Jahrhundert  zu  zeigen  versucht,  daß  min- 
destens Ansätze  zur  städtischen  Entwicklung  bereits  damals 
in  den  Vororten  (vici)  der  alten  Völkerschafts-  und  Gau- 
gemeinden sich  gebildet  haben,  die  als  Mittelpunkte  ihrer 
öffentlichen  Verwaltung  zugleich  Zentren  des  wirtschaftlichen 
Verkehrs  und  auch  Märkte  gewesen  sind.^) 


1)  Hist.  Zs.  58,  195  ff. 

*)  Vgl.  meine  „Grundlagen"  2,  365  ff.  (1920). 


—     103     — 

Denn  das  ist  ohne  Zweifel  doch  auch  wieder  ein  blei- 
bender Ertrag  der  sog.  Markttheorie,  daß  dem  Markte 
jedenfalls  eine  wichtige  Bedeutung  für  die  Entwicklung  des 
Städtewesens  zukomme.  Nicht  so  freilich,  daß  alle  Städte 
auf  einer  Marktgründung  beruhten,  noch  auch,  daß  aus 
allen  Märkten  wirklich  dann  Städte  entstanden  wären.  Ge- 
rade die  ältesten  und  bedeutendsten  Städte  Deutschlands 
waren  in  der  Römerzeit  bereits  vorhanden  und  sind  nie  ganz 
zerstört  worden  oder  völlig  zugrunde  gegangen.^)  Sie  waren 
auch  in  den  Stürmen  der  sog.  Völkerwanderung  und  darüber 
hinaus  Märkte  noch  und  Zentren  des  Wirtschaftsverkehrs. 2) 
Dagegen  sind  nicht  wenige  von  den  Märkten  gerade  der 
Karolingerzeit  niemals  zu  Städten  fortentwickelt  worden, 
sondern  haben  mit  den  geänderten  politischen  und  Verkehrs- 
verhältnissen ihre  Bedeutung  später  eingebüßt,  ja  sind  wohl 
auch  ganz  verfallen.  Ich  erinnere  nur  an  die  Märkte  an  der 
Ostgrenze,  die  den  Handel  mit  den  Slaven  und  Avaren 
besorgten^):  Bardowieck,  Scheeßel,  Hallstadt,  Forchheim, 
Bremberg,  Rosdorf,  Lauriacum,  Eparesburch. 

Gerade  in  den  alten  Römerstädten  hat  sich  das  Recht 
der  deutschen  Kaufleute  zuerst  ausgebildet  und  ist  von  da 
aus  dann  bereits  im  i O.Jahrhunderte  auf  die  jüngeren  Märkte 
und  Städte  förmlich  übertragen  worden.  Diese  Bewidmungen 
setzen  aber  doch  schon  eine  erhebliche  Vorentwicklung 
voraus,  die  sich  also  lange  vor  dem  lo.  Jahrhundert  voll- 
zogen haben  muß.  Bereits  Sohm  hat  richtig  hervorgehoben: 
„Schon  die  ältesten  Zeugnisse  städtischen  Sonderrechtes  ver- 
weisen auf  das  fertige  Recht  anderer  Städte,  welches  zum 
Vorbild  für  neue  Marktgründungen  (Städtegründungen) 
dient."*)  Als  solche  „Mutterorte"  deutschen  städtischen 
Wesens  treten  aber  hervor:  Köln,  Mainz,  Worms,  Straßburg, 
Konstanz,  Regensburg,  Augsburg,  im  Westen  Trier  und 
Cambrai.^) 

Der  Stadtfriede  ist  aber  nicht  aus  dem  Marktfrieden 
hervorgegangen,    der    nur  vorübergehend,    für  die  Zeit  des 

*)  Vgl.  meine  „Grundlagen"   i,  145  ff.  '-)  Ebenda  2,  360 ff. 

«)  MG.  Capit.  I,  123  (805). 

*)  Die  Entstehung  des  deutschen  Städtewesens  1890  S.  13. 
^)  Vgl.  Waitz,  DVG.  7,  382,  sowie  5-,  395  f. 


—     I04     — 

Marktes  gegolten  hat.  Gewiß  ist  die  Theorie  nicht  zutreffend, 
als  ob  der  Stadtfriede  nur  aus  dem  Frieden  der  Kaufleute 
sich  gebildet  hätte,  etwa  in  dem  Sinne,  daß  diesen  ein  be- 
sonderer Friede  kraft  ihres  Berufes  unter  allen  Umständen 
anhing.^)  Aber  eben  in  den  Städten  war  vermöge  des 
großen  öffentlichen  Verkehrs,  an  welchem  u.  a.  besonders 
auch  die  Kaufleute  und  Händler  teilhatten  —  nicht  nur 
diese!  — ,  die  Notwendigkeit  eines  öffentlichen  Gerichtes 
von  alters  her  gegeben.  Das  Stadtgericht  ist  ein  öffent- 
liches Gericht.  Nicht  der  Marktverkehr  hat  es  erzeugt  ^), 
es  ist  vielmehr  durch  die  civitas  publica  begründet,  der  auch 
die  pax  publica  entspricht.  Denn  diese  civitas  publica  ist 
keineswegs  nur  die  Marktstadt,  wie  Sohm  meinte,  noch  auch 
als  solche  Reichsstadt,  Königsstadt '),  sondern  die  Freistatt 
eines  allgemeinen  öffentlichen  Verkehres  überhaupt,  wie  ja 
Städte  in  der  Karolingerzeit  auch  als  villa  publica  bezeichnet 
werden,  womit  aber  keineswegs  etwa  öffentliche  Dörfer  ge- 
meint sind.*) 

Deshalb  eben  entfällt  auch  jede  Nötigung,  das  Stadtrecht 
aus  dem  Burgrecht  zu  entwickeln.  Es  ist  nicht  notwendig, 
die  civitates  publicae  als  Königsburgen  zu  betrachten,  wie 
Sohm  ^)  wollte.  Denn  einmal  trifft  Sohms  sprachliche  Ab- 
leitung nicht  zu,  da  er  wich,  Genit.  wiches  mit  wie,  Genit. 
wiges  verwechselt  hat^);  dann  aber  läßt  sich  nachweisen, 
daß  die  Städte  alle  schon  vor  der  Karolingerzeit  befestigt 
waren;  auch  die  Vororte  der  Gau- und  Völkerschaftsgemeinden 
sind  gerade  seit  der  Völkerwanderungszeit  (3./4.  Jahrhundert) 
eben  zu  dem  Zwecke  mit  Mauern  umgeben  worden,  um 
für  die  umwohnende  Bevölkerung  einen  Zufluchtsort  bei 
äußerer  Bedrohung  zu  schaffen.'')  Schon  seit  dem  6.  u.  7.  Jahr- 
hundert wird  der  deutsche  Ausdruck  „burgus"  zur  Bildung 
der  Städtenamen  verwendet  (Straßburg,  Würzburg,  Augs- 
burg, Regensburg)  ^)  und  in  der  Karolingerzeit  übersetzen 
dann  sowohl  der  altsächsische  Heliand  (c.  830),  wie  Otfried 


^)  Vgl.  Keutgen  a.  a.  O.  S.  67.  -)  So  Sohm  a.  a.  O.  S.  53. 

3)  Sohm  a.  a.  O.  S.  32.  *)  Vgl.  meine  „Grundlagen"  2,  371  f. 

^)  A.  a.  O.  26  ff.  «)  Vgl.  Rieh.  Schröder  DRG.«  S.  679  n.  4. 

')  Vgl.  meine  „Grundlagen"  2,  361  ff",  und  365  ff- 
*)  Ebenda  2,  370  f. 


—     105    — 

von  Weißenburg  (c.  868)  das  lateinische  civitas  der  Evan- 
gelien ohne  Unterschied  für  die  größten  wie  für  die  kleinsten 
Orte  mit  „burg".^)  Burgen  sind  ja  auch  in  Deutschland 
längst  vor  der  Karolingerzeit  vorhanden  gewesen  und  zwar 
nicht  nur  entlang  dem  römischen  Umes,  sondern  auch  im 
Innern  der  germanischen Siedelungsbezirke.  Schon  S.Rietschel 
hat  auf  die  Gauburgen  hingewiesen  2),  und  durch  die  Aus- 
grabungen und  archäologischen  Nachweise  Schuchhardts  sind 
diese  Volks-  und  Fluchtburgen  besonders  für  Sachsen  ent- 
sprechend gewürdigt  worden.^)  Er  hat  auch  bereits  hervor- 
gehoben, daß  manche  von  ihnen  über  dem  Orte  liegen,  der 
dem  Gau  den  Namen  gegeben  hat  (so  Theotmalli,  Hlidbeki).*) 
Eben  dies  weist  uns,  glaube  ich,  darauf  hin,  was  bei  der 
Entstehung  von  Städten  aus  Burgen  das  Entscheidende  ge- 
wesen ist.  Nicht  aus  all  den  zahlreichen  Herrenburgen 
sind  nachmals  Städte  hervorgegangen.  Wohl  aber  aus  jenen, 
die  Vororte  des  Gaues,  oder  Mittelpunkte  der  Völkerschafts- 
gemeinde gewesen  sind.  Dort,  wo  auch  das  öffentliche 
Gericht  dieser  abgehalten  wurde:  Theotmalli  (Detmold),  oder 
Tigislege  (Hannover).^)  Denn  auch  für  letztere  Stadt  hat 
Schuchhardt  dargelegt,  daß  vermutUch  dort  eine  altfränkische 
Schutzburg  angenommen  werden  könne.  ^) 

Also  auch  hier  tritt  die  Öffentlichkeit  nicht  nur  des 
Verkehrs,  sondern  auch  des  Rechtes  maßgebend  hervor. 
Das  öffentliche  Gericht  der  Stadt  ist  nicht  aus  dem  Gericht 
des  Dorfes  hervorgegangen,  noch  auch  des  Fronhofes,  sondern 
aus  dem  öffentlichen  der  Gau-  oder  Völkerschaftsgemeinde.'') 

Treten  wir  nach  diesen  allgemeinen  Betrachtungen  in 
die  Untersuchung  der  besonderen  Verhältnisse  ein,  so  muß 
vor    allem    die    grundlegende   These    S.  Rietschels,    welche 

')  Vgl.  K.  Hegel,  Lat.  Wörter  u.  deutsche  Begriffe  N.  Arch.  i8,  212. 

'-)  Civitas  S.  loi. 

*)  Atlas  vorgeschichtl.  Befestigungen  von  Niedersachsen  bes. 
Heft  VII  (1902),  S.  68ff. 

*)  Schuchhardt,  Hof,  Burg  u.  Stadt  bei  den  Germanen  u.  Grie- 
chen.   Ilbergs  N.  Jb.  f.  d.  klass.  Altertum  21,  311  f.  (1902). 

^)  Vgl.  meine  ,, Grundlagen"  2,  367  f. 

')  Über  d.  Ursprung  d.  Stadt  Hannover,  Zs.  d.  hist.  Ver.  f.  Nieder- 
sachsen 1903  S.  I  ff. 

')  Vgl.  meine  ,, Grundlagen"  2,  365  f. 


—     io6    — 

nahezu  von  allen  folgenden  Darstellungen  übernommen  worden 
ist,  als  unrichtig  bezeichnet  werden,  daß  die  Bezeichnung 
civitas  in  der  Karolingerzeit  auf  die  12  alten  Bischofsitze  in 
den  alten  Römerstädten  Augsburg,  Basel,  Chur,  Köln,  Kon- 
stanz, Mainz,  Metz,  Speier,  Straßburg,  Tongern  (Maaßtricht), 
Trier  und  Worms  beschränkt  gewesen  sei.^)  Rietschel  selbst 
mußte  bereits  für  Regensburg  eine  Ausnahme  zugeben. 2) 
Diese  Bezeichnung  wurde  keineswegs  „nur  ausnahmsweise 
auf  die  seit  dem  Beginne  des  VIII.  Jahrhunderts  neu  ent- 
stehenden Bischofstädte  übertragen".^)  Noch  auch  fehlt 
für  die  östlichen  deutschen  Gebiete  der  im  Westen  angeblich 
bloß  übliche  stehende  Ausdruck  episcopus  civitatis  iUius.'*) 
Auch  der  Unterschied  zur  Merowingerzeit,  den  Rietschel  noch 
angenommen  hat,  trifft  nicht  zu,  als  ob  die  neuen  Bistümer, 
welche  wenn  irgend  möglich  in  Kastellen  errichtet  worden 
seien,  in  jener  dann  immer  civitates  genannt  wären,  in  dieser 
aber  regelmäßig  ihre  frühere  Benennung  behalten  hätten,  und 
nur  ausnahmsweise  als  civitates  bezeichnet  worden  seien.^) 
Rietschel  hat  da  die  überaus  lehreiche  Korrespondenz  Bonifaz' 
nicht  berücksichtigt,  die  gerade  über  die  Errichtung  von 
neuen  Bischofsitzen  im  Innern  Deutschlands  handelt.  Wir 
entnehmen  dem  Bericht  Bonifaz',  welchen  er  an  den  neuen 
Papst  (Zacharias)  Anfang  742  erstattete,  daß  ,tria  oppida 
sive  urbes'  als  Bischofsitze  (sedes  episcopatus)  bestimmt 
worden  seien:  der  eine  in  castello  quod  dicitur  Uuirzeburg; 
der  andere  in  oppido  quod  nominatur  Buraburg,  der  dritte 
in  loco  qui  dicitur  Erphesfurt.  Hier  macht  Bonifaz  den 
bezeichnenden  Zusatz:  qui  fuit  iam  olim  urbs  paganorum 
rusticorum.^) 

^)  Civitas  S.  44  ff.,  bes.  50. 

^)  Ebenda  S.  50.  —  Richtig  hatte  gegen  Rietschel  schon  Hegel 
Entstehung  S.  19  n.  3  Einwände  erhoben. 

^)  Ebenda  S.  54. 

■»)  Vgl.  Capitul.  Franconofurd.  794  MG.  Capit.  i,  76  c.  17.  Dazu 
Concil.  Vern.  (755)  c.  i :  ut  episcopi  debent  esse  per  singulas  civitates. 
Ebenda  S.  33.  Capit.  Pippin.  v.  Soissons  744  c.  3:  ordinavimus  per 
civitates  legitimos  episcopos  MG.  Capit.  i,  29. 

')  Civitas  S.  55. 

«)  MG.  EPP.  3,  299  nr.  50,  sowie  neuerdings  M.  Tangl,  EPP.  Select. 
in  usum.  scholar.  (1916)  1,  80  nr.  50. 


—     107    — 

Schon  Papst  Gregor  III.  hatte  lo  Jahre  vorher,  da  er 
Bonifaz  zum  Missionserzbischof  bestellte,  diesem  eingeschärft, 
Bischöfe  nach  der  kanonischen  Satzung  bloß  an  volkreichen 
Orten  zu  ordinieren:  ubi  multitudo  excrevit  fidelium^);Zacha- 
rias  kam  in  der  Antwort  auf  das  Schreiben  Bonifaz'  (743) 
darauf  wieder  zurück  und  legte  diesem  neuerlich  dringend 
das  alte  kanonische  Verbot  ans  Herz:  ut  minime  in  villulas 
vel  in  modicas  civitates  episcopos  ordinemus,  ne  vilescat 
nomen  episcopi.^) 

Tatsächlich  muß  Rietschel  doch  selbst  sich  gestehen, 
daß  die  neuerrichteten  Bistümer,  wie  Utrecht,  Passau,  Frei- 
sing, Salzburg  auch  als  civitates  bezeichnet  werden^)  und 
ebenso  Lüttich,  das  seit  dem  8.  Jahrhundert  Residenzort 
der  tongrischen  Bischöfe  war.*)  Aus  seinen  Quellenzitat cn 
ergibt  sich  auch  die  Unrichtigkeit  seiner  weiteren  Behauptung, 
daß  keine  civitas  je  castrum  genannt  worden  sei.^)  Und  wenn 
er  schließlich  noch  darauf  hinweist,  daß  nicht  wenige  castra, 
und  zwar  nicht  nur  solche ,  die  Bischofsitze  waren ,  doch 
auch  als  civitas  oder  urbs  bezeichnet  wurden  —  so  Laden- 
burg, Bingen,  Boppard,  Koblenz,  Bonn,  Deutz  und  Maastricht, 
—  so  können  wir  seinem  Schlußergebnis  in  keiner  Weise 
beipflichten,  als  ob  die  Karolingerzeit  „im  allgemeinen  den 
Unterschied  zwischen  civitas  und  castrum  noch  ziemlich 
scharf  aufrechterhalten"  habe.^) 

Ich  meine,  es  wird  nicht  zufällig  sein,  daß  gerade  diese 
castra  auch  urbes  oder  civitates  genannt  wurden.  Denn  für 
alle  ist  durch  die  in  der  Kompilation  des  anonymen  Geo- 
graphen von  Ravenna  erhaltene  Überlieferung  vom  Ausgang 
des  5.  Jahrhunderts  bezeugt,  daß  sie  damals  schon  „civitates", 
d.  h.  hier  aber  wohl  Vororte  von  Gau-  und  Völkerschafts- 
gemeinden, gewesen  sind.**) 

Beachtung  verdient  in  diesem  Zusammenhang  auch  eine 
Nachricht,  welche  über  die  Verhältnisse  in  Sachsen  im 
9.  Jahrhundert  Aufschluß  gibt.  Die  Translatio  des  heiligen 
Liborius  erzählt  uns,  es  hätten  dort  zwar  civitates,  in  quibus 
more  antiquo  sedes  episcopales  constituerentur  nahezu  gefehlt, 

')  Tangl  a.  a.  O.  S.  50.  2)  Ebenda  S.  87. 

••')  Civitas  S.  55  f.  *)  Ebenda  S.  57.  '"}  Ebenda  S.  58. 

")  Vgl.  meine  ,,Grundlay;en"  2, "360  f. 


—     io8     — 

Karl  der  Große  habe  aber  bei  seinem  Bekehrungswerk  Orte, 
welche  sowohl  durch  die  natürlichen  Vorzüge  hervorragten, 
als  auch  durch  ihre  große  Bevölkerung  vor  den  übrigen  be- 
sonders dazu  geeignet  waren,  hiezu  erwählt.^)  Unter  diesen 
aber  sei  ganz  besonders  Paderborn  ausgezeichnet  gewesen, 
dessen  herrliche  Lage,  mildes  Klima  und  Reichtum  an 
Naturprodukten  gerühmt  wird.  Ausdrücklich  ist  hier  bereits 
derUmmauerung  auch  gedacht  (in  ipso  moeniorum  prospectu) 
und  überdies  betont,  daß  schon  seit  alters  her  auch  der 
Gau  selbst  reich  an  hervorragenden  Männern  gewesen  sei, 
so  daß  Stadt  und  Land  einander  entsprächen  und  gegen- 
seitig zur  Zierde  gereichten.^) 

Hier  tritt  also  das,  was  die  Stadt  schon  zur  Karolinger- 
zeit charakterisierte,  deutUch  in  die  Erscheinung:  Nicht  der 
Bischofsitz  als  solcher,  sondern  die  allgemeine  Bedeutung 
des  Ortes  für  den  ganzen  Gau,  die  Zahl  seiner  Bevölkerung 
und  auch  die  Mauern,  welche  ihr  Schutz  zu  gewähren  ver- 
mochten. Man  sieht,  die  Stadt  hob  sich  damals  bereits 
durch  ihre  kulturelle  Bedeutung  von  dem  platten  Lande 
wirksam  ab. 

Die  Darstellung  von  S.  Rietschel  ist  aus  deshalb  irre- 
führend, weil  sie  den  Anschein  erweckt,  als  habe  es  zur 
Karolingerzeit  nur  etwa  ein  Dutzend  Bischofstädte  in  Deutsch- 
land gegeben.  Und  doch  haben  wir  nahezu  die  dreifache 
Zahl  damals  schon  anzusetzen.  Die  Unterwerfung  und  Be- 
kehrung der  Sachsen  gab  Anlaß  zur  Gründung  der  Bistümer 
Bremen  (c.  789),  sowie  Verden  und  Minden.^)  Nach  der  Pazi- 
fikation  Sachsens  war  dann  Münster  von  Karl  dem  Großen  c.  804 
errichtet  worden.*)  Paderborn  gehört  in  die  gleiche  Zeit.^) 
Die  Organisation  der  Bistümer  Hildesheim  und  Osnabrück, 
sowie  wahrscheinlich  auch  Halberstadts  erfolgte  in  der  Zeit 
Ludwigs  des  Frommen.^)  Im  Jahre  831  wurde  Hamburg 
für  Erzbischof  Anskar  als  eigenes  Bistum  begründet.')  In 
Baiern   war   schon   durch  Bonifaz  die  kirchliche  Neuorgani- 

^)  MG.  SS.  4, 150:  loca  tarnen  ad  hoc,  quae  et  natural!  quadam  ex- 
cellentia  et  populi  frequentia  prae  caeteris  oportuna  videbantur,  elegit. 
^)  Ebenda  c.  3.  ')  Vgl.  Hauck  KG.  2  -,  390  sowie  405  f. 

*)  Ebenda  406.  ^)  Ebenda  408. 

«)  Ebenda  409  u.  675.  ')  Ebenda  2,  677  f. 


—     109    — 

sation  durchgeführt  worden.  Neben  Regensburg  traten 
Passau,  Freising  und  Salzburg  als  Bistümer  auf.^)  Eichstätt 
wurde  gleichfalls  noch  unter  ihm  als  Bistum  konstituiert 
(745  ?).^)  Auch  das  Bistum  Säben  (Brixen)  unterhielt  seit 
dem  letzten  Drittel  des  8.  Jahrhunderts  Beziehungen  zum 
fränkischen  Reiche.^) 

Hält  man  hinzu,'  daß  im  Norden  Utrecht  und  Lüttich,  im 
Osten  aber  die  von  Bonifaz  neu  gegründeten  3  Bistümer 
Würzburg,  Buraburg  und  Erfurt  vorhanden  waren,  so  haben 
wir  im  ganzen  32  Bischofsitze  in  Deutschland  für  jene  Zeit 
in  Rechnung  zu  stellen  *),  was  für  die  Bedeutung  des  Städte- 
wesens doch  ein  ganz  anderes  Bild  ergibt,  als  es  bisher  nach 
den  Ausführungen  S.  Rietschels  scheinen  konnte. 

Auch  die  Bezeichnung  „Bischofstädte",  wie  sie  Rietschel 
und  nach  ihm  auch  andere  gebrauchten,  ist  für  die  Karo- 
lingerzeit nicht  sehr  treffend  und  nur  soweit  richtig,  als 
damit  eine  Stadt  bezeichnet  werden  soll,  in  welcher  ein 
Bischof  seinen  Sitz  hatte.  Aber  diese  unterscheiden  sich 
von  den  Bischofstädten  der  Merowingerzeit  politisch  sehr 
wesentlich,  da  damals  der  Bischof  in  Fortbildung  spätrömischer 
Verhältnisse  eine  viel  größere  Macht  über  die  Stadt  und 
das  dazugehörige  Territorium  der  Civitas  besaß,  zudem  auch 
vom  Königtum,  ob  prinzipieller  Anerkennung  des  freien 
.Wahlrechtes  weniger  abhängig  war  ^),  als  in  der  Karolinger- 
zeit; denn  jetzt  erfolgte  die  Bestellung  durch  Ernennung 
seitens  des  Königs,  die  Bischöfe  wurden  königliche  Beamte 
und  als  solche  auch  mit  weltlichem  Dienst  von  Karl  dem 
Großen  beauftragt.^)  Die  Städte,  in  welchen  sie  ihren  Sitz 
hatten,  waren  keine  Bischofstädte  in  dem  späteren  Sinne 
des  Wortes,  so  daß  der  Bischof  Stadtherr  gewesen  wäre. 
Dieser  jüngere  Zustand  repräsentiert  eine  staatsrechtliche 
Form,  die  sich  erst  seit  Ende  des  10.  Jahrhunderts  aus- 
gebildet hat,  als  die  Ottonen  den  Bischöfen  als  Stützen  ihrer 


1)  Ebenda  I^49of.  2)  Ebenda  I^  Sigf. 

^)  Ebenda  2,  428  n.  10. 

*)  Beziehungsweise  30,  da  Buraburg  u.  Erfurt  spätestens  774 
aufgehoben  wurden ,  vgl.  Tangl ,  Geschichtl.  Studien  f.  A.  Hauck 
1916  S. 120. 

^)  Vgl.  meine  „Grundlagen"  2,  264 ff.        ^)  Brunner  RG.  2,  3i8f. 


—       HO      — 

königlichen  Reichspolitik  wichtige  Rechte  im  Wege  der 
Privilegien  übertrugen.  Ein  Teil  der  Forscher  hat  ja  früher, 
wie  oben  schon  bemerkt  wurde,  auf  diese  ottonischen  Privi- 
legien geradezu  den  Ursprung  der  deutschen  Stadtverfassung 
zurückführen  wollen.  Das  ist  sicher  unzutreffend,  aber 
ebenso  doch  richtig,  daß  sie  eine  neue  Etappe  in  der  Ent- 
wicklung des  deutschen  Städtewesens  bedeuten.^)  Der 
Bischof  schwang  sich  jetzt  zum  Herrn  der  Stadt  auf  dadurch, 
daß  ihm  die  bis  dahin  vom  König  in  derselben  ausgeübten 
öffentlichen  Rechte  übertragen  wurden.  Wie  immer  A.Heusler 
diese  ottonischen  Privilegien  nicht  zutreffend  gedeutet  hat, 
soviel  hat  er  doch  richtig  erkannt,  daß  durch  sie  die  Graf- 
schaftsrechte in  dem  betreffenden  Gebiete  auf  den  geistlichen 
Herrn  übertragen  wurden.^)  Ebenso  hat  Waitz  diesen  wich- 
tigen Prozeß  aufgefaßt.^)  Er  hob  bereits  hervor,  daß  seit 
den  späteren  Ottonen  z.  T.  „allgemein  die  Handhabung  könig- 
licher Rechte  und  insbesondere  die  Gerichtsbarkeit  in  Markt- 
sachen" verliehen  worden  sei.*)  J.  Lechner  hat  dann  für 
Worms  im  einzelnen  gezeigt,  wie  die  Begründung  der  Fürsten- 
macht des  Bischofes  dort  vor  sich  ging.^)  Diese  bedeutsame 
Entwicklung  hat  sich  ja  in  allen  Bistümern  in  der  2.  Hälfte 
des  10.  Jahrhunderts  ziemlich  gleichmäßig  vollzogen.^)  Auf 
Grund  der  alten  Immunitätsrechte  und  ihres  immer  mehr  er- 
weiterten Grundeigentums  haben  die  Bischöfe  damals  zum. 
guten  Teil  auch  mit  Hilfe  von  Urkundenfälschungen  erreicht, 
was  bisher  dem  König,  bzw.  Grafen  in  diesen  Städten  an 
öffentlichen  Rechten  eignete:  nicht  nur  die  hohe  Gerichts- 
barkeit (Bann),  auch  Markt  und  Zoll  sowie  Münze. 

Sehr  deutlich  tritt  der  Übergang  in  den  Urkunden  für 
Passau  zutage,  da  es  hier  in  dem  Privileg  Ottos  III.  von  999 
(DO III.  306)  heißt:    eiusdem   civitatis  mercatum,  monetam, 

1)  Es  ist  jedenfalls  unzutreffend,  wenn  v.  Below  (Hist.  Zs.  59,  212) 
behauptet,  „daß  ihnen  überhaupt  keine  Bedeutung  für  die  städtische 
Entwicklung  zukommt". 

'-)  Der  Ursprung  d.  deutschen  Stadtverfassung  1872  S.  44. 

»)  VG.  7,  255  f.  (1876).  *)  Ebenda  254. 

'•)  Mitteil.  d.  Instit.  22,  550 ff.,  bes.  562. 

»)  Vgl,  A.  Hauck,  Die  Entstehung  d.  bischöfl.  Fürstenmacht  1891 
bes.  46  ff.,  auch  Boos,  Gesch.  d.  rhein.  Städtekultur  (1897  ff.)  i,  226 ff,, 
sowie  Hegel  a.  a.  O.  S.  43  ff. 


—     III     — 

bannum,  teloneum  et  totius  publice  rei  districtum  tali  tenore, 
ut  praedictus  praesul  suique  successores  omnem  publicam 
rem  hactenus  nobis  in  eadem  civitate  Bataviensi  pertinen- 
tem  habeat.^) 

Gerade  diese  Ottonischen  Privilegien  sind  nun  eine 
vortreftliche  Illustration  für  die  Zustände  der  vorausgehenden 
Zeit.  Wir  sehen,  wie  bis  dahin  die  ganze  öffentliche  Ge- 
walt, nicht  nur  die  gräfliche  Gerichtsbarkeit,  sondern  auch 
Markt,  Zoll  und  Münze  dem  König  eigneten,  der  sie  durch 
den  Grafen  ausüben,  bzw.  verwalten  ließ. 

In  diesen  königlichen  Städten  befand  sich  bereits  seit 
der  Merowingerzeit  der  Sitz  des  Grafenamtes  (Stadtgrafen, 
comites  civitatum).^)  Sie  waren  Mittelpunkte  der  öffent- 
lichen Verwaltung.  Die  Grafschaften  wurden  vielfach  auch 
zur  Karolingerzeit  und  im  Osten  ebenso  geradezu  nach  den 
Städten  benannt,  z.  B.  comitatus  Bonnensis,  c.  luliacensis 
u.  a.  m.^) 

Hier  wurde  Markt  gehalten.  Ein  Capitulare  aus  der 
Zeit  König  Pippins  (744)  verordnete,  es  solle  per  omnes  civi- 
tatis jeder  Bischof  für  einen  legitimus  forus  et  mensuras  Vor- 
sorgen.*) Sicherlich  ist  diese  zu  Soissons  erlassene,  zunächst 
wohl  die  westlichen  Verhältnisse  vor  Augen  habende  Bestim- 
mung so  aufzufassen,  daß  hier  die  charitative  Aufgabe  der 
Bischöfe  eingeschärft  wurde. ^)  Schon  Waitz  hat  richtig  be- 
tont: „wie  es  scheint  zunächst  deshalb,  damit  kein  Korn- 
mangel entstehe".^)  Aber  daß  in  den  Städten  auch  des 
Ostens  regelmäßig  Markt  gehalten  wurde  und  sie  vor  allem 
zum  Absatz  der  Produkte  des  umliegenden  Landes  dienten, 
geht  auch  aus  den  anderen  Quellen  zur  Genüge  hervor. 
Die  Admonitio  generalis  Karls  des  Großen  vom  Jahre  789 
ordnet  an,  daß  gleiches  und  gerechtes  Maß  und  Gewicht  in 
den  Städten  gehalten  werden  solle. "^j   Auf  die  Tatsache  ist 


*)  Vgl.  dazu  Fr.  Strauß  in  Mitteil.  d.  Instit.  26,  131,  sowie  Heu- 
wieser,  Die  stadtrechtl.  Entwickl.  der  Stadt  Passau  bis  zur  Stadt- 
herrschaft der  Bischöfe  19 10  S.  70. 

^)  Vgl.  meine  ,, Grundlagen"  2,  390  ff.,  auch  Heuwieser  a.  a.  O. 

*)  Vgl.  Waitz  VG.  3^  381  n.  2,  auch  Hegel  a.  a.  O.  S.  18. 

*)  MG.  Capit.  I,  30.  ^)  Vgl.  meine  ,, Grundlagen"  2,  210 fF. 

«)  VG.  4  -,  54.  ')  MG.  Capit.  i,  60  c.  74. 


—       112       — 

schon  oben  hingewiesen  worden,  daß  die  Erträge  der  land- 
wirtschaftlichen Produktion  nach  Aussage  der  Urbare  viel- 
fach eben  an  die  benachbarten  Städte,  wie  z.B.  Mainz,  Worms, 
Speier,  nicht  aber  nur  an  Zentralhöfe  der  Grundherrschaft 
selbst  abgeliefert  werden  sollten.^)  Auch  die  Fronden, 
besonders  Fuhrdienste  mußten  von  den  Hintersassen  geist- 
licher Grundherrschaften  z.  T.  in  die  Städte  geleistet  werden.^) 
Endlich  weist  die  Zollgesetzgebung  der  Karolingerzeit  ebenso 
darauf  hin.  Zoll  sollte  nur  auf  den  Märkten  erhoben  werden, 
ubi  communia  commertia  emuntur  ac  venundantur.^)  Nach 
gleichzeitigen  Urkunden  der  Könige  aber  wird  die  von  ihnen 
verliehene  Zollfreiheit  insbesondere  auch  auf  die  Städte  be- 
zogen.*) Das  wird  dann  bereits  in  der  Zeit  Ludwigs  des 
Frommen  ganz  formelhaft  verallgemeinert.^) 

Solche  regelmäßige  Märkte  wurden  natürlich  nicht  nur 
in  jenen  Städten  abgehalten,  die  zugleich  Sitz  eines  Bischofes 
waren.  Wir  entnehmen  ebendiesen  Zollprivilegien  u.  a.,  daß  in 
den  Häfen  der  Nordsee  zu  Quentowic  (Etaples),  Dorstadt,  Tiel 
u.Stavern  solche  Zoll-  und  Handelsstationen  vorhanden  waren, 
wie  anderseits  das  Capitulare  Karls  des  Großen  von  Dieden- 
hofen(8o5)fürdieMissi  uns  eine  ganze  Reihe  von  Märkten  auf- 
zählt, die  dem  Handel  mit  den  Slaven  und  Avaren  im  Osten 
dienten:  Bardowiek,  Scheeßel  (b.  Bremen),  Magdeburg, Erfurt, 
Hallstadt  (b.  Bamberg),  Forchheim,  Bremberg (a.  d.  Naab),  Lau- 
riacum.®)  Aus  der  Raffelstädter  Zollordnung  von  c.  905,  welche 
die  Verhältnisse  aus  der  Zeit  Ludwigs  des  Deutschen  (fS/ö) 
und  seines  Sohnes  Karlmann  (f  880)  gerichtlich  feststellte, 
erfahren  wir  überdies,  daß  solche  Märkte  an  der  Donau 
auch  zu  Rosdorf  (zwischen  Passau  und  Linz),  in  Linz,  Epares- 

^)  Vgl.  I,  291. 

-)  Vgl.  Lex  Baiuvar.  i,  13:  ad  civitatem  vel  ad  villam,  ubi  ne- 
cesse  fuerit,  ipsa  calce  trahantur  MG.  LL.  III.  280. 

*)  Vgl.  Capitul.  V.  c.  820  MG.  Capit.  i,  294  c.  i. 

*)  Vgl.  z.  B.  das  Privileg  Karls  d.  Gr.  für  St.  Germain  des  Pres 
vom  J.  779  MG.  DD.  Car.  122:  per  omnes  civitates  similiter  ubicunque 
in  regna  .  .  -  nostra  .  .  teloneus  exigetur. 

^)  Vgl.  Form.  Imp.  20,  22.  24.  MG.  FF.  301  ff. :  ad  quascunque 
civitates,  castella  aut  portus  vel  cetera  loca  accessum  habuerint  .  . 

*)  MG.  Capit.  I,  123. 


—     113     — 

bürg  und  Mautern  vorhanden  waren. ^)  Überdies  wird  noch 
ein  mercatus  Marahorum  daselbst  genannt.^)  Auch  Raffel- 
stätten selbst,  wo  die  Inquisitio  über  die  Zollsätze  statt- 
fand, dürfen  wir  als  einen  solchen  Markt  betrachten.  Das 
macht  allein  i4Märkte  an  der  Ostgrenze  aus,  wozu  Halle  a.S. 
noch  als  15.  hinzukommt,  da  durch  erzählende  Quellen  be- 
zeugt ist,  daß  Karl  der  Große  im  Jahre  806  „civitates  duas", 
Magdeburg  und  Halle,  habe  erbauen  lassen.^) 

Wir  werden  die  Zahl  der  Märkte  auch  in  Deutschland 
zur  Karolingerzeit  um  vieles  höher  veranschlagen  müssen, 
als  die  Summe  der  in  den  Quellen  genannten  Orte  ausmacht, 
da  die  Zufälligkeit  der  Überlieferung  hier  sehr  stark  ins  Ge- 
wicht fällt.  Denn  was  in  Heiligenleben  und  erzählenden 
Quellen,  Annalen  besonders,  erwähnt  wird,  ist  doch  keines- 
wegs ein  gleichmäßiges  Abbild  der  einst  überhaupt  vor- 
handenen Besiedelungs-  und  Verkehrsverhältnisse.  Neuere 
Untersuchungen  über  den  nordischen  Handel  haben  gezeigt, 
daß  derselbe  schon  im  9.  Jahrhundert  an  der  Nord-  und  Ostsee 
eine  beträchtliche  Entwicklung  besessen  haben  muß.  Schles- 
wig hatte  schon  am  Beginne  desselben  eine  größere  Be- 
deutung als  Hafenplatz  und  war  Sitz  eines  Grafen.*)  An 
der  Küste  von  Mecklenburg  blühte  die  Handelsstadt  Reric 
Ende  des  8.  Jahrhunderts.^)  Ebenso  war  an  der  Mündung 
der  Weichsel  ein  Handelsplatz  schon  im  9.  Jahrhundert  auf- 
gekommen, Truso  (jetzt  Drausen-See).®)  Auch  an  der  Stelle 
der  späteren  Hansastadt  Wismar  war  840  eine  Niederlassung, 
Wismer,  vorhanden.'')  Nimmt  man  Bugges  Ausführungen 
über  den  Handel  der  angelsächsischen,  schwedischen  und 
kurländisch- russischen  Städte  in  jener  Zeit  noch  hinzu,  so 
ergibt  sich,  daß  schon  zur  Karolingerzeit  eine  Vorblüte  der 
späteren  „Hansa"  angenommen  werden  darf. 

Aber  auch  im  Inneren  Deutschlands  müssen  wir  eine 
reichliche  Menge  von  Märkten  vermuten.    Nicht  so  sehr,  daß 


^)  Ebenda  2,  250 ff.;   daraus   ergibt   sich   auch,   daß   Ebersburg 
nicht  mit  Mautern  identisch  war. 

"-)  Ebenda  252.  ^)  Chron.  Moissiac.  MG.  SS.  2,  258. 

*)  Vgl.  A.  Bugge,  d.  nordeurop.  Verkehrswege  i.  früh.  MA.,  Vjahrs. 
f.  Soz.  u.  WG.  4,  232f.  auch  R.  Hennig,  Hist.  Zs.  115  (1916). 

")  Ebenda  237.  «)  Ebenda  238.  ')  Ebenda  S.  240  f. 

Dop  seh,  Wirtschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.  II.   2.  Aufl.  8 


—     114     — 

die  großen  Grundherrschaften  solche  planmäßig  eingerichtet 
haben  werden,  wie  die  ältere  Lehre  besonders,  aber  auch 
S.  Rietschel  noch  annahm^),  vielmehr  kommen  die  Kloster- 
und  Kirchweihmärkte  da  auch  in  Betracht.  Bei  den  kirch- 
lichen Festen,  besonders  dem  des  Kirchenheiligen,  strömten 
die  Leute  der  Umgebung  zusammen,  ein  Anlaß,  der  zugleich 
zu  Handelszwecken  benutzt  wurde.  Das  berühmteste  Beispiel 
aus  altfränkischer  Zeit  ist  wohl  die  Messe  des  Hl.  Dionysius 
bei  Paris  (St.  Denis).  Aber  auch  in  Deutschland  hatten 
kleinere  Kirchen  ähnliche  Märkte  veranlaßt,  wie  uns  an 
Mühlheim  a.  Main  (später  Seligenstadt)  ein  interessantes 
Beispiel  nachgewiesen  worden  ist.^)  Große  Klöster  besaßen 
mehrfach  Märkte  in  verschiedenen  Teilen  des  Frankenreiches, 
wo  sie  begütert  waren.  So  St.  Denis  u.  a.  auch  zu  Eßlingen 
am  Neckar,  der  schon  zur  Zeit  Karls  des  Großen  bestand.') 

Auch  die  Klostermärkte  kamen  dem  allgemeinen  Ver- 
kehr zustatten,  wie  besonders  das  Beispiel  von  Korvey 
beweist,  dem  Ludwig  der  Fromme  im  Jahre  833  das  Münz- 
recht deshalb  verlieh,  weil  jene  Gegend  eines  Marktes  be- 
durfte. Die  entscheidende  Stelle  in  dem  kaiserl,  Privileg  ist 
von  S.  Rietschel  völlig  unzutreffend  ausgelegt  worden.*)  Es 
ist  nämlich  nicht,  wie  er  meinte,  zu  übersetzen:  „weil  die 
Gegend  eines  Marktes  entbehrte",  was,  wie  er  sich  selbst 
gestehen  mußte,  eine  auffallende  Inkongruenz  zwischen  Vorder- 
satz und  Nachsatz  involvirt.  Richtig  hatte  doch  schon 
Mühlbacher  den  Sachverhalt  erfaßt.^) 

Es  lassen  sich  ferner  Anhaltspunkte  dafür  nachweisen, 
daß  in  den  einzelnen  Gauen,  vermutlich  im  Vororte  der- 
selben, oder  an  dessen  Gerichtsstätte  (mallus)  Markt  ge- 
halten worden  ist.  Denn  einmal  können  wir  dies  aus  den 
Formeln  für  die  Zollprivilegien  erschließen.  Nach  einer  wird 
geradezu  die  Hälfte  des  Zolles  aus  einem  bestimmten  Gau 
an  ein  Kloster  (St.  Croix  Orleans)  verliehen:  de  omni  con- 


1)  Siehe  oben  S.  100  u.  auch  unten  S.  120. 

-)  Vgl.  Mathäi ,    Einhards   translatio   SS.  Marcellini    et   Petri   in 
kulturgeschichtl.  Beziehung,  Progr.  d.  Gymn.  z.  Laubach  1883/4, 

3)  Mühlbacher  Reg.^  1461  (1418).  *)  Markt  u.  Stadt  S.  16. 

.    ^)  Reg.  Imp.  I  ^  nr.  922  (893). 

% 


—     115    — 

mercio,  quod  in  eodem  pago  venditur  aut  emitur.^)  Der 
Zoll  wurde  anscheinend  von  dem  Grafen  des  Gaues  ein- 
gehoben, worauf  die  Wendung  im  Texte  weist,  daß  der 
Bezug  dieser  Hälfte  vom  Zoll  '^absque  alicuius  iudiciarie 
potestatis  inquietudine'  erfolgt  sei  und  auch  künftig  keine 
iudiciaria  potestas  eine  Beeinträchtigung  darin  bewirken 
solle.  Anderseits  hören  wir,  daß  Karl  der  Kahle  86i ,  da 
er  unter  Berufung  auf  ein  Capitulare  seines  Vaters  und 
Großvaters  ein  Verbot  gegen  die  Zurückweisung  vollwichtiger 
Denare  erließ,  die  Publikation  desselben  *in  civitatibus  et  in 
mallis  atque  in  placitis  seu  in  mercatis'  anbefahl.^)  Auch 
die  Gerichtsversammlungen  (Dinge)  werden  ähnlich  wie  die 
Kirchenfeste  Anlaß  zum  Marktverkehr  geboten  haben.  Selbst 
kleinere  von  diesen  Märkten  werden  gelegentlich  doch  als 
"^civitas"  bezeichnet,  wie  z.  B.  Mautern  a.  d.  Donau. ^) 

Märkte  gab  es  endlich  auch  bei  den  Burganlagen 
(castella)  der  Karolingerzeit.  Dieselben  sind  großenteils 
schon  seit  der  Römer-,  ja  Keltenzeit  begründet  worden. 
Bereits  Rietschel  hat  auf  eine  Reihe  solcher  alten  Keltenorte 
am  Rhein  hingewiesen*):  Zülpich(Tolbiacum), Bitburg (Beda), 
Nymwegen  (Noviomagus),  Neuß(Novaesium),  Dormagen  (Dur- 
nomagus),  Deutz  (Divitia),  Bonn  (Bonna),  Remagen  (Rigo- 
magus),  Andernach (Antunnacum),  Koblenz,  Boppard  (Baudo- 
briga),  Kreuznach  (Cruciniacum),  Bingen  (Bingium),  Brumat 
(Breucomagus),  Windisch  (Vindonissa) ,  Zürich  (Turicum), 
das  rechtsrheinische  Ladenburg  (Lopodunum);  die  Reihe 
ist  aber  nicht  vollständig.  Eine  bei  dem  anonyrhen  Geographen 
von  Ravenna  erhaltene  Überlieferung  vom  Ende  des  5.  Jahr- 
hunderts zählt  noch  eine  ganze  Anzahl  anderer  auf:  Im 
Moselgebiet  außer  Koblenz:  Karden,  Bernkastei,  Neumagen; 
am  Rhein  noch  Oberwesel,  Worringen,  Serm  (b.  Düsseldorf), 
Drüpt,  Asciburgium  (Burgfeld  bei  Asberg),  Birten,  Xanten, 
Qualburg  (bei  Cleve).  Ferner  im  schwäbischen  Gebiet: 
Altrip,  Pforzheim,  Breisach,  Äugst,  Kaisten,  Zug,  Arbon, 
Bregenz.  EndHch  neben  Augsburg  noch  Reißenburg  (bei 
Günzburg  a.  d.  Donau),  Theuringen  (OA.  Tettnang),  Bergen 

1)  Form.  Imp.  19.     MG.  FF.  300   =   Mühlbacher  Reg."  542  (523). 
-)  MG.  LL.  I,  477. 

3)  Mühlbacher  Reg.^  1955  a  (Ann.  Fuld.).  ■•)  Civitas  S.  31. 

8* 


—     ii6    — 

(bei  Frankfurt),  Eschersheim,  Aschafifenburg  und  Salz.^)  Die 
meisten  davon  sind  auch  in  der  Karolingerzeit  quellenmäßig 
zu  belegen. 2)  Bei  dem  Anonymus  Ravennas  werden  sie  als 
„civitates"  bezeichnet,  was  wohl  nicht  im  Sinne  von  „Städten", 
aber  vielleicht  von  Vororten  der  Völkerschaftsgemeinden 
aufzufassen  ist.  Immerhin  werden  einzelne  davon  wie  Zül- 
pich,  Bingen,  Boppard,  Koblenz,  Bonn,  Deutz  auch  in  der 
Karolingerzeit  nicht  nur  als  castellum,  sondern  gelegentlich 
auch  als  civitas  bezeichnet,  daneben  kommt  oppidum  vor. 
Ebenso  bei  Solothurn.^) 

Wahrscheinlich  waren  auch  zu  Merseburg*)  und  Quedlin- 
burg^) schon  in  der  Karolingerzeit  Burgen  vorhanden. 

In  der  Regel  werden  auch  bei  diesen  befestigten  Orten 
(castella)  Märkte  sich  gebildet  haben.  Für  einzelne,  die 
dann  zu  Bischofsitzen  ausersehen  wurden,  ist  das  unmittelbar 
zu  belegen.  So  bei  Salzburg,  wo  in  den  ältesten  Quellen 
(Indiculus  Arnonis  c.  790)  neben  dem  castrum  superius  ein 
oppidum  erwähnt  wird.^)  So  auch  in  Hamburg.'')  Ebenso 
bei  den  Burgen  an  der  Ostgrenze,  wie  Magdeburg  und 
Eparesburg^),  die  dem  Handel  mit  den  Slaven  und  Avaren 
dienten.  Dasselbe  gilt  auch  für  Bardowiek,  dessen  Suffix 
gleichfalls  auf  eine  Burg  oder  befestigten  Ort  gedeutet  wer- 
den kann.^)  Indirekt  ergibt  sich  diese  Annahme  auch  aus 
den  früher  erwähnten  Urkundenformeln  für  die  königlichen 
Zollprivilegien.  Denn  hier  werden  unter  den  Orten,  wo  die 
privilegierten  geistlichen  Stifter  und  Klöster  beim  Handel, 


^)  Vgl.  meine  „Grundlagen"  2,  361. 

^)  Vgl.  die  Zusammenstellungen  der  Quellen  bei  Rietschel, 
Civitas  S.  ßgff. ;  für  Bregenz,  Arbon  u.  Günzburg.  Ebenda  37f.,  für 
Altrip  u.  Brumat  meine  „Grundlagen"  i,  108 f.,  vgl.  auch  für  Asci- 
burgium  ebenda  S.  112  nr.  78. 

')  S.  Rietschel,  Civitas  34  n.  6. 

*)  Vgl.  Rietschel,  Markt  u.  Stadt  S.  61. 

^)  Ebenda  S.  74.  Dazu  Schuchhardt,  Ilbergs  Jb.  f.  klass.  Alter- 
tum 21,  307. 

*)  Vgl.  meine  ,, Grundlagen"  i,  172. 

')  Vgl.  vita  Anskarii  c.  16,  wo  die  urbs  ipsa  von  dem  suburbium 
geschieden  wiid.  Dazu  Joachim  in  Mitteil.  d.  Instit.  33,  264  f.,  bes. 
267  n. 

'')  Siehe  oben  S.  112  f.  ")  Siehe  oben  S.  104  n.  6  R.  Schröder ! 


—     117    — 

bzw.  Einkauf  ihrer  Waren  von  der  Zollentrichtung  befreit 
sein  sollen,  zwischen  den  Städten  und  Häfen  auch  direkt 
die  castella  angeführt.^)  Diese  Beobachtung  gewinnt,  glaube 
ich,  noch  dadurch  an  Gewicht,  daß  in  anderen  Formeln 
dieser  Art  an  der  entsprechenden  Stelle  neben  Hafenplätzen 
und  Städten  eben  Märkte  (mercada)  statt  der  castella  ge- 
nannt erscheinen.^)  In  einer  alten  Formel  aus  Clermont- 
Ferrand  ist  direkt  von  einem  mercatus  puplicus  die  Rede, 
der  in  diesem  "^castrum"  vorhanden  war.^) 

Wir  werden  überhaupt  bei  der  Beurteilung  dieser 
'castella'  oder  *^castra'  um  vieles  vorsichtiger  sein  müssen, 
als  das  durch  die  bisherige  Forschung  einschließlich  S.  Riet- 
schel  noch  geschehen  ist.  Die  Übersetzung  mit  „Burg"  ist 
jedenfalls  völlig  unzureichend,  weil  sie  ganz  falsche  Vor- 
stellungen erwecken  kann.  Wir  werden  uns  vielmehr  diese 
castella  oder  castra  als  größere  Siedelungen,  geräu- 
migen Umfanges  vorzustellen  haben.  Einmal  schon  deshalb, 
weil  in  ihnen  neben  der  miUtärischen  Besatzung  also  ein 
regelmäßiger  Markt  anzunehmen  ist.*)  Ferner  aber  auch 
ihrer  weiteren  Bestimmung  wegen.  Denn  sie  sollten  auch 
dazu  dienen,  bei  Bedrohung  von  außen  durch  Feinde  den 
Bewohnern  des  umliegenden  offenen  Landes  als  Zuflucht- 
stätte zu  dienen.  Das  war  schon  in  der  Merowingerzeit 
so  gehalten  ^) ,  also  altfränkische  Übung.  Auch  für  die 
Karolingerzeit  haben  wir  direkte  Quellenzeugnisse  dafür. 
Auf  eines  hat  schon  Rodenberg  seinerzeit  hingewiesen,  als 
er  darzutun  suchte,  daß  Heinrich  I.  bei  seinen  sog.  „Städte- 
gründungen" nichts  anderes  tat,  als  schon  früher  zur  Karo- 
lingerzeit geschehen  war.^)     Aber   er  konnte  doch  nur  auf 


*)  Vgl.  Form.  Imp.  24:  ad  quascumque  civitates ,  castella  aut 
portus  vel  cetera  loca  ipse  naves  vel  homines  eas  praevidentes  vel 
ceteri  negotiatores  ipsius  monasterii  necessitates  providentes  acces- 
sum  habuerint  MG.  FF.  304;  vgl.  auch  nr.  22,  ebenda  302. 

^)  Vgl.  Cartae  Senon.  36.    MG.  FF.  201. 

^)  Ebenda  S.  28  n.  i. 

*)  Vgl.  dazu  auch  Gerlach  a.a.O.  S.  17,  der  für  Magdeburg, 
Passau,  Osnabrück,  Merseburg  u.  Konstanz  nachweist,  daß  der  Markt 
innerhalb  der  alten  Befestigung  gelegen  habe. 

^)  Vgl   meine  „Grundlagen"  2,  360  u.  365. 

'}  Die  Städtegründungen  Heinrichs  I.,   Mitteil.  d.  Instit.  17,  165. 


—     118     — 

ein  westfränkisches  Capitulare  Karls  des  Kahlen,  das  Edikt 
von  Pistes  (864),  verweisen,  durch  welches  bloß  die  eine 
Seite  der  Ordnungen  Heinrichs,  die  Verpflichtung  zum  Burg- 
werk, sowie  die  Adjutorien,  bezeugt  werden.  Zur  Ergänzung 
möchte  ich  noch  eine  Stelle  aus  den  Reichsannalen  zum 
Jahre  773  heranziehen,  wo  von  den  Sachsen,  die  in  frän- 
kisches Gebiet  eingefallen  waren,  erzählt  wird :  pervenerunt 
usque  ad  castrum,  quod  nominatur  Buriaburg,  attamen  ipsi 
confiniales  de  hac  causa  soUiciti,  cumque  hoc  cernerent, 
castello  sunt  ingressi.^)  Man  sieht,  daß  diese  Burgen  auch 
zur  Aufnahme  der  umwohnenden  Bevölkerung  im  Falle  der 
Not  bestimmt  und  geeignet  waren.  Das  aber  setzt  einen 
größeren  Umfang  derselben  voraus. 

So  erklärt  sich  nun  wohl  auch  die  Tatsache,  daß  einige 
dieser  castella  oder  castra  auch  als  ^civitates'  bezeichnet 
werden.  Es  ist  ein  grundlegender  Irrtum  S.  Rietschels  ge- 
wesen, daß  er  annahm,  die  Karolingerzeit  habe  im  allge- 
meinen den  Unterschied  zwischen  civitas  und  castrum  noch 
ziemlich  scharf  aufrechterhalten.^)  Wir  sahen  schon,  daß 
nach  den  von  ihm  selbst  vorgebrachten  Belegen  das  Gegen- 
teil zutrifft.  Die  Reichsannalen  verwenden  die  Bezeichnung 
civitas  sehr  häufig  auch  dort,  wo  nur  von  einer  befestigten 
Anlage  die  Rede  ist.  So  wird  zum  Jahre  809  erzählt,  Karl 
der  Große  habe  angeordnet,  daß  jenseits  der  Elbe  eine 
'civitas'  errichtet  werden  solle.  Nachdem  ein  dafür  geeig- 
neter Ort  ausfindig  gemacht  und  in  Besitz  genommen  worden 
war,  wird  mit  der  Befestigung  desselben  begonnen:  Es  ist 
Esesfelth,  d.  h.  die  Burg  Itzehoe.^) 

Dieselbe  Quelle  berichtet  zur  gleichen  Zeit  von  dem 
Herzog  der  Abodriten  Thrasco,  er  habe  'Smeldingorum 
maximam  civitatem"*  erobert.  Über  dieses  Ereignis  haben 
wir  noch  einen  anderen  Bericht  in  der  Fortsetzung  der  Annal. 


^)  SS.  rer.  German.  in  usum  scholar.  ed.  F.  Kurze  1895  S.  36. 

-)  Die  Civitas  S.  58,  sowie  oben  S.  107. 

^)  A.  a.  O.  S.  129:  imperator  .  .  .  statuit  trans  Albiam  fluvium 
civitatem  aedificare  Francorumque  in  ea  ponere  praesidium  .  .  . 
postquam  locus  civitati  constituendae  fuerat  exploratus  .  .  .  Albim 
traicere  et  locum  iussit  occupare  ...  et  occupatus  est  ...  et  muniri 
coeptus. 


—     119     — 

Lauresham.  (Moissiac).  Hier  aber  heißt  der  Platz  Semeldinc- 
connoburg  und  wird  gleichfalls  als  civitas  bezeichnet.^) 

Eine  ähnliche  Gleichung  ergibt  sich  aus  den  Berichten 
über  das  Jahr  'j']^.  Die  Reichsannalen  sprechen  von  der 
Erbauung  eines  castrum  an  der  Lippe,  die  Lorscher  aber 
verwenden  die  Bezeichnung  'civitas',  indem  sie  zugleich  den 
Namen  angeben:  Karlesburg. 

Der  Gebrauch  der  Bezeichnung  'civitas'  für  ein  castellum 
in  den  Reichsannalen  ist  dort  besonders  beachtenswert,  wo 
er,  wie  bei  Deutz,  im  Gegensatze  zu  den  Vici'  und  Villae' 
auftritt.''^) 

Anscheinend  war  für  den  Begriff  'civitas'  dieselbe  Vor- 
stellung auch  in  der  Karolingerzeit  mitbestimmend,  daß  die 
betreffende  Siedelung  ummauert  und  befestigt  sei,  so  wie 
schon  Gregor  von  Tours  angesichts  der  großen  Befestigungen 
des  'castrum'  Dijon  die  Frage  aufwirft :  cur  non  civitas  dicta 
sit,  ignoro.^)  So  ist  ja  auch  die  Schilderung  Regensburgs  in 
der  vita  Emmerami  gehalten :  Eine  aus  behauenen  Steinen  er- 
richtete, mit  Türmen  bewehrte,  uneinnehmbare  Burg.  Hraban 
spricht  in  einem  Gedichte  von  ihr  und  hebt  die  „zum  Himmel 
drohenden  Mauern"  besonders  hervor.'^)  Auch  das  deutsche 
Sprachgut  verdient  da  Beachtung:  civitas  wird  mit  Burg 
übersetzt.^)  Daß  man  Burgen  auch  als  civitates  bezeichnete, 
wie  die  im  sächsischen  Gebiete,  läßt  m.  E.  gleichfalls  auf 
eine  größere  Ausdehnung  dieser  castra  zurückschließen. 
Und  ebenda  kommen  uns  die  Ergebnisse  der  neueren  archäo- 
logischen Forschungen,  vor  allem  die  Ausgrabungen,  zu 
Hilfe.  Schuchhardt  hat  ja  nachgewiesen,  daß  Altschieder 
eine  karolingische  curtis  sei ,  die  Karl  unter  die  sächsische 
Skidrioburg  gesetzt  hat.^)  K.  Rubel  hat  im  Anschlüsse 
daran  über  die   fränkischen  Burgen  ausführlich  gehandelt.'') 

*)  MG.  SS.  I,  309  dazu  Kurze  a.  a.  O.  129  n.  i. 

-)  So  zu  779:  von  den  Sachsen  handelnd:  quicquid  a  Diutia 
civitate  usque  ad  fluenta  Mosellae  vicorum  villarumque  fuit,  ferro 
et  igni  depopulati  sunt. 

=*)  Hist.  Francor.  III,  19.     MG.  SS.  rer.  Merov.  i,  129. 

*)  Vgl.  meine  „Grundlagen"  i,  168.  ^)  Siehe  oben  S.  iC4f. 

*)  Atlas  vorgeschichtl.  Befestigungen  in  Niedersachsen,  bes. 
Heft  VII  S.  68  nr.  28iff. 

')  Die  Franken  S.  i4ff. 


—      I20      — 

Wie  in  Altschieder  bereits  große  Dimensionen  der  Anlage 
sich  herausgestellt  haben,  so  auch  bei  der  „Babilonie",  einem 
castrum  bei  Lübbecke  ^)  (zwischen  Minden  und  Osnabrück), 
das  im  Sachsenkriege  (Jahr  775)  eine  Rolle  spielte. 

Wir  werden  überhaupt  diesen  fränkischen  Befestigungs- 
anlagen (castella,  castra),  aber  auch  den  curtes  regiaeoderpub- 
licae  eine  größere  Bedeutung  zumessen  müssen,  als  dies  bisher 
geschehen  ist.  Noch  RietscheP)  und  Keutgen  haben  irriger- 
weise angenommen,  daß  unter  curtis  der  einzelne  Gutshof 
zu  verstehen  sei,  derart,  daß  dort,  wo  das  Wort  für  eine 
Stadt  gebraucht  wird,  immer  nur  ein  oder  mehrere  Wirt- 
schaftshöfe in  derselben  gemeint  seien.  Von  synonymen 
Begriffen,  meint  Keutgen,  könne  da  keine  Rede  sein.^)  Das 
ist  aber  unzutreffend  und  Schwarz,  gegen  den  er  hier  po- 
lemisiert, hatte  tatsächlich  recht  gesehen,  wenn  er  annahm, 
daß  beide  Begriffe  den  Zeitgenossen  offenbar  verwandt  er- 
schienen.*) Daß  curtis  eine  viel  umfassendere  und  ausgreifen- 
dere Bedeutung  hatte,  ist  bereits  Waitz  bewußt  geworden.^) 

Die  Zusammenstellung  der  Quellenbelege  oben  ergibt^), 
daß  unter  curtis  auch  ein  größerer  Komplex  von  zusammen- 
gehörigen Gütern  verstanden  werden  kann.  Da  mindestens 
die  curtes  regiae  oder  publicae  in  der  Regel  auch  um- 
mauert und  durch  Befestigungen  geschützt  waren'),  verstehen 
wir  sehr  wohl,  daß  auch  civitates  gelegentlich  so  bezeichnet 
wurden,  wie  z.  B.  Salzburg  und  Regensburg. ^)  Schon  Waitz 
hatte  übrigens  auch  darauf  aufmerksam  gemacht,  daß  ebenso 
wie  die  Städte  auch  curtes  regiae  (oder  dominicae)  mitunter 
als  Sitz  der  öffentlichen  Verwaltung  besonders  der  Graf- 
schaften auftreten.^)  Neuerdings  ist  durch  C.  Schuchhardt 
gezeigt  worden,  daß  verschiedene  Städte  der  späteren  Zeit, 
wie  Hannover,  Braunschweig  Hildesheim,  Bardowiek,  Lüne- 

^)  Vgl.  Rubel,  Die  Franken  S.  398  ff.,  ferner  Schuchhardt,  Atlas 
VII,  58  n.  235,  sowie  im  allgemeinen  Schuchhardt  im  Korr.-Bl,  d. 
Deutsch.  Gesch. -Ver.   1904  S.  108  ff. 

*)  Civitas  S.  41.  *)  Untersuchungen  S.  48  ff. 

*)  Anfänge  des  Städtewesens  i.  d.  Elb-  u.  Saalegegenden  1892 
S.  26  ff. 

»)  VG.  4-,  142  n.  2.  *)  Vgl.  im  i.  Bd.  S.  146. 

')  Vgl.  Rubel,  Die  Franken  S.  17  f. 

*)  Vgl.  meine  „Grundlagen"  2,  372.  'j  VG.  3^^,  389. 


—       121       — 

bürg  aus  solchen  fränkischen  curtes  hervorgegangen  sind.^) 
Dazu  ist  vielleicht  auch  Kassel  zu  stellen.^) 

Auch  palatium  bedeutet  ja  von  Haus  aus  den  be- 
festigten Ort^),  die  Burg.  Die  Pfalzen  werden  aber  auch 
nicht  selten  als  curtes  regiae  oder  imperiales  doch  bezeichnet.*) 

EndUch  Villa'.  Es  ist  m.  E.  völlig  verfehlt,  wenn  man 
damit  nur  den  Begriff  Dorf  oder  Meierhof  verbindet,  wie 
dies  die  ältere  Forschung,  aber  doch  auch  noch  S.  Riet- 
schel^)  getan  hat.  Schon  Keutgen  hat  das  Unzutreffende 
dieses  Vorgehens  empfunden,  wenn  er  sagt;  Sowenig  wie 
urbs  mit  Stadt  darf  man  immer  villa,  oppidum,  vicus  mit 
Dorf  übersetzen.  Er  meinte,  diese  Ausdrücke  bezeichneten  im 
Gegensatze  zu  curtis  (dem  einzelnem  Gutshof),  solche  Orte, 
die  aus  einer  Mehrzahl  von  Gehöften  und  Einzelwohnungen 
bestehen.^)  Auch  hier  ist  es,  wie  die  früheren  Darlegungen 
im  I.Bande  erweisen'^),  vielfach  ein  ganzer  Gutsbezirk  oder 
Gutskomplex,  ähnlich  wie  fiscus.  Wir  werden  dabei,  meine 
ich,  noch  zu  unterscheiden  haben:  die  villa  schlechthin  von 
der  villa  publica.  Letztere  ist  eine  größere  Siedelung  öffent- 
lichen Verkehrs,  das  Gegenteil  zum  grundherrlichen  Dorf. 
Daraus  erklärt  sich ,  daß  'civitates"  in  der  Karolingerzeit 
mitunter  auch  als  villae  publicae  bezeichnet  werden.*)  Es 
ist  keineswegs  so,  wie  Keutgen  wollte,  daß  villa,  oppi- 
dum und  vicus  im  Gegensatze  zu  urbs  und  civitas  offene 
Ansiedelungen  bedeuteten^),  und  das  unterscheidende  Merk- 
mal die  Befestigung  gewesen  sei.  Civitas,  castellum,  villa  sind 
nicht  „Bezeichnungen  für  bestimmte  Klassen"  von  Ortschaften, 
welchen  allgemeinen  Begriff  oppidum  involviren  soll.^") 

*)  Zs.  d.  hist.  Ver.  f.  Niedersachsen  1903  S.  i  ff.  bes. 25. 

^)  Vgl.  Ad.  Stölzel,  Ein  karolingischer  Wirtschaftshof  in  tausend- 
jähriger Wandlung  (1919)  S.  54ff. 

')  Vgl.  Schuchhardt  in  Ilbergs  Jb.  f.  d.  class.  Altertum  21,  308  n.  2, 
sowie  Edw.  Schröder,  Stadt  u.  Dorf  i.  d.  deutschen  Sprache  d.  MA. 
Göttinger  gel.  Nachrichten  1906  S.  99. 

*)  So  Frankfurt  a/M.  Mühlbacher  Reg.*  1645;  Ulm  1651;  Kolmar 
■  1646;  Weiblingen  1710.  ^)  Die  Civitas  S.  41. 

')  Untersuchungen  S.  49f.  '')  1,  145. 

*)  Vgl.  die  Belege  bei  Rietschel,  Civitas  S.  56  ff. 

")  Untersuchungen  S.  49 f.  Ähnlich  auch  v.  Belovv,  Vierteljahrschr. 
f.  Soz.  u.  WG.  7,  422. 

^"j  Ebenda  48  n.  2,   gegen  Rietschel  zu  Unrecht  polemisierer^d! 


^       122       — 

Auch  oppidum,  vicus  und  villa  können  ebenso  wie  curtis, 
castrum  oder  palatium  den  befestigten  oder  ummauerten 
Ort  bezeichnen.  Mehrere  Urkunden  für  das  Kloster  Scheft- 
larn  in  Bayern  von  806  führen  das  Datum:  acta  est  in 
monasterio  S.  Dyonisii  süb  oppido  ville,  que  nuncupatur 
Sceftlare  pubUce.^)  Vici,  die  den  Vorort  von  Völkerschafts- 
oder Gaugemeinden  bildeten,  waren  schon  seit  der  Völker- 
wanderungszeit befestigt  und  ummauert.  Ein  sehr  charakteri- 
stisches Beispiel  dafür  bietet  das  alte  Ladenburg  am  Neckar.^) 
Auch  die  Bischofstadt  Lüttich  wird  (zu  770)  von  den  Reichs- 
annalen  als  vicus  publicus  bezeichnet.  Anderseits  werden 
gerade  die  Pfalzorte  in  der  Karolingerzeit  Villae'  genannt^), 
von  welchen  eben  ausgeführt  wurde,  daß  sie  doch  befestigt 
gewesen  sind. 

Ganz  irrig  ist  es,  unter  "villa  publica"  stets  eine  villa 
regia  verstehen  zu  wollen,  wie  das  für  Passau  behauptet 
worden  ist.*)  Auch  Linz  wird  z.  B.  so  bezeichnet  und  doch 
ist  nicht  anzunehmen,  daß  es  damals  eine  königliche  Stadt 
gewesen  sei.^)  Es  war  aber,  wie  wir  zuvor  konstatiert  haben  •*), 
ein  Marktort  in  der  Karolingerzeit.  Wir  sehen  also,  daß 
auch  villae  ebenso  wie  die  vici  der  spätrömischen  und 
Merowingerzeit  Markt-  (und  Münz-)stätten  sein  konnten. 
Diese  Tatsache,  wie  insbesondere  auch  die  Beobachtung, 
daß  der  König  in  der  Karolingerzeit  nicht  selten  auch  in 
solchen  Villae'  den  Winteraufenthalt  nahm'),  ja  geradezu 
Reichsversammlungen    abhielt^),    deutet   wohl   auch    darauf 

^)  Mon.  Boica  8,  369.  370.  374. 

-)  Vgl.  meine  „Grundlagen"  i,  issf.,  sowie  2,  36if. 

^)  So  in  den  Annales  regni  Francor.  nahezu  regelmäßig  (vgl. 
die  Vermerke  über  die  Feier  des  Weihnachtsfestes  durch  Karl  d.  Gr. 
u.  seinen  Nachfolger).     Dazu  Rietschel,  Civitas  S.  77. 

*)  Fr.  Strauß  in  d.  Mitteil.  d.  Instit.  26,  129,  sowie  Heuwieser 
a.  a.  O.  S.  30. 

^)  Vgl.  meine  Bemerkungen  ebenda  S.  330. 

*)  Siehe  oben  S.  112. 

')  Vgl.  775  zu  Schlettstadt,  Annal.  regni  Franc;  Ostern  776, 
Nymwegen  ib.,  784  in  Lügde  bei  Pyrmont;  794  Frankfurt;  vgl.  auch 
Mühlbacher  Reg.^  1479^. 

«)  In  Salz  villa  Mühlbacher  Reg.^  1372c;  Ulma  v.  1430b.  1490c; 
Bisestad  1493  b;  Tribur  1502  b.  1509  a.  1765  b;  Kolmar  v.  i677d; 
Weiblingen  1748  a.  1759  a. 


—     123     —  ■ 

hin,  wie  großen  Umfang  diese  z.  T.  doch  gehabt  haben 
müssen. 

Endlich  noch  ein  Wort  über  das  deutsche  Sprachgut. 
Gegenüber  dem  Reichtum  des  Lateinischen  an  synonymen 
Ausdrücken  kann  auffallen,  daß  wir  hier  nur  das  eine  Wort 
'Stadt'  besitzen.  Es  kommt  in  Ortsnamen  der  Karolinger- 
zeit mehrfach  als  Suffix  vor:  in  villa  qui  dicitur  Scladdistat  ^), 
anderseits  Bisestad  oder  Bisestat  villa  (Bürstadt  zwischen 
Lorsch  und  Worms  ^)),  endlich  Halberstad,  Ingoltestat,  Dore- 
stad,  Autmundistat,  Dannistat,  Hohstat  und  Munirichesstat.^) 
Hier  ist  -  stat  also  im  wesentlichen  eine  Bezeichnung  der 
Siedelung,  des  Standortes,  wie  unser  -  statte,  was  die 
Zusammensetzung  mit  Personennamen  bekundet  (Genitiv!). 
Dann  bezeichnet  *stat'  den  Ruheplatz,  die  Ruhestellung. 
E.Schröder  hat  die  beachtenswerte  Vermutung  geäußert*), 
daß  ja  auch  heute  Geschäftsleute  den  Ausdruck  „Platz"  in 
einem  ähnlich  engeren  Sinne  verwenden ,  daß  „die  Be- 
nennung jedenfalls  von  den  Insassen  der  Burg  ausging,  die 
das  vorgelagerte  Wohnterrain  kurzweg  als  „die  stat'  be- 
zeichneten". Hält  man  sich  die  historische  Topographie 
der  älteren  großen  Städte  vor  Augen,  etwa  Köln^),  Ham- 
burg^), Salzburg''),  wo  gerade  der  Marktverkehr  sich  auf 
den  ebeneren  und  zugänglicheren  Teilen  vor  der  alten  Römer- 
burg entwickelt  hat,  so  würde  diese  Tatsache  sehr  wohl  zu 
der  Beobachtung  Schröders  stimmen.  Was  sonst  den  latei- 
nischen Wörtern  civitas,  urbs,  oppidum  noch  an  die  Seite 
gestellt  werden  könnte,  Burg  oder  Markt,  drückt  die  beiden 
anderen  Seiten  der  deutschen  Stadt  aus:  die  Befestigung 
und  den  Handelsverkehr.  Auch  das  griechische  nöhg  be- 
deutet doch  wie  das  lateinische  urbs  ursprünglich  die  Burg.^) 

Jedenfalls  ist  die  Zahl  der  Städte  der  Karolingerzeit  von 
der    bisherigen  Forschung    sehr   unterschätzt   worden.     Ein 


^)  Siehe  S.  122  n.  7.  *)  Mühlbacher  Reg.^  1446  u.  1479  a. 

^)  Dronke,  cod.  dipl.  Fuld.  138  n.  275. 
*)  A.  a.  O.  S.  103.  *)  Vgl.  Keussen  a.  a.  O.  S.  37*. 

*)  Joachim  in  Mitteil.  d.  Instit.  33,  267  n. 
'')  Vgl.  meine  „Grundlagen"  i,  172. 

*)  Vgl.  Schuchhardt,    Hof,  Burg  u.  Stadt  bei  den  Germanen  u. 
Griechen:  Ilberg,  N.  Jbb.  f.  d.  class.  Altertum  21,  311  ff.  (1902). 


—      124      — 

arabischer  Reisender  des  lo.  Jahrhunderts  AI  Mas  *^udi  gibt 
an,  daß  im  Lande  der  Franken  damals  etwa  150  Städte 
existiert  hätten,  die  Hauptstadt  sei  Paris  gewesen.^)  Selbst 
wenn  wir  darin  nur  eine  zu  hoch  gegriffene  Schätzungsziffer 
sehen,  kommt  darin  doch  der  Gesamteindruck,  welchen  der 
viel  gereiste  Araber  von  der  Bedeutung  des  fränkischen 
Städtewesens  im  ganzen  hatte,  zu  deutlichem  Ausdruck. 

Die  wirtschaftliche  Bedeutung  dieser  karolingischen 
Städte  tritt  erst  ins  rechte 'Licht,  wenn  wir  die  inneren 
Verhältnisse  derselben,  vor  allem  die  Grundbesitzver- 
teilung und  die  Bevölkerung  näher  kennen  lernen.  Die 
ältere  Forschung  war  hier  in  einem  Irrtum  befangen,  der 
sich  wohl  aus  ihrer  theoretischen  Entwickluug  selbst  ge- 
nügend erklärt.  Nahm  man  für  die  Karolingerzeit  eigentlich 
keine  Existenz  von  Städten  an  und  glaubte  man  bis  in  die 
jüngste  Zeit,  daß  rechtlich  kein  Unterschied  zwischen  den 
alten  Römerplätzen  und  den  Dörfern  (villae)  bestanden  habe, 
dann  erscheint  auch  die  Annahme  begreiflich,  es  habe  jeweils 
der  ganze  Grund  und  Boden  dort  einem  Stadtherrn  gehört, 
entweder  dem  Könige  oder  einem  Bischöfe,  die  Bevölkerung 
aber  sei  ebenso  uniform,  wohl  gar  als  unfreie  oder  hörige 
Hintersassen  dieses  Stadtherrn  aufzufassen.  Nun  ist  schon 
durch  Arnold  und  Heusler  die  Existenz  einer  freien  Ge- 
meinde in  den  Städten  der  Karolingerzeit,  vor  allem  den 
Römerstädten,  erwiesen  worden;  S.  Rietschel  hat  das  Ver- 
dienst, diesen  Beweis  auf  eine  sichere  Basis  erhoben  und 
diese  erweitert  zu  haben  dadurch,  daß  er  die  Bevölkerungs- 
verhältnisse selbst  urkundlich  zu  erfassen  suchte.  Er  hat 
im  ganzen  richtig  dargelegt ,  daß  die  Beweismittel ,  auf 
welche  sich  Arnold  und  Heusler  noch  stützten,  nicht  zu- 
reichten, insbesonders  die  Bezeichnung  civitas  publica  und 
die  Datierung  actum  civitate  publice.  Vor  allem  betonte 
er  zutreffend,  daß  da  zwischen  dem  Kanzleigebrauch  der 
Königsurkunden  und  den  Privaturkunden  scharf  geschieden 
werden  müsse.  Ich  bin  zwar  überzeugt,  daß  auch  Rietschel 
hier  z.  T.  irrte,  so  wenn  er  behauptet,  daß  civitas  publica 
ursprünglich    die    Pfalzstadt    bedeutet    habe^),     aber    sein 

*)  G.Jacob,  ein  arabischer  Berichterstatter  d.  10.  Jh.  3.  Aufl.  S.  21. 
2)  Die  Civitas  S.  77. 


—      125      — 

Ergebnis  ist  jedenfalls  zutreffend,  man  dürfe  nicht  wie  Arnold 
von  diesem  Ausdruck  ohne  weiteres  auf  das  Bestehen  einer 
freien  Gemeinde  in  der  civitas  schUeßen. 

Ich  stimme  den  Ausführungen  Rietschels  auch  gegenüber 
Heusler^)  zu,  daß  durch  dessen  Annahmen  über  die  Immuni- 
tätsurkunden ebensowenig  wie  über  die  Datierungsformel  von 
Privaturkunden  (actum  civitate  publice)  die  Existenz  einer 
freien  Gemeinde    in   den  Städten   bewiesen   werden  könne. 

Ohne  Zweifel  wird  das  Vorhandensein  von  freien  Grund- 
eignern in  den  Städten  durch  die  Traditionsurkunden  er- 
wiesen, welche  von  der  Übereignung  von  Grundstücken  in  der 
Stadt  an  Kirchen  und  Klöster  handeln.  Rietschel  hat  sie 
bereits  für  Mainz  zusammengestellt^),  wo  nicht  weniger  als 
70  davon  vorliegen,  und  auch  schon  auf  Spuren  für  andere 
Städte  und  Kastelle  aufmerksam  gemacht,  die  das  gleiche  be- 
weisen.^) Durch  andre  Forscher  sind  diese  Nachweise  auch 
weiter  noch  vermehrt  worden:  So  haben  H.  Boos  für  Worms  ^), 
Fr.  V.  Wyß  für  Zürich*),  Heuwieser  für  Passau ^),  Pöschl  für 
Trier  ^)  solche  freie  Possessores  in  der  Stadt  nachgewiesen. 
S.  Rietschel  hat  mit  Recht  das  gewonnene  Resultat  ver- 
allgemeinert und  festgestellt,  daß  auch  in  den  civitates  und 
castella  während  der  Karolingerzeit  die  freie  Bevölkerung 
an  Zahl  bedeutend  gewesen  ist.  Dazu  treten  auch  noch 
die  Belege,  welche  für  die  Existenz  freier  Gewerbetreibender 
und  Kaufleute  in  den  Städten  unten  gegeben  werden.')  Auch 
sie  haben  den  Gewinn,  welchen  sie  aus  ihrem  Gewerbe- 
bzw. Handelsbetrieb  zogen,  zum  Ankauf  von  Immobilien  in 
der  Stadt  verwendet,  wie  die  Verhältnisse  in  der  voraus- 
gehenden merowingischen  Zeit  beweisen.^) 

Größeren  Grundbesitz  in  den  Städten  der  Karolinger- 
zeit hat  dann  einerseits  der  König,  anderseits  die  Kirche, 


')  Die  Civitas  S.  78.  ')  Ebenda  S.  79. 

*)  Gesch.  d.  rhein.  Städtekultur  i,  208  (1897). 
*)  Abhandl.  z.  Gesch.  d.  schweizer,  öffentl.  Rechts  (1892)  S.  342ff. 
")  A.  a.  O.  S.  38  ff. ;  hier  in  Passau  war  es  der  mittlere  Teil  der 
Altstadt. 

')  Bischofsgut  u.  mensa  Episcopalis  i,  130  n.  3  (1908). 
')  Vgl.  die  beiden  folgenden  Paragraphen. 
')  Vgl.  meine  „Grundlagen"  2,  459. 


—      126      — 

u.  zw.  Bistümer  wie  Klöster  innegehabt.  Schon  S.  Rietschel 
hat  eine  Anzahl  von  Quellenbelegen  dafür  zusammengestellt^), 
worauf  im  allgemeinen  verwiesen  werden  soll.  Ich  will  hier 
nur  hervorheben,  was  dort  noch  nicht  gesagt,  bzw.  übersehen 
worden  ist.  Eine  Hauptquelle  für  die  Bildung  großen  Grund- 
eigens  in  den  Städten  eben  in  der  Hand  des  Königs  sowie  der 
Kirche  bildeten  die  Konfiskationen  des  alten  Gemeindegutes, 
welche  im  4.  und  5.  Jahrhundert  in  den  Römerstädten  statt- 
gefunden haben.  Schon  Hegel  hatte  1847  darauf  hinge- 
wiesen und  geradezu  angenommen,  daß  darin  die  Hauptquelle 
für  das  Zustandekommen  des  Grundbesitzes  der  Kirche  in 
den  Städten  zu  erblicken  sei.^)  H.  Brunner  beschäftigte 
sich  dann  eingehender  mit  diesem  Gegenstande  und  zeigte, 
daß  die  Konfiskation  nicht  ausschließlich  zu  kirchlichen 
Zwecken  erfolgt  sei.  Nur  ein  Teil  des  alten  Gemeindegutes 
mag  in  die  Hände  der  Kirche  gelangt  sein,  ein  anderer, 
gewiß  nicht  unerheblicher  Teil  wurde  von  den  römischen 
Kaisern  des  4.  und  5.  Jahrhunderts  zu  eigenen  Zwecken  ver- 
wendet.^) 

Da  nun  eine  ganze  Reihe  der  deutschen  Bistümer  be- 
reits im  4.  und  5.  Jahrhunderte  nachweisbar  ist*),  die  rhei- 
nischen gerade,  so  dürfte  auch  hier  die  ältere  Grundlage  für 
den  großen  Grundbesitz  der  Bischöfe  in  den  Städten  da- 
durch gegeben  worden  sein.  Die  Schenkungen  der  frän- 
kischen Könige  seit  Clodovech  taten  ein  übriges,  so  daß 
schon  Gregor  von  Tours  Chilperich  (f  584)  den  oftzitierten 
Anspruch  in  den  Mund  legt:  „arm  ist  unser  Fiskus,  alle 
Reichtümer  sind  auf  die  Bischöfe  übergegangen."  ^)  Wohl 
ist  dann  im  Verlaufe  des  7.  und  8.  Jahrhunderts  durch  ein- 
zelne Könige  und  die  Macht  der  Laienaristokratie  wieder 
so  manches  Stück  säkularisiert  und  in  Anspruch  genommen 

1)  Die  Civitas  S.  Soff. 

-)  Die  Städteverfassung  Italiens  i,  73. 

^)  Die  Erbpacht  der  Formelsammlungen  von  Angers  u.  Tours 
u.  die  spätrem.  Verpachtung  der  Gemeindegfter.  Zs.  d.  Savignystift. 
f.  RG.  5,  ögflf.,  sowie  auch  in  Forsch,  z.  Gesch.  d.  deutsch,  u.  französ. 
Rechts  1894  S.  669  ff. 

*)  Vgl.  A.  Hauck,  Kirchengesch.  Deutschlands  i  -,  27  ff. 

^)  Vgl.  meine  ,, Grundlagen"  2,  250  ff. 


—     127    — 

worden^),  allein  die  große  Kirchenreform  der  Söhne  Karl 
Martells  (742  und  744)  hat  doch  zu  Restitutionen  geführt, 
die  das  Kirchen-  und  insbesondere  Bistumsgut  reichlich  ge- 
mehrt haben  müssen. 2)  Unter  den  karolingischen  Königen 
gingen  noch  viel  von  den  alten  Pfalzgütern  in  den  Städten 
an  die  Bistümer  über,  wie  z.  B.  die  Schenkung  Arnolfs  an 
Worms ^),  aber  auch  jene  an  Passau*)  bezeugen. 

Immerhin  waren  die  Verhältnisse  aber  auch  in  den 
bairischen  Städten  mit  Bischöfen  nicht  so,  wie  sie  Rietschel 
dargestellt  hat,  als  ob  in  Passau,  Freising  und  Salzburg 
„der  Grund  und  Boden  von  Anfang  an  fast  ganz  bischöflich 
gewesen  sei".^)  Für  Passau  habe  ich  schon  nachgewiesen^), 
daß  dort  das  Herzogsgut  jedenfalls  im  9.  Jahrhunderte  sehr 
beträchtlich  gewesen  sein  muß,  was  Rietschel  nicht  beachtet 
hatte.  Ähnliches  läßt  der  Indiculus  Arnonis  von  c.  790  auch 
für  Salzburg  erchließen.'')  Das  gleiche  gilt  ja  auch  für  Speier 
und  Worms,  wo  das  rheinfränkische  Geschlecht  der  Kon- 
radiner,  das  den  fränkischen  Herzogstitel  führte,  noch  um 
die  Mitte  des  10.  Jahrhunderts  auch  Grundbesitz  besaßt), 
den  in  Speier  damals  erst  der  Bischof  durch  Tausch  erwarb, 
während  die  Burg  in  Worms  ihnen  noch  weiter  verblieb.^) 

Ganz  und  gar  unberücksichtigt  haben  Rietschel  und  auch 
Boos  sowie  andere  Forscher  ferner  die  Tatsache  gelassen, 
daß  in  den  Städten  jedenfalls  auch  die  Vasallen  u.zw. 
sowohl  des  Königs  und  der  Herzöge,  wie  anderseits  der 
Bischöfe    und    Grafen   Grundbesitz    gehabt   haben    müssen. 


1)  Ebenda  S.  288  f. 

-)  Vgl.  Hauck  a.  a.  O.  i^,  507 ff.,  bes.  Sißf. 

^)  Vgl.  J.  Lechner  in  Mitteil.  d.  Instit.  22,  554. 

*)  Heuwieser  a.  a.  O.  S.  31.  *)  Civitas  S.  83. 

*)  Zur  Frage  nach  der  Begründung  der  Stadtherrschaft  durch 
die  Bischöfe  von  Passau  Mitteil.  d.  Instit.  26,  329  ff.,  bes.  334. 

'')  An  die  Spitze  dieser  echten  Aufzeichnung  erscheint  geradezu 
der  Satz  gestellt:  primum  quidem  tradidit  Theodo  dux  predictum 
oppidum  simulque  et  castrum  superiorem  d.  Hrodberto  cum  termi- 
nis  denominatis  et  confinibus  vel  omnibus  appendiciis  .  .  .  sicut  ad 
supra  memoratum  oppidum  vel  Castro  [pertinent]  Lücke!!  Salzburger 
ÜB.  I,  4. 

*)  Vgl.  H.  Boos,  Gesch.  d.  rhein.  Städtekultur  i,  227f. 

")  Lechner  a.  a.  O.,  Mitteil.  d.  Instit.  22,  563. 


—      128      — 

Da  die  Städte  befestigt  waren  und  wie  die  Kastelle  den 
Bewohnern  der  Umgegend  im  Falle  feindlicher  Bedrohung 
als  Zufluchtsorte  dienten,  hatten  sie  seit  alters^)  Besatzungen 
militärischer  Abteilungen,  die  zugleich  dem  Grafen  zur  Aus- 
übung der  ihm  vorbehaltenen  Rechte,  und  insbesonders  der 
Polizeigewalt  dienten.  Für  die  Pfalzen  und  Königshöfe  sind 
solche  Besatzungen  durch  das  Capitulare  de  Villis^)  sowie 
die  bekannte  Pfalzordnung  Hinkmars  ^)  direkt  bezeugt.  Aber 
auch  die  Bischöfe  haben  schon  im  9.  Jahrhunderte  ebenso 
eine  Stiftsvasallität  ausgebildet,  wie  besonders  die  neueren 
Untersuchungen  A.  Pöschls  dargetan  haben.*)  Schon  Karl 
der  Große  hat  den  Bischöfen  verwiesen,  daß  sie  sich  nach 
Art  der  weltlichen  Herren  mit  bewaffnetem  Gefolge  um- 
gäben.^) Die  schwergerüsteten  Vassen  der  Bischöfe,  Äbte  und 
Grafen  spielen  in  der  Capitulariengesetzgebung  eine  große 
Rolle®)  und  waren  jedenfalls  schon  zur  Zeit  Ludwigs  des 
Frommen  sehr  zahlreich.'')  Wir  dürfen  annehmen,  daß  ein 
Teil  davon  in  der  Stadt,  wo  der  Bischof  und  Graf  selbst 
ihre  ständige  Residenz  hatten,  ebenfalls  ansässig  war.  Sie 
trugen  wohl  auch  Eigengüter  an  den  Bischof  gegen  Rück- 
verleihung auf  Lebenszeit  auf,  wofür  wir  an  der  Bestätigungs- 
urkunde König  Ludwigs  des  Deutschen  für  Speier  (vom 
Jahre  858)  einen  interessanten  Beleg  haben.  ^) 

Hier  liegen  ja  auch  die  Wurzeln  der  Ministerialität. 
Ministerialen  der  Bischöfe,  Äbte  und  Grafen  sind  bereits 
durch  die  Capitularien  für  das  9.  Jahrhundert  bezeugt.^)  Die 
Verrichtungen,  mit  welchen  sie  betraut  erscheinen,  als  Falkner, 
Jäger,  Zöllner,  Pröpste  und  Dekane'-*')  —  lassen  voraussetzen, 
daß  sie  gutenteils  eben  in  der  unmittelbaren  Umgebung  des 
Herrn,    hier    des    Bischofs    oder   Abtes,    tätig   waren   und 

^)  Vgl.  meine  „Grundlagen"  2,  381.        ^)  MG.  Capit.  i,  85  c.  27. 
')  Ebenda  2,  526  c.  27,  vgl.  c.  33.    Dazu  Waitz  VG.  3-,  542  ff. 
♦)  Bischofsgut  u.  mensa  episcopalis  i,  ii4ff-,  bes.  148  (1908). 
»)  MG.  Capit.  I,  163  c.  8  (811). 
*)  Vgl.  ebenda  i,  167  c.  10  (811),  1,291  c.  27  (819).    Dazu  Waitz 

VG.3=,  547f. 

')  Pöschl  a.  a.  O.  i,  151.  ®)  Mühlbacher  Reg.'^  1434. 

8)  MG.  Capit.  I,  137  c.  5  (808),  138  c.  6  (808),  262  c.  i  (815),  284 
c.  16  (818/19);  2,  9  (829). 

10)  Ebenda  i,  165  c.  4  (811). 


—       129      — 

wirkten.  Es  ist  noch  keine  Standesklasse,  sondern  der  Be- 
amte überhaupt  damit  bezeichnet.^)  Nach  dem  Edikte  vom 
Pistes  (864)  hatten  sie  auch  in  den  Städten  die  Aufsicht  über 
Maß  und  Gewicht,  oder  mindestens  doch  darüber  zu  wachen, 
daß  von  den  Bäckern  gerechtes  Maß  bei  der  Herstellung  des 
Brotes  eingehalten  werde. ^)  Wie  hier,  so  erscheinen  auch  nach 
der  Pfalzordnung  Hinkmars  die' Ministeriales  ganz  allgemein 
als  die  Gehilfen  und  Unterbeamten  der  Grafen  in  der  Ver- 
waltung^), insbesonders  in  militärischer  Beziehung  bei  der 
Aufbietung  des  Heerbannes,  bzw.  der  Aushebung  der  zum 
Ausrücken  ins  Feld  bestimmten  Freien.*)  Sie  werden  ent- 
weder direkt  als  Freie  bezeichnet^)  oder  mit  diesen  auf  einer 
Stufe  den  Unfreien  gegenübergestellt.^)  Die  Bekleidung  und 
Ausübungdes  ihnen  übertragenenAmtes  bildete  geradezu  einen 
Freiungsgrund  gegenüber  der  militärischen  Dienstpflicht  ■'') , 
derart,  daß  dem  Grafen  verwehrt  wurde,  mehr  als  2  Leute 
für  je  eines  der  Ämter  zu  befreien,  welche  er  zu  besorgen 
hatte.')  Da  die  Grafen  z.  T.  auch  in  den  Städten  ihren 
Amtssitz  hatten,  so  mußten  auch  die  Ministerialen  derselben 
z.  T.  ebenso  daselbst  wohnen.  Sie  werden  wohl  zumeist 
aus  den  Vasallen  des  Bischofs  bzw.  Grafen  genommen  worden 
und  mit  diesen  in  der  Regel  zusammengefallen  sein,  weil  hier 
mit  der  Treueverpflichtung  zugleich  gewisse  Garantien  für 
die  entsprechende  Durchführung  der  Amtsverrichtungen  doch 
gegeben  waren. 

Von  diesen  Ämtern  (ministeria)  aus  hat  die  spätere  Mini- 
sterialität  als  Stand  ihren  Ausgangspunkt  genommen  und  sich 
allmählich  entwickelt.®)  Schon  waren  sie  aber  geeignet,  in- 
dem sie  ihren  Inhabern  eine  bevorzugte  Stellung  einräumten, 


^)  Vgl.  Keutgen  in  Vierteljahrschr.  f.  Soz.  u.  WG.  8,  536f. 

*)  MG.  Capit.  2,  319  c.  20. 

*)  Ebenda  521  c.  10:  tales  etiam  comites  et  sub  se  iudices  con- 
stituere  debet,  qui  avaritiam  oderint  et  iustitiam  diligant  et  sub  hac 
conditione  suam  administrationem  peragant  et  sub  sc  huiusmodi 
ministeriales  substituant. 

*)  Vgl.  Capit.  r,  137  c.  5  u.  138  c.  6.  ")  Ebenda  i,  165  c.  4. 

')  Ebenda  i,  284  c.  16.  ')  Ebenda  137  c.  4. 

•)  Keutgen  a.  a.  O.  S.  540 ff. 
Dop  seh,  Wirtschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.   II.  2.  Aufl.         9 


—     I30     — 

sie    hinaushoben    über    die  Masse   der   übrigen  Leute  ihres 
Herrn,   auch  standesbildende  Kraft  zu  entfalten.^) 

Eine  weitere  Schicht  der  städtischen  Bevölkerung  bilde- 
ten die  Unfreien.  Solche  waren  ja  nicht  nur  die  Haus- 
dienerschaften der  in  der  Stadt  ansässigen  Grundeigentümer, 
sondern  auch  Hintersassen  dieser  sonst,  unfreie  Handwerker 
u.  dgl.  m.  S.  Rietschel  hat  mit  Recht  hervorgehoben,  daß 
wir  mehrere  Kreise  da  zu  unterscheiden  haben,  derart,  daß 
die  unfreien  Hintersassen  jedes  Grundherrn  (König,  Bischof, 
Abt  etc.)  eine  wirtschaftliche  Genossenschaft  für  sich  bilde- 
ten.^) Man  wird  hier  besser  von  der  familia  sprechen,  der 
Gesamtheit  aller  Hintersassen,  zu  welcher  auch  Freie  und 
Halbfreie  gehören  konnten.  Stimme  ich  Rietschel  soweit 
zu,  daß  von  einer  unfreien  Gemeinde  in  der  Stadt  nicht 
die  Rede  sein  könne,  so  ist  doch,  glaube  ich,  seine  Formu- 
lierung ebenso  unzutreffend,  als  ob  diesem  unfreien  Element 
gegenüber  die  Freien  der  civitas  ein  großes  Ganze,  eine 
freie  Gemeinde  der  Stadt  gebildet  hätten.^)  Auch  unter 
den  Hintersassen  der  Grundherrschaften  in  der  Stadt  gab 
es  Freie,  wie  aus  den  Immunitätsprivilegien  für  diese  zur 
Genüge  hervorgeht.*)  Auch  die  freie  Bevölkerung  der  Stadt 
gliederte  sich  in  mehrere  Kreise.  Neben  den  freien  Grund- 
eigentümern stehen  die  freien  Hintersassen  der  Grundherr- 
schaften, weiters  aber  die  Kaufleute  und  Händler.  Unter 
diesen  nehmen  die  Fremden  eine  besondere  Stellung  ein. 
Man  hat  ja  früher  vielfach  die  Ansicht  vertreten,  als  ob  der 
Kaufmann  und  Händler  dieser  Frühzeit  in  der  Regel  ein 
Fremder  gewesen  sei.^)  Ist  dies  auch  nicht  zutreffend,  so 
doch  so  viel  richtig,  daß  unter  diesen  Kaufleuten  auch  zahl- 
reiche Fremde  sich  befanden,  vor  allem  die  Juden,  daneben 
ragen  die  Friesen  und  Sachsen  hervor.  Sie  hatten  ja  in 
den  Städten  bereits  zur  fränkischen  Zeit  besondere  Stadt- 
viertel inne.®)  Gerade  ihre  wirtschaftliche  Tätigkeit  hat  es 
auch  mit  sich  gebracht,  daß  hier  freie  Lohnarbeiter 
in  größerer  Menge  auftraten,  die  sie  eben  zur  Verrichtung 

•)  Vgl.  Waitz  VG.  3*,  412  n.  i  u.  4',  346. 

')  Civitas  S.  86  f.  »)  Ebenda  S.  87. 

*)  Siehe  oben  S.  44.  *)  Vgl.  unten  §  n. 

«)  Vgl.  meine  „Grundlagen"  2,  383,  sowie  unten  §  11. 


—     131     — 

ihrer  Geschäfte  benötigten.  Die  ältere  Forschung  bis  auf 
V.  Inama-Sternegg  hat  dies,  wie  früher  schon  bemerkt  wurde, 
ganz  übersehen,  ja  letzterer  noch  geradezu  die  Existenz 
solcher  für  die  Karolingerzeit  nahezu  ausschließen  wollen^), 
weil  er  nur  an  den  grundherrschafthchen  Verband  dachte, 
nicht  aber  an  diese  freien  Kaufleute,  welche  ja  eben  als 
Fremde  die  benötigten  Arbeitskräfte  ^utenteils  nur  im  Wege 
eines  freien  Lohnvertrages  gewinnen  konnten, 2) 

Auch  K.  Haff  steht  noch  viel  zu  sehr  unter  dem  Banne 
dieser  grundherrhchen  Theorie,  wenn  er  gegenüber  den  von 
mir  in  der  i.  Auflage  vorgebrachten  Belegen  den  Standpunkt 
vertrat,  dieselben  könnten  zwar  auch  auf  Freie  bezogen 
werden,  in  der  Regel  aber  sei  die  Tagelohnarbeit  nicht  durch 
solche  verrichtet  worden.^)  Er  übersieht  ganz,  daß  es  da- 
mals doch  schon  sehr  viele  arme  Freie  gegeben  hat  und 
die  Masse  der  Freien  wirtschaftlich  keineswegs  gleich  geartet 
war,  wie  die  ältere  Juristenlehre  behauptet  hat.*) 

So  hat  der  Handel  und  die  Verkehrswirtschaft  gerade 
in  den  Städten  Anlaß  zur  Ausbildung  besonderer  Verhält- 
nisse hier  gegenüber  dem  flachen  Lande  doch  geboten. 
Diese  Fremden  standen  zudem  in  einem  anderen  Rechts- 
verhältnis als  die  Masse  der  Stadtbewohner  selbst.  Sie  ge- 
nossen Fremdenrecht  und  standen  unter  königlichem  Schutz.^) 
Den  Juden  war  dieser  durch  besondere  königliche  Privilegien 
zugesichert.^)  Fremde  werden  sich  gerade  in  den  Märkten 
und  besonders  den  Städten  eingefunden  haben  nicht  nur  des 
Handels  wegen,  sondern  auch  weil  sie  hier  am  ehesten  Unter- 
kunft und  Verpflegung  durch  öffentliche  Anstalten  gewinnen 
konnten  (diversoria,  hospitia).'') 

Diese  fremden  Kaufleute,  welche  zu  Handelszwecken 
in  die  Städte  kamen,  hatten  schon  seit  der  Merowingerzeit 
besondere  Abgaben,   vor  allem  Zoll  zu  entrichten^),  sofern 

1)  DWG.  I  *,  498.  ^)  Siehe  oben  S.  86flf. 

»)  Zs.  f.  RG.  35,  468.  *)  Vgl.  meine  „Grundlagen"  2,  128 ff. 

»)  Vgl.  Waitz  VG.  3-,  324  u.  4',  28  u.  44  f-  237. 

«)  Ebenda  IV  ^  343  f. 

'')  Vgl.  meine  , .Grundlagen"  2,  412,  sowie  unten  §  11  (t.  Aufl. 
2,  264)  u.  Waitz  VG.  4"^,  24 f. 

8)  Vgl.  Mühlbacher  Reg."  nr.  871  (842).  Dazu  Lechner  für  Worms, 
Mitteil.  d.  Instit.  22,  558  n.  3. 


—     132     — 

er  nicht  durch  königliches  Privileg  erlassen  war,  was  zur 
Anlockung  fremder  Händler  und  Belebung  des  Markt- 
verkehrs doch  geschah.^)  Diese  Kaufleute  haben  nun 
bereits  zur  Karolingerzeit  m.  E.  ein  eigenes  Kauf  leute- 
recht in  den  alten  Städten,  die  sich  aus  der  Römerzeit  her 
erhalten  hatten,  ausgebildet.  Nicht  nur,  daß  sich  ein  eigener 
Zollbeamter  in  den  Ffalzmärkten  nachweisen  läßt 2),  die 
negotiatores  standen  auch  ähnlich  wie  die  Gewerbe  jener 
Zeit^)  unter  der  Aufsicht  eines  besonderen  Beamten  (ma- 
gister).^)  Auch  von  den  Banngeldern  und  besonders  dem 
Heerbann  waren  sie  ob  ihrer  besonderen  Stellung  zum  König 
befreit,  ebenso  auch  von  gewissen  Fronden  (Schar werk). ^) 
Hier  wird  durch  die  besondere  Privilegierung  des  Königs 
vor-  und  ausgebildet,  was  dann  im  10.  Jahrhundert  als  „ge- 
meines Recht  der  Kaufleute  in  den  königlichen  Städten"  be- 
zeichnet erscheint.  Sehr  deutlich  tritt  das  im  Wortlaut  des 
Privilegs  Ottos  I.  für  Hamburg  vom  Jahre  965  bezügUch  der 
Kaufleute  in  Bremen  hervor.^)  Denn  hier  wird  wie  in  den  zuvor 
erwähnten  karolingischen  Privilegien  für  die  negotiatores 
besonders  des  Königsschutzes  gedacht  und  in  unmittelbarem 
Anschlüsse  daran  eben  bereits  von  einem  förmlichen  Kauf- 
leuterecht gesprochen.^)  Schon  Waitz  scheint  doch  die 
Empfindung  gehabt  zu  haben,  daß  da  ein  Zusammenhang 
mit  der  Karolingerzeit  bestehe.'')  Daß  man  in  der  könig- 
lichen Kanzlei  selbst  im  10.  Jahrhundert  dieses  'ius  merca- 
torium',  mit  welchem  jetzt  neubegründete  Märkte  bewidmet 
wurden,  als  etwas  Althergebrachtes  ansah,  beweist  die  Ur- 
kunde Ottos  III.  für  das  Nonnenkloster  St.  Servaz  in  Quedlin- 
burg,  wo   von   demselben  ausdrücklich  gesagt  wird,   es  sei 


*)  Vgl.  besonders  das  Privileg  Pippins  f.  St.  Denis  vom  J.  753 
MG.  DD.  Car.  6,  sowie  jenes  Karls  III.  für  Passau,  Mühlbacher  Reg.- 
1738  (1691). 

»)  Vgl.  Waitz  VG.  4',  45  n.  2,  vgl.  3'.  549- 

')  Vgl.  meine  , .Grundlagen"  2,  425  ff. 

*)  Vgl.  Form.  Imp.  37  MG.  FF.  S.  315.  ')  MG.  DDO.  307. 

*)  Ebenda  MG.  S.  422f.:  negotiatores  eiusdem  incolas  loci  no- 
strae  tuitionis  patrocinio  condonavimus  precipientes  hoc  im- 
peratoriae  auctoritatis  precepto,  quo  in  omnibus  tali  patrocinentur 
tutela  et  potiantur  iure,  quali  ceterarum  regalium  institores  urbium  .  .  . 

')  Vgl.  VG.  5,  351  =  5->395. 


—     133     — 

bereits  durch  die  Vorfahren  Ottos  III.,  Könige  und  Kaiser, 
an  Köln,  Mainz,  Magdeburg  und  ähnUche  königliche  Orte 
zuvor  verliehen  worden.^)  Es  war  jedenfalls  schon  zur  Zeit 
Ottos  I.  etwas"  Fertiges,  Ausgebildetes,  und  gerade  der  Um- 
stand, daß  es  in  Städten  zuerst  auftritt,  die  sämtlich  schon 
zur  Karolingerzeit  vorhanden  waren,  spricht  ebenso  dafür, 
daß  die  Anfänge  dazu  bereits  in  dieser  gelegt  worden  sind. 

Halten  wir  uns  diese  Tatsachen  vor  Augen,  so  wird  die 
immer  wieder  aufgestellte  Behauptung  als  unhaltbar  er- 
scheinen ,  daß  die  Städte  der  Karolingerzeit  sich  bezüglich 
ihrer  rechtlichen  Stellung  in  nichts  von  den  Dörfern  unter- 
schieden^), oder  gar  für  die  Bevölkerung  derselben  jeden- 
falls dieselbe  Gerichts-  und  dieselbe  Gemeindeverfassung 
wie  nur  irgendwo  auf  dem  Lande  gegolten  habe.^)  Gerade 
in  den  alten  Städten,  in  denen  Bischöfe  ihren  Sitz  genommen 
hatten,  war  die  Amtsgewalt  des  Grafen  und  seiner  Unter- 
beamten, w^elche  auch  H.  Brunner  gleichmäßig  hier  wie  auf 
dem  flachen  Land  gelten  läßt*),  viel  mehr  beschränkt  als 
auf  letzterem,  da  die  Bischöfe  und  auch  andere  geistliche 
Grundeigner  in  denselben  (wie  Klöster)  frühzeitig  Immunitäts- 
rechte erworben  haben  und  außerdem  schon  in  der  Karo- 
lingerzeit auch  durch  andere  königliche  Privilegien  (Zoll-, 
Markt-  und  Münzrecht)  gegenüber  jenen  eine  selbständige 
Stellung  einnahmen.  Wie  immer  man  sich  vor  der  Über- 
schätzung d5r  Ottonischen  Privilegien  für  die  Ausbildung 
freier  Stadtgemeinden  wird  hüten  müssen,  so  viel  ist  sicher, 
daß  sie  für  die  Ausbildung  der  Stadtherrschaft  der  Bischöfe 
die  allergrößte  Bedeutung  doch  gehabt  haben. ^) 

Neben  den  geistlichen  Immunitätsbezirken  waren  nun 
aber,  wie  gezeigt  worden  ist,  zur  Karolingerzeit  auch  noch 
andere  privilegierte  Bevölkerungskreise  vorhanden,  die  Frem- 
den  und    die   Kaufleute.     Auch   sie   nahmen,    da  sie  unter 

1)  MG.  DDO.  III,  155(994):  omnique  in  mercatorio  iure,  quod 
antecessoriim  nostrorum,  regum  scilicet  et  impcratorum  industria 
Coloniae,  Magonti^,  Magadaburch  similibusque  nostrae  dicionis  in 
locis  antea  videbatur  esse  concessum. 

^)  R.  Schröder  RG.  *  679,  sowie  v.  Below  passim. 

*)  So  Keußen  in  Topographie  d.  Stadt  Köln  im  MA.  i  S.  55* 
(1910). 

*)  DRG.  2,  198.  ^)  Siehe  oben  S.  iio. 


—     134     — 

Königsschutz  standen,  eine  bevorzugte  Stellung  ein,  beson- 
ders auch  im  Gericht.^)  Der  Sonderschutz  des  Königs  ge- 
währte dem  Privilegierten  nicht  nur  das  sog.  Reklamations- 
recht, seine  Rechtshändel  an  den  Hof  des  Königs  zu  dingen, 
sondern  auch  einen  höheren  Sonderfrieden  vermittelst  des 
Bannes,  der  auf  Verletzungen  des  Schützlings  und  seiner 
Rechtssphäre  vom  König  gelegt  M^ird.  Der  Friede  schließt 
nicht  nur  die  Person,  sondern  auch  das  Vermögen  des  Be- 
friedeten in  sich  und  außerdem  die  von  ihm  abhängigen 
Leute,  für  die  er  Haftung  und  Vertretung  schuldet.')  Wir 
brauchen  uns  nun  den  „Stadtfrieden"  nicht  erst  aus  dem  Burg- 
frieden künstlich  abzuleiten,  wie  dies  Sohm  getan  hat^), 
um  den  Königsfrieden  in  den  Städten  zu  erklären. 

Aber  noch  mehr.  Von  da  aus  wird  sich  nun  auch  die 
Herstellung  eines  besonderen  Stadtgerichtsbezirkes,  welcher 
eines  der  charakteristischen  Merkmale  des  späteren  Städte- 
wesens darstellt,  ungezv;ungen  erklären,  v.  Below  hat  richtig 
betont,  daß  die  Städte  sie  in  erster  Linie  deshalb  verlangen 
mußten,  „damit  das  eigentümliche  Leben,  das  in  ihnen  zur 
Ausbildung  gelangt  war,  erhalten  blieb  und  sich  weiter  ent- 
wickeln konnte.  Das  Stadtrecht  ist  das  Recht  eines  freieren  Ver- 
kehrs, es  ist  die  Weiterentwicklung  des  überkommenen  Rechts 
auf  einer  wirtschaftlich  vorgerückteren  Stufe.  ^)  v.  Below  meinte 
noch,  daß  diese  erst  im  12.  Jahrhundert  anzusetzen  sei,  das 
alte  Recht  mit  keinem  Handels-  und  Geldverkeßr  gerechnet, 
sondern  die  Bedürfnisse  des  bäuerlichen  Lebens  und  der 
Naturalwirtschaft  befriedigt  hätte.  Ganz  zutreffend  aber 
hob  er  doch  hervor:  „die  Städte  mußten,  als  sie  aus  diesen 
Verhältnissen  herauswuchsen,  das  Recht  umbilden ;  sie  setz- 
ten neben  das  Landrecht  das  Stadtrecht.  Die  Bürger  ver- 
langten den  ausschließlichen  Gerichtsstand  vor  einem  Stadt- 
gericht deshalb,  weil  sie  nur  von  Personen,  welche  die 
Kenntnis  des  städtischen  Rechts  besaßen,  ihren  Rechtsspruch 
empfangen  wollten".*)  „Das  aufkommende  Städtewesen  hat 
auch  seinerseits  selbständig  zur  Auflösung  der  alten  Gerichts- 


')  Brunner  RG.  2,  50. 

-)  Die  Entstehung  des  deutschen  Städtevvesens  S.  26  ff. 

')  Hist.  Zs.  59,  207.  *)  Ebenda  S.  208. 


-     135     — 

verbände  mitgewirkt ,  ist  selbst  ein  treibender  Faktor  in 
diesem  Zersetzungsprozeß  gewesen:  wie  für  die  Bedürfnisse 
der  geistlichen  und  weltlichen  Großen,  so  sind  ebenso  für 
die  Bedürfnisse  der  Städte  besondere  Gerichtsbezirke  exi- 
miert  worden."  ^) 

Man  hat  aber  hier  doch  zwei  getrennte  Entwicklungsstufen 
zu  unterscheiden:  die  ältere  Exemtion  der  geistlichen  und 
weltlichen  Großen,  welche  auf  Grund  königlicher  Immunitäts- 
privilegien erreicht  ward  u.  zw.  schon  in  der  Merowinger- 
und  Karolingerzeit,  und  diese  jüngere,  welche  sich  gegen 
die  Rechte  eben  dieser,  im  lo.  Jahrhundert  zur  Stadtherr- 
schaft gelangten  Immunitätsinhaber  richtet^)  und  etwa  seit 
dem  12.  Jahrhundert  gewonnen  wurde. 

Zu  beiden  für  die  Entstehung  von  Städten  im  Rechts- 
sinne hochwichtigen,  ja  geradezu  entscheidenden  Entwicklungs- 
phasen sind  die  Ansätze  und  treibenden  Keime  doch  schon 
in  der  KaroHngerzeit  gelegt  worden :  Einmal  daß  die  Bischöfe 
und  Äbte  seit  Ludwig  dem  Frommen  immer  mehr  politische 
Bedeutung  gewannen^)  und  ihnen  dies  insbesondere  dann 
für  ihre  Stellung  in  den  Städten  und  Klöstern  zustatten  kam, 
indem  ihnen  nicht  nur  Immunitätsprivilegien  mit  Königs- 
schutz*), sondern  in  der  2.  Hälfte  des  9.  Jahrhunderts  auch 
bereits  Markt-  und  Zoll-  sowie  Münzrechte  vom  König  durch 
Privilegien  ^)  verliehen  wurden,  so  daß  die  berühmten  Otto- 
nischen Privilegien  hier  schon  ihre  Vorläufer  besitzen  —  ander- 
seits aber  durch  die  Entfaltung  von  Handel  und  Verkehr  sowie 

»)  Ebenda  S.  21^8  f. 

*)  So  sagt  ja  auch  v.  Below  a.a.O.  219:  „oft  werden  die  Städte 
sich  die  Exemption  haben  erkämpfen  oder  durch  Leistungen  an  den 
Stadtherrn  erkaufen  müssen;  öfter  wohl  noch  wird  der  letztere 
freiwillig  und  ohne  Entgelt  im  wohlverstandenen  eigenen  Interesse 
in  die  Herstellung  des  besonderen  Stadtgerichtsbezirkes  gewilligt 
haben." 

•^)  Vgl.  darüber  Hauck,  KG.  i -,  497  ff. 

*)  Vgl.  Brunner  DRG.  2,  54  f. 

^)  So  bereits  887  Karl  III.  an  den  Bischof  von  Langres,  Mühl- 
bacher Reg.*  1740;  vgl.  auch  die  Zurückstellung  dieser  unter  Erz- 
bischof Wigmad  (f  791)  der  Kirche  von  Trier  entrissenen  Rechte 
durch  K.  Ludwig  IV.  im  J.  902.  Ebenda  2002;  dazu  Hauck,  Die 
Ausbildung  d.  bischöfl.  Fürstenmacht  (1891)  S.  45  sowie  J.  Lechner, 
Mitteil.  d.  Instit.  22,  389. 


—     136     — 

die  gesteigerte  Bedeutung  der  Kaufleute  seit  ebendieser  Zeit, 
da  Ludwig  der  Fromme  schon  und  ebenso  seine  Söhne  in 
den  Zeiten  der  Bürgerkriege,  Teilungen  und  Parteikämpfe 
immer  mehr  Geldmittel  benötigten  und  auf  die  Kaufleute 
als  Kreditoren  angewiesen  waren.  Es  ist  gewiß  nicht  zu- 
fällig, daß  damals  gerade  die  Judenprivilegien  auftreten,  ja  ein 
besonderes  Kapitulare  über  die  Rechtstellung  derselben 
erlassen  wurde.  ^)  Unter  Ludwig  dem  Frommen  wurden  die 
Märkte  verlegt,  auf  daß  der  jüdische  Sabbat  nicht  gestört 
würde. ^)  Dazu  aber  muß  gehalten  werden,  daß  unter  eben- 
diesem  Kaiser  auch  die  erste  Verleihung  des  Münzrechtes 
(an  Korvey)  erfolgte,  u.  zw.  mit  der  bezeichnenden  Be- 
gründung, daß  die  betreffende  Gegend  einer  Münze  bedürfe.^) 

Auch  die  Gewerbe  sind  hier  ja  zugleich  mit  zu  berück- 
sichtigen, da  auch  die  Gewerbsleute  zufolge  des  z.  T.  bestehen- 
den direkten  Absatzes  an  die  Kunden  zu  den  Händlern,  bzw. 
Krämern  gerechnet  wurden.*)  Im  lo.  Jahrhundert  wird  doch 
das  früher  erwähnte  Kaufleuterecht  (ius  mercatorium)  mit- 
unter auch  als  ius  institorum  bezeichnet.^)  Auch  die  Ge- 
werbe haben  ja  im  9.  Jahrhundert  einen  lebhaften  Aufschwung 
genommen,  wie  das  nächste  Kapitel  zeigen  soll. 

Gerade  bei  diesen  Kaufleuten  und  Händlern  (einschließ- 
lich der  Gewerbetreibenden)  bemerken  wir  nun  schon  in 
der  Karolingerzeit  die  Tendenz  zu  festerem  Zusammenschluß. 
Die  Anfänge  sowohl  des  Gilde-  wie  Zunftwesens  gehen 
in  dieselbe  zurück.  So  verschieden  man  auch  die  in  den 
Capitularien  Karls  des  Großen  verbotenen  'gildonia"  und 
Schwurgenossenschaften  (coniurationes)  auffassen  mag**),  so 
sind,  auch  wenn  diese  nicht  dazu  in  Beziehung  gesetzt  werden 
dürfen,  doch  Vereinigungen  von  Kauffahrern  gemeinsamer 

^)  Vgl.  Bruniier  RG.  i  ^,  404,  -)  Waitz  VG.  4^,  47  n.  3. 

^)  Siehe  oben  S.  114. 

*)  Vgl.  Waitz  VG.  5,  357  und  v.  Below,  Großhändler  U.Kleinhändler 
im  deutschen  MA.,  Jbb.  f.  Nationalökon.  75,  5u.  47  f.  sowie  auchViertel- 
jahrschr.  f.  Soz.  u.  WG.  7,  432  n.  2. 

«)  Vgl.  Waitz  VG.  5  -,  395. 

f')  Vgl.  Waitz  VG.  4-,  434  ff.  Wilda,  Das  Gildenwesen  im  MA. 
1831.  Hartwig,  Untersuchungen  über  d.  ersten  Anfänge  d.  Gilde- 
wesens, Forsch,  z.  D.  Gesch.  i,  133.  A.  Meister,  Festschr.  f.  H.  Grau- 
ert  1910. 


—     K^7    — 

Fahrt  gerade  im  Gebiete  der  späteren  Hansa  für  das  9.  Jahr- 
hundert ebenso  bezeugt  ^)  wie  eine  Transportorganisation  (so- 
cietas  parafridorum)  in  Worms. ^)  Kann  ferner  auch  der  Gilde 
nicht  die  entscheidende  Bedeutung  für  die  Bildung  der  städti- 
schen Gemeinde  und  ihrer  Organe  zuerkannt  werden,  wie  ältere 
Forscher  dies  wollten,  und  hat  keine  die  gesamte  Bürgerschaft 
umfassende  Gilde  existiert  ^),  so  war  doch  dieser  Zusammen- 
schluß sehr  wohl  geeignet,  die  wirtschaftlichen  Sonderinter- 
essen der  Kaufleute  zu  vertreten  und  zu  schützen.*)  Schon 
Maurer  hat  aus  dem  Umstände,  daß  in  dem  Verbote  Karls 
des  Großen  doch  solche  Gilden,  welche  zu  gegenseitiger 
Unterstützung  bei  Schiffbruch  dienten,  zulässig  erklärt  wur- 
den, den  Schluß  gezogen,  daß  darin  wahre  Handelsgilden 
zutage  träten.^)  Der  ,Einwand  von  Belows,  die  Gilde  hätte 
diese  Wirkung  bereits  auf  die  Bauerngemeindc  üben  können, 
da  das  Alter  der  Gilden  unendlich  weit  vor  das  Aufkommen 
der  Stadtverfassung  zurückreiche ") ,  erledigt  sich  einfach 
damit,  daß  dort  in  der  Landgemeinde  eben  gar  nicht  solche 
Interessen  eines  größeren  Kreises  von  Kaufleuten  und  Händ- 
lern vorhanden  waren  wie  hier.  Gehören  aber  die  Anfänge 
der  Stadtverfassung  nicht  erst  ins  12.  Jahrhundert,  wie 
V.  Below  meint,  dann  liegt  auch  das  Aufkommen  der  Gilden 
nicht  mehr  „unendlich  weit"  vor  jener,  sondern  diese  er- 
scheinen gleichzeitig  wirksam. 


§   10. 

Das  Gewerbe. 

Die  Überschätzung  der  wirtschaftlichen  Bedeutung  der 
großen  Grundherrschaften  hat  die  Auffassung  und  Dar- 
stellung der  Verkehrs  wir  tschaft  in  der  Karolingerzeit 
überaus  nachteilig   beeinflußt.     Vorab  das   Gewerbe  ist  — 

*)  Vgl.  Alex.  Bugge,  Vierteljahrschr.  f.  Soz.  u.  WG.  4,  274  (1906) : 
Limerickfahrer !  Dublinfahrt.  ^)  Waitz  VG.  4-,  17. 

')  Vgl.  V.  Below,  Stadtgemeinde,  Landgemeinde  u.  Gilde.  Viertel- 
jahrschr. f.  Soz.  u.WG.  7,  427  ff. 

*)  Vgl.  auch  Seeliger,  Studien  z.  ältesten  VG.  Kölns  (1909)  S.99. 
*  ^)  Vgl.  Waitz  VG.  4  ^  435  n.  i. 

")  Vierteljahrschr.  f.  Soz.  u.  WG.  7,  444,  vgl.  auch  440  n. 


-     138     - 

worauf  ich  schon  einleitungsweise  hingewiesen  habe^)  — ' 
durchaus  als  eine  Pertinenz  der  Fronhöfe  angesehen  worden. 
In  deutlicher  Anlehnung  an  G.  L.  v.  Maurer  und  K.W.  Nitzsch 
stellte  V.  Inama-Sternegg  den  Satz  auf,  die  Gewerbe  hätten 
sich  zwar  in  dieser  Periode  zweifellos  zu  ungleich  größerer 
Mannigfaltigkeit  entwickelt,  aber  ihre  vorzüglichste  Ver- 
tretung jedenfalls  nur  auf  den  Palatien  der  Könige  und  den 
großen  Herrenhöfen  der  Grundherren  gehabt.'^)  Bekannt  ist, 
wie  die  älteren  Ansichten,  besonders  K.  W.  Nitzsch',  dann 
in  einer  gründlichen  Revision  durch  G.  v.  Belows  Abhandlung 
über  die  Entstehung  dez  Handwerks  in  Deutschland  *)  viel- 
fach berichtigt  worden  sind.  Hier  und  in  der  anschließenden 
Arbeit  Keutgens*)  erscheinen  auch  für  die  Gewerbe  der 
Grundherrschaften  wichtige  Ausführungen  geboten,  vor- 
nehmlich was  die  Verfassung  derselben  und  den  sozialen 
Charakter  der  Handwerker  anlangt.  Allerdings  haben  diese 
Untersuchungen  weniger  die  äußere  und  materielle  Ge- 
schichte der  Gewerbe  zum  Gegenstande.  Nicht  mit  Unrecht 
hatte  schon  Bücher  ganz  allgemein  betont^),  daß  die  Betriebs- 
weise des  mittelalterlichen  Handwerks  „kaum  genauer  unter- 
sucht worden  ist". 

Reiche  Quellennachw'eise,  besonders  auch  aus  dem  deut- 
schen Sprachgute,  bot  dann  das  Werk  Moritz  Heynes, 
welches  1908  aus  dessen  Nachlasse  von  B.  Crome  heraus- 
gegeben wurde. '^)  Es  ist,  wiewohl  in  erster  Linie  vom 
philologischen  Standpunkt  aus  verfaßt,  auch  dem  Wirtschafts- 
historiker sehr  wertvoll.  Immerhin  wird  sich  der  Kreis  der 
hier  neuerschlossenen  Belege  für  die  Karolingerzeit  noch 
erweitern  lassen.  Im  folgenden  soll  versucht  werden,  bei 
Zusammenfassung  des  bisher  Geleisteten,  noch  einzelne 
mehr  versteckte  Nachrichten,  z.  T.  auch  mit  indirekter  Ab- 
leitung zur  Ergänzung  des  Bildes  beizusteuern.  Bei  der 
Dürftigkeit  der  Zeugnisse  aus  dieser  älteren  Zeit  muß  ja 
jeder  neue  Hinweis  willkommen  sein,  zumal  er  —  ist  einmal 


1)  Im  I.  Bande  S.  8.  ^)  DWG.  i,  422  ==  1  ^  571. 

')  Ztschr.f.Soz.u.WG.5,  i24ff.  (1896).        *)  Ämter  u.  Zünfte (1903). 

'■)  Die  Entstehung  der  Volkswirtschaft.     5.  Aufl.  S.  156, 

*)  Das  altdeutsche  Handwerk.     Straßburg,  Trübner. 


—     139     — 

ein  sicherer  Anhaltspunkt  vorhanden  —  durch  die  Spezial- 
und  Lokalforschung  dann  evtl.  noch  erweitert  und  vertieft 
werden  kann.  Auch  hier  kann  ja  das  testimonium  ex  silentio 
keineswegs  uneingeschränkt  gelten,  auch  hier  sind  die  er- 
haltenen Quellen  durchaus  einseitig,  d.  h.  grundherr- 
schaftlich geartet. 

Da  in  den  letzten  Jahren  ferner  verschiedene  Mono- 
graphien über  einzelne  Gewerbe  erschienen  sind,  die  manches 
Neue  auch  für  diese  Zeit  enthalten,  und  endlich  die  Arbeiten 
V.  Belows  und  Keutgens  auch  Gegenäußerungen  hervorgerufen 
haben  — ,  ich  erinnere  nur  an  Seeligers  Bemerkungen^) 
sowie  den  Aufsatz  von  Philippi^)  und  W.  Müllers  Abhand- 
lung^) —  so  erscheint  damit  heute  der  früher  überaus 
dürftige  Stand  der  Forschung  auf  diesem  Gebiete  doch 
wesentlich  gefördert  und  erweitert. 

Eben  durch  diese  Aufklärungen  wird  es  nun  auch 
möglich  sein,  die  zuletzt  besonders  lebhaft  gewordene 
Kontroverse  über  den  Charakter  dieser  Gewerbe  und  des 
Handwerks  überhaupt*)  einer  Lösung  näher  zu  bringen. 

Vorerst  nun  ein  Blick  auf  die  äußere  Geschichte  der 
Gewerbe,  das  Auftretender  einzelnen  von  ihnen  in  dieser  Zeit. 
Kurz  und  einfach  ist  deren  Liste  in  der  deutschen  Wirtschafts- 
geschichte bei  Inama-Sternegg  abgetan.^)  Nur  drei  Gewerbe 
werden  da  besprochen:  das  ^Nletallgewerbe,  die  Weberei  und 
das  Baugewerbe.  Mit  Recht  wies  v.  Inama  darauf  hin,  daß 
bei  dem  Metallgewerbe  bereits  eine  reichliche  Arbeits- 
teilung und  Spezialisierung  in  dieser  Zeit  eingetreten  sei.^) 
Aber  das,  was  er  sonst  noch  darüber  sagt,  ist  doch  sehr 
dürftig  geraten.  Beachtung  verdient  auch,  was  P.  Giemen 
bei  der  Darstellung  der  merowingischen  und  karolingischen 
Plastik   über   die  Metallurgie   dieser   Zeit   ausgeführt^)    und 

^)  Staat  und  Grundherrschaft  in  der  älteren  deutschen  Ge- 
schichte, Leipzig  19c  9  S.  9  ff. 

*)  Die  erste  Industrialisierung  Deutschlands,  Münster  1909. 

')  Zur  Frage  des  Ursprunges  der  mittelalterl.  Zünfte  (Leipz.  hist. 
Abh.  22.)  19 10. 

*)  Vgl.  darüber  meine  „Grundlagen",  2,  395  ff.,  sowie  unten  S.  i6i  if. 

°)  I,  422'=  I  2,  571. 

')  In  den  Jahrbb.  d.  Ver.  von  Altertumsfreunden  im  Rheinlandc 
((892)  92,  4 5  ff. 


—     I40     — 

neuestens  M.  Buchner  über  Einhard  als  Künstler  bemerkt 
hat.^)  Ausführlich  hat  Heyne  darüber  sich  außerdem  ver- 
bereitet. 

Wir  werden  da  zunächst  das  Eisen-  von  dem  Edel- 
metallgewerbe zu  unterscheiden  haben.  Daß  bei  ersterem 
die  Anforderungen  und  der  tatsächliche  Bedarf  sowohl  durch 
die  Kriegsausrüstung  wie  die  Eandwirtschaftsgeräte  eine 
bedeutende  Steigerung  jetzt  erfaliren  haben,  ist  bereits  zur 
Genüge  betont.^)  Freilich  nur  aus  den  allgemeiner  ge- 
haltenen Bestimmungen  der  Kapitularien.  Nicht  übersehen 
sollen  fürderhin  auch  die  interessanten  Stellen  werden,  die 
Prosa  und  Dichtung  jener  Zeit  doch  viel  lebensvoller  noch 
bieten.  Nach  Ermoldus  Nigellus  wurden  die  Pflüge  zur 
Ackerbestellung  regelmäßig  aus  Eisen  angefertigt  ^),  es 
müssen  auch  Messer  ebenso  zu  den  gewöhnlichen  Erzeug- 
nissen der  täglichen  Produktion  gehört  haben. ^)  Die  Messer- 
industrie scheint  besonders  auch  in  England  betrieben 
worden  zu  sein,  wie  wir  einem  von  dort  an  Lull  von  Mainz 
gerichteten  Briefe  aus  der  Zeit  von  c.  732 — 46  entnehmen. 
Indem  der  Absender  einen  silbernen  Haarkräusel  und  4  Messer 
als  Geschenke  spendet,  heißt  es  von  diesen:  iiostra  coii- 
suetudme  factos})  Aus  den  Erzählungen  des  Mönches  von 
St.  Gallen  aber  geht  hervor,  daß  nicht  nur  Schwerter  und 
Brünnen,  sondern  auch  Beinschienen  aus  Eisen  damals  schon 
ganz  allgemein  im  Gebrauch  standen.^)    ¥/ie  ausgiebig  das 


^)  Ztschr.  d.  Aachener  Gesch. -Ver.,  50.  Bd. 

'^)  Inama  WG.  i,  423  =  i '-,  573;  vgl.  auch  Heyne  S.  51. 

^)  MG.  Poet.  lat.  2,  70  v.  447  f.  Siferrtmi  ßierit,fortassis  ad  arva 
colenda  sufficit,  et  adtros  inde  fahrire  iube;  vgl.  dazu  auch  den  Mönch 
V.  St.  Gallen  IL   18  MG.  SS.  2,  761. 

*)  MG.  Epp.  3,  339  Z.  15;  vgl.  ebenda  406  Z.  18  (764):  Der  Bischof 
v.  Winchester  sendet  u.  a.  an  Lull  auch  20  Messer. 

^)  II  c.  17:  MG.  SS.  2,  759:  Ttinc  visus  est  ipse  ferrcus  Karolus, 
ferrea  galca  crisiaius,  f er  reis  manicis  armillatus,  ferreo  torace  ferreum 
pectus  htimerosqiie  platonicos  tutatus,  hasta  ferrea  in  altum  subrecta 
sinis/ram  implctiis,  natu  dextra  ad  invictitni  calihem  semper  erat  extenta ; 
coxarnm  celeriora,  qiiae  propter  faciliorem  ascenstim  in  aliis  söhnt  lorica 
nudari,  in  eo  fcrreis  amhiebantttr  bratteolis.  De  0  er  eis  quid  die  am? 
Qiiae  et  cunc 1 0  exercitui  solebant  ferreae  semper  esse  usui. 


—     141     — 

Eisen  zu  seiner  Zeit  für  die  verschiedenen  Einzelteile  der 
Rüstung,  u.  zw.  auch  der  Streitrosse,  verwendet  wurde,  zeigt 
seine  poetisch  verklärte  Schilderung  von  den  in  Eisen  star- 
renden Heeressäulen,  mit  denen  Karl  der  Große  dem  Lango- 
bardenkönig Desiderius  in  Italien  bange  Furcht  einjagte.^) 
Ein  förmlicher  Hochgesang  auf  das  Eisen!  Aber  auch  das 
freilich  paränetisch  gedachte  Geschichtchen  von  Ludwigs  d.D. 
Bevorzugung  des  Eisens  gegenüber  dem  Edelmetall  verdient 
hier  erwähnt  zu  werden.^)  Ja  selbst  in  übertragenem  Sinne 
war  die  Vorstellung  der  „eisernen  Zuchtrute"  bereits  damals 
geläufig.-^) 

Man  gewinnt  doch  gerade  durch  solche,  aus  dem  tat- 
sächlichen Leben  heraus  entstandene  Reflexe  eine  konkrete 
Vorstellung  von  dem  Umfange  der  Gewerbeproduktion, 
welche  sie  zur  allgemeinen  Voraussetzung  haben.  Dazu 
kommt,  daß  auch  die  vorschriftsmäßige  Ausrüstung  der 
gewöhnlichen  Kriegs-  und  Heerwagen  Eisenarbeit  und  ver- 
schiedene Eisengeräte  in  sich  schloß.*)    Über  die  landwirt- 


Es  ist  also  nicht  zutreffend,  wenn  jüngst  W.  Erben  (Hist.  Ztschr. 
loi,  324)  die  Annahme  H.  Delbrücks  (Gesch.  d.  Kriegskunst  3,  4),  daß 
eiserne  Beinschienen  damals  regelmäßig  in  Verwendung  standen,  als 
nicht  quellenmäßig  belegt  hingestellt  hat. 

*)  Ebenda  a.a.O.:  In  clipeo  nihil  appariiit  nisi ferrum.  Cahalhis 
quoqtie  illius  aninio  et  colore  ferriim  renitebat.  Quem  habitum  cuncti 
praecedentes,  nniversi  ex  lateribus  ambientes,  omnesgue  sequentes  et  totus 
in  comimine  apparatus  iuxta  possibilitatem  erat  imitatus.  Ferrum  campos 
et  plateas  replebat ;  sdlis  radii  reverberabantur  acte  ferri;  frigido  ferro 
honor  a  frigidiori  deferebaiur  populo ;  splendidissimtmi  ferrum  horror 
expalluit  ^laacarum.  O  ferrum !  heu  ferrum !  clamor  confusiis  insotiuit 
civium.  Ferro  contremuit  firmitas  murorum  et  iuvenum  consilium  ferro 
deperiit  seniorum. 

'^)  Ebenda  S,  76 1  c.  1 7 :  Quantum  vero  aprimeva  aetate  tisque  ad  septua- 
gesimum  annu?n  ferro  gauderet  invictissimus  Hludowicus,  quantum  ante 
Nordmannorum  legatos  spectaculitm  de  ferro  faceret,  melius  hoc  vobis 
scientibus  repUcabo,  sowie  ebenda  c.  18:  Tiinc  legati  semet  aspectantes 
et  ad  alierutrum  obstiipescentes :  O  utinam,  inquiunt,  principibus  nostris 
tam  vile  videretur  aurum  et  ferrum  tarn  praeciosum ! 

^)  Vgl.  MG.  FF.  398  nr.  3  Var. :  in  virga  ferrea  regendo.  Vgl. 
auch  aus  Passau  Mon.  Boica  28,  28  nr.  30  (812):  firmiores  sunt  ferro, 

*)  MG.  Capit.  I,  171  c.  10(801  — 13),  sowie  2,5  (828),  dazu  Capit. 
de  villis  c.  42  u.  68. 


—       142       — 

schaftlichen  Geräte  aus  Eisen  (Beile,  Bohrer,  Kessel,  eisen- 
beschlagene Fässer,  Sensen,  Pflüge,  Ketten,  Hacken,  Wagen 
u.  a.)  unterrichten  für  Deutschland  das  Inventar  von  Staffel- 
see ^),  jenes  von  Bergkirchen  (Freising)  ^),  sowie  die  Notiz 
über  den  Fuldaer  Hof  zu  Kissingen  (Chizzeche).^)  Eiserne 
Pflüge  werden  auch  in  dem  Weißenburger  Urbar*)  und  in 
St.  Galler  Urkunden  ^)  als  Zins  von  Hintersassen  genannt. 
Man  sieht,  Erzeugnisse  des  Schmiedegewerbes  waren  all- 
überall vorhanden.  Die  bekannten  und  oft  zitierten  Waften- 
ausfuhrverbote  Karls  des  Großen  zeigen,  daß  die  Eisen- 
industrie bereits  auf  Export  hinarbeiten  konnte.^) 

Ganz  ebenso  entwickelt  haben  wir  uns  aber  auch  für 
jene  Zeit  die  Edelmetallverarbeitung  zu  denken.  Nicht 
uur,  daß  eigene  Gold-  und  Silberarbeiter  neben  den  Eisen- 
schmieden und  Schildmachern  erwähnt  werden,  deutet  darauf 
hin.'^)  Nicht  nur,  daß  der  König  solche  zur  Mehrung  seines 
Schatzes,  die  Kirche  sie  bei  Anfertigung  von  Kunstwerken 
zu  Ehren  Gottes  und  der  Heiligen  in  den  zahlreichen  Kirchen 
und  Kapellen  verwendete.*)  Gewiß  haben  die  Paramente 
und  Devotionalien,  Antipendien  und  Reliquienschreine,  welche 
im  Auftrag  der  Kirche  hergestellt^),  aber  sicher  auch  von 
Privaten  an  sie  oft  geschenkt  wurden,  dem  Kunstgewerbe 
umfassenden  Nährboden  geschaffen  und  es  vor  neue  größere 
Aufgaben  gestellt.^*') 

Zahlreiche  Glocken  wurden  jetzt  in  den  überall  neu 
errichteten  Kirchen  und  Kapellen  benötigt,  die  Glocken- 
gießerei vermochte  sich  daher  zu  einem  selbständigen  Ge- 


M  MG.  Capit.  i,  252  c.  7. 

^)  Bitterauf  a.  a.  O.  nr.  652  (842). 

*)  Dronke,  Traclit.  Fuld.  S.  127  nr.  48. 

*)  Zeuß,  Tradit.  Wizz.  S.  274  nr.  2. 

*)  Wartmann  ÜB.  v.  St.  Gallen  i  nr.  305  u.  332. 

•)  Vgl.  E.  Geßler,  die  Trutzwaffen  der  Karolingerzeit  (1908)8. 153  f. 

')  So  Inama  WG.  i,  422. 

*)  Darüber  das  Nähere  bei  Heyne  a.  a.  O.  S.  54  u.  56. 

")  Heyne  a.  a.  O.  59. 

^°)  Vgl.  im  allgemeinen  P.  Giemen,  Die  merowingische  u.  karol. 
Plastik  a.  a.  O.  S.  46 ff.,  sowie  neuestens  R.  Karcher,  Das  deutsche 
Goldschmiedehandvverk  bis  ins  15.  Jahrh.  (Beitr.  z.  Kunstgesch:  NF.  37 
(1911)  S.  28  f.) 


—     143     — 

werbe  auszubilden.^)  Nicht  nur  aus  Kupfer  und  Zinn  ward 
die  Glockenspeise  gefertigt,  auch  Silber  kam  mit  in  Ver- 
wendung. Das  zeigt  jene  scheußliche  Anekdote  des  Mönches 
von  St.  Gallen  über  den  Täuschungsversuch,  den  ein  be- 
rühmter Erzgießer  an  Karl  dem  Großen  verübte.  Um  den 
wundervollen  Ton  einer  von  einem  St.  Galler  Mönche  ver- 
fertigten Glocke  noch  zu  überbieten,  habe  er  zum  Guße  viel 
Silber  verlangt,  dann  aber  statt  desselben  Zinn  verwendet 
und  jenes  für  sich  behalten.  2)  Auch  aus  der  Privatkorre- 
spondenz jener  Zeit  kann  man  weitere  Belege  für  das  Interesse 
an  den  Glocken  entnehmen.^) 

Femer  ist  die  Messingindustrie,  deren  Existenz  in 
der  Karolingerzeit  Heyne  noch  in  Abrede  stellte*),  nach  den 
neuesten  Darlegungen  Peltzers  bereits  damals  vorhanden.^) 
Die  Auffindung  der  Gußformen  für  die  berühmten  Gitter 
des  Aachener  Münsters*)  im  Jahre  1913  haben  die  früher  schon 
erkannte  Bedeutung  der  Aachener  Gußhütte  in  der  Zeit  der 
Karolinger'^)  erst  recht  hervortreten  lassen. 

Endlich  werden  auch  Zinnarbeiten  in  den  Inventaren 
kirchlicher  Grundherrschaften  angeführt.^)  Daß  die  Ver- 
arbeitung des  Zinns  zu  Gefäßen  erst  im  späteren  Mittelalter 
häufiger  geworden  sei,  wie  Heyne  annimmt^),  möchte  ich 
auch  bezweifeln.  In  den  Freisinger  Quellen  kommen  Kelche 
und  andere  kirchliche  Geräte  (Capsa,  patena,  Kreuze)  doch 
auch  aus  Zinn  vor^"),  was  Heyne  übersehen  hatte.  An- 
scheinend wurden  Zinngeräte  für  den  gewöhnlichen  Werk- 


1)  Vgl.  Otte,  Glockenkunde  2.  Aufl.  S.  9  n.  2  u.  S.  79. 

2)  I.  29  MG.  SS.  2,  744. 

')  Vgl.  den  Brief  Bonifaz'  an  den  Abt  von  Newcastle  (744 — 47) 
MG.  Epp.  3,  348  nr.  76,  sowie  auch  Bitterauf  nr.  652  u.  654  (Freising). 

*)  A.  a.  O.  S.  loi. 

*)  Die  Gesch.  d.  Messingindustrie  u.  d.  künstl.  Arbeiten  in  Messing 
(Dinanderies)  Aachen  1909  (SA.  aus  d.  Ztschr.  des  Aachener  Gesch.- 
Ver.  XXX);  vgl.  auch  Pinchart,  Hist.  de  la  Dinanderie,  Bull,  des  Com- 
missions  royales  d'art  et  d'archeolog.  Bruxelles  13,  482  ff.  (1874). 

*)  Schmidt  in  Zs.  d.  Aachener  Gesch. -Ver.  35,  401,  sowie  auch 
M.  Buchner  ebenda  50.  Bd.  über  Einhard  als  Künstler. 

')  Vgl.  E.  aus'm  Weerth  in  Bonn.  Jbb.  78,  155  ff. 

»)  MG.  Capit.  I,  251  c.  3  (Staffelsee).  ">  A.  a.  O.  S.  61  n.  205. 
'")  Bitterauf  nr.  652  u.  654  (842). 


—     144     — 

tagsgebrauch  verwendet,  da  sie  bei  Gefäßen  derselben 
Kategorie  hier  neben  goldenen  angeführt  werden.^) 

Wir  werden  uns  die  Edelmetallgewerbe  im  ganzen  doch 
viel  entwickelter  vorstellen  müssen. 

Man  hat  gar  nicht  berücksichtigt,  daß  die  Quellen  der 
KaroUngerzeit  immer  wieder  von  einem  ganz  ungeheuren 
Aufwände  und  Luxus  sprechen,  der  gerade  an  Er- 
zeugnissen des  Kunstgewerbes  vorhanden  war.^)  Am 
rührendsten  und  in  seiner  naiven  Einfachheit  wohl  am  über- 
zeugendsten hat  der  Verfasser  der  Lebensgeschichte  der 
hl.  Hathumod  von  Gandersheim  die  allgemeine  Sucht  der 
Frauen  nach  kostbarem  Schmuck  geschildert.  Um  recht 
drastisch  darzutun,  wie  diese  Äbtissin  aus  vornehmem  Hause 
den  Freuden  der  Welt  abhold  war,  zählt  er  uns  einzeln  auf, 
wonach  die  Eitelkeit  der  Frauen  in  der  Karolingerzeit  gelüstete. 
Und  diese  Liste  ist  verhältnismäßig  stattlich  ausgefallen : 
Golddurchwirkte  Gewänder,  kostbare  Kopfbedeckungen  und 
Binden,  Haarkämme  und  Ohrringe,  Mondchen  (Broschen), 
Halsketten  und  Armbänder,  Fingerringe,  Gürtel  und  Riech- 
fläschchen  werden  besonders  erwähnt.^)  Dieser  Luxus  war 
aber  nicht  etwa  bloß  in  den  Kreisen  der  Vornehmen  verbreitet, 
dem  Hathumod  und  wohl  auch  der  Autor  selbst  angehörten, 
wir  erfahren  hier  zugleich,  daß  ihr  freiwillig  solche  Schmuck- 
sachen dargebracht,  bzw.  je  nach  dem  Vermögen  und 
Stand  der  Eltern  angeboten  wurden.  Sie  waren  also  allge- 
mein. Und  dazu  stimmt  vortrefflich,was  wir  sonst  aus  den  Quellen 
jener  Zeit  entnehmen  können.  Auch  aus  den  Briefen  Alchvins 
geht  hervor,  daß  man  viele  kostbare  Ringe  trug.*)  Goldene 
Ohrringe  und  Spangen  werden  in  zwei  Traditionsurkunden 
für  das  bairische  Kloster  Schäftlarn  erwähnt.^)  In  der 
St.  Galler    Formelsammlung    aber   ist  u.  a.    ein    Stück   er- 

1)  Darauf  deutet  auch  die  Vita  S.  Benedicti  Anian.  MG.  SS.  XV, 
204  c.  5. 

-)  Vgl.  dazu  auch  M.  Heyne,  Deutsche  Hausaltertümer  3,  327 fif. 

*)  MG.  SS.  4,  167  c.  2:  iia7n  vestes  auro  paratas,  mitras,  vittas, 
discriminalia,  inaures,  lunulas,  tnonilia,  armillas,  dextraliola,  strophia 
et  olfactoriola,  ad  quae  vel  habenda  vel  porlanda  plnrimarum  fcminartim 
inarde'snt  ambitio,  et  ultr 0  secundtim  parentu m  fa cjiltatetn  et 
dignitat  em  ob  lata,  susciperc  recusavit. 

*)  MG.  Epp.4,  441  (793—804).        °)  Mon.  Boica  8,  370  u.  371  (806). 


—     145     — 

halten,  nach  welchem  ein  Laie  seinem  Sohn  sein  Erbgut 
gegen  ein  Wehrgehenk  aus  Gold,  das  mit  Edelsteinen  ver- 
ziert war,  verkaufte;  es  erscheint  der  stattlichen  Summe  von 
60  Solidi  gleichgesetzt.^)  Auch  der  Mönch  von  St.  Gallen 
weiß  von  Ludwig  dem  Deutschen  in  seiner  Art  eine  recht 
sarkastische  Verspottung  dieses  Luxus  zu  erzählen.^)  Offen- 
bar haben  ihn  auch  die  Männer  getrieben.  Und  diese  Quellen- 
nachrichten finden  nun  ihre  entsprechenden  Belege  durch 
die  Ergebnisse  von  Ausgrabungen,  die  an  verschiedenen 
Stellen  Deutschlands,  wie  z.  B.  1884 — 5  zu  Mertloch  in  der 
preußischen  Rheinprovinz  gemacht  worden  sind;  sie  haben 
eine  große  Anzahl  von  karolingischen  Goldschmiedearbeiten 
(Fibeln,  Gürtelschnallen,  Ringen  u.  a.  m.)  zutage  gefördert.^) 
Damit  gelangen  wir  bereits  zu  jenem  anderen  Gewerbe 
hinüber,  das  gleichfalls  schon  von  alters  her  in  Deutschland 
geübt  wurde,  der  Weberei.*)  Es  ist  ja  zur  Genüge  bekannt 
und  immer  wieder  hervorgehoben  worden,  daß  in  den  Frauen- 
häusern (Gynäceen)  der  Fronhöfe  Gewebe  mannigfacher  Art 
hergestellt  wurden.^)  Den  älteren  Stand  der  Forschung 
hatte  1879  G.  Schmoller  in  seiner  berühmten  Geschichte  der 
Straßburger  Tucher-  und  Weberzunft  zusammengefaßt.  Da- 
nach hätte  es  sich  wesentlich  um  Leinengewebe,  Leinwand 
gehandelt.  Sie  sei  der  vorherrschende  Kleidungsstoff,  aber 
bloß  der  Vornehmen  gewesen.  Auch  Wollstoffe  kämen  zwar 
vor,  aber  doch  nicht  sehr  zahlreich.  Die  Lieferung  von 
fertigen  Leinwanden  durch  die  Hörigen  sei  sehr  selten,  die 

^)  MG.  4"  LL.  Sect.  V,  405  nr.  13  u.  14:  balteo  ex  auro  et  lapidibus 
preciosis  effecto. 

-)  MG.  SS.  2,  761  (2,  17):  Quod  si  quisqtcam.  inferioru77i,  disciplinae 
illius  ignarus,  aliquid  de  serico,  auro  vcl  argento  circa  se  habens  .  .  . 
incurisset  .  .  .  his  verbis  increpatus  ...  O  te  bis  aureum  eccuml  0  tt 
argenteuvi !  0  te  totu7?i  coccineum ! 

')  Vgl.  A.  Essenwein,  Karoling.  Goldschmiedearbeiten  in  d.  Mitt. 
aus  d.  germ.  Nat.-Mus.  i  (1886),  137 ff.;  dazu  auch  für  Belgien  C.  Bamps 
et  A.  Bequet,  Decouverte  de  bijoux  Carlovingiens  ä  Hasselt,  Ann.  Ac. 
Arch.  Belg.  5.  Ser.  t.  i  (1898),  im  allgemeinen  O.  v.  Falke,  Illustrierte 
Gesch.  d.  Kunstgewerbes  i,  2i7ff.  (1907/8),  sowie  d.  Art.  ,, Goldschmiede- 
kunst" von  Th.  Hampe  in  Hoops  Reallexikon  d.  germ.  Altertums- 
kunde 2,  292  ff.  (1913 — 15),  auch  Art.  ,, Fingerring",  ,, Schmuck"  von 
Schnittgen  ebenda  Soff.,  sowie  Nachträge. 

*)  Vgl.  Heyne  a.  a.  O.  S.  33  ff.  ^)  Inama  DWG.  i,  423  =  i  -,  574. 
Dop  seh,  Wirtschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.   II.  2.  Aufl.        10 


—     146    — 

von  Wollstoffen  finde  sich  nur  am  Niederrhein,  dort  habe 
sich  am  frühesten  die  deutsche  Wollweberei  ausgebildet. 
Die  Urkunden,  welche  uns  die  gelernten  Arbeiter  unter  den 
Mönchen  oder  den  männlichen  Hörigen  der  Fronhöfe  des 
9.' — II.  Jahrhunderts  aufzählen,  ließen  den  Weber  oder  Woll- 
arbeiter ganz  vermissen.  Vor  dem  Jahre  1090  sei  keine 
Erwähnung  von  Webern  als  klösterlicher  Hintersassen  zu 
finden.  Die  Verarbeitung  des  Hanfes,  des  Flachses  und  der 
Wolle,  jedenfalls  das  Spinnen  und  Weben  trete  in  dieser 
ganzen  älteren  Zeit,  wie  ja  auch  überwiegend  im  Altertum 
ausschließlich  als  häusliche  Tätigkeit  der  Frauen  auf.^) 

Wir  können  heute  genaueren  Einblick  gewinnen.  Fertige 
Gewebe  sind  zur  Karolingerzeit  in  verschiedenen  Urbaren 
bereits  als  regelmäßiger  Zins  verzeichnet.  So  am  Oberrhein 
in  den  Weißenburger  Quellen  2),  so  in  Thüringen  nach  den 
Fuldaer  Urbaren.^)  Hier  kommen  neben  Zinsen  an  Schafen 
auch  solche  von  Tuchen  vor  mit  der  charakteristischen 
Wendung:  siait  est  consuctitdo  in  Thuringia.^)  Bei  den 
Friesen  und  Sachsen,  wo  sie  ja  besonders  alt  sind,  weist 
sie  dasselbe  Urbar  eben  wieder  aus.^)  Aber  auch  im 
Württembergischen  ^),  im  heutigen  Baden '')  und  in  Hessen  ^) 
ist  das  gleiche  zu  belegen.  Und  in  Bayern  sind  die  Woll- 
stoffe (sarcile)  ebenso  regelmäßige  Abgabe^)  wie  die  Leinen- 
hemden (camisile).-^")      Desgleichen  auch  in  Alemannien.^^) 

^)  A.a.O.  S.  358 — 361.  Ebenso  Inama  DWG.  1,423=1 2,  574  u 
K.  Bücher  a.  a.  O.  S.  106.  Auch  AI.  Schulte,  Gesch.  d.  mittelalterlichen 
Handels  u.  Verkehrs  i,  70. 

-)  Zeuß,  Tradit.  Wizz.  S.  274 ff.  (camisile,  sarcile  cum  fasciolis). 

^)  Dronke,  Tradit.' Fuld.  55  nr.  3  (lodices),  117  nr.  16  u.  a.  m. 

*)  Ebenda  123  nr.  62,  Die  Quelle  ist  wohl  etwas  jünger,  vgl. 
Edw.  Schröder  in  Mitt.  d.  Instit.  33,  i2off.  (1912). 

^)  Ebenda  102  nr.  114:  palla  lanea  cana,  sicut  mos  est  ihi  dare. 

*)  Weißenburger  Urbar  a.  a.  O.  295  nr.  233  (Hemmingen):  sarcile  I 
de  lana  dominica. 

'')  Ebenda 296  nr. 235  Yioo^cdwxz&n'.  sarcile I de propria  lana{=  Hoch- 
hausen a.  Neckar  AB.  Mosbach,  vgl.  Harster  Progr.  Speier  1894  S.  79). 

^)  Lorscher  Urbar  Cod.  dipl.  Lauresham.  3,  218  nr.  3675  (Flage- 
stat  =  Florstadt):  de  opera  donmtica  cajnisilia  27,  sarciliai'^\i. 

*)  Vgl.  das  Inventar  von  Staffelsee  MG.  Capit.  i,  252  c.  8,  sowie 
Bitterauf  a.  a.  O.  nr.  867  (860—75). 

^*')  MG.  Capit.  I,  252  c.  8,  sowie  Bitterauf  nr.  469.  513  b.  652.  660. 
")  ÜB.  St.  Gallen  2,  120.  255.  283  nr.  681. 


—     147     — 

Man  wird  daher  wohl  nicht  zu  weit  gehen,  wenn  man 
behauptet,  daß  sowohl  die  Leinen-  wie  die  Wollweberei 
schon  zur  Karolingerzeit  ganz  allgemein  in  Deutschland 
verbreitet  war,  so  zwar,  daß  fertige  Produkte  beider  zur 
regelmäßigen  Bekleidung  der  Bevölkerung  gehörten.^)  Schon 
Klumker  hat  auf  verschiedene  Stellen  aus  Kapitularien  hin- 
gewiesen, nach  welchen  nicht  nur  das  Schafescheren  damals 
bekannt,  sondern  auch  die  gewöhnliche  Ordenstracht  der 
Mönche  aus  Wolle  hergestellt  war.^)  Das  sagt  uns  übrigens 
der  Mönch  von  St.  Gallen  ganz  ausdrücklich,  da  er  erzählt, 
es  habe  wegen  der  Abneigung  Ludwigs  des  Deutschen 
gegen  allen  Kleiderprunk  niemand  gewagt,  im  Feldzug  etwas 
anderes  zu  tragen  als  seineWaffen  nebst  wollener  und  Unnener 
Kleidung.^)  Einzelne  Stücke  der  Formelsammlungen,  die 
am  besten  das  tägUche  Leben  abspiegeln,  bezeugen,  daß 
eine  Mehrzahl  von  leinenen  und  wollenen  Gewändern  als 
gewöhnlicher  und  regelmäßiger  Bedarf  der  Laien- 
bevölkerung betrachtet  wurde.*)  Tücher  aus  Linnen  wie 
aus  Wolle  erscheinen  bereits  in  der  Pertinenzformel  von 
Traditionsurkunden.  ^) 

Auch  der  Umstand,  daß  in  St.  Galler  Urkunden  Klei- 
dungsstücke (vestimenta  oder  v.  nova!)  beim  Grundzinse  als 


^)  Vgl.  E.  Kober,  Die  Anfänge  des  deutschen  Wollgewerbes  (in 
G.  V.  Belows  u.  Fr.  Meineckes  Abhandl.  z.  mittleren  u.  neueren  Gesch. 
Heft  8)  1908  S.  31. 

-)  Der  friesische  Tuchhandel  zur  Zeit  Karls  d.  Gr.  u.  sein  Ver- 
hältnis zur  Weberei  jener  Zeit  S.  34.  Dazu  noch  die  Ordnung  Ludwigs 
d.  Fr.  über  die  Bekleidung  der  Mönche  von  817  MG.  Capit.  i,  345  c.  22. 

^)  II.  17  MG.  SS.  2,  761  c.  iT.ut  ?mllus  qui  eins  agnitione  et  doctrina 
dignus  videbatur,  aliquid  in  exercitu  contra  liostem,  nisi  tatitum  arma 
miliciae  et  lanea  vestimenta  cum  lineis  portare  praesumeret ;  vgl.  dazu 
auch  seine  Schilderung  der  altfränk.  Tracht  I  34  (ebenda  747).  Der 
Mantel  gehörte  schon  in  der  ersten  Hälfte  des  8.  Jahrh.  zur  gewöhn- 
lichen Kleidung  der  Laien  MG.  Capit.  i,  26  c.  7. 

*)  Vgl.  in  der  interessanten  St.  Galler  Formel  (MG.  FF.  405 
nr.  15),  durch  die  ein  Tradent  sich  Leibzucht  für  sein  Alter  aus- 
bedingt, u.  a. :  Omnibus  annis  duo  vestimenta  linea  et  totidem  lanea  .  .  . 
tertio  quoque  anno  sagum  .  .  mihi  provideant  .  .  .  et  fasciolas  crurales. 
Dazu  die  Urkk.  von  816  u.  873  ÜB.  St.  Gall.  i,  211  nr.  221  u.  2,  185  nr.  572. 

*)  ÜB.  v.  St.  Gallen  2,  47  (854):  trappis  sive  lineis  sive  laneis,  dazu 
Capit.  de  Villi s  c.  42, 

10* 


—     148     — 

Zahlungsmittel  zulässig  erscheinen  ^),  deutet  m.  E.  auf  eine 
größere  Produktion  hin  (Hauswerk), 

Die  Verallgemeinerung  dieses  Gewerbes  erklärt  wohl 
auch,  daß  es  sich  mindestens  stellenweise  bereits  zum  Kunst- 
gewerbe entwickelt  hatte.  Der  Luxus,  von  dem  wir  beim 
Edelmetallgewerbe  schon  vernomm.en  haben ^),  muß  eben 
hier  noch  viel  größere  Dimensionen  angenommen  haben. 
Schon  Bonifaz  eiferte  gegen  die  Gewänder,  in  welche  aller- 
hand Tierleiber  nach  iro-schottischer  Art  gewirkt  waren. ^) 
Alchvin  nimmt  wiederholt  Stellung  gegen  die  pompa  vesti- 
mentorum,  den  inanis  vestimentorum  cultus,  die  Pracht 
seidener  und  farbiger  Gewänder.*)  Ja  sogar  das  Konzil  von 
Aachen  8i6  beschäftigte  sich  auch  damit  und  verbot  speziell 
den  Äbtissinnen:  vestes  sericeas  induendi  attt poinpis  vanis 
inserviendi}) 

Ein  konkretes  Beispiel  für  den  Gebrauch  seidener  Frauen- 
gewänder in  Bayern  bieten  die  beiden  Traditionsurkunden 
für  Schäftlarn  vom  Jahre  806.^) 

Nun  dürften  ja  freilich  die  Luxusstoffe,  welche  also  in 
Verwendung  traten,  guten  Teils  nicht  heimisches  Produkt, 
sondern  Importartikel  gewesen  sein.  Der  Mönch  von 
St.  Gallen  sagt  es  uns  in  jener  grotesken  Anekdote  von 
der  Bestrafung  des  Kleiderprunkes  der  Großen  durch  Karl 
den  Großen.  Ihre  kostbaren  Seiden-  und  Purpurgewänder 
mit  den  Bälgen  seltener  Vögel  (Phönix  und  Pfauen)  auf- 
geputzt und  wertvollen  Fellen  (Hermelin)  verbrämt,  seien 
aus  dem  Orient  bezogen  worden.'') 

Neben  diesem  war  es  besonders  England,  das  die 
Kleidermode  der  Franken  beeinflußte.  Bekannt  ist  ja  die 
Erzählung  desselben  Novellisten,  wie  Karl  der  Große  gegen 


1)  Vgl.  Z..B.  St.  Gall.  ÜB.  i  nr.  95.  96.  283. 

-)  Siehe  oben  S.  144. 

3)  MG.  Epp.  3,  355  1',  dazu  Heyne  a.  a.  O.  S.  65. 

*)  Ebenda  4,  80  ^  441  ^^  u.  375 1»;  vgl.  7625. 

*)  MG.  Concil.  2,  442  c.  VII.  ^)  Mon.  ßoica  8,  370  u.  371. 

')  II.  17  MG.  SS.  2,  760:  nuper  Venetici  de  transmarinis  partibus 
omnes  orientalium  divitias  advectassent,  phe7iiciim  pellibus  avium  serico 
ciraimdatis  et  pavonum  collis  cum  tergo  et  clunis  7nox  florescere  mcipi- 
entibus,  tyria  purpura  vel  diacedrina  littea  decoratis,  alii  de  lodicibus, 
quidam  de  gliribus  circum  amicti  procedebant  .  .  . 


—     149     — 

die  neu  aufgekommenen  kurzen  Mäntel  Stellung  nahm,  die 
friesischen  Kaufleute  aber  jene  Mode  dazu  ausnutzten,  um 
die  kurzen  Mäntel  für  denselben  Preis  zu  verkaufen  wie 
vordem  die  langen.^)  Die  Annahme  Klumkers^),  daß  die 
Friesen  dabei  nicht  eigene  Gewerbeerzeugnisse  ^),  sondern 
englische  Handelsware  auf  den  Markt  brachten,  ist  neuer- 
dings von  Häpke  bestritten  worden.*)  Er  geht  aber  sicher 
zu  weit,  wenn  er  der  englischen  Tuchindustrie  von  damals 
alle  Bedeutung  abspricht.  Die  Beziehung  jener  Erzählung 
auf  englische  Tuche  ist  tatsächlich  nicht  unzulässig.  Denn 
ein  Brief  Karls  des  Großen  an  den  König  Offa  von  Mercien 
(aus  dem  Jahre  796)^)  beweist  nicht  nur,  daß  Mäntel  den 
Franken  tatsächlich  von  alters  her  aus  England  geliefert  zu 
werden  pflegten,  sondern  enthält  zugleich  auch  den  ausdrück- 
lichen Wunsch  Karls,  der  König  möge  veranlassen,  daß 
dieselben  wieder  in  der  altgewohnten  Größe  gefertigt  werden 
sollen. 

Zudem  ist  auch  die  Privatkorrespondenz  dieser  Zeit 
nicht  so  belanglos,  als  Häpke  annehmen  will.®)  Ausdrücklich 
wird  doch  in  dem  Briefe  des  Bischofs  von  Winchester  an 
Lull  (c.  755/6)  von  den  zum  Geschenk  übersendeten  wollenen 
Kleidungsstücken  (tonica  lanea)  betont:  sicttt  mos  est  apud 
nos  habendi.'''')  Und  ein  Brief  an  den  Bischof  Franco 
von  Lüttich  (856—903)  erwähnt  u.  a.  auch  ^  osas  Scotticae 
vestis.^) 

Endlich  beweist  auch  die  vita  S.  Filiberti  ^),  daß  schon 
im  8.  Jahrhunderte  Schuhe  und  Kleider  aus  Irland  nach 
Westfrankreich  exportiert  wurden. 

Mochte  also  die  Mode  wie  zu  allen  Zeiten  so  auch 
damals  stark  vom  Ausland  abhängig  sein  und  exotischer 
Luxus  von  den  Reichen  gern  gekauft  werden,  so  lassen 
sich  aber  doch  auch  Belege  dafür  namhaft  machen,  daß  feinere 
Erzeugnisse  der  Weberei  von  den  Franken  selbst  im  Lande 


')  I.  34  MG.  SS.  2,  747.  ^)  Der  frie  sische  Tuchhandel  S.  65. 

*)  Das  nahm  noch  v.  Inama  DWG.  i,  424  an. 
*)  Die  Herkunft  d.  friesischen  Gewebe.  Hansische  Geschichtsbll. 
12,    310  (1906). 

•)  MG.  Epp.  4,  145.        ")  A.  a.  O.  S.  314.        ')  MG.  Epp.  3,  403  ". 
*)  Neues  Archiv  13,  362.        *)  MG.  SS.  rer.  Meroving.  5,  603  c.  42. 


—     ISO    — 

bereits  produziert  wurden.  Unter  den  Geschenken,  welche 
Ludwig  der  Fromme  8i6  an  das  Gefolge  des  Papstes  machte, 
werden  doch  auch  erwähnt: 

pallia  tincta  quidem  necnon  et  corporis  apta 
tegmina  Francorum  more  peracta  bono^) 

Neuestens  aber  hat  Pirenne  sehr  wahrscheinlich  ge- 
macht, daß  auch  in  Flandern  bereits  zur  Karolingerzeit  eine 
bedeutende  Tuchindustrie  bestand,  deren  Produkte  von  den 
Friesen  exportiert  wurden.^) 

In  der  Umgebung  von  Lyon  muß  damals  schon  die 
Seidenindustrie  bestanden  haben,  wie  uns  der  Bericht  des 
Diaconus  Florus  (838)  beweist.^)  Kunstvolle  Weberei  (ars 
texendi)  war  unter  den  vornehmen  Frauen  jener  Zeiten  sehr 
verbreitet  und  wird  von  den  Dichtern  gar  häufig  besungen.*) 
Aus  diesen  Belegen  und  der  oben  zitierten  Stelle  aus  der  vita 
Hathumodae  scheint  mir  auch  hervorzugehen  oder  mindestens 
sehr  wahrscheinlich  zu  sein,  daß  doch  Gold-  und  Bronze- 
fäden dabei  bereits  Verwendung  fanden,  was  Heyne  in  Ab- 
rede stellen  wollte.^)  Diese  golddurchwirkten  Stoffe  wurden 
keineswegs  nur  vom  Auslande  bezogen.^)  Sie  kommen  auch 
unter  den  kircWichen  Ausstattungsgegenständen  vor.'')  Bei 
den  Angelsachsen  war  die  Kunststickerei  und  Goldwirkerei 
(aurifrisium)  besonders  gepflegt.^) 

Endlich  soll  auch  hervorgehoben  werden,  daß  sich  doch 
schon  jetzt  in  Deutschland  auch  Walkmühlen  (pilae) 
finden^),  die  gleichfalls  für  eine  größere  Tuchindustrie  im 
Lande  sprechen. 

An    dieser  Stelle   kann    vielleicht  am   besten  eingefügt 

1)  Ermoidus  Nigellus  MG.  Poet.  Lat.  2,  37  v.  472. 

^)  Draps  de  Krise  ou  draps  de  Flandre?  Vjschr.  f.  Soz.  u.  WG. 
1909  S.  308  ff. 

^)  MG.  Epp.  5,  268  -^ :  vittae  sericae. 

*)  Vgl.  die  Quellenstellen,  welche  J.  v.  Schlosser,  Schriftquellen 
z.  Gesch.  d.  karoling.  Kunst  (in  Eitelbergers  Quellenschr.  f.  Kunstgesch. 
u.  Kunsttechnik  NF.  IV)  S.  407 — 11  zusammengestellt  hat. 

">)  A.  a.  O.  S.  59- 

^)  Vgl.  auch  Heynes  Deutsche  Hausaltertümer  3,  216  u.  328, 

')  Vgl.  Dronke,  Cod.  dipl.  Fuld.  88  nr.  157  (800). 

^)  Lappenberg,  Gesch.  v.  England  i,  623. 

»)  MG.  FF.  385  nr.  n  (St.  Gall.);  vgl.  dazu  Heyne  a.  a.  Ö.  S.45f-. 
der  nur  Belege  vom  13.  Jahrh.  an  kennt! 


—     151     — 

werden,  was  sich  sonst  über  die  Bekleidungsgewerbe 
noch  sagen  läßt.^)  Auch  Schuster  und  Kürschner  müssen 
damals  schon  recht  viel  zu  tun  gehabt  haben,  was  bisher 
gar  nicht  erwähnt  worden  ist.  Jedenfalls  gehörten  aus  Leder 
gefertigte  Schuhe  bereits  zu  dem  regelmäßigen  Bestände 
der  Kleidung  von  damals.  Ich  möchte  mich  dabei  weniger 
auf  die  Schilderung  der  fränkischen  Tracht  durch  den  Mönch 
von  St.  Gallen  2)  beziehen,  als  vielmehr  auf  eine  Formel, 
durch  die  ein  Tradent  sich  für  sein  Alter  Leibzucht  sichert 
und  dabei  nun  neben  den  schon  zitierten  Gewändern  noch 
weiter  sich  ausbedingt:  calciameuta,  d.  h.  Schuhwerk.^) 
Nach  der  Ordnung  Ludwigs  des  Frommen  über  die  Be- 
kleidung der  Mönche  von  817  sollten  diese  regelmäßig  auch 
2  Paar  Tagschuhe  erhalten.*)  In  einer  Reichenauer  Formel 
aus  der  Zeit  Walahfrid  Strabos  finden  wir  unter  Geschenken, 
die  an  ihn  geschickt  wurden,  auch  6  Ziegenfelle  ad  calcia- 
menta  conficienda.^)  Das  wären  also  bereits  feinere  Sorten, 
etwa  wie  unsere  heutigen  Chevreauxschuhe.  Nach  der 
Schilderung  des  Mönches  von  St.  Gallen  waren  die  Schuhe 
der  altfränkischen  Tracht  außen  gar  mit  Gold  verziert. 
Doch  mag  das  nur  bei  Reichen  und  Vornehmen  der  Fall 
gewesen  sein  und  sich  hier  aus  dem  Umstände  erklären,  daß 
der  Verfasser  den  König  selbst  vor  Augen  hat,  wie  er  ihn 
gelegenthch  im  Kloster  St.  Gallen  gesehen  hatte. 

Immerhin  sind  jüngst  bei  Ausgrabungen  von  Gräbern  aus 
frühfränkischer  Zeit  in  Hessen  u.  a.  auch  2  goldene  Zungen 
für  Schuhriemenenden  gefunden  worden.^) 

Auch  sonst  müssen  Lederarbeiten  vielfach  zum  ge- 
wöhnlichen Bedürfnis  geworden  sein,  besonders  für  die  kriege- 
rische Ausrüstung,    das  Wehrgehenk  und  Schild ''),  die  Be- 

^)  Vgl.  dazu  auch  M.  Heyne,  Deutsche  Hausaltertümer  3,  207  ff. 

■')  I,  34. 

=*)  MG.  FF.  405  nr.  15  (St.  Gall.);  vgl.  dazu  ÜB.  v.  St.  Gallen 
I,  211  nr.  221. 

*)  MG.  Capit.  I,  345  c.  22:  calciameuta  dinrna  paria  dtio- 

'')  MG.  FF.  370  nr.  12. 

*)  Vgl.  Kramer  in  Mitt.  d.  oberhess.  Gesch. -Ver.  NF.  19,  249(1911). 

')  Vgl.  d.  Mönch  v.  St.  Gallen  I,  34;  dazu  auch  R.  Wegeli,  Ein 
Beitrag  zur  Kostüm-  u.  Waffenkunde  des  9.  Jahrhund.,  Anzeiger  für 
Schweizer  Altertumsk.  NF.  6,  igff.  (1904/5). 


—     152    - 

zäumung  der  Streitrosse  (Sättel  und  Riemzeug),  sowie  die 
Proviantwagen.  Und  ganz  ähnlich  muß  der  Wirtschaftsbetrieb 
auf  den  Höfen  für  die  zahlreich  benötigten  Gespanne  ebenso 
mannigfache  Lederarbeiten  (auch  Peitschen)  nötig  gemacht 
haben. ^)  Riemenbeschläge  und  Schnallen  finden  sich  in  Aus- 
grabungen der  fränkischen  Zeit.^)  Auch  die  Prügelinstrumente 
für  Unfreie  waren  aus  Leder  hergestellt.^)  Unter  den  regel- 
mäßigen Abgaben  der  Hintersassen  finden  wir  u.  a.  Ziegen- 
und  Schaffelle  angeführt.*) 

Ferner  waren  Gerber,  Pergamenter  und  Buchbinder  jetzt 
schon,  besonders  in  den  Klöstern,  vorhanden.^) 

Die  Kürschner  und  Rauhwarenerzeuger  aber  hatten 
Pelze  zu  verfertigen,  welche  anscheinend  bereits  in  sehr 
mannigfacher  Qualität  und  Fellart  verlangt  wurden.  Daß 
auch  da  der  Luxus  sich  schon  entwickelt  hatte,  lehrt  das 
oben  zitierte  Geschichtchen,  wie  Karl  der  Große  gegen- 
über den  in  Marder-  und  Hermelinfellen  einherstolzierenden 
Großen  seinen  einfachen  Schafpelz  zu  Ehren  brachte.^)  Der 
Bischof  von  Winchester  sendet  764  an  Lull  u.  a.  ein  Klei- 
dungsstück (gunna)  aus  Fischotterfellen.')  Auch  sonst  wird 
Pelzwerk  der  Schotten  in  der  Briefliteratur  des  9.  Jahr- 
hunderts erwähnt.^)  Und  in  den  poetischen  Ergüssen  jener 
Zeit  spielt  ebenso  schönes  Pelzwerk  aus  weichem  Fell  eine 
RoUe.^)  Ferner  wurden  Gamaschen  und  Winterhandschuhe, 
bzw.  Muffe  häufig  aus  Pelzwerk  gefertigt,  wie  die  Ordnung 
Ludwigs  des  Frommen  über  die  Bekleidung  der  Mönche 
vom  Jahre  817  bezeugt.^") 

Weiter  kommt  der  Glaserei  bereits  in  Karolingerzeit 
eine  nicht  zu  unterschätzende  Bedeutung  zu.  Schon  Nordhoff 
hat  ja  die  älteren  Anschauungen  berichtigt,  als  ob  dieselbe 

^)  Vgl.  im  allgemeinen  M.  Heyne  a.  a.  O.  S.  29  f. 

2)  Vgl.  Kramer  a.  a.  O.  ')  MG.  Capit.  i,  299  '^■,   vgl.  2,  318  *". 

*)  Ebenda  i,  252  (Staffelsee). 

«)  Vgl.Wattenbach,  Das  Schriftwesen  im  Mittelalter,  3.  Aufl.  S.  387  f. 

«)  Monach.  St.  Gall.  2,  17.         ')  MG.  Epp.  4,  406  >». 

*)  Vgl.  den  Brief  an  Bischof  Francov.Lüttich,  Neues  Archiv  13, 362. 

')  MG.  Form.  432'^:  pellicümi  pulchrtwi,  vülosum,  vellere  molli 
(St.  Gallen). 

^•')  MG.  Capit.  I,  345  c.  22:  pellicias  usque  ad  talos  dtias  .  .  .  et  in 
hieme  vero  muffulas  vervicinas. 


—     153     — 

erst  nach  dem  Jahre  looo  in  Deutschland  aufgekommen  sei.^) 
Und  Heyne  wies  bereits  auf  einzelne  Belege  für  Glashand- 
werker (vitriarius)  in  der  Karolingerzeit,  sowie  das  Vorkommen 
von  Glasgefäßen  in  den  Brevium  Exempla  ad  describendos 
fiscos  hin.^)  Verglasung  von  Fenstern  komme  früh  an  west- 
fränkischen Kirchen,  ums  Jahr  lOOO  auch  in  Tegernsee  vor.^) 
Leider  hat  Heyne  dabei  ganz  die  wichtigen  Nachweise  über- 
sehen, die  J.  V.  Schlosser  schon  1892  dafür  zusammengestellt 
hatte.  Daraus  ergibt  sich,  daß  auch  in  deutschen  Kirchen 
schon  Glasfenster  in  der  Karolingerzeit  existierten.*)  Bei  den 
regen  Beziehungen,  die  damals  zwischen  West  und  Ost  vor- 
handen waren  —  z.  B.  von  Salzburg  zu  St.  Amand  (Arno !), 
wo  gerad«  eine  reiche  Glaserzeugung  zu  belegen  ist  ^)  — 
wäre  es  auch  kaum  denkbar,  daß  die  Errungenschaften  des 
Westens  dem  Osten  hätten  auf  die  Dauer  verschlossen 
bleiben  können.  Wissen  wir  doch,  daß  selbst  Kirchenvor- 
stände von  England  sich  aus  Deutschland  Glaser  gelegentlich 
ausliehen,  da  dort  die  Kunst,  Glasgefäße  herzustellen,  noch 
wenig  verbreitet  war.^) 

Hält  man  sich  vor  Augen,  was  Hraban  über  die  Technik 
der  Glasbereitung  und -Färbung  geschrieben  hat'')  und  nimmt 
man  dazu,  daß  nicht  nur  Lampen^),  Gefäße^)  und  Kirchen- 
geräte (Kelche,  Näpfe)  ^*')  aus  Glas  schon  in  Deutschland 
bezeugt  erscheinen,  sondern  auch  Glasschmuck^^)  und  Reli- 
quienkästchen aus  Kristall  ^^),  u.  zw.  z.  T.  als  regelmäßiges 
Inventar  der  kirchlichen  Güter  (z.  B.  Staffelsee),  so  weist 
das  alles  doch  entschieden  auf  eine  allgemeinere  Verbreitung 


^)  Repertor.  f.  Kunstwiss.  3,  461.  ^)  A.  a.  O.  S.  62f. 

ä)  Ebenda  S.  64. 

*)  A.  a.  O.  nr.  931  (St.  Gallen).  Dazu  nr.  1102;  vgl.  auch  nr.  240. 
269  (Lüttich). 

*)  Vgl.  V.  Schlosser  a.  a.  O.  nr.  1096. 

")  Vgl.  den  Brief  d.  Abtes  v.  Wearmouth  an  Lull  von  764,  MG. 
Epp.  3,  408  2". 

'')  Bei  Schlosser  nr.  1097.        *)  Ebenda  nr.  331. 

")  Ebenda  nr.  457.  i")  Ebenda  nr.  418  u.  871. 

^1)  MG.  Capit.  I,  250  c.2\repperimus. .  capsas  reliqtiiarum  deauratas 
et  cum  genmiis  vitreis  et  cristallinis  ornatas  V.  Ebenda  251 :  cnicem  mai- 
orem  auro  argentoque  paratam  cum  ge^nmis  vitreis ;  vgl.  auch  ebenda  c.  3. 

1^)  Vita  Hathumodae  c  15  MG.  SS.  4,  172. 


-     154     — 

des  Glasgewerbes  und  eine  fortgeschrittene  Technilc  hin. 
Dazu  stimmt  auch  schließlich,  was  die  Ausgrabungen  karo- 
lingischer  Gräberfelder  ergeben  haben  ^)  und  was  wir  über 
einzelne  Glasarbeiter  in  conreto  erfahren.  Schon  Heyne  hat 
auf  eine  Stelle  des  Mönches  von  St.  Gallen  hingewiesen,  aus 
der  sich  ergebe,  daß  der  Glaser  damals  kein  geachteter  Kunst- 
handwerker gewesen  sei.^)  Das  ist  aber  nicht  so  allgemein 
richtig,  denn  hier  handelt  es  sich  um  einen  unfreien  Hinter- 
sassen des  Klosters^),  nicht  aber  um  den  Stand  als  solchen, 
bzw.  die  Beschäftigung  an  sich.  Das  können  war  aus  einer 
anderen  Stelle  derselben  Quelle  entnehmen,  wo  doch  ganz 
anders  von  einem  Glaser  gesprochen  wird :  Opifcx  in  omni 
opere  aeris  et  vi  tri  cünctis  excellentior.'^)  Hier  haben  wir 
offenbar  einen  sehr  geachteten  Meister  oder  Künstler  vor 
uns,  der  nur  Arbeiten  feinerer  Technik  mit  besonderer 
persönlicher  Kunst  verfertigte.  Der  Mönch  von  St.  Gallen 
nennt  ihn  denn  auch  weiter  noch :  ille  pj'aestantissimus  .  . 
in  aere  magister^  obwohl  er  ihn  wegen  Betruges  an  Karl 
dem  Großen  schließlich  eines  ganz  scheußUchen  Todes 
sterben  läßt. 

Althergebracht  und  verbreitet  war  die  Töpferei. 
V.  Inama  hatte  allerdings  gemeint,  daß  sie  in  der  KaroUnger- 
zeit  „gar  nicht  vertreten"  erscheine.  Er  bezeichnet  dies  als 
sehr    auffallend   und    ganz   unerklärt.^)     hi   der   2.  Auflage 


')  Vgl.  C.  Schuchhardt,  Atlas  vorgeschichtl.  Befestigungen  in 
Niedersachsen  VII,  sowie  Ritterling  in  Mitt.  d.  Altertumskommission 
f.  Westfalen  II  (1901)  über  Befestigungen  auf  den  Hünenknappen  bei 
Dolberg.  Auch  Essenwein  a.  a.  O.  siehe  oben  S.  145  n.  3;  ferner  Quilling, 
Frank.  Gräberfeld  in  Sindlingen  a.  M.,  Annal.  d.  Ver.  f.  Nassauische 
Altertumsk.  u.  Gesch. -Forsch.  29,  5  ff.  (1897)  u.  Plath,  Ausgrabungen  d. 
Hünen-  od.  Frankenburg  bei  Rinteln  a.  W.,  Verh.  d.  Berlin.  Anthropol. 
Ges.  1897  S.  sögff.,  Koenen,  Karlingisches  Gräberfeld  in  Andernach, 
Jb.  d.Ver.  von  Altert. -Freunden  i.  Rheinlande  105,  103  ff.  (1900);  Kramer, 
Reihengräber  zu  Leihgestern  (Hessen),  Mitt.  d.  oberhess.  Gesch.-Ver. 
NF.  19,  248  (191 1).  Vgl.  auch  F.  Gramer,  Röm.-german.  Studien  (1914) 
S.202flf,  über  antike  Glaskunst  namentlich  im  Rheinland. 

^)  Heyne  a.  a.  O.  S.  62. 

^)  MG.  SS.  2,  763  (II.  21):  quae  eins  (Hludovici)  liberalitas  usque 
ad  infimos  etiam  pervenit,  adeo  ut  Stracholfo  vitriario,  servo  sancti 
Galli,  totam  vestituram  suam  tunc  sibi  servicnti  praeciperet  dari. 

*)  I.  29  MG,  SS.  2,  744.  '')  DWG.  I,  425. 


—     155     — 

seines  Handbuchs  (1909)  hat  er  dann  diese  Auffassung 
etwas  abgeschwächt,  da  er  doch  auf  Quellenzeugnisse  für 
Töpferindustrie  in  Mainz  und  am  Rhein  sonst  aufmerksam 
wurde  ^),  zudem  auch  Rubel  unterdessen  auf  Ausgrabungen 
in  Niedersachsen  hingewiesen  hatte,  die  fränkisch-karolingische 
Töpferwaren  ans  Tageslicht  brachten.^) 

Mit  dem  Fortschreiten  solcher  Ausgrabungen  haben 
sich  in  jüngster  Zeit  diese  Belege  gemehrt^),  so  daß  schon 
deshalb  auf  eine  kräftige  Weiterexistenz  der  älteren  Töpfer- 
industrie in  Deutschland  *)  geschlossen  werden  darf.  Koenen 
hat  1898  geradezu  eine  Töpferwerkstatt  zu  Pingsdorf  bei 
Köln  dann  ausgegraben  und  beschrieben.^) 

Die  Erklärung  aber  dafür,  daß  in  den  Quellen  so  wenig 
von  Tongefäßen  die  Rede  ist,  kann,  meine  ich,  unschwer 
gefunden  werden.  Die  Quellen  bieten  uns  ja  kein  volles 
Spiegelbild  alles  Zuständlichen  aus  jener  Zeit.  In  den 
Güterbeschreibungen  sollte  nur  der  Schatz  aufgenommen 
werden.^)  Dazu  gehörten  aber  die  einfachen  Tongefäße 
eben  nicht.  Es  hätte  wohl  auch  wenig  Sinn  gehabt,  all' 
diese  zahlreichen  Wertlosigkeiten  zu  buchen.  Denn  daß 
Geschirr  aus  Ton  tatsächlich  als  etwas  Minderes  damals 
betrachtet  wurde,  lehrt  eine  Stelle  bei  Ermoldus  Nigellus 
doch  deutlich.  Gegenüber  dem  kunstvollen  Pokale  des  Gold- 
arbeiters fallen  die  einfachen  Gefäße  aus  Ton  natürlich  ab.*^) 

In  den  übrigen  Quellen,  Gedichten  und  den  ergötzlichen 
Anekdoten  des  Mönches  von  St.  Gallen  aber  war  noch  weniger 
Anlaß,  dieser  Erzeugnisse  zu  gedenken.  Sie  dienten  dem 
Alltag  und  waren  auch  alltäglich! 

Übrigens  darf  die  übersehene  Stelle  in  Hrabans  „Uni- 
versum" allgemeine  Bedeutung  für  sich  beanspruchen,  wo 
im  Kapitel  über  die  Wohnungen  (de  habitaculis)  Tonwerk 
(fictilia    opera)    ausdrücklich    als    etwas   Gewöhnliches   und 

1)  WG.  I  ^  576.  -)  K.  Rubel,  Die  Franken  S.  300. 

^)  Siehe  oben  S.  154  n.  i.  *)  Darüber  v.  Inama  WG.  i,  140. 

■')  Jahrbb.  d.  Ver.  von  Altertumsfreunden  im  Rheinl.  103,  115  ff. 

*)  Vgl.  im  I.  Teile  diese.s  Werkes  S.  89  u.  90. 

')  MG.  Poet.  lat.  2,  86 '5): 

Saepe  placefit  regi  de  liito  vascula  ficta, 
aurificis  siiperant  pocnla  sailpfa  manu. 


-     156    - 

Regelmäßiges  erwähnt  wird.^)  Und  in  einer  St.  Galler 
Formel  wird  als  Typus  leichter  Zerbrechlichkeit  zu  Ver- 
gleichszwecken doch  gerade   das  Töpfergefäß  verwendet.^) 

Eine  besondere  Art  der  Töpferindustrie  muß  in  der 
Schweiz  zur  Karolingerzeit  geblüht  haben.  Das  erfahren 
wir  aus  einer  Briefformel  von  Reichenau.  Der  Abt  des 
Klosters  hatte  Gefäße  von  auswärts  erbeten;  in  dem  uns 
erhaltenen  Antwortschreiben  darauf  teilt  -  nun  der  darum 
Angegangene  mit^),  er  habe  sich  bemüht  festzustellen, 
welcherart  jene  sein  sollten :  aus  Eisen  oder  Stein  oder 
Tonerde.  Ein  Handwerker,  den  er  befragte,  habe  ihm  mit- 
geteilt, daß  sie  aus  schwarzem  Stein,  der  mit  roten  Adern 
durchzogen  sei,  hergestellt  würden  und  Gefäße*)  schlechthin 
genannt  würden.  Als  Fundstelle  aber  gibt  er  St.  Moritz  an. 
Wir  dürfen  hier  wohl  an  St.  Moritz  im  WalHs  denken,  dem 
schon  in  Römerzeit  berühmten  Agaunum. 

Wahrscheinlich  handelt  es  sich  da  um  die  schon  zur 
La  Tene-Zeit  geübte  Lavetzstein-Industrie,  die  im  westräti- 
schen  Gebiete  sich  verfolgen  läßt.^) 

Den  größten  Aufschwung  aber  hat  in  der  Karolingerzeit 
wie  schon  zur  Genüge  hervorgehoben  worden  ist®),  jeden- 
falls das  Baugewerbe  genommen.  Es  wurde  jetzt  sehr 
viel  gebaut.    Nicht  nur  Kirchen,  Kapellen  und  Klöster,  auch 

*)  XXI  c.  3  bei  Schlosser  a.  a.  O.  nr.  ii. 

^)  MG.  FF.  398  nr.  3  Var. :  in  virga  fer?-ea  regendo  tamquam  vas 
figuli  confringat. 

')  De  vasis  vero,  quae  petistis,  mox  sollicitns  fiii,  niiiis  geiieris 
esse  deberent,  ferrea,  testia,  an  lapidea,  Interrogavi  namqiie  aiidam 
artifici  nostro,  q?ie  essent  et  tibi  invenire  possent;  qui  dixit,  ea  ex  petra 
nigra  fieri  venis  siihriibeis  intei'mixtis ,  que  viilgo  apud  nos  lapidee 
vocantur  et  ad  Sancttmi  Mauricium  inveniiintur.    MG.  FF.  365  nr.  3. 

*)  Vgl.  über  diese  Bedeutung  von  lapidea  Meyer-Lübke,  roman. 
etymol.  Wörterb.  19 12  S.  353  nr.  4899  :  lapidiiun. 

^)  Vgl.  Keller,  Über  d.  ältest.  Gebrauch  d.  Lavetzsteine,  Anz.  f. 
Schweiz.  Altertumskde.  1871.  Denring,  Steingeräte  in  Brigantium. 
Veröff.  d.  Ver.  f.  ehr.  Kunst  u.  Wiss.  i.  Vorarlberg  7,  13  (19 14),  sowie 
Rütimeyer,  Z.  Gesch.  d.  Topfsteinbearbeitung  i.  d.  Schweiz.  Beitr.  z. 
Anthrop.  Ethnogr.  u.  Urgesch.,  Hr.  Fritz  Sarasin  z.  60.  Geb.-Tag. 
Basel  1920,  S.  68  ff. 

«)  V.  Inama  DWG.  i,  425  =  i -,  577;  vgl.  auch  K.  Plath,  Mero- 
wingische  und  karolingischc  Bautätigkeit,  Deutsche  Rundschau  78, 
225  ff.  (1894). 


—     157    — 

die  Laienwelt  nahm  jedenfalls  mit  ihrem  wirtschaftlichen  und 
sozialen  Aufschwung  ebenso  daran  teil.  v.  Inama  hat  ja 
auch  schon  auf  die  Nachrichten  hingewiesen,  die  bezeugen, 
daß  damals  die  Bauwut  der  Kirchenvorsteher  mitunter  zu 
einer  rechten  Last  der  Hintersassen  geworden  ist  (Fulda). 
Verschiedene  Quellen  lassen  sich  nachweisen,  die  auf  eine 
nicht  unbeträchtliche  Ziegelindustrie  schließen  lassen.^) 
Auch  Kalkbrennereien  kommen  vor.^)  v.  Inama  hat  auch 
schon  bemerkt,  daß  durch  diese  gesteigerte  Bautätigkeit 
andere  Gewerbe  reiche  Nahrung  und  Anregung  zugleich 
erhalten  haben.  Aber  nicht  nur  die  Glockengießerei,  Glas- 
malerei, Bildhauerei  und  Erzgießerei  fanden  in  den  Pracht- 
bauten von  damals  Beschäftigung  und  Ausbildung,  noch 
mehr  vielleicht  auch  die  Holzgewerbe:  Zimmermann, 
Tischler  und  Drechsler  voran  hatten  hier  reichlich  zu  tun. 
Gerade  diese  Holzverarbeitung  müssen  wir  sehr  hoch  ein- 
schätzen, da  ja  nicht  alle  Häuser  bereits  ganz  aus  Stein  gebaut 
wurden,  sondern  z.  T.  aus  Holz.  Außerdem  waren  in  jedem 
Falle  Stiegen  und  Bedachung,  Täfelwerk  u.  a.  aus  Holz  her- 
zustellen.^) 

Besonders  die  Bedachung  scheint  in  Deutschland  viel- 
fach durch  Holzschindeln  bewirkt  worden  zu  sein,  obvv^ohl 
in  Westfrancien  dies  noch  gelegentlich  als  ein  Vorzug  gegen- 
über den  Strohdächern  angesehen  wird.*)  Häufig  sind 
Schindeln  (axiles)  als  Zins  der  Hintersassen  in  Urbarien  ver- 
zeichnet^), auch  die  Urkunden  belegen  sie  (tegulae).^) 
Außerdem  müssen   zahlreiche    Gefäße  aus  Holz  verwendet 


')  Vgl.  zu  den  von  M.  Heyne  a.  a.  O.  S.  78 ff.  zit.  Belegen  auch 
noch  d.  Leben  d.  hl.  Otmar  v.  St.  Gallen  c.  12  MG.  SS.  2,  45;  sowie  die 
bei  Schlosser  a.  a.  O.  nr.  11.  33.  Dadurch  werden  zugleich  die  Auf- 
stellungen Hasacks  über  den  Ziegelbau,  Vossische  Ztg.  1909  nr.  542, 
berichtigt. 

*)  Heyne  a.  a.  O.  S.  82  f. 

')  Vgl.  darüber  am  besten  M.  Heyne  a.  a.  O.  S.  9  ff,  dazu  Monachus 
S.  Gall.  I.  30,  sowie  IL  17. 

*)  v.  Schlosser  a.  a.  O.  nr.  573  (Aniane). 

^)  Vgl.  z.  B.  Weißenburg,  Zeuß,  Tradit.  Wizz.  S.  290  nr.  165. 
Prüm:  Mittelrhein.  ÜB.  i,  144;  148  nr.  VII  u.  a.  m. 

")  Wartmann  ÜB.  v.  St.  Gallen  2,  281  nr.  680. 


-     158     - 

worden  sein^),  da  noch  das  Konzil  von  Tribur  (895)  an- 
ordnet ,  es  sollten  fürderhin  keine  solchen  mehr  von  den 
Priestern  zum  Gottesdienst  benutzt  werden.^)  Dazu  stimmen 
einzelne  Quellennachrichten,  wie  z.  B.  die  Vita  d.  h.  Benedikt 
von  Aniane.^)  Auch  Holzschuhe  wurden  viel  getragen;  die 
Klosterordnung  Ludwigs  des  Frommen  vom  Jahre  817  führt 
sie  in  der  vorschriftsmäßigen  Ausstattung  der  Mönche  an.*) 

Nicht  uninteressant  ist  auch  eine  St.  Galler  Urkunde 
vom  Jahre  887,  in  welcher  eine  Frau,  da  sie  eine  Tradition 
mit  Vorbehalt  des  Nießbrauches  für  ihre  Söhne  vornimmt, 
die  Bedingung  aufstellt:  Et  si  aliquis  de  Ulis  fabricare 
discat,  tuitc  singulis  annis  dtio  scrinia  ab  eis  praepara- 
rentur  in  dominium^) 

Ferner  aber  bot  nun  die  innere  Ausstattung  und  Aus- 
schmückung dieser  zahlreichen  Kirchen  und  Kapellen  eben 
wieder  so  manchem  Gewerbe  reichliche  Arbeit.  In  der 
Karolingerzeit  wurde  der  Orgelbau  in  Deutschland  ein- 
gebürgert.*^) Auch  hier  werden  Zimmerleute  und  Schreiner, 
sowie  Drechsler  an  der  Beschaffung  des  Gestühles  (Chor 
und  Sitzgelegenheiten)  lohnende  Betätigung  gefunden  haben 
und  auch  das  Kunstgewerbe,  wie  schon  bei  dem  Metall- 
gewerbe oben  bemerkt  wurde,  mit  mannigfachen  Erzeugnissen 
vertreten  gewesen  sein.  Ganz  ebenso  aber  gab  es  da  auch, 
wahrscheinlich  einst  noch  in  größerer  Zahl  Elfenbein- 
arb e  i  t  e  n  ^)    für    Reliquienkästchen ,    Buchdeckelverzierung 

^)  Vgl.  auch  das  Verzeichnis  der  Einkünfte  des  Kelleramtes  von 
Reichenau  vom  J.  843  (Wirtemberg  Uß.  i  nr.  108),  dessen  zahlreiche 
Gefäße  jedenfalls  aus  Holz  waren.   Gegen  v.  Inama  WG.  i  ^,  577  n.  i. 

^)  MG.  Capit.  2,  223  c.  18:  Statuinms  ut  dcinceps  nullus  sacerdos 
sacrum  mysterium  corporis  et  sanguinis  lesii  Christi  doniini  nostri  in 
lignei^  vasnilis  ullo  modo  conficere  praesumat. 

^)  Vasa  antem  ad  Christi  co7ificiendum  corpus  nolebat  sibi  esse, 
argentea;  siquidetn  pritmim  ei  ftiertmt  lignea,  deinceps  vitrea,  sie  tan- 
dem  conscendit  ad  stagnea  c.  5  MG.  SS.  XV.  i,  2041°. 

*)  MG.  Capit.  I,  345  c.  22,  in  hieme  vero  soccos;  vgl.  dazu  ÜB.  v. 
St.  Gallen  nr.  291  u.  366. 

5)  Wartmann  ÜB.  2,  261.  «)  Ann.  regni  Francor.  zu  826. 

■')  P.  Giemen  a.  a.  O.  108  ff.,  sowie  M.  Heyne  a.  a.  O.  S.  67  ff.  und 
Ad.  Goldschmidt,  Die  Elfenbeinskulpturen  aus  d.  Zeit  d.  karoling.  u. 
Sachs.  Kaiser  Denkmäler  d.  deutsch.  Kunst,  herausgeg.  vom  deutsch. 
Ver.  f.  Kunstwiss.  i.  Bd.  1914- 


—     159    — 

(Diptychen)  u.  a.  m.  Insbesondere  aber  muß  sich  der  Malerei 
hier  ein  weites  Feld  verschiedenartiger  Aufträge  eröffnet 
haben.  Denn  die  Wände  dieser  Kirchen  und  Kapellen  wurden 
mit  bildlichen  Darstellungen,  besonders  aus  der  Bibel  (altes 
und  neues  Testament)  geschmückt.^)  Sie  waren  aber  kaum 
auf  einzelne  Prachtbauten  beschränkt,  sondern  dürften  wohl 
ziemlich  allgemein  vorgekommen  sein.  Ich  kann  Heyne  nicht 
zustimmen,  der  annimmt,  daß  dafür  „in  den  Zeiten  bis  zum 
1 1.  Jahrhundert  noch  nicht  Handwerker,  sondern  nur  ver- 
einzelte Künstler  in  Betracht  kommen".^)  Gewiß  wird  man. 
für  die  Prachtbauten  an  berühmten  Orten  Künstler  heran- 
gezogen haben,  wie  das  im  einzelnen  sich  ja  auch  aus  den 
Quellen  belegen  läßt.  Man  heh  sich  tüchtige  Meister  wohl 
auch  gegenseitig  auf  Zeit  aus.^)  Aber  sollen  wir  deshalb 
annehmen,  daß  die  zahlreichen  Kirchen  auf  dem  Lande 
dieses  Mittel,  auf  die  empfänglichen  Gemüter  der  analpha- 
betischen Landbevölkerung  einzuwirken ,  ganz  entbehrt 
haben?  Mir  scheint  die  Bemalung  der  Kirchenwände  von 
der  Vorstellung  eines  richtigen  Gotteshauses  in  karolingischer 
Zeit  unzertrennlich.  Man  lese  doch  nur  das  sehr  illustrative 
Geschichtchen  beim  Mönch  von  St.  Gallen,  wie  Karl  der  Große, 
als  er  auf  dem  Zuge  wider  die  Langobarden  einmal  die 
Tore  einer  Stadt  verschlossen  findet ,  die  Wartezeit  zum 
Baue  einer  Kapelle  benutzte.  Wie  diese  nun  unter  Mit- 
wirkung seines  gesamten  Heeres  rasch  emporsteigt.  Aber 
trotzdem  vergißt  der  Autor  nicht  hervorzuheben,  daß  der 
Bau,  welcher  angeblich  in  8  Stunden  fertig  wurde,  auch 
mit  Gemälden  geschmückt  worden  sei.*)  Ohne  diese  wäre 
er  offenbar  als  unvollkommen  betrachtet  worden.  Die  ge- 
wöhnlichen Kirchen  auf  dem  Lande  werden  sich  eben  in 
Ermangelung  von  Künstlern  mit  einer  roheren  und  beschei- 
deneren Bemalung  begnügt  haben. 

^)  Vgl.  über  diese  bekannte  Sache  u.  a.  bes.  die  zahlreichen 
Quellenbelege,  welche  v.  Schlosser  a.  a.  O.  zusammengestellt  hat.  Im 
Register  unter  depichts,  figtira,  imago,  pictnra,  tabula,  auch  tittclns. 

^)  A.  a.  O.  S.  72. 

^)  Vgl.  den  Brief  d.  Bischofs  Frothar  v.  Toul  an  den  Abt  von 
St.  Claude  (827—29)  MG.  Epp.  5,  284  nr.  11:  er  dankt,  daß  er  ihm 
fidelem  virum  et  sacris  artificiis  idoneum  geschickt  habe.  Vgl.  auch 
ebenda  119  2«  (830).  *)  IL  17  MG.  SS.  2,  760. 


—     i6o    — 

Zum  Schlüsse  noch  ein  Wort  über  die  Nahrungs- 
mittelgewerbe. Auch  sie  müssen  schon  eine  gewisse 
Entwicklung  erfahren  haben,  wenn  auch  gerade  da  vielleicht 
ein  besonderes  Handwerk  am  ehesten  entbehrlich  sein 
mochte,  Mühlen,  Back-  und  Brauhäuser,  bzw.  Weinkelter 
waren  ja  allüberall  vorhanden  und  speziell  ein  regelmäßiges 
Attribut  der  Fronhöfe. ^)  Bäcker,  Köche,  Bierbrauer,  Fischer, 
Winzer  und  Zeidler  sind  denn  auch  schon  in  dieser  Zeit 
nachweisbar.^) 

Wir  werden  uns  die  gewöhnliche  Nahrung  jener  Zeiten 
doch  ziemlich  reichlich' vorzustellen  haben.  ^)  Nicht  nur,  daß 
an  den  Höfen  der  Bischöfe  und  Reichen  viel  gepraßt 
wurde  *),  auch  das,  was  wir  aus  den  Klosterordnungen  über 
die  Nahrung  der  Mönche  erfahren  ^) ,  bzw.  die  Konzilien 
darüber  immer  wieder  einschärften  ^) ,  spricht  doch  dafür. 
Konkrete  Einzelfälle  von  Leibzuchtsverträgen  bei  Traditionen 
verdienen  da  ebenfalls  Beachtung.'^) 

Recht  aufschlußreich  mag  in  diesem  Zusammenhange  der 
Verweis  auf  einen  Brief  des  Bischofs  Erchanbert  von  Freising 
sein  (836 — 38),  durch  den  er  einem  Priester  zu  fasten  ge- 
bietet. Da  wird  dies  näher  so  spezifiziert:  abstineatis  vos 
a  vino  et  carne^  et  medo  melscada  cervisa  et  de  lacte  et 
ovo!^)  Man  sieht,  es  bestanden  damals  schon  recht  ver- 
schiedene Möglichkeiten,  den  Durst  zu  löschen.  In  den 
Klosterordnungen  wird  zwar  anbefohlen,  daß  die  Mönche 
selbst  die  Arbeiten  in  Küche  und  Backhaus,  sowie  den 
übrigen  Werkstätten  verrichten  sollten^),  allein  wir  entnehmen 

^)  Vgl.  neben  Cap.  de  Villis  c.  41  u.  45  das  Prümer  Urbar 
(Mittelrhein.  ÜB.  i,  144),  Corbie,  Guerard  Polyptyque  Irminon  2,  307 
c.  I,  sowie  Schlosser  a.  a.  O.  nr.  686  u.  705. 

^)  Vgl.  Fastlinger,  Die  Wirtschaft!.  Bedeutung  der  bayr.  Klöster 
in  d.  Zeit  d.  Agilulfinger  S.  30.  Dazu  aus  den  Mondseer  Traditionen 
ÜB.  d.  Landes  ob  d.  Enns  i,  24  u.  39. 

^)  Darüber  M.  Heyne,  Deutsche  Hausaltertümer  2,  257  ff. 

*)  Vgl.  aus  den  Erzählungen  des  Mönchs  v.  St.  Gallen  I.  18  u.  21, 
dazu  auch  c.  15. 

^)  MG.  Capit.  I,  344  c.  8—10;  348  c.  77.  78,  dazu  auch  ebenda 
I,  245,  sowie  die  Statuten  Adalhards  v.  Corbie  822,  Guerard  Polyp- 
tyque Irminon  2,  309  f.  c.  4  u.  5. 

8)  MG.  Concil.  2,  401  f.  (Aachen  816).        ')  MG.  FF.  405  nr.  15. 

«)  MG.  Epp.  5,  338  1'.  «)  MG.  Capit.  i,  344  c.  4. 


—     i6i     — 

einer  solcher  Ordnung  für  Fulda  ^),  daß  Laien  und  Hörige 
tatsächlich  dazu  verwendet  wurden;  ihre  Dienstleistung  scheint 
hier  freilich  keine  befriedigende  gewesen  zu  sein. 

Aber  auch  unter  den  Zinsen  der  Hintersassen  kommen 
Leistungen  de  cervisa  und  auch  de  vino  vor,  nach  Seideln 
bemessen 2),  oder  aber  Fronden  zur  Bereitung  von  Brot  und 
Malz  ^),  sowie  für  die  Weinlese.*) 

Damit  kommen  wir  nun  zu  dem  zweiten  Teil  dieser 
Ausführungen  über  das  Handwerk,  der  die  Verfassung 
und  Organisation  der  gewerblichen  Arbeit  behandeln 
soll.  Gerade  da  hat  man  ja  lange  Zeit,  von  G.  L.  v.  Maurer^) 
bis  K.  Bücher^),  einen  besonderen  Typus  des  Gewerbes  (Haus- 
werk) in  dem  Fronhofshandwerk  erblicken  wollen.  Man  ließ 
sich  auch  da  zu  sehr  von  den  Nachrichten  des  Capitttlare  de 
Villis  leiten  und  meinte,  daß  es  überall  tatsächlich  auch  so 
gewesen  sei,  wie  es  jene  Wirtschaftsordnung  vorschreibt. 
Schon  G.  V.  Below  ist  dem  mit  Recht  entgegengetreten  und 
hat  sehr  zutreffend  betont'),  daß  „wir  auf  den  deutschen 
Fronhöfen  nicht  den  zahlreichen  gewerblichen  Verbänden 
begegnen,  die  das  Capitulare  de  Villis  aufzählt".  Hatte  er 
also  bereits  gegen  die  Verallgemeinerung  dieser  Angaben 
deutlich  Stellung  genommen,  so  zog  Keutgen  dann  in  sehr 
glücklicher  Weise  die  bekannten  Exempla  Brevitim  ad 
describendas  res  ecdesiasticas  ^/^^j-^fSi/t'j- zur  Beurteilung  jener 
Verhältnisse  heran.  ^)  Sollen  doch  diese  Brevia  das  Muster 
gewesen  sein,  nach  welchem  die  Missi  bei  Beschreibung  der 
einzelnen  Fisci  zu  verfahren  hatten.  Und  da  heißt  es  nun 
selbst  bei  dem  am  besten  ausgestatteten  Fiscus  Asnapium, 
daß   Handwerker   überhaupt    nicht   vorgefunden    wurden.^) 

')  Mabillon,  Acta  SS.  saec.  IV  i,  262. 

^)  Vgl.  das  Urbar  v.  Weißenburg,  Zeuß,  Tradit.  Wizz.  274  c.  4; 
279  c.  23;  280  c.  25.  30.    Prüm  Mittelrhein.  ÜB.  i,  182  nr.  71. 

*)  panem  et  bracium  parare  Zeuß  a.  a.  O.  274  c.  3 ;  275  c.  6;  276  c.  1 1 
usw.  für  Staffelsee  MG.  Capit.  i,  252  c.  8;  für  Prüm  Mittelrhein.  ÜB. 
I,   144;   145;  148  nr.  VII;  149  nr.  VIII;  150  usf. 

*)  Zeuß  a.  a.  O.  278  c.  18;  284  nr.  72;  285  nr.  74  u.  a.  m. 

^)  Gesch.  der  Fronhöfe  i,  241  ff. 

«)  Die  Entstehung  d.  Volkswirtschaft,  5.  Aufl.  S.  162  ff. 

')  Ztschr.  f.  Soz.  u.  WG.  5,  129.  '         «)  Ämter  u.  Zünfte  S.  13. 

»)  MG.  Capit.  I,  255  c.  29. 
D  0  p  s  c  h ,  Wirtschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.   II.   2.  Aufl.        1 1 


—       162       — 

Bei  den  anderen,  bescheideneren  Fisci  aber  wurde  dieser 
Punkt  überhaupt  mit  Stillschweigen  übergangen.  Keutgen 
hat  bereits  aus  diesem  Inhalt  der  Brevia,  die  gleichwohl  das 
Vorhandensein  von  Handwerksgeräten  doch  verzeichnen,  den 
richtigen  Schluß  gezogen,  „daß  man  bei  den  weniger  be- 
deutenden Haupthöfen  auf  das  Vorhandensein  von  technisch 
ausgebildeten  Leuten  im  Grunde  überhaupt  nicht  rechnete, 
während  die  genannten  Werkzeuge  jeder  Bauer  zu  handhaben 
verstand".^) 

Ich  -möchte   diese  Ausführungen  Keutgens  noch  durch 
eine  sehr  wichtige  und  interessante  Stelle  aus  den  Fuldaer 
Traditionen  ergänzen.     In  Ausführung  einer  schon  von  Abt 
Raban    (831 — 41)'  gegebenen   Anordnung    seien    von    Abt 
Hadamar    (929 — 51)    55    Hufen    an    Handwerker    ausgetan 
worden   in   der  Absicht:    „z//  non  sit  vacua  fabrica  ab- 
batis,  sed  semper  docti  opus  faciant  et  iuniores  discant,  unde 
domus  dei  cottidiana   servicia   habeat  tarn   in  eramentis  et 
celaturis,  quam  in  fusili  ac  fabrili  omnigue  aj'te  ornato7'ia.^) 
Auch   hier   also  müssen   erst   besondere  Maßnahmen  durch 
Auswerfung  eigener  Handwerkerlehen  getroffen  werden,  um 
einen  sicheren  Bestand  gelernter  und  tüchtiger  Handwerker 
zu  gewinnen,  eine  förmliche  Handwerksschule  zu  begründen. 
Auch  hier  klingt  dieselbe  Möglichkeit  an,  die  bei  den  Bre- 
vium  Exempla  zu  konstatieren  war,    daß  entsprechend  ge- 
schulte Handwerker   fehlten.     WahrscheinUch  wird  man  zu 
der  Verleihung   besonderer  Handwerkerlehen  hauptsächlich 
bei   solchen  Handwerken   sich  entschlossen  haben,   wo  be- 
sondere technische  Kenntnisse  erforderlich  waren.  Wir  finden 
Handwerkerlehen  auch  sonst  um  jene  Zeit  schon.   So  in  einer 
Urkunde    Karls    des  Kahlen    für    St.  Amand    (Elnon)    vom 
Jahre  863  (für  Glaser)  ^),  so  bei  Freising  mehrfach  (malleator, 
faber)*)  und  ebenso  in  Corbie.^)     Auch  ein  Brief  Einhards 


')  A.  a.  O.  S.  15. 

^)  Tradit.  Fuld.  (ed.  Dronke)  S.  63  nr.  32b.  Bei  Inama,  der  diese 
Stelle  zu  anderem  Zwecke  zitierte  (i^,  571),  ist  der  Abtsname  irr- 
tümlich mit  Hratanus  wiedergegeben. 

^)  Bouquet,  Recueil  8,  587. 

*)  Bitterauf  nr.  14b  (759);  416  (819);  513b  (825);  577  (828). 

^)  Statuten  Adalhards  bei  Gudrard  a.  a.  O.  S.  313  c.  7. 


-     i63     - 

bezeugt  das  gleiche.  Er  empfiehlt  einen  Maler,  der  durch 
seine  tüchtige  Dienstleistung  ein  beneficium  erworben  hat 
und  nun  in  dessen  Besitze  geschützt  werden  soll>) 

Natürlich  werden  auf  den  großen  Haupthöfen  der  Grund- 
herrschaften auch  Handwerker  in  nicht  geringer  Zahl  vor- 
handen gewesen  sein,  und  zwar,  wie  ich  glaube,  solche,  die 
ausschließlich  diesem  Berufe  lebten.  In  diesem  Sinne  ist 
wohl  auch  der  Gebrauch  des  Wortes  officium  in  dem  Be- 
richte des  Mönches  von  St.  Gallen  über  einen  unfreien  Glaser 
(servus  Sancti  Galli)  zu  verstehen^),  dem  man  die  vom  Kaiser 
geschenkten  Kleider  wegnehmen  wollte.  Als  er  sich  damit 
zu  schützen  suchte,  daß  er  sich  als  Glaser  des  Kaisers  be- 
kannte, hätten  die  Räuber  geantwortet :  dein  Amt  magst 
du  behalten  .  .^) 

Hier  an  dem  Sitze  der  großen  Grundherren  wird  für 
deren  feinere  und  mannigfachere  Bedürfnisse  auch  ein  ent- 
sprechendes Personal  von  Handwerkern  vorhanden  gewesen 
sein.*)  Von  Karl  dem  Großen  berichtet  der  Mönch  von 
St.  Gallen,  daß  ihn  auf  seinen  Zügen  stets  artifices  be- 
gleiteten.^) 

Allein  nur  eine  relativ  geringe  Anzahl  von  Orten  werden 
so  ausgestattet  gewesen  sein.  Die  große  Masse  der  Land- 
güter sonst  wird  nicht  ebenso  auch  über  ein  solch  geschultes 
Handwerkerberufspersonal  verfügt  haben.  Das  wird  uns 
jetzt  noch  weniger  wahrscheinlich  vorkommen  als  früher. 
Denn  war  das  Gros  des  Güterbesitzes  der  Grundherrschaften 
nicht  so  geschlossen  gelagert,  als  man  bisher  annahm,  sondern 
vielfach  Streubesitz  ^),  so  kann  man  sich  jetzt  um  so  weniger 
vorstellen,  daß  überall  auf  den  einzelnen  Höfen  solche  Hand- 
werker in  größerer  Zahl  vorhanden  gewesen  sein  sollen.  Sie 
waren  ja  oft  gar  nicht  so  groß,  als  man  früher  gemeint  hat. 

1)  MG.  Epp.  5,  1192«. 

-)  Vgl.  dazu  die  Bemerkungen  Keutgens,  Ämter  u,  Zünfte  S.  138. 

ä)  II.  21  MG.  SS.  2,  763:  officium  tuum  habere  te  perniittimtis. 

*)  Vgl.  die  schon  von  Heyne  S.  32  n.  107  zit.  Stelle  bei  Gregor  v.Tours 
3,  15  (die  Gegend  von  Trier  betreffend):  sciscitatus  autem  emptor  rudt 
famulo,  quid  opere  sciret,  respondit:  in  onmibus,  qtiae  manducare  debent  in 
mensis  dominorum,  valde  scitus  sutn  operari.  MG.  SS.  rer.  Merov.  i,  123. 

')  II.  17  MG.  SS.  2,  760:  artificibus  semper  eum  comitantihis. 

«)  Vgl.  im  I.  Teil  dieses  Werkes  S.  132.  246.  309. 

II* 


—     164    — 

Wir  finden  aber  in  den  Urbaren  und  Urkunden  unter 
den  Zinsen  auch  von  Gütern,  die  nicht  besonders  geschlossen 
lagen  oder  einen  größeren  Fronhof  darstellen,  doch  ge- 
werbliche Erzeugnisse  angeführt.  Es  müssen  also  auch  auf 
dem  Lande  Handwerker  vorhanden  gewesen  sein,  wenn 
auch  der  größte  Teil  jener  Zinse  sich  auf  Produkte  der 
Weberei  beschränkt,  die  aus  Frauenarbeit  hervorgingen. 
Immerhin  doch  auch  Landhandwerker  also,  auf  die  neue- 
stens  besonders  Philippi  hingewiesen  hat.*)  Er  betonte,  wie 
schon  vor  ihm  v.  Below^),  daß  die  gewerbliche  Tätigkeit 
dieser  Zinsleute  sich  unmöglich  nur  auf  diese  Lieferung  an 
den  Grundherrn  beschränkt  haben  könne,  sondern  jene  Ab- 
gabe ähnlich  wie  bei  den  Vieh-  und  Getreidezinsen  nur 
einen  Teil  ihrer  Gesamtproduktion  ausgemacht  habe  und 
als  Pacht  für  den  vom  Grundherrn  verliehenen  Boden  zu 
betrachten  sei.  Es  sei  unwahrscheinlich,  daß  sie  nur  für 
den  Grundherrn  sich  die  notwendigen  Werkzeuge  und  Werk- 
räume (Webstühle,  Schmiedefeuer,  Schnitzmesser  usw.)  an- 
geschafft hätten.  Hier  übersah  Philippi  freilich,  daß  ja  diese 
Produktionsmittel  ebenso  wie  das  Rohmaterial  selbst  von 
dem  Unternehmer,  hier  also  dem  Grundherrn,  beigestellt 
sein  könnten.  Maurer^),  Schmoller*)  und  v.  Inama-Sternegg ^) 
hatten  das  ja  ganz  allgemein  angenommen.  Und  dies  ent- 
spräche ja  auch  der  Theorie  Büchers,  nach  der  damals  das 
sog.  Lohnwerk,  bzw.  Heimwerk  die  herrschende  Betriebs- 
weise gewesen  sein  soU.^)  Allein  alle  jene  Forscher  habenden 
Ouellenbestand  nur  ganz  einseitig  und  unzulänglich  berück- 
sichtigt. Denn  in  den  Urbaren  wird  bei  Verzeichnung  jener 
gewerblichen  Zinse  zwar  nicht  selten  erwähnt,  sie  seien  de 
lino    oder    opere    dominico    erzeugt. '')     Jedoch    finden   wir 

*)  Die  erste  Industrialisierung  Deutschlands  (im  Mittelalter)  1909 
S.  1 1  ff .  Dazu  vgl.  Keutgen  in  Deutsche  Lit-Ztg.  191 1  nr.  36.  Zu 
seinen  Belegen  vgl.  auch  die  Zinse  an  Schmiedearbeiten  in  dem  Urbar 
von  Weißenburg  Zeuß,  Trad.  Wizz.  274  c.  2. 

2)  A.  a.  O.  S.  136 ff.  ä)  Fronhöfe  3,  246.  ^)  A.  a.  O.  358- 

^)  Die  Ausbildung  der  großen  Grundherrschaften  S.  84. 

*)  A.  a.  O.  S.  165.  Ebenso  auch  Kötzschke,  Deutsche  Wirtschafts- 
geschichte in  A.  Meisters  Grundriß  II.  i,  76. 

'')  Weißenburg  Zeuß,  Trad.  Wizz.  280  nr.  XXX:  ex  dornzmco  opert 
.  .  .  ex  proprio  opere;  283  nr.  61:  ex  lana  dorn.  Fuld.  tradit.  120  nr.  34: 
ex  lino  dorn.  122  nr.  44. 


-     i65     - 

ebenda  sehr  häufig  auch  daneben  einen  Zins  de  Uno  proprio.^) 
Der  gewerbliche  Arbeiter  erzeugte  also  auch  aus 
eigenem  Rohstoff,  er  war  nicht  Lohnwerker 
all  ein. 2)  Und  schon  Kober  hat  darauf  hingewiesen,  daß 
solche  Dienste  auch  dort  zu  bemerken  sind,  wo  die  Fronhofs- 
verfassung gar  nicht  ausgebildet  war,  wie  in  Westfalen  und 
Friesland.  ^) 

Als  nächste  Vermutung  ergibt  sich  nun  wie  von  selbst, 
daß  diese  Landhandwerker  nicht  nur  für  den  Grundherrn, 
sondern  auch  für  sich,  oder  besser  gesagt  zu  eigenem  Gewinn, 
zum  Verkauf,  also  für  den  Markt,  produziert  haben  werden. 

Dafür  spricht  insbesondere,  daß  diese  grundherrschaft- 
lichen Leute  ja  nicht  zu  ungemessenen  Fronden  oder  Zinsen 
verpflichtet  waren,  sondern  nur  einen  bestimmten  Zins  oder 
zeitlich  befristete  Dienste  zu  verrichten  hatten.  Darauf 
hat  schon  v.  Below  hingewiesen.*)  Allerdings  nur  im  Hinblick 
auf  Quellen  jüngerer  Zeiten.  Ganz  dasselbe  läßt  sich  aber 
auch  bereits  für  die  Karolingerzeit  dartun.  Einmal  verdient 
Beachtung,  daß  die  Frondienste  gewerblicher  Art,  als  Brot- 
backen und  Malz-,  bzw.  Bierbereiten,  die  Weinlesearbeit  u.  a.m. 
ausdrücklich  nur  an  bestimmten  Tagen  zu  leisten  waren, 
und  die  verschiedenen  Hintersassen  der  Reihe  nach  dazu 
herangezogen  wurden.^)    Das  waren  allerdings  nicht  ständige 


^)  Tradit.  Fuld.  ii6  nr.  6;  121  nr.  42.  St.  Galler  ÜB.  i,  189  nr.  199 
(809):  sarcilo  de  eorum  lana;  Lorsch  Cod.  dipl.  3,  219  nr.  3677.  3679. 
Weißenburg  de  propria  lana,  Zeuß,  Trad.  Wizz.  296;  Prüm  Mittelrhein. 
ÜB.  I,  193  nr.  CX,  sowie  Klumker  a.  a.  O.  S.  40 f. 

^)  Die  Behauptung  W.  Sombarts,  ich  hätte  einen  zu  gewerblichen 
Leistungen  verpflichteten  Hintersassen  mit  einem  Lohnwerker  ver- 
wechselt (der  moderne  Kapitalismus  i  ^,  54),  habe  ich  bereits  an  anderem 
Orte  als  grobe  Flüchtigkeit  in  der  Lektüre  gekennzeichnet.  Vgl.  Grün- 
bergs Arch.  f.  Gesch.  d.  Sozialismus  8,  345. 

*)  A.  a.  O.  S.  23.  *)  A.  a.  O.  S.  136 ff. 

^)  Trad.  Wizz.  274  nr.  3.  4  per  orditiem  oder  quanto  opus  est  277 
nr.  14  u.  15  oder  die  Webearbeit  wird  nach  der  Größe  des  zu  liefern- 
den Produktes  limitiert:  sarcile  in  longitudine  .n.  ciibitorum,  in  lati- 
iudine  .n.  ib.  274  nr. 4— 5;  276  n.  10  u.  a.m.  oder  nach  Tagen  275  nr.  7  in 
hieme  bis  14.  dies  facere  debent;  279  nr.  19;  280  nr.  30 u.a.m.  —  Ähnlich 
auch  das  Fuldaer  Urbar  Dronke,  Trad.  Fuld.  55  nr.  13  (servicitim 
cervisie). 


—     i66     — 

Berufshandwerker,  sondern  Landwirte,  die  jene  Arbeiten  als 
Nebenbeschäftigung  ausführten.^) 

Aber  auch  gelernte  Gewerbsleute  hatten  nur  ganz  be- 
stimmte Zinse  an  gewerblichen  Erzeugnissen  abzuhefern. 
Ein  Beispiel  von  St.  Gallen  wurde  schon  oben  angeführt. 
Eine  Tradentin  nimmt  in  Aussicht,  daß  von  ihren  Söhnen, 
für  die  sie  das  Traditionsgut  zu  Nießbrauch  sichert  (Pre- 
caria),  einer  ein  Handwerk  lerne.  Er  ist  dann  verpflichtet, 
2  Schränke  (scrinia)  abzuliefern.^)  Auch  die  Dienste  des 
Freisinger  Schmiedes  Aletus  waren  zeitlich  beschränkt,  derart, 
daß  er  auch  noch  im  Vertragswege  für  andere  zu  gewerb- 
licher Arbeit  verpflichtet  werden  konnte.^)  In  demselben 
Urkundenmaterial  tritt  ein  Engilmar  faber  auf,  der  für  das 
beneficium,  welches  er  vom  Bischöfe  (von  Freising)  besitzt,  bloß 
einen  Geldzins  (i  ß  argenti)  alljährlich  entrichtet.*)  In  diese 
Reihe  könnte  man  vielleicht  auch  noch  jene  Witwe  stellen, 
die  für  Belassung  des  Beneficiums  ihres  verstorbenen  Gatten 
eines  lebenslänglichen  Zins  von  i  sagum  vel  camisalem  I  an 
Freising  zu  entrichten  hat.^)  Auch  da  dürfte  dieser  Zins 
nicht  die  gesamte  gewerbliche  Produktion  der  Genannten 
darstellen.  Es  wird  nicht  zufällig  sein,  daß  wir  gerade  hier, 
bei  diesen  Berufshandwerkern,  den  (Handwerker-)  Lehen  be- 
gegnen. Sie  sollten  offenbar  die  Möglichkeit  bieten,  das 
Handwerk  nicht  nur  im  Nebenberuf  auszuüben,  um  neben 
den  bäuerUchen  Gewerbetreibenden  auch  technisch  geschulte 
Handwerker  zu  gewinnen. 

Ja,  es  existiert  eine  Formel  (in  einer  Brüsseler  Hand- 
schrift), nach  der  damals  schon  Backöfen  und  Mühlen  gegen 
einen  fixen  Geldzins  verpachtet  wurden.^) 

Erscheinen  somit  bereits  grundhörige  oder  im  Prekarie- 
verhältnis  stehende  Gewerbsleute  in  der  Lage,  auch  für  sich 


^)  Dazu  auch  Seeliger,  Staat  und  Grundherrschaft  in  der  alt. 
deutsch.  Gesch.  (1909)  S.  9. 

2)  Wartmann  ÜB.  2,  261.  ^)  Bitterauf  nr.  14b  (759). 

*)  Ebenda  nr.  577  (828).  ^)  Ebenda  nr.  5 13b  (825). 

*)  MG.  FF.  548  nr.  24 :  jnihi  quendam  funmm  et  qiioddam  molen- 
dinum  ad  censiim  concessit,  ea  siqjiidem  ratione,  zit  annis  singitlis  .  .  , 
10  ß  exinde  [so  wohl  das  ei  inde  des  Herausgebers  Zeumer  zu  ver- 
bessern!] darem,  nichil  amflius  a  nie  reqtdratiir. 


-     i67     - 

oder  den  Markt  zu  produzieren^),  so  gab  es  aber  auch  schon 
zur  Karolingerzeit  völlig  freie  Handwerker.  G.  L.  v.  Maurer 
hatte  bereits  einzelne  Belege  dafür  namhaft  gemacht.^)  Und 
noch  viel  früher  hatte  K.  F.  Eichhorn,  der  gleichfalls  „für 
ausgemacht"  hielt,  „daß  der  größte  Teil  der  Handwerker 
unter  dem  Hofrecht  stand",  doch  betont,  man  könne  „un- 
möglich glauben,  daß  alle  Handwerke  zur  Zeit  Karls  des 
Großen  nur  von  hörigen  Leuten  getrieben  wurden".^)  Er 
wies  bereits  auf  das  Edikt  von  Pistes  (864)  hin*),  wo  „die 
Handwerker,  welche  hörig  sind  und  für  ihre  Herrschaft 
arbeiten, den  übrigen  ausdrücklich  entgegengesetzt"  werden.^) 
Ferner  aber  hatte  schon  1890  Koehne  ausgeführt,  es  sei 
„wenigstens  für  das  neunte  Jahrhundert  sicher  bezeugt,  daß 
damals  die  Handwerker  ihre  Waren  bereits  selbständig  in 
Worms  verkauften".'')  Er  hatte  dies  bereits  zum  Anlasse 
genommen,  um  die  von  Arnold,  Nitzsch,  Heusler,  Geering  u.  a. 
vertretene  Annahme  zu  widerlegen,  „daß  in  dieser  Stadt 
die  einzigen  Handwerker  technisch  ausgebildete  Diener  der 
größeren  Fronhöfe  gewesen  und  für  den  Markt  erst  seit 
dem  II.  Jahrhunderte  gearbeitet  sei".  Endlich  aber  hat 
V.  Below  das   1896  kräftig  betont.'')     Ich  verweise  noch  auf 

^)  Vgl.  Seeliger  a.  a.  O.  S.  i2f.,  sowie  W.  Müller,  Z.  Frage  d.  Ur- 
sprunges d.  mittelalterl.  Zünfte  (Leipzig,  hist.  Abh.  22)  S.  45  ff. 

^)  Gesch.  d.  Fronhöfe  1,  253  n.  67. 

')  Über  d.  Ursprung  d.  städt.  Verfassung  in  Deutschland,  Ztschr. 
f.  Geschichtl.  Rechtswiss.  i,  242  f.  {181 5). 

*)  MG.  Capit.  2,  319  c.  20:  Similiter  per  civitates  et  vicos  atque 
per  mercata  ministri  rei  pithlicae  provideant,  ne  Uli,  qiii  panem  coctuni 
aut  carnem  per  deneratas  aut  vinum  per  sextaria  vendunt,  adulterare 
et  minuere  possint.  Sed  qiiantos  metistirabiles  panes  in  unaquaque  civitate 
de  iusto  viodio  episcopi  vel  abbatis  seu  coniitis  ministeriales  a  pistoribns 
suis  recipiimt,  tantos  metisiirabiles  panes  de  aequo  modio  a  pistoribus, 
qui  panem  vendunt,  fieri  faciant. 

^)  Neuestens  hat  Eberstadt,  Der  Ursprung  des  Zunftwesens  2.  Aufl. 
1915  S.  259 ff.  doch  wieder  von  dieser  Stelle  behauptet,  es  fehle  je- 
der Hinweis  auf  den  Gewerbebetrieb  u.  das  Recht  vollfreien  Hand- 
werkes ! 

")  Der  Ursprung  der  Stadtverfassung  in  Worms,  Speier  und 
Mainz  (in  Gierkes  Untersuchungen  z.  deutsch.  Staats-  u.  RG.  31)  S.  5, 
unter  Verweis  auf  Boos,  Uß.  d.  Stadt  Worms  nr.  17  =  Mühlbacher 
Reg.  -  nr.  871  (829). 

')  Ztschr.  f.  Soz.  u.  WG.  5,  155. 


—     i68     — 

die  von  M.  Heyne  angezogene  Stelle  über  eine  Bäckerin  zu 
Mainz,  die  für  den  Markt  produzierte  ^),  also  Preiswerk  trieb. 
Auf  freie  Handwerker  unter  den  Goldschmieden  hat  neuestens 
Karcher  aufmerksam  gemacht.^)  Und  H.  v.  Loesch  hat  vor 
kurzem  gegenüber  Keutgen  m.  E.  mit  Recht  betont,  daß 
die  Abgaben  von  Handwerkern,  welche  das  Capitulare  de 
Villis  (c.  62)  anführt,  sich  nicht  —  wie  jener  meinte  —  auf 
Erzeugnisse  der  Fronhofhandwerker  bezogen  haben  dürften, 
sondern  vielmehr  wohl  Markthandwerker  da  anzunehmen 
seien. ^)  Das  scheint  mir  auch  deshalb  möglich,  weil  in  dem- 
selben Paragraphen  Einnahmen  de  mercatis  doch  ausdrücklich 
erwähnt  werden.^) 

Es  bestanden  also  damals  schon  freie  Gewerbe 
auch  außerhalb  des  Fronhofsverbandes.  Und  es  ist 
daher  irreführend,  wenn  neuestens  W.  Müller,  der  die  alte 
grundherrliche  Theorie  wieder  beleben  möchte,  die  Be- 
hauptung aufstellt,  daß  in  den  Quellen  des  frühen  Mittel- 
alters der  Typus  der  persönlich  und  frei  wirtschaftenden 
Gewerbetreibenden  nicht  direkt  bezeugt  sei,  freie  Hand- 
werker nur  vereinzelt  vorkämen.^)  Wir  müßten  solche  aber 
auch  ohne  diese  bestimmten  Nachweise  in  concreto  doch 
zufolge  eines  indirekten  Rückschlusses  annehmen.  Denn 
es  läßt  sich  untrüglich  nachweisen,  daß  die  Fronhofshand- 
werker die  tatsächhch  vorhandenen  Bedürfnisse  an  Gewerbe- 
erzeugnissen nicht  zu  befriedigen  vermochten.'') 

Bei  dem  Metallgewerbe  ist  das  mindestens  hinsichtlich 

^)  Ann.  Fuld.  (ed.  Kurze  SS.  rer.  Germ.)  zu  870  Heyne  a.  a.  O.  S.  33. 
Die  Annahme  Eberstadts  a.  a.  O.  262,  daß  sie  zur  familia,  d.  h.  zu  dem 
den  Vollfreien  entgegengesetzten  Teil  der  Bevölkerung  gehört  habe, 
ist  in  keiner  Weise  aus  der  zit.  Quelle  zu  rechtfertigen. 

^)  A.  a.  O.  S.  47.  Vgl.  auch  den  ingenuus  Faber  in  d.  Regens- 
burger Urk.    Ried,  Cod.  dipl.  i,  19  (821). 

')  Westdeutsche  Ztschr.  23,  73. 

*)  Dagegen  halte  ich  die  weitere  Erklärung  v.  Lösch',  daß  dabei 
an  Strafgelder  zu  denken  sei,  für  verfehlt,  weil  ein  besonderer  Posten 
de  diversis  compositionihus  außerdem  dort  vorkommt. 

®)  A.  a.  O.  S.  20.  Ähnlich  zuletzt  auch  Seeliger,  Handwerk  u.  Hof- 
recht, Hist.  Vjschr.  19 13  S.  489.  Vgl.  dagegen  G.  v.  Below,  Vjschr.  f. 
Soz.  u.  WG.  12,  9. 

")  Vgl.  dazu  auch  v.  Below  Zs.  f.  Soz.  u.WG.  5,  147  ff.,  sowie  Kober 
a.  a.  O.  S.  25flf. 


—     109     — 

der  kunstgewerblichen  Produktion  ganz  evident.  All  die 
zahlreichen  Schmuckgegenstände,  nach  welchen  —  wie  oben 
ausgeführt  wurde  ^)  —  der  Sinn  der  Frauen  von  damals 
ganz  allgemein  stand,  müssen  außerhalb  der  Fronhöfe  an- 
gefertigt worden  sein.  Denn  die  Kirche  selbst  hat  ja  solchen 
Luxus  verboten  und  dagegen  offiziell  Stellung  genommen.^) 

Daher  ist  die  Auffassung,  welche  neuerdings  SeeUger 
doch  wiederholt  hat  ^),  für  die  Entfaltung  eines  freien  Hand- 
werkes hätten  lange  die  materiellen  Kulturbedingungen  ge- 
fehlt, feinere  Technik  und  reichere  Arbeitsgliederung  konnten 
zuerst  nur  im  Herrschaftsverbande  begehrt  werden"^),  ganz 
unhaltbar. 

Aber  selbst  in  jenen  Gewerben,  bei  welchen  man  am  ehesten 
annehmen  könnte,  daß  die  große  Anzahl  der  zur  Lieferung 
ihrer  Erzeugnisse  Verpflichteten  ein  Auslangen  hätte  finden 
lassen^),  ist  dies  gleichfalls  nicht  möglich  gewesen.  Auch 
Erzeugnisse  der  Weberei  wurden  von  den  Klöstern  selbst 
fertig  von  auswärts  bezogen,  u.  zw.  gerade  auch  von  den 
allergrößten  und  begütertsten  unter  ihnen  ^),  die  sicher  über 
technisch  sehr  qualifizierte  Handwerker  verfügten.  Kaiser 
Ludwig  der  Fromme  hat  Fulda  836  Zollfreiheit  ausdrücklich 
mit  der  Begründung  verliehen,  weil  die  Mönche  sehr  großen 
Mangel  an  Kleidung  litten  und  das  Kloster  den  massenhaften 
Bedarf    nicht    zu    decken    vermochte.'')     Und    Ludwig    der 


'■)  Siehe  S.  144.  '^)  Siehe  S.  148. 

')  Ganz  ähnhch  hatte  sich  doch  schon  C.Hegel,  Gesch.  d. Städte- 
verfassung von  Italien  i,  4iof.  im  J.  1847  geäußert  und  außer  den 
von  Seeliger  zit.  Belegen  noch  auf  langobardische  Quellen  verwiesen. 

*)  Staat  u.  Grundherrschaft  in  d.  älter,  deutsch.  Gesch.  (1909)  S.  10. 
Vgl.  dagegen  auch  meine  ,, Grundlagen"  2,  397  ff. 

^)  Keutgen  a.  a.  O.  S.  59  n.  151  meint  geradezu:  Man  könnte  auf 
Handel  mit  Textilien  „aus  der  großen  Menge  der  allgemein  von 
Hörigen  zu  liefernden  Stücke  Tuch  u.  Leinwand  schließen,  die  den 
Eigenbedarf  eines  Klosters  u.  seiner  Dienerschaft  anscheinend  über- 
steigen würden". 

*)  v.  Below  a.  a.  O.  S.  147  stellt  den  Satz  auf:  ,,Das  Maß  der  not- 
wendigen Ergänzung  wird  von  der  Größe  der  Grundherrschaft  ab- 
hängig gewesen  sein.  Die  großen  Grundherrschaften  werden  ver- 
hältnismäßig wenig,  die  kleinen  viel  oder  auch  alles  von  auswärts 
bezogen  haben." 

'')  Mühlbacher  Reg.  ^  nr.  954:   m  eodem  monasterio  Domiiio  mili- 


—     I70    — 

Deutsche  hat  eine  ganze  Reihe  von  Güterrestitutionen  an 
Klöster  vorgenommen  zu  dem  ausgesprochenen  Zwecke,  um 
damit  für  Unterhalt  und  Kleidung  (ad  victum  ac  vesti- 
menta)  derselben  vorzusorgen.^) 

Auch  St.  Gallen,  dessen  berühmter  Bauplan  (von  c.  820) 
so  zahlreiche  Handwerkerräume  aufweist,  hat  seinen  Eigen- 
bedarf gerade  an  Textilartikeln  nicht  selbst  zu  erzeugen 
vermocht.  Wir  hören  vielmehr,  es  habe  gekauftes  Tuch  aus 
Mainz  bezogen.^) 

Wir  besitzen  endlich  auch  noch  eine  Formel,  nach 
welcher  ein  Mönch  sich  den  Ankauf  einer  dichten  Kappe 
(cucullum  spissum)  auswärts  auf  einem  bevorstehenden  Markte 
erbittet  und  die  dafür  nötige  Geldsumme  einsendet.^) 

Aber  auch  das  Baugewerbe  wurde  offenbar  schon  von 
freien  Handwerkern  betrieben.  Ein  Capitulare  Ludwigs  des 
Frommen  vom  Jahre  818/19  nimmt,  da  es  von  der  bekannten 
Verpflichtung  zu  Baufronden  an  Kirchengebäuden  handelt, 
doch  auch  in  Aussicht,  daß  man  eventuell  eine  Umwandlung 
dieser  Frondienste  in  Geld  vereinbaren  könne.  Es  solle  in 
einer  jenen  entsprechenden  Summe  geschehen,  auf  daß  der 
Kirchenvorstand  zu  jenem  Zwecke  Arbeiter  mieten  und 
Baumaterial  kaufen  könne.*)  Augenscheinlich  bestand  die 
Möglichkeit,  jederzeit  freie  Maurerarbeiter  gegen  Geld  zu 
dingert.^) 

Ja,  das  Preiswerk,  um  die  Terminologie  Büchers  zu 
gebrauchen,  muß  ziemlich  allgemein  damals  schon  vorhanden 

tantes  maximam  vestimentorum  pati  penuriam  \neque  prorsus  conscqui 
valere,  iinde  taute  multitiidini  siifficientiam  vestiuni  proairare  possit. 
Vgl.  auch  die  Bestätigungsurk.  K.  Lothars  von  850,  Mühlbacher  nr.  1 143. 

^)  Mühlbacher  Reg.''  nr.  1514 — 1517,  dazu  auch  1739.  ^19^- 

^)  Ekkehart,  Casus  S.  Galli  40.     MG.  SS.  2,  97. 

3)  MG.  FF.  514  nr.  3. 

*)  MG.  Capit.  I,  287  c.  5:  aid  si  i?iter  cos  couvenerit,  ut  pro  opere 
facie?tdo  argentum  donent,  iuxta  aestimationem  operis  in  argento  per- 
solvant:  cum  quo  pretio  rector  ecclesiae  ad  praedictam  restaurationeni 
operarios  conducere  et  materiam  entere  possit. 

°)  P.Sander  wollte  (Schmollers  Jb.  38, 1081)  darin  einen  schlagen- 
den Beweis  sehen  „dafür,  daß  für  die  Entfaltung^  eines  wirtschaftlich 
freien,  berufsmäßigen  Handwerks  im  allgemeinen  noch  kein  Boden 
vorhanden  war".  Vgl.  dagegen  schon  für  die  vorausgehende  Zeit 
meine  ,, Grundlagen"  2,  4i3ff. 


—    I/I    — 

gewesen  sein.  Die  Statuten  Abt  Adalhards  von  Corbie 
(822)  bezeugen  es  für  die  Gartenkultur  ^),  das  Schuhhand- 
werk ^)  und  das  Lohnfuhrwerk.  ^)  Auch  das  Schiffergewerbe 
muß  zum  Zwecke  der  Verkehrsvermittelung  Preiswerk  schon 
betrieben  haben.  Der  Mönch  von  St.  Gallen  erzählt  geradezu, 
die  berühmte  Rheinbrücke  bei  Mainz  sei  durch  Böswilligkeit 
jener  zerstört  worden,  die  sich  durch  die  Schiffsüberfuhr  un- 
billigen Lohn  erbeuten  wollten.*) 

Durch  diese  Nachweise  sind  die  beiden  Hauptthesen 
der  älteren  Auffassung  nun  wohl  hinfällig  geworden.  Einmal, 
daß  die  Gewerbe  nur  auf  den  Palatien  der  Könige,  den 
großen  Klöstern  und  Herrenhöfen  der  weltlichen  Grundherren 
vertreten  waren  ^),  dann  aber,  daß  diese  Gewerbe  ausschließlich 
als  Lohn-  oder  Heimwerk  betrieben  worden  seien,  d.  h.  daß 
Rohmaterial  und  Betriebsmittel  von  dem  Auftraggeber  bei- 
gestellt worden  seien. ^) 

Noch  auf  eine  Reihe  von  Quellen  möchte  ich  auf- 
merksam machen,  die  vielleicht  gerade  einem  von  Bücher 
mit  Recht  hervorgehobenen  Mangel  der  bisherigen  Unter- 
suchungen abhelfen  können.  Er  bezieht  sich  auf  die  Be- 
triebsweise des  Handwerkes.  Wie  immer  es,  meint  Bücher, 
zweifelhaft  erscheinen  mag,  ob  die  Zunftverfassung  direkt  aus 
der  Organisation  des  gevyerblichen  Personales  der  Fronhöfe 
hervorgegangen  ist,  unzweifelhaft  sei  jedenfalls  die  Tatsache, 
daß  die  Betriebsweise  auch  des  städtischen  Gewerbes  sich 
unmittelbar   an    diejenige   der   hofhörigen  Stör-  und  Heim- 

^)  Guerard,  Polyptyque  d'Irminon  2,  315:  constiiuimus  etiam  Ulis 
dare  ad  conducendos  homines,  qui  areas  levent  in  autumno  .  .  .  Vgl. 
dazu  auch  W.  Müller,  Zur  Frage  d.  Ursprungs  der  mittelalterl.  Zünfte. 
Leipzig,  hist,  Abh.  22  (1910)  S.  45. 

^)  Ebenda  308  c.  III:  die  Kleriker  erhalten:  calcearios  4  cum  solis, 
exceptis  denariis  8  ad  calceatnentiim. 

')  Ebenda  326:  de  pretio  autem,  unde  illa  carra  condiici  debetti  .  . 
Daß  hier  nicht  ,, ausgeprägtes  Lohnwerk"  vorliege,  wie  Sander  a.  a.  O. 
1082  behauptet,  ergibt  schon  der  Mangel  des  benötigten  Fuhrwerkes, 
das  eben  von  außen  beschafft  werden  mußte.  Das  Kloster  stellte  ja 
die  carra  nicht  selbst  bei! 

*)  Frazidulentia  vero  quorundam  malivolonnn  et  de  navüim  siib- 
vcctione  mercedes  iniquissimas  co?npilare  volentium  consumpsit.  I.  30 
MG.  SS.  2,  745. 

")  Inama  WG.  I^  571.  «)  So  K.  Bücher  a.  a.  O. 


—       172       — 

arbeiter  anschloß.^)  Die  Fronhöfe  seien  für  die  Ausbildung 
des  Gewerbes  entscheidend  gewesen,  hier  sei  gewissermaßen 
die  Art  des  Betriebes  entstanden,  die  Technik  erfunden 
worden. 

Man  hat  dabei  übersehen,  daß  es  schon  vor  und  mit 
der  Ausbildung  der  großen  Grundherrschaften,  die  man  ja 
erst  ins  8.  und  9.  Jahrhundert  setzt,  doch  schon  in  Stadt 
und  Land  gewerbliche  Betriebsstätten  gab,  die  nicht  inner- 
halb der  Fronhöfe  standen.'-^)  Die  regelmäßige  Bezeichnung 
für  die  technische  Betriebsstätte  der  Gewerbe,  die  Werkstatt, 
ist  officina.^)  Nun  lassen  sich  auch  in  den  Traditions- 
urkunden Veräußerungen  von  Grundstücken  nachweisen,  auf 
denen  solche  Werkhäuser  (Offizinen)  vorhanden  waren.  Die 
eine  Verkaufsurkunde  aus  dem  Weißenburger  Material  be- 
trifft das  Erbgut  einer  Frau  und  bezieht  sich  wohl  auf  eine 
Mühle,  da  die  Werkstatt  (officiolum)  am  Ufer  eines  Flusses 
gelegen  erscheint.  Sie  gehört  noch  in  die  Merowingerzeit.*) 
Interessanter  ist  die  Tradition,  die  ein  gewisser  Lantfrid 
von  Mainz  in  dieser  Stadt  an  Fulda  vornimmt.  Er  tradiert 
sein  Eigen,  eine  Hofstatt  mit  Gebäude,  deren  Lage  nun 
näher  bezeichnet  wird :  qiii  illoriun  civhim  vel  totiiis  vulga- 
rici  sej-monis  dictu  mincttpatiir  ad  hrachatom  in  7'ipa 
Hrenis  fluvii}^  Dieses  ahd.  Wort,  das  zunächst  -Haus 
schlechthin  bedeutet ''),  ist  hier  v;ohl  im  Sinne  von  Werk- 
haus zu  fassen,  wie  auch  weiter  in  der  Urkunde  von  einer 
fabrica  die  Rede  ist.  Augenscheinlich  wurde  jene  Gegend 
der  Stadt  nach  den  daselbst  befindlichen  gewerblichen  Be- 
triebsstätten so  benannt. 


^)  Art.  „Gewerbe"  im  Hdw.  d.  Staatswiss.  3.  Aufl.  4,  S5S. 

-)  Vgl.  darüber  jetzt  meine  „Grundlagen"  2,  412 ff. 

*)  Vgl.  Heyne  „Gewerbe"  S.  171  nr.  132. 

*)  Zeuß,  Trad.  Wizz.  nr.  225:  sjtper  fluviolo  Abclica  .  .  porcione  mea 
ad  ipsa  villarc  A.  vel  G.  de  ambas  ripas  ipso  officiolo  .  .  .  tradimus. 

'")  Dronke,  Cod.  dipl.  102  nr.  180  (c.  803). 

•*)  Dativ  plural.  des  Substantives  rahhat  =  alts.  rakud,  ags.  reced. 
Eine  ahd.  Glosse'  (Steinmeyer  u.  Sievers  3,  628.  5)  bietet  für  granarium 
chornhus  vel  rahcat.  Ich  verdanke  diesen  Hinweis,  sowie  die  hier 
gebotene  Erklärung  der  liebenswürdigen  Beihilfe  meiner  Herren 
Kollegen  Much  und  Seemüller  (f). 


—     173     — 

Auch  in  St.  Galler  Urkunden  werden  officinae  mehrfach 
in  der  Pertinenz  von  Traditionsurkunden  angeführt.^) 

Endlich  verweise  ich  noch  auf  die  Urkunde  K.  Karls  III. 
vom  Jahre  885  für  die  Kanoniker  von  Toul,  eine  Schenkung, 
durch  die  u.  a.  auch  in  Moyenvic  ein  mansus  cum  officina 
an  jene  verliehen  wird. 2) 

Aus  diesen  konkreten  Beispielen,  die  sich  noch  ver- 
mehren lassen  dürften,  entnehmen  wir  also,  daß  solche 
gewerbliche  Betriebsstätten  auch  außerhalb  der  großen  Fron- 
höfe tatsächlich  vorhanden  waren,  u.  zw.  nicht  nur  in  der 
Hand  des  Königs  und  weltlicher  Großgrundherren  oder  der 
Klöster,  sondern  von  freien  Grundeignern  sonst. 

Und  von  diesen  Nachweisen  aus  läßt  sich  nun  für  die 
Beurteilung  der  Gewerbe  auf  den  geistlichen  Grundherr- 
schaften doch  eine  neue  Auffassung  gewinnen.  Die  Tat- 
sache, daß  dort  auf  den  Fronhöfen  auch  Handwerker  ge- 
halten  und  die  eigenen  Bedürfnisse  an  gev;erblichen  Erzeug- 
nissen z.  T.  innerhalb  dieser  Grundherrschaften  selbst  erzeugt 
wurden,  ist  nicht  aus  der  Eigenart  der  geschlossenen  Haus- 
wirtschaft im  Sinne  Büchers,  oder  der  älteren  Maurerschen 
Theorie  allein  zu  erklären,  sondern  wurde  jedenfalls  auch 
zum  guten  Teil  durch  die  persönlichen  Rücksichten 
auf  den  klerikalen  Berufsstand  (Prinzip  der  Klausur)  mit 
bedingt.  Das  sagt  uns  ja  die  Regel  des  h.  Benedikt  selbst 
ganz  ausdrücklich.  Ein  Kloster  solle  so  gebaut  werden,  daß 
alles  für  den  Unterhalt  der  Mönche  Notwendige  innerhalb 
desselben  erzeugt  werden  könne,  damit  die  Mönche  nicht 
auswärts  herumziehen  müßten.  Und  die  Handwerke  werden 
dabei  ganz  besonders  auch  hervorgehoben !  ^) 

Daß  diese  Rücksichten  in  praxi  tatsächlich  auch  befolgt 
wurden,  lehrt  als  konkretes  Beispiel  Fulda,  für  welches  die 
vita  Sturmi   mit   ausdrücklichem  Zitat   jener  Stelle  aus  der 


1)  ÜB.  V.  St.  Gallen  i,  68  nr.  69  (773);  nr.  99  (783). 

2)  Mühlbacher  Reg.*  nr.  1707  (=  Bouquet,  Recueil  9,  342).  Hier 
ist  wohl  an  ein  Salzwerk  zu  denken.    Siehe  unten  S.  183. 

')  Monasteritim  autem,  si  fieri  potest,  ita  debet  construi,  ut  omnia 
necessaria,  id  est  aqua,  molendimun,  liorttis,  pistrinum  vel  artes 
divers ae  intra  monastcrmm  exerccantur,  zcl  non  sit  neces sitas 
monachis  vagandi  foras.  Cap.  66.    Vita  et  regula  St.  Benedicti  1880. 


—     174     — 

Regel  berichtet,  daß  der  Abt  dieser  Forderung  Benedikts 
bei  seinen  auf  die  Reform  und  Hebung  des  Klosters  ab- 
zielenden Unternehmungen  baulich  gerecht  zu  werden  suchte.^) 
Auch  die  Verzeichnung  verschiedener  Handwerkerstätten 
auf  dem  berühmten  Bauplan  von  St.  Gallen  —  einer  Haupt- 
quelle für  die  alte  hofrechtliche  Theorie  —  verliert  von 
diesem  Gesichtspunkt  aus  nun  viel  an  Beweiskraft,  da  es 
sich  hier  um  ein  Schema  handelt,  das  den  Vorschriften  der 
Regel  nachzukommen  strebte,  der  Wirklichkeit  aber  in  keiner 
Weise  entsprach. 2) 

Hatten  also  die  auf  den  Fronhöfen  der  Kirche  vor- 
handenen Handwerker  vornehmlich  die  Bedürfnisse  der 
Mönche,  bzw.  Kleriker  selbst  zu  decken,  so  war  damit  aber 
der  viel  weitere  und  gleichfalls  gewerbliche  Erzeugnisse  be- 
nötigende Kreis  von  Hintersassen  und  selbständig  wirt- 
schaftenden Leuten  (Hörigen)  auf  den  z.  T.  recht  entfernt 
vom  Fronhofe  gelegenen  Hufen  noch  keineswegs  versorgt.^) 
Selbst  wenn  wir  nun  auch  annehmen,  daß  die  einfachen 
Bedürfnisse  dieser  vorwiegend  doch  Landwirtschaft  treibenden 
Leute  durch  rohe  Eigenverfertigung  einzelner  Bedarfsartikel 
(bes.  d.  Kleidung)  z.  T.  gedeckt  worden  sind,  muß  hier  doch 
noch  weitere  Nachfrage  vorhanden  gewesen  sein,  die  einem 
selbständigen  Handwerk  Nahrung  und  Absatzgelegenheit  bot. 
Vermutlich  werden  bei  kinderreichen  Familien  die  jüngeren 
Söhne  Gewerbe  gelernt  haben,  wie  wir  dies  in  einem  Beispiel 
von  St.  Gallen  bereits  direkt  belegt  fanden.*) 

Die  ältere  Forschung  mußte  zu  einem  ganz  irrigen 
Bilde  der  Gewerbeorganisation  in  der  Karolingerzeit  ge- 
langen ,  weil  sie  dabei  von  Quellen  ausging ,  die  ihrem 
Charakter  nach  gar  nicht  danach  angetan  sind,  uns  eine 
richtige  Vorstellung  von  den  tatsächlich  damals  vorhandenen 
Verhältnissen   zu    gewähren.      Das    hatten   v.  Below  ^)   und 

1)  MG.  SS.  2,  375  c.  2o. 

-)  Vgl.  auch  Bikel,  Die  Wirtschaftsverhältnisse  des  Klosters 
St.  Gallen  (1914)  S.  2i7f.,  sowie  meine  Bemerkungen  in  Vjschr.  f.  Soz. 
u.  WG.  13,  63  ff. 

3)  Vgl.  dazu  auch  die  Bemerkungen  v.  Belows  a.  a.  O.  S.  149. 

*)  Wartmann  ÜB.  2,  261  (887);  vgl.  auch  die  Ausführungen 
Seeligers  a.  a.  O.  S.  11. 

«)  A.  a.  O.  S.  128  f. 


-     175     - 

Keutgen  ^)  bereits  zutreffend  dargelegt.  Das  Capititlare  de 
Villis  und  der  Bauplan  von  St.  Gallen,  die  so  lange  das 
Modell  gebildet  haben,  nach  welchem  man  eine  kunstvolle 
Theorie  entwickelte,  scheiden  heute  für  die  Beurteilung 
dieser  Fragen  nahezu  ganz  aus.  Die  Urkunden  und  Urbare, 
sowie  Traditionsbücher  aber  stellen  uns  ein  viel  reicher 
gegliedertes  Wirtschaftsleben  jener  Zeit  dar;  von  einer  ge- 
schlossenen Hauswirtschaft,  wie  sie  Bücher  schematisch  auch 
für  das  Mittelalter  annahm,  kann  vollends  gar  nicht  mehr  die 
Rede  sein.^) 

Man  hat  aber  noch  eine  andere  Hauptsache  gar  nicht 
berücksichtigt.  Auch  zur  Karolingerzeit  hat  es  ja  in 
Deutschland  bereits  Städte  und  Märkte  gegeben, 
civitates  und  mercata,  oder  empturia  waren  bereits  in  ziem- 
licher Anzahl  vorhanden.  Es  gab  doch  schon  an  30  Bischof- 
städte in  Deutschland,  außerdem  im  Norden  und  im  Süden 
eine  sicher  ebenso  große  Anzahl  von  Märkten.^)  Es  ist  daher 
ganz  irreführend,  von  der  Karolingerzeit  stets  nur 
als  dem  Zeitalter  der  Grundherr  schaffen  zu  sprechen 
und  ihr  die  jüngere  Zeit,  vom  10.  Jahrhundert  ab,  als  das 
Zeitalter  der  Städte  gegenüberzustellen.  Selbst  die  Forscher, 
welche  —  wie  v.  Below  und  Keutgen  —  der  alten  grund- 
herrlichen Theorie  mit  so  großem  Erfolg  entgegengetreten 
sind,  haben  sich  davon  wohl  unter  dem  suggestiven  Ein- 
druck eben  jener  älteren  Forschung  noch  nicht  freigemacht. 
Die  Grund-  und  Hauptthese,  daß  mit  der  Entstehung  der 
Städte  neue  wirtschaftliche  Bedürfnisse  und  Absatzquellen, 
aber  auch  neue  soziale  MögHchkeiten  der  Ausbildung  des 
Handwerks  zu  einem  besonderen  Berufsstande  sich  hier 
entwickelt  haben,  ist  soweit  unrichtig,  als  man  damit  einen 
neuen,  und  zwar  späteren  Abschnitt  desselben  mit  dem 
10.  Jahrhunderte  erst  eintreten  läßt  und  darin  einen  Wende- 
punkt in  der  Gewerbegeschichte  erblickt.  Ich  will  gar  nicht 
besonders  untersuchen,  wieviel  dazu  die  alte  irrige  An- 
schauung beigetragen  und  mitgewirkt  hat,  als  ob  erst  König 
Heinrich  I.  (der  Sachse)  Städte  überhaupt  ins  Leben  gerufen 

')  A.  a.  O.  S.  12  ff. 

2)  Vgl.  dazu  auch  v.  Below,  Hist.  Ztschr.  86,  28 ff. 

3)  Vgl.  oben  S.  109  ff. 


—     176    — 

habe  und  das,  was  er  für  Sachsen  tat  und  sich  auf  dieses 
Land  auch  beschränkte,  die  Städtegründung  überhaupt  ein- 
geleitet habe.^)  Tatsächlich  war  das,  was  seit  dieser  Zeit, 
aber  besonders  später  im  12.  und  13.  Jahrhunderte  mit  dem 
stärkeren  Hervortreten  der  Städte  und  Vermehrung  ihrer 
Zahl  deutlicher  und  in  den  Quellen  jetzt  weithin  sichtbar 
wird,  doch  auch  zur  Karolingerzeit,  ja  früher  schon  ^),  wenn 
auch  in  viel  bescheidenerem  Maße  vorhanden:  Markt  und 
Nachfrage. 

Gewiß  gab  es  noch  keine  „Städte"  im  Rechtssinne  des 
späteren  Mittelalters  mit  Exemtion  vom  öffentlichen  Gericht 
und  Autonomie  der  Verwaltung,  allein  gerade  die  wirt- 
schaftlichen und  sozialen  Bedingungen,  welche  für 
die  Ausbildung  des  Handwerkes  als  entscheidend 
betrachtet  werden,  sind  bereits  vorhanden:  der 
Markt  als  Absatzstelle  für  die  Gewerbeprodukte  und  auch 
die  besonders  den  jüngeren  Söhnen  der  bäuerlichen  Hinter- 
sassen hier  sich  eröffnende  Möglichkeit,  ein  Handwerk  zu 
lernen.^)  Auch  die  Bischofstädte  waren  ja,  was  das  Grund- 
eigentum betrifft,  keineswegs  einheitlich  geschlossen,  sondern 
es  herrschte  auch  da  Streubesitz,  ganz  ähnlich  wie  auf 
dem  Lande.  Das  lehren  uns  die  Quellen,  soweit  solche  für 
die  Städte  von  damals  vorliegen,  sehr  deutlich,  z.  B.  für 
Mainz  und  Worms,  aber  auch  für  Köln,  Straßburg  und 
Passau. '^)  Und  daß  Städte  und  Märkte  bereits  damals  eine 
mächtige  Anziehung  auf  die  ländliche  Bevölkerung  ausübten, 
bezeugen  nicht  nur  das  Capitulare  de  Villis,  sondern  auch 
andere  Kapitularien  aus  den  Tagen  Karls  des  Großen. 
Nimmt  man  hinzu,  was  früher  über  die  freie  Lohnarbeit 
ausgeführt  worden  ist^),  so  wird  man  auch  da  eine  viel 
freiere  wirtschaftliche  Betätigung  annehmen  und  zugeben 
müssen,  daß  die  persönliche  Unfreiheit  nicht  auch  eine 
volle  und  exklusive  wirtschaftliche  Unfreiheit  bedingte. 
Das    hat    schon   v.  Below    sehr   treffend   dargelegt'^),    dann 

^)  Vgl.  Rodenberg  in  den  Mitt.  d.  Instit.  17,   161  ff. 

-)  Vgl.  meine  „Grundlagen"  2,  383  ff. 

*)  Vgl.  dazu  Seeliger,  Grundherrschaft  u.  Staat  S.  11  u.  17. 

*)  Vgl.  oben  S.  125  ff.  ^)  Siehe  oben  S.  35  f. 

«)  Oben  S.  86  ff.  ')  Zs.  f.  Soz.  u.WG.  5,  156 f. 


—     177     — 

Keutgen  wieder  ^),  und  neuerdings  haben  es  auch  Seeliger  ^) 
und  W.  Müller^)  besonders  betont. 

Über  die  Handwerker  verbände  in  der  KaroUngerzeit 
ist  aus  den  Quellen  nur  sehr  wenig  zu  entnehmen.  Denn 
das  meiste,  was  man  bisher  da  herauslesen  wollte,  hält 
kritischer  Untersuchung  nicht  stand.  Die  coniurationes, 
gegen  welche  Karl  der  Große  und  seine  Nachfolger  wieder- 
holt Stellung  nahmen,  können  kaum  auf  Handwerker  be- 
zogen werden*),  sie  beweisen  nur,  daß  freie  Vereinigungen 
zum  Zwecke  der  Selbsthilfe  damals  überhaupt  vorkamen. 

Aber  auch  dem  Worte  officium  kommt  keine  technische 
Bedeutung  in  dem  Sinne  zu,  daß  wir  hier  etwa  an  „Ämter" 
als  Vorläufer  der  späteren  Zünfte  denken  dürften.  Schon 
Keutgen  hat  richtig  ausgeführt,  daß  offichim  in  dem  Capi- 
tula?'e  de  Villis  (c.  41)  in  einem  unserem  „Beruf"  analogen 
Sinn  gebraucht  ist.^)  Ähnlich  spricht,  wie  wir  gesehen 
haben ,  auch  der  Mönch  von  St.  Gallen  einmal  von  dem 
officium  eines  unfreien  Glasers  seines  Klosters^),  den  er 
zugleich  doch  als  Vertreter  der  niedrigsten  Bevölkerungs- 
klassen hinstellt. 

Endlich  ist  auch  magister  nicht  der  Vorstand  eines 
Handwerkerverbandes,  sondern  vielmehr  derjenige,  welcher 
sein  Handwerk  besonders  gut  versteht,  Meister  im  Sinne 
von  Kenner,  Künstler.  Auch  darin  können  also  nicht,  wie 
Gareis  meinte*^),  „die  deutUchen  Anfänge  des  späteren  Zunft- 
wesens, der  obligatorischen  Innungen  des  deutschen  Mittel- 
alters" gesehen  werden.  Zu  den  treffenden  Bemerkungen 
Keutgens^)  kann  der  Gebrauch  dieses  Wortes  (magister j 
beim  Mönch  von  St.  Gallen  noch  hinzugehalten  werden.^) 

Neben  dieser  Bedeutung  kommen  auch  magistri  vor, 
die  den  Vorgesetzten  oder  Aufseher  bedeuten.  W.  Müller 
polemisiert  aber  in  diesem  Punkte  zu  Unrecht  wider  Keutgen, 


0  A.  a.  O.  S.  51.  "-)  Staat  u.  Grundherrschaft  S.  12  ff. 

»)  A.  a.  O.  ^  24.  *)  Siehe  oben  S.  30  ff. 

^)  A.  a.  O.  S.  II  u.  138.        8)  Siehe  oben  S.  163. 

'')  Bemerkungen  zu  K.  Karls  d.  Gr.  Capit.  de  Villis  (German.Abh. 
zum  70.  Geburtstag  Konr.  Maurers)  S.  246  §  7  u.  die  Landgüterordnung 
Karls  d.  Gr.  S.  8  u.  41  Note  (magister). 

*)  A.  a.  O.  S.  8,  ")  I.  29,  dazu  siehe  oben  S.  154. 

D  0  p  s  c  h ,  Wirtschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.   II.  2.  Aufl.  12 


-     178     - 

da  diese  zweite  Verwendung  des  Wortes  magister  jene 
andere  keineswegs  ausschließt.  Selbst  wenn  man  geneigt 
ist,  mit  Müller  anzunehmen,  daß  die  Masse  der  abhängigen 
Leute  der  Großgrundherrschaften  in  Abteilungen  eingeteilt 
gewesen  sei,  denen  Meister  vorgesetzt  waren,  so  fehlt  jede 
Begründung  für  dessen  weiteren  Schluß,  daß  diese  Einteilung 
nach  Berufen  erfolgt  sei,  die  Angehörigen  eines  jeden  Ge- 
werbes unter  einem  Meister  zusammengefaßt  wurden.^) 

Jedenfalls  aber  hat  es  doch  wohl  auch  Handwerker- 
verbände damals  schon  gegeben,  u.  zw.  in  den  Städten,  wo 
eine  genügende  Zahl  von  Betrieben  desselben  Gewerbes 
vorhanden  war.  Zwei  Königsurkunden  von  Worms  erwähnen 
eine  Genossenschaft  (societas)  der  parafridi,  welche  Fiskalinen 
waren  und  nun  vom  Könige  an  das  Bistum  dort  neben  anderen 
Gütern  geschenkt  werden.  Sie  waren  bis  dahin  dem  Könige 
zu  Spanndiensten  für  die  Heerzüge  (in  expeditione)  und  Bei- 
stellung anderer  vom  Fiskus  benötigter  Gebrauchsgegen- 
stände (Utensilien)  im  Bedarfsfalle  verpflichtet.^)  Sie  werden 
namentlich  aufgezählt  —  es  sind  1 2  —  und  mit  ihrer  Nach- 
kommenschaft der  Wormser  Kirche  überwiesen.  Wir  haben 
also  an  unfreie  Fiskalinen  zu  denken. 

Ich  sehe  aber  gar  kein  Hindernis,  warum  in  den  Städten 
auch  die  sicher  vorhandenen  freien  Handwerker  sich  nicht 
damals  schon  zu  Verbänden  zusammengeschlossen  haben 
sollen.  Sichere  Belege  freilich  sind  dafür  bis  jetzt  nicht  nach- 
zuweisen. Es  gehen  uns  eben  auch,  wie  schon  bemerkt, 
nahezu  alle  Quellen  über  die  nachweislich  vorhandene  freie 
Bevölkerung  in  den  Städten  jener  Zeiten  ab.  Das  Recht, 
Vereinigungen  zu  begründen,  war  aber  von  der  Staatsgewalt 
so  weit  anerkannt,  als  es  nicht  gegen  ihre  eigenen  Interessen 
verstieß.  Die  viel  zitierten  Verbote  Karls  des  Großen  und 
seiner  Nachfolger  wider  die  coniurationes  aber  richten  sich 
nicht  gegen  die  Vereine  als  solche,  sondern  nur  gegen  das 
(geheime.?)  Eidschwören,  weil  dies  mit  dem  allgemeinen 
Königseid  und  den  damit  gegebenen  Verpflichtungen  un- 
vereinbar   erscheinen    mochte.      Ausdrücklich   werden   aber 


^)  A.  a.  O.    S.  64;    vgl.   dagegen    Müllers    Ausführungen   selbst 
a.  a.  O.  S.  58. 

^)  Mühlbacher  Reg.-  nr.  1935  (897)  u.  2019  (904). 


~    179   — 

eben  bei  dieser  Gelegenheit  Vereinigungen  zu  wohltätigen 
Zwecken,  d.  h.  gegenseitiger  materieller  Hilfe  (de  illorum 
elemosinis),  wider  Feuersgefahr  und  Schiffbruch  doch  als 
erlaubt  hingestellt.^)  Ohne  nun  deshalb  schon  einen  Zu- 
sammenhang mit  den  späteren  Zünften  annehmen  zu  wollen, 
sei  nur  so  viel  bemerkt,  daß  letztere  doch  auch  solche  Zwecke 
mitverfolgten,  z.  B.  Krankenunterstützung.  Sollte  das  karo- 
lingische  elevtosina  nicht  auch  in  diesem  Sinne  gemeint  sein? 
Natürlich  standen  dort  andere  Ziele  im  Vordergrund,  vor 
allem  wurde  der  Schutz  wider  fremde  Konkurrenz  im  Ge- 
werbe mehr  und  mehr  Hauptsache.  Davon  ist  hier  noch 
nichts  zu  merken.  Aber  das  war  dort  doch  auch  nicht  der 
Ausgangspunkt  und  Anfang. 


Vielleicht  kann  hier  am  besten  gleich  auch  angeschlossen 
werden,  was  sich  über  den  Bergbau  in  der  Karolingerzeit 
finden  läßt.  Es  ist  ja  wenig  genug,  v.  Inama-Sternegg  hat 
in  seiner  deutschen  Wirtschaftsgeschichte  außer  dem  Salinen- 
betrieb zu  Reichenhall  und  im  Bistum  Metz  eigentlich  nur 
den  Hinweis  auf  das  Capitiilare  de  Villis  geboten. 2)  In  der 
zweiten  Auflage  kam  dann  der  Verweis  auf  das  Urbar  von 
Chur  hinzu,  das  von  Eisengruben  im  Montafon  Nachricht 
gibt.  V.  Inama  sah  darin  nun  „das  älteste  Beispiel  eines 
organisierten  Erzbaues". ^) 

Tatsächlich  läßt  sich  aus  den  Quellen  ein  viel  reicheres 
Bild  zusammenstellen.  Vor  allem  finden  sich  doch  auch 
schon  Spuren  der  Edelmetallgewinnung  in  Deutschland 
selbst.  Aus  dem  Indiculus  Arnonis  und  den  Breves  Notitiae 
von  Salzburg  kann  man  entnehmen,  daß  damals  schon  im 
Salzburgischen  auf  Gold  gegraben  wurde.*)  Ebenda  wird 
auch  vom  heiligen  Rupert  erwähnt,  er  habe  vom  Herzog 
Theodo   ein   Dorf  gekauft   und   dafür  1000  Soldi   in   auro 


^)  MG.  Capit.  I,  51  c.  16  (779).    Vgl.  dazu  auch  oben  S.  137. 

*)  I,  426  f.  »)  Ebenda  i  *,  579. 

*)  Saizburger  ÜB.  i,  20  c.  III:  Interea  vero  contigit,  iit  diw  viri 
irent  surstim  per  Salzaha  in  heremiun  ad  venandum  atque  ad  au  mm 
faciendum ;  vgl.  auch  ebenda  S.  15. 


—     i8o     — 

et  argento  gegeben.^)  Zinse  an  Gold  sind  auch  durch  ein 
Diplom  Ludwigs  des  Kindes  vom  Jahre  908  für  Salzburg 
bezeugt,  durch  das  der  Hof  Salzburghofen  im  Salzburggau 
(im  heute  bayerischen  Bezirk  Laufen)  geschenkt  wird. 2) 
Dazu  verdient  auch  der  Umstand  Beachtung,  daß  in  den 
Freisinger  Traditionen  wiederholt  Wertangaben  nach  Gold- 
solidi  gemacht  werden.^) 

Ferner  wurde  damals  auch  Silber  in  Deutschland 
schon  gewonnen.  Otfrid  von  Weißenburg  erwähnt  Silber- 
bergwerke mit  reicher  Ausbeute.*)  Daß  auch  jene  im 
Fichtelgebirge  schon  in  der  Karolingerzeit  bestanden,  wie 
Soetbeer  annahm^),  ist  unsicher,  weil  kein  direktes  Zeugnis 
dafür  vorliegt. 

Insbesondere  aber  wurde  Eisen  bereits  viel  gebaut, 
u.  zw.  an  verschiedenen  Stellen  Deutschlands.  Auf  die  Berg- 
werke in  Alemannien  (Vorarlberg)  hatte  schon,  wie  bemerkt, 
V.  Inama  zuletzt  verwiesen.  In  Schwaben  aber  muß  der 
Eisenbau  überhaupt,  auch  außer  den  Montafoner  Gruben 
sehr  verbreitet  gewesen  sein.  Denn  in  den  St.  Galler  Ur- 
kunden wird  Eisen  sehr  häufig  geradezu  als  Wertmesser,  ja 
als  Geld  verwendet,  derart,  daß  von  Solidi  und  librae  de 
ferro  die  Rede  ist,  oder  ein  Geldwert  auch  in  ferramentis 
geleistet  werden  kann,  oder  das  Äquivalent  in  ferro  an- 
gegeben wird.^) 

Ahnliches  ist,  mindestens  später,  auch  in  Thüringen 
vorgekommen,  da  nach  dem  Fuldaer  Urbar  s.  XI  ein  Re- 
luitionspreis  für  einen  Schafzins  in  Eisen    vermerkt  wird.') 

In  diesem  jüngeren  Urbar  werden  Zinse  in  Eisen  noch 
weiter  auch  erwähnt  zu  Bracht  in  Hessen  (Bezirk  Salmünster)^), 


^)  Ebenda  S.  19.  -)  Mühlbacher  Reg.^  nr.  2055. 

^)  Bitterauf  nr.  i,  200  g.  364.  508.  679. 

*)  Darauf  haben  schon  Soetbeer  in  F.  z.  DG.  4,  349  und  Heyne 
a.  a.  O.  S.  94  aufmerksam  gemacht. 

^)  A.  a.  O.  349;  vgl.  unten  §  13. 

*)  ÜB.  V.  St.  Gallen  i  nr.  194  (807);  235.  248.  254.  255.  262.  293. 
297;    2,  16  nr.  395;    85  nr.  468;    ir6  nr.  501;   306  nr.  705  (896)  u.  a.  m_ 

')  Dronke,  Trad.  Fuld.  116  nr.  8  in  Geysaha  (Geisa  bei  Eisenach) 
oves  2  vel  precium  earum  in  ferro;  vgl.  dazu  auch  die  unten  S.  182 
nr.  I  zit.  Urk.  K.  Ottos. 

*)  Ebenda  113  nr.  287  üi  loco  ubi  ferrtim  in  terra  invetiitur. 


—    I«I    — 

zu  Muette  im  Nassauischen  (Bezirk  Weilburg)  ^)  und  zu 
Kissingen  in  Unter  franken.^) 

Möglicherweise  reichen  auch  diese  Vorkommnisse  weiter 
zurück,  da  ja  der  Inhalt  von  Urbaren  oft  älter  ist  als  deren 
Abfassungszeit.  ^) 

In  den  Lorscher  Traditionen  aber  kommt  eine  Schenkung 
vor,  die  eine  Eisenmine  zu  Wannendorf  im  Lahngau  be- 
trifft.*) Das  Urbar  desselben  Klosters  weist  gleichfalls 
Eisenzinse  zu  Wiline  (Weil  ?)  im  Lahngebiet  ^)  aus  und 
außerdem  noch  zu  Kandern  im  Breisgau.^) 

Endlich  möchte  ich  nicht  unerwähnt  lassen,  daß  in  den 
Xantener  Jahrbüchern  zu  868  für  die  Schilderung  einer 
Feuererscheinung  bildlich  Eisenschmelzöfen  zum  Vergleiche 
verwendet  werden ''),  was  wohl  doch  darauf  deutet,  daß  in 
der  Nähe  solche  damals  vorhanden  waren.  Diese  Vermutung 
findet  eine  starke  Stütze  an  einer  nordgermanischen  Nach- 
richt, nach  welcher  skandinavische  Häuptlinge  mit  VorUebe 
Schwerter  aus  den  Rheinlanden  trugen.^)  Wahrscheinlich 
war  die  rheinische  Eisenindustrie  auch  in  jener  Zeit 
bereits  vorhanden.^)  Auch  der  Hochgesang  auf  das 
Eisen  beim  Mönch  von  St.  Gallen ^°)  gewinnt  ja  nun  durch  die 
Nachweise  aus  den  St.  Galler  Urkunden  erst  seine  charakte- 
ristische Erklärung. 

Wahrscheinlich  gehören  aber  auch  noch  die  Eisen- 
gruben in  den  Alpen,  welche  doch  schon  in  einer  bisher 
übersehenen  Salzburger  Tradition  vom  Jahre  931  erwähnt 
werden  und  wohl  das  obere  Lavanttal  (Kärnten)  betreffen  ^^) 
schon   dieser   Zeit   an.     Ebenso   vielleicht   auch   die   Eisen- 


')  Ebenda  121  nr.  39.  -)  Ebenda  127  nr.  48. 

')  Vgl.  darüber  meine  Einleitung  zu  den  Österr.  Urbaren  I.  i  §  2. 

*)  Cod.  Lauresham.  3,  239  nr.  3701.  ^)  Ebenda  226. 

')  Ebenda  182  in  Cantero;  dazu  Edw.  Schröder  im  i.  Bande  S.  120 

")  MG.  SS.  2,  232:  sicut  massaferri  in  conflatorio  scmtillas  emitiens. 

*)  Vgl.  A.  Bugge  in  Vierteljschr.  f.  Soz.  u.  WG.  4,  254. 

')  Daß  dieser  Satz  keine  „groteske  Übertreibung"  ist,  wie  P. 
Sander,  der  auch  hier  krampfhaft  für  die  alte  Lehre  eintrat  (a.  a.  O. 
1082 f.),  gemeint  hat,  ergibt  sich  jetzt  ganz  schlagend  aus  den  Dar- 
legungen M.  Buchners  in  Zs.  d.  Aachener  Gesch. -Ver.  50.  Bd.  über 
Einhard  als  Künstler. 

'")  Siehe  oben  S.  141.  ^*)  Salzburger  ÜB.  i,  79  nr.  13. 


—       l82       —  .' 

gruben,  welche  eine  Urkunde  König  Ottos  für  St.  Moritz 
(Magdeburg)  vom  Jahre  960  in  Thüringen  bezeugt.^) 

Ferner  wurde  auch  Blei  in  der  Karolingerzeit  schon 
bergmännisch  gewonnen.  Ich  sehe  da  ganz  von  der  Er- 
wähnung der  Bleigruben  im  Capitttlare  de  Villis  (c.  62)  ab, 
weil  dieses  sich  m.  E.  auf  Südfrankreich  bloß  bezieht.  Wir 
wissen  aber,  daß  der  Dom  von  Aachen  mit  Bleiziegeln 
gedeckt  war  ^) ,  wahrscheinlich  auch  andere  große  Bauten, 
denn  781 — 86  ersuchte  der  Papst  Hadrian  I.  Karl  den 
Großen  um  1000  Pfund  Blei  (stagni)  und  ein  zweites  Tausend, 
die  der  Kanzler  Hitherius  versprochen  hatte  zur  Bedachung 
von  St.  Peter  (pro  aulae  tectae).')  Das  setzt  eine  be- 
deutende Bleiproduktion  doch  schon  voraus.*)  Zudem  finden 
wir  noch  Belege  für  Nordfrankreich  in  einer  Formel  aus 
St.  Denis  ^),  und  für  Hessen  in  den  freilich  jüngeren  Fuldaer 
Urbaren  (s.  XI).*)  (Hesselbach  im  heute  westfälischen  Kreis 
Wittgenstein). 

Endlich  muß  aber  auch  betont  werden,  daß  die  Salz- 
gewinnung'') keineswegs  auf  die  wenigen  Stellen  beschränkt 
war,  die  v.  Inama  bloß  angeführt  hat:  Reichenhall  in  Bayern, 
dann  das  Salzwerk  im  Bistum  Metz  und  Vic.  Das  andere, 
das  er  noch  aus  den  Traditionen  von  Weißenburg  zitiert^), 
befand  sich  aber  nicht  im  Elsaß,  wie  er  meinte,  sondern  zu 
Marsal   in  Lothringen  (Seillegau),   wie   auch  Diplome  jener 

1)  MG.  DO.  I.  214  =  v.  Ottenthai  Reg.  Imp.  nr.  286. 

*)  Ann.  reg.  Francorum  (ed.  Kurze  MG.  SS.  rer.  Germ.  1 895)  zu  829. 

*)  MG.  Epp.  3,  610". 

*)  Auch  dagegen  hat  P.  Sander  a.  a.  O.  37,  21 14  mit  wenig  Glück 
opponiert.  Ich  kann  jetzt  noch  auf  einen  Beleg  aus  Deutschland 
hinweisen,  wo  für  Benedictbeuren  ebenfalls  die  Bleiziegelbedachung 
für  die  Zeit  Karls  d.  Gr.  bezeugt  ist.  Chron.  Benedictobur.  MG. 
SS.  9,  216. 

*)  MG.  FF.  505  nr,  17  Z.  20:  de  phimbo  et  materiamine  similiter 
demandate,  qiialiter  navigio  iuxta  vohintatem  [vestram  de]  Sancto  illo 
tisqiic  ad  locitm,  uhi  Signa  confluit  in  mare,  nos  ita  adducere  [possimus]  ,  .  . 

")  Dronke,  Trad.  Fuld.  39  nr.  109:  in  villa  Hesilenhah,  tibi  plum- 
bwn  operari  potest  in  regione  Hessorum,  in  pago  Bernuffe. 

')  Kalischer,  Beitr.'z.  Handelsgesch.  d.  Klöster  in  d.  Zeit  d.  Groß- 
grundherrschaften 1911  S.  76  ff. 

*)  WG.  I,  427  nr,  2  =  I  -,  580  n.  i. 


—     i83     — 

Zeit  dartun. ^)  In  der  2.  Auflage  wies  er  dann  noch  auf 
die  Salzpfannen  zu  Salzungen  (in  Sachsen-Meiningen)  hin.^j 
Außerdem  sind  aber  noch  zahlreiche  andere  Salzbergwerke 
damals  bereits  nachweisbar,  die  v.  Inama  auch  in  seiner 
Spezialarbeit  über  die  Verfassung  der  Salinen  im  Mittel- 
alter nicht  vermerkt  hat.^)  Jenes  zu  Iris,  das  ein  Diplom 
Ludwigs  des  Frommen  erwähnt*),  lag  vermutlich  auch  im 
Seillegau  (Lothringen),  da  es  neben  Marsal  genannt  wird. 
Salzquellen  zu  Aschbach  im  Niddagau  (Hessen)  führt  eine 
Lorscher  Tradition  an^),  solche  zu  Kissingen  in  Unterfranken 
die  Fuldaer  Urbare®)  und  Urkunden. '')  Ferner  tritt  Halle  a./S. 
damals  schon  hervor.^)  In  Sachsen  sind  Salinen  sonst  noch 
zu  Bodenfeld  im  Leinegau  durch  das  Diplom  Ludwigs  des 
Frommen  vom  Jahre  833  für  das  Kloster  Korvey^)  und  zu 
Soest  1")  belegt. 

Doch  darf  nicht  übersehen  werden,  daß  auch  die  großen 
Salzlager  des  österreichischen  Salzkammergutes  schon  in 
der  Karolingerzeit  an  verschiedenen  Stellen  abgebaut  wurden. 
Und  zwar  nicht  nur  imTraungau^^),  der  alten  prähistorischen 
Fundstelle,  sondern  auch  im  steirischen  Ennstale  bei  Ad- 
mont.^^j 

Dagegen  ist  die  Beziehung  des  Zollprivilegs  Ludwigs  des 
Deutschen  für  Kempten  .  vom  Jahre  837  auf  Hall  in  Tirol 
irrig  ^^),  es  ist  vielmehr  dieses  Hall  auf  Reichenhall  zu  deuten.^*) 

')  Mühlbacher  Reg.^  nr.  633,  vgl.  auch  623.  Dazu  auch  Kalischer, 
a.  a.  O.  S.  78  f. 

^)  WG.  I  *,  580  n.  I.  Das  schließlich  noch  zit.  DCar.  nr.  290  kann 
als  spätere  Fälschung  hier  nicht,  wie  v.  I.  wollte,  verwertet  werden. 

')  In  Sitz.-Ber.  d.  Wiener  Akad.  iii,  570  u.  572. 

*y  Mühlbacher  nr.  623.  ^)  Cod.  Lauresham.  3,  88  nr.  3335. 

^)  Dronke,  Trad.  Fuld.  87  nr.  126  u.  127  nr.  48. 

'')  Dronke,  Cod.  dipl.  Fuld.  nr.  404.  410.  412. 

*)  Vgl.  das  Chron.  Moissiac.  zu  806:  MG.  SS.  2,  258. 

')  Mühlbacher  ^  nr.  923. 

")  G.  Jacob,  Ein  arab.  Berichterstatter  aus  d.  10.  Jahrh.  3.  Aufl. 
(1896:8.45. 

")  MG.  Capit.  2,  251  c.  5.  ^-)  Salzburger  ÜB.  i,  79  nr.  13  (gsi)- 

**)  So  noch  Mühlbacher  nr.  1364. 

'*)  Vgl.  J.  Zösmair,  Zeit  d.  Entdeckung  u.  älteste  Gesch.  d.  Haller 
Salzbergwerkes,  Zschr.  des  Ferdinandeums  f.  Tirol  u.  Vorarlberg  54, 
291  f.  (19 10). 


—     i84    — 

Für  die  Meersalzgewinnung  lassen  sich  gleichfalls  Be- 
lege aus  dieser  Zeit  nachweisen,  nicht  nur  für  die  Mero- 
wingerzeit.^)  Ein  Brief  des  Erzbischofs  von  Sens  an  den 
Bischof  von  Toul  von  8i8 — 28  bietet  dafür  einige  Nach- 
richten. Damals  schickt  der  Erzbischof  an  Frothar  i  Pfund 
Silber,  auf  daß  er  seine  Wagen  mit  Salzfracht  versorge.^) 
Dazu  möchte  ich  auch  noch  die  Zollprivilegien  für  west- 
fränkische Kirchen  stellen ,  die  ausdrücklich  auf  die  Be- 
schaffung von  Salz  gerichtet  sind,  u.  zw.  durch  Schiffsfracht.^) 
Auch  der  später  durch  die  Hansa  so  gepflegte  Baienhandel 
in  der  Vendee  (Bourgneuf)  tritt  schon  in  deutlichen  Ansätzen, 
zu  Bouin  und  Noirmoutier,  jetzt  hervor.*)  Vielleicht  bezieht 
sich  darauf  auch  die  Stelle  in  dem  Capitulare  Ludwigs  des 
Frommen  vom  Jahre  821  ^),  auf  die  bereits  Waitz  hingewiesen 
hatte.  ^)  Aber  auch  in  Friesland  muß  derselbe  Vorgang  schon 
üblich  gewesen  sein,  wie  das  Diplom  König  Zwentibolds  für 
die  Abtei  Nivelles  bezeugt. '^) 

Durch  all  diese  Einzelnachweise,  welche  die  Spezial- 
forschung  wahrscheinlich  noch  weiter  wird  vermehren  können, 
tritt  die  Bedeutung  des  Bergbaues  für  das  ältere  deutsche 
Wirtschaftsleben  doch  in  ein  ganz  anderes  Licht.  Er  hat 
jedenfalls  eine  ungleich  größere  Rolle  in  der  Karolingerzeit 
schon  gespielt,  als  man  bisher  meinte.  Ich  glaube  aber  weiter, 
daß  man  auch  die  Art  des  Betriebes  selbst  ebenso  unter- 
schätzt hat.  V.  Inama-Sternegg,  der  in  der  I.Auflage  seiner 
Wirtschaftsgeschichte  geradezu  behauptet  hatte,  daß  „große 
Unternehmungen  dieser  Art  während  der  ganzen  Periode 
noch  nicht  versucht  worden  sind"  ^),  mußte  in  der  2.  Auflage 


^)  So  nahm  v.  Inama  WG.  i  ^,  581  an. 

■■')  MG.  Epp.  5,281  nr.  8:  Contigit  innostra  provincia  preseiiti  a^ino 
sal  fore  carissinrnm,  eo  quod  propter  phivias  in  areis  maritimis ,  tibi 
fieri  solebat,  non  potuisset  perfid  .  .  .  Quapropter  misi  libram,  tit  con- 
sideretis,   qualiter  carra  nostra  sah  iiide  mihi  revertantur  honusta  .  .  . 

«)  So  z.  B.  Mühlbacher  nr.  855  (f.  Nevers). 

*)  Vgl.  Agats,  Der  hansische  Baienhandel  (Heidelberger  Abh.  z. 
mittleren  u.  neueren  Gesch.  5.  Heft  S.  9  u.  12). 

^)  MG.  Capit.  I,  301  c.  8.  Siehe  die  Vorbemerkung  des  Herais- 
gebers. 

«)  VG.4-,  135  nr.3.        '')  Mühlbacher  Reg.-  nr.  1971.         ')  1,427. 


-     i85    - 

diese  Behauptung  doch  schon  wesentlich  abschwächen^),  da 
das  Urbar  von  Chur,  welches  er  früher  für  das  ii.  Jahr- 
hundert verwertet  hatte  ^),  als  Quelle  des  9.  Jahrhunderts 
erkannt  worden  war.  Er  betrachtete  diese  Nachricht  zuletzt 
als  „das  älteste  Beispiel  eines  organisierten  Erzbergbaues". 
Das  trifft  aber  ebensowenig  zu,  wie  die  andere  generell 
aufgestellte  Behauptung,  daß  der  Betrieb  der  Bergwerke  in 
der  älteren  Zeit  durchaus  eine  herrschaftliche  Organisation 
zeige  und  kleine  freie  Grundbesitzer  nirgends  sicher  als 
Bergbauunternehmer  nachzuweisen  seien. ^)  Dagegen  ließe 
sich  bereits  die  Interpretation  geltend  machen,  die  doch 
V.  Inama  selbst  jener  Stelle  des  Churer  Urbares  früher  ge- 
geben hatte.  Es  diente  ihm  ja  im  2.  Bande  seiner  Wirt- 
schaftsgeschichte geradezu  zum  Beweise,  daß  sich  dort  in 
Churrätien  „die  ersten  Ansätze  zur  Ausbildung  der  späteren 
Gewerkschaft  des  deutschen  Bergrechtes"  beobachten  lassen.*) 
Zudem  aber  spricht  noch  eine  Reihe  anderer,  u.  zw.  wesentlich 
älterer  Quellen,  die  v.  Inama  freilich  ganz  übersehen  hat, 
ebenso  deutlich.  In  einer  Urkunde  aus  Weißenburg  vom 
Jahre  786  schenkt  ein  Tradent  im  Seillegau  (Lothringen) 
u.  a.  auch  de  aeramento  omncm  portioiiem  mearn,  qiiod  est 
in  illa  patella,  hoc  sunt  libras  centjivi.^)  Das  setzt  nicht 
nur  voraus,  daß  wie  dieser,  auch  andere  freie  Grundeigner 
an  jenem  Werke  beteiligt  waren,  sondern  läßt  zugleich  auch 
auf  eine  größere  Ausdehnung  des  Unternehmens  schließen, 
da  dieser  Anteil  allein  doch  100  Pfund  (Salz)  abwarf.  Auch 
an  den  Salzquellen  zu  Kissingen  hatten  kleinere  Freie  Anteil, 
wie  eine  Tradition  an  Fulda  beweist^),  und  Ähnliches  läßt 
sich  auch  aus  Weißenburger '^)  und  Mondseer  **)  Traditionen 
erschließen.  Im  Lahngau  aber  schenkte  ein  Freier  an 
Lorsch  (779 — 82^  ein  Dritteil  de  sua  niina  ad  faciendiim 
ferrum.^)  Gerade  der  Umstand,  daß  damals  bei  der  Eisen- 
wie  Salzgewinnung  die  Unternehmungsform  der  handwerks- 

1)  I^  579.  ')  WG.  2,  333.  •^)  DWG.  2,  331  f. 

*)  Ebenda  S.  333. 

°)  Zeuß,  Tradit.  Wizz.  S.  198  nr.  206;  vgl.  auch  ebenda  nr.  207. 

*)  Dronke,  Cod.  dipl.  nr.412  (823):  meani  partem  in  s  also  fönte  .  .  . 

■')  Vgl.  Tradit.  Wizz.  nr.  264. 

*)  ÜB.  d.  Landes  ob  d.  Enns  i,  81  nr.  137. 

')  Cod.  dipl.  Laurcsham.  3,  239  nr.  3701. 


-     i86     — 

mäßige  Kleinbetrieb  war^),  mochte  auch  kleineren  Grund- 
eignern die  Möglichkeit  bieten,  daran  teilzunehmen,  u.  zw. 
neben  größeren  Grundherren,  etwa  so  wie  bei  der  Mark- 
genossenschaft.^) 

Daß  übrigens  diese  Bergwerke  der  Karolingerzeit  nicht 
ausschließhch  nur  dem  grundherrlichen  Bedarf  dienten, 
sondern  auch  für  den  Markt  bereits  produzierten,  hat  Heyne 
mit  dem  Verweis  auf  zwei  ahd.  Glossen  wahrscheinlich 
gemacht.  Dieselben  setzen  nämlich  ferrarius  mit  isen-coufo, 
tsin-choufo  und  calipso  mit  stahelcoufo,  stahilchoufo  gleich.^) 


§  II- 

Handel  und  Verkehr. 

Ganz  allgemein  herrschte  bis  vor  kurzem  die  Annahme, 
daß  der  Handel  in  der  Karolingerzeit  nur  sehr  geringe  Be- 
deutung gehabt  habe.  Das  ergab  sich  als  rationalistischer 
Schluß  aus  der  Gesamtauffassung  des  Wirtschafts- und  Kultur- 
lebens jener  Zeiten.*)  Nahm  man  eine  so  überragende  und 
alles  bestimmende  Stellung  der  großen  Grundherrschaften 
in  jener  Zeit  an,  und  waren  diese  wirklich  zu  einer  ge- 
schlosseneren Villikationsverfassung  geordnet,  so  mußte 
diese  Hypothese  tatsächlich  solche  Vorstellungen  zur  lo- 
gischen Folge  haben.  Die  Theorie  von  einer  angeblich 
vorhandenen  geschlossenen  Hauswirtschaft  ließ  keinen  Raum 
für  die  Existenz  eines  nennenswerten  Handels. 

Bei  der  Spärlichkeit  der  Quellen  und  noch  mehr  ihrer 
spezifischen  Eigenart  vermochte  sich  jene  abstrakte  Spe- 
kulation um  so  eher  zu  halten,  als  eincß-ingendere  Unter- 
suchungen über  diese  Kapitel  der  deutschen  Wirtschafts- 
geschichte   für    die  KaroUngerzeit    so  gut  wie  ganz  fehlten. 


•)  Vgl.  darüber  A.  Zycha,  Vjschr.  f.  Soz.  u.  \VG.  14,  90  f.,  sowie 
desselben  Art.  Bergbautechnik  u.  Eetriebsgeschichte,  ferner  „Salinen" 
in  Hoops  Reallexicon  d.  germ.  Altertumskunde. 

-)  Vgl.  im  I.  Bande  S.  396. 

*)  Das  altdeutsche  Handwerk  S.  99  n.  77. 

*)  Vgl.  im  I.  Teile  dieses  Werkes  S.  8  f. 


-      i87     - 

Das,  was  bei  G.  L.  v.  Maurer  und  G.  Landau  bewußte 
Absicht  gewesen,  ihre  Darstellung  auf  die  Fronhöfe,  bzw. 
Agrarwirtschaft  einzuschränken^),  wirkte,  da  die  spätere 
Forschung  sie  zur  Grundlage  nahm,  unwillkürlich  auch  auf 
diese  weiter.  Und  so  haben  auch  K.  W.  Nitzsch^)  und 
K.  Lamprecht ^j,  v.Inama-Sternegg*),  sowie  die  auf  letzterem 
fußenden  Geschichtsdarstellungen,  z.  B.  jene  E.  Mühlbachers  ^), 
durchaus  diesen  Standpunkt  eingenommen.  Am  schärfsten 
hat  ihn  K.  Bücher  formuliert ,  da  er  seine  gleichfalls  auf 
jenen  wirtschaftsgeschichtlichen  Arbeiten  ruhende  Theorie 
von  der  sog.  geschlossenen  Hauswirtschaft  entwickelte. 
„Der  Tausch,  sagt  er,  ist  ein  der  geschlossenen  Haus- 
wirtschaft fremdes  Element."  ®)  Im  früheren  Mittelalter 
hätten  die  Gegenstände  des  täglichen  Bedarfs  einem  regel- 
mäßigen Austausch  nicht  unterlegen.'')  „Seltene  Natur- 
produkte und  vereinzelt  auch  gewerbliche  Erzeugnisse  von 
hohem  spezifischen  Wert  bilden  die  wenigen  Handelsartikel." 
„Es  gibt  im  regelmäßigen  Verlauf  der  Wirtschaft  auch  keine 
Waren,  keinen  Preis,  keinen  Güterumlauf."  ^j 

So  wird  begreiflich,  daß  auch  Spezialarbeiten  über 
Handelsgeschichte,  die  nicht  auf  die  Karolingerzeit  besonders 
gerichtet  waren,  diese  selbst  ähnlich  noch  bewerteten,  wie 
etwa  das  überaus  wertvolle  Werk  AI.  Schultes  über  den 
Handel  Südwestdeutschlands  mit  Italien  im  Mittelalter.^) 

Im  ganzen  also :  geringe  Veranlassung  und  Antriebe 
zum  Handel  überhaupt,  dann  aber  das  Wenige,  was  vor- 
handen war,  durchaus  grundherrschaftlichen  Ursprungs. 

Eine  eigentümliche  Stellung  in  der  Entwicklung  unserer 
Erkenntnis  auf  diesem  Gebiete  hatte  von  Inama- Sternegg 
eingenommen.  Er  bemerkte  augenscheinlich  doch  in  den 
Quellen,  besonders  in  den  Kapitularien,    einzelne  deutliche 

')  Ebenda  S.  i  f. 

^)  Die  oberrhein.  Tiefebene  Preuß.  Jb.  30,  241  ff.  {=  Deutsche 
Studien  S.  127  f.). 

»)  DWL.  2,  250 f.  u.  Deutsche  Gesch.  2,  91  f.  *)  DWG.  i,  44f- 

^)  Deutsche  Gesch.  unter  den  Karolingern  S.  285  (1896). 

«)  Die  Entstehung  der  Volkswirtschaft,  5.  Aufl.  (1906)  S.  113. 

'')  Ebenda  m.  *)  Ebenda  114. 

")  Gesch.  d.  mittelalterl.  Handels  u.  Verkehrs  zwischen  West- 
deutschland u.  Italien  mit  Ausschluß  von  Venedig  i  (1900),  68  ff. 


—     i88     — 

Zeugnisse  für  eine  rege  Verkehrswirtschaft  auch  in  jener 
Zeit.  Und  da  er  nun  ganz  im  Sinne  seiner  Vorgänger, 
V.  Maurers  und  K.  W.  Nitzsch'  ^),  den  wirtschaftlichen  Auf- 
schwung der  KaroUngerzeit  gegenüber  jener  der  Merowinger 
einer  zielbewußten  Initiative  und  großzügigen  Organisation 
Karls  des  Großen  zuschrieb,  so  meinte  er  eine  bestimmte 
Wirtschaftspolitik  auch  hier  konstatieren  zu  können.  Nach 
allen  Seiten  hin  seien  jetzt  die  Voraussetzungen  eines  regeren 
und  geregelten  Verkehrs  geschaffen  worden.^)  Die  Villen- 
verfassung habe  in  den  Haupthöfen  Zentralpunkte  des  Ver- 
kehrs etabliert,  dem  Handel  sei  aufs  bestimmteste  die  Bahn 
nach  diesen  Hauptsitzen  der  Wirtschaft  gewiesen,  anderseits 
aber  durch  die  Ausbildung  des  Grafenamtes,  dem  die  Ob- 
sorge für  die  Instandhaltung  und  Sicherheit  der  Verkehrs- 
wege übertragen  erscheint,  die  Förderung  und  Belebung 
des  Verkehrs  erfolgreich  betrieben  worden.^)  Ja,  Karl  sei 
auch  bemüht  gewesen,  die  großen  Grundherrschaften  zur 
Ausbildung  des  Marktverkehrs  in  ihrem  Gebiete  anzuregen  *) 
und  eine  auf  die  Belebung  des  Verkehrs  abzielende  Ver- 
waltungspraxis zu  üben^),  endlich  aber  darüber  hinaus  mit 
weiser  Zollpolitik  auch  internationale  Handelsbeziehungen  zu 
eröffnen,  da  er  die  hier  winkenden  Vorteile  „erspäht"  habe. 
V.  Inama  wollte  geradezu  in  einzelnen  bekannten  Vor- 
gängen der  Karolingerzeit  Äußerungen  dieser  großzügigen 
Handelspolitik  erblicken.  Karl  habe  die  Awaren  bezwungen, 
„um  den  Donauweg  nach  Konstantinopel  wieder  frei  zu 
machen"^),  er  habe  „für  sein  Volk  den  Donau -Mainkanal 
angelegt  und  eine  große  Verkehrsstraße  nach  dem  Lande 
der  Slawen  und  Awaren  eingerichtet".  Selbst  der  Schutz 
für  die  Rompilger,  die  Seekämpfe  mit  den  Griechen  und 
Arabern  im  Mittelmeere  und  das  Interesse  Karls  für  den 
Orient  wurden  als  Belege  angeführt,  „um  ihm  eine  ziel- 
bewußte Handelspolitik  auch  nach  dieser  Seite  hin  zu- 
zuschreiben".'^) All  diese  Bemühungen  Karls  hätten  aber 
keinen  dauernden  Erfolg  gezeitigt,  da  unter  seinen  Nach- 
folgern ein  Verfall  eingetreten  sei. 

")  Vgl.  im   I.Teil  S.  7ff.  ")  DWG.  i,  429-  ')  Ebenda  431- 

*}  Ebenda  433.  '")  Ebenda  434-  ')  Ebenda  435- 

")  Ebenda  437. 


—     i89    — 

V.  Inama  hat  auch  da  versucht,  diese  Widersprüche,  auf 
welche  er  durch  die  Quellen  selbst  aufmerksam  wurde, 
schließlich  doch  mit  der  herrschenden  Lehre  zu  vereinigen. 
Und  so  finden  wir  bei  ihm  dann  eine  nach  solchen 
Prämissen  doch  überaus  befremdliche  Zusammenfassung: 
„Obwohl  nun  so  manche  Faktoren  zusammenwirkten,  um  das 
Verkehrsleben  und  den  Handel  der  Deutschen  zu  beleben, 
ihm  neue  Gebiete  zu  erschließen,  bessere  Einrichtung  und 
reichere  Nahrung  zu  geben,  so  dürfen  wir  uns  dennoch 
von  demselben  noch  immer  keine  zu  großen  Vorstellungen 
bilden".  1) 

v.  Inama  hat  diese  Anschauungen  noch  bis  zu  seinem 
Ende  1908  erfolgten  Tode  festgehalten  und  auch  in  der 
2.  Auflage  seines  Werkes  ohne  Rücksicht  auf  die  unter- 
dessen bereits  erschienene  neue  Spezialliteratur  wieder  vor- 
gebracht. Gerade  durch  diese  neuen  Forschungen  aber 
sind  m.  E.  jene  älteren  Vorstellungen  bereits  völlig  haltlos 
geworden.  Indem  nun  der  Handel  und  Verkehr  einzelner 
Gebiete  Europas  zum  Gegenstande  selbständiger  Unter- 
suchung gemacht  wurde,  ergab  sich,  da  diese  frei  von  den 
alten  Scheuklappen  rein  grundherrschaftlicher  Auffassung 
vorging  und  die  Quellen  selbst  zu  Worte  kommen  ließ,  ein 
völlig  anders  geartetes  Bild.  Die  einzelnen  Nachrichten  fügten 
sich  bei  sorgfältiger  Aufsammlung  und  Berücksichtigung 
auch  der  Münz-  und  sonstigen  Grabungsfunde  zu  einem 
überraschend  eindrucksvollen  Bilde  zusammen.  Am  besten 
kann  man  das  m.  E.  heute  schon  an  der  Geschichte  des 
nordischen  Handels  abnehmen,  v.  Inama  sah,  da  er  in 
der  2.  Auflage  auf  die  von  Waitz  beigebrachten  Quellen- 
belege aufmerksam  wurde,  darin  doch  nur  „vereinzelte 
Nachrichten  immerhin  über  Kaufleute,  die  nach  Schweden, 
Kurland  etc.  gehen". ^) 

Aber  schon  1903  hatte  W.Varges  auf  die  Bedeutung  des 
Handels  in  der  Nord-  und  Ostsee  bereits  in  prähistorischer 
Zeit  hingewiesen  und  dessen  Fortdauer  durch  die  Zeit  der 
Römerherrschaft  hindurch  verfolgt.'^)    Bald  darauf  (1906)  hat 

1)  Ebenda  448  =  i '-,  609.  -)  WG.  i  -,  583  n.  2. 

*)  Der  deutsche  Handel  von  der  Urzeit  bis  zur  Entstehung  des 
Frankenreiches.  Beil.  z.  Jahresbericht  des  Realgymn.  zu  Ruhrort  1903. 


—     I90    — 

A.  Bugge  auf  Grund  eigener  älterer  (nur  norwegisch  ver- 
öffentlichter) Arbeiten  ^)  die  nordeuropäischen  Verkehrswege 
im  frühen  Mittelalter  behandelt  und  die  Bedeutung  der 
Wikinger  für  die  Entwicklung  des  europäischen  Handels  und 
der  europäischen  Schiffahrt  in  ein  völHg  anderes  Licht  ge- 
rückt.^) Er  zeigte,  daß  diese  nordischen  Wikinger,  die 
man  in  der  politischen  Geschichtsschreibung  vielfach  nur  als 
wilde  Seeräuber  hinstellte,  unternehmende  Kaufleute  waren, 
die  fernhin  bereits  ihre  Seefahrten  ausdehnten.  „Die  Wikinger 
bereicherten  die  westeuropäischen  Märkte  mit  neuen  Waren, 
neuen  Erzeugnissen :  mit  Pelzwerk  aus  dem  nördlichen  Nor- 
wegen und  aus  Rußland,  mit  Stockfisch  aus  Norwegen,  mit 
nordländischen  Edelfalken  und  mit  russischem  Wachs. 
Früher  gelangten  orientalische  Erzeugnisse  wie  Seidenstoffe, 
Gold-  und  Silberdraht  und  Spezereien  nur  über  ItaUen, 
Spanien  und  Südfrankreich  nach  Mittel-  und  Westeuropa. 
Die  Wikinger  eröffneten  wieder  die  alten  Verkehrswege  aus 
dem  schwarzen  Meere  über  Rußland  nach  den  Ostseeländern 
und  brachten  dadurch  Westeuropa  mit  dem  Orient  in  direkte 
Verbindung.  Die  Norweger,  Schweden  und  Dänen  betrieben 
für  einige  Jahrhunderte  den  Großhandel  in  den  Ländern  der 
Ostsee  und  Nordsee."^)  „Landschaften,  die  jetzt  ganz  außer- 
halb der  großen  Verkehrsstraßen  liegen,  hatten  damals  eine 
große  Bedeutung."  So  Hälogaland,  der  nördlichste  Teil 
Norwegens  am  nördlichen  Eismeer.  Pelzwerk  wie  Stockfisch 
wurden  schon  um  900  nach  den  britischen  Inseln  ausgeführt. 
Schleswig  hatte  bereits  um  800  als  dänische  Grenzstadt 
Bedeutung  und  war  zur  Zeit  des  heiligen  Anskar  ein  wichtiger 
Hafenplatz,  der  von  Kaufleuten  aus  allen  Gegenden  besucht 
wurde.*)  Besonders  mit  Hamburg  und  Dorestat  bestanden 
lebhafte  Beziehungen.  Ende  des  9.  Jahrhunderts  wurden 
dort  oder  in  Birka  (Schweden)  bereits  zahlreiche  Münzen 
geschlagen,  die  eine  Nachahmung  der  von  Karl  in  Dorstat 


^)  Vesterlandenes  Indflydclse  paa  Nordboerne  i  Vikingetiden 
(Kristiania  Videnskabsselskabs  Skrifter  1904). 

-)  Vjschr.  f.  Soz.  u.  WG.  4,  227  ff.  =>)  ^^  ^  q.  S.  228. 

*)  Vgl.  dazu  auch  G.  Jacob,  ein  arab.  Berichterstatter  aus  dem 
10.  Jahrh.  3.  Aufl.  1896  S.  33,  sowie  Kießelbach  in  Ztschr.  f.  Schleswig- 
holstein. Gesch.  37,  141  ff. 


-     191     — 

geprägten  sind.^)  Dieses  Birka,  (heute  noch  kl.  Insel  Biörkö  in 
Mälaren),  wo  Anskar  das  Christentum  predigte,  stand  eben- 
falls mit  dem  fränkischen  Reiche  bereits  in  lebhafter  Handels- 
verbindung. Es  besaß  schon  am  Anfang  des  9.  Jahrhunderts 
viele  reiche  Kaufleute,  einen  Überfluß  von  allerei  Gütern 
und  einen  großen  Geldschatz. ^)  Das  Hauptzentrum  für 
Handel  und  Schiffahrt  im  ganzen  skandinavischen  Norden 
aber  war  die  Insel  Gotland  in  der  Mitte  der  Ostsee  zwischen 
Schweden  und  Kurland.  An  der  Küste  von  Mecklenburg 
blüht  schon  um  800  die  dänische  Kolonialstadt  Reric  ^), 
ferner  wird  im  Jahre  840  Wismar  bereits  erwähnt.*)  An 
der  Mündung  der  Weichsel  tritt  die  Handelsstadt  Truso  (See 
Drausen)  hervor.^) 

Und  wie  die  Dänen  an  der  Südküste  der  Ostee,  so 
haben  die  Schweden  an  der  Küste  der  baltischen  Länder 
damals  schon  Handelsniederlassungen  begründet.  Die  schwe- 
dische Herrschaft  in  Kurland  gehört  wahrscheinHch  schon 
dem  8.  Jahrhundert  an.  Seeburg  war  dort  ein  Handels- 
zentrum. ^)  Bugge  ist  geneigt,  es  in  der  Nähe  von  Riga  zu  suchen. 

Die  schwedischen  Eroberer  Rußlands  haben  seit  862 
nach  den  Ländern  des  schwarzen  Meeres  und  Konstantinopel 
einen  ausgedehnten  Handel  betrieben.') 

Ganz  besonders  aber  besuchten  dänische,  norwegische 
und  schwedische  Kaufleute  die  altberühmten  niederländischen 
Städte,  vorab  Utrecht  und  Duurstede  (Dorestat)  sowie  das 
nordfranzösische  Quentowich  (wohl  Etaples).*^)  Eine  viel- 
besuchte Verkehrsstraße  führte  von  Dorestat  und  Friesland 
nach  dem  südlichen  Jütland.  Friesisches  und  nordfran- 
zösisches Tuch  war  an  den  norwegischen  Königshöfen  im 
9.  Jahrhundert  bekannt.^)  Die  norwegischen  Häuptlinge 
trugen  mit  Vorliebe  Schwerter  aus  Flandern  oder  den 
Rheinlanden. 

')  Bugge  a.  a.  O.  232.  ^)  Ebenda  235.  »)  Ebenda  237. 

*)  Ebenda  241.  '")  Ebenda  238.  ')  Ebenda  242. 

')  Ebenda  245.   Vgl.  dazu  auch  das  Routenbuch  des  arabischen 
Reisenden  Ibn  Kordadbeh  (9.  Jahrh.)  im  Journal  Asiatique  ed.  Barbier  -.. 
de  Meynard,  6.  Ser.  5,  514. 

*)  Vgl.  Fengler,  Quentowic,  seine  maritime  Bedeutung  unter 
Merowingern  u.  Karolingern.  Hansische  Geschichtsbll.  13,  91  ff.  (1907). 

*)  Bugge  a.  a.  O.  254. 


—      192      — 

Noch  bedeutender  wurde  der  Handelsverkehr  der  Nord- 
länder mit  den  britischen  Inseln,  wo  z.  B.  York  nach  der 
Eroberung  Northumberlands  durch  die  Wikinger  in  der 
2.  Hälfte  des  9.  Jahrhunderts  aufblühte.^)  Norweger  und 
Isländer  besuchten  bereits  im  9.  Jahrhunderte  auch  London^), 
das  früher  schon  mit  Gotland  Handelsbeziehungen  besaß.  ^) 

Die  Wikinger  haben  endlich  auch  in  Irland  bereits  im 
9.  Jahrhundert  Handel  und  Verkehr  begründet,  so  bei  Dublin 
und  Cork.*)  Dänische  Ansiedler  betrieben  vom  südwest- 
lichen Irland  aus  Handel  nach  Frankreich  (Wein!)  schon 
vor  900,  ja  es  ist  möglich,  daß  sie  ihre  Fahrten  bereits 
nach  Spanien  ausgedehnt  haben.  ^) 

Diese  Ergebnisse  der  grundlegenden  Forschungen 
A.  Bugges  sind  dann  durch  die  Arbeiten  Walther  Vogels, 
der  uns  gleichzeitig  schon  eine  Darstellung  der  politischen 
Beziehungen  zwischen  den  Normannen  und  dem  fränkischen 
Reiche  geboten  hatte  ^),  sowie  neuestens  R.  Hennigs'')  noch 
stärker  betont  .und  verbreitet  worden.) 

Neben  den  skandinavischen  Wikingern  hatten  zur  Karo- 
lingerzeit  die  Friesen  eine  hervorragende  Stellung  in  Handel 
und  Verkehr  inne.  Das  ist  ja  längst  bekannt  und  schon 
durch  die  Arbeit*von  J.  Dirks  1846^)  dargelegt  worden.  Dann 
haben  C.  Buter^)  und  Klumker,  sowie  Vogel  ^")  und  Poel- 
man  ^^)  sich  wieder  darüber  verbreitet.  Die  Friesen  waren 
regelmäßige  Besucher  der   großen  westfränkischen  Messen, 

^)  Ebenda  256.  -)  Ebenda  261.  ^)  Ebenda  266. 

*)  Ebenda  271.  =*)  Ebenda  273. 

")  Die  Normannen  u.  das  fränk.  Reich  (799—911),  Heidelberger 
Abh.  z.  mittl.  u.  neueren  Gesch.  14(1906);  ferner:  Nordische  Seefahrten 
im  früheren  MA.  (Meereskunde,  Samml.  volkstüml.  Vorträge  z.  Ver- 
ständnis der  national.  Bedeutung  von  Meer  u.  Seewesen  I.  7  (1907) 
=  (erweitert)  Zur  nord-  u.  westeuropäischen  Seeschiffahrt  im  früheren 
Mittelalter,  Hansische  Gesch. -Bll.  13,  153 ff.  (1907). 

')  Hist.  Zs.  IIS  (1916). 

*)  Geschiedkundig  onderzoek  van  den  Koophandel  der  Friezen 
(Utrecht). 

*)  Te  handel,  vooral  in  de  Nederlanden  tijdens  Karel  den  gr.  in 
Dietsche  Warande  5,  29  ff. 

1»)  Hans.  Gesch.-Bll.  13,  158  f. 

^0  Geschiedenis  van  den  handel  van  Noord-Nederland  gedurende 
het  Merovingische  en  Karolingische  Tijdperk  (1908)  S.  53  ff. 


—     193     — 

so  von  St.  Denis  ^),  wahrscheinlich  auch  jener  von  Rouen 
und  Amiens.^)  Sie  trieben  Handel  nach  England  (York 
und  London).^)  König  Aelfred  von  England  verwendete 
zur  Bemannung  seiner  Flotte  wider  die  Wikinger  897 
auch  zahlreiche  Friesen.*)  Sie  kamen  von  ihrem  Haupt- 
handelsplatz Dorstat  ^)  (Wijk  by  Duurstede  in  der  hol- 
ländischen Provinz  Utrecht)  nach  Schleswig  ^)  und  fuhren 
den  Rhein  bis  nach  Straßburg  hinauf.  Zu  Birthen  bei 
Xanten,  Worms,  Duisburg  und  Mainz  waren  eigene  Stadt- 
viertel von  ihnen  bewohnt.'')  Außer  Dorstat  sind  Tiel  und 
Utrecht  die  Hauptzentren  des  friesischen  Handels  gewesen.^) 
Zudem  befand  sich  an  der  Mündung  der  Maas  ein  be- 
deutender Handelsplatz,  Witla,  den  die  Normannen  836 
ebenso  wie  Antwerpen  verbrannten.^)  Vielleicht  sind  die 
Friesen  schon  im  9.  Jahrhundert  auch  ins  Innere  bis  Elze 
(am  Einfluß  der  Saale  in  die  Leine)  vorgedrungen,  wie  der 
sächsische  Annalist  zu  815  berichtet.^**) 

Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  sind  die  friesischen  Kauf- 
leute auch  nach  der  Ostsee  bereits  gelangt.  Vogel  bestreitet 
das  zwar^^),  allein  Poelman  hat  mit  Recht  dafür  geltend 
gemacht,  daß  nach  der  Vita  Anskars  eine  Verbindung  und 
regelmäßiger  Verkehr  zwischen  Birka  und  Dorstat  an- 
genommen werden  müsse.  ■^^) 

Daß  die  Friesen  bei  dieser  ihrer  ausgebreiteten  Handels- 
tätigkeit nicht  nur  Eigenerzeugnisse  ihres  Landes  (Weberei) 
vertrieben,  sondern  auch  als  Zwischenhändler  von  fremden 
Produkten  (so  Wein  aus  dem  Elsaß)  auftraten,  ist  sicher 
anzunehmend^),  auch  wenn  sie  keinen  Anteil  an  dem  Tuch- 


1)  MG.  DCar.  6  (753).  ^)  Poelman  a.  a.  O.  S.  61. 

ä)  H.  Wilkens,   Zur  Geschichte  d.  niederländ.  Handels  im  MA. 
Hansische  Gesch.- BU.  14,  313  f.  (1908). 

*)  Vogel  a.  a.  O.  S.  159,  Poelman  S.  63  ff.  ^)  Poelman  S.  93. 

*)  Vogel  a.  a.  O.  S.  159  n.  5. 

''}  Wilkens  a.  a.  O.  3i6ff.;  Klumker  a.  a.  O.  55f.;  Poelman  a.  a.  O. 
S.  70  ff. 

«)  Poelman  a.  a.  O.  S.  98  f.,  dazu  Mühlbacher  Reg.*^  nr.  578. 
»)  Vgl.  darüber  W.  Vogel,  Die  Normannen  u.  d.  fränk.  Reich  S.  70. 
i*>)  Klumker  a.  a.  O.  57.    Dagegen  Poelman  S.  79;  dafür  wieder 
Wilkens  a.  a.  O.  321. 

1^  A.  a.  O.  160.        1^)  A.  a.  O.  S.  85.        '^)  Vgl.  Vogel  a.  a.  O.  158. 
Dop  seh,  Wirtschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.  II.  2.  Aufl.        13 


—     194     - 

handel  aus  England  gehabt  haben  sollten,  was  mir  aber 
trotz  Häpkes  Darlegungen^)  noch  keineswegs  ausgemacht 
erscheint. 

Neben  den  Friesen  müssen  auch  die  Sachsen  früh- 
zeitig sich  als  Handelsleute  hervorgetan  haben.  Bereits  vor 
Karl  dem  Großen.  Wir  werden  freilich  dabei  zu  beachten 
haben,  daß  unter  der  lateinischen  Bezeichnung  Saxones 
stellenweise  die  Angelsachsen  Britanniens  gemeint  sind. 
Sachsen  aus  Britannien  kamen  schon  zu  Bonifaz'  Zeiten 
häufig  nach  Rom. 2)  Aber  nicht  nur  zu  frommen  Zwecken 
als  Pilger.  Wir  wissen,  daß  sie  diese  Gelegenheit  als  Vor- 
wand benutzten  um  auch  Handel  zu  treiben.  Und  Karl 
der  Große  hat  gegen  die  daraus  resultierende  Benachteiligung 
seiner  Zolleinnahmen  bei  König  OiTa  von  Mercien  nachdrück- 
liche Vorstellungen  erhoben.  Ja,  er  verhängte  790  eine  Art 
Kontinentalsperre  über  England.^)  Der  Handel  muß  also 
damals  schon  recht  ansehnlich  entwickelt  gewesen  sein. 
London  war  übrigens  schon  im  8.  Jahrhundert  als  Markt- 
platz auch  in  Deutschland  bekannt*),  zwischen  Utrecht  und 
England  bestand  damals  ein  reger  Schiffsverkehr^),  britan- 
nische Kaufleute  nennt  auch  der  Mönch  von  St.  Gallen 
mehrfach.*^)  Daß  sie  eine  allgemein  bekannte  Erscheinung 
waren,  zeigt  sein  Histörchen  von  Karl  dem  Großen  und  den 
Normannen.  Wie  deren  Schiffe  in  einer  Stadt  des  nar- 
bonnensischen  Gallien  zunächst  von  Karls  Umgebung  für 
jüdische  oder  für  afrikanische  oder  für  britannische  Kauf- 
fahrer angesehen  wurden."^) 

1)  Siehe  oben  S.  149. 

*)  Vgl.  Willibaldi  vita  S.  Bonifatii ;  dazu  Zettinger,  D.  Berichte 
über  Rompilger  aus  dem  Frankenreiche.  Rom.  Quartalschr.  f.  christl. 
Altertumskunde,  11.  Suppl.-Heft  S.  64. 

*)  Vgl.  zu  den  schon  von  Inama  DWG.  i'*,  S93  n.  2  beigebrachten 
Belegen  dafür  auch  noch  die  weitere  Stelle  MG.  Epp.  4,  145  (796): 
De  peregrinis . . .  cum  pace  . .  vadant  suo  itinere,  seaini  necessaria  portantes. 
Sed  probavimus  quosdam  fraiidolenter  negociandi  causa  se  intermiscere, 
lucra  sectantes,  non  religioni  servientes.  Si  tales  iiifer  eos  invenianiur, 
locis  oportunis  statuta  solvant  ielonea. 

*)  Vgl.  Willibaldi  vita  s.  Bonifacii  c.  11  MG.  SS.  2,  338. 

»)  Hucbaldi  vita  s.  Lebuini  c.  i  ib.  361  u.  Eigils  vita  Sturmi 
(Fuld.)  c.  15  ib.  372. 

«)  I.  I  u.  2,  14  ib.  731.  '')  Ebenda  IL  14,  ib.  757- 


—     195     — 

Es  ist  daher  wohl  kaum  begründet,  wenn  neuestens 
W.  Levison  behaupten  will,  daß  die  Handelsbeziehungen 
der  Iren  zum  fränkischen  Reich  keinen  größeren  Umfang 
gehabt  hätten.^) 

Auch  Münzfunde,  die  in  jüngster  Zeit  in  der  Bretagne 
gemacht  wurden  2),  bestätigen  die  Annahme  eines  regen 
Handelsverkehrs  mit  Großbritannien. 

Die  „Saxones"  treten  bereits  in  dem  Zollprivileg  König 
Pippins  für  St.  Denis  unter  den  Nationen  auf,  welche  die 
Messe  dort  regelmäßig  besuchten.^)  Lebhafte  Handelsbe- 
ziehungen unterhielten  die  Festlandsachsen  mit  den  benach- 
barten Dänen.  Kaufleute,  die  aus  Sachsen  nach  Friesland 
reisten,  wurden  809  vom  Dänenkönig  zu  diplomatischen 
Verhandlungen  benutzt,  die  jenseits  der  Elbe  (trans  Albiam) 
mit  fränkischen  Bevollmächtigten  statthatten.*)  Im  Jahre  873 
schloß  Ludwig  der  Deutsche  mit  dem  Dänenkönig  Siegfried 
einen  förmlichen  Handelsvertrag  zur  Sicherung  des  wechsel- 
seitigen Handelsverkehrs  im  sächsischen  Gebiete  ab.^)  Aber 
auch  von  dem  Innern  Deutschlands,  aus  Hessen,  muß  schon 
vor  Karl  dem  Großen  Handel  mit  den  Sachsen  betrieben 
worden  sein.  Das  können  wir  aus  einem  Briefe  LuUs  vom 
Jahre  755/6  entnehmen.^)  Aus  dem  Gebiete  der  Sachsen 
führte  offenbar  schon  eine  bedeutendere  Heer-  und  Handels- 
straße durch  Böhmen  an  die  Donau;  sie  wurde  nach  dem 
Berichte  der  zeitgenössischen  Annalen  bei  Kriegszügen  Karls 
des  Großen  von  den  Kontingenten  aus  jenen  Ländern  wieder- 
holt benutzt  (so  791,  so  auch  805)."') 

^)  Die  Iren  u.  die  fränk.  Kirche,  Hist.  Ztschr.  109,  3  (1912);  vgl. 
dagegen  auch  Häpke,  Die  Herkunft  der  friesischen  Gewebe,  Hansische 
Gesch.-Bll.  12,  3i4ff. 

*)  Vgl.  Über  den  Silberschatz  von  Bais  M.Prou  u.Bougenot,  Revue 
Numismat.  4.  Ser.  1907  11,  184  ff. 

')  MG.  DCar.  6  (753). 

*)  Ann.  regni  Franc,  zu  809:  Godofridus  rex  Danorum  per  nego- 
tiatores  quosdain  inandavit  ... 

^)  Ann.  Fuld.  zu  873 :  venerunt  guoque  illuc  Sigifridi  Danorum  regis 
legati  pacis  faciendae  gratia  in  terminis  inter  illos  et  Saxones  positis 
et  ut  negotiatores  utriusque  regni  invicem  transeuntes  et  niercinionia  defe- 
rentes  emerent  et  venderent  pacifice  (ed.  Kurze  S.  78). 

«)  MG.  Epp.  3,  397. 

'')  Mühlbacher  Reg.^  nr.  314b,  sowie  411b.    Dazu  J.  Schneider, 

13* 


—     196     — 

Hamburg  und  Bremen  hatten  bereits  lebhaften  Anteil 
an  dem  blühenden  nordischen  Handel,  sowohl  nach  Däne- 
mark (Schleswig),  wie  nach  der  Ostsee  (Birca),^)  Die  große 
Handelsstraße,  welche  von  der  Maas,  Dinant  über  Lüttich, 
Huy  und  Heristal,  Aachen,  Düren  zum  Rheine  führte,  hatte 
wohl  damals  schon  ihre  Fortsetzung  über  den  Hellweg  und 
Dortmund  zur  Weser,  ja  vielleicht  weiter  noch  über  Ganders- 
heim  zum  Harz  und  von  da  nach  Erfurt  und  bis  Regens- 
burg.2)  Die  Sachsen,  d.  h.  hier  wohl  Angelsachsen,  er- 
scheinen auch  neben  den  Friesen  unter  den  Niederlassungen 
fremder  Kaufleute  besonders  genannt,  die  zu  Rom  im 
9.  Jahrhunderte  schon  bestanden.^) 

Aber  auch  nach  dem  Osten  hin  müssen  sie  bereits 
einen  lebhaften  Handel  getrieben  haben.  Im  Finnischen 
bedeutete  Saxa  geradezu  den  Kaufmann.*)  Und  Karl  der 
Große  hat  805  bei  der  Regelung  des  Grenzhandels  mit  den 
Slawenländern  im  Osten  für  das  sächsische  Gebiet  eine 
ganze  Reihe  von  Plätzen  besonders  bestimmt,  bis  zu  welchen 
die  Kaufleute  mit  ihren  Waren  gehen  durften.^)  Bardowiek, 
Scheeßel  (ö.  von  Bremen),  sowie  Magdeburg  kommen  davon 
hier  in  Betracht.  Soest  (Salzhandel!)  und  Paderborn  nennt 
ein  arabischer  Reisender  im  10.  Jahrhundert  schon  als  feste 
Plätze  im  Lande  der  Slaven.^) 

Damit  sind  wir  nun  auch  schon  zu  dem  fränkischen 
Handel  im  engeren  Sinne  hingelangt.  Auch  die  Franken 
selbst  betätigten  sich  als   Handelsleute  im  Innern  Deutsch- 

Die  alten  Heer-  und  Handelswege  der  Germanen,  Römer  u.  Franken 
3.  Heft  (1884)  S.  4ff.,  sowie  9.  Heft  S.  7 ff.;  H.  Reutter,  Gesch.  der 
Straßen  in  das  Wiener  Becken,  Jb.  f.  Landesk.  v.  Nied.-Österr.  1909 
S.  196,  auch  Kalischer,  Beitr.  z.  Handelsgesch.  d.  Klöster  z.  Z.  d.  Groß- 
grundherrschaften 191 1  S.  5of. 

^)  Vgl.  die  vita  Anskarii  c.  16.  24,  sowie  35. 

'')  Vgl.  Rubel,  Reichshöfe  a.  a.  O.  S.  116;  J.  Schneider  a.  a.  O., 
9.  Heft  S.  7ff.,  auch  Guthe,  Das  Land  Braunschweig  u.  Hannover, 
2.  Aufl.  (1888)  S.  277  ff.     Kalischer  a.  a.  O.  S.  50. 

^)  Darüber  J.  P.  Blok,  Le  antiche  memorie  dei  Frisoni  in  Roma. 
Bullet,  d.  Commissione  di  Archeol.  Comunale  di  Roma  34,  40  (1906) 

*)  Vgl.  G.  Jac  ob,  Der  nordisch-baltische  Handel  der  Araber  S.  1 12 

^)  MG.  Capit.  I,  123  c.  7. 

")  G.  Jacob,  Ein  arab.  Berichterstatter  aus  dem  10.  Jahrh.  3.  Aufl. 
896,    S.  45  u.  47. 


—     197     - 

lands.  Es  ist  nicht  richtig,  daß  „der  größte  Teil  Deutschlands 
als  ein  allseitig  meist  umgangenes  Zwischenland  wenig  vom 
großen  Verkehre  berührt  dalag",  wie  noch  jünst  Kötzschke  im 
Anschluß  an  den  alten  Falke  gelehrt  hat.^)  In  der  eben 
zitierten  Verordnung  Karls  des  Großen  vom  Jahre  805 
werden  für  die  Kaufleute,  die  ins  Gebiet  der  Slawen  und 
Awaren  ziehen,  neben  den  3  sächsischen  Plätzen  weiter  an- 
geführt: Erfurt,  Hallstatt  (bei  Bamberg),  Forchheim  und 
Bremberg  a.  d.  Naab  (bei  Burglengenfeld  i.  d.  Oberpfalz). 
Eine  ganze  Anzahl  also  von  Handelsplätzen  im  Innern 
Deutschlands.  Ich  glaube  allerdings,  daß  die  bisherige 
Auffassung,  als  ob  diese  ständig  das  Endziel  des  Handels 
gewesen  und  dieser  über  die  Grenze  hinaus  überhaupt  ver- 
boten gewesen  sei^),  nicht  haltbar  ist.  Vielmehr  dürfte  es 
sich  dabei  nach  meiner  Auffassung  nur  um  eine  außerordent- 
liche Maßnahme  gehandelt  haben,  die  aus  den  besonderen 
Verhältnissen  von  damals  entsprang.  Das  Capitulare  ist  im 
Jahre  805  erlassen,  d.  h.  einer  Zeit,  da  die  letzten  Vor- 
kehrungen zur  definitiven  Pazifikation  Sachsens  getroffen 
wurden^),  anderseits  aber  der  Kriegszug  gegen  Böhmen 
eben  unternommen  ward.*)  Aus  diesem  Capitulare  selbst 
klingen  die  Kriegszeiten  heraus:  unmittelbar  vor  dem  hier 
in  Betracht  kommenden  Paragraphen  stehen  Satzungen  über 
die  Ausrüstung  zur  Heerfahrt !  Zur  Überwachung  dieser 
Handelsplätze  aber  wurden  besondere  Missi  damals  be- 
stellt.^) Es  sollte  wohl  hier,  wo  es  sich  um  einen  Zug  in 
Feindesland  handelte,  verhindert  werden,  daß  die  Kaufleute, 
welche  sonst  dem  Heere  zu  folgen  pflegten  ^),  um  Waffen 
zu  verhandeln,  dem  auswärtigen  Feinde  auf  diese  Weise 
Unterstützung  gewährten . 

Doch,   wie   immer  dem   sei''),    sicher  besaßen  die  hier 

')  Deutsche  Wirtschaftsgegchichte  in  AI.  Meisters  Grundriß  d. 
Gesch.-Wiss.  II  i,  77  (1908). 

2)  So  Waitz  VG.  4^  51  und  Mühlbacher,  Deutsche  Gesch.  S.  285. 

^)  Mühlbacher  Reg.*  nr.  410.  *)  Ebenda  411b. 

^)  Daß  es  nicht  eine  Art  von  Handelskonsuln  waren,  wie  Maurer, 
Städteverfassung  2,  478  annahm,  hat  schon  Waitz  a.  a.  O.  berichtigt. 

*)  Vgl.  die  von  Waitz  VG.  a.  a.  O.  n.  2  zit.  Stelle  aus  den  Ann. 
Bertin.  876:  mercatores  ac  sciita  vendentes  imperatorem  et  hostem  sequebmihcr. 

')  Siehe  auch  unten  am  Schlüsse  dieses  Kapitels  über  Stapelzwang. 


—     198     — 

genannten  Handelsorte  an  der  Grenze  damals  bereits  einen 
beträchtlichen  Verkehr.  Denn  es  ist  ja  auch  nicht  richtig, 
daß  Karl  damit  erst  „eine  große  Verkehrsstraße  nach  dem 
Lande  der  Slawen  und  Awaren  eingerichtet"  habe,  wie 
V.  Inama  dieses  Capitulare  faßtet)  Solche  Handelsstraßen 
waren,  wie  uns  zeitgenössische  Berichte  ausdrücklich  melden, 
damals  vielmehr  schon  vorhanden.  So  ist  uns  eine,  die 
von  Thüringen  nach  Mainz  führte,  durch  die  Vita  Sturmi 
Eigils  bezeugt  2);  wir  hören  aus  der  translatio  SS.  Marcellini 
et  Petri,  daß  Handelsleute  aus  Mainz  Getreide  in  Ober- 
deutschland aufzukaufen  und  den  Main  hinab  in  ihre  Stadt 
zu  verfrachten  pflegten.^) 

Auch  Köln*)  undNeuß^)  waren  damals  schon  bekannte 
Markt-  und  Handelsplätze. 

Ja  die  Franken  besaßen  wie  die  Friesen  und  Sachsen 
in  Rom  eine  ständige  Handelsniederlassung.^)  Was  man 
aber  nicht  übersehen  darf:  Es  bestand  damals  schon,  wie 
die  Fuldaer  Jahrbücher  direkt  melden,  ein  regelmäßiger 
Handelszug  aus  Inner-Deutschland  nach  Vene- 
dig. Derselbe  benutzte  gewöhnlich  den  Wasserweg;  als 
aber  im  Jahre  860  ob  des  strengen  Winters  die  Adria  nicht 
befahren  werden  konnte,  brachten  die  Kaufleute  mit  Pferden 
und    kleinen  Wagen    ihre  Waren   nach   Venedig. '^)      Dazu 

')  DWG.  I,  436=  I^  594. 

^)  MG.  SS.  2,  369  c.  7:  tunc  quadam  die  .  .  pervenit  ad  viam,  quae  a 
Turingorutn  regione  mercandi  causa  ad  Magontiam  pergentes  ducit ,.  .  . 
ibi  magnam  Sclavorum  multitudineni  reperit  ... 

')  MG.  SS.  XV.  I,  250  c.  6:  niej-catores  qiiidant  de  civitate  Mogoft- 
tiaco,  qiii  fruf/ientum  in  superioribus  Germaniae  partibus  entere  ac  per 
fluvium  Aloimtm  ad  urbem  devehere  solebant. 

*)  Mathäi,  Einhards  translatio  SS.  Marcellini  et  Petri  in  kultur- 
geschichtlicher Beziehung.   Progr.  d.  Gymn.  zu  Laubach  1883/4  S.  12. 

^)  Vgl.  die  Gewährung  von  Zollfreiheit  in  N.  an  Werden  durch 
K.  Ludwig  d.  J.  vom  Jahre  877.    Mühlbacher  1554. 

«)  Blök  a.  a.  O.  S.  40. 

')  Ann.  Fuld.  860  (ed.  Kurze  SS.  rer.  Germ.  S.  54):  mare  etiam 
lonizim  glaciali  rigore  ita  constrichim  est,  ut  mercatores,  qtii  numquam 
antea  nisi  vecti  navigio,  tunc  in  eqiiis  quoque  et  carpentis  mercinionia 
ferentes  Venetiam  frequentarent.  Die  Auslegung  P.  Sanders  (a.  a.  O. 
1075)  kann  doch  nicht  aus  der  Welt  schaffen,  daß  auch  früher  schon 
die  Kaufleute,  u.  zw.  zu  Schiffe,  nach  Venedig  Handel  trieben;   also 


—     199    — 

stimmt  vortrefflich,  daß  nachweislich  zu  Beginn  des  9.  Jahr- 
hunderts auch  fränkische  Münzen  Eingang  in  die  Lagunen 
der  Adria  fanden.^) 

Neben  den  Franken  hatten  auch  die  Baiern  an  dem 
Handelsverkehr  mit  den  Slawen  Anteil.  In  dem  mehrfach 
zitierten  Kapitulare  vom  Jahre  805  werden  auch  Regensburg 
und  Lorch  noch  als  Handelsplätze  hervorgehoben.  Die  be- 
rühmte Raffelstätter  Zollordnung  von  c.  903/5  ^)  zeigt  uns, 
wie  lebhaft  dieser  Handelsverkehr  gewesen  sein  muß,  u.  zw. 
nicht  nur  nach  Böhmen,  sondern  auch  nach  Mähren  und 
Rußland.  Den  Donauhandel  nach  Ungarn  beherrschten  sie  , 
vollkommen.  Auch  zwischen  Mähren  und  Bulgarien  bestand  ' 
ein  lebhafter  Salzhandel,  den  König  Arnolf  892  durch 
eine  Gesandtschaft  an  den  Bulgarenkönig  zu  unterbinden 
suchte.  Sie  fuhr,  da  der  Landweg  ob  des  Krieges  mit  den 
Mährern  unpraktikabel  war,  die  Kulpa  und  Save  hinab. ^) 
Von  Regensburg  ging  schon  im  9.  Jahrhundert  eine  Handels- 
verbindung nach  Polen,  bzw.  Rußland  (Kiew).  Denn  die 
jRugl  der  Raffelstätter  Zollordnung,  welche  als  regelmäßige 
Besucher  der  Märkte  an  der  Donau  auftreten,  sind  doch 
wohl  als  Russen  zu  fassen.*)  Auch  arabische  Berichterstatter 
des  10.  Jahrhunderts  geben  Zeugnis  von  einem  lebhaften 
Handel  in  Prag  und  in  Polen. ^) 

Ferner  war  der  lokale  Verkehr  bereits  recht  entwickelt. 
Auf  den  Holzhandel  Freisings  um  die  Mitte  des  9.  Jahr- 
hunderts hat  schon  Riezler  aufmerksam  gemacht  ^),  Wein- 
und   Salzfuhren   gingen   von  Bozen,    bzw.  Reichenhall  nach 


kann  auf  einen  regelmäßigen  Handelsverkehr  dorthin  geschlossen 
werden.  Vgl.  auch  Schaube,  Handelsgesch.  d.  roman.  Völker  des 
Mittelmeergebietes  S.  94. 

')  H.  Kretschmayr,  Gesch.  von  Venedig  i,  78  (1905). 

^)  Mühlbacher  ^  nr.  2015a  (MG.  Capit.  250),  jetzt  auch  gedruckt  im 
Cod.  dipl.  regni  Boh.  (Friedrich)  i,  34  (1907). 

')  Mühlbacher  nr.  1875b. 

*)  Vgl.  Wasiliewski ,  Kiews  Handel  mit  Regensburg  in  älterer 
Zeit  (aus  d.  Zeitschr.  d.  Minist,  f.  Volksauf klärung  1888  übersetzt). 
Verh.  d.  hist.  Ver.  von  Oberpfalz  u.  Regensburg  57,  185  ff. 

*)  G.  Jacob,  Ein  arab.  Berichterstatter  aus  dem  10.  Jahrh.  3.  Aufl. 
S.45,  sowie  G.  Juritsch,  Handel  u.  Handelsrecht  in  Böhmen  S.  4  (1907). 

•)  Gesch.  Bayerns  i,  272  f. 


—      200      — 

Freising  und  Tegernsee.^)  Erstere  haben  offenbar  die 
Brennerstraße  benutzt.  Es  ist  daher  ganz  unrichtig,  wenn 
V.  Wanka  jeden  Handelsverkehr  dort  in  der  Karolingerzeit 
leugnen  will.^)  Auch  die  Überreste  langobardischer  Plastik 
im  Vintschgau  und  Münstertal  lassen  einen  regen  Verkehr 
auf  dieser  Route  erkennen.^)  In  Rom  traten  schon  738  die 
Bayern  unter  den  zahlreichen  Fremden  neben  Franken  und 
Angelsachsen  hervor.*)  Die  große  heimische  Honigpro- 
duktion (Bienenzucht),  welche  schon  die  Lex  Baiuwariorum 
deutlich  werden  läßt  ^),  gab  bald  Anlaß  zu  einem  regen 
Honig-  und  Wachshandel.  ^) 

Vermutlich  entstand  damals  schon  ein  gewisser  Hopfen- 
handel in  Bayern.  Wenigstens  dürfen  wir  aus  den  zahl- 
reichen Erwähnungen  von  Hopfengärten  auf  eine  beträchtliche 
Hopfenproduktion  dort  bereits  während  des  9.  Jahrhunderts 
schließen.'')  Auch  verdient  Beachtung,  daß  in  den  Fr&i- 
singer  Traditionen  häufig  Bierzinse  recht  ansehnlicher  Art 
vorkommen.^) 

Geradezu  großartig  ausgestaltet  haben  wir  uns  den 
uralten  Salzhandel  im  heute  österreichischen  Salzkammer- 
gute, bes.  Hallstadt,  zu  denken.^)  In  der  Raffelstätter  Zoll- 
ordnung spielt  das  Salz  die  Hauptrolle;  es  wurde  nach 
Böhmen  und  Rußland,  wie  nach  Ungarn  verfrachtet.  Auch 
Schwaben  ist  von  Reichenhall   mit  Salz  versorgt  worden.^") 

Hier  im  alten  Schwaben  war  der  Verkehr  besonders 
entwickelt,  weil  die  großen  Alpenübergänge  nach  Italien  da 

*)  Fastlinger,  Die  wirtschaftl.  Bedeut.  d.  bair.  Klöster  S.  162;  vgl. 
dazu  auch  Bitterauf,  Trad.  nr.  1045  (908),  wo  unterschieden  wird:  de 
Orientali  vero  vino  Imc  allato  '  .  .  et  de  vino  Bauzano. 

*)  Die  Brennerstraße  im  Altertum  u.  MA.  (Prager  Stud.  a.  d.  Ge- 
biete der  Gesch.-Wiss.  7.  1900)  S.  73  f. 

^)  Vgl,  Stückelberg,  Langobard.  Plastik,  2.  Aufl.  19C9  S.  70. 

*)  Willibald  vita  Bonifatii  MG.  SS.  2,  346  c.  27.  «)  XXI.  8.  9. 

*)  Fastlinger  a.a.O. 44f.  Dazu  die  Raffelstätter  Zollordnung(cera!). 

'')  Vgl.  Bitterauf  nr.  833  (859—75).  872.  874.  884.  891.  922.  990.  Dazu 
auch  die  Ortsnamen  wie  Hummel  u.  dgl.  ebenda  1032.  1045. 

*)  Ebenda  nr.  343.  351.  469.  613.  614.  662  u.  a.  m. 

*)  Vgl.  Gemeiner,  Darstellung  des  alten  Regensburgisch  und 
Passauischen  Salzhandels  (1810)  S.  3 — 4,  sowie  oben  §  10  S.  183. 

^'j  Vgl  Mühlbacher  Reg.-  nr.  1364  (837  f.  Kempten),  dazu  Zösmair 
a.  a.  O.  s.  oben  S.  183. 


—      20I       — 

durchführten.  Schon  AI.  Schulte  hat  sehr  richtig  betont^), 
daß  wir  uns  den  Verkehr  dieser  Gegenden  mit  Italien  sehr 
lebhaft  vorstellen  müssen.  Er  wies  bereits  auf  die  wichtige 
Tatsache  hin,  daß  die  großen  Klöster  Schwabens  ganz 
ebenso  Besitzungen  jenseits  der  Alpenpässe  gewannen,  wie 
in  den  Ostalpen  die  Bistümer  Regensburg,  Freising,  Passau 
und  der  bayrische  Adel.  So  haben  St.  Gallen,  die  Reiche- 
nau  und  Pfävers,  wahrscheinlich  auch  Disentis  Güter  gehabt, 
die  nach  Italien  hinüberführten. ^)  Ich  stelle  dazu  noch  die 
Überweisung  reichen  Besitzes  an  St.  Martin  (Tours),  die 
Karl  der  Große  gleich  nach  der  Eroberung  Italiens  schon 
774  vorgenommen  hat.  Nicht  nur  am  Gardasee  (Sermione), 
auch  im  Val  Carmonica  erhielt  dieses  Hofkloster  sofort 
reiche  Begüterung  ^),  und  ähnlich  erwarb  auch  St.  Denis 
bald  darauf  (775)  Besitz  im  Veltlin.*) 

Eine  wichtige  Bedeutung  für  den  Handel  kam  der  Stadt 
Chur  zu.  Aber  nicht  erst  in  der  Zeit  der  Ottonen,  Vv'ie 
AI.  Schulte  meinte^},  sondern  bereits  in  der  Karolingerzeit. 
Ein  Brief  Alchvins  an  den  Bischof  von  Chur  von  791 — 6 
ist  dafür  schon  recht  bezeichnend.  Alchvin  verwendet  sich 
bei  dem  Bischof  zugunsten  eines  Kaufmannes,  der  aus  Italien 
Waren  einbringt,  auf  daß  er  von  den  Zollbeamten  des 
Bischofs  nicht  hart  behandelt  werde. ^)  Ferner  hat  der  große 
langobardisch-karolingische  Münzfund,  der  1904  zu  Ilanz 
gemacht  wurde,  die  Bedeutung  Churs  auch  für  die  alte 
Verkehrsstraße  des  Lukmanier  in  helles  Licht  gerückt.'') 

Rege  Verkehrsbeziehungen    lassen    auch    die    künstle- 

^)  Gesch.  des  mittelalterl.  Handels  u.  Verkehrs  zwischen  West- 
deutschland u.  Italien  (1900)  S.  64;  vgl.  auch  K.  Schaube,  Handels- 
geschichte d.  roman.  Völker  des  Mittelmeeres  S.  92. 

^)  Ebenda  65.  Dazu  wäre  auch  noch  die  bekannte  Aufzeichnung 
über  die  Einkünfte  des  Kelleramtes  von  Reichenau  vom  Jahre  843 
zu  halten,  wo  u.a.  auch  angeführt  werden:  de  Longobardia  12 
mod.  castanearum,  5  soumas  olei,  Wirtemberg.  ÜB.  i,  125. 

')  Mühlbacher  Reg.^  nr.  167.  ■»)  Ebenda  nr.  181. 

")  A.  a.  O.  S.  62.     Vgl.  auch  Kalischer  a.  a.  O.  S.  49. 

*)  MG.  Epp.  4,  119:  negotiatorem  Italiae  jnercimonia  ferentem  .  .  . 
ut  .  .  a  vestris  non  teneatur  tolneariis  constriclus,  dazu  auch  Schaube 
a.  a.  O.  S.  92. 

')  Vgl.  darüber  Jecklin  in  Mitt.  d.  bayr.  numismat.  Gesellsch.  25 
(1906),  sowie  V.  Luschin  im  Neuen  Archiv  33,  435  ff. 


—       202       — 

rischen  Überreste  in  Chur  erkennen,  die  langobardische 
Kunstübung  in  der  Plastik  bezeugen.^)  Endlich  aber  ist 
heute  erwiesen,  daß  der  älteste  Einkünfterodel  von  Chur, 
welchen  man  früher  ins  ii.  Jahrhundert  setzte,  in  die  erste 
Hälfte  des  9.  Jahrhunderts  gehöre.^)  Eben  aus  dieser  Quelle 
nun  hatte  AI.  Schulte  sehr  scharfsinnig  über  die  Zufahrten 
der  Bündenerpässe  gehandelt  und  auf  eine  wohl  ausgebildete 
Verkehrsorganisation  zurückgeschlossen,  der  auch  die  Schiffs- 
fähren am  Rhein  (bei  Schaan  und  Maienfeld),  sowie  dem 
Walensee  dienten.  Bei  letzterem  ist  er  übrigens  bereits 
darauf  aufmerksam  gew^orden,  „daß  schon  früher  ein  Schiff- 
fahrtsmonopol auf  dem  See  bestand".^)  Die  von  ihm  dafür 
zitierten  Urkunden  Kaiser  Lothars,  bzw.  Ludwigs  des  Deut- 
schen*) erfahren  nun  durch  das  trefflich  dazu  stimmende 
Urbar  vom  Jahre  831  eine  erwünschte  Ergänzung.  Damit 
ist  auch  die  Existenz  der  hier  erwähnten  Schiffmeisterei 
für  die  Karolingerzeit  gesichert.^)  Überraschend  entwickelte 
Verkehrs-  und  Handelsverhältnisse  enthüllt  hier  also  die 
besondere  Gunst  der  Überlieferung. 

Für  den  Westen  aber  war  der  große  St.  Bernhard 
die  Hauptverkehrsstraße  in  der  Karolingerzeit. ^) 
Schon  Schulte  hat  an  der  Hand  der  karoUngischen  Teilungs- 
urkunden richtig  erkannt,  daß  diese  Straße  für  den  Verkehr 
von  Italien  nach  dem  Niederrhein  und  Nordfrankreich  „die 
Hauptader"  gebildet  habe.'')  Und  Öhlmann  wies  bereits  auf 
die  große  Bedeutung  auch  für  den  Personenverkehr  hin : 
daß  die  Reisewege  der  Pilger  und  geistlichen  Personen  in 
Amtsgeschäften,  welche  seit  dem  7.  und  8.  Jahrhundert 
immer  zahlreicher  nach  Rom  unternommen  wurden,  für  das 
nordwestliche  Europa  dem  großen  St.  Bernhard  zugeschrieben 
werden  dürften.^)  Er  hat  aus  dem  Itinerar  St.  Willibalds 
(um  720)  zutreffend  geschlossen,  daß  die  aus  England 
kommenden   Reisenden ,    welche    in   Ronen   landeten ,    sich 

^)  Vgl.  Stückelberg,  Langobard.  Plastik,  2.  Aufl.  (1909)  S.  70. 
'^)  Vgl.G.Caro  in  Mitt.  d.Instit.28,  26iff.,  sowie  im  i. Bande  S.  86. 
")  A.  a.  O.  S.  63 f.  ■*)  Mühlbacher-  nr.  1096,  bzw.  1393. 

5)  Schulte  a.  a.  O.  S.  63. 

*)  Oehlmann,  Die  Alpenpässe  im  MA.  Jb.  f.  Schweiz.  Gesch. 
3,  231  ff.    Mathäi  a.  a.  O.  S.  16. 

')  Schulte  a.  a.  O.  S.  58  ff.  «)  A.  a.  O.  S.  239. 


—      203      — 

dieses  Überganges  nach  Italien  bedient  haben  dürften.^) 
Weitere  und  deutlichere  Belege  dafür  hat  Schulte  dann  aus 
den  Berichten  über  Transporte  von  Reliquien  beigebracht.^) 
Er  war  aber  auch  eine  der  großen  Welthandels- 
straßen des  frühen  Mittelalters  und  speziell  der 
Karolingerzeit.  Die  Wiederbelebung  der  Beziehungen  zu 
Rom  hatte  schon  am  Anfang  des  8.  Jahrhunderts  einen  großen 
Umschlag  in  den  Verkehrslinien  herbeigeführt.  Während 
früher,  zur  Zeit  der  älteren  iro-schottischen  Mission,  von  Irland 
direkte  Verbindungen  mit  Westgallien  bestanden,  die  nach 
dem  damals  griechischen  Innerbecken  der  Adria  sich  fort- 
setzten, hat  nun  die  angelsächsische  Gravitation  nach  Rom 
diese  Reisewege  an  sich  gezogen.  Man  reiste  jetzt  von 
Irland  über  England  nach  dem  Kontinent.^)  Rouen  an  der 
Seine  *),  Amiens  an  der  Somme  *)  und  Etaples  ^)  an  der 
Canche  waren  in  Nordfrankreich  damals  ebenso  bekannte 
Handelsplätze  wie  Dorstat  und  Utrecht  in  den  Niederlanden.*) 
Die  Route  über  Quentovich  galt  schon  am  Beginn  des  8.  Jahr- 
hunderts als  die  kürzeste  von  England  nach  Rom.®)  In 
Lüttich  befand  sich  eine  Schottenkolonie''),  wo  zahlreiche 
Pilger  aus  England  auf  dem  Wege  nach  und  von  Rom  ein- 
kehrten.^) Auch  Antwerpen^),  Gent  ^'')  und  Maestricht  ^^) 
waren    damals    bereits    wichtige   Handelsemporien.      Schon 


1)  A.  a.  O.  S.  240.  2)  A.  a.  O.  S.  57. 

')  Vgl.  darüber  die  Ausführungen  Zimmers  in  SB.  der  Berliner 
Akad.  1909  S.  388f.,  sowie  auch  Zettinger  a.  a.  O.,  Rom.  Quartalschr. 
f.  Christi.  Altertumsk.  11.  Suppl.  Heft  1900. 

*)  Vgl.  das  Zollprivileg  Karls  d.  Gr.  f.  St.  Germain  des  Pres  MG. 
DCar,  122(779),  so  wie  auch  Freville,  Rouen  et  son  commerce  mari-, 
time  (912—1204),  Bibl.  de  l'EcoIe  des  chartes  2.  Ser.  3,  17  ff.  (1846). 

*)  Über  Quentovich  vgl.  die  schon  zit.  Arbeit  von  Fengler,  Hans. 
Gesch.-Bll.  13,  91  ff.  (1907). 

")  Vgl.  die  von  Fengler  a.  a.  O.  S.  loo  n.  2  bereits  verwertete 
Vita  s.  Wiifridi  ep.  Eboracensis. 

->)  Vgl.  NA.  12,  487. 

*)  Vgl.  den  Brief  eines  Schottenpriesters  an  Bischof  Franco 
(854—901)  NA.  13,  362. 

»)  Vgl.  Milos  Vita  S.  Amandi  MG.  Poetae  lat.  3,  596  c.  13. 
^°)  Vgl.  d.  Brief  Einhards  vom  Jahre  840  MG.  Epp.  5,  137  nr.  56. 
Dazu  Ann.  regn.  Francor.  zu  811. 
")  Mathäi  a.  a.  O.  S.  21. 


—      204      — 

durch  die  von  Schulte  beigebrachten  Belege  aus  den  Trans- 
lationen ^)  wird  der  Verlauf  dieser  Welthandelsstraße  deutlich. 
Sie  ging  von  Pavia,  wohin  wiederum  die  bedeutsame  Po- 
handelsstraße  ^)  mit  ihren  verschiedenen  Seitenverzweigungen 
in  die  Nebenflüsse  hinauf  einmündete,  nach  St.  Maurice 
(Agaunum).  Hier  teilten  sich  die  Straßen.  Die  eine  führte 
über  Solothurn  nach  Straßburg  an  den  Oberrhein.  ^)  Die 
andere  (zur  Linken)  nach  Dijon-Langres-Chaumont*)  und 
Rheims-Soissons  hatte  z.  T.  noch  eine  Parallelstraße  über 
Lausanne-Orbe  und  Pontarlier-Besangon.^) 

Daß  dies  der  gewöhnliche  Weg  von  Nordfrankreich 
nach  Italien  und  Rom  war,  kann  man  außer  den  genannten 
Translationen  auch  noch  aus  einigen  charakteristischen 
Äußerungen  in  den  erzählenden  Quellen  der  Karolingerzeit 
entnehmen.  Als  Karl  der  Große  im  November  804  zu 
Aachen  die  Nachricht  erhält,  daß  Papst  Leo  mit  ihm 
Weihnacht  feiern  wolle,  sendet  er  ihm  seinen  Sohn  Karl 
nach  St.  Maurice  entgegen,  um  ihn  ehrenvoll  zu  empfangen 
und  begibt  sich  selbst  zum  gleichen  Zweck  bis  Rheims.^) 
Ähnlich  auch  816  Ludwig  der  Fromme  bei  der  Zusammen- 
kunft mit  Papst  Stephan  V.'^)     Schließlich  sei  noch  auf  eine 

^)  A.  a.  O.  S.  57.  Dazu  auch  noch  Stückelberg,  Translationen 
in  der  Schweiz  (Zürich  1899). 

*)  L.  M.  Hartmann,  Anal.  z.Wirtschaftsgesch.  Italiens  S.76  (Com- 
machio  u.  der  Pohandel). 

^)  Vgl.  die  schon  von  Schulte  zit.  Stelle  der  Translatio  ss.  Mar- 
cellini et  Petri  MG.  SS.  15,  i,  242  f.  Daher  ist  unter  dem  viel  um- 
strittenen ^d?  ^i!r/?/j-flj-  des  Zollprivilegs  für  Straßburg  von  831  (Mühl- 
bacher Reg.'*  nr.  890),  das  man  früher  auf  Sluis  an  der  Nordsee  be- 
zogen hatte  und  D.  Schäfer  (SB.  der  Berliner  Akad.  1905,  27,  S78ff.) 
dann  mit  Recht  auf  einen  Alpenpaß  deutete,  doch  wohl  der  Große 
St.  Bernhard  u.  nicht  der  M.  Cenis  gemeint,  wie  Schäfer  annimmt. 
Auch  bei  ersterem  trifft  diese  Bezeichnung  zu,  wie  die  Nachrichten 
über  den  Zug  Karls  d.  Gr.  nach  Italien  vom  Jahre  777  beweisen.  Vgl. 
Coolidge  in  English  Hist.  Review  21,  493  ff.  Dazu  auchVanderkindere, 
Bullet,  de  l'Acad.  Royale  Beige  1906,  65,  I.  S.  i. 

*)  Dies  ist  jedenfalls  unter  dem  von  den  Herausgebern  (Acta 
SS.  Jan.  II.  284)  u.  Schulte  (a.  a.  O.  S.  57  n.  5)  nicht  erkannten  Calno 
munde  (!)  zu  verstehen:  Calvomonte. 

«)  Vgl.  Schulte  a.  a.  O.  S.  58. 

*)  Ann.  regni  Francor.     Mühlbacher  Reg.-  nr.  407a. 

')  Ebenda  633  a. 


—      205      — 

Briefstelle  hingewiesen,  wo  es  (841 — 44)  von  verdächtigen 
Reliquien  in  Dijon  heißt,  sie  seien  aus  Italien  dahin  ge- 
bracht worden.^) 

Hier  im  Nordosten  Frankreichs  muß  schon  zur  Karo- 
lingerzeit ein  ausgebreiteter  und  stark  entwickelter  Handel 
geherrscht  haben.  Sehr  interessante  Aufschlüsse  lassen 
sich  aus  dem  Zollprivileg  gewinnen,  das  Karl  der  Große 
dem  reichbegüterten  Kloster  St.  Germain  des  Pres  bei  Paris 
779  in  seinen  Reichen  verlieh.  Indem  die  Zollfreiheit  noch 
ganz  speziell  auf  die  besonders  hervorragenden  Zollstätten 
bezogen  erscheint,  werden  neben  Rouen,  Amiens,  Etaples, 
Utrecht  und  Dorstat,  auch  jene  zu  St.  Maxence  (bei  Senlis) 
und  im  Gau  von  Troyes  namentlich  hervorgehoben.^)  Diese 
an  sich  ungewöhnliche  Zusammenfassung  der  Zollstätten 
eines  Gaues  ist  vielleicht  gerade  hier  von  tieferer  Bedeutung. 
Denn  eben  hier  haben  später  die  berühmten  Messen  der 
Champagne  (Troyes,  Bar  s./Aube,  Provins  und  Lagny) 
stattgehabt^),  die  seit  Mitte  des  12.  Jahrhunderts  bis  zum 
Anfang  des  14.  den  Mittelpunkt  des  Waren-  und  Geld- 
verkehrs bildeten. 

Anderseits  verdient  ein  Brief  der  Äbtissin  von  Remire- 
mont  an  die  Kaiserin  Judith,  der  uns  noch  in  einer  Formel 
vom  Anfang  des  9.  Jahrhunderts  erhalten  ist,  Beachtung. 
Sie  bittet  die  Kaiserin,  daß  deren  Quartiermeister  im  Ge- 
biete von  Chälons  s./S.  keine  Herbergsdienste  fordern  möge: 
quia  valde  nobis  necesse  est,  ut  mercimonia  nostra  hactenus 
ibi  exerceantur}) 

Das,  was  Pirenne  zutreffend  für  die  Niederlande  schon 
behauptet  hat,  sie  böten  das  (seltene!)  Schauspiel  eines 
bereits  um  jene  Frühzeit  verhältnismäßig  stark  entwickelten 
Handels^),  wird  sich  auch  für  einen  guten  Teil  Frankreichs 
ebenso  nachweisen  lassen.  Neben  den  schon  erwähnten 
Handelsstädten  Rouen,  Amiens,  Etaples  war  insbesondere 
Boulogne  s./M.  seit  alters  eine  wichtige  Seestadt.  Karl  der 
Große    ließ    den    dort    vorhandenen    Leuchtturm    wieder- 


1)  MG.  Epp.  5,  363.  2)  MG.  DCar.  122. 

^)  Bourquelot,   etudes  sur  les  foires  de  Champagne  (Mem.  de 
l'Acaddm.  des  Inscr.  et  belles  Lettres  2.  Ser.  5  (1865). 

*)  MG.  FF.  526  n.  3.  '')  Gesch.  Belgiens  i,  31  (i{ 


—      206      — 

herstellen  und  mit  einem  auch  zur  Nachtzeit  brennenden 
Feuer  versehen.^) 

Von  Gent  führte  eine  VerkehrsUnie  über  Valenciennes 
nach  Compiegne  und  Paris. 2)  Cambrai  ^)  und  Laon*)  be- 
saßen damals  schon  besuchte  Märkte.  Von  Rheims,  Dijon 
und  Besan^on  war  oben  schon  die  Rede.^)  An  der  oberen 
Maas  wird  schon  823  Commerciacum  bei  Toul  genannt®), 
ein  Ortsname,  der  wohl  infolge  des  Handelsverkehrs  zu- 
stande kam.  Remiremont  scheint  für  den  Verkehr  nach 
dem  Osten  Bedeutung  gehabt  zu  haben.  Dort  empfing 
Karl  der  Große  805  seinen  von  dem  slavischen  Feldzug 
heimkehrenden  Sohn,  dort  kamen  auch  821  Ludwig  dem 
Frommen  Nachrichten  und  Gesandte  aus  dem  slavischen 
Südosten  und  Griechenland  zu.') 

Im  Süden  Frankreichs  waren  Lyon^),  Marseille  und 
Narbonne^)  belebte  Handelsplätze.  Hier  Hefen  die  Waren 
aus  Spanien,  Afrika  und  dem  Orient  ein^**),  Seiden-  und 
Purpurgewänder,  Gewürze  und  Edelsteine,  aber  auch  Leder 
aus  Cordoba  u.  a.  m.  Hier  war  auch  ein  lebhafter  Sklaven- 
handel nach  Spanien  im  Schwünge,  an  dem  die  Juden  be- 
sonders beteiligt  waren. ^') 

*)  Ann.  regn.  Francor.  811:  civitatem  maritima7n,  übt  eaedem  naves 
,congregatae  ßiertint,  accessit  fartinique  ibi  ad  navigantitim  cursus  diri- 
gendos  antiquitus  constitutum  restauravit  et  in  summitate  eins  nocturnum 
ignem  accendit. 

*)  Vgl.  die  Briefe  Einhards  MG.  Epp.  5,  116  nr.  13,  117  nr.  14, 
118  nr.  15.  (830). 

^)  Vgl.  Heyd,  Gesch.  des  Levantehandels  im  MA.  i,  103  n.  3. 

*)  Vgl.  d.  Carmen  de  S.  Benedicta  Poetae  lat.  4,  217,  sowie  MG. 
FF.  514  nr.  3  (cod.  Laudunensis!). 

^)  Vgl.  S.  204.  ^)  Ann.  regn.  Franc,  zu  823  u.  825. 

')  Ann.  regn.  Franc,  zu  805  u.  821.  Mühlbacher  Reg.^411  f.  u.  740c. 

«)  MG.  Epp.  5,  184  u.  185  (826/7). 

*)  Pigeonneau,  Hist.  du  commerce  de  la  France  i,  73. 
^°)  Das  Routenbuch  des  Arabers  Ibn  Kordadbeh  (ed.  Journal 
Asiatique  6.  Ser.  5,  513)  beschreibt  den  Weg  der  Radaniten  von  Süd- 
frankreich über  Farama  (Pelusium)-Suez  nach  Indien  u.  China,  ander- 
seits (S.  514)  nach  Tanger  u.  Marokko.  Vgl.  dazu  auch  Brehier,  les 
colonies  d'orientaux  en  occident  au  commencement  du  moyen  äge 
V — VIII  s.  Byzantin.  Ztschr.  12,  11  ff.  (1903). 

^0  Vgl.  darüber  Th.  Reinach,  Agobard  et  les  juifs,  Revue  des 
6tudes  Juives  50  S. LXXIff.  (1905)  u.  dagegen  Poncelet,  Anal.  Bolland. 


—       20/      — 

Als  Zollstationen  werden  außerdem  in  einer  Formel 
für  Zollprivilegien  noch  genannt :  Fos,  Avignon,  Toulon, 
Sorgues,  Valence,  Vienne,  Chälons  s./S.^) 

Auch  Arles  hatte  damals  eine  große  Bedeutung  für  den 
Verkehr  mit  den  handelstüchtigen  Arabern.^)  Auf  der  Ca- 
margue  (Rhonemündung),  die  damals  als  insula  bezeichnet 
wird,  hatten  sie  einen  eigenen  Hafen  eingerichtet.^)  Auch 
Nimes  und  Nizza  müssen  schon  eine  gewisse  Rolle  gespielt 
haben,  da  sie  von  den  Jahrzeitbüchern  beim  Bericht  über 
die  Plünderungen  der  Sarazenen  doch  schon  besonders  er- 
wähnt werden.*) 

Im  Westen  aber  ragten  Nantes^)  (Salzgewinnung)  und 
Bordeaux  •*)  hervor,  jedoch  waren  offenbar  auch  noch  eine 
Reihe  kleinerer  Handelsplätze  an  der  Küste  dazwischen 
schon  vorhanden.'^)  Insbesondere  wird  der  später  durch  die 
Hansa  gepflegte  Baienhandel  zu  Bouin  (bei  Bourgneuf  in 
der  Vendee)  schon  deutlich  erkennbar.^) 

Von  Südfrankreich  muß  ^in  recht  lebhafter  Handel 
auch  nach  Italien  stattgefunden  haben.  Ludwig  der 
Fromme  bestätigte  822  dem  Bischof  von  Marseille  auf 
Grund  einer  Urkunde  seines  Vaters  (deperd.)  den  Zoll  von 
den    aus    Italien    kommenden    und   anlandenden   Schiffen.^) 


25,  376,  sowie  Br.  Hahn,  Die  wirtschaftl.  Tätigkeit  der  Juden  im  fränk. 
u.  deutschen  Reich,  Inaug.-Diss.,  Freiburg  i.  B.  191 1  S.  31  ff. 

1)  MG.  FF.  107  nr.  i. 

-)  Heyd  a.  a.  O.  i,  102  nr.  3. 

')  Ann.  Bertin.  zu  859  u.  869:  in  insula  Camaria  .  .  .  in  qua  portum 
Saraceni  habere  solebant. 

*)  Vgl.  Poupardin,  le  royaume  de  Provence  sous  les  Carolingiens 
S.  24  ff.,  sowie  Lokys,  Die  Kämpfe  der  Araber  mit  den  Karolingern 
(Heidelberg,  Abh.  z.  mittl.  u.  neuer.  Gesch.  13)  1906  S.  17  n.  44,  auch 
Schaube  a.  a.  O.  S.  97,  sowie  meine  „Grundlagen"  2,  437. 

'•')  Zimmer  a.  a.  O.  S.  366 ff.,  dazu  W.  Vogel,  Die  Normannen  u. 
d.  fränk.  Reich  S.  62. 

0)  Vgl.  G.Jacob,  Studien  in  arab.  Geographen,  4.  Heft,  sowie 
des.  Ein  arab.  Berichterstatter  aus  dem  10.  Jahrh.  3.  Aufl.  (1896)  S.  30; 
s.  auch  V.  Jullian,  Hist.  de  Bordeaux  (1900). 

■')  Vogel  a.  a.  O.  S.  143. 

*)  Agats,  Der  hansische  Baienhandel  (Heidelberger  Abh.  z.  mittl. 
u.  neueren  Gesch.  5)  S.9  u.  12,  sowie  oben  S.  i84f.  Vogel  a.a.O.  S.  121  ff. 

»)  Mühlbacher  Reg.^  nr.  765. 


—      208      — 

Denkmäler  langobardischer  Plastik  sind  die  Riviera  entlang 
bis  nach  Marseille,  zu  Aix  in  der  Provence,  die  Rhone 
hinauf  bis  Vienne,  aber  auch  durch  Aquitanien  hindurch 
bis  Bordeaux,  ferner  zu  Arles  und  Avignon  nachgewiesen 
worden.^)  Allem  Anscheine  nach  hat  Genua  dafür  auch 
eine  gewisse  Bedeutun'g  gehabt.  806  wird  ein  fränkischer 
Graf  in  dieser  Stadt  erwähnt,  der  den  Mauren  ein  Seegefecht 
lieferte.^)  Auch  im  Gebiete  des  heutigen  Hafens  von  Spezia 
spielte  das  alte  Luna  noch  eine  Rolle.  Im  Jahre  801  landet 
ein  Jude  aus  Afrika  mit  Elefanten  in  Porto  Venere.^)  Ferner 
muß  auch  Pisa  sich  schon  an  dem  Seehandel  nach  dem 
Orient  beteiligt  haben,  denn  die  Gesandten  des  Perser- 
königs, welche  801  im  Hafen  dort  ankamen^),  hatten  die 
Fahrt  wohl  auf  Schiffen  der  Pisaner  gemacht,  ähnlich,  wie 
uns  813  von  einer  sarrazenischen  Gesandtschaft  berichtet 
wird,  daß  sie  in  navigiis  Beneticorum  gekommen  sei.*) 
Auch  Gesandte  aus  Tunis  trafen  damals  ebendort  ein.^) 
Der  Flottenbau,  den  Karl  «der  Große  noch  anordnete,  war 
besonders  auch  der  Westküste  Italiens  zugedacht.^) 

Zwischen  Sardinien  und  dem  Festlande  ist  ebenso  ein 
Handelsverkehr  bezeugt.  820  werden  8  Handelsschiffe,  die 
von  Sardinien  nach  Italien  zurückkehrten,  durch  die  Piraten 
gekapert.'^) 

Populonia,  an  der  Küste  von  Toskana,  das  als  civitas 
maritima  bezeichnet  wird,  haben  809  die  Griechen,  qui 
Orobiotae  vocantur,  geplündert.^) 

Im  Süden  aber  traten  neben  Neapel  bereits  Gaeta  und 
besonders  Amalfi  als  Seestädte  mit  bedeutendem  Handel 
hervor^),  den  sie  auch  mit  entsprechenden  Kriegsflotten  zu 

')  Stückelberg,  Langobard.  Plastik,  2.  Aufl.  (1909)  S.  68ff. 

-)  Ann.  regni  Franc,  zu  806;  dazu  Lokys  a.  a.  O.  S.  11. 

*)  Ann.  regn.  Franc,  zu  801;  dazu  Mühlbacher  Reg.*  372a  u.  374  a, 
sowie  J.  Jung  in  d.  «Mitt.  d.  Instit.  22,  202  u.  Delarc,  les  Scandinaves  en 
Italie,  Revue  des  questions  hist.  31,  193  ff. 

*)  MG.  Epp.  5,  98. 

^)  Vgl.  dazu  (Fostat!)  auch  das  Routenbuch  des  Arabers  Ibn 
Kordadbeh  a.  a.  O.  S.  453. 

")  Vgl.  Lokys  a.  a.  O.  14.  ')  Ann.  regni  Franc,  zu  820. 

*)  Ebenda  zu  809. 

*)  Vgl.  Tamassia,  stranieri  ed  Ebrei  nell'  Italia  meridionale,  Atti 
del  R.  Istitut.  Veneto  Ser.  3.  63,  783  (1904),  sowie  Gay,  l'Italie  meri- 


—      209      — 

schützen  wußten.  Ferner  besaßen  Sorrent,  Salerno,  Tarent, 
Brindisi  und  Bari  schon  einen  Anteil  an  dem  Seehandel  nach 
dem  Orient.^)  Besonders  im  Schwange  war  der  Sklaven- 
handel der  langobardischen  Kaufleute. ^)  Der  Vertrag  des 
Herzogs  Sikard  von  Benevent  mit  Neapel  vom  Jahre  836  ^) 
bezeugt  das  ebensowohl,  wie  die  Korrespondenz  des  Papstes 
mit  Karl  dem  Großen.*) 

Endlich  hatte  auch  das  innere  Becken  der  Adria  außer 
Venedig  noch  mehrere  andere  Handelsplätze  damals  schon 
aufzuweisen:  Treviso^),  Grado  ^)  und  Tersatto  (bei  Fin- 
me)"^),  Zara'),  auch  Ossero  (auf  Cherso)^),  Ancona^)  und 
Ortona.^)  Nicht  uninteressant  mag  sein,  daß  schon  Ende 
des  6.  Jahrhunderts  Seehandelsbeziehungen  zwischen  Cittä 
Nuova  (Istrien)  und  Westfrankreich  bestanden.  ^*')  Auch  die 
dalmatinischen  Slaven  (Kroaten,  Serben)  müssen  bereits 
eine  gewisse  Bedeutung  im  Seehandel  besessen  haben,  da 
sie  870  im  Kampfe  gegen  Bari  hervortreten.^^) 

Von  Venedig  war  ein  ausgedehnter  Handel  nicht  nur 
nach  dem  Osten,  sondern  auch  nach  Ägypten  und  Syrien 
bereits  im  Gange. ^2)   In  Neapel  fand  Bischof  Willibald  von 

dionale  et  1'  empire  Byzantin  (Bibl.  des  ecoles  Frangaises  d'Athenes  et 
de  Rome  fasc.  90  1904)  582  ff.  Lokys  a.  a.  O.  S.  14  f.  Heyd,  Levante- 
handel I,  lo/ff.  K.  Schaube,  Handelsgesch.  der  roman.  Völker  des 
Mittelmeeres  S.  30 f. 

1)  Lokys  a.  a.  O.  S.  27.  33  f.  89;  Gay  a.  a.  O.  S.  582  ff. 

^)  Lokys  S.  24  n.  72. 

*)  Bluhme,  Handausg.  d.  LL.  Langob.  158. 

*)  MG.  Epp.  3,  280.  312.  585.  606;  dazu  auch  G.  Luzzatto,  i  Servi 
nelle  grandi  proprietä  ecclesiastiche  Italiane  dei  sec.  IX  e  X  (Pisa 
19 10)  S.  80  ff. 

^)  Ann.  regn.  Francor.  zu  806,  eine  Gesandtschaft  aus  d.  Osten 
zurückkehrend  landet  im  Hafen  dort.  Mühlbacher  Reg.^  nr.  422  b. 
Über  Xenodochien  daselbst  ebenda  1660. 

*)  Ann.  regn.  Franc,  zu  821  (Mühlbacher  Reg.  nr.  740c;  dazu  MG. 
Concil.  2,  586  (827);  dazu  Mühlbacher  Reg.'^  nr.  401. 

')  Ann.  regn.  Francor.  zu  796;  Mühlbacher  nr.  350  f. 

*)  Lokys  a.  a.  O.  S.  35. 

»)  Ann.  regn.  Franc,  zu  802;  Mühlbacher  388  b. 
*")  Darüber  Zimmer  in  SB.  d.  Berliner  Akad.  1909  S.  368. 
")  Mühlbacher  Reg.^  nr.  i242d  u.  1246c.  1247.    Vgl.  auch  O.  Har- 
nack,  Das  karolingische  u.  d.  byzantin.  Reich   in   ihren  wechselseit. 
polit.  Beziehungen  S.  32.  1^)  Heyd  a.  a.  O.  i,  i22f. 

D  o  p  sc  h  ,  Wirtschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.   II.    2.  Aufl.       14 


—      2IO      — 

Eichstädt  (f  786)  auf  seiner  Reise  nach  dem  heiligen  Lande 
Schiffe  aus  Ägypten.^)  Mit  Byzanz  haben  augenscheinlich 
bereits  regelmäßige  Verbindungen  bestanden.^) 

Hier  hat  die  Belebung  der  politischen  Beziehungen 
zwischen  Karl  dem  Großen  und  dem  griechischen  Kaiser- 
tum ^)  wohl  ebenso  förderhch  eingewirkt,  wie  die  religiös- 
dogmatischen Streitigkeiten  (Bilderverehrung)  zwischen  West 
und  Ost.*) 

Auch  der  Besuch  des  heiligen  Landes  wurde  jetzt 
wieder  mehr  gepflegt  ^),  seitdem  Karl  der  Große  den  Schutz 
der  Christen  dort  übernommen  und  politische  Beziehungen 
zu  Harun  al  Raschid  angeknüpft  hatte.  Sie  waren  sicher 
auch  gegen  Byzanz  gerichtet.^) 

Wir  werden  uns  den  Handelsverkehr  Italiens  sehr  belebt 
vorzustellen  haben.')  Darauf  weisen  die  wiederholten  Ver- 
bote Kaiser  Ludwigs  IL,  die  Rompilger  und  jene,  welche  zu 
Handelszwecken  im  Reiche  umherreisten,  zu  belästigen  oder 
zu  berauben.^)  Kaiser  Lothar  aber  hatte  schon  822/3  ver- 
ordnet, daß  der  Seehandel  wie  von  alters  nur  ad  portura 
legitima  betrieben  werden  solle.®)  Gewiß  geht  dabei  die 
Haupttendenz  dahin,  die  Umgehung  der  Zollstätten  zu  ver- 
eiteln. Allein  zugleich  erhellt  doch  auch,  daß  eben  der 
Seehandel  bereits  sehr  verbreitet  und  belangreich  gewesen 
sein    muß.     Karls   Bemühungen   um   eine   Flotte    und    die 

')  MG.  SS.  XV.  r,  92. 

*)  Vgl.  den  Brief  des  Papstes  an  Pippin  von  764:  pro  tarn  saeva 
huius  hiemalis  teniporis  asperitate  nulliis  de  Ulis  partibus  adveniens 
nohis  7iuntiavit  MG.  Epp.  4,  535. 

')  O.  Harnack  a.  a.  O.  S.  33  flf. 

*)  Hauck,  Kirchengesch.  Deutschlands  2,  276 ff. 

^)  Translatio  S.  Genesii,  Ztschr.  f.  Gesch.  d.  Ob.  Rheins  24,  9 : 
Reliquias  de  Hierosolymis  a  7iegotiatoribus  adporiatas.  Vgl.  Willibaldi 
vita  episcop.  Eichstettens.  MG.  SS.  XV.  1,92  c.4;  dazu  Hauck,  Kirchen- 
geschichte Deutschlands  2,  301  ff. 

^)  O.  Harnack  a.  a.  O.  S.  33. 

')  Vgl.  auch  die  Quellennachweise  bei  Solmi,  le  associazioni  in 
Italia  S.  45  ff. 

*)  MG.  Capit.  2,  84  c.  I  u.  86  c.  I :  perventum  est  ad  nos  quod  eos,  gut 
Romam  orationis  causa  pergunt  vel  qui  negotiandi  gratia  per 
regnum  nostrum  discurrunt  .  .  . 

*)  Ebenda  i,  319  c.  17. 


—       211       — 

maritimen  Maßnahmen,  die  er  sonst  traf  ^),  werden  nun  erst 
recht  verständUch.  Diese  Flottenrüstungen  dienten  nicht 
bloß  dem  Küstenschutz,  sondern  sollten  dem  Seehandel  auch 
außerhalb  des  Festlandes  einen  sicheren  Rückhalt  bieten. 
Die  Feinde  auf  die  hohe  See  zu  verfolgen  und  dort  eventuell 
zu  bekämpfen,  wie  es  die  Aufgabe  der  fränkischen  Flotten- 
aufstellungen war'^),  hat  eben  zur  Voraussetzung,  daß  eine 
Handelsflotte  vorhanden  war. 

Ferner  aber  beachte  man  doch:  Zahlreich  sind  die  Er- 
wähnungen in  den  verschiedenen  Quellen,  die  von  fremden 
und  überseeischen  Erzeugnissen  (peregrina  seu  transmarina) 
sprechen.^)  Sie  werden  auch  im  Innern  Deutschlands  zu 
Geschenken  verwendet.*)  Es  waren  neben  Gewürzen  aller 
Art^),  Seidenstoffe,  Atlas-^)  und  Purpurgewänder,  Edelsteine, 
sowie  auch  seltene  Tiere  und  Vögel  oder  deren  Pelzwerk. 

Doch  nicht  nur  in'ItaUen  und  im  Seehandel  werden 
wir  einen  regen  und  entwickelten  Verkehr  anzunehmen 
haben,  auch  im  Innern  Deutschlands  kann  derselbe  nicht  so 
gering  und  bedeutungslos  gewesen  sein ,  als  man  bisher 
annahm.'^)  Zu  den  positiven  Belegen  des  äußeren  Bildes 
der  Straßen-  und  Handelszüge  tritt  noch  die  Rolle  hinzu, 
welche  Handel  und  Wandel  in  der  Gesetzgebung 
jener  Zeit  spielen.  Oft  und  oft  ist  ja  davon  in  den  Kapi- 
tularien die  Rede.  Der  Handel  soll  nicht  am  Sonntag 
stattfinden,  sagt  ein  häufig  wiederholtes  Verbot.^)    Als  Motiv 

^)  Vgl.  Ch.  de  la  Ronciere,  Charlemagne  et  la  civilisation  mari- 
time au  IX  siecle,  Moyen  Age  2.  Ser.  i  (1897). 

*)  Vgl.  dazu  auch  E.  Thubert,  Politique  du  Nord  de  l'Europe 
au  moyen  age,  Revue  d'hist.  diplom.  20,  520  (1906). 

»)  Vgl.  MG.  FF.  415  nr.  29;  Mönch  v.  St.  Gallen  2.  17;  Briefe 
Bonifaz'  MG.  Epp,  3,  298.  308.  328.  338.  366.  367. 

*)  Vgl.  die  n.  3  zit.  Briefe  d.  Bonifaz. 

")  Dazu  AI.  Schulte,  Gesch.  des  mittelalt.  Handels  i,  73. 

*)  Vgl.  dazu  auch  J.  Karabacek,  Über  einige  Benennungen 
mittelalterl.  Gewerbe  i  (1882)  S.  8ff.,  sowie  G.  Jacob,  Welche  Handels- 
artikel bezogen  die  Araber  des  MA.  aus  den  nordisch  -  baltischen 
Ländern,  2.  Aufl.  189 1  u.  Suppl.  dazu:  die  Waren  beim  arab.- nordischen 
Verkehr  im  Mittelalter  1891. 

'')  Neben  Falke,  Inama  u.  Kötzschke  besonders  auch  K.  Rathgen, 
Die  Entstehung  der  Märkte  in  Deutschland  1881  S.  i2f. 

*)  MG.  Capit,  1,  149  C.8  (809);  150  c.  18;  174  c.  15;  182  c.  2;  304  c.  9; 
376  c.  30. 

14* 


—       212       — 

dafür  war  aber  neben  dem  liturgischen,  der  Heiligung  dieses 
Tages,  doch  auch  maßgebend,  daß  die  Leute  dadurch  die 
Möglichkeit  gewinnen  sollten,  zur  Kirche  zu  gehen. ^)  Der 
Handels-  und  Geschäftsverkehr  wurde  also  bereits  als  eine 
Behinderung    dieser    religiösen  Verpflichtungen  empfunden. 

Ebenso  häufig  tritt  auch  das  Verbot  auf,  daß  Kleriker 
und  Priester  sich  nicht  in  weltliche  Geschäfte  einlassen 
sollen.^)  Dazu  aber  muß  gehalten  werden,  daß  mehrfach 
auch  ein  Verbot  an  ebendieselbe  Adresse  gerichtet  wird, 
nicht  unredlichen  Gewinn  (turpe  lucrum)  anzustreben.^)  Ein- 
mal aber  heißt  es  geradezu :  ut  presbyter  negotiator  non  sit, 
nee  per  ullum  turpe  lucrum  pecunias  congreget.^)  Und  dazu 
treten  erläuternd  jene  anderen  Stellen,  vom  Jahre  829,  aus 
denen  wir  erfahren,  daß  Priester  auch  rriehrfach  auf  den 
Märkten  sich  herumtrieben  ^)  und  Geld  auf  hohe  Zinsen 
verliehen.")  • 

Bedeutsam  erscheint  mir  zur  Beurteilung  des  Handels- 
verkehrs auch  das  Verbot  des  Nachthandels.  Hier  wird 
ausdrücklich  aufgezählt,  was  nicht  bei  Nacht  verhandelt 
werden  soll:  Gold- und  Silbergefäße,  Sklaven,  Edelsteine, 
Pferde  und  Tiere.  Man  sieht,  eine  stattliche  Reihe.  Nur 
Lebensmittel  und  Pferdefutter,  das  für  die  Reisenden  not- 
wendig wäre,  erscheinen  von  diesem  Verbot  ausgenommen.'^) 
Alle  jene  Gegenstände,  bei  welchen  die  genaue  Kenntnis- 
nahme ihrer  QuaUtät  für  den  Abschluß  des  Handels  von 
entscheidender  Bedeutung  war,  sollten  offenbar  behufs  Ver- 
hinderung des  Betrugs  bei  hellem  Tageslicht  verhandelt 
werden.  Auf  möglichste  Publizität  des  Handels  ist  ja  auch 
die  unmittelbar  noch  anschließende  Bestimmung  gerichtet: 
sed  in  die  corain  omnibus  et  cor  am  testibus  unusquisque 
suum  negotium  exerceat. 

Ich  habe  schon  im  i.  Teil  dieses  Werkes^)  noch  darauf 
hingewiesen,    daß    auch    das  Verbot   des  Viehhandels   mit 

^)  Ebenda  376  c.  30  (826);  vgl.  2,  420  (845)  c,  80. 

^)  Ebenda  i,  55  c.  23;  102  c.  9;  240;  2,  106  n.  223. 

^)  Ebenda  i,  92  c.  i;  95  c.  22;  132  c.  15;  240;  312  c.  6. 

*)  Ebenda  244  c.  16  (802—10);  vgl.  ebenda  2,  179  c.  13. 

^)  Ebenda  2,  33  c.  i^,'- per  diver sos  mercatus  indiscrete  discurrunt. 

")  Ebenda  2,  43  c.  XX.  '')  Ebenda  i,  142  c.  2  (806 — 13). 

«)S.325f. 


—     213      — 

Gaufremden  auf  eine  ziemlich  große  Entwicklung  desselben 
deute.  Die  bekannten  Erlasse  Karls  wider  den  Getreide- 
wucher ^)  bezeugen  ebenso  einen  regen  Kornhandel. 

Wie  entwickelt  der  Handel  auch  mit  Edelsteinen  und 
kostbaren  Gefäßen  gewesen  sein  muß,  lehrt  am  besten  wohl 
der  Umstand,  daß  jüdische,  aber  auch  andere  Kaufleute 
schon  um  800  prahlten ,  sie  könnten  was  ihnen  beliebte 
von  den  Kirchenschatzmeistern  kaufen.^)  Karl  der  Große 
sieht  sich  geradezu  veranlaßt,  damals  durch  die  Missi  an 
die  Kirchenvorstände  die  Mahnung  zu  richten:  ne  propter 
perfidiam  aut  neglegentiam  custodum  aliquod  de  gcinni  is, 
aut  de  vasis,  reliquo  quoque  thesauro  perditum   sit. 

Die  hohe  Wertschätzung,  deren  sich  die  Reliquien  von 
Heiligen  erfreuten^),  führte  alsbald  dazu,  daß  die  Speku- 
lation sich  auch  darauf  warf  und  einen  blühenden  Reliquien- 
handel ausbildete.*) 

Auch  das,  was  wir  aus  der  Zollgesetzgebung  ent- 
nehmen können,  weist  in  dieselbe  Richtung.  Ich  möchte 
dabei  weniger  auf  die  Tatsache  Gewicht  legen,  daß  zahl- 
reiche und  verschiedene  Arten  von  Zollabgaben  in  den  Zoll- 
befreiungsprivilegien genannt  werden  —  rotaticum,  pontati- 
cum,  salutaticum ,  pulveratictitn,  cispitaticum  ^),  portaticum, 
ripaticum,  cenaticum,  laudaticum,  trabaticu  m  ^)  -  hier  mag 
ja  vieles  formelhaft  und  zum  Teil  auch  aus  älterer,  besonders 
der  Römerzeit  übernommen  sein.'^j  Allein  eine  solche  Spezi- 
fikation technischer  Bezeichnungen  hatte  ebenso  wie  das 
wiederholt  eingeschärfte  Verbot,  neue  Zölle  widerrechtlich 
zu  erheben^),  doch  nur  einen  Sinn,  wenn  ein  hinreichen- 
des Objekt  solcher  Zollerhebung  auch  wirklich  vorhanden 
war.     Und   das   um   so  mehr,    als   an  die  Verfrachtung  der 

^)  Vgl.  im  I.  Bande  S.  324. 

*)  MG.  Capit.  I,  131  c.  4:  dictum  est  nohis,  quod  negotiatores  Itidaei 
necnon  et  alii  gloriantur,  quod  quicquid  eis  placeat,  possint  ab 
eis  emere. 

*)  Vgl.Walafrid,deexordiisetincrem.rer.eccl.,MG.Capit.2,48on.58. 

*)  Vgl.  Mathäi  a.  a.  O.  S.  5  u.  26.  »)  MG.  FF.  107  nr.  i;  112. 

")  Ebenda  301  nr.  20.  Dazu  E.  Mayer,  Zoll,  Kaufmannschaft  und 
Markt  in  d.  German.  Abh.  z.  70.  Geburtstag  K.  Maurers  S.  378 ff. 

T)  Vgl.  Brunner  DRG.  2,  238 f. 

*)  Capit.  I,  284  c.  17;  vgl.  I,  64  c.  28  u.  145  c.  6. 


—       214      — 

gewöhnlichen  grundherrschaftlichen  Produktion  dabei  gar 
nicht  gedacht  werden  kann,  da  es  ein  Grundsatz  schon  der 
karolingischen  Zollgesetzgebung  war,  daß  der  Eigenbedarf 
zollfrei  belassen  wurde  und  nur  das  Handelsgut  der  Abgabe 
unterlag.^) 

Weitere  Beobachtungen  lassen  sich  noch  zur  Unter- 
stützung dieser  Auffassung  machen.  Die  rege  Sorge  für 
gute  Instandhaltung  der  öffentlichen  Straßen  und  Brücken^) 
gewinnt  ihre  besondere  Bedeutung  auch  für  den  Handel, 
wenn  wir  im  Einzelfalle  die  Ermächtigung  zur  Anlage  einer 
Wasserleitung  davon  abhängig  gemacht  sehen,  daß  die  dar- 
über gebaute  Brücke  den  Verkehr  nicht  behindere.^) 

Es  ist  meines  Erachtens  ein  grundlegender  Irrtum  der 
früheren  Forschung  und  besonders  auch  v.  Inamas  gewesen, 
daß  man  annahm,  die  alten  Handelswege  der  Germanen,  ja 
sogar  die  Römerstraßen  seien  durch  die  sog.  Völkerwande- 
rung völlig  verschüttet  worden.*)  Gerade  der  Handel  pflegt, 
da  die  persönlichen  Interessen  des  Einzelnen  damit  enge 
verknüpft  sind,  auch  bei  großen  Kriegen  nie  gänzlich  oder 
dauernd  zu  versiegen.  Die  Hoffnung  auf  Gewinn  reizt  den 
Wagemut  des  Händlers  auch  mitten  in  unsicheren  Verhält- 
nissen. Und  wenn  es  auch  keine  zentrale  Reichsgewalt  gab, 
die  im  ganzen  für  die  Straßenanlagen  gesorgt  hätte,  so  be- 
saß man  im  kleineren  Kreise  doch  alles  Interesse,  die  vor- 
handenen Verkehrsmittel  zu  pflegen.^)  Und  so  hat  denn 
auch  die  Lokalforschung  neuerer  Zeit  immer  wieder  das- 
selbe Resultat  ergeben,  daß  die  Römerstraßen  tat- 
sächlich fortbenutzt  und  bis  in  die  Karolinger- 
zeit erhalten  geblieben  sind.®) 

Aber  auch  die  Einrichtung  von  Fremdenherbergen 
(Xenodochien) '^)    und    Hospizen,     besonders    auf    Gebirgs- 

^)  Vgl.  die  schon  von  Brunner  a.  a.  O.  zit.  Kapit.- Stellen. 

"-)  Waitz  VG.  4',  32  ff. 

^)  Mühlbacher  Reg.^  nr.  687  (Migne  104,  1090):  xit  pons  desuper 
talis  ßeret,  qiii  trmiseuntibus  nihil  abesset. 

*)  WG.  I,  428  ^  1 2,  583.  »)  Vgl.  dazu  Mathäi  a.  a.  O. 

')  Vgl.  für  das  IVIoselland  Lamprecht  WL.2,  239 f.;  für  SO  Deutsch- 
land Reutter,  Jb.  f.  Landesk.  NÖ.  1909  S.  196,  bes.  auch  J.  Schneider 
a.  a.  O.,  sowie  meine  „Grundlagen"  2,  448  ff. 

■')  Darüber  die  Belege  bei  Waitz  VG. 4^,  24  f.,  sowie  Anskars  Leben 


—      215      - 

passen  ^),  war  bereits  entwickelt.  Man  konnte  auch  ohne 
könighchen  Verpflegebrief  (tractoria)  schon  die  für  Mensch 
und  Pferd  zum  Unterhalte  nötigen  Lebensmittel  und  Futter 
kaufen.^)  Die  Lieferung  dieser  Reisebedürfnisse  nimmt 
Karl  der  Große  bezeichnenderweise  bei  seinem  bekannten 
Verbote  des  Nachthandels  aus.  Es  gab  damals  auch 
schon  Gasthäuser,  wo  man  gegen  Bezahlung  Unterkunft 
fand.^)  Nicht  selten  mochte  es  da  denn  auch  vorgekommen 
sein,  daß  man  den  fremden  Reisenden  prellte  oder  über- 
hielt, wogegen  ein  Kapitulare  Ludwigs  II.  von  Italien  aus 
dem  Jahre  865  Stellung  nimmt.*)  v.  Inama  hat  das  alles 
übersehen  und  ein  ganz  falsches  Bild  von  den  Reiseverkehrs- 
möglichkeiten gegeben.^) 

P.  Sander  hat  die  Behauptung  aufgestellt,  die  von  mir 
beigebrachten  Einzelheiten  über  die  Entwicklung  des  Pilger-, 
Reise-,  Boten-  und  Touristenverkehrs  beweise  für  den  Handel 
gar  nichts.  Man  müsse  vielmehr  da  zwischen  Verkehr  und 
Handel  scharf  unterscheiden.^)  Tatsächlich  tritt  auch  hier  die 
geringe  Vertrautheit  Sanders  mit  den  Quellen  der  Karo- 
lingerzeit   deuthch   zutage.    Denn    sowohl    für    die    Pilger ') 

d.  Bischofs  Willehad  (Bremen)  MG.  SS.  2,  386  c.  4,  ferner  MG.  Capit. 
2,  94  c.  5  (865);  auch  Mühlbacher  Reg.*  nr.  1660. 

')  Oehlmann  a.  a.  O.  S.  204.  236.  239. 

2)  Vgl.  neben  d.  Capit.  vom  Jahre  806  MG.  Capit.  i,  142  c.  2  auch 
die  Salzburger  Formel  MG.  FF.  443  nr.  13:  pabulo  mmentorum  eundo 
et  redeimdo  entere. 

ä)  Vgl.  Mathäi  a.  a.  O.  S.  27. 

*)  MG.  Capit.  2,  93  c.  5 :  hospitibus  .  .  mit  sua  cariiis  quam  vicinis 
audeant  vendere. 

*)  WG.  I,  447  —  1*,  607:  „Dem  kleinen  Freien,  der  nicht  über 
einen  könighchen  Postschein  (evectio)  oder  eine  Einquartierungs- 
order (litera  tractoria)  gebot,  dem  nicht  Eigenleute  oder  Grundhörige 
auf  entlegenen  Besitzungen  Wagen  und  Pferde  nebst  der  nötigen 
Bedienung  stellten,  mochte  es  schwer  genug  fallen,  überhaupt  nur 
eine  weitere  Reise  zu  unternehmen;  eine  regelmäßige  Briefbeförde- 
rung oder  Warenversendung  gehörte  für  ihn  aber  wohl  zu  den  un- 
möglichen Dingen."  —  Vgl.  dagegen  den  Nachweis  Mathäis,  daß 
Einhard  auch  Reisen  im  Auftrage  des  Kaisers  anscheinend  ohne 
tractoria  gemacht  hat  a.  a.  O.  S.  20. 

«)  A.  a.  O.  1075. 

^)  Vgl.  den  Brief  Karls  d.  Gr.  an  Kg.  Offa  v.  Mercien  MG.  Epp. 
4,   145  (796). 


—      2l6     — 

als  auch  für  die  zu  Hofe  Reisenden  ^)  mußte  besonders  ein- 
geschärft werden,  daß  ihre  Zollfreiheit  nur  für  den  Eigen- 
bedarf gelte,  der  darüber  hinaus  von  ihnen  betriebene 
Handel  aber  der  Zollpflicht  unterliege.  Man  sieht  eben 
daraus,  wie  sehr  Verkehr  und  Handel  damals  in  WirkHch- 
keit  zusammenfielen  und  wie  wenig  Sanders  theoretische 
Erwägung  dieser  entspricht. 

Auch  die  königliche  Gesetzgebung  über  Maß  und  Ge- 
wicht eröffnet  uns  ganz  denselben  Ausblick.  Die  Klagen 
über  die  BenachteiUgung  der  Armen  durch  ungleiches  Maß 
und  Gewicht  können  unmöglich  nur  auf  deren  Zinsabliefe- 
rung bezogen  werden.  Sie  setzen  ebenso  wie  die  Be- 
mühungen Karls  des  Großen  und  Ludwigs  des  Frommen 
zur  Herbeiführung  einer  größeren  Einheitlichkeit  wenigstens 
innerhalb  derselben  Herrschaft  (dominatio)  ^)  doch  auch 
einen  regen  Warenverkehr  voraus. 

Auch  der  scheinbar  begründete  Einwand  Rathgens,  daß 
alle  diese  Verordnungen  nur  auf  Westfrancien  zu  beziehen 
und  seit  der  Bildung  des  ostfränkischen  Reiches  von  solcher 
staatlicher  Tätigkeit  kaum  mehr  die  Rede  sei^),  ist  tat- 
sächlich nicht  beweiskräftig.  Die  Kapitulariengesetzgebung 
versiegte,  wie  bekannt,  nach  dem  Tode  Ludwigs  des  Frommen 
im  Ostreiche  ganz  allgemein.  Es  wäre  aber  verkehrt,  daraus 
den  so  weitgehenden  Schluß  zu  ziehen,  daß  Deutschland 
„in  tiefe  Barbarei  zurückgeschleudert"  worden  sei.  Für  den 
Handel  genügt  der  Hinweis  auf  die  Raffelstätter  Zollord- 
nung (904/5),  das  Gegenteil  davon  zu  erhärten. 

Man  erwäge  ferner,  was  die  großartige  Entwick- 
lung des  Epistolarverkehrs  auf  weite  Fernen  —  ich 
erinnere  nur  z.  B.  an  die  Briefe  Alchvins  an  Arno  v.  Salz- 
burg —  an  Verkehrsbeziehungen  doch  voraussetzt.*)     Und 

^)  MG.  Capit.  I,  294  c.  2  (820). 

-)  Waitz  VG.  4-,  76  und  Inama  WG.  i  ^  620.        ^)  A.  a.  O.  S.  ißf. 

*)  Wenn  v.  Inama  WG.  i,  447  n.  2  =  i  *,  608  n.  i  mit  Waitz  VG. 
4^,  27  n.  2  einen  Brief  Alchvins  (MG.  Epp.  4,  424  (803.?)  nr.  265)  für 
die  gegenteilige  Annahme  verwerten  will ,  so  kann  die  angezogene 
Stelle  für  die  Seltenheit  eines  Reiseunternehmens  um  so  weniger  be- 
sagen, als  gerade  Salzburg  ja  doch  für  Westfrancien  recht  entlegen 
war  —  der  Brief  ist  an  Arn  gerichtet  —  und  eben  die  longitiquitas 
terrarum  ausdrücklich  als  Behinderungsmittel  einer  häufigeren  Träger- 


—      217     — 

dazu  ist  das,  was  noch  auf  uns  gekommen  ist,  wahrscheinlich 
nur  ein  geringer  Teil  der  Privatkorrespondenz  jener  Zeit.    In 
Handelsstädten,    z.  B.   Mainz,  fand    man,    wie  es    in   einem 
Briefe   von  826  —  40  heißt,    stets  Leute,    denen   sich   auch 
geringere  Personen  zur  Fahrt  nach  Rom  anschließen  konn- 
ten.^)     Die   große  Winterkälte    von    821     aber   veranlaßte 
den  Annalisten  zu  der  Bemerkung,  daß  das  Eis  der  Flüsse      ['if^^ 
selbst  die  schweren  Frachtwagen,  welche  nach  den  verschie-   \      ly^^ ^  (> 
denen  Richtungen   verkehrten,   wie   eine  Brücke   aushielt.^)!    '-'    jf^H 
Mathäi   hat   an   der  Hand   der  translatio  SS.  Marcellin    -f^    ^  ' 
et  Petri   ein  Bild  von   dem  Reiseverkehr  zur  Zeit  Ludwigs 
des  Frommen  entworfen,  das  eine  nicht  beachtete  Entwicklung 
desselben  widerspiegelt.    Ich  möchte  dazu  noch  stellen,  daß 
auch  eine  Art  freien  Passantenverkehrs  schon  vorhanden 
war.     Denn  die  Vorstellung  von  Reisenden,  die  auf  öffent- 
lichen   oder    fremden  Verkehrsmitteln,    gewissermaßen   als 
Passagiere,  mitfuhren,  epibatae,  war  bereits  der  poetischen 
Literatur  jener  Zeit  geläufig.^) 

Verbindung  (inopia  portitorum !)  bezeichnet  wird.  Daß  diese  Be- 
merkung Alchvins  keine  allgemeine  Bedeutung  für  sich  beanspruchen 
kann,  beweist  am  besten  ein  Brief  Einhards  an  den  BibHothekar 
Gerwaid,  wo  es  heißt:  non  deerunt  perlatores,  si  hoc  quod  scripserts, 
Bonotto  vicedoniino  nostro  mitter e  volueris.  Mathäi  a.  a.  O.  S.  14.  Vgl. 
dagegen  auch  die  Salzburger  Formel  MG.  FF.  443  nr.  11:  Sincerrima 
sunt  nafuque  inter  absentes  comercia  litter arum ,  ut,  qui  se  miituis  con- 
loquiis  non  valent  confortari ,  invicem  saltim  per  epistolae  stilum 
vicissim  se  intueantiir,  et  quod  locorum  separat  longarum  divisio,  iiingat 
unanimitas  inscribendi.    Vgl.  auch  ebenda  453  nr.  61. 

')  MG.  Epp.  5,  132  nr.  44. 

'*)  Ann.  regn.  Francor.  82 1 :  ut  tricenis  vel eo  ampliiis  diebuspla ustra 
huc  atque  illuc  commeantia  velut  pontibzis  iuncta  sustinerent. 

^)  Vgl.  MG.  Poetae  lat.  3  Sachregister  (Epibata)  und  die  dort 
zit.  Glossen  dazu.  Wenn  ich  in  der  i.  Aufl.  von  Touristenverkehr 
sprach,  so  war  dies  durch  den  Folgesatz  genügend  verdeutlicht. 
Natürlich  habe  ich  nicht  an  Hochtouristen  gedacht,  wie  P.  Sander 
(a.  a.  O.  1076)  zu  meinen  scheint.  Seine  überhitzte  Polemik  war  um 
so  weniger  am  Platze,  als  zu  den  früher  bereits  zitierten  Quellen  für 
die  epibatae  auch  noch  Isidors  Etymolog.  XIX.  i.  7  (Migne  82,  663) 
ergänzend  u.  bekräftigend  hinzutreten.  Zudem  ist  schon  von  Ducange, 
glossar.  unter  diesem  Stichworte  auch  eine  Quelle  zitiert,  nach  der 
epibata  mit  institor  synonym  gebraucht  erscheint.  Ebendies  würde 
noch  ganz  besonders  für  die  Bedeutung  dieses  Reiseverkehrs  sprechen 
u.  den  Zusammenhang  mit  dem  Handel  wiederum  erweisen. 


—      2l8      — 

Die  allgemeine  Auffassung,  daß  der  Handel  der  Karo- 
lingerzeit unbedeutend  gewesen  sei,  basiert  auf  einer  völlig 
kritiklosen  Verwertung  der  Quellen.     Man  hat  die  Eigenart 
der  Überlieferung  da  gar  nicht  in  Rechnung  gestellt.     Man 
kam    zu    solchen    Anschauungen ,     weil    man    aus    Quellen 
schöpfte,  die  großenteils  von   den  Grundherrschaften,  oder 
besser    gesagt   den    geistlichen  Archiven  herrühren.     Diese 
Quellen  boten   ihrer  inneren  Natur   nach   selbstverständlich 
keine,    oder   nur   dürftige    Nachrichten    über    den   Handel. 
Man   bedenke   nur,    welch   unrichtiges   Bild   sich    von   dem 
Handel  des  späteren  Mittelalters  ergeben  würde,  wollte  man 
ihn   nur   nach  den  Urbaren  dieser  Grundherrschaften  beur- 
teilen!     Aus  den    Städten   der  Karolingerzeit    besitzen  wir 
leider   keine  jenen   der    späteren   Zeiten    analoge    Quellen. 
Aber   dort,    wo  die   erzählenden   Quellen   (Annalen,  Viten, 
Translationen),  obwohl  selbst  wieder  geistlichen  Charakters, 
Gelegenheit    finden,    von    den   Städten    und    Märkten    zu 
sprechen,    treiTen    wir    tatsächlich    auch   Nachrichten    über 
Handelsverkehr.    Besonders  drastisch  tritt  diese  Abhängig- 
keit   des    Quelleninhaltes    von    der    Herkunft    und 
Interessenverschiedenheit  ihrer  Verfasser  bei  einem 
Vergleich  mit  den  arabischen  Berichterstattern  des  lo.  Jahr- 
hunderts hervor.    Sie  haben  mit  kaufmännischen  Interessen 
hauptsächlich    die  Städte    besucht   und    die   Eindrücke    von 
daher  wiedergegeben.     Man  höre  nun,  wie  z.  B.  AI  Mas'üdi 
das   Land    der  Franken   schildert.     In   demselben    gäbe    es 
gegen    150  Städte^),  die  Hauptstadt  sei  Paris.     Es   sei  un- 
fruchtbar, weil  es  schlechten  Ackerboden  habe,  überdies  auch 
wenig  Weinberge  und  Bäume  besitze.    Seine  Bewohner,  die 
Franken  —  deren  persönUche  Eigenschaften  berührt  werden 
—  gewännen  „durch  Handel  und  Handwerk  ihren  Unter- 
halt".2)    Also  das  gerade  Gegenteil  von  dem,  was  man  unter 
dem  Eindrucke  der  einseitig  grundherrschaftlichen  und  agrar- 
wirtschaftlichen  Quellen  bis  jetzt  ganz  allgemein  angenom- 

1)  Die  Zahl  ist  naturgemäß  wohl  nur  eine  (übertriebene?) 
Schätzungsziffer.  Aber  sie  spiegelt  gerade  als  solche  den  allgemeinen 
Eindruck  wider,  den  der  Be;ichterstatter  von  der  Verbreitung  des 
Städtewesens  doch  gehabt  hat. 

=)  G.Jacob,  Ein  arab.  Berichterstatter  ausd.  lo.Jahrh.  3.Aufl.S.2i. 


—      219      — 

men  hat.  Eine  ernsthafte  Berichtigung  dieser  Anschauungen 
wird  sich  immer  dringender  notwendig  machen,  je  mehr 
durch  subtile  Einzelforschung  der  Kreis  der  Quellen  sich 
erweitert. 

Aber  auch  die  zweite  Hauptthese  der  Handels- 
geschichte dieser  Zeit  ist  nicht  richtig.  Der  Handel  sei 
damals  dem  fremden  Kaufmann  überlassen  geblieben,  neben 
der  einheimischen  Bauernkultur  habe  sich  erst  später  ein 
eigener,  selbständiger  deutscher  Kaufmannstand  als  Berufs- 
stand langsam  entwickelt.^) 

Diese  Annahmen  sind  bereits  durch  die  oben  gebotene 
äußere  Geschichte  des  tatsächlichen  Handelsbetriebes  auch 
durch  Friesen,  Sachsen,  Franken,  Bayern  und  Schwaben 
widerlegt.^)  Naturgemäß  hatten  die  Meeranwohner  daran 
vor  allem  teil.  Das  war  ja  auch  später  noch  so.  Die 
Niederländer  und  Hansastädte  im  Norden,  die  südfranzö- 
sischen und  itaUenischen  Städte  im  Süden,  vor  allen  Vene- 
dig, Pisa,  Amalfi  u.  a.  beherrschten  auch  dann  noch  den 
Handel,  a4s  er  bereits  zu  hoher  Blüte  gediehen  war.  Und 
spielten  die  Juden  im  späteren  Mittelalter  und  darüber 
hinaus  vielleicht  nicht  ebenso  eine  wichtige  Rolle  im  ganzen 
Handelsverkehr } 

Zudem  hat  B.  Hahn  jüngst  nachgewiesen,  daß  die  Juden 
durchaus  nicht  „die"  Händler  im  fränkischen  Reiche  ge- 
wesen sind  und  von  einer  Beherrschung  des  Handels  durch 
sie  gar  nicht  die  Rede  sein  könne. ^) 

Endlich  kann  auch  die  dritte  These  der  früheren 
Forschung  nicht  aufrechterhalten  werden,  daß  die  großen 
Grundherrschaften  die  Träger  des  Handelsverkehrs  gewesen 
seien  und  in  der  Pflege  eines  regen  Produktenhandels  den 
Schlußstein  des  Gebäudes  ihrer  wirtschaftlichen  Organisation 
erblickt  hätten.*)  Alles,  was  jene  Zeit  an  Verkehrseinrich- 
tungen geschaffen  und  besessen  habe,  sei  grundherrlicher 
Art  gewesen.    Auch  dieses  Gebiet  des  volkswirtschaftlichen 


*)  So  Waitz  VG.  4*,  44.  Dann  besonders  v,  Inama  WG.  i  *,  608, 
Mühlbacher,  Deutsche  Gesch.  S.  286,  AI.  Schulte,  Gesch.  d.  Handels 
S.  79,  auch  Rathgen,  Die  Entstehung  der  Märkte  in  Deutschland  S.  12L 

")  Siehe  S.  192  ff.  •')  A.  a.  O.  S.  42. 

*)  V.  Inama  WG.  i,  438  =  I^  599. 


—       220       — 

Lebens,  sagt  v.  Inama,  ist  am  Schlüsse  der  Periode  schon 
nahezu  ausschließlich  von  dem  Einflüsse  dieser  großen  volks- 
wirtschaftlichen Mächte  beherrscht  und  ihrem  Dienste  vor- 
nehmlich gewidmet.^) 

Ich  habe  schon  im  i.  Teile  dieses  Werkes  diese  Frage 
berühren  müssen  und  einzelne  Argumente  angeführt^),  die 
gegen  diese  Auffassung  sprechen.  Sie  beruhte  doch  wesentlich 
auf  der  grundlegenden  Hypothese,  daß  überall  eine  zentra- 
listisch  organisierte  Villikationsverfassung  vorhanden  ge- 
wesen sei,  bei  welcher  ein  weitmaschiges  System  von  Neben- 
höfen die  reellen  Wirtschaftserträgnisse  an  die  Haupthöfe, 
bzw.  Zentrale,  abführte.  Sie  setzte  weiter  auch  voraus, 
daß  diese  Großgrundherrschaften  überwiegend  Eigenwirt- 
schaft betrieben  hätten  und  eine  großartige  Aktivproduktion 
in  dieser  Eigenregie  erzielt  worden  sei.  Die  urkundlichen 
Nachrichten  ergeben  ein  völlig  anderes  Bild.  Einmal  war 
eine  solche  geschlossene  Gutswirtschaft  gar  nicht  in  dem 
Maße  vorhanden,  als  sie  jene  Theorie  annahm,  vielmehr 
herrschte  sehr  vielfach  Streulage. ^)  Dann  aber  überwog 
das  Zinsgut  bei  weitem,  während  das  in  Eigenregie  ge- 
haltene Gutsland  nur  einen  geringeren  Teil  des  Gesamt- 
bestandes ausmachte.*)  Waren  somit  die  reellen  Voraus- 
setzungen für  einen  solchen  Handel  der  Grundherrschaften 
tatsächlich  gar  nicht  vorhanden,  so  erheben  sich  mit  diesen 
Nachweisen  noch  weitere  Schwierigkeiten  für  die  herrschende 
Theorie.  Die  Streulage  der  grundherrschaftlichen  Güter 
erschwerte  die  Verfrachtung  der  Gutserträgnisse.  Weit  ab- 
liegende Güter  hätten  mitunter  einen  Ferntransport  zu  leisten 
gehabt,  dem  die  Einrichtungen  von  damals  sicher  nicht  ge- 
wachsen waren.  Denn  auch  die  Vorstellungen  von  den 
Transportdiensten  waren  ja  durchaus  von  dem  wohl- 
abgestuften  Bilde    einer    geschlossenen   Fronhofswirtschaft 

*)  Ebenda  i,  446  =  i -,  607.  '^)  i,  286ff. 

*)  Vgl.  im   I.  Teile  S.  246  ff.  u.  309. 

*)  Ebenda  S.  283  ff.  Dazu  auch  noch  Döberl,  Die  Grundherr- 
schaft in  Bayern  vom  10.  — 13.  Jahrh.,  der  (Forschungen  z.  bayr.  Gesch. 
12,  148)  für  St.  Emeram  (Regensburg)  den  in  Eigenwirtschaft  stehen- 
den Teil  des  Gutsbestandes  bloß  auf  20%  veranschlagt,  während 
das  übrige  „im  Nutzgenuß  von  Lehensleuten ,  Meiern,  Förstern  und 
Zensualen"  gewesen  sei. 


—       221       — 

beeinflußt.  Vor  allem  waren  die  angariae,  die  sicher  so 
alt  sind  als  die  Grundherrschaften  überhaupt^),  keineswegs 
eine  „im  Interesse  des  Verkehrs  auferlegte  Leistung",  wie 
V.  Inama  meinte^),  sondern  ein  aus  der  Natur  der  Zins- 
verpflichtung als  einer  Bringschuld  sich  ergebender  Liefe- 
rungsdienst. ^)  Daher  auch  die  Häufigkeit  der  Getreide-  und 
Weinfuhren,  die  schon  v.  Inama  aufgefallen  ist. 2)  Diese 
Fronden  dienen  häufig  der  Zufuhr  zum  Kloster  (ad  mona- 
steriurn)'^)^  oder  zum  nächsten  Hofe  (ad  proximam  curtemP), 
und  sind  in  der  Regel  also  auf  die  größtmögliche  Nähe 
berechnet. 

Diese  Quellenaussagen  v/idersprechen  somit  auch  der 
weiteren  Annahme  v.  Inamas,  daß  dieser  Fuhrdienst  „sich 
oft  auf  sehr  lange  Strecken  erstreckt  habe  und  für  das 
ganze  Gebiet  der  großen  Grundherrschaften,  im  einzelnen 
auch  für  weit  entlegene  Märkte  oder  wichtige  Verkehrs- 
punkte eingerichtet"  gewesen  sei.®)  Ganz  im  Gegenteile. 
Schon  Guerard  hatte  an  der  Hand  des  großen  Polyptychons 
von  St.  Germain  des  Pres  dargelegt,  daß  sie  vielfach  nur 
für  Teilstrecken  gedacht  waren '^),  ja  daß  man  eine  weitere 
Ausdehnung  durch  Geld  ablösen  konnte  (Metz).^)  Und 
Lamprecht  hat  gleichfalls  eine  Abstufung  nach  Zwischen- 
stationen angenommen.^)     Ich  habe  bereits  im  ersten  Teile 


^)  V.  Inama  WG.  i,  441  =  i*,  602  meinte,  wiewohl  er  zugeben 
muß,  daß  solche  schon  in  vorkarolingischer  Zeit  bestanden,  diese 
Verkehrseinrichtungen  hätten  ,,in  Deutschland  aber  doch  erst  während 
der  Karolingerzeit  ihre  volle  Ausbildung  und  Verwertung  erhalten". 

-)  Ebenda.    Dazu  auch  noch  ÜB.  v.  St.  Gallen  i  nr.  304  (827). 

')  Vgl.  dazu  ÜB.  v.  St.  Gallen  2,  146  (868):  duos  niodios  de  grano 
ad  proximam  curtem  eiusdem  monastern,so^\Q  die  (allerdings  jüngeren) 
Quellenstellen  bei  Lamprecht  WL.  I.  2,  812  n.  2. 

*)  Vgl.  die  von  Inama  a.  a.  O.  n.  3  u.  4  zit.  Stellen  aus  dem  Prümer 
Urbar  ad  monasterium;  ferner  das  Weißenburger  Urbar  wiederholt: 
his  in  anno  cum  suis  carr.  ad  monasterium  pergere  z.  B.  Zeuß,  Trad. 
Wizz.  279  nr.  22.  23  u.  24;  280  nr.  25.  St.  Galler  ÜB.  2,  23  (847):  et  semel 
per  amium  de  St.,  sive  sit  de  grano  seu  de  vino,  miam  perductionem 
usque  ad  motiasterium  faciam ;  vgl.  auch  ebenda  i  nr.  79  u.  113. 

*)  St.  Gall.  ÜB.  I  nr,  244.  272.  317.  *)  A.  a.  O.  i,  442  =  i  S  603. 

■')  Polyptyque  d'Irminon  i,  795.  *)  Ebenda  797  nr.  17. 

')  DWL.  I.  2,  814.  Vgl.  auch  Bikel,  Die  Wirtschaftsverhältnisse 
des  Klosters  St.  Gallen  1914  S.  144. 


—       222       — 

dieses  Werkes^)  auch  auf  die  Wirtschaftsordnung  Adal- 
hards  für  Corbie  hingewiesen  (822),  in  der  die  weite  Ent- 
fernung ausdrücklich  als  Hindernis  für  die  Zufuhr  der  Zehent- 
abgaben bezeichnet  erscheint. 

Wo  große  Städte  in  der  Nähe  waren,  werden  diese 
Fuhrdienste  z.  T.  auch  zur  Absatzverfrachtung  für  den  Markt 
gedient  haben,  wie  z.  B.  gewisse  Güter  Weißenburgs  nach 
Worms,  Mainz  und  Frankfurt  zu  dienen  hatten.^)  Der  Be- 
griff angaria  war  eben  vieldeutig.  Angariaet! können  über- 
haupt alle  möglichen  Fuhrdienste  sein,  die  willkürlich  von 
den  Grundherrschaften  oder  ihren  Beamten  den  Hintersassen 
auferlegt  werden.^) 

Man  wird  auch  noch  den  Unterschied  der  Angariae  nach 
der  Person  der  Verpflichteten  beachten  müssen.  Die  auf 
Hufen  ausgesetzten  Zensualen  werden  zumeist  bloß  Liefe- 
rungsdienste ihres  Zinses  zu  leisten  gehabt  haben.  Die 
servi  salici  aber  werden  auch  zu  Fuhrdiensten  verwendet 
worden  sein,  die  zur  Einbringung  der  an  Ort  und  Stelle 
entweder  nicht  vorhandenen,  oder  der  kaufweise  erworbenen 
Konsumtionsgüter  (Salz,  Wein  und  Holz)  notwendig  waren. 

So  unterscheidet  eine  St.  Galler  Urkunde  die  servi  vel 
ancillq  conjugati  et  in  niansis  manentes ,  welche  opei'a 
dimidia  leisten,  von  den  puell(^  infra  salam  manentes^  die 
3  Tage  in  der  Woche  zu  dienen  haben.*)  In  Kempten  be- 
sorgten die  servientes  die  Salztransporte.'') 

Neben  den  Angariae  werden  besonders  häufig  die  para- 
fredi  in  den  Quellen  genannt,  v.  Inama  hat  diese  Leistung 
von  Pferdediensten  so  dargestellt^),  als  ob  dies  ein  vor- 
wiegend „öffentliches  Institut"  gewesen  sei  und  „im  Verlaufe 


')  I,  292  n.  3. 

2)  Zeuß,  Trad.Wizz.  278  nr.  18;  vgl.  auch  Lamprecht  WL.  I.  2,  8i2_ 
der  konstatiert,  daß  die  Richtung  der  Transportdienste  ,,auf  die 
großen  Städte  und  Märkte  in  der  Nachbarschaft  der  Grund- 
herrschaft., nicht  so  stark  hervortritt  wie  im  Nachrichtendienst". 

*)  Vgl.  die  Klagen  der  westfränk.  Bischöfe  wider  die  königl. 
Amtleute  vom  Jahre  858  MG.  Capit.  2,  437  c.  14:  Et  servos  regios 
iudices  non  opprimant . .  .  7iegtie  per  angarias  in  tempore  incongruo  illos 
affligant. 

*)  St.  Gall.  ÜB.  I,  220  nr.  228.  ")  Kalischer  a.  a.  O.  S.  66. 

•)  WG.  I,  443=  I^  604. 


—       223       — 

der   Karolingerherrschaft   dann    die   wachsende   Übermacht 
der  großen  Grundherren  und  die  damit  erworbene  Immunität 
auch    diesem    Zweige    der   Reichsverwaltung    immer    mehr 
feindlich  geworden  sei".     „Die  immunen  Gutsbezirke,  sagt 
er,  werden   ausdrücklich  von  der  Leistung    der  paraveredi 
ausgenommen  und  damit  diesem  öffentlichen  Institute  über- 
haupt  der  Boden    unter    den   Füßen    entzogen."     So   habe 
sich  auch   diese    „ursprünglich    rein    öffentliche  Einrichtung 
schließlich   in   eine    der  vielen  Grundlasten    verwandelt ,    in 
welchen    die   Beschaffung   der   Mittel   für   die   Zwecke    des 
öffentHchen  Lebens   lange  Zeit  hindurch  fast  ausschheßlich 
ihr   System    gefunden   hat".^)      „Die   Befreiung   von   dieser 
öffentlichen   Last  bedeutete  nichts  anderes   als    den   unbe- 
schränkten Eintritt   der  Grundherren   in   die   Berechtigung, 
welche  früher  das  Reich  gehabt,  die  Ausnutzung  einer  Ein- 
richtung  für  ihre   wirtschaftlichen  Sonderinteressen,  welche 
früher  dem  allgemeinen  Interesse  des  Reiches  gedient  hatte". 
Ich  glaube,  daß  die  rechtliche  Natur  dieser  Dienste  so 
vollständig  verkannt  ist.    Pferdedienste  zum  Zwecke  der  Be- 
förderung zu  fordern,  stand  jedenfalls  innerhalb  des  Kreises 
seiner    Hintersassen  jedem    Grundherrn    zu,    das   war   eine 
rein  private  Leistung.^)    Sie  wurde  wahrscheinlich  seit  dem 
Zeitpunkte   schon   in  Anspruch   genommen,   als   es  Grund- 
herrschaften  überhaupt   gab.     Der  König    hat    dann  solche 
als  Vertreter  der  Staatsgewalt  auch  zu  öffentlichen  Zwecken 
gefordert^),   und  zwar  von    allen   Freien,    die   nicht   durch 
königliches  Privileg   ausdrücklich  davon   befreit  waren.     Es 
ist   aber  völlig  unzutreffend,    daß   solche  Entlastungen  erst 
in    der    Karolingerzeit    erteilt    worden    seien.      Schon    die 
Marculfschen  Formeln   bieten   Beispiele    dafür.*)     Natürlich 
gewannen  die  Grundherrschaften  auch  nicht  erst  durch  diese 
Befreiungen  das  Recht  auf  solche  Leistungen.    Man  müßte 
denn  annehmen,  daß  sie  auch  das  Recht  auf  Herberge  und 
^)  Ebenda  i,  144  =  1^,  605,  so  auch  H.  Brunner  DRG.  2,  233. 
*)  Vgl.  z.  B.   im   Lorscher  Urbar  Cod.  dipl.  Lauresh.  3,  213  in 
Franchevurt:  parafredum   de   curte   ad  ctirtem,    sowie   K.  Haff,    Zur 
Rechtsgesch.  d.  mittelalterl.  Transportgenossenschaften,    Ztschr.    d. 
Savignystiftung  f.  RG.  31,  257  f. 

')  Vgl.  Brunner  DRG.  2,  229  und  HaflF  a.  a.  O.  255. 
*)  II.  I  MG.  FF.  72. 


—      224      — 

Nachtquartier  (mansiones)  erst  durch  die  Immunitätsprivi- 
legien des  Königs  erlangt  hätten,  was  wohl  niemand  ernstlich 
behaupten  wird.  Ich  möchte  auch  nicht  mit  Waitz  glauben, 
daß  Karl  der  Große  das  Recht  der  Grafen  und  königlichen 
Beamten  sonst  auf  Beförderung  (paraveredi),  welches  sie 
früher  hatten,  beschränkt  habe.^)  Die  von  ihm  zitierten  und 
auch  noch  andere  Quellenstellen  besagen  doch  nur,  daß 
Karl  die  ungebührliche  Ausnutzung  dieses  Rechtes  zu  pri- 
vaten Zwecken  beseitigen  und  die  Beobachtung  des  alten 
Maßes  dieser  Verpflichtungen  einschärfen  wollte.  Denn  daß 
selbst  die  Immunitätsprivilegien  wider  solche  Übergriffe 
der  königlichen  Beamten  tatsächHch  nicht  immer  ausreichen- 
den Schutz  gewährten,  zeigt  deutlich  der  bekannte  Brief 
der  westfränkischen  Bischöfe  an  Ludwig  den  Deutschen 
vom  Jahre  858.2) 

Unter  parafridi  versteht  man  aber  dann  auch  die  zu 
jener  Leistung  verpflichteten  Personen.  Schon  Brunner  hat 
auf  eine  Urkunde  für  Worms  aufmerksam  gemacht,  die  eine 
aus  Fiskalinen  bestehende  societas  parafridorum  bezeugt, 
welche  dem  König  Pferde  leisten  mußte.  ^)  Er  wollte  daraus 
schließen,  daß  zur  Beistellung  solcher  Pferde  für  den  König 
in  erster  Linie  die  Fiskalgüter  herangezogen  wurden.  Ob 
das  wirklich  daraus  folgt  .^^  Eine  Erklärung  vermag  meines 
Erachtens  vielleicht  das  Capitulare  de  Villis  zu  bieten,  das 
auch  paraveridi  erwähnt.  Dem  Verbote,  daß  die  vom  oder 
zum  Hofe  gehenden  Gesandtschaften  auf  den  königlichen 
Höfen  Herberge  nehmen,  folgt  hier*)  die  ergänzende  Be- 
stimmung :  Et  comes  de  suo  ministerio  vel  honiines  Uli  gut 
antiquitus  consueti  fuerunt,  missos  aut  legationes  soniare, 
ita  et  modo  inantea  et  de  parveridis  et  omnia  eis  necessaria 
solito  niore  soniare  faciant,  qualiter  bene  et  konorifice  ad 
palatium   venire  vel  redire  possint.     In  der  Regel  war  dies 

1)  VG.  4'-,  19. 

*)  MG.  Capit.  2,  438  c.  14:  quatinus  non  sit  vobis  jtecesse  per  quas- 
cunque  occasiones  quorumcunque  hortatibus  circuire  loca  episcoporum, 
abbatum  abbatissarum  vel  comitum  et  maiores,  quam  ratio  postulat, 
paratas  exquirere  et  pauperes  ecclesiasticos  et  fidelmm  vestrorum  man- 
suarios  in  carricahiris  et  paraveredis  contra  debitum  exigendis 
gravare. 

»)  DRG.  2,  229  n.  20.  *)  C.  27. 


—      225      — 

also  eine  Amts  Verpflichtung  der  Grafen  (de  suo  ministerio), 
die  somit  zu  solchen  Forderungen  berechtigt  erscheinen. 
Daneben  aber  gab  es  —  stellenweise  offenbar  —  noch  be- 
sondere Einrichtungen.  Brunner  hat  den  zweiten  Teil  dieser 
Stelle  meines  Erachtens  mit  Recht  so  aufgefaßt  ^),  daß  an 
einzelnen  Orte  bestimmte  Hofbesitzer  von  alters  her  mit 
der  Sorge  für  die  missi  betraut  gewesen  seien,  „vielleicht  so, 
daß  diese  Pflicht  die  Gegenleistung  für  ein  vom  Fiskus  er- 
worbenes Leihegut  bildete". 

Für  die  freien  Spanier,  die  in  Südfrankreich  angesiedelt 
wurden,  läßt  sich  diese  Pflicht  durch  das  kaiserliche  Privileg 
von  815  erweisen.''^) 

An  einzelnen  Orten!  Dieselben  werden  kaum  zufällig 
oder  wahllos  bestellt  worden  sein.  Ich  möchte  damit  jene 
Posteinrichtungen  in  näheren  Zusammenhang  bringen, 
welche  Karl  der  Große  und  dann  Ludwig  der  Fromme 
durch  ein  besonderes,  heute  leider  nicht  mehr  erhaltenes 
Capitulare  angeordnet  hatten.  Spuren  davon  haben  sich  in 
einem  späteren  Capitulare  Ludwigs  des  Frommen  (von 
823  —  25),  das  sich  darauf  ausdrücklich  zurückbezieht  ^),  noch 
erhalten.  Was  hier  verlautet,  stimmt  vortrefflich  zu  jenen 
anderen  Bruchstücken  der  Überlieferung.  Denn  diese  Nach- 
richten verdanken  wir  eben  dem  Umstände,  daß  Klagen 
über  die  schlechte  Behandlung  der  Gesandtschaften  (lega- 
tiones),  die  zu  Hofe  gingen,  laut  wurden. 

Indem  Ludwig  der  Fromme  demgegenüber  nun  die 
allgemeine  Verpflichtung  zu  Lieferungs-,  Herberge-  und  Post- 
diensten an  die  mit  einem  königlichen  Postschein  (evectio), 
bzw.  Traktierbrief  (tractoria)  ausgestatteten  Personen  ein- 
schärft, hören  wir  noch  besonders  auch  von  Orten  (locis): 
ubi  modo  via  et  mansionatici  a  genitore  nostro  et  a  iiobis 
per  capitulare  ordijtati  sunt,  missos  ad  hoc  specialiter  con- 
stitutos,  qui  hoc  iugiter  providere  debeant,  habeant,  ut  omnia, 
quae  ad  easdeni  legationes  suscipiendas  perti^ient ,  fidel  es 
nostri  ad  hoc  constituti  ad  tempus praeparai'e  studeant, 


M  A.  a.  O.  S.  232. 

^)  Vgl.  meine  Ausführungen  in  Zschr.  f.  RG.  36,  12. 
')  MG.  Capit.  I,  306  c.  19. 
Dop  seh,  Wirtschaftsentwicklung  der  Karoiingerzeit.    II.   2.  Aufl.  15 


—      226      — 

ut  non  tunc  sit  necesse  de  longo  quaerere  aut  adducere, 
quando  tempus  est  illud  dare  vel  persolvere. 

Ich  möchte  also  annehmen,  daß  diese  Herbergen  und 
Poststationen,  die  unter  ständigen  Aufsehern  standen  ^),  nicht 
vereinzelt,  hie  und  da,  wie  Brunner  meint,  sondern  nach 
ganz  bestimmten  Verkehrsrücksichten  eingerichtet  worden 
sind.  Wahrscheinlich  waren  diese  Einrichtungen  für  be- 
stimmte, häufig  benutzte  große  Reiselinien  gedacht.^)  Die 
Parafridi,  von  denen  die  Wormser  Urkunde  Nachricht  gibt, 
mögen  wohl  ein  Glied  in  der  Kette  dieser  Organisationen 
gewesen  sein. 

In  einem  gewissen  Zusammenhang  mit  den  paraveredi 
tritt  endlich  noch  die  scara  auf.  v.  Inama  hat  ange- 
nommen ^),  daß  sie  in  der  Periode  der  Karolinger  neu  auf- 
gekommen sei  und  den  Bedürfnissen  der  Zeit  gemäß  das 
System  der  öffentlichen  wie  der  grundherrlichen  Transport- 
anstalten ergänzt  habe.  Er  denkt  auch  diesen  Dienst  „ur- 
sprünglich als  Königsdienst  enstanden",  ohne  dafür  aber 
Quellen  vorbringen  zu  können.  Die  Belege  dafür  sind  viel- 
mehr überwiegend  grundherrschaftlicher  Art*),  Urbare,  vor 
allem  das  von  Prüm.  Waitz  hat  daher  wohl  mit  Recht  be- 
tont :  „Hauptsächlich  ist  es  eine  Leistung  abhängiger  Leute 
gegen  ihre  Herren."^)  Nun  hat  aber  v.  Inama  anderseits  eine 
sehr  glückliche  Beobachtung  gemacht.  Er  bemerkte,  daß  die 
scara  in  den  älteren  Urkunden  gerade  mit  Leistungen  in 
Zusammenhang  erscheine,  die  Botendienste  darstellen.  Er 
äußerte  deshalb  die  Vermutung,  daß  es  sich  hierbei  vielleicht 
nur  um  einen  neuen  Namen  für  eine  längst  anerkannte 
Verpflichtung  handle.®)  Ebenso  bemerkte  Lamprecht,  daß 
der  Begriff  scara  sich  stellenweise  mit  dem  der  angaria 
verquickte.')  Und  auch  Brunner  denkt  an  eine  Ergänzung 
der   die   paravereda  betreffenden  Fronden.^)     Erwägen  wir 

^)  Brunner  a.  a.  O. 

'^)  Vgl.  dazu  Hartmann,  Entwickl.-Gesch.  der  Posten  S.  14  ff.  und 
Flegler,  Z.  Gesch.  der  Posten  S.  132,  sowie  Mathäi  a.  a.  O.  S.  17  f. 

3)  WG.  I,  445  =  1 2,  605.  *)  Brunner  a.  a.  O. 

*)  VG.  4*,  27  n.  Vgl.  dazu  die  Stelle  im  Prümer  Urbar,  Mittelrhein. 
ÜB.  I,  160 XXXI:  wactas  aquam  portat,  scaram  facit  et  omnia  opera 
servilia. 

«)  WG.  I,  445  n.  I.        ')  WL.I.  2,  810  n.  i.         «)  A.  a.  O.  S.  232. 


—       227      — 

nun,  daß  diese  Leistung  keineswegs  überall  gleichmäßig 
vorkommt  —  sie  fehlt  z.  B.  in  den  St.  Galler  und  Freisinger 
Urkunden  —  so  wird  deren  verschiedenartiger  Zweck,  sie  ist 
bald  ein  Botengang  oder  Ritt,  bald  eine  Nachrichtenbeförde- 
rung, bald  eine  Transportleistung  ^)  — wohl  eine  allgemeinere 
Bedeutung  nahelegen;  man  darf  annehmen,  daß  sie  nicht 
immer  eine  von  den  anderen  Diensten  (angariae  und  para- 
feredi)  verschiedene  oder  besondere  Leistung  technischer 
Art  darstelle.  Während  die  angariae  vielfach  ungebotene 
Fuhrdienste  waren,  die  regelmäßig  in  einer  voraus  be- 
stimmten Zahl  zu  leisten  waren,  haben  wir  hier  wohl  eine 
Verpflichtung  je  nach  Bedarf  vor  uns.  Darauf  deutet  auch 
die  Erklärung  des  Cäsarius  im  Prümer  Urbar:  domino  abbati, 
quando  ipse  iusserit,  servire  et  nuncium  eius  seu  litteras 
ad  locum  sibi  determinatum  deferre."^)  Ähnlich  sagt  das 
Weißenburger  Urbar:  suam  scaram ,  quando  opus  est, 
per  ordinem  facere.^)  Hier  wird  übrigens  der  Inhalt  der 
Scarae  doch  näher  angedeutet:  barefrida  ad  regis  ser- 
vicium,  eulogias  ad  palatium  portare  per  ordinem.  Halten 
wir  noch  dazu,  was  in  einem  anderen  Teile  desselben 
Urbares  an  analoger  Stelle  begegnet :  —  barefrida  ad  regis 
servitium  dare  et  ad  abbatis  servitium  de  monasterio  ad 
proximam  mansionem  similiter  debent^)  —  so  stimmt  dieses 
Bild  zu  dem  aus  Prüm  gewonnenen  ganz  vortrefflich.  Es 
war  ein  Reihendienst,  den  die  Grundherrschaft  im  Be- 
darfsfalle in  Anspruch  nahm.  Es  war  aber  kein  Dienst,  der 
den  dazu  Verpflichteten  eine  bevorzugte  Stellung  verschaffte, 
wie  K.  W.  Nitzsch  angenommen  ^)  und  neuerdings  Keutgen  ®) 
trotz  richtiger  Beobachtung  im  einzelnen,  ohne  Baldamus' 
Darlegungen  zu  berücksichtigen,'  schließlich  doch  wieder 
betont  hat.  Denn  unter  Scara  werden  auch  die  gewöhn- 
lichen Weinfuhren  (—  angariae)  verstanden '),  die  ihrerseits 

^)  Inama  WG.  i,  445.  Dazu  auch  K.W.  Nitzsch,  Ministerialiität 
und  Bürgertum  S.  24  ff.,  sowie  bes.  Baldamus,  Das  Heerwesen  unter 
d.  späteren  Karolingern  S.  76  f. 

2)  A.  a.  O.  S.  147-        ')  A.  a.  O.  275  nr.  6.        *)  A.  a.  O.  273  nr.  i. 

^)  A.  a.  O.  S.  28. 

*)  Die  Entstehung  d.  deutschen  Ministerialität,  Vjschr.  f.  Soz. 
u.  WG.  1910  8,  532  flf. 

'')  Vgl.  MG.  Capit.  I,  252  c.  8:  scaram  facit  ac  vinum  ducendum; 

■     15* 


—      228      — 

ZU  den  opera  servilia  gerechnet  werden,  welche  die  Freien 
nicht  zu  leisten  pflegten.^)  An  einer  Stelle  des  Weißen- 
burger Urbars  wird  die  Scara  auch  bei  39  Hufen  verzeichnet, 
von  denen  es  ausdrücklich  heißt,  daß  auf  ihnen  servi  ge- 
sessen waren. ^)  Man  kann  daher  wohl  auch  nicht  allgemein 
annehmen,  daß  nur  ein  beschränkter  Teil  der  grundherr- 
lichen Hintersassen  die  scara  zu  leisten  hatte  und  diese 
scararii  allmählich  einen  bevorzugten  Stand  bildeten.  Da- 
gegen spricht  besonders  das  Vorkommen  der  Scara  in  dem 
Weißenburger  Urbar.-'')  Man  hat  dasselbe  hiebei  bis  jetzt 
ganz  übersehen  und  stets  nur  auf  das  von  Prüm  allein  ge- 
baut. Zudem  ist  aber  auch  noch  eine  andere  Voraussetzung, 
von  welcher  die  Forschung  von  Nitzsch  bis  Keutgen  aus- 
ging, unrichtig.  Die  Scara  war  keineswegs  immer  zu  Rosse 
zu  leisten,  wie  auch  Seeliger  noch  meint*),  wodurch  dann 
allmählich  eine  Vorzugsstellung  begründet  worden  sein  soll. 
Aus  dem  Prümer  Urbar  selbst  lassen  sich  mehrere  Belege 
dafür  namhaft  machen,  daß  sie  vielmehr  auch  zu  Fuße 
(cum  pedibus  oder  pedestris)  geleistet  wurde. ^)  Wir  ge- 
langen damit  also  zu  ähnlichen  Ergebnissen,  wie  seinerzeit 
schon,  allerdings  auf  einem  anderen  Wege,  Baldamus.^)  Er 
hat  übrigens,  da  er  die  Annahme,  als  seien  die  scararii  die 
rechtlichen  Vorgänger  der  späteren  ministeriales  gewesen, 
entschieden  zurückwies,  doch  zugleich  selbst  auch  die  Mög- 
lichkeit betont ''),  „daß  die  späteren  Ministerialen  auch 
manches  leisteten,  was  vorher  die  scararii  geleistet  hatten." 


ähnlich  in  Weißenburg,  vgl.  Harster,  Progr.  d.  Gymn.  Speier  1894  S.  40 
und  im  Prümer  Urbar  selbst  ganz  ausdrücklich  a.  a.  O.  S.  160  XXXI: 
wactas  aqtiam  portal  scaram  facit  et  omnia  opera  servilia. 

^)  Vgl.  die  St.  Galler  Urk.  vom  Jahre  821:  et  sicut  alii  liberi 
hofnines  servilia  opera  non  exhibent.    Wartmann  ÜB.  i  nr.  271. 

-)  Trad.  Wizz.  275  nr.  6. 

')  Zeuß  trad.  Wizz.  275  nr.VI:  281  nr.  XLI  u.  XLII.  XLIII;  282 
nr.  LVI;  283  nr.  LXIII;  284  n.  LXVIII.  LXX.  LXXII;  285  nr.  LXXIIII. 
LXXIX;  286  n.  LXXXIX.  CV. 

*)  Staat  u.  Grundherrschaft  S.  8. 

*)  Mittelrhein. ÜB.  i,  180  nr.LXVII;  181  nr.LXIX;  185  nr.LXXXII. 
Vgl.  übrigens  auch  schon  Lamprecht  WL.  i,  810  und  Brunner  a.  a.  O. 

«)  A.  a.  O.  S.  81.  ')  Ebenda  82. 


—      229      — 

So  wird  sich  auch  die  Glosse  bei  Cäsarius  im  Prümer  Urbar 
erklären.  ^) 

Durch  diese  Ausführungen  wird  auch  manches  unhalt- 
bar, was  im  Anschluß  an  eine  andere  Bedeutung  des  Wortes 
scara,  nämlich  =  Truppenteil,  Kriegerschar,  neuerdings 
wieder  über  Berufskrieger  neben  dem  allgemeinen  Aufgebot 
angenommen  worden  ist.^) 

Im  ganzen  erhellt  also,  daß  diese  grundherrlichen  Trans- 
portdienste  weniger  dem  Handel,  als  vielmehr  der  Ein- 
bringung von  Zinsen  (Getreide  und  Wein)  dienten.  Daneben 
hatten  sie  die  weiteren,  aus  der  Wirtschaft,  sowie  den  per- 
sönUchen  Interessen  der  Herrschaft  sich  ergebenden  Trans- 
portbedürfnisse zu  decken  (Holzfuhren,  Salzfuhren,  Nach- 
richtendienste). 

Bei  jenen  grundherrlichen  Transportdiensten  aber,  die 
an  Märkte  und  Städte  nachweislich  gingen,  haben  eher 
umgekehrt  die  dort  bestehenden  Absatzmöglichkeiten  diese 
Bestimmung  vorgeschrieben,  wenn  jene  in  größerer  Nähe 
gelegen  waren,  als  etwa  das  Kloster  selbst.  Das  sieht  man 
aus  dem  Weißenburger  Urbar  sehr  deutlich.  Hier  werden 
die  Fuhren  nach  Mainz,  Frankfurt  und  Worms  gerade  bei 
Orten  erwähnt,  die  in  deren  Nähe  lagen ^),  sonst  aber  nicht. 
Jene  Fuhren  hätten  also  nach  dem  Kloster  an  diesen  großen 
Marktplätzen  vorbei  einen  viel  weiteren  Weg  zurücklegen 
müssen. 

Kommt  somit  den  grundherrschaftlichen  Verkehrs- 
diensten nicht  jene  große  Bedeutung  für  den  Handels- 
verkehr zu,  die  ihnen  die  grundlegende  Theorie  zuge- 
schrieben hat,  so  ist  anderseits  vollkommen  unrichtig,  daß 
sie  „so  ziemlich  alles  darstellten,  was  jene  Zeit  an  Verkehrs- 
einrichtungen geschaffen  und  besessen  hat".*)    Wir  müssen 

^)  Mittelrhein.  Uß.  i,  140  n.  3;  147  n.  i ;  vgl.  dazu  aber  auch  die 
Bemerkung  von  Baldamus  a.  a.  O.  S.  82  n.  100! 

*)  H.Delbrück,  Gesch.  d.  Kriegskunst  3,  52  ff.,  sowie  auch  K.  Rubel, 
Die  fränk.  Berufsstreiter,  Korr.-Bl.  d.  Gesamt- Ver.  der  deutschen  Gesch. 
u.  Altert.  Ver.  54  (1906)  Sp.  178—85:  dagegen  Keutgen  a.  a.  O.  528  n.  2. 

')  Zeuß,  Trad.  Wizz.  277  nr.  XVII:  Westhofen  (Kr.  Worms),  278 
nr.  XVIH  Weinolsheim  (Kr.  Oppenheim);  dazu  Harstcr,  Gymn.  Progr. 
V.  Speyer  1894  S.  89  und  S.  41. 

*)  V.  Inama  WG.  i,  446  =  i -,  607. 


—       230      — 

vielmehr  annehmen,  daß  damals  schon  freie  Transport- 
organisationen außerhalb  der  Grundherrschaften  auch 
bestanden  haben.  Auf  einen  Beleg  habe  ich  schon  im 
I.  Teile  dieses  Werkes  hingewiesen.  Er  bezieht  sich  auf 
Nordfrankreich.  Abt  Adalhard  von  Corbie  nimmt  nämlich 
in  seiner  berühmten  Wirtschaftsordnung  vom  Jahre  822 
u.  a.  in  Aussicht,  daß  die  für  die  Einbringung  des  Zehnten 
notwendigen  Fuhren  z.  T.  nicht  durch  die  Hintersassen  bei- 
gestellt, sondern  gemietet  werden  sollen.^) 

Sehr  bezeichnend  ist  ferner  auch,  daß  die  Nachweise 
freier  Lohnarbeit,  welche  ich  oben  gegeben  habe^),  sich  zum 
Teil  wenigstens  gerade  auf  Transportdienste  bezogen  haben 
müssen.  Das  beweist  ein  von  Guerard  mitgeteilter  Text 
nach  dem  gerade  minores  hoviines,  qui  angariam  faciunt, 
sich  das  für  ihren  Geschäftsbetrieb  (in  via  et  in  acoral) 
benötigte  Kapital  von  Geldverleihern  (feneratores)  beschafften 
und  dagegen  urkundlich  zur  Sicherstellung  ihre  Freiheit 
verpfändeten.^) 

Dadurch  gewinnen  nun  aber  auch  jene  Stellen  einen 
näheren  Zusammenhang  mit  den  Transportdiensten,  die  sich, 
wie  gleichfalls  oben  schon  angeführt  wurde,  in  den  kaiser- 
lichen Judenprivilegien  finden  und  die  Erlaubnis  gewährten, 
Christen  zur  Besorgung  ihrer  (Handels-)Geschäfte  zu  mieten 
(Christianos  ad  eorum  opera  facienda  locare).^) 

Aber  nicht  nur  in  Westfrancien  begegnen  wir  solchen 
Erscheinungen.  Wir  finden  sie  auch  in  Italien,  für  das 
Solmi  einige  interessante  Belege  namhaft  gemacht  hat.^) 
Sie  sind  endlich  schon  in  Deutschland  selbst  ganz  ebenso 
wahrzunehmen.  Die  Schiffsmeisterei  auf  dem  Walensee, 
welche    den  Verkehr   dort   mit  10  Schiffen  vermittelte,  war 

^)  Guerard,  Polyptyque  Irminon  2,  325:  7iullatenus  volumus,  ut 
illa  familia  per  imperium  ipsam  secundam  decimam  ad  monasteriuni 
dedttcat,  sed  ipse  portarius  sibi  carra  cum  pretio  conducat,  secundum 
quod  tunc  tempus  fuerit  et  ipsa  carra  locare  pohierit;  vgl.  auch  ebenda  326. 

2)  Vgl.  S.  86  fr.  »)  A.  a.  O.  i,  800  n.  6. 

*)  Siehe  oben  S.  90.  Daß  unter  diesen  , opera'  nicht  „in  erster 
Linie  häusliche  Arbeiten  gemeint"  sind,  wie  P.  Sander  a.  a.  O.  1077 
behauptet,  ergibt  ein  Vergleich  mit  den  entsprechenden  Bestimmungen 
der  Lex  Visigot.     Vgl.  meine  ,, Grundlagen"  2,  383  ff. 

^)  Le  associazioni  in  Italia  S.  46  n.  2. 


—     231      — 

in  den  Händen  von  Freien,  die  nach  Maßgabe  ihrer  Ein- 
nahmen an  den  Bischof  von  Chur  zinsten.^)  Und  nun  rückt 
gerade  im  HinbHck  darauf  auch  jene  Nachricht  von  der 
Brücke  zu  Mainz  ins  rechte  Licht,  die  sich  beim  Mönche 
von  St.  Gallen  erhalten  hat.  Er  schreibt  die  Schuld  an  ihrer 
Vernichtung  geradewegs  jenen  zu,  die  sich  von  dem  Fährgeld 
über  den  Rhein  unbilligen  Gewinn  zu  erwerben  suchten. 2) 
Offenbar  hatte  vor  der  Errichtung  dieser  großen  Rheinbrücke 
hier  eine  ähnliche  Transportorganisation  wie  dort  auf  dem 
Walensee  bestanden. 

Schließlich  verweise  ich  noch  auf  eine  Metzer  Urkunde 
vom  Jahre  765,  nach  der  einzelne  an  das  Kloster  Gorze 
geschenkte  Hufen  zu  Pfeddersheim  (w.  von  Worms)  Fuhr- 
dienste bis  an  die  Saar  zu  leisten  hatten,  wo  sie  dann  gegen 
die  Entrichtung  einer  Geldabgabe  (10  den.)  sich  von  der 
Weiterfracht  loskaufen  konnten.^) 

Ganz  allgemein  aber  weist  Abt  Regino  von  Prüm,  da 
er  den  Handelsbetrieb  durch  Kleriker  als  unstatthaft  be- 
zeichnet, diese  an,  das  für  ihren  Lebensbedarf  Notwendige 
eventuell  durch  einen  Freund  oder  Lohn  fr  ächter  besorgen 
zu  lassen.*) 

^)  Vgl.  d.  Churer  Urbar  von  831 :  Sunt  ibi  [de  ripa  Walahastad] 
naves  X,  quas  faciunt  liberi  homines,  ex  quibus  redditur  singuUs  annis 
quantiim  poterit  nautor  adquirere,  aliquando  libr.  8  plus  minusque  Mohr 
cod.  dipl.  I,  288.  Die  Unbestimmtheit  des  Wortlautes  gestattet  m.  E- 
kaum  den  von  P.  Sander  (a.  a.  O.  1077 f.)  daraus  gezogenen  Schluß, 
daß  die  Fergen  die  gesamte  Fährgeldeinnahme  an  die  Herrschaft 
abliefern  mußten.  Die  Transportorganisation  als  solche  konnte  doch 
eine  wirtschaftlich  freie  sein,  auch  wenn  die  Schiffe  selbst  dem 
Bischof  von  Chur  gehörten.  Die  liberi  homines  dürften  sie  von  ihm  zu 
freier  wirtschaftlicher  Verwendung  gepachtet  haben. 

*)  I.  30  MG.  SS.  2,  745:  fraudulentia  vero  quorimdani  malivoloriim 
et  de  naviiim  subvectione  mercedes  iniquissimas  compilare  volentium 
consumpsit. 

^)  Calmet,  hist.  de  Lorraine  i,  282.  Die  Urkunde  ist  sehr  ver- 
dächtig, doch  der  Inhalt  in  diesem  Punkte  mit  Rücksicht  auf  die 
unten  §  12  beigebrachten  zeitgenössischen  Belege  für  Frondienst- 
reluierung  wohl  unbedenklich. 

*)  Hartzheim,  Concil.  Germ.  2,475  c  227:  ad  victum  sibi  requiren- 
dum  aut  filium  aut  libertum  auf  mercenarium  mit  amicum  mutant, 
et  si  voluerint  negotiari  inter  provinciam  negotiantur.  Vgl.  dazu  das 
oben  über  Lohnarbeit  Gesagte  S.  88. 


—      232      — 

Durch  diese  Nachweise  über  den  Bestand  freier  Trans- 
port- und  Handelsorganisationen  werden  nun  die  älteren 
Annahmen,  als  ob  die  großen  Grundherrschaften  deren 
Hauptträger  gewesen  seien,  noch  weiter  sehr  nachdrücklich 
eingeschränkt.  So  manches  Han  delsgeschäft,  das  die 
Grundherrschaften  von  damals  berührte,  mochte 
gar  nicht  diesen  selbst  zustatten  kommen,  sondern 
vielmehr  deren  Hintersassen,  Freigelassenen  und 
Freien.  War,  wie  früher  dargelegt  wurde,  auch  die 
ganze  soziale  Struktur  der  grundherrlichen  Familia  eine 
freiere  und  diese  in  ihren  wirtschaftlichen  Unternehmungen 
weniger  gebunden,  als  man  nach  der  alten  Lehre  hätte 
meinen  sollen^),  so  dürften  auch  so  manche  davon  sich 
selbständig  am  Handelsverkehr  beteiligt  haben.  Daß  die 
Freien  und  Unfreien,  welche  nach  der  schon  von  Pippin  753 
erteilten  Bestätigung  des  Marktprivilegs  für  St.  Denis  den 
Markt  dort  regelmäßig  besuchten^),  durchaus  bloß  Handels- 
angestellte klösterlicher  Großfirmen  gewesen  seien,  ist  doch 
ganz  unwahrscheinlich.  Ich  habe  schon  im  i.  Teile  dieses 
Werkes  darauf  hingewiesen,  daß  an  dem  Handel  nicht  so 
sehr  die  kirchlichen  Institute  selbst,  als  vielmehr  deren 
Hintersassen,  und  zwar  z.  T.  selbständig  und  auf  eigene 
Rechnung,  Anteil  hatten.^) 

Selbst  wenn  Überschüsse  der  landwirtschaftlichen  Pro- 
duktion (Vieh,  Getreide,  Wein)  vorhanden  waren,  gelangten 
sie  entweder,  wie  die  Urbare  lehren,  an  Ort  und  Stelle  durch 
die  Hintersassen  selbst  kleinweis  zum  Verkaufe*),  oder  aber 
die  Händler  besorgten  ihrerseits  den  Abtransport.  Die  Ge- 
setzgebung Karls  des  Großen  gegen  den  Getreidewucher 
läßt   das  deutlich   erkennen.'^)     Den  Weinhandel  Südfrank- 


1)  Vgl.  oben  S.  sif.  u.  165  ff.  •')  MG.  DCar.  6. 

*)  S.  289 f.;  vgl.  dazu  besonders  auch  MG.  Capit.  i,  74  c.  5:  si 
servilis  conditionis,  si  suum  est  illiid  negotium  proprium,  perdat 
illuä  negotium  .  .  .  si  autem  ex  iussione  sui  dofnini  fecerit  .... 

*)  Im  I.  Teile  S.  289 f.  Sehr  klar  geht  das  auch  aus  den  Be- 
schlüssen des  Konzils  von  Paris  vom  Jahre  829  hervor:  11t  redditis 
senioribus  suis  quae  iuste  reddenda  sunt,  reliqua,  quae  sibi  supersunt, 
liceat  aliis,  prout pactio  vendentis  et  ementis  grata  fuerit,  absque 
prohibitione  seniorum  suorum  distrahere.    MG.  Concil.  2,  645  c.  LH. 


—     233     — 

reichs  hatten  als  Zwischenhändler  die  Juden  in  der  Hand.^) 
Das  entspricht  also  ganz  der  Auffassung,  welche  ich  von 
den  Zollfreiheitsprivilegien  der  Kirche  vertreten  habe.^)  Sie 
dienten  im  wesentlichen  zur  Beschaffung  des  Eigenbedarfes, 
nicht  einer  Handelsunternehmung  auf  Gewinn.^)  Neuestens 
hat  auch  E.  Kalischer  ähnliche  Anschauungen  über  den 
Klosterhandel  vorgetragen.*)  Er  scheidet  jene  Privilegien 
geradezu  aus,  die  den  Klöstern  Zollfreiheit  lediglich  für  den 
Verkehr  mit  Waren  verleihen  „pro  necessitatibus  ipsius 
monasterW .  Sie  dürften  tatsächlich  vor  allem  gegen  die 
Passierzölle  sich  gerichtet  haben,  worauf  auch  der  Umstand 
weist,  daß  dann  noch  besonders  die  Formel  auftritt:  et  si 
aliquas  moras  in  qtiolibet  loco  fecerint,  aut  aliquid  mercati 
fuerint,  aut  vendiderint,  nihil  ab  eis  prorsus,  tit  dictum  est, 
exigattü'.  ^) 

Hier  wird  also  die  Freiheit  auch  von  den  INIarktzöllen 
noch  speziell  hervorgehoben. 

In  einer  zweiten  Gruppe  von  Privilegien  ist,  wie  Kalischer 
meint,  „eine  Zollbefreiung  ausdrücklich  zum  Zwecke  des 
Handels"  verliehen  worden.^)  Er  selbst  muß  sich  aber 
schon  gestehen,  daß  der  Inhalt  dieser  Urkunden  derselbe 
sei,  wie  bei  den  anderen,  Zollfreiheit  gewährenden  Privi- 
legien. Nur  der  Zusatz  ,,negociandi  causa"  oder  ,,thelo- 
neufn  de  negotiantibus"  u.  a.  m.  bezeichne  den  Unterschied.'') 
Leider  hat  Kalischer  auf  die  genaue  Anführung  dieser  Privi- 
legien verzichtet.  Sie  seien  von  Karl  dem  Großen  und 
Ludwig  dem  Frommen  ausgestellt  worden.  Ich  glaube, 
dieser  Unterschied  wird  kaum  aufrechtzuerhalten  sein.  So- 
wenig Kalischers  Urteil  für  jene  erste  Gruppe  zutrifft,  daß 
sie   mit   dem  Klosterhandel  nichts  zu  tun  haben,  sowenig 

*)  Vgl.  G.  Caro,  Soz.  u.  Wirt.  Gesch.  d.  Juden  im  Mittelalter  und 
der  Neuzeit  i,  139  (1908). 

-)  Im  I.  Teile  S.  288. 

*)  Besonders  klar  MG.  DCar.  47:  nhiciifnqitc  ipsi  homines  mona- 
styrii  pro  eius  utilitatem  negociaiidum  perrexerint  aut  de  qiiocumque 
loco  aliquid  pro  necessitatetn  ipsis  nionackys  coiiferre  ad  ipso  niona- 
styrio  aut  adducere  videntur  .  .  .;  vgl.  auch  Mühlbacher  Reg.-  1974. 

')  Beitr.  z.  Handelsgesch.  der  Klöster  z.  Z.  der  Großgrundherr- 
schaften (191 1)  S.  3of. 

°)  Kalischer  a.  a.  O.  S.  30.        *)  Ebenda  S.  31.        ')  Ebenda  S.  32. 


—     234     — 

ist  diese  letztere  „ausdrücklich  zum  Zwecke  des  Handels 
verliehen"  worden.  Sehr  lehrreich  ist  eine  Untersuchung 
der  von  Karl  dem  Großen  an  Honau  erteilten  Urkunde. 
Die  hier  verliehene  Zollfreiheit  ist  ganz  unbeschränkt.^)  " 
Vergleicht  man  aber  diesen  Text  mit  der  Kanzleiformel, 
die  offensichtlich  zugrunde  lag,  so  wird  der  Sinn,  in  welchem 
diese  Zollfreiheit  doch  gedacht  war^),  meine  ich,  deutlich. 
Dort  heißt  es  nämhch  bei  sonst  ziemlich  wörtlicher  Über- 
einstimmung: ut,  ubicuinque  infra  regnum  nostrum  missi 
sui  mercare  videntur,  vel  p7'o  reliqiia  necessitate  dis- 
currentes ,  niillo  telloneo  nee  qualibet  redibucione  exinde 
ad  parte  fisci  nostri  nee  ipsi  nee  missi  sui  solvere  non 
debeant.^)  Augenscheinlich  war  doch  auch  in  dem  Privileg 
für  Honau  nur  an  den  Eigenbedarf  des  Klosters  gedacht, 
wie  das  auch  in  der  Urkunde  Pippins  für  Prüm,  wo  gleich- 
falls vom  Handel  selbst  die  Rede  ist  (in  quacumqiie  eivi- 
tate  vel  porto  negotiandi  perrexerint)  doch  besonders 
betont  wird.^)  Es  war  aber  keineswegs  etwa  überflüssig, 
solche  Privilegien  zu  erteilen,  weil  es  schon  vor  Karl  dem 
Großen  ein  Grundsatz  der  fränkischen  Zollgesetzgebung 
war,  die  Waren,  welche  nicht  zu  Handelszwecken  verfrachtet 
wurden,  zollfrei  zu  belassen.^)  Wir  wissen  aus  konkreten 
Fällen,  daß  die  Grafen  sich  daran  tatsächlich  nicht  hielten^), 
ja  auch  Zollerträgnisse,  die  kraft  königlichen  Privilegs  Klöster 
einheben  sollten,  ihrerseits  in  Anspruch  nahmen.')  Solche 
Übergriffe  der  Grafen  und  königlichen  Zollbeamten  mochten 

*)  MG.  DCar.  137:  nt  tihicumqiie  homines  ipsius  monasterii  infra 
7-egnuni  nostrum  ad  negociandum  perrexerint,  nulluni  theolonium  nee 
qua?nlibet  reddibiicionem ,  que  ad  partein  fisci  nostri  spectare  videtur, 
solvere  nee  dare  debeant. 

*)  V.  InamaWG.  i*,  617  führte  dieses  Privileg  als  (einziges!)  Beispiel 
für  die  Gewährung  von  Handelsfreiheit  „ohne  jede  Beschränkung"  an. 

»)  MG.  FF.  1 1 1  nr.  3. 

*)  MG.  DCar.  19:  pro  utilitate  vel  stipendia  monaehorum  .  .  .  pro 
necessitate  eorundem  monaehorum  .  .  . 

^)  MG.  Capit.  I,  32  C.4  (754/5)  u.  I,  124  c.  13  (805);  vgl.  Kalischer 
a.  a.  O.  S.  30. 

^)  Vgl.  in  dem  zit.  Capitulare  von  805:  Si  quid  vero  fuerit  unde 
dubitetur,  ad  proximum  placitum  nostrum  —  interrogetttr,  sowie  das 
Mandat  Pippins  zugunsten  von  Prüm  MG.  DCar  nr.  19. 

';  Vgl.  MG.  DCar.  12  u.  88  (St.  Denis). 


-     235     — 

um  so  leichter  eintreten,  als  man  von  seiten  der  Klöster 
und  Kirchen  den  Einkauf  der  benötigten  Konsumtionsgüter 
ja  wohl  z.  T.  durch  Absatz  von  Wirtschaftsprodukten  be- 
wirkt haben  wird  und  somit  Tausch-  bzw.  Kauf-  und  Ver- 
kaufshandlungen statthatten,  die  als  Handel  angesehen 
werden  konnten.  Daher  wohl  auch  diese  eigenartige  For- 
mulierung der  Zollprivilegien,  wo  doch  auch  vielfach  aus- 
drücklich von  Kauf  und  Verkauf  die  Rede  ist^),  wie  immer 
das  Ganze  nur  ob  utilitatem  et  necessitatein  ipsius  monasterii 
gedacht  ist. 

Ferner  verdient  auch  Beachtung,  daß  die  Zollbefreiungen 
von  Kirchen  und  Klöstern  sich  häufig  in  Verbindung  mit 
Immunitätsprivilegien  finden.^)  Augenscheinlich  gewährte 
das  Verbot  des  Introitus  an  die  königlichen  Beamten  an 
sich  noch  keine  Sicherheit  wider  die  Zollerhebung  durch 
die  Grafen  und  deren  Unterbeamte.  Man  befürchtete  offen- 
bar Belästigungen  aus  diesem  Titel  und  suchte  sich  durch 
ausdrückliche  Aufnahme  der  Formel  über  Zollfreiheit  in  die 
Immunitätsurkunde  Sicherheit  zu  schaffen.  Damit  hatte 
man  zugleich  eine  Freiheit  für  den  Handelsverkehr  auf  dem 
geistlichen  Grundeigentum  selbst  erreicht.  Jedoch  wohl  nur 
für  den  Grund  und  Boden  des  Immunitätsinhabers,  sowie 
dessen  Leute,  auf  welche  ja  das  Immunitätsprivileg  sich 
beschränkte.  Gewissermaßen  also  für  den  rein  grundherr- 
lichen Markt. ^)  Anders,  wenn  derselbe  über  diese  örtliche 
und  persönliche  Grenze  hinaus  sich  erstreckte,  wenn  auch 
Leute  anderer  Zugehörigkeit  dazu  kamen  und  der  Markt- 
verkehr sich  auf  öffentUchem  Platze  entwickelte.  Das  ge- 
schah aber  auf  den  Messen.  Wir  wissen  ja,  daß  bei  jeder 
Kirche  am  Tage  des  Kirchenheiligen  ein  mehr  oder  minder 
besuchter  Markt,  ein  Meßhandel  sich  entwickelte,  zu  dem 
die  aus  frommen  Zwecken  zusammenströmende  Volksmenge 
Anlaß  und  Gelegenheit  bot.*)   Berühmt  waren  zur  Karolinger- 


*)  Vgl.  die  Formulae  Imp.  MG.  FF.  301  nr.  20:  et  si  aliqtias  moras 
in  quoUhet  loco  fecerint  aut  aliquid  mercati  fuerint  aut  vendiderint .  .  . 
-)  Darüber  Th.  Sickel  in  Sitz.  Ber.  d.  Wiener  Ak.  49,  348ff. 
^)  Vgl.  dazu  S.  Rietschel  a.  a.  O.  S.  42  u.  49 f.,  sowie  bes.  153 f. 
♦}  Rietschel  a.  a.  O,  S.  39  f. 


—    236    — 

zeit  die  Messen  von  St.  Denis  ^),  Lyon 2),  aber  auch  St.  Bavo 
(Gent)^)  u.  a.  m.  Selbst  kleinere  Plätze,  wie  Obermulinheim 
(Seligenstadt  a.  Main)  hatten  ob  ihrer  Bedeutung  als  Wall- 
fahrtsorte alsbald  einen  solchen  Markt.*)  Anderseits  finden 
wir  bei  verschiedenen  Bistümern  und  Kirchen  auch  Märkte 
an  einzelnen  Villen  derselben  urkundlich  belegt,  nicht  nur 
beim  Kloster  oder  Bistum  selbst.  So  besaß  St.  Denis  einen 
Markt  zu  Eßlingen  in  Württemberg^),  ferner  ebenso  auf 
seinen  Villen  Faverolles  und  Noronte  (Arrond.  Dreux  w. 
Paris)  ^),  zu  Saclas  (im  Gau  Etampes)''),  ähnlich  Lyon  auf 
der  villa  Genouilleux  einen  Hafen  und  Markt ^),  so  Vienne 
zu  Pavasianis  (im  Gau  Lyon)®),  so  auch  die  Marienkapelle 
in  der  Pfalz  zu  Aachen  auf  der  villa  Bastogne  im  Ardennen- 
gau  einen  Markt  ^^),  so  das  Kloster  Münster  im  Gregoriental 
Besitz  an  verschiedenen  genannten  Orten  mit  Zöllen  ^^)  (cum 
theloneis)  u.  a.  m. 

Hält  man  nun  zusammen,  was  die  Urkunden  für  diese 
beiden  verschiedenen  Gruppen  enthalten,  so  wird  damit  nun 
auch  ins  rechte  Licht  gerückt,  was  über  die  Errichtung 
von  Märkten  in  der  Karolingerzeit  kraft  königlichen  Privi- 
legs verlautet.  Ich  möchte  nicht  mit  Rathgen  annehmen, 
daß  zur  Anlegung  eines  Marktes  an  sich  die  königliche 
Erlaubnis  notwendig  gewesen  sei.^^)  Vielmehr  machen  mir 
die  betreffenden  königlichen  Privilegien  bestimmt  den  Ein- 
druck, daß  ein  Markt,  d.  h.  ein  tatsächlicher  Handelsverkehr 
ebendort  schon  früher  vorhanden  gewesen  sei.^^)  Das  kann 
man  meines  Erachtens  bei  Eichstätt  recht  deutlich  erkennen. 
Im  Jahre  889  nimmt  K.  Arnolf  eine  Schenkung  an  dieses 
Bistum  zu  dem  ausgesprochenen  Zwecke  vor,  daß  wegen 
des  Zudranges  von  Wallfahrern   eine  neue  Kirche  dort 


0  Vgl.  MG.  DCar.  6  (753).  ■^)  Mühlbacher  Reg.^  nr,  1461. 

3)  Vgl.  d.  Brief  Einhards  MG.  Epp.  5,  137  nr.  56  (840). 

*)  Mathäi  a.  a.  O.  S.  12.  '^)  Mühlbacher  Reg."  nr.  1461. 

«)  MG.  DCar.  nr.  87.  ')  Mühlbacher "  nr.  554. 

»)  Mühlbacher  nr.  1705.  »)  Ebenda  1136  (848). 

*")  Ebenda  1739.  ")  Ebenda  1961. 

^")  Die  Entstehung  der  Märkte  in  Deutschland,  Diss.  Straßburg 
1881  S.  9;  vgl.  dazu  auch  Rietschel  a.  a.  O.  S.  20  u.  v.  Inama  WG.  i  ^  589. 
^')  Vgl.  dazu  auch  Huvelin,  Essai  hist.  sur  le  droit  des  marches 
et  des  foires  (1897)  S.  158. 


—     237     — 

erbaut  werden  sollte.^)  Noch  unter  demselben  Bischöfe 
Erchanbald,  der  als  Empfänger  dieser  Schenkung  auftritt, 
erlangte  908  das  Bistum  von  König  Ludwig  dem  Kinde  das 
Recht,  bei  seinem  Kloster  einen  Markt  für  den  öffent- 
lichen Handelsverkehr  einzurichten,  Münze  zu  schlagen  und 
Marktzoll  zu  erheben.^) 

Hier  war  also  ein  Handels-  und  Marktverkehr  sicher 
bereits  vorhanden.  Und  gerade  durch  diese  Urkunde  ge- 
winnt nun  auch  ein  anderes  Stück,  für  einen  italienischen 
Empfänger,  eine  ausdrucksvollere  Bedeutung.  Indem  Kaiser 
Arnolf  896  an  das  Kloster  S.  Sisto  (Piacenza)  ein  Markt- 
privileg erteilt,  gebraucht  er  die  bezeichnende  Fassung^): 
Mt  .  .  .  liceret  mercatunt  in  festivitate  S.  M  .  .  .  ad  xeno- 
dockium  ipsius  monasterii  congregare.  Bei  der  Fremden- 
herberge also  soll  der  Markt  sich  abspielen!  Jedenfalls 
waren  Fremde  in  größerer  Zahl  schon  früher  auch  dahin 
gekommen.  Nicht  so  ist  die  Sachlage  also  zu  fassen,  daß 
zur  ersten  Begründung  des  Marktes  ein  königliches  Privileg 
notwendig  gewesen  sei.  Allein  über  die  Fremden  und  aus- 
wärtigen Besucher  eines  solchen  Marktes  erstreckte  sich 
die  Immunität  des  Grundeigentümers  dort  ebensowenig  wie 
die  gewöhnlichen  Zollfreiheiten,  die  durch  königliches  Privileg 
gewährt  wurden.  Darüber  waltete  der  Graf  als  öffentlicher 
Beamter  und  es  bedurfte  einer  besonderen  königlichen  Er- 
mächtigung, durch  die  Freiung  davon  noch  besonders  erteilt 
wurde.  Sehr  scharf  hält  dies  eine  Urkunde  Kaiser  Lothars  I. 
vom  Jahre  848  auseinander.  Auch  hier  ist  es  nicht  ohne 
Interesse,  noch  eine  Besitzbestätigung  desselben  Herrschers 
hinzuzuhalten,  da  sie  sich  auf  dieselbe  villa  bezieht,  für 
welche  Marktrecht  und  zwar  in  demselben  Jahre  gewährt 
wird:  Pavasianis  im  Gau  Lyon.  Dortselbst  hatten  offenbar 
auch  freie  Laiengewalten  Grundeigentum  gehabt.  Erzbischof 
Agilmar  von  Vienne,  der  es  von  ihnen  erworben  hatte, 
ließ  sich  nun  eine  königliche  Urkunde  ausstellen  *),   durch 

1)  Mühlbacher  Reg.*  nr.  1840. 

-)  Ebenda  2049  Mon.  Boica  31,  178:  nt  ei  liceret,  ad  suum  coeno- 
bium  Eihsteti  dictum  .  .  .publice  negotiationis  mercatunt  constituere 
et  monetam  efficere  theloneumqtie,  sicut  in  ceteris  mercationum  locis  mos 
est,  exigere. 

*)  Ebenda  2  1914.  *)  Mühlbacher  nr.  1135. 


—     238     — 

welche  seine  Rechte  darauf  bestätigt  wurden.  Ob  es  ganz 
zufällig  ist,  daß  diese  Urkunde  an  demselben  Tage  aus- 
gestellt wurde,  wie  die  Verleihung  des  Marktprivilegs ?  ^) 
Und  nun  beachte  man,  worauf  diese  Erteilung  gerichtet  ist. 
Der  Erzbischof  habe  beabsichtigt,  auf  seinem  Eigengute 
{super  proprium  suum)  quoddam  forum  pttblicumque  con- 
struere  et  convocare  mercatum  und  die  Bitte  vorgetragen: 
ut  ei  illud  concederemus,  quod  inde  ad  ius  publicum  exigi 
poterat}^  Also  auch  hier  ist  es  nicht  so  sehr  die  erste  Be- 
gründung eines  Marktes,  sondern  die  Erwerbung  der  von 
einem  öffentlichen  Markte  dem  König  zustehenden  Rechte, 
bzw.  Gefälle.  Diese  Unterscheidung  wird  dann  noch  ver- 
stärkt durch  die  Wendung,  welche  in  der  Dispositio  dieser 
Urkunde  sich  findet.  Die  Gewährung  der  Bitte  wird  ein- 
geleitet durch  eine  sehr  bezeichnende  Motivierung:  cum 
divino  interveniente  nutu  presignatam  in  fori  expletione 
perfecerit  voluntatem  in  iam  dicta  villa  proprietatis  suae. 
Also  nur  von  einer  Ausgestaltung  des  grundherrlichen 
Marktes  ist  da  die  Rede.  Er  soll  zum  öffentUchen  erweitert 
werden  und  damit  tritt  er  hinaus  in  die  der  königlichen 
Gewalt  unterworfene  Rechtssphäre.  Der  König  bestimmt 
nun:  ut  nullus  publicarum  rerum  exactor  ad  hoc  illuc  in- 
gredi  audeat,  ut  aliquam  inibi  alicui  ingerat  districtionem 
vel  aliquam  exigat  redibitionem,  sed  quicquid  ius  publicum 
ex  eo  exactare  poterit,  tantum  nos  praedicto  Ägilmaro  suisque 
ministris  indulgimus  ...  Er  verwehrt  durch  diese  Immuni- 
tätsverleihung den  öffentlichen  Beamten  jede  Anwendung 
von  Zwangsgewalt  und  die  Erhebung  von  Abgaben,  so  zwar, 
daß  er  auf  alles  zugunsten  des  Erzbischofes  verzichtet,  was 
der  Fiskus  dort  erheben  konnte. 

Noch  deutUcher  spricht  das  schon  zitierte  Privileg 
Arnolfs  für  S.  Sisto  in  Piacenza.  Auch  hier  deutet  der 
Wortlaut  der  engeren  Marktverleihung  selbst  die  Ausdehnung 
auf  Fremde  an.^)  Auch  hier  wird  für  den  Markt  Immunität 
gegenüber  den  öffentUchen  Beamten  erteilt.  Der  ganze 
Zoll  soll,  heißt  es  weiter,   dem  Kloster  verbleiben  und  die 

*)  Ebenda  1136.  ^)  Forschungen  z.  d.  Gesch.  9,  432, 

^)  liceat  in  iam  dicta  festivitate  mercatum  ex  quacunque  parte 
voluerit  advocare  et  secundum  quod  melius  praeviderint,  ordinäre. 


—    239    — 

Leute,  welche  zum  Markte  herbeikämen,  im  Falle  der 
Rechtsübertretung  von  den  Beamten  des  Klosters  gerichtet 
werden.^)  In  diesem  Zusammenhang  möchte  ich  auch  auf 
den  joccursus*  verweisen,  eine  Abgabe,  deren  Einhebung  in 
einer  Formel  für  Zollfreiheitsprivilegien  besonders  verboten 
wird.^)  Sie  gewinnt  nun  eben  im  Zusammenhalt  mit  der 
vorzitierten  Urkunde  ihre  rechte  Beleuchtung. 

Während  hier  mit  der  Privilegierung  zu  einem  öffent- 
lichen Markte  also  zugleich  auch  ein  Verzicht  des  Königs 
auf  die  ihm  von  einem  solchen  zustehenden  Gefälle  ver- 
bunden ist,  so  bemerken  wir  auch  anderseits,  daß  der  König 
mitunter  nur  einen  Teil  des  dem  Fiskus  zustehenden  Zoll- 
erträgnisses von  bestimmten  öffentlichen  Hebestellen  oder 
Märkten  zu  frommen  Zwecken  an  einzelne  Kirchen  und 
Klöster  überwies.  So  schenkte  z.  B.  König  Pippin  bereits 
an  Utrecht  den  lO.  Teil  aller  Fiskalabgaben  dort  ^),  Karl  III. 
der  Kapelle  zu  Oetting  den  9.  Teil  der  Maut  zu  Ranshofen 
und  Taberesheim*),  an  Langres  und  Djion  den  halben  Er- 
trag der  Jahrmärkte  und  den  ganzen  der  Wochenmärkte 
dortselbst.^) 

Bei  den  Meßmärkten  (Jahrmärkten)  wurde  diese  Er- 
hebung der  Zölle  durch  das  privilegierte  Kloster  auf  die 
Zeit  der  Messe  beschränkt.^)  Wir  erkennen  aber  damit  auch, 
was  dann  für  die  Entstehung  ständiger  öffentlicher  Märkte 
das  Entscheidende  war:  Die  Exemtion  von  der  öffentlichen 
Gerichtsbarkeit,  womit  allmählich  das  Zustandekommen  einer 
besonderen  Marktgerichtsbarkeit,  die  über  Marktfrevel  unter 
Königsbann  richtete,  sowie  eines  Sonderfriedens,  dessen  alle 


^)  liceat .  .  mercatum  ibidem  celebrare,  ita  ut  nullus  comes  nullusque 
rei  piiblicae  administrator  vel  dispensator  in  praefato  ntercato  aliquant 
violentiam  auf  redhibitionem  vel  diminutionem  facere  aut  exquirere 
audeat,  sed  omne  teloneum  in  ins  et  potestatem  ipsius  monasterii  per- 
petualiter  maneat.  Homines  quoque  qui  ad  ipsum  mercatum  occurre- 
rint,  siin  aliquo  diviaverint,  a  ministris  ipsius  monasterii  distringantur 
et  de  transgressione  iustitiam perficiant.  Campi,  hist.  eccl.  di  Piacenza  i ,  476 

*)  Vgl.  Waitz  VG.  4',  24  n.  I. 

')  Mühlbacher  nr.  70.  132.  578.  1964.  *)  Ebenda  171 1. 

^)  Ebenda  1740. 

*)  Vgl.  außer  der  S.  238  zit.  Urk.  f.  Piacenza  auch  f.  St.  Denis  MG. 
DCar  nr.  88  (775). 


—     240     — 

Marktbesucher   teilhaftig    waren   (Königsschutz),    sich    ent- 
wickelte.^) 

Obwohl  nun  durch  solche  Privilegien  die  karolingischen 
Könige  sich  selbst  um  beträchtliche  Fiskaleinkünfte  brachten, 
wurde  damit  eben  eine  belebende  Wirkung  auf  den  Handel 
im  allgemeinen  doch  erzielt.  Sie  waren  auch  sonst  darauf 
bedacht,  die  Hindernisse  zu  beseitigen,  welche  übermäßige 
Abgaben-(Zoll-)erhebung  durch  die  Grafen  u.  a.  bereitete.^) 
Gleichwohl  hielten  sie  aber  daran  fest,  daß  die  von  alters 
bestehenden  Zollstätten  nicht  umgangen  und  ihre  fiskalischen 
Erträgnisse  dadurch  nicht  beeinträchtigt  wurden.  Ernst  Mayer 
hat  dies  im  Sinne  eines  allgemeinen  Marktzwanges  um  der 
Marktsteuer  willen  gedeutet  und  angenommen,  der  Kauf 
überhaupt  sei  auf  den  Markt  beschränkt  worden.^)  Daß  er 
damit  zu  weit  geht,  haben  schon  Rietschel*)  und  v.  Inama^) 
dargetan.  Es  kann  in  jenem  Capitulare  von  820,  das  den 
Kauf  auf  die  constituta  mercata  einzuschränken  scheint, 
nicht  der  Handel  überhaupt  gemeint  sein,  denn  er  hatte, 
wie  andere  Quellen  in  concreto  belegen,  tatsächlich  auch 
sonst  statt. '^)  Diese  Auslegung  des  Kapitularientextes  scheint 
mir  auch  deshalb  zu  eng,  weil  man  dann  folgerichtig  auch 
die  vorausgehende  Bestimmung  desselben,  daß  nirgends  ein 
Zoll  erhoben  werden  dürfe,  als  eben  auf  jenen  Märkten''), 
so  deuten  müßte,  als  ob  nirgends  sonst  ein  Zoll  eingehoben 
worden  sei.  Das  trifft  aber  sicherUch  nicht  zu.  Immerhin 
läßt  aber  diese  Bestimmung,  da  sie  mit  einer  ähnlichen  für 
den  Seehandel  erlassenen^)  darin  übereinstimmt,  doch  eine 
gewisse  Tendenz  nicht  verkennen,  jede  Umgehung  der  Zoll- 
stätten unter  Strafe  zu  setzen.     Wahrscheinlich  sollte  ver- 


*)  Vgl.  dazu  Brunner  RG.  2,  239  f.,  sowie  Rietschel  a.  a.  O.  S.  152 ff., 
197  flf.  und  Huvelin  a.  a.  O.  S.  168  f.  sowie  oben  S.  133  f. 

-)  Vgl.  die  Urk.  f.  St.  Denis  MG.  DCar.  nr.  6  u.  88,  sowie  Capit. 
I,  294  (820). 

»)  A.  a.  O.  S.  396  f.  *)  A.  a.  O.  S.  31  f.  ^)  WG.  1 '-,  590. 

*)  Rietschel  a.  a.  O.  S.  32. 

'')  A.  a.  O.:  7/i  nr/l/us  teloyieum  cxigat  ntsi  in  mcrcatibus,  ubi  cotn- 
ntttnia  commertia  emuntnr  ac  vernnidaiitur  .  . 

*)  Vgl.  Capit.  I,  319  c.  17  (Lothar  822/3):  ?//  millus  negotium  suum 
infra  mare  exercere  prcmviat,  nisi  ad  portura  legitima,  secundum 
more  antiquo,  propter  iusiitiam  donnii  impcratoris  et  nostram. 


—      241       — 

hindert  werden,  daß  Handel  und  Wandel  in  der  Nähe  der 
Märkte  erfolge,  so  daß  die  Händler  von  den  Vorteilen  des 
Marktes  profitierten,  aber  den  Zollverpflichtungen  sich  ent- 
zogen. Darauf  weist  auch  die  bekannte  Zollordnung  von 
Raffelstätten  vom  Jahre  904  —  6,  welche  verbietet,  daß  die 
Salzschiffe  nach  Passierung  des  [böhmischen]  Waldes  bevor 
sie  nach  Eparesburg  (bei  Mautern)  kämen,  anhalten,  um  Kauf 
und  Verkauf  zu  treiben.^)  Auch  die  Erwähnung  der  strata 
legitima  in  derselben  Zollordnung  ^)  gewinnt  im  Zusammen- 
halte mit  den  in  Kaiser  Lothars  Kapitulare  genannten  portura 
legitima  nun  ihre  spezifische  Bedeutung,  da  sie  wohl  im 
Sinne  des  späteren  Straßenzwanges  zu  deuten  ist.  Jeden- 
falls entsprang  sie  demselben  Interesse,  die  Umgehung  der 
Zollstationen  auf  Nebenstraßen  hintanzuhalten.  Ich  glaube 
nicht,  daß  die  Deutung  von  Waitz  (=  Hauptstraße)  ^)  den 
Begriff  legitimus  hier  voll  erschöpft. 

Die  Begünstigung  der  reichsangehörigen  Kaufleute  gegen- 
über den  Fremden,  welche  sich  in  dieser  Ordnung  sonst 
noch  deutlich  erkennen  läßt*),  kann  die  Vermutung  nahe- 
legen, daß  in  dem  viel  zitierten  Capitulare  Karls  des  Großen 
vom  Jahre  805  eine  Art  Stapelzwang  bereits  enthalten  sei. 
Denn  wenn  dort  den  Kaufleuten,  welche  in  das  Gebiet  der 
Slaven  und  Avaren  ziehen,  eine  Anzahl  von  Märkten  vor- 
geschrieben wird,  bis  zu  welchen  sie  mit  ihren  Waren  vor- 
schreiten durften  ^),  so  kann  das  meines  Erachtens  doch 
kaum  in  dem  Sinne  gefaßt  werden,  daß  der  Handel  darüber 
hinaus  überhaupt  verboten  gewesen  sei.®)  Es  würde  diese 
Bestimmung  aber  verständlich,  wenn  wir  sie  als  Stapelzwang 
an  diesen  Grenzstationen  des  fränkischen  Reiches  auffaßten, 
wie  ja  auch  im  späteren  Mittelalter  Wien  und  andere  Orte 

^)  MG.  Capit.  2,  251  c.  7:  item  de  navibus  salinariis ,  postqua7n 
silvani  [Boeniicam]  transierint ,  in  nullo  loco  licentiani  haheant  emendi 
vel  vendendi  vel  sedendi  antequam  ad  Eparesptirch  perveniant. 

'^)  Ebenda  c.  5 :  carre  autem  salinarie,  quc  per  stratam  tegittimam 
Anesim  fluviuni  transeunt. 

I  VG.  4',  72. 

*)  Vgl.  c.  4  mit  c.  6;  dazu  Waitz  a.  a.  O.  S.  72. 

^)  MG.  Capit.  I,  123  c.  7;  de  negotiatoribus  qui  partibus  Sclavorum 
et  Avarorum  pergunt,  quousque  procedere  cum  stiis  negotiis  debeaiii  .  . 

*)  Siehe  oben  S.  196;  dazu  auch  Huvelin  a.  a.  O.  S.  155. 
Dop  seh,  Wirtschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.  II.  2.  Aufl.        i6 


—     242     — 

an  der  Grenze  als  Stapelorte  für  den  Außenhandel  begün- 
stigt worden  sind  und  dem  ihren  Aufschwung  verdankten.^) 

Gewiß  ist  hier  zunächst  nur  von  Kontrollstellen  die 
Rede,  auch  wird  diesen  Orten  noch  kein  förmliches  Stapel- 
recht verliehen.^)  Aber  die  Gegenargumente  Hafemanns,  daß 
die  wirtschaftlichen  Bedingungen  für  ein  solches  Recht,  ein 
reger  Transitohandel  und  das  Städtewesen,  gefehlt  hätten  ^), 
treffen  tatsächlich  nicht  zu. 

Der  Nachweis,  daß  schon  zur  Karolingerzeit  ein  reger 
Handelsverkehr  geherrscht  hat,  läßt  nun  auch  die  Quellen 
zur  Geschichte  der  Preise  in  einem  anderen  Lichte  er- 
scheinen. Es  ist  ja  wahr.  Gerade  sie  begegnet  in  der 
Karolingerzeit  den  allergrößten  Schwierigkeiten.  Es  fehlen 
uns  nämlich  jene  Quellen  nahezu  ganz,  aus  denen  überhaupt 
wirkliche  Preise,  d.  h.  also  das  Resultat  von  Angebot  und 
Nachfrage  auf  dem  Markte,  erhoben  werden  können.  Das 
hat  schon  v.  Inama  entgegen  den  älteren  Anschauungen 
Soetbeers*)  richtig-  erkannt  und  ausgeführt.  Die  in  den 
Urbarien,  sowie  auch  den  meisten  Urkunden  und  Kapitularien 
enthaltenen  Wertbestimmungen  können  gar  nicht  als  Preise 
im  strengen  volkswirtschaftlichen  Sinne  des  Wortes  be- 
trachtet werden,  da  ihnen  jede  Beziehung  zu  Angebot  und 
Nachfrage  nach  den  betreffenden  Gütern  auf  dem  Markte 
völlig  abgeht.  Es  fand  dabei  keine  Berücksichtigung  der 
tatsächlichen  Preise,  d.  h.  auf  dem  Markte  wirklich  gezahlter 
Geldmengen  statt,  sondern  es  erscheint  ein  feststehendes, 
gewohnheitsmäßiges  Wertverhältnis  zugrunde  gelegt.^)  Man 
beachte  nun:  v.  Inama  ist  zu  dieser  treffenden  Auffassung 
gelangt  auf  Grund  einer  Untersuchung  der  in  den  Quellen 
selbst  enthaltenen  Wertbestimmungen.  ^)  Eine  Zusammen- 
stellung   dieser    Nachrichten'')    ergab    eine    auffallende 

')  Vgl.  Theod.  Mayer,  Der  auswärtige  Handel  des  Herzogtums 
Österreich  im  MA.  (in  meinen  Forschungen  z.  inneren  Geschichte 
Österr.  6)  S.  yff. 

-)  So  Hafemann,  Das  Stapelrecht  (1910)  S.  37. 

ä)  A.  a.  O.  38.  *)  Forsch,  z.  Deutsch.  Gesch.  6,. 85.    • 

5)  Vgl.  V.  Inama  WG.  i,  476  —  i -,  660. 

«)  Conrads  Jb.  f.  Nationalökon.  u.  Statistik  30,  197 ff.  (1878);  dann 
auch  WG.  I,  470  ff- =  1'.  654  ff. 

')  Ebenda  Beil.  10. 


—     243     — 

Konstanz  dieser  Werte  über  die  ganze  Karolingerzeit 
hin,  eine  ungemein  große  und  bleibende  Übereinstimmung 
in  der  Bewertung  der  hier  genannten  Güter.  ^)  Sie  zeigten 
„in  sehr  langer  Zeit  und  an  den  verschiedensten  Orten  nur 
sehr  enge  Schwankungsgrenzen."  ^)  Mit  Recht  hat  v.  Inama 
daraus  gefolgert,  das  schließe  zunächst  aus,  daß  diesen 
Wertbestimmungen  wirkliche  Preise  (Marktpreise)  zugrunde 
lagen,  wie  sie  bei  Kauf  und  Verkauf  der  in  den  Urkunden 
bewerteten  Güter  vorkamen.  Daß  auch  die  Kaufkraft  des 
Geldes  für  diese  Art  der  Wertbestimmung  nicht  maßgebend 
sein  konnte. 

Ebenso  sei  der  rein  subjektive  Standpunkt  der  Ver- 
tragsschließenden ausgeschlossen.  ^) 

Leider  hat  v.  Inama  dann  aus  diesen  richtigen  Erkennt- 
nissen nicht  auch  konsequente  Folgerungen  gezogen.  Er 
meinte  vielmehr,  da  er  die  Erklärung  ohne  jede  Kritik  der 
Quellen  versuchte,  „die  wertbestimmenden  Momente  müßten 
also  wohl  sehr  gleichartig  und  sehr  konstant  gewesen  sein".*) 
Er  wollte  dies  ^  doch  in  letzter  Linie  wieder  auf  den  „noch 
immer  geringen  Geldgebrauch  und  die  daraus  resultierende 
Seltenheit  und  Unregelmäßigkeit  der  Verkaufsvorgänge" 
zurückführen.^)  Ja,  er  nahm  sogar  an,  daß  jene  Wert- 
bestimmungen „bei  der  immer  größeren  Ausbreitung  der 
grundherrschaftlichen  Wirtschaftsverbände  von  maßgeben- 
dem Einfluß  selbst  für  die  freie  Preisverabredung  geworden 
seien",  es  habe  die  in  den  Qualitätswerten  zum  Ausdruck 
gelangende  öffentliche  Meinung  über  die  allgemeine  Brauch- 
barkeit der  Dinge  ihre  Macht  auch  für  den  Preis  im  Einzel- 
kaufe ausgeübt.^)  Somit  hätte  sich  also  daraus  geradezu 
eine  Behinderung  der  freien  Preisbildung  ergeben.  Diese 
Darlegungen  v.  Inamas  sind  die  richtunggebende  Grundlage 
für  die  spätere  Forschung  und  die  heute  geltenden  Lehr- 
meinungen geworden.  Karl  Bücher  hat  gestützt  auf  v.  Inama 
dann  behauptet,  es  seien  dem  wirtschaftlichen  Typus  der 
Fronhofswirtschaft    Preise    überhaupt    fremd''),    und    auch 

1)  Ebenda  471  =  655.  -)  Ebenda  472  =  656. 

')  Ebenda  473  =  I^  657.  *)  Ebenda  472  =1^,  656. 
^)  Ebenda  469  =  i  ^  652.  *)  Ebenda  474  =  i  -,  658. 
')  Die  Entstehung  der  Volkswirtschaft  5.  Aufl.  S.  114. 

16* 


—     244     — 

Th.  Sommerlad  hat  neuestens  die  Preisgeschichte  des  früheren 
Mittelalters  ganz  im  Sinne  v.  Inamas  dargestellt.^) 

Anderseits  aber  hat  K.  Lamprecht  ^)  ähnlich  wie  früher 
schon  Guerard^)  und  Soetbeer*)  die  in  Prekarieurkunden 
und  Urbaren  der  Karolingerzeit  enthaltenen  Wertangaben 
in  eine  Reihe  mit  jenen  des  späteren  Mittelalters  gestellt 
und  sie  geradezu  zum  unmittelbaren  Vergleiche  mit  diesen 
verwendet. 

Ich  glaube  aber,  und  zwar  gerade  auch  gestützt  auf 
eine  größere  Erfahrung  aus  der  Beschäftigung  mit  den 
Quellen  der  Wirtschaftsgeschichte  des  späteren  Mittelalters  ^), 
daß  eine  kritische  Behandlung  jener  karolingischen  Quellen 
eine  solche  Verwertung  als  absolut  unzulässig  erweist. 

Vor  allem  schon  deshalb,  weil  eine  beträchtliche  Ver- 
schiedenheit der  Maße  vorhanden  war  und  somit  die 
gelegentlichen  Wertangaben  verschiedener  Quellen  und 
Gegenden  keine  unmittelbar  kommensurablen  Größen  dar- 
stellen. Um  nur  auf  Eines  hinzuweisen.  Gerade  aus  den 
viel  benützten  St.  Galler  Urkunden  geht  deutlich  hervor, 
daß  damals  schon  der  später^)  so  wichtige  Unterschied 
zwischen  Stadt-  (Markt-)  und  Hof-  (oder  Kasten-)  Maß  be- 
obachtet wurde.  Neben  der  mensura  civitalis  wird  die 
mensura  curialis  urkundlich  erwähnt.'') 

Aber  noch  mehr.  Beachten  wir  doch  einmal  diese  Quellen 
ihrer  Herkunft  und  Absicht  nach.  Sie  sind  zunächst  durch- 
aus grundherrschaftlicher  Art,  und  zwar  solche  kirchlicher 
Grundherren.  Die  Angaben  über  den  Wert  von  Grund- 
stücken sind  Urkunden  entnommen,  die  uns  größtenteils  in 
Traditionsbüchern  überliefert  sind.  Es  ist  schon  oben  gezeigt 


^)  Vgl.  Art.  „Preis"  (3.  zur  Geschichte  der  Preise)  in  der  3.  Aufl. 
d.  Handwörterb.  d.  Staatswiss.  6,  1 168  ff. 

*)  Deutsches  Wirtschaftsleben  im  MA.  2,  si2ff. 

^)  Polyptyque  d'Irminon  i,  141  ff.  (1844). 

*)  Beitr.  z.  Geschichte  d.  Geld-  und  Münzwesens  in  Deutschland, 
Forschungen  z.  DG.  6,  96  ff. 

*)  Vgl.  meine  Edition  der  landesfürstl.  Urbare  Österreichs  u.  der 
Steiermark  aus  dem  13.  Jahrh.  in  „Ostern  Urbare"  I.  i.  u.  2.  Bd.  (1904 
und  1910). 

«)  Vgl.  Österr.  Urbare  I.  i  Einl.  S.  CXCVIII. 

•")  St.  Galler  ÜB.  nr.  126  u.  208. 


—     245     — 

worden,  daß  bei  diesen  Kauf-  und  Verkaufshandlungen- 
vielfach  ähnliche  fromme  Motive  mitwirkten,  wie  bei  den 
Schenkungen  an  die  Kirche  selbst.  Ja,  wir  haben  direkte 
Belege  dafür,  daß  ein  Teil  des  Kaufpreises  wohl  gar  auch, 
eben  aus  frommen  Rücksichten,  geschenkt  wurde. ^)  Da 
können  wir  naturgemäß  keine  „Preise"  erwarten,  d.  h.  das 
wirtschaftliche  Ergebnis  von  Nachfrage  und  Angebot  auf 
freiem  Markte. 

Und  ähnlich  unfrei  sind  die  anderen  Wertbestimmungen 
über  einzelne  Güter,  die  als  Zins  gegeben  wurden.  Sie  be- 
ziehen sich  auf  Prekaristen,  d.  h.  Leute,  die  der  betreffenden 
kirchlichen  Grundherrschaft  eben  eine  Tradition  zugewendet 
hatten  und  nun  auf  Lebenszeit  (oder  auch  erblich)  diese 
^oder  andere  Immobilien  zu  Zins  geUehen  erhielten.  Es  war 
meines  Erachtens  ganz  selbstverständlich,  daß  man  da  von 
Seite  der  kirchlichen  Grundherrschaft  weitgehende  Rück- 
sichten bei  der  Festsetzung  des  Zinses,  bzw.  der  Ansetzung 
einer  Reluition  desselben  in  Geld  beobachtet  haben  wird. 
Mitunter  wird  das  in  den  Urkunden  selbst  angedeutet.  Der 
Abt  von  St.  Gallen  verleiht  813 — 16  einem  Tradenten  dessen 
Traditionsgut  zu  Prekarie  mit  dem  Bemerken :  et  hoc  est 
census,  qiiod  nos  cum  illo  convenit?^ 

Die  Prekarieurkunden,  aus  welchen  jene  Wertangaben 
zumeist  stammen,  beruhen  also  auf  einer  Vereinbarung,  die 
der  in  Zukunft  Zinspflichtige  selbst  entscheidend,  d.  h.  zu 
seinen  Gunsten,  beeinflussen  konnte.  Da  wird  man  —  ähnlich 
wie  etwa  heute  bei  den  „Engros -Preisen"  —  dem  Preka- 
risten bei  der  Feststellung  entgegengekommen  sein. 

Anderseits  aber  wurde  dem  Wesen  dieser  Prekarien 
entsprechend  gewöhnlich  unter  einem  bestimmt,  daß  der- 
selbe Zins  auch  für  die  Kinder,  ja  für  die  Nachkommen  des 
Prekaristen  überhaupt  gelten  solle. ^)  Mitunter  wird  jede 
Zinssteigerung  ausdrücklich  verboten,  oder  als  unstatthaft 
erklärt.*)  Auf  diese  Weise  mußte  naturgemäß  eine  weit- 
gehende „Konstanz"  in  diesen  Wertangaben  zutage  treten. 

^)  Siehe  unten  S.  257. 

-)  ÜB.  St.  Gallen  nr.  217;  vyl.  auch  nr.  246. 

^)  Vgl.  z.  B.  in  St.  Galler  ÜB.  nr.  192.  202.  204.  206.  207.  210U.  v.  a.  m. 

*)  Ebenda  nr.  228. 


—    246    — 

Die  Urbare  aber  sind  Zusammenstellungen  der  Zinse, 
welche  die  Hintersassen  einer  Grundherrschaft  entrichteten. 
Bis  zu  einem  gewissen  Grade  eine  Zusammenstellung  der 
in  den  Prekarien  enthaltenen  Zinsverpflichtungen,  wie  es 
denn  auch  in  dem  reichen  St.  Galler  Urkundenschatze  einmal 
heißt,  der  betreffende  Prekarist  solle  als  Zins  entrichten : 
unius  rationem  sej'vi  tributuin  reddere  debentis.'^)  Und 
diese  Urbare  wurden  dann  bei  der  Erneuerung  oft  ganz 
wörtlich  abgeschrieben  und  überliefern  so  nicht  selten 
alte  Wertbestimmungen  in  eine  spätere  Zeit,  ohne 
den  unterdessen  erfolgten  Änderungen  in  den  Wertverhält- 
nissen Rechnung  zu  tragen.^)  Man  vergleiche  doch  einmal 
Wertangaben  von  Urbaren  des  späteren  Mittelalters  mit 
solchen  in  Verkaufsurkunden,  oder  gar  in  Rechnungen,  wie 
sie  für  diese  jüngere  Zeit  noch  erhalten  sind.  Da  findet 
man  für  dieselbe  Sache  ganz  kolossale  Preisdifferenzen, 
ich  glaube  nicht,  daß  ein  Wirtschaftshistoriker  sich  finden 
wird,  der  sich  getraute,  auf  Wertangaben  aus  Urbaren  eine 
Preisgeschichte  des  späteren  Mittelalters  aufzubauen. 

Ist  also  wohl  die  freie  Preisbildung  nun  in  der  Karo- 
lingerzeit vorgekommen?  Schon  v.  Inama  konnte  dies  doch 
nicht  ganz  leugnen.  Er  meinte  es  aus  solchen  Textesstellen 
von  Kaufurkunden  schließen  zu  dürfen,  deren  Ausdrücke 
„auf  eine  konkrete  und  subjektive  Wertschätzung  deuten  und 
den  Gegensatz  zu  der  sonst  vorkommenden  objektiven  Wert- 
schätzung sogar  bestimmt  zum  Ausdruck  bringen  zu  wollen 
scheinen".^)  Sieht  man  näher  zu,  so  ergibt  sich  allerdings, 
daß  gerade  jene  Ausdrücke  —  sicut  (oder  iuxta  quod) 
nobis  placuit  atque  convenit  (oder  aptificavii)  —  gar  nichts 
bedeuten,  da  sie  schon  rein  formelhaft  abgeblaßt  sind  und 
in  allen  Kaufurkunden  der  Karolingerzeit  regelmäßig  sich 
finden.  Ja,  es  läßt  sich  nachweisen,  daß  sie  gar  nicht  der 
Karolingerzeit  eigentümlich  sind,  sondern  bereits  der  Mero- 
wingerzeit  angehören*)  und  aus  dieser  übernommen  wurden. 

1)  So  z.  B.  nr.  225  (817). 

*)  Markante  Beispiele  bieten  hiefür  die  Österreich,  landesfürstl. 
Urbare  aus  d.  Zeit  d.  ersten  Habsburger,  die  auf  solche  der  Baben- 
berger  zurückgehen.     Österr.  Urbare  I.  i.  u.  2.  Einl.  §  2. 

3)  WG.  I,  474=  I^  657 f. 

*)  V"l.  z.  B.  Tradit.  Wizz.  nr.  XI.  XXXV.  CLXII  u.  a.  m.;   siehe 


—     247     — 

Gleichwohl  fand  bereits  in  der  Karolingerzeit  eine  freie 
Preisbildung  statt,  bei  welcher  die  allgemeinen,  auch 
heute  noch  wertbestimmenden  Motive  offensichtlichen  Ein- 
fluß ausübten. 

I  Vor  allem  das  Verhältnis  von  Angebot  und  Nachfrage. 
Es  ist  uns  eine  Reichenauer  Formel  überliefert,  die  uns 
über  den  Ankauf  von  Pelzwerk  (Fellen)  Nachricht  gibt. 
Man  müsse  rechtzeitig,  heißt  es,  den  Bedarf  decken,  da  die 
feile  im  Winter  viel  teurer  gekauft  werden  müßten  als  im 
Sommer.^)  Der  Briefempfänger  hatte  augenscheinlich  die 
Eauforder  recht  spät  erhalten.  Immerhin  übersendet  er 
2;  Felle  und  stellt  noch  mehr  in  Aussicht:  si  Deus  vitam 
Iccumqiie  nobis  concesserit.^) 

In  dieselbe  Kategorie  gehört  wohl  auch  die  Nachricht 
ais  Prüm,  daß  die  Salzpreise  an  der  Saline  zu  Wihc  bei 
IVetz  von  2  den.  bis  16  <^  ,  ja  eine  Unze  wechselten.^)  Ich 
gkube  allerdings  nicht,  daß  dieser  Wechsel  im  Preise  dort 
drrch  die  Menge  der  Ware  hervorgebracht  wurde,  wie 
v.Inama  meinte*),  sondern  meine,  daß  doch  wohl  auch 
Mr  die  Jahreszeit  das  Entscheidende  war.^)  WahrscheinUch 

ach  die  Form.  Andecav.  nr.  4  u.  25.  Dazu  jetzt  meine  ,,Grund- 
laen"  2,  464!!. 

^)  MG.  FF.  373  nr.  19:  Quod  vero  significastis  de  pellibus ,  antea 
omino  ficit  intmiaftdutn,  eo  quod  multo  carius  tempore  hiemis  quam 
esitis  emantui'. 

-)  Daß  diese  Bemerkung  auf  die  Beschränktheit  des  freien  Waren- 
vtkehres  hinweise,  wie  P.  Sander  (a.  a.  O.  1085J  behauptet,  ist  deshalb 
niht  zutreffend,  weil  wir  hier  nach  der  Provenienz  der  Quelle  ja 
gc  nicht  an  einen  berufsmäßigen  Händler,  sondern  an  einen  Kloster- 
vcstand  zu  denken  haben,  der  einem  befreundeten  Abt  also  einen 
L;besdienst  erweist. 

I*)  Mittelrhein.  ÜB.  i,  i64nr.  XLI:  Ideo  precipimus  mquirere,  quando 
vequantum  burdura  ascenderit  vel  des:enderit,  que  aliqtcando  dtiobtis 
costat  denariis  tantum,  aliqiiando  usqtie  ad  X  VI  den.,  aliquando  tcsquc 
acunciatJi  pervenit. 

*)  WG.  I,  472  =  i2,  656. 

")  Vgl.  a.  a.  O.  weiter:  In  medio  aprili  incipiunt  burdurc  tisquc 
inante  mense  decembrio.  Einen  beachtenswerten  Vergleich  dazu 
frlich  aus  dem  späteren  Mittelalter  bieten  die  Passauer  Mautbücher 
VC  1401/2,  welche  Th.  Mayer  herausgegeben  hat.  Auch  dort  sind 
stke  Schwankungen  des  Salzverkehrs  je  nach  der  Jahreszeit  zu 
v(folgen.     Verhandl.  d.  hist.  Ver.  f.  Niederbayern   45.  Bd.   S.  376 f. 


—     248     — 

war   zu  Zeiten   großer  Nachfrage    auch   dort    der  Preis   ein 
höherer. 

Beim  Meersalz  war  die  Gunst  oder  Ungunst  der  Witte- 
rung (Niederschläge!)  für  die  Preislage  von  großem  Einfluß.^; 

Ein  interessanter  Beleg  für  freie  Preisverabredung 
zwischen  Verkäufer  und  Käufer  ergibt  sich  aus  den  Be- 
stimmungen des  Konzils  von  Paris  (829).  Hier  wird  gegen 
die  wucherische  Ausbeutung  der  Bevölkerung  durch  du 
Großen  (Bischöfe  und  Grafen)  Stellung  genommen  zu  den 
Zwecke:  quatenus  paiiperibus  libei'tas  tribuatur,  ut  reddith 
senioribus  suis  quae  iuste  reddenda  sunt,  reliqua,  quae  siÜ 
supersunt,  liceat  aliis,  prout pactio  vendentis  et  einenti^ 
grata  fuerit,  absqtie  prohibitione  senioriim  suorum  distrCt- 
kere?)  Aber  nicht  nur  für  Westfrankreich  ist  solches  z|i 
beobachten,  auch  im  Osten  läßt  sich  die  gleiche  Erscheinung 
belegen,  u.  zw.  durch  die  berühmte  Raffelstätter  Zollordnuns. 
Da  heißt  es  nämlich  von  dem  Salzmarkt  zu  Mautern:  sd 
quantocunque  meliori  precio  venditor  et  emptor  inter  se  da^ 
voluerint  res  suas,  liberam  in  omnibus  habeant  liccntiani^ 

Daß  auf  die  Preisbildung  eventuell  auch  die  Mocfe 
bestimmenden  Einfluß  hatte  und  Quantitäts-  bzw.  Qualität.*- 
unterschiede  des  Verkaufsobjekts  überbrückte,  bezeugt  dS 
Vorgehen  der  friesischen  Kaufleute.  Sie  machten  sich  ds 
große  Nachfrage  nach  englischen  Mänteln  zunutze,  um  d^ 
alten,  für  die  langen  Mäntel  geforderten  Preise  auch  jett 
noch  zu  erlangen,  obwohl  dieselben  infolge  der  zur  Zöfc 
Karls  der  Großen  herrschenden  Mode  viel  kürzer  getraga 
wurden.*) 

Endlich  besitzen  wir  auch  noch  Zeugnisse,  die  beweise, 
wie  auch  der  subjektive  Gebrauchswert  des  Käufers  bei  dr 


Daher  ist  auch  der  Einwand  P.  Sanders  (a.  a.  O.  1086)  nicht  zutreffen, 
solche  Preisschwankungen  wären  ein  Ding  derUnmögUchkeit  gewese, 
falls  damals  wirklich  schon  ein  nur  einigermaßen  leistungsfähig- 
freier Güterverkehr  im  Reich  bestanden  hätte.  War  ein  solch- 
vielleicht  auch  im  15.  Jahrhundert  noch  nicht  vorhanden?  1 

1)  Vgl.  oben  S.  184  n.  2.  -)  MG.  Concil.  2,  645  c.  LH.     | 

»)  MG.  Capit.  2,  252  c.  7.  I 

*)  Siehe  oben  S.  149.   Die  Deutung  dieses  Vorganges  beiv.  Inai 
1,  478  =1-,  662  ist  wohl  sehr  gekünstelt. 


—     -49     — 

Preisbildung  von  dem  Verkäufer  bereits  in  Anschlag  ge- 
bracht und  ausgenützt  wurde.  Man  gab  damals  schon  an 
fremde  Reisende  die  benötigten  Reiseutensilien  teurer  ab, 
als  an  die  Einheimischen.^)  Die  Reisenden  waren  offenbar 
schon  in  der  Karolingerzeit  ein  beliebtes  Ausbeutungsobjekt 
für  geschäftskundige  Wirte.  Daß  es  sich  dabei  nur  um  die 
zu  Hofe  reisenden  Getreuen,  die  Hofreisen  der  Großen 
gehandelt  habe,  wie  v.  Inam.a  ^)  und  Schaub  ^)  meinen,  trifft 
doch  nicht  zu.*) 

Aber  auch  Liebhaber-  oder  Seltenheitspreise 
sind  in  jener  Periode  bereits  vorgekommen.  Das  zeigen  die 
köstlichen  Geschichtchen  des  Mönches  von  St.  Gallen,  wie  der 
ebenso  geizige  als  prunksüchtige  Erzbischof  Richulf  von 
Mainz  einem  jüdischen  Händler  eine  Maus  als  angeblich 
seltenes,  nie  dagewesenes  Tier  um  einen  hohen  Geldbetrag 
abkaufte.^).  Ähnlich  auch  der  Schwank  vom  Bischof  und 
dem  als  Maulesel  auftretenden  bösen  Geist. ^) 

Am  bekanntesten  sind  die  Teuerungspreise.  Wie  zu 
allen  Zeiten,  so  haben  auch  damals  Mißernten  und  Hungers- 
nöte solche  hervorgerufen,  so  daß  selbst  die  kargen  Annalen 
sie  bei  besonders  drückender  Höhe  mitunter  verzeichnen.'') 
So  melden  die  Jahrbücher  von  Fulda  zum  Jahre  850,  daß 
in  Mainz  der  Scheffel  (modius)  Korn  für  10  Sielen  Silbers 
verkauft  worden   sei  ^) ;   so   die  Annalen   von  Sens   zu   868, 


^)  Vgl.  d.  Capit.  Kaiser  Ludwigs  II.  von  865  MG.  Capit.  2,  93  c.  5 : 
std  neque  indigenac  per  solüa  loca  tectum,  focum,  aqiiani  et  palcam  hos- 
pitibits  denegare  aut  sua  carius  quam  vicinis  audeant  vendere. 
Ähnlich  das  Capit.  Vernense  Karlmanns  vom  Jahre  884  c.  13:  .  .  nihil 
carüis  vendant  transeuntibzis ,  iiisi  quanto  in  mercato  vendere  possunt. 
Ebenda  375.  Diese  Bestimmungen  dürfen  aber,  wie  die  schon  von 
Boretius  zit.  älteren  Capit. -Stellen  beweisen,  ihre  Vorläufer  gehabt 
haben ,  auch  wenn  gerade  dieser  Satz  sich  dort  noch  nicht  aus- 
gesprochen findet. 

-)  WG.  I  ^  669.  3)  A.  a.  O.  S.  92. 

*)  Vgl.  Mon.  Capit.  i,  96  c.  27  u.  144  c.  i. 

^)  Monach.  St.  Gall.  I.  c.  16  MG.  SS.  2,  737. 

*)  Ebenda  c.  24,  a.  a.  O.  742. 

■')  Vgl.  im  allgemeinen  F.  Curschmann,  Hungersnöte  im  MA. 
(1900)  S.  89  ff. 

"}  Annal.  Fuld.  ed.  Kurze  in  SS.  rer.  Germ,  in  usum  scholar.  S.  40. 


—      250      — 

daß  dort  der  Scheffel  Hafer  5,  Gerste  6^12,  Roggen  7^/2, 
Weizen  gar  8  Schillinge  gekostet  habe.^) 

Hier  bewirkte  also  ein  zu  geringes  Angebot  bei  großer 
Nachfrage  eine  außerordentliche  Steigerung  der  Preise.  Sie 
gedieh  naturgemäß  zu  einer  schweren  wirtschaftlichen  Schä- 
digung der  Bevölkerung.  Ähnliches  ist  auch  zur  Zeit  Karls 
des  Großen  wiederholt  vorgekommen,  so  793  und  805.  Der 
Kaiser  sah  sich  veranlaßt,  dagegen  einzuschreiten  und  eine 
förmliche  Preissatzung  zu  erlassen.^)  Dieselbe  ist  freilich 
verschieden  aufgefaßt  worden.  Soetbeer^)  und  v.  Inama- 
Sternegg*)  nahmen  gegen  die  ältere  Forschung,  welche  darin 
eine  Maßregel  der  Teuerungspolizei  oder  eine  Polizeitaxe 
sah,  in  bestimmter  Weise  Stellung.  Sie  meinten,  es  habe 
sich  bloß  um  eine  Wertbestimmung  des  Getreides  gehandelt, 
durch  die  Karl  der  Große  angesichts  der  eben  damals 
durchgeführten  Maß-  und  Geldreform  nur  die  notwendige 
Reduktion  des  bisher  üblichen  Getreidewerts  auf  die  neuen 
Maß-  und  Geldgrößen  geben  wollte. 

Diese  Deutung  ist  sicher  unzutreffend  und  auch  bereits 
von  Curschmann^),  Sommerlad  ^)  und  Schaub '^)  mit  tref- 
fenden Einwänden  angefochten  worden.  Wenn  neuestens 
F.  Schneider  demgegenüber  doch  wieder  an  dem  Stand- 
punkte V.  Inamas  festhalten  möchte  ^),  so  ist  der  Grund 
hiezu  ebenso  durchsichtig  wie  dort.  Nimmt  man  eine  strenge 
oder  absolute  Naturalwirtschaft  der  Karolingerzeit  an,  dann 
ist  eben  nur  eine  so  gekünstelte  Deutung  möglich.  Es 
schien  allerdings  bisher  das  materielle  und  konkrete  Sub- 
strat für  solche  geldwirtschaftliche  Vorgänge  zu  fehlen.  Mit 
meiner  Auffassung  von  dem  H^andel  und  Verkehr  jener  Zeiten 
lassen  sich  diese  Nachrichten  nun  sehr  wohl  vereinigen. 


^)  Ann.  Senon.  MG.  SS.  i,  103. 

-)  MG.  Capit.  I.  74  c.  4.        ^)  Forsch,  z.  deutschen  Gesch.  6,  73  f. 

*)  WG.  I,  476  ff.  =  r-,  660 ff.,  danach  auch  Waitz,  VG.  4-,  48. 

^)  A.  a.  O.  71  n.  2. 

")  Die  wirtschaftl.  Tätigkeit  d.  Kirche  im  MA.  2,   115. 

'')  Der  Kampf  gegen  den  Zinswucher  etc.  S.  86  f.  Vgl.  übrigens 
auch  Vinogradoff  in  Vierteljahrschr.  f.  Soz.  u.  WG.  3,  548  n.  2,  der 
darin  gleichfalls  Maximaltarife  sieht. 

^)  Vierteljahrschr  f.  Soz.  u.  WG.  5,  301. 


—      251      — . 

Daß  Karl  der  Große  bei  Erlaß  dieser  Preistaxen  die 
Taxordnung  Kaiser  Diocletians  vom  Jahre  301  benutzt 
habe,  wie  Sommerlad  glaubt^),  halte  ich  für  ganz  unwahr- 
scheinlich. Auch  Schaub  hat  schon  Zweifel  darüber  ge- 
äußert^), freilich  ohne  nähere  Begründung.  Mir  macht 
diese  Preissatzung  eher  den  Eindruck,  daß  kirchliche  Kon- 
ziUenbeschlüsse  älterer  Zeit  da  Vorbild  gewesen  sind.  Man 
beachte  doch,  diese  Satzung  ist  auf  einer  Synode  zu 
Frankfurt  a./M.  erlassen  worden,  sie  macht  nur  einen  kleinen 
Teil  der  Gesamtbeschlüsse  aus,  es  wird  ausdrückUch  auch 
der  Zustimmung  der  Synode  gerade  hier  noch  besonders 
gedacht.^) 

Sie  ist  meines  Erachtens  am  richtigsten  zu  erklären, 
wenn  man  sie  mit  den  Wucherverboten  jener  Zeit  in  Zu- 
sammenhang bringt.  So  erklärt  sich  dann  auch  die  Mit- 
wirkung der  Kirche,  welche  man  bisher  gar  nicht  beachtet 
hat,  ganz  ungezwungen. 

Sehr  deutlich  weist  auf  diesen  Zusammenhang  auch  das 
Capitulare  von  Nymwegen  von  806  hin,  wo  sich  eine  ähn- 
liche Preissatzung  am  Schlüsse  von  Bestimmungen  findet, 
die  gegen  den  Wucher  gerichtet  sind.*) 

Die  Auffassung  P.  Sanders,  daß  gerade  die  wiederholten 
Versuche  Karls,  für  sein  ganzes  weites,  von  Verkehrsmitteln 
so  gut  wie  entblößtes  (!)  Reich  einen  einheitlichen  Getreide- 
preis festzusetzen,  unmöglich  gewesen  wären,  wenn  man 
die  freie  Preisbildung  als  einen  wesentlichen  Faktor  im 
Wirtschaftsleben  des  Volkes  angesehen  hätte ''),  geht  mehr- 
fach von  irrigen  Voraussetzungen  aus.  Einmal  ist  es  völlig 
verkehrt,  das  Karolingerreich  als  bar  aller  Verkehrsmittel  zu 


')  A.  a.  O.  S.  116;  ^)  A.  a.  O.  86  n.  i. 

')  Stattiit  piissimiis  domnus  noster  rex,  consentienti  sancta 
synodo  .  .  . 

*)  Ebenda  132  c.  18.  v.  Inama  wollte  zuletzt  noch  behaupten, 
daß  die  Preissatzungen  Karls  von  794  u.  806  zu  dem  Problem  des 
justum  pretium  nur  indirekt  in  Beziehung  stehen.  WG.  i -,  668. 
Er  geriet  hier  mit  sich  selbst  in  einen  bezeichnenden  Widerspruch, 
da  er  eine  Seite  später  selbst  zugeben  mußte,  daß  das  Nymvveger 
Capitulare  von  806  doch  schon  eine  nähere  Beziehung  zum  justum 
pretium  bekunde.     Ebenda  669. 

^)  A.  a.  O.  S.  1086. 


bezeichnen.  Dann  aber  handelt  es  sich  da  z.  T.,  wie  im 
Jahre  806  deutlich  gesagt  wird,  um  Ausnahmeverhältnisse, 
die  nur  für  dieses  Jahr  wegen  der  Hungersnot  gelten  sollten, 
ja  auch  nur  für  die  geistlichen  und  weltlichen  Großen,  so- 
wie die  königlichen  Benefiziare  verbindliche  Kraft  besaßen.^) 
Endlich  konnte  auch  die  ohne  diese  Beschränkungen  auf- 
tretende Frankfurter  Preissatzung  vom  J.  794,  wo  übrigens 
auch  auf  die  Hungersnot  hingewiesen  wird^),  doch  wohl  nur 
Richtpreise  im  Auge  haben,  zumal  gar  keine  Strafe  für  die 
Übertretung  dieser  Bestimmungen  in  Aussicht  genommen 
erscheint. 


S   12. 

Die  GeMwirtschaft. 

Die  Geldgeschichte  der  Karolingerzeit  muß  als  das 
Stiefkind  der  Wirtschaftsgeschichte  überhaupt  bezeichnet 
werden.  Nicht,  als  ob  diese  kein  Interesse  dafür  gehabt 
hätte.  Aber  man  glaubte ,  mit  ein  paar  dürftigen  Be- 
merkungen deren  Eigenart  deutlich  genug  umschreiben  zu 
können.  Wohl  auf  keinem  Gebiet  der  Wirtschaftsgeschichte 
hat  sich  die  Einseitigkeit  der  bisherigen  Forschung  so 
empfindlich  geltend  gemacht  als  eben  hier.  Da  die  beiden 
grundlegenden  Werke,  die  für  alle  spätere  Forschung  ent- 
scheidend wurden  (G.  L.  v.  Maurer  und  Landau),  ihrem 
Zwecke  nach  nur  auf  die  Agrargeschichte  gerichtet  waren, 
erlangte  deren  Auffassung,  daß  Grund  und  Boden  die  Basis 
des  gesamten  Volkslebens  gebildet  habe^),  von  vornherein 
eine  maßgebende  Bedeutung.  Dann  aber  kam  noch  hinzu, 
daß  der  weitere  Ausbau  der  Forschung  nahezu  aus- 
schließUch  durch  Rechtshistoriker  erfolgte,  und  zwar  in 
Zeiten,  da  man  als  Hauptquellen  der  Erkenntnis  die  alten 
Volksrechte  zu  betrachten  pflegte.  Sie  aber  schienen  mit 
den  in  ihnen  enthaltenen  Werttarifen  für  die  Bußsätze  die 
Anschauungen  zu  unterstützen,  welche  die  agrargeschichtliche 
Forschung  zu  dem  typischen  Bilde  der  sogen,  geschlossenen 

-)  MG.  Capit.  I,  132  c.  iS.  -)  Ebenda  74  c.  4  am  Schlüsse! 

»)  Vgl.  im  I.  Bande  S.  2  f. 


—     253     — 

Fronhofswirtschaft  vereinigt  hatte.  Wir  sahen  schon,  wie  be- 
stimmend diese  Forschungsergebnisse  die  Handelsgeschichte 
beeinflußt  haben.  Stellte  man  sich  die  Wirtschaftsentwick- 
lung der  Karolingerzeit  als  einen  in  sich  geschlossenen  Kreis 
von  Produktion  und  Konsumtion  vor,  so  war  es  natürlich, 
daß  man  dem  Handel  nur  eine  geringfügige  Bedeutung  ein- 
räumte.^) Noch  weniger  aber  konnte  bei  dieser  Auffassung 
für  jene  Zeit  ein  Bedürfnis  nach  Geld  vorhanden  gedacht 
werden.  Die  Annahme  einer  strengen  Naturalwirtschaft  ergab 
sich  wie  von  selbst  als  logische  Folgerung  aus  jenen  Prä- 
missen. Auch  die  Münzgeschichte  schien  in  ihren  zunächst 
naturgemäß  bescheidenen  Anfängen  jene  Forschungsergeb- 
nisse zu  bestätigen.  Angesichts  jener  bereits  verbreiteten 
Anschauungen  lag  es  nahe,  die  Spärlichkeit  der  Funde  als 
Zeichen  einer  Geringfügigkeit  der  Geldbedürfnisse  zu  deuten.^) 
Und  als  dann  ein  Nationalökonom,  v.  Inama-Sternegg, 
daran  ging,  zum  erstenmal  eine  zusammenfassende  Wirt- 
schaftsgeschichte jener  Zeiten  zu  entwerfen,  da  war  es  ihm, 
der  gleichfalls  von  der  Agrarhistorie  ausging,  nicht  schwer, 
eben  aus  den  Quellen,  welche  ihm  zuvor  bei  der  Schilde- 
rung der  großen  Grundherrschaften  vornehmlich  das  Material 
geliefert  hatten  (Traditionsbücher),  noch  weitere  Belege  für 
jene  Theorie  namhaft  zu  machen.^)  Seit  seiner  Darstellung 
hat  der  Satz  von  dem  ausschließlich  naturwirtschaftlichen 
Charakter  jener  Zeiten  als  Axiom  gegolten.*)  Daß  endlich 
so  wirksame  und  vielgelesene  Bücher  wie  K.  Lamprechts 
Deutsche  Geschichte^)  und  K.  Büchers  Entstehung  der  Volks- 
wirtschaft^) jene  Theorie  akzeptierten,  ja  noch  weiter  aus- 
bildeten und  zu  einem  förmlichen  System  verarbeiteten,  trug 


^)  Siehe  oben  S.  i86. 

^)  So  vor  allem  Soetbeer,  Beitr.  z.  Gesch.  d.  Geld-  u.  Münzwesens 
in  Deutschland,  Forsch,  z.  d.  G.  IV  u.  VI,  der  nahezu  ausschließlich  von 
den  älteren  französischen  Numismatikern  abhängig  war. 

')  Vgl.  darüber  im  i.  Teile  S.  7  ff. 

*)  Vgl.  Brunner  RG.  i,  214,  1 2,  314;  F.  Dahn,  Könige  d.  Germanen 
VIII.  5,  loiff.;  Schröder  RG.^  S.  160;  Kötzschke,  DeutscheWirtschaftsg. 
in  A.  Meisters  Grundriß  d,  Gesch.  Wiss.  II.  i,  S.  80;  von  den  histo- 
rischen Darstellungen  z.  B.  Mühlbacher,  Deutsche  Gesch.  unter  den 
Karolingern  S.  284  u.  a.  m. 

«)  2,  88.  ''■)  Vgl.  z.  B.  in  der  5.  Aufl.  S.  112 ff. 


—     254     — 

schließlich  zu  dessen  weitester  Verbreitung  bei.  In  der 
berühmt  gewordenen  Stufenfolge  von  Büchers  Wirtschafts- 
typen der  allgemeinen  ökonomischen  Entwicklung  wird  als 
•Hauptvertreter  der  sogen,  geschlossenen  Hauswirtschaft, 
welche  als  tauschlose  Wirtschaft  ohne  Geld  als  Tausch- 
vermittler charakterisiert  erscheint,  eben  die  mittelalterliche 
Fronhofswirtschaft  hingestellt. 

Diese  Auffassung  von  der  absoluten  Naturalwirtschaft 
der  Karolingerzeit  und  dem  völligen  Mangel  jeder  Geld- 
wirtschaft galt  so  unumstößlich  gesichert  und  unanfecht- 
bar, daß  noch  in  jüngster  Zeit  ganz  ernstlich  der  Versuch 
gemacht  werden  konnte,  quellenmäßig  sicher  bezeugte  Er- 
scheinungen des  Wirtschaftslebens  von  damals,  die  mit  ihr 
unvereinbar  waren,  künstlich  zu  beseitigen.  Man  wollte 
die  sogen.  Wucherverbote  Karls  des  Großen  und  seiner 
Nachfolger  als  völlig  unpraktisch  erklären  und  darin  bloß 
„ein  Symptom  der  sogen,  karlingischen  Renaissance"  sehen, 
eine  gelehrte  Reminiszenz  der  Hofgelehrten  Karls,  die  alle 
die  schönen  Gesetze  der  Kirchenväter  auch  für  ihr  Franken- 
reich haben  wollten,  selbst  auf  die  Gefahr  hin,  daß  sie  nicht 
mehr  ganz  paßten.^)  Nichts  ist  vielleicht  bezeichnender 
für  den  Stand  unserer  Forschung! 

Hält  man  sich  diesen  eigenartigen  Gang  vor  Augen, 
den  sie  auf  diesem  Gebiete  genommen  hat,  so  fällt  erst 
recht  auf,  wie  schwach  eigentlich  die  Stützen  sind,  auf 
welche  sie  so  weitgehende  Schlüsse  aufbaute.  Man  kann 
wohl  sagen :  heute  sind  die  beiden  Hauptträger,  auf  welchen 
sie  ruhte,  hinfällig  geworden.  Es  hat  in  der  Karolingerzeit 
weder  eine  so  geschlossene  Haus-  oder  Fronhofswirtschaft 
gegeben,  als  jene  annahm,  noch  waren  Handel  und  Verkehr 
so  unbedeutend,  als  dafür  notwendige  Voraussetzung  wäre. 

Sieht  man  näher  zu,  so  wird  man  bald  gewahr,  daß 
eine  gleichmäßige  und  erschöpfernde  Durcharbeitung  des  Ge- 
samtquellenstoffes für  diese  Fragen  bis  jetzt  gar  nicht  unter- 
nommen wurde.  Man  hat  sich  begnügt,  aus  ihm  zu  er- 
heben,   was  man  für  jene  Theorie  brauchen  konnte.     Das, 


')  So  Fedor  Schneider,  Das  kirchliche  Zinsverbot  u.  die  kuriale 
Praxis  im  13.  Jahrh.  in  Festgabe  für  H.  Finke  (1904)  S.  139. 


—     255     - 

was  vorliegt,  ist  gar  keine  Geldgeschichte  der  Karolingerzeit, 
sondern  eine  ganz  einseitige  Verwertung  eines  Teiles  des 
Quellenstoffes  mit  völlig  unkritischem  Vorgehen.  Wir  dürfen 
heute  ganz  allgemein  sagen:  Auf  Grund  von  Urbaren 
und  Traditionsbüchern  läßt  sich  die  Geldge- 
schichte keiner  Zeit  auch  nur  annähernd  richtig 
darstellen.  Eben  in  jüngster  Zeit  haben  wir  das  an  einem 
schlagenden  Beispiel  erlebt,  da  AI.  Schulte  auf  Grund  solcher 
Quellen  die  Wirtschaftsentwicklung  des  deutschen  Südostens 
im  13.  Jahrhunderte  als  Gegenstück  zu  jener  Südwestdeutsch- 
lands ganz  naturalwirtschaftlich  im  Sinne  der  Karolingerzeit 
charakterisieren  wollte.^)  Zieht  man  die  anderen  Quellen 
noch  zu  Rate,  so  ergibt  sich  ein  völlig  anderes  Bild,  sie 
lassen  eine  teilweise  recht  vorgeschrittene  Geldwirtschaft 
auch  hier  erkennen.^) 

Die  Eigenart  der  Quellen  und  ihrer  Überlieferung  wird 
gerade  in  der  Karolingerzeit  um  so  mehr  Kritik  erfordern, 
als  hier  noch  ärger  als  sonst  weite  Lücken  klaffen,  und  wir 
größtenteils  aus  agrarwirtschaftlichen  Quellen  schöpfen.  Die 
Traditionsbücher,  die  Urbare  und  nahezu  alle  Urkunden 
rühren  von  geistlichen  Grundherrschaften  her  und  vermögen 
ihrem  Zwecke  nach  gar  kein  vollkommenes  Bild  der  Geld- 
verhältnisse jener  Zeit  zu  vermitteln.  Man  hat  da  zu  vor- 
schnell mit  dem  testimonium  ex  silentio  argumentiert. 

Die  Statistik,  welche  man  aus  diesen  Quellen  für  die 
Frequenz  von  Kauf-  und  Verkaufsgeschäften  im 
Immobiliarverkehr  aufgestellt  hat^),  bietet  kein  entfernt 
richtiges  Bild  von  den  tatsächlichen  Verhältnissen.  In  Wirk- 
lichkeit waren  Kauf  und  Verkauf  von  Grund  und  Boden  viel 
häufiger,  als  man  auf  Grund  dieser  Quellen  bis  jetzt  ange- 
nommen hat.    Das  sagen  uns  die  hier  verzeichneten  Tradi- 


1)  Mitt.  d.  Inst.  7,  552. 

2)  Vgl.  meine  Österr.  Urbare  I.  i,  Einl.  p.  LXXXIff. 

')  Für  Weißenburg  Wolff,  Erwerb  und  Verwaltung  des  Kloster- 
vermögens in  den  Traditiones  Wizzenburgenses  (1883)  S.  21  f.,  für 
St.  Gallen  G.  Caro,  Die  Grundbesitzverteilung  in  der  Nordostschweiz 
und  in  den  angrenzenden  alamannischen  Stammesgebieten  zur  Karo- 
lingerzeit, Jahrb.  f.  Schweiz.  Gesch.  26,  240,  für  Fulda  im  i.  Teile 
dieses  Werkes  S.  207 f. 


—     256     — 

tionsurkunden  z.  T.  selbst.  Ich  lege  weniger  Gewicht  auf 
das  Formular  der  Übereignungsurkunden,  wo  als  Objekt  des 
Rechtsgeschäftes,  bzw.  Inhalt  der  Schenkung  u.  a.  auch  häufig 
aufgezählt  wird :  quid  de  co7nparatM  .  .  .  habuimus  oder  der- 
gleichen.^) Das  ist  formelhaft  abgeblaßt  und  beweist  wehig. 
Allein  daneben  finden  wir  nicht  selten  in  den  individuellen 
Teilen  des  Textes  ganz  konkrete  Nachrichten  darüber,  daß 
einzelne  Stücke  des  Traditionsgutes  von  dem  Tradenten 
selbst  oder  dessen  Eltern  kaufweise  erworben  worden  seien. "-^j 
Mitunter  werden  auch  bei  kleineren  Traditionsobjekten 
mehrere  Kaufhandlungen  seitens  eines  und  desselben  Tra- 
denten erwähnt.^)  Die  Rückkäufe  aber  seitens  der  Tradenten 
oder  ihrer  Erben,  auf  welche  die  nicht  seltenen  Rückkaufs- 
klauseln doch  hinweisen*),  wurden  natürlich  hier  überhaupt 
nicht  eingetragen.  Dadurch  erscheinen  also  die  uns  noch 
erhaltenen  Verkaufsurkunden  nur  als  sehr  geringer  Teil 
der  tatsächlich  erfolgten  Rechtsgeschäfte  dieser 
Art.  In  das  Traditionsbuch  wurden  naturgemäß  nur  jene 
davon  eingetragen,  welche  zur  dauernden  Übereignung  an 
das  Kloster  oder  Bistum  führten.  Ja,  ich  habe  auf  Grund 
einer  genauen  Durcharbeitung  des  ganzen  Materiales  den 
bestimmten  Eindruck  gewonnen,  daß  nicht  einmal  diese 
Kategorie  von  Verkaufsurkunden  hier  vollständig  verzeichnet 
ist.  Geht  man  nämlich  dieselben  ihrem  Inhalte  nach  durch, 
so  begegnet  man  nicht  selten  solchen  Verkaufsgeschäften, 
bei  welchen  zugleich  ein  besonderer  Anlaß  für  die  Eintragung 


1)  Vgl.  z.  B.  Cod.  dipl.  Lauresham.  2  nr.  878;  Trad.iJ'Vizz.  nr.  38. 
39.  46.  148.  234,  245.  246.  250  u.  a.  m. 

^)  Cod.  Lauresham.  i,  574  nr.  705:  2  mansos  quos  ego  comparavi, 
I  a  Meginoldo,  almm  a  Geilrada;  nr.  759.  763  oder  2,  31  nr.  900:  petiam 
prati,  quam  ego  de  M.  dato  pretio  comparavi;  vgl.  nr.  796:  qjiicquid  in 
ipsa  marra  .  .  •  laborare  seu  lucrare  potuero.  Trad.  Frising.  Bitterauf 
nr.  4.  43.  50.  68.  109b.  136.  262.  373b.  397,  ferner  Tradit.  Wizz.  nr.  62. 
71.  72.  78.  207.  233;  St.  Galler  Urk.-B.  nr.  470.  473.  606.  641.  654.  754. 

•■*)  Vgl.  besonders  die  schon  im  i.  Teile  S.  353  n.  4  zit.  Urk.  vom 
Jahre  819:  cedimus  mansum  doniinicatum,  qiLam  de  diver sis  homini- 
bus  comparavimus,  sowie  Mon.  Boica  8,  369  (806):  dono  in  ipsa  villa 
H.  quicqiiid  de  HelfricJw  comparavi ....  similiter  dono  et  in  villa,  que 
dicitur  P.  quicqtiid  de  Folckero  et  filio  suo  Milone  comparavi  .  . 

*)  Sie  sind  besonders  häufig  in  den  St.  Galler  Urkunden,  aber 
auch  in  Weißenburg  und  Freising  nichts  Seltenes. 


-    257     — 

ins  Traditionsbuch  vorhanden  war.  Sei  es,  daß  ein  Teil  des 
übereigneten  Gutes  für  das  Seelenheil  tradiert,  der  andere 
aber  verkauft  wurde  ^),  oder  aber  eine  Tauschhandlung  damit 
verbunden  war  ^),  sei  es  auch,  daß  der  Verkäufer  das  an 
den  geistlichen  Empfänger  verkaufte  Gut  auf  Lebenszeit  zu 
Precaria  zurück  erhielt.^)  Solche  Mischformen  von  Ver- 
kaufshandlungen werden  daher  wohl  auch  im  Texte  selbst 
als  venditio  vel  donatio  bezeichnet*),  und  es  liegt  daher  die 
Vermutung  nahe,  daß  auch  jeije  Stücke,  die  nur  im  Auszug 
überliefert  ^)  und  in  der  Überschrift  als  donationes  bezeichnet 
erscheinen,  möglicherweise  z.  T.  ähnlich  geartet  waren.^) 

In  allen  diesen  Fällen  lag  also  ein  besonderer  Grund  vor, 
daß  man  diese  Verkaufshandlungen  ins  Traditionsbuch  auf- 
nahm. Ob  man  aber  auch  jene  hier  eingetragen  hat,  bei 
welchen  ein  reines  Verkaufsgeschäft  vorlag?  War  es  denn 
überhaupt  Aufgabe  der  Traditionsbücher,  auch  solche  nackte 
Verkaufsurkunden  abschriftlich  wiederzugeben?  Nach  allem, 
was  wir  früher  zur  Kritik  der  Traditionsbücher  feststellen 
konnten''),  hegt  in  dieser  Überlieferung  doch  nur  ein  sehr 
beschränkter  Teil  der  tatsächlich  erfolgten  Rechtsgeschäfte 
mehr  vor. 

Aber  noch  aus  einem  anderen  Grunde  können  diese 
Quellen  uns  gar  kein  richtiges  Abbild  des  Geldverkehres 
ihrer  Zeit  gewähren.  Sie  behandeln  ausschheßlich  kirch- 
liche Grundherrschaften.  Gerade  bei  diesen  mußte  aber 
naturgemäß  die  Zahl  der  Kaufhandlungen  eine  sehr  geringe 
sein,  da  sie  als  Empfänger  zahlloser  Traditionen  wenig  Anlaß 
zu  kaufweiser  Erwerbung  von  Grund  und  Boden  hatten. 
Sie  erhielten  geschenkt,  was  sie  gern  mochten,  oder  waren 
eben  mit  Hilfe  des  reichen  Traditionsgutes  stets  in  die  Lage 
versetzt,  durch  Tausch  zu  erwerben,  was  weniger  begüterte 
Grundeigner  nur  kaufweise  an  sich  bringen  konnten.     Und 

^)  So  ÜB.  V.  St.  Gallen  nr.  444;  Cod.  Lauresham.  i  nr.  197.  241. 
433;  Frising.  Bitterauf  nr.  81.  148.  200b.  432. 

^)  St.  Gall.  ÜB.  nr.  514;  Cod.  Lauresham.  3,  275  nr.  3780. 
=")  Tradit.  Wizz.  nr.  226;  St.  Gall.  ÜB.  nr.  546. 
*)  Cod.  Lauresham.  nr.  197.  ^')  Vgl.  im  i.  Teile  S.  io2{. 

")  Cod.  Lauresh.  nr.  1500.  1822.  1830.  1832.  1946.  2007.  2104.  2486, 
')  Im  I.  Teile  S.  101  ff. 
Dop  seh,  Wirtschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.  II.  2.  Aufl.  17 


—     258    — 

auch  die  Verkaufshandlungen  mußten  eben  hier  sehr  selten 
sein,  da  die  Veräußerung  von  Kirchengut  ja  verboten  und 
nur  unter  sehr  erschwerenden  Kautelen  möglich  war.  Die 
Kirche  war  so  auf  den  Weg  der  Naturalkompensation  an- 
gewiesen.^) 

Stellenweise  wie  in  Bayern,  war  auch  der  kaufweise  Er- 
werb von  Grundeigentum  durch  die  Kirche  an  die  Erlaubnis 
des  Herzogs  geknüpft.^) 

Ganz  anders  dagegen  die  weltlichen  Grund- 
herren. Wären  über  deren  wirtschaftliche  Verhältnisse  ähn- 
liche Aufzeichnungen  erhalten,  so  würden  dieselben  vermut- 
lich einen  anderen  Inhalt  haben,  als  jene  kirchlichen  Quellen. 
Hier  entfielen  jene  Momente,  die  dort  die  Zahl  der  Kauf- 
und Verkaufshandlungen  naturgemäß  einschränkten.  Hier 
mochte  eine  große  Frequenz  solcher  Platz  greifen.  Die  bisher 
zu  wenig  beachtete  Streulage,  welche  die  einzelnen 
Grundeigner  in  häufige  und  nahe  Berührung  brachte,  mußte 
da  einen  belebenden  Einfluß  ausüben.  Und  tatsächUch 
deuten  auch  jene  Bemerkungen,  die  wir  —  freilich  nur  zu- 
fällig —  gelegentlich  der  Tradition  seitens  weltlicher  Grund- 
eigner über  die  Herkunft,  bzw.  die  Bildung  des  Traditions- 
gutes erhalten^),  auf  die  Häufigkeit  solcher  Vorgänge  in- 
direkt hin. 

Ist  somit  die  bisher  geltende  Theorie  schon  deshalb 
unhaltbar,  weil  die  ihr  zugrunde  liegende  Statistik  dem  Im- 
mobiliarverkehr  jener  Zeiten  keineswegs  auch  nur  annähernd 
entspricht,  so  besteht  noch  eine  weitere  grundsätzliche 
Lücke,  die  ihr  jeden  Wert  objektiver  Vollständigkeit  völlig 
benimmt. 

Die  herrschende  Theorie  hat  nämlich  gar  nicht  in 
Rechnung  gestellt,  daß  alle  von  ihr  verwerteten  Quellen 
sich  ausschließlich  auf  den  Immobiliarverkehr  beziehen,  von 
dem  Kauf  und  Verkauf  an  Fahrnis  ihrer  Natur  nach  aber 


1)  Vgl.  meine  „Grundlagen"  2,  523  flf. 

*)  Vgl.  z.  B.  Bitterauf,  Freisinger  Tradit.  nr.  24b.  Vgl.  dazu  auch 
meine  „Grundlagen"  2,  27off.,  wo  gezeigt  wird,  daß  dies  nicht  nur 
in  Bayern  so  der  Fall  war. 

^)  Siehe  oben  S.  256  n.  i — 3. 


—     259     - 

keine  Nachricht  zu  geben  vermögen.  Gerade  der  Fahrnis- 
kauf  muß  aber  eine  sehr  bedeutende  Rolle  gespielt  haben, 
zumal  ja  die  innere  Geschlossenheit  des  Wirtschaftskreises 
von  Produktion  und  Konsumtion  („geschlossene  Hauswirt- 
schaft"), welche  man  angenommen  hatte,  tatsächlich  gar 
nicht  vorhanden  war.  Wir  hörten  schon,  daß  selbst  die 
großen  kirchlichen  Grundherrschaften  ihren  Eigenbedarf 
(z.  B.  an  Kleidung)  nicht  zu  decken  vermochten.^) 

Man  muß  hinzuhalten,  daß  der  verhältnismäßig  reich 
entwickelte  Handelsverkehr^)  sich  teilweise  in  Form  des 
Hausierhandels  vollzogt),  so  daß  nicht  nur  auf  Messen 
und  Märkten,  sondern  auch  auf  dem  flachen  Lande  die 
äußere  Möglichkeit  dazu  gegeben  war. 

Endlich  aber  dürfen  wir  uns  Deutschland  in  der  Karo- 
lingerzeit nicht  als  ein  System  von  großen  Meierhöfen  vor- 
stellen, die  in  keiner  Beziehung  untereinander  standen. 
Vielmehr  war  nach  den  früheren  Darlegungen  damals  schon 
eine  ansehnliche  Zahl  von  Städten  und  Märkten  vor- 
handen.*) Damit  entfällt  auch  die  andere  Voraussetzung 
der  bisherigen  Lehrmeinung,  daß  sich  die  Geldwirtschaft 
eben  erst  später,  im  12.  Jahrhundert,  habe  entwickeln  können, 
da  angeblich  erst  damals  der  Handel  in  den  Städten  auf- 
blühte. Im  ganzen  ergibt  sich  aus  alledem,  daß  die  ver- 
kehrswirtschaftlichen Gelegenheiten  zur  Entfaltung  der  Geld- 
geschäfte sicher  viel  zahlreicher  waren,  als  man  nach  der 
herrschenden  Lehre  annehmen  durfte. 

Und  nun  die  zweite  Hauptthese  dieser:  Kauf  und 
Verkauf  seien  nicht  nur  an  sich  spärlich  gewesen,  sie  haben 
sich,  wird  uns  weiter  gesagt,  gewöhnlich  in  Form  des 
Naturaltausches  abgewickelt,  wobei  dem  Gelde  nur  die 
Funktion  des  Wertmessers  zukam. ^)  Ich  stelle  zur  Probe 
eine  Statistik  der  überlieferten  Kauf-,  bzw.  Verkaufsgeschäfte 
hier  zusammen : 


*)  Siehe  oben  S.  169  f.  -)  Vgl.  oben  S.  189  ff. 

')  Vgl.  Inama-Sternegg  WG.   i  ^,  609   n.  4.    Dazu   S.  Rietschel, 
Markt  u.  Stadt  S.  32. 

*)  Siehe  oben  S.  195  ff.  u.  175. 

*)  V.  Inama  WG.  i,  463  =  i^,  644;   Lamprecht  a.  a.  O.;   Bücher 
a.  a.  O.;  H.  Brunner  RG.  i ',  314. 

17* 


—      200 


in  natura 

in  Geld 

gemischt  od. 
unbestimmt 

Gesamtzahl  d.  er- 
haltenen Urkunden 

Freising 

4   ') 

6  "-) 

4.') 

1046 

Fulda 

1    *) 

5   ') 

I   «) 

655 

St.  Gallen 

3   ') 

IG    8) 

5  ') 

c.  800 

Eisen  61«) 

Lorsch 

6i>) 

36  1^) 

2 13)         1      3780 

Mondsee 

I-) 

Il5) 

139 

Weißenburg 

61«) 

c.  180 

Werden 

81') 

4  18) 

65 

Das  Ergebnis  dieser  nicht  nur  einzelne  auf  das  Gerate- 
wohl herausgegriffene  Beispiele,  sondern  alle  vorhandenen 
Urkunden  gleichmäßig  berücksichtigenden  Statistik  ist  bereits 
sehr  deutlich.  Es  kann  gar  nicht  die  Rede  davon  sein,  daß 
die  Zahlungen  bei  Kauf  und  Verkauf  gewöhnlich  in  natura 
erfolgten,  vielmehr  überwiegen  schon  hier  bei  den  Guts- 
käufen die  Geldzahlungen  sehr  bedeutend. 

Und  dieser  Eindruck  wird  noch  durch  weitere  Tat- 
sachen verstärkt,  die  sich  bei  eindringender  Untersuchung 
beobachten  lassen.  Einmal  begegnen  bei  den  Traditionen 
nicht  selten  Rückkaufs  vorbehalte  und  bei  diesen  wird 
die  Rückkaufssumme  häufig  direkt  in  Geld  (aurum  oder 
argentum)  festgesetzt.^^) 


1)  Bitterauf  nr.  246,  332.  399.  580. 

2)  Ebenda  nr.  4.  24.  176.  268b.  432.  642. 

ä)  Ebenda  81.  148.  200b.  661.  *)  Dronke  Cod.  dipl.  nr.  471. 

^)  Ebenda  nr.  6.  8.  26.  61.  106.         *)  Ebenda  nr.  18. 
')  Wartmann  ÜB.  nr.  31.  296.  444. 

*)  Ebendann  8. 10.  122.  165. 173. 174.  224.  290.  458.  Anhang  nr.  4  (II). 
9)  Ebenda  nr.  68.  173.  174.  401.  415. 
1«)  Ebenda  nr.  235.  248.  254.  255.  262.  293. 

11)  Cod.  Lauresham.  nr.  247.  1895.  2459.  2522.  2820.  2832. 

12)  Ebenda  nr.  197.  229.  233.  239.  S.  330  (4).  242.  433.  457.  484.  497. 
507.  536.  538.  540.  549.  629.  956.  1046.  1087.  1137.  1284.  1288.  1500.  1S22. 
1830.  1832.  1946.  2007.  2104.  2486.  2802.  3780.  3791. 

13)  Ebenda  nr.  508.  554.  '*)  ÜB.  d.  L.  ob  d.  Enns  nr.  109. 
1^)  Ebenda  nr.  120. 

1«)  Tradit.Wizz.  nr.  153.  155.  i57-  i7o-   183.  245=250. 
1')  Niederrhein.  ÜB.  i  nr.  30.  32.  34.  35.  51.  55.  60.  64. 
18)  Ebenda  nr.  10.  20.  24.  29. 

13)  MG.  FF.  St.  Gall.  435  nr.  4  u.  5;  St.  Gall.  ÜB.  nr.  178.  257.  487. 
543  u.a.m.  —  In  den  Weißenburger  Traditionen  (nr.  17.  52.  61.  63.  128. 


—      26l      — 

Dann  aber  ist  das  Auftreten  von  Naturalien  zu 
Zahlungszwecken  keineswegs  immer  auf  einen 
Mangel  an  Geld  zurückzuführen.  Sehr  häufig,  ja  ge- 
wöhnlich finden  wir  Waffen,  Pferde  oder  auch  Kleidungs- 
stücke in  dieser  Funktion  erwähnt.  Also  spezifische  Ge- 
brauchsartikel des  Empfängers!  Sie  werden  aber  von  großen 
Grundherrschaften  geleistet,  bei  denen  wir  Bargeld  in  Hülle 
und  Fülle  voraussetzen  dürfen.  Somit  beweist  ihr  Vor- 
kommen nicht  das,  was  man  bisher  daraus  herausgelesen 
hat,  sondern  muß  anders  erklärt  werden. 

Zwei  St.  Galler  Urkunden  können  uns  als  Führer  dienen. 

Im  Jahre  744  verkauft  eine  Frau  ihre  Eigengüter  an  das 
Kloster  und  empfängt  dafür  an  Gold  und  Silber  70  Schilling 
sowie  5  Pferde:  ctmi  saumas  et  rufias  et  filtros,  ctim  stra- 
dtira  sua  ad  nostruiu  iter  ad  Romain  ambulandumy) 
Im  Jahre  816  tradiert  ein  gewisser  Gozbert  eine  Anzahl  von 
Gütern  unter  der  Bedingung,  daß  ihm  alljährlich  eine  be- 
stimmte Rente,  8  Schillinge  in  Silber  und  Kleidern  oder 
Vieh,  sowie  2  Mancipien  geleistet  werden  sollen :  Et  si  mihi 
contigerit  ad  palacium  vel  ad  Italiani  pergere ,  tunc  semel 
mihi  unwm  hominem  cavallicantem  ad  serviendiim.  et  unum 
cavalhim  bene  onustum  provideant?) 

Man  sieht,  diese  Naturalien,  die  hier  ausbedungen  werden 
und  jenem  Verkaufspreis  dort  sehr  nahe  kommen ,  ent- 
sprechen einem  ganz  persönlichen  wirtschaftlichen  Interesse 
des  Vertragsgegners.  Demselben  wird  durch  den  Gebrauchs- 
wert dieser  Naturalleistungen  besser  gedient  als  mit  Geld, 
da  er  damit  nicht  nur  der  Mühe,  sie  im  Bedarfsmomente 
selbst  zu  beschaffen,  überhoben  wird,  sondern  auch  eine 
vermutlich  ungünstigere  Preisstellung  im  Falle  eines  Ankaufs 
dieser  durch  Ausschaltung  des  Zwischenhändlers  also  ver- 
meidet.^) 

159)  ist  nur  unbestimmt  von  Solidi  die  Rede.  —  Bei  der  Lorscher 
und  Freisinger,  vielleicht  auch  der  Fuldaer  Überlieferung  sind  die 
Rückkaufsklauseln  meist  der  verkürzenden  Tendenz  des  Abschreibers 
(über  diese  im  i.  Teile  S.  loaff.)  zum  Opfer  gefallen. 

^)  ÜB,  1  nr.  IG.  -)  Ebenda  nr.  221. 

')  Die  Unrichtigkeit  der  Argumentation  P.  Sanders,  daß  ich  gerade 
damit  den  Satz  vom  naturalwirtschaftlichen  Charakter  der  Karo- 
lingerzeit, den  ich  bekämpfen  will,  aufs  nachdrücklichste  als  richtig 


—       202       — 

Ähnliche  Wirtschaftsbedürfnisse  haben  sich  nun  auch 
sonst  sicher  sehr  häufig  ergeben;  wir  werden  somit  auch 
dort,  wo  die  Gunst  der  urkundHchen  ÜberUeferung  uns 
nicht,  wie  hier,  einen  intimeren  Aufschluß  mehr  gewährt, 
das  Auftreten  solcher  Naturalien  (von  Pferden,  Waffen  und 
Kleidern)  beim  Verkauf  nicht  als  Zeichen  eines  beschränkten 
Geldgebrauches  deuten  dürfen.^)  Noch  weniger  aber  kann 
ich  sie  als  Beleg  für  die  Fortdauer  der  Naturalwirtschaft 
gelten  lassen,  da  sie  durchaus  einseitig  auftreten,  und  zwar 
von  solchen  Stellen,  vorwiegend  Großgrundherrschaften,  aus- 
gehen, die  keineswegs  etwa  aus  wirtschaftlichem 
Unvermögen,  in  Geld  ihren  Zahlungspflichten  nach- 
zukommen, sich  dazu  genötigt  sahen.  Gerade  die 
kleinen  Wirte,  bei  denen  man  am  ehesten  wohl  einen 
Mangel  an  Geld  voraussetzen  müßte,  leisten  ihre  Zahlungen 
nicht   mit   solchen  Naturalien,  sondern  tatsächUch  in  Geld. 

Nun  wird  man  mir  sofort  den  zweiten  Hauptbeleg  der 
herrschenden  Lehre  entgegenhalten,  die  Naturalzinse.  Sie 
kommen  nicht  selten  vor.  Ja,  ich  will  selbst  die  bisher 
dafür  vorgebrachten  Beispiele  noch  vermehren.  Es  treten 
nicht  nur  neue  (d.h.  wohl  ungebrauchte)  Kleider 2),  sondern 
auch  neues  Seidenzeug  (novum  siricum)^)  an  Geldes  Statt 
auf.  Das  Eisen  hat  nicht  nur  in  Rhätien  diese  Funktion 
in  sehr  ausgedehntem  Maße  erfüllt  *)  und  auch  nicht  bloß  zu 
einer  bestimmten  Zeit  ^),  so  daß  man  darin  wohl  kaum  mit 
Inama  ^)  bloß  einen  „Notbehelf"  sehen  kann.  Einmal  werden 
als  Alternativleistung  dafür  gute  Fische  (pisces  boni)  '^)  frei- 
gestellt ! 


erwiesen  habe  (a.  a.  O.  1084),  zeigt  wohl  am  besten  unsere  Gegenwart, 
da  auch  jetzt  Bauern  bei  Verkauf  ihrer  Wirtschaftserzeugnisse  dem 
Gelde  Gebrauchsgegenstände  (Kleider,  Wäsche,  Schuhe)  vorziehen! 

*)  So  V.  Inama  WG.  i,  463  =  1^,  641  f. 

^)  Vesfes  novae  St.  Galler  ÜB.  nr.  297;  pannae  novae  nr.  681;  da- 
neben textura  feminea  nr.  390  und  sticci  (Sandalen?)  nr.  283.  Kleider 
auch  in  Passau  MB.  28,  57  nr.  70. 

*)  St.  Galler  ÜB.  nr.  583;  178  (olsirico). 

*)  Vgl.  im  Lorscher  Urbar  3,  182  (Cantero);  226  (Wiline). 

^)  Es  findet  sich  auch  807  schon  in  St.  Galler  Urkk.  (nr.  194) 
und  noch  896  (nr.  705). 

«)  WG.  I,  464  =  I  •-,  645.  ■)  St.  Gall.  ÜB.  nr.  395. 


—      203      — 

Auch  Pflüge  kommen  in  St.  Gallen  ^),  wie  in  Weißen- 
burg ^)  unter  den  Zinsobjekten  vor. 

Aber  alle  diese  Zinse  sind  ebenso  wie  Wein  und  Ge- 
treide, Schweine  und  Schafe,  Lein  und  Schafwolle  oder  die 
daraus  verfertigten  Gewebe  eben  ein  Teil  des  wirtschaft- 
lichen Ertrages  von  dem  betreffenden  Zinsgut  selbst,  ein 
fixiertes  Quantum,  gewissermaßen  als  Überrest  einst  un- 
gemessener Abführung  der  wirtschaftHchen  Produktion  an 
die  Grundherrschaft.  Solche  Zinse  sind  aber  keineswegs 
nur  der  älteren  Zeit  eigentümlich,  sondern  kommen  auch 
noch  viel  später  ebenso  vor,  in  Perioden,  da  die  Geldwirt- 
schaft schon  mächtig  entwickelt  war.  Sie  bedeuten  meines 
Erachtens  nicht  einen  Gegensatz  zu  dieser  selbst  an  sich, 
sondern  sind  eine  Parallelerscheinung,  die  aus  dem 
Charakter  eines  anders  gearteten  Wirtschaftskreises  sich 
ergibt.  Wir  finden  sie  in  der  Agrarwirtschaft  des 
platten  Landes  noch  zu  Zeiten,  als  in  den  Städten  längst 
die   großen  Geldkapitalisten  modernen  Geldhandel  trieben. 

Das  entscheidende  Moment  hat  man  nun  aber  darin 
sehen  wollen,  daß  es  auch  dort,  wo  der  Zins  in  Geld  fest- 
gesetzt erscheint,  doch  dem  Verpflichteten  sehr  häufig  frei- 
gestellt wird,  ihn  event.  auch  in  anderen  Wertgegenständen 
(Pferde,  Wein,  Getreide)  zu  entrichten.  Daher  kam  hier, 
so  meinte  man,  dem  Gelde  eben  nur  die  Funktion  eines 
Wertmessers  zu.^)  Es  sei  nicht  selbst  Zahlungsmittel  ge- 
wesen. Dies  ist  aber  nur  teilweise  richtig  und  die  Folgerungen 
daraus  sind  unzutreffend.  Das  ergibt  eine  genauere  Analyse 
der    quellenmäßig  bezeugten  wirtschaftlichen   Tatbestände. 

DerSinn  und  Hauptzweck  dieser  Alternativ- 
sätze ist  offenbar  der,  eine  möglichst  leichte  oder 
bequeme  Zahlungsform  zu  schaffen.  Daher  es  ein- 
mal von  einem  Zinse  geradezu  heißt :  6  ^  sive  in  alia  qua- 
cumque  re  6  ^  valente})  Nicht  selten  wird  dann  wohl  auch 
kurzweg  zu  dem  Ansatz  in  Geld  valentem  pretiuin,  oder  gar 
nur   valente   oder   valiente  hinzugesetzt.^)      Immerhin   muß 

1)  Ebenda  nr.  217.  273.  305.  332. 

^)  Zeuß,  Trad.  Wizz.  274  nr.  11.  ')  Bücher  a.  a.  O.  S.  112. 

')  St.  Galler  Urk.  nr.  537  (868). 

")  Vgl.  ebenda  nr.  300  u.  301,  bzw.  151.   156.   165.  i^.  183  u.  a.  m. 


—      204      — 

betont  werden,  daß  diese  Fakultativleistung  auch  bei  An- 
sätzen in  natura  doch  ebenso  begegnet.  So  z.  B.  797:  jo 
siglas  de  cirvisa  et  jo  panis  et  friskingam  trimissis  valente 
aut  tantum  de  annona,  guantum  hoc  jacere  potuerit,  aut  in 
alio  pretio  quantum  hoc  valet^)  Oder  812:  hoc  est  decem 
modus  de  grano  aut  in  alia  pecunia  ipsis  valente'^);  oder 
836:  2  niod.  de  grano  vel  precium,  eorum  quod  possim.^)  Es 
ist  dann  nur  eine  konsequente  Ausbildung  dieser  Fakultativ- 
sätze, wenn  das  Verhältnis  sich  auch  geradezu  umkehrt, 
d.  h.  neben  dem  Naturalzins  das  Geldäquivalent  je  nach  der 
Leistungsmöglichkeit  des  Zinspflichtigen  angesetzt  erscheint: 
///  maldros  de  grano  vel  etiani  den.  6,  zttrumlibet  eorum 
possim.^)  Damit  aber  sind  wir  bereits  bei  der  Reluition  der 
Naturalleistungen  in  Geld  angelangt. 

Erscheint  hier  im  ganzen  das  Interesse  desPflichtigen 
maßgebend,  auf  daß  er  die  ihm  leichteste  Zahlungsart  be- 
nutzen könne  —  852  heißt  es  mehrfach  von  einem  Zins: 
dtLOs  denarios  vel  quattuor  pullos  vel  qtiicquid  aliud  precittm 
dttortim  denariorum  habentem  adquii'ere  possimus  — ^),  so  ist 
doch  auch  das  Entgegengesetzte  zu  bemerkerf.  801  ver- 
pflichtet sich  ein  Prekarist :  ipsam  rem  in  tale  censo  recipere, 
qualem  ipsi  monachi  vohierint.^)  Demselben  Interesse  dienen 
offenbar  auch  die  häufigen  Ansätze  in  Wachs  (in  cera), 
welche  nicht  nur  bei  St.  Gallen''),  sondern  auch  sonst ^)  vor- 
kommen, und  zwar  keineswegs  bloß  bei  Freilassung  von 
Manzipien  zur  Wachszinsigkeit,  von  der  ich  hier  ganz  absehe. 
Also  auch  das  wirtschaftliche  Interesse  der  Grundherrschaft 
konnte  bestimmend  sein  oder  Einfluß  nehmen  auf  die  Art 
der  Entrichtung  des  Zinses.  Und  von  diesem  Gesichtspunkt 
aus  gewinnen  nun  einige  sehr  interessante  Quellenstellen 
wichtige  Bedeutung,  da  sie  uns  ganz  neue  EinbHcke  in  das 
Wesen  jener  wirtschaftlichen  Erscheinungen  eröff'nen. 


^)  Ebenda  nr.  148.         -)  Ebenda  nr.  210.         ')  Ebenda  nr.  356. 

*)  Ebenda  nr.  317.         ^)  Ebenda  419  u.  420. 

*)  Ebenda  nr.  201.  Ähnlich  in  Freising:  Bitterauf  nr.  247  (806 — 11) 
u,  255  (807).  300.  320.  400  b.  426. 

'')  Ebenda  nr.  95.  96.  189.  237.  504.  596  u.  a.  m. 

*)  Vgl.  Freising:  Bitterauf  nr.  295.  682;  Weißenburg  nr.  206.  258. 
Prüm  MR.  ÜB.  i  nr.  23.  30.  105.  118. 


—    265    — 

Vor  allem  die  St.  Galler  Urkunden,  in  denen  ja  jene 
Alternativsätze  besonders  häufig  begegnen.  Da  finden  wir 
einmal  in  einer  Traditionsurkunde  vom  Jahre  859  als  Zins 
des  Prekaristen:  j  maldros  sive  6  denarios,  vel  precium 
6  denariorum  in  ferramentis,  qtialecumque  ex  his  tribus 
facilius  inveniri  possiinus.^)  Erscheint  dies  noch  im 
Sinne  der  bekannten  Formel  m  quo  potuerit  pretio  gehalten, 
so  rücken  andere  Urkunden  die  wirtschaftliche  Bedeutung 
dieser  Formel  auch  noch  in  ein  anderes  Licht.  Im  Jahre  827 
bestimmte  der  Abt  als  Zins  eines  Prekaristen :  iß  siclas  de  cer- 
visa,  panes  XX,  pullosVI  aut,  si  fructuum  copia  deesset, 
duas  tremissas  pei'solveret?)  —  Und  das  war  keineswegs  ver- 
einzelt so.  Im  Jahre  829  heißt  es  bei  einem  anderen  analogen 
Falle:  si  fertilitas  vini  fuerit,  quanttim  ibidem  natum  fuerit, 
usque  dumtaxat  XV  siclas  annis  singulis  persolvat ...  Si 
autem  fertilitas  vini  non  fuei'it,  aiit  7  ^naldra  de  grano, 
vel  etiam  jo  siclas  de  cervisa  persolvat.^)  Dazu  muß  aber 
noch  eine  Urkunde  von  775  gehalten  werden,  wo  der  Zins 
also  fixiert  ist :  jo  siglas  de  cervesa,  maldra  pane,  tremesse 
valente  frisginga;  et  si  annona  non  ve7tit,  quatuor 
tremesses  solvam.^) 

Ähnlich  auch  eine  Urkunde  von  907 :  4  maldra  de  grano, 
vel,  si  granum  eo  anno  -minus  solito  eveniat,  solidum  dena- 
riorum .  .  .  rependat.^) 

Doch  nicht  nur  das  St.  Galler  Material  bietet  solche 
Belege.  Auch  in  Freising  ist  dieselbe  Beobachtung  zu 
machen.  823  heißt  es  von  einem  Zins  von  20  Modii  (Ge- 
treide) :  aut  si  hoc  mi^iime  haberet,  tunc  quoque  duos  solidos 
denariorum  donaret.^)  Und  im  Weißenburger  Urbar  wird 
bei  einem  Weinzins  vermerkt:  et  qui  vinum  non  habet, 
JO  solidos  dare  debetJ)     Ähnlich  auch  in  Lorsch.^) 

Aus  all  diesen  Beispielen  geht  klar  hervor,  daß  das  Geld 
bei  jenen  Alternativsätzen  keineswegs  nur  Wertmesser  ist, 
sondern  eventuell  doch  auch  reelles  Zahlungsmittel  selbst.  Ja 
sie  setzen  voraus,  daß  die  Leistung  des  Zinses  in  Geld 
unter  allen  Umständen    möglich  war  und  jederzeit  — 

^)  ÜB.  nr.  468.  ■-)  Ebenda  nr.  309.  ^)  Ebenda  nr.  328. 

*)  Ebenda  nr.  73.         •')  Ebenda  nr.  749.  «)  Bitterauf  nr.  49  t. 

')  Tradit.  Wizz.  276  nr.  XI.  *)  Vgl.  unten  S.  269  n.  14. 


—     266     — 

auch  bei  schlechtem  Wirtschaftsergebnis  in  natura  —  verlangt 
werden  konnte.  Geld  muß  also  überall  in  entsprechender 
Menge  vorhanden  gewesen  sein.  Von  da  aus  gewinnen  nun 
diese  Urkunden  überhaupt  ein  ganz  anderes  Gesicht,  Man 
hat  sie  sicherlich  weit  überschätzt,  wenn  man  darin  objektive 
Zeugen  für  den  Fortbestand  der  Naturalwirtschaft  sehen 
wollte.  Man  bedenke  doch  nur :  Das  sind  Prekarien,  also 
Vereinbarungen  zwischen  Tradenten  und  einer  Grundherr- 
schaft, welche  jenen  als  Empfänger  einer  Schenkung  gegen- 
übersteht. Die  Prekaristen  konnten  in  dieser  Situation 
auf  das  w^eitgehendste  Entgegenkommen  rechnen. 
Und  so  ließen  sie  die  Entrichtung  des  Zinses  in  einer  Weise 
festsetzen,  die  ihrer  wirtschaftlichen  Beweglichkeit  den 
freiesten  Spielraum  ließ. 

Schon  diese  in  der  Art  ihres  Zustandekommens  gelegenen 
Umstände  verbieten  meines  Erachtens,  diese  Urkunden  als 
Maßstab  für  den  naturwirtschaftlichen  Gehalt  ihrer  Zeit 
zu  verwerten.  Die  herrschende  Lehre,  wie  sie  nach  Inamas 
Annahmen^)  u.  a.  zuletzt  auch  Kötzschke  formuliert  hatte ^), 
daß  noch  in  karolingischer  Zeit  ausgeprägtes  Edelmetall 
überhaupt  nur  wenig  vorhanden  und  nur  selten  in  Brauch 
gekommen  sei,  ist  meines  Erachtens  vöUig  unhaltbar.  Denn 
alle  die  Argumente  und  Belege,  welche  v.  Inama  dafür  ins 
Treffen  geführt  hat,  lassen  sich  als  nicht  stichhaltig  erweisen, 
ja  sie  beruhen,  wie  im.mer  sie  nachher  auch  von  vielen  an- 
deren unbesehen  übernommen  worden  sind,  z.  T.  auf  einem 
Mißverständnis  und  irrigen  Quelleninterpretationen. 

Ich  lasse  sie  der  Reihe  nach  zu  Worte  kommen.  Daß 
als  Heeresabgabe  neben  dem  Heerschilling  noch  im  Anfang 
des  10.  Jahrhunderts  ein  Heermalter  auftritt,  beweist  gar 
nichts,  da  man  solche  zur  Beköstigung  der  Streitrosse  be- 
nötigte Lieferungen  schon  aus  naheliegenden  Gründen  gern 
in  Natura  zuführen  Heß.  Denn  große  Schwierigkeiten  des 
mittelalterlichen  Verproviantierungswesens  waren  damit  zu- 
gleich gelöst.  Noch  im  15.  Jahrhundert,  als  die  Geldwirtschaft 
schon  recht  eingebürgert  war,  wurde  eine  ähnliche  Abgabe 
in  der  Steiermark,    das  Marchfutter,    größtenteils  in  natura 


')  WG.  I,  46iff.  =  I-,  644.  ")  Deutsche  Wirt.  Gesch.  S.  So. 


—      26/      — 

geleistet.^)  Übrigens  hat  Kötzschke  bereits  Belege  dafür 
vorgebracht,  daß  jene  Heeresabgabe  auch  schon  in  Karo- 
lingerzeit stellenweise  in  Geld  entrichtet  wurde. ^) 

Auch  die  Osterstuopha  wurde  nicht  allgemein  und  aus- 
schließlich in  natura  entrichtet,  wie  man  nach  v.  Inamas 
Darstellung  meinen  müßte,  sondern  auch  bereits  in  Geld.^) 
Naturalzölle  aber  gibt  es  auch  heutzutage  noch!  Doch  auch 
Zölle  wurden  damals  schon  in  Geld  entrichtet.*) 

Ich  meine,  diese  ganze  Art  der  Beweisführung  ist 
verkehrt.  Es  genügt  doch  nicht,  auf  einzelne  Leistungen 
in  natura  hinzuweisen,  man  müßte  im  Gegenteil  dartun,  daß 
geldwirtschaftliche  Erscheinungen  prinzipiell  gar  nicht,  oder 
nur  ausnahmsweise  vorkamen. 

Aus  der  Geringfügigkeit  von  Münzfunden  östlich  des 
Rheins  auf  den  Mangel  an  Geldbedürfnissen  zu  schheßen, 
wird  für  eine  so  weit  zurückliegende  Zeit  dem  Numis- 
matiker heute  auch  sehr  bedenklich  vorkommen.  An  der 
Donau  hat  Ende  des  ii.  und  im  12.  Jahrhundert  sicherlich 
ein  reger  Handel  geherrscht,  zumal  die  Kreuzzüge  viele 
Bargeldbedürfnisse  hier  erzeugten.  Und  doch  besitzen  wir 
keine  sicher  bestimmbaren  Münzen  der  Babenberger  vor 
Herzog  Friedrich  II.  (1230 — 46),  obzwar  sie  sich  ohne  Zweifel 
im  Besitze  des  Münzregals  befanden.^)  Überdies  muß  be- 
tont werden,  daß  die  münzgeschichtlichen  Forschungen 
gerade  für  die  östlichen  Gebiete  (Alemannien  und  Bayern) 
wissenschaftlich  noch  vieles  zu  wünschen  übriglassen.  Welche 
Überraschungen  da  ein  einziger  Münzfund  bringen  kann,  hat 
jüngst  der  zu  Ilanz  1904  zufällig  gemachte  deutUch  be- 
wiesen. Daß  auch  rechts  des  Rheins  rege  Geldbedürfnisse 
vorhanden  waren,  geht  zur  Genüge  aus  den  übrigen  Quellen 
(Urkunden,  Traditionsbüchern  und  der  Raffelstätter  Zoll- 
ordnung) doch  hervor." 

^)  Vgl.  Österr.  Urbare  I.  2,  311  tf. 

^)  Zur  Gesch.  d.  Heersteuern  in  Karolingerzeit.  Hist.  Vjschr. 
2,  231  ff.  (1899),  bes.  232  u.  238f. 

')  Vgl.  das  Lorscher  Urbar  Cod.  dipl.  3,  212  (Nersten). 

*)  Vgl.  die  Raffelstätter  ZO.  MG.  Capit.  2,  251  c.  6,  sowie  Mohr, 
Cod.  dipl.  I,  288  (Chur). 

^)  Vgl.  V.  Luschin-Ebengreuth  in  Gesch.  d.  Stadt  Wien  i,  419 ff., 
sowie  431  (Münzwesen). 


—     268     — 

Insbesondere  sind  aber  die  häufig  wiederholten  Kapitu- 
larienverbote  über  die  Zurückweisung  vollwichtiger 
Münzen  ganz  anders  aufzufassen,  als  esv.Inama  tat.  Sicher- 
lich beweisen  sie  nicht,  „wie  zähe  das  Volk  an  der  Natural- 
wirtschaft festhielt".^)  Sie  bezeugen  im  Gegenteil,  daß  viel 
minderwertige  Münze  damals  umlief  und  das  Volk  "diese 
sehr  wohl  von  der  guten,  vollwertigen  zu  unterscheiden 
wußte. ^)  Hier  bewegt  sich  die  herrschende  Theorie  übrigens 
in  einem  recht  sonderbaren  inneren  Widerspruch.  Wenn 
doch  eine  geschlossene  Haus-  und  reine  Naturalwirtschaft 
herrschte,  gar  kein  Geldbedürfnis  vorhanden  war  und  ge- 
münztes Geld  selten  in  Verwendung  trat,  wie  sollen  denn 
alsdann  selbst  Sklaven  und  hörige  Hintersassen  überhaupt 
in  die  Lage  gekommen  sein,  Geldstücke  zurückzuweisen? 
Gerade  diese  Tatsache,  daß  jene  Verbote  sich  immer  wieder 
nicht  nur  an  die  freie  Bevölkerung  richten,  sondern  ganz 
gleichmäßig  auch  an  die  unfreien  Hintersassen  der  Grund- 
herren, ja  voraussetzen,  daß  diese  eventuell  auch  auf  eigene 
Faust  Geschäfte  machen  ^),  weist,  glaube  ich,  auf  einen  recht 
lebhaften  Geldverkehr  hin.  Ein  Brief  Einhards  vom  Jahre  840 
verdient  in  diesem  Zusammenhange  sofort  auch  erwähnt  zu 
werden.  Er  enthält  die  Anweisung  an  seinen  Vitztum,  den 
Zins  von  Hintersassen  (hominibus)  et  pleniter  et  in  bono  ar- 
gento  in  Empfang  zu  nehmen.*)  Man  sieht,  es  war  keines- 
wegs gleichgültig,  in  welcher  QuaUtät  die  Geldzinse  einUefen. 

Geldzinse   sind  denn  auch  zur  Karolingerzeit  bereits 

1)  A.  a.  O.  464  =  I ',  646. 

'-)  Die  Polemik  P.  Sanders  auch  dagegen  (a.  a.  O.  1084)  beruht 
auf  Unkenntnis  der  Zusammenhänge  mit  der  vorausgehenden  Zeit. 
Vgl.  meine  , .Grundlagen"  2,  510. 

')  si  qiiis  contradicit  cos  in  ullo  loco  in  aliquo  negotio  emptionis 
vel  venditionis ,  si  ingenuus  est  honio,  quindecim  solidos  conponat  ad 
opus  regis;  si  servilis  conditionis ,  si  suum  est  illud  negotium 
proprium,  perdat  illud  negotium  aut  flagclletur  nudus  ad  palam  coram 
populo;  si  autem  ex  itissione  sui  domini  fecerit,  tunc  ille  dominus  solidos 
quindecim  componat.  MG.  Capit.  i,  74  c.  5  (794).  daß  hier  der  Ton  auf 
der  Vollwertigkeit  liegt  und  nicht  auf  Geld  im  Gegensatze  zu  Natural- 
produkten,  wie  auch  Schaub  a.  a.  O.  S.  105  noch  annahm,  geht  aus 
dem  Kontex  (si  autem  nominis  nostri  nomisma  hahent  et  mero  sunt 
argento  pleniter  pensantes)  doch    deutlich  hervor. 

*)  MG.  Epp.  5,  S.  137  nr.  55. 


—    269    — 

eine  ganz  allgemeine  Erscheinung.  Sie  kommen  in  allen 
Urbaren  und  Traditionsbüchern  jener  Periode  neben  Natural- 
zinsen  schon  häufig  vor.  Und  zwar  kommen  da  nicht  nur 
Stellen  in  Betracht,  die  von  denarii  oder  solidi  schlechthin 
sprechen,  was  ja  auch  nur  ein  Wertmesser  für  eine  ent- 
sprechende Anzahl  von  Naturalprodukten  sein  kann,  aus- 
drücklich ist  von  denarii  oder  soHdi  in  argento,  oder  argentum 
allein  die  Rede.  Wir  finden  solche  Zeugnisse  in  St.  Gallen  ^) 
und  Lorsch 2),  aber  auch  in  Chur  3)  und  Zürich^),  in  Freising ^), 
Mondsee ^)  und  in  Passau'')  wie  in  Weißenburg ^),  Fulda ^), 
Prüm^o)  und  Bleidenstadt.^^) 

Geldzinse  werden  geradezu  schon  als  ein  regelmäßiger 
Bestandteil  der  Einkünfte  von  Höfen  betrachtet.'^)  Auch 
der  Rekognitionszins ,  den  einzelne  bischöfliche  Klöster  an 
das  Bistum  zahlten,  war  in  der  Regel  in  Silberschillingen 
zu  entrichten. ^•^) 

Was  aber  noch  viel  wichtiger  ist  und  noch  gar  nicht 
beachtet  wurde:  Allüberall  ist  auch  bereits  die  Tendenz 
deutlich  bemerkbar,  die  Naturalzinse  in  Geld  um- 
zuwandeln.^*)    Nur  G.  Caro  hatte  beiläufig  bemerkt,  daß 

1)  Wartmann  ÜB.  z.  B.  nr.  iii.  179,  sowie  d.  Zinsrotel  im  Anh. 
zum  2.  Bd.  nr.  23. 

'')  Cod.  dipl.  Lauresham.  i  nr.  14.  1871,3,  181  (Horoheim).  189.  192. 
197.  198.  211  (Summa).  214  de  Stetin;  annonam  non  dat,  sed  den.  2  et 
oster stupha;  215  (Mersenveld)  u.  a.  m. 

ä)  Vgl.  d.  Urbar  von  831,  Mohr,  Cod.  dipl.  i,  297, 

*)  Züricher  ÜB.  I.  71,  Urbar-Rotel  vom  Jahre  893. 

*)  Bitterauf  nr.  177.  278b.  313.  338.  358.  577.  610.  613.  661.  669.  701 
u.  a.  m. 

')  ÜB.  d.  Landes  ob  d.  Enns  i  nr.  10  u.  133. 

'')  Mon.  Boica28,  36  nr.  39.       *)  Zeuß,  Trad.Wizz.  nr.  115.  151.  156. 

')  Dronke,  Cod.  dipl.  nr.  169.  212.  466. 

1«)  Mittelrhein.  ÜB.  i,  160  nr.  XXIX;  161  nr.  XXXII.  XXXIII;  162 
nr.  XXXIII,  XXXIV;  163  nr.  XXXV,  XXXVI;  164  nr.  XXXVIII,  XLI; 
167.  168.  173  nr.  L. 

^')  Will,  Monum.  Blidenstat.  lib.  trad.  nr.  14  Reyistr.  bonor.  Ebenda 
S.  gff.  nr.  5.  6.  7.  14.  15,  20.  24.  25.  30.  32.  33.  36.  37.  41 — 44. 

12)  Vgl.  die  Urk.  K.  Karls  III.  f.  d.  kgl.  Kapelle  in  Frankfurt  vom 
Jahre  882  Mühlbacher  Reg.-  nr.  1645. 

")  Ebenda  1333.  1502.  1721.  1727  u.a. m.  Mon.  Germ.  Concil.  2,  815. 

'*)  So  bei  Prüm  a.a.O.  116. 161  nr.  XXXII;  i7i(Summa);  172XLVII; 
174  nr.  LH;  175  nr.  LV;  179  nr.  LXIIII;  180  nr.  LXVI  u.a.m.;  St.  Galler 


--       270       — 

in  St.  Gallen  die  Zinse  seit  Beginn  des  9.  Jahrhunterts  über- 
wiegend in  Geld  normiert  erscheinen.^)  Das  ist  nun  zwar 
nicht  zutreffend,  allein  die  früher  schon  hervorgehobene 
Tatsache  von  Alternativansätzen  für  den  zu  leistenden  Zins, 
Natural-  oder  Geldleistung  ^),  mußte  im  Sinne  einer  Um- 
formung wirksam  werden.  Wenn  es,  wie  häufig,  dem  Preka- 
risten  freigestellt  blieb,  den  Zins  in  einem  ihm  beliebigen 
Werte  zu  zahlen  ^),  so  war  damit  die  Möglichkeit  der  Geld- 
leistung jederzeit  bereits  gegeben.  Es  erhellt  aber  auch  zu- 
gleich daraus,  wie  einseitig,  ja  geradezu  unzutreffend  die 
Auffassung  Büchers  ist,  daß  das  Geld  hier  nur  als  Wert- 
messer fungiert  habe. 

Diese  Tendenz  der  Umwandlung  von  Natural-  in  Geld- 
zinse  macht  sich  ja  auch  sonst  noch  in  weiterem  Kreise 
bemerkbar.  Schon  825  hat  Ludwig  der  Fromme  ganz  all- 
gemein bestimmt,  daß  die  Umwandlung  des  Naturaldoppel- 
zehnts  in  eine  Geldabgabe  der  Kirche  nach  freier  Ver- 
einbarung mit  den  Verpflichteten  freistehen  solle. ^)  Aber 
zugleich  wurde  damials  auch  die  gleiche  Erlaubnis  zu  einer 
ebensolchen  Umwandlung  für  die  Baudienste  erteilt,  die  an 
die  Kirche  behufs  Erhaltung,  bzw.  Wiederherstellung  der 
kirchlichen  Gebäude  zu  leisten   waren.  ^)     Und  dieselbe  Er- 


UB.  nr.  73.  126  (790);  nr.  291.  298.  317.  366.  373.  749;  Freising:  Bitterauf 
nr.  195  (804);  491  (823);  Lorsch:  Cod.  dipl.  3,  211:  et  si  hoc  evcnerit, 
quod  vinum  non  habent,  den.  VI  reddent. 

*)  Jb.  f.  Schweizer  Gesch.  27,  322.  -)  Oben  S.  265. 

^)  Recht  illustrativ  ist  eine  St.  Galler  Urk.  vom  Jahre  822  (ÜB. 
nr.  272):  et  si  denarios  nobis  persolvere  placuerit,  ad  ip sunt  monasierium 
eos  reddamus;  si  autem  granunt,  ad  proximum  curtem  ipsius  monasterii 
illud  reddamus, 

*)  MG.  Capit.  I,  307  c.  23:  si  quis  tarnen  episcoporum  fuerit,  qui 
argentum  pro  hoc  accipere  velit ,  in  sua  maneat  potestate,  iuxta  quod  ei 
et  Uli  qui  hoc  persohiere  debet,  convenerit.  Vgl.  auch  U.  Stutz  in  Ztschr. 
d.  Savignystift.  german.  Abt.  29,  40  n.  2. 

=)  Ebenda  c.  24:  similiter  quidem  de  operibus  in  restauratione 
ecclesiarum,  sive  in  facienda,  sive  in  redimendo,  episcopalis  potius 
sequatur  vohmtas.  Noch  deutlicher  spricht  das  Wormser  Capit.  von 
829  (ebenda  2,  14)  c.  9:  'aut  si  inter  eos  convenerit,  ut  pro  opere  facienda 
argentum  donent,  iuxta  aestimatioiiem  operis  in  ar genta  persolvant:  cum 
quo  pretio  rector  ecclesiae  ad  praedictam  restaurationetn  aperarios  con- 
ducere  et  materiamen  entere  possit. 


—     271     — 

scheinung,  der  Umwandlung  von  Naturaldiensten  in  Geld- 
leistungen, begegnet  nun  bereits  auch  in  den  Urbaren  der 
Karolingerzeit  ziemlich  allgemein.  Besonders  das  Mägde- 
werk^),  Tierzucht-^),  aber  auch  Transportdienste  ^),  wie  selbst 
Lieferungsdienste  für  den  Krieg  (hostilicium)  *)  werden  bereits 
durch  eine  Geldabgabe  ersetzt. 

Gerade  diese  Ersetzung  der  für  die  Naturalwirtschaft  ja 
ebenso  wichtigen  als  charakteristischen  Personaldienste  durch 
einen  Geldzins  involviert  einen  bedeutungsvollen  Übergang 
zur  Geldwirtschaft.  Denn  es  kommt  dabei  ja  nicht  allein 
darauf  an,  wie  viele  Geldzinse  überhaupt  bereits  nachweisbar 
sind,  sondern  wohl  mehr  noch,  daß  die  Grundsätze,  welche 
das  Wesen  der  Geldwirtschaft  ausmachen,  bereits  wirksam  zur 
Anwendung  gelangten :  der  Ersatz  unmittelbar  konsumptibler 
Wirtschaftsgüter  durch  ein  allgemein  gangbares  Tausch- 
mittel, das  Geld,  und  die  Ablösung  der  persönlichen  Arbeit 
durch  ein  Äquivalent  in  Geld.  Auch  ein  intensiver  Güter- 
umlauf war  bereits  vorhanden,  wie  die  zahlreichen  Formeln 
für  Kauf-  und  Verkaufsgeschäfte,  sowie  konkrete  geschicht- 
liche Beispiele  beweisen.^)  Es  war  also  nicht  so,  wie 
P.Sander  dieser  Darstellung  gegenüber  behauptet  hat:  nicht 
Mangel  zwar  an  Edelmetall  habe  geherrscht,  aber  der  Mangel 
an  Geldwirtschaft  habe  verhindert,  daß  die  vorhandenen 
Edelmetallvorräte  in  Umlauf  gesetzt  wurden.^)  Damit  er- 
scheinen die  typischen  Eigentümlichkeiten  der  alten  Natural- 
wirtschaft bereits  verlassen  und  die  Geldwirtschaft  im  Prinzip 

1)  Prüm  MR.  ÜB.  i,  172  nr.XLVI.  174  nr.  LH;  178  nr.  LXII.  Tradit. 
Wizz.  275  nr.  8;  Lorsch  cod.  dipl.  3,  212  (Nersten);  214  (Niwenheim  u. 
Biwinesheim);  224  (Niveren);  225  (Cruftelen,  Heckestat);  Blinden- 
stat.  n.  7. 

-)  Schweinemast:  Trad.  Wizz.  284  nr.  68  (Weißenburg);  vgl. Prüm, 
Mittelrhein.  ÜB.  i,  191  nr.  IC  (ad  pascendos  poledros). 

^)  Prüm  Mittelrhein.  ÜB.  i,  167.  168.  171,  sowie  oben  S.  231  n.  3; 
Trad.  Wizz.  277  nr.  16. 

*)  Prüm  Mittelrhein.  ÜB.  i,  161  nr.  XXXIII;  163  nr.  XXXVI;  176 
nr.  LV;  174  nr.  LH;  178  nr.  LXII.  Weißenburg:  Trad.  Wizz.  284  nr.  65. 
72;  286  nr.  89.  90. 

*)  Darauf  hatte  schon  Soetbeer  in  d.  Forsch,  z.  Deutsch.  Gesch. 
2,306  hingewiesen;  ausführlicher  handeln  darüber  meine  „Grundlagen" 
2,  489  ff.  sowie  523. 

«)  A.  a.  O.  1084. 


—       272       — 

eingeleitet.  Der  Gegensatz  zwischen  den  naturalwirtschaft- 
lichen und  geldwirtschaftlichen  Zeiten  des  Mittelalters  ist  ja 
nicht  so  zu  fassen,  daß  dort  durchaus  alles  inNaturalprodukten, 
hier  aber  alles  in  Geld  gezahlt  und  entlohnt  worden  sei.  Auch 
im  15.  Jahrhundert,  ja  noch  weit  darüber  hinaus  kommen 
Zahlungen  und  Entlohnungen  durch  Naturalprodukte  häufig 
vor.  Und  doch  wird  man  diese  Zeiten  kaum  als  natural- 
wirtschaftliche mehr  ansprechen  können.  Es  ist  also  völUg 
unzutreffend,  hauptsächlich  deshalb,  weil  in  einzelnen  Wert- 
tarifen der  noch  damals  im  Gebrauche  stehenden  alten 
Volksrechte  (Lex  Ribuaria,  Capitulare  Saxonicum)  Natural- 
produkte neben  Geldleistungen^),  nicht  an  Stelle  des  Geldes 
erscheinen,  die  Karolingerzeit  als  Periode  reiner  oder  strenger 
Naturalwirtschaft  zu  bezeichnen.  Mit  Recht  haben  daher 
Waitz  und  P.  Roth  die  Umwandlung  der  vordem  persönlich 
zu  leistenden  Kriegsdienste  und  Heerespflicht  als  ein  Zeichen 
für  die  steigende  Bedeutung  des  Geldkapitals  ^),  beziehungs- 
weise^) den  Übergang  von  der  Naturalwirtschaft  der  ger- 
manischen Staaten  zur  Geldwirtschaft  angesehen. 

Aber  auch  das  andere  Wahrzeichen  der  Geldwirtschaft 
ist  damals  schon  ausgebildet,  die  Geldsteuern.  Die  immer 
wieder  nachgeschriebene  Darstellung,  daß  die  KaroHngerzeit 
keine  Steuern  gekannt  habe  *),  sondern  nur  freiwillige  Ge- 
schenke (dona),  die  dem  König  besonders  an  Waffen  und 
Rossen  dargebracht  wurden,  ist  sehr  bedeutend  zu  be- 
richtigen. Einmal  waren  jene  „Geschenke"  gar  nicht  frei- 
willig, man  hat  sich  durch  die  klassische  Bedeutung  von 
,donum'  offenbar  irreführen  lassen.  Donum,  donare  aber 
bedeutet  in  denkarolingischen  Quellen  vorab  des  romanischen 
Westens,  aus  dem  jene  Nachrichten  stammen,  gar  nicht  ein 
Geschenk  oder  freiwillige  Darbietung,  sondern  Abgabe,  bzw. 
ein  verpflichtetes  Geben  im  Sinne  von  servire.^) 

1)  Vgl.  meine  „Grundlagen"  2,  Sigff.,  sowie  unten  S.  306. 

2)  VG.4,475.       ^)  P.Roth,  Feudal. u. Untertanenverb. 5.335(1863). 
*)  So  noch  Waitz  VG.  4 -,  9  f.  u.  112;  vgl.  auch  H.  Brunner  RG. 

2,  234;  R.  Schröder  RG.^  S.  203.    Mühlbacher  a.  a.  O.  294. 

^)  Vgl.  z.  B.  das  Capitulare  de  villis  c.  3.  31.  36.  Guerard,  Polyp- 
tyque  Irminon  i,  702,  sowie  Hincmar,  de  villa  Novilliaco  MG.  SS.  XV. 
2,  1168,  auch  in  Urkk.  z.  B.  St.  Gallen  nr.  105  (für  solvere)  und  die  von 
Waitz  VG.  4-,  121  n.  I  zit.  Stellen,  endlich  oben  S.  265  n.  6. 


—     273     — 

Sehr  bezeichnend  dafür  scheint  mir  eine  bisher  nicht 
verwertete  Stelle  in  dem  Münzprivileg  Karls  des  Kahlen  für 
die  Kirche  St.  Stefan-Chälons  s./M.  vom  Jahre  865  zu  sein. 
Der  König  schenkt  u.  a.  den  Kanonikern  den  Ertrag  der 
Münze  und  stellt  den  regelmäßigen  Zins  davon  (censum  qui 
inde  exierit)  auf  eine  Linie  eben  mit —  den  annua  dona!^) 

Waren  das  Abgaben,  wie  sie  doch  wohl  nur  die  bei 
Hofe  erscheinenden  königlichen  Vasallen  und  Lehensträger 
sowie  die  Kirchenobern  entrichteten 2),  so  gab  es  aber  auch 
außerordentliche  Vermögenssteuern  der  Gesamt- 
bevölkerung auf  Grund  einer  Einschätzung  ihrer  Gesamt- 
habe. Das  wird  uns  von  der  Aufbringung  des  Tributes  an 
die  Dänen  (Normannen)  zum  Jahre  860  direkt  gemeldet^), 
man  ist  aber  wohl  auch  im  Jahre  866  so  vorgegangen.*) 

Andere  Steuern  zu  dem  gleichen  Zwecke  scheinen  nach 
Maßgabe  des  Grundzinses  veranlagt  worden  zu  sein.^)  Schon 
die  Bestimmung  dieser  Steuer  —  sie  war  an  das  Ausland 
abzuführen  —  nötigte  hier  wohl  zu  einer  Entrichtung  in 
Geld.  Das,  was  uns  über  die  Abführung  selbst  von  den 
Quellen  noch  erzählt  wird  ^),  erhebt  diese  Vermutung  nahezu 
zur  Gewißheit. 

Aber  nicht  nur  im  Westen  bieten  diese  Normannen- 
tribute gehäufte  Beispiele  für  Geldsteuern,  auch  in  Deutsch- 
land selbst  wurde  schon  unter  Ludwig  dem  Deutschen  eine 
solche  außerordentliche  Steuer  von  den  königlichen  Gütern 

^)  et  annuatim  quasi  annua  dona  illum  accipientes  bei  Gariel, 
les  monnaies  royales  de  France  i,  36.     Vgl.  auch  unten  §  14. 

-)  Vgl.  F.  Dahn,  Könige  VIII.  5,  loiff.,  sowie  unten  §  14. 

*)  Ann.  Bertin.  zu  860  (MG.  SS.  rer.  Germ,  in  usum  scholar.): 
Karolus  rex .  . .  exactionem  de  thesauris  ecclesiarum  et  omnibus  mansis 
ac  negociatoribus  etiam  paupertinis,  ita  ut  etiam  donius  eorum  et  omnia 
ittensilia  adpreciarentur  et  inde  stattittis  census  exigeretur ,  fieri  iubet. 

*)  Ebenda.  ^)  Vgl.  ebenda  zu  877. 

*)  Ebenda  zu  860:  Nam  idem  Dani  promiserant,  ut,  si  eis  iria 
milia  librarum  argenti  pondere  exajninato  tribueret,  se  adver sus  eos 
Darios  qui  in  Sequana  versabantur  ituros  .  .  .  Ebenda  zu  866 :  Karolus 
cum  eisdem  Nortmannis  i7i  quattuor  milium  libris  argenti  ad  pensam 
eorum  paciscitur  .  .  .  Inde  .  .  coniectum  tarn  in  argento  quam  et  in 
vino  ad  pensufn  quod  ipsis  Nortmarinis  pactum  fuerat,  per solvendicm  con~ 
tulit;  endlich  zu  877  (a.  a.  O.  S.  135):  Summa  vero  tributi  fuerunt 
quiftque  milia  librae  argenti  ad  pensam. 

Dopsch,  Wirtschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.    11.    2. Aufl.  l8 


-     274     - 

erhoben.^)  Und  da  es  sich  auch  hier  um  die  Aufbringung 
von  Werten  handelt,  die  in  weiter  Ferne  verwendet  werden 
sollten,  hier  zur  Auslösung  der  Christen  im  Orient,  dürfte 
auch  da  wohl  nur  eine  Geldsteuer  anzunehmen  sein. 

Eben  weil  hier  ein  internationaler  Geldverkehr  statthatte, 
finden  wir  dann  auch  die  Bemerkung,  daß  das  Silber  nach 
dem  Gewichte  (ad  pensam)  abgeführt  worden  sei. 

Ferner  begegnen  wir  noch  weiteren  Abgaben,  die  gleich- 
falls in  Geld  entrichtet  wurden.  So  die  Armensteuer  (in 
elemosinam),  welche  zu  wiederholten  Malen  erhoben  wurde. ^) 
780  hatten  anläßlich  der  Hungersnot  die  reicheren  Bischöfe, 
Äbte  und  Grafen  i  Pfund  Silber,  solche  mittleren  Vermögens, 
sowie  die  königlichen  Vasallen  mit  200  Kasaten  V2  Pfund 
und  Minderbemittelte  wie  auch  königliche  Vasallen  von 
100  Kasaten  ^  ß,  Vasallen  von  30— 50  Kasaten  aber  i  Unze 
zu  entrichten.^) 

In  dieselbe  Kategorie  von  Geldabgaben  möchte  ich 
endlich  auch  noch  die  Ablaßsteuern  setzen,  durch  die  man 
sich,  im  Falle  wegen  äußerer  Not  ein  allgemeines  Fasten 
angeordnet  wurde,  davon  loskaufen  konnte.  Karl  der  Große 
schreibt  791  seiner  Gemahlin  Fastrada,  daß  auf  dem  Feld- 
zuge wider  die  Avaren  von  der  festgesetzten  Fastenzeit 
die  majores  et  potentiores  homines  durch  einen  Tagesbetrag 
von  I  Schilling,  die  Minderbemittelten  je  nach  Vermögen, 
aber  mindestens  durch  i  «5  täglich  sich  lösten.*)  Im  Jahre  810 
betrug  diese  Steuer   für  die  majores  gleichfalls  i  ß  täglich, 

1)  Vgl.  Monach.  S.  Gallens.  IL  c.  9.  MG.  SS.  2,  753-  Die  Glaub- 
würdigkeit dieser  Nachricht,  welche  F.  Dahn  (Könige  d.  German.VIII. 
5,  38  n.  6)  zu  Unrecht  anzweifelte,  wird  durch  eine  Kapitularienstelle 
(MG.  Capit.  I,  154  c.  18)  gestützt,  aus  der  vielleicht  sogar  eben  im 
Zusammenhalte  mit  dem  deutlicheren  Berichte  des  Mönches  von 
St.  Gallen  geschlossen  werden  kann,  daß  schon  damals  (810)  eine 
ähnliche  Abgabe  erhoben  wurde:  De  elemosina  mitteitda  ad  Hierusalem 
propter  aecclesias  Dei  restaurandas.  Daß  elemosina  hier  so  zu  fassen 
ist,  beweisen  die  folgenden  Belege  für  die  Armensteuer  (siehe  unten). 

*)  Dazu  auch  Mühlbacher  a.a.O.  284,  sowie  Sommerlad,  Die  wirt- 
schaftliche Tätigkeit  der  Kirche  im  MA.  2,  iioff. 

*)  MG.  Capit.  I,  52  n.  21.  Bei  den  reicheren  Grafen  wird  aller- 
dings auch  ein  Naturaläquivalent  als  zulässig  erklärt  (libram  unam 
de  argento  auf  valentem). 

*)  MG.  Epp.  4,  528. 


-     275     - 

für  die  Leute  mittleren  Vermögens  6^,  die  ärmeren  gaben 
je  nach  ihrem  Können  Almosen.^) 

Ferner  aber  sollte  auch  der  Heerbann  nach  dem  Capi- 
tulare  von  Boulogne  s./m.  (8ii)  nicht  mit  liegendem  Gut 
oder  Sklaven,  sondern  vor  allem  in  Gold  und  Silber  erhoben 
werden^).  Wenn  daneben  doch  auch  die  Entrichtung  der 
Steuer  in  Kleidern,  Waffen  und  Tieren,  sowie  anderen  Ge- 
brauchsgegenständen für  zulässig  erklärt  wurde,  so  beweist 
das  keineswegs  die  Naturalwirtschaft,  wie  P.  Sander  annimmt'), 
sondern  war  eine  Rücksicht  sozialpolitischer  Art  zugunsten 
der  Ärmeren*),  wie  auch  aus  dem  Verbot  erhellt,  Grund 
und  Boden  oder  Sklaven  deshalb  zu  veräußern. 

Man  sieht,  wie  auch  hier  der  Zweck  und  die  Bestim- 
mung der  Abgabe  die  Form  der  Entrichtung  maßgebend 
bestimmte. 

Geldsteuern  und  Geldabgaben  waren  also  zur  Karolinger- 
zeit nichts  Seltenes  mehr.  Ihr  häufiges  Vorkommen  deutet 
nun  noch  auf  etwas  anderes  hin.  Die  Steuerhöhe  und  der 
Steuerfuß  nämlich,  nach  welchem  jene  veranschlagt  wurden, 
beweisen  untrüglich,  daß  Gold  und  Silber  damals  in 
allgemeinem  Besitze  vorhanden  gewesen  sein 
müssen.  Überall  wird  als  regelmäßiger  Bestandteil  persön- 
licher Habe  und  Vermögens  an  erster  Stelle  Gold  und 
Silber  erwähnt.  So  bei  Festsetzung  des  Heerbannes  im 
Jahre  805.^) 

So  auch  bei  der  Reichsteilung  von  806,  da  die  Brüder 
sich  verpflichteten,  keine  Tradition  oder  Verkauf  von  Im- 
mobilien  aus  dem  Gebiete   des  andern  anzunehmen.     Aus- 

1)  Capit.  I,  249. 

^)  Ebenda  166  c.  2 :  Ipse  vero  herihannus  non  exactetur  neque  in 
terris  neqite  in  mancipiis,  sed  in  auro  et  ar genta,  palleis  atque  armis 
et  anintalibiis  atque  pecoribus  sive  talibus  speciebus,  quae  ad  utilitatem 
pcrtinent. 

*)  A.  a.  O.  1085.  *)  Vgl.  meine  „Grundlagen"  2,  524ff. 

*)  MG.  Capit.  I,  125  c.  19:  de  homine  habente  libras  sex  in  auro 
in  ar  genta,  bruneis,  aeramento,  patmis  integris,  caballis,  boves,  vaccis 
vel  alio  peculia  .  .  .  accipiant  legittimum  heribannum,  id  est  libras  tres. 
Qui  vero  non  habuerint  amplius  in  suprascripto  praecio  valente  nisi 
libras  tres,  salidi  triginta  ab  eo  exigantur;  qici  autem  non  habuerit  amplius, 
nisi  duas  libras,  salidi  decem;  si  vero  una  habuerit,  sah  quinque,  ita  ut 
Herum  se  valeat  praeparare  ad  Dei  ser Vitium  et  nostram  utilitatem. 

18* 


—     276    --- 

genommen  werden  davon  ausdrücklich:  Gold,  Silber,  Edel- 
steine, Kleider  und  nicht  behauste  Manzipien,  sowie 
Handelsgut.^) 

Gewiß  bezeichnend  ist  auch,  daß  in  dem  vielzitierten 
Breve  ad  describendas  res  ecclesiasticas  über  Staffelsee  in 
dem  Inventar  auch  3  Solidi  an  gemünztem  Silber  verzeichnet 
werden. 2)  Dem  entspricht  dann  auch,  daß  unter  dem 
Mobiliarbesitz  der  Kirchen  nach  einer  extravaganten  Kapitu- 
larienbestimmung  aus  der  Zeit  Kaiser  Ludwigs  des  Frommen 
Gold  und  Silber  allgemein  vorausgesetzt  wird.') 

Auch  die  Urkunden  bieten  in  konkreten  Einzelfällen 
Zeugnis  dafür.*) 

Ganz  dasselbe  ist  ferner  für  den  Laienbesitz  zu  be- 
legen. Nicht  selten  wird  nämlich  in  Traditionsurkunden,  bei 
Aufzählung  der  tradierten  Güter  und  zwar  in  der  Pertinenz- 
formel  unter  der  Fahrnis ,  auch  angeführt :  cum  auro  et 
argento.^)  Daß  dies  aber  nicht  bloß  rein  formelhaft  gedacht 
war,  lehren  jene  ebenso  häufigen  Fälle,  wo  der  Besitz  an 
Gold  und  Silber  von  der  Schenkung  ausgenommen  wurde.  ^) 

Interessant  ist,  daß  gerade  Gold  und  Silber  mitunter 
von  den  Tradenten  als  Errungenschaft  bezeichnet  werden '), 
was  also  im  Sinne  einer  Vermehrung  der  Bargeld- 
bestände zu  deuten  ist.  Bargeld  scheint  denn  auch  oft 
zu  Geschenken,  besonders  für  fromme  Zwecke  verwendet 
worden  zu  sein.    Die  Quellenbelege  dafür  ^)  sind  naturgemäß 

1)  Ebenda  129  c.  11. 

")  Ebenda  251  c.  2:  Est  ibi  de  argento  munidato  solidi  III. 

*)  Ebenda  i,  334  c.  5 :  nullo  tempore  ecclesia  debet  suum  ius  amittere 
praeter  mobilem  possessionem,  tit  est  aurum,  argentum,  vestes  aut  pecora 
aut  domus. 

*)  Vgl.  z.  B.  f.  Honau  MG.  DCar.  77,  für  S.  Medard  (Soissons)  vgl. 
P,  Roth,  Benefiz.  Wes.  S.  255. 

'*)  Z.  B.  Fulda:  Dronke  cod.  dipl.  nr.  25.  loi.  227.  364;  St.  Gallen 
ÜB.  nr.  191;  Trad.  Wizz.  nr.  52.  62.  221.  240;  Lorsch  Cod.  dipl.  nr.  683. 
715.  724.  1295.  3792  u.  a.  m. 

*)  Lorsch  a.  a.  O.  nr.  14;  St.  Gallen  nr.  691 ;  Fulda  Dronke  nr.  547. 
568  u.  a.  m. 

■')  FuldaDronkenr.28o.568;FreisingBitteraufnr.534b.Wizz.nr.62. 

»)  So  ca.  720  an  Bonifatius  MG.  Epp.  3,  264  nr.  15  (50  Schil- 
linge), so  in  den  Freisinger  Urkk.  Bitterauf  nr.  S34b:  Hunolt  presbiter 
in  caballis  et  in- pecorihi/s  vel  in  peci/niis  auf  etiam  in  codicibvs  .  .  . 


—     277     — 

nicht  häufig,  da  der  Anlaß,  darüber  Aufzeichnungen  zu 
machen,  nur  selten  gegeben  war  und  solche  —  weil  ohne 
dauernde  Bedeutung  —  noch  seltener  überliefert  erscheinen. 
Immerhin  darf  die  Nachricht  eine  allgemeinere  Bedeutung 
beanspruchen,  daß  die  Jahresabgaben  (annua  dona)  der  welt- 
lichen Großen  an  den  König  außer  Pferden  und  Gewändern 
auch  Gold,  Silber  und  Edelsteine  umfaßten.^) 

Endlich  weist  auch  das  Verbot  Karls  des  Großen  an 
die  Juden,  von  Christen  als  Pfand  oder  für  irgendeine  Schuld 
Gold  oder  Silber  zu  nehmen^),  darauf  hin,  daß  dies  im 
täglichen  Leben  häufig  vorkam.  Handelsgeschäfte  wurden 
auch  in  Deutschland  auf  den  Märkten  bereits  in  Geld 
(Silber)  abgeschlossen,  wie  uns  das  für  den  Getreideverkauf 
zu  Mainz  speziell  berichtet  wird.^) 

Für  das  Vorhandensein  der  Geldwirtschaft  spricht  endlich 
auch  der  Kampf  gegen  den  Wucher,  da  die  Wucherer  Ge- 
treide und  Wein  in  so  großer  Menge  jedenfalls  nur  mit 
Geld  kaufen  konnten.  Es  ist  ja  bekannt,  daß  Karl  der 
Große  und  dessen  Nachfolger  zu  wiederholten  Malen  gegen 
den  Wucher  und  speziell  gegen  den  Getreidewucher  Stellung 
nahmen.  Man  hat  gar  von  einer  Wuchergesetzgebung 
der  Karolinger  gesprochen.  Sehen  wir  uns  das  berühmte 
„Wuchergesetz"  Karls  des  Großen  näher  an.  Es  stammt 
aus  dem  Jahre  806  und  ist  in  dem  Capitulare  Missorum  von 
Nymwegen  enthalten.*)  Schon  805  war  eine  Hungersnot 
entstanden ;  schon  damals  sah  sich  Karl  veranlaßt,  ein  Verbot 
zu  erlassen,  daß  man  Getreide  allzu  teuer  verkaufe.^)  Zu- 
gleich wurde  der  Export  aus  dem  Kaiserreich  verboten. 


tradidit;  endlich  MG.  FF.  374  n.  21  (ein  vornehmer  Laie  schickt  an 
Reichenau  20  Schilling  Silbers). 

*)  Waitz  VG.  4^,  HO  nr.  i,  sowie  meine  „Grundlagen"  2,  411  ff. 

-)  MG.  Capit.  I,  258  c.  i:  nemo  Judeus  praesumat  de  ecclesia  Dei 
aliquid  recipere  negue  in  wadio  nee  pro  ullo  dehito  ab  ullo  christiano,  in 
auro  sive  in  argento  neque  in  ceteris  rebus. 

')  Nayn  unus  modizi.s  de  frumento  Mogontiaci  vendebatur  decem 
siclis  argenii.    Ann.  Fuld.  zu  850. 

*)  MG.  Capit.  I,  132. 

^)  Ebenda  123  c.  4:  et  in  praesenti  anno  de  famis  inopia,  ut  suos 
quisque  adiuvet  prout  potest  et  suam  annonam  non  nimis  care 
vendat,  et  ne  foris  imperium  nostrum  vendatur  aliquid  alimojiiae. 


—     278     — 

Hier  wird  nun  der  Gegenstand  eingehender  behandelt. 
Es  werden  die  einzelnen  Begriffe  genau  erläutert,  die  für 
die  Unterscheidung  von  gerechten  Handelsgeschäften  (foenus, 
negotium)  und  schmutzigem  Gewinn,  sowie  Wucher  ent- 
scheidend waren  (usura,  cupiditas,  avaricia,  turpe  lucrum). 
Dann  aber  erfahren  wir,  daß  Spekulationskauf  in  Getreide 
und  Wein  zur  Zeit  der  Ernte  statthatte,  um  die  aufgekaufte 
Ware  später  mit  großem  Gewinn  zu  verkaufen.  Das  Ganze 
aber  mündet  in  einen  Tarif  von  Maximalpreissätzen  aus, 
der  beim  Verkauf  von  Ertragsüberschüssen  seitens  der 
königlichen  Vasallen  im  Jahre  806  beobachtet  werden  sollte. 
Auch  dieser  Verkauf  dürfte  jedenfalls  in  Geld  vor  sich  ge- 
gangen sein. 

Man  wird  übrigens  da  besser  nicht  von  einem  Wucher- 
gesetz sprechen,  wie  M.  Neumann ^)  und  F.  Schneider 2)  es 
bezeichnet  hatten.  Auch  Sommerlad  spricht  ganz  allgemein 
von  einem  Wucherverbot. ^)  Richtiger  hatte  v.  Inama  zuletzt 
doch  betont,  daß  dieses  Capitulare  trotz  näherer  Beziehung 
zur  Lehre  vom  justum  pretium  doch  keine  feste  Preisgrenze 
angebe,  von  der  an  der  Preis  in  Notjahren  als  ein  unge- 
rechter anzusehen  sei.  Daß  es  sich  auch  bei  Behandlung 
des  Warenaufkaufs  „auf  eine  allgemeine  Charakterisierung 
des  turpe  lucrum"  beschränke,  ohne  jedoch  daran  eine  Straf- 
sanktion oder  sonstige  konkrete  Maßnahmen  zu  knüpfen.*) 
Es  handelt  sich  also  um  Instruktionen,  die  den  Missi, 
welchen  jene  Unterscheidungen  weniger  geläufig  sein  mochten, 
mitgegeben  wurden.^  Sie  tragen  deutlich  das  Gepräge  ihrer 
kirchlichen  Herkunft  an  sich  und  geben  die  Auffassung 
wieder,  die  das  Kirchenrecht  damals  davon  hatte.  Tat- 
sächlich läßt  sich  in  der  Karolingerzeit  denn 
auch  kein  direktes  Wuchergesetz  weltlicher  Art 
positiv  nachweisen.  Denn  alles,  was  man  sonst  noch 
zitiert  hat,  ist  gleichfalls  kirchliche  Satzung.  So  die  Kapitel 
des  Bischofs  Gerbald  von  Lüttich  (802 — 10),  durch  welche 
ein  Zinsverbot  für  die  Priester  erlassen^)  und  ihnen  unter- 
sagt  wird,   daß    sie   als  Händler  sich  betätigen,   oder  Geld 

^)  Gesch.  d.  Wuchers  in  Deutschland  (1865)  S.  39. 
^)  Festgabe  f.  H.  Finke  S.  139.  ^)  A.  a.  O.  2,  121. 

*)  WG.  I*,  669.  5)  MG.  Capit.  i,  244  c.  14  u,  16. 


—     279     — 

durch  schmutzigen  Gewinn  zusammenbringen.  Ferner  waren 
auch  die  Admonitio  Generalis  von  789,  wo  übrigens  nur  von 
dem  Äquivalent  bei  der  Rückerstattung  von  Darlehen  die 
Rede  ist^),  und  die  Kapitel  von  802  (?)  gleichen  Inhaltes^) 
deutlich  für  geistliche  Empfänger  bestimmt. 

Lexis  meinte  noch  zuletzt,  offenbar  unter  Benutzung 
älterer  Textausgaben,  ein  Capitulare  von  813  habe  schon 
allgemein  das  Zinsnehmen  verboten,  und  dieses  Verbot  sei 
später  in  Kapitularien  Lothars  und  Ludwigs  erneut  und 
eingeschärft  worden.^)  Die  bezogene  Stelle  ist  aber,  wie 
schon  Boretius  in  seiner  Capit.-Ausgabe  ersichtlich  gemacht 
hatte,  nicht  aus  der  Zeit  Karls,  sondern  spätere  Zutat.*) 
V.  Inama  führte  das  Capitulare  von  Olonna  (825)  als  erstes 
Zeugnis  für  die  weltliche  Wuchergesetzgebung  an  und  fügte 
noch  den  Hinweis  auf  ein  solches  von  832  hinzu. ^)  Allein 
auch  da  handelt  es  sich  im  ersten  Falle  um  Beschlüsse  einer 
Synode  ^),  im  zweiten  aber  verdient  doch  Beachtung,  daß 
die  Bestrafung  der  Wucherer  eben  wieder  den  Bischöfen 
überlassen  wird  und  die  Missi  nur  mit  deren  Ausforschung 
betraut  erscheinen.'') 

Nun  hatte  schon  1865  Max  Neumann  die  Sache  so 
dargestellt,  daß  „die  verhängnisvollen  Zinsgesetze  der  Kirche" 
den  deutschen  Boden  „eher  betreten  hätten,  als  hier  der 
Verkehr  so  weit  herangereift  war,  daß  diese  Gesetze  im 
Volke  irgendwelche  praktische  Anwendung  zunächst  finden 
konnten".^)  Die  Kirche  habe  diese  Grundsätze  verbreitet, 
„ehe  in  der  Praxis  sich  auch  nur  die  Möglichkeit  geboten 
hatte,  die  Richtigkeit  dieser  oder  einer  ihr  entgegenstehenden 
Auffassung  wirtschaftlicher  Grundbegriffe  und  Gesetze  wie 
Kapital,  Kapitalnutzung,  Kredit  u.  a.  zu  prüfen  und  gegen- 
einander  abzuwägen".      Bei   der    wirtschaftlichen   Unkultur 

^ 

^)  Ebenda  i,  56  c.  39:   uf,   gut  commodaverit  pecumam,  pectimam. 

accipiat',  si  spcciem  aliam,  eandem  speciem  quantzim  dederit,  accipiat. 

*)  Ebenda  103  c.  18.  Schon  Sommerlad  2,  118  bezeichnet  es 
als  „zweifelhaft",  ob  diese  Bestimmungen  „überhaupt  als  ein  all- 
gemeines Zinsverbot  aufzufassen"  sind. 

*)  Art.  „Wucher"  im  Hdw.  d.  Staatswiss.  3.  Aufl.  191 1.  8,  971. 

*)  MG.  Capit.  I,  219  c.  16;  vgl.  dazu  auch  Schaub  a.  a.  O.  S.  36. 

'')  WG.  I  ^  671,        «)  Vgl.  Schaub  S.  36.        ')  MG.  Capit.  2, 63  c.  4. 

*)  Gesch.  d.  Wuchers  in  Deutschland  (1865)  S.  39. 


—     28o    — 

jener  Zeit  habe  es,  abgesehen  von  vereinzelten  Fällen  be- 
schränkten Handelsbetriebes  oder  des  Darleihens  der  Juden 
und  Geistlichen  an  die  Großen  des  Reiches,  die  Zinsforde- 
rung nur  dort  gegeben,  wo  der  Unbemittelte  von  augen- 
blicklicher Not  getrieben  Kapital  entUeh  und  der  Darleiher 
dessen  Not  zum  Gewinn  in  Zinsen  benutzte.^)  Die  fränkischen 
Könige  hätten,  da  sie  den  Gegensatz  in  der  wirtschaftlichen 
Entwicklung  des  Ursprungsgebietes  dieses  kirchUchenWucher- 
verbotes  (des  Orients)  und  ihrer  Länder  übersahen,  die  Ent- 
wicklung der  Kultur  daselbst  völlig  behindert.^) 

Fedor  Schneider  hat  dann  neuerlich  im  wesentlichen 
denselben  Standpunkt  vertreten,  indem  er,  wie  schon  früher 
erwähnt^),  diese  Bestimmungen  als  völlig  unpraktisch  ansah*) 
und  sie  als  gelehrte  Spielerei,  ein  Produkt  der  sogenannten 
karolingischen  Renaissance  erklären  wollte.  Auch  G.  v.  Below 
ist  dem  beigetreten.^) 

Dagegen  sind  doch  schon  Sommerlad  Zweifel  an  der 
Richtigkeit  dieser  Auffassung  gekommen.  Auch  er  betonte 
den  krassen  Gegensatz,  der  zwischen  einer  Epoche  verkehrs- 
loser Naturalwirtschaft,  während  der  Kauf  und  Verkauf  noch 
kaum  entwickelt  und  das  Metallgeld  nur  Rechnungswert, 
aber  noch  kein  tatsächliches  Zahlungsmittel  ist ,  und  der 
Häufigkeit  des  Spekulationskaufes,  der  notwendigen  Voraus- 
setzung dieser  „Gesetzgebung"  Karls  des  Großen,  besteht.^) 
Aber  er  will  doch  die  Möglichkeit  einer  solchen  Erscheinung 
keineswegs  von  vornherein  bestreiten.  „Sie  bewiese  nur  — 
so  fährt  er  bezeichnenderweise  fort  —  daß  unsere  her- 
gebrachten Vorstellungen  von  der  Naturalwirt- 
schaft der  fränkischen  Zeit  sehr  der  Korrektur 
bedürftig  sind''),  daß  jede  Klassifikation  der  Wirtschafts- 
stufen ebenso  wie  jede  geschichtliche  Periodisierung  nur 
formalen    und    relativen  Wert    besitzt    und    daß    unter    ein 

0  A.  a.  O.  S.  59 ff.  2)  Ebenda  S.  6o.  ^)  Siehe  oben  S.  254. 

*)  A.  a.  O.  S.  139:  „Ein  Capitulare  Karls  d.  Gr.  Iiat  es  nötig,  so 
genaue  Definitionen  der  usura  zu  geben,  daß  man  sieht,  damals 
war  kein  Mensch  mehr  mit  diesem  Begriffe  vertraut." 
(Von  mir  gesperrt!) 

*)  Art.  „Wucher"  im  Wörterb.  d.  Volkswirtsch.  v.  Elster  3.  Aufl.. 
(1910)  2,  1422. 

*)  A.  a.  O.  S.  120.  ')  Von  mir  gesperrt! 


—      28l      — 

Schlagwort  nur  selten  alle  Erscheinungen  einer  Zeit  unter- 
geordnet werden  können." 

Immerhin  pflichtete  auch  er  für  diesen  Fall  der  An- 
schauung Neumanns  bei,  daß  „erst  recht  die  hier  in  die 
weltliche  Gesetzgebung  eindringenden  verkehrsfeindlichen 
Grundsätze  der  Kirche  einen  wirtschaftlichen  Fortschritt  im 
Keime  ersticken  halfen".  „Was  das  Wirtschaftsleben  des 
neunten  Jahrhunderts  aus  der  Verbreitung  einer  kirchlichen 
Lehre  in  der  Mobilisierung  des  Grundeigentums  gewann, 
hat  es  auf  der  anderen  Seite  durch  das  Verbot  von  Zins 
und  Spekulationsgeschäft  wieder  eingebüßt."  ^) 

Der  Ausgangspunkt  all  dieser  Beurteilungen  hat  sich 
als  unzutreffend  erwiesen.  Die  Stellungnahme  Karls  des 
Großen  fügt  sich  ohne  Schwierigkeiten  dem  Bilde  ein,  das 
wir  oben  von  Handel  und  Verkehr,  sowie  der  Verbreitung  der 
Geldwirtschaft  in  der  Karolingerzeit  entworfen  haben.  Aber 
auch  da  hat  Karl  der  Große  nichts  Neues  geschaffen^), 
auch  da  stellen  seine  Maßnahmen  nur  die  direkte  Fortsetzung 
dessen  dar,  was  schon  die  unmittelbar  vorausgehende  Zeit 
im  Merowingerreich  entwickelt  hatte.  Gregor  von  Tours 
berichtet,  daß  im  Jahre  585  eine  große  Hungersnot  in  ganz 
Gallien  gewütet  habe.  Die  Händler  aber  hätten  das  Volk 
damals  schwer  ausgeraubt,  so  zwar,  daß  sie  einen  Scheffel 
(modius)  Getreide  oder  einen  halben  Weins  kaum  um  einen 
Triens  hergaben.^)  Liegen  da  nicht  genau  dieselben  Er- 
scheinungen vor,  wie  sie  den  Maßnahmen  Karls  des  Großen 
von  794  und  806  vorangingen? 

Es  ist  auch  nicht  richtig,  daß  die  Zeiten  vor  Karl  dem 
Großen  in  Gallien  kein  Zinsverbot  gekannt  haben ,  wie 
F.  Schneider   zuletzt  noch  in  seiner  Polemik  wider  Schaub 


1)  A.  a.  O.  S.  121. 

^)  Anders  F.  Zehentbauer,  d.  Zinsproblem  nach  Moral  u.  Recht 
(1920).  30,  der  aber  nur  den  Standpunkt  der  älteren  Literatur  wiedergibt. 

^)  VII.  45  MG.  SS.  rer.  Merowing.  i,  322:  Magna  hoc  anno  famis 
pene  Gallias  totas  oppressit  .  .  .  graviter  tunc  negutiatores  populum 
expoliaverunt,  ita  ut  vix  vel  modmm  annonae  aut  semodiiim  vini  zmo  trianie 
vemindarent.  Diese  Stelle  hat,  nachdem  sie  schon  Gu6rard,  Polyp- 
tyque  d'Irminon  i,  143  verwertet  hatte,  neuerdings  Sommerlad  wieder 
hervorgehoben.  Art.  Preis  (Gesch.)  im  Handwörterb.  d.  Staatswissen- 
schaften 6',  II 70. 


—      282      — 

behauptet  hat.^)  Schon  das  Konzil  von  Orleans  hatte  im 
Jahre  538  tatsächlich  viel  bestimmter  als  Karl  ein  solches 
für  die  Kleriker  vom  Diakon  aufwärts  erlassen  und  ihnen 
ausdrückhch  auch  untersagt,  Handelsgeschäfte  aus  Gier  nach 
schmutzigem  Gewinn  zu  betreiben. 2) 

Der  Wucher  beschäftigte  aber  die  kirchUche  Gesetz- 
gebung des  Merowingerreiches  auch  später  wieder.  Auf 
einem  Konzil  vom  Anfang  des  7.  Jahrhunderts,  dessen  Ort 
nicht  feststeht,  nahm  sie  gleichfalls  dagegen  Stellung.  Und 
zwar  handelte  es  sich  jetzt  um  jene  Form  des  Darlehens, 
die  uns  auch  aus  den  Formeln  sehr  bekannt  ist,  der  Frei- 
heitspfandsetzung (obnoxiatio)  mit  Verpflichtung  zur  Leistung 
von  Arbeit  an  bestimmten  Tagen  der  Woche. ^)  Auch  da 
wurde  Wucher  im  Sinne  des  Kirchenrechtes  getrieben,  indem 
man  dann  einen  höheren  Preis  in  Arbeit  verlangte,  als  man 
zuvor  gegeben  hatte.*) 

Die  beiden  Konzilstexte  ergänzen  sich  aufs  beste,  da 
sie  uns  die  verschiedenen  Formen  des  Darlehens  von  damals 
zugleich  darstellen.  Nicht  nur  um  Naturalleihe  handelte  es 
sich  dabei,  sondern  entschieden  auch  um  Gelddarlehen.  Wie 
immer  pecünia  sonst  oft  nur  Habe  bedeutet  und  verschieden 
konkretisiert  sein  kann,  die  Nebeneinanderstellung  mit  den 


1)  Vjschr.  f.  Soz.  u.  WG.  5,  296. 

*)  Ut  clericus  a  diaconatum  insupra  peainiam  non  conimodit  ad 
usu?-as  ncc  de  praestitis  beneficiis  quidquam  amplius,  quam  datur,  sperit 
neve  in  exercendis  negiiciis,  ut  publici,  qiii  ad poptili  respojisum  neguHaturis 
ohservant ,  h/rpis  lucri  cupiditate  versetur  aut  sub  alieno  nomine  inter- 
dicta  negiitia  atideat  exerciri.  MG.  Concil.  i,  82  c.  XXX.  Die  gegen 
meine  Auffassung  geführte  Polemik  P.  Sanders  (a.  a.  O.  1086)  weist 
eine  gänzliche  Unkenntnis  des  Sprachgebrauches  jener  Zeit  auf.  Vgl. 
meine  , .Grundlagen"  2,  511  ff. 

')  Vgl.  H.  Brunner,  Zur  Gesch.  u.  Dogmatik  der  Wertpapiere, 
Ztschr.  f.  d.  ges.  Handelsrecht  22,  65. 

*)  Das  lehrt  eben  der  Wortlaut  jenes  Konzilbeschlusses  MG. 
I,  195  c.  XIIII:  de  ingenuos,  qiti  se  pro  culpa  aliqua  vindiderint  vel 
oppigneraverint,  placuit  ut,  quandoquidem  praccium,  quantum  pro  ipsis 
datum  est,  invenire  potuerit,  absque  dilatione  ad  statum  suae  conditionis 
reddito  praecium  refurmenttcr  nee  amplius ,  quam  pro  eis  datum 
est,  requiratur.  Somit  kann  auch  Frondienst  doch  unter  den  Be- 
griff der  Usura  fallen,  was  F.Schneider  als  ausgeschlossen  betrachtete. 
A.  a.  O.  S.  200  n. 


—     283     — 

beneficia  praestita  in  dem  Wortlaute  des  Konzils  von  538 
weist  entschieden  auf  Geldleihe  hin.^)  Die  Annahmen 
F.  Schneiders  ^) ,  daß  es  keinen  Geldhandel  zur  Karolinger- 
zeit gegeben  und  es  sich  nur  um  winzige  Beträge  gehandelt 
habe,  die  Großgrundbesitzer  an  kleine  Bauern  wegen  Hungers- 
not oder  gesetzlicher  Buße  vorgestreckt  hätten,  ist  gänzlich 
unhaltbar. 

Ich  verweise  nur  auf  die  Beispiele,  welche  H.  Brunner 
schon  1877  namhaft  gemacht  hat.^)  Sie  betreffen  vor- 
nehmlich Westfrankreich  und  Italien.  Aber  daß  dieselben 
geldwirtschaftlichen  Erscheinungen  auch  in  Deutschland 
bereits  vorhanden  waren,  beweist  eine  auch  früher  schon 
zitierte  Urkunde  aus  St.  Gallen  vom  Anfang  des  9.  Jahr- 
hunderts (undatiert),  durch  welche  der  Abt  ein  zinsbares 
Darlehen  von  100  Schillingen  gewährt.^)  Auch  in  dem  Frei- 
singer Urkundenmateriale  finden  sich  Stücke,  die  —  wenn 
auch  nur  indirekt  —  darauf  deuten.  Sie  bezeugen  zum 
mindesten,  daß  die  für  Geldgeschäfte  üblichen  Termini 
auch  beim  Landerwerb  verwendet  wurden  und  somit  jene 
dort  nichts  Unbekanntes  waren,  daß  auch  Priester  daran  sich 
beteiligten.^) 

In  einer  Predigt,  die  auf  den  Namen  des  heiligen  EHgius, 
Bischofs  von  Noyon  geht  und  nach  der  handschriftlichen 
Überlieferung  jedenfalls  noch  der  Zeit  vor  Karl  dem  Großen 
angehört,  tritt  deutlich  zutage,  wie  allgemein  verbreitet  das 
zinsbare  Darlehen  gewesen  ist.^) 

Man  darf  übrigens  zahlreiche  Beispiele  urkundlicher 
Überlieferung  für  Gelddarlehensgeschäfte  auch  gar  nicht  er- 

*)  Siehe  oben  S.  282  n.  2,  sowie  Waitz  VG.  II.  i ',  299  n.  i. 

=*)  A.  a.  O.  S.  299.  *)  A.  a.  O.  S.  107  (Italien). 

^j  St.  Galler  ÜB.  £  n.  208. 

*)  Vgl.  Bitterauf  nr.  262 :  Inprimis  conparavit  ctwt  iusto  pretio  terri- 
torium  .  .  .  et  quicqxiid potuit  iusto  lucro  adaugebit ...  nr.  516b:  tradi- 
derunt  quicquid  ad  L.  habere  videbantur  in  .  .  .  ut  post  obitum  illorum 
ibidem  firmiter  perstitisset  vel  qiiicqtiid  usjirare  atque  evindicare 
potuis seilt,  deinceps  .  ,  .  ifi  potestate  s.  M.  permaneret,  nr.  522:  quicquid 
ego  in  ipsis  tribus  locis  nominatis  ad  A.  abbate  pretio  conparavi  et 
neg otiavi  propri(i  adquisitionis  pecuni^  ad  me  ibidem  adtraxi. 

*)  SS.  rer.  Merov.  4,  753  c.  5:  qui  pecuniam  suam  non  ad  usurani 
tribuit  .  .  .  754  c.  7:  nee  plus  quam  dedistis  repetatis,  7iequc  ustiras  pro 
fenerata  pecunia  a  quoquam  exigalis. 


—     284     — 

warten.  Schon  H.  Brunner  hat,  indem  er  das  Wesen  der 
fränkischen  Darlehensurkunde,  der  cautio  des  Schuldners, 
lichtvoll  auseinandersetzte,  diesen  Tatbestand  zutreffend  aus 
der  Natur  des  hier  vorliegenden  Rechtsgeschäftes  erklärt: 
„Vernichtung  war  bei  der  Cautio  ihre  rechtliche 
Bestimmung."  Nur  in  dem  einen  Falle  lag  ein  dauerndes 
Interesse  vor,  sie  aufzubewahren,  nämlich  dann,  wenn  die 
Cautio  zugleich  die  Verpfändung  einer  Liegenschaft  enthielt 
und  das  Pfand  wegen  Nichterfüllung  des  Schuldvertrages 
verfiel.  Dann  diente  die  Cautio  dem  nunmehrigen  Eigen- 
tümer als  Erwerbsurkunde.  ^) 

Schon  aus  diesem  Grunde  erscheint  es  mir  methodisch 
verfehlt,  mit  solchen  Stücken  den  Fortbestand  rein  natural- 
wirtschaftlicher Darlehnsformen  beweisen  und  die  Existenz 
von  Gelddarlehen  ausschließen  zu  wollen,  wie  dies  F.  Schnei- 
der tat.  2) 

Wie  verbreitet  zinsbare  Darlehen  gewesen  sein  müssen, 
lehrt  auch  die  Denkschrift  der  westfränkischen  Bischöfe  an 
König  Ludwig  den  Deutschen  vom  Jahre  858.  Die  Verwalter 
der  königlichen  Villen  machten  nicht  nur  mit  ihrer  Habe, 
sondern  auch  mit  der  des  Königs  solche  Geschäfte  und 
ließen  Gleiches  auch  bei  ihren  Untergebenen  zu.^) 

Daß  insbesondere  auch  die  Juden  wie  früher  so  in 
der  Karolingerzeit  Geldgeschäfte  betrieben  und  speziell  aus 
Gelddarlehen  großen  Nutzen  zogen,  hat  jüngst  Bruno  Hahn 
nachgewiesen.*)  Dadurch  ist  auch  schon  die  von  G.  Caro 
zuvor  aufgestellte  Behauptung  zur  Genüge  widerlegt,  es  lasse 
sich  schlechterdings  nicht  nachweisen,  daß  die  Juden  in  der 
Karolingerzeit  Pfandleihgeschäfte  betrieben  hätten.^) 


»)  A.  a.  O.  S.  69. 

*)  Vierteljahrsschrift  f.  Soz.  u.WG.  5,  299,  ähnlich  neuestens  auch 
F.  Zehentbauer  a.  a.  O.  S.  27  f.,  der  übrigens  auch  die  Arbeiten  von 
F.  Schneider  nicht  kennt. 

^)  MG.  Capit.  2,  437  c.  14:  hidices  deniqiie  villarum  regiaruin  C07i- 
stituite,  qui  non  sint  ciipidi  et  non  diligant  avaritiam  et  usiiras,  nee  ipsi 
faciant  nee  pecimias  regias  vel  siias  ad  usuras  donent,  jieqtie  a  suis 
siihditis  usuras  fieri  sinant. 

*)  Die  Wirtschaft).  Tätigkeit  der  Juden  im  fränk.  u.  deutschen 
Reich  bis  zum  2.  Kreuzzug.     Freiburger  Diss.  1911  S.  49ff. 

')  Sozial-  u.Wirtschaftsgesch.  d.  Juden  im  Mittelalter  1908  S.  140. 


—     285     — 

Es  ist  gewiß  nicht  zufällig,  daß  Bestimmungen  gegen 
die  jüdischen  Händler,  welche  ßr.  Hahn  meines  Erachtens 
mit  Recht  auch  auf  Pfandleihgeschäfte  bezogen  hat^),  gerade 
in  demselben  Capitular  von  Nimwegen  vom  Jahre  806  sich 
finden,  das  jene  langatmigen  Ausführungen  über  den 
Wucher  enthält. 

Daß  Karl  der  Große  damit  den  Wucher  ganz  allgemein 
verboten  habe,  wie  Sommerlad  und  F.  Schneider  behaupten, 
wird  man  juristisch  kaum  sagen  können.  Die  hier  enthaltenen 
Darlegungen  involvieren  wohl  ihrer  Absicht  nach  eine  Ver- 
werfung des  Wuchers  und  Zinsnehmens,  sowie  schmutziger 
Handelsgeschäfte,,  sie  sprechen  aber  kein  direktes  Verbot 
selbst  aus,  das  etwa  wie  ein  Wuchergesetz  exekutionsfähig 
gewesen  wäre. 

Daher  ist  auch  die  alte  Behauptung  Max  Neumanns 
selbst  in  der  von  Sommerlad  erneuten  Fassung  nicht  be- 
gründet, daß  die  Karolinger  dadurch  die  Entwicklung  der 
Kultur  völlig  behindert,  bzw.  einen  wirtschaftlichen  Fort- 
schritt im  Keime  erstickt  hätten. 

Tatsächlich  scheinen  die  Karolinger  den  Kampf 
gegen  den  Wucher  ebenso  der  Kirche  überlassen 
zu  haben  wie  die  Merowinger.  Sie  beschränken  sich 
darauf,  794  und  806  für  Lebensmittel,  sowie  auch  808  für 
Kleider'^)  Preistaxen  zugunsten  der  wirtschaftlich  aus- 
gebeuteten Bevölkerung  zu  erlassen,  um  deren  Notstand  zu 
mildern  und  sie  gegen  Übervorteilung  zu  schützen.  Es  wird 
kaum  zufällig  sein,  daß  wir  auch  in  der  späteren  Karolinger- 
zeit doch  stets  nur  geistliche  Verbote  gegen  den  Wucher 
auftreten  sehen. ^) 

Wie    wenig    all   diese   Mahnungen   und   Verwarnungen 

1)  A.  a.  O.  S.  56. 

^)  MG.  Capit.  r,  140  c.  5.  Daß  darin  der  Anfang  zu  späteren 
Luxusgesetzen,  sowie  zu  den  Kleiderordnungen  gesehen  werden 
könne,  4we  neuerdings  Sommerlad  in  Wiederholung  älterer  Auf- 
fassungen (vgl.  Waitz  VG.  4^  50  n.  i)  meint  (a.  a.  O.  2,  116  n.  5)  und 
auch  Schaub  (a.  a.  O.  S.  88  n.  2)  annimmt,  hat  schon  Mühlbacher, 
Deutsche  Gesch.  unter  d.  Karol.  S.  287  als  unrichtig  bezeichnet. 

*)  Das  trifft  für  alle  uns  noch  erhaltenen  Kapitularien,  die  den 
Wucher  oder  das  Zinsnehmen  behandeln,  zu.  Vgl.  die  unter  ,,usura" 
im  Register  der  MG.  Capitul.  II  zit.  Stellen,  sowie  auch  oben  S.  278f. 


—     286     — 

fruchteten^),  beweist  ihre  häufige  Wiederholung.^)  Schon 
809  lassen  zwei  Aachener  Capitularia  Missorum  erkennen, 
daß  sich  nichts  geändert  hatte. ^)  Und  829  werden  auf  der 
Pariser  Synode  Klagen  über  Kornwucher  in  Westfrancien 
laut,  die  zeigen,  daß  die  Preistaxen,  welche  Karl  der  Große 
794  und  806  erlassen  hatte,  das  Übel  nur  noch  ver- 
schlimmerten.*) Denn  Bischöfe,  Grafen  und  andere  Große 
zwangen,  vielleicht  mit  Hilfe  jener  Preistaxen  Karls  (?)  ^), 
oder  doch  nach  deren  Vorbild,  die  Bevölkerung,  ihnen  Ge- 
treide und  Wein  zu  niedrigen  Preisen  zu  überlassen  und 
machten  jedenfalls  selbst  dann  die  einträglichsten  Geschäfte. 

Ebensowenig  wie  diese  Wucher-  und  Zinsverbote  sind 
auch  jene  wider  den  Handel  durch  Kleriker®)  zu  ernstlichem 
Erfolg  gediehen.  Das  können  wir  den  früher  aus  dem 
Freisinger  Urkundenmateriale  zitierten  Belegen  für  die 
Handelstätigkeit  derselben')  entnehmen. 

Von  einer  verkehrsfeindlichen  Tendenz  der 
Karolinger  oder  ihrer  Gesetzgebung  kann  also 
wohl  doch  nicht  die  Rede  sein^),  ebensowenig  wie 
von  einer  großzügigen  Handelspolitik  im  Sinne  v.  Inama- 
Sterneggs.®)  Im  Gegenteile  schwebte  ihnen  wohl  bei  Erlaß 
der  Preistaxen  ein  verkehrsfreundliches  Ziel  vor.  Sie  wollten 
augenscheinlich  ebenso  wie  vor  ihnen  die  Antike  (z.  B.  Dio- 
cletian  301)  und  nach  ihnen  dann  die  spätere  Zeit  wieder 
durch  die  Preissatzung  in  den  Städten^")  die  Konsumenten 
vor  Warenaufkauf  und  Preistreiberei  des  Kapitalismus,  d.  h. 

1)  Vgl.  auch  Br.  Hahn  a.  a.  O.  S.  52. 

-)  Das  hatte,  allerdings  für  die  spätere  Zeit,  schon  Ende- 
mann, Die  nationalökon.  Grundsätze  der  kanonist.  Lehre,  Jahrbücher 
f.  Nationalök.  u.  Statistik  i,  166  hervorgehoben. 

3)  MG.  Capit.  1, 151  c.  24U.  152  c.  12.        *)  MG.  Concil.2,645  c.  LH. 

«)  Vgl.  Schaub  a.  a.  O.  S.  83  n.  i.  ')  Ebenda  S.  108 ff. 

')  Siehe  oben  S.  233  n.  5. 

*)  Selbst  Schaub  steht  noch  viel  zu  sehr  unter  dem  ^nne  der 
alten,  rein  naturwirtschaftlichen  Beurteilung  jener  ZeiteÄind  läßt 
sich  wohl  auch  zu  stark  von  der  Auffassung  streng  kirchlicher 
Quellen  leiten.    A.  a.  O.  S.  iisf. 

»)  Siehe  oben  S.  188, 

10)  Siehe  über  diese  den  Art.  v.  Rohrscheidts  „Preistaxen"  im 
Hdw.  d.  Staatswiss.  3.  Aufl.  6,  1 186  ff.,  wo  freilich  diesen  Erscheinungen 
der  Karolingerzeit  keine  Beachtung  zuteil  wird. 


—     28;     — 

hier  der  Großgrundherrschaften  und  besonders  der  Kaufleute 
schützen,  welche  den  Handel  mit  unentbehrlichen  Lebens- 
mitteln zu  monopolisieren  suchten.  Wir  haben  doch  ganz 
ähnliche  wirtschaftliche  Erscheinungen  da  vor  uns,  wie  sie 
am  Ausgange  des  Mittelalters  zu  den  bekannten  Klagen 
wider  die  Handelsgesellschaften  führten  und  z.  B.  in  der  so- 
genannten „Reformation  Kaiser  Sigismunds"  ihren  Nieder- 
schlag gefunden  haben.  ^) 

Auch  das  ist  ein  weiterer  Beleg  für  die  Unrichtigkeit 
der  Theorie  W.  Sombarts  über  die  Entstehung  des 
modernen  Kapitalismus.  Er  kam  nicht  erst,  wie  er 
meint,  durch  eine  neue  Klasse  reicher  Kaufleute  („nouveaux 
riches")  am  Ausgang  des  Mittelalters,  etwa  seit  dem  14.  Jahr- 
hunderte zustande,  dadurch  daß  sie  ihren  Reichtum  aus  akku- 
mulierter Grundrente  von  städtischem  und  ländlichem  Grund- 
besitz bildeten.^)  Er  ist  bereits  in  der  Karolingerzeit 
vorhanden  und  durch  den  Warenhandel  begründet  worden. 
Sombart  erkennt  ja  selbst  sehr  zutreffend  an  ^) :  „Es  ist  die 
bedeutsame  historische  Mission  der  Geldleihe  oder,  geradezu 
gesprochen,  des  Wuchers  gewesen,  das  moderne  kapita- 
listische Wirtschaftsleben  .  .  .  vorzubereiten."  Er  übersah  aber 
ganz  und  gar,  daß  beide  schon  im  frühen  Mittelalter  vor- 
handen waren,  daß  auch  der  Warenhandel  des  frühen  Mittel- 
alters schon  tatsächlich  hohe  Profite  ergab.  Seine  Grund- 
these, daß  es  eine  Eigenart  des  mittelalterlichen  Handels 
gewesen  sei,  nur  niedrige  Profitraten  abzuwerfen*),  trifft 
hier  absolut  nicht  zu.  Vielmehr  erhellt  aus  einzelnen  kon- 
kreten Beispielen  deutlich,  wie  der  Warenhandel  bereits 
solchen  Profit  zeitigte^),  daß  kapitalistische  Unternehmungen 
größeren  Stiles  möglich  wurden  und  auch  der  Geldhandel 
sich  schon  etablieren  konnte. 


^)  Vgl.  V.  Below,  Großhändler  und  Kleinhändler  im  deutschen 
Mittelalter.    Jbb.  f.  Nationalökon.  u.  Statistik  75,  8 ff. 

^)  Der  moderne  Kapitalismus  (1902)  i,  284ff.  In  der  2.  Aufl. 
(1916)  hat  Sombart  diese  These  selbst  zurückgenommen.  Vgl.  meine 
Rezension  in  Grünbergs  Arch.  f.  d.  Gesch.  d.  Sozialismus  8,  330. 

')  A.  a.  O.  I,  255.         *)  A.  a.  O.  i,  223,  so  auch  in  der  2.  Aufl.  i,  120. 

^)  Vgl.  meine  „Grundlagen"  2,  459  u.  514,  dazu  auch  v.  Below  in 
Histor.  Ztschr.  91,  479,  dessen  Darlegungen  über  das  spätere  Mittel- 
alter hiedurch  auch  für  die  ältere  Zeit  als  zutreffend  erwiesen  werden. 


—     288     — 

Auch  die  weitere  Schlußfolgerung,  die  Sombart  aus 
•dem  kanonischen  Zinsverbot  ziehen  will,  „daß  Jahrhunderte, 
in  denen  das  zinstragende  Darlehen  von  Gesetzgebung  und 
Volksgefühl  verpönt  war,  von  aller  kapitalistischen 
Wirtschaftsweise  noch  keinenHauch  verspürt  haben 
konnten"^),  ist  durchaus  hinfällig.  Sombart  müßte  erst 
beweisen,  daß  in  jenen  Jahrhunderten  auch  wirklich  kein 
Zins  genommen  wurde.  Oder  will  er  aus  den  modernen 
Wuchergesetzen  vielleicht  die  Schlußfolgerung  ableiten, 
daß  unseren  Tagen  der  Wucher  völlig  fremd  sei?  Tatsächlich 
wurde  auch  im  Frühmittelalter  bereits  besonders  von  Laien, 
aber  auch  niederen  Klerikern  Zins  genommen.^)  Schon 
L.  Brentano  hat  dies  seinerzeit  betont  und  darauf  ver- 
wiesen ,  daß  die  Stellungnahme  der  Kirche  bald  eine 
Milderung  erfahren  habe.  Das  Zinsnehmen  war  nicht  ab- 
solut verboten.^) 

Auch  die  Geldwirtschaft  setzt  sich  vom  Ausgang  der 
Römerzeit  kontinuierlich  fort.  Es  hat  auch  da  keine  völlige 
Unterbrechung  oder  Umwälzung  dieser  Wirtschaftsentwick- 
lung auf  Jahrhunderte  hinaus  gegeben,  die- etwa  durch  die 
germanische,  absolut  naturalwirtschaftliche  Bauernkultur  be- 
dingt gewesen  wäre. 

In  den  Städten  und  Märkten,  deren  Existenz  in  der 
Karolingerzeit  man  doch  nicht  übersehen  darf,  haben  sich 
unausgesetzt  ähnliche  wirtschaftliche  Vorgänge  abgespielt, 
wie  sie  zu  späteren  Zeiten  des  Mittelalters  in  viel  größerer 
Ausdehnung  statthatten,  so  daß  sie  uns  mit  der  reicheren 
Überlieferung  aus  diesen  Wirtschaftsgebieten  auch  ein- 
gehender und  genauer  bekannt  geworden  sind. 


^)  A.  a.  O.  I,  i86,  von  mir  gesperrt! 

^)  ,Usurae  legitimae'  werden  doch  von  geistlichen  Autoren  wie 
dem  Bischof  Gregor  v.  Tours  schon  im  6.  Jahrhundert  bezeugt.  Hist. 
Franc.  III.  34. 

*)  Die  Anfänge  des  modernen  Kapitalismus.  Festrede  S.  i2off., 
sowie  desselben  Rektoratsrede  1901:  Ethik  U.Volkswirtschaft  in  der 
Gesch.  (1902)  S.  10  ff. 


—     289     — 
§13. 

Das  Münzwesen. 

Zu  den  schwierigsten  und  kompliziertesten  Problemen 
■der  Wirtschaftsgeschichte  darf  das  Münzwesen  der  frän- 
kischen Zeit  gerechnet  werden.  Einmal  weil  die  Quellen 
spärlich  und  lückenhaft  sind.  Ihr  karger  Inhalt  selbst 
steigert  die  Schwierigkeiten ,  da  er  verschieden  ausgelegt 
auch  eine  verschiedene  und  mannigfache  Kombination  der- 
selben ermöglicht.  Die  eine  Gruppe  davon  sind  Rechts- 
denkmäler, die,  nicht  mehr  im  Original  überliefert,  ver- 
schieden chronologisch  angesetzt  werden.  Die  andere  wird 
durch  Münzfunde  gebildet,  deren  chronologische  Zuweisung 
nicht  selten  ebenso  schwankt,  wie  deren  numismatische 
Behandlung.  Die  Gewichtsbestimmung  ist  keineswegs  überall 
zuverlässig  durchgeführt;  sie  ergab  auch  bei  Stücken  des- 
selben Fundes ,  ja  derselben  Münzeinheiten  relativ  be- 
deutende Differenzen,  so  daß  auch  da  der  subjektiven  Auf- 
fassung Tür  und  Tor  geöffnet  erscheint.  Nur  so  ist  denn 
auch  erklärlich,  daß  über  die  hier  vorliegenden  Fragen  so 
verschiedene  Anschauungen  entstehen  konnten,  ja  ein  und 
derselbe  Gelehrte  das ,  was  er  früher  als  sicher  hingestellt 
und  vertreten  hatte,  bald  darauf  selbst  zurücknahm  und 
ganz  anders  erklärte.  Diese  auffallende  Unsicherheit  und 
Uneinigkeit  der  Forschung  muß  naturgemäß  starkes  Miß- 
trauen gegen  deren  Ergebnisse  wachrufen. 

Anscheinend  einfach  und  klar  mögen  die  älteren  Dar- 
stellungen anmuten.'-)  Die  Karolingerzeit  stelle  jene  Periode 
dar,  in  welcher  die  Franken  von  der  Goldwährung  zur 
Silberwährung  übergingen.  Das  Gold  sei  geschwunden  und 
man  daher  zur  Annahme  der  Silberwährung  gedrängt  worden- 
Der  Münzfuß  aber  wurde  —  so  glaubte  man  —  durch  die 
in   den    östlichen   Reichsteilen    beliebten    römischen   Silber- 


^)  So  Soetbeer,  Beitr.  z.  Gesch.  d.  Geld-  u.  Münzwesens  in  Deutsch- 
land  in  Forschungen  z.  DG.  2,  307  ff.  4,  254  ff.  Danach  auch  noch 
V.  Inama  WG.  i,  450  ff.  und  H.  Brunner  RG.  i,  2 13  f.,  sowie  alle  daraus 
schöpfenden  histor.  Darstellungen.  Anderseits  auch  Dannenberg, 
Münzmeistcr  auf  ma.  Münzen.  Ztschr.  f.  Numismatik  22,  279. 
D  o  p  s  c  h  ,  Wirtschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.   II.    2.  Aufl.  19 


—    290       — 

denare  (Saigae)  bestimmt,  von  denen  12  auf  den  Schilling 
gingen.  Und  diese  neuen  Denare  liefen  nun  zu  einem  weit 
höheren  Werte  um,  als  ihr  Metallgehalt  rechtfertigte,  weil 
die  Emission  beschränkt  gewesen  und  bei  dem  Schwinden 
des  Metallgeldes  die  Geldwirtschaft  durch  die  Naturalwirt- 
schaft wieder  sehr  eingeschränkt  worden  sei.  Als  Folge 
davon  trat  eine  Steigerung  der  Preise  ein.  Der  Wert  der 
Edelmetalle  sei  von  der  Mitte  des  6.  bis  zum  Anfange  des 
8.  Jahrhunderts  auf  das  Dreifache  gestiegen.  Als  nun 
damals  die  Zirkulation  und  Neuprägung  von  Goldmünzen 
sich  allmählich  verlor,  näherte  sich  in  demselben  Maße 
auch  der  Wertbegriff  des  Goldschillings  (Solidus)  dem 
effektiven  Werte  des  neuen  Silbergeldes,  d.  h.  er  sank  auf 
ein  Drittel  seines  früheren  inneren  Gehaltes  hinab.  So  habe 
sich  Mitte  des  8.  Jahrhunderts  die  neue  Münzsorte  und 
Rechnungsweise  in  allen  Teilen  des  fränkischen  Reiches 
verbreitet  und  konnte  nunmehr  unbedenklich  auch  von 
den  Karolingern  in  königlichen  Edikten  und  in  Synodal- 
beschlüssen als  Regel  genommen  und  ausdrücklich  an- 
erkannt werden. 

Diesen  völlig  unkritischen  Stand  der  älteren  Forschung 
haben  dann  die  verdienstvollen  Arbeiten  M.  Prous  auf  ein 
höheres  Niveau  gehoben.  Indem  er  den  großen,  in  der 
Medaillensammlung  der  Pariser  Nationalbibliothek  aufbe- 
wahrten Schatz  an  fränkischen  Münzen  wissenschaftlich 
publizierte  ^),  konnte  er,  wiewohl  er  wirtschaftsgeschichtlich 
sonst  ganz  auf  dem  Standpunkte  v.  Inamas  verharrte  2),  zwei 
wichtige  Feststellungen  vornehmen :  Die  Franken  haben  auch 
in  vorkarolingischer  Zeit  Silbermünzen  besessen,  anderseits 
aber  auch  die  Karolinger  Goldprägungen  vorgenommen. 
Allerdings  hat  Prou  die  Konsequenzen  aus  seinen  Fest- 
stellungen nicht  gezogen.  Er  nahm  im  Gegenteil  mit  Be- 
tonung der  Seltenheit  dieser  Goldprägungen  an,  sie  hätten 
in  Gallien  ganz  aufgehört  und  nur  in  Italien  und  Byzanz 
fortgedauert.^) 

')  Catalogue  des  Monnaies  Frangaises  de  la  Bibl.  Nat.,  les  Mon- 
naies  Mdrovingiennes  (1892),  sowie  les  Monnaies  Carolingiennes  (1896). 
^)  Vgl.  in  letzterem  Bande  introd.  p.  XXVI. 
=>)  A.  a.  O.  p.  XXX. 


—     291     — 

Es  ist  das  Verdienst  Hecks,  aus  dem  tatsächlichen 
Münzbestande  auch  die  Währungsfrage  zutreffend  geklärt 
zu  haben.  ^)  Es  hat  weder  in  der  Merowingerzeit  eine  reine 
Goldwährung,  noch  in  der  Karolingerzeit  eine  reine  Silber- 
währung geherrscht.  Die  ältere  Deutung  der  wenig  zahl- 
reichen karolingischen  Goldmünzen  als  Schaumünzen  ^)  ist 
ebenso  unbegründet,  wie  die  Annahme  Prous,  daß  dieselben 
keine  Relation  zu  den  Silbermünzen  gehabt  hätten.  Die 
Karolinger  gingen  also  nicht  von  der  Gold-  zur 
Silberwährung  über,  sondern  behielten  die  früher 
schon  vorhandene  Doppelwährung  bei. 

Herrscht  über  diese  wichtige  Frage  heute  wohl  voll- 
kommene Klarheit^),  so  ist  ein  Gleiches  aber  nicht  mehr 
in  einer  Reihe  anderer  wichtiger  Punkte  der  Fall. 

Vorab  die  Relation  der  beiden  Währungsgrund- 
lagen, Gold  und  Silber.  Sehr  häufig  begegnet  man  der  An- 
nahme, daß  dieselbe  12:1  gewesen  sei.*)  Allein  dafür  fehlt  jede 
Begründung.  Einzig  und  allein  eine  Bestimmung  des  Edikts 
von  Pistes  kann  dafür  als  Beleg  namhaft  gemacht  werden. 
Jedoch  ist  es  ganz  unstatthaft,  sie  für  die  frühere  oder  wohl 
gar  vorkarolingische  Zeit  gelten  zu  lassen.  Denn  einmal  ist 
sie  zu  einer  Zeit  erlassen,  da  die  Ordnung  des  Münzwesens 
durch  König  Pippin  und  Karl  den  Großen  bereits  durch- 
geführt war.  Anderseits  aber  stellt  sie  auch  jetzt  nur  einen 
Sollstand  auf,  der  offenbar  auch  damals  tatsächlich  nicht 
der  Wirklichkeit  entsprach.  Denn  sonst  wäre  ein  solches 
Gebot   in   dieser   Fassung^)    kaum   als   notwendig   erachtet 

^)  Beitr.  z.  Gesch.  d.  Stände  im  MA.  i.  Die  Gemeinfreien  der 
Karoling.  Volksrechte  (1900)  S.  144  f- 

2)  So  noch  Waitz  VG.  4',  78. 

^)  Nur  Kötzschke,  Deutsche  Wirtschaftsgesch.  (in  AI.  Meisters 
Grundriß  d.  Gesch.  Wiss.  II.  i.  1908)  S.  80  sagt  noch,  man  sei  im 
Frankenreiche  zur  Silberwährung  übergegangen,  die  Silberprägung 
habe  allein  geherrscht.  Ähnlich  Jul.  Cahn,  Münz-  u.  Geldgesch.  d.  im 
Großh.  Baden  verein.  Gebiete,  i.  Konstanz  u.  d.  Bodenseegebiet  im 
MA.  (191 1)  S.  29. 

■*)  So  Guerard,  Polyptyque  d'Irminon  i,  132.  Soetbeer  a.  a.  O.  260, 
Kötzschke  a.  a.  O.  S.  80,  Heck,  Vierteljahrschr.  f.  Soz.  u.  WG.  2,  524. 

^)  MG.  Capit.  2,  320  c.  24:  ut  m  omni  regno  noslro  non  amplius 
vcndatur  libra  auri  purissune  cocti,  nisi  dtiodeci?)i  libris  argenti  de  novis  ei 
Vieris  denariis;  vgl.  dazu  auch  Heck,  Beitr.  z.  Gesch.  der  Stände  1,  147  f. 

19' 


wesen  sei  f — -  —  I2'I9J.^)  Aber  beide  Münzgewichte  waren 


—     292     — 

worden.  Endlich  setzt  es  diese  Relation  gar  nicht  für  Fein- 
silber, sondern  für  bereits  legiertes  Münzsilber  fest. 

Völlig  unhaltbar  sind  die  Berechnungen  der  Relation 
aus  den  Münzgewichten,  wie  sie  z.  B.  Guerard  versucht  hat. 
Er  ging  davon  aus,  daß  der  fränkische  Denar  21  ^ji  grains 
wog  und  40  solcher  denarii  einen  Solidus  ausmachten 
(860  grains),  der  als  Goldmünze  70  V2  grains  schwer  ge- 
•860 
\7o-5 

keineswegs  feststehend,  sondern  den  größten  Schwankungen 
unterworfen,  so  daß  hier  nur  ein  vaticinium  ex  eventu,  aber 
keine  zuverlässige  Ermittlung  vorliegt. 

Durch  diese  Unsicherheit  unserer  Kenntnis  von  der 
Wertrelation  der  beiden  hier  in  Betracht  kommenden  Edel- 
metalle wird  die  Verwertbarkeit  aller  auf  dieser  Grundlage 
vorgenommenen  Berechnungen  sehr  in  Frage  gestellt.^) 

Ebenso  unsicher  ist  ferner  der  Münzfuß.  Die  Franken 
haben  im  Anschluß  an  die  römischen  Münzverhältnisse  den 
Schilling  (solidus)  besessen,  der  einerseits  als  Goldmünze 
wirklich  geprägt  wurde,  anderseits  aber  eine  Rechnungs- 
größe darstellte,  die  bei  den  Saliern  40  Denarmünzen  um- 
faßte. Wir  wissen  aber  nicht  bestimmt,  wieviel  solche 
Solidi  aus  einem  Pfund  Feingold  ausgebracht  wurden.  Man 
hat  nur  angenommen,  daß  die  Frankenkönige,  wie  sie  sich 
im  Münzbilde  an  das  spätrömische  Geldwesen  anschlössen, 
so  auch  nach  dem  constantinischen  Münzfuß  ihre  Gold- 
münzen schlugen.  Aber  eben  in  jüngster  Zeit  hat  v.  Luschin 
wieder  konstatieren  können,  daß  das  Gewicht  eines  con- 
stantinischen Solidus  (4' 5  5  g)  bei  den  erhaltenen  fränkischen 
Stücken  nur  selten  erreicht  wird^),  und  es  war  schon  längst 
bekannt,  daß  die  Schwere  derselben  seit  Ende  des  6.  Jahr- 
hunderts noch  weiter  (bis  auf  378  g)  sank.*)  Aber  auch  über 
diesen  leichteren  Münzfuß  sind  wir  nicht  näher  unterrichtet. 


')  A.  a.  O.  I,  132. 

-)  Sehr  zutreffend  hat  das  neuestens  H.  Brunner  gelegentlich 
der  Besprechung  von  A.  v.  Luschins  Arbeit  über  den  Denar  der  Lex 
Salica  betont.     Ztschr.  d.  Savignystift.  f.  RG.  31,  481. 

=*)  Der  Denar  der  Lex  Salica,  Sitz.-Ber.d.  Wiener  Akad.  163,  IV.  38f, 

*)  Soetbeer  a.  a.  O.  i,  6 19  f. 


—     293     — 

Noch  schlimmer  steht  es  mit  der  Beurteilung  der 
fränkischen  Silbermünzung.  Denn  die  kleinen  Silber- 
niünzen,  welche  seit  dem  6.  Jahrhunderte  mit  den  Namen 
fränkischer  Könige  vorkommen,  scheinen  ob  ihres  geringen- 
Gewichtes  (oio — 0*55  g)  jeder  sicheren  Einordnung  in  ein 
Münzsystem  zu  widerstreben.^)  Als  gewiß  erschien  der 
Forschung  nur  eines,  daß  diese  fränkischen  Silbermünzen 
nicht  mit  dem  in  der  Lex  Salica  erwähnten  Denar  identifiziert 
werden  können,  da  sie  zu  leicht  dafür  seien. ^)  Man  hat 
dies  geradezu  als  eine  genügende  Basis  betrachtet,  um  das 
Vorkommen  des  Denars  bei  den  Franken  im  6.  Jahrhunderte 
völlig  in  Abrede  zu  stellen  und  gar  das  Alter  der  Lex 
Salica  davon  abhängig  zu  machen,  d.  h.  sie  eben  deshalb 
in  das  7.  Jahrhundert  zu  setzen.^)  Jene  kleinen  Silber- 
münzen seien  keine  Denare,  sondern  den  minuti  argentei 
gleich,  welche  ein  jüngst  entdeckter  Traktat  über  romanisch- 
fränkisches Ämterwesen  aus  der  Merowingerzeit  erwähnt. 
Mit  Recht  hat  schon  H.  Brunner  darauf  hingewiesen,  daß 
die  gleichfalls  ins  Treffen  geführte  Nichterwähnung  des 
Denars  bei  Gregor  von  Tours  tatsächlich  nichts  beweise 
und  der  argenteus  dieser  Quelle  sehr  wohl  den  Denar  be- 
zeichnen könne.*)  Ich  mache  übrigens  darauf  aufmerksam, 
daß  schon  Guerard  Quellenbelege  dafür  anführte,  welche 
einen  solchen  Gebrauch  von  argenteus  (=  Denar)  auch  in 
späteren  Zeiten  bezeugen.^) 

Diese  chronologisch  jenseits  meiner  Aufgabe  gelegenen 

')  Vgl.  gegen  die  Hypothesen  Hilligers,  Histor.  Vierteljahrschr, 
1909  S.  202  if.  die  Bedenken  v.  Luschins  a.  a.  O.  S.  24  f. 

^)  Hilliger  a.  a.  O.  202;  v.  Luschin  a.  a.  O.  40;  H.  Brunner  a.  a.  O. 
3I'  481- 

^)  Hilliger  a.  a.  O.;  v.  Luschin  a.  a.  O.;  auch  S.  Rietschel,  Der 
Pactus  pro  tenore  pacis  und  die  Entstehungszeit  der  Lex  Salica 
Ztschr.  f.  RG.  27,  271  ff. 

*)  Über  das  Alter  der  Lex  Salica  u.  des  Pactus  pro  tenore  pacis 
Ztschr.  d.  Savignystift.  f.  RG.  29,  144. 

')  A.  a.  O.  I,  113  n.  2;  ferner  Fahlbeck  la  royautd  et  le  droit  royal 
Francs  (übers,  v.  Kramer)  S.  292.  Dazu  ist  auch  noch  die  St.  Galler 
Formel  aus  der  Zeit  Karls  IIL  zu  stellen,  für  die  eine  Pariser  Hand- 
schrift unter  den  Varianten  den.  vel  argent[e]um  .  .  .  bietet.  Neues 
Archiv  8,  542.  Der  hier  wie  auch  MG.  FF.  434  gebotene  Text  — 
argentum  —  ist  jedenfalls  zu  emendiercn! 


—     294     — 

Verhältnisse  habe  ich  doch  wenigstens  ganz  kurz  hier  berühren 
müssen  ^),  weil  deren  Kenntnis  für  das  Verständnis  der  Ver- 
änderungen unbedingt  erforderlich  ist,  die  nun  am  Beginne  der 
Karolingerzeit  Platz  griffen.  Mit  dieser  gelangen  wir  auch  auf 
quellenmäßig  gesicherteren  Boden,  da  sowohl  die  Kapitularien- 
und  Konzilsgesetzgebung  darüber  Nachrichten  liefert,  als  auch 
die  Münzfunde  reicher  werden.  Die  Regierungszeit  König 
Pippins  (751  —  68)  hat  jedenfalls  für  die  Ordnung  des 
Münzwesens  im  Frankenreiche  eine  große  Bedeutung 
gehabt.  Einmal  wurde  nämlich  der  Münzfuß  erhöht.  Denn 
das  ist  doch  jedenfalls  die  Absicht  des  Verbotes,  das  er  am 
Anfange  seiner  Regierung  754/5  erließ:  Es  sollten  fortan 
aus  einem  Gewichtsfund  Silber  nicht  mehr  als  22  Solidi 
ausgebracht  werden.^)  Offenbar  hat  zuvor  ein  leichterer 
Münzfuß  bestanden,  oder  —  was  mich  im  Hinblick  auf  die 
unmittelbar  damit  verbundene  Bestimmung  über  den  Schlag- 
schatz noch  wahrscheinlicher  dünkt  —  die  Ausmünzung 
selbst  hatte  sich  an  eine  bereits  früher  erfolgte  Normierung 
des  Münzfußes  nicht  gehalten.^) 

Soetbeer  hat  ausgeführt,  daß  die  vorhandenen  Münzen 
Pippins  ihrem  Gewichte  nach  (i'23  g)  dieser  seiner  Ver- 
ordnung tatsächlich  entsprechen,  wobei  er  sich  hauptsächlich 
auf  den  von  Longperier  1858  beschriebenen  Fund  von 
Imphy*)  stützte.  Seither  ist  die  Zahl  der  früher  spärlichen 
Fundstücke  aus  der  Zeit  Pippins  beträchtlich  vermehrt 
worden.  Es  konnten  dabei  Gewichte  namhafter  Differenz  nach- 
gewiesen werden.     Sie  schwanken  von  0729^)  bis  1*46  g.®) 

Ich  glaube  aber  nicht,  daß  diese  Schwankungen  auf 
zwei  verschiedene  Etappen  der  Ausmünzung  unter  Pippin 
zu  deuten  sind,  wie  die  älteren  Numismatiker  annahmen'), 
sondern   die   auch  später   noch  zu   beobachtende  ungenaue 


*)  Vgl.  darüber  jetzt  meine  „Grundlagen"  2,  482  ff. 

^)  MG.  Capit.  I,  32  c.  5:  De  Dioneta  consiituhnus,  ut  ampliiis  non 
häbeat  in  libra  pensante  nisi  XXII  solidos ,  et  de  ipsis  XXII  solidis 
monetarius  accipiat  soUdimt  I,  et  illos  alios  domino  aiüis  sunt,  reddat. 

^)  Vgl.  Soetbeer  a.  a.  O.  4,  273. 

*)  Revue  numismatique  1858  S.  202 ff. 

^)  V.  Luschin  im  NA.  33,  439.  ^)  Prou  a.  a.  O.  n.  927. 

'')  Besonders  Longperier,  vgl.  Soetbeer  a.  a.  O.  279. 


—     29S     — 

Justierung  (al  marco)   einer  wenig  vervollkommneten  Münz- 
technik daran  schuld  sei.^) 

Augenscheinlich  war  König  Pippin  bemüht,  gleich  vom 
Anfang  seiner  Regierung  an  darauf  hinzuwirken,  daß  die 
Münze  den  gesetzlichen  Münzfuß  einhalte  und  vollgewichtig 
ausgebracht  werde. 

Pippin  hat  aber  noch  eine  andere  wichtige  Verfügung 
getroffen.  Wir  kennen  deren  Wortlaut  solbst  freilich  nicht. 
In  einem  uns  leider  nicht  mehr  erhaltenen  Capitulare,  auf 
das  sich  die  Synode  von  Rheims  (813)  beruft,  hat  er  an- 
scheinend das  Verhältnis  der  alten,  in  der  Lex  Salica  ent- 
haltenen Münzwerte  zu  jenen  seiner  Zeit  normiert.  Schon 
vor  Pippin  hatten  die  Franken  nämlich  eine  neue 
Rechnungsweise  angenommen,  nach  welcher  ein 
Solidus  durch  12  Denare  gebildet  wurde.  Wann  das 
geschah,  wissen  wir  nicht.  Man  hat  allgemein  geglaubt,  daß 
diese  Unterteilung  des  Solidus  im  Anschlüsse  an  den  Gebrauch 
der  rechtsrheinischen  Stämme  aufgekommen  sei,  indem  maf^ 
den  Bericht  des  Tacitus,  daß  die  Germanen  für  die  alten, 
schweren  Römerdenare  (bigati,  serrati)  eine  besondere  Vor- 
liebe gehabt  hätten,  mit  einzelnen  Stellen  in  den  Volks- 
rechten verband,  von  welchen  die  einen  ähnlich  lautende 
Münzwerte  (saica)  überliefern  (Pactus  Alamannorum  und  Lex 
Baiuwariorum),  die  anderen  aber  (Lex  Ribuaria)  einen  Schilling 
■AU   12  Denaren  ausweisen. 2) 

Allein  diese  ganze  Hypothese  beruht  mehrfach  auf 
Annahmen,  die  sich  bei  Lichte  besehen  z.  T.  als  ganz  will- 
kürUch  herausstellen,  anderseits  aber  heute  nicht  mehr  zu- 
treffen. Vor  allem  ist  die  Voraussetzung,  daß  die  in  den 
Quellen  für  die  Geldrechnung  der  rechtsrheinischen  Stämme 
(Pactus  Alamannorum  und  Lex  Baiuvariorum)  erwähnte 
saica  mit  jenen  altrömischen  Denaren  (serrati)  identisch  sei, 
nicht  hinreichend  begründet.  Denn  Saica,  saiga  bedeutet 
nicht,  wie  man  nach  Grimms  Vorgang  angenommen  hatte, 

^)  Vgl.  V.  Luschin  a.  a.  O.  S.  450. 

")  Soetbeer  a.a.O.  i,  56off.;  v.InamaWG.  i,  452  —  1^,622;  Brunner 
RG.  I,  2i3f.;  Heck  a.  a.  O.  i,  165;  Schröder  RG.^  S.  192;  Rietschel, 
Götting.  Gel.Anz.  1902  S.  102;  Vinogradoff,  Wergeid  u.  Stand,  Ztschr. 
f.  RG.  23,   146. 


—     296     — 

Säge,  sondern  vielmehr  nach  Edw.  Schröders  neuerlichen 
und  überzeugenden  Darlegungen  Wage,  dann  Gewicht  und 
schließlich  eine  Münze  von  bekanntem  Gewicht.-^) 

Ferner  aber  sind  auch  die  Stellen  im  Pactus  Ala- 
mannorum  und  der  Lex  Baiuvariorum^),  welche  eine  saica  i, 
bzw.  3  Denaren  gleichsetzen,  wie  wir  heute  wissen,  erläuternde 
Glossen  eben  der  Karolingerzeit  und  besagen  daher  nichts 
über  die  Rechnungsart  der  rechtsrheinischen  Stämme  in  der 
vorkarolingischen  Zeit. 

Und  ganz  das  gleiche  gilt  auch  für  den  viel  zitierten 
Titel  XXXVI.  12  der  Lex  Ribuaria,  da  die  ältere  An- 
schauung, als  ob  er  dem  ursprünglichen  Textbestande  zu- 
gehöre ^),  heute  ziemlich  aufgegeben  worden  ist.*)  Für 
einen  alten  ripuarischen  Denar,  von  welchen  1 2  auf  einen 
Solidus  gegangen  seien,  ist  das  also  kein  Beleg.  Wir  werden 
somit  fürderhin  auf  den  schönen  und  durch  stete,  völlig  un- 
kritische Weiterüberlieferung  anscheinend  geheiligten  Leitsatz 
•'verzichten  müssen,  daß  die  Unterteilung  des  fränkischen 
Silberschillings  in  12  Denare  einer  alten  Übung  der  rechts- 
rheinischen Stämme  entsprochen  habe. 

Sehr  treffend  hatte  Waitz  bei  Besprechung  des  Capi- 
tulares  Karls  des  Großen  vom  Jahre  803,  durch  das  die 
Zahlung  aller  debita  ad  partem  regis  in  Silberschillingen  zu 

^)  Saiga,  Ztschr.  f.  Numismatik  24  (1904),  ssgff.  —  Damit  ist  auch 
die  Ableitung  von  saiga  aus  siliqua,  welche  Bordeaux,  les  monnaies 
de  Treves  pendant  la  periode  Carol.  Rev.  Beige  de  Num.  49,  306  ver- 
treten hat,  als  irrig  erwiesen.  Mit  Unrecht  hat  J.  Cahn  a.  a.  O.  S.  21 
n.  14  neuerdings  gegen  E.  Schröders  Erklärung  polemisiert  und  ist 
auch  in  der  Ansetzung  der  dafür  zit.  Stelle  aus  der  Lex  Alaman. 
wieder  zu  den  bereits  allgemein  aufgegebenen  (siehe  n.  2)  älteren 
Ansichten  zurückgekehrt. 

^)  Waitz,  Über  d.  Münzverhältnisse  in  den  älteren  Rechtsbüchern 
d.  fränk.  Reiches,  Abh.  d.  Götting.  Ges.  d.,Wiss.  9  (1860),  236  u.  243; 
Lehmann,  Z.  Textkritik  u.  Entstehungsgesch.  des  alaman.  Volksrechtes 
Neues  Archiv  10,  479  n.  4.  Prou,  les  monnaies  Meroving,  Introd.  p.  IX, 
sowie  Hilliger,  D.  Schilling  d.  Volksrechte  u.  d.  Wergeid,  Hist.  Vjschr. 
6,  485,  der  allerdings  in  der  Saiga  noch  den  alten  Römerdenar  sieht. 

^)  Soetbeer  F.  z.  DG.  i,  561.  Loening  a.  a.  O.  2,  299;  Schröder, 
Die  Franken  a.  a.  O.  S.  36.  —  Sohm  in  d.  Ausgabe  MG.  LL.  V,  232. 

*)  Waitz  a.  a.  O.  S.  233;  Fahlbeck  a.  a.  O.  S.  289  =  E.  Mayer,  Zur 
Entstehung  d.  Lex  Rib.  S.  36;  sowie  Brunner,  Nobiles  u.  Gemeinfreie 
d.  karol.  Volksrechte,  Ztschr.  f.  RG.  19,  81  f.  u.  23,  246. 


—     297     — . 

12  c)  angeordnet  wird,  bereits  betont,  eine  solche  Verfügung 
hätte  gar  keinen  Sinn,  wenn  immer  schon  bei  allen  deutschen 
Stämmen  außer  den  Saliern  der  SoUdus  zu  12  Denaren 
gegolten  hätte. ^) 

Jedenfalls  ist  diese  neue  Rechnungsweise  nicht 
erst  durch  Pippin  eingeführt  worden,  wie  man  vielfach 
angenommen  hat.^)  Darauf  weisen  die  schon  von  v.  Inama 
zitierten  Quellenbelege  ^)  hin.  Das  Privileg  König  Dagoberts 
von  angeblich  629  bietet  allerdings  keine  chronologisch 
sichere  Stütze,  da  es  gefälscht  ist.*)  Aber  wir  können, 
meine  ich,  aus  dem  Münzgewichte  der  Funddenare  selbst 
Anhaltspunkte  für  das  Alter  jener  Rechnungsweise  gewinnen. 
Die  als  Denare  sicher  bezeugten  merowingischen  Silbermünzen 
haben  nämlich  bereits  seit  den  Tagen  König  Chariberts  IL 
(629  —  31)  ein  Gewicht  (i"i6g)^),  das  mit  jenem  vieler 
Pippindenare  übereinstimmt,  ja  dem  Durchschnittsgewichte 
dieser  nahezu  gleichkommt.  Es  besteht  sonach  zwischen 
diesen  Denaren  kein  solcher  Unterschied,  daß  man  an  eine 
Neuerung  denken  müßte,  die  erst  Pippin  ausgeführt  habe. 
Das  ist  aber  nicht  immer  so  gewesen.  Die  Denare  des 
6.  Jahrhunderts  sind  vielmehr  auffallend  leichter.  Tatsächlich 
sind  in  neueren  Funden  größeren  Umfanges,  wie  jenen  von 
Cimiez  und  Bais,  Stücke  nachgewiesen  worden,  die  nur 
0'62  g  schwer  waren.^)  Nimmt  man  nun  an,  daß  der  viel 
umstrittene  Denar  der  Lex  Salica  mit  diesen 
leichten  Stücken  in  Beziehung  zu  setzen  ist,  so 
würden  sich  viele  von  den  bisher  als  unüberwindlich  schei- 
nenden   Schwierigkeiten    ungezwungen    lösen.      Vor    allem 


1)  A.  a.  O.  257. 

-)  E.  Mayer  a.  a.  O.  S.  39;  Hilliger  a.  a.  O.  210;  Th.  Sommerlad, 
Art.  „Münzwesen"  im  Hdw.  d.  Staatswiss.  3.  Aufl.  6,  840;  J.  Cahn  a.  a.  O. 
.S.  29;  M.  Krammer  (Festschr.  f.  H.  Brunner  S.  446J  setzt  den  Überganj^ 
,,zu  einem  leichteren  Solidus,  der  nur  12  Denare  umfaßte",  kurz  vor 
die  Mitte  des  8.  Jahrh.  an. 

^)  DWG.  I,  452  n.4,  sowie  433  n.4,  ebenso  auch  Heck  a.  a.  O.  i,  146. 

*)  Vgl.  gegen  S.  Rietschel,  Markt  u.  Stadt  S.  11  n.  1  u.  H.  Brunner 
Ztschr.  f.  RG.  29,  144,  die  es  doch  verwerten  wollten,  die  Bemerkungen 
Mühlbachers  in  MG.  DCar.  6. 

^)  Prou,  Monnaies  Mdroving.  nr.  65  (Taf.  i,  29). 

*j  Vgl.  v.  Luschin,  Der  Denar  der  Lex  Sal.  a.  a.  O.  S.  42. 


-     298     - 

würde  auch  die  enorme  Höhe  der  Bußsätze  in  der 
Lex  Salica  verständHch  werden,  die  besonders  der  älteren 
Forschung  aufgefallen  ist^)  und  nahezu  unerklärlich  schien. 2) 
Der  Hauptgrund  aber,  weshalb  man  eine  solche  Gleich- 
setzung der  alten  leichten  Denare  mit  jenen  der  Lex 
Salica  ablehnen  zu  müssen  glaubte,  weil  40  davon  nicht 
einem  Goldsolidus  entsprächen,  wird  heute  doch  nicht  mehr 
als  so  absolut  gesichert  gelten  können.  Denn  die  älteren 
Annahmen  Soetbeers,  welche  die  Voraussetzung  dafür  bilden, 
daß  die  salischen  Schillinge  den  schweren  Goldschillingen 
Constantins  an  Gewicht  gleich  gewesen  und  erst  nach  575 
ein  leichterer  Solidus  angenommen  worden  sei  ^),  beruhen 
auf  zu  unsicherer  Grundlage.  Prou  und  Babelon  gebührt 
das  Verdienst,  darauf  hingewiesen  zu  haben  ^),  daß  in  Gallien 
schon  seit  dem  5.  Jahrhundert  ein  leichterer  Solidus  als  es 
der  constantinische  war,  geschlagen  wurde.  Wir  dürfen  also 
nicht  mit  Soetbeer  stets  das  schwerere  Gewicht  der  Schillinge 
Constantins  zur  Grundlage  der  Beurteilung  fränkischer  Ver- 
hältnisse nehmen,  wie  das  seither  stets  geschehen  ist.  Man 
kann  meines  Erachtens  auch  nicht  das  hohe  Gewicht  der  in 
Südfrankreich  im  6.  Jahrhundert  geprägten  Goldsolidi  ohne 
weiters  für  die  Salfranken  voraussetzen  ^),  denn  dort  war  jeden- 
falls viel  mehr  Gold  vorhanden.  Und  gerade  aus  der 
Einbeziehung  größerer  Reihen  von  Fundstücken  fränkischer 
Provenienz  ergibt  sich  schon  heute,  daß  das  Gewicht  im 
einzelnen    sehr   schwankte.^)     Es    liegt   z.  B.    aus    der  Zeit 


^)  So  K.  V.  Richthofen,  Zur  Lex  Saxonum  S.37of.,  sowie  Boretius, 
Zur  Lex  Saxonun>  in  Histor.  Ztschr.  22,  156  u.  a.  m. 

^)  Vgl.  H.  Brunner  RG.  i,  206  n.  13:  Die  hohen  Bußzahlen  der 
Volksrechte  wären  geradezu  rätselhaft,  wenn  man  nicht  in  Anschlag 
bringen  dürfte,  daß  ein  erheblicher  Teil  der  Buße  regelmäßig  von 
den  Verwandten  beigesteuert  wurde.  Diese  Auslegung  Brunners  ent- 
spricht aber  nicht  den  tatsächlichen  Verhältnissen,  wie  sie  in  den 
Quellen  selbst  bezeugt  sind.    Vgl.  meine  ,, Grundlagen"  2,  484  ff. 

*)  A.  a.  O.  1,  619. 

*)  La  silique,  le  sou  et  le  denier  de  la  loi  des  Francs  Saliens, 
Journal  des  savants  1901  S.  120 f. 

'")  So  V.  Luschin  a.  a.  O.  S.  29  ff. 

")  Nun  gewinnt  auch  tit.  XLIV  der  Lex  Salica  seine  tiefere 
Bedeutung,  wo  es  (Dei  reipus)  heißt:  et  lumc  ipse,  qui  viduam  accipere 


—     299     — 

Clotars  II.  (613 — 629)  ein  Drittelsolidus  vor,  der  nur  0'88  g 
wiegt.  ^)  Das  ergäbe  für  den  Solidus  bloß  ein  Gewicht 
von  2'64  g!  Erinnern  wir  uns  ferner,  daß  die  Relation 
zwischen  Gold  und  Silber  für  die  Salfranken  im  6.  Jahr- 
hundert uns  nicht  bekannt  ist,  und  wahrscheinlich  bei  dem 
nicht  in  Feingold,  sondern  einer  Legierung  bestehenden 
Münzmetall  erheblich  niedriger  (i :  10?)  2)  angenommen  werden 
muß,  als  zur  Zeit  Constantins  (i :  I4'4),  so  möchte  ich  Zu- 
sammenhänge, die  sonst  alle  Wahrscheinlichkeit  für  sich 
haben,  nicht  so  rundweg  mehr  abweisen. 

V.  Luschin,  der  mit  Hilliger  u.  a.  die  Anschauung  vertritt, 
daß  die  Franken  im  6.  Jahrhundert  den  Denar  überhaupt 
nicht  gekannt  haben,  kommt  seinerseits  doch  auch  zu  dem 
Resultate,  daß  die  Schaffung  einer  schweren  Silbermünze 
am  Beginne  des  7.  Jahrhunderts  —  nach  ihm  eben  der  Denar! 
—  „ein  Versuch  zur  Besserung  der  unbefriedigenden  Münz- 
zustände" gewesen  sei.^)  Nicht  unmöglich,  daß  damals 
schon  die  Rechnungsweise,  nach  der  12  schwere 
Denare  auf  den  Silber  Schilling  gingen,  aufkam.*)  Man 
muß  doch  auch  beachten:  wie  immer  die  Stelle  in  der  Lex 
Ribuaria,  aus  welcher  man  früher  auf  einen  alten  Gebrauch 
jener  Rechnungsweise  bei  den  rechtsrheinischen  Völkern 
schloß,  erst  in  die  Karolingerzeit  gehört,  so  ist  der  Um- 
stand, daß  bei  der  Erwähnung  des  Silberschillings  zu  12  De- 
naren auf  eine  antiqua  constitutio  Bezug  genommen  wird  ^), 
doch    auch  nicht   zu   übersehen.     Man  hat  darin  eben  jene 

debef,  tres  solidos  acqiie  pen santes  et  dinario  Jiabere  debet,  et  tres 
crunt,  qui  solidos  illos  p en s ar e   velprohare  debent. 

^)  Prou,  Catalogue  nr.  1385. 

-)  Selbst  die  einzige  Stelle,  aus  der  wir  etwas  Näheres  über  die 
Wertrelation  der  beiden  Währungsmetalle  erfahren,  das  Edictum 
Pistense  (864),  besagt  doch  auch  a.  a.  O. :  illud  vero  auriim,  qitod  coctiim 
quide?n  fiierit,  sed  11011  tantiim ,  ut  ex  eo  deauratnra  fieri  possit,  lihra 
ima  de   auro   vendatiir  decem  libris  argenti  de  novis  et  meris  deiiarns. 

*)  A.  a.  O.  48. 

*)  Vgl.  auch  Heck,  Ständeproblem  a.  a.  O.  2,  520,  der  —  freilich 
ohne  nähere  Begründung  —  für  möglich  hält,  daß  schon  das  Capi- 
tulare  Childeberts  II.  von  596  mit  kleinen  Schillingen  rechnet.  Da- 
gegen Brunner  RG.  i-,  314  n.  17. 

^)  quod  si  cum  ar  genta  solvcre  configerit ,  pro  solido  12  dinarii, 
statt  aiitiqiiitits  est  constitutum. 


—     300     — 

Verordnung  Pippins  erblicken  wollen,  auf  die  das  Konzil 
vom  Rheims  im  Jahre  S13  hinweist.^)  Allein  wenn  diese 
Stelle  einer  Rezension  noch  des  8.  Jahrhunderts  zugehören 
sollte,  wie  H.  Brunner  für  wahrscheinlich  hält  ^),  dann  würde 
das  ,antiquitus'  wohl  über  die  Zeit  König  Pippins  zurück- 
weisen.^) 

Für  meine  Annahme,  daß  die  Rechnung  nach  Silber- 
schillingen schon  im  7.  Jahrhunderte  bei  den  Franken  üblich 
war,  kann  ich  noch  ein  wichtiges  Zeugnis  vorbringen : 
Schon  die  alten  Formeln  von  Angers  bieten  nämlich, 
was  bisher   ganz   übersehen  wurde,    einen  Beleg  dafür.'*) 

So  unsicher  nun  auch  diese  Vorgeschichte  ist,  die  Maß- 
nahme König  Pippins,  um  deren  Beurteilung  es  sich  hier 
allein  handelt,  wird  durch  sie,  glaube  ich,  hinreichend  klar- 
gestellt. Nach  dem  Wortlaut  des  Rheimser  Konzils  von  813 
muß  sich  dieselbe  auf  die  Solidi  der  Lex  Salica  bezogen 
haben. ^}  Die  Auslegung  dieser  Stelle  hat  die  Forschung 
seit  alters  auf  das  lebhafteste  beschäftigt.  Während  man 
früher  eine  Demonetisation  des  Goldes,  eine  Außerkurs- 
setzung der  bis  dahin  üblichen  Goldschillinge  daraus  dedu- 
zieren wollte  ^),  meinte  die  jüngere  Forschung,  es  habe  sich 
um  eine  Substitution  des  Goldsolidus  durch  den  Silber- 
solidus  gehandelt,  wodurch  dann,  da  alle  Zahlungsver- 
pflichtungen also  herabgesetzt  wurden,  u.  a.  auch  eine 
Herabsetzung  der  Bußen  um  mehr  als  ^/s  ihrer  alten  Höhe, 
von  40  Denaren  auf  12,  bewirkt  wurde.")  Und  diese  Buß- 
reduktion hat  dann,  für  die  Berechnung  der  Wergelder  und 
alle  daraus  wiederum  abgeleiteten  weiteren  Schlüsse  über 
d:is  Ständeproblem  eine  wichtige  Rolle  gespielt.^) 

1)  Siehe  oben  S.  295.  ^)  Ztschr.  f.  RG.  19,  83. 

■')  Vgl.  dazu  auch  v.  Luschin  im  NA.  33,  458. 

*)  MG.  FF.  Andecav.  nr.  27;  vgl.  auch  Form.  Turon.  addit.  nr.  3. 
Dazu  jetzt  auch  R.  Schröder  DRG.  6.  Aufl.  S.  198  (1919). 

*)  MG.  Concil.  2,  257C.XLI:  ut  dommis  imperator  secttndtim  statu- 
tiim  bonae  memoriae  domin  Pippini  jnisericordiam  faciat,  nc  solidi,  qui 
in  lege  habentur,  per  quadragenos  denarios  disatrrant,  quo7tiam  propter 
eos  nmlta  periuria  multaque  falsa  testimonia  repperiuntiir. 

")  Guerard  a.  a.  O.  i,  129.        '')  So  zuerst  Soetbeer  a.  a.  O.4,  269 ff. 

«)  Vgl.  Brunner  RG.  i,  216;  v.  Inama  DWG.  i,  468  -=  i -,  650; 
Rieh.  Schröder  RG.^  S.  195.  In  der  letzten  (6.)  Aufl.  hat  sich  Schröder 
meinen  Darlegungen  angeschlossen  S.  2ooff.  (1919). 


—     30I     — 

■  Es  ist  das  noch  zu  wenig  anerkannte  Verdienst  Hecks, 
gegen  diese  allgemein  üblich  gewordene  Auffassung  in 
nachdrücklicher  Weise  Stellung  genommen  zu  haben.  Mit 
Recht  betonte  er  meines  Erachtens  ^) :  „die  Tatsache  allein, 
daß  die  Rechnung  nach  Kleinschillingen  allgemein  wurde, 
ist  keine  genügende  Erklärung  für  die  Bußerniedrigung. 
Die  nächstliegende  Konsequenz,  welche  die  Einführung  einer 
kleineren  Münzeinheit  mit  sich  bringt,  ist  die  Umrechnung, 
nicht  die  Bußherabsetzung."  Ganz  besonders  aber  müsse 
dies  hier  gelten,  da  Pippin  ja  diese  Rechnung  gar  nicht 
eingeführt,  sondern  bereits  eingebürgert  vorgefunden  habe. 

Ich  mache  übrigens  darauf  aufmerksam,  daß  Numis- 
matiker schon  vor  Heck  ganz  dieselbe  Grundanschauung 
doch  als  die  selbstverständliche  betrachtet  hatten.  So  hatte 
Cocheteux  1884^),  Cerexhe^)  1886  und  Bordeaux  1893*; 
schon  im  wesentlichen  das  Richtige  getroffen. 

Es  muß  doch  betont  werden :  die  ganze  Voraussetzung, 
auf  welcher  die  Annahme  einer  angeblichen  Bußreduktion 
beruhte,  ist  falsch.  Die  beiden  Denare,  jener  der  Lex 
Salica  und  der  angeblich  jetzt  neu  eingeführte 
rechtsrheinische,  waren  eben  absolut  nicht  gleich 
an  Art  und  an  Wert,  was  Guerard  behauptet  hatte. ^) 
Darauf  weist  schon  die  Begründung  hin,  mit  welcher  das 
Konzil  von  Rheims  813  von  Karl  dem  Großen  die  Be- 
seitigung der  alten  Solidi  zu  40  Denaren  auf  Grund  der 
Verordnung  Pippins  erbat.  Die  zahlreichen  Meineide, 
welche  die  Konzilsväter  vermieden  wissen  wollten,  waren 
offenbar,  wie  bereits  Waitz  sehr  richtig  daraus  gefolgert  hatte, 
dadurch  zustande  gekommen,  daß  bei  Rechtsgeschäften  von 
den  verschiedenen  Parteien  die  eine  die  alte,  die  andere  die 
neue    Geldsorte    hatten   zur   Anwendung    bringen    wollen.^) 

')  A.  a.  O.  I,  150 ff. 

-)  De  renchainement  des  systemes  monetaires  Romains,  Meroving. 
et  Carloving.  Revue  Belege  de  Numis.  40,  389. 

*)  Les  monnaies  de  Charlemagne  S.  126.  ■*)  A.  a.  O.  S.  302. 

^)  A.  a.  O.  I,  114.  Nur  F.  Dahn,  Könige  der  Germanen  VIII.  5,  62 
hat  bereits  zutreffend  geurteilt:  „Inwiefern  hierin  eine  Minderung 
der  Strafen  liege,  ...  ist  nicht  zu  erkennen,  da  wir  den  Unterschied 
der  neuen  INIünze  von  der  alten  in  Feingehalt  u.  Gewicht  nicht  kennen. 

•)  Götting.  Gel.  Abh.  9,  25S. 


—      302      — 

Und  auch  S.  Rietschel  hat  auf  die  allgemeine  Verkehrs- 
unsicherheit hingewiesen,  die  immer  entsteht,  wenn  unter 
ein  und  derselben  Bezeichnung  verschiedene  Münzwerte 
gemeint  sein  können,  was  ganz  naturgemäß  zu  den  wider- 
wärtigsten Übelständen  im  Prozeßleben  führen  muß.^)  Die 
Häufigkeit  solcher  Meineide  wird  sofort  verständlich,  wenn 
wir  annehmen,  daß  die  Bußsätze  in  den  alten  leichten 
Denaren ,  von  welchen  40  auf  einen  Solidus  gingen ,  fest- 
gestellt waren,  jetzt  aber,  ohne  Rücksicht  auf  den  ungleich 
höheren  Wert  der  schweren  Silberdenare  in  solchen  ge- 
fordert wurden,  oder  ein  stets  Gefahren  in  sich  bergender 
Schätzungseid  notwendig  erschien.^) 

Vielleicht  ist  noch  eine  andere  Erscheinung  damit  in 
Zusammenhang  zu  bringen,  die,  wie  ich  glaube,  sich  aus  dem- 
selben Grunde  als  Bedürfnis  herausgestellt  hat.  H.  Brunner 
hat  die  scharfsinnige  Vermutung  vertreten,  daß  die  Buß- 
sätze der  Lex  Salica  ursprünglich  in  Denarsummen  gehalten 
waren  und  erst  später  deren  Zusammenfassung  in  Solidi 
hinzugekommen  sei.^)  Er  hat  auch  bereits  zutreffend  den 
Grund  dafür  erkannt.  Die  Schillingszahlen  wurden  beigefügt, 
„um  die  Denare  als  solche  zu  kennzeichnen,  von  denen  40 
auf  einen  Solidus  gingen". 

Bisher  war  allerdings  kein  rechter  Anlaß  ersichtlich, 
der  für  eine  solche  scheinbar  „doppelte  Berechnung"  *) 
vorlag.  Ich  möchte  ihn  nun  in  den  eben  geschilderten 
Verhältnissen  erbhcken.  War,  wie  oben  ausgeführt,  der 
Silberschilling  schon  vor  Pippin,  ja  bereits  im  7.  Jahrhunderte 
in  Frankreich  gang  und  gäbe,  so  gewinnt  nun  eben  damit 
diese  Beifügung  gewissermaßen  die  Bedeutung  eines  Vor- 
aktes zu  dem  verlorenen  Constitutum  Pippini,  auf  das  sich 

*)  Götting.  Gel.  Anzeigen  1902  S.  102. 

2)  Vgl.  dazu  Heck  a.  a.  O.  i,  152. 

')  Über  das  Alter  der  Lex  Salica  u.  des  Pactus  pro  tenore  pacis, 
Ztschr.  d.  Savignystift.  f.  RG.  29,  141  f.  Vorher  schon  Seebohm,  on  the 
early  currencies  of  the  German  tribes,  Vjschr.  f.  Soz.  u.  WG.  i,  175 
(1903),  sowie  Prou,  Catalogue  des  Monnaies  Frangaises.  Les  Monn. 
Meroving.  Introduction  p.  III. 

*)  So  Hilliger,  Hist.  Vjschr,  1909  S.  165,  dessen  Einwände  wider 
Brunner  nichts  besagen,  da  er  die  Zeit  der  Überlieferung  (Hand- 
schriftenalter!) gar  nicht  in  Rechnung  gestellt  hat.  A.  a.  O.  167. 


—     303     — 

das  Konzil  von  Rheims  813  bezieht.  Die  Beisetzung  der 
Solidi  ist  augenscheinlich  ebenfalls  bereits  zur  Vermeidung 
unliebsamer  Mißdeutung  der  Denarzahlen  vorgenommen 
worden. 

Auch  die  numismatische  Grundlage  der  Reduktions- 
hypothese ist  heute  hinfällig  geworden.  Ihr  Begründer, 
Guerard,  ging  nämhch  von  ganz  irrigen  Gewichtsansätzen 
aus.^)  Gerade  da  haben  neue  Funde  ganz  überraschende 
Aufschlüsse  gebracht.  Ein  so  ausgezeichneter  Numismatiker 
wie  V.  Luschin  hat  auf  Grund  des  1904  zu  Ilanz  (bei  Chur) 
gemachten  Fundes  rechnungsmäßig  den  Nachweis  erbracht, 
daß  der  Goldsolidus  zu  40  neustrischen  Denaren  (will  sagen 
der  Lex  Salica)  um  800  so  stark  an  innerm  Wert  gesunken 
war,  daß  er  nicht  einmal  den  vollen  Wert  von  12  Silber- 
denaren Karls  des  Großen  erreichte.  Er  wies  bereits 
darauf  hin,  daß  sich,  da  es  unter  Pippin  nicht  viel  anders 
war,  nun  auf  diese  Weise  jene  Substitution  des  alten  mero- 
wingischen  Goldsolidus,  wie  ihn  die  Lex  Salica  aufweist, 
durch  den  Silbersolidus  zu  12  schwereren  Deharen  un- 
mittelbar erkläre.  Letztere  waren  damals  tatsächlich  keine 
geringere  Wertgröße,  ja  übertrafen  vielleicht  sogar 
den  Goldsolidus  aus  der  Zeit  der  letzten  Mero- 
winger.^) 

So  lösen  sich  nun  die  großen  und  mannigfachen 
Schwierigkeiten,  ob  welcher  man  eine  so  plötzliche  Buß- 
erniedrigung annahm.  Sie  wäre  nach  der  bisherigen  Dar- 
stellung sonst  .eigentlich  völlig  unbegründet  eingetreten  ^j 
und  hätte  vor  allem  alsbald  eine  ganz  unmögliche  Rechts- 
ungleichheit gezeitigt.  Auch  das  hat  Heck  bereits  mit 
Recht  dagegen  geltend  gemacht.'^)  Schon  Waitz  hatte 
übrigens    bemerkt,    daß   bei   dieser  Annahme   verschiedene 

*)  Die  Differenzen  im  Gewichte  der  Funddenare  sind  nicht  mit 
16  u.  27  grains  bezeichnet,  sondern  viel  größer.  Es  gibt  Stücke  schon 
von  II  grains  und  solche  bis  zu  30  grains! 

*)  Neues  Archiv  33,  458. 

')  Heck  I,  150  hebt  sehr  zutreffend  hervor,  daß  sich  ein  be- 
friedigender Grund  für  die  Bußerniedrigung  ungeachtet  aller  Mühe 
nicht  hat  auffinden  lassen;  vgl.  auch  desselben  ,, Ständeproblem, Wer- 
geid u.  Münzrechnung  der  Karolingerzeit,  Vjschr.  f.  Soz.  u.  WG.  2,  513  ff. 

*)  Die  Gemeinfreien  a.  a.  O.  i,  153. 


—     304     — 

deutsche  Stämme,  welche  bei  ihrer  alten  Goldwährung  ver- 
harrten und  den  Solidus  nach  wie  vor  zu  30  Denaren  rech- 
neten, wie  z.  B.  die  Bayern,  aufs  ärgste  benachteiligt  ge- 
wesen wären.  Sie  hätten  eine  Buße  von  i  Solidus  mehr 
als  doppelt  so  hoch  bezahlen  müssen,  denn  die  Franken.^) 

Auch  die  großen  Schwierigkeiten ,  welche  die  enorme 
Verschiedenheit  in  der  Bemessung  der  Wergelder  zwischen 
dem  salischen  und  ripuarischen  Recht  der  Forschung  bisher 
bereitete^),  lösen  sich  so  ganz  natürlich  auf.  Die  2400  De- 
nare (=  200  Silberschillinge  ä  12^)  nach  ripuarischem  Recht 
waren  eben  den  8000  Denaren  (=  200  Goldschillingen  ä  40  ^) 
nach  salischem  ungefähr  gleichwertig. 

Endlich  hätte  eine  solche  allgemeine  Wertherabsetzung, 
wie  sie  jene  Reduktionstheorie  voraussetzt,  wirtschaftliche 
Folgen  ungeheuerster  Dimension  zeitigen  müssen,  eine  Um- 
wälzung des  gesamten  Wirtschaftslebens,  vor  allem 
eine  förmliche  Preisrevolution.  Man  bedenke  doch  nur.  Alle 
Zahlungsverpflichtungen  seien  mit  einem  Male  im  Verhältnis 
von  40:  12  —  also  auf  weniger  als  das  Drittel  herabgesetzt 
worden ! 

Einzelne  Forscher,  welche  an  diesen  unabweislichen 
Folgerungen  ihrer  Reduktionshypothese  nicht  ganz  vorbei- 
gehen konnten,  suchten  sich  mit  der  Ausflucht  zu  helfen, 
daß  eine  allgemeine  Erniedrigung  der  Preise  eingetreten 
sei,  welche  die  Gleichstellung  des  Wertes  von  12  Denaren 
mit  dem  alten  Solidus  herbeigeführt  habe.  Diese  Auffassung 
Soetbeers  ^)  hat  neuerdings  Vinogradoff  im  wesentlichen 
wieder  vertreten.*)  Aber  auch  er  mußte  sich  doch  gestehen, 
daß  in  der  Zwischenzeit  zwischen  den  beiden  Preiswellen 
freilich  eine  arge  Verwirrung  und  Unsicherheit  geherrscht 
haben  müsse.  Dabei  kam  ihm  noch  sehr  zustatten,  daß 
er  seinen  Ausführungen  die  Identität  der  Preisansätze  des 
6.  Jahrhunderts  mit  jenen  am  Beginne  des  9.  Jahrhunderts 
zugrunde  legte  und  damit  jeder  Kontrolle  über  die  Ver- 
hältnisse  in    der   Zwischenzeit   aus   dem  Wege  ging,    da  ja 

*)  Über  die  Münzverhältnisse  a.  a.  O.  S.  258. 
-)  Darauf  hat  HilHger,   Hist.  Vjschr.  1903  S.  214  zutreffend  hin- 
gewiesen. 

=)  A.  a.  O.  2,  260.        *)  Wergeid  u.  Stand,  Ztschr.  f.  RG.  23,  135 f. 


—    305     — 

dafür  keine  entsprechenden  Quellen  vorhanden  sind.  Diese 
Anschauungen  Vinogradoffs,  wonach  also  die  Kaufkraft  des 
Geldes  sich  in  der  Karolingerzeit  verdreifacht  hätte,  sind 
denn  auch  von  Hilliger  bereits  als  eine  „abenteuerliche 
Hypothese"  bezeichnet^)  und  dann  durch  Heck  eingehend 
widerlegt  worden.^)  Die  von  ihm  hauptsächlich  ins  Treffen 
geführte  Konstanz  der  Preissätze,  welche  zuvor  schon  be- 
sonders v.  Inama- Sternegg  hervorgehoben  hatte  ^),  erklärt 
sich  nun  bei  der  oben  dargelegten  Auffassung  ganz  unge- 
zwungen, ohne  daß  man  Preisstürze  in  der  Zwischenzeit 
(6. — 9.  Jahrhundert)  anzunehmen  brauchte.  Denn  diese  Preis- 
sätze waren  ja  in  Schillingen  gehalten.*)  Trat  nun  zur  Zeit 
Pippins  eine  Substitution  des  alten  Goldsolidus  durch  den 
Silberschilling  ein,  so  erscheint  es  uns,  wenn  wir  den  tat- 
sächlichen Wert  beider  um  jene  Zeit  als  ungefähr  gleich  an- 
sehen, ganz  natürlich,  daß  hier  die  alten  Zahlen  be- 
stehen bleiben  konnten.  Zudem  ist  es  ja  noch  sehr 
fraglich,  ob  jerie  Legalwerte  auch  wirklich  stets  der  Marktlage 
und  ihrer  mannigfachen  Veränderung  zu  folgen  vermochten.^) 
Die  zahlreichen  Forscher,  welche  jene  angebliche  Buß- 
reduktion Pippins  zum  eigentlichen  Kernpunkt  ihrer  Dar- 
legungen gemacht  haben,  waren  bei  aller  Verschiedenheit 
der  Erklärungsversuche  untereinander  und  im  einzelnen 
doch  alle  darin  einig  und  zuversichtlichen  Glaubens,  daß 
die  Lex  Ribuaria  ein  untrügliches  Zeugnis  dafür  expressis 
verbis  an  die  Hand  gebe.  Dieser  Quelle  müsse  im  all- 
gemeinen der  Goldsolidus  noch  zugrunde  gelegen  haben, 
da  es  im  tit.  36  §  12  heiße:  quod  si  ctcm  argento  solvere  con- 
tigej'it,  pro  solido  duodechn  dinarios ,  sicut  antiquitus  est 
constitutum.    Die  Gegenüberstellung  scheint  auf  den  ersten 

^)  Hist.  Vjschr.  1903  S.  463. 

-)  Ständeproblem  a.a.O.  2,  51 5 ff.  —  Allerdings  scheint  sich  Heck 
dabei  gar  nicht  bewußt  geworden  zu  sein,  daß  seine  eigene  Hypo- 
these, als  ob  die  Bußerniedrigung  erst  unter  Ludwig  d.  Fr.  816  statt- 
gefunden hätte  (Gemeinfreie  i,  200 ff.),  derselben  Unwahrscheinlich- 
keit  verfällt.  Auch  Sommerlad,  Die  wirtschaftl.  Tätigkeit  der  Kirche 
im  MA.  2,  165  ff.  und  Art.  ,, Münzwesen",  Hdw.  d.  Staatswiss.  3.  Aufi. 
6,  840 f.  hat  sich  Heck  angeschlossen. 

»)  WG.  I,  468;  vgl.  196.  *)  v.  Inama  WG.  i,  195  fi'.' 

°)  Ebenda  S.  igöf.,  dazu  oben  S.  242  f. 
D  0  p  s  c  h ,  Wirlschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.   II.  2.  Aufl.  20 


—     306    — 

Blick  verblüffend  genug.  Und  so  sind  denn  bis  heute  alle 
Forscher  der  von  Guerard  ^)  zuerst  daraus  gezogenen 
Schlußfolgerung  beigetreten. 2)  Bei  näherem  Zusehen 
besagt  diese  Stelle  aber  gar  nicht  das,  was  man 
bisher  daraus  entnehmen  wollte.  Sie  rückt  in  ein 
ganz  anderes  Licht,  sobald  man  sie  mit  der  unmittelbar 
vorausgehenden  Preistabelle  einheitlich  zusammenfaßt.  In 
dieser  werden  nämlich  für  die  verschiedenen  Naturalien, 
besonders  Viehhäupter,  welche  man  als  Wergeid  zu  geben 
pflegte,  die  Geldäquivalente  (in  Schillingen)  aufgestellt. 
Man  sieht  deutlich :  der  Schilling  ist  hier  nur  Wertmesser 
für  die  Annahme  von  Naturalleistungen.  Und  mit  direktem 
Bezug  darauf  heißt  es  nun  wohl  unzweideutig:  wenn  aber 
jemand  mit  Geld  (d.  h.  nicht  in  Natura)  zahlen  will, 
so  soll  er  für  den  Solidus  12  Denare  geben.  ^) 

Wir  haben  noch  eine  sehr  illustrative  Analogie  dazu 
an  dem  Capitulare  Saxonicum  von  797,  die  meine  Auf- 
fassung, glaube  ich,  durchaus  unterstützt  Auch  dort  wird 
(am  Schlüsse)  eine  solche  Äquivalenztabelle  für  Naturalien 
aufgestellt  mit  der  Überschrift:  quales  debent  solidi  esse 
Saxomim.^)  Und  dieser  Aufzählung  wird  dann  die  Be- 
merkung beigefügt:  In  argento  diLodecim  denarios  solidum 
faciant.  Et  in  aliis  speciebus  ad  istum  pretium  omnem 
aestiniationem  [conpositionis  stmt].  Hier  wird  kein  Mensch 
zweifeln,  daß  argentum  in  diesem  Zusammenhang  Geld  im 
Gegensatz  zu  den  Naturalwerten  bedeutet.    Auch  da  handelt 

1)  A.  a.  O.  S.  130 f. 

^)  Waitz,  Münzverhältnisse  a.  a.  O.235;  Heck,  Gemeinfreie  i,  177 
sowie  Ständeproblem  a.  a.  O.  350 ff. ;  Rietschel,  Gott.  gel.  Anz.  1902 
S.  102;  Vinogradoff  a.  a.  0. 143;  Krammer  in  d.  Festschr.  f.  H.  Brunner 
1910  S.  447;  H.  Brunner,  Mobiles  u.  Gemeinfreie,  Ztschr.  f.  RG.  19,  82; 
Hilliger,  Der  Schilling  der  Volksrechte,  Hist.  Vjschr.  1903  S.  217,  so- 
wie ,,Zum  Schilling  der  Volksrechte"  ebenda  1906  S.  265  ff. 

')  Der  Einwand  R.Schröders  (DRG.^  200  n.  18),  daß  hier,argentum' 
nicht  mit,, Geld"  zu  übersetzen  sei,  entfällt,  weil  ja  seine  sicher  richtige 
Annahme,  daß  Goldzahlungen  keineswegs  ausgeschlossen  sein  sollten, 
mit  meiner  Übersetzung  wohl  vereinbar  ist. 

■*)  MG.  Capit.  I,  72  c.  II.  Vgl.  dazu  neuestens  A.  v.  Schwerin, 
Ztschr.  f.  RG.  33,  418,  der  für  wahrscheinlich  hält,  daß  der  Satz  in 
argento  duodecim  denar.  sol.  faciunt  ursprünglich  sofort  auf  die 
Überschrift  gefolgt  sei. 


—     307     — 

es  sich  wie  dort  um  die  verschiedenen  Güter,  in  denen  die 
Bußen  bezahlt  werden  konnten. 

Damit  entfällt  meines  Erachtens  jede  Beweiskraft  der 
berühmten  Stelle  in  der  Lex  Ribuaria  für  den  Übergang 
vom  Gold-  zum  Silberschilling  und  eine  damit  in  Zusammen- 
hang stehende  Bußreduktion. 

Die  rege  Fürsorge,  welche  König  Pippin  der  Ordnung 
des  fränkischen  Münzwesens  zuteil  werden  ließ,  fand  ihre 
Fortsetzung  unter  dessen  großem  Sohne  Karl.  Er  hat 
weitergeführt,  was  von  Pippin  bereits  wirksam  eingeleitet  war. 
Hatte  dieser  bestimmt,  daß  aus  einem  Pfund  Silber  nicht 
mehr  als  22  Solidi  ausgebracht  werden  sollten,  so  hat 
spätestens  unter  Karls  Regierung  der  Münzfuß  noch  eine 
weitere  Verstärkung  erfahren,  indem  jetzt  nur  mehr  20  Schil- 
linge auf  ein  Pfund  gingen.  Wir  besitzen  hier  allerdings 
nicht  wie  dort  bei  Pippin  die  Einführungsverordnung, 
sondern  können  das  nur  indirekt  aus  den  Angaben  eines 
Capitulares  von  779  erschließen,  die  nach  dem  Gewichte 
abgestufte  Silberwerte  enthalten.^)  Möglich,  daß  dieser  Fuß 
noch  unter  Pippin  erreicht  worden  ist,  wie  v.  Inama  annahm. 
Aber  gewiß  ist  das  keineswegs,  da  er  zu  dieser  Hypothese 
bloß  auf  dem  Wege  eines  Rückschlusses  aus  dem  Gewichte 
von   Funddenaren   gelangt  ist  ^) ,    was  stets  unsicher  bleibt. 

Die  Hauptveränderung  aber,  die  jetzt  eintrat,  bestand 
in  einer  Erhöhung  des  Münzgrundgewichtes,  des 
fränkischen  Pfundes  (libra).  Wir  sind  freilich  auch  da 
nicht  besonders  gut  unterrichtet,  weil  die  entsprechenden 
Bestimmungen  Karls  selbst  nicht  mehr  erhalten  sind.  Man 
ist  auch  da  auf  das  Gewicht  der  Münzen  selbst,  sowie  auf 
indirekte  Rückschlüsse  angewiesen,  die  aus  gelegentlichen 
Angaben  von  Kapitularien  und  Urkunden  rechnerisch  ab- 
geleitet werden  können.  Bei  diesem  Stande  der  Über- 
lieferung ist  es  begreiflich,  daß  die  verschiedensten  Hypo- 
thesen aufgestellt  und  mannigfache  Erklärungen  versucht 
worden  sind.  Ja,  es  ist  die  Sache,  um  die  es  sich  da 
handelt,  selbst  wieder  in  Frage  gestellt  worden.  Vienne 
hat    1896,    nachdem    man    durch  Jahrhundertc   an    die    Er- 


^)  Vgl,  V.  Inama  WG.  i,  456.  -)  Ebenda  454. 


—     3o8     — 

höhung  des  Münzpfundes  durch  Karl  den  Großen  allgemein 
geglaubt  hatte,  sie  geleugnet  und  aus  Abgaben  den  Beweis 
erbringen  wollen,  daß  das  gallische  Pfund  sich  nicht  ver- 
ändert, sondern  vor  und  nach  der  Regierung  Karls  des 
Großen  gleichgeblieben  sei.^)  Ich  glaube  zu  Unrecht. 
Denn  für  die  Tatsache  der  Erhöhung  läßt  sich  ganz  ab- 
gesehen von  der  größeren  Schwere  der  Funddenare,  die 
bisher  die  Hauptgrundlage  unserer  Erkenntnis  gebildet  hat, 
noch  ein  anderes  direktes  Zeugnis  anführen.  In  einem 
Briefe  Alchvins  an  Paulinus  v.  Aquileia  vom  Jahre  796  wird 
von  zwei  goldenen  Armringen  gesagt,  sie  hätten  an  Gewicht 
24  Denare  von  der  neuen  Münze  des  Königs  weniger  als 
ein  volles  Pfund. ^)  Damit  ist  erwiesen,  daß  die  neue  Münze 
Karls  eine  Gewichtsveränderung  gebracht  hatte. 

Steht  also  die  Tatsache  fest,  daß  Karl  das  Münzpfund 
erhöht  habe,  so  herrscht  über  das  Maß  dieser  Vergrößerung 
die  allergrößte  Meinungsverschiedenheit.  Schon  Hilliger 
hat,  da  er  einen  historischen  Überblick  über  die  ältere 
Literatur  zu  dieser  Frage  gab,  der  Empfindung  Ausdruck 
verliehen,  es  habe  nahezu  jeder,  der  sich  damit  beschäftigte, 
au,ch  eine  neue  Ansicht  darüber  aufgestellt.^)  Er  betonte 
mit  Recht  die  große  Unsicherheit  der  uns  zur  Verfügung 
stehenden  Erkenntnismittel.  Aus  der  großen  Masse  dieser 
Hypothesen  stehen  heute  drei  im  Vordergrunde.  Die 
Guerards,  der  eine  Erhöhung  des  alten  römischen  Pfundes 
zu  12  Unzen  oder  327  g  um  ein  Viertel,  auf  15  Unzen 
(40875  g)  annimmt*),  hat  jüngst  Hilliger  mit  neuen  Argu- 
menten zu  stützen  gesucht.^)  Eine  zweite  Theorie  hat 
Blancard  1887  aufgestellt,  die  eine  Erhöhung  um  50  °/o 
nach  Maßgabe  der  Vergrößerung  der  Hohlmaße  durch  Karl 
voraussetzt  und  das  Pfund  auf  Grund  von  niedrigen  Denar- 
gewichten auf  367*128  g  berechnete.^)    Dieselben  Anschau- 

^)  De  la  pretendue  livre  de  Charlemagne.  Annuaire  de  la  Soc. 
de  Numis.  20,  13  ff. 

")  MG.  Epp.  4,  140  nr.  96 :  duas  armillas  auri  obrizi  pensantes 
14.  denarios  minus  de  nova  moiieta  regis  quam  libram  plenavi. 

')  Studien  zu  mittelalterlichen  Maßen  u.  Gewichten,  Hist.  Vjschr. 
3  (1900),  163. 

*)  A.  a.  O.  I,  216. 

'•')  La  pile  de  Charlemagne,  Ann.  de  la  Soc.  de  Num.  11,  595  ff. 


—     309    — 

ungen,  allerdings  mit  anderen  Gewichtszahlen,  vertrat  1889 
auch  Rocca^)  und  dann  besonders  M.  Prou.^)  Das  würde 
also  nach  letzterem  eine  Steigerung  des  Gewichtes  von  12 
auf  18  Unzen  (oder  auf  491  g)  bedeuten. 

Neuerdings  hat  Capobianchi  dann  aus  Angaben  italieni- 
scher Urkunden  die  Folgerung  abgeleitet^),  daß  eine  Er- 
höhung um  ^/s  erfolgt  sei,  also  auf  16  Unzen  oder  436  g. 
Soetbeer*)  meinte  ähnlich  wie  Leblanc^)  vor  ihm  das  Pfund 
Karls  auf  367  g  bestimmen  zu  können,  Fossati  nahm  433  g 
dafür  an.®) 

Guerards  Ansicht  beruhte  lediglich  auf  unzulänglichen 
Gewichtsberechnungen  von  Funddenaren,  welche  er  noch 
als  nahezu  unfehlbares  Hilfsmittel  für  solche  Feststellungen 
ansah. '^)  Was  Hilliger  zu  dessen  Unterstützung  vorbrachte, 
mochte  scharfsinnig  gedacht  sein,  eine  sichere  Grundlage 
aber  wurde  auch  damit  keineswegs  gewonnen.  Er  meinte 
nämhch,  das  Capitulare,  aus  dessen  Angaben  man  früher 
schon  den  Münzfuß  von  20  Solidi  ermittelt  hatte,  noch 
weiter  ausnutzen  zu  können.  Da  in  demselben  die  Hunger- 
steuer der  Laien  gleichfalls  nach  Gewichten  abgestuft 
erscheint^),  nahm  er  eine  Gesetzmäßigkeit  dieser  Ab- 
stufung an  und  gelangte  so  auf  rechnerischem  Wege  zu 
der  Gleichsetzung  von  2  Solidi  mit  i  ^'2  Unze,  oder  für  das 
Pfund  =  15  Unzen. ^) 

*)  Induzioni  e  deduzioni  sul  sistema  metrico  e  numismatico  dei 
Merovingi  riformato  da  Carlomagno  p.  28 — 32. 

*)  La  livre  dite  de  Charlemagne  Mem.  de  la  Societe  des  anti- 
quaires  de  France  54  (1893)  p.  2443".,  bes.  261. 

')  Pesi  proporzionali  desunti  dai  documenti  della  libra  Romana, 
merovingia  e  di  Carlo  Magno  Rivista  Ital.  di  Numis.  5  (1892),  79  ff. 

*j  A.a.O.  4,  3"- 

")  Traite  histor.  des  monnoyes  de  France  ed.  de  Paris  S.  83f. 

")  De  ratione  nummorum,  ponderum  et  mensurarum  in  Galliis 
Mem.  del  R.  Acad.  delle  scienze  di  Torino  Ser.  II.  t.  V  1843. 

')  A.a.O.  I,  126:  ce  moyen  ä  peu  pres  infaillible. 

*)  MG.  Capit.  1,52:  comites  vero  fortiores  libra7?i  unam  de  ar genta 
aut  valentem,  mediocres  mediam  librant;  vassus  dominicus  de  casatis 
ducentis  mediam  libram,  de  casatis  centum  solidos  quinque,  de  casatis 
quinquaginta  aut  triginta  unciam  unam.  .  .  .  et  qui  redimere  vohierit, 
fortiores  comites  uncias  tres,  mediocres  unciam  et  dimidiam  ,  minores 
solidum  unum. 

»)  A.  a.  O.  S.  202. 


—     310     — 

Allein  diese  Gleichung  rechnete  nur  mit  einer  Un- 
bekannten. Es  bestehen  aber  deren  zwei.  Es  ist  nämlich 
nicht  sicher,  daß  die  Abstufung  wirklich  so  erfolgte,  wie 
Hilliger  voraussetzt^):  der  Nachfolgende  habe  stets  die 
Hälfte  des  Vorausgehenden  gegeben. 

Ähnlich  unsicher  sind  auch  die  Berechnungen  Capo- 
bianchis.  Die  von  ihm  beigebrachten  Urkundenstellen  aus 
Italien  beweisen  tatsächlich  nur  zweierlei.  Einmal,  daß 
verschiedene  Solidi  in  Italien  üblich  waren,  z.  B.  der  rö- 
mische 9  Denare  umfaßte.^)  Dann  aber,  daß  um  800  die 
fränkischen  Silberschillinge  zu  12  Denaren  auch  in  Italien 
Eingang  fanden.  Man  kann  aber  aus  dieser  Verschiedenheit 
der  Denarzahlen  in  verschiedenen  Urkunden  meines  Er- 
achtens  nicht  so  ohne  weiteres  den  Schluß  ziehen,  daß  das 
fränkische  Pfund,  weil  der  fränkische  Schilling  um  ^/s  mehr 
Denare  enthielt  als  der  römische,  gleichfalls  um  dieselbe 
Größe  schwerer  war  als  das  römische.  Ebensowenig  beweist 
dies  der  weiters  noch  zitierte  Umstand,  daß  die  Gold- 
mancusen  nun  30  neue  Denare  wert  waren,  während  der 
Goldschilling  der  Lex  Salica  früher  40  Denaren  gleichkam.^) 
Es  werden  von  Capobianchi  hier  beidesmal  Münzwerte 
gleichgesetzt,  die  nur  den  Namen  (Denarius —  Solidus)  gemein 


1)  Schon  ein  Blick  auf  die  eigentlichen  Hauptansätze  dieser 
Steuer  hätte  ihn  eines  Besseren  belehren  können.  Dort  werden 
4  Gruppen,  also  um  eine  mehr  als  hier  (bei  der  Ablösung)  unter- 
schieden und  zwar  nach  der  Zahl  ihrer  abhängigen  Höfe  (Casaten). 
In  der  letzten  aber  werden  Leute  recht  verschiedenen  Vermögens 
einheitlich  zusammengefaßt.  Offenbar  zahlten,  da  hier  auch  die  Vassi 
mit  bloß  30  Casaten  einbegriffen  sind,  die  mit  ihnen  gleichbesteuerten 
Vassi  mit  50  Casaten  tatsächlich  nicht  die  Hälfte  der  vorausgehenden 
Gruppe  von  100  Casaten.  Hier  stimmt  die  Rechnung  Hilligers 
schon  nicht.  Nach  ihm  wären  ja  5  Solidi  —  3^/4  Unzen,  hier  aber 
ist  —  bei  der  vermeintlichen  Hälfte  davon  —  nur  i  Unze  als  Steuer 
festgesetzt.  Und  da  nun  in  der  parallelen  Reihe  der  Ablösungs- 
sätze gar  bloß  3  Stufen  unterschieden  werden,  ist  wahrscheinlich, 
daß  auch  hier  die  minores  nicht  die  Hälfte  der  mediocres  zahlten. 
Oder  mit  anderen  Worten,  diese  Stelle  ist  nicht  beweiskräftig  genug, 
um  aus  ihr  so  wichtige  Schlüsse  abzuleiten.  Man  könne  eher  daraus 
schließen,  daß  ein  SoHdus  weniger  als  die  Hälfte  von  1  V2  Unzen 
(=  3/^),  etwa  bloß  ^/s  und  somit  das  Pfund  nur  12  Unzen  gehabt  habe. 

2)  A.  a.  O.  S.  83.  *)  A.  a.  O.  S.  85. 


—     311     — 

hatten,  tatsächlich  aber  sehr  verschieden  waren.  Dies  beweist 
für  die  Denare  meines  Erachtens  schon  der  Umstand,  daß  die 
fränkischen  Denare  den  Italienern  als  „grossi",  Dickpfennige 
erscheinen.*)  Sie  waren  also  offenbar  schwerer  im  Einzel- 
stück als  die  römischen.  Das  würde  eher  darauf  hin- 
weisen, daß  Karls  neues  Pfund  um  mehr  als  ^/s  an  Ge- 
wicht zugenommen  hatte.  Allein  auch  dieser  Schluß  ist 
unstatthaft,  da  ja  wie  bei  Capobianchi  die  Verschiedenheit 
in   der   Stückelung  gar   nicht   in  Rechnung   gestellt   wurde. 

Die  Berechnung  Prous  beruht  ähnlich  wie  jene  Guerards 
auf  dem  Gewichte  von  Funddenaren.  Er  ging  hiebei  von 
der  bestechenden  Annahme  aus,  daß  die  einzelnen  Stücke 
kaum  übergewichtig  ausgebracht  wurden  und  man  daher 
das  Höchstgewicht,  das  tatsächlich  konkret  vorkommt,  der 
Berechnung  zugrunde  legen  müsse.  Er  nimmt  dafür  2'03  g 
an,  welches  im  9.  Jahrhundert  begegnet.  Er  gelangt  so  zu 
einem  Gewicht  von  487  20  g  und  bestimmt  das  neue  Pfund 
Karls  im  Hinblick  auf  die  gleichzeitig  im  Verhältnis  von  2 : 3 
vorgenommene  Erhöhung  der  Hohlmaße  von  der  römischen 
Libra  zu  327'453g  aus  schließUch  auf  4gi'iyg  g.^) 

Es  ist  bereits  darauf  hingewiesen  worden^),  daß  auch 
dieser  Vorgang  keineswegs  einwandfrei  ist.  Man  darf  nicht 
einzelne  besonders  schwere  Stücke  „aussaigern",  will  man 
das  normale  Denargewicht  ermitteln.  Ferner  ist  es  meines 
Erachtens  doch  auch  bedenklich,  ein  Denargewicht  zugrunde 
zu  legen,  das  erst  im  9.  Jahrhundert  unter  den  Nachfolgern 
Karls  tatsächlich  vorkommt ,  zumal  wir  wissen ,  daß  das 
Gewicht  der  Denare  sich  auch  nach  Karl  noch  erhöht  hat. 

Ich  möchte  mich  bei  diesem  Stande  der  Frage  für 
keine  der  vielen  Zahlen,  die  für  das  Gewicht  des  neuen 
Karlpfundes  aufgestellt  wurden,  entscheiden.  Non  liquet! 
Aber  eines  darf  betont  werden.    Selbst  wenn  Prou  zu  hoch 


1)  A.  a.  O.  S.  83ff. 

*)  A.  a.  O.;  auch  les  monnaies  Caroling.  Introduction  XLIV. 

^)  v.  Luschin  im  Neuen  Arch.  33,  456  bemerkt  zutreffend,  durch 
den  Nachweis,  daß  die  Silbermünzung  unter  Karl  d.  Gr.  al  marco  er- 
folgte, sei  der  von  Prou  unternommene  Versuch,  das  Gewicht  der 
schwersten  Stücke  zum  Aufbau  des  Münzfußes  zu  verwenden,  in 
seiner  Grundlage  erschüttert.  Vgl.  auch  schon  die  Warnung  Soet- 
beers  a.  a.  O.  4,  310. 


—     312    — 

gegriffen  haben  sollte^),  so  sind  alle  anderen  wesentlich 
niedrigeren  Gewichte  einschließlich  der  von  Guerard  auf- 
gestellten und  von  Hilliger  sowie  v.  Inama  adoptierten  Größe 
(c.  408  g)  entschieden  zu  gering  angesetzt.  Denn  die  Denare 
Karls  des  Großen  aus  dieser  zweiten  Periode  seiner  Re- 
gierung nach  der  Reform  haben  doch  sehr  häufig  ein  Gewicht 
von  170  —  r90g.^)  Stellt  man  die  Abnützung  durch  die 
Jahrhunderte  in  Rechnung,  so  ergibt  das,  da  an  eine  häufige 
oder  starke  Übermünzung  doch  wohl  nicht  zu  denken  ist, 
für  240  Stück,  die  auf  das  Pfund  gingen,  entschieden  mehr 
als  408  oder  409  g.^)  Anderseits  scheint  mir  doch  sehr 
wahrscheinlich,  daß  eine  Übereinstimmung  von  Maß  und 
Gewicht  auch  damals  hergestellt  worden  sein  dürfte.*)  Der 
Modius  aber,  das  wissen  wir  sicher,  wurde  durch  Karl  um 
die  Hälfte  seines  Inhaltes  vergrößert.  Und  es  ist  doch  wohl 
zu  gekünstelt,  mit  Capobianchi  die  Sache  so  zurechtzu- 
legen^), daß  Karl  bei  der  Münze  anders  als  bei  den  Maßen 
nur  mehr  jenen  Teil  dieser  Erhöhung  ausgeführt  habe,  der 
nach  der  ersten,  schon  unter  Pippin  vorgenommenen  Ge- 
wichtssteigerung noch  zu  den  50^/0  fehlte. 

Wann  ist  diese  Gewichtsreform  Karls  des  Großen 
nun  erfolgt?  Auch  das  wissen  wir  nicht.  Die  allgemeine 
Annahme  geht  dahin,  daß  es  794  geschehen  sei,  da  in  dem 
Frankfurter  Capitulare  aus  diesem  Jahre  von  neuen  Denaren 
die  Rede  ist  und  außerdem  auch  ein  öffentliches  Maß  er- 
wähnt wird,  das  „neulich"  festgesetzt  worden  sei.^) 

')  Neuerdings  schloß  sich  ihm  auch  J.  Cahn,  Münz-  u.  Geldgesch. 
V.  Konstanz  a.  a.  O.  S.  9  an. 

•*)  Prou  Catalogue  nr.  944 — 955.  969.  983.  Die  Annahme  Prous 
in  der  Einleitung  p.  XLI  u.  XLIII,  daß  179  das  schwerste  Gewicht 
darstelle,  wird  dadurch  berichtigt. 

*)  Blanchet  Adr.,  manuel  de  Numism.  fran9.  i  (t9i2),  361  nimmt 
neuestens  mit  Rücksicht  auf  das  gewöhnliche  Denargewicht  dieser 
Zeit,  das  er  mit  1*82  g  ansetzt,  ein  Pfund  von  436'8o  g  an  und  zwar 
zu  16  Unzen. 

*)  Das  betont  neuerlich  mit  Recht  Guilhiermoz,  Note  sur  les 
poids  du  moyen  äge  Bibl.  de  l'Ecole  des  chartes  1906  S.  230. 

^)  Les  Caroli  pondus  conserves  en  Italie  in  Melanges  d'archeol. 
et  d'histoire  20,  66.. 

")  MG.  Capit.  X,  74  c.  4:  modium  ptiblicum  et  noviter  statuhim  .  .  . 
c  5.:    de  denariis   autem    ceriissinic   sciatis  nosti"uvi   edüttim,   quod  in 


—      6^6      — 

Jedenfalls  war  die  Reform  damals  also  schon  durchgeführt. 
Einzelne  Forscher  haben  nun  darauf  aufmerksam  gemacht, 
daß  bereits  in  dem  Capitulare  von  Mantua  (781  ?)  ^)  von  einem 
Verruf  der  Denare  die  Rede  ist.  v.  Inama  erblickt  darin 
geradezu  ein  zwingendes  Moment,  die  neue  Gewichts-  und 
Geldreform  in  dieses  Jahr  bereits  zu  setzen.^) 

Prou  dagegen  meinte,  es  folge  daraus  nicht,  daß  deren 
Emission  damals  eben  erfolgt  sei,  sie  habe  auch  14  Jahre 
zurückliegen  können.')  Guilhiermoz  wollte  sich  damit  helfen, 
daß  er  annahm,  diese  Quelle  gehöre  vielleicht  doch  in  eine 
spätere  Zeit.*)  Allein  gegen  eine  solche  Möglichkeit  hatte 
schon  Prou  zuvor  mit  Recht  Bedenken  gehabt. 

Das  alles  sind  Verlegenheitsausflüchte  vor  einem 
Hindernis,  das  tatsächlich  —  keines  ist!  Denn  solche 
Münzverrufe  kommen  in  der  KaroUngerzeit  auch  später  nach 
794  doch  wieder  vor,  z.  B.  823 — 25  ^),  ohne  daß  man  dabei 
wieder  an  eine  neue  Münzreform  zudenken  hätte.  Man  beachte 
weiter:  805  spricht  Karl  im  Capitulare  zu  Thionville  von 
Denaren:  qtii  Tnodo  ynonetati  sunt.  Auch  819  ist  wieder 
von  einer  nova  moneta  die  Rede.®)  Damit  wird  uns  die 
richtige  Deutung  an  die  Hand  gegeben.  Die  Bezeichnung 
novi  ist  nicht  absolut,  sondern  relativ  zu  nehmen ;  denarii 
novi  sind  jeweils  die  Denare  der  letzten  Emission  im 
Gegensatze  zu  allen  vorausgegangenen  Emissionen.  Das 
erhellt  ganz  unzweideutig  auch  aus  dem  schon  zitierten 
Capitulare  von  823/5.'')  Es  tritt  Uns  also  hier  bereits  ganz 
dieselbe  Bezeichnungsweise  entgegen,  die  dann  im  13.  Jahr- 
hundert gang  und  gäbe  war.**) 

omni  loco,  in  omni  civitate  et  in  omni  empturio  similiter  vadant  isH 
novi  denarii  et  accipiantur  ab  omnibus. 

*)  MG.  Capit.  I,  191  c.  9:  ^ß  moneta,  ut  nullus  post  Kai.  Aug.  istos 
denarios  quos  modo  habere  visi  sumiis,  dare  aiideat  atit  recipere. 

*)  DWG.  I,  458=  I^  635f.  ^)  Catalogue  introd.  p.  X. 

*)  A.a.  O.  S.  227.      ä)  MG.  Capit.  I,  306  c.  20.       *)  Ebenda  290c.  12. 

')  A.  a.  O.  I,  306  c.  20:  de  moneta  vero,  unde  iam  per  tres  annos 
et  ammonitionem  fecimus  et  tempus  qiiando  una  teneretur  et  aliae 
omnes  cessarent  constituimus. 

*)  Vgl.  z.  B.  für  die  Wiener  Pfennige,  wo  man  früher  die  denarii 
novi  auch  auf  einen  bestimmten  Zeitpunkt  hat  deuten  wollen,  die 
Ausführungen  v.  Luschins  in  Sitz.-Ber.  d.  Wiener  Akad.  140  VI.  32. 


—     314     — 

Wenn  einzelne  Forscher,  wie  unter  anderen  z.B.  v.  Inama, 
auf  jene  Bestimmung  Karls  des  Großen  von  794  auch  be- 
sonderen Nachdruck  gelegen  haben,  daß  die  neuen  Denare 
probhaltig  und  vollwichtig  (probi  atque  pensantes)  sein 
sollten  ^),  so  ist  dies  keineswegs  als  eine  Neuerung  Karls  des 
Großen  anzusehen,  die  eben  auf  die  schwereren  Denare 
von  damals  zu  beziehen  wäre.  Vielmehr  erweist  sich  diese 
Stelle  als  eine  bereits  seit  Römerzeiten  immer  wieder- 
kehrende Wendung  2),  die  wohl  mehr  negativen  Charakter 
hat.  Sie  beweist  meines  Erachtens ,  daß  tatsächlich  viel 
minderwertige  Münze  fortgesetzt  umlief,  die  nicht  nur  im 
Feingehalt,  sondern  auch  im  Gewichte  geringer  als  der 
gesetzliche  Münzfuß  es  vorschrieb,  ausgebracht  war.  Ein 
Hinweis  auf  die  größere  Schwere  etwa  dieser  neuen 
Denare  Karls  liegt  also  darin  nicht  vor.  Die  Be- 
deutung der  Stelle  über  das  Nomisma  des  Königs  auf  diesen 
Münzen,  die  nicht  etwa  jetzt  zuerst  „mit  dem  königlichen 
Namenszug  versehen"  wurden,  wie  man  nach  v.  Inamas  Dar- 
stellung^) glauben  könnte,  hat  schon  Prou  erläutert.*) 

Mit  diesen  Feststellungen  haben  wir  nun  auch,  glaube 
ich,  die  feste  Basis  gewonnen,  von  der  aus  eine  Reihe  bisher 
vielbesprochener  und  -umstrittener  Schwierigkeiten  ihre 
Lösung  finden  kann.  Die  meisten  Forscher  hatten  an- 
genommen ,  daß  Karl  zuerst  diese  Gewichtsveränderung 
des  Pfundes  vorgenommen  habe  und  dann  als  Folge  davon 
die  Denare  schwerer  ausgebracht  worden  seien.  Mit  Recht 
hat  demgegenüber  Heck  die  Frage  aufgeworfen,  was  denn 
das  Frühere  gewesen  sei?  Ob  nicht  vielmehr  umgekehrt, 
als  man  bisher  annahm,  eben  die  Erhöhung  des  Denar- 
gewichtes zu  jener  Reform  Anlaß  gegeben  habe?^)  Denn 
sie  war  ohne  Zw^eifel  notwendig,  sollte  die  alte  Stückelung 
des  Münzpfundes  auch  nach  der  Erhöhung  des  Denareinzel- 

1)  A.  a.  O.  1,  74  c.  5:  Si  autem  nominis  nostri  nomisma  habent  et 
mero  sunt  argento,  pleniter  pensantes. 

■-)  Vgl.  z.  B.  MG.  FF.  Marculf  II.  nr.  22;  Form.  Sal.  Bignon.  n.  20; 
ferner  Trad.  Wizzenburg.  nr.  186.  218.  225.  239.  244.  —  Cod.  Lauresham. 
2  nr.  1087. 

^j  WG.  I  ^,  629.  *)  Catalogue  a.  a.  O.  introd.  X. 

^)  Die  altfriesische  Gerichtsverfassung  (1894)  S.  48of.;  vgl.  auch 
Th.  Sommerlad,  Art.  „Münzvvesen"  Hdw.  d.  Staatswiss.  3.  Aufl.  6,  841. 


-     315     — 

gewichtes  aufrecht  bleiben.  Die  Gewichtsdifferenz  zwischen 
den  Denaren  aus  der  zweiten  Periode  Karls  des  Großen  und 
jener  der  ersten  sind  auch  zu  groß,  als  daß  man  dies  mit 
der  früher  besprochenen  Veränderung  des  Münzfußes  (20  statt 
22  Solidi  auf  das  Pfund)  erklären  könnte.  Heck  meint, 
die  Erhöhung  des  Denargewichtes  sei  erfolgt,  um  die  Re- 
lation zu  den  Goldmünzen,  die  zahlreich  zirkulierten,  zu 
stützen.  Das  Bedürfnis,  den  Kurs  der  Silbermünzen  gegen- 
über dem  Golde  aufrechtzuerhalten,  mußte  eine  Erhöhung 
des  Gewichtes  zur  Folge  haben.  Diese  Annahme  Hecks 
hat,  glaube  ich,  seit  dem  Münzfunde  von  Ilanz  (1904)  er- 
heblich an  Wahrscheinlichkeit  gewonnen,  da  wir  heute  wissen, 
daß  die  Goldprägung  auch  unter  Karl  dem  Großen,  und  zwar 
auch  diesseits  der  Alpen  fortdauerte.^) 

Ich  möchte  ferner  auch  den  Umstand  dafür  ins  Treffen 
führen,  daß  das  Gewicht  der  Denare  kontinuierlich  ansteigt. 
Nicht  bloß  damals  nur.  Dies  ist  von  Pippin  an,  dessen  Gewicht 
Karl  zunächst  beibehält,  um  in  der  zweiten  Herrschafts- 
periode die  bekannte  Erhöhung  vorzunehmen,  dann  aber 
auch  weiter  noch  ebenso  fort  durch  das  9.  Jahrhundert 
hindurch  zu  verfolgen.^)  Wäre  die  Annahme  eines  schwereren 
Pfundes  durch  Karl  allein  die  Ursache  gewesen,  dann  bliebe 
diese  Erscheinung  ungeklärt. 

Karl  mochte  sich  zu  einer  Ordnung  auch  des  Gewichtes 
wohl  hauptsächlich  durch  den  Umstand  gedränkt  fühlen, 
daß  bis  dahin  bloß  eine  rohe  al  marco  Justierung  erfolgte, 
welche  nicht  so  sehr  auf  das  Gewicht  des  Einzeldenars 
achtete,  sondern  nur  darauf  bedacht  war,  daß  eine  größere 
Menge  davon  einem  bestimmten  Gewichte  entspreche.^) 
Die  immer  wiederkehrende  Betonung  auch  bei  Zahlungen 
im  Privatverkehr,  daß  die  Denare  nicht  nur  probi,  sondern 
auch  vollwichtig  (pensantes,  bene  pensantes)  sein  sollten*), 
beweist  meines  Erachtens,  wie  sehr  man  diesen  Mangel  im 
gewöhnlichen  Leben  als  wirtschaftlichen  Nachteil  empfand. 


^)  Vgl.  Luschin  a.  a.  O.  S.  443. 

*)  Darauf  hatte  schon  v.  Inama  WG.  i,  457  =  i  *,  634  hingewiesen. 

')  Vgl.  V.  Luschin  a.  a.  O.  S.  449 ;  vor  ihm  schon  Soetbeer  a.  a.  O. 

4,  309  f- 

*)  Vgl.  die  oben  S.  314  n.  2  zit.  Belege. 


-     3i6    - 

Eben  darin  ist,  meine  ich,  wohl  auch  der  Grund  zu  suchen 
für  die  Zurückweisung  der  Denare,  welche  dann  zu  den 
häufigen  Geboten  der  Annahmepflicht  Anlaß  gab.  Man  hat 
diese  allgemein  so  gedeutet,  daß  die  Bevölkerung  überhaupt 
gegen  das  Münzgeld  sich  ablehnend  verhalten  habe,  da  sie 
noch  zäh  an  der  Naturalwirtschaft  festhielt.^)  Nimmt  man 
aber  die  Wiederholungen  dieser  Verbote  aus  der  späteren 
Karolingerzeit  hinzu,  so  erhellt  deutlich,  daß  diese  Zurück- 
weisungen sich  gutenteils  auf  minderwertige  Gepräge 
bezogen  haben.  Die  Annahmepflicht  wird  auf  die  fein- 
haltigen  und  vollwichtigen  Denare  eingeschränkt.^)  Die 
minderwertigen  sollten  ausgewechselt  werden.  Naturgemäß 
mochte,  wenn  solche  minderwertigen  Münzen  zahlreich  um- 
liefen, das  Volk  dann  überhaupt  mißtrauisch  geworden  sein 
und  mitunter  auch  gute  Stücke  verdächtigt  haben.  Und 
das  um  so  mehr,  als  die  Falschmünzerei  damals  offenbar 
sehr  verbreitet  war  und  viele  falsche  Münzen  unter  das  Volk 
kamen.  ^) 

Oder  sollen  wir  auch  für  die  Städte  und  Märkte  West- 
franciens  um  864  noch  annehmen,  daß  dort  strenge  Natural- 
wirtschaft geherrscht  habe.?  Solche  wirtschaftsgeschichtliche 
Kindermärchen  ernst  zu  nehmen,  wird  uns  heute  wohl  niemand 
mehr  zumuten  wollen. 

Aber  man  hat,  so  wird  man  einwenden,  off"enbar  doch 
auch  die  neuen  schweren  Denare  Karls  des  Großen  zurück- 
gewiesen, da  er  für  diesen  Fall  selbst  doch  gesetzliche 
Vorschriften*)  erließ?  Die  waren  ja  noch  besser  als  ihre 
Vorgänger !     Unzweifelhaft.     F.  Dahn   hat    diese   Tatsache 


')  V.  Inama  WG.  i,  464=  i^,  646;  M.  Prou,  Catalogue  Introduct. 
p.  XXVI;  vgl.  oben  S.  268 f. 

-)  Vgl.  das  Capit.  von  861  MG.  Capit.  2,  302:  de  colonis  autem  et 
servis  cuiuslibet  potestatis,  si  in  civitatibtis  vel  mercatis  aliis  deprehensus 
aliquis  fuerit  denarium  reicere,  missus  rei  publicae  provideat,  ut,  si  non 
invenerit  illiim  denarium  merum  et  bene  pensantevt,  ut  cambiare 
illum  mercanti  iubeat;  siehe  auch  die  von  Prou  in  Mem.  de  la  Soc. 
des  Antiquaires  54,  257  n.  i  zit.  Stellen;  vgl.  auch  Soetbeer  a.  a.  O.  6,  9. 

')  Vgl.  dafür  die  interessante  Stelle  im  Edikte  v.  Pistes  864. 
Ebenda  316,  c.  16:  zit,  si  aliquis  homo  .  ...  de  hac  nova  nostra  moneta 
mixtum  vel  minus,  quam  debeat,  pensantem  denarium  invenerit .  .  . 

*)  Ebenda  i,  74  c.  5. 


—    317    — 

so  zu  erklären  gesucht,  daß  die  Leute  nur  die  Münzen  der 
ihnen  nächstgelegenen  und  bekannten  Münzstätten  gerne 
angenommen,  jene  aus  fernen  Gegenden  aber  nicht  gekannt 
und  deshalb  gescheut  hätten.^)  Das  mag  ja  vielleicht  auch 
mit  Einfluß  gehabt  haben.  Ich  meine  jedoch,  der  Hauptgrund, 
weshalb  man  diese  schweren  Denare  zurückwies,  war  ein 
anderer:  Man  wird  sie  nicht  in  gleicher  Zahl  wie  die  alten 
erhalten  haben.  Ja  ganz  allgemein  werden  bei  Münzver- 
rufungen  die  neuen  Stücke  nur  gegen  eine  entsprechende 
Aufzahlung  zu  haben  gewesen  sein.  Dieses  Recht  des  so- 
genannten Aufwechsels  ist  ja  auch  im  späteren  Mittelalter 
allgemein  üblich  und  bereits  zur  Genüge  aufgeklärt.  Erlangte 
durch  den  Münzverruf  nur  die  neue  Emission  das  Recht  der 
Währung,  so  sanken  alle  früheren  Emissionen  zu  Handels- 
münzen herab.  Sie  liefen  zwar  auch  weiter  noch  um, 
wurden  aber  nur  ihrem  Silbergehalt  entsprechend  nach 
Gewicht  in  Zahlung  genommen.^)  So  erkläre  ich  mir  auch 
die  Erscheinung,  daß  in  den  Privaturkunden  jener  Zeit, 
bei  Kauf-  und  Verkaufshandlungen,  die  Geldpreise 
beinahe  regelmäßig  nach  Gewicht  (Pfund  oder  Unzen) 
bestimmt  erscheinen,  v.  Inama ') ,  dem  diese  Tatsache 
bereits  aufgefallen  ist,  hat  daraus  folgern  wollen,  daß  der 
Gebrauch  der  Münzen  im  Abnehmen  begriffen  und  bloße  , 
Gewichtsmengen  der  edlen  Metalle  immer  mehr  an  Stelle 
der  althergebrachten  Münzen  in  Anwendung  kamen.  Unter 
libra  argenti  braucht  aber  nicht  ein  Pfund  Edelmetall  (un- 
geprägt)  nur  verstanden  zu  werden,  es  kann  dasselbe  auch 
durch  verrufene  Denare  aufgewogen  werden.  Wie  es  im 
späteren  Mittelalter  dann  ja  gang  und  gäbe  war  („Mark 
Silber  gewegens").*)  Daß  man  schon  in  der  Karolingerzeit 
so  vorging,  lehren  meines  Erachtens  u.  a.  auch  die  Berichte 
über  die  Bezahlung  der  Normannensteuer  866  und  877. 
Da  heißt  es  ausdrücklich,  es  sei  die  vereinbarte  Steuer- 
summe  in   Silber   ad   pensam   entrichtet   worden.^)     Kein 


^)  Könige  VIII.  5,  72;  ähnlich  vor  ihm  schon  Soetbeer  a.  a.  O.  6,  8. 
*)  Vgl.  V.  Luschin  a.  a.  O.  445  f-  *)  WG.  i,  451  =  i  *>  621. 

*)  Vgl.  Luschin  in  Sitz.-Ber.  d,  Wiener  Ak.  140.  VI.  52. 
^)  Ann.  Bertin.  ed.  Waitz  MG.  ss.  rer.  Germ,  in  usum  schol.  zu 
866  u.  877. 


-     3i8     - 

Mensch  wird  annehmen  wollen,  daß  man  den  Normannen 
5000  Pfund  bloß  in  Gold-  und  Silberbarren  zugewogen 
habe.i) 

Die  von  Heck  aufgeworfene  Frage  nach  der  Priorität 
der  Pfund-  oder  Denargewichtserhöhung  führte  uns  bereits 
zu  einer  anderen  wichtigeren  hin.  Was  ist  der  Grund  für 
die  Erhöhung  der  Schwere  des  Denars  gewesen?  Es 
ist  gewiß  eine  im  Mittelalter  auffallende  Erscheinung,  daß  die 
Karolinger  das  Gewicht  der  Münzen  nicht  gemindert,  sondern 
vermehrt  haben.  Diese  Frage  wird  wohl  nur  dann  be- 
friedigend gelöst  werden  können,  wenn  wir  noch  weiter 
zurückgreifen  und  versuchen  festzustellen,  was  denn  die 
Ursache  für  die  Bevorzugung  der  Silberprägung 
überhaupt   gewesen  sei,    die  jene  Periode    doch  beherrscht. 

Nahezu  allgemein  hat  man  seit  Soetbeer  immer  wieder 
dessen  Ausführungen  wiederholt,  die  darin  gipfeln,  daß  am 
Beginn  der  Karolingerperiode  eben  das  Gold  geschwunden 
und  die  Karolinger  daher  genötigt  gewesen  seien,  die  Gold- 
prägungen aufzulassen.^)  Indem  Soetbeer  diese  Theorie 
aufstellte,  mußte  er  sich  doch  selbst  gestehen,  daß  keine 
Veränderung  in  den  Produktionsverhältnissen  der  Edel- 
metalle im  fränkischen  Reiche  eingetreten  war.^)  Die  Gold- 
decke, welche  noch  Anfang  des  6.  Jahrhunderts  in  Gallien 
vorhanden  gewesen,  sei  eben  in  den  folgenden  2  Jahr- 
hunderten geschwunden,  zumal  keine  nennenswerten  neuen 
Zuflüsse  stattfanden.*) 

Auch  V.  Inama- Sternegg  ^)  und  zuletzt  v.  Luschin  ^) 
haben  diese  Argumentation  sich  zu  eigen  gemacht.  Gariel 
hatte  ähnlich  ein  Schwinden  des  Goldvorrates  angenommen, 
es  aber  hauptsächlich  auf  den  damals  herrschenden  Luxus 
zurückführen  wollen,  alles  Gold  hätten  die  Goldschmiede 
verbraucht.'') 

Auch  M.  Prou  vermochte  sich  nicht  vom  Banne  dieser 


^)  Vgl.  dazu  auch  Seebohm  a.  a.  O.  174. 
-)  A.  a.  0.4,  252  ff.  *)  Ebenda  253.  *)  Ebenda  254. 

*)  DWG.  I,  451  =  1',  621. 
•)  Der  Denar  der  Lex  Salica  a.  a.  O.  S.  52. 
■')  Les  monnaies  royales  de  France  sous  la  race  Carolingienne  i, 
Introd.  p.  9  (1883). 


—     319     — 

Theorien  loszumachen,  obwohl  er  erkannte,  daß  in  Italien 
gleichzeitig  Gold  in  Hülle  und  Fülle  vorhanden  gewesen  sein 
müsse,  da  Karl  der  Große  dem  Herzog  Grimoald  von  Bene- 
vent als  Preis  für  den  Frieden  25000  Goldschillinge  auf- 
erlegte und  Ludwig  der  Fromme  von  demselben  nachher 
einen  jährUchen  Tribut  von  7000  Goldschillingen  gefordert 
habe.i) 

Aber  sind  nicht,  frage  ich,  diese  recht  beträchtlichen 
Goldmengen  doch  auch  den  Ländern  diesseits  der  Alpen 
zustatten  gekommen?  Da  waren  ja  doch  neue  Zuflüsse 
an  Gold ,  die  Soetbeer  gänzlich  vermißte ,  reichlich  vor- 
handen !  Und  hat  nicht  die  Besiegung  der  Awaren  einen 
ungeheueren  Goldstrom  nach  dem  Westen  geführt?^)  Ältere 
Forscher,  \yie  Gförer^)  und  Kießelbach*),  haben  ja  geradezu 
gemeint,  es  sei  dadurch  eine  förmliche  Preisrevolution  in 
Frankreich  herbeigeführt  worden. 

Und  wenn  auch  Soetbeer^)  und  v.  Inama^)  dagegen 
mit  Recht  Stellung  genommen  haben,  so  ist  doch  ihre  Be- 
hauptung, es  hätten  jene  Zuflüsse  keine  Rückwirkung  auf  den 
Geldumlauf  und  die  Geldbewertung  ausgeübt,  ebensowenig 
zu  belegen  wie  die  gegenteilige  Meinung,  welche  sie  be- 
kämpften. 

Dem  Süden  Frankreichs  aber  brachten  die  Araber  in 
regem  Handelsverkehr  Gold  zu.'')  Doch  auch  im  Osten,  in 
Bayern,  muß  Gold  in  stattlicher  Menge  vorhanden  gewesen 
sein.  Das  beweist  nicht  nur  die  Erwähnung  von  Gold- 
bergwerken, sondern  auch  urkundliche  Nachrichten  über 
bedeutende  Beträge,  die  in  Gold  aufgewendet  wurden.  Der 
heilige  Corbinian  soll  900  Goldsolidi  von  dem  fränkischen 
Hausmeier  Pippin  erhalten  haben  ^),  ein  stattliches  Geschenk, 
das    bedeutende    Goldvorräte    beim    Schenker    voraussetzt. 


0  Catalogue,  Introduct.  XXX  f. 

^)  Die  Quellen  dafür  hat  schon  v.  Inama  WG.  i,  466  n.  3  zu- 
sammengestellt. 

')  Gesch.  Gregors  VII.  S.  197  ff. 

*)  Der  Gang  des  Welthandels  und  die  Entwicklung  des  euro- 
päischen Völkerlebcns  im  Mittelalter  (1860)  S.  31. 

5)  Forsch,  z.  DG.  6,  82  n.  i.  «)  WG.  i,  466  =  i  -,  647. 

')  Prou  a.  a.  O.  XXXI. 

*)  Vita  Corbiniani  c.  19,  Riezler  in  Abhandl.  d.  bayr.  Ak,  18,  26. 


—      320      — 

Der  neue  Fund  von  Ilanz  (1904)  hat  weiter  gezeigt,  daß 
Goldprägungen  auch  unter  Karl  dem  Großen  diesseits  der 
Alpen  in  Chur  statthatten.^)  Wir  wissen  heute,  daß  auch 
bei  den  Friesen  damals  Goldprägungen  nachweisbar  sind. 2) 

Der  große  Luxus,  welcher  in  jener  Zeit  sehr  allgemein 
betrieben  wurde  ^),  läßt  übrigens  nun  doch  auch  die  Stellen 
in  Urkunden,  die  Gold  und  Silber  als  regelmäßigen- Bestand- 
teil der  Landgüter  anführen,  in  anderem  Lichte  erscheinen. 
Ob  das  wirklich  nur  Formeln  gewesen  sind.?**) 

Wiederholt  erscheint  auch  in  den  erzählenden  Quellen 
der  große  Prunk  an  Gold  und  Silber  besonders  hervor- 
gehoben ,  welchen  einzelne  Könige  selbst  bei  Reisen  ent- 
falteten, s) 

Warum  soll  auch  das  Gold  gerade  jetzt  am  Be- 
ginne der  Karolingerzeit  bei  den  Franken  seltener 
geworden  und  eine  Abnahme  des  Goldvorrates  ein- 
getreten sein.?  Schon  F.  Dahn  hat  betont,  daß  für  diese 
Hypothese  kein  anderer  Beweis  vorhege,  als  eben  die  Ein- 
führung der  Silberprägung.®)  Es  liegt  tatsächlich  ein  Zirkel- 
schluß da  vor.  Diese  alte  Theorie  wird  jetzt  noch  unwahr- 
scheinlicher, da  erwiesen  ist,  daß  ja  diese  Silberprägung  gar 
nicht  jetzt  erst  durch  die  Karolinger  eingeführt  wurde,  sondern 
schon   in  der  Merowingerzeit  lange  vorhanden  gewesen  ist. 

Überdies  läßt  sich  nachweisen,  daß  der  Goldvorrat  im 
fränkischen  Reiche  nicht  nur  Anfang  des  6.  Jahrhunderts, 
sondern  auch  viel  später  noch  beträchtlich  gewesen  ist."^) 

Also  kann  auch  nicht  die  Länge  des  Zeitabstandes  den 
Goldvorrat  schwinden  gemacht  haben. 

Da  nun  der  Übergang  von  der  Gold-  zur  Doppelwährung 
schon  im  7.  Jahrhunderte  erfolgte,  werden  wir  die  Gründe 
dafür  nun  nicht  so  sehr  in  den  Verhältnissen  um  750,  sondern 

•    1)  Vgl.  Luschin  NA.  33,  443. 

^)  Vgl.  M.  de  Man,  sou  d'or  barbare  trouve  en  Frise,  Rev.  beige 
de  Numism.  50,  305  ff.  (1894). 

*)  Vgl.  oben  S.  144 f. 

*)  So  Prou  a.  a.  O.  introd.  p.  XXXI;  vgl.  dazu  doch  oben  S.  276. 

*)  Vgl.  Ann.  Bertin.  zu  877  von  Karls  d.  K.  Romzug :  cum  uxore 
et  maxiin a  auri  et  ai-genti  caballorumque  ac  facultatum  aliarum 
copia  de  Francia  Italiam  petiit. 

«)  A.  a.  O.  S.  61.        ")  Vgl.  meine  „Grundlagen"  2,  4ioff.  u.  490 f- 


—     321     — 

in  der  vorausgehenden  Zeit  suchen  müssen.  Und  da  bieten 
nun  die  neuen  Aufschlüsse  von  der  numismatischen  Seite 
her  eine  naheliegende  Erklärung.  Waren,  wie  wir  jetzt  wissen, 
die  Goldprägungen  Galliens  schon  im  5.  und  6.  Jahrhundert 
minderwertig,  so  daß  sie  häufigen  Zurückweisungen  im 
Verkehrsleben  ausgesetzt  erscheinen,  so  mußte  das  weitere 
Herabsinken  des  Feingehaltes  im  7.  und  am  Beginne  des 
8.  Jahrhunderts  ^)  noch  nachteiligere  Folgen  in  wirtschaftlicher 
Beziehung  hervorrufen.  Vermutlich  war  auch  noch  wegen 
anderer  Tatsachen,  wie  z.  B.  der  zahlreichen  Privatausmün- 
zungen  der  Merowingerzeit ,  am  Schlüsse  dieser  eine  fühl- 
bare Münzkrise  eingetreten,  der  nun  die  kräftigen  Ver- 
waltungstalente der  ersten  Karolinger  mit  energischen 
Besserungsmaßnahmen  zu  begegnen  suchten.  Gerade  wenn, 
wie  ich  annehme  und  oben  zu  erweisen  suchte,  der  Handel 
jener  Zeit  keineswegs  so  unbedeutend  gewesen  ist,  als  man 
bisher  allgemein  glaubte,  war  eine  Reform  dringend  geboten. 
Denn  bei  den  lebhaften  Verkehrsbeziehungen  eines  entwickel- 
ten Handels  mußte  diese  schlechte  und  minderwertige 
Münze  die  gute  und  vollwichtige  verdrängen.  Das  ist 
ein  allgemein  gültiges  volkswirtschaftliches  Gesetz  (Gresham !). 
Die  fremden  Händler  werden  noch  mehr  als  die  einheimischen 
Konsumenten  das  minderwertige  Geld  zurückgewiesen  und 
das  gute  mit  sich  genommen  haben.  Ob  es  wohl  zufällig 
ist,  daß  die  guten  karolingischen  Goldstücke  (Munus  Divinum) 
bisher  fast  nur  in  Sachsen  und  Friesland  aufgefunden  worden 
sind?^)  Gerade  Sachsen  und  Friesen  waren  damals  an  dem 
Handelsverkehr  im  Karolingerreiche  hervorragend  beteiligt.^) 
Auch  das  Vorkommen  solcher  Stücke  in  norwegischen 
Funden*)  klärt  sich  jetzt  ungezwungen  auf.  Sie  kamen 
sicher  nicht  als  Geschenke  dorthin,  wie  Soetbeer  in  Un- 
kenntnis der  großen  Entwicklung  des  nordischen  Handels 
noch  ratlos  gemeint  hatte. 

So  wird  nun  die  ganze  Münzpolitik  der  ersten  Karo- 
linger verständlich,  und  deren  Maßnahmen  schließen  sich 
mit  innerer  Konsequenz  aneinander.  Sie  suchten  das  all- 
gemeine Mißtrauen  gegen  die  schlechten  Goldprägungen  der 

*)  Siehe  oben  S.  298  f.  =j  Prou  a.  a.  O.  introd.  XXXIII  n.  i. 

')  Siehe  oben  S.  192 ff.  *)  Soetbeer  a.  a.  O.  6,  46. 

D  o  p  s  c  h  ,  Wirlschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.   H.    2.  Aufl.  21 


—       322       — 

Merowingerzeit  durch  gute  und  schwere  Silberstücke  zu 
beseitigen.  Daher  die  Verstärkung  des  Münzfußes,  daher 
die  stete  Erhöhung  des  Gewichtes  im  einzelnen.  Daher  auch 
die  Vergrößerung  desSchrötlings,  auf  dessen  umfangreicherem 
Planium  nun  der  Namenszug  des  Königs  deutlich  wird,  eine 
Bürgschaft  zugleich  für  Feingehalt  und  Gewicht. 

Es  haben  also  zur  Prägung  dieser  ersten  „Groschen" 
ganz  ähnliche  Motive  mitgewirkt,  wie  bei  ihren  späteren  Nach- 
fahren, den  französischen  Dickpfennigen,  deii  Turnosen,  und 
den  in  Böhmen  dann  auch  noch  im  13.  Jahrhundert  geprägten. 

Diese  fränkischen  Denare  sollten  dem  Auslande  gegen- 
über konkurrenzfähig  werden.  Und  sie  wurden  es  auch,  diese 
Politik  war  tatsächlich  von  Erfolg  begleitet.  Das  sehen  wir 
am  deutlichsten  in  Italien,  wo  die  Groschen  (,-grossi')  Karls 
des  Großen  bald  Eingang  fanden.^)  Das  zeigt  auch  der 
Umstand ,  daß  man  im  Norden  (Skandinavien)  schon  im 
9.  Jahrhundert  diese  Gepräge  nachahmte  und  Nachmünzungen 
dort  veranstaltete.^) 

Ähnliches  scheint  auch  in  Sachsen  vorgekommen  zu 
sein.  Wenigstens  erfahren  wir,  daß  zur  Zeit  Lothars  I.  dort 
ein  gewisser  Gerhard  wegen  Falschmünzerei  auf  Befehl  des 
Kaisers  geblendet  worden  sei.^)    , 

Und  auch  in  Bayern,  das  bei  seiner  alten  Währung  ver- 
harrte, dringen  die  solidi  Francisci  ein.^) 

Dem  gleichen  Ziele  dienten  nun  auch  die  übrigen  Maß- 
nahmen der  Karolinger  in  der  Münzverwaltung,  Karl 
der  Große  hat  803^)  und  Ludwig  der  Fromme  816^)  von  neuem 

')  Capobianchi,  Riv.  Ital.  di  Numism.  5,  83  ff. 

^)  Bugge,  Die  nordeuropäisch.  Verkehrswege  im  frühen  MA., 
Vjschr.  f.  Soz.  u.  WG.  4,  232  f. 

^)  Translatio  s.  Alexandri  c.  9.  MG.  SS.  2,  679. 

*)  Bitterauf  nr.  338  (815). 

°)  MG.  Capit.  I,  114  c.  9:  omnia  debita  guae  ad  partem  regis  solvere 
debent,  solidis  duodecim  denariorum  solvant,  excepto  freda  guae  in  lege 
Saliga  scripta  est;  illa  eodem  solido  guo  caeterae  compositiones  solvi 
debent,  componatur. 

")  Ebenda  269  c.  2:  de  oninibus  debitis  solvendis,  sicut  anti- 
guitus  fuit  constitutum,  per  duodecim  denarios  solidus  solvatur  per 
totam  Salicam  legem,  excepto  leudes,  si  Saxo  aut  Frisio  Salicum  occiderit, 
per  XL  dinarios  solidi  solvantur.  Über  diese  Ausnahme  siehe  unten 
das  über  die  Münzen  der  Sachsen  und  Friesen  Gesagte.    Daß  auch 


~    323   — 

den  Umlauf  der  alten  salischen  Denare  verboten,  wie  das 
bereits  unter  Pippin  geschehen  war.  Wiederholt  werden 
scharfe  Bestimmungen  wider  die  Falschmünzerei^)  und  Münz- 
verschlechterung ^)  erlassen.  Die  Münzverwaltung  wird  wieder 
straffer  in  der  Hand  des  Königs  zentralisiert.  Nur  in  der 
Residenz  des  Königs  sollen  jetzt  Münzen  geschlagen  werden, 
hat  Karl  der  Große  805  bestimmt.^)  Der  Sinn  dieser  Ver- 
ordnung ist  z.  T.  nicht  richtig  ausgelegt  worden.  Soetbeer 
meinte,  das  Münzen  sei  auf  die  Münzanstalt  im  kaiserlichen 
Palast  beschränkt  und  diese  Beschränkung  erst  durch  das 
Capitulare  vom  Jahre  809  aufgehoben  worden.*)  Schon 
F.  Dahn  hat  aber  bemerkt,  daß  die  Ausmünzung  offenbar 
nicht  nur  in  dem  Palast  zu  Aachen,  sondern  in  den  sämtlichen 
Königspfalzen  gestattet  war.^) 

Halten  wir  ein  zweites  Capitulare  Karls,  das  denselben 
Gegenstand  behandelt ,  noch  hinzu ,  so  wird  die  Sachlage, 
glaube  ich,  etwas  deutlicher:  Ut  in  nullo  loco  moneta 
percutiatur,  nisi  ad  curtem,  et  Uli  denarii  palatini  mercantur 
et  per  omnia  discttrrant.^)  Erinnern  wir  uns,  daß  unter 
palatium  ebensowohl  wie  unter  curtis  bereits  zur  Karolinger- 
zeit der  Hof,  die  Residenz  des  Königs  schlechthin  gemeint 
sein  konnte"^),  so  wird  die  Auslegung  Dahns  durchaus  ein- 
leuchten. Es  ist  auch  ganz  unwahrscheinlich,  daß  Karl 
plötzlich  alle  königlichen  Münzateliers  in  seinem  weiten 
Reiche  zugunsten  Aachens  hätte  aufheben  wollen.  Jenes 
Capitulare  aber,  durch  das,  wie  Soetbeer  meinte,  diese  Ver- 

816  keine  Bußerniedrigung  statthatte,  wie  Heck,  Gemeinfreie  i,  201 
und  Sommerlad,  Die  Wirtschaft!.  Tätigkeit  der  Kirche  im  MA.  2,  165 
annehmen,  ergibt  sich  aus  den  oben  S.  84 f.  u.  S.  305  n.2  gegebenen  Dar- 
legungen. Daß  salische  Solidi  zu  40  Denaren  auch  nach  816  noch  vor- 
kamen, beweist  das  Capitulare  v.  8iq  a.  a.  O.  i,  292  c.  4. 

*)  MG.  Capit.  1, 1 16  c.  28  (803) ;  125  c.  18  (805);  140  nr.  53  c.  5  (808) ; 
dazu  Prou  a.  a.  O.  p.  LII. 

-)  Vgl.  im  Edikt  v.  Pistes  (864)  c.  16:  ui  si  aliquis  honio  a  proxi- 
mis  Kai.  iul.  de  hac  nova  nostra  moneta  mixtum  vel  minus  quam  debeat 
pensantem  denarium  invenerit. 

')  Ebenda  i,  125  c.  18:  defahis  monetis,  giiia  in  multis  locis  contra 
iustitiam  et  contra  edictum  fiunt ,  vohi?nus,  7tt  nullo  alio  loco  moneta  sit 
nisi  in  palatio  nostro,  nisi  forte  Herum  anobis  aliter  fuerit  ordinatum. 

^)  A.a.O. 4, 293.        «)  A.a.O.S.63.        «)  MG.Capit.i,i40c.7(8o8). 

')  Vgl.  im  I.  Bande  dieses  Werkes  S.  148. 

21* 


—     324     — 

fügung  Karls  zurückgenommen  wurde,  ist  zuletzt  von  dem 
neuen  Herausgeber  Boretius  gar  in  die  Zeit  Ludwigs  des 
Frommen  zu  c.  820?  gesetzt  worden,  eben  weil  es  die 
Existenz  von  königlichen  Münzstätten  auch  außerhalb  Aachens 
voraussetzt.^)  Das  ist  aber  meines  Erachtens  keine  aus- 
reichende Begründung. 

Jedenfalls  läßt  der  Text  der  Kapitularien  Karls  von  805 
und  808  die  von  Dahn  gegebene  Erklärung  zu.  Ich  glaube 
nicht,  daß  der  Kaiser  sich  selbst  die  Möglichkeit  hat  nehmen 
wollen,  an  jeder  seiner  Residenzen  auch  Münzen  zu  schlagen. 
Wie  in  den  Pfalzen  ja  Normalmaße ^)  und  -Gewichte  vor- 
handen waren,  so  dürften  auch  die  zur  Münzprägung  erfor- 
derlichen Geräte  hier  kaum  gefehlt  haben.  Ja  ich  möchte 
glauben ,  daß  die  bekannte  Erscheinung  des  sogenannten 
Regalienrechtes  in  der  deutschen  Kaiserzeit  ^)  eben  darauf 
auch  mit  zurückgehe.  Der  Sinn  und  das  Ziel  jener  Bestim- 
mungen Karls  des  Großen  ist  doch  wohl,  daß  die  Aus- 
münzung eben  nur  durch  die  königlichen  Münzbeamten 
erfolgen  *)  und  der  besseren  Kontrolle  halber  an  Stelle  der 
zahlreichen  merowingischen  Münzstätten  nunmehr  nur  an 
wenigen,  ganz  bestimmten  Orten  Münzen  geschlagen  werden 
sollten.  Übrigens  läßt  der  hiebei  doch  gemachte  Vorbehalt 
—  nisi  forte  a  nobis  aliter  fuerit  ordinatum  —  Ausnahmen 
kraft  besonderer  königlicher  Verfügung  immerhin  auch  zu. 
Soetbeer  selbst  sah  ein,  daß  eine  solche  Beschränkung, 
wie  seine  Textinterpretation  sie  involvierte,  wirtschaftlich 
kaum  durchführbar  gewesen  sei.^) 

Das  Kapitularienfragment  von  809  (Pertz),  bzw.  c.  820 

^)  MG.  Capit.  I,  299;  vgl.  die  Vorbem.  Boretius'. 

^)  Vgl.  das  sog.  Capit.  de  Villis  c.9:  Volunius,  ut  unusqinsqtie  index 
in  suo  ministerio  mensuram  modiorum,  sextariorum  et  situlas  per  sex- 
taria  octo,  et  corbon/m  eo  tenore  liabeant,  sicut  et  in  palatio  habemtis. 

^)  R.  Schröder,  Deutsche  Rechtsgesch.  5.  Aufl.  S.  537. 

*)  Vgl.  dazu  auch  das  Aachener  Capit.  von  809  c.  7  a.  a.  O.  152: 
et  in  amiscujnque  comitatum  et  potestate  invmtum  fuerit  et  denarius 
ex  dominica  7noiieta  bene  merus  et  pensantes  reiectaverit  .  .  . 

*)  A.  a.  O.  6,  31:  ,, Sobald  Karl  d.  Gr.  sich  überzeugt  hatte,  daß 
seine  Verordnung .  .  .  wegen  der  Größe  des  Reichs  und  des  Bedürf- 
nisses des  Verkehrs  praktisch  nicht  ausführbar  sei,  wird  er  alsbald 
in  den  bedeutenderen  Plätzen  .  .  .  die  Münztätigkeit  wieder  haben 
aufnehmen  lassen." 


—     325     ~ 

(Boretius)  beweist  jedenfalls ,  ebenso  wie  ein  Capitulare 
Ludwigs  des  Frommen  vom  Jahre  825  ^),  daß  Münzen  auch 
anderwärts  geschlagen  wurden  und  die  Grafen  mit  der  Kon- 
trolle und  Aufsicht  über  die  Münzstätten  betraut  waren. 

Es  ist  nun  von  Prou  die  Annahme  bereits  aufgestellt 
worden,  daß  jene  Münzen  der  Karolinger,  die  den  Münzort 
nicht  im  Stempel  tragen,  als  Pfalzmünzen  anzusehen  seien.^) 
Prou  wies  auch  darauf  hin,  daß  die  Münzen  Karls  des  Großen 
mit  Namen  von  Städten  (als  Münzorten)  selten  sind.  In 
diese  Gruppe  wären  demnach  auch  die  Gepräge  mit  der 
Aufschrift  Christiana  religio  (ohne  Münzort)  zu  setzen. 
Hält  man  diese  Auffassung  der  Münzen  ohne  Ortsangabe 
für  richtig,  dann  liegt  es  nahe,  auch  jene  weiteren  Stücke 
ebenso  als  Pfalzmünzen  zu  deuten,  die  mit  den  noch  nicht 
sicher  erklärten  Legenden  ex  metallo  novo,  sowie  anderseits 
metallum  Gernianictun  versehen  sind.^)  Welches  Bergwerk 
Deutschlands  damit  gemeint  ist,  bleibt  ebenso  ungewiß, 
als  im  ersten  Falle  die  Deutung  des  neuen  Bergwerkes.*) 
Möglicherweise  wurden  diese  Münzen  auf  einem  Zuge  Karls 
des  Großen  in  Deutschland  selbst  geprägt,  und  zwar  auf 
einer  Pfalz,  wo  sich  der  Kaiser  gerade  aufhielt  (?). 

In  den  Zeiten  Ludwigs  des  Frommen  treten  bereits 
zahlreiche  Münzstätten  hervor  ^)  und  sie  mehrten  sich  dann  seit 
der  Reichsteilung  (843)  begreiflicherweise  kontinuierlich  weiter. 
Immerhin  muß  betont  werden,  daß  Münzverleihungen 
seitens  der  Könige  während  des  Q.Jahrhunderts  in  Deutsch- 
land noch  die  seltene  Ausnahme  bilden.  Die  Liste,  welche 
Soetbeer  ®)  und  nach  ihm  v.  Inama-Sternegg '')  sowie  Hauck  ^) 

1)  Ebenda  i,  306  c.  20.  -)  A.  a.  O.  Introduction  p.  XLIXf. 

^)  Prou  a.  a.  O.  XVII  n.  6  u.  LXXVIII,  sowie  Engel  und  Serrure, 
traite  de  numism.  de  moyen  äge  i,  220. 

*)  Daß  metallum  hier  nicht  das  Edelmetall  selbst  bedeutet,  hatte 
schon  Soetbeer  a.  a.  O.  4,  348  gegenüber  älteren  Hypothesen  fest- 
gestellt. Neuerdings  hat  aber  Richard,  observations  sur  les  mines 
d'argent  et  l'atelier  monetaire  de  Melle  sous  les  Carolingiens  Revue 
numism.  1893  11,  212  die  alte  Ansicht  wieder  vorgetragen.  Es  be- 
deutet aber  auch  nicht  Tribut,  wie  Gariel  a.  a.  O.  meinte. 

*)  Verzeichnet  bei  Prou  a.  a.  O.  p.  LXXIX. 

'■■)  A.  a.  O.  6,  24  ff.  ')  DWG.  2,  393. 

^)  Die  Ausbildung  der  bischöfl.  Fürstenmacht.  Leipzig.  Univ. 
Progr.  1891  S.  48. 


—     326     — 

zusammengestellt  haben,  ist  durchaus  irreführend,  da  von 
den  8  Privilegien  für  Deutschland,  die  sie  aufzählten,  die 
Hälfte  Fälschungen  darstellen  (Worms,  Straßburg  ^),  Ham- 
burg, Osnabrück).  Tatsächlich  sind  in  Deutschland  bis  zum 
Jahre  898  bloß  zwei  echte  Diplome  mit  Münzrecht  erteilt 
worden:  833  von  Ludwig  dem  Frommen  für  seine  Lieb- 
lingsstiftung Korvey  in  Sachsen  und  861  durch  Lothar  II. 
für  Prüm.  In  beiden  Fällen  wird  die  Erteilung  durch  die 
besonderen  Verhältnisse,  den  Mangel  einer  Münzstätte  in  der 
Nähe  bei  regem  Handelsverkehr,  ausdrücklich  begründet.^) 
Überdies  soll  nicht  unerwähnt  bleiben,  daß  auch  das  Diplom 
Kaiser  Ludwigs  des  Frommen  für  Korvey  von  Theodor 
Sickel  ursprünglich  seiner  Echtheit  nach  angefochten  worden 
ist  ^)  und  er  erst  auf  die  Verteidigung  Soetbeers  und 
Wilmans'  hin  seine  Zweifel  fallen  ließ. 

Erst  am  Ausgang  des  9.  Jahrhunderts  finden  wir  mehrere 
Verleihungen,  indem  König  Zwentibold  898  für  Münster- 
eifel ,  Ludwig  das  Kind  900  an  Neu  -  Korvey  und  908  an 
Eichstätt  solche  Privilegien  erteilten.*) 

Zudem  aber  ist  schon  festgestellt  worden,  daß  es  sich 
auch  bei  diesen  Münzprivilegien  lediglich  um  das  Recht 
handelte,  an  einer  bestimmten  Münzstätte  —  die  erst  neu 
begründet  wurde  —  unter  Namen  und  Zeichen  des  Königs 
nach  dem  Reichsmünzfuß  zu  prägen  ^) ;  die  Privilegierten 
erhielten  gewöhnlich  den  Ertrag  davon  geschenkt.  Es  ist 
also  noch  keine  Münze  zu  eigenem  Recht,  auch  noch  keine 
perczissiira  proprii  nomismatis ,  wie  dies  seit  dem  10.  Jahr- 
hundert dann  sich  entwickelt. 

Erst  in  diese  Zeit  Ludwigs  des  Kindes  gehören  dann  auch 
jene  Erscheinungen,  welche  das  Zeitalter  der  feudalen 
Münze  charakterisieren,  daß  mit  dem  Verfall  der  könig- 
lichen Zentralgewalt  die  geistlichen  und  weltlichen  Fürsten 


^)  Auch  H.  Dannenberg,  Die  Münzen  der  sächs.  u.  fränk.  Kaiser 
I,  346  sieht  die  Urkunde  König  Ludwigs  d.  D.  angebUch  vom  12.  Juni 
873  (=  Mühlbacher  Reg.-  1496)  noch  für  echt  an. 

■^)  Vgl.  darüber  J.  Lechner  in  den  Mitt.  d.  Instit.  22,  389  sowie 
oben  S.  114. 

')  Beitr.  z.  Diplornatik  II.  Sitz.-Ber.  d.  Wiener  Akad.  39,  133. 

*)  Vgl.  Lechner  a.  a.  O.  *)  Soetbeer  a.  a.  O.  6,  32. 


—     32/     — 

auch  die  Münze  allmählich  zu  eigen  erwerben.  Unter  dem 
letzten  Karolinger  hat  der  Straßburger  Bischof  Odbert 
(907 — 13)  auf  der  unter  königlichem  Namen  geschlagenen 
Münze  den  Anfangs-  und  Endbuchstaben  seines  Namens 
(OS)  dem  seiner  Stadt  beigesetzt  —  was  Longperier  ent- 
deckte ^)  —  und  Ähnliches  scheint  doch  auch  in  Basel  zur 
gleichen  Zeit  erfolgt  zu  sein.^)  Bischof  Salomon  von  Kon- 
stanz, der  einflußreiche  Kanzler  des  Königs,  hat  seinen 
Namen  bereits  voll  ausgeschrieben  ins  Planium  gesetzt.^) 
Und  in  Sachsen  ließ  in  der  Zeit  König  Ludwigs  III.  {2>'j6 
bis  882)  der  mit  der  Verwaltung  des  Herzogtums  dort  be- 
traute Graf  und  Heerführer  (dux),  der  Liudolfinger  Bruno 
(f  880),  auf  einer  unter  königlichem  Namen  geschlagenen  Münze 
auch  den  seinen  voll  ausgeschrieben  anbringen.*)  Daß  dieser 
Denar  in  Hamburg  geschlagen  worden  sei,  wie  Grote  meinte, 
ist  ganz  unsicher,  da  das  Münzprivileg  König  Arnolfs  für 
Bremen,  auf  welches  er  sich  bei  dieser  Zuweisung  stützte, 
eine  Fälschung  ist.^) 

Diese  späteren  Denare  vom  Ende  der  Karolingerzeit 
weisen  z.  T.  bereits  eine  Verminderung  des  Gewichtes  im 
einzelnen  auf.  So  sind  die  Salomondenare  aus  Konstanz 
nur  i'35  — r45  g  schwer,  während  die  älteren  desselben 
Ateliers  aus  dem  Funde  von  Cuerdale  (Lancashire)  r/S  g 
wogen. ^) 

Ihr  eigenes  Münzwesen  haben  in  älterer  Zeit  die  Friesen 
und  Sachsen  besessen.  Wir  sind  allerdings  ganz  unzulänglich 
darüber  unterrichtet,  da  in  Ermangelung  sicher  bestimm- 
barer Münzfunde  nur  die  dürftigen  Anhaltspunkte  in  den 
Gesetzen  (Lex  Saxonum  und  Capitulare  Saxonicum,  sowie 
der  sogenannten  Lex  Frisionum)  als  Quellen  dafür  vorliegen. 

^)  Revue  numismat.  1857  S.  333.         ^)  Grote,  Münzstudien  2,  965. 

^)  Jul.  Cahn  a.  a.  O.  42 ff.,  der  wohl  mit  Recht  vermutet,  daß  diese 
Münzen  in  den  letzten  Jahren  Ludwigs,  zwischen  909  u.  911  geschlagen 
worden  sind.  Über  die  ältere  Deutungsverschiedenheit  Grote 
a.  a.  O.  965. 

*)  Grote  a.  a.  O.  2,  779;  vgl.  über  die  Schlacht,  in  der  Bruno  880 
fiel,  Mühlbacher  Reg.^  1565h.  Die  von  Menadier,  D.  Münzrecht  der 
deutschen  Stammesherzöge,  Ztschr.  f.  Numism.  27  (1909),  1 58  angegebene 
Jahreszahl  750  beruht  offensichtlich  auf  zwei  (!)  ,, Druckfehlern". 

'")  Mühlbacher,  a.  a.  O.  nr.  1792.  ")  Cahn  a.  a.  O.  S.  44. 


—     328     — 

Da  nun  auch  das  Wenige,  was  sie  uns  an  die  Hand  geben, 
infolge  der  Unklarheit  ihres  wechselseitigen  Verhältnisses 
und  ihrer  Entstehungszeit  verschieden  gedeutet  werden  kann, 
war  es  möglich,  die  verschiedensten  Hypothesen  aufzustellen. 
Die  Angaben  dieser  Quellen  beziehen  sich  fast  ausschließlich 
auf  Bußsätze.  Je  nachdem  die  einzelnen  Forscher  nun  die 
Wergelder  der  anderen  Volksrechte  auffaßten,  wurden  auch 
diese  Nachrichten  dann  ausgelegt. 

Die  Friesen  haben  noch  in  der  Karolingerzeit  an  der 
Goldwährung  festgehalten  und  wohl  auch  selbst  Gold- 
prägungen vorgenommen.  Das  beweist  heute  besonders 
auch  ein  Münzfund  barbarischer  Prägung,  der  in  Friesland 
gemacht  wurde.  ^) 

Ist  die  Forschung  darüber  ganz  einig,  so  gehen  die 
Meinungen  sofort  auseinander,  wie  die  in  der  Lex  Frisionum 
auftretenden  Schillinge  aufzufassen  sind.  Den  im  ganzen 
hier  zugrunde  liegenden  Solidus,  der  gelegentlich  3  Denaren 
„der  neuen  Münze"  (novae  monetae)  gleichgesetzt  erscheint, 
hat  Heck  als  fränkischen  Goldsolidus  zu  drei  Goldtrienten 
aufgefaßt  ^)  und  mit  den  Goldprägungen  aus  der  Zeit  Ludwigs 
des  Frommen,  welche  die  Inschrift  „Munus  Divinum"  tragen, 
identifizieren  wollen,  indem  er  dafür  geltend  machte,  daß 
die  absolute  Mehrzahl  der  bekannten  Stücke  davon  aus  dem 
kleinen  Friesland  stamme. 

Dagegen  hat  nun  Hilliger  treffend  hervorgehoben^),  daß 
diese  fränkischen  Goldmünze»  ja  erst  unter  Ludwig  dem 
Frommen  aufkamen,  somit  nicht  in  einer  Rechtsquelle 
gemeint  sein  können,  die,  wie  Heck  selbst  annimmt,  802 
entstanden  ist. 

Hilliger  seinerseits  hat  die  Wergeidsätze  so  aufgefaßt, 
daß    dem    denarius    novae    monetae    der    Lex    Frisionum 


1)  Vgl.  darüber  M.  de  Man,  sou  d'or  barbare  trouve  en  Frise. 
Revue  beige  de  Num.  (1894)  50,  305  ff.,  sowie  früher  schon  Dirks,  les 
pompei  Frisons  et  leur  importance  au  point  de  vue  numismatique. 
Congres  internal,  de  Numismatique  ä  Bruxelles  189 1  S.  353  ff.  und  van 
den  Chijs,  de  munten  der  Frankische  en  duitsch-nederlandsche 
vorsten  (1886). 

^)  Gemeinfreie  i,  211  f. 

■')  Der  Schillingswert  der  Ewa  Chamavor.  und  der  Lex  Frisionum, 
Hist.  Vjschr.  1904  S.  5 19  ff. 


—     3^9     — 

nicht,  wie  man  bis  dahin  annahm,  die  fränkische  Tremisse, 
sondern  der  volle  fränkische  Goldschilling  zu  40  Denaren 
entsprochen  habe.^) 

Jedoch  konnte  demgegenüber  dann  Heck  hinwiederum 
einwenden,  daß  ein  solcher  Goldschilling,  der  also  drei 
fränkischen  gleich  käme,  eine  ungewöhnlich  große  Einheit, 
ein  Riesenschilling,  gewesen  wäre.^)  Dieses. Argument  wäre 
meines  Erachtens  tatsächlich  entscheidend,  wenn  die  numis- 
matischen Voraussetzungen,  von  welchen  Hilliger  und  Heck 
ausgingen,  wirklich  zutreffen  würden.  Einen  friesischen 
Goldschilling,  der  drei  fränkische  Vollschillinge  ä  4*55  g  um- 
faßte, also  I3'65g  Gold  schwer  gewesen  wäre,  hat  es  sicher 
nie  gegeben.  Das  wäre  tatsächlich  ein  numismatisches 
Monstrum!  Allein  jene  Voraussetzungen  treffen,  wie 
wir  heute  wissen,  tatsächlich  nicht  zu.  Der  mero- 
wingische  Goldschilling  am  Anfang  des  8.  Jahrhunderts  war 
kaum  mehr  ein  Drittel  der  alten,  nach  dem  constantinischen 
Münzfuße  geprägten  Goldstücke.^)  Anderseits  ist  ein  in  Fries- 
land gefundenes  und  wohl  auch  dort  geschlagenes  Goldstück 
nachgewiesen  worden,  das  im  Gewichte  (470  g)^)  tatsächlich 
drei  fränkischen  Goldschillingen  dieser  Zeit  gleichkommt. 
Somit  entfallen  nun  bei  diesen?  geänderten  Stand  der  Dinge 
die  Schwierigkeiten,  welche  Heck  seinerzeit  von  seinem 
Standpunkt  aus  mit  Recht  gegen  Hilliger  betonte. 

Neben  den  Schillingen  werden  in  der  Lex  auch  denarii 
Frisonici  genannt.  Das  beweist,  daß  die  friesischen  Denare 
von  den  fränkischen  verschieden  waren. ^)  Auch  alte  Denare 
(denarii  veteres)  werden  erwähnt.  Man  hat  damit  nichts 
Rechtes   anzufangen   gewußt.**)     Da  sie  nur  nach  dem  Ge- 

')  Der  Schilling  der  Volksrechte  u.  das  Wergeid,  Hist.  Vjschr. 
1903  S.  476. 

-)  Ständepröblem  a.  a.  O.  S.  379 ff.  ')  Siehe  oben  S.  303. 

■*)  M.  de  Man  in  Rev.  Beige  de  Numism.  1894  S.  305. 

^)  Vinogradoff  a.a.O.  S.  148  meint  daraufhin  vermuten  zu  dürfen, 
.,daß  sonst  die  Münzen  in  fränkischer  Währung  erscheinen".  — 
Ahnlich  auch  Brunner  RG.  i  ^,  3igf.  ■ — Ich  halte  diesen  Schluß  nicht 
für  zulässig. 

")  Wilda,  Strafrecht  S.  334  u.  432,  sowie  ihm  folgend  Brunner 
RG.  I,  342  n.  8  haben  angenommen,  daß  unter  den  Pfunden  nicht 
Gewichts-,  sondern  Rechnungspfunde  zu  verstehen  seien.  Auch 
Hilliger  a.  a.  O.  S.  479  mühte  sich  vergeblich  ab. 


—     330     — 

wicht  bestimmt  werden^),  möchte  ich  darin  hereits  verrufene 
Münzen  erbUcken,  die  eben  nur  nach  ihrem  Edehnetallgehalt 
als  Handelsmünzen  bewertet  wurden.^) 

Der  Ausdruck  denarius  wird  in  der  Lex  nun  promiscue 
mit  tremissis  gebraucht.  Möglich,  daß  auch  darunter  eine 
Goldmünze  zu  verstehen  ist,  wie  Heck  annimmt.^)  Später 
sind    in   Friesland    tatsächlich   Goldpfennige   nachweisbar.*) 

Brunner,  welchem  früher  auch  R.  Schröder  gefolgt  ist^j, 
sowie  Vinogradoff^),  nehmen  Silbertremissen  an,  von  welchen 
jede  4  fränkischen  Denaren  gleich  war.  Jedoch  hat  Heck 
meines  Erachtens  zutreffend  dagegen  geltend  gemacht''), 
es  würde  vollkommen  unverständlich  sein,  wie  die  Friesen, 
wenn  sie  ihre  Bußen  in  fränkischen  Kleinschillingen  auf- 
zeichneten, den  Ausdruck  denarius  novae  monetae  für  das 
Schillingsdrittel  und  nicht  für  den  Silberdenar  gebrauchen 
konnten.  Ich  möchte  nun  einen  neuen  Lösungs- 
versuch in  Vorschlag  bringen,  der  die  bei  den  bis- 
herigen Auffassungen  bestehenden  Schwierigkeiten  vielleicht 
zu  überbrücken  vermag. 

Wenn  wir  nämlich  annehmen  würden,  daß  ein  solcher 
Denar  oder  Drittelsolidus  einem  fränkischen  Silberschilling 
gleich  war,  so  würden  sich  die  eigenartigen  Wergeidsätze 
ohne  weiteres  erklären.  Es  ist  ja  schon  zur  Genüge  betont 
worden,  daß  diese  Zahlen  (53^3  Solidus  für  den  Freien  etc.) 
offenbar  durch  Umrechnung  entstanden  seien. ^)  Dann  wären 
diese  53^3  Solidi,  mit  welchen  ja  doch  jedenfalls  friesische 
Münze  gemeint  ist,  eben  i6o  fränkischen  Silberschillingen 
gleich. 

Bei  dieser  Annahme  würden  sich  meines  Erachtens 
ferner  auch  jene  Kapitularienstellen  ungezwungen  erklären 
die  von  der  angeblichen  Bußreduktion  handeln.  Indem 
dort  der  alte  fränkische  Solidus  der  Merowingerzeit  zu 
40  Denaren  außer  Kurs  gesetzt  wird,  ist  ausdrücklich  ein 
Vorbehalt   gemacht   für   die  Zahlungen,   welche   von  selten 


')  Lex  Fris.  tit.  XV.  ^)  Siehe  oben  S.  317. 

^)  Gemeinfreie  i,  213. 

*)  Heck,  Gerichtsverfassung  §  21  Anm.  89.  98.  126. 

")  DRG.^  188  n.  17.  «)  A.  a.  O.  157  n.  i. 

■')  Gemeinfreie  i,  214.  *)  Vinogradoff  a.  a.  O.  151. 


331 

der  Sachsen  und  Friesen  zu  entrichten  sind.  Hier  sollen 
die  Schillinge  zu  40  Denaren  gezahlt  werden.^)  Man  hat 
diese  Stelle  nicht  recht  zu  erklären  gewußt.  Waitz  wollte 
an  eine  strengere  Behandlung  gegen  diese  zuletzt  unter- 
worfenen Stämme  denken.^)  Aber  schon  F.  Dahn  hat  mit 
Recht  dagegen  eingewendet,  daß  eine  solche  wohl  zur  Zeit 
Karls  des  Großen,  aber  ganz  und  gar  nicht  damals  816 
unter  Ludwig  dem  Frommen  mehr  gerechtfertigt  erschiene.^) 
Auch  der  Erklärungsversuch  Brunners  befriedigt  nicht.*) 
Denn  die  „Rücksicht  auf  die  höheren  Wergeidsätze  des 
sächsischen  und  friesischen  Adels"  kann  hier  tatsächlich 
nicht  maßgebend  gewesen  sein,  da  ja  diese  Zahlungen  gar 
nicht  an  diesen ,  sondern  vielmehr  an  die  Salier  zu  leisten 
waren. 

Konnte  man,  wie  schon  S.  Rietschel  richtig  erkannte^), 
den  Sachsen  und  Friesen,  welche  ihre  eigene  Münzrechnung 
besaßen,  nicht  gut  zumuten,  daß  sie  ihre  Bußen  in  fremder 
Währung  zahlten,  so  sollte  mit  jener  Ausnahmebestimmung 
eben  dem  dreifach  höheren  Werte  der  Solidi  dort  gegen- 
über dem  nur  mehr  Währungsrecht  zuerkannten  karolingischen 
Silberschilling  (ä  12  Denare)  Rechnung  getragen  werden. 

Meine  Hypothese  hat  gegenüber  den  bisher  vorgebrachten 
Lösungsversuchen  den  Vorzug,  daß  verschiedene  richtige 
Beobachtungen  dieser  in  ihr  zusammenlaufen  und  vereinbar 
werden,  ohne  daß  die  gegen  jeden  von  ihnen  bisher  er- 
hobenen Einwände  gegen  sie  mehr  aufrecht  bleiben.  Das 
gilt  auch  für  die  viel  zitierte  Stelle  der  Lex  Ribuaria,  die 
dem  advena  Saxo  vel  Frisio  ein  Wergeid  von  160  Silber- 
schillingen zumißt.  Denn  die  Lex  Ribuaria  rechnet  eben 
nicht,  wie  noch  Hilliger  annahm*^),  nach  dem  Gold-,  sondern 
tatsächlich  nach  dem  Silberschilling.'') 

Und,    was  die  Hauptsache  ist:  Auch  das  zweite  Rätsel 

^)  MG.  Capit.  I,  269  c.  2:  de  omnibus  dehitis  solveitdis,  streut  miti- 
qidtus  fuit  constitutum,  per  duodecim  dcnarios  solidus  solvatur  per  totam 
Salicam  legem,  excepto  leudes,  si  Saxo  aiit  Frisio  Salicum  occiderit,  per 
40  denarios  solidi  solvantur. 

-)  VG.  4-,  81.  ä)  Könige  VIII.  5,  63.  *)  RG.  i,  216. 

'")  Götting.  Gel.  Anz.  1902  S.  104. 

8)  Der  Schilling  der  Volksrechtc  a.  a.  Ü.  S.  475  f. 

■')  Siehe  oben  S.  305  f. 


00 


2       


der  friesischen  Rechtsquellen,  die  Verdreifachung  der 
Wergelder,  ließe  sich  auf  diesem  Wege  ganz  einfach  lösen. 
Heck  hat  sich  bekanntlich  damit  geholfen,  daß  er  eine 
zeitweilige  Erhöhung  infolge  eines  „Sonderfriedens"  an- 
nahm.^) Daß  dies  aber  nur  eine  sehr  gezwungene  Ver- 
legenheitsausflucht war,  ist  schon  von  R.  Schröder  bemerkt 
worden. 2) 

Aber  auch  die  seinerzeit  von  Brunner  vermutungsweise 
ausgesprochene  Erklärung  rückt  nun  erst  an  den  rechten 
Platz.  Seine  Annahme  ^),  daß  die  angebliche  Verdreifachung 
des  Wergeides  sich  aus  der  Umrechnung  ursprünglicher 
Goldsolidi  in  Silbersolidi  erklären  dürfte,  ist  vonVinogradoff"^) 
und  auch  von  R.  Schröder  ^)  als  unzulänglich  bekämpft 
worden,  weil  sie  von  der  unwahrscheinlichen  Voraussetzung 
ausgehe,  daß  das  ursprüngliche  friesische  Freienwergeld 
nur  ein  Drittel  des  in  den  übrigen  Stammesrechten  an- 
gesetzten Betrages  ausgemacht  habe.  Dieser  Einwand  fällt 
nun  bei  dem  oben  gebotenen  Lösungsversuche  ganz  hinweg. 

Und  eine  solche  Umrechnung  erscheint  mir  nun  auch 
deshalb  noch  möglich,  weil  sich  diese  angebliche  Verdrei- 
fachung der  Wergelder  ja  nur  in  den  Zusätzen  zur  Lex 
Frisionum  findet,  die  allgemeiner  Anschauung  nach  jeden- 
falls jünger  als  der  eigentliche  Text  selbst  sind.^)  Ja  ein 
holländischer  Gelehrter,  de  Geer,  hat  angenommen,  diese 
Additio  sei  erst  während  des  lo.  oder  1 1.  Jahrhunderts  in 
Mittelfriesland  geschrieben  worden.') 

EndUch  werden  damit  zugleich  auch  die  Münzverhältnisse 
bei  den  Sachsen  einigermaßen  geklärt.  Nach  der  Lex 
Saxonum  ist  hier  ein  zweifacher  Solidus  zu  unterscheiden. 
Der  eine  umfaßte  2,  der  andere  3  Tremissen.^)  Man  meinte 
früher  im  Hinblick  auf  die  im  Capitulare  Saxonicum  von 
797  enthaltene  Stelle  über  den  Geldwert  gewisser  Naturalien, 
die   als  Wergeid  gegeben  wurden  —  (in  argento  duodecim 


^)  Gemeinfreie  i,  235.  ^)  DRG.'  S.  198  n.  29. 

=•)  DRG.  I,  225  f.  u.  342  n.  8.  *)  A.  a.  O.  155. 

*)  DRG.  5.  Aufl.  S.  198;  in  der  neuen  (6.)  Aufl.  hat  sich  R.  Schrö- 
der (t)  zuletzt  meiner  Auffassung  angeschlossen,  S.  202  (1919). 
")  Vgl.  auch  Inama  WG.  i  ^,  641  n.  3. 
"1  Vgl.  Brunner  RG.  i,  345  n.  20.  *)  tit.  66  §  i. 


—     333     — 

denarii  solidum  faciant)  — ,  daß  jene  Solidi  mit  diesen  frän- 
kischen Silberdenaren  in  Beziehung  zu  setzen  seien  und 
letztere  auch  in  Sachsen  damit  eingeführt  werden  sollten. 
Die  Meinungen  gingen  dann  bloß  darüber  auseinander, 
welcher  von  den  beiden  in  der  Lex  Saxonum  erwähnten 
Schillingen  mit  diesem  fränkischen  gleichzusetzen  sei.^) 

Demgegenüber  hat  Hilliger  bereits  richtig  ausgeführt,  daß 
es  sich  hier  nicht  ym  den  Silber-,  sondern  um  den  Goldschilling 
handle.^)  Auch  der  bei  Beseitigung  der  alten  salischen  Schil- 
linge für  Zahlungen  von  Seite  der  Sachsen  ebenso  wie  der 
Friesen  8i6  gemachte  Vorbehalt,  daß  sie  in  Schillingen  zu 
40  Denaren  zu  zahlen  seien,  weist  darauf  hin.  Und  eine 
ähnliche  Gleichsetzung  tritt  auch  im  Titel  36  der  Lex 
Ribuaria  wieder  hervor.  Sie  deutet  auf  ähnliche  Münz- 
verhältnisse beider  Stämme.  Ich  möchte  nur  auch  hier 
nicht  mit  Hilliger  annehmen,  daß  die  Lex  Saxonum  „nach 
fränkischen  Goldschillingen  zu  40  Denaren  gerechnet"  habe.^) 
Denn  diese  Lex  Saxonum  wurde  doch  wohl  erst  zu  einer 
Zeit  abgefaßt,  als  diese  fränkischen  Goldschillinge  schon 
außer  Kurs  gesetzt  wurden  (vielleicht  erst  im  Jahre  802).*) 
Wir  werden  also  heute  wohl  richtiger  sagen:  der  sächsische 
größere  Goldschilling  wurde  zu  40  Denaren  gerechnet. 

Auch  die  scheinbar  bestechenden  Ausführungen  Hilligers 
über  die  Identität  der  Wertansätze  für  den  bos  quadrimus, 
welche  R.Schröder  veranlaßten,  seine  früheren  Anschauungen 
im  Sinne  Hilligers  abzuändern,  treffen  tatsächlich  nicht  zu. 
Denn  die  Gleichung,  welche  er  aufstellte,  w^eist  z.T.  un- 
richtige Zahlen  auf.^) 


')  Vgl.  Schücking,  Über  die  Entstehungszeit  u.  Einheitlichkeit 
der  Lex  Saxonum  im  Neuen  Archiv  34,  639  ff. ,  sowie  Vinogradoff 
a.  a.  O.  157,  neuestens  auch  Cl.  v.  Schwerin,  Zu  den  Leges  Saxonum, 
Ztschr.  d.  Savignystift.  33,  419. 

*)  Der  Schilling  der  Volksrechte  a.  a.  O.  S.  463. 

')  A.  a.  O.  464  u.  471. 

*)  Vgl. Brunner  RG.  1,349  u. Schücking  a.a.O.,  sowie  C.V.Schwerin 
a.  a.  O.  390  ff. 

^)  A.  a.  O.  464.  Nach  der  Lex  Saxonum  hat  der  bos  quadrimus 
eben  nur  2,  aber  nicht  3  Goldschillinge,  so  daß  hier  nur  80,  aber 
nicht  120  Denare  sich  ergeben  würden.  Auch  wäre  der  fränkische 
Goldschilling  nach  der  bisherigen  Anschauung  nicht  mehr  40,  sondern 


—     334     ~ 

Daß  die  sächsischen  Goldschillinge  mit  den  fränkischen 
Goldprägungen  (Munus  Divinum)  in  einer  Beziehung  stehen, 
wie  Heck  annahm  ^),  ist  aus  demselben  Grunde  abzulehnen, 
den  Hilliger  für  die  Lex  Frisionum  schon  dagegen  geltend 
gemacht  hat.^)  Ebenso  liegt  kein  genügendes  Substrat  dafür 
vor,  die  Sätze  der  Wergelder  durch  Annahme  eines  Sonder- 
friedens auch  hier  erklären  zu  wollen.^)  Diese  Annahme 
war  nur  für  Heck  notwendig,  da  er  unter  'dem  Nobilis  den 
Gemeinfreien  verstehen  will.  Tatsächlich  beweist  die  Höhe 
des  sächsischen  Wergeides  eben  deutlich,  daß  diese  Gleich- 
setzung unmöglich  ist,  wie  schon  Hilliger  ausgeführt  hat.*) 

Aber  auch  die  Schwierigkeiten,  welche  wider  Hilligers 
Erklärung  sich  erheben,  die  abnorme  Höhe  des  Wergeides 
für  den  nobilis  (1440^),  lösen  sich  bei  unserer  Auffassung 
ohne  weiteres.  Wir  brauchen  nicht  mit  Hilliger  ^)  ein  förm- 
liches „Fürstenwergeld"  für  jeden  der  so  zählreichen  Nobiles 
unter  den  Sachsen  anzunehmen  und  diese  dem  dux  der 
Bayern  oder  rex  der  Angelsachsen  an  die  Seite  zu  stellen, 
da  eben  die  sächsischen  großen  Goldschillinge  an  Wert 
tatsächlich  dem  fränkischen  Silberschilling  gleich  waren. 
Nehmen  wir  mit  der  herrschenden  Lehre  an,  daß  dort  aber 
die  kleinen  sächsischen  Schillinge  gemeint  seien,  so  ergibt 
das  960  große  Schillinge,  was  genau  das  Sechsfache  des 
Freienwergeldes  von  160  fränkischen  Silberschillingen  dar- 
stellt, die  nach  der  Lex  Ribuaria  auch  dem  advena  Saxo 
zukommen.  Auch  die  weitere  Unwahrscheinlichkeit  in  der 
Erklärung  Hilligers,  daß  der  sächsische  Lite  ein  Wergeid 
von  120  fränkischen  Goldschillingen  gehabt  und  also  dem 
sächsischen  Gemeinfreien  (löo^ö)  beinahe  gleichgestellt  ge- 
wesen sei,  wird  dann  hinfällig.  Diese  120  sächsischen 
kleinen  Schillinge  waren  eben  nur  80  fränkischen  Silber- 
schillingen gleich,  so  daß  das  Wergeid  des  sächsischen 
Liten  genau  die  Hälfte  von  jenem  des  Gemeinfreien  betrug. 

Die  Tatsache,   daß   die   Sachsen   und   Friesen   an   der 


nur  22  Silberdenare  Karls  d.  Gr.  wert  gewesen.    Vgl.  Brunner,  Zs.  d. 
Savignystift.  19,  80  n.  6,  sowie  auch  C.  v.  Schwerin  a.  a.  O.  S.  419  n.  2. 

')  Gemeinfreie  i,  253.  ^)  Siehe  oben  S.  328. 

«)  Heck  a.  a.  O.  253  ff.  «j  A.  a.  O.  468. 

*)  A.a.O.  1903  S.  471. 


—     335     — 

Goldwährung  festhielten  zu  einer  Zeit,  da  sie  unter  die 
Herrschaft  der  Franken  geraten  waren,  die  ihrerseits  über- 
wiegend Silber  prägten,  mag  immerhin  auffallend  erscheinen. 
Wahrscheinlich  hat  dazu  auch  ^)  beigetragen ,  daß  sie  eben 
eine  hervorragende  Rolle  im  Handels- und  Verkehrsleben  jener 
Zeiten  spielten.^)  Wie  in  Italien  und  bei  den  Arabern  in  Süd- 
frankreich Gold  im  Umlaufe  war,  so  mochte  auch  bei  ihnen 
die  große  Aktivität  ihres  Fernhandels  sie  dazu  befähigt  haben. 

In  Bayern,  wo  gleichfalls  ein  Goldschilling  (u.  zw.  zu 
30  Denaren)  vorkam^),  mochten  einerseits  die  natürlichen 
Goldquellen  (Bergwerke)  es  ermöglicht,  anderseits  aber  wohl 
auch  der  Donauhandel  mit  Byzanz  dazu  mitgewirkt  haben, 
daß  man  den  alten  vollgewichtigen  GoldsoHdus  aufrecht- 
halten konnte.'^)  Drei  von  diesen  Denaren  machten  i  saica 
aus  (lex  Baiuvar.  IX.  2). 

Die  Alemannen  hatten  in  der  Karolingerzeit  die  neue 
fränkische  Münzordnung  bereits  angenommen.^) 

So  ist  denn  auch'  bis  zu  einem  gewissen  Grade  doch 
eine  Territorialität  der  Münze,  oder  richtiger  ausgedrückt 
eine  Besonderheit  nach  der  alten  Stammeseigenart  bestehen 
geblieben,  obwohl  die  karolingischen  Könige  mit  Erfolg 
bestrebt  waren,  ihre  fränkischen  Gepräge  und  Münzrechnung 
zu  einer  überall  giltigen  Reichswährung  auszugestalten.®) 

^)  Vielleicht  können  auch  die  allerdings  doch  sehr  unbestimmten 
Nachrichten  über  Goldwäscherei  im  Rheingebiete  bei  Ermoldus 
Nigellus  (MG.  Poetae  Lat.  2,  83)  auf  die  sächs.-friesischen  Lande  be- 
zogen werden  ?  Vgl.  Theophil,  presb.  in  Quellschr.  f.  Kunstgesch.  7, 223. 

^)  Siehe  oben  S.  192  ff.  Die  Annahme  v.  Inama-Sterneggs  (WG. 
1 2,  626),  daß  bei  den  Sachsen  der  Geldgebrauch  noch  sehr  gering 
gewesen  sei,  da  eine  Reihe  von  Naturalwerten  geradezu  als  ihr 
solidus  erklärt  wurde,  ist  irrig;  vgl.  oben  S.  261. 

3)  Vgl.  Hilliger  a.  a.  O.  485  ff.  u.  Inama  WG.  i  ^  625;  dazu  jedoch 
oben  S.  319. 

4)  Vgl.  dazu  jetzt  auch  R.  Schröder,  DRG.«  (1919)  201  f.  bes.  n.  27. 
^)  Vgl.  Lex  Alam.  Carol.  6,  2 :  Sazga  est  quarta  pars  tretnissi,  h.  e. 

denarius  unus  .  .  .  tremissus  est  tertia  pars  solidi  et  sunt  dcnarii  quatuor. 
*)  Karl  d.  Gr.  bestimmte  794  zu  Frankfurt :  de  denariis  autem 
certissime  sciatis  nostrum  edictum,  quod  in  omni  loco,  in  omni  civitate 
et  in  omni  empturio  similiter  vadant  isti  novi  denarii  et  accipianttir 
ab  Omnibus.  MG.  Capit.  i,  74  c.  5.  —  Über  die  Verbreitung  der  solidi 
francisci  oder  Karolisci  in  Friesland,  Bayern  u.  Italien  vgl.  oben  S.  322  f. 


—     336     — 
§  14- 

Die  Regalien. 

Hochbedeutsam  tritt  uns  in  der  Karolingerzeit  die  Aus- 
bildung der  Regalien  entgegen.  Je  fester  die  königliche 
Macht  durch  die  ersten  Karolinger  wieder  begründet  wurde, 
desto  kräftiger  sehen  wir  auch  das  Bestreben  wirksam 
werden,  gewisse  Rechte  dem  König  ausschließUch  vor- 
zubehalten, deren  Ausübung  nur  mit  dessen  besonderer 
Erlaubnis  fürder  zu  gestatten.  Gar  manches,  was  früher 
einer  solchen  Beschränkung  nicht  vmterlag,  wurde  jetzt  von 
dem  erstarkenden  Königtume  mit  Gebot  und  Verbot  belegt 
und  die  Inanspruchnahme  desselben  dem  freien  Belieben 
der  Volksgenossen  entzogen.  Am  deutlichsten  wird  das 
beim  Münzrecht.  Wie  nun  die  königliche  Gewalt  gleich 
von  Pippin  an  die  schweren  Schäden,  welche  am  Ausgang 
der  Merowingerzeit  ob  der  zahlreichen  Münzberechtigungen 
Privater  (Kirchen  und  Klöster)  sich  wirtschaftlich  fühlbar 
gemacht  hatten,  zum  Anlasse  nimmt,  um  dieses  Recht  all- 
mählich^) ganz  in  ihrer  Hand  zu  konzentrieren,  zu  über- 
wachen und  gegen  jeden  Mißbrauch  (Münzverschlechterung 
und  Falschmünzerei)  energisch  vorzugehen.  Die  königliche 
Gewalt  bestimmt  den  Münzfuß,  Feingehalt,  die  Justierung 
und  Stückelung,  sie  erkennt  allein  den  unter  ihrem  Namen 
ausgebrachten  Geprägen  Währungsrecht  zu,  sie  verruft  die 
im  Umlauf  begriffenen  Gepräge  willkürhch  und  erteilt 
schließlich  Münzprivilegien  an  Private,  kraft  deren  diese 
nach  königlichem  Muster  selbst  Prägungen  vorzunehmen 
und  den  Gewinn  davon  zu  ziehen  berechtigt  werden.^) 

Deutlich  scheinen  hier  für  die  Ausbildung  des  Münz- 
regales volkswirtschaftliche  Rücksichten  maßgebend  gewesen 
zu   sein.^)     Ob   aber   nur  diese.?     Man  hat  wohl  mit  Recht 

^)  Pippin  scheint  anfänglich  die  Ausmünzung  durch  Private 
gegen  Entrichtung  des  Schlagschatzes  noch  gestattet  zu  haben.  Vgl. 
das  Capitulare  von  754/5  MG.  Capit.  1,32  c.  5:  de  tnoneta  constittnnms , 
ut  amplüis  11071  habeat  in  libra  pensante  nisi  XXII  solidos,  et  de  ipsis 
XXII  solidis  monetarnts  accipiat  solidtim  I,  et  illos  alias  domifio 
cuius  sunt,  reddat.  Auch  das  Verbot,  daß  die  Juden  keine  Münze 
halten  sollten,  ist  liierher  zu  ziehen.    MG.  Capit.  1,258  c.  3. 

^)  Siehe  oben  S.  326  f.  ^)  Siehe  oben  S.  32if. 


—     337     - 

bereits  die  Annahme  Soetbeers  zurückgewiesen,  als  ob  die 
Erhöhung  des  Münzfußes  durch  die  KaroHnger  rein  fis- 
kalischen Beweggründen  entsprungen  sei,  oder  gar  die 
Kirchenvorstände  König  Pippin  und  Karl,  gleichfalls  Groß- 
grundbesitzer, dazu  veranlaßt  hätten,  um  eine  Sicherstellung 
und  Erhöhung  ihrer  grundherrschaftUchen  Zinse  dadurch  zu 
bewirken.^)  So  naiv  wird  man  heute  jene  bedeutsamen 
wirtschaftlichen  Maßnahmen  wohl  doch  nicht  auffassen 
dürfen  und  so  plump  war  die  Verwaltungstechnik  jener 
Zeit  doch  kaum  geartet,  wie  diese  Lehre  voraussetzt. 
Anderseits  wird  man  zur  Erklärung  jener  Vorgänge  mit 
rein  moralisch -psychologischen  Expektorationen  über  die 
Gerechtigkeit  Karls  des  Großen^)  meines  Erachtens  auch 
kaum  das  Auslangen  finden  können. 

Man  wird  jeneVerordnungen  der  karolingischen  Herrscher, 
glaube  ich ,  weniger  als  persönliche  Entschließungen,  die 
bestimmten  Vorstellungen  von  ihren  Regentenaufgaben  ent- 
sprangen, auffassen  dürfen,  denn  als  notwendige  Er- 
fordernisse einerNeuentwicklung  derVerkehrs- 
wirtschaft  (Handel). 

Sie  hat  ja,  wie  wir  jetzt  wissen,  damals  schon  weithin 
sich  entfaltet.  Indem  die  Karolinger  für  diese,  z.  T.  auch 
durch  die  Veränderung  der  politischen  Lage,  der  großen 
Ausdehnung  ihres  Herrschaftsbereiches,  sich  ergebenden 
Neubedürfnisse  Vorsorge  trafen,  wurden  die  Interessen  des 
Fiskus  damit  doch  zugleich  auch  gefördert.  Die  beiden 
Wahrzeichen  fiskalischer  Ausnutzung  des  Münzregales  im 
späteren  Mittelalter,  Schlagschatz  und  Münzverruf,  sind 
bereits  jetzt  nachweisbar.  Und  wenn  auch  zum  großen 
Unterschiede  gegenüber  der  späteren  Zeit  die  Münz- 
verrufungen  jetzt  keine  Verschlechterung  der  Münze  be- 
deuteten, sondern  das  gerade  Gegenteil  davon,  eine  schwerere 
und  bessere  Münze  dadurch  gezeitigt  wurde,  so  ist  doch 
auch  hier  der  Aufwechsel  sicherlich  nicht  ohne  Gewinn  für 
den  Münzherrn  gewesen.  Man  hat  diese  Denare  gewiß 
nicht  deshalb  schwerer  ausgebracht,  um  so  unmittelbar  seine 
grundherrlichen  Zinsen  zu  steigern,  aber  der  Umstand,  daß 

*)  Forsch,  z.  DG.  4,  283  ff.    Dagegen  schon  v.  Inama  WG.  1,458. 
^)  So  V  Inama -Sternegg  WG.  i,458f.  =-  I^637ff. 
D  0  p  s  c  h  ,  Wirtschaftsentwicklung:  der  Karolingerzeit.   II.  2.  Aufl.  22 


-     338     - 

die  alten  Denare  nun  außer  Kurs  gesetzt  wurden  und  nur 
nach  ihrem  tatsächlichen  Silbergehalte  als  Handelsmünze  (dem 
Gewichte  nach)  in  Zahlung  genommen  wurden,  hat  unzweifel- 
haft doch   reichen  Gewinn  für  den  Münzherrn  abgeworfen. 

In  enger  Beziehung  zu  dem  Münzwesen  steht  Maß  und 
Gewicht.  Auch  dieses  erscheint  in  der  Karolingerzeit 
ebenso  wie  früher  der  staatlichen  Oberaufsicht  unterstellt 
Wiederholte  Verbote  wider  ungerechtes  Maß  und  Gewicht, 
sowie  Gebote  ausschließlicher  Verwendung  des  gesetzlichen 
(legitimus)  wie  rechten  Maßes  und  Gewichtes  sind  von  den 
Karolingern  von  allem  Anfang  an  erlassen  worden.  ^)  Karl  der 
Große  hat  selbst  einen  neuen,  größeren  Modius  vor  794  als 
öffentliches  Maß  (publicus)  eingeführt'^)  und  dementsprechend 
alle  Leistungen  dann  im  Verhältnis  herabgesetzt.^)  Am 
königlichen  Hofe  (in  palatio)  befanden  sich  Normal-  oder 
Muttermaße,  die  dann  auch  nach  dem  sogenannten  Capi- 
tulare  de  Villis  auf  den  königlichen  Domänen  von  den 
Verwaltern  (iudices)  geführt  werden  sollten.*)  In  ähnlicher 
Weise  hat  Ludwig  der  Fromme  auch  als  Kaiser  816/7,  wohl 
jm  Zusammenhange  mit  der  Klosterreform  von  Aachen  816. 
an  alle  Erzbischöfe  Maße  und  Gewichte  gesendet,  auf  daß 
danach  den  Klerikern  Speise  und  Trank  gleichmäßig  verab- 
reicht werdet)  Möglich,  daß  Ludwig  der  Fromme  damals 
wieder  ein  neues  Maß  eingeführt  hat,  da  die  Wirtschafts- 
ordnung Adalhards  von  Corbie  aus  dem  Jahre  822  Liefe- 
rungen ad  istum  novum  modmm,  quern  domnus  Imperator 
posuit,  festsetzt.^) 

Endlich  hat  auch  Karl  der  Kahle  in  seinem  umfassenden 
Münzkapitulare  von  Pistes  864,  als  er  den  Grafen  und  öffent- 
lichen Beamten  die  Obsorge  für  gerechtes  und  gleiches 
Maß  auftrug,  zugleich  angeordnet,  daß  sie  „nach  alter  Ge- 

')  Vgl.  G.  Küntzel,  Über  die  Verwaltung  des  Maß-  u  Gewichts- 
wesens in  Deutschland  während  des  Mittelalters  (Schmollers  staats- 
u.sozialwiss.  Forsch. XIII. 2,  i894)S.ioff.,sowieauchv.InamaWG.  1^,619. 

*)  MG.  Capit.   I,  74  c.  4:  tnodium  publicum  et  noviter  statutiim. 

')  V.  Inama  WG.   i,  459. 

*)  Cap.  de  Villis  c.  9:  volumus  tit  unusquisque  iudex  in  suo  tninis- 
terio  mensuram  niodiorum,  sextariorum  et  situlas  per  sextaria  octo  et 
corborum  eo  te?iore  habeant,  sicut  et  in  palatio  habenius. 

*)  MG.  Capit.  I,  342.  *)  Guerard,  Polyptyque  d'Irminon  2,  311. 


—     339     — 

wohnheit"  das  Maß  vom  Hofe  (de  palatio  nostro)  empfangen 
sollten.^)  Wie  gegen  die  Münzfälschung  wird  hier  ganz 
gleichmäßig  auch  gegen  die  Verwendung  ungleicher  Maße 
beim  Zinsempfang  (größerer)  und  Verkauf  (kleinerer)  ein- 
geschritten. 

Kann  somit  kein  Zweifel  darüber  herrschen,  daß  auch 
das  Maß-  und  Gewichtswesen  ganz  ebenso  wie  das  Münz- 
wesen staatlicher  Ordnung  nnd  Aufsicht  unterlag  und  in 
diesem  Sinne  als  Regal  zu  betrachten  ist  ^),  so  erscheint 
durch  die  bisherige  Forschung  auch  schon  zur  Genüge 
hervorgehoben,  daß  gleichwohl  eine  Einheitlichkeit  von  Maß 
und  Gewicht  in  der  Karolingerzeit  tatsächlich  doch  nicht 
bestanden  hat.  Das  beweisen  nicht  bloß  die  bekannten 
Klagen  in  dem  Bericht  der  Bischöfe  an  Ludwig  den 
Frommen  von  829^),  es  liegen  noch  viel  bedeutsamere 
Quellen  dafür  vor,  welche  freilich  für  die  Beurteilung  dieser 
Fragen  bisher  so  gut  wie  nicht  beachtet  worden  sind.  Die 
erwähnte  Relatio  der  Bischöfe  an  den  Kaiser  ist  insofern 
interessant,  als  sie  zeigt,  daß  sich  diese  selbst  die  Durch- 
führung der  kaiserlichen  Verordnungen  über  Beobachtung 
gleichen  Maßes  nicht  recht  vorzustellen  vermochten  (non 
satis  perspicue  nobis  patet) ,  da  die  Verschiedenheit  von 
Maß  und  Gewicht  in  den  einzelnen  Provinzen  bereits  eine 
unumstößliche  Tatsache  war.  Daher  legten  sie  sich  die 
Absicht  des  kaiserlichen  Gesetzgebers  dahin  zurecht ,  daß 
vornehmlich  gegen  die  ungerechte  Verwendung  doppelter 
Maße  eingeschritten  werden  solle,  weil  dadurch  die  Armen 
bedrückt  würden. 

Aber  auch  auf  den  königlichen  Domänen  selbst  wurde 
ein  verschiedenes  Maß  verwendet.     Das  beweist  das  Breve 


1)  MG.  Capit.  2,  318  c.  20.* 

'')  Das  hat  Schmoller,  Die  Verwaltung  des  Maß-  und  Gewichts- 
wesens im  MA.,  Jb.  f.  Gesetzgebung,  Verwaltung  u.  Volkswirtschaft  17 
(1893),  289  ff.  bes.  295  gegenüber  v.  Below,  Der  Ursprung  d.  deutschen 
Stadtverfassung  1892  S  sSf.  richtig  betont.  Vgl.  auch  Küntzel  a.a.O. 
S.  i2ff.,  sowie  Uhlirz  in  Mitt.  d.  Instit.  15,  495  f.,  auch  v  Luschin,  Histor,' 
Ztschr.  77,  98.  Dagegen  hat  sich  Sommerlad,  Die  Rheinzölle  im  MA. 
(1894)  S.  5  V.  Belows  Annahme  angeschlossen. 

')  Küntzel  a.  a.  O.  13  (mit  Druckfehler  im  Zitat  n.  3  nicht  Capit.  2» 
344,  sondern  2,  44!), 

22* 


—     340     - 

ad  describendos  fiscos  über  Asnapium.  Hier  werden  einzelne 
"Vorräte  von  Mühlen  und  Brauhäusern  ad  minorem  mensuram 
bestimmt.^) 

Könnte  man  hier  vielleicht  an  die  alten  Maße  denken, 
die  vor  der  Erhöhung  durch  Karl  oder  Änderung  durch 
Ludwig  (?)  bestanden^),  so  erscheint  eine  solche  Annahme 
aber  völlig  ausgeschlossen  bei  einer  Stelle  des  Lorscher 
Urbares,  das  gleichfalls  von  größeren  und  kleineren  Modien 
Nachricht  gibt.  Hier  wird  uns  nämlich  ausdrücklich  auch 
das  Verhältnis  beider  zueinander  bestimmt,  und  zwar  in 
einer  Weise,  die  mit  den  bekannten  Vorgängen  unter  Karl 
dem  Großen  unvereinbar  ist.^) 

Anderseits  finden  wir,  wie  schon  früher  bemerkt,  daß 
in  den  St.  Galler  Urkunden  bei  Festsetzung  des  Zinses  von 
Prekaristen  unterschieden  wird  nach  einem  modius,  bzw. 
carrata  civitalis  und  einem  modius  curiaHs.*)  Es  waren 
also  damals  schon  ähnliche  Verhältnisse  vorhanden,  wie  wir 
sie  in  den  Urbaren  des  späteren  Mittelalters  finden,  daß 
man  einen  größeren  und  kleineren  Modius,  Stadt-  oder 
Burgmaß  und  Hof-  oder  Kastenmaße  verschiedener  Größe 
bei  Ablieferung  der  Zinse  verwendete.^) 

Mit  diesem  Nachweise  fällt  aber  meines  Erachtens  auf 
die  alte  Streitfrage  nach  der  Stellung  der  Städte  zu  der 
Verwaltung  von  Maß  und  Gewicht  ein  neues  Licht. 
Mensura  oder  modius  civitalis  l  Offenbar  haben  die  Städte  und 
Märkte  eben  damals  schon  ein  besonderes  Maß  ausgebildet, 
das  speziell  für  den  Marktverkehr  daselbst  verwendet  wurde. 
Wäre  nur  ein  einheitliches  Maß,  etwa  das  kaiserliche,  vor- 
handen gewesen,  dann  hätte  eine  solche  Unterscheidung  in 
den  Urkunden   gar  keine  Berechtigung.     Daß   sie    gemacht 

^)  MG.  Capit.  I,  254  c.  25. 

*)  Allerdings  können  diese  Brevia  wohl  kaum  vor  794  entstanden 
sein.  Vgl.  im  i.  Teil  S.  87  ff.  Eher  wäre  eine  Beziehung  zu  der  neuer- 
lichen Maßveränderung  unter  Kaiser  Ludwig  d.  Fr.  (siehe  oben  S.  338) 
anzunehmen. 

')  Cod.  Lauresham.  3,  216:  De  Mergctistai  .  .  de  hordeo  tnaiores 
modios  24,  aiit  rninores  30. 

'')  St.  Galler  ÜB.  i  nr.  126  (790)  u.  208. 

^)  Vgl.  meine  Zusammenstellungen  in  Österr.  Urbare  I.  i.  Einl. 
CXCVIII  u.  I.  2.  Einl.  CXXXIV. 


—     341     — 

wird,  weist,  glaube  ich,  auf  eine  besondere  Stellung  der 
Städte  in  dieser  Beziehung  hin.  Es  erscheint  mir  mit  dem 
Bestände  eines  Regales  im  Maß  und  Gewicht  ganz  wohl 
vereinbar,  daß  den  Städten  in  der  Verwaltung  derselben 
eine  gewisse  Autonomie  zukam.  Ähnliches  können  wir  ja 
doch  auch  später  wieder  im  deutschen  Territorialstaatsrecht 
zu  historisch  heller  Zeit  z.  B.  im  Herzogtum  Österreich  ver- 
folgen. Darauf  hatte  z.  T.  schon  Küntzel  hingewiesen^),  es 
wird  durch  die  neueren  Darlegungen  v.  Luschins  ganz 
evident  erwiesen.^) 

Auch  in  Tirol  ist  ganz  dasselbe  zu  belegen.^) 
Man  wird  nicht  verkennen  dürfen  :  Die  Karolinger  haben 
mit  ihren  Verordnungen  über  Maß  und  Gewicht,  die  offen- 
sichtlich an  die  kanonistischen  Lehren  vom  gerechten  Maß 
anknüpfen  *),  doch  wie  jene  vornehmlich  gegen  die  Über- 
vorteilung der  armen  und  abhängigen  Leute  einschreiten 
und  wirtschaftliche  Mißstände  im  öffentlichen  Interesse 
dadurch  abstellen  wollen.  Eben  darin  mochten  sie  auch 
ihren  Beruf  gegeben  erachten,  als  Träger  der  obersten 
Gewalt  im  Staate  Recht  zu  gewährleisten.  Ich  erblicke  darin 
eine  spezifischeÄußerung  ihrer  sozialpolitischen 
Fürsorge,  wie  sie  auch  in  der  Armensteuer  und  anderen  Maß- 
nahmen sonst  entgegentritt.  Die  Einhaltung  des  gesetzlichen, 
d.  h.  öffentlich  zu  Recht  anerkannten  Maßes  und  Gewichtes  war 
ihr  Ziel,  nicht  so  sehr  vielleicht  die  Unifizierung  aller  Maße, 
die  doch  nicht  zu  erreichen  war.  Damals  ebensowenig  wie 
später  auch.  Das  Bestehen  einer  Oberaufsicht  des  Staates 
über  die  Beobachtung  des  von  ihm  festgesetzten  Maßes  und 


»)  A.  a.  O.  S.  49- 

^)  Wiener  Münzwesen,  Handel  u.  Verkehr  im  späteren  MA. 
Gesch.  d.  Stadt  Wien,  herausgegeben  vom  Wiener  Altertumsvereine 
(H.  Zimmermann)  2,  835. 

*)  Vgl.  die  Besprechung  des  Küntzelschen  Buches  durch  v.  Luschin 
Hist.  Ztschr.  77,  98. 

*)  Vgl.  besonders  die  Admonitio  generalis  Karls  d.  Gr.  von  789, 
MG.  Capit.  I,  60  c.  74:  C/^  aeqtiales  7nensiiras  et  rectas  et  pondera  iusta 
et  aequalia  omnes  kabeant,  stve  in  civitatibus  sive  in  monasteriis,  sive 
ad  dandicm  in  Ulis,  sive  ad  accipienduvi,  sicut  et  in  lege  Domini 
pr aeceptum  habemus ,  item  in  Salamone,  Domino  dicente:  ,pondus 
et  pondus-,  mensnram  et  mensuram  odit  anima  mea.' 


—     342     — 

Gewichtes  läßt  aber  durchaus  zulässig  erscheinen,  daß  in 
den  einzelnen  Städten  und  Grundherrschaften  die  dort  vor- 
handenen Verwaltungsorgane  dieses  Maß  und  Gewicht  tat- 
sächlich verwalteten,  wie  dies  für  die  königlichen  Domänen 
in  dem  sogenannten  Capitulare  de  Villis  ausdrücklich  be- 
zeugt ist.^) 

Maß  und  Gewicht  führen  uns  unmittelbar  zu  Markt 
und  Zoll  hinüber.  Auch  da  hat  zur  Karolingerzeit  ein 
Regal  sicher  bestanden.  Th.  Sommerlad  hat  zwar  neuerlich 
noch  leugnen  wollen,  daß  es  ein  Zollregal  gegeben  habe^), 
allein  seine  Anschauungen  sind  schon  von  Küntzel  mit  Recht 
abgelehnt  worden.^)  Ausführlich  hat  S.  Rietschel  dann  die 
Entstehung  des  Markt-  und  Zollregales  in  der  Karolingerzeit 
behandelt.*)  Er  nimmt  an,  daß  das  Recht,  Zölle  zu  er- 
heben, wie  einen  Markt  zu  errichten,  noch  in  dieser  Zeit 
frei  war,  d.  h.  auch  Privaten  ohne  königliche  Genehmigung 
zustand.  Wie  dann  aber  das  Überhandnehmen  der  Zölle 
und  Zollstationen  bereits  Karl  den  Großen  dazu  veranlaßte, 
eine  bestimmte  Ordnung  auch  da  durchzuführen.  Er  verbot 
schon  779  die  Errichtung  neuer  Zollstationen. ^)  Es  konnten 
also  seitdem  ohne  besondere  Erlaubnis  des  Königs  keine 
neuen  Zölle  erhoben  werden.  Es  war  das  Recht,  Zölle 
neu  zu  begründen,  allein  dem  Könige  vorbehalten,  bzw. 
von  seiner  Genehmigung  abhängig  gemacht.^)  Und  diese 
(angebliche)  Entstehung  des  Zollregales  hatte  dann  natur- 
gemäß auch  die  des  Marktregales  zur  Folge,  da  auch  die 
Marktzölle  nur  mehr  dort  erhoben  werden  durften,  wo  es 
bisher  der  Fall  gewesen.  Wollten  die  Grundherren,  die 
einen  Markt  begründeten,  nicht  die  Haupteinnahmequelle 
davon  entbehren,  so  mußten  sie  sich  das  Recht  der  Zoll- 
erhebung vom  Könige  verleihen  lassen.  Es  entstand  so  auch 
das  Marktregal.'') 


•)  A.  a.  O.  c.  9.  "")  Die  Rheinzölle  im  MA.  (1894)  S.  5. 

«)  A.  a.  O.  S.  49  n.  i.  *)  Markt  u.  Stadt  (1897)  S.  13 ff. 

*)  MG.  Capit.  I,  51  c.  18.  «)  Rietschel  a.  a.  O.  25. 

')  Ebenda  26.  Die  Annahme  Rietschels,  es  sei  „immer  mehr 
üblich  geworden,  bei  der  Begründung  eines  Marktes  die  Bestätigung 
des  Königs  einzuholen",  ist  nicht  ganz  zutreffend.  Siehe  oben 
S. 236  ff. 


—     343     — 

Stimme  ich  soweit  den  Ausführungen  Rietschels  bei, 
so  kann  ich  der  von  ihm  aufgestellten  Chronologie  dieser 
Entwicklung  nicht  folgen.  Die  zitierte  Verordnung  Karls 
des  Großen  von  779  ist  sicherlich  nicht  ein  Anfang  zu 
neuem  Rechte  gewesen.  Sie  selbst  sagt  es  uns,  daß  schon 
früher  eine  solche  Beschränkung  der  Zollstätten  verfügt 
worden  sei.^) 

Sicherlich  hat  schon  König  Pippin  ein  Zollregal  ge- 
handhabt, wie  seine  Bestimmungen  über  die  Zollfreiheit  der 
Pilger  und  Nichthändler  von  754/5  beweisen.^)  Diese  haben 
ja  zur  Voraussetzung,  daß  der  König  bereits  ein  oberstes 
Verfügungsrecht  über  die  Zollerhebung ,  bzw.  -Befreiung 
allgemein  in  Anspruch  nahm.  Offenbar  hat  schon  zur  Zeit 
der  Merowinger  ein  Zollregal  bestanden^),  dem  dann  mit  dem 
Verfall  der  königHchen  Macht  Abbruch  geschehen  war. 

Über  die  Marktprivilegien,  welche  die  Karolinger  er- 
teilten, ist  oben  schon  gehandelt  worden.*)  Die  Zustimmung 
des  Königs  war  aber  nach  wie  vor  nicht  notwendig  für  jeden 
privaten  internen  Markt  der  Grundherren,  sondern  nur  für 
die  öffentlichen  Märkte,  auf  welchen  auch  fremde,  der  Im- 
munitätsherrschaft nicht  zugehörige  Leute  zusammenkamen. 
Sie  war  notwendig  für  die  Erhebung  des  Marktzolles  und 
für  den  Nachweis  der  königlichen  Anerkennung  des  Markt- 
bestandes. 

Auch  in  der  Auslegung  der  wichtigen  Bestimmungen 
des  Edictum  Pistense  (864)  kann  ich  mich  Rietschel  nicht 
anschließen.  Man  kann  aus  dem  Befehle  des  Königs  an 
die  Grafen,  ein  Verzeichnis  der  Märkte  anzufertigen  und 
dabei  deren  Entstehungszeit  festzustellen,  nicht  folgern,  daß 
seit  Ludwig  dem  Frommen  die  Genehmigung  des  Königs 
erforderlich  war.^)     Denn  wenn    auch   die  Feststellung,    ob 

*)  A.a.O.  De  tolotieis,  gut  tarn  antea  forbanniti  fuerunt 
nemo  tollal  nisi  übt  antiquo  tempore  fuerunt  Daß  mit  diesem  Verweis 
auf  ein  früheres  Capitulare  nicht  das  Pippins  von  754/5  gemeint  ist, 
wie  Boretius  in  der  Edition  der  MG.  annahm,  ergibt  sich  m.  E.  aus 
der  Verschiedenheit  des  Inhaltes  beider  Capitularien. 

'■')  MG.  Capit.  1,  32  c.  4- 

*)  Vgl.  dazu  jetzt  auch  R.  Schröder  RG.*  204  n.  39. 

*)  S.  236  f. 

")  So  Rietschel  a.  a.  O.  27. 


—     344     — 

diese  bei  den  einzelnen  Märkten  vorhanden  war,  hier  nur 
für  die  zur  Zeit  Ludwigs  des  Frommen  entstandenen  Märkte 
von  Karl  dem  Kahlen  verlangt  wird,  so  kann  das  auch  in 
einem  anderen  Sinne  gemeint  sein.  Es  beweist  vielleicht 
nur,  daß  eben  seit  dieser  Zeit  viel  zahlreichere  Märkte  ent- 
standen waren.  Denn  die  ganze  Tendenz  dieser  Bestimmung 
ist,  wie  sich  aus  dem  Motivenberichte  ^)  ergibt,  doch  darauf 
gerichtet,  die  überflüssigen  Märkte  abzuschaffen,  um  die 
Überwachung  der  Münze  und  die  Unterdrückung  der  Falsch- 
münzerei auf  jenen  sicherer  durchführen  zu  können. 

Hier  kann  am  besten  auch  angeschlossen  werden,  was 
sich  über  das  Judenregal  zur  Karolingerzeit  feststellen 
läßt.  Die  Juden,  als  Kaufleute  und  Händler  damals  schon 
von  großer  wirtschaftlicher  Bedeutung,  wurden  dem  König 
durch  besondere  Privilegien  unmittelbar  unterstellt.  Sie 
hatten  für  dessen  Schutz  eine  feste  Jahresabgabe  an  die 
königliche  Kammer  zu  entrichten.'^) 

Allerdings  wird  man  die  zwei  Stücke  der  sogenannten 
Formulae  Imperiales^),  welche  man  früher  häufig  auch  für 
die  Rechtsverhältnisse  der  Juden  von  damals  angeführt  hat, 
nun  nicht  mehr  dafür  verwenden  dürfen.  Tangl  hat  nämlich 
den  schönen  Nachweis  erbracht,  daß  in  diesen  Privilegien 
für  Kaufleute  tatsächlich  von  den  Juden,  deren  Rechte  an- 
geblich hier  auf  sie  ausgedehnt  wurden,  gar  nicht  die  Rede 
ist,  indem  statt  sicut  ipsi  ludet,  bzw.  sicut  ludeis  die  be- 
treffenden tironischen  Noten  der  einzigen  Überlieferung 
vielmehr  sicut  iam  diximus,  bzw.  sicut  diximus  aufzulösen 
sind.*)  Ich  glaube,  daß  diese  glückliche  Textberichtigung 
Tangls  a^i:;h  sachlich  dem  Zusammenhang  besser  entspricht. 

Gleichv\;ohl  Hegen  aber  noch  andere  für  Juden  erteilte 
königliche  Privilegienformeln  in  dieser  Sammlung  doch  vor*), 
welche    deren   Rechtsverhältnisse    deutlich    werden    lassen 


')  Vgl.  MG.  Capit.  2,  317  c.  19:  Ut  melius  et  commodius  haec  Pro- 
videntia de  bonis  denarüs  non  reiciendis  et  de  monetae  falsae  denariis 
cnstodiri  possif,  voliimus  .  .  .  , 

*)  Vgl.  im  I.  Bande  S.  168,  sowie  Brunner  RG.  i,  276—  i^  404. 

*)  MG.  Form.  311  nr.  32  u.  315  nr.  37. 

*)  Neues  Archiv  33,  197  ff. 

*)  A.  a.  O.  309  nr.  30,  310  nr.  31  u.  325  nr.  52. 


—    345     — 

Sind  diese  auch  für  bestimmte  Empfänger,  d.  h.  einzelne 
Juden  gedacht,  so  geht  aus  ihnen  doch  zugleich  hervor,  daß 
Ludwig  der  Fromme  ein  (nicht  mehr  erhaltenes)  Capitulare 
erlassen  hat,  das  vermutlich  deren  Rechtsstellung  im  all- 
gemeinen regelte.^)  Diese  Juden  waren  unter  Königsschutz 
gestellt,  besaßen  u.  a.  auch  Zollfreiheit  für  ihren  Handels- 
betrieb, ihre  Verletzung  oder  Tötung  verwirkte  eine  Buße 
an  die  königliche  Kammer.  Ich  habe  schon  im  ersten  Teile 
die  Ansicht  ausgesprochen^),  daß  sie  im  wesentlichen  bereits 
in  jenem  unmittelbaren  Abhängigkeitsverhältnis  vom  Könige 
standen,  das  dann  später  im  12.  Jahrhunderte  in  den  Königs- 
urkunden wieder  hervortritt  ^)  und  später  auch  in  der  Be- 
zeichnung „Kammerknechte"  seinen  bekannten  Ausdruck 
fand. 

Wie  die  Juden  standen  auch  die  Fremden  unter  der 
direkten  Schutzgewalt  des  fränkischen  Königs.*)  Res  pere- 
grinorum  propriae  sunt  regis  lautet  ein  Grundsatz,  den  Karl 
der  Große  in  einem  Privileg  für  das  Kloster  Honau  von 
772 — 74  zum  Anlaß  nahm,  um  der  Schottenkirche  dort 
entwendetes  Gut  zu  revindizieren.^)  So  dürften  auch  da 
ähnlich  wie  bei  den  Juden  erste  Ansätze  zu  einem  Fremden- 
regal anzunehmen  sein.  Brunner  leugnet  ein  solches  mit 
dem  Hinweis,  es  habe  ein  ausschließliches  Recht  des  Königs, 
den  Fremden  zu  schützen,  wie  es  später  in  dem  Begriffe 
des  Fremdenregals  auftritt,  in  fränkischer  Zeit  nicht  be- 
standen.^) Jedoch  fehlt  aber  jeder  Beweis  für  diese  Behaup- 
tung. Ich  glaube  zudem  nicht,  daß  darin  der  Charakter  des 
Fremdenregals  beschlossen  gewesen  sei.  Auch  in  der 
späteren  Zeit  ruht  das  Wesen  desselben  meines  Erachtens 
nicht  darin,  daß  nur  der  König  den  Fremden  Schutz  ge- 
währen kann,  sondern  vielmehr  in  dem  rechtlichen  Anspruch 
dieser  auf  Königsschutz,  bzw.  die  aus  dieser  direkten  Unter- 

^)  A.  a.  O.  310  nr.  31;  et  nemo  saepedictis  Hehreis  flagellis  caedere 
praesumat,  nisi,  probati  fuerint  secutidum  legcfn  eorum,  eos  c apitula, 
qua  a  nobis  eis  ob  servanda  promulgata  sunt,  violasse. 

»)  S.  168. 

*)  Vgl.  R.  Scholz,  Beitr.  z.  Gesch.  d.  Hoheitsrechte  d.  deutschen 
Königs  z.  Z.  der  ersten  Staufer  (1896J  S.  120  n.  5. 

*)  Brunner  RG.  i*,  399 ff. 

»)  MG.  DCar.  nr.  77.         ")  A.  a.  O.  S.  400. 


—     346     — 

Stellung  unter  den  König  sich  ergebenden  Rechtswohltaten 
und  Prozeßvorrechte.  Nun  gibt  Brunner  selbst  zu,  daß 
damals  schon  die  Grundsätze,  welche  die  Folgezeit  als 
Fremdlingsrecht,  ius  albinagii  zusammenfaßt,  in  deutlichen 
Keimen  vorhanden  gewesen  seien :  „Der  König  nahm,  wie  es 
scheint,  das  Erbe  des  Fremden,  auch  wenn  Kinder  von  ihm 
vorhanden  waren." 

Die  fränkischen  Könige  übten  ferner  auch  in  der  Karo- 
lingerzeit, wie  früher,  das  Steuerregal.  Man  hat  zwar 
vielfach  behauptet,  daß  diese  Zeiten  nur  freiwillige  Jahr- 
geschenke, aber  keine  Steuerpflicht  gekannt  hätten.*)  Doch 
sind  diese  annua  dona,  wie  oben  schon  angedeutet  wurde  ^), 
regelmäßige  Abgaben  obhgatorischer  Art  gewesen.  Hincmar, 
gewiß  ein  genauer  Kenner  des  karolingischen  Verfassungs- 
rechtes, sagt  ausdrücklich^):  causa  suae  defensionis  regi  ac 
rei  publicae  ve ctigalia ,  quae  nobiscimi  annua  dona 
vocantur,  praestat  ecclesia.  Wie  hier  die  Auffassung  als 
vectigalia  und  die  Entrichtung  an  den  Staat  deren  öffentlich- 
rechtlichen Charakter  deutlich  werden  lassen,  so  setzt  auch 
noch  eine  andere  Quelle  jener  Zeit  diese  annualia  dona 
direkt  in  Gegensatz  zu  den  dona  privata.*) 

Und  in  einem  Privileg  Kaiser  Ludwigs  des  Frommen 
für  Kempten  werden  die  annua  dona  den  servitia  ad  partem 
publicam  gleichgestellt,  ja  geradezu  unter  dem  Begriff  der 
publicae  functiones  subsumiert.^) 

Allerdings  ist  es  nicht  leicht,  die  Ausdehnung  bzw.  Ver- 
anlagung der  direkten  Staatssteuern  festzustellen.  Denn 
die  von  den  Quellen  gebrauchten  Bezeichnungen  sind  sehr 
unbestimmt  und  wechselnd.  Census  kann  ebenso  wie  tri- 
butum  auch  privatrechtlichen  Zins  bedeuten.  Es  ist  also 
aus  dem  Namen  allein  nicht  zu  ersehen,  ob  es  sich  um  eine 
Staatssteuer    oder    eine   privatrechtlich   begründete  Abgabe 


*)  So  u.  a.  Waitz  VG.  4^,  112  u.  auch  R.Schröder  RG."  S.  203. 

^)  S.  272. 

^)  Opera  ed.  Sirmond  (1645)  2,  325,    Dazu  F.  Dahn  a.  a.  O.  loiff. 

*)  Libell.  de  imp.  potest  MG.  SS.  3,  720:  consdtuebant  autem  an- 
nualia dotta  in  Papiae  palatium  perducenda  auri  libras  lo,  argenti  TOO 
pallia  optima  10  exceptis  privatis  donis. 

»)  Mon.  Boica  28,  27  (=  Mühlbacher*  nr.  929). 


—     347     — 

handle.  Da  nun  der  Rechtsgrund  für  die  konkret  genannten 
Abgaben  im  Einzelfalle  oft  nicht  sicher  bestimmbar  ist  und 
möglicherweise  ein  uns  nicht  mehr  erkennbares  privates 
Rechtsverhältnis  zugrunde  lag,  so  darf  man  nicht  ohne 
weiteres  jeden  census  regalis  oder  jedes  tributum  ad  partem 
regis  als  eine  Staatssteuer  ansehen.  Hatte  dies  F.  Dahn 
schon  richtig  hervorgehoben^),  so  ist  er  doch  selbst  dann 
in  denselben  Fehler  wieder  verfallen,  indem  er  den  census 
der  Freien  als  staatliche,  die  Leistungen  der  tributarii  als 
private  Abgaben  unterschieden  sehen  wollte.^)  Das  ist  un- 
zutreffend. Diese  Unterscheidung  dürfte  vielmehr,  wie  ich 
schon  im  i.  Teile  dargelegt  habe^),  auf  die  verschiedene 
soziale  Qualität  der  Leistenden  zurückzuführen  sein.  Tribu- 
tarii sind  vielfach  —  nicht  immer  —  unfreie  oder  hörige 
Hintersassen.  Aber  auch  der  census  Freier  kann  ein  Zins 
an  die  Grundherrschaft  sein. 

R.  Schröder  hatte,  wie  bekannt,  angenommen,  daß  es  in 
der  fränkischen  Zeit  eine  allgemeine  Steuerpflicht  des  Grund- 
besitzes gegeben  habe,  die  er  aus  einem  allgemeinen  Boden- 
regal des  Königs  herleitete,  demzufolge  dieser  Obereigen- 
tümer von  allem  Grund  und  Boden  gewesen  sei  *)  Diese 
Auffassung,  welche  auch  Lamprecht  teilte^),  ist  heute  be- 
reits verlassen.^) 

Ob  freilich  damit  auch  schon  erwiesen  ist,  daß  eine 
allgemeine  Steuerpflicht  der  Untertanen  der  fränkischen 
Verfassung  gänzlich  unbekannt  gewesen  sei,  wie  H.  Brunner 
behauptet''),  möchte  ich  noch  sehr  dahingestellt  sein  lassen. 
Und  ebenso  auch  die  damit  im  Zusammenhange  stehende 
weitere  These,   daß    das    römische   Steuerwesen    unter    der 


>)  A.  a.  O.  S.  30 f.  2)  A.  a.  O.  S.  35.  ')  S.  193. 

*)  Die  Franken  u.  ihr  Recht,  Ztschr.  f.  RG.  2,  62  ff.  (1881). 

*)  DWL.  I,  103 f.,  sowie  Deutsche  Gesch.  2,  83. 

*)  A.  Hausier,  Institut,  d.  deutschen  Priv.  Rechts  i,  370.  Vgl. 
Brunner  RG.  2,  237;  Rubel,  Die  Franken  S.  56  n.;  Dahn  a.  a.  O.  S.  3if.; 
Haff  in  Ztschr.  f.  RG.  32,  325ff.;  meine  Bemerkungen  im  i. Teile  S.  193. 
Selbst  Arndt,  Z.  Gesch.  und  Theorie  d.  Bergregals  1879  S.  214,  sowie 
Lamprecht  DWL.  i,  104.  n.  i,  die  Schröders  Hypothese  akzeptierten, 
hatten  doch  selbst  Bedenken  dagegen  nicht  ganz  unterdrücken  können. 

■')  RG.  2,  234;  vgl.  auch  Waitz  VG.  4*,  112. 


—     348     — 

Herrschaft  der  Franken  entartete  und  abstarb.*)  Sicher  ist, 
daß  die  Merowinger  dasselbe  beibehalten  haben^),  und  es 
liegt  kein  Grund  vor,  eine  vollkommene  Änderung  für  die 
Karolingerzeit  anzunehmen.  Wie  kam  denn  die  Forschung 
überhaupt  zu  dieser  Annahme  ? 

Doch  vorwiegend  nur  durch  ein  testimonium  ex  silentio. 
Weil  die  noch  in  der  Merowingerzeit  erwähnten  Steuer- 
bücher jetzt  nicht  mehr  in  den  Quellen  vorkommen.^) 
Gleichwohl  erhelt  aus  den  von  Waitz  am  besten  zusammen- 
gestellten Quellenbelegen,  daß  die  ersten  Karolinger  all- 
gemein den  Grundsatz  aufstellten,  es  solle  der  census  regalis 
überall  dort,  wo  er  früher,  ja  von  alters  her  (antiquitus) 
entrichtet  wurde,  auch  fürder  gezahlt  werden. 

Kopf-  und  Grundsteuer  (sive  de  propria  persona  ho- 
minis^ sive  de  rebus)  werden  dabei  unterschieden.*) 

Hält  man  dazu,  daß  ein  öffentliches  Steuerregister 
(polepticum  publicum)  in  den  Marculfschen  Formeln  (I.  19) 
doch  erwähnt  wird,  und  diese  ja  auch  in  der  Karolingerzeit 
noch  in  der  königlichen  Kanzlei  in  Verwendung  standen, 
dann  gewinnt  auch  dieses  Capitulare  über  die  Fortent- 
richtung des  census  regalis  eine  ganz  andere  und  wichtige 
Bedeutung. 

Daß  die  Quellen  wenig  über  Steuern  verlauten  lassen, 
trifft  doch  nur  dann  zu,  wenn  man,  wie  es  Waitz  getan  hat, 
allen  Bezeichnungen  für  Abgaben  in  jener  Zeit  (census, 
tributum,  stevra)  einen  privatrechtlichen  Charakter  zu- 
schreibt und  behauptet,  daß  sie  nicht  als  wirkliche  Staats- 
steuern angesehen  werden  können.^) 

Das  ist  aber  sicher  nicht  richtig.  Denn  als  tributa 
werden  auch  die  bekannten  (a.  o.)  Normannensteuern  be- 
zeichnet, die  keineswegs  einen  privatrechtUchen  Charakter 
hatten.  Die  Jahrbücher  von  Fulda  sagen  es  uns  bei 
Schilderung  der  Unterwerfung  des  Normannenhäuptlings 
Rorich    im  Jahre    850   ganz    ausdrücklich,    daß   die    tributa 


*)  Ebenda  238.     Waitz  ebenda. 

*)  F.  Dahn,  Zum  Merowingischen  Finanzrecht  in  German.  Abh. 
70.  Geburtstag  Konr.  Maurers  ('893)  333!!". 

^)  So  Waitz  VG.  4^,  113  u.  auch  Dahn,  Könige  VIII.  5,  29. 
*)  Waitz  VG.  4^  114.  ")  So  Waitz  a.  a.  O.  112. 


—     349    — 

ad  regis  aerarium  gehörten.^)  Und  anderseits  dürfte  die 
auch  stevra  genannte  Ostarstufa  doch  wohl  öffentUchrecht- 
lichen  Charakter  gehabt  haben,  da  sie  nach  einer  Traditions- 
urkunde des  Herzogs  Liutfried  für  Weißenburg  (730  -  739) 
zwischen  anderen  öffentlichen  Abgaben  (freta  und  haribanno) 
und  auf  einer  Linie  mit  diesen  angeführt,  zugleich  aber  von 
den  fürder  an  die  Kirche  zu  leistenden  privaten  ,cinsos' 
unterschieden  wird.  ^) 

Dafür  spricht  auch,  daß  das  Urbar  aus  Lorsch,  in 
welchem  die  Osterstufe  vorkoramt,  neuestens  als  eine  Auf- 
zeichnung des  rhein fränkischen  Reichsgutes  in  der  Zeit 
von  830  -850  erwiesen  worden  ist.-'') 

Endlich  soll  doch  nicht  übersehen  werden,  daß  850  in 
den  für  Kaiser  Ludwig  II.  bestimmten  Synodalbeschlüssen 
von  Pavia  u.  a.  auch  gegen  die  Bestellung  von  Priestern  als 
Steuerpächter  oder  Steuerbeamte*)  Einsprache 
erhoben  wird.  Aus  derselben  Quelle  geht  überdies  noch 
hervor,  daß  auch  Juden  in  dieser  Eigenschaft  sich  be- 
tätigten. °) 

Diese  Quelle  dürfte  allerdings  zunächst  italienische  Ver- 
hältnisse vor  Augen  haben,  wo  ja  bekanntlich  die  römischen 
Einrichtungen  auch  in  dieser  Beziehung  fortdauerten.®)  Dort 
in  Italien  kommt  die  Bezeichnung  census  auch  für  Steuern 
vor.^)     Aber  auch  in  Deutschland  kann  unter  census  nicht 


^)  SS.  rer.  Germ,  in  usum  schol.  zu  850;  vgl.  Mühlbacher  Reg.* 
nr.  1143  b. 

^)  Trad.  Wizz.  nr.  12.  —  Daß  die  Osterstufa  aus  den  üblichen 
Jahrgeschenken  hervorgegangen  sei,  wie  Brunner  RG.  2,  237  meint, 
halte  ich  nicht  für  wahrscheinlich.  Denn  letztere  dürften  auf  einer 
näheren  Beziehung  zum  König  —  nach  Hincmar  entrichtete  sie  die 
Kirche  für  den  Königsschutz  —  beruht  haben. 

')  Vgl.  K.  Glöckner  in  Mitteil.  d.  Instit.  38,  381  ff.,  bes.  393  (1919). 

*)  MG.  Capit.  2,  121  c.  18:  Sed  et  ille  excessus  omnino  hihibendus 
est,  quod  qtiidam  seculares  viri  presbiteros  aut  alias  clericos  conductores 
vel  procuratores  sive  exactores  fiscalium  rerum  vel  redituum  aut 
vectigalium  constituiint. 

*)  Ebenda  122  c.  24:  Omni  ratione  caret  et  religioni  christianae 
noxium  et  contrarium  noscit^ir,  nt  Judei  a  christianis  vectigalia  exigant .  .  . 

')  Vgl.  G.  Luzzatto,  i  servi  neue  grandi  proprietä  ecclesiastiche 
S.  160  ff.,  sowie  E.  Mayer,  Italien.  VG.  i,  309  ff. 

')  E.  Mayer  a.  a.  O.  310. 


—     350    — 

durchwegs  nur  ein  privatrechtlicher  Zins  gemeint  sein.  Ich 
verweise  besonders  auf  die  ordinatio  imperii  vom  Jahre  817, 
durch  welche  Kaiser  Ludwig  auch  seinen  jüngeren  Söhnen 
Pippin  und  Ludwig  d.  D.  in  ihren  zukünftigen  König- 
reichen noch  besonders  die  tributa  et  census  überweist.^) 
Darin  können  wir  nicht  bloße  Grundzinse  erblicken,  weil 
diese  ganz  selbstverständlich  ihnen  als  Eigentümern  jener 
Gebiete  zugefallen  wären.  Mir  macht  diese  Bestimmung 
in  ihrer  besonderen  Stellung  und  auch  in  ihrer  Motivierung^) 
ganz  den  Eindruck,  als  ob  den  jüngeren  Brüdern  und  Kö- 
nigen für  ihren  Herrschaftsbereich  ein  Recht  dadurch  ge- 
sichert werden  sollte,  auf  das  sonst  vielleicht  der  Kaiser 
als  Gesamtvertreter  des  Reiches  hätte  Anspruch  erheben 
können  (?). 

Sehr  bedeutsam  scheint  mir  auch  der  Vorbehalt,  welcher 
in  einem  Diplom  Kaiser  Ludwigs  des  Frommen  für  St.  Gallen 
von  817  gelegentlich  der  Schenkung  von  Hufenzins  gemacht 
wird,  der  an  die  Grafen  bisher  entrichtet  wurde :  salva  tarnen 
functione ,  quae  tarn  ex  censum  quam  ex  tributum  vel 
alia  qualibet  re  partibus  palatii  nostri  exire  debent.^)  Man 
muß  sich  dabei  gegenwärtig  halten,  d^&  functio  zur  Römer- 
zeit und  auch  nachher  in  Italien  die  Bezeichnung  für  die 
ordentliche  Staatssteuer  gewesen  ist.*)  Und  nun  ist  die 
Interpretation  überaus  interessant,  welche  diese  Stelle  in 
demselben  Kloster  noch  zur  Karolingerzeit  erfahren  hat- 
Wir  besitzen  nämlich  noch  eine  Formel  aus  der  Zeit 
Karls  III.,  welche  nach  dieser  Urkunde  gearbeitet  ist.  Hier 
aber  heißt  es  an  der  entsprechenden  Stelle  ^) :  salva  tarnen 
functione,  quae  tarn  ex  tributo  seu  vectigalibus  vel  alia 
qualibet  re  .  .  . 

Können  wir  uns  noch  einen  deutlicheren  Kommentar 
wünschen  .f* 


^)  MG.  Capit  I,  272  c.  12. 

^)  Ebenda:  ut  ex  his  in  stiis  necessitatibus  constdant  et  dona 
seniori  fratri  de  ferenda  melius  preparare  valeant.  Sollten  unter 
diesen  dona  vielleicht  ähnliche  „Gaben"  zu  verstehen  sein,  wie  sie 
die  annua  dona  (siehe  oben  S.  272)  sonst  darstellen? 

»)  St.  Gall.  ÜB.  I,  217.  *)  Vgl.  E.  Mayer,  ital.  VG.  i,  309. 

*)  MG.  Form.  435  n.  3. 


-     351     - 

Ferner  weisen  auf  Steuern  auch  im  Osten  die  be- 
kannten Verbote  Karls  des  Großen  und  Ludwigs  des 
Frommen  von  812,  bzw.  818/19,  Ländereien,  von  welchen 
ein  census  oder  tributum  an  den  König  entrichtet  wurde, 
an  die  Kirche  zu  tradieren.  Diese  Verbote  müßten  über- 
flüssig erscheinen,  wenn  man  dabei  nur  an  königliches  Leihe- 
land zu  denken  hätte.  Denn  dann  wäre  ja  eine  solche 
Tradition  ohne  Zustimmung  des  Königs  ohnehin  kaum 
möglich  gewesen.  Sie  erklären  sich  aber  ohne  weiteres,, 
wenn  wir  unter  diesem  census,  bzw.  tributum  eine  Steuer  von 
freiem  Eigengut,  bzw.  eine  Kopfsteuer  Freier  verstehen.^) 
Durch  Auftragung  an  die  Kirche  wären  dem  Könige  diese 
Steuern  nun  entzogen  worden,  da  das  Immunitätsgebiet 
jedenfalls   von  der  ordentlichen  Staatssteuer  befreit  war. 

Von  diesem  Standpunkte  aus  gewinnt  nun  auch  eine 
Stelle  in  den  Konzilsakten  von  Langres  (830)  eine  wichtige 
Bedeutung,  wo  bestimmt  wird,  daß  eine  villa,  die  aus  der 
Immunität  des  Bischofs  von  Langres  an  die  Kirche  von 
St.  Pierre  de  Beze  übergeht, /röri-«i-  ab  omni  consnetudinali 
e X actione  liberrimam  bleiben  solle. ^) 

Auch  Hincmar  sagt  von  den  Kirchengütern,  daß  sie 
sub  immunitate  a  tributis  fiscalibus  liberae  maneant.^) 

Möglicherweise  erklärt  sich  nun  auch  auf  diese  Weise 
das  angebhche  Stillschweigen  der  Quellen  über  die  Steuern 
in  karolingischer  Zeit.  Halten  wir  uns  vor  Augen,  daß  sie 
nahezu  ausschließlich  von  kirchlichen  Instituten  herrühren, 
die  der  Immunität  teilhaftig  und  somit  von  dieser  direkten 
Staatssteuer  befreit  waren,  so  lag  hier  gar  kein  Anlaß  vor, 
jener  positiv  zu  gedenken.  Und  eben  in  diesem  Zusammen- 
hange sei  noch  eine  Vermutung  hier  zur  Diskussion  gestellt. 
Wir  haben  von  den  annua  dona  gehört.    Deren  Rechtsgrund 

^)  Besonders  deutlich  spricht  sich  Karl  d  K.  im  Edikt  von  Pistes 
(864)  unter  Berufung  auf  jene  Kapitularien  seiner  Vorfahren  darüber 
aus  MG.  Capit.  2,  322  c.  28:  zä  Uli  Franci  qui  censum  de  suo  capite  vel 
de  suis  rebus  ad  partem  regiam  debeni,  sine  nostra  licentia  ad  casavi 
Dei  .  .  .  se  non  tradant,  ut  res  publica,  quod  de  Ulis  habere  debet,  non 
perdat. 

«)  MG.  Concil  2,681. 

^)  De  ecclesiis  et  cappellis  S.  110;  vgl.  U.  Stutz,  Gesch.  d.  kirchl. 
Benefiz.-Wes.  i,  i68  n.  72. 


—    352    — 

und  Ausdehnung  ist  bisher  ganz  im  dunkeln  geblieben.  Die 
bisherige  Forschung  hat  sich  darüber  um  so  weniger  Ge- 
danken gemacht,  als  sie  ja  annahm,  das  seien  freiwillige 
Gaben  gewesen.  Nun  sagt  uns  Hincmar  ganz  bestimmt, 
daß  die  Kirche  sie  dem  Könige,  bzw.  Staate  für  den  ihr 
gewährten  Schutz  gegeben  habe.*)  Sollten  sie  vielleicht 
ursprünglich  eine  Art  Entgelt  für  die  Immunitätserteilung, 
bzw.  den  Königsschutz  gewesen  sein? 

Dazu  würde  dann  sehr  wohl  stimmen,  daß  auch  die 
Grafen  und  Potentes  sie  gleichfalls  darbrachten.  Denn  sie 
erfreuten  sich  ja  der  gleichen  Begünstigung^),  d.h.  also  der 
Steuerfreiheit.  Auch  hier  wäre  eine  Entschädigung  an 
den  König  für  den  Entgang  namhafter  Einnahmen 
infolge  Gewährung  jener  unmittelbar  verständlich. 

Sicher  ist,  daß  auch  im  Osten  ein  annualis  census  ad 
publicum  urkundlich  bezeugt  erscheint^),  was  wohl  auch 
kein  privater  Grundzins  gewesen  ist.  Andere  Belege  haben 
Waitz  selbst,  trotzdem  er  von  der  Existenz  einer  „wirklichen 
öffentlichen  Steuer"  nichts  wissen  wollte,  bereits  zu  dem 
Geständnisse  veranlaßt,  es  seien  „doch  offenbar  direkte 
Abgaben  .  .  .  häufiger  vorgekommen,  als  man  nach  dem 
allgemeinen  Grundsatz  [d.  h.  daß  es  keine  direkte  Staats- 
steuer gegeben  habe  !j  anzunehmen  geneigt  sein  möchte".*) 
Ist  vielleicht  dieser  „allgemeine  Grundsatz",  d.  h.  die  An- 
nahme, daß  es  keine  direkte  Staatssteuer  gegeben  habe, 
tatsächlich  gar  nur  eine  Fiktion  jener  Forscher.!* 

Über  die  außerordentlichen  Steuern  (Normannen-,  Armen- 
und  Heil.  Landsteuern)  ist  früher  schon  gesprochen  worden. 
Ihr  Vorhandensein  würde  allein  zur  Genüge  dartun,  daß 
der  angebliche  Grundsatz  der  Steuerfreiheit,  an  welchem 
noch  Waitz,  Mühlbacher,  R.  Schröder  und  viele  andere  fest- 
hielten, tatsächlich  in  der  Karolingerzeit  nicht  mehr  be- 
standen hat. 

Die  zwingende  Gewalt  zur  Erhebung  all  dieser  dem 
Gemeinwohl,     sowie     gemeinnützigen    Zwecken     dienenden 


')  Siehe  oben  S.  346  n.  3. 

*)  Vgl.  Waitz  VG.  4  *,  1 10  n.  i ;  dazu  in  der  i.  Aufl.  2,  127  ff. 
')  Mon.  Büica3i,62    (Kempten)  =  Mühlbacher  Reg.^  nr.  899. 
*)  VG.4*,  118;  vgl.  besonders  die  S.  iign.  5  zit.  Urkundenstellen! 


-     353     — 

öffentlichen  Abgaben  ergab  sich  aus  der  plenitudo  potestatis 
des  fränkischen  Königs.^) 

Wie  in  seiner  Hand  die  höchste  Gerichtsbarkeit  ruhte 
und  ein  Gerichtsregal  sich  gebildet  hatte,  so  hat  das 
Bannrecht  des  Königs  —  auch  wenn  wir  von  der  alten 
Annahme  eines  Dualismus  von  Volksrecht  und  Königsrecht 
im  Sinne  Sohms  absehen^)  —  ihm  die  Zwangsmittel 
verschafft,  seinen  Willen  nach  allen  Seiten  hin  durchzu- 
setzen. Ganz  allgemein  wurde  Gehorsam  gefordert  auf 
Grund  des  Treueverhältnisses  und  kraft  des  Rechtssatzes, 
daß  den  Ungehorsamen  die  Strafe  der  Infidelität  mit  allen 
ihren  Folgen  treffe.^) 

Hand  in  Hand  mit  dieser  Auffassung  geht  die  Tatsache 
einher,  daß  sich  der  König  als  Eigentümer  alles  herren- 
oder  erblosen  Gutes  betrachtete.  Eben  dieser  Grundsatz 
hat  sich  praktisch  zu  einer  Reihe  von  Regalien  umgesetzt. 
Ein  Bodenregal  in  diesem  beschränkteren  Sinne  wird  heute 
ziemlich  allgemein  zugegeben.*) 

Aber  auch  das  Straßen-  und  Stromregal  ^),  sowie  das 
Forstregal  ^)  ergibt  sich  konsequenterweise  aus  diesem 
Grundsatze.  Ja  ebenso  wohl  auch  das  Jagd-  und  Fischerei- 
regal, zu  welchem  sich  doch  trotz  R.Schröders  Ableugnung ') 
schon  in  der  Karolingerzeit  deutliche  Spuren  zeigen.^) 

')  Vgl.  dazu  R.  Sohm,  Die  fränkische  Reichs-  und  Gerichts- 
verfassung, 2.  Aufl.  S.  i66. 

-)  Vgl.  Seeliger, Volksrecht u. Königsrecht, Hist.Vjschr.  1898S.  iff. 

')  Brunner  RG.  i,  380,  sowie  Seeliger  a.  a.  O.  361. 

*)  A.  Heusler  a.  a.  O.  370;  Rubel  a.  a.  O.  45;  Brunner  RG.  2,  237, 
Rietschel,  Markt  u.  Stadt  S.  18  u.a.  m. 

*)  Vgl.  Heusler  a.  a.  O.  368;  Rubel,  Reichshöfe  S.  74ff.  u.  115; 
Rietschel  a.  a.  O. 

•)  Brunner  RG.  2,  75  u.  Thimme,  Forestis  Arch.  f.  Urk.  Forsch. 
2,   109  f. 

')  DRG.5  S.  205.  Zuletzt  hat  auch  da  R.  Schröder  doch  der 
neueren  Forschung  Rechnung  getragen  RG.*  209  n.  73. 

*)  Vgl.  für  das  Jagdregal  Waitz  VG.4-,  130 ff.  u.  Thimme  a.a.O., 
für  das  Fischereiregal  Waitz  VG.  4*,  133,  Brunner  RG.  2,  75;  außer- 
dem verweise  ich  auf  eine  bisher  nicht  benutzte  Stelle  des  von  Patetta 
veröffentlichten  Kapitularienbruchstückes,  wo  (c.  XXII)  kgl.  Einkünfte 
aufgezählt  werden :  de  p\ontibu\s  et  pontonis  vel  mercatis  et  de  diversis 
teloneis  aut  piscationibus,  Atti  della  R.  Accad.  di  Torino  33,  79. 
Dop  seh,  Wirtschaftsentwickluig  der  Karolingerzeit.   II.  2.  Aufl.        23 


-     354     - 

Endlich  lassen  sich  unter  diesem  Gesichtspunkt  meines 
Erachtens  auch  jene  Quellenstellen  erklären,  welche  für  erste 
Ansätze  eines  Allmend-'),  Berg-^)  und  Fundregales  ^)  namhaft 
gemacht  worden  sind.  Der  König  erhob  Anspruch  auf  alle 
wüstliegenden  Ländereien,  die  noch  nicht  in  private  Nutzung 
übergegangenen  Wälder,  das  Wildland,  wie  auf  die  Aneignung 
der  wilden  Tiere,  mochten  sie  nun  im  Wald  und  Feld  oder 
im  Wasser,  so  diese  nicht  Privateigen  waren,  sich  befinden. 
In  beiden  Fällen  konnte  eine  königliche  Bannlegung  er- 
folgen. 

Der  König  betrachtete  sich  ebenso  als  Eigentümer 
herrenloser  Bodenschätze,  wie  auch  als  gesetzlichen  Erben 
der  ohne  Testament  verstorbenen  Freigelassenen  (liberti), 
sofern  sie  von  dem  ihnen  bei  der  Freilassung  eingeräumten 
Rechte,  sich  einen  Schutzherrn  zu  wählen,  keinen  Gebrauch 
gemacht  hatten.*) 

Im  ganzen  ist  also  eine  Durchsetzung  der  königlichen 
Obergewalt  nach  allen  Seiten  hin  durch  die  ersten  kraft- 
vollen Karolinger  bewirkt  worden,  wie  sie  ausgreifender 
kaum  je  mehr  später  von  den  deutschen  Königen  über- 
boten werden  konnte.")  Der  Unterschied  gegenüber  dem 
älteren  Königtum   der  Merowinger   ist  doch  auch  den  Zeit- 

')  R.  Schröder  RG.*,  218,  sowie  „Die  Franken  und  ihr  Recht" 
a.  a.  O.  S.  64;  dazu  Brunner  RG.  2,  237. 

*)  Brunner  RG  2,  76,  sowie  die  dort  zit.  Literatur.  Heusler 
a.  a.  O.  369  u.  R.  Schröder  RG.*  S.  205. 

')  Vgl.  die  von  E.  Eckstein,  Das  Schatz-  u.  Fundregal,  Mitt.  d. 
Inst.  31,  197  ff.  zit,  Quellenstellen,  denen  gegenüber  die  Ableugnung 
Ecksteins  nicht  hinlänglich  begründet  worden  ist. 

*)  Vgl.  K.  Zeumer,  Über  die  Beerbung  der  Freigelassenen  durch 
den  Fiskus  nach  fränk.  Recht,  F.  z.  DG.  23,  189 ff. 

*)  Sehr  treffend  bemerkte  R.  Schröder^  Die  Franken  u  ihr  Recht 
a.a.O.  S.  8i:  ,,Es  ist  überhaupt  verkehrt,  wenn  man  für  das  10.  oder 
1 1.  Jahrhundert  noch  eine  Zunahme  der  königl  Gewalt  gegenüber 
der  Zeit  der  Karolinger  und  der  ersten  Merowinger  glaubt  annehmen 
zu  sollen;  die  Krone  war  nicht  mehr  in  der  Lage,  sich  neue  Rechte 
anzumaßen,  sie  durfte  zufrieden  sein,  wenn  es  gelang,  den  von  den 
Vorfahren  überlieferten  Besitzstand  festzuhalten  oder  äulSerstenfalls 
zu  revindicieren,  was  ohnmächtigen  Herrschern  abhanden  gekommen 
war."  Das  gilt  m.  E.  allerdings  nur  für  die  ersten  Karolinger.  Schon 
unter  Ludwig  d.  Fr.  änderte  sich  das  mit  dem  Verfall  der  kgl.  Macht 
u.  dem  Aufkommen  der  feudalen  Gewalten. 


—    355     — 

genossen  schon  bewußt  geworden.  Einhard  hat  ja  am 
Eingang  seiner  Biographie  Karls  des  Großen,  um  diesen 
Gegensatz  recht  hervorzuheben,  antithetisch  die  Art  ge- 
schildert, wie  die  alten  Bauernkönige  noch  in  einem  Ochsen- 
wagen, der  von  einem  Ochsenknecht  „rustico  more"  gelenkt 
wurde,  zum  Hofe  und  zur  Reichsversammlung  zu  fahren 
pflegten. 

Diese  „bäurische  Art"  kam  der  Generation  Karls,  die 
offenbar  eine  ganz  andere  Vorstellung  vom  Königtum  hatte, 
wie  eine  längst  überwundene  Phase  fränkischer  Kultur- 
entwicklung vor. 

Und  in  der  Tat.  Hält  man  sich  diese  reiche  Aus- 
gestaltung der  Regalien  vor  Augen,  so  wird  klar,  daß  die 
herrschende  Lehre,  als  ob  Karl  der  Große  den  Schwerpunkt 
seiner  Finanzwirtschaft  auf  die  Domänen  verlegt  habe '), 
unhaltbar  ist.  Ganz  im  Gegenteile  mußten  diese  zahlreichen 
Regalien  jetzt  schon  viel  reichere  Einnahmen  ergeben,  als 
die  in  schlechtem  Zustande  befindlichen  und  wenig  verläß- 
lichen Krongutsverwaltungen.2)  Wie  geringschätzig  spricht 
nicht  Einhard  an  der  erwähnten  Stelle  von  den  dürftigen 
Einkünften  des  merowingischen  Königs,  der  angebhch  nur 
eine  einzige  Domäne  sein  eigen  nannte.^)  Und  von  da  aus 
fällt  nun  ein  neues  Licht  auf  die  ganze  Wirtschafts- 
politik der  Ka  rolinger.  Sie  teilten  in  immer  reicherem 
Maße  von  ihren  Krongütern  Schenkungen  aus.  An  die  Kirche, 
wie  an  die  Laienaristokratie.  Zu  Eigen  und  zu  Lehen.  Das 
müßte  auffällig  erscheinen,  wenn  wirklich  der  Schwerpunkt 
der  königlichen  Finanzen  eben  auf  den  Domänen  geruht 
hätte.  Die  Karolinger  waren  aber  demgegenüber  noch  auf- 
fallend sparsam  in  der  Erteilung  von  Regalien.  Die  Zahl 
der  echten  Privilegien,  welche  solches  bezeugen,  ist,  nachdem 
die  Fälschungen   ausgeschieden  wurden,    heute  sehr  gering. 

•)  So  V.  Inama  WG.  i,  304;  dann  auch  Brunner  RG.  2,  72  und 
R.  Schröder  RG.*  S.  206.  Letzterer  hat  sich  aber  zuletzt  der  hier 
vorgetragenen  Auffassung  angeschlossen  RG.*  211  (1919). 

*)  Siehe  im  i.  Teile  S.  185  f. 

')  Vita  Karoli  c.  I:  nihil  aliud  proprii  possiderei,  quam  unam  et 
eam  praeparvi  redditus  villam,  in  qua  domum  et  ex  qua  famulos  sibi 
necessaria  ministrantes  atque  obsequium  exhibentes  paucae  numerositatis 
habebat. 

23* 


-     356     - 

Und  auch  bei  diesen  Münz-  und  Marktrechten  ist  die  Absicht 
deutlich  richtunggebend  gewesen,  dadurch  eine  Belebung 
des  Verkehrs  zu  bewirken,  wodurch  eben  wieder  neue  Ein- 
nahmen doch  gewonnen  wurden.  Die  Zollfreiheiten  aber 
werden  ausdrücklich  auf  den  Eigenbedarf  der  Empfänger 
beschränkt.  Und  bei  den  Traditionen  von  Grund  und 
Boden  Freier,  die  immer  zahlreicher  erfolgen,  wird  doch 
besonders  der  Vorbehalt  gemacht,  daß  die  königlichen 
Steuererträge  dadurch  nicht  beeinträchtigt  werden  dürfen. 
Die  Begünstigung  der  Juden  und  Handelsleute  tritt  seit 
Ludwig  dem  Frommen  deutlich  hervor.  In  der  Wucher- 
gesetzgebung aber  legt  sich  die  königliche  Gewalt,  der 
Kirche  den  Vortritt  lassend,  eine  bemerkenswerte  Reserve 
auf.  Und  man  beachte  doch:  aus  der  immer  mehr  ver- 
siegenden Kapitulariengesetzgebung  der  späteren  Karo- 
lingerzeit ragen  das  Edikt  von  Pistes  (864),  das  berühmteste 
Denkmal  mittelalterlicher  Münz-  und  Geldgesetzgebung, 
im  Westen  und  die  Raffelstätter  Zollordnung  über  den 
Handel  im  äußersten  Osten  bezeichnend  auf  .  .  . 

Soll  dies  ganz  zufällig  gewesen  sein? 

Allerdings  trat  in  der  Verwaltung  der  Regalien 
im  Verlaufe  des  9.  Jahrhunderts  eine  deutliche 
Wandlung  ein.  Mit  dem  Verfall  des  Einheitsstaates  und 
dem  Niedergang  der  königlichen  Gewalt  hatte  die  erstarkende 
Macht  der  Großen,  der  Bischöfe  wie  des  weltlichen  Adels, 
alsbald  daran  Anteil  gewonnen. 

Das  konnten  wir  bei  der  Münze  schon  deutlich  wahr- 
nehmen, und  zwar  nicht  so  sehr  infolge  Erteilung  von  Münz- 
rechten an  sich,  als  insbesondere  vermöge  des  Überganges 
zur  percussura  proprii  nomismatis,  der  doch  schon  ein- 
geleitet erscheint.^)  Ähnlich  auch  beim  Markt-  und  Zoll- 
regal, wo  die  Schenkung  der  Einkünfte  von  einzelnen  Hebe- 
stellen, wie  sehr  immer  noch  das  königliche  Hoheitsrecht 
festgehalten  wird,  doch  den  ersten  Schritt  zum  späteren 
Vollerwerb  dieser  Berechtigungen  selbst  bedeutet.  Sie 
gingen  dem  Königtum  auf  dieser  Bahn  meist  unwieder- 
bringlich verloren. 


*)  Siehe  oben  S.  326  f. 


—    357    - 

Am  schwersten  aber  sind  die  königlichen  Rechte  im 
Gericht  durch  die  Immunitätsprivilegien  beeinflußt  worden. 
Mit  der  Ausbildung  der  Immunität  im  9.  Jahrhunderte  wurde 
jene  bedeutsame  Entwicklung  der  Gerichtsverfassung  er- 
öffnet, die  dann  nahh  100  Jahren  bereits  das  Recht  der 
Bischöfe,  aber  auch  das  weltlicher  Dynasten  an  die  Stelle 
des  königlichen  treten  ließ.^)  Der  Ablauf  dieses  wichtigen 
Prozesses  der  Entstaatlichung  ist  aber  meines  Erachtens 
bei  allen  Regalien  im  wesentlichen  doch  derselbe  gewesen. 
Zuerst  die  negative  Seite  der  Entäußerung  seitens  des 
Königs,  sei  es  durch  Erteilung  von  Münz-,  Markt-  und  Zoll- 
privilegien sowie  Schenkung  der  Einkünfte  dort,  sei  es  durch 
das  Verbot  des  Introitus  iudicum,  bzw.  agentum  regis  hier. 
War  dieser  Schritt  einmal  geschehen,  so  konnte  das  schwäch- 
liche Königtum,  das  schon  am  Ausgang  der  Karolingerzeit 
sich  kaum  ernstlich  mehr  von  den  neuerstarkten  Stammes- 
Herzogtümern  unterschied,  an  eine  Rückgewinnung  nicht 
mehr  denken,  zumal  Gewalten  gegenüber,  auf  die  es  politisch 
angewiesen  war.  Die  Gunst  der  politischen  Lage  ermöglichte 
denn  auch  bereits  unter  den  Ottonen  dann  den  positiven 
Ausbau  jener  Rechte.  Die  bischöfliche  Fürstenmacht  trat 
seit  Ausgang  des  10.  Jahrhunderts  im  engeren  Kreise  ihres 
Herrschaftsbereiches  das  Erbe  der  königlichen  an.^) 

So  gehen  die  Regalien  vielfach  an  die  feudalen  Ge- 
walten des  geistlichen  (Bischöfe)  und  weltlichen  Adels  all- 
mählich über.  Der  Wandel  tritt  aber  nicht  erst  im  10.  Jahr- 
hundert ein,  sondern  bereits  in  der  Karolingerzeit  selbst 
schon  im  neunten,  ja  man  kann  sagen  stellenweise  bald 
nach  dem  Tode  Karls  des  Großen. 


1)  Vgl.  A.  Hauck,  Die  Ausbildung  der  bischöfl.  Fürstenmacht, 
Leipz.  Univ.  Progr.  1891  S.  43  ff.  bes.  45. 

^)  Vgl.  für  Worms,  wo  sich  das  besonders  deutlich  verfolgen 
läßt,  Lechner,  Die  älteren  Königsurkunden  für  das  Bistum  Worms 
u.  die  Begründung  der  bischöfl.  Fürstenmacht,  Mitt.  d.  Inst.  22,  557  ff-, 
für  Passau  neben  meinen  Bemerkungen  ebenda  26,  329 ff.,  jetzt  Heu- 
wieser  a.  a.  O. 


358 


Zusammenfassung. 

Die  Wirtschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit  baute  auf 
anderen  Grundlagen  auf,  als  die  Forschung  bisher  an- 
genommen hatte.  Es  geht  nicht  an,  sie  wesentlich  nach 
den  Berichten  Cäsars  und  Tacitus'  über  die  altgermanischen 
Zustände  beurteilen  zu  wollen.  Man  darf  nicht  vergessen, 
daß  zwischen  diesen  und  den  großen  markanten  Geschichts- 
denkmälern der  Karolingerzeit,  welche  uns  dann  wieder  im 
8.  und  9.  Jahrhunderte  direkt  eine  deutlichere  und  greif- 
barere Kunde  vermitteln,  ein  langer,  langer  Weg  bedeut- 
samer Kulturentwicklung  gelegen  ist.  Dieselbe  Zeitspanne 
etwa,  die  uns  heute  von  den  Tagen  der  ersten  Staufer  trennt, 
rund  8  Jahrhunderte.  Wer  wollte  es  wagen,  aus  Quellen 
der  Stauferzeit   die  Kultur  des  20.  Jahrhunderts  abzulesen? 

Die  Vorstellung,  als  ob  Träger  dieser  Wirtschaft  zunächst 
noch  eine  große  Masse  gleichberechtigter  und  gleichbegüterter 
Vollfreier  gewesen  sei,  beruht  auf  derselben  archaistischen 
Auffassung  jener  Periode  und  muß  als  kulturhistorischer 
Anachronismus  bezeichnet  werden.^)  Längst  waren  Grund- 
herrschaften vorhanden  und  in  steter  Bildung  begriffen. 
Nicht  nur,  daß  die  Zeiten  der  sogenannten  „Völkerwande- 
rung" kaum  einen  völligen  Untergang  der  spätantiken 
Kultur  bedeuteten,  es  waren  seitdem  durch  Jahrhunderte 
bereits  neue  Fermente  wirtschaftlicher  und  geistiger  Ent- 
wicklung am  Werke,  jene  Einheiten  der  Urzeit  und  deren 
Gleichheit  umzuschaffen.  Um  nur  auf  die  deutlichsten 
Zeugen  fortschreitender  Wandlung  hinzuweisen:  die  Kirche 
und  das  Königtum.  Sie  beide  mußten  naturgemäß  diffe- 
renzierend wirksam  werden.  Nicht  nur,  weil  sie  selbst 
großen  Grundbesitz  aufsammelten  und  vereinigten,  sie  haben 
ohne  Zweifel  auch  die  Gesellschaft  primitiver  Ordnung  in- 
dividualistisch belebt. 

Sie  schufen  Ämter  und  bildeten  sie  hierarchisch  aus. 
Sie  waren  auch  ob  ihres  Reichtums  in  der  Lage,  für  die  zu 
ihren  Zwecken  und  Absichten  benötigten  Dienste  anderen 
Entlohnung    zu    bieten,    breite    Kreise    wirtschaftlich    aus- 


')  Vgl.  darüber  jetzt  meine  „Grundlagen"  2,  128  ff. 


—    359    — 

zustatten  und  Abhängigkeiten  sozialer  Art  damit  zu  be- 
gründen. Die  politische  Entwicklung  zerstörte  die  alten 
kommunistischen  Grundlagen  ebenso,  wie  das  Aufwachsen 
der  Kirche  es  getan. 

Dann  aber  die  drei  Jahrhunderte  merowingischer  Staats- 
bildung und  die  gleichzeitige  Ausbreitung  der  deutschen 
Stammesherzogtümer  sonst.  Man  denke  doch  nur  an  die 
mächtig  ausgreifenden  Agilolfinger  in  Bayern! 

Als  gewaltiges  Denkmal  aristokratischer  Wandlung  in 
Wirtschaft  und  Gesellschaft  ragt  das  berühmte  Edikt 
Clothars  II.  von  614  auf.  Die  sogenannten  „Volksrechte" 
vom  6. — 8.  Jahrhundert  zeigen  mit  ihrer  starken  Abstufung 
der  Wergelder  auf  große  Verschiedenheiten  nach  beiden 
Richtungen  hin.  Das  Volk  ist  nicht  mehr,  sei  es  auch  nur 
auf  gewissen  Gebieten,  die  gesetzgebende  Macht,  es  hat  nur 
auf  Reichs-  oder  Stammestagen  neben  dem  König  dazu 
mitzuwirken.  Ein  Rechtsdualismus  im  Sinne  Sohms,  „Volks- 
recht" und  „Königsrecht",  hat  tatsächlich  schon  zur  Mero- 
wingerzeit  nicht  mehr  bestanden. 

Dann  aber  die  Ausbildung  derVasallität  und  des  Lehens- 
wesens. Sicherlich  vor  der  Karolingerzeit  schon  im  Gange, 
haben  sie  die  aristokratischen  Tendenzen  der  sozialen  und 
wirtschaftlichen  Entwicklung  noch  erheblich  verstärkt  und 
auch  verallgemeinert.  Denn  die  Dienstverpflichtung,  welche 
hier  begründet  wurde,  führte  zu  großem  wirtschaftlichen 
Lohn.  Kirchliche  und  königliche  Vasallen  sind  reiche 
Grundbesitzer  geworden  und  haben  mit  der  Steigerung  ihrer 
politischen  Bedeutung  auch  ihre  soziale  Stellung  erhöht. 

Und  in  diesem  Stadium  der  Entwicklung,  da  der  Adel 
gegenüber  einem  schwächlichen  Königtum  bereits  eine 
große  Macht  erlangt  hatte,  schwang  sich  aus  seiner  Reihe 
der  tatsächliche  Inhaber  der  höchsten  Amtsgewalt  am  könig- 
lichen Hofe,  der  arnulfingische  Majordom,  selbst  auf  den  Thron. 

Wie  hätte  bei  solchem  Werdeprozeß  die  Masse  gemein- 
freier Kleinwirte  Träger  der  Wirtschaftsentwicklung  im 
ganzen  noch  sein  können?  Wie  hätten  sich  die  angeblichen 
Einheiten  und  Grundlagen  dieser  Einzelwirtschaften  der 
Gemeinfreien  durch  diese  Wandlungen  jahrhundertelanger 
Fortbildung  unberührt  und  unverändert  noch  erhalten  sollen? 


—     360    — 

Und  konnten  denn  inmitten  dieser  großen  politischen  Ver- 
änderungen, da  neben  dem  Königtum  der  geistliche  und 
weltliche  Adel  doch  offenbar  schon  sehr  viel  Grundeigen 
erworben  hatte,  und  dieses  naturgemäß,  schon  ob  der 
Eigenart  seines  Zustandekommens,  vielfach  auch  in  Streu- 
lage sich  befand,  solche  alte  Markgenossenschaften  von 
ganzen  Centen  oder  Gauen  gar  in  freier  Selbstbestimmung 
sich  halten,  wie  man  sie  für  viel  ältere  Zeiten,  etwa 
800  Jahre  vorher  (Cäsar  und  Tacitus)  ansetzen  mag.  Konnte 
denn  die  Hufe,  welche  das  Normalmaß  des  kleinfreien  Be- 
sitzes gewesen  sein  soll,  durch  die  Jahrhunderte  völlig  un- 
verändert fortbestehen,  unberührt  von  den  Veränderungen 
in  der  Familie,  ihrer  sozialen  und  politischen  Stellung? 

Wir  müssen  uns  doch  bewußt  werden,  welch'  schreiender 
Widersinn  in  einer  Theorie  gelegen  ist,  die  ganz  dieselben 
Kulturverhältnisse,  welche  angeblich  durch  8  Jahrhunderte 
sich  ihrem  Wesen  nach  unverändert  zu  erhalten  vermochten, 
nun  in  den  150  Jahren  karolingischer  Herrschaftsperiode 
von  Grund  aus  und  allseitig  sich  umgestalten  läßt.  Früher 
sollen  auch  die  allergrößten  Umwälzungen  im  politischen 
Leben  der  Franken,  etwa  die  blutige  Begründung  des 
Einkönigtums  durch  Chlodwig,  die  zersetzenden  Kämpfe 
zwischen  dem  Anhang  der  Brunichildis  und  Fredegundis, 
endlich  der  gänzliche  Verfall  königlicher  Macht  am  Beginne 
des  8.  Jahrhunderts  so  gut  wie  keine  Rückwirkungen  auf 
die  Besitzverteilung,  die  Grundeigentumsverhältnisse  und  die 
gesellschaftliche  Ordnung  ausgeübt  haben,  vielmehr  diese 
sich,  trotzdem  keine  starke  Zentralgewalt  bestand,  gewisser- 
maßen von  selbst  in  einem  übermenschliche  Zurückhaltung 
voraussetzenden  Zustande  der  Gleichheit  und  Unveränderlich- 
keit  konserviert  haben ,  jetzt  aber  wurde  alles  wie  mit 
einem  Schlage  anders.  Und  dies  gerade  zu  einer  Zeit,  da 
ein  mächtiges  Geschlecht  tatkräftiger  und  begabter  Herrscher- 
persönlichkeiten die  höchste  Gewalt  überkam  und  sie  in 
früher  nie  erlebten  Siegen  und  Erfolgen  weithin  über  ganz 
Deutschland  und  Italien  hin  zur  Höhe  führte.  Der  große 
Gewaltherr,  der  mit  seinem  Genius  um  die  Wende  vom 
8.  zum  9.  Jahrhunderte  die  ganze  damals  bekannte  Erde 
durchdrang  und  dessen  Name  sich  auch  in  der  Vorstellungs- 


—     36i     — 

weit  der  an  fernster  Peripherie  seines  weiten  Herrschafts- 
kreises siedelnden  Völker  zum  Inbegriff  höchster  weltlicher 
Macht  umprägte  —  er  soll  dieser  plötzlichen  Wandlung  gegen- 
über machtlos  gewesen  sein.  Der  Träger  der  ganzen  wirt- 
schaftlichen und  sozialen  Entwicklung  von  bisher,  die  breite 
Masse  der  Gemeinfreien,  sei  trotz  einer  umsichtigen  sozial- 
politischen Gesetzgebung  Karls  im  Verlaufe  des  9.  Jahr- 
hunderts völlig  verschwunden,  der  kleine  freie  Grundbesitz 
in  den  angeblich  jetzt  erst  entstandenen  großen  Grund- 
herrschaften nahezu  restlos  aufgegangen. 

Fürwahr  diese  Theorie  setzt  viel  blinden  Köhlerglauben 
bei  dem  historischen  Beobachter  voraus !  Nein,  nein.  Dieser 
wichtige  Prozeß  war  sicher  seit  vielen  Jahrhunderten  im 
Gange,  ich  möchte  sagen,  seitdem  es  ein  Königtum,  Kirche 
und  Adel  gegeben  hat.  Aber  sowenig  diese  natürlichen 
Großgrundherrschaften  früher  das  kleine  freie  Grundeigentum 
völlig  aufzusaugen  vermochten,  sowenig  war  das  auch  jetzt 
möglich.  Wir  dürfen  doch  nicht  vergessen,  daß  die  uns 
heute  vorliegende  Überlieferung  größtenteils  nur  ganz  ein- 
seitig Aufschluß  zu  gewähren  vermag.  Sie  rührt  eben  von 
diesen  Großgrundherrschaften  ausschließlich  her.  Sie  gibt 
die  Verhältnisse  dort  wieder  und  hatte  zumeist  gar  keinen 
Anlaß,  darüber  hinauszugreifen:  etwa  über  die  selbständigen 
Kleinwirte  außerhalb  ihres  Kreises  zu  berichten.  Sie  werden 
hier  in  der  Regel  erst  dann  erwähnt,  wenn  sie  eben  in 
Beziehung,  d.  h.  Abhängigkeit  von  einer  solchen  Grundherr- 
schaft traten,  also  aufhörten  ganz  frei  und  selbständig  zu  sein. 

Sie  waren  ohne  Zweifel  nach  wie  vor  in  stattlicher 
Anzahl  vorhanden  und  kamen  neben  den  großen  Grund- 
herrschaften fortlaufend  im  ganzen  auch  sehr  in  Betracht. 
Es  ist  meines  Erachtens  doch  sehr  bezeichnend,  daß  zu 
derselben  Zeit,  da  die  viel  zitierte  Nachricht  von  der  Ver- 
knechtung  zahlreicher  Freier  auftritt,  zugleich  auch  aus  den 
Kreisen  des  Adels  die  in  diesem  Zusammenhang  bisher 
allerdings  nicht  gewürdigte  Klage  ertönt,  Kaiser  Ludwig  der 
Fromme  habe  viele,  viele  Niedriggeborene  zu  den  einfluß- 
reichsten Stellungen  emporgehoben  .  .  . 

Sicherlich  hat  die  Karolingerzeit  die  Weiterbildung  der 
großen  Grundherrschaften  ebenso  gefördert  wie   die  Mero- 


—     3^2     — 

«ingerzeit  zuvor.*)  Wie  damals  wurden  auch  jetzt  neue 
Auftragungen  von  Grund  und  Boden  vorgenommen.  Ja,  sie 
varen  zahlreicher  denn  früher,  Mne  das  neue  Reich  doch 
auch  ungleich  größer  sich  erstreckte.  Allein,  was  er  gab, 
war  zumeist  nicht  das  gesamte  Besitztum  des  Tradenten, 
sondern  nur  ein  Teil  davon.  Ergebungen  der  eigenen 
Person  sind  im  Verhältnis  zu  der  großen  Menge  von  Tra- 
ditioiken  äußerst  spärlich.  Sie  betreffen  zudem  oft  Priester 
oder  Personal,  die  in  den  Stand  der  Kleriker  eintreten 
voUen,  soost  aber  Kindor-  imd  Vermögenslose,  die  sich 
ebne  Akersrersorgung  zu  sichern  trachten,  endlich  Missetäter. 
die  verwirkte  Buße  nicht  zahlen  konnten  und  nur  durch 
SdbstrerpfaDdong  (obnoxiatio)  aufzubringen  vermochten. 

Demgegenüber  stdien  aber  in  diesem  neuen  Staate. 
dessen  mcMiarcfatscbe  Ordnmigen  im  Kriege  (Heeresdienst) 
und  im  Frieden  (Verwaltungsbeamte)  <^me  Zweifel  viel- 
fachen Druck  erzengten  und  soziale  Depressionen  nicht 
s^ten  mit  si(^  brachten,  doch  ebensoviele  M^lichkeiten 
socialen  qgd^  wirtschaftlichen  Aufschwunges  der  unteren 
Klassen.  Die  Bedeutm^  der  längstvcM-handenen  Grundherr- 
scfaaften  mö<^te  idi  nidit  in  einer  großzügigen  und  plan- 
mäßigen wirtschafdichen  Aktivität  erblicken,  die  geradezu 
in  agressrre  Tendenzen  ausartete,  sondern  eher  glauboi,  daß 
deren  reic^ier  Bestand  es  immer  zahlreicheren  Bevölkerungs- 
clcmenten  außerhalb  derselben  erm^lichte,  daran  AnteÜ 
zu  gewinnen,  wirtschaftlicJi  zu  erstarken  und  sich  schtießiich 
toEwexse  andi  zu  verselbständigen.  Auch  bei  dieser  sdieinbar 
mehr  passiren  RoDe  haben  sie,  gewissermaßen  als  Quelle 
weitfin  ries^nder  Befirucfatnng,  im  ganzen  doch  eine  be- 
deatoBgsvoUe  Fmiktioa  in  der  Wirtschaftsentwicklung  erfüllt. 
Neben  die  bisher  allein  gewerteten  Motive  der  Besitzaus- 
brextDng  rücken  auch  jene  der  Besitzentfremdung  in  den 
Vordergrimd.  Neben  dem  «Haben"  gab  es  auch  ein  be- 
trärfitiicfaes  .Soll'.  Wie  auf  der  einen  Seite  vorab  bei 
KöfDgtom  und  Kirche  ein  Anschwellen  des  Güterbestandes 
sichtbar  wird,  so  darf  doch  der  gleichzeitig  im  Flusse  be- 
Imdütchf  Eotgai^  nicht  übersehen  werden.  Wieviel  splitterte 
ab  im  kleinen,  wieviei  ging  durch 'Schenkung  und  zu  Lrhcn, 

^>  Vgi.  foeifie  »GnnKflagen*'  2,  125  S. 


-     3^3     - 

wieviel  nicht  unfreiwillig  auch  verloren !  Aber  (fi^>er  Veriost 
hier  bedeutete  ebensoviel  Gewinn  für  eine  große  Reibe  aen 
sich  erhebender  oder  doch  gekräftigter  WirtschaftMigncr. 
Neben  dem  Königtum  und  der  Kirche  erstand  ans  der 
Masse  der  Gemeinfreien  ein  Deaer  Adel,  ein  AmtsaristokratÄ 
in  mehrfacher  Abstufung,  zadao  (fie  Krön-  und  Kirchen- 
vasallen, selbst  wieder  den  Staad  der  Grundherren  stetig 
mehrend.  Damit  aber  kam  unter  dem  bedeutsamen  F.fn-ftTTfl 
der  politischen  Ereignisse,  siebt  man  über  das  Ganyj»  hm^ 
doch  ein  Kreislauf  der  Güterbew^tmg  zastandc,  der  zngiekii 
auch  so  fruchtbar  war,  aus  sieh  seflist  iKraos,  kb  möchte 
geradezu  sagen,  in  seinem  natürlichen  Abbof,  aeae  Bädaagea 
sozialer  und  ^wirtschaftlicher  Art  ru  erzenen.  Vor 
boten  die  zahlreichen  TraditicMieii  selbst  das  Mittel 
Verbesserung  der  wirtschaftlichen  Lage.  I>as 
Land  blieb  den  Tracenten,  ja  ihren 
meist  noch  zu  Prekarie.  Ihre  Lage  wurde  gÜBStiger,  da 
sie  nicht  selten  mehr  zurückerfnehea ,  als  säe  hergegeben 
hatten.  Auch  Edle  und  Grafen  hatten  Prekaiien  wia  der 
Kirche  inne.  Der  König  erteilte  sie  an  seine  VasaSea  fv 
deren  Dienste.  Der  Prekarist  wirtschaftete  ^uf  Bessernag*, 
aber  nicht  nur  für  die  Grundberrschaft,  von  der  er  Land  er- 
halten hatte,  in  erster  Linie  d<>ch  auch  für  säch  se&st.  Diese 
großen  Grundherrschaften ,  denen  das  aeoe  karofingiscbe 
Königtum  in  den  ssegroGh  enangeaea  Läidexgebietem 
reiche  Schenkungen  ixitefl  werden  Befiu  branchtea  mm  sixr 
auch  für  dieses  Neuland  neoe  Leute,  um  die  Kokxnsaääoa 
durchzuführen,  es  «ktschaftficfa  za.  erschliefien.  GaA  vsid 
gröl^er  wird  die  Zahl  der  FreiassoB^en.  Ke  Ksi^  be- 
forderte sie  als  em  gottg^JSäges  Werk.  Se  siad  gemisser- 
maßen  das  Gegenstück  der  als  so  bedfgra^^wilaMgfSFiwfif« 
Traditionen. 

Eine  brdte  ScUdit  Halbfneäer  bevc&ert  arai  <fiese 
weiten  Landstrecköi  afiobevaH.  Säe  sätzen  vielfach  zn 
mäßigem  Zins,  unfneier  Landleäe  (Koiocjat,  Fresdft)  teil- 
haftig, mitunter  aber  aoch  23a  £neäer  Erbkäe  anlradcead. 

Endlich  die  nnfireien  HiPteisassen.  Säe  begegaetea  dem 
wirtsdnftlidi^  und  saiialfti  Dnick  der  GrxBxfiiefrea  aät 
d>enso   eiifenniachtigän  Vergehen:    Se  eotfie£ea.  am  bei 


—    364  — 

anderen  Grundherren  oder  in  den  Städten  Unterkunft  zu 
finden,  sie  verweigerten  die  Dienste  oder  behaupteten  frei 
zu  sein,  da  sie  die  (römische)  Verjährungsfrist  der  Unfreiheit 
für  sich  zu  Unrecht  in  Anspruch  nahmen.  Zu  solchem  Vor- 
gehen mochte  dort  leichter  die  äußere  Möglichkeit  bestehen, 
wo  der  grundherrschaftliche  Boden  nicht  geschlossen  gelagert, 
keinen  gutswirtschaftlichen  Betrieb  aufwies,  sondern  weithin 
lose  verstreut  nur  Zinsbauern  trug,  oder  wo  an  der  Siedlungs- 
peripherie von  Wildland  neue  Strecken  urbar  gemacht 
wurden. 

Denn  auch  die  ganze  Morphologie  dieser  großen  Grund- 
herrschaften war  ja  nicht  so  einheitlich,  daß  sie  sich  in  einer 
gleichmäßig  überall  ansetzenden  „Villikationsverfassung" 
hätte  erschöpfen  können.  Diese  war  vielmehr  nur  dort 
möglich  und  lohnend,  wo  ein  größerer,  arrondierter  Besitz 
vorhanden  war.  Die  infolge  der  Eigenart  ihres  Erwerbes 
häufigen  Streugüter  entbehrten  ihn. 

Auch  das  Gut  des  freien  Grundbesitzers  war  ja  nicht 
selten  in  verschiedener  Flur  gelegen,  auch  die  einzelne 
„Hufe"  setzte  sich  aus  Teilen  oft  zusammen,  die  von  ver- 
schiedenen Erwerbungen  herstammten.  Dieser  Gutsbegriff, 
in  dem  man  verschiedenes  zusammenfaßte,  um  danach  als 
Einheit  zu  rechnen,  Rechte  und  Pflichten  zu  bestimmen, 
war  inner-  und  außerhalb  des  grundherrschaftlichen  Ver- 
bandes keineswegs  immer  —  wie  etwa  auf  neugeordnetem 
Kolonisationsboden  —  in  geschlossener  Aufreihung  auch 
eine  körperliche  Einheit.  Die  Hufe  wurde  auch  mitunter 
aus  Neuland  gebildet,  das  Öde  und  Wald  von  einzelnen  Kolo- 
nisten oder  einer  genossenschaftlichen  Vereinigung  solcher 
zum  Zwecke  der  Rodung  abgerungen  ward.  Und  dieser 
dem  Wildlande  abgewonnene  Kulturboden  machte  nicht 
immer  gleich  eine  Hufe  selbst  aus,  ergab  zunächst  stellen- 
weise nur  Hufensplissen,  wie  solche  anderseits  auch  durch 
Teilung  voller  Hufen  zustande  kamen.  Auch  die  kleineren 
Besitzeinheiten  (areae)  der  Hofstätter,  Kötter  oder  Seidner, 
welche  z.  T.  von  jüngeren  Söhnen  der  Hufenbauern  bewirt- 
schaftet wurden,  sowie  die  „Ansiedler"  (accolae)  im  engeren 
Sinne  hatten  Anteil  an  dem  Wildlande  (Öden,  Wald,  Weide 
und  Wasser)  der  gemeinen  Mark.    Was  wir  über  diese  aus  der 


—     365     - 

KaroHngerzeit  wissen,  entstammt  durchaus  Quellen  grund- 
herrschaftlicher Provenienz.  Für  freie ,  vöUig  unabhängige 
„Markgenossenschaften",  die  selbst  die  „Mark"  als  Eigentum 
zu  gesamter  Hand  besessen  hätten,  sind  bis  jetzt  keine 
sicheren  Zeugnisse  nachgewiesen  worden.  Natürlich  konnten 
auch  mehrere  Siedlungseinheiten  (z.  B.  Dörfer),  die  von 
verschiedenen  Seiten  her  in  das  Wildland  vorstießen,  an 
einer  Mark  Anteil  haben.  Die  fortschreitende  Rodung 
dieses  Wildlandes  führte  begreiflicherweise  zu  häufigen 
Besitzstreitigkeiten  eben  an  der  „Mark".  Eine  freie  Nieder- 
lassung innerhalb  dieser  Mark  mußte  den  Kreis  der  bisher 
nutzungsberechtigten  Anteilhaber  unmittelbar  benachteiligen 
und  war  daher  nur  mit  deren  Zustimmung  möglich.  Außer- 
dem konnte  der  König,  der  sich  als  Eigentümer  alles  herren- 
losen Landes  betrachtete,  durch  ein  Privileg  dazu  Berech- 
tigung schaffen. 

Aber  auch  freie  Lohnarbeit  kam  bereits  vor  und  bot 
landarmen  Bevölkerungsklassen  die  Möglichkeit  selbständigen 
Erwerbes.  Zahlreiche  Leute,  die  vor  feindlichem  Überfall 
sich  geflüchtet,  advenae,  adventicii,  standen  zu  wirtschaft- 
licher Verwendung  bereit,  sei  es,  daß  man  ihnen  ein  Stück 
Land,  das  der  Bewirtschaftung  darbte,  gegen  Zins  überließ, 
sei  es  auch,  daß  man  sie  zu  Arbeiten  des  Landbaues 
(Gartenkultur),  oder  gewerblicher  Art  oder  des  Verkehrs 
und  Handels  heranzog.  Zu  all'  diesen  Verrichtungen  konnte 
man  Tagelöhner  mieten. 

Denn  schon  war  in  Deutschland  auch  die  Verkehrs- 
wirtschaft sehr  beträchtlich  entwickelt.  Die  sogenannte 
Völkerwanderung  hat  auch  die  spätrömische  Verkehrswirt- 
schaft keineswegs  ganz  verschüttet,  so  daß  die  Franken  jetzt 
sich  zu  deren  Errungenschaften  von  urzeitlichen  Zuständen 
aus  erst  von  neuem  hätten  mühsam  durchringen  müssen. 
Die  karolingische  Entwicklung  ist  ein  Glied  in  der  ununter- 
brochenen Kette  lebendiger  Fortbildung,  die  von  der  Spät- 
antike ohne  Kulturzäsur  in  das  deutsche  Mittelalter  hinein- 
führt —  so  wie  die  alten  Römerstraßen  selbst  es  taten  .   .  . 

Das  Land  war  nicht  etwa  „wie  am  ersten  Tag"  mit  einer 
Serie  von  Villikationen  überzogen,  die  alle  in  geschlossener 
Hauswirtschaft  ihre  wirtschaftlichen  Bedürfnisse  selbst  durch 


—     366    - 

eigene  Produktion  zu  decken  vermochten.  Die  allgemeine 
Wirtschaftskonfiguration  war  vielmehr  infogle  der  Streulage 
eine  gemischtere  und  stellenweise  bunte,  was  alsbald  schon 
auf  dem  platten  Lande  eine  Fülle  von  wechselseitigen 
"Wirtschaftsbeziehungen  erzeugte,  die  einen  lebhaften  Ver- 
kehr bereits  ergaben. 

Dazu  aber  trat  eine  doch  nicht  zu  übersehende  statt- 
liche Anzahl  von  Städten  und  Märkten,  nicht  nur  im  Westen 
oder  am  Rheine  bloß.  Wir  müssen  uns  von  dem  durch  die 
grundherrliche  Theorie  erzeugten  Gesamteindruck  befreien, 
daß  die  Karolingerzeit  ein  rein  landwirtschaftliches  Kultur- 
profil ohne  jede  Verkehrswirtschaft  besessen  habe.  Außer 
zahlreichen  Bischofstädten  und  den  Klöstern ,  welche  wir 
uns  auch  nicht  als  einsame,  verkehrsfremde  Klausuren  mit 
ausschließlich  grundherrschaftlicher  Bevölkerung  vorstellen 
dürfen,  müssen  auch  die  Orte  der  öffentlichen  Verwaltung, 
der  jeweilige  Sitz  des  Königs  und  der  weltlichen  Großen 
(Herzöge,  Grafen),  bald  eine  ähnliche  wirtschaftliche  Stellung 
erlangt  haben.  Nicht  so  sehr  als  Zentren  ihrer  eigenen 
grundherrlichen  Wirtschaft  bloß ,  mehr  noch  vielleicht  als 
Gerichtsorte ,  die  auch  von  der  nicht  grundherrschaftlichen 
Bevölkerung  des  Gaues  aufgesucht  wurden.  Gerade  die 
weltlichen  Grundherren  vermochten  ja  als  Inhaber  öffent- 
licher Amtsgewalt,  wie  auch  durch  die  Führung  der  Vogtei 
ihren  grundherrlichen  Besitz  leichter  gutsherrschaftlich  aus- 
zugestalten und  zu  zentralisieren. 

Ferner  kommen  nicht  wenige  Wallfahrtsorte  als  Meß- 
plätze doch  auch  in  Betracht  und  schließlich  mußten  die 
Stätten  natürlicher  Bodenschätze  (Salz,  Eisen)  ebenso  Märkte 
zeitigen,  wie  die  Gunst  der  geographischen  Lage  an  großen 
Verkehrsstraßen  (Eintritt  ins  Gebirge  und  Austritt  in  die 
Ebene,  Einmündung  von  Flüssen,  Seen  etc.)  oder  die 
Grenzstationen  des  Reiches,  sei  es  am  Meere,  sei  es  auch 
im  Binnenland  (Slawengrenze). 

Vorab  die  Städte  bargen  ja  verschiedene  Grundbesitzer 
in  sich,  die  Bezeichnung  Bischofstädte  darf  hier  nicht  irre- 
führend wirken.  Der  Bischof  war  hier  nicht  immer  das 
Primäre,  vielmehr  wurden  eben  schon  von  altersher  die 
Stätten  größerer  Bevölkerung  mit  einem  Bischofsitz  begabt. 


—    36;    — 

Die  Bevölkerung  in  der  Stadt  wurde  nicht  nur  von  den 
Hintersassen  des  bischöflichen  Grundherrn  gebildet  und  war 
keineswegs  einheitlich  (hörig).  Wie  die  Streulage  auf  dem 
platten  Lande,  so  ermöglichte  diese  Verschiedenheit  der 
Grundbesitzverhältnisse  in  der  Stadt  neben  der  Familia  der 
Grundherren  auch  Freien,  sich  hier  niederzulassen,  Grund 
und  Boden  zu  erwerben,  oder  für  die  verschiedenen  Be- 
dürfnisse der  anwachsenden  Stadtbevölkerung  in  selb- 
ständiger Wirtschaftsproduktion  zu  sorgen.  Und  wie  die 
auf  dem  Lande  vorhandenen  Handwerker  keineswegs  ins- 
gesamt nur  für  die  gewerblichen  Bedürfnisse  der  Grund- 
herrschaften produzierten,  so  haben  insbesondere  die  in  den 
Städten  für  den  Markt  gearbeitet.  Die  gewerbliche  Pro- 
duktion war  damals  nicht  bloß  Hauswerk  und  Lohnwerk, 
sondern  auch  schon  Preiswerk.  Ja,  sie  war  stellenweise 
sogar  schon  auf  den  Export  gerichtet,  da  der  Handel 
keineswegs  so  unbedeutend  gewesen  ist,  als  die  grundherr- 
Hche  Theorie  bisher  nur  zulässig  erscheinen  ließ.  Die  Wirt- 
schaftsgeschichte hat  sich  hier  in  einem  merkwürdigen 
Gegensatz  zur  politischen  Geschichte  verhalten.  Weithin 
nach  Nord  und  Süd,  Ost  und  West  hat  sich  eben  damals 
der  Machtbereich  fränkischer  Herrschaft  siegreich  aus- 
gebreitet. Vom  Danewirke  bis  zum  Garigliano,  vom  Ebro 
bis  zur  Elbe  und  Theiß  haben  Karls  Heere  die  verschieden- 
sten Völker  mit  fränkischer  Art  bekannt  gemacht.  Und  am 
Hofe  der  karolingischen  Herrscher  fanden  sich  Gesandte 
der  Britten  und  Bulgaren,  von  Byzanz  und  Spanien,  von 
Bagdad  und  aus  Tunis  zusammen.  Sollen  denn  diese  leb- 
haften politischen  Beziehungen  ganz  ohne  jede  Rück- 
wirkung auf  den  Handel  geblieben  sein.''  Die  zahlreichen 
Wallfahrer  nach  Rom  und  dem  heiligen  Lande  schufen 
ebenso  Verbindungen,  die  ihn  belebt  haben  müssen. 

Trotzdem  wir  aus  den  Städten  und  Märkten  jener  Zeit 
keine  direkten  Nachrichten  besitzen,  ergibt  sorgfältige  Zu- 
sammenfügung der  in  den  erhaltenen  Quellen,  beiläufig,  ohne 
historiographische  Absicht  gemachten  Bemerkungen  doch 
ein  deutliches  Bild  davon.  Sie  kommen  nun  alle  zu  Worte, 
die  von  der  grundherrlichen  Theorie  Übergangenen:  der 
große  Novellist  aus  St.  Gallen,  die  Reiseberichte  der  Fremden 


—     368     — 

(Araber),  die  kulturhistorischen  Einstreuungen  in  den  Viten 
der  Heiligen,  den  Translationen  und  den  Sagas  der 
Nordländer,  die  unabsichtliche  Milieuschilderung  bei  den 
Dichtern,  in  der  Privatkorrespondenz  und  den  Geschätts- 
formeln  des  täglichen  Lebens.  Nicht  zu  vergessen  auch 
der  wichtigen  Ausblicke,  welche  die  paränetischen  Beschlüsse 
der  Konzilien  von  damals  dazu  auch  eröffnen.  Sie  geben 
uns  Aufschluß  über  eine  hochentwickelte  Kultur,  die  mannig- 
fachen Luxus  bereits  gezeitigt  hatte.  Die  Mode  verlangte 
nach  englischem  Tuche  und  Mänteln,  man  bezog  nicht  nur 
Gewürze  und  Edelgestein,  sondern  auch  Seide  und  Sammt 
aus  dem  fernen  Orient ,  Pelzwerk  aus  Skandinavien  und 
Rußland,  Glas  aus  Italien.  Wein  holten  die  Friesen  vom 
Oberrhein,  Salz  die  Russen  aus  den  Alpen.  Von  Inner- 
deutschland fuhren  die  Kaufleute  regelmäßig  schon  nach 
Venedig,  das  mit  den  anderen  Städten  Italiens,  besonders 
Pisa  und  Amalfi,  den  Handel  nach  dem  Orient  vermittelte. 
In  den  Häfen  Südfrankreichs  sah  man  die  Segel  britischer 
und  skandinavischer  Kauffahrer.  Von  Hamburg  und  Bremen 
bis  nach  Schweden  und  in  das  Mündungsgebiet  der  großen 
Ströme  aus  Innerrußland  entwickelte  sich  ein  lebhafter 
Warenverkehr.  Arabische  Münzen  sind  an  der  Ostsee  und 
in  den  Alpen,  schwäbische  Prägungen  (aus  Konstanz)  in 
England  ausgegraben  worden.  Die  wirtschaftlichen  De- 
pressionen in  den  Zeiten  der  großen  Völkerwanderungen 
waren  —  wenn  überhaupt  von  solcher  Wirkung  gerade  auf 
den  Handel  Q)  —  längst  überwunden ,  der  Imperialismus 
Karls  des  Großen  hatte  auch  ihn  zu  internationaler  Be- 
deutung entwickelt. 

Die  Preisbildung  vollzieht  sich  auf  den  Märkten  nach 
dem  Verhältnis  von  Angebot  und  Nachfrage,  während  die 
scheinbare  Wertkonstanz  in  den  Angaben  der  Urbare  und 
Prekarieurkunden  durch  die  besonderen,  marktfremden  Ver- 
hältnisse, welche  ihnen  zugrunde  lagen,  bedingt  ist.  Neben 
Teuerungspreisen,  deren  schädliche  Wirkungen  auf  das 
Gemeinwohl  der  Konsumenten  die  Staatsgewalt  durch  Preis- 
taxen zu  paralysieren  sucht,  sind  auch  Liebhaberpreise  in 
Einzelfällen  nachzuweisen. 

Natürlich   konnte    der   Handel  bei   solcher  Ausbildung 


—   369   — 

sich  nicht  in  Form  des  Naturaltausches  mehr  vollziehen. 
Allüberall  bemerken  wir  deutliche  Anzeichen  der  Geldwirt- 
schaft schon.  Auf  die  häufigen  Geldzinse  lege  ich  dabei 
das  geringste  Gewicht,  da  die  landwirtschaftlichen  Pro- 
duktionskreise naturgemäß  weniger  Anlaß  dazu  hatten 
Aber  nicht  nur  Kauf  und  Verkauf  von  Immobilien  wurden 
in  der  Regel  in  Geld  abgeschlossen,  auch  die  vordem  per- 
sönlich zu  leistenden  Dienste  der  bäuerHchen  Hintersassen 
erscheinen  bereits  in  Geld  umgelegt,  und  ebenso  auch 
öffentliche  Abgaben,  wie  der  Zehnt  oder  Baufronden  an 
Kirchen. 

Geldsteuern  (ao.)  treten  nicht  mehr  selten  auf  (Nor- 
mannen- und  Armensteuer,  Hilfen  für  das  heilige  Land 
und  Fastenablaß).  Gelddarlehen  kommen  ebenso  vor,  und 
zwar  auch  an  Vermögenslose,  die  sich  dafür  zu  persönlicher 
Dienstleistung  auf  Zeit  verpflichten.  Preis-  und  Zinswucher 
in  Geld  ist  allgemein  im  Schwange,  so  daß  nicht  nur  die 
Juden,  sondern  auch  Priester  und  die  Beamten  der  könig- 
lichen Verwaltung  selbst  daran  teilhaben.  Der  Aufkauf 
von  allgemeinen  Konsumtionsgütern  (Wein,  Getreide)  durch 
berufsmäßige  Händler  wird  zu  schwerem  wirtschaftlichen 
Druck  bereits  fühlbar,  da  eine  wucherische  Preistreiberei  des 
Kapitalismus  die  Zeiten  großen  Produktionsmangels  (Hun- 
gersnöte) als  Konjunktur  ausnutzt. 

Das  Geld  ist  nicht  nur  Wertmesser  für  Zahlungen  und 
Leistungen  in  natura,  sondern  selbst  Zahlungsmittel,  und 
zwar  auch  in  Fällen,  wo  aus  Rücksichten  wirtschaftlicher 
Begünstigung  es  dem  Prekaristen  (als  Tradenten!)  freigestellt 
wird,  die  Leistungen  in  der  für  ihn  vorteilhaftesten  Art 
eventuell  mit  beliebigen  Naturalien)  zu  erfüllen. 

Unter  diesen  Voraussetzungen  erklären  sich  nun  auch 
die  eigenartigen  Erscheinungen  des  karolingischen  Münz- 
wesens. Daß  die  tüchtigsten  Verwaltungstalente  unter  den 
Karolingern  an  Stelle  der  großen  merowingischen  Gold- 
prägung nun  immer  ausschließlicher  Silberprägungen  vor- 
nahmen, wäre  rein  unverständlich,  wenn  wirklich  so  gar  kein 
Geldbedarf  damals  vorhanden  gewesen  wäre  und  reine  Na- 
turalwirtschaft geherrscht,  der  Handel  keine  Bedeutung 
gehabt    hätte.       Denn    die   natürliche    Abschwächung    der 

Dop  seh,  Wirtschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.  II.  2.  Aufl.  24 


-     370     — 

Golddecke  allein  wäre  sicherlich  gerade  jetzt  durch  die 
reiche  Awarenbeute  und  den  Goldtribut  der  süditahenischen 
Langobardenfürsten  reichlich  kompensiert  worden.  Wir  ver- 
stehen aber  das  Vorgehens  Pippins  und  Karls  des  Großen  — 
auch  schon  Karl  Martell  mag  bereits  ähnlich  Stellung  ge- 
nommen haben  — ,  wenn  wir  uns  die  schwere  wirtschaftliche 
Depression  vergegenwärtigen ,  zu  der  die  merowingischen 
Münzverhältnisse  hinführen  mußten.  Dieses  stete  Herab- 
sinken des  Münzfußes,  die  fortwährende  Verschlechterung 
des  Feingehaltes  und  die  angesichts  so  zahlreicher  Präge- 
stätten und  Münzberechtigungen  außerordentliche  Schwierig- 
keit der  Verwaltungskontrolle  mußten  eben  dann  geradezu 
verheerend  wirken  und  schwere  wirtschaftliche  Schäden 
heraufführen,  wenn  ein  großer  Geldbedarf  vorhanden  war 
und  der  Handel  eine  internationale  Ausbreitung  ge- 
wonnen hatte.  Denn  alsdann  vermochte  der  vorhandene 
Edelmetallvorrat  nur  eine  minderhältige  Goldprägung  zu  er- 
lauben, die  nicht  mehr  konkurrenzfähig  war,  sondern  ins 
Land  zurückströmte  (Gresham'sches  Gesetz).  Daher  die 
überwiegende  Silberprägung,  daher  auch  die  Verstärkung 
des  Münzfußes,  die  Vermehrung  des  Feingehaltes  und  die 
Erhöhung  des  Gewichtes.  Die  schweren  Denare  Karls  er- 
schienen den  Italienern  als  „Dickpfennige"  (grossi).  Wer 
erinnert  sich  dabei  nicht  jener  wirtschaftUchen  Vorgänge, 
die  später  im  13.  Jahrhunderte  die  Groschenprägungen  in 
Frankreich  und  Böhmen  veranlaßt  haben  ?  Bei  meiner  Ge- 
samtauffassung der  karolingischen  Wirtschaftsentwicklung 
hindert  nichts  mehr,  ähnliche  Ursachen  für  so  markante 
Erscheinungen  des  äußeren  Münzbildes  auch  hier  anzu- 
nehmen. Nur  so,  mit  dieser  guten,  vollwichtigen,  schweren 
Ausbringung  vermochten  die  fränkischen  Prägungen  sich 
dem  Golde  gegenüber  zu  halten.  Demselben  Zwecke 
dienten  auch  die  weitern  Maßnahmen  Karls  des  Großen: 
die  gleichmäßige  Justierung  (aeque  pensantes) ,  die  An- 
bringung des  königlichen  Namenszuges,  der  im  vergrößerten 
Planium  deutlich  wurde,  und  die  Zentralisierung  der  Münz- 
ateliers behufs  besserer  Kontrolle,  die  Verfolgung  der  Falsch- 
münzerei und  Bestrafung  unterwertiger  Ausbringung  der 
Schrötlinge.      Es    sind   Besserungsmittel,    die  uns  zugleich 


—     371     — 

enthüllen,  was  vordem  die  Merowingerzeit  in  ebendiesen 
Punkten  an  ebensovielen  Münzgebrechen  gezeitigt  hatte. 
Sie  mochten  jetzt  erst  mit  der  allgemeinen  Hebung  des 
Handels  und  Verkehrs  recht  fühlbar  geworden  sein.  Wahr- 
scheinlich hatte  auch  die  Ersetzung  der  alten  Stückelung 
(Goldschilling  zu  40  Denaren)  durch  den  Schilling  zu  12  De- 
naren eine  ähnliche  Tendenz  verfolgt.  Sie  wurde,  wiewohl 
längst  vorhanden,  doch  erst  durch  die  Verbote  jener  in  der 
Zeit  Pippins  und  Karls  ernsthaft  durchgeführt. 

Diese  Maßnahmen  waren  tatsächlich  von  gutem  Erfolg 
begleitet.  Die  Solidi  Karolisci  oder  Francisci  dringen 
über  ihren  Entstehungsbereich  nach  Nord  und  Süd  zu  den 
Friesen  und  ItaHenern  und  auch  nach  Bayern  vor,  und 
bürgern  sich  als  Reichsmünze  in  Gebiete  ein,  die  gleichwohl 
ihre  alte  Selbständigkeit  mit  Fortdauer  der  Goldprägung 
bewahren.  Der  politischen  Eroberung  folgte  die  wirtschaft- 
liche nach.  Denn  was  hier  beim  Münzwesen  deutlich  wird, 
die  Ausbildung  der  Regalität,  ist  doch  auch  in  den  anderen 
Zweigen  der  Finanzverwaltung  ebenso  zu  verfolgen.  Auch 
die  Errichtung  von  Zoll  und  Markt  wird  vom  König  ab- 
hängig, ist  nur  mit  seiner  Erlaubnis  fürder  möglich.  Die 
Fürsorge  für  das  Gemeinwohl  und  das  öffentliche  Interesse  ist 
ihm  Anlaß,  auch  Maß  und  Gewicht  zu  überwachen,  auf  daß 
es  so  eingehalten  werde,  wie  es  recht  und  gesetzmäßig  ist. 
Als  Träger  der  höchsten  öffentlichen  Gewalt  betrachtet  sich 
der  König  als  Eigentümer  aller  herren-  und  erblosen  Sachen, 
des  Wildlandes  ebensowohl  wie  der  wilden  Tiere  im  Walde 
und  Wasser,  der  öffentlichen  Straßen  und  Flußläufe,  der 
natürlichen  wie  vergrabenen  Bodenschätze  und  des  Nach- 
lasses der  Fremden,  sowie  der  ohne  Muntwalt  ab  intestato 
verstorbenen  Freigelassenen  (AUmend-,  Jagd-,  Fischerei-, 
Straßen-  und  Strom-,  Berg-  und  Fundregal).  Kraft  seines 
auf  alle  Gebiete  des  öffentlichen  Lebens  sich  erstreckenden 
Rechtes,  unter  Strafsatzung  zu  gebieten  und  zu  verbieten, 
der  Banngewalt,  nimmt  er  Bannlegungen  im  Walde  (Forst) 
vor  und  läßt  Errungenschaften  an  Rott-  und  Wildland  (iure 
aprisionis)  zu  Eigentum  werden. 

Die  Machtgewalt  des  fränkischen  Königs  wird  ins  Un- 
gemessene ausgeweitet.     Sie  nimmt   auf  die  Besetzung  der 

24* 


—     372     — 

kirchlichen  Ämter  Einfluß  und  behält  sich  die  Genehmigung 
frei  gewählter  Verwaltungsorgane  in  allen  jenen  Fällen  auch 
sonst  überall  dort  vor,  wo  die  öffentliche  Verwaltung  auf 
die  Mitwirkung  oder  Unterstützung  der  privaten  angewiesen 
war  (z.  B.  Vogtei).  Sie  greift  nach  allen  Seiten  hin  aus 
und  reicht  so  weit,  als  nicht  private  Rechte  begründet  er- 
scheinen und  der  König  sich  selbst  durch  seine  Privilegien 
Beschränkungen  auferlegt  hat.  Gerade  dieses  Privilegien- 
recht hat  die  königliche  Gewalt  immer  mehr  gedrückt. 
Dies  zeigt  die  Entwicklung  der  Gerichtsverfassung  deutlich : 
Wie  die  Immunität,  zunächst  eine  Freiung  von  der  Amts- 
übung der  öffentlichen  Beamten,  die  grundherrliche  Gerichts- 
barkeit verstärkt,  die  Beamten  dieser  (Agentes,  bzw.  Vögte) 
zu  einer  nicht  zu  umgehenden  Instanz  auch  bei  Klagen  Aus- 
wärtiger werden  und  mit  der  Arrondierung  der  Immunitäts- 
objekte die  Vertreter  der  öffentlichen  Gewalt  (Grafen)  mehr 
und  mehr  zurückgedrängt  erscheinen.  Die  Streulage  ihrer 
seits  ermöglicht  der  überwiegend  begüterten  Immunitäts- 
herrschaft auf  Freie  innerhalb  derselben  ebenso  auszugreifen, 
wie  auf  die  Gutssplissen  fremder  Grundherrschaften  daselbst. 
Mit  dem  starken  Verfall  königlicher  Macht  seit  den 
Tagen  Ludwigs  des  Frommen,  den  Thronkämpfen  mit  seinen 
Söhnen  und  den  anschließenden  Teilungen  des  Reiches  ge- 
winnt die  geistUche  wie  weltliche  Aristokratie  zunächst  an 
politischem  Einfluß.  Immer  reichlicher  müssen  die  Teil- 
könige in  ihren  Fehden  vom  königlichen  Gute  an  ihre  Partei- 
gänger verschenken,  immer  stetiger  hebt  sich  auch  die  wirt- 
schaftliche Kraft  dieser  geistlichen  und  weltlichen  Grund- 
herren. Es  beginnt  die  Feudalisierung  der  öffentlichen 
Gewalten.  Die  Zurückdrängung  des  Grafen  im  Gerichte 
dieser  Immunitätsherrschaften  muß  man  zusammenhalten 
mit  dem  Übergang  von  Markt-,  Zoll-  und  Münzberechtigungen 
an  diese,  welche  sie  zunächst  noch  durch  königliches  Privileg 
erwirken.  Diese  Entwicklung  des  9.  Jahrhunderts  leitet  eine 
neue  Epoche  ein  und  hat  ihre  direkte  Fortsetzung  und  Er- 
füllung in  der  Zeit  der  Ottonen  mit  der  Ausbildung  der 
bischöflichen  Fürstenmacht  gefunden.  Aber  nicht  nur  die 
Kirche  erhob  sich  so,  gefördert  durch  die  Hochspannung 
päpstlicher  Machtansprüche    im  Zeitalter  Nikolaus  I.,   auch 


—     373     — 

die  Laienaristokratie  war  mächtig  damals  emporgediehen. 
Es  war  ganz  natürlich,  daß  diese  beiden  Großerben  an  dem 
königlichen  Nachlaß  nun  alsbald  gegeneinander  ihre  Waffen 
kehrten.  Die  Kirche  bestrebt,  das  was  ihr  im  Großen  bei 
dem  Königtum  gelungen  war,  nun  auch  im  Kleinen  den 
Laiengewalten  gegenüber  durchzusetzen.  Diese  hingegen 
hielten  nachdrücklich  an  dem  Eigenkirchenrecht  fest  und 
nahmen  auch  die  wichtige  Rechte  in  sich  bergende  Vogtei- 
gewalt  aus  diesem  Titel  für  sich  in  Anspruch.  Durch  teil- 
weise Traditionen  erhielten  sie  Kirchengüter  zu  Prekaria  und 
zu  Lehen,  anderes  zogen  sie  wohl  auch  eigenmächtig  an  sich, 
und  ebenso  Zehnten  auch.  Es  wird  nicht  zufällig  sein,  daß 
damals  gerade,  am  Ausgang  der  Karolingerzeit,  die  Frage 
des  Eigenkirchenrechtes  eine  solch  bedeutsame  Rolle  spielte 
und  immer  lebhafter  ventiliert  wurde.  Auch  die  Stellung- 
nahme der  Kirche  zugunsten  des  sinkenden  Königtumes 
am  Beginne  des  lo.  Jahrhunderts  war  dadurch  vorgezeichnet. 
Die  Säkularisationen  der  neuerstarkten  Stammesherzogtümer 
werfen  helles  Licht  zurück  auf  den  Weg,  den  die  beiden 
neuen  Träger  der  wirtschaftlichen  Entwicklung  im  Reiche 
zuvor  durchmessen  hatten. 

Wir  sind  nun  'zu  sehr  gewohnt,  das  Jahrhundert  nach 
Karl  dem  Großen  lediglich  vom  politisch-historischen  Stand- 
punkte aus  zu  beurteilen  und  dasselbe  mit  dem  Maßstabe 
der  Königsmacht  allein  gemessen  als  Periode  fortgesetzter 
Dekadenz  gering  zu  werten.  Allein  wir  dürfen  darüber  doch 
auch  nicht  die  positive  Seite  jener  Kulturentwicklung  ganz 
übersehen.  Eben  die  Umstände,  welche  das  Königtum 
schwächten  und  verfallen  ließen ,  haben  zwei  andere  Ge- 
walten, die  Bischöfe  und  das  Herzogtum,  in  demselben  Maße 
gestärkt  und  entwickelt.  Ihnen  kamen  nun  die  Erfolge  der 
wirtschafts-  und  sozialpohtischen  Bemühungen  der  ersten 
Karolinger  zugute.  Und  wenn  so  auch  nicht  die  Zentral- 
gewalt daraus  Nutzen  zog,  die  wirtschaftliche  und  soziale 
Entwicklung  im  Ganzen  ist  dadurch  doch  sicherlich  wirksam 
befruchtet  worden.  Sie  vollzieht  sich  jetzt  in  den  engeren 
Kreisen  dieser  feudalen  Gewalten  —  kaum  zum  Nachteil 
des  Ganzen.  Meiner  Auffassung  nach  ist  in  diesem  Säku- 
lum  nach  Karl  dem  Großen  bis  Otto  I.  ein  nicht  zu  unter- 


—     374    — 

schätzender  Fortschritt  gerade  auf  wirtschaftlichem  und 
sozialem  Gebiete  gezeitigt  worden.  Langsam  aber  sicher 
vollzog  sich  auf  tausend  kleinen,  vielfach  unscheinbaren 
Pfaden  das  große  Werk  der  inneren  Kolonisation,  das 
nimmermehr  von  einem  einzigen  Mittelpunkte  aus  ver- 
wirklicht werden  konnte.  Und  die  herrliche  Zeit  deutscher 
Städtekultur,  reicht  sie  in  ihren  ersten  Ansätzen  nicht  doch 
ebendahin  zurück  ?  Bischöfliche  Stadtherren  wie  Hildibald 
von  Worms,  oder  Pilgrim  von  Passau  sind  doch  leuchtende 
Wahrzeichen  für  dieses  bedeutsame  Aufsprießen  im  lO.  Jahr- 
hundert. 

Endlich  aber  ist  doch  eben  aus  dem  Stammesherzogtum 
heraus  das  neue  Reis  erwachsen,  aus  dem  schon  mit  Otto  I. 
auch  die  Königsmacht  wieder  neu  erblühte  und  sich  zur 
Glanzzeit  deutscher  KaiserherrUchkeit  emporschwang  .  .  . 


Register. 


Die  Zahlen  beziehen  sich  auf  die  Seiten;  die  Ortsnamen  in  Klammern 
zeigen  die  Pertinenz  an. 


A. 

Aachen  40.  45.  51.  56.  59.  70.  85. 
100.  180.  184—89.  204.  II  87. 
loi.   196.  323.  324. 

—  Capitulare  s.  Capitulare. 

—  Gußhütte  II  143. 

—  Klosterreform  loi.  iio. 

—  Konzil  (816)  94.  100.  II  148. 
160. 

—  Münster  II  143,   182. 

—  PfalzkapeUe  66.     II  236. 

—  Regel  100. 
Aargau  298. 
Abbo  II  37. 

AbeUca,  fluviolus  (Weißenburg)  II 

172. 
Abgaben   54.   118.    168.    199.   201. 

289.   322.     II  238  —  240.   272. 

bis  275.  346.  347.  349.  352. 

353-  369- 
Ablaßsteuem  II  274. 
Abodriten  II  118. 
Abraham  aus  Zaiagossa   168. 
Absatzverfrachtung  f.  d.  Markt  II 

222.  229. 
Abstiften  (eicere)  274.  322. 
absus,  s.  auch  mansus  absus  269. 
accolae  196.  273  —  275.  359.  II  45. 

50.  364. 
accolani  196,  273.-275.  359. 
accumuliren  s.  Grundrente  II  287. 
Ackergeräte  36. 
Ackerland  155    312.  364.  367.  375. 

384. 
acora  II  230. 
acquisitum  240.     II  5. 


Acres,  Maß  (England)  342.  349. 
Acta  Murensia  II  13. 
actor,  Kgl.  Beamte  157. 
AdaUiard  v.  Corbie  (Picardie)  52. 

165. 292.  n  160. 162.  171, 222. 
230.  338. 

—  Abt   V.    St.    Bertin    118.    286. 

II  94. 

adaling  II  69.  79.  81.  82. 
Adalperaht,  Tradent  (Fulda)  (789) 

109. 
Adam  v.  Bremen  311. 
Adel,  fdel  225.  301.  305.  311    II  58. 

64.   65.   69.   78.   201.   331.   356. 

360 — 362. 
Adelstatut  II  77. 
Adjutorien  II  19.  22.  67.   118. 
Adler,  Sigm.  11  75. 
administrator  reipubÜcae  II  239. 
admonitio  generalis  Karls   d.   Gr. 

V.  789.   II  40.   III.  279.  341. 
Admont,  Kloster  i.  Steiermark  II 

183. 
adpreciare  II  273. 
Adprision  s.  aprisio. 
adquisitio  s.  Errungenschaft. 
Adria  II  198.  199.  203.  209. 
Adsummumbragium    (St.    Denis), 

Briis-sous  Forges,  frz.  Dep.  Seine- 

et-Oise  135. 
adtractum,     Eirungenschaft     170. 

240. 
advenae     II  88.  89.  365. 

—  Saxo  vel  Frisio  II  331.  334. 
adventicii  11  50.   89.  365. 
Äbte  II  274. 


376 


Ägypten  II  12,  27.  209.  210. 
Aelfred,  Kg.  v.  England  II  193. 
Ämter  II  158.  177. 

—  Kirchliche  II  372. 
aeramentum  =  Erz    II   185.  275, 
aerarium,  regis  II  349. 

Afrika  II   194.  206.  208, 

Afterlehen  327. 

Agats  II  184.  207. 

Agaunum  s.  St.  Moritz. 

agentes,    episcoporum  aut  poten- 

tum  II  16,  89.  372. 
Agilmar,  Erzbischof  v.  Vienne  II 

237.  238. 
Agilolfinger  102.  105.  270.  294.  305, 

11  4-  5.  359- 
Aglibertus,  vassus  regis  Pippini  134. 
agni  153.  154. 

—  annotini  153. 

Agobard  V.Lyon  (822— 29)1151.206. 
Agrarkommunismus,  germanischer 

369.  372.  379.  380.  383,  401. 
Agrarverfassung  d.    Franken   382. 

383- 
Agrarwirtschaft  II  263. 
agri   150.   327.   337.   374.      II   16; 

agri  dominicati  II  26. 
Aix  (Provence)  II  208. 
Aktivproduktion  II  220. 
Akzise  326. 
Albia,  Albis  s.  Elbe. 
Alb recht  109. 
Alchvin  51.    II  144.  148.  201.  216. 

217.  308. 
Aldrich,  Bischof  v.  Lemans  172. 
Alemannen,  Volksstamm  196,  304 

306.     II  255.  335. 
Alemannien    loi.    125.    174.    192 

264.  358.     II  146.   180.  267. 
Aletus,  Schmied  (Freising)  II  166 
alimonia  II  277. 
Allmende  371.  385.  386.  388.  393 

—  regal  II  354.   371. 
Allodifizierung  kgl.  Lehen  130.  134, 
Almosen  II  275. 

Alningas    (St.    Denis),  Insmingen 
elsäss.  Kr.  Chäteau- Saline  135. 


alode  129.   170,  257.  347.     II  58. 
Alpen,   Gebirge  II   181.  200.  201. 
315-  319-  320.  368. 

—  länder  195. 

—  slaven  123. 

Altaich  136.  194.  195.  225.     II  4. 
Alternativsätze,    valente    II    263. 

265.  270.  274.  309. 
Altersversorgung  217.  307.     II  9» 

10.  362. 
Altfränkische  Zeit  II  114.  117. 
Altfreie  II  75. 
Altrip,    civitas,   bayr.  RB.  Pfalz, 

BA.  Ludwigshafen  II  115.   116. 
Altschieder,  Burg  i.  Sachsen  II  119. 

120. 
Amalfi  II  208.  219.  368. 
St.  Amand,  Kloster  i.  Belgien  92. 

400.    II  153.  162. 

—  s.  Milo. 

Amanolf  (Lorsch)  376. 
ambasciata  59. 
ameum  45. 

Amiens  II  193.  205. 
Amt  65.  71.     II  92.  93.   129. 
Amtleute,  Kgl.  34.  38.  41.  57.  59. 
71.     II  91.  222. 

—  s,  auch  Intendanten,  iudices. 
Amtmannshufen  280. 
Amtsadel,    —  aristokratie    II    66. 

363- 
Amtsentlohnung  280.  281. 

—  gewalt  323.  326.     II  67. 
Amtsgut,    Kgl.     145.     175.      190. 

328. 

—  der  Grafen  401. 

—  lehen  232.  299.     II  92. 

—  Organisation  163. 
ancillae  115.  2^44.   II  42.  222. 
Ancona  II  209. 

andedam  76.   153. 

Andernach,  Keltenort  a.  Rhein    II 

115.  154. 
Andiacum  palatium  55. 
Aneignungsrecht    des    Königs    an 

herrenlosen  Sachen  124. 

—  weltlicher  Herren  293. 


—     377 


Anesis,  Ennsfluß  II  241. 

aneta  154. 

angariae  292.      II  221.   222.   226. 

227.  230. 
Angebot  II  242.  245.  247.  250.  368. 
Angelsachsen,   Volk    II    194.    196. 

200.  334. 
Angelsächsische  Städte  II  113. 
Angers     193.    277.        II     15.     42. 

300. 

—  s.  auch  Formulae  Andecavens. 
Angli  s.  lex  Angliorum. 

Anglo warnen  II  79. 
Aniane,  Kloster  51.   93.   98—101. 
136.    138.    162.   225.  389.   II  42. 

157- 
Anisola  s.  St.  Calais. 
Anjou  (Prüm)  126. 
Anmaßung  der  Freiheit  II  34. 
Annahmepflicht  d.  Münze  II  316. 
anniculos  154. 
annona  II  264.  265.  277.  281. 

—  militaris  55. 

Anrainer  377.  381.  383,  389. 
Ansegis,  Abt  v.  St.  Wandrille  (Fon- 

tanella)  52.  67.  68. 
anseres  154. 

Ansetzung  Landloser  251. 
Anshilt  (Loisch)  II  92. 
Anskar,    Erzbischof    v.    Hamburg 

II  108.   116.  190.  191.  193.  196. 

214. 
Antipendien  II  142. 
Antwerpen  II  193.  203. 
Anton  44.    47.    60.   70.    157.   259. 

281. 
Aplast,  Fiscus  (Hersfeld)  135. 
Appennis  241—244.     II  5. 
aprisio  124.   195.  266. 
aptificare  II  246. 
aquae  154. 

—  aquarumque  decursus  154. 

—  portare  II  226.  228. 
Aquileia  288.     II  308. 
Aquitanien    43.    46.    49.     53—55- 

59.  60.  64.  71.  72.  93.  129.  166. 
182.   190.  213.     II  208. 


Araber  47—49.    II  188.  196.  199. 

207.    211.    218.    319.    335.    368; 

s.  auch  Masudi.    . 
arare  112. 
aratura  83.  322. 
Arbeit  II  282. 
Arbeiterb evölkerung  II  87. 

—  Schaft  270. 
Arbeitserfolg  II  88. 
Arbeitsteilimg  14.  355. 

Arbon,  civitas  i.  Schwaben  II  115. 

116. 
arbores  glandiferae  373. 
Ardennen  43.  188.  297. 

—  gau  II  236. 
Ardo  93. 

areae  Hofstätten  170.  202.  257. 
263.  305.  330.  339.  358.  359. 
II  90.  364. 

—  dominicales  257. 

—  levare  II  171. 

—  serviles  257. 

Arena  im  Val  di  Serchio  (Pisa)  369. 
Arezzo,  Bistum  241. 

—  monasterium  S.  Benedicti  infra 
civitatem  241. 

argentarii  154. 

argenteus,  Münze,  Denar  II  293. 

—  (adjektiv)  II  158. 
argentum    182.    310.      II  87.    145. 

153.  170,  260.  268 — 270.  273 
bis  277.  291.  293.  299.  305. 
306.  309.  314.  317.  320.  332. 
346. 

—  munidatum  II  276. 
arietes  153. 

Arimannen,  freie  II  45. 
Aristokratie  s.  Adel,  Laien- A.  II  65. 

67.  372. 

—  geistliche  II  85.  372. 
Arles,  Erzbischof  225. 

—  Stadt  II  207.  208. 

Armen,  Die  II  216.  248.  275.  339. 

—  steuern  II  274.  341.   352.  369. 
armentum  1541. 

armillae,  Armbänder  II   144.   308. 
Arndt  II  347. 


-     378    - 


Arno,  Erzbischof  v.   Salzburg  92. 
99.  241.     II  216. 

—  arnonische  Güterverzeichnisse 

II  93. 
Arnold  W.   128.     II  97.  124.  125. 

167. 
Arnolf,  König  174.  177.  178.  182. 

195.    200.    202.    305.    347.    350. 

II  127.  199.  236.  237.  327, 
Amulfinger  188.     II  23.  66. 
Arrondierung  219.   221.  224.   262. 

264.    266.    281.    321.    391.    398. 

399.  401. 
ars  omatoria  II  162. 

—  texendi,  Kunstweberei  II  150. 
artes  —   Gewerbe  II  173. 
artifices  s.  auch  Handwerker  164. 

II  156.  163. 
artificium  11  159. 
arva  93.     II  140. 
arvea  terra  154, 
Aschaffenburg,  civitas  II  116. 
Aschbach,  O.  i.  Niddagau,  Hessen 

(Lorsch)  II  183. 
ascia  76.  153. 
Asciburgium,  Burgfeld  b.   Asberg 

(Rheinland)  II  115.   116. 
ascilis  s.  axiles. 
Ashley  26. 
asinos  153. 
Asnapium,    fiscus    =     Annappes, 

Arrond.  Lille  76—78.    152—155. 

315.     II  161.  340. 
Asoar,  Abt  v.  Prüm  126. 
Assoziirung  II  54. 
Astronomus,    der    sog.    (Biograph 

Ludwigs  d.  Fr.)  49.  63. 64. 72.  190. 
Asylrecht  II  27. 
Atlantischer  Ozean  47. 
Atlasgewänder  II  211. 
Attigny,  Pfalz  (Dp.  Ardennes)  185. 

188. 
aucas  153.  154. 

Aufgebot  311.  335.    II  20.  21.  229. 
Aufkauf  V.  Waren  II  278.  286. 
Aufnahmen  v.  Gutsbeständen  s.  de- 

scriptiones  80. 


Aufsaugung   der  kl.    Grundeigner 

323. 
Auftragung  des  kl.  freien  Grund- 
eigentums 306.  321.  362. 

i  Aufwechsel  II  317.  337. 

!   Augsburg,  Bistum  75.  82.  90.  91. 

j        155.  284.    II  45.  103.  104.  106. 

1        115. 

i   —  Gau  297. 

Äugst,  civitas  i.  Schwaben  II  115. 

Aula,  Ovlaho,  mansus  dominicatus 
(Hersfeld)  135. 

aurifices  154.     II  155. 

aurifrisium  s.  Goldwirkerei. 

Auriola,  curtis  i.  Ob.  Italien    148. 

aurum  II  141.  145.  153.  179.  260. 
269.  275—277.  299.  320.  346. 

—  obrizum  II  308. 
Ausbeutung,  wucherische  II  248. 
Ausfuhr  von  Hengsten  324. 
Auskunftspersonen  368. 
Ausmärcker  362.  365.     II  53. 
Ausrückung  ins  Feld  II  21.  22. 
austaldi  II  91. 

Austrasien  72.  164, 

Autarkie  II  95. 

Autmundistat,    villa,    ümstadt    i. 

Hessen  (Fulda)  II  123. 
Autonomie  d.  Verwaltung  II   176. 
Autotradition  307.  318.  334.    II  5. 

7—10. 
Autunnacum  s.  Andernach. 
Avaren  II  103.  112.  116.  188.  197. 

198.  241.  274.  319.  370. 

—  ringe  41. 
avaritia  II  278. 
avena  153. 
Avignon  II  207.  208. 

axiles,  axilia.  Schindeln    112.  115. 
II  157. 

B. 

Babeau  24. 
Babelon  II  298. 
Babenberger  II  246.  267. 
Babilonie,  Burg  i.  Sachsen  II  120. 
baccalarii  360. 


—     379 


Backhaus  II  i6o. 

Backöfen  II  i66. 

Baden,  Großherzogtum  248.  II 146. 

Bäcker  II  129.  160. 

Bagdad  II  367. 

Baienhandel  11  184.  207. 

Baioarii  s.  auch  Bayern  II  73. 

Bais  i.  d.  Bretagne  (Münzfund)  II 

195.  297. 
Baist,  G.  48—50.  63.  76—78.  98. 

155.  156. 
Baiuvaren  s.  Bayern. 
Baldamus,  A.  62.     II  19.  20.  93. 

94.  227 — 229. 
balteus,  Wehrgehenk  II  145. 
Baltische  Länder  II  191. 
Balzers,  curtis  (Chur)  155. 
Bamps,  C.  II  145. 
Bann  176.     II  iio.   134. 

—  gelder  II  132. 
Bannlegung  II  20.  354.  371. 
bannus  II  21. 

Bar  s.  Aube  11  205. 

Bardowiek  II  103.    112.  116.  120. 

196. 
barefrida  s.  auch  parafredum  112. 

II  227. 
Bargeld  II  276. 
Bari  II  209. 

Barisis,  Zelle  (St.  Amand)  159. 
Barren  (Edehnetall)  II  318. 
barriclos  61. 
Barschalken  II  74.  93. 
Basel  95.   185.  256.     II  106.  327. 
Basinheim  s.  Bensheim. 
Bastogne,    villa    i.    Ardennengau 

II  236. 
battere,  dreschen  II  32. 
Baturich,    Bischof  v.  Regensburg 

(817—48)  iio. 
Bauarbeit  II  87. 

—  dienste  II  270. 
Baudobriga  s.  Boppard. 
Bauernfeld  256. 

Bauemgemeinde  s.  Landgemeinde. 
Bauerngut  281. 

Bauernhöfe  131.  263. 


Bauernhufe  315.  320.  384. 
Bauernkriege  II  31. 

—  land  322. 
Bauernlegen  321.     II  52. 
Baufronden    s.    Bauarbeit    II  87. 

369- 

Baumarm,  L.  308. 

Bauplan  v.  St.  Gallen  (c.  820)  100. 
loi.     II  174.  175. 

St.  Bavo,  Gent,  Messe  II  236. 

Bayern,  Land  31.  92.  170.  176.  185 
204.  206.  248.  250.  254.  270.  295 
298.  301.  304.  308.  309.  311 
312.  318.  319.  327.  334.  339 
340.  358.  363.  375.  378.  388 
II  5-  6.  9.  37.  52.  69.  72.  108 
144.  146.  148.  182.  201.  219 
220.    258.    267.    319.    322.    335 

359-  371- 
bayrisches  Herzogsgut  240, 

—  Rechtsgebiet  II  71.  74.  75. 

—  Städte  II  127. 

Bayern,  Volksstamm  270.  306.    II 

199.  200.  219.  304.  334. 
Beamte  d.  Königs  71.  75.  123.  152. 

156.    160.    163.    314.    369.    372. 

II  II.  29.  91.  92.  224.  235.  237. 

238.  338. 
Beaudouin  II  14. 
Beda  s.  Bitburg. 
Bedrückimg  der  Armen  II  14. 
befestigte  Plätze  184. 
Befestigimg  s.  auch  Ummauerung 

II  119—  122. 
Behrend  97. 
Beile  II  142. 
Beinschienen  II  140. 
Bekleidung  s.   auch   Kleider    167. 

II  147.  152. 

—  Gewerbe  II  151. 
Beköstigung  181.     II  266. 
Belgien  44.  64.  185.  189.  297.  309. 

II  145. 
Below,  G.  V.  16.  20,  42.  183.  184. 
333-  386.    II  96—102.  IIO.  121. 
134—139-    161.    164—169.    174. 
176.  280.  287.  338. 


380 


Benedikt  d.  hl.  II  173.  174. 

—  monasterium  s.  B.  s.  Arezzo. 
Benedikt,  Abt  v.  Aniane  93.  95. 

98—100.    II  144.  158. 
Benediktb  euren,  Kloster  II  182. 
Benediktinermönche  44. 
Benedictus    Levita,    Capitularien- 

sammlung  68. 
Beneficia  =  Lehen  15.  19.  31.  33.  39. 

70.  75.  88.   118.   128—130.   134. 

136.    142.    144.    163.    169.    175. 

177.    190—192.    203.    214.    218. 

223.    227—236.    239.    245.    252. 

256—258.    268.    279—286.    294 

bis  299.  306.  312.  319.  321.  325. 

327.  339.  347-    II  24.  26.  41.  51. 

68.  93.  94.    163.    166.  252.   355. 

359-  362.  373. 
beneficia  praestita  II  282.  283. 
beneficiare  135.  286.  295.     II  94. 
beneficiarium  ins  398. 
Benefizialgut,     Benefizialland     70. 

117.    118.    192.    283.    295.    326. 

II  26. 
Benefiziare  33.  68.  89.  91.  229.  235. 

256.    258.   294.   321.   II  23.   24. 

94. 
Benetici  s.  Venedig, 
Benevent  41.     II  209. 
Bensheim  i.  Hessen  (Lorsch)  249. 
Bequet,  A.  II  145. 
Berber  49. 

Berg  i.  Tburgau  (St.  Gallen)  200. 
Bergbau  II  179.   184.  185. 
Beigen,  civitas  b.  Frankfurt  a.  M. 

11  115. 
Bergkirchen,  Freisinger  Hof  84.  90. 

95.  264.     II  142. 
Bergrecht  II  185. 

—  regal  II  354.  371. 
Bergwerk  II  180.  185.  186.  325.  335. 
Bermotesheim  i.  d.  Pfalz  (Lorsch) 

120. 
Berner  Jura  388. 
St.  Bernhard,  gr.  II  202.  204. 
Bernkastei,   civitas  i.   Moselgebiet 

II  115. 


Bernu£fe,  pagus  i.  Westfalen  II 
182. 

St.  Bertin,  Kloster  i.  Nordfrank- 
reich   43.    118.    177.    286.    400. 

II  94- 

—  Annal.  v.  St.  B.  275. 
Bertrada,  GemahlinKg.Pippinsi34. 
Bertram  II  37. 
Berufskrieger  II  22.  229. 
Besan§on  II  204. 

B eseler  7.   122.   124. 
Besitzbestätigungen,  Kgl.  238  bis 

243.  400.     II  4.  5.  237. 
Besitzesschutz  126. 
Besitzrechte  der  Bauern  322. 
Besitzstreitigkeiten  241.    II  365. 
Besitzverteilung  308. 
Besserung,    emelioratio    269.    271. 

283.  359.     II  51.  363. 
Bestandskontrolle  79. 
Bethge,  0.   195.  376. 
Bethmann-HoUweg  122. 
Betuwe,  Gau  i.  d.  Niederlanden 

(Aachen)  298. 
Bewässerung  36. 

Bewaffnung  des  Aufgebots  II  22. 
Bewidmung  m.  Stadtrecht  II  103. 
Beyerle,  Konr.   18.  358. 
Bezäumung  d.  Streitrosse  II  152. 
Beze,  Kirche  St.  Pierre  II  351. 
Bienbah  (Fulda)  II  58. 
Bienenzucht  II  200. 
Bier  s.  auch  cervisa.       • 

—  bereitung  II  165. 

—  zinse  II  200. 

Bifang,  Bifänge  250.  267—269.  311. 
bigati,  Römerdenare  II  295. 
Bikel,  H.  211.  223.  255.  268.  270. 

291.  292.     II  8.  52.  174.  221. 
Bilderverehrung  II  210. 
Bildhauerei  II  157. 
Binge,  Bingen  a.  Rhein  276.  II  107. 

115.   116. 
Binger  Loch  186. 
Binnenkolonisation  195. 
Birka,  Biörkö  i.  Schweden  II  190. 

191.   193.   196. 


38i 


Birnbaum  II  24. 

Birten,  civitas  a.  Rhein,  Kr.  Gel- 
dern II  115.  193. 
Bischöfe  II  274.  279.  286.  373. 

—  westfränkische    62.     158.     i66. 
172.    II  222.  224.  248.  284.  339. 

Bischofsitz  s.  sedes  episcopalis  II 

106.  108.  112.   116. 
Bischofstädte,  civitates  183.   II  98. 

loi.  106.   108.   109.   176.  366, 
Bisestad,  -stat,  villa,  Bürstadt  zw. 

Lorsch  u.  Worms  11  122.  123. 
Bitburg,  Keltenort  a.  Rhein  II  115. 
Bitterauf  84.   iio.  205.  206.  210. 

217.    220.    223.    248.    250.    253. 

300.  307.  309.    II  6.  9.  36. 
Biwinesheim,  villa  (Lorsch)  II  271. 
Blancard  II  308. 
Blanchet  II  312. 
Blei  II  182. 
Bleidenstadt,  Kloster  n.  Wiesbaden 

283.  391.     II  269. 

—  Gesch. -Quellen  249.  279. 
blidas  45. 

Bliesgau  (Rheinbayem)  297. 
Blindenstat  (Lorsch)  II  271. 
Blök,  J.  P.  II  196.  198. 
Bluntschli  385. 
Bobbio,  Kloster  87.  117.  284.  286. 

1145. 

Bochheim  s.  Buchheim. 
Bodenfeld  i.  Leinegau  (Sachsen) 

II  183. 
Bodenleihen  306.     II  50. 
Bodem-egal  123,  132.  193.  199.  353. 
Bodensee  185. 
Bodmann  fiscus.  Pfalz  a.  Bodensee 

185.  198. 

—  PN.  81. 

Böhmen   128.      II   195.    197.    199. 
200.  322.  370. 

—  Böhm.  Wald  II  241. 
Bohrer  II  142. 

8.  Bonifacius,  Fulda  280.     II  58. 
Bonifaz,  hl.  II  4.    106—109.    143. 
148.  194,  211. 

—  vita  II  194. 


Bonn  156. 

—  Grafschaft  296.  297.     II  iii. 

—  oastrum  II  107.   115.   116. 

—  Feldmark  365. 
Bonneil  188. 

Bonottus  vicedominus  (St.  Servaz 
a.  d.  Maas,  Maastricht)  II  217. 
Boos,  H.  II  iio.  125.  127. 
Boppard  a.  Rhein  II  107.  115.  116. 
Boratre,  Gau  i.  Westfalen  296. 
Bordeaux,  Stadt  II  207.  208. 

—  (PN.)  II  296.  301. 

Boretius  57.  60.  68.  69.  72.  75,  88. 

91.  92.  196.  325.  335.  343.   II  19. 

20.  22.  26.  39.  77.  249.  298.  324. 
bos  quadrimus  II  333. 
Bossert  246.  247. 
Boten  verkehr  II  215. 

—  dienste  II  226.  227. 
Bougenot  II  195. 

Bouin  i.  d.  Vendee  II  184.  207. 
Boulogne  s.  M.  II  205. 
Bourgneuf  i.  d.  Vendee  II  184.  207. 
Bourquelot  II  205. 
boves  153.  154.  325.     II  275. 

—  in  hostem  dare  112. 
Bozen  II  199.  200. 

bracem,    biacium,    Zins    83.    116. 

178.     II  161. 
Bracht  =   Ort  i.  Hessen  (Fulda) 

II  180. 
Brandi,  Karl  122.  374.  389.    II  4. 
bratteola  II  140. 
Brauereiverwaltung,  Kgl.  157.     II 

160.  340. 
Braunschweig  II  120.  196. 
Bregenz,    Brigantium,    civitas    i. 

Schwaben  II  115.   116.   156. 
Brehier  II  206. 
Breisach,   civitas  1.    Schwaben  II 

115. 
Bremberg  a.  d.  Naab  II  103.  112. 

197. 
Bremen,  Bistum  II  108.  132.  327. 

—  Stadt  II  112.  196.  368. 
Breimer,  Straße,  Tirol  II  200. 
Brentano,  Lujo  II  288. 


-     382 


Brescia,  St.  Giulia,  Kloster  87.  284. 

—  Grafschaft  297. 
Bretagne  II  195. 
Bretholz,  B.   iio. 
Breucomagus  s.  Brumat. 
Breves  Notitiae  Salisburgenses  82. 

86.  99.   102.  IIO.  223.  248.  378. 

II  9.  69—71.  73.  179. 
brevis  35.   181. 
Briccinheim  (Lorsch)  121. 
Brienne,  Grafschaft  296. 
Brindisi  II  209. 
Britannien  II  194. 
Britannische   Kauffahrer   II    194. 

368. 
britische  Insehi  II  190.  192. 
Britten,  Brittani  II  88.  367. 
Brixen,  Bistum  223.  389.    II  109. 
Brogarias  (St.  Denis)  135. 
Brot  II  129. 

—  backen  II  165. 
Brücken  II  214.  353. 

—  bau  191. 

Brünne,  Industrie  II  140.  275. 
Brugnato,  Kloster  i.  Italien  274. 
Brumat,  fiscus  i.  Elsaß  174.  II  1 15. 

116. 
Brunichildis,  Königin  II  360. 
Brunner,  Heiarich  9.    14.    15.    19. 

21.  23.  40.  41.   54.   76.   80.   84. 

102.    106.    109.    123.    124.    126. 

163.  164.  167.  169.  175.  191  bis 

193-    197'    199-    210.    215.    216. 

218.    227—232.    242—244.    255. 

266.    284.    294.    311,    318.    324. 

329.    362—365.    370—375-    380- 

383.     II  2.  3.  5.  7.   II,   14.   17. 

18.  29.  31.  41.  46.  49.  51.  55—65. 

70.   72.  73.  77.  79-81.  83.  84. 

89.  93.  109.  126.  133—136.  213, 

214.    223—226.    228.    240.    253. 

259.    272.    282—284.    289.    292. 

293'  295—300.  302.  306.  329  bis 

334-  344-347-  349-  3S3-3SS- 
Bruno,  dux  (Liudolfinger)  (f  880) 

II  327. 
Bruns  68.  76.  95. 


Buchbinder  II  152. 

Buchführung  78—80. 

Buchheim,  Df.  i.  Breisgau  (Lorsch) 

119. 
Buchner,  M.  II  140.  143.  181. 
Bücher,  Carl  12.  14.  23.  24.    II  95. 

138.    146.    161.    164.    170.    171. 

173.    175.    187.    243.    253.    254. 

259.  263.  270. 
Bücherverzeichnung  89.  90. 
Büdinger,  M.   194. 
Bündenerpässe  (Schweiz)  11  202. 
Bugge,  Alex.  II  113. 137. 190—192. 

322. 
Bulgarien  11  199.  367. 
Buraburg,  oppidum  castrum,  Bis- 
tum n  106.  109.  118, 
Burckhard,  H.  v.  301.  305. 
burdones  76.  154. 
burdura  II  247. 
Burg  II  97.  98.  loi.  104.  105.  115 

bis  119.   123. 

—  frieden  II  134. 

—  recht  II  104. 

—  theorie  II  97.  loi. 

—  werk  II  118. 
burgundisches  Recht  II  41. 
buxgus  II  104. 

Buße  22.     II  II.  76.  78.  80.  83. 

252.    283,    298.    300 — 302.    304 

307.  328.  330.  331. 
Bußreduktion  II  3.  80.  83.  84.  300. 

301.  303.  305.  307.  323.  330. 
Bußtaxen  II  77. 
Buter  II  192. 
butticularius  165. 
Buxito,  ON.  (St.  Denis)  135. 
Byzanz  41.    II  210.  290.  335.  367. 

c. 

caballus  s.  auch  Pferd  325.   II  275. 

276.  320. 
Caesar  II  358.  360. 
Caesarius  v.  Heisterbach  II  227. 

229. 
Caggese  25.  362.  366.  377.  II  28.  30. 
Cahn,  Jul.  II 291. 296. 297. 312.  327. 


-     383 


Cahors,  Bischof  v.  (630—55)  80. 

St.  Calais,  Kloster  171.  172. 

calasneo  374. 

calce  II  112. 

calceamentum,  calcearius  II  171. 

calciamenta  s.  Schuhwerk. 

Calderas  aereas  153. 

Calisse  25. 

Calvus  Mons  s.  Chaumont. 

Camargue,    Camaria    (Rhonemün- 

dung)  II  207. 
cambiare  (denarium)  II  316. 
Cambrai,  Stadt  II  103.  206. 
Camera  s.  auch  Kammer  61.  146. 

168.  185. 
camerarii  II  92. 
camisale,  camisile  112.  115.  II  146. 

166. 
Camonica  s.  Val  Cam. 
Campus   135.   309.   323.   330,   331 

367. 
Canche,  Fluß  i.  Frankreich  II  203. 
canes  154.  322. 

—  acerrimi  154. 
Cantero  s.  Kandem. 
capella  s.  Hofkapelle. 
Capitularien  27.     II  128.   187. 
cap.  dominicum  70. 

—  gesetzgebung  130,     II  34.  211. 
216.  294. 

Capitula  missorum  68.  70.  74.  197. 

226.     II  36. 
Capitulare  v.  Estinnes  (743)  II  24. 
Capitul.  V.  Soissons  (744)  II  106. 
Capitul.  V.  754/5  II  234.  336. 
Capitul.  V  Heristal  (779)  II  24.  307. 
Capitul.  V.  Mantua  (781)  II  313. 
Capitul.  V.  Frankfurt  a.  M.  (794) 

325.  II  106.  312.  335- 
Capitulare  de  Villis  (c.  794/5)  6.  7. 

10.  15.  28fE.  77.  140—148.  156. 
157—164.  175  —  197.  280.  287. 
II  I.  35.  67.  91.  92.  129.  141. 
147.  161.  166.  168.  174—177. 
179.    182.    224.    272.    322.    324. 

326.  338.  342. 

—  Charakter  60. 


—  Entstehungszeit  53.  56. 

—  Geltungsbereich  4iflf.  67.  73. 

—  Herkunft  und  Ursprungsort  48. 

—  rechtliche  Natur  67. 
Capitulare  Ambrosianum  (795  bis 

847)  73-  74-  93-  98.   166.   197. 
Capitulare  Saxonicum  (797)  II  58. 

272.  306,  327.  332. 
Capitul.  V.  802  II  279. 
Capitul.  V.  803  II  83.  296.  323. 
Capitul.  V.  805.  II  323. 
Capitul.  V.  801  —  53  II  I4I' 
Capitul.  V.  801—6  322. 
Capitul.   V.   Diedenhofen   (805)   II 

112.  234.  241.  313.  324. 
Capitul.  V.  806  II  215. 
Capitul.  V.  Nymwegen  (v.  806)  II 

251,  277.  285. 
Capitul.  V.  806—10  323. 
Capitida  de  causis  diversis  (807?)  88. 
Capitul.  V.  808  II  323.  324. 
Capitul.  V.  809  II  323. 
Capitularienfrg.  v.  809?  oder  820 

II  324- 
Capitul.  V.  Aachen  v.  809  II  286. 
Capitul.  V.  Aachen  (810—13)  56- 

58.  69.  70.  72.  85.  158.  166.  177. 

186.  195.     II  122.  324. 
Capitida    ecclesiastica    (810—13) 

277. 
Capitul.   V.   Boulogne  s.  M.   (811) 

II  275. 
Capitulare    de    justiciis    faciendis 

(Sil- 13)  56—58.  72.  88.  89. 
Capitul.  V.  811  — 13  200. 
Capitul.  V.  813  II  279. 
Capitul.  V.  815  77. 
Capitul.  V.  818  II  39. 
Capitul.  V.  818/19  196.    II  39-  87. 
Capitul.  V.  819  II  323. 
Capitul.  V.  820  II  112.  240- 
Capitul.  V.  821  II  184. 
Capitul.  V.  821  II  184. 
Capitul.  Lothars   v.  822/3  II  240. 
Capitul.  V.  823/5  II  313- 
Capitul.    Ludwigs   d.    Fr.    v.    825 

II  325- 


-     384 


Capitul.  Lothars  f.  Italien  v.  825 

213. 
Capitul.  V.  Olonna  (825)  II  279. 
Capitul.  V.  828  II  141. 
Capitul.  V.  Worms  (829)  II  26. 
Capitul.  V.  829  226. 
Capitul.  V.  832  II  279. 
Capitul.  missorum  Silvacense  Karls 

d.  K.  (853)  II  88. 
Capitul.  V.  861  II  316. 
Capitularien,  italienische  II  91. 

—  Lothars  v.  832  181. 

—  Ludwigs  IL  V.  865  II  249. 
apobianchi  II  309—312.  322. 

capsa  II  143.   153.   154. 

cardones  45. 

Carisiago  s.  Kiersy. 

Carhnann,  Oheim  Karls  d.  Gr.  125. 

camaticos  exactare  323. 

carnem  vendere  II  167. 

Caro,  Georg  17.  18.  21.  85.  86.  loi 
bis  104.  139.  163.  193.  204.  205. 
.  210.  219.  247—251.  268,  269. 
280.  300.  301.  307 — 310.  318  bis 
320,  323.  329—333.  337  bis 
340.  342.  354.  357.  358.  363. 
387.  II  5.  14.  202.  233.  255. 
269.  284. 

carpenta  II  198. 

carra  II  221. 

—  conducere  II  171.  23b. 

—  locare  II  230. 

carrata,  Flüssigkeitsmaß  261.  343. 

carre  salinarie  II  241, 

carricare  II  32. 

carricatura,  Fuhrdienst  179.  II  224. 

carropera  II  32. 

carruca,  cum  c.  pergere   112. 

carta  107.  iio.    II  70. 

—  dotaUs  328.  332. 

—  ingenuitatis  II  34. 
cartularii,  Freigelassene  123.  II  57. 
casa,  Kgl.  Höfe  64.  146. 

casa  =  Wohnhaus  254.  331. 
casa  dominicata  281. 
casata  310.     II  274.  309.   310. 
casati  360. 


Cassinogilum  palatium  55.  128. 

castaneae  II  201. 

castellum  II    112.    115  — 121.    125. 

ISO. 
casticia,  Baufron  63. 
castrum  II  100.  107.  116— 122.  127 
catelli  159. 
Catiacum  villa  (i.  Anjou)   (Prüm) 

126. 
caulas  67. 
causa,  Besitz  149. 

—  dominica  132.  240.  295.    II  73. 

—  regis  237. 

cautio  s.  Darlehensurkunde. 

cavallarii  118.  286.     II  94. 

cavallicare  II  261. 

ca Valium  cum  essedo  154. 

celatura  II  162. 

cellarii  159. 

cellerarii  II  91. 

cenaticum,  Zollabgabe  II  213. 

Cenebum  s.  Gennep. 

Cenis,  Mont-  II  204. 

Cenomannica  ecclesia  s.  Lemans. 

censarii  II  49. 

censores  II  43. 

censuales  285.    II  51.  52.  220.  222. 

census  115.  280.  313.  328.     II  88. 

166.  264.  273.  346-349.  351.  352. 
census  indominicatus  258.  327.  328. 
census  regius  s.  Königszins, 
centena,    Cent  54.   140.   192.   193. 

385.  396.    II  360. 
centenarii  162.  323.     II  26.  29. 
centmark  397. 
Centulense  Chronicon  258. 
cera,  s.  auch  Wachs  62. 
Cerexhe  II  301. 

cerocensuales  s.  Wachszinsige  II  51. 
cervisa,  cervisia  s.  auch  Bier  83. 

112.  178.  II 160. 161. 165.264.  265. 
cessio  II  5. 
Chabert  392. 

Chälons  s.  M.,  St.  Stefan  II  273, 
Chalons  s.  S.,  Konzil  v.  813  203. 

290.    II  12. 

—  Gegend  v.  Ch.  296.   II  205.  207 


385 


Chamaven  II  8i. 

Champagne  II  205, 

Charibert  II.,  König  (629—31)  II 

297. 
Chartres,  Gau  296. 
Chaumont  II  204. 
Cherso,  Insel  II  209. 
Chijs,  van  den  II  328. 
Childebert  I.  II  28. 
Childebert  II.,  pactum  v.  587  II  16. 

—  Capitulare  v.  596  II  299. 
Chilperich  (561  —  584)  II  126. 

—  Edikt  (561-584)  362.   380  bis 

383-  n  15. 

China  II  206. 
Chioggia  288. 
Chlodwig  s.  Clodovech. 
Chluduici,  homines  s.  Ludwig,  Sohn 

Karls  d.  Gr.  II  21, 
Christiana  religio  (Münze)  II  325. 
Christianos  locare  II  230, 
Chrodingus  (Lorsch)  376. 
Chur,  Bistum   86.    iii.   240.   244. 

279.  400.     II  42.  106.  231.  267. 

269.  303.  320. 

—  Stadt  II  201.  202. 

—  Urbar  119.  139.  155.  198.  258. 
279.    II  179.  185.  231. 

Churrätien  86.  139.  163.  258.  II  185. 
cicer  arietinum  49. 

—  Punicum  49. 
cicerum  Italicum  78. 

Cimiez  i.  d.  Bretagne  (Münzfund) 

II  297. 
circumcapere  195. 
cispitaticum  II  213. 
Cittänuova  (Istrien)  II  209. 

—  i.  Gebiet  v.  Modena  241. 
cives  =  Gaugenossen  372.  373.  398. 
civis  Romanus,   Freigelassener   II 

46-50.  74. 
civitas,   Bischofsitz    183.      II   98. 
106.   107.   109. 

—  =  Burg  II  118. 

—  =  Stadt  80.  II  100.  105.  112 
bis  125.  130.  167.  175.  234.  313. 
316.  335. 

D  0  p  s  c  h ,  Wirtschaftsentwicklung  der 


civitas  =  Vorort  der  Völkerschafts- 
gemeinde II  116. 

civitas  publica  II  104.   124. 

St.  Claude,  Kloster  i.  Jura  98. 
II  159. 

clausura  structure  gurgitis  154. 

Giemen  P.  II  139.  142.   158. 

clerici  65. 

Clermont-Ferrand,  Stadt  II   117. 

Cleve  296.  393.    II  115. 

Clichy,  Konzil  v.   (626)  II  16. 

Clodovech  Kg.   43.     II  126.  360. 

Clothar  I.  II  28. 

—  IL  II  299. 

—  Edikt  (614)  II  16.  359. 
Clugny,     Cartular     v.    211.      264. 

331- 

clunis  II  148. 

coccineus  II  145. 

Cocheteux  II  301. 

codex  traditionum  s.  Traditions- 
buch. 

Codices  II  276. 

coheredes  252.  253.  368.  373  —  377' 
384-  399- 

Cohn,  G.  50—52,  64.    II  51. 

Colidge  II  204. 

colliberti  369—372. 

coloni  s.  Kolonen. 

columba  154. 

Columella  45.  49. 

comercia  literarum  II  217. 

comes  s.  Graf. 

comites  civitatum  s.  Stadtgrafen. 

comitiae  190. 

commanentes  prope  s.  Umsassen. 

commanere  331.     II  49. 

commarca  364.  390. 

—  commarcani  374.  375.  381-  384- 
commendare  159.     II  10.  11.  21. 
Commendation  an  d.  König    126. 

127.  231.  233.     II  9.   10. 
Commerciacum  bei  Toul  II  206. 
commertia,   commertius    326.      II 

112.  240. 
commodare  37.     II  279.  282. 
communes  375.  376.  389. 
Karolingerzeit.  II.  2.  Aufl.  25 


—     386 


communia  24.  173.  363  —  367.  374. 

376. 
communio  (in  aquis  et  pascuis)  359. 

398. 

—  in  Silva  389. 
commutatio  s.  Tausch, 
comparare  s.  Kauf, 
comparticipes  384. 
compendium,  Gewinn,  Vorteil,  pro 

c.  laborare  269.    II  89. 

competere  II  16. 

Compiegne  II  206. 

compositio  s.  auch  Buße  253.  II  83. 
168.  312. 

Compositionensystem  der  Volks- 
rechte II  2.  3.  II. 

comprehensio  s.  Bifang. 

concae  aeree  153. 

concapulavit  96. 

concilium  congregare  s.  auch  con- 
silium  173. 

Concilium  Risbacense  II  12. 

conculcaturia  (carta)  II  42. 

conducere  homines  s.  auch  opera- 
rios  II  171. 

conductor,  Pächter  277.     II  349. 

—  agrorum  278.  279. 
conductum  suum  quaerere  II  88. 
confinium,  Bezii'k  364.  374.   378. 
conflatorium  s.  Eisenschmelzofen, 
coniectus  322.    II  273. 
coniurationes,     Schwurgenossen- 
schaft II  30.  31.  67.  136.  177.  178. 

coniuratores  97. 
conlaboratus,  Zuerwerb  269. 

—  Ertrag  65.   145.   153.   181.    182. 
conplacitatio  222.  223. 
Conring,  H.  28.  68. 

consilium  in  villis  s.  auch  conciUum 

165. 
consortes.  Geteiler 371.  374.  376.384. 
conspirationes  II  31. 
Ckjnstantin,  Kaiser  II  298.  299. 
Constantinischer  Münzfuß  II  292. 
Gjnstitutio  de  expeditione  Romana 

II  13. 
consuetudinarii  II  32. 


consuetudo  antiqua  389.  II  19.  32. 

—  mala  II  43. 
convenit  II  246. 
convicani,  spätrömische  379. 
coquina  146. 

corbes,  corbos  92.  153.   II  3^4.  338. 
Corbie,  Kloster   52.   292.      II   86. 

160.  162.   171. 
Corbinian,  hl.  II  319. 
Cordoba  II  206. 
Cork  (Irland)  II  192. 
Cormery,  Kloster  277. 
corvadae  83.  322. 
Corvey,    Kloster   i.    Sachsen   249. 

264.  301.     II  44.  60.   114.   136. 

183.  326. 

—  traditiones  249,  315. 
Costiza  villa  (Goß)  350. 
costus  47. 

coxa  II  140. 

Cramer,  F.  II  154. 

Credit  II  279. 

Crivelucci  370. 

St.  Croix,  Kloster  i.  Orleans  II  114. 

Crome,  B.  333.    II  138. 

Cruciniacum  s.  Kreuznach. 

Cruftelen  (Lorsch)  116.  117.  II  271. 

cucuUum  spissum  II  170. 

Cuerdale  (Lancashire),  Münzfund  v. 

II  327. 
culcitas  146. 

cultros  s.  auch  Messer  II  140. 
cupiditas  II  278. 

curia,  Wirtschaftshof  254,  279.  331. 
Curschmann,  F.  II  249.  250. 
curtifer,  Hufe,  Hofstätte  339.  358. 
curtile  331. 
curtis  91.  112.  254.  255.  280,  284. 

285.  316.    II  122.  221.  223.  270. 

—  dominica  71.  83.  189.  254.  255. 
258.  316.  328.  331.  339.  341. 
II  I.  119.   120.  323. 

—  langobardische  43. 

—  regiae  30.  34.  61.  126.  128.  141. 
144— 151.  155.  172.  177.  181.  190. 
II  120.   121.  224. 

—  sepe  cincta  154. 


—    38; 


D. 

Daenemark  304.    II  196. 
Dänen  II  190—192.  195.  273. 
Dänische  Gemeinderechte  388. 
dagewerhte  (Sachsenspiegel)  II  91. 
Dagobert  105.    II  297. 
Dahn,  F.  14.  15.  40.  41.  46.  59.  67. 

123.    125.    142.    144.    159.    162. 

164.    172.    173.    175.    177.    186. 

189.  326.  358.    II  253.  273.  274. 

301.    316.    320.    323.    324.    331. 

346—348. 
Dalmatien  II  209. 
Danevirke  41.    II  367. 
Dannenberg  II  289.  326. 
Dannistat,  fiscus  (Hersfeld)  II  123. 
Dareste  24. 
Darlehen  11  89.  279—282.  288. 

—  Geld  II  282.  283. 
Darlehensurkunde,  cautio  II  284. 
Darmstädter  P.   133. 
deauratura  II  299. 

decani,  Beamte  159.    II  91. 

Decanie  385. 

decima  s.  Zehent. 

Dedition  s.  Ergebung  II  36. 

Deermann  393. 

defendere  prata  63. 

deferre,  abführen  (Zins)  182. 

Deinheim  s.  Dienheim. 

Dekane,  Ministerialen  II  128. 

Delarc  II  208. 

Delbrück,  Hans  II  22.   141.  229. 

Demonetisation  des  Goldes  II  300. 

Denar,  Münze  116.  343.  382.  II  80. 
83.  84.  115.  247.  264.  265.  269. 
270.  290—293.  295—299.  301  bis 
318.    322-324.    327-331.    333. 

335.  370.  371- 

—  novi  II  313.  314.  328,  338.  344. 

—  probi  atque  pensantes  II  314 
bis  316. 

—  ripuarischer  II  296. 

—  salischer  II  323.  « 
per  denaratas  vendere  II  167. 
denariales  123. 

denariatio  II  49. 


denarii  veteres  II  329. 

St.  Denis,  Kloster  134.   135.   170. 

288.    II  114.  132.  182.  193.  195. 

201.  232.  234.  239.  240. 

—  Messe  II  114.   195.  236. 
Denring  II  156. 

St.  Deodatus,  Kloster  170. 

Deothehn  (Reichenau)  315. 

depascere  323. 

depopulari  323. 

depraedationes  II  31. 

Depression,  d.    Gemeinfreien   272» 

275.     II  I.   5.  7.  8.   12.   18—23^ 

27.  362. 
Descendentenerbfolge  382. 
describere  118.  286. 
descriptiones  79.   80,   88.  91.    118. 

—  mancipiorum  80. 
descriptor  stipendior.  regal.  118. 
deserta  269. 

desertare  (beneficium)  II  26. 
deservire  54.   165.   168.   176.   193. 
Desiderius  v.  Auxerre  II  37. 

—  König  d.  Longobarden  II  141. 
Detailb  erichte  der  Kgl.  Amtleute  5  7. 
Deutschland  6.  9.  24.  32.  42.  44  bis 

47.  50.  72.  74—76.  81.  89.  132 
168.  185.  197.  202.  218.  219, 
225.  246.  253.  261.  267.  276, 
279-  303-  305-  308.  309.  313 
318.  323.  339.  348.  351.  354 
400.  II  13.  15.  33.  42.  45. 
103.  105.  106.  108.  109.  113 
114.  138.  142.  145.  147.  153.  155 
T57.  158.  175.  180.  182.  194  bis 
198.  211.  216.  221.  230.  259.  273 
277.  283.  325.  326.  349.  365.  368, 

Deutz,  castrum,  civitas  II  107.  115 
116.  119. 

Devotionalien  II  142. 

dextraliola,  Fingerringe  II  144. 

diacedrina  littea  II  148. 

Diebstahl  II    11.  18. 

Diedenhofen  s.  Thionville. 

Dienerschaft  II  169. 

Dienheim  (Fulda,  Lorsch)  1 19.  137. 
171.  208.  250.  376. 

25* 


-     388     - 


Dienst   203.    357.    360.    361.    395, 
II  44.  87.  91.  93.   165. 

—  adel  II  66. 

—  leute  II  39.  91.  93. 

—  rechte  II  13. 

—  Verpflichtung  II  35. 

—  miUtärische  II  129. 

—  Verweigerung  II  31.  32. 
dignitas,  Stand,  Rang  II  144. 
Dijon,  castrum  II   119.  204—206. 

239- 
Dinanderie  II  143. 
Dinant,  Stadt  II  196. 
Dinge,  Gerichts  Versammlungen  II 

"5- 
Dingolfinger  Dekrete  II  69.  70.  74. 
Diocletian,  Kaiser  II  251. 

—  Taxordnung  v.  J.  301    II  251. 
286. 

Dionysiusmesse  i.  Paris  288.  II 1 14. 
Dionysii,  monasterium    s.   Scheft- 

larn. 
diptamnum  45. 
Dirks,  J.  II  192.  328. 
discriminaha  (Schmuck)  II  144. 
discus  153.   181. 
Disentis,  Kloster  II  201. 
dispensare  181. 

dispensator  rei  publicae  II  239. 
districtio  191.    II  13. 
Diutia  s.  Deutz. 
diversoria  II  131. 
divisio  86.  240.  252.  253.  370.  373. 

376.  400.  401. 
Divitia  s.  Deutz. 

Doeberl,  M.  285.  304.    II  52.  220. 
Domänen  23.   42.   45.    55.   58.   69. 

70.  133.  141-154.  163.  165.  180. 

187.  263.    II  100.  338.  339.  342. 

355- 

—  Ämter  161. 

—  Beamten  166. 

—  Erträge  156. 

—  Verwalter  s.  auch  iudices  54.158. 

—  Verwaltung  56.  58.  141.  164  bis 
.  166.  245. 

—  —  Zentralinstanz  der  161, 


Domanialhof  263. 
Domanialwirtschaft  329. 
domestici  132. 
Dominikalhufen  135.  257.  258. 

—  land  118.  131.  137.  256—262. 
286.  322. 

Domirükalisierung  von  Marken  397. 
dominicus  =  herrschaftlich  70. 
dominicum  258.  279. 

—  servitium  258. 

—  usus  258. 
domus  II  276. 

—  regalis  281. 

donatio  102.   II  257,  s.  Schenkung. 

—  a  die  presente  208. 

—  post  obitum  103.  206.  209. 
Donau  352.    II  112.  188.  195.  199. 

267. 

—  handel  II  199.  335. 

—  Mainkanal  II  188. 
Doniol  24. 

donum,  Abgabe,  annua  d.  II  272. 

273-  277.  346.  350.  351. 
dona  accipere  322. 
Doppelwährung  II  291.  320. 
Dorestad  s.  Dorstadt. 
Dorfgemarkung  353.  354.   363. 
Dorfgemeinde  386.     II  102. 
Dorf  mark  385.  391. 

—  gemeinde  380. 
Dorfsiedelung  152.  387. 
Dormagen,  Keltenort  a.  Rh.  II  115. 
Dorstadt,  abgekommen,  Wijk  bij 

Duuerstede,  Prov.  Utrecht  II 
112.  123.  190.  191,  193.  203,  205. 

Dortmund,  Pfalz  184.     II  196. 

Drachen  würz  (dragantea)  45. 

drappos  153. 

Drechsler  II  157.   158. 

Dronke  102.  103.  iio.  207.  219. 
250. 

Drüpt,  civitas  a.  Rhein  II  115. 

Dublin  II  192. 

—  f%hrt  II  137. 
ducere  in  horreum  115. 
duces  323. 
Dümmler,  E.  51.  217. 


389 


Düngung   36. 
Düren  II  196. 
'Duisburg  II  193. 
dulcia,  Äpfel  46. 
Duplizität  der  Normgebung  II  77. 

79- 
Durnomagus  s.  Dormagen. 
Duvivier  II  50. 
Dynasten,  weltliche  II  357. 

E. 

Eberhard  V.  Fulda  102. 206. 207. 279. 
Eberolfesheim  (Lorsch)  115. 
Ebersberg,  Kloster  221. 
Ebersburg  s.  Eparesburch. 
Ebersheim,   Kloster  II  13. 
Eberstadt,  R.  23.     II  167.   168. 
Eboracum  II  203. 
Ebrard  304.    II  4. 
Ebro  II  367. 
Eccard  76. 
ecclesiastici  II  63. 
Eckstein,  E.  II  354. 
edel  312.     II  57.  65.  68. 
edeling  314.  315.     II  77.  78. 
EdeUnus,  Abt  v.  Weißenburg  (1262 

bis  93)  III.   113. 
Edelmetall  II  266.  271.  290.  292. 

317-  318. 

—  gewerbe   II    140—148. 

—  gewinnung  II  179. 
Edelsteine  II  145.  206.  211— 213. 

276.  277,  368, 
edhilingi,  nobiles  (Sachsen)  II  55. 

57- 
Edikt,  prätorisches  81. 
Egart  155. 
Eggers    22.     131  — 134.     142  —  149. 

151.  158.   161  — 168. 
Eggersdorf  (Freising)  375. 
eicere  274. 
Eichelmast  389. 
Eichhorn,  K.  F.  i,  79.  163.    II  i. 

2.  II  — 13.  97.  167. 
Eichsfeld  298. 
Eichstätt,  Bistum  II  109.  210.  236. 

237.   326. 


Eier  41. 

Eifelgau  297. 

Eigen,   freies    129.    130.    138.    161. 

266.     II  26.  75.  261.  351.  355. 
Eigenbaugüter,  -land,  Kgl.   74.  78 

141.    178.    179.    192.    255.    260. 

283—289.  316—319.    II  220. 
Eigenbedarf  13.  258.  288.  325.    II 

169.  214.  233.  234.  259.  356. 
Eigenkirchen  64—66.  278. 

—  recht  172.   174.  237.  373. 
Eigenleute  s.  Knechte,  Mancipien, 

servi  II  i.  44.  215. 
Eigentumsprozeß  242. 
Eigenwälder  177. 
Eigenwirtschaft    13.    31.    217.    255 

bis  266.  277.  281—286.  314—328. 

361.    II  220. 
Eigil,    Verf.    d.    vita    Sturmi   267 

II  194.   198. 
Eimer,  uma  343. 
Einhard   184.      II    114.    140.    143. 

162.  181.  198.  203.  206.  215—217. 

236.  268.  355. 
Einkommen  14. 
Einzelgeschäfte  vom  Gutshofe  aus 

325. 
Einzelhöfe  253.   152.  387. 
Eisen  II  140—142.  180—185.  262. 

366. 
Eisengewerbe  II  140—142.   181. 
Eisengruben  II  179.   181. 

—  Schmelzöfen  II  181. 
Eisenschmiede  II  142. 
Eismeer  (nördliches)  II  190. 
Ekkehart,  casus  S.  Galli  II  170. 
Elbe  304.     II  118.   195.  367. 
Elefanten  II  208. 

Elegius,  presbiter  (Lorsch)  376. 
elemosina  II  179.  274. 
Elfenbeinarbeiten  II  158. 
EUgius,  hl.  Bischof  v.  Noyonll  283. 

—  vita  Eligii  132. 
Elnon  s.  St.  Amand. 

Elsaß  247.  250.  254.  276.  300.  308. 
327.    II  182.   193. 

—  gau  296. 


—     390     — 


Elze  (a.  Einfluß  d.  Saale  i.  d.  Leine) 

II  193. 
emeliorare  269. 
emissarius,  equus  153.  154. 
St.    Emmeram,    Kloster    (Regens- 
burg) 136.  235.  285.    II  44.  220. 
—  vita  II  119. 
empturia  II  175.  313.  335. 
Endemann  II  286. 
enecas  146. 
Engel  II  325. 
Engelberg,  Kloster  73. 
Engelmannsbuch  (1495  —  1516)  32, 
Engilmar,   faber  (Freising)  II  166. 
England  24.  26.  349.    II  140.  148. 

149.    153.    193,    194.    202.    203. 

368. 
Ennstal  (Steiermark)  II  183. 
Entenzucht  40. 
Eparesburch,  abgekommen,  Markt 

a.  d.  Donau  zwischen  Linz  und 

Mautern  II  103,   112.   113.   116. 

241. 
epibata  II  217. 
ETiißoXri  383. 
epistolarii  II  49. 
Epistolarverkehr  II  216. 
equaritia  154. 
eramenta  II  162. 
Erben,  W.  II  22.   141. 
Erbgut  253. 

Erb  leihe,  freie  18.   19.  280.  363. 
erb  loses  Gut  II  353.  371. 
Erblosung  252. 
Erbpacht  15.   192.  273. 
Erbrecht   der    Markgenossen    368. 

379-383- 
Erbsen  49. 

Erbzinsgüter,  Kgl.   192. 
Erchanbald,   Bischof  v.    Eichstätt 

(884-916)  II  237. 
Erchanbert,    Bischof    v.    Freising 

(835-854)  84.  90.     II  160. 
Erchanbert,  breviar.  regum  Fran- 

cor.   190. 
eremus,  heremus  122.  124.  171.  237. 

238.    II  179. 


Erfurt  s.  auch  Engelmannsbuch. 

—  Stadt  u.  Bistum  II  106.  109. 
112.   196.   197. 

Ergebimg  d.  kl.  freien  Grundeigen- 
tümer 307.  321.  322.  II  7— II. 
21.  36.  63.  65. 

Erleichterung  des  Kriegsdienstes 
durch  Karl  d.  Gr.  II  19. 

Erler,  G.  9- 

Ermeraga  villa  (St.  Denis)  135. 

Ermoldus  Nigellus  49.  67.  93.  94. 
II  140.   155. 

Ernst,  V.   196. 

Errungenschaft,  adtractus  conlabo- 
ratus  170.  174.  239.  271.   II  276. 

Ersitzung  der  Freiheit  II  42.  49. 

eruca  48.  78. 

Erwerbspolitik  des  Laienadels  302. 

Erzbergbau  s.  Bergbau. 

Erzgießerei  II  157. 

Eschersheim,  civitas  bei  Frankfurt 
a.  M.  II  116. 

Eselbach  (Lorsch)  115. 

Esesfelth  =  Burg  Itzehoe  II  118 

Esmein  18.  24.   193. 

essedum  154. 

Essen  wein,  A.  II  145.   154. 

EßUngen  a.  Neckar,  Markt  II  114. 
236. 

£!taples  s.  Quentowic. 

etlehas  146. 

Ettmayer,  K.  v.  48. 

eulogia  113.    II  227. 

Eurogilum  palat.  55. 

Evardus  (Bobbio)   170. 

evectio  s.  Postschein. 

St.  Evre  (Toul)  296. 

Ewa  Chamavorum  II  77.  79.  328. 

exactatio  II  88. 

exactio,  Steuer  II  273.  351. 

exactor,  Kgl.  Beamte  74.  157.  II 
238.  349- 

—  palacii  160. 
exarare  374. 

excolere  =  roden  II  27.  268.  269. 

389. 

—  bebauen  331. 


—     391     — 


excolere  prata  63. 

Exempla  brevium  ad  describendas 

res  ecclesiasticas  et  fiscales  50. 

68.  75  —  101.  113.   115.  118.  14s 

bis  147.  152  —  159.  183.  262.  281. 

284.  319.  340.    II  153.  161.  162. 

276. 
Exemtion  II  135.  176.  239. 
exenia  275. 

exercitales  viri  II  93.  94. 
exercitus  =  Heerfahrt  59. 
exitus  154. 
exolare  II  16. 
expeditio  II  94.  178. 
expensa  regis  177.  181. 
Export  V.   Eisenindustrie  II    142. 

367- 
—  V.  Getreide  II  277. 
exstirpare  270.  390. 
extensiver  Betrieb  351. 
extranei  398.    II  50. 

F. 

faba  153. 

fabae  maiores  49. 

faber  II  162—168. 

fabrica  II  162. 

fabrilis  ars  II  162. 

fabrire  II  140. 

facultates,  Besitz,  Vermögen  149. 

150.     238.     328.       II     5.     144. 

320. 
Fährgeld  II  231. 
Fässer  (Kriegsausrüstung)  61. 
Fahlbeck  II  293.  296. 
Fahrnis  II  258.  259.  276. 
Fakultativsätze  II  264. 
faices  153. 
falciculas  153. 
falconarii,  Falkner    165.    323.      II 

128. 
Falke  PN.  350. 

—  II  197.  211. 

-  0.  V.  II  145. 
Falken  II  190. 
Falschmünzerei  II  316.   322.   323. 

336.   344-   370. 


famiUa  33.  63.  65.  66.  280.  292.  322. 
389.  398.  II  51.  130.  168.  230. 
232.   367. 

—  des  Königs  139.  181. 

—  grundherrschaftliche  398.  II  51. 

53- 
famulus  II  163. 
Farama  II  206. 
Farfa,  Kloster  237.  241.  242,  246. 

367. 
farina  153. 
farus  76.   153. 
fasciolae  II  146.  147. 
fasianos  146. 
Fasten  II  274. 

—  ablaß  II  369. 

—  speise  35. 

Fastlinger  91.  102.  270.  304.  307 
bis  309.  311.     II  6.  8.   160.  200. 

Fastrada,  Gem.  Karls  d.  Gr.  II  274. 

FaveroUes,  vüla  (St.  Denis)  II  236. 

Fehr  II  19. 

Feigenbäume  50.  78. 

Feingehalt  s.  Münze. 

Feldgemeinschaft  362.  382. 

Feldmark  s.  Mark. 

Felle  40. 

fenerata  pecunia  II  283. 

feneratores  II  230. 

Fengler  II  191.  203. 

fenum  coUigere  112. 

fenus  II  278. 

Ferge  II  231. 

Fernabsatz  der  Produktionsüber- 
schüsse 288.  292. 

Femtransport  186.    II  220. 

Fernverkehr  s.  Verkehr. 

ferramenta  i.     II  180.  265. 

ferrarius  154.    II  186. 

ferrea  virga  II  156. 

ferrum  s.  Eisen. 

Fett  40. 

feudale  Gewalten  II  354.  357. 

feudale  Münze  II  326. 

Feudalisierung  der  öfEentl.  Gewal- 
ten II  14.  372. 

Feuersgefahr,  Schutz  gegen  II  1 79. 


—     392 


Fibel  II  145. 

Fichtelgebirge  II  180. 

ficus  45.  50.  78. 

Fidelitätseid  II  44 

figulus  II  156. 

Filicionecurte  (St.  Denis)  135.  147. 

filtros  II  261. 

Finanzwirtschaft  II  355. 

fines  363. 

Fingerringe  II  144.   145. 

Finke,  H.  II  254.  278. 

Fiscalinen  163.  166.  169,  170.  300.  II 

32.  178.  224. 
Fiscalverwaltung  10.    11. 
Fische  61.   146.    II  262. 
Fischer  II  160. 
Fischer-Benzon  45.  47.  49. 
Fischerei  II  353. 
—  regal  11  353.  371. 
Fischotterfelle  II  152. 
Fischweiher  34.  61.   146. 
fisci,  Kgl.  Güter  33.  57.  58.  65.  78. 

88.  92.   127.  131.  135,  138.   139. 

14.1-145.    149-165.    172.    175. 

189—192.    198.    202.    263.    315. 

341.  389.    II  121.  161.  162.  224. 
fiscus  (Ärar)  54.  80.   123.   125.  140 

bis  146.  165.  167.  185.  192.  193. 

197.    199.    236.    253.    372.    390. 

II   42.   49.    126.    178.    225.    234. 

238—240.  337. 
fisci  res  189.    II  349. 
Fiskalbezirke  140.   143.   146.   180. 

—  gut  86.  129.  182.  192.  198.  201. 
202.  240. 

—  Verfassung   131.    142,    153.    156. 
160. 

—  Verwaltung  21.    143.    160.    166. 

245- 
Fiskuswirtschaft  157.   187. 
fiuvaida  368.  369.  371.  392. 
Flaccius  68.  95—97. 
Flachs  II  146. 
Flagestat  s.  Florstadt. 
Flandern  II  37.   191. 
Flavigny,  Kloster  289.  II  49. 
Flegler  II  226. 


Fleischprodukte  183. 
Flethite,  Gau  (Niederlande)  296. 
Flims,  curtis  (Chur)  155. 
Florstadt,  Flagestat  (Lorsch)  II  146. 
Florus,  Diakon  v.  Lyon  49.   II  150. 
Flotte  II  208.  210.  211. 

—  Handels  II  211. 

—  Kriegs  II  208. 

Flucht,  der  Kolonen  282.  322.    II 

27-   33-  36. 
Fluchtburgen  II  105. 
Flüchtlinge  s.  fugitivus. 
Flüssigkeitsmaß  s.  carrata. 
Flurkarten  348.  349. 
foca  64. 
fodrum  325, 
Förster  s.  forestarius. 
Folchrihus  (Mondsee)  106. 
Folckerus  (Schäftlarn)  II  256. 
Fontanella  s.  St.  Wandrille, 
foraticus  326. 
forbannire  II  343. 
Forchheim  185.    II  103.  112.  197. 
forensia  bona  90. 
forestarius  373.     II  91.  220. 
forestis  175.  177.  322.  367.    II  371. 
forheo  =  concapulavit  97. 
Formeln    92.    97.    98.    301.    310. 

331.  339.     II  7.   10.   12.   15.  28. 

34-  35-  37-  38.  40-  42.  45-  47-49- 
57.  89.  90.  92.  97.  98.  147.  159. 
193.  223. 

—  Alsaticae  II  42. 

—  Andecavenses  213.  271.  276. 
277-  357-  378-     n   15.  42.  300. 

—  Ai'gentinenses  II  47. 

—  Arvernenses  II  11.  15.  39.  46. 
48. 

—  Augienses  271.  II  15.  40.  42. 
46—48. 

—  Bituricenses  275.  II  37.  39.  46. 
48. 

—  S.  Gallenses  217.  372.  II  12. 
37.   156.  293. 

—  Imperiales  92.  127.  150.  168. 
201,  II  12.  15.  38.  40.  47.  48. 
90.  344. 


393 


Formeln.  Laudunenses  II  39. 

—  Marculfi  149.  150.  268.  274.  275. 
II  5.  II.  12,  15.  28.  39.  42.  45. 
47.  48.  89.  223.  314.  348. 

—  Morbacenses  II  12. 

—  Salicae  Bignon.  269.  271.  331 
II  15.  28.  42.  47.  314. 

—  —  Lindenbrog.  271.  II  28.  39 
42.  47.  48. 

—  —  Merkel.  271.    II  39.  40.  47 

—  —  Pithoei  frg.  269.     II  15. 

—  Senonenses  271.  II  11.  15.  39 
41.  46.  47. 

—  Turonenses  271.  300.  II  10.  15 
28.  39.  47.  48. 

—  Visigothicae  269.  275.  II  10, 
15.  48.  89. 

Forstregal  II  353. 

Forstverwaltung,  Kgl.  157. 

forus  legitimus  II  iii. 

Fos,  i.  Südfrankreich  II  207. 

Fossati  370.    II  309. 

Fournier,  M.  II  46.  50. 

franci  homines  33.    134.   135.    138. 

139.  145.     II  63.  79.  84.  351. 
Franco,  Bischof  v.  Lüttich  (856  bis 

903)  II  149.   152.  203. 
Franken,    die    (Volksstamm)    123. 

249-  305-  382.  389-  392-     II  80, 

83.  90.  96.    118.    124.    148 — 150. 

198 — 200.    218.    219.    289—295. 

299.  304.  320.  335.  348.  360.  365. 
Franken,     Land    246.     267.     300. 

308. 
Fränkische  Burgen  II  119.   120. 

—  Erde  388. 

—  Gebiet  II  69.   118. 

—  Handel  II  196. 

—  Hausmeier  II  319. 

—  Könige  II  126.  293. 

—  Münzen  22.  II  199.  290.  292. 
293-  296.  298.  307.  310.  322. 
328  —  330.  333-335.  370. 

Fränkisches  Recht  123. 

—  Reich  67.  II  109.  114.  192. 
195.  219.  254.  290.  294.  318. 
320. 


Fränkische  Zeit  362.    II  100.  130' 

152.  289. 
Frankfurt  a.  M.  291.    II  1 10.  121. 

122.  222.  223.  229.  251.  252. 

—  Kgl.  Kapelle  II  269. 
Frankreich    24.    42—44.    78.    137. 

299.  309.  313.  II  192.  205.  302. 
319.  320.  370. 

—  nordöstliches  43.   64.   99.    185. 
189. 

Frantia  55.  72.  310. 
Frau,  Beteiligung  a.   d.   Hausver- 
waltung 56. 

—  als  Benefiziare  233. 
frauda  33. 

Frauenarbeit  II  164. 
Frauenhäuser,    Gynäceen    59.      II 

145.   146. 

—  Weberei  II  150. 
freda  II  322.  349. 
Fredegar  79. 

Fredegundis,  Königin  II  360. 
Freibauern  311.  314.  315-  33i- 
Freie  s.  auch  Gemeinfreie  17.  194. 

198.  199.  217.  225.  255.  268. 
274.  275.  282.  305.  307.  321. 
334-  335-  337-  34i-  357-  360 
bis  362.  381.  390.  402.    II  I.  2. 

5  —  7.    IG.    20.    29.    34.    36.    41—45. 

49-    50-    57-    59-   61.    64.   65.   69. 

71-  73-  75-  78.  87.  93.  94-  129  bis 

131.    223.    228.    231.    232.    237. 

330-    332.    347-    3SI-    356.    357- 

364-   367. 
Freigelassene  123.  273.  II  38.  41.  46. 

bis  49.   SS  — 62.    74.   75-  82.   83. 

93.  94.  232.  354.  371. 
Freihandelsprivileg  326. 
Freiheit  54.     II  87. 
Freiheitspfandsetzimg  s.  obnoxiatio. 
Freiheitsprozesse  IT  29. 
Freilassungen  Unfreier  251.    II  10. 

36—41.   46—57-  65.  363- 

—  in  ecclesia  II  46.  47. 

—  per  denarium  II  47. 
Freising,  Bistum  iio.  205.  206.  208. 

210.  211.  220—223.  226.  234.  248. 


—     5i^ 


253.  256.  its)— 271.  i;tk.  501, 
30^  512,  3I&.  523.  352.  334.  340. 
347-  3:>-  5$>o.  n  3,  4,  &.  {>.  36. 
40.  44.  51.  52.  7<x.  107.  1C9.  142, 
143.  ICO.  166.  iSkv  ij»— 201.  227. 
256.  26a.  2Ö1.  2CV4.  265.  269.  a7&. 
2>3-   2S^ 

Frfisdng,  Stadt  U  127. 
Freistift  217.  275.     II  fcv.  363. 
FreiiÜÄrigkeit  322.     II  46.  49.  S7. 
Fremde  II  101.  13a.  131.  133.  13S. 
241.  545.  346.  371. 

—  Hei  berge  ^Xenodochien)  II 209. 
214.  237. 

Fressel  II  92. 

FiVTÜle  II  203. 

Friedrioii  11.  Heixc^  von  Östeareäch 

^1230— 46)  n  267. 

FTiemer&heim  ^Werden^  249.  204. 
Friesen  391.   II  130.  146.  149.  150. 

192  —  194.    i9Ck    19S.    219.    «48. 

320—322.    327.    32S,    331.    333. 

334.  36S.  371. 
Friesland  24S.  305.     II  165.   1S4. 

ipi.  105.  321.  32S.  330.  332.  335. 

—  friesische  Münze  11  320. 

—  frieiädsohes  Recht  II  41.  332. 

—  friesisches  Tuch  II  147.   191. 
frilingi  ^ingenuileis)  11  55.  5-.  50  bis 

61. 
Frilingsnormen  11  77—79. 
Friskinga  II  264.  265. 
Fritilo.  Priester  ^Freising)  II  S.  9. 
Fritzlar,  Kirche  ^Hersfeld)   164. 
Fronden  229.  272.  315.   320.  322. 

323.   n  13.  32.  33.  112.  132.  161. 

165.     170.     22T.    226.    231.    2S2. 

Fronhof  3—5.  u.  15.  131.  157.  160. 
246.  253.  255.  257.  260—264. 
270.  279.  2S6.  315.  319.  320.  341. 

n  95.  102.  105.  13S.  145—147. 

160.  161.  164.  167.  169.  171  bis 

174.   1S7. 

—  gewerbe  II  102. 

—  verband  II  16S. 

—  Verfassung  5.  12.  16.  320.  337. 
II  16;. 


Fronhofverwaltung  260. 

—  'wirtschjtft  II  22CV  243.  253.  254. 
Fiotiutr,  Bischof  v.  Toul  ^+  S^e) 

II  159.  ii^4. 
Fruchtwtvhsel  36. 
fnictificat  255^ 

Frühgermanis^^he  Kultur  II  p?. 
frunientum  153. 
Fuchs.  Adalbert  291. 
fugitivus  II  27.  2S.  42, 
Fnhrdienst<->  291.   II  112.  222.  227. 

229-23K 
Fuhren  292. 
Fuhrwerk  37.     II  171. 
Fuld.<»,  Fluß  312. 

—  Kloster  95.  102,  103.  107.  109. 
110,  124.  135-137.  139.  170. 
171.    20a.    206.    207.    2to.    219. 

221.     246.     247.     249.     250.     2ÖI. 

264.    267.    26S.    271.    272.    279. 

299-  307>  330-  35S.  37^     H  7- 

3S.  40.  44.  62,  146.  157.  161.  162. 

165.    169.    172.    173.    iSo.    1S2. 

1S3.    1S5.    19S.    249.    255.    260. 

269.  276.  34S. 
Fiilradus.  Abt  v.  St.  Denis  135. 
Fulrad.  Abt  v.  St.  Quentin  (Ver- 

mandois)  93. 
functiones  publicae  1S9.  ipi.  550. 
Fundregal  II  354.  371. 
furnum  calcem  116.     II  166. 
fusiÜs  ars  II  162. 
Fustel  de  Coulanges  24.   227.   363. 

364.  377. 
Futter  n  21n. 


G. 

Gänse  (Zins)  152. 

Gaeta  II  20S. 

galea  11  140. 

St.  Gallen,  Kloster 

17.  4S.  100. 

101 

106.    107,    110. 

139.    154. 

167 

172.     174.     lOS- 

200.    204. 

2'-"^5 

210.    211.    217. 

210.    222. 

223 

247.    255.    26S. 

270.    272. 

2  So 

291.    292.    301. 

307.    323. 

327 

32S.    330.    364. 

367.    300. 

391 

395     — 


400.  II  3—6.  33-  41-  44-  52.  MO- 
142.  144.  145.  147.  151-154. 
157,  158.  166.  170.  173.  174. 
180.  181.  201.  227.  231.  244  bis 
246.  249.  255.  256.  260.  261. 
263.    265.    269.    270.    272.    276. 

283-  340.   350-   367. 
Gallien  79.  218,  380.    II  191.  203. 
281.  290.  298,  308.  318.  321. 

—  narbonnensisches  II  194. 
Gamaschen  II  152. 
Gandersheim,  Kloster  II  44.   196. 
Garbanzos  49. 

Gardasee  II  201. 

Gareis,  Karl  15.  29.  30.  32.  33.  36. 

39.  40.  42.   43.   46.  47.   50—53. 

56—59.  63—69.  71.  72.  76.  77. 

80.  88.  123.   128.   142.   143.  145. 

157.    163.    175.    186.    187.    190. 

192.     II  35.  177. 
Gariel  II  273.  318.  325. 
Garigliano  II  367. 
Garsonnet  24.  193.  228—230.  276. 

340.  362.  385.     II   12.   13.   50. 
Gartenbau  43.  44. 

—  kultur  50—52.  75.   100.     II  86. 
171.  365. 

Gasparin  155. 
gastaldii  323. 
Gasthäuser  II  215. 
Gau  350.  385.  396.     II  162.   166. 
360.  366. 

—  bürg  11  105. 

—  fremde  II  213. 

—  gemeinde  II  102.  104.  105.  107. 

—  mark  397. 
Gay  II  208.  209. 
Gebirgspässe  II  214. 
Geburtsadel  II  66.  67. 
Gfeer,  de  II  332. 
Geering  II  167. 
Gefälle  s.  Abgaben. 
Gefäße  II  153.   156. 
Gefolgschaftsrecht  306. 
Gehöferland  282. 
geidon  97. 

Geilrada  (Lorsch)  II  256. 


Geisa,  Geyeaha  (Fulda)  II  180. 
Geld  9.  14.  15.  23.  25.  41.  89.  96. 

II  170,  180.  212.  221.  242—245. 

249.    250.    253.    255.    259-278. 

280.    283.    284.    287.    292.    301. 

306.    313.    317.    319.    321,    332. 

335-   356. 

—  abgäbe  II  271. 

—  leihe  II  283.  287. 

—  rechnung  II  295. 

—  steuern  II  272.  274.  275. 

—  verkehr  II  134.  205.  257.  268. 
274. 

—  Verleiher  II  230. 

—  Wirtschaft  218.  252.  254.  255. 
259.  263.  266.  267.  271.  272. 
277.  281.  288.  290.  369. 

—  zine  II  166.  231.  268.  269.  369. 
Gelegenheitskäufe  325. 
Gemarkung  s.  Dorfgem.  u.  Mark. 
Gemeinde,  freie  II  2. 

—  i.  d.  Städten  II  124.   125.    130. 

137- 

—  rechte  386. 

—  verband  384. 

—  Zeugnis  378. 
Gemeiner  399.     II  200. 
Gemeinfreie    305.    312,    314.    318. 

11  3.  18.  55—61.  63.  66.  68.  69. 
73.    74.    76-85.    334.    359-361. 

363- 
Gemeinnutzung  373.  384.  392.  398. 
Gemeinschaft  am  Gnmd  u.  Boden 

384- 
Gemengelage  257.  309.  344.  346. 
gemmae  325. 

—  cristallinae  II  153. 

—  vitreae  II  153. 
GrenesiuB,  hl.,  s.  translatio. 
Geimep,  bei  Cleve  76. 
Genossenschaft,  freie  399.  402.    II 

178. 
Genouilleux,   villa    (St.    Denis)  II 

236. 
Gent  II  203.  206.  236. 
Genua  II  208. 
GSeräte,  kirchliche  90. 


396     - 


Gerbald,  Bischof  v.   Lüttich   (802 

bis  810)  II  278. 
Gerber  II  152. 

Gerdrudis,  vidua  (Lorsch)   170. 
Gerhard,  Falschmünzer  i.  Sachsen 

II  322. 
Gerhardus  miles  (Lorsch)  347. 
Gericht,  öfEentl.   323.     II  33.  357. 

—  barkeit,  hohe  163.    II  1 10.  11 1. 

—  —  grundherrliche  II  372. 

—  gewalt  II  13.   16. 

—  pflege  40.  41. 

—  regal  II  353- 

—  Sprengel  161. 

—  Versammlungen  II  115. 
Gerlach  II  100. 

St.  Germain  des  Pr6s,  Kloster  6.  87. 

283,   288.     II  37.   45.    112.  203. 

205.  221. 
Germanen  333.  356.  369.   II  55.  56. 

95.   102.  214.  295. 
germanische  Bauernkultur  II  288. 

—  Eigenkirchenwesen  66. 

—  Kirchenrecht  64. 

—  Staaten  II  272. 

—  Urverfassung  381.  382.     II  68. 

—  Wirtschaftsformen  26. 

—  Zeit  362. 
Gerste  II  250. 

Gerward,  Hofbibliothekar,  Hofbau- 
meister II  217. 

Gesamteigen  an  Grund  u.  Boden 
361.  366. 

—  an  Mühlen  372. 

—  recht  367.   368.   379.   380.   383. 

397- 
Gesandtschaften,  legationes  33.  71. 

189.  225.  322.     II  224.  225. 
Geschenke,  Jahr-   II  272,   s.  auch 

dona. 
Gesetz  v.  J.  369  80. 
Geßler,  E.  II  22.   142. 
Gesta  Hrodberti  Salisburgensis  99. 
Gestütsbeamte  II  91. 
Getreide  291.  II  198.  229.  232.  250. 

251^  263.    265.    277.    278.    281. 

286.  369. 


Getreideerzeugung  für  den  Markt 
320. 

—  export  325. 

—  fuhren  II  221. 

—  handel  324.  325. 

—  Produkte  183. 

—  Wucher  324.     II  213.  232. 

—  Zehent  II  25. 

Gewänder,  golddurchwirkte  II  144. 
Gewässer  (Teil  d.  Mark)  402. 
Gewanne  344.  354. 
Gewebe  II  263. 
gewegens  s.  mark  silber. 
Gewerbe  37.   II  86.  95.  96.  99.  132. 

136—139-    145-    149-    154-    156. 
166—169.  171  — 174.  178,  211. 

—  geschieh te  II  175. 

—  Organisation  II  174. 

—  Produkte  183.     II  176. 

—  treibende  freie  II  125. 
Gewere  126.  238.  240.  375. 
Gewerkschaft  II  185. 

Gewicht  II  99.  iii.  129.  216.  274. 

289.    292—299.    303.    307—318. 

324.  327.  329.  330,  338—342.  371. 
Gewinn  II  214.  231.  278.  280.  336. 

—  unredlicher  s.  lucrum  turpe. 
Gewürze  II  206.  211.  368. 
Gförer  II  319. 

Gierke,  O.  7.  15.  257.  362.  366.  375. 

380-384.  395. 
Gilde,  gildonia  II  136.  137. 
Giry,  A.  94. 
St.  Giulia,  Kloster  (Brescia)  333. 

n  45- 

glandes  112. 
glandifer,  arbor  373, 
Glas  II  368. 
Glaser  II  162.   163. 
Glaserei  II  152— 154.   177. 
Glasmalerei  II  157. 
Glasson  24.  362.  364.  366. 
ghribus  II  148. 
Glocken  II  142.   143. 

—  gießerei  II  142.   157. 

—  speise  II  143. 
Glöckner,  K.  85.   117.   122. 


397 


Glossen  96. 

Gmünd  i.  Württemberg  296. 

Godofridus,  rex  Danorum  II   195. 

Göttweig,  Kloster  i.  Niederöster- 
reich 291. 

Gold  II  179.  180.  261.  275  —  277. 
290 — 292,  298 — 300.  303.  304. 
315.  318—321.  328.  329.  335. 

—  arbeiter  II  142.   155, 

—  barren  II  318, 

—  bergwerk  II  319 

—  decke  II  370. 

—  draht  II  190. 

—  münzen  II  291.  292.  313.  330. 

—  Prägungen  II  290.  315.  318.  320. 
321.  328.  334.  369—371. 

—  schmiede  II  168.  318. 

—  —  arbeit  II  145. 

—  Schmidt,  Ad.  II  158. 

—  solidus  II  3.  80.  179.  180.  304. 
305.  307-  310.  319.  328—335.  371. 

—  verrat  II  318—320. 

—  Währung  II  80.  289.  291.  304. 
320.  328.  335. 

—  Wäscherei  II  335. 

—  Wirkerei,  aurifrisium  II  150. 
Gondreville,  Pfalz  185. 
Gorze,  Kloster  II  231. 
Gotland  II  191.  192. 
Gozbert  (St.  Gallen)  II  261. 
Gradmann  267. 

Grado,  Patriarch  288.     II  209. 

Graf,  H.   100. 

Grafen  33.  65.  71.   123.   161  — 163. 

176.  189— 191.  252.  253.  296  bis 

298.    310.    312.    314.    321.    322. 

327-  350.  390.  399-   n  II.  16.  21. 

26.  29.   66.   73.   79.  91.  92.   III. 

120.    129.    224.    225.    234.    235. 

237.    240.    248.    274.    286.    309. 

338-    343-    350.    352.    363.    366. 

372. 

—  amt  II  188. 

Graf  Schaf  tsverb  and  161.   163. 
gramalium  153. 
Granatapfel  50. 
Granfelden  273. 


granum  s.  auch  Korn  II  221.  264. 

—  coUigere  112. 

Gregor  d.   Gr.,  Papst  81.     II  13. 

—  III.,  Papst  II  107. 

—  von  Tours,  Bischof  II  119.  126. 
163.  281.  288.  293. 

Grenfell  II  13. 

Grenznachbarn  374.  375.  381.  383. 
Grenzstreitigkeiten  377.  378, 
Greozesheim  s.  Griesheim. 
Gresham'sches  Gesetz  II  321.  370. 
Griechen  II  188.  208.  210. 
Griechenland  (alt)  II  12. 

—  II  206. 

—  griechisches  Becken  d.  Adria  II 
203. 

Griesheim  (Lorsch)  119. 

Griet  b.  Cleve  76. 

Grigny  b.  Beauz6e  s.  Clermont  en 

Argonne  76. 
Grimald,  Mönch  aus  Reichenau  99. 

100. 
Grimm  97.  359.  385.     II  295. 
Grinsvald,    Herzog    v.     Benevent 

II  319. 
Grisione,  villa  =  Grusonb.  Annap- 

pes  76.  77. 
Gromatici  latini  378. 
Groschen  (Münze)  II  311.  322.  370. 
Großbetrieb  322. 
Großbrittanien     s.    Britannien    II 

195. 
Große  55.  70.  128.  II  249.  252.  286. 

356. 

—  Geistliche  II  135.  248. 

—  Weltliche  II  135.  274.  277.  366. 
Großhufen  305.  333.  335.  342.  344. 

347-  349- 
grossi  s.  Groschen. 
Großmarken  388. 
Grote  II  327. 
Gründungsstädte  II  100. 
Grundbesitzverteilung  395.  II  360. 

367- 
Grundeigentümer,  freie  2.  3.  4.  g- 
139.  198.  200.  302.  303.  308  bis 
312.    316—321.    330.    335.    338. 


398     — 


357-  374-  390.  397-  399-   ü  2.  ii. 

24—27.   64.   65.    185.   186.   258. 
Grundeigentümer  in  den  Städten 

II  125.    130.    176. 
grundherrliche   Theorie    1  —  3.    15. 

26.  II  65.  131.  168.  175.  366.  367. 

—  Verband  336.  338.  357.  360. 
361.  II  87.  131.243. 

Grundherrlichkeit  191. 
Grundherrhches Dienstgut  25 8.  33 1 . 
Grundherrschaft  2.  3.  4.  7.  8—12. 

15—20.  22.  24.  66—68.  117.  118. 

131.    147.    160.    219.    223.    256. 

261  —  265.    271—273.    290.    291. 

302.    305.    308.    309.    315  —  317- 

320.    323.    325.    326.    329.    330. 

334-  336—338.  340-  346-  347- 
354-362.  372.  373.  383.  385. 
389—402.  II  I.  7.  II.  12.  14.  25. 
bis  27.  29.  30.  33.  41.  42.  44.  48. 
50—54.  60—65.  94—99.  112, 
114.  163—169.  172—175.  178. 
186.  188.  218—221.  223.  227 
bis  232.  261—264.  266.  268.  283. 
287.  321.  342.  343.  347.  358. 
361.  362.  363.  364.  367.  372. 

—  geistliche  80.  81.  130.  160.  196. 
198.  201.  202.  204.  218.  223. 
224.  226.  228.  229.  232 — 236. 
245.  250.  251.  264.  265.  268  bis 
270.  283.  289.  290—293.  309. 
310.  312.  320—328.  390.  397 
bis  401.    II   36.   38.   42.  45.  47. 

51.  52.  65.  133.  143.  173.  244. 
245.  255.  257.  259.  367. 

—  königliche  22.  80.  81.  109.  131. 
133.  160.  175.  193.  196.  197. 
202.  224.  228.  232  —  236.  245. 
251.  263.  266.  293.  371. 

—  —  in  den  Städten  II  125  —  129. 

—  weltliche  80.  81.  130.  192.  228. 
245.  251.  293fE.  300.  301.  303. 
309.  310.  312.  314.  320.  321.  324. 
326—328.  394.  397—401.    II  47. 

52.  66.   171.   258.  287.  366. 
Grundherrschaftliche  Leute  II  165. 

—  Organisation  318. 


Grundherrschaftliche  Produktion 

II  214. 
Grundhörigkeit  272.  276. 
Grundrente  218.  283.  313.    II  287. 

—  Steuer  II  348. 

—  zins  197.     II  147.  273. 
Günzburg  a.  d.  Donau  II  115.  116. 
Guerard  6.  45—47.  52.  57.  62.  67. 

69.  70.  86 — 88.  90.  91.  93.  143. 
157.  160.  162.  171.  193.  261. 
273-  283.  329.  340.  343.  II  45. 
50.  221.  230.  243.  272.  281.  291 
bis  293.  300.  301.  303.  306.  308. 
309.  312.  338. 

Gürtelschnalle  II  145. 

Güterbeschreibungen  93.     55. 

Güterbock,  K.  52.  67.  71. 

Gütergleichheit  der  freien  Volksge- 
nossen 332.  333. 

Güterumlauf  II  187.  271. 

—  Verzeichnisse  84.  93.  99. 
Guilhiermoz    227.    294.    314.    360. 

n  312.  313. 

Gumpertus,  homo  Ubere  conditio- 

nis  (Fulda)  II  58. 
gunna  II  152. 
Guntchramn,  Edikt  (585)  II  16. 

—  pactum  G.  et  Childeberti  (587) 
II  16. 

Guntfrit  (Lorsch)  261. 
gurges  154. 

Gurk,  curtis  i.  Kärnten  258. 
Guthe  II  196. 

Gutmaim,  F.  22.  254.  270.  301.  307. 
312.    318.    319.    328.    332.    334. 

335-  338.  339-  353-  354-  357  bis 
359.  364.  366.     II  6.  8.  55.  75. 

Gutsherrschaft,  s.  auch  Gutswirt- 
schaft 143.  263.  321.  323.  324.  366. 

Gutsnachbarn  368. 

—  verwaltimg  84.  182. 

—  Wirtschaft  141.  264.  282.  320.. 
326.  355.     II  220.  364. 

H. 

Haarkräusel  II  140. 
babitacula  II  155. 


399    — 


Habsburger  II  246. 

Hacken  II  142. 

Hadamar,  Abt  v.  Fulda  (929—951) 

II  162. 
Hadrian  I.  Papst  II  182. 
Häberlin  277. 
Händler  II  86.  130.  132.  136.  137. 

219.    241.    247.    249.    278.    281, 

285.  321.  344. 
Häpke  II  149.   194.   195. 
Häusler  358. 
Hafemann  II  242. 
Hafer  II  250. 
Haflf,  K.  67.  74.  125.  127.  175.  193. 

197—199.    202.    211.    212.    217. 

238.    249.    264.    301.    305.    331. 

343.    366.    373.    374.    388.    396. 

397.    II  24.  30.  45.  86.  131.  223. 

347- 
Hag  359. 

hagastalt  s.  Haistalden. 
Hahn,  B.  II  207.  219.  284—286. 
Haina,  Markt  (Würzburg)  365. 
Haistalden,   Hagestolze   359.    360. 

II  90.  91. 
Halban-Blumenstock  A  379. 
Halberstadt,  Bistum  237.    II  108. 

—  viUa  II  123. 

Halbfreie  II  36.  41.  65.   130.  363. 
Halfenbau  277.     II  26. 
Hall  i.  Tirol  II  183. 
Halle  a./S.,  Stadt  II  113.  183. 
Hallstadt  b.  Bamberg  II  103.  112. 
197. 

—  i.  Salzkammergut  II  200. 
Hälogaland  (Norwegen)  II  190. 
Hambmg,  Bistum  II  108.  116.  123. 

132.  190.  326.  327. 

—  Stadt  II  196.  368. 

—  suburbium  II  116.   123. 
hamedii  97. 

Hammelburg,  Fiscus  (Fulda)   139. 

389- 
Hampe,  Th.  II  145. 
Handdienste  345. 
Handel  8.  9.  13.  184.  287.  289.  290. 

324.  325.    II  46.  89.  95.  96.  99. 


112— 116.  125.  131.  136.  186  bis 
199.  205.  207.  209.  211.  214 
bis  220.  230—235.  240 — 242. 
250.  253.  254.  259.  267.  276. 
277.  280.  281.  282.  285—287. 
321.  335-  337-  345-  3S6.  365. 
367-371- 
Handelsfreiheit  II  234. 

—  gesellschaften  II  287. 

—  Großhandel  II  190. 

—  Konsuln  II  197. 

—  leute  s.  auch  Händler  II  90.  194. 
196.   198.  214.  356. 

—  münze  II  317.  338. 

—  niederlassung  II  97.  198. 

—  platze  288.     II  193. 

—  Politik  II  188.  286. 

—  schiffe  II  298. 

—  Stationen  II  112.  203.  206.  217. 

—  Straße  II  195  —  198.  203.  204. 

—  verkehr  II  134.  195.  199.  200. 
206.  208.  210.  212.  218.  219. 
229.  235—237.  242.  259.  319. 
326. 

—  vertrag  II  195. 

—  wäre  II  149.  206. 
Handschuhe  II  152. 
Handschuhsheim    bei    Heidelberg 

(Lorsch)  249. 
Handwerk  16.  17.  23.  36.     II  46. 

102.    138.    139.    153.    160.    161. 

166.  169—176.  185.  218. 
Handwerker  75.  154.  II  86.  87.  129. 

138-   159—177- 

—  freie  II  167.   168.   170.   178. 

—  Fronhofs-  II  168. 

—  leben  TL  162.   166. 

—  Markt-  II  168. 

—  schule  II  162. 

—  Stätten  II  174. 

—  verbände  II  177.   178. 
Hanf  II  146. 

Hannover  296.  345.     II  105.   120. 

196. 
Hansa  II  113-   i37-   184.  207. 

—  Städte  II  219. 

Haussen,  G.  7.  345.  346.  353- 


400 


Hantgemal  II  76. 
Hardradus  (Fulda)  136. 
haribannitores  322. 
Harnack,  O.  II  209.  210. 
Harster   105.    1 11  — 113.   219.   221. 

254.  262.  264.  291,  300.    II  146, 

229. 
Hartmann,  Graf  (815)  126.    II  226. 
—    L.  M.    20,    24.    117.   275.    276. 

284.  292.  367.  370.  371.    II  204. 
Hartwich,  Bischof  v.  Passau  (840 

bis  866)  102. 
Hartwig  II  136. 
Harun  al  Raschid  II  210. 
Harz,  Gebirge  II  196. 
Hasack  II  157. 
Hasselt  II  145. 
hasta  ferrea  II  140. 
Hathumod,    hl.,    v.    Gandersheim 

II  144.  150. 
Hauck,  A.  93.  202.  214.  313.    II  4. 
.    108 — HO.    126.    127.    135.    210. 

325-  357- 
Haupthöfe  s.  auch  villa  capitanea 

160.  245.  291.     II  99.  100.  152. 

162.   163.   188.  220.  253. 
Hauptmann,  L.  221. 
Hausdiener,  unfreie  320.  II  51.  130. 
Hausgesinde  II  86. 
Hausgüter,  karolingische  64.    169. 

171.    173.    174.    188,    189.    190. 

294. 
Hausierhandel  II  259. 
Hauswerk  (Gewerbe)  II  148.   161. 

367. 
Hauswirtschaft,     geschlossene     1 2 

bis  14   23.  180.    II  95.  173.  175. 

186.   187.  254.  259.   268.  365. 
Havet,  J.  II  46. 
Heberollen  s.  auch  Urbare  85. 
Heck,  Phil.  21  —  23.   78.  201.  314. 

316—319.  340.  366.     II  31.  44. 

54 — 86.    92  —  94.    291.    299.    301 

bis  303.  305.  306.  314.  315.  318. 

328-334. 
Heckestat  (Lorsch)  II  271. 
Heden,  Herzog  (Fulda)  139. 


hedi  153.   154. 

—  annotini  153. 

Heerbann,  heribannus  324.     II  2. 

13.  20.  21.   129.   132.  275.  349, 
Heeresabgabe  II  266.  267. 

—  dienst  191.   227.     II  20.   362. 

—  fahrt  II  197. 

—  pflicht  II  21.   23.   272. 

—  Straße  II  195. 
Heermalter  II  266. 

—  Schilling  II  266. 

Hegel  (Carl)  43-  278.  369.     H  38. 

98.    lOI.    105.    HO.    III.    126.    169. 

Heigl,  P.  371. 

Heiliges  Land  II  210.   367. 

—  Steuer  II  352.  369. 
Heilkräuter  51.   52. 
Heim  werk  II  164.   171. 
Heinemann,  0.  v.  58.  95.  97. 
Heinrich  L,  Deutscher  König  II  97. 

117.   118.   175. 

—  IL,  Deutscher  Kaiser  II  63. 
Heito  (Mondsee)  (817)  106. 
Heldmann,  C.  271. 
Helfrichus  (Schäftlarn)  II  256. 
Heliand    (c.    830)  altsächsicher  II 

104. 
Hellweg  (i.  Westfalen)  II  196. 
Helmstädt  68. 

Hemmingen  (Weißenburg)  II  146. 
Hengste  40.  324. 
Hennig,  R.       II  113. 
Heppenheim  (Lorsch)  389. 
herbae  medicinales  s.  Heilkräuter. 
Herberge  II  223.  224.  226. 

—  sdienste  II  205.  225. 

—  pflicht  71. 
heredes  368. 

Heribertus,  Vater  d.  Bertrada,  Ge- 
mahlin Königs  Pippins  134. 

Herirat  (Lorsch)  376. 

Heristal,  Pfalz  i.  Belgien  188.  II 
196. 

Hermann  Billung  311. 

Hermelin  II  148.   152. 

Herrengut  131.  261. 

—  hof  s.  auch  Fronhof  258,  283. 


401     — 


296—98.  319-  320.  340.  341-  39i- 
394.     II  171. 
Herrenhufe  315.  320.  345.  355. 

—  land  257. 

herrenloses  Land  140.  192.  293. 
351.  354.  365.  371.     II  353. 

—  mansus  s.  mansus  dominicatus. 
Herrieden,  Kloster  181.   195. 
Herrschaft  s.  Grundherrschaft. 

—  gewalt  II  67. 

—  leute  II  27.  30. 

Hersfeld,  Kloster  82.  85.  87.   135, 

136.   138.   171.     II  44. 
Herzöge  II  366.  373. 
Hesselbach  (Fulda)  II  182, 
Hessen  140.  249.  271.  306.  387.  388. 

II  146.   151.  154.  180.  182.  195. 
Heufuhren  83. 
Heusler,  A.  23.  97.  123.  169.  321. 

376.   II  2.  97.  110.  124.  125.  167. 

347-  353-  354- 
Heuwieser  II   iii.   122.    125,   127. 
Heyd  II  206.  207.  209. 
Heydenreich  102. 
Heyne,  M.  359.     11  138.   140.  142 

bis  145.  150—154.  157—160.  163. 

168.   172.   180.   186. 
Hide,  Großhufe  d.  Nordgermanen 

342. 

—  hida  ad  geldum,  fiskalische  Hide 

344-   349- 
Hildebrand,    R.  329.  346.  363   bis 

366.  376.  377. 
Hildesheim,  Bistum  II  108. 

—  Stadt  II  120. 

Hildibald,   Bischof    v.   Worms    II 

374- 
BüUiger  23.  382.    II  293.  296.  297. 

299.  302  —  312.  328—335. 
Hincmar,  Bischof  v.  Laon  (858  bis 

876)  160.  346.  349.  352. 

—  Erzbischof  v.  Reims  160.  164. 
165.  258.     II  93.  128.   129.  272. 

Hintersassen  d.  Grundherrschaften 
54.  118.  163.  175.  193.  198.291. 
314—316.  322.  332.  347.  360. 
391.     II   I.  25.   51  —  54.  60—67. 


74.  90—94.   112.    124.    129.    142. 

146.    152.    154.    157.    161.    165. 

174.    223.    228.    230.    232.    246. 

268.  347.  363.  367.  369. 
hirci  153.   154. 
Hirsch,  H.  94.  II  13. 
Hitherius,  Kanzler  II  182. 
Hitto,  Bischof  v.  Freising  (811  bis 

835)    HO. 

Hhdbeki  s.  Luebbecke. 

Hlisgau  298. 

hoba  256.  328.  330.  331, 

—  nobilis  340. 

—  salica  s.  Salhufe. 
hobae  ad  curtem  331. 

—  dominicales  315. 

—  possessae  316.  332. 
Hochhausen  (Weißenburg)  II  146. 
Hochverrat  122.   125.   132. 

Höfe  259.     II  269 

Höfer  393. 

Höngg,   Chorherrenstift   (Schweiz) 

1143. 
Hörige  5.  122.  135.  272.  297.  298. 
332.  337-  338.  399-    n  I.  5.  27. 
29.  36.  42.  43.  50.  102.  124.  145. 
146.  149.  161.  167.  169.  174.  215. 

367- 

—  Leistungen  der  80. 
Hörigkeit  17.  276.     II  63. 
Höxter  (Westfalen)  249.   301. 
Hof  des  Herrschers  (Königs)  II  22  5 

249.  273.  323. 
Hofbeamte  41.   164.   165.   167. 

—  genossenschaft  362.  394.  398. 

—  gesellschaft  167. 

—  guter  43.  50.  71. 

—  halt  189. 

—  kapelle  65—67. 

—  land  256.  317—321. 

—  marken  385.  391.  398.  401. 

—  recht    16.    19.     II   I.    102.    167. 

—  —  hche  Leihe  18. 

—  —  hche  Theorie  23.  II  96.  98. 
100.   102.   174. 

—  Stätten  s.  areae. 

—  Verfassung  391.  395. 


D  0  p  s  c  h ,  Wirtschaftsentwicklung  der  Karolingerzeit.   II.  2.  Aufl. 


26 


—       402       — 


Hof  Verwaltung  164. 

—  zins  201. 

Hohlmaße  s.  auch  modius  II  308. 

3"- 
Hohstat    a.  Rhein,     abgekommen 

(Lorsch)  II  123. 
Holm  81. 
Holstein  256. 
Holz  II  222. 

—  fuhren  II  229. 

—  gewerbe  II  157.   158. 

—  handel  II  199. 

—  lese  389. 
holzmarcha  364. 
Holzschuhe  II  158. 
Homeyer  II  76. 
homicidium  33, 

hominess.  auch  Leute  149.  150.  322. 

—  monasterii  288.  289. 

—  regii  1 1 8. 

homo  Francus  II  79.  80. 

—  ingenuus  II  79. 

Hönau,  Kloster  II  234.  276.  345. 

Honigproduktion  II  200. 

honor  =  Lehen  327. 

honorati  viri  323. 

Hoops  267.  304. 

Hopfen  II  200. 

Horchheim  (Worms)    178.  258.  II 

hordeum  II  340.  [269. 

Horheim  (Lorsch)  258.     II  269. 

Hörn,  Stadt  i.  Nied. -  Österr.  291. 

Hornbach,  Kloster  158.   390.   400. 

II  44- 
horreum  115. 

hortus  s.  auch  Gartenkultur  II  173. 
hospites  275.     II  50.  215.  249. 

—  hospitum  domos  II  50. 
hospitia  i.  Städten  II  131.  214. 
hostem  facere  II  22. 

hostis   s.  boves  112.   116.    11  147. 

hostilicium   II  271. 

Hraban,  Abt  v.  Fulda  (822  —  842) 
iio.  II  25.  28.  119.  153.  155.  162. 

hrachatom  (Fulda)  II  172. 

Hrodberti  s.  auch  gesta  H.  (Salz- 
burg) II  127. 


Hrodhericus  (Fulda)  328. 
Hroswind,  Witwe  (Freising)  375. 
huba  s.  auch  mansus  168,  258. 

—  in  dominico,  indominicata    1 1 4. 
IIS. 

—  ingenuilis  340. 

—  integra  343,  348, 

—  legalis  343. 

—  legitima  343. 

—  lidorum  116.   117. 

—  plena  343.  348. 

—  servilis   114.  115.  117.  256.  257. 
262.    340.    347.     II    I. 

Hubald,  vita  s.  Lebuini  II  19^. 
Hübner,  R.  97.  103.  106—108.  123. 

124.  209.  236.  362. 
Hühner,  Zins  40.   152. 
Hüllmann,  K.  D.  2.   187. 
Hülsen,  F.  249. 
Hünen-     oder    Frankenburg     bei 

Rinteln  a.  W.  II  154. 

—  Knappen  b.   Dolberg   (Westfa- 
len) II  154. 

Hünfeld  b.  Kassel  135. 

Hufe  131  — 136.  149.  167.  199.  250. 

254.    259.    272.    273.    277.    280. 

286.    296—298.    305  —  366.    384. 

394.  402,   II  18.  41.  68.  174.  222. 

228.  231.  350.  360.  364. 

—  dienende  320.  347.  355. 
Hufen,  unbesetzte  262.  264.  266. 

—  bauern,  freie  396. 

—  einteilung  347. 

—  fuß  335- 

—  läge  261. 

—  maß  349. 

—  Ordnung  7. 329. 336.  354.  360.  394 

—  splissen  358.  359. 

—  System  354. 

—  verfassung330.  344.345.  355.  357. 
Hummel,  ON.  (Freising)  II  200. 
Hundertschaft  363.  386.  387.  396. 
Hundezucht  40. 

Hundt,  P.N.  92. 

Hungersnöte  249.   252.   274.   277. 
281.  283.  310.  324.  369. 

—  Steuer  II  309. 


403     — 


Hunolt  presbiter  (Freising)  II  276. 
Hunt  II  13. 

hurie,  hurlant  i.  Sachsen  201. 
Huvelin  II  236.  240.  241. 
Huy,  Stadt  II  196. 

I. 

Jacob,   G.   II   124.   183.   190.   196. 

199.  207.  211.  218. 
Jäger  (ministeriales)  II  128. 
Jagd  188. 

—  folge,  Recht  der  374. 

—  recht  177. 

—  regal  II  353.  371. 
Jahresabgaben  s.  dona  annua. 
Jahrmärkte  II  239 

Jan  V.  247. 

Janßen,  J.  32. 

Ibn  Kordadbeh  II   191.  206. 

Jecklin  II  201. 

Jerusalem  41.     II  210.  274. 

Ihho  (Mondsee)  217. 

Ilanz  (Schweiz)  II  201.   267.   303. 

315.  320. 
Ile-Barbe,  Kloster  400. 
Ilgen,  Th.  156.  255.  274.  301.  331. 

339.  364-  365.  393-     II  76. 
illustris  f.  nobilis  II  72. 
Ilwof  15.  45. 
Imbart  de  la  Tour  194.  266.  287. 

II  30. 
Immobiliareigen  II  75. 

—  prozeß  238.  252. 

—  verkehr  II  258.  275. 
Immobilien  II  369. 
Immunität  4.  5.  15.  16.  19.  118.  149. 

150.    163.    173.    239.    240.    259. 
265.  273.  274.  306.  398,  400.    II 

I.    5.    IG.    22.    43.    45.    53.    63.    HO. 

125.   130.   133.   135.  223.  224. 
235.  237.  238.  343.  351.  352. 

357-  372. 

—  Beamter  158. 
Imperium  56.   57. 

Imphy,  Münzfund  v.  II  294. 
Importhandel  289. 


Inama- Sternegg,  K.  Th.  v.  7—9. 
20—23.  29.  30.  33.  36—39.  58. 
78—92.  122—134.  I40-  141'  152 
bis  156.  160—163.  179— 191.  195. 
202  —  205.  210.  211.  218.  219. 
224.  226.  244-255.  259.  261  bis 
278.  281—283.  287.  289.  291  bis 

295-  300— 303-  307-  308-  312. 
317.  319.  320—322.  325.  329. 
331  —  333.  340-348.  351  —  354. 
358-361.  368.  377.  379.  386. 
391-400.  II  2.  6.  II.  17—20. 
23—26.  31.  32.  36.  42.  45.  60. 
65  —  67.  86.  87.  90.  96.  97.  131. 
139—142.  145.  146.  149.  152  bis 
158.  162.  164.  171.  179—189. 
194.  198.  211.  214—216.  219  bis 
222.  226—229.  234.  236.  240  bis 
251..  253.  259.  262.  266—268. 
278.  279.  286.  289.  290.  295. 
297.    300.    305.    307.    312  —  319. 

325-   332.   335-   337-   338.   355- 
inaures  II  144. 
incendium  33. 
inculta  269. 

Inden  s.  Kornelimünster. 
Indiculus    Arnonis    (Salzburg)    82. 

84.   86.   99.    102.    175.   223.  240. 

248.  295.    II  4.  72.  73.  116.  127. 

179. 
Indien  II  206. 
indigenae  II  249. 
Infidelität  II  353. 
Ingelheim,  Pfalz  11.  160.  185.  187. 

188. 
ingenui,  freie  139.  257.  327.   II  168. 

268. 
—  freigelassene  II  16.  41.  48.  49. 

51-   55-59-  77-84- 
ingenuitas,  integra,  latina,  melior, 

plena,   respectabilis,   sub    patro- 

num  II  48. 
Ingoltestat  II  123. 
innobiles  II  67. 
Innung  II  177. 
Inquisition  80.  240.  373.  389.  390. 

II  72.   113. 

26* 


404     — 


Inquisitionsrecht  243.  244. 
inservire  s.  auch  Verknechten  II  88. 
institores,  Krämer  II  132.  136.  217. 
Institutio  canonicorum  (816)  99. 
Intendanten,  königl.  s.  iudices. 
introitus  154. 

—  Verbot  des  149.   150,     II  235. 
Invaliditätsversorgung  217.  307. 
Inventarisierung  der  kgl.  Fisci  57. 

58,  80.  88.  91.     II  153. 

—  der  kgl.  Benefizien  88. 

—  Kirchengüter  94. 
Inzest  123. 
Joachim  II  116.   123. 
Joch,  Maß  341  —  351. 
Jonium  mare  II  198. 
Josephus,  episcopus  Frising.  269. 
Iren  II  195. 

Iris,  in  Lothringen  (?)  II  183. 

Irland  II  4.   149.   192.  203. 

Irmengard,  Königin,  Gem.  Lud- 
wigs d.  Fr.  63. 

Irminon,  Abt  d.  Klosters  St.  Ger- 
main des  Pr6s  52.  87.  88.  90. 

Iroschottische,  Missionkirche  II  4. 
203. 

Isanperht,  Priester  (Freising)  347. 

isen-coufo,  isin-choufo  II  186. 

Isländer  II  192. 

IsoUerung,  ökonomische  302.  303. 
355-  356. 

Israel,  alt,  Land  II  14. 

Istrien  II  209. 

Italien  6.  24.  25.  42.  44—46.  80. 
87.  124.  132.  133.  137.  167.  169. 
170.  185.  213.  216.  223.  225. 
242.  244.  246.  250.  253. 
265.    271.    275—280.    284.    292. 

323.    333-    339-    343-    367-    372. 

393.     II  70.   12.  28.   30.  32.  34. 

44.    45.    50.    89—91.    94.    141. 

148.    187.    190,    200—211.    215. 

219.    230.    261.    283.    290.    309. 

310.    319.    320.    322.    335.    349. 

350.   368.   370.   371. 
iter  agentes  325. 
Itzehoe,  Burg  a.  d.  Elbe  II  118. 


iuchos  154. 

Jud,  J.  47.   48.   50.   78. 

Juden  168.  279.     II  90.   130.  131. 

194.  206.  208.  213.  219.  233.  249. 

277.    280.    284.    285.    336.    344. 

345.  349-  356.  369. 

—  Privilegien  II  136.  230. 
iudex,  iudices,  Domänen-Amtleute, 

Intendanten  10.  32.  35,  38.  39, 
41.  42.  54.  57.  59.  61.  62.  65.  66. 
70.  74.  140.  145.  146.  152.  157 
bis  159.  163—166.  173.  178.  179. 
181.   322.     II  35.  92.   222.  284. 

324-  338- 

—  Richter  II  14.   16.  129. 
Judith,  Kaiserin  II  205. 
Jühch:    comitatus    luliacensis     II 

III. 
Jümieges  88. 
Jütland  304.     II  191. 
Jullian,  C.  128.  363.     II  207, 
iumentum  92.  153.  154.  325.  II215. 
Jung,  Julius  II  208. 
iuniores,  der  iudices  35.  41.  59.  157. 

159.  166. 

—  der  duces  323. 

—  im  Handwerk  II  162. 
Jura,  Berner  388. 
Juritsch,  G.  II  199. 

iumales  112. 115.  155,  342.  346.  347. 
Justinian,  Kaiser  81. 
Justirung    (Münze)    11^  295.    315. 
336.  370- 

K. 

Kämmel,  0.  123.  194.  195.  352. 
Kämmerlinge  II  92. 
Kärnten  264.  297.  298.     II  181. 
Kaisten,  civitas  i.  Schwaben  II  115. 
Kalenbergische  Hufe 

—  Morgen  349. 

Kalischer,  E.  II  182.  183.  196.  201. 
222.  233.  234. 

Kalkbrennereien  II  157. 

Kaltensundheim  i.  Thüringen  (Ful- 
da) 250. 

Kämmerer,  kgl.    167. 


405     — 


Kammer,  kgl.  167.  168.  II  344.  345. 

—  knechte  II  345. 

—  wesen  346. 

Kandem  i.  Breisgau  (Lorsch)  120. 

II  181.  262. 
Kanzleisprache,  karoUngische  48, 
Kapital  13.   14.     II  279.  280. 
Kapitalismus  II  54.  286—288.369. 

—  Geld-  II  263.  272. 

—  naturalwirtschaftlicher 
Kapitalistische  Betriebsform  320. 
Kapitelsgut  233. 

Karabacek,  Jos.  II  211. 
Karawanenmärkte  II  100. 
Karcher  II  142.   168. 
Karden,  civitas  i.  Moselgebiet  II 

115. 
Karitative  Zwecke  326. 
Karl,  d.  Sohn  Karls  d.  Gr.  II  204. 

—  d.  Kahle,  König  177.  178.  II 
115.  118.  162.  273.  320.  338.  344. 

—  III.  199.  274.  345.  352.  365. 
367.    II  132.  135.  173.  239.  269. 

293-  350- 
Karlesburg,  civitas  II  119. 
Karlmann,    Sohn   Ludwigs   d.    D. 

(t  880)  II  112. 

—  Sohn  Karls  d.  Kahlen  II  249. 
Karl  Martell    294.     II  5.  23.   127. 
Kassel  296.     II  121. 
Kastanien  44.  50. 

—  bäum  78. 

Kastelle  s.  auch  castrum  u.  Burg 

II  106.   115.   125.  128. 
Katasterangaben  348.  349. 
Kauf  205—207.  325.  353.  369.    II 

195.    213.    232.    235.    240.    241. 

243.    245—248.    255  —  261.    268. 

271.  280.  317.  369. 

—  fahrer  II  137.   194. 

—  kraft  des  Geldes  II  243.  305. 

—  leute  168.  289.  II  ICD.  103. 
104.  125.  130—133.  136.  137. 
149.  189—198.  201.  209.  213. 
219.  241.  248.  287.  344.  368. 

—  recht  II  132.  133.   136. 
Kaufmann,  G.  9. 


Keller  II  156. 

—  meister  II  91. 
Keltenzeit  II  115. 

Kempten,  Kloster  73.  93.  94.  199. 
299.  390.  II  67.  93.  183.  200. 
222.  346.  352. 

Kermes,  vermiculum  48. 

Kerner,  A.  44.  47. 

Kerolt,  ministerialis  homo  (Salz- 
burg) II  92. 

Kerrl  1711.   172.   174. 

Kessel  II  142. 

KesseUng,  Kloster  134. 

Ketten  II  142. 

Keussen  II  123.  133. 

Keutgen,  Friedr.  20.  II  92—94. 
98.  loi.  120.  121.  129.  138.  139. 
161  —  164.  168.  169.  175.  177. 
227—229. 

Kichererbse,  cicer  arietinum  49. 

Kiersy,  Pfalz  135.  185  —  188. 

—  Synode  v.  K.  (858)  186.  322. 
Kießelbach  II  190.  319. 
Kievermunt,  Kloster  II  4. 
Kiew  II  199. 

Kinderling  76. 

Kindlinger  i. 

Kinzheim  b.  Schlettstadt  (St.  De- 
nis) 135. 

Kirchenfeste  II  115. 

Kirchengut  70.  80.  86.  147.  202.  203. 
226.  227.  228.  312.  313.  400. 
401.  II  23.  24.  209.  215.  226.  351. 

—  einbüßen  236.  299.  300. 

—  entfremdung  216.  224.  235. 

—  verkauf  225. 

—  Vermehrung  312. 

—  Verschleuderung  216. 

—  Verzeichnung  des  80.  86.  94. 
Kirchenrecht,  germanisches  64. 

—  schätz 

—  —  Verzeichnung  des  89.  90. 

—  väter  II  14. 
Kirchweihmärkte  II  114. 
Kiriu  (Lorsch)  120. 
Kissingen,  Kizzeche,  curia  (Fulda) 

264.     II  142.   181.  183.   185. 


—    4o6     — 


Klausur  II  173. 

Kleider,  Kleidung  II  147.  149.  151. 
169.    170.    174.    259.    261.    262. 
,  275  —  277.  285. 
Kleinasien  II  13. 

Kleinbauern,  unabhängige  II  i.  24. 
Kleinschilling  II  301. 
Kleinwirtschaft,  freie  II  53.  361. 
Klientel,  bischöfl.  307.     II  37. 
Klöster  II  366. 
Klostergut  235. 

—  markte  II  114. 

—  Ordnungen  II  160. 

—  reform  vom  J.  817  (aniani- 
sche)  93.  97.  99.   100.   110. 

Klumker    II    147.     149.   192.   193. 
Knapp,  G.  Fr.  320.  329.  333.  336. 

346. 
Knechte  II  34.  35.  40. 

—  flüchtige  8.     II  28. 
Knochenhauer  250. 
Kober  II  147.   165.   168. 
Koblenz  246.     II  107.   115.   116. 
Köche  II  160. 

Köhler,  W.  96. 

Köhne,  C.   16.    185.  372.     II   loi. 

167. 
Köln,  Stadt  185.    II  103.  106.  123. 

133.   155.   176.   198. 
Koenen  II  154.   155. 
Königin  30.  56—60.  63.   141. 
Königsbann  II  22.  239. 

—  boten  s.  missi  dominici. 

—  dienst  II  226. 

—  eid  II  178. 

—  friede  II  134. 

—  gut  21.  28.  34.  38.  43.  53.  54. 
64.  66.  71.  72.  74.  75.  81.  82.  128. 
137  — HO-  149-  151-  157-  160. 
163.  170.  173.  175  —  179.  190. 
192.  193.  196—198.  202.  300. 
304.  351.     II  273. 

—  höfe  s.  Palatien  u.  curtes  regiae. 

—  hufe  297.  298.  347-352. 

—  recht  II  353.  359. 

—  Schenkung  238. 

—  schütz  168.  242.    II  72.  79.  90. 


131.    132.    134.    135.    240.    345. 
349-  352. 
Königswald  54. 

—  zins  94.   119.   198  —  202.   34S. 
Kötter  358.  TI  364. 
Kötzschke  23.  57.  87.  iii.  201.  202. 

237.    248.    249.    254.    255.    263. 

264.    280.    301.    307—309.    318. 

320.    323.      II  9.   96.    164.    197. 

211.   253.  266.  267.  291. 
Kolmar,  viUa  II  121.   122. 
Kolonat  275.  II  50.  60.  363. 
Kolonen  4.  63.  258.  272.  275.  279. 

282.  300.  315.  322.     II  27.  28. 

32.  34.  35.  43.  51.  63.  316. 

—  freie  277. 
Kolonenarbeit  272. 
Kolonisation    194.    196.    266—271. 

281.  302.  304—306.  320.     II  4. 

351-  353-  363- 

—  innere  374. 
Kolonisationsland  346.     II  364. 

—  süddeutsches  349. 
Koloquinte  45.  48.  78. 
Konfiskationen  des  städtischen  Ge- 
meindegutes (4.  5.  Jh.)  II  126. 

Konfiskationsrecht  des  fränkischen 

Königs  123  —  125.  132.  165.   169. 

176. 
Konjunktur  II  369. 
Konkurrenz,  fremde  II  179. 
Konrad  I.,  König  II  42. 
Konradiner,  fränkische  Herzoge  II 

127. 
Konsensbriefe  s.  Lizenzbriefe 
Konstantin  d.  Gr.,  Kaiser  II  46. 
Konstantinopel  II  188.   191. 
Konstanz,  Bistum  200.  II  312.  327. 

368. 

—  Stadt  185.     II  103.   106.   117, 
Konstanz  der  Werte  II  243.  245. 

305.  368. 
Konsumption  13.  288.   II  253.  259. 
Kontinentalsperre    (England)   790. 

II  194. 
Kontrolle  d.  Verwaltung,  kgl.  166. 
Konzilsgesetzgebung  II  294. 


—     407     — 


Kopfbedeckungen,  kostbare  II  144. 
Kopfsteuer  II  348.  351. 
Korn  II  249.  264.  265. 
Kornelimünster,  Kloster  93.  98  bis 

lOI. 

Kornhandel  s.  Getreidehandel. 

—  Wucher  II  286.  290.  324. 
Krämer  II  136. 

Kramer  II  151.   152.   154. 
Krammer,  M.  II  297.  306. 
Krankenunterstützung  II  179. 
Krause,  V.   58.   166.  167. 
Kiemsmünster,  Kloster  269.  390. 
Kretschmayr,  H.  II  199. 
Kreuznach,  Keltenort  a.  Rhein  II 

IIS- 
Kreuzzüge  II  267. 
Krieger,  A.  248. 
Kriegsausrüstung  37.  61.     II  140. 

—  dienst  277.  II  22.  67.  90.  93. 
94.  272. 

—  —  pflicht  II  18.   19.  27. 

—  Verfassung  191. 

—  wagen  61.  62.   141. 
Kroaten  II  209. 
Kröcher  II  61.  63. 

Krongüter  s.  auch  kgl.  Güter  22. 
53.  80.  82.  124.  127—133.  138. 
140.  141.  144.  161  — 165^  168. 
169.   178.    194.  294,  299.  355. 

Küche,  arbeiten  in  II  160. 

Küntzel,  G.  II  99.  338.  339.  341. 
342. 

Kürschner  11  151.   152. 

Küstenschutz  II  211. 

Kulpa,  Fluß  II  199- 

Kultgerät,  kirchliches,  Verzeich- 
nung des  89. 

Kulturmelioration  281. 

Kunstgewerbe  II  142.  144.  148. 
154.   158.   169. 

Kunststickerei  II  150. 

—  Übung  (Plastik)  II  202. 

Kupfer  II  143. 

Kurländische  Städte  II  113. 

Kurland  II  189.   191. 


L. 

laborare  II  256. 

—  ad  medietatem  s.  Halfenbau. 
laboratus  182. 

lac  (Getränk)  II  160. 
Ladenburg  II  107.   115.   122. 
Lagehide  344.  349. 
Lagny,  i.  d.  Champagne  II  205. 
Lahngau  296.     II  181.   185. 
Laienaristokratie  237.  311.  313.    II 
85.   126.  355.  373. 

—  bevölkerung  313. 

—  gewalten,  —  mächte  312.  313. 
321.  322.  397.  398.  400.  401.  II 
25.  26.  373. 

Lampe  II  153. 

Lamprecht,  Karl  10.  16—22.  29. 
42.  82  —  84.  87-  117-  131-  132- 
134.  140.  142.  145.  146.  152  bis 
157.  160.  161.  165.  166.  182. 
186.  187.  189.  202.  245—247. 
253—260.  263—267.  270.  273. 
276 — 282.  287.  291.  293.  300  bis 
302.    309.    311.    339.    340.    343. 

348.    349  —  351-    353-    359-    367- 

372.   377.   384.  386.  392.     II  2. 

17.   18.  36.  86.  88—91.  95.   187. 

214.    221.    222.    226.    228.    244. 

253-  259.  347. 
lana  II  146.  164.  165. 
Landau,  G.  2.  255.  256.  265.  329. 

338-  343-  345-  349-  353-  364- 
365.  367.  386.  387.  392.  II  2. 
17.   36.    187.   252. 

Landesherren  II  99. 

Landgemeinde  II  99,   137. 

—  theorie  II  97.  99.   102. 
Landhandwerker  II  164.   165. 

—  hide  344. 

—  leihe  19.  265.  271.     II  50.   52. 

363- 

—  lose  Leute  251.   269.   282.  311. 

359- 

—  nutzungsformen,    freie  19.  272. 
280—282.  328. 

—  recht  II  134. 

—  Schenkungen  15.  123.  143.  294. 


—     408 


lantsidileo  271.  273. 
Landwirtschaft  44.  52.  67.  141.    II 
89.  95.   174.  366. 

—  gerate  II  140. 
laneus  II  146.    147. 
Langethal  44.  60.   157.  330. 
Langobarden  124.  II  159.  169.  200. 

201.  208.  370. 

—  langobardisches  Recht  II  42. 
Langres,  Bistum  135.  297.    II  204. 

239.  351- 
Languedoc  296. 
anium  vestitum  347. 
Lantfrid  (Fulda)  II  172. 
Laon  II  206. 

lapides  preciosae  s.  Edelsteine, 
lapidium  II  156. 
Lare  (Lorsch)  117. 
laten  s.  lazzen. 
La  Tene-Zeit  II  156. 
Lathufen  358.    . 
Latifundien  218. 
latrocinium  33. 
Lattes  370. 

Laubach,    i.    Elsaß    (Weißenburg) 
247. 

—  Kloster  s.  Lobbes. 
laudaticum  II  213. 
Laufen  (Bayern)  II  180. 
Laureshamensis  codex  s.  Lorsch. 
Lauriacum  II  103.   112. 
Lausanne  II  204. 

Lavanttal  i.  Kärnten  II  181. 
Lavetzstein  II  156. 
lazeshubae  1 1 7. 

lazzi  (serviles)  II   55.   59.   60.   62. 
Lebensmittel  II  285. 

—  handel  325. 
Leblanc  II  309. 
Lebuin,  hl.,  s.  Hucbald. 
Lechner,  Job.  II  iio.  127.  131.  135. 

326.  357. 
Jectaria  146. 
lectum  153. 

Leder  II  151.   152.  206. 
legationes  s.  Gesandtschaften. 

—  soniare  II  224. 


Leges  diversorum  Romanorum  96. 
Legunitia  vallis  (Chur)  258.  279. 
Lehen  s.  auch  Benefizien. 

—  kirchliche  299. 

—  ministerialische  281. 

—  bücher  118. 

—  leute  285.     II  220. 

—  träger  II  273. 
Lehmann  II  296. 
Leibeigene  II  i.  45. 
Leibrentenkontrakte  216.  217. 
Leibwache  des  Königs,  milites  ex- 

pediti  II  93. 
Leibverträge  II  160. 

—  zucht  II  50.  151. 
Leicht  25.  279.  333.  368.  370. 
Leidrad,  Bischof  v.  Lyon  92. 
Leiheformen,  freie  282.     II  50. 

—  —  unfreie  II  50. 

—  gut  75. 

—  land  255. 

—  verböte  235.  239.  299. 

—  —  b.  Schenkungen  234. 

—  —  b.  Traditionen  213.  234. 

—  Verhältnisse  125.  218.' 
Leihgestern  i.  Hessen  II  154. 
Lein  (Zins)  II  263. 

Leine,  Fluß  II  193. 

Leinenweberei  II  147. 

Leinwand,    Leinengewebe   II    145. 

169. 
Leistungen   54.   62.   80.    118.    178. 

181.  275.    II  135.  347.  369. 
Lemans,  Bistum  171.   172. 
Leo  III.,  Papst  28.  58.  68.  96.    II 

204. 
Leopold  VI.,  Herzog  v.  Österreich- 

Steier  II  71. 
Lesne  25.  270.  279.   290. 
Leuchtturm  II  205. 
leudes  II  322.  331. 
leudus  96.     II  16. 
Leute,  abhängige  II  226.  235. 
Levillain  52.     II  86. 
Levison,  W.  99.     II  195. 
Lex  Alamannica  96. 
—  Alamannorum  96.    II  296.  335. 


409    — 


Lex  Angliorum  II  77.  81. 

—  Baiuvariorum  374.  377.    II  69. 
70.  72.  74.  200,  295,  296.  335.  [84. 

—  Chamavorum  s.  Ewa  Ch.  II  80. 

—  Frisionum  II  77.  327.  328.  332. 

334- 

—  Gombata  72. 

—  Ribuaria  96,    II  49.  80—82.  84. 
272.    295.    296.    299.    305.    307. 

331-  333-   334- 

—  Romana  72.  II  42. 

—  —  Curiensis  192. 

—  Salica  72.  77.  96—98.  379—383. 
II  83.  293—303.  310.  322.  331. 

—  —  tit.  de  migrantibus  379. 

—  —  tit.  de  reipus     380, 

—  Saxonum  126.  II  59.  60.  76. 
bis  78.  327.  332.  333. 

—  Theodosiana  96. 

—  Visigotorum  II  90.     230. 
Lexis  II  279. 

Leymarie  218.  276.     II  30. 
Lezardiere  II  19. 
libellarii  284.     11  45. 
libelli  275. 

über  commutationum  (Freising) 
220.  223. 

—  possessionum  Edelini  abbatis 
Wizzenburgensis  1 1 1 . 

liberare  II  42. 

liberi  (homines)  s.  freie  138.  140. 
192.  322.  323.  II  22.  44.  si.  55 
bis  61.  63.  68.  71  —  82.  228.  231. 

liberi  =  Freigelassene  II  61.  62. 

libertas  II  41.  48. 

—  melier  II  46. 
libertaticum  II  48. 
libertinitatis  obsequium  II  46  bis 

48.   58. 
libertinus  s.  libertus. 
libertus  II  16.  48.  49,  55  —  63.  75. 

82.  83.  92.  231. 
Liborius  s.  translatio  II   107. 
libra  s.  Pfund 
lidonis  s.  litus  II   58. 
Lieferungsdienst  II  221.  222.  225. 

271. 


Liesborn  122. 

Liestal  122. 

ligna  s.  auch  Holz  116.  373.  398. 

Ligneus  II  158. 

Lille  76. 

limes  II  105. 

Limerickfahrer  II  137. 

Lindner,  Th.  9. 

lineus  II  147. 

Linteresbusen  (Lorsch)  115. 

ünum  112.     II  164.   165. 

Linz  a.  Donau,  Markt  291.     II  1 12. 

122. 
Lippe,  Fluß  184.     II  119. 
Liten  273.     II  48.  51.  55  —  58.  60. 

63-  334- 
litimonium  II  46—49.  57. 
littea  diacedrina  II  148. 
litteras  deferre  11  227. 
Liudger,  Bischof  v.  Münster  (1809) 

237- 
Liudolfinger  II  97. 
Liusenbrunnen  121. 
Liutfried,  Herzog  II  349. 
Liutprand,  laugobardischer  König, 

(714-744)  80.     II  90. 
livorasset  97. 
Lizenz,  kgl.  223.  225. 

—  briefe,  herzogliche  106.   107. 
Lizier  25.  169.  271.  276.  280,  366. 

377- 
Lobbes,  Kloster  87.     II  94. 
Lobdengau  297.  298. 
locare  279.     II  90, 
locella  150. 

locus,  Besitz  (kgl.)  148.   150. 
lodices  II  146.   148. 
Loening,  E.  15.  19.  230.    II  5.  39. 

296. 
Loesch,  H.  v.  II  168. 
Lohn  II  88.   171. 

—  arbeit  13.     II  86.  89—91.   176. 
231-  365. 

—  arbeiter,  freie  II  86.   130. 

—  frächter  II  231. 

—  fuhrwerk  II  171. 

—  vertrag,  freier  II  131. 


4IO 


Lohnwerk     II  164.   165.   171.  367. 

Loire  93.     II  31. 

Loisel  25.  41.  46. 

Lokal  Verwaltung  166. 

Lokys  II  207—209. 

Lombardei  (Reichsgut)  133.  II  201. 

London  II  192  —  194. 

Longperier  II  294.  327. 

Lopodunum  s.  Ladenburg. 

Lorbeerbäume  44.   50.  78. 

Lorch  II  199. 

lorica  II  140. 

Lorsch,  Kloster  84.   102.  104.  107. 

108.    114.    117.    119— 121.    137. 

170.    174.    206 — 208.    225.    237. 

247.    249.    254.    258.    261.    264. 

272.    273.    279.    307.    312.    330. 

346.  347.   365.   367.  376.     II  3. 

4.  7.  40.  44.  45.  52.  92.  165.  181. 

185.  223.  260.  265.  269.  270.  276. 

—  annalen  II  119. 

—  Urbar  258.  261.  262.  267.  276. 
323.     II  183.  340.  349. 

Losgüter  3. 

Lothar  L,  Sohn  Ludwigs  d.  Fr.  63. 

128.    148.    162.    167.    172.    177. 

178.   181.   185.   198.  225.     II  19. 

21.  22.   170.  202.  210.  237.  241. 

322. 
Lothar  II.  II  326. 
Lothringen  314.     II  88.   182.   183. 

185. 
Lucca,  Bistum  284. 
lucrare  II  256. 
lucrum  iustum  II  283, 

—  turpe278.  II  198.  212.  278.  279. 
282.  285. 

Ludolfinger  133. 

Ludwig  d.  Fr. ,  König  v.  Aquitanien 
53  —  55.  66.  93.  98.   100. 

—  Kaiser  59—67.  71.  74.  77.  86. 
90.  91.  94—100.  HO.  III.  126 
bis  130.  138.  139.  144.  158.  159 
163.  167—169.  173.  177.  178 
188.  190.  191.  198.  199.  201 
221.  225.  235.  236.  240.  242 
246.    279.    294.    311.    348.    387 


400.  II  I.  14.  21.  25.  26.  32.  38. 
39.  42.  67.  72.  80.  84—87.  93. 
108.  112.  114.  128.  135.  136. 
147.  150—152.  158.  169.  170. 
183.  184.  204—207.  216.  217. 
225.  233.  270.  276.  305.  319, 
322.  328.  331.  338—340.  343 
bis  346.  350.  354.  356.  361.  372. 
Ludwig  d.  Fr.,  s.  Gemahlin  56.  380. 

—  d.  D.,  König  62.  63.  128.  158. 
162.  166.  174.  186.  190.  194. 
195.  200.  225.  234.  256.  258. 
322.  345.  II  112.  128.  141.  145. 
154.  169.  183.  195.  202.  224. 
273-  284.  326.  350. 

—  IL  167.  244.  323.  367.  II  33. 
210.  215.  249.  349. 

—  III.  344.     II  198.  327. 

—  IV.  163.  167.  350.  352.  II  92. 
135.   180.  237.  326.  327. 

Lübbecke,  Hlidbeki,  zw.  Minden 
u.  Osnabrück  II  105.   170. 

Lüders  66. 

Lügde  b.  Pyrmont  II  122. 

Lüneburg  II  120. 

Lüttich,  Bistum  II  107.  109.  122. 
149.   153.  278. 

—  Grafschaft  298. 

—  Stadt  II  196.  203. 
Lukmanier,  Paß  II  201. 
Lull,  Abt  V.  Hersfeld  82.   85. 

—  Erzljischof  v.  Mainz  II  140.  149. 
152.   153- 

Luna,  Stadt  II  208. 

lunulae  (Schmuck)  II  144. 

Lupi  371. 

Lupus,  Herzog  II  37. 

Luschin  23.    II  19.  65.  69.  74.  75. 

201.    267.    292 — 295.    297  —  299. 

300.    303.    311.    313.    315.    317. 

318.  320.  339.  341. 
lutum  II  155. 
Luxus  II  144.   145.  148,   149.   152. 

169.  285.  318.  320.  368. 
Luzzatto,  G.  26.  80.  213.  246.  250. 

253.  265.  276.  280.  284.  339.  343. 

370.    II  28.  32.  45.  50.  209.  349. 


411      - 


Lyon,  Bistum  92. 

—  Gau  296.     II  237. 

—  Stadt  II  90.   150.  206.  236. 

M. 

maalman  II  63. 

Maas  187.   188.     II  193.   196.  206. 
Maastricht,  Stadt  II  106.   107, 
Mäcon,  Konzil  v.  (585)  II  16.  27. 
Madrie  Gau  (Frankreich)  296. 
Mägdewerk  II  271. 
Mähren  II  199. 
Mälaren  (Schweden)  II  191. 
Magdeburg  II  112.   113.   116.   117. 
133.  196. 

—  St.  Moritz-Kloster  II  182. 
magister,  Aufseher  (der  kgl.  servi) 

41.     II  177.   178. 

—  Aufseher  d.  Gewerbe  178.  II 
132.   177. 

Maguelonne  296. 

Magyaren  iii.  353. 

Maienfeld   a.    Rhein    (Schweiz)   II 

202. 
Mailand  73. 
Main,  Fluß  187.  194.  304.    II  198, 

—  gau  296. 

—  kanal  II  188. 

—  land  308. 

Mainz,  Stadt  115.  135.  137.  183 
185.  202.  280.  291.  358.  II  103 
106.  112.  125.  133.  140.  155 
167.  168.  170—172.  176.  193 
198.  217.  222.  229.  231.  249 
277. 

—  Güterverzeichnis  (Lorsch),  Be 
renstrazza,  Munzergazza,  Nan 
zenburgedor,  Stockburgedor  121 

—  Gutshof  i.  Erfurt  32. 
Maiordom  II  23.  359. 
maiores  s.  Meier, 
maiores  s.  Große. 
Maitland  349. 

maldros  279.     II  264.  265. 
Maler  II  163. 
Malerei  II  157.   159. 
malleator  II  162. 


mallus  II  1 1 4.   115. 
Malz  II  161, 

—  bereitung  II  165. 

Man,  de  M.  II  320.  328.  329. 
mancipia  61.    102.    154.   217.    273. 

307.  316.  325.  332,  376.     II  28. 

29.  33.  40.  51.  261.  264.  275. 

—  Ansetzung  auf  kgl.  Gütern  61. 

—  descriptio  80. 

—  flüchtige  322.     II  42. 

—  infra  domum  II  5 1 . 

—  in  hobis  328.     II  51. 

—  intra  curtem  316.  328.     II  51. 

—  non  casata  321.     II  276. 

—  saUca  II  51. 

—  Tradition  von  —  109.  217.    II  9. 
mancusen  II  310. 
Mandelbaum  50.  78. 
manducare  II  163. 

manicae  II  140. 

Mannfall  192.  231. 

manopera  II  32. 

manoperarii  285. 

mansio  =  Station  II  227. 

mansionarius  277. 

mansionaticae  (prendere),  Herbergs- 
dienste 71.  189.  322.  323.  II  225. 
mansiones  (Dienst)  173.  323.  II 
224.  225. 

mansioniles  134.    152  —  154.  262. 

mansuarii  179.  328.     II  51.  224. 

mansus  s.  auch  Hufe  135.  152.  254. 
256.    259.    279.    296 — 298.    311. 

316-    331-    339-    344-    345-    35°. 
II  222.   256.   273. 

—  =  Hof  Stätte  339. 

—  absus  284.   285.     II  45. 

—  ad  curtem  316. 

—  indominicatus  s.  auch  Herren- 
hufe, Salhufe  135.  257.  258.  262 
bis  264.  314.  315.  320.  327.  331, 
340.  341.  353.  II  256. 

—  ingenuiles  115.  116.  275.  284. 
285.  319.  327-    n  45. 

—  lidiles  II  45. 

—  servilis  83.  116.  258.  275.  284. 
318.  319.  328.  II  45. 


—     41^ 


mansas  restitus  2S4.     11  51. 

—  —  CTzm  colonia  339. 
>IanteI  11  149.  24S.  36S. 
maaiumi5sio  ad  ecclesiam  II  40. 
ilaralioruin  mercatus  II  113. 
marca  =  Bezirk  135.  154« 
marca  commtmis  s.  Mark. 

—  sÜTatica  364. 

MarceUini  et  Petri  translatio  11  1 1 4. 

19S.  217. 
^plaxchfutter  11  266. 
marchit  375. 
marco,  aJ,  Justirong   II  295.  311. 

315- 
Marcnlf  s.  Formeln. 
>larderfelle  II  152. 
margila  II  32. 

S.  Maria  in  Organo  (Verona)  II  32. 
Mark,   gemeine    7.     21.    54.    131. 

302.    305.    306.    322.    337.    344. 

346,    352.    353.    360.    361—363. 

365— 367.  369- 372— 401-  1X256. 

364-  365- 

—  gemischte  396.  402. 
Markensetzung  3  38.  390.  392. 
Markgenoäsenschaft  333.   355.   360 

bis  402.     n  ^i.   186.  360.   365. 

—  losung  2^5- 

—  teilung  398. 

—  wald  361.  391.  394. 
3Iark  =  Grenzland  122. 
mark  silber  gewegens  II  317. 
Markt  320.  324.  II  35.  36.  96—104. 

111  —  117.    122.  131.    132.  136. 

141.    149.    165.  167.    168.  170. 

.175.    176.    180,  183.    186.  190. 

194.    198.    199.  212.    218.  221. 

222.    229.    232.  235 — 242.  245. 

248.    249.    259.  277.    288.  291. 

316.    340.    342.  343.    344.  353. 
356.  357-  366.  368.  371, 

—  frevel  II  239, 

—  friede  II  103. 

—  gerichtübarkeit  II  239. 

—  läge  n  305. 

—  recht  II  HO.  1 11.  130.  135.  237. 
372- 


Marktsteuer  II  240. 

—  theorie  11  97.   100,   103. 

—  verkehr  325.     n  132.  18S. 

—  Zölle  n  233.  237. 

—  zwang  H  240. 
Marokko  11  206. 

Marsal  (Lothringen)  2S8.     II   1S2. 

iS3- 
Marschhufen  351. 
Marseille  11  206— 20S. 
Martin,  h.,  Kirche  (Modena)    241. 
St.  Martin  s. Tours. 
Martiny,  R.  301. 
masnerius  277. 
massani  284.     n  45. 
Maße  75.  77.    334.    343.    346.    350. 

n  99.  III.  129.  216.  244.  250. 
312.  324.  338.  339.  340.  341. 

342- 371- 

—  Burg  n  340. 

—  hpf  -  (Kasten)  II  244.  340. 

—  Stadt  -  n  244.  340. 
Maßtricht,  Pfalz  1S5.    II  203. 
Masudi,    arab.    Reisender   11    124. 

21S. 
materiam  cedere  322.   373.   398. 

—  emere  II  87.  170. 

Matthäi  n  114.  202.  203.  213  —  215. 

217 — 226.  236. 
Mattiggau  299. 
Mattighofen,  Pfalz  185. 
Maulbeerbäume  44.  50.  77. 
Mauren  47—49.  62.     11  208. 
Maurer,  G.  L.  v.  2.  15.  22.  24.  29. 

30.    33.    Si.    82.    130.    131.    141. 

163.    167.    179.    180.    244.    253. 

254.  264.  272.  302.  329.  335.  362 

bis  364.  372.  374.  379.  381.  384. 

385-  387-  392.  395-  396.     n  2. 

17.    36.   95.    99.    102.    137.    138. 

161.    164.    167.    173.    187.    188. 

197.  252. 

—  Konrad  79.     11  177. 
Mauretanien  49. 

S.  Mauricius  (Schweiz)  II  156. 
Mauriscus  s.  pisos. 
Mautbücher  11  247. 


—     413     — 


Mautern,  Markt  a.  d.  Donau  II  113. 

115.  241.  248. 
S.  Maxence,  bei  Senlis  II  205. 
Maximalpreistarife  II  250.  278. 
St.  Maximin,  Kloster  (Trier)  II 13. 
Mayer,   Ernst  42.   301.    305.    306. 

308.     II  72.  79.  213.  240.  296. 

297-  349-  350- 

—  Theodor  II  242.  247. 
Meaux,  Prov.  Konzil  (845)  209. 
Mecklenburg  256.     II  113.   191. 
S.  Medard  (Soissons)  II  276, 
medietarii,  ad  medietatem  laborare 

s.  Halfenbau. 
mediocres  38.     II  22.  67. 
Medizinalpflanzen  s.  Heilkräuter. 
Meersalz  II  184.  248. 
Meerzwiebel  (squilla)  47.  48.  78. 
Meginold  (Lorsch)  II   256. 
Meichelbeck  84.  90. 
Meier,  maiores  s.  auch  villicus  36.  38. 

39.  157—160.  245.  II91— 93.  220. 

—  amt  280. 

—  höfe  41.  156.  II  259. 
MeiUs,  curtis  (Chur)  155. 
Meineide  II  301.  302. 

Meister,  AI.   19.  363.     II  30.   136. 

Meister  s.  magistri. 

Meitzcn,  A.  7.  329.  332  —  336.  346. 

348-350.    352.    356.    357.    360. 

385-  392. 
Meli,  Anton  343. 
Melle  II  325. 
melscada  II  160. 
Mclun,  Gau  296. 
Mömontois,  Gau  138. 
Mcmorialzins  bei   Verjährung   der 

Unfreiheit  II  43. 
Menadier  II  327. 
mensa,  kgl.  Tisch  181. 
monsae  dominorum  II  163. 
mensura  s.  Maß. 
mcrcada,     mercata,     mercatus    s. 

Markt. 

—  advocare  II  238. 

—  constituta  II  240. 
niercarc  II  198.  233.  235.  316. 


mercatores  II  197. 
mercatorium  ius  s.  Kauf  leuterecht, 
mcrcedes  compilare  II  171.  231. 
mercenarius  II  88.  90.  231. 
Mercien  II  149.  194. 
mercimonia  II  195.  198.  201.  205. 
Meresche,  Merische  s.  Morsch. 
Mergenstat  (Lorsch)  116.     II  340. 
merita  acolanorum  274. 
Merkel,  Joh.  96.  97.  377,     II  77. 
Merowinger  79.  102.  123.  239.  294. 
II  4.  13.  285.  348.  354.  355.  359. 
merowingisches  Finanzrecht  79. 

—  ingenuus  II  56. 

—  Münzen  II  297.  303.  324.  369. 
370. 

—  Reich  II  281.  2S2. 

—  Volksrechte  II  77  —  79. 
Merowingerzeit  88.   144.  218.  224. 

275.  290.  305.  308.    II  3.  15.  19. 

23.  27.  28.  32.  37.  39.  106.  109. 

III.    117.    122.    125.    131.    135. 

172.    184.    188.    191.    192.    246. 

291.    293.    303.    320.    321.    322. 

330-    336.    343-    348-    359-    361. 

371- 
Merseburg  II  117. 
Mersenveld  (Lorsch)  II  269. 
Mertloch  (Rheinprovinz)  II  145. 
merus  (denarius)  II  316.  324. 
Messe  288.    II  114.  195.  235.  236. 

239-  259.  366. 

—  markte  II  239. 

—  westfränkischo  II  192. 
Messer  73.     II  140. 
Messingindustrie  II  143. 
messis  322. 
Metallgcwerbe  II  139.   158.   168. 

—  geld  II  280. 

metallum     Gcrmanicum     (Münze) 

n  325. 

—  novum  II  325. 
Metallurgie  II  139. 
mctani  97. 

metcre  frumcntum   115. 
Mettlach,  Klostor  237. 

—  Rolle  (Urbar)  87. 


—     414     — 


Metz,  Bistum  171.  II  106.  179. 
182.  221.  231.  247. 

—  Peterskloster  147. 
metzen,  metreta  343. 
Meurthe,  D6p.  298. 
Meyer,  Ed.  II  12. 
Meyer,  M.  249.  301. 
Mietzins  13. 

St.  Mihiel,  Kloster  288. 
Miliacus,  fiscus  (Aniane)  389. 
Militärdienstpflicht  335. 
inilitares  II  94. 

milites  118.  286.     II  67.  93.  94. 
Milo  (Schäftlarn)  II  256. 

—  vita  S.  Amandi  II  203. 
mina  II  185. 

Minden,  Bistum  II  63.   108. 
Minderfreiheit  II   63.    78.    81,    82. 

84.  85. 
ministeriales    37.    146.     154.     157. 

165.    166.    173.    280.    281.    323. 

II  71.  91—94.  128.  129.  228, 

—  comitis  II  167. 

—  ius  m™.  II  92. 
ministerium  33.   34.   71.    118.    142. 

144.  152.  159.  163.  164.  190.  286. 

II  91.  92.  224.  225.  324.  338. 
ministrare  181. 
ministri  245.  254.     II  88.  239. 

—  reipublicae  II  167. 
minores  homines  II  230. 
minuti  argentei  11  293. 
missaticum,  facere  116. 
Mißernte  290.     II  249. 
missi  II  234. 

—  dominici  55.  58.  82.  86.  89.  98. 
135.  165.  166.  168.  173.  176. 
181,  185,  189,  190.  225.  252. 
310.  324.  II  20.  21.  29.  34.  42. 
44.  79.  92.  112.  161.  197.  213. 
225.  278,  279. 

—  rei  publicae  II  316. 
Miteigentum  der  coheredes    373. 

384. 
mitio  300. 
mitra  II  144. 
Mitteldeutschland  249.  327. 


Mittelmeer  47.    II  188. 
Mittelrhein  312. 
Mobiliarbesitz  s.  Fahrnis. 
Mobilisirung    des    Grundeigentums 
251—253.     II  281. 

—  militärische  II  19. 
Mode  II  149.  248.  368. 
Modena  241. 

modius,  Hohlmaß  77.  153.  155.  261. 
343.  II  167.  264.  265.  277.  281. 
312.  324.  338.  340. 

—  aequus  II  167. 
Moeller,  E.  v.  II  79. 

Morsch,  Marisco  (Lorsch)  115.  119. 
Moser,  J.   I.  329. 
molendina  s.  Mühlen. 
Molinhuso  (Hersfeld)  138. 
molinum  154. 
Momenheim  (Lorsch)  116. 
monachus  S.  Gallensis  II  140.  143. 

145.    147.    148.    151.    154.    155. 

159.    160.    163.    171.    177.    181. 

194.  211.  249.   274. 
Mondsee,   Kloster    105  —  107.    217. 

365.   II  7.  II,  185.  160.  260.  269. 
moneta  nova  II  328.  339. 
monetarius  II  294.  336. 
Monod,  G.  94.   128.  287.     II  15. 
moniha  II  144. 
monopolisiren  II  287. 
Montafon,  Tal  II  179.   180. 
Moore  304. 

moras  facere  II  233.  235. 
Mord  II  II.   18. 
Morgen,  Maß  341  —  351. 
Moritz,  St.,  Agaunum  (Schweiz)  II 

156.  204. 
Mosel,  Fluß  188.  263.     II  119. 

—  gau  296. 

—  land    IG.    245.    247.    265.    300. 

339-  343-  344-  384-    H  "S-  214. 
Moyenvic  (Toul)  II  173. 
Much,  R.  II  172. 
Mühlbacher,  E.  9.  40,  57.  59.  60. 

93-  94-   99-    122.    124.    125.    127. 

128.    130.    134.    167.    171.    172. 

187,   225.     II   14.  26.    114.    187. 


415 


197'    219-    253-    272.    274«    285. 

297-   352. 
Mühlen,  molendina  285.   372.      II 

160.   166.   173.  340. 
Mühlhausen  (Hersfeld)  135.    138. 
Mühlheim  a.  Main,  Markt  II  114. 
Müller,  W.  II  139.   167.   168,   177. 

178. 
Münster,  Bistum  II  108, 
Münster  i.  Gregoriental,  Kloster  II 

236. 
Münstereifel,  Kloster  II  326. 
Münstertal  II  200. 
Münze  9.  22.  382.  383.    II  76.  80, 

86.  122.  136.  190.  199.  237.  267. 

268.    273.    276.    289—296.    299. 

301.  302.  307—318.  321.  323  bis 

327.  330—333-    335-    336.    338. 
339-   344-357-  369—371.      [37°. 

—  feingehalt  II  301.  314.  321.  336. 

—  funde  II  195.  201.  253.  267. 
289.  294.  315.  328.368. 

—  fuß  II  289.  292  —  295.  307.  309. 
311.    314.    315.    322.    323.    326. 

336.   337-   370. 

—  recht  II  110.  III.  114.  133.  135. 
136.  326.  336.  372. 

—  regal  II  267.  336.  337. 

—  Verrüfe  II  313-  317.  337. 
Muette,  i.  Nassauischen  (Fulda)  II 

181. 

Muff  II  152. 

muli  62. 

multones  76. 

mundare,  säubern  (Acker)  374. 

Mundbriefe  126. 

mundeburdium  127.  306.  II  6.  9. 
II.  41.  48.  59.  60.  63.  65. 

Mundlinge,  freie  II  50.  62.  75. 

Munirichestat,  Maennerstadt  (Ful- 
da) II  123. 

Munus    divinum    (Münze)    II  321. 

328.  334. 
Mur,  Fluß  350. 
Muratori  370. 

Murbach,  Kloster  256.  288.  II  44. 
Muren  sia  s.  Acta. 


Musterwirtschaften  80. 
Muttermarken  388. 

N. 

Naab,  Fluß  II  103.   112. 
Nabecourt  b.  Beauzee  (Frankreich) 

76. 
Nachbarn  375.  377,  380  —  382.  389 

bis  391.  400. 
Nachbarzeugnis  240,  373.  377.  378. 

389.  390. 
Nachfrage  II  242.   245.   247.   250. 

368. 
Nachmünzung  II  322. 
Nachrichtenbef  Order  img     II     227. 

229. 

—  dienst  II  222. 
Nachthandel  325.     II  212.  215. 
Näherrecht,  der  Hintersassen  {tiqo- 

ri/j.i]aig)  383- 
Nahegau  297. 

Nahrungsmittelgewerbe  II  160. 
Nannenstuhl,  villa  (Lorsch)  261. 
Nantes  II  207. 
Narbonne  II  206. 

—  narbonnensisch  II  194. 
Nassauische,  das  249. 
Naturalkompensation  224.    II  258. 

—  leihe  II  282. 

—  leistung  II  261.  264.  270. 

—  Produkte  13.  II  269.  272. 

—  tausch  II  259.  369. 
Naturalverpflegung  59.   181. 
Naturalwirtschaft  6.   9.    180.    218. 

II  96.  134.  250.  253  —  255.  260 
bis  262.  266.  268.  271.  272.  275. 
280.    284.    286.    288.    290.    316. 

335-  369. 

—  zinse  II  262.  264.  269. 
naufragare  34.     II  4. 
nautor  II  231. 

naves  II  117.  171;  s.  auch  Schiffe. 

—  salinariae  II  241. 

—  transvectoriae  62. 
navigare  115. 
navigia  II  208. 

S.  Nazarius  s.  Lorsch. 


—     4i6     — 


Neapel  II  208.  209. 

Nebenhöfe  3.  152.  160.   II  220.  245. 

253- 
necessitas  s.  auch  Eigenbedarf  288, 

II  233  —  235. 
Neckar,  Fluß  246.    267.    300.      II 

114.  122. 
negociare,  negotiare  289.  325.     II 

194.  210.  231.233.  234.  283. 
negotiatio  II  237. 
negotiatores  II  117.  132.  195.  201. 

210.  213.  241.  273.  282.  283. 
negotium  278.  325.  326.     II  212, 

232.  240.  241.  268.  278.  282. 
nemus  373. 

Nersten  (Lorsch)  115.  II  267.  271. 
Neubruch  122.  268.  274.  356.  359. 

375.     II  27. 
Neuchinger  Dekrete  (772)  11  40.  69. 
Neufreie  II  65. 
Neugart  95. 

Neukorvey,  Kloster  II  326. 
Neuland  302. 
Neumagen,   civitas   i.   Moselgebiet 

II  115- 
Neumann,  Max  II  278.   279,   281. 

285. 
Neumayer  366. 
Neurisse  s.  Neubruch  274. 
Neuß,  Keltenort    (Rhein)    II  115. 

198. 
Neustrier  II  86.  88. 

—  rische  Denare  11  303. 
Nevers,  Bischof  v.  (630—655)  80. 
Newcastle,  Kloster  II  143. 
nichtbehauste  Leute  360. 
Niddagau  i.  Hessen  II  183. 
Niederaltaich,  Kloster  84.  89.     II 

70. 
Niederdeutschland  386. 

—  lande  II  203.  205. 

—  ländische  Städte  II  191.  219. 

—  Österreich  291.  297.  353. 

—  rhein  156.  249.  255.  267.  274. 
301.  308.  312.  327.  330.  339. 
393.  II  146.  202. 

Niedersachsen 278.  305.  393.  II 155. 


Nießbrauch  105.  107.  108.  118.  214. 

223.  255. 
Nikolaus  I.,  Papst  II  372. 
Nimes  II  207. 
Nimwegen,  Pfalz  185.  187.    II  115. 

251.  277. 
Nithard,  Geschichtsschreiber    191. 

II  55.  60. 
Nitzsch,  K.  W.  5.  8.  9,  23.  29.  80. 

179.  184—186.  189.  2S7.    II  94. 

138.    167.   187.    188.  227.  228. 
Nivelles,  Abtei  II  184. 
Niwenheim  (Lorsch)  II  271. 
Niweren  (Lorsch)  117.     II  271. 
Nizza  II  207. 
nobiles  305.    312.    316—318.    396. 

n  54—59-  64—77.  334- 
nobiliores  II  59.  67.  94. 
Noirmoutier  (Vend^e)  II  184. 
nomisma  II  268.  314. 
nona,  Neunt  II  23.  24.  26. 
Nonantula,  Kloster   172.   241.     II 

33- 
Nordfrankreich  46.  48.  51.  52.  67. 
77.  93.  285.     II  182.  202  —  204. 
230. 

—  Ostfrankreich  42.  99.     II  205. 

—  Westfrankreich  189. 
Nordgau  298. 
Nordgermanen  342.  344.  347.  349. 

396.     II  181. 
nordgermanische  Mark  388. 
Nordhausen  195. 
Nordhoff  II  152. 
nordischer  Handel  II  192.  321. 
Nordländer  II  192.  211.  368. 
Nordostschweiz  17.   18.    loi.    204. 

205.  247.  268.  300.  307.  II  255. 
Nordsee  II  112.  113.  189.  190.  204. 
Nordwestdeutschland  249.  278. 305. 

349.  II  48. 
Normandie  46. 
Normarmen  II  88.   141.   192—194. 

273.  318. 
Normannensteuer  327.   II  79  (866). 

317  (866  u.  877).  348.  352.  369. 
Norm  träger  II  76—78. 


417 


Noronte,  villa  (St.  Denis)  II  236. 
Northumberland  II  192. 
Nortmanni  s.  Normannen. 
Norwegen  II  190 — 192. 

—  ische  Kaufleute  II  191. 

—  ische  Münzfunde  II  321. 
Notitia,  Beweisurkunde  II  70. 
Notitia  Arnonis  Salisburg.  s.  Indi- 

culus 
Nouveaux  Riches  II  287. 
Novaesium  s.  Neuß. 
novalia  s.  auch  Neurisse  274.  389. 
Novavilla,    fiscus  (St.   Seine)  138. 
Noviliaco,  villa  258.    II  272. 
Noviomagus  s.  Nymwegen. 
Noyon  II  283. 
Nüsse  44. 

nuncius,  Bote  II  227. 
Nutznießung  aiif  Lebenszeit  204. 
Nutzung  am  gemeinen  Land  366. 

368.  373-  389-  400-  402. 
Nutzungsrechte  am   Gemeinwalde 

364- 

—  a.  d.  Mark  322.  374.  384.  390. 
391.  396.  398. 

Nymwegen  s.  auch  Capitular  v.  N. 
II  122. 

(T. 

Oberbayern  308. 
Oberdeutschland  385.     II  198. 
Oberhöfe  s.  auch  villae  capitaneae) 

3.   141.   180. 
Obermärker  361. 
Obermulinheim,  Seligenstadt  a./M. 

II  236. 
Oberösterreich  105  —  107.  217.  291. 

365- 
Oberrhein  II  146.  204.  368. 
Oberschwaben  196. 
Oberwesel,  civitas  a.  Rhein  II  115. 
obnoxiatio  II  11.  282. 
obsequium,  Hulde,  Treue  II  10.  46. 

48.   57. 

—  =  Dienst,     Verwendung      153. 
190.  322.     II  355. 

Ochsenhandel  325. 

Dop  seh,  Wirtschaftsentwicklung  der 


Ochsenwagen  II  355. 

ocrea  II  140. 

Odbert,  Bischof  v.  Straßburg  (907 

bis  913)  II  327. 
Odenwald  296. 
Odilo,  bayr.  Herzog  84. 
Oechsli  139.   198. 

Ödland  266.  367.  388.  389.    II  369. 
Oehlmann  II  202.  215. 
0£Ea,  König  v.  Mercien  II  149.  194. 

215. 
öfEentliche  Gewalt  II  33. 

—  Meinung  II  243. 

Österreich  31.  259.     II  13.  71.  75. 

341- 

—  Deutschösterr.  Länder  392. 

—  Nieder-  352. 

—  Urbare  114.  II  244.   246. 
Oetting,  Kapelle  zu  II  239. 

—  Pfalz  185. 
Officina  II  172.   173. 
officinelle  Pflanzen  s.  Seilkräuter, 
officiolum  II  172. 

officium  146.   163.     II  163.   177. 
Okkupation,  gemeinsame,  v.  Grund 

u.  Boden  402. 
olca  269. 
oleum  II  201. 
olfactoriola  II  144. 
Olive  50. 

Olonna,  Pfalz  i.  Italien  148.  II  279. 
olsiricum  II  262. 
opera  fictilia,  Tonwerk  II  155. 
opera,  Arbeiten   116.    323.     II  89. 

90.  222.  230.  270, 

—  cottidiana  258. 

—  servilia  226.     II  228. 
operare  323.     II  163. 
operarios  conducere  II  87.  170.  270. 
opifex  II  154. 

Oppenheim  (Worms)   178.  250. 

—  P.N.  26. 

oppidum    II    106.    116.    121  — 123. 

127. 
oppignorare  II  282. 
oppressiones  323.      II   14.    16.   31. 

88.  222. 
Karolingerzeit.  II.  2.  Aufl.       27 


—     4iö     — 


optimates  53. 
opus  322. 

—  aeris  et  vitri  II  154. 

—  dominicum  70.  115.  258.  II  164. 

—  nostrum     (regis)     31.     33.    70. 
134.  135.  175-177.  181.   186. 

—  proprium  II  164. 

—  regis  II  268. 

—  facere  322.     II  87.   170. 

—  =  Handwerk  II  163. 
Orbe  II  204. 

ordeum  153. 

ordo  ingenuUis  II  10. 

Orgelbau  II  158. 

Orient  II  148.  188.  190,  206.  208. 

209.  274.  280.  368. 
Orleans  II  114. 

—  Konzil  (538)  II  282.  283. 
Orobiotae,  Griechen  II  208. 
orphani  II  14. 

Ortona  II  209. 
osa,  Kleid  bII  149. 
Osnabrück,  Bistum  301.     II   108. 
326. 

—  Stadt  II  117. 
Ossero  (Cherso)  II  209. 
Ostdeutscher     Kolonisationsboden 

320. 
ostelbisches  Rittergut  320. 
Osterhofen,  Pfalz  185. 
Osterstufe  115.   116.   120.     II  267. 

269.  349. 
ostfälische  Stammlande  II  97. 
Ostfränkisches  Reich  II  216. 
Ostheim  195. 

Ostmark  123.  266.     II  43. 
Ostsee  II  113.  189— 191.  193.  196. 

—  länder  II  190.  [368 
Otakar,  Graf  (Goß  i.  Steiermark) 

350. 
Otfried  v.  Weißenburg  (c.  868)  II 

104.   180. 
Otgar,  Lehensmann  Karls  d.   Gr. 

(Fulda)  135. 
Othmar,  hl.  (St.  GaUen)  II  157. 
Otte  II  143. 
Ottenthai,  E.  94. 


Otto  I.,  König  86.  201.  II  132.  133. 
180.   182.  373.  374. 

—  III.    II  43.  HO.   132.   133 
Ottonen  133.  151.     II  2.  96.  109. 

HO-  357-  372- 

—  zeit  151.  262.     II  201. 
Ottonische  Privilegien  f.  Städte  II 

97.   HO.   III.   133.   135. 
Oulx,  Kloster  87. 
ova,  Zins,  s.  auch  Eier  287. 
ovile  154. 

P. 
pabula,  s.  auch  Futter  63.   II  215. 
Pacht  276. 

—  zins  13. 

Pactus  Alamannorum  II  295.  296. 

—  pro  tenore  pacis   511  — 518)   II 
28. 

Paderborn,  Bistum  II  108.   196. 

pagani  113.     II  88. 

pagenses  173.  372.  373.  398.    II  21. 

32. 
pagus  80.   154.   161.  325. 
palas  153. 
Palatien  3.  16.  40.  41.  54.  55.  59. 

61.  71.  128.  141.  142.  148.  160. 

165.   168.   176—189.     II  97.  98. 

loi.    121.    122,    128.    171.    224. 

227.    261.    323*— 325.    338.    339. 

350. 
palea  II  249.  275. 
palla  II  146. 
pallia  II  150.  346. 
panis  112.     II  161.  265. 

—  coctus  II  167. 

—  mensurabilis  II  167. 
pannae  integrae  II  275. 

—  novae  II  262. 
Pannonien  123.  194.  195. 
Papiensis  Über  II  66. 
paraferedi,  Frondienste  83.  115.  116. 

179-  323-    n  222—227. 

parafridi,  societas  II  137.  178.  224. 

226. 
Paramente  II  142. 
paratas  exquirere  179.     II  224. 
parciaricia,  Teilbau  276. 


419     — 


Paris,  Prov.  Konzil  (829)  224.  226. 
278.     II  232.  248.  286. 

—  288.     II  114. 

—  gau  296. 

—  Stadt  202.  II  124.  205.  206.  218. 
Parisot  188.  314. 

partes  regis,  ad  175.   176.   199. 

—  fisci  193. 
pascere  bovem  115. 

pascua  communia    154.    359.    365. 

384- 
Passantenverkehr  II  217. 
Passau,  Bistum  163.  167.  195.  225. 

235-  299-  338.  390.  391-     n  40. 

43.  107.  109—112.  122.  132.  141. 

201.  262.  269.  357.  374. 

—  Stadt  202.     II  III.    117.   125. 
127.  132.   176.  247. 

—  Traditionsbücher  102^ 

—  villa  publica  II  122. 
Passierzölle  II  233. 
pastiones  63. 

pastum  iumentis  173.  398. 
patella  II  185. 
patena  II  143. 

Patetta  73.  74.   197.     II  353. 
Patricklegende  11  4. 
Patrimoniums.  Petrii.  Sizilien II  13. 
patrocinatus  obsequium  II  46.  48. 
patrocinium  306. 
patronati  onus  II  46.  48. 
Paulinus  v.  Aquileia  II  308. 
pauperes  s.  Armenll  14.  16.  31.  75. 

224. 
Pauperismus  218,     II  248. 
Pavasianis  villa  i.  Gau  Lyon  (Vi- 

enne)  II  236.  237. 
Pavia  II  204.  346. 
pavones  146.   153.   154.     II  148. 
peculium  153.     II  275. 
pecunia,   Habe   11  264.    276.    279. 

282. 

—  Geld  n  283.  284. 
pecus  II  275.  276. 
pedissequus  154. 
Peitschen  II  152. 
pelles  II  247. 


pelles  avium  II  148. 
pelhcium  II  152. 
Peltzer  II  143. 
Pelusium  II  206. 
Pelze  II  152.   190. 

—  werk  II  211.  247.  368. 
pensa  153. 

pensam,  ad  11  273.  274.  317. 
pensare  93.    II  268.  294.  299.  308. 

314.  323.  324.  336. 
percussura  proprii  nomismatis  II 

326.  356. 
perdices  146. 
peregrinus.  Fremde  II  88.  345. 

—  Pilger  II  194. 
Pereis,  E.  11  23.  25.  26. 
Pergament  73. 
Pergamenter  II  152. 
pergere  cum  carris  II  221. 

—  in  hostem  112,   113.     II  21. 
periuria  II  300. 
Perserkönig  II  208. 
Personaldienste  II  271. 
pertica  154. 

Pertz  57.  88.     II  324. 
St.  Peter  i.  Rom  II  182. 
petia  II  256. 
petiola  de  uno  manso  357. 

—  vineae  376. 

petra  carr.,  Steinfuhren  116. 

—  nigra  II  156. 
Pfävers,  Kloster  II  201. 
Pfalz  s.  palatium. 

—  beamten  165. 

—  guter  i.  d.  Städten  II  127. 

—  markte  II  132. 

—  münzen  II  325. 

—  Ordnung  s.  Hincmar  v.  Rheims. 

—  Städte  II  98.  124. 
Pfand  II  284. 

—  leihgeschäfte  II  284.  285. 
Pfau,  Bälge  II  148. 
Pfeddersheim  nw.  Worms  (Gorze) 

II  231. 
Pferde  s.  auch  paraferedi  II  215. 
261—263. 

—  futter  128.     II  212.      __ 

27* 


420      — 


Pferdehandel  324.  325. 
Pfirsiche  44. 
Pfirsichbäume  77. 
Pflanzenkultur  43.  — 50.   53.   100. 

—  Verzeichnisse  51.  77. 
pflegloses  Land  276.  281.  282. 
Pflüge  II  140.   142.  263. 
Pflugfronden  s.  corvadae. 
Pforzheim,  civitas  II  115. 
Pfründner  s.  praebendarii  40 
Pfund,  libra  310.    II  275.  291.  294. 

299-  307—318.  329.  336.  346. 
Philippi  II  139.   164, 
Phönix  II  148. 
Phumanus  (Lorsch)  376. 
Piacenza  II  239. 
pictura,  Maß  116. 
Piemont  133. 

St.  Pierre  de  Beze,  Kirche  II  351. 
Pigeonneau  II  206. 
pila  s.  Walkmühle. 
Pilger  II  194.  202.  203.  215.   343. 

—  fahrten  216. 

Pilgrim,  Bischof  v.  Passau  II  374. 

Pinchart  II  143. 

Pihgsdorf  II  155. 

Pinien  44.  45.  50. 

Pippin,  fränkisch.  Hausmeier  II  23, 

319- 
Pippin,  König  (751  —  768)  79.  80 
88.  125.  126.  129.  134.  148.  149 
159.  170.  178.  198.  213.  224 
278.  II  5.  23.  84.  III.  132 
195.  210.  232.  234.  239.  291 
294.  295.  297.  300—305.  307.  312 

315-  323-  336-  337-  342.  343-  370 

—  Sohn  Karls  d.  Gr.  II  21. 
Piraten  II  208. 

Pirenne  II  150.  205. 

Pisa  371.     II  208.  219.  368. 

pisces  s.  Fische. 

pisile  77. 

pisos  153. 

—  Mauriscos  47—49.  78. 
Pistes,  Edikt  (864)  322.    II  32.  88. 

118.    129,    167.    291.    299.    316. 
323-   338-   343-   351.   356. 


pistores  II  167. 

Pistorius  102.  207. 

pistrina,  pistrinum  146.     II  173. 

Pivano  25.  223.  276.  278. 

pix  62. 

placitum,  Gerichtsverhandlung378. 

II  234- 

—  Gerichtsort  II  115. 
plana  76.  153. 

planium  (Münze)  II  322.  327.  370. 

Planta  198.  258. 

Plastik  II  139.  202.  208. 

Plath,  K.  II  154.   156. 

plaustra  II  217. 

plebes  323. 

plebium  181. 

plenitudo  potestatis  des  fränkischen 

Königs  II  353. 
plumbum  s.  Blei. 
Po,  Fluß 

—  handel  II  204. 
pocula  II  155. 
poculares  153. 
Pöhlmann,  Rob.  II  54. 
Poelman  II  192.   193. 

Pöschl,  A.  203.  286.  401.     II  94. 

125.   128.  234—237. 
Poitiers  178. 
poledrarii  II  91. 
poledros  153.     II  271. 

—  annotinos  153. 

—  bimos  153.   154. 
Polen  II  199. 

polepticum  publicum  II  348. 
nohg  II  123. 

Polizeigewalt  i.  d.  Städten  II  128. 

—  taxe  II  250. 
Polyptycha,—  on   79.    80.    87.    88. 

II  32.  221. 
Poncelet  II  206. 
Pontarlier  II  204. 
pontaticum  II  213. 
Popiniagas  (St.  Denis)  135. 
Populonia  II  208. 
populus  minor  323. 
porcelli  153. 
porci,  Zins  153.   154. 


—      421 


porcorum  sagina  398. 
porcos  nutrire  113. 
portarius  II  230. 
portaticum  II  213. 
portio  de  fiuvaida  371 

—  bei  Halfenbau  II  26. 

—  hereditatis  250. 

—  de  manso  332, 

—  de  Silva  communi  366.  367. 
portitores  II  217. 

Porto  Venere  (Hafen)  II  208. 
portura  legitima  II  210.  240.  241. 
portus  civitatis  326.  II 1 12.  1 17.  234. 
possessores,   freie,    i.     d.    Städten 

(Trier)  II  125. 
Post  II  225.  226. 

—  dienste  II  225. 

—  schein  (evectio)  II  215.  225. 
potentes,    potentiores   38,    39.    54. 

65.  66.  159.  323.     n  14.  16.  31. 

67.  274.  352. 
potentia,  Herrschaftsgewalt  II  67. 
potestas  commutandi  221. 

—  tradendi  II  72. 
potestativi  homines  II  73.  74. 
Poupardin   176.  299.  314.    II  207. 
praebendarii  183. 

Prägung  s.  Münze, 
praesidium  II  118. 
Prag  II  199. 

prata  s.  auch  Wiesen  63.  116.  154. 
322.  323.     II  256. 

—  defendere  63. 
precationes,  Abgaben  63. 
praeclarus  s.  auch  nobilis  II  72. 
Precaria  15.   19.  74.  75.  102  — iio. 

127.  173.  193.  196.  197.  206  bis 
209.  212—219.  223.  227 — 236, 
256.  258.  265.  268.  269.  271  bis 
275.    282.    312.    319.    338.    340. 

357-  359.  398-  II  33-  4i-  5°. 
89.  166.  244—246.  257.  264  bis 
266.  270.  363.  368.  373. 

—  data  197.  215.  217.     II  50. 

—  oblata  109.   125.   197.  223. 

—  remuneratoria    109.    212.    216. 
265.  271. 


Prekaristen  282.     II  51.  64.  369 

predium  148.   149. 

Preis  13.  324.    II  16.  87.  170.  187. 

230.    242—252.    256.    261—264. 

270.    275.    278.    282.    283.    286. 

290.  304—306.  317.  319.  368. 

—  Engros  II  245. 

—  reduktion  II  304. 

—  Satzung  i.  d.  Städten  II  286. 

—  taxen  II  251.  285.  286.  368. 

—  treiberei  II  286.  369. 

—  werk  II  168.   170.   171.  367. 
Prenzel  62. 

prepositus  166. 

Prestarien  103— 1 10.     II  33. 

pretium  s.  Preis. 

—  iustum  n  251.  278. 
Preuschdorf  (Weißenburg)  247. 
primores  53. 
Privateigentum  a.  Grund  u.  Boden 

361. 

—  an  der  Mark  365. 

—  an  Mühlen  372. 

—  am  Wald  364. 
Privatgüter  des  Königs  71.   172. 

—  Urkunden  loi.  220. 
probare  II  299. 

procura  tores  villarum  regiarum  158. 

—  fiscalium  rerum  II  349. 
Produktenhandel  287.     11  219. 
Produktion  13      II  112.  253.  259. 

263.  366. 

—  für  den  Markt  324.  325. 
Produktionsüberschüsse  8.  179.  182. 

186.  288.  289.  315. 
Pröpste  (Ministeriales)  II  128. 
Profit  II  287. 
proprii  II  51. 
Prou,  M.  II  195.  290.291.  294.  296 

bis  299,  302.  309.  311—323.  325. 
Provence  299.   314.     II  208. 
Proviant  128. 

—  wagen  II  152. 
Provins  II  205. 
Provinzialverwaltung  161. 
provisor    villarum    regiarum    161. 

166. 


—      422      — 


proximi,  Verwandte  377. 

Prügelinstrumente  II  152. 

Prüm,  Kloster  134—136.  169.  171. 

241.  246.  283.  285.  389,     II  44. 

90.  231.  234.  238.  247.  269.  271. 

326.  391. 
—  Urbar  v.  893  82.  83.  1 11  — 113. 

115.    117.    119.    199.    245.    255. 

260.    261.    276.    280.    291.    323. 

333-   359-     n  160.  161.  165.  226 

bis  229.  234. 
publicae  domus  185. 
publicae  res  s.  Staatsgut. 
Puciolis  (St.  Denis)  135. 
puellae  II  222. 
pulli  153.   154.  287.     II  264. 
pulveraticum  326.     11  213. 
Purpurgewänder  IT  148.  206.   211. 
putrellae  (bimae,  trimae)  92.  154. 
Pyrenäen  41. 

Q. 

quadragesimale  35. 

Qualburg,  civitas  b.  Cleve  II  115. 

Qualitätsunterschiede  (Preis)  II 
248. 

Quedlinburg,  St.  Servaz,  Nonnen- 
kloster II  132. 

Quellen,  warme  (zu  Aachen)  184. 
188. 

St.   Quentin  93. 

Quentowic  =  Etaples  II  112.  191. 
203.  205. 

QuiUing  II  154. 

Quitten  44. 

Quitzmann  II  69. 

R. 

racio  147. 

Radaniten  II  206. 

RadolfszeU  291. 

Räte  des  Königs  II  91. 

Rätien  258. 

Raffelstädten    (Zollordnung    v.    c. 

905)  II  112.  113.  199.  200.  216. 

241.  248.  267.  356. 
Ragaz,  curtis  (Chur)  155. 


rahhat,  rahcat  ==  granarium,  chom- 

hus  II  172. 
Rahhilt  (Fulda)  208. 
Rankweil,  curtis  (Chur)   155.    198. 
Ranshofen  a.  Inn  (Pfalz)  178.  185. 

II  239. 
rapinae  II  31. 
Rasdorf  villa  (Fulda)  136. 
Ratger,  Abt  v.  Fulda  279. 
Rathere    de   Wormacia,   Tradent 

(Fulda)  280- 
Rathgen,  K.  II  211.  216.  219. 
ratio  s.  Rechnungslegung  166.  177. 
Raub  II  18. 

Rauhwaren  s.  Kürschner. 
Ravenna,  anonymer  Geograph    v. 

II  107.  115.  116. 
Rechnungen  II  246. 
Rechnxmgskontrole  79.   165. 

—  legung    34.    40.    78.    140.    143. 
166.  181. 

—  weise  d.  rechtsrheinischen  Stäm- 
me II  296.  297.  299. 

—  wert  II  280. 
Rechtsrheinische  Stämme  II  295. 

296.  299.  301. 

—  Deutschland  II  97. 

—  Denare  II  301. 

reclamatio  ad  regem  vel  ad  ducem 

1133. 
recondere  116. 
redemturia  II  11. 
Redhch,  Osw.  105,  221.  223. 
Rednitz,  Fluß  194. 
Reduktionstheorie  II  304. 
Reform    der    Domänenverwaltung 

(Ludwig  V.  Aquitanien)  55.  64. 
Reformation  Kaiser  Sigismunds  II 

287. 
Regalien   II   66.     336.     339.     341. 

342.    345.    346.    353.    355  —  357- 

371- 

—  recht  II  324. 

Regensburg,  Bistum  iio.  183.  195. 
312.  390. 

—  Stadt  II  II.  103.  104.  106.  109. 
119.    120.   168.   196.   199.  201. 


423 


Regensburg  S.  Emmeram,  Kloster 

II  220. 
Regiegüter,    kgl.    31.    33.    53-    55- 

175  —  178.   186.   192. 
regina,  Königin  56.  58.  59.  71.  165. 
Reginald,  Chorbischof  (842)  II  28. 
Reginbach  (Prüm)  134. 
Regino  v.  Prüm  11  88.  231. 
Regulas.  Benedict! 270.  290.  II 173. 
Reichel,  Johann  330.  337.  339  bis 

350-  353- 
Reichenau,  Kloster  73.  74.  93  bis 

99.    138,    181.    198.      II  4.    151. 

156.  158.  201.  247.  277. 
Reichenhall  II  179.  182.  183.  199. 

200. 
Reichsgut  86.    117.    133.    139.    152. 

163.   171.   198.     II  349. 

—  klöster  181. 

—  regierung  58. 

—  Schatzamt  167. 

—  teilung  II  275  (806).  325  (843). 
190  (86s). 

—  Urbar  1 1 7. 

—  Versammlung  II  122. 

—  Verwaltung  58. 

—  Währung  II  335. 
Reihendienst  II  227, 
Reinach  II  206. 
Reinerträge  40. 
reipus  s.  Lex  Salica 
Reisende  II  212.  215—217.  249. 
Reiseverkehr  II  215.  217.  226. 
Reißenburg,   civitas  b.    Günzburg 

a.  d.  Donau  II  115. 
Reiterdienst  227.     II  67.  68. 
Reklamationsrecht  126.     II  134. 
Rekognitionszins  II  43.  47.  269. 
Relation    d      Edelmetalle     (Gold, 

Silber)  II  291.  292.  299. 
relaxare  in  beneficiis  286. 
Reliquien  II  203.  205. 

—  handel  II  213. 

—  Schreine  II  142.   153.   158. 
Reluition  d.  Naturalzinse   i,    Geld 

II  245.  264.  269—271. 
Remagen,  Keltenort a.  Rhein II 1 1 5. 


St.  Remi  (Rheims)  6.  274.     II  45. 
Remiremont,  Pfalz  188.     II  206. 

—  Kloster  II  205. 
Renaissance,  karolingische  II  254. 

280. 
Renaud  385. 
Renier  363.  366. 
Rennefahrt  388. 
renovatio  (cartae)  206. 
Renteiwesen  346. 
Repartition  v.  Leistungen  345. 
Repräsentationsrecht  163. 
Reric,  Handelsplatz  a.  d.  Ostsee  II 

113.   191. 
res  ecclesiasticae  75. 

—  ecclesiae  s.  Kirchengut. 

—  fiscales  75.  149.  150.  174. 
Resbach,  Synode  v.   (798)  II  14. 
Residenz  184.     II  323. 
Restitutionen  v.  Kirchengut  II  127. 
Reutter,  H.  II  196.  214. 
Revindikation  d.  Krongutes  (c.  852) 

194. 
Rhätien  II  262. 
Rhamm  267. .  304.   344.    349.    358. 

359.     II  90.  91- 
Rheims,   Prov.   Konzil   (813)   215. 

216.  295.  300.  301.  303. 

—  Stadt  II  204.  206. 

Rhein  184.  187  —  189.  263.  II  115. 
155.  172.  193.  196.  202.  231. 
267.  366. 

—  franken  308. 

—  gau  345. 

—  hessen  297. 

—  land  44.  140.  263.  298.  339. 
350.     II  154.   181.   191.  335. 

—  Mittelrheinland  300. 
Rhone  II  207.  208. 
Richard  II  325. 

—  Graf,  villarum  [reg.]  provisor 
161. 

Richthofen  II  77.  298, 
Richulf,  Erzbischof  v.  Mainz  II  249. 
Ridigippi,  Kloster  237. 
Riemzeug  II  152. 

—  beschläge  II  152. 


424 


Rieti,  Michaelskirche  237. 
Rietschel,  Siegfried  18.  20.  23.  183. 
185.    187.    202.    228.    234.    280. 

333-  335-  347-  349-  383-  H  SS- 
83.  96—98.  100.  105  —  117.  120 
bis  130.  235.  236.  240.  259.  293. 
295-    297.    302.    331.    342.    343- 

3S3- 
Riezler,  S.  204.     II  199.  319. 
Riga,  Stadt  II  191. 
Rigomagus  s.  Remagen. 
Rinaldi  79.  87. 
Ringe  II  144.   145. 
ripaticum  II  213. 
ripuarisches  Recht  II  304. 
St.  Riquier,  Centula  90.     II  94. 
Ritterling  II  154. 
Riviera  II  208. 
Roberti  133.  370.  371.  377. 
Rocca  II  309. 
rodaticus  326. 
Rodenberg  II  117.   176. 
Rodung    54.    195.    238.    262  —  270. 

281.    293.    302.    306.    311.    312. 

358.    359.    361.    373-    389-391. 

394-  397-   399-   402.     II  27.   364. 

365. 
Römer  45. 

—  denare  II  295.  296.  311. 

—  Provinzen  3. 

—  Schilling  II  310. 

—  Städte  II  95.  103.  106.  124.  126. 

—  Straßen  II  214.   365. 

—  zeit  67.   184.  218.    II  loi.  103. 
115.  132.  156.  189.  288.  314.  350. 

römische  Kirche,  Bischöfe  der  64. 

—  Buchführung  80. 

—  Pfund  II  308. 

—  Steuerwesen  II  347. 

—  Verjährungsfrist  II  364. 

—  Verkehrswirtschaft  II  365. 

—  Wirtschaftsformen  26. 
Roggen  II  250. 
Rohrscheidt,  v.  II  286. 
Roller  102.  207, 

Rom  41.  51.  217.    II  4.  194—204. 
210.  217.  261.  320.  367. 


Rom  Konzil  v.   —   (761)  279. 

—  pilger  II  188.  210. 

Romulf,  Bischof  v.  Rheims  II  37. 

Romzüge  216.  217. 

Ronciere,  de  la  Ch.  II  211. 

RorichjNormannenhäuptling  II348. 

Rosdorf,  abgekommen,  zw.  Passau 
u.  Linz  II  103.   112. 

Rose  45. 

Rosmarin  45. 

Rosse,  Abgabe  II  272. 

Rostowzew  II  12,   13. 

rotaticum  II  213. 

Rotation,  altgermanische  372. 

Roth,  P.  7.  15.  19.  126.  127.  130. 
142.  143.  191.  192.  197.  212  bis 
216.  227.  228.  230—234.  255 
bis  258.  291.  319.  320.  II  18. 
23.  24.   37-  38.  272.  276. 

Rothari,  Edikt  (643)  126.     II  89. 

Rotthufen  351.  356. 

Rottland  194.  268.     II  371. 

Ronen,  Bistum  137.  202. 

—  Stadt  II  193.  202.  203.  205. 
Rudolf  V.  Fulda  II  55.   58. 

—  Markgraf  345. 

Rubel,  Karl  21.  42.  122  —  124.  128. 

131.    140.    169.    171.    184.    195. 

201.    237.    267.    270.    304.    346. 

349.    363.    373.    385.    388-390. 

392.   395-   396.      II  27.    55.    119. 

120.    155.    196.    229.    347.    353. 
Rückforderungsrecht  d.  Herren  II 

28.  35. 
Rückkaufs  vorbehält  in  Traditions- 
urkunden 204.  205.    II  52.  256. 

260.  261. 
Rückübertragung  des  geschenkten 

Gutes  s.  Precaria. 
Rütimeyer  II  156. 
rufias  II  261. 
Rugi  =  Russen  II  199. 
runcina  76.   153. 
Runu  (Lorsch)  120. 
Rupert,  hl.  99.     II  179. 

—  comes  (Lorsch)  261. 
Russen  II  199.  368. 


425 


russische  Städte  II  113. 
Rußland  II  190.  191.  199.  200.  368. 

S. 

Saale,  Fluß  II  193- 

Saalfelden  (Salzburg)  297. 

Saar,  Fluß  II  231. 

Saatgut,  -getreide  183.  319. 

Sachsenland  21.  22.  42.  51.  201 
248.  308.  314.  318.  319.  334 
II  6.  21.  23.  30.  31.  55—62.  67 
97.  105.  107.  108.  176.  183.  195 
197-  321.  322.  326.  327.  333 
335- 

sächsische    Goldschillinge   II    333. 

334- 

—  Rechtsgebiet  II  9.  119. 

—  Wergeid  II  334. 

Sachsen,  Volk  184.  11  55.  59.  108, 
118.  130.  146,  194—198,  219. 
306.  321.  322.  327.  331  —  335- 

—  Krieg  II  120. 
Sachsenspiegel  II  91. 

Saclas,  Markt  (St.  Denis)  II  236 
Sähen,  Bistum  s.  Brixen. 
Säkularisation  203.  236.  294.  313 

400.     II  5.  23.   85.    126.   373. 
Sättel  II  152. 
sagina  animalium  398. 
sagum  II  147.    166. 
saica  II  295.  335. 
saiga  II  290.  296.  335. 
saigern  (Münze)  II  311. 
Saintois,  Gau  (Toul)  297. 
sal  s.  Salz, 
sala  146.  II  222. 

—  regalis  146.  281. 
Salerno  II  209. 
Salfranken  42.     II  298.  299. 
Salhof  s.  mansus  indominicatus. 
Salhufe  314.  340.  341. 

salicus  =  ingenuus  257. 
Salier  II  297.   322.   323.  331. 
Salinen  II   179.   183.   186.  247. 
salische  Denare  II  323. 

—  Recht  II  304. 

—  Schillinge  II  333. 


Salland  83.  117.  255—266.  281  bis 

286.  317.  321.  331. 
Salomon,  Bischof  v.  Konstanz  217. 

II  327. 

—  Denare  ib. 

Salonne,  Kirche  (St.  Denis)  135. 
salutaticum  II  213. 
Salvioli  9-  25.   370.  371.  377. 
Salz,  Mineral  288.  II  184.  185.  200. 
222.  247.  248.  291.   366.  368, 

—  pfannen  288. 

Salz,  civitas  (Bayern)  II  116. 

—  Pfalz  185. 

—  villa  II  122. 
Salzaha,  Fluß  II  179. 
Salzbergwerke  II  183. 
Salzburg,  Erzbistum  82.  84.  86.  88. 

99.  HO.  195.  225.  240.  248.  268. 
269.  295.  378.  389.  390,  II  4.  9. 
44.  69  —  72.  92.  93.  107.  109. 
116.   120.   153.  179.  180.  181.  216. 

—  curtis  publica  II  120. 

—  formein  92.     II  72.  215,  217. 

—  oppidum  II  116.   123.   127. 

—  Traditionen  102. 
Salzburggau  II  180. 
Salzburghofen  II  180. 
Salzfracht  II  184.   199.  229. 

—  gewinnung  II  182.  207. 

—  handel  II  199.  200. 

—  kammergut  II  183.  200. 

—  lager  II  183. 

—  schiffe  II  241. 

—  transporte  II  222. 
Salzungen,   villa   (Sachsen-Meinin- 
gen) 135.     II  183. 

Salzwerk  II  173. 

—  zufuhr  288. 
Sammt  II  368. 
Samoussy,  Pfalz  185.   188. 
Sander,  Paul  23.  131.  141.  152.  157. 

161.    163.    166.    322.    326.    391. 

II  170.   171.   181.   182.   198.  215 

bis  217.  230.  231.  247.  248.  251. 

261.  268.  271.  275.   282. 
Saragossa  II  90. 
sarcile  112.   115.     II   146.    165. 


426     — 


Sardinien  II  208. 

Sarrazenen  48.  64.     II  207.  208. 

sartago  76.  153. 

Sassenheim  (Lorsch)  115. 

satio  116. 

saumas  II  261. 

Save,  Fluß  II  199. 

savina  45. 

Saxa  =  Kaufmann     (finnisch)     II 

196. 
scalprum  153. 

scara  112.  292.      II  95.  226—229. 
scararii  II  228. 
scariones  43. 

Schaan  a.  Rhein  (Schweiz)  II  202. 
Schäfer,  D.  9.     II  204. 
Schäftlani,  Kloster  II 122.  144.  148. 
Schafe,  Zins  40.  II  146.   180.  263. 

—  feile  II  152. 

—  pelz  II  152. 

—  scheren  II  147. 

—  wolle  II  263. 
Scharwerk  (Fronden)  II  132. 
Schaub,  F.  291.  324.  325.    II  249. 

bis  251.  268.  279.  281.  286. 
Schaube,  K.  II  199.  201.  207.  209. 
Schaumünzen  II  291. 
Scheeßel,  Markt  b.  Bremen  II  103. 

112.   196. 
Scheinprozeß  242. 
Schenk,  Minister  d.  kgl.  Wirtschaft 

141.   156.   165. 
Schenker  316.  317. 
Schenkgüter  162. 
Schenkimgen  84— 86.  108.  109.  127. 

134.    137.    149.    150.    161.    171. 

I73'    ^93-    200.    202.    204 — 212. 

221,    234.    238.    293  —  299.    302. 

315  —  318.    321.    331.    343.    344. 

348.    351-    365.    368.    379.    389. 

II  5.  69.  71.  72.  245.  256.  276. 

350.  355- 

—  bedingte  108.  205  —  212.   223. 

—  freie    108.    109.   204 — 211.    271. 

—  a  die  presente  209.  211.  223. 

—  mit  Vorbehalt  des  Nießbrauchs 
103.  209.  223. 


Schiffahrt  II  190.   191. 
SchifEbruch  II  179. 
SchiflEe  288.     II  231, 
Schiffergewerbe  II  171.     230. 

—  f rächt  II  184. 

—  verkehr  II  194, 
Schild  II  151. 
Schildmacher  II  142. 
Schilling  s.  solidus. 
Schindeln  II  157. 
Schlagschatz  II  294.  336.  337. 
Schleswig  II  113.   190.  193.   196. 
Schlettstadt  II  122.   123. 
Schlosser,  J.  v.  II  150.   153.   156 

bis  160. 
Schlüsselgewalt  d.  Frau  59. 
Schmidt  II  143. 

Schmiedearbeiten,  —  feuer  II  164 
Schmoller,  G.  9.    II  145.  164.  339. 
Schmuck  II  144.   145.   169. 
Schnallen  II  152. 
Schneider,    Fedor    371.    372.    393 

II  250.   254.  278.   280—285. 

—  J.  II  195.   196.   214. 
Schnittger  II  145. 
Schnitzmesser  II  164. 
Schnurmessung  v.  Türnagel  zu  Tür- 

nagel  381. 
Schönemann  95. 
Scholz,  R.  II  345. 
Schornsheim,  fiscus  (Hersfeld)  135, 
Schotte   363.    369.    373.    374.    388. 

393-  395- 
Schotten  II  149.   152.  203. 
Schreiner  II  158. 
Schröder,  Edw.   85.   87.    115.    119 

121,  II  62.  78.  123.  146.  181.  296 

—  Rieh.  9.  14.  15.  23.  57.  92.  123 
124.  161.  163.  167.  168.  180, 
257-  318.  362.  372.  II  7.  55 
bis  60.  78.  99.  104.  133.  253 
272.  295.  296.  300.  306.  324 

330—335-  343-  346.  347-  352 

bis  355. 
Schrötling  II  322. 
Schuchhardt  II 105.  116.  119— 123. 

154. 


—    427 


Schücking  II  78.' 
Schuhe  II  149.   151. 

—  handwerk  II  171. 
Schuld  vertrag  II  284. 

Schulte,  AI.  31.     n  146.  187.  201 

bis  204.  211.  219.  255. 
Schulzenhufen  280. 
Schupfer,  Fr.   25.   276.    368.    371. 

376. 
Schupposen  318.  358. 
Schuster  II  151. 
Schutz  126.  306.  II  36.  40.  59.  60. 

—  der  Freigelassenen  II  47.  48. 
Schutzprivilegien,  kgl.  II   10. 
Schwaben  298.  308.     II  180.  200. 

201.  219. 
Schwab  hausen  (Würzburg)  365. 
Schwarz  II  120. 
Schwarzes  Meer  II  190.   191. 
Schwarzwald  270. 
Schweden  II  189— 191.  36S. 
schwedische  Kauf  laute  II  191. 

—  Städte  II  113. 
Schweine  (Zins)  40.     II  263. 

—  mast  II  271. 

Schweiz  250.    308.   312.    381.   388. 

II  156.  204. 
Schwerin,  Cl.  v.  387.  396.     II  78. 

306.  334. 
Schwerter,  Industrie  II   140.    191. 
Schwurgenossenschaft    s.  coniura- 

tiones  II  136. 
Scialoia,  V.  370. 
Scladdistat,  villa  s.  Schlettstadt. 
Sclusas,  ad  =  Gr.   St.  Bernhard  ? 

II  204, 
Scottica  vestis  II  149. 
scrinia  II  166. 
scuria  II  32. 

scuta  s.  auch  Schild  II  197. 
eecare  fenum  115.   116. 
secures  153. 
securitas  213. 

sedes  episcopales  II  106.   107. 
seditiones  II  31. 

S6e,  H.  25.  341.  353.  367.    II  29. 
30.  44,  45.  50. 


Seebohm  26.     II  302.  318. 
Seebiug  (Handelsstadt  (b.  Riga?) 

n  191. 
Seehandel  11  208—211.  240. 
Seeliger,  Gerhard   19.   20.   23.    57. 

71.  197.  227.  228.  233.  255.  265. 

275.  280.  319.  323.  330.    II  6.  40. 

44.  63.  95.   137.   139.   166—169. 

174.  176.  177.  228.  353. 
Seemüller  II  172. 

Seestädte  II  208.  _ 

segregare  181.   182. 
Seidengewänder  II   148.  206.  368. 

—  Industrie  II  150, 

—  stofEe  II  190.  211.  262. 
Seillegau  II  182.  183.  185. 
Seine,  Fluß  11  31.  203. 

St.  Seine,  Kloster  138. 
Selbsthilfe  d.  Hintersassen  II  27. 
34.  36.  49. 

-  n  177.    - 

Selbstverpfändimg,    s.    obnoxiatio 

II  362. 
Seiden  II  90. 
Seidner  358.     II  364. 
Selehoven  (Lorsch)  121. 
Seligenstadt  a.  Main  II  114. 
sema  269. 

Semeldincconnoburg  II  119. 
Seminare  153.   182. 
Semmeln  40. 
semodius  II  281. 
Seneschalk  65.   141.   156.    165. 
senior  325. 
Seniorat  II  87. 
seniores  II  21.  88.  248. 
Sens,  Stadt  326.     II  35-  89.  249. 

—  Erzbistum  II  184. 
Sensen  II  142. 

sepis  154. 

sepem  facere  112.   116. 
Septimanien  64. 
Sequana,  Fluß  II  273. 
sequestrare  181.     II  17. 
Serben  II  209. 
Seregni  339.  368. 
sericum  II  145.   148.   150. 


—     428     — 


Serm,     civitas    b.     Düsseldorf    II 

115. 
Sermione  a.  Gardasee  II  201. 
sermo,  Schutz  d.  Königs  239. 
serrati,  Römerdenare  II  295, 
Serrure  II  325. 
Servais,  Pfalz  188. 
St.  Servaz  s.  Quedlinburg, 
servi  41.   124.   139.  244.  273.  282. 

365.    II  39.  41-45.  55-  57.  58. 

60.   63.   88.      154.  246.   316, 

—  beneficiales  II  51. 

—  dominici  II  72. 

—  Flucht  der  —  II  30. 

—  regii  62.     II  222. 

—  salici  II  222. 
servientes  287. 

—  ecclesiae  323. 

servire,  kgl.  Dienst  176.  181.   190. 

287.     II  43.  227.  272. 
servitium  34.  35.  55.  70.  115.  118. 

176.    177.    180—182.    186.    286. 

322.    II  10.  16.  51.  89.  94.  165. 

227.  275.  346. 

—  cottidianum  II  162. 

—  liberum  II  74. 

servus  libertate  donatus  II  81.  82. 
sextarius  II  324.  338. 
Sickel,  Theodor  v.   126.   168.  242. 
243.  400.     II   II.    15.  235.   326. 

—  Wilhelm  79.    II  14.  17.  30,  86. 
sicla,  sigla,  Maß  II  265. 
Siebeck,  O.  20. 

Siegfried,  Dänenkönig  809.  II  195. 

sigilis  s.  sihgo. 

Sigismund,  Kaiser  s.  Reformation. 

Signa,  Fluß  II  182. 

Sikard,  Herzog  v.  Benevent  II  209. 

Silber  II  143.   180.   184.   195.  249. 

261.    269.    274—277.    290—296. 

299.    300.    303.    304.    307.    311. 

317.  318,  320.  322.   335.   338. 

—  arbeiter  II  142. 

—  barren  II  318. 

—  b  ergwerke  II  180. 

—  draht  II  190. 

—  gehalt  II  317. 


Silbermünzen   II    291.    296.    297. 
315-  330.  333- 

—  prägung  II  318.  320.  369.  370. 
Silbersolidus   II   3.    80.    305.    307. 

310.  330—334- 

—  Währung  II  3.  80.  289.  291. 
siligo  153.  279. 

silum  45.  47.  78. 
Silva  135.  330.  331. 

—  communis  s.    auch  Wald   365. 
367.  384.  389.  391. 

—  proprii  iuris  154. 
silvarum  usus  communes  154. 
silvicula  373. 

Simonetti  370. 

Simson  226. 

Sindlingen  a.  M.  II  154. 

sinescalcus  s.  Seneschalk. 

singulares  146. 

Sippe  361.     II  68.  69. 

siricum  s.  sericum. 

S.  Sisto  i.  Piacenza  II  238. 

situla  II  324.  338. 

Sizilien  II  13. 

—  päpstliches  Patrimonium  81. 
Skandinavien  II  181.  191.  322.  368. 
Skidrioburg  i.  Sachsen  II  119. 
Sklaven  269.   314.     II  27.  28.   37 

bis  39.  212.  268.  275. 
Slawen  194.    II  103.  112.  116.  188. 

196—199.  206.  209.  241.  366. 
Sluis  II  204. 
Smeldingorum  civitas  s.  Semeldinc- 

connoburg. 
soccos  II  158.  " 

socii,  Geteiler  376. 
Soest  II  183.  196. 
Soetbeer  9.    II  180.  242.  244.  250. 

253.    271.    289.    291.    292.    294. 

298.  304.  309.  311.  315.  bis  319. 
321—326.  337. 
Sohm,  R.  15.  257.    II  66.  94.  103, 

104.   134.  296.  353. 
Soissons  (Pfalz)  II  in.  204. 
Solemnitätszeugen  379. 
solidus  261.  310.  343.  345.     II  79 

bis  85.   145.   179.   180.  250.  261. 


—    429     — 


265.    268.    269.    274—277'    283. 
290—310.    315-    322.    323-    328. 
bis  336.  371. 
solidi  Francisci  II  322.  335.  371. 

—  Karolisci  II  335.  371. 

—  salische  II  323. 
sollicitare  leudes  II  16. 
Solini  25.  370.     II  30.  210. 
Solothurn,  oppidum  II  116.  204. 
solsatire  97. 

Sombart,  W.  24.  II  54.  96.  loo. 
287.  288. 

Somme,  Fluß  II  203. 

Sommerlad  42.  80.  202.  252.  304. 
n  244.  250.  251.  274.  278  bis 
281.    285.    297.    305.    314.    323. 

339-  342. 
Sommersaat  36. 
Sondereigen  a.  d.  Mark  364.  365. 

373-  384-  389- 

—  frieden  II  134—239.  332.  334. 

—  recht  a.  Grund  u.  Boden  383. 

—  Verrechnung  d.  einzelnen  Hebe- 
stellen 183. 

soniare  33.  71.     II  224. 

sorbarios  45. 

Sorgues  i.  Südfrankreich  II  207. 

Sorrent  II  208. 

sors  =  Hufe  339.  347. 

—  plena  348. 

—  serviles  347. 
sozialer  Druck  II  2.  362. 
SoziaUsierung  II  52.  54. 
sozialpolitische  Gesetzgebung  Karls 

d.  Gr.  II  17.  29.  361. 
Sozinga  (Lorsch)  120. 
Spangen  II  144. 
Spanien  49,  62.    II  190.  192.  206. 

367- 
Spanier,  flüchtige,  i.  Südfrankreich 

54.  64.   140.   192.    194.     II  225. 
Spanische  Mark  64. 
Spanndienste  345.     II  32.   178. 
species  II  275.  279.  306. 
Spekulation  auf  Konjunktur  324. 
Spekulationskauf  II  278.  280.  281, 
spelta  153. 


sperare  289.     II  49, 
Speyer,  Stadt  185.     II   106.    112. 
127.   167. 

—  Bistum  II  128. 

—  Gau  276. 
Spezereien  II  190. 
Spezia,  Stadt  II  208. 
Spinnen  II  146. 
Spitzer,  L.  47.  48.  50.  78. 
spolia  inferre  II  16. 
Spuria  II  35. 

Staatlichkeit  d.  deutschen  Verfas- 
sung 15. 

Staatsgut  169.   172.   189.   190. 

Stablo-Malmedy,  Kloster  389.  390. 

Stäbler  369.  378. 

Stadt,  Städte  17.  18.  137.  145.  183. 
201.  202.  358.  II  35.  89.  90.  95 
bis  117.  120—135.  167.  172.  175. 
176.  178.  191.  218.  219.  222. 
229.  242.  259.  263.  288.  316. 
325.    341.    342.    364.    366—368. 

374- 

—  friede  II  loi.   103.   134. 

—  gericht  II  96.  99.  loi.  102. 
104.  105.   134.   135. 

—  graf en  Um. 
Städtegründung  II  176. 
Stadtherrschaft  d.  Bischöfe  II  133. 

135- 

—  recht  II  96.  102  —  104.  134. 

—  Verfassung  II  iio.   137. 
Stände  22.     II  54.  56.  71.  72.  76 

bis  80.  84.  300. 
Staffelsee  (Bayern)  75.  81.  82.  89. 

90.  95.  284.   323.     II   142.    143. 

146.   152.   153.   161.  276. 
stagneus  II  158. 
stagnum  s.  Blei, 
stahelcoufo,  stahilchoufo  II  186. 
Stammesherzogtum  313.     II  357. 

359-  373-  374- 
Stammgut  170.  171.  174.  188—190. 

257. 
Staneux,  Wald  (Stablo)  389. 
Stapelplätze   180.    184.     II  242. 

—  recht  II  242. 


—     430     — 


Stapelzwang  II  241. 
■  Staphinseie  s.  Staflfelsee. 
Stavem,  Hafen  i.  Friesland  II  112. 
Steiermark  297.  298.  343.  352.    II 

71.  183.  266. 
Stein,  Ernst  383. 

Stein,  Stadt  i.  Niederösterreich  291. 
Steinach  a.  Bodensee  291. 
Steinitz,  B.  22.   58.   59.   128.   132. 

134.    140.    148.    152.    156.    157. 

163.    166.    169.    177.    180.    181. 

184.  187.   188. 
StelUnga  i.  Sachsen  II  31.   59   bis 

61. 
Stenzel,  E.  20.  95.  iio.  207.    II  15. 

106. 
Stephan  V.,  Papst  II  204. 
Stetin  (Lorsch)  116.     II  269. 
Steuer,  öffentl.    197.   327.     II  25. 

272—275.    310.    317.    327.    346. 

bis  349.  351.  352.  356.  369. 

—  einheit  347. 

—  fuß  310.     II  275. 

—  gewalt  II  13. 

—  hinterziehung  II  25. 

—  kataster  79. 

—  listen  80. 

—  pflicht  199.  259.     II  13. 

—  register  II  348. 
Stiftsvasallität  232.  233.    II  128. 
stirpare  195. 

Stobbe,  0.   168.  374. 

Stockfisch  II  190. 

Stölzel,  Ad.  II  121. 

Störarbeiter  11  171. 

StoflEe,  golddurchwirkte  II  150. 

Stracholfus  vitriarius  (St.   Gallen) 

II  154. 
stradura  II  261. 
Strafgelder  11  168. 
Straßburg  183.    II  103—106.  145, 

176.   193.  204.  326. 
Straßen,  öffentl.  II  214.  371. 

—  bau  191. 

—  regal  II  353.  371. 

—  zwang  II  241. 
strata  legitima  II  241. 


Strauß,  Fr.  Um.   122. 
Streitrasse  II  152.  266. 
Streubesitz  131.  140.  151.  197.  248. 

249.    253.    264.    265.    271.    282. 

328.  354.  396.  401.    II  163.  176. 

364- 
Streulage  10.   11.    150.    198.    245. 

248.  263.  309.  353.  399.    II  220. 

258.  359-  366.  367.  372. 
Stmadt,  Jul.  II  55. 
Stromregal  11  353.  371. 
strophia,  Gürtel  II  144. 
structura  gurgitis  154. 
Stückelberg  II  200.  202.  204.  208. 
Stückelung   (Münze)  II   311.   314. 

336.  371- 
stuppa  62. 
Sturmi,    Abt  v.    Fulda    171.    238. 

267.     II  173.   198. 
—  vita  s.  Eigil. 
Stutz,  Ulr.  86.  163.  172.  202.  229. 

230.    237.    240.    277.    278.    329. 

400.    II  7.  23—25.  50.  270.  351. 
Substitution  des  GoldsoHdus  durch 

den  Silbersohdus  II  3.  305. 
suburbium  II  116. 
succi  II  262. 

Süddeutschland  249.  388. 
Südfrankreich  46—51.  53.   54,  64. 

67.  72.  74.  77.  98.   100.  loi.  128. 

140.  192.  193.  244.  266.    II  182. 

190.    206.    207.    225.    232.    298, 

335.  368. 
südfranzösische  Städte  II  219. 
Südostdeutschland  11  4.  255. 
Südwestdeutschland  II  187.  255. 
Sulzbach  106. 
Simdhausen  195. 
Sundheim  s.  Kaltensundheim. 
supersedere  331. 

Susta  79.  83.  84.  86.  89.  113.  327. 
Syrien  11  209. 

T. 

Taberesheim,  Maut  (Oetting)II  239. 
Tacitus  369.  372.  II  55. 95-  295-  358. 
360, 


—     431     — 


Tafelgüter,  kgl.  31,  39.   128.   131. 

164.  178.   189.  190. 
Tagelöhner  II  365. 
Tagwerk,  Maß  351. 
talus  II  152. 
Tamassia  25.  80.  366.  370.  372.  377. 

II  207. 
Tanger  II  206. 
Tangl,  M.    168.     II  38.   106.   107. 

109.  344. 
Tarent  II  209. 
Tassilo,  Herzog  84.  106.  125.  132. 

365.     II  72.  73. 
Tatto,  Mönch  v.   Relchenau,  Abt 

V.  Kempten  73.  74.  93—100. 
tauri  153,  154. 
Tausch  13.  14.  147.  205.  207.  219 

bis  226.  240.  264.  266.  269.  298. 

300.    312.    321.    338.    368.    398, 

II   5.    127,    187.   235.   257.   259. 

271. 

—  ennächtigung    (potestas    com- 
mutandi)  221. 

—  urkimden  220—222.  309.  338. 
Technik  d.  Landwirtschaft  36. 
Tecklenbm-g,   Grafen  v.  II  92. 
Tegernsee  II  153.  200. 

tegulae  s.  Schindeln  II  157. 
Teilbarkeit  d.  Hufen  357.  358.  360. 
Teübau  261.   272.   276—278.   282. 

II  26. 
Teilung  s.  divisio. 
telonarü  11  91.  201. 
teloneus  s.  Zoll, 
terebros  153. 

termini,  Grenze  363.  374. 
terra  aviatica  257. 

—  censalis  193.   196. 

—  dominica    115.    255.    258.    261. 

II  44. 

—  indominicata  83.  255.  256.  261. 
331- 

—  salaricia  217. 

—  salica  256.  259.  320.  331. 

—  servilis  257. 

—  tributaria  193.   199. 
terraturiae  150.  289. 


Territorialität  d.  Münze  II  335. 
territorium  (kgl.  Besitz)  149.  150. 
Tersatto,  Handelsplatz  b.  Fiume  II 

209. 
testimonia  falsa  II  300. 
Teuerungspolizei  II  250. 
Teuerungstarif  324. 
Textilartikel  II  169.  170. 
textura  feminea  II  262. 
Thegan,  Biograph  Ludwigs  d.  F. 

169.  171.  173. 
Theiß,  Fluß  II  367. 
Theodelhildis  (Prüm)   126. 
Theodo,  Herzog  v.  Bayern  II  127. 

179. 
Theodulf,  Gote  49.     II  15. 
Theonenheim  s.  Dienheim. 
Theophil,  presb.  II  335. 
Theotmalli,  Detmold  II  105. 
Theotuadum  palatium  55, 
thesaurus  s.  Kirchenschatz, 
thesauros  congregare  290. 
Theuderich  IV.,  König  224. 
Theuringen,  civitas  OA.  Tettnang 

II  115. 
Theux,  Pfalz  188. 
Th6venin  24.    124,    363—369.   372 

bis  379.  384. 
Thimme  122.    175.    177.   364.  .373. 

11  353. 

ThionviUe,  Pfalz  185.  188,  310.  11 
112. 

Thrasco,  Herzog  d.  Abodriten  II 
118. 

Thronfall  191.  192.  230. 

Thubert,  E.  II  211. 

Thudichum,  Friedr.  374.  385.  387. 
392. 

Thüringen  140.  250.  393.  II  146. 
180.   182.   198. 

Thurgau  200.  297.  298. 

Tiberius  Constantinus,  oström.  Kai- 
ser (578-582)  383. 

Tiel,  Hafenplatz  II  112.   193. 

Tierzuchtdienste  II  271. 

Tigislege,  Hannover  II  105. 

Tille,  A.  loi. 


432 


Tirol  297.     II  341. 
Tischler  II  157. 
Tischwein  40. 
toacla  76.   153. 
Tochtermarken  38S. 
Töpferei  II  154—156. 
Tolbiacum  s.  Zülpich. 
tolnearii  s.  telonarii. 
Tongefäße,  —  werk  II  155. 
Tongern,  Stadt  II  106.   107. 
Topfsteinbearbeitung  II  156. 
torcularia  146. 
Toskana  II  208. 
Totschlag  II  18. 
Toul,  Bistum  II  173.   184. 

—  Gegend  v.  311.     II  206. 
Touristenverkehr  II  215.  217. 
Tournay,  Bistum  144. 

—  Stadt  202. 

Tours,  Bistum  193.     II  10.  92. 

—  Konzil  V.  T.  (567)  II  16.      [12. 

—  Konzilv.  T.  (813)212,  214.216.II 

—  St.  Martin,  Kloster  277.    II  15. 
201. 

trabaticum  II  213. 
Tracht,  fränkische  II  151. 
tractoria  s.  kgl.  Verpflegsbrief  II 

215.  225. 
tradere  II  10. 
Traditionen  75.  89.  91.  94.  loi  bis 

iio.  114.  125  — 127.  169.  171. 196. 

198—219,    222.    223.    226.    228. 

233.    234.    238.    247—257.    260. 

265.    268—271.    275.    276.    283. 

293.    299—301.    306.    307.    312. 

316.    318.    323.    326—334.    337 

bis  340.  357.  365.  367.  375.  378. 

387-  389-  399-     n  2—9.  21.  36 

bis  42.  50.  51.  72.  73.  160.  180 

bis  185.  200.  244.  256—260.  266. 

275.    276.    351.    356.    362.    363. 

369-  373- 
traditio  post  obitum  105. 
Traditionsbücher  27.  loi  —  1 10. 137. 

205.  212.  358.  365.    II  9.  40.  41. 

48.    49.    64.    70.    175.    244.    253. 

255  —  257.  267.  269. 


Traditionskodex  iii.     II  7. 

—  Register  102. 

—  Urkunden  94.  loi  — iio.  137. 
206.  207.  253.  338.  342.  368.  II 
6.  9-  33.  52.  92.  125.  144.  147. 
148.   172.   173.  251.  265.  276. 

Transitohandel  II  242. 
Translationen  II  204.  218.  368. 

—  s.  Alexandri  201.     II  322. 

—  s.  Genesii  II  210. 

—  s.  Marcellini  et.  Petri  II  114. 
198. 

transmarinae  partes  II  148. 
Transportdienst,  -fronden  11.  292. 
II 46.  220.  222.  227.  229.  230.  274, 

—  Organisationen  292.  II  137.  226. 
230 — 232. 

Transportschwierigkeiten  292. 

trappus  II  147. 

Traungau  i.  Ob  er  Österreich  II  183. 

Treffen,  Hof  i.  Kärnten  263. 

Treibhäuser  44.  45. 

Tr^lonbei  Avesnes  (Frankreich)  77. 

tremissis,  Münze  115.  116.    II  264. 

265.  329.  332.  335. 
Treola,  Fiscus  76—78.  281. 
Tr^on  (Frankreich)  77. 
Treuepflicht  122. 
Treviso  148.  178.     II  209. 
trians  s.  auch  tremissis  II  281. 
Triaucourt  s.  Clermont-en-Argonne 

76. 
Tribur,  Pfalz  178.     II  158. 

—  villa  II  122. 
tributales  201.     II  72. 
tributarii  193.  196.    II  49.  93.  347. 

—  tributum  196.  199.  201.  II  88. 
246.    273.    325.    346.    347.    348. 

350.  351- 
tricennium  II  42.  49. 
triens  s.  tremissis  II  281.  328. 
Trier,  Erzbistum  92.  235.  237.    II 

4-   135-   163. 

—  Stadt  246.     II  103.   106.   125. 
Trieux  (Frankreich)  77. 
tripartitio  II  61. 

troia  74. 


433 


Troilum  =  Treil  (Com.  de  Salelles- 

d'Aude)  77. 
Troya  371. 
Troyes  II  205. 
Truso  a.  d.  Mündimg  d.  Weichsel 

(Drausen-See)  II  113.   191. 
Tuch  II  146.    149.    169.    170.    191. 

368. 

—  Handel  II  193. 

—  Industrie  II  149.   150. 
Tunis  II  208.  367. 
Turicum  s.  Zürich. 
Tumosen,  Münze  II  322. 
turtures  146. 

tutela,  Schutzverhältnis  II  59.  60. 

tutor  II  60. 

Tyria  purpura  II  148. 

u. 

überm ünzung  II  312. 
Überschüsse  d.  Wirtschaftsertrags 
179.  286.  290.  291.  326.    II  278. 
Uhlhorn  251. 
Uhlirz  122.     II  339. 
Ulfrasiagas,   Auflfargis   (St.   Denis) 

135- 
Ulm  II  121.   122  (villa). 
ümmauerung  d.  Städte  II  98.  100. 

104.  108.   119.   120.   122. 
Umsassen  243.  375.  377.  378.  383. 
Umwandlung  v.  Natural-  i.  Geld- 

zinse  s.  Reluition. 
Unbebautes  Land  343.  389. 
Uncieu,    Geld    116.   342.      II   247. 

274. 

—  Gewicht  II  308  —  310.  317. 
unedel  II  65.  68. 

Unfreies.  Sklaven, Mancipien,  servi 
307.  328.  333.  II  33.  36—47.  50. 
75.  93.   124.  129.   130.  152,  232. 

Unfreiheit,  persönliche  II  1 76.  364. 

—  wirtschaftliche  II  176. 
Ungarn  II  199.  200. 
Ungeteilter    Besitz    s.    communia 

376. 

—  Eigentum  v.  Verwandten  376. 
Unterfranken  II  181. 

D  o  p  s  c  h  ,  Wirtschaftsentwicklung  der 


Unternehmer  13.  14. 

Uradel,  german.  301.  305.  316. 

Urbare  6.  27.  31.  32.  79.  82—87. 

III  — 119.    197.    260.    283.    299. 

301.    321.    323.    327.    .337.    338. 

340.  359.    II  62.  64.  69.  70.  93. 

94.  112.  157.  164.  175.  180—185. 

218.    226—229.    242.    244.    246. 

255.  265.  269.  271.  368. 
Urbarmachung  127.  194.  266.  268. 

281.  306. 
urbs,  Burg   u.  Stadt  II   106.   107. 

116.  121.  123. 
Urdörfer  304. 
Urkundenfälschimgen  II  iio. 

—  formebi  92. 

Urolf  V.  Nied.-Altaich,  breviarium 

82.  84. 
Urzeit  s.  auch  german.   Zeit  384. 

n  358.  365. 
usufructus,  usufructuario  209.  212. 

216.  268.  286.  331. 
usura  s.  Zins  II  278.  280.  282.  bis 

284. 

—  legitima  II  288. 
usurare  II  283. 

Usurpation  v.  kgl.  Gütern  128.  130.  • 

—  V.  Kirchengut  239. 
usus  regius  190. 

utensiha  s.  Wirtschaftsgeräte. 

—  =  Einrichtung  II  273. 
Utrecht,  Bistum  II  23.    107.    109. 

239- 

—  Stadt  II  191.  193.  194.  203.  205. 

T. 

vaccas  153.  154.     11  275. 
Vachdorf  (Würzburg)  365. 
vadere  in  hostem  1 1 6. 
Val  Camonica  II  201. 
Valence  207. 
Valenciennes  II  206. 
valente  s.  Alternativsätze. 
Vanderkindere  124.   188.  333.  II 

204. 
Varges,  W.  II  189. 
Varrentrapp,  F.  249.  306.  387.  388. 
Karolingerzeit.  II.   2.  Aufl.  28 


—     434     — 


vasa  aurea  et  argentea  325. 

—  ferrea  II  156, 

—  lapidea  II  156. 

—  testia  II  156. 

Vasallen,  kgl.  88.  169.  173. 
177.  189— 191.  229.  231—236, 
294.  296—298.  310.  II  22.  24. 
30.  127.  128.  273.  274.  278.  359. 

363- 
VasaUität  231  —  233.  306.     II  128. 

129.  359- 
vascula  11  155. 

—  lignea  II  158. 

vassus  dominicus    134.    310.    327. 

II  309.  310. 
vectigalia  II  346.  349.  350. 
Velavilre  (Lorsch)  116. 
Veltlin  II  201. 
venatio  373. 
venatores  165.  323. 
Vend6e  II  184.  207. 
Venedig  288.     II    198.    208.    209. 

219.  368. 
Venetici  II  148. 
Venkigau  (Niedersachsen)  393. 
Ver,  Vern,  Pfalz  185.  188, 

—  Capitulare  (884)  II  249. 

—  Conzil  (844)  244.  401.    II  106. 
Veräußerung  v.  Kirchengut  11  258. 
Verarmung  der  kleinen  Grundeig- 
ner 303.  321. 

Verberie,  Pfalz  185. 

verbum,  Gebot,  kgl.   165.   182. 

Verden,  Bistum  11  108. 

Verdun  87. 

veredarios,  veredos  exigere  173. 

Verfrachtung  II  213.  220. 

Verfronung     (unbesetzter     Hufen) 

264.  281,  282. 
Verjährung  der  Unfreiheit  (tricen- 

nal)  n  43.  49. 
Verkauf  221.  224.   225.  287.   290. 

291-  325-  369-   11  5-  88.  195.  232. 

235.    240—249.    255—261.    268. 

271.    275  —  281.    299.    317.    339. 

369. 
Verkaufsabgabe,  vindita  326. 


!  Verkehr  8.  9.  13.  23.  185.  187.  292. 
II  89.  96.  99.  loi  — 105.  114. 
115.  136.  186.  188.  189.  192. 
193-  197—207.  211.  214—216. 
219.  221.  226.  229.  230.  233. 
235.  247.  248.  250.  251.  254. 
279.  281.  286.  302.  321.  324. 
335.  356.  365.  366.  371. 

—  fronden  292.     II  229. 

—  wege  187.    II  190.  202.  366. 

—  Wirtschaft  II  89.  95.   131.   137. 
188.  259.  337.  365.  366. 

Verknechtung  (Freier)  II  9.  11.  13. 

15.  29.   30.   33.   36.   37.   40—43. 

48.  49. 
Verleihung   127.   133.   173. 
Vermandois  s.  St.  Quentin. 
Vermögen  14.     II  69.  274.  275. 

—  lose  II  10.  II.  67.  89.  90.  369. 

—  steuern  II  273. 
Verpachtung  gegen  Zins  327. 
Verproviantirungswesen  II  266. 
Verrechnung  79.  80.   183. 
verres  153. 

Verriest,  W.  II  37. 
Verruf  der  Münze  II  313. 
Verschwinden  d.  freien  Grundbe- 
sitzes II  17. 
Vertrag,  freier  II  88.  89. 
vervices  153.  154. 

—  vervicina  muffula  II  152. 
Verwaltungskontrole  165. 

—  Organe  auf  d.  kgl.  Gütern  156. 

—  Organisation  168. 
Verzeichnisse   d.    Jahreseinkünfte 

79. 
Verzeichnung    des  Klosterbesitzes 

(a.  819.)  98. 
Vesme  370. 

vestimenta  s.   Kleidung. 
vestes  novae  II  262. 
vestis  II  276. 
vestitura  170.   171.  240.  241.  243. 

II  154. 
Viard  II  23. 
Vic  i.  Bistum  Metz?  288.    II  132. 

246. 


—     435     — 


Vicare  162.  312.  322.  323.    11  16. 

26.  29. 
Vicinenerbrecht  380.  381.  382.  383. 

1153. 
vicini  368.  374.  377—384-  39°.    II 

249. 
üicterneia  curte  (St.  Denis)  147. 
victus  II  231. 
vicus  150.     II  102.  119.  121.   122. 

167. 
viduae  II  14. 
Vieh  II  232.  261. 

—  bestand  auf  d.  kgl.  Gütern  76. 

153-   154- 

—  handel  (Pferde,  Hengste)  324. 
325.     II  212. 

—  weide  389. 

—  zehnt  II  25. 

—  zucht  362, 

Vienne  II  207.  208.  236.  237. 

—  P.N.  II  307. 

viUa  54.  118.  154.  269.  296—298. 
364.  379.  387.  II  94.  100.  119 
bis  124.  256. 

—  grundherrliche  289.  396.  II  112. 

—  publica  II  104.   121.   122. 

—  regia  30—40.  61.  63.  65.  91,  92. 
128.  132  — 141.  14S  — 152.  154. 
158—165.  169— 171.  176—183. 
189. 190.  196.  II  39.  122.  284.  286. 

—  —  capitanea  141.  152.  154. 

—  regiarum  provisor  161.   166. 

—  römische  3. 

Uillarcellum,  Villarceaux  (St.  De- 
nis) 135. 

Uillare,  Villiers  (St.  Denis)  135. 

Villen  Verfassung  3.  130.  133.  142. 
156.  209.  245.  249.  253.  262.  264. 
270,  272.  273.  II  95.  186.  188. 
220.  364. 

ViUication  s.  Villa  278.  279.  320. 
11  365. 

villicus  s.  auch  Meier  ii.  36.   157 

bis  159.  166.  177.  186.  195.  245. 
258.    273.   278—280.     285.     358. 

S.  Vincenzo  am  Volturno,  Kloster 
,87. 


vindemiam  coUigere  112. 
vinditae  s.  Verkaufsabgabe. 
Vindonissa  s.  Windisch, 
vineae  s.  Weingut. 

—  dominicae  77. 
Vinogradoflf,  P.   23.   26.   342.   344. 

349.     II  55.  56.  60.  64.  65.  78. 

79.  83.  84.  250.    295.    304.    bis 

306.  329.  330.  332. 
Vinomna  s.  Rankweil. 
Vintschgau  i.  Tirol  II  200. 
vinum  s.  auch  Wein. 

—  per  sextaria  vendere  II  167. 
VioUet  24.  372. 

vita  Anskarii  II  116. 

—  Bennonis  episc.  Osnabrug  391. 

—  s.  Benedict!  Anianens.  II  144. 

—  Hludowici  I.  imp.   161.  169. 

—  Sturmi  Fuld.  238. 

—  Wilfridi  episcop.  Eborac.  II  203. 
Vitalleihe,  freie  19. 

vitreus  s.  auch  Glas  II  158. 

vitta  n  144.  150. 

vituli,  annotini,  iuvenci  153.   154. 

vivanda  325. 

vivarium  s.  Fischweiher. 

Vögte,  Vogtei  312.  399.    II  13.  35. 

92.  366.  372.  373. 
Völkerschaftsgemeindell  102.  104. 

105.   107.   116. 
Völkerwanderung  II  95.   103.  104. 

122.  214.  358.  365.  368. 
Vogel,  Walter  II  192.  193.  207. 
Vogelfang  in  silva  alterius  374. 
Volksadel  II  54.  69. 

—  bürgen  II  105, 

—  hufe  346.  347.  361. 

—  land,  altes  334.  346. 

—  recht  II  353.  359. 

—  rechte  II  54.  57.  68.  76.  77.  252. 
295.  298.  328.  359. 

Vollfreie  311.  319.     II  38.  49.  56. 

58.  79.   168. 
VoUhufe  359. 
Vorarlberg  II  180. 
Vormoor  20.  273.     II  44—46.  49. 

74-   79- 

28* 


—    436     - 


Vorwerke  156. 
üosago  Silva  170.  188. 

w. 

Waadt,  Grafschaft  297.   345.  352. 
Wachs  II  190. 

—  handel  II  200. 

—  kerze  II  47. 

—  lieferung  181.   182.     II  40, 

—  zins  n  41.  264. 

—  zinsigkeit  II  9.  40.  49.  50.  264. 
wacta  59.  64.  77.     n  226.  228. 
wadium  11  277. 

Währung  II  291.  299.  317.  322.  329. 

331-  335-  336. 
Waffen  11  197.  261.  262.  272.  275. 

—  ausfuhrverbote  11  142. 
Wagen  II  142.  215. 

Wahlafrid  (Strabo)  73.  II  151.  213. 
Wahrheitsversprechen    unter    Eid 

243- 
Waiblingen,  viUa  11  121.  122. 
Waitz,  G.  7.  15.  30.  42.  58.  60.  77. 

80.  81.  86.  91.  113.  125.  127  bis 

130.    143.    144.    157—163.    167. 

169.    172.    173.    178.    180.    191. 

198 — 200.    203.    204.    218.    228. 

231.    251.    273.    275.    277.    286. 

288.    299.    300.    306.    311.    313. 

315  —  317-    330-    333-    334-    338. 

339-    341—343-    348.    353-    357- 

363.  364.  366.  374.  386.     II  19. 

36.   44.    58.   64.   66.   67.   69.   86. 

103.   110.   III.  120.  128.   130  bis 

132.    136.    137.    184.    189.    197. 

214.    216.    219.    224.    226.    239. 

241.    250.    272.    283.    285.    291. 

296.    301.    303.    306.    331.    346. 

bis  348.  352.  353. 
Walahastad  (Chur)  II  231. 
Wald  63.  122.  136.  155.   170.  177. 

250.  273.  274.  304.  343.  350  bis 

352.    355-    359-364-    367-     373 

bis  375.  384—389-  391-  402.    II 

354.  364.  371. 

—  freie  Gebiete  267. 

—  hufen  351.  352.  355. 


Waldkolonie  352. 

—  marca  364.  393. 

Waldo,    Bischof   v.    Freising    (883 

bis  903)  220. 
Waldsassen,  Gau  (Fulda)  296. 
Walensee  II  202.  230.  231. 
Walkmühle  II  150. 
Wallfahi-er  II  367. 
Wallfahrtsorte  II  366. 
WaUis  II  156. 
Walter  163. 

Wanderzeit  ( Völkerwander. )  362. 
Wandilesheim  (Lorsch)  119. 
St.  Wandrille  (FontaneUa),  Kloster 

52.  67.   88.   118.  285. 
Wanka,  v.  II  200. 
waranio  77. 
Wardanc  (Prüm)  113. 
Waregang  II  79. 
Waren  186.    II  187.  190.  198.  201. 

205.    206.    211.    216.    233.     234. 

241,  247.  278.   286.  287. 

—  verkehr  II  247. 

—  Versendung  II  215. 
Wartmann  222. 
Wasconien  72. 
WasUiewski  II  199. 
Wasserleitung  II  214. 
Wattenbach,  W.  11  152. 
Wearmouth,  Kloster  II  153. 
Weber,  Max  342.  354. 
Weberei  II  145  —  150,  164.  169.  193, 

—  stuhle  II  164. 
Weerth  aus'm,  E.  II  143. 
Wegeli,  R.  II  151. 
Wehrgehenk  II  145.   151. 

—  Ordnung  335. 

—  pflicht  335. 

—  Verfassung  316. 
Weichsel  II  191. 

Weide  155.  361.  362.  376.  384  bis 

389.  402.     n  364. 
Weidewirtschaft,  nomadische  333. 
Weimann  393. 
Wein  n  192.   193.  200.  222.    229. 

232.    263.    265.    270.    275.    277. 

278.  281.  286.   326.  368.  369. 


—     437     — 


Weiniuhren  II  199.  221.  227. 

—  gärten,  —  gut  (vineae)  63.  77. 
208.  250.  258.  273.  277.  322. 
323.  364.     II  218. 

—  handel  324.  326. 

—  kelter  11  160. 

—  kultur  76. 

—  lese  n  165. 

Weinolsheim  (Weißenburg)  11  229. 
Weinschank  386. 
Weinshetin  (Worms)  178. 
W^eißenburg,  KJoster  75.  87.  89.  91. 

94.  104.  105.  107.  III  — 114.  116. 

206.    208.    210.    211.    219  —  221. 

246.    247.    262.    265.    271.    272. 

276.    280.    291.    300.    307.    323. 

330.  II  3.   7.  9.  40.  44.  49.   52. 

105.    142.    146.     157.     161.     164. 

165.    172.    180.    182.    185.    221. 

222.    227—229.    255.    256.    260. 

263.  265.  269.  271.  276.   349. 
Weistümerd.  später.  Ma.  380—382. 
Weizen  II  250. 

Weller  246.  267.  300.  304.  307.  309. 
Wels,  Stadt  i.  Oberösterreich  291. 
Wenck  86. 

Wendüsheim  (Lorsch)  119. 
Wenger,  L.  11  12. 
Werden,  Kloster  87.  iii.  237.  248. 

249.    263.    264.    267.    269.    280. 

283.  301.  307.  312.  320.  323.    II 

9.  44.  19S.  260. 
weregildus  96. 
Wergelder  22.   II   71.   76.    79— 85. 

176.    300.    304.    306.    328.    331. 

332.  334-  359- 
Werini  s.  Lex  Werinor. 
Werkhaus  s.  officina. 
Werkstätten  II  160. 
WemiinghofE,  A.  94.  270.  290. 
Werra,  Fluß  312. 
Wert   14.     n  242—248.  252.  259. 

263.    265.    269.    270.    272.    274. 

280.    302-307.    310.     332  —  334. 

368.  369. 

—  relation  II  292.  299. 


Werunsky  II  71. 

Weser,  Fluß  184.  304.     II  196. 

Westdeutschland  189. 

Westfalen  140.  248.  254.  278.  297. 

298.    301.    305.    308.    363.    388. 

393.     n  165. 
Westfrancien  42.  72.  76.  77.  87.  138. 

158.    160.    186.    193.    244.    261. 

276.    27S.    2S0.    323.    326.    360. 

400.    n  5.  10.  12.  15.  29.  30.  32. 

bis  35.   44.    50.   67.  86.    89.  90. 

94.  149.  157.  184.  209.  216.  230. 

248.    272.    273.    283.    286.    316. 

—  fränkische  Bischöfe  s.  Bischöfe. 

—  —  Messen  II  192. 
Westgoten  279. 

—  gotische  Formeln  s.  formulae 
Visigot. 

—  —  Recht  54. 
Westheim  195. 

Westhof en  (Weißenburg)  II  229. 

westrät  isch  II  156. 

Wetterau  296. 

TTich,  wiches  II  104. 

wie,  wiges  II  104. 

Widerspruchsrecht  der  Markgenos- 
sen gegen  Ausmärker  362.  368. 
369.  379.     II  53. 

Widolaicus  (St.  Wandrille)  11 S. 
286. 

Wien  n  241. 

—  Pfennige  II  313. 

Wiesen  37.  273.  337.  355.  360.  361. 

375.  376.    II  256. 
Wigmad,  Erzbischof  v.  Trier  (t79i) 

11  135- 
Wihc  s.  Vic. 

Wikinger  II  190.  192.  193. 
Wüda  II  136.  329. 
Wilde  Tiere  II  354.  371. 
Wüdland  306.   401.   402.     II  354. 

364.  365.  371. 
Wilfrid  episc.  Eborac.  II  203. 
Wiline  (Lorsch)  II  181.  262. 
Wükens  II  193. 
Wülehat,    Bischof   v.    Bremen   II 

21;. 


438     - 


S.  Willibald,  Bischof  v.  Eichstätt 
(c.  720)  II  202.  210. 

—  vita  S.  Bonifacii  II  194.  200. 
Wilman  II  326. 

Winchester,   Bistum  II    140,    149, 

152. 
Windisch,   Keltenort  a.   Rhein  II 

IIS- 
Winkler,  E.  47.  48.  77. 
Wintersaat  36. 
Winzer  285,     II  160. 
Wirtschaftsbetrieb  II  152. 

—  ertrag  153.   154. 

—  gerate  37.  38.   146.   153.   154. 

—  stand  89.  90.  154. 
Wismer  =  Wismar  II  113.   191. 
Witla,  abgekommen,  a.  d.  Mündung 

d.  Maas  II  193. 
Wittich,  W.  21.  22.   78.  249.  278, 

301.    305.    307.    308,     311.     314 

bis  320.  328.  329.  334.  358.   II  3. 

6.   7.    12.   SS.   59.   61-63. 
Wittmann  II  69. 
Wizenliu  (Lorsch)  120. 
Wochenmärkte  II  239. 
Wölfe  40.  43. 
Wolff  210.  211.     II  2S5. 
Wolffenbüttel  68.  96.  98. 
Wolfperht  (Mondsee)  106. 
Wollarbeiter  II  146. 

—  stoSe  II  145  — 147. 

—  Weberei  II  147. 

Wopfner,  Hermann  367.  369.  378. 

393- 
Worms,  Bistum  177.  182.  202.    II 
224.  226.  326.  357.  374. 

—  Burg  II  127. 

—  Gau  296. 

—  Gegend  276. 

—  Stadt  183.  185.  291.  II  103. 
106.  iio.  112.  I2S.  127.  131. 
137.  167.  176.  178.  193.  222. 
229.  231. 

—  Verordnung  Ludwigs  d.  Fr. 
(829)  221. 

Wormsfeldgau  297.  298.  344, 
Worringen,  civitas  a.  Rhein  II  115. 


Wucher  291.    II  251,  254.  277  bis 

288.  356.  369. 
Württemberg  246.  296.  307.  II  146. 

236. 
Würzburg,  Bistum  194—196.  274, 

297-  299-  365-  387-  389-    II  104. 

106.   109. 
Wüstland,  Wüstung  192.  302  .II 3S4. 
Uulfeasti    villa,  Wölfis   (Hersfeld) 

135. 
Wunstorf,     Kloster  345. 
Wyß,  Fr.  V.  II  125. 

X. 

Xanten,  civitas  II  115.   193. 
—  Jahrbücher  II  181. 
Xenodochien  s.  Fremdeniierberge. 


York  II  193. 


Y. 


Z. 


Zacharias,  Papst  II  106.    107. 
Zahlung  II  263  —  26s.  272.  304.  315. 

317-  330—333-  369- 

—  smittel  II  280. 

Zehent  33.  65.  66.    14s.   170.  275. 

292.      II  23  —  27.   87.   222.   230. 

270.  369.  373. 
Zehentbauer,  F.  II  281.  284. 

—  tafel,  Hersfelder  87. 
Zeidler  II  160. 
Zensualen  s.  censuales. 
Zent  s.  centena. 
Zentenare  s.  centenarii. 
Zentralhöfe  d.    Grundherrschaften 

291,     II  96.   1 12. 

—  Instanz  d.  Domänenverwaltung 
161.   166. 

Zentralisation  d.  Wirtschaftsorga- 
nisation 160. 
Zentralmärkte  184. 

—  Verwaltung  am  Hofe  164—166. 
Zerschlagung  d.  Hufen  s.  Teilung 

359- 
Zersetzung  d.  altgerman.   Freiheit 
116. 


439     — 


Zersplitterimg  d.  Königshöfe  151. 
Zettinger  II  194.  203. 
Zeugen  (Markgenossenschaft)  368, 
377-  378. 

—  beweis    im  Vindikationsprozeß 

374- 
Zeugnis,,  falsches  II  36.  39. 
Zeumer,  Karl  123.   131,   163.   172. 

270.  273.  334.     II  15.  49.    166. 

354- 
Zeuß  91.  94.    104.    105.    III  — 113, 

307- 
Zibermayr  102.  259. 
ZiegeUndustrie  II  157. 
Ziegenfelle  II  151.   152. 
Zimmer  II  4.  207. 
Zimmermann  II  157.   158. 

—  H.  II  341. 
Zinn  II  143. 

Zins  13.  79.  170.  176.  196.  197.  204 
255.  278.  314.  326.  327.  357 
360.  395.  II  22.  33.  40,  41.  44 
50.  51,  146.  161.  164—166.  180 
216.  222.  229.  232.  245.  246, 
263—271.  278.  280.  281.  285 
288.  337.  339.  340.  346.  347, 
350.  352.  365. 

—  Geld-  II  212.  271. 

—  bauern  279.     II  364. 

—  freiheit  II  94. 

—  gesetze  II  279. 

—  gut,  kgl.  192.  218.  II  220.  228. 
283. 

—  hufen  283.  355.  391.  394. 

—  land  193  —  196.  201.  255.  284. 
285.  317.  326.  327. 

—  leihe  194.  196.  286.     II  212. 


Zinsleute,  unfreie  328.     II  164. 

—  meier  279. 

—  pflicht  222.     II  221. 

—  verbot  II  278.288. 

—  Verhältnis  II  9. 

—  Versäumnis  d.  Prekaristen  282. 
Zlatina,  Ort  u.  Fluß  i.  Steiermark 

350- 
Zölibatäre  336. 
Zöllner  II  91.   128. 
Zösmair,  J.  86.     II  183.  200. 
Zoll  170.  326.     II   110— 117,    131. 

133'    194-    199—201.    207.    210. 

213—216.    234—241.    248.    267. 

342.    343.    345.    353.    356.    357. 

371- 

—  beamter  II  132.  201.  234. 

—  Politik  II  188. 

—  Privilegien  287—289.  326.  II 
112.  114.  116.  135.  169.  183. 
184.  195.  198.  203.  205.  207. 
213.  216.  233  —  235.  237.  239. 
372. 

—  Verwaltung,  kgl.  157. 
Zülpich  (Tolbiacum)  II  115.   116. 
Zug,  civitas  II  X15. 

Zunft  16.   17.  24.     II  177.   179. 

—  Verfassung  II  171. 

—  wesen  II  136. 

Zürich  256.     II  43.   115.  125.  269. 
Zungen,    f.  Schuhriemen  II  151. 
Zurückweisung  d.  Denare  II  316. 

321. 
Zweifelderwirtschaft  155. 
Zwentibold,  König  II  184.  326. 
Zwischenhandel  291.    II  193.  261. 
Zycha,  A.  II  186. 


Nachtrag 

zum   I.  Bd.  S.  155  f.: 

Die  neuestens  durch  H.  A.  Grimm,  Der  kaiserl.  Fiskus 
Kroev ,  ein  Beitrag  zur  Karoling.  Wirtschaftsgeschichte 
(191 7)  S.  7  und  64  aufgestellte  Behauptung,  daß  die  Kron- 
güter der  Mosel  durchweg  geschlossen  gelagert  waren  und 
noch  wesentlich  größere  Ausdehnung,  als  Lamprecht  an- 
nimmt, besessen  hätten,  erscheint  in  keiner  Weise  belegt, 
da  die  von  ihm  verwerteten  Quellen  durchaus  viel  jüngeren 
Zeiten  angehören  und  eine  Rekonstruktion  nicht  ohne 
weiteres  erlauben.  Für  die  Richtigkeit  meiner  Ausführungen 
vgl.  doch  auch  Grimm  a.  a.  O.  S.  52! 


WEIMAR.    HOF-BUCHDRL'CKEREI. 


\ 


UNIVERSITY  OF  T0R0N1 
LIBRARY 


DO  NOT 

REMOVE 

THE 

CARD 

FROM 

THIS 

POCKET 


S!©3