Die Wirtsehaftsentwieklung
der Karolingerzeit
vornehmlich in Deutschland
Alfons Dopsch
2. Teil
Mit Register für beide Teile
Zweite veränderte und erweiterte Auflage
Weimar
Hermann Böhlaus Nachfolger
1922
Inhaltsverzeichnis.
§ 8. Die soziale Entwicklung.
Die Lehre von der Depression der Gemeinfreien (K. F. Eichhorn)
S. I. — Die Traditionen an die Kirche 3. bereits seit langem im
Gange. 4. — Die Autotraditionen 5. äußerst spärlich 7. — Sie betreffen
Kleriker 8, oder Kinder- und Vermögenslose, sowie Verbrecher 10.
— Verknechtungen eine typische Sozialerscheinung aller Zeiten und
Völker 12. — Spezifische Eigenart der Quellennachrichten 14. —
Die Vorentwicklung (Merowingerzeit) 15. — Der Erfolg der sozial-
politischen Gesetzgebung Karls d. Gr. 17. — Die Kriegsdienstpflicht 18.
— Widerstände 20. — Minderbemittelte davon weniger betroffen 22.
— Der Zehnt 23. — Höhe und Träger der Abgabe 24. — Soziale
Retorsionsbewegungen, Flucht von Unfreien 27. — Freiheitsprozesse
29. — Coniurationes 30. — Dienstverweigerung 31. — Unrechtmäßige
Selbstbefreiungen 34. — Die Anziehungskraft der Städte u. Märkte 35.
— Die Freilassungen 36. — Statistik 37. — Eintritt in d. geistUchen
Stand 39. — Heiraten freier Frauen mit Servi 41. — Ersitzung der
Freiheit 42. — Zahlreiche Freie überall 44. — Geringe Vermehrung
der Leibeigenen 45. — Arten der Freilassung 46. — Niedere und
höhere 48. — Die große Menge der Hörigen daraus gebildet 50. —
Die grundherrschaftliche „Familia" 51. — Die soziale Bedeutung der
Grundherrschaften 53. — Das Ständeproblem 54. — Sachsen 55. —
Hecks Theorie (Nobiles = Gemeinfreie) 57. — Der Steilingaaufstand
59. — Die nachkarolingischen Verhältnisse 61. — Die NObiles 64. —
Altfreie und Neufreie 65. — Amtsaristokratie 66. — Der Kriegsdienst
67. — Verhältnisse in Bayern 69. — Verschiedenheit der Termino-
logie nach den Quellen 69. — Tendenz einzelner 71. — Leute un-
freier Abkunft = nobiles 74. — Die Wergelder 76. — Die Lex Saxo-
num 77. — Die Ewa Chamavorum 79. — Die Lex Ribuaria 80. —
Die Lex Angliorum et Werinorum 81. — Die Lex Salica 83. — Die
angebliche Bußreduktion unter K. Ludwig d. Fr. 84. — Lohnarbeit 86,
— Freie Tagelöhner 88. in Städten 89. — Die Heistalden 90. —
Ministeriales 91. — Milites 93.
§ 9. Das Städtewesen.
Die Theorie von dem Mangel an Städten 95. — Annahmen jün-
gerer Entstehung 96. — Die hofrechtliche Theorie 98. — Die Land-
gemeindetheorie 99. — Die Markttheorie 100. — Die Burgentheorie
loi. — Ansätze zur Städtebildung in vorkarolingischer Zeit 102. —
Die alten Römerstädte 103. — Die Vororte der Gau- und Völker-
— IV —
Schaftsgemeinden 104. — Volks- u. Fluchtburgen 105. — Die civitas
106. — castra 107. — Bischofstädte 108. — Die ottonischen Pri-
vilegien 110. — Der Markt iii. — Marktorte 112. — Kirchweih- u.
Klostermärkte 114. — Märkte bei den Burganlagen (castella) 115.
Diese sind größere Siedlungen 117. — Die Ummauerung 119. — cur-
tis regia u. c. publica 120. — villa 121. — oppidum u. vicus 122. —
Das deutsche Sprachgut 123. —Die Grundbesitzverteilung der Bevöl-
kerung in den Städten 124. — freie Grundeigner 125. — Grundbesitz des
Königs und der Kirche 126. — Die Vasallen 127. — Ministerialität 128.
— Die Unfreien 130. — Freie Lohnarbeiter 131. — Das Kauf leute-
recht 132. — Die rechtliche Stellung der Städte 133. — Die Fremden
133. — Stadtfriede und Königsfriede 134. — Markt-, Zoll- und Münz-
rechte 135. — Anfänge des Gilde- und Zunftwesens 136.
§ 10. Das Gewerbe.
Die Auffassung der Verkehrswirtschaft durch die herrschende
Lehre 137. — Die äußere Geschichte der Gewerbe: Metallgewerbe
139. — Eisen- 140. — Edelmetallbearbeitung 142. — Zinn 143. —
Kunstgewerbe 144. — Die Weberei 145. — Leinen- und Wollweberei
allgemein 147. — Luxus und Mode (England) 148. — Seidenindustrie
150. — Bekleidungsgewerbe und Lederarbeit 151. — Kürschnerei und
Glaserei 152. — Töpferei 154. — Baugewerbe 156. — Ziegelindustrie
157. — Holzgewerbe 157. — Orgelbau, Elfenbeinarbeiten 158. —
Malerei 159. — Nahrungsmittelgewerbe 160. — Verfassung und Or-
ganisation der gewerblichen Arbeit 161, — Das Fronhofshandwerk
162. — Landhandwerker 164. — Lohnwerk und Preiswerk 165. —
Freie Handwerker 167. — Außerhalb des Fronhofsverbandes 168. —
Der Bedarf nicht durch das grundherrliche Gewerbe gedeckt 170. —
Betriebsweise 171. — Die Gewerbe in den geistlichen Grundherr-
schaften (Prinzip der Klausur) 173. — Städte und Märkte 175. —
Handwerkerverbände 177. — Der Bergbau: Gold 179. Silber, Eisen
180. Blei 182. Salz 182. Meersalz 184. — Art des Betriebes 184.
§ II. Handel und Verkehr.
Die grundherrliche Theorie und der Handel 186. — v. Inama-
Sterneggs Auffassung 187. — Der nordische Handel 189. — Die
Friesen 192. — Die Sachsen 194. — Hamburg und Bremen 196. —
Der fränkische Handel 196. — Handel nach Venedig 198. — Der
bayrische Handel 199. — Schwaben 200. — Die Handelsstraße über
den großen St. Bernhard 202. — Der Nordosten Frankreichs 205. —
Die Messen der Champagne 205. — Der Süden Frankreichs 206. —
Italien 207. — Genua, Pisa und Amalfi 208. — Die Adria und Venedig
209. — Der Seehandel 210. — Handel und Wandel in der Gesetzgebung
211. — Die Zollgesetzgebung 213. — Die Römerstraßen 214. — Gesetz-
gebung über Maß und Gewicht 216. — Der Epistolarverkehr 216.
Passantenverkehr 217. — Die Schilderung der arabischen Reisenden
218. — Die fremden (Juden) 219. — Die Stellung der Grundherr-
— V —
Schäften 219. — Transportdienste (angariae) 220. — Parafredi 222. —
Die Post 225. — Die Scara 226. — Freie Transportorganisationen
230. — Der Handel der grundherrlichen Hintersassen 232. — Zwischen-
händler 233. — Zollbefreiungen 233. — Meßhandel 235. — Die Er-
richtung von Märkten 236. — Die kgl. Marktprivilegien 237. —
Der occursus 239. — Straßenzwang 241. — Stapelzwang 241. — Die
Preise 242. — DieTheorie von der Wertkonstanz 243. — Kritik der
Quellen 244. — Urbare und Prekarien sind keine objektiven Zeugnisse
246. — Freie Preisbildung 247. — Modepreise 248. — Liebhaber- und
Teuerungspreise 249. — Preissatzung 250.
§ 12. Die Geldwirtschaft.
Entstehung der geltenden Auffassung 252. — Die Quellen 254.
— Frequenz der Kauf- und Verkaufsgeschäfte an Immobilien 255. —
Bei den kirchlichen Grundherrschaften 257 und den weltlichen 258.
— Fahrniskauf 259. — Statistik der Kauf- und Verkaufsgeschäfte 260.
— Die Naturalzinse 262. — Tendenz der Alternativzinse 263. — Sub-
sidiarität der Geldleistung 265. — Fortdauer von Naturalzinsen 266.
— Die Zurückweisung von Münzen 268. — Umwandlung der Natural-
zinse in Geldleistungen 269. — Übergang zur Geldwirtschaft 271. —
Die Geldsteuern 272. — ao. Vermögenssteuern 273. — Armen- und Ab-
laßsteuern 274. — Barbestände an Gold und Silber allgemein 275. —
Die sog. Wuchergesetzgebung 277. — Keine weltlichen Wucherge-
setze 278. — Die Zinsverbote der Kirche 279. in vorkarolingischer
Zeit 281. — Die kirchliche Wuchergesetzgebung 282. — Das zins-
bare Darlehen und die Juden 284. — Die Wucherverbote gehen von
der Kirche aus 285, — Keine verkehrsfeindliche Tendenz der Karo-
linger 286. — Entstehung des Kapitalismus 287.
• § 13. Das Münzwesen.
Die ältere Lehre 289. — Doppelwährung, kein Übergang von
der Gold- zur Silberwährung 291. — Relation der Edelmetalle 291. —
Der Münzfuß 292. — Die Silbermünzung 293. — Pippins Maßnahmen
294. — Der Solidus zu 12 Denaren 295. — Bereits vor Pippin vor-
handen 297. — Der Denar der Lex Salica 297. — Die enorme Höhe
der Bußsätze 298. — Keine Bußreduktion unter Pippin 301. — Die
Substitution des Goldsolidus durch den Silberschilling beruht auf
deren Gleichheit 303. — Die Theorie von der Preisrevolution 304.
— Die Lex Ribuaria kein Beweis für den Übergang vom Gold- zum
Silberschilling 305. — Die Erhöhung des karoling. Pfundes durch
Karl d. Gr. 307. — Maß derselben 308. — Alle Theorien unsicher 309.
— Zeit der Reform 312. — denarii novi 313. — Justierung (denarii
probi atque pensantes) 314. — Priorität der Erhöhung des Denar-
gewichtes 315. — Zurückweisung der Denare 316. — Recht des
Aufwechsels. Geldpreise nach Gewicht 317- — Ursachen der Silber-
prägung 318. — Kein Mangel an Gold im Frankenreich 319. — Münz-
krise am Ende der Merowingerzeit 321. - Münzpolitik der ersten
— VI —
Karolinger: Groschenprägung 322. — Maßnahmen der Münzverwaltung
323. — Pfalzmünzen 325. — Münzverleihungen der Könige 326. —
Münzwesen der Friesen 327. — Die friesischen Denare 329. — Ein
neuer Erklärungsvorschlag 330. — Die Sachsen 332. — Goldschillinge
333. — Wergeidgleichung 334. — Ursachen der Goldwährung hier 335.
— Bayern, die Alemannen 335.
§ 14. Die Regalien.
Das Münzrecht 336. — Erfordernisse des neuen Handelsverkehrs
337. — Maß und Gewicht 338. — Keine Einheitlichkeit 339. — Stel-
lung der Städte dazu 340. — Markt und Zoll 342. — Judenregal 344.
— Fremdenregal 345. — Steuerregal 346. — Die Steuern sind nicht
verschwunden 347. — Belege aus Deutschland 348. — Osterstufa 349.
— Steuerfreiheit der Immunitäten 351. — Gerichts-, Straßen-, Strom-,
Forst-, Jagd-, Fischerei-, Ahmend-, Berg- und Fundregal 353. — Die
Wirtschaftspolitik der Karolinger 355. — Entstaatlichung am Aus-
gang des 9. Jahrhunderts 357.
Zusammenfassung.
Die Grundlagen : Träger der Wirtschaft nicht mehr gleich-
begüterte Vollfreie 358, — Der Einfluß der politischen Wandlungen
in der Merowingerzeit 359. — Grundherrschaften längst vorhanden 361.
— Deren wirtschaftliche Funktion 362. — Sozialer Aufschwung 363.
— Hufe und Mark 364. — Lohnarbeit und Verkehrswirtschaft 365. —
Städte und Märkte 366. — Gewerbe und Handel 367. — Luxus und
Mode, Preisbildung 368. — Geldwirtschaft 369. — Münzwesen 369. —
Regalien 371. — Die Feudalisierung der öffentlichen Gewalten 372.
— Wirtschaftliche Folgen davon 373. —
Register S. 375.
Nachtrag S. 440.
§8.
Die soziale Entwicklung.
Als eines der Hauptdogmen der deutschen Rechts- und
Wirtschaftsgeschichte kann man die Auffassung bezeichnen,
daß die Zeit der Karohnger eine allgemeine soziale Depression
des Standes der Gemeinfreien heraufgeführt habe, eine Er-
gebung unabhängiger Kleinbauern an die mächtig ausgreifen-
den großen Grundherrschaften.
Schon C. F. Eichhorn hat 1815, da er über den Ursprung
der städtischen Verfassung in Deutschland handelte, die
Gründe, welche besonders seit dem 8. Jahrhundert solche
Übertragungen veranlaßt haben, als „vollständig bekannt"
bezeichnet und auf die Kapitularien von 803 c. 16, 805 c. 15
und 16, sowie von 811 verwiesen,^) Er sprach bereits von
dem „Übertritt freier Leute in ein den Inhabern eines
mansus servilis ganz ähnliches Verhältnis" und führte darauf
die Entstehung der Hofrechte zurück. 2) Ein Hofrecht für
alle Hörige und Leibeigene, die in eine Curtis gehörten,
stelle bereits das Capitulare de Villis c. 3 dar.^) Es habe
sich dann noch im 9. Jahrhunderte „bald nach den Zeiten
Ludwigs des Frommen" mit dem „Eintritt so vieler freier
Leute in das Verhältnis der Hintersassen" auch für diese
ausgebildet.*) „Die Gemeinschaft des Hofrechts bewirkte
jedoch keine Verschmelzung dieser vormals freien Leute zu
einer Klasse mit den eigenthch hörigen und eigenen Leuten,
die schon früher unter dem Hofrecht gestanden hatten."^)
Wie die Herrschaft früher schon „nach der Natur der Immuni-
tä<"sprivilegien" „gar keine Veranlassung hatte, den Rechten
zu entsagen, welche sie vorher kraft des Hofrechtes über
^) Zs. f. geschichtl. Rechtswiss. i, 162 nr. 24.
*) Ebenda 166. ») Ebenda 187, ♦) Ebenda S. 202.
») Ebenda S. 208.
Do psch, Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit. II. 2. Aufl. i
— 2 —
einen beträchtlichen Teil der Einwohner ausübte", so erhielt
sie seit den Ottonen „durch die in ihre Hände gelegte
öffentliche Gewalt über die freie Gemeinde Mittel, sie auch
über diese selbst auszudehnen".^)
Bei dieser, vor nunmehr loo Jahren bereits aufgestellten
Theorie ist es bis in die jüngste Zeit geblieben. Ich habe
in der Einleitung schon gezeigt^), wie besonders G. L. von
Maurer und Landau ganz gleichzeitig (1854) dann das von
Eichhorn bereits in nuce Gebotene ausgestaltet haben. Mit
der Konzentration des vollfreien Grundbesitzes „in ver-
hältnismäßig nur sehr wenigen Händen"^) seien auch „der
voUberechtigten Grundbesitzer immer weniger und weniger
geworden".*) Wie bereits Eichhorn ^) haben auch Maurer^)
und Landau '') auf dieselben Kapitularienstellen wieder ver-
wiesen , welche den Mißbrauch der Amtsgewalt durch die
Gaugrafen zur Beraubung des Eigentums von Freien, den
Zwang zum Verkaufe desselben, sowie besonders die Aus-
nützung des Heerbannes zu einem schweren sozialen Druck
bezeugen. So schienen ihre Annahmen deutlich genug moti-
viert, zumal auch die zahlreichen Traditionen von Grund-
besitz an die Kirche sie zu bestätigen schienen. Man hat
sie daher als wohlbegründet immer wieder vorgebracht.
Auch V. Inama- Sternegg ^) und Lamprecht ^), anderseits
H. Brunner ^°) und A. Heusler^^) führen im wesentlichen
keine anderen Belege für diese so bedeutsamen Aufstellungen
an, als jene älteren Forscher. Denn, was man seit v. Inama
dann besonders auch betont hat, „das strenge Kompositionen-
system der Volksrechte", als „eine häufige Veranlassung
zur Verschuldung" und persönlicher Abhängigkeit ^2), darf
nicht eigentlich für dje Karolingerzeit in Rechnung gestellt
werden. Einmal' waren Hi^se Kompositionen ja, wie die
ji-ij> ;0' ZB;rf.ogescbteiithReehts^i^S.j?!ö2^2> nyb
*) .G. L. V. Maurer, Einleitung S. 211 ,u.-,2m. , *) A..a. 0.,2|k
■•) Vgl, auch Deutsche Staats- und Rechtsg. § 1109.
"«)-Einl. S. 2iof. '■-"^f Territorien sl iaf^. 'noi^DlrvhqaJj;
«) Grundherrschaftdn ai a. O; S..57ff. DWÖ/i, 246^'^ 'n- • 1
") DWL. I. I, 51 ff. u. DeUjtsche^.Qescl^. 2,.9^.,. , „ ■. ,^ \,
,'«) PRG, j, ;?o7, = I^ m-X^,J^ P^^^^^^e:y^ ä.|2.;,
*2) Grundherrschaften S.57, so auch Brunii^r^ RG^^,^2o^.^|= i", 297f.
-■.Vili.
— 3 —
Volksrechte dartun, schon seit mehreren Jahrhunderten da-
mals in Geltung ^), anderseits aber soll ja gerade zu Beginn
der Karolingerzeit eine so beträchtliche „Bußreduktion"
durch den Übergang zur Silberwährung und die Substitution
des alten Goldsolidus durch den neuen Silbersolidus ein-
getreten sein.^) Man berechnet sie doch auf 66 — 67% ! Die
Schwere des Kompositionssystems wird man also fürder hier
beiseite lassen müssen.
Aber auch die Traditionen an die Kirche bezeugen
nicht das, was man aus ihnen hat schließen wollen. Auch
sie hatten schon längst während der Merowingerperiode in
eben dem Maße stattgehabt, gleichwohl aber nimmt die
herrschende Lehre doch an, daß die Masse der Gemeinfreien
am Beginne der Karolingerzeit doch im ganzen noch in-
takt gewesen sei. Untersuchen wir nun die noch erhaltenen
Überreste von Weißenburg i. E., so ergibt sich für dieses
ca. 685/90 gegründete Kloster die überraschende Tatsache,
daß für die Merowingerzeit von 695 — 750, also für 5 5 Jahre,
77 Traditionen^), für die folgenden 120 Jahre der Karolinger-
zeit (750 — 870) aber nicht mehr als 186 Stücke*) überliefert
sind. Nimmt man hinzu, daß bei der in der 2. Hälfte des
9. Jahrhunderts erfolgten abschriftlichen Sammlung das Ma-
terial der älteren Zeit leicht bereits von Verlusten betroffen
sein konnte, so würde sich also für einen gleichen Zeitraum
im ganzen eine annähernd gleiche Menge von Tra-
ditionen hier und dort ergeben.
Man hat aber meines Erachtens bei der Beurteilung
dieser Verhältnisse noch eine andere wichtige Haupttatsache
gar nicht berücksichtigt. In den anderen Klöstern und
Hochstiften setzt die uns erhaltene Überliefe-
rung der Traditionen erst mit der Karolinger-
zeit überhaupt ein. Auch in solchen, die früher schon
bestanden haben, wie Lorsch und St. Gallen oder Freising.
Sicherlich waren einst da, ebenso wie in Weißenburg, auch
Traditionen in älterer Zeit bereits erfolgt. Vermutlich hat
^) Vgl. dazu auch Wittich, zur F'rage der Freibauern, Zs. f. RG.
22, 335 f.
*) Vgl. Brunner RG. i*, 322 f., sowie unten § 13.
') Zeuß, Tradit. Wizz. nr. i — 74. 235. 236. 237.
*) Ebenda nr. 75 — 234. 238 — 263.
— 4 —
der Gegensatz, in welchen die karolingische, durch Bonifaz im
römischen Sinne bestimmte Kirchenreform dann zu der älte-
ren iroschottischen Kirche und Mission immer mehr und mehr
getreten ist, das Interesse an der Aufbewahrung und Über-
lieferung ihres vorausgegangenen Kolonisations- und Missions-
werkes erkalten lassen.^) In Südostdeutschland aber (Altaich,
Freising, Salzburg) hat der Sturz der Agilolfingerherrschaft
dann wohl ähnlich gewirkt. Das Beispiel Salzburgs zeigt
deutlich, wie für die Ordnung der Besitzfragen jetzt eine
Neuaufnahme (Indiculus Arnonis c. 790) und daraufhin eine
Besitzbestätigung durch Karl erfolgte, welche die älteren Ur-
kunden entbehrlich machte. Stellenweise sind sie auch durch
äußere Umstände schon in der Zeit Karls des Großen ver-
lorengegangen, wie das z. B. für Lorsch urkundlich bezeugt
ist.^) Die Traditionen, welche das alte Kloster Reichenau
einst besessen haben muß, sind völlig verlorengegangen.'^)
Und auch in St. Gallen ist doch viel zerstreut worden und
abhanden gekommen.*) Sicher aber ist die uns heute nur
mehr zur Verfügung stehende Überlieferung des Mate-
riales an Traditionen ganz ungleichmäßig und ein-
seitig. Sie gibt über das, \vas vor der Karolinger-
zeit geschehen ist, nahezu gar keinen Aufschluß
mehr. Eben deshalb hat man wohl auch vielfach das, was
sie uns bezeugt, als eine Neuerung der Karolingerzeit an-
gesehen, ohne sich zu fragen, ob denn nicht vorher bereits
Ähnliches vorhanden war. Die ältesten Urkunden der Karo-
linger^), sowie jene der Merowinger^) für diese Klöster und
1) Vgl. Ebrard, Die iroschottische Missionskirche des 6., 7. und
8. Jahrh., S. 366ff., 4i9ff. Sehr fein hat neuestens Zimmer für Irland
selbst ausgeführt, wie die spätere, von Rom aus beeinflußte Zeit
mit ihren anders gearteten Interessen das Bild von den älteren
Zuständen zu verdunkeln suchte (Patricklegende!), Sitz.- Ben der
Berliner Akad. 1909, S. 605. Dazu auch Hauck, Kirchengesch. 1^^,4470'.
2) Vgl. DCar. 151 (779 — 84): cart^ per diver sa loca ^cclesi(i su(_
s. Nazarü perdit^ fuissent et natifragat^.
■*) Vgl. Brandi, Quell, u. Forsch, z. Gesch. d. Abtei Reichenau i, if.
*) Vgl. Wartmann in Einl. z. s. Ausgabe des Urk.- Buches i,Vf.
•') Vgl. z.B. DCar. i24f. Kievermunt (779); i48f- Trier; 151 f.
Lorsch (779—84): 168 f, Salzburg (790).
•) MG. DD. Merov. nr. 53 (681); 56 (687); 69 (696); 85 (716); 90
(718) u. a. m.
— 5 —
Hochstifte setzen voraus, daß dieser Prozeß tatsäch-
lich bereits lange im Gange war. Die Formeln für
Urkunden königlicher Besitzbestätigungen und Appennes,
die schon in der Marculfischen Sammlung sich finden^), sind
ein weiterer Beleg dafür. Aber auch die ältesten Immunitäts-
formeln weisen darauf hin.^)
Gewiß wurde in der Zeit der Karolinger der Kirche
sehr viel tradiert. Besonders da immer neue Klostergrün-
dungen unternommen wurden. Allein es wäre völlig ver-
kehrt anzunehmen, daß solche Traditionen nicht auch früher
schon in großer Anzahl erfolgt seien. Für Westfrancien
braucht nur auf die Säkularisationen unter Karl Martell und
Pippin hingewiesen zu werden. Sie waren nur möglich,
weil die Kirche damals schon große und zahlreiche Zu-
wendungen erfahren hatte. Und in Bayern weist der Vor-
behalt der Agilolfinger, daß gewisse Schenkungen an die
Kirche von ihrer Zustimmung abhängig sein sollten, doch
auf die gleiche Erscheinung.^)
Ferner aber ist die ältere und häufig noch anzutreffende
Anschauung, als ob gleichzeitig mit diesen Traditionen eine
Ergebung der Person selbst erfolgt sei, Autotradition,
und auf diese Weise zahlreiche Freie zu Hörigen herab-
gesunken seien , tatsächlich nicht zutreffend. Caro ist ja,
wie bereits im i. Bande dieses Werkes angedeutet wurde*),
zuerst gegen die herrschende Lehre von einer allgemeinen
Depression der Freien in der Karolingerzeit aufgetreten.
Er hat an dem reichen Urkundenmateriale von St. Gallen
') MG. FF. 6s nr. 35: omnes facultates ipsius monasterii, quicquid
aut regia conlationem mit privatorum munerc vel antecessores abbatis
seu et domni lui ibidem est legaliter atquesitum ... Ib. 64 nr. 34: omnia
instrumenta cartarum, quod ipsi vel parentes sui habtierunt, tarn quod
ex munificentia regu?n possedit, quam quod per vindicionis, cessiones
donationes commutationesque titiilum habuit . . .
-) MG. Marculf I nr. 3 : atit regi(a) aut privatorum largitate con-
ialas, sowie 4: vel quod a Deo timentis hominebus ibidem inanten
äeligabantur.
") Vgl. Löning, Das Kirchenrecht im Reich der Merowinger
S. 665, Dazu aber auch Brunner in Sitz.- Ben d. Berliner Akad.
J885 S. 1183, sowie meine „Grundlagen" 2, 269 flf.
*) I, S. 17 ff.
— 6 —
gezeigt, daß „die urkundlich nachweisbaren Fälle der Er-
gebung von Freien in das mundiburdium des Klosters
keineswegs zahlreich seien, daß „durch solche Akte der
Stand der Freien sich nicht wesentlich vermindert haben
dürfte".^) Er führte aus, daß „in der überwiegenden Mehr-
zahl der Fälle die Tradenten nicht all ihren Besitz hingaben,
sondern nur einen Teil desselben.'^) Ich möchte dem aber
gleich noch eine weitere Beobachtung hinzufügen. Liest
man die Zahl der St. Galler Traditionsurkunden aufmerk-
sam durch, so kann auffallen, wie häufig, ja geradezu formel-
haft der Fall vorgesehen wird, daß der Tradent oder dessen
Seitenverwandte — sie waren also kinderlos! — in das
Kloster eintreten sollten.^)
W. Wittich hat dasselbe für Sachsen und dann ganz
allgemein behauptet*), für Bayern aber haben Bitterauf •'^),
Fastlinger^) und Gutmann'') Ähnliches angenommen. Auch
Äußerungen Seeligers^) dürfen hier mit eingereiht werden.
Wohl sind diese Darlegungen nicht ohne Widerspruch auf-
genommen worden. So hat v: Inama- Sternegg in der
2. Auflage seiner Deutschen Wirtschaftsgeschichte es als
„eine arge Verkennung der ganzen Sachlage und des durch
die Quellen tausendfältig bezeugten Prozesses der Zersetzung
der altgermanischen Freiheit" bezeichnet, „wenn neuerdings
wieder von verschiedenen Seiten für verschiedene Gegenden
der Fortbestand eines breiten Freienstandes behauptet
wird".^) Er nimmt nach wie vor an, daß im 9. Jahrhundert
*) Studien z. d. älteren St. Galler Urkunden, Jb. f. Schweizer.
Gesch. 26, 261, sowie Jb. f. Nat.-Ökon. u. Statistik 76, 492.
■-) Jb. f. Schweizer. Gesch. 27, 346 f.
■■•) ÜB. V. St. Gallen nr. 12. 44. 45. 72. 222. 223. 307. 311. 314. 352.
363. 368. 372. 393. 406. 407. 416. 432. 442. 443. 470. 485. 505. 507. 512. 529.
572. 607. 639. 768 u. a. m., ähnlich Züricher ÜB. i n. 124.
*) Die Frage der Freibauern, Zs. d. Savignystift. f. RG. 22, 267.
■') Quell, u. Erörter. z. bayrischen u. deutschen Gesch., N. F. 4,
Einl. LXXX.
•') Die wirtschaftliche Bedeutung d. bayr. Klöster in d. Zeit der
Agilulfinger S. 39 f.
'') Die soziale Gliederung etc. S. 242 ff.
*) Die soziale und politische Bedeutung der Grundherrschaft
im früheren Mittelalter S. 135 ff.
«) DWG. I-, 355 n. r.
— 7 —
eine allgemeine Depression des Freienstandes Platz gegriffen
habe, und zwar „so stark, daß am Ende der Karolinger-
periode auch von den besseren Freien nur mehr ein ver-
hältnismäßig kleiner Teil übrig war, während die Mehrzahl
auf dieselben Bahnen des sozialen Niederganges gedrängt
wurde, auf welchen ihnen die minderen Freien schon ge-
raume Zeit früher vorangeschritten waren". ^) Ja, er behauptet
hier geradezu: „Am Schlüsse der Karolingerzeit ist der
Stand der Freien, soweit er überhaupt erhalten geblieben
war, zum großen Teile bereits in ein Schutz- und Abhängig-
keitsverhältnis zu größeren Grundherren gekommen."^)
Auch die Rechtshistoriker haben meist die ältere An-
schauung festgehalten. So H. Brunner ^), so auch R. Schröder-'^)
und U. Stutz.*) Wittich hat nun letzterem gegenüber bereits
betont, daß die Zeugnisse für solche Ergebungen tatsächlich
recht spärlich, und zumeist westfränkischen Formelsamm-
lungen entnommen seien. Er hat sich die Mühe nicht ver-
drießen lassen, an Stelle einzelner Ouellenzitate statistische
Nachweise treten zu lassen. Eine Auszählung der großen
Masse von Lorscher Traditionen hatte ein überraschendes
Ergebnis : Unter 3650 Stücken fanden sich bloß 5 Autotradi-
tionen !^) Ich habe nun die Fuldaer Traditionen und jene
von Weißenburg, sowie Mondsee ausgezählt. In ersteren
sind nach dem Druck von Dronke unter 655 Nummern
bloß 2^), in Weißenburg unter 274 bloß ein Stück'') zu finden,
die von solchen Autotraditionen berichten. In dem Mondseer
Traditionskodex begegnet in dem älteren, der Karolinger-
zeit zugehörigen Teile unter 138 Nummern eine einzige
Autotradition und diese betrifft augenscheinlich eine Person,
die selbst ins Kloster eintrat.^)
») DWG. i\ 354 = I. Aufl. S. 260. •-) DRG. i-, 299 f. u. 354.
*) DRG. 5. Aufl. S. 228.
*) Vgl. Zs. d. Savignystift. f. RG. 20, 326.
^) Ebenda 22, 342 n. 3.
«) Dronke, Cod. Dipl. Fuld. nr. 189 (z. Z. Karls d. Gr.). 419 (823);
im ersteren Falle tritt die Tradentin in ein Kloster ein!
^) Zeuß, Tradit. Wizz. nr. 51.
») ÜB, d. L. ob d. Enns i, 75 nr. 126: fradidi ego a presentc
die, nl ego loctim mciini kabeatn in ipso mona sterio.
— 8 —
Die Freisinger Traditionen weisen zwar mehr solche
Ergebungen auf. Allein auch sie beweisen tatsächlich nicht
das, was man früher daraus hat entnehmen wollen. Schon
Fastlinger hat, indem er auf die geringe Anzahl der Auto-
traditionen (17) hinwies, betont, daß es sich dabei „meistens
um die Gegenleistung lebenslänglicher Versorgung seitens
des Klosters gehandelt" habe.^)
Sehr treffend hat dann Gutmann einen Unterschied da
gemacht, indem er von einer symbolischen Autotradition
sprach.^) Tatsächlich können die zahlreichen Fälle der Er-
gebung von Personen, die entweder schon Kleriker waren
oder in das betreffende kirchliche Institut eintraten^), nicht
als Beweise für die herrschende Lehre angesehen werden.
Denn ein solcher Tradent wurde ja, wie Gutmann richtig
bemerkte, „nicht Grundholde und damit weltlicher Untertan
der kirchlichen Territorialherrschaft, sondern fand als aktives
Glied der hierarchischen Organisation Aufnahme in das
geistliche Leben der Kirche. Er stellt sich als Kleriker
unter die disziplinare Ordnungsgewalt der Kirche". Diese
Ergebungen bedeuteten keine soziale Depression der Voll-
freien, da Priester und Mönche ja frei sein sollten und sie
ja auch ihren sozialen Rang nicht vererbten.*)
Wirkliche Autotraditionen, bei denen es sich nicht um
Kleriker oder in den Klerus Eintretende handelt ^), kommen
aber auch in dem Freisinger Material äußerst selten nur
vor.®) Ja die Zahl der dafür noch restierenden Fälle wird
eine beträchtliche Minderung weiters erfahren müssen durch
eine Beobachtung, die ich hier vorlegen möchte. Wieder-
holt können wir nämlich — - und das gilt nicht nur von den
Freisinger Traditionen — feststellen, daß Tradenten doch
Kleriker waren, obzwar es aus dem Kontext der Tradition
selbst nicht hervorgeht. So übergab am 10. Mai 828 ein ge-
wisser Fritilo sein Eigen und sich selbst an Freising.') Zu-
0 A. a. O. 40. Vgl. Bitterauf nr. 404. ^j A. a. O. S. 242.
*) Vgl. dazu auch die Zusammenstellungen bei H. Bikel, Die
Wirtschaftsverhältnisse des Klosters St. Gallen 1914 S. ssff.
*) Richtig Gutmann a.a.O. 243 f. ') So Bitterauf nr. 1 71' 346.
") Bitterauf nr. 230. 386 b. 388. 668. 715 b.
') Bitterauf nr. 560.
— 9 —
fällig besitzen wir noch eine andere Traditionsnotiz vom
12. Mai 828, aus der sich ergibt, daß Fritilo Priester war.^)
Mitunter können wir das aus der Überschrift im Traditions-
buche bloß entnehmen.^) Das kommt nun aber auch bei
Autotraditionen vor.^)
Nach diesen Feststellungen werden nun auch die Nach-
richten wohl anders zu bewerten sein, die sich in den Salz-
burger Breves Notitiae finden. Wenn es in diesen ganz
kurzen Auszügen aus Traditionsurkunden, die keine
sichere Wiedergabe des juristischen Gehaltes dieser selbst
darstellen*), wiederholt heißt „N. tradidit segnet ipsum et
proprietatem suam^'"), so erscheint die Möglichkeit nicht
ausgeschlossen, daß es sich auch da um Fälle handelt, die
zugleich einen Eintritt der betreffenden Personen ins Kloster
in sich schlössen.
Diese ganz unbestimmten Nachrichten müssen mit um so
größerer Vorsicht aufgenommen werden, als sich an anderen
Stücken, deren genauerer Wortlaut erhalten ist, erkennen
läßt, wie verschieden solche Traditionen in ihren Folgen oft
waren. Tradidit se ipsum bedeutet keineswegs immer
eine Verknechtung. Es wird auch verwendet bei dem Ein-
tritt in ein bloßes Zinsverhältnis, z. B. die Wachszinsigkeit,
wobei mitunter ausdrücklich betont wird: ut de cetcro libcri
permaneant. So bei Werden®), also im sächsischen Rechts-
gebiet, so auch bei Weißenburg im Elsaß. Das einzige Stück,
welches in dem reichen Schatz von Traditionen dort (265)
von der Ergebung ex Übertäte handelt, betrifft eine Frau,
die sich „ad muntburgium'' dem Kloster tradiert. Sie trägt
ihre gesamte Habe zugleich auf, darunter auch 2 genannte
Mancipia.'') Offenbar war sie kinderlos und wollte sich
eine Altersversorgung sichern. Gerade für Bayern hat schon
Bitterauf sehr zutreffend an der Hand von Freisinger
Traditionen ausgeführt: „Die Kommendation, die Ergebung
') Bitterauf nr. 561.
"") Vgl. ebenda nr. 432 ; ferner ebenso Tradit.Wizz. (cd . Zeuß) m. 1 72 .
») Vgl. Bitterauf nr. 61 (773).
♦) Siehe im i. Band S. 102 ff. *) Salzburger ÜB. «, 37^^-
*) Kötzschke, Rhein. Urbare 1, 34 § 10 (887).
'} Tradit. Wizzenburg. nr. 51 (830).
— lO —
in den Schutz eines Herrn , begründete an und für sich
noch keine Veränderung des Standesverhältnisses. ^) Es
war eine Kommendation, wie solche auch in den Urkunden-
formeln aus Westfrancien bezeugt sind.^) Sie hob aber die
persönliche Freiheit des Kommendierten keineswegs auf.
So heißt es in der zitierten Formel aus Tours ausdrücklich:
dum ego in capud advixero, i?igemtili ordine tibi servi-
cium vel obsequiuni inpendere dcbeam . . .^) Eine ganz ähn-
liche Formel kommt ja auch in königlichen Schutzprivilegien
für Klöster vor.*)
Wird hier immerhin noch die Bezeichnung tradere
vel commendare gebraucht, so hat eine Immunitätsurkunde
für Italien doch auch schon sprachlich dem Rechnung ge-
tragen und genauer differenziert. Indem sie über die Güter
handelt, welche von freien Leuten urkundlich tradiert worden
sind, spricht sie dann nicht auch von einer Autotradition
der Person, sondern verwendet dafür, obwohl die Fassung
dadurch recht uneben wird, eine abgeschwächtere Be-
zeichnung.^)
Diesen „Ergebungen" weiden wir also kaum
jene sozialen Groß- und Fern Wirkungen zu-
schreiben dürfen, welche man ganz generell für
die Karolinger zeit angenommen hat. Wir sehen,
es sind meist Priester und Mönche oder solche, die es werden
wollen^), ferner Kinderlose, die eine Altersversorgung sich
zu sichern trachten''), oder endlich völlig Vermögenslose,
die sich, wie die Formel von Tours deutlich macht, kommen-
^) Quell, u. Erörter. z. bayer. u. deutschen Gesch., N. F. 4. Eini.
p. LXXX. Siehe auch des näheren das am Schlüsse dieses Para-
graphen über Freilassung Gesagte.
^) MG. FF. 158 nr. 43 (Turon.) : Qui se in altern/ s potestale
commendat. Vgl. dazu auch Brunner, RG. i-, 363 n. 47.
') Dazu Ehrenberg, Kommendation u. Huldigung, S. 139.
*) Vgl. MG. DCar. 2 (752): semetipsiim et illatn coiigregationem
sanclam . . . et omnes res eorum in manu nostra pleniter commendavit.
*) Mühlbacher Reg.'- nr. 1221: de rebus vero, que a liberis homitii-
hus per sirtitnenta cartarum tradite fuerinf, eiiam et setnet ipsos
ibidem sociaverint . . .
*) So auch Passau Mon. Boica 28, 31.
') Ebenda 29 nr. 31, vgl. auch im i. Teile S. 216 f.
— II —
dieren, um damit Lebensunterhalt und Kleidung zu ge-
winnen.^) Durchaus Elemente also, durch deren „Ergebung"
der Stand der vollfreien Grundeigner kaum ernstliche Ein-
buße erlitt.
Hierher möchte ich auch jene, wie es scheint, nicht
seltenen Fälle der Ergebung von Vermögenslosen stellen,
die infolge Diebstahles^) oder Mordes ihr Leben verwirkt
hatten, da sie keine Buße bezahlen konnten.^) Durch Selbst-
verknechtung (obnoxiatio) konnte der Schuldige sich der
ihm drohenden Todesstrafe entziehen, er wurde von seinem
neuen Herrn losgekauft (redemturia).*)
Auch diese Urkunden wird man, glaube ich, ausscheiden
müssen, wenn man jenen sozialen Prozeß quellenkritisch be-
handeln will. Sie waren es ja vornehmUch, die man als Zeugnisse
dafür vorbrachte, wie schwer sich das Bußen- und Kompo-
sitionssystem sozial fühlbar machte.^) Aber Diebe, Mörder
und sonstige Verbrecher, die wegen ihrer Schuld schweren
Kompositionen verfielen, darf man meines Erachtens hier
ebensowenig als typisch für die soziale Resistenzfähigkeit der
ganzen Klasse gemeinfreier Grundeigner hinstellen, wie die
gänzlich Vermögenslosen, welche ein anderer Teil jener
Quellenbeiege für Verknechtung in den Formeln betrifft.®)
So bleiben also jene Zeugnisse noch übrig, welche von
einer widerrechtlichen und gewaltsamen Verknechtung der
Freien durch die Grafen u. a. öffentliche Beamte, sowie die
Grundherrschaften sonst Nachricht geben. Die Tatsache ist
ganz unzweifelhaft bezeugt und unanfechtbar. Ja, man wird
die Zahl der seit Eichhorn vorgebrachten Quellenstellen''),
die solches melden, noch ungleich stärker vermehren können.
^) ego mtnime habeo, iinde me pascere vel vestire dcheam, ideo petii
p. V. et mihi decrevit voluntas, ut me in vestrum mundobvrdum tradere
vel commendare deberem. Vgl. auch für Mondsee ÜB. d. L. ob d. Enns
I, 58 nr. XCVI; Regensburg: Ried, Cod. dipl. i, 69.
"-) Vgl. Form. Senon. 6 (Obnoxiatio) MG. FF. 211.
*) Vgl. Form. Arvern. 5 (Redemturia), ib. 31 u.Marculf 2 nr.28 ib.93.
*) Vgl. dazu Brunner, RG. 2, 442 f.
») InamaWG. 1,246 = I^336f. Brunner RG. i, 206 = i-, 298 n. 24.
*) Vgl. Inama WG. i, 244 n. 3.
") Siehe oben S. if.; dazu auch W. Sickel, Die Privatherrschaften
im fränk. Reiche, Westdeutsche Zs. 15, 150fr.
— 12 —
Nicht nur die bekannten und immer wieder zitierten Kapitu-
larien kommen da in Betracht, auch Formeln^) und Urkun-
den^), sowie Konzilienbeschlüsse ^) und erzählende Quellen*]
treten noch ergänzend hinzu. Es ist schon von Wittich
mit Recht bemerkt worden, daß diese Zeugnisse vornehmlich
Westfrancien betreffen. Aber auch — so können wir er-
gänzend hinzufügen — Italien.^) Gebiete also, wo die großen
Grundherrschaften stärker ausgebildet waren. Auch an eine
Nachwirkung römischer Verhältnisse könnte man gerade
dort wohl denken.**)
Jedoch hat man diesen Tatsachen, glaube ich,
eine viel zu große Bedeutung beigemessen. Auch
hier hat man viel zu sehr generalisiert und angenommen,
dieser Prozeß habe sich ganz gleichmäßig und mit un-
gehemmtem Erfolg zu einer allgemeinen sozialen Depression
rasch entwickelt. Vor allem aber ist meines Erachtens die
Grundthese ganz unrichtig, als ob diese Vorgänge der
Karolingerzeit eigentümlich und infolge der poUtisch -wirt-
schaftlichen Bildungen jetzt erst zustande gekommen wären. '^)
Vielmehr lassen sich, wie die neueren Forschungen dargetan
haben, ganz dieselben oder analoge Erscheinungen
des sozialen und Wirtschaftslebens zu allen Zeiten und
in allen Ländern nachweisen. Sie werden jetzt für das
alte Griechenland bereits angenommen ^), sie sind sicher im
hellenistischen Ägypten vorhanden^), und dann besonders
^) Vgl. z. B. Form. Marcultin. aevi Karo), nr. i8, MG. p. 120; Im-
perial, nr. 5 MG. p. 291; nr. 9 ib. 293; nr. 14 ib. 296; nr. 51 ib. 324; 53
ib. 325. Morbacens. nr. 4 ib. 330. San Gallens. Miscell. nr. i ib. 380.
-) Vgl. Mühlbacher Reg.- nr. 1630— 1633 f. verschiedene italie-
nische Empfänger.
') Vgl. z. B. Concil. Risbac. 798 (Baiern) MG. Concil. 2, 200, i ;
Chälons (813) ib. 282 c. 45; Tours (813) ib. 292 c. 44.
*) Vgl. die (kl.) vita Hludow. I c. 13; MG. SS. 2, 593.
") Vgl. MG. Capit. 2, 88 (855).
•) Vgl. Garsonnet a. a. O. S. 284 f. und W. Sickel, Die Privat-
herrschaften im fränk, Reiche, Westdeutsche Zs. 15, 167 n. 94.
') So zuerst Eichhorn a.a.O. S. 167.
*) Vgl. Ed. Meyer, Gesch. d. Altertums 2, 305 §200 ff.
") Vgl. M. Rostowzew, Stud. z. Gesch. d. röm. Kolonates, Arch. f.
Papyrusforsch, i. Beiheft (1910) S. yiff., auch L. Wenger in d. Kultur
der Gegenwart IT. 2. i, 189.
zur Römerzeit dort ^) und auch in Kleinasien 2) sowie ander-
wärts noch mit einer geradezu überraschenden Ähnlichkeit
der Einzelzüge erkennbar (4. — 6. Jahrhundert).') Aber auch
unter der päpstlichen Verwaltung sind sie auf dem Patri-
monium S. Petri in Sizilien am Ausgang des 6. Jahrhunderts
wiederzufinden*), und im Merowingerreich begegnen wir
ihnen ebenso unzweideutig. Sie sind aber auch später —
das soll besonders betont werden — in den Zeiten der
glücklichsten Wirtschaftsentwicklung Deutschlands doch vor-
handen. Ich verweise nur auf die zahlreichen Urkunden-
fälschungen des 12. Jahrhunderts, die gegen den schweren
wirtschaftlichen Druck von selten der Vögte sich richten^),
der durch die widerrechtliche Ausnutzung ihrer Gerichts-
bzw. Steuer- und Distriktionsgewalt (Fronden) bedingt war
und auch durch ihr militärisches Aufgebotsrecht (Heerbann;
z. T. hervorgerufen wurde.*) Die sogenannte Constitutio de
expeditione Romana verdient unter den Dienstrechten von
damals besondere Beachtung. Die Acta Murensia, ein früher
viel zitierter Beleg für solche Verknechtung''), gehören, wie
wir heute wissen, ihr eben an.^}
Es kann kein Zweifel sein: das sind keine etwa durch
die Eigenart der Verfassungs- und Wirtschaftsentwicklung
karolingischer Zeiten bedingten sozialen Ereignisse, sondern
wiederkehrende typische Begleiterscheinungen bestimmter
wirtschaftlicher und verfassungsrechtlicher Bildungen über-
') Rostowzew S. 218 u. 227 ft'., früher auch sclion Garsonnet,
Hist. des locations perpetuelles S. 156 ff.
^) Rostowzew a.a.O. S. 302f., 311 u. zusammenfassend 390 ff.
*) Vgl. z. B. Grenfell and Hunt, The Oxyrhynchus Papyri P. i
(1898) p. 211 nr. 135.
*) Vgl. die Mandate Papst Gregors d. Gr. vom J. 591: MG. Epp.
I, 53 u. 61 ff.
') Vgl. meine Ausführungen im Anschluß an die St. Maximiner
u. Ebersheimer Urkundenfälschungen. Mitt. d. Instit. 17, 25 ff., sowie
19, 607 ff.
•) Vgl. meine Darlegungen über Steuerpflicht u. Immunität im
Herzogtum Österreich. Zs. d. Savignystift. f. RG. 26, 17.
') So Eichhorn DRG. i § 195.
*) Vgl. H. Hirsch, Die Acta Murensia. Mitt. d. Inst. 25, 209 ff.
— 14 —
haupt, und zwar vornehmlich der großen Grundherrschaften
und der Feudalisierung öffentlicher Gewalten.^)
Ferner darf auch nicht übersehen werden, daß die
Klage über Bedrückung der Armen durch die Reichen und
Mächtigen eine seit alters beliebte Phrase der Moralprediger
gewesen ist. Schon Beaudouin hat gegenüber den von
W. Sickel zitierten Belegen nebenhin bemerkt, daß dies z. T.
rhetorische Phrasen sind, die schon im alten Israel vor-
kommen und deren sich mit Vorliebe die Kirchenväter
wieder bedienten.^)
Und in der Tat. Liest man z. B. die Beschlüsse der
Synode von Resbach (798), die auch einen Beleg für jene
Bedrückungen der Freien und Armen enthalten ^), so klingt
dies sehr deutlich an die bekannten Stellen der Schrift an
und verliert damit viel an konkreter Bedeutung.
Gerade jene erzählenden Quellen aber, die von der
Aussendung besonderer Kommissäre durch Ludwig den
Frommen nach Antritt seiner Regierung und der Abstellung
zahlreicher Widerrechtlichkeiten berichten, sind offen-
sichtlich zugunsten des Kaisers gefärbt, was schon
Mühlbacher bemerkt hat.*) Ich vermag ihnen daher — trotz
der bekannten Formel (Mühlbacher nr. 560) — nicht jene
entscheidende Bedeutung zuzuerkennen, wie dies neuestens
doch selbst H. Brunner noch getan hat.^)
Solche Gesandte sind zudem 'auch vor 800 gelegentlich
ausgeschickt worden und fanden, wie das jede außerordent-
liche Kontrolle der Verwaltung wohl zu allen Zeiten ergeben
^) Vgl. dazu auch G. Caro, Probleme der deutschen Agrargesch.
Vierteljahrschr. f. Soz. u. WG. 5, 433 ff.
*) Etudes sur las origines du regime feodal. La recommanda-
tion et la justice seugneuriale. Annales de l'enseignement superieur
de Grenoble i, 114 n. i (1889).
^) MG. Concil. 2, 200 c. IX; anima auteni sacerdotis pro grege
ponenda est, ut facientibus mala cum summa audacia resistere, oppressos
liberare de manu potentis, propter pauperes et viduas et orphanos contra
iudicem se erigere, et si eos viderit contra legem oppressos, hoc dicere non
recuset. Absque ullo timore debet admonere iudices , ut cessent a malis
operibus et contra legem pauperes non praesumant premere.
*) Reg.* nr. 519k. ») DRG. I^ 300.
— 15 -
hat, zahlreiche Mißbräuche in dieser vor.^) Ich betone
übrigens, daß man die Bedeutung der Formel nicht über-
schätzen dürfe, da die ältere Auffassung Th. v. Sickels, daß
diese Sammlung möglicherweise bloß zum Unterricht an
der Hofschule in St. Martin-Tours zusammengestellt worden
sei'^), neuerdings nach den Untersuchungen E. Stengels^)
nicht mehr so unwahrscheinhch gelten kann, als Zeumer
meinte.*) Die von ihm gewählte Benennung „Formulae
Imperiales" erweist sich doch nicht als ganz treffend und
kann über die Bedeutung derselben für die kaiserliche
Kanzlei leicht irrige Vorstellungen erwecken.
Die Karolinger übernahmen auch hier bereits
eine deutlich ausgeprägte Entwicklung aus der
Merowingerzeit. Gerade jene westfränkischen Formel-
sammlungen, in welchen Fälle der Verknechtung sich häufiger
finden, gehören unzweifelhaft noch in die Merowingerperiode.
So die von Angers^), die Formulae Arvernenses®), Marculfi''),
Turonenses^), Senonenses^), Visigothicae.^") Ja, es kann
auffallen, daß demgegenüber gerade die jüngeren Formeln
und jene, die in Deutschland entstanden sind, entschieden
weniger solche Stücke aufweisen. Ich finde solche — da
die sogenannten Formulae Imperiales ^^) auch nach West-
francien gehören — nur in den Formulae Augienses einmal! ^^)
Ganz dasselbe bezeugen aber auch die Kapitularien.
Schon in dem berühmten Edikt Chilperichs (561 — 84) werden
Bestimmungen gegen die Willkür der Grafen getroffen.
') Vgl. die Paraenesis ad judices Theodulfs vom Jahre 798,
Dazu G. Monod in Revue histor. 35, i ff .
-) Urk.-Lehre d. Karolinger I §4^, S. 116 ff.
') Diplomatik d. deutschen Immunitätsprivilegien S. 11 ff.
*) MG. LL. V (Formulae) p. 285.
") MG. FF. 5 nr. 2; 6 nr. 3; 10 nr. 19; 12 nr. 25.
'■) Ebenda 31 nr. 5. ') Ebenda 93 nr. 28.
") Ebenda 140 nr. 10. ") Ebenda 187 nr. 4; 211 nr. 6.
1") Ebenda 589 nr. 32; 590 nr. 34, auch die Form. Bignon. (ebenda
233 nr. 14 u. 237 n. 27), sowie Pithoei (ebenda 598 nr. 75) sind ihrem
sachlichen Inhalt nach eher der Merowingerzeit noch zuzurechnen.
") Ebenda 291 nr. 5; 293 nr. 9; 296nr.i4; 32inr. 45; 324nr. 51;
325 nr. 53.
'') Ebenda 357 nr. 23.
— i6 —
Wir hören, daß sie sich u. a. zu Unrecht der Habe anderer
bemächtigten^), daß sie ihre Gerichtsgewalt zu gesetz-
widrigem, ungerechtem. Urteil mißbrauchten.^) Auch das
Edikt Guntchramns vom Jahre 585 enthält ein Verbot an
•die Richter : non vicarios . . . instituere . . . gm, quod absit,
maus operibus consentiendo venalitatem exerceant, aut
iniqua quibuscumque spolia inferr'e praesumant.^)
Aus dem Pactum Guntchramni et Childeberti II. von 587
entnehmen wir, daß niemand eines anderen Leute abwendig
machen oder (flüchtige) Ankömmlinge aufnehmen sollte.*)
Das berühmte Edikt Chlothars vom Jahre 614 bestimmt u. a.:
Agentes igitur episcoporum aut potentum per potestatem
nullius res collecta solacia nee auferant, nee cuiuscumque
£ontempHi7n per se facere non praesumant.^)
Noch viel deutlicher sprechen die Konzilien-Beschlüsse.
Ut iudices aut potentes, qui pauperes oppremunt,
si commoniti a pontifice suo se non emendaverint, excommuni-
lentur heißt es bereits 567 auf dem Konzil von Tours.*)
Dann aber das 2. Konzil von Mäcon (585). Es zeigt den
Bedrückten, der potentum importunia non sustinens in die
Kirche seine Zuflucht nimmt, und verbietet, ihm auf heiliger
Stätte Gewalt anzutun. Es läßt aber auch die Bedrücker
selbst und ihr Vorgehen erkennen: hi , qui latere regis
adkaerent, vel alii, qui potentia saeculari inflantur, res
alienas competere et nullis exertis actionibus aut convin-
iionibus praerogatis miseros non solum de agris, sed etiam
de domibus propriis exolare?^ Und dazu halte man, was
auf dem Konzil zu Clichy (626) bestimmt ward : Si quis
ingenuum aut libertum ad servitium inclinare voluerit et
fortasse iam fecit, et connnonetus ab episcopo se de inquie-
^) MG. Capit. I, 9 c. 8: et si graphio super pretium aut extra legem
aliquid tollere presumpserit.
^) Vgl. Clotarii II praeceptio: Si iudex alequem contra legem in-
inste damnaverit , in nostri absentia ab episcopis castigetur MG. Capit.
I, 19 c. 6.
•"«) Ebenda 12 i".
*) Ebenda 14. 25 : Similiter convenit, ut nullus alterius leudes nee
sollicitet nee venientes excipiaf.
^) Ebenda 23 c. 20. ') MG. Concil. i, 135 c. 27.
">) Ebenda i, 168 c. 8 u. 170 c. 14-
— 17 —
iudinem. eius revocare neglexerit aüt cmcndarc nolucrit,
tamquam calumniae reum placuit sequestrariy)
Tritt uns hier nicht dasselbe Bild bereits im 6. Jahr-
hunderte entgegen, wie es die viel zitierten Kapitularien-
stellen für den Beginn des 9. wieder zeichnen? Man sieht
deutlich, dieser Prozeß war seit langem im Gange,
«r ist nicht erst eine Signatur der Karolingerzeit.
So rücken auch die bekannten Maßnahmen Karls des
Großen nun in ein anderes Licht. Sie wiederholen im wesent-
lichen, was früher schon vom Königtum und der Kirche
seit mehr als 200 Jahren immer wieder verboten worden war.
Mit dieser Erkenntnis gewinnen wir aber, meine ich,
nun einen richtigeren Standpunkt zur Beurteilung des Er-
folges dieser sozialpolitischen Gesetzgebung Karls
des Großen. Man hat sie ganz allgemein sehr pessimistisch
aufgefaßt. Das war aber — sieht man näher zu — doch
hauptsächlich durch die Grundanschauung der ganzen For-
schung beeinflußt. Es ist begreiflich: nahm man die von
Landau 2) und Maurer^) aufgestellte Theorie von dem Ver-
schwinden des freien Grundbesitzes in den Grundherrschaften
als richtig an, dann konnte die Forschung dieser Gesetz-
gebung naturgemäß nur wenig Bedeutung zuerkennen. Und
betrachtete man die Tendenz zu einem sozialen Niedergang
als vorherrschend, so mochte man darin nur „den ver-
gebhchen Kampf mit der Habsucht der Großen" sehen.*)
^,Keine seiner vielen oft tiefgreifenden Vorschriften ist so
wirkungslos geblieben als gerade diese", meint v. Inama.^)
Das Ergebnis dieser Verordnungen sei also ein durchaus
negatives gewesen. „Millionen von Freien sind Herrschafts-
leute geworden", so faßt W. Sickel den Erfolg fortgesetzter
Übertretung jener Verbote schließlich zusammen.^)
Ich meine, diese Beurteilung geht von falschen Voraus-
setzungen aus. Waren diese Entwicklungen nichts Neues,
vielmehr so seit Jahrhunderten im Werden begriffen, und
') Ebenda i, 199 c. 19. ^) Die Territorien .S. 108 (1854).
• ') Geschichte der Fronhöfe 1,273 f.
■') So V. Inama-Sternegg DWG. i, 245, so auch Brunncr RG. i -,
). ÄhnHch Lamprecht DWL. I. 2, 1144.1150 u. 1152.
<>) WG. I, 233. ») A. a. O. S. 170.
Dopsch, Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit. II. 2. Aufl. 2
— 18 —
Karls des Großen Gebote nur ein Glied in der langen Kette
unausgesetzter Prohibitivmaßregeln zur Steuerung ihrer Aus-
wüchse, dann kann man einen solchen Erfolg durchgreifender
Art von vornherein nicht erwarten. Man müßte denn für
möglich halten, daß etwa die überall und zu allen Zeiten
erlassenen Verbote wider Diebstahl und Raub, Totschlag
und Mord diese Verbrechen je völlig auszurotten in der
Lage wären.
Sowenig nun diese Ursachen , welche schon seit Jahr-
hunderten vorhanden waren, eine solche soziale Wirkung
bis zur Karolingerzeit herbeizuführen vermochten — man
nimmt ja doch an, daß die Depression der Gemeinfreien
erst jetzt eingetreten sei^) — sowenig dürfen wir ihnen
jetzt binnen kurzer Zeit eine so durchgreifende Umgestaltung
zumessen.
Doch ist, so wird man mit Recht einwenden, jene
Theorie von der großen sozialen Umwälzung ja noch weiter
begründet worden. Auch die Maßnahmen Karls des Großen
über die Kriegsdienstpflicht hat man dafür doch ins
Treffen geführt. Was ist der Tatbestand? In einigen Auf-
gebotsordnungen Karls werden bloß die Grundeigner, welche
3 — 4 Hufen besitzen, zur Ausrückung ins Feld verhalten.
Und eben darin hat man eine sozialpolitische Fürsorge des
großen Kaisers zugunsten der Freien erblicken wollen^),
indem man von der Voraussetzung ausging, daß die Hufen-
einheit das Normalmaß des freien Grundbesitzes darstelle.
Aber diese Annahme hat sich als unzutreffend erwiesen.
War, wie früher gezeigt wurde, nicht die einzelne Hufe die
Grundlage für die militärischen Verpflichtungen der Gemein-
freien und galt vielmehr ein Besitz selbst von 2 Hufen in
der Karolingerzeit als geringfügiges, ärmliches Vermögen ^),
so entfällt auch ganz und gar, was man aus jenen Auf-
1) Inama WG. i, 260: „Noch zur Zeit Karls d. Gr. ist die Zahl
dieser besseren Freien eine nicht unbedeutende und überall vor-
handen."
2) V. Inama WG. i, 248; Brunner RG. 2, 207; Lamprecht DGesch.
2, 93; Boretius, Beitr. z. Kapit. -Kritik S. 120.
3) Vgl. im I. Teil dieses Werkes S. 335f., dazu auch Roth, Feuda-
lität S. 325, sowie meine „Grundlagen" 2, 124 ff.
— 19 —
gebotsordnungen über eine Herabsetzung oder Erleichterung
der Kriegsdienstpflicht hat herauslesen wollen.
Wir wissen tatsächlich nichts von einer solchen. Denn
auch diese Verordnungen aus dem ersten Dezennium des
9. Jahrhunderts sind nicht, wie man bisher angenommen
hat, eine Neuerung Karls des Großen im Sinne einer Reform
des bisher Bestehenden^), sondern vielmehr die Wieder-
holung früher bereits geltender Grundsätze. Sehr deutlich
geht dies meines Erachtens aus dem Capitulare Lothars
vom Jahre 825 hervor. Die Kriegsdienstverpflichtung er-
scheint nach Maßgabe des Vermögens abgestuft, als mindere
Form der Verpflichtung die Leistung von Adjutorien durch
die Ärmeren, welche nicht selbst ausziehen konnten, aber
auch die völlige Enthebung für solche zulässig, die pro
nimia panpertate neqitc ipsi ire valent ncque adiiitorium
eunti prestare. Ausdrücklich aber wird am Schlüsse dieses
System als antiqua consuetudo bezeichnet, die von den
Grafen beobachtet werden solle. 2)
Ich glaube nicht, daß solches ohne jede Berufung auf
Lothars Großvater geschehen wäre, wenn diese Grundsätze
erst ein oder zwei Dezennien vorher durch Karl den Großen
neu aufgestellt worden wären.
Zudem ist sicher, daß auch die zweite der angeblichen
Erleichterungen, die Karl eingeführt haben soll, eine nach
der Entfernung vom Kriegsschauplatze geminderte Heran-
ziehung^), tatsächlich schon in der Merowingerzeit ebenso
geübt worden ist.*) Das war ja doch wohl schon durch
militärtechnische Gründe bedingt, die raschere Mobilisierängs-
möglichkeit der nächstgesessenen Mannschaften. Waitz
mußte sich übrigens selbst schon gestehen, daß Karl der
^) Auch Boretius, Beitr. z. Kapit.-Kritik, hat sich, allerdings von
einer anderen Seite her, dagegen ausgesprochen, S. 125.
-) Capit. I, 325 c. 3, wo freilich die Interpunktion kaum zutreffend
sein dürfte. Gegen die von Fehr, Zs. d. Savignystiftg. f. RG. 35, 120
(1914) dawider erhobenen Einwände zugunsten der alten Lehre habe
ich meine Auffassung eingehender begründet in „Grundlagen" 2, 139 ff-
^) Waitz VG. 4^, 565; Baldamus, d. Heerwesen unt. d. spät. Karo).
S. 50 und V. Luschin in d. Kultur d. Gegenwart IL 2. i, 251.
*) Lezardifere, th6orie des lois politiques et de la monarchie
Frangaise Nouv. Ed. 1844, i> 495- VII ff., vgl. auch Waitz VG. 2", 216.
— 20 —
Große später eine Vorschrift über den Heeresdienst erlassen
habe, „in der auf die einzelnen Teile des Reichs und den
verschiedenen Schauplatz der Kriege keine Rücksicht ge-
nommen zu sein scheint".^)
Was drückend empfunden und den Freien gefährlich
wurde, war weniger der Kriegsdienst an sich, als die Willkür
der Grafen in der Handhabung des Heerbannes.^) Ich lasse
es nun sehr dahingestellt, ob man annehmen darf, daß
solche Übergriffe aus der Amtsgewalt gerade nur der
Karolingerzeit eigen gewesen und früher nicht vorgekommen
seien. Es ist ja kein Zufall, daß die Klagen darüber gerade
am Beginne des 9. Jahrhunderts hervortraten. Eine längere
Zeit andauernder Kriege war vorangegangen.
Man hat aber die Nachrichten darüber ganz einseitig
bloß verwertet. Denn das Schriftstück vom Jahre 811, aus
welchem jene Klagen über die Willkür des Aufgebotes
entstammen, bietet auch noch nach einer anderen Seite
interessante Ausblicke.
Sieht man näher zu, so liegt kein Capitulare da vor,
was schon Boretius andeutete^), sondern ein Bericht: de
caiisis proptcr qtias homines exercitalevi oboedientiam diniitterc
solent. Offenbar war, wie auch am Schlüsse direkt gesagt
wird, der Widerstand gegen das königliche Aufgebot so
stark und auffällig geworden, daß Karl über die Gründe
hieven einen Bericht forderte. Er wurde wahrscheinlich von
den Missi erstattet. Er weist auch noch in der hier vor-
liegenden Form Spuren eines stattgehabten Parteienverhörs
auf. • Nicht nur die Klagen der verpflichteten Mannen finden
wir hier, auch die Gegenklagen der Comites haben da
Platz gefunden: Ungehorsam der Heerespflichtigen, die sich
weigern, dem Aufgebot Folge zu leisten und sich darauf
stützen, nur den Missi, nicht aber den Grafen dafür ver-
antwortlich zu sein. Selbst die Bannlegung der Wohn-
stätten Renitenter fruchte nichts, außer es werde Gewalt
*) VG. 4^*, 567. ebenso Baldamus a. a. O. -) Inama WG. i, 249.
^) Vorbemerkung z. Texte: haec quoque capitula non impera-
toris edicta continent, sed causas adnotant ad imperatorem antea
relatas, de quibus Imperator comites et fideles' suos in placito
alloqui volebat.
— 21 —
angewendet.^) Alle möglichen Ausflüchte würden benützt,
um sich der Ausrückung ins Feld zu entziehen. Sie werden
im einzelnen angeführt.^) Zum Schlüsse aber ist ausdrück-
lich betont, daß diese zahlreichen Widerstände zu einem
früher nie erlebten Höhepunkt gediehen seien. ^)
Wir sehen deutlich, daß man sich jene viel zitierten
Bedrückungen nicht ruhig gefallen ließ, sondern sie durch
passive Resistenz unschädlich zu machen wußte. Offenbar
"auch mit Erfolg. Sonst wäre es nicht zu einem solchen
Klageprotokoll und dessen Verhandlung vor dem Kaiser
gekommen.
Tatsächlich war diese Resistenz schon im Jahre 807
so weit gediehen, daß das ganze Heeresaufgebot vereitelt
wurde.*)
Man hat auch gar nicht erwogen : die Ergebung in den
Dienst eines Grundherrn allein sicherte ja nicht vor der
Ausrückung. Nicht nur in Sachsen^), auch anderwärts
waren die grundherrlichen Hintersassen keineswegs davon
schlechthin befreit.®) Wir wissen zudem bereits aus einem
Capitulare Lothars vom Jahre 825, daß die betrügerischen
Umgehungsversuche der Heerespflicht mit Ergebung in den
Dienst eines anderen oder Tradition der verpflichtenden
') MG. Capit. I, 165 c. 6: Dicunt ipsi coinitcs, qtiod alii eorum
fagenses non Ulis obediant tiec bannuni donini imperaioris adimplcre
volunt, dicefites quod contra missos d. inip. pro heribanno debeant ratio-
nem reddere nam non cofttra comitem; etiam etsi comes suam domum
Uli in banniim miserit, nullam exinde habeat revereniiam, nisi intret in
domum suam et faciat quaeciimqiie ei libitum fuerit.
-) Ebenda c. 7 : Sunt etiam alii qiii dicunt se esse homines Pippin^
et Chhidicici et tunc proßtentur se ire ad servitium dominoru?n suorum
quando alii pagenses in exercitum pergere dehent. c. 8 : Sunt Herum et
alii qui remanent et dicunt, quod seniores eorum domi resideant et
debeant cum eorum senioribus pergere, ubicumque iussio domni impe-
ratoris fueril. Alii vero sunt qici ideo se commendant ad aliquos setiiores,
quos scixmt in hostem noji profecturos.
^) Ebenda c. 9: Quod super omnia malus Jiunt inoboediente s
ipsi pagenses comiti et missos decurrentes, quam antea fu i s seilt.
') MG. Capit. I, 138 c. 7 (808).
'J Vgl. Mühlbacher Reg.- nr. 1749 u. 1932; dazu auch 924.
») Vgl. zu Waitz VG. 4^ 569 auch DCar. (MG.) nr. 91 (f. Metz);
auch Loening, Kirchenrecht 2, 728; f. Italic n Mühlbacher Reg.- 1239.
— 22 —
Habe und Rückempfang derselben zu Zins nicht den be-
absichtigten Erfolg hatten. Die Grafen wurden vielmehr
ermächtigt, in solchen Fällen doch die Ausrückung an-
zuordnen, so zwar, daß selbst geistliche Immunitätsrechte
in diesem Falle wirkungslos sein sollten.^)
Im ganzen aber erhellt aus allen Capitularien doch
immer wieder, daß die minder Bemittelten über-
haupt weniger vom Kriegsdienst betroffen waren,
da vor allem die Wohlhabenderen selbst regelmäßig aus-
zogen.^)
Diese Auffassung würde auch durch die Annahmen
H. Delbrücks unterstützt, daß die karolingischen Heere
keine bäuerUchen Massenheere, sondern kleinere Qualitäts-
heere von Berufskriegern (Vasallen) gewesen seien. ^) Seine
Beweisführung erscheint freilich im einzelnen unzureichend
fundiert, ja mehrfach unwahrscheinlich.*)
Endlich darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß man
in der Abforderung der Heerbannbuße bereits zu einer
recht milden Praxis gelangt war. Die Säumigen verfielen,
wie uns dasselbe Capitulare Lothars bezeugt , erst im
Wiederholungsfalle dem Königsbann (60 /?), während sie
beim ersten Mal bloß mit einer milderen Strafe belegt
wurden.^)
^) MG. Capit. I, 330 c. 2 u. 3.
-) Ebenda 329 c. i : liberi homines, qiii tantiitn proprietatis habent'
unde hosteni bene facerc possunt .... De mediocribiis qiiippe liberis
qui non possimt per se hostem facere .... 330: De his quoqiie qui propter
nimiam paupertatem neque per se hosteni facere neque adiiitorium prestarc
possunt . . . vgl. dazu auch oben S. 19 n. 2, sowie Prenzel, Beitr. z.
Gesch. d. Kriegsverf. unt. d. Karol. S. 38 und 43. Dann für die vor-
ausgehende Zeit meine ,, Grundlagen" 2, 139 ff.
^) Gesch. d. Kriegskunst 3, 3 ff., bes. S. 17 (1907).
*) Besonders spricht auch dagegen , was die Kapitularien an
Vorschriften über die Bewaffnung der Aufgebotenen melden. Das
Verbot Karls d. Gr., bloß mit einem Knüttel oder Keule ausgerüstet
zu erscheinen (MG. Capit. i, 170 c. 17, Aachen 801—13), paßt wenig
zu einem Berufskriegerstand. Das hat Delbrück a. a. O. S. 24 ff. an-
scheinend ganz übersehen. Vgl. auch E. Geßler , Die Trutzwaffen
der Karolingerzeit (1908) S. 26, sowie W. Erben in Hist. Zs. 10 1, 321 ff.,
jetzt auch meine ,, Grundlagen" 2, 297 ff.
*) Capit. I, 329 c. i; vgl. auch Boretius, Beitr. z. Kapit.-Kritik
S. 112.
— 23 —
Ähnlich wie hier bei der Heeresdienstpflicht hat die
bisherige Forschung, glaube ich, auch den wirtschaftlichen
Effekt der dritten Last zu hoch eingeschätzt, welche die
allgemeine soziale Depression der Gemeinfreien bewirkt
haben soll: des Zehnten. Allerdings war der Stand der
Forschung gerade auf diesem Gebiete bis vor kurzem noch
ein wenig befriedigender. Die jüngste Zeit hat aber da ganz
bedeutende Fortschritte zu verzeichnen.^) v. Inama hat ja
gemeint, daß der Zehnt „wieder besonders auf den kleinen
Grundbesitzer drückte und ihm seine Wirtschaft und die
Erhaltung der Selbständigkeit erschwerte. "2) Er hob die
Strenge der Zehnteinhebung hervor, ohne zu beachten, daß
die Belege hierfür sich auf Sachsen beziehen, wo diese Last,
da sie dort bis dahin eben überhaupt nicht bestanden hatte,
naturgemäß stärker fühlbar werden mußte. ^) Er meinte,
„ganz besonders empfindlich wurde sie aber für die Bene-
fiziare, welche säkularisierte Kirchengüter innehatten; denn
diesen wurde neben dem Zensus von i solidus für jede
Haushaltung in der sogenannten nona et decima ein ganzes
Fünftel des Ertrages abgenommen."*)
Zehnt wurde im Frankenreich auch früher schon, wäh-
rend der Merowingerzeit, entrichtet.^) Spätestens seit Pip-
pin^) lieh der Staat, um die Kirche einigermaßen für die
Säkularisationen zu entschädigen^), ihr seine Zwangsgewalt
zur Eintreibung der bisher nur nachlässig und teilweise ent-
^) Vgl. E. Pereis, Die kirchl. Zehnten im Karoling. Reiche, Berl.
Diss. 1904. Dann besonders U. Stutz, Das Karoling. Zehntgebot,
Zs. d. Savignystift. f. RG. 29 (1908) , sowie Pereis , Die Ursprünge
des Karol. Zehntrechtes, Archiv f. Urk. -Forschg. 3, 2331?. (1911) und
Viard, histoire de la dime ecclesiastique principalement en France
jusqu' au decret de Gratien (Dijon 1909).
-) WG. I, 252 = I ^, 342 f.
ä) Vgl. Pereis Diss. a. a. O. S. 26. *) A. a. O.
') Vgl. Pereis Diss. S. nf. sowie meine „Grundlagen" 2, sigf.
*) Vielleicht sogar schon seit den Säkularisationen der Arnul-
lingischen Majordomen, worauf die Urkunde Pippins vom Jahre 753,
die sich doch ausdrücklich auf Vorurkunden des älteren Pippin und
Karl Martells bezieht , deuten würde. MG. DCar. nr. 4 (f. Utrecht).
Dazu jetzt meine ,, Grundlagen" 2, 320 f.
') Das hatte schon Roth, Benefizialwesen S. 366, erkannt, und
dann besonders Stutz a. a. O. ausgeführt.
- 24 —
richteten Abgabe, sie wurde aus einer privaten Forderung
nun allgemeines Reichsrecht. ^)
Von den kirchlichen Benefizialgütern wurde neben dent
allgemeinen Kirchenzehnt noch die nona, d. h. ein Doppel-
zehnt, eingehoben. Aber das Fortbestehen des alten Zinses^
welcher nach dem Capitulare von Herstal 779 auch weiter
gezahlt werden soll, kann unmöglich im Sinne einer dauern-
den Festhaltung jenes^ hohen, 743 zu Estinnes von Pippin
mit I ß für den Haushalt festgesetzten Zinses gemeint sein,
wie V. Inama und die ältere Forschung z. T. annahm. Ich
glaube, das hat U. Stutz durchaus zutreffend dargetan.-)
Jener hohe und eigentliche Leihezins wurde jetzt, da Zehnt
und Neunt als Leiheentgelt der Kirche zuflössen, herab-
gesetzt. Von 50 Casaten war i, von 30 C. ^2, von 20 C. ^\z ß
zu entrichten. Dieser Rekognitionszins betrug also für eine
Haushaltung (casata) jetzt nur mehr Vs Denar.
Und diese scharfsinnige Erklärung von U. Stutz stimmt
ganz vorzüglich zu dem, was schon Roth gegenüber der
älteren Lehre Birnbaums z. T. richtig dargelegt hatte. Es
handelt sich bei dieser Verpflichtung kirchlicher Benefiziare
nicht so sehr um Kleinbauern, sondern um Grafen, Vasallen
des Königs, kurz, wohlhabende Leute, die von ihm „wirk-
liche Benefizien aus Kirchengut erhalten hatten". Zu den
konkreten Beispielen, die Roth schon beigebracht hatte ^),
ist die Ordnung von Herstal selbst die beste Illustration .
Wir sehen, Benefizien zu 50 Casaten werden als etwas All-
tägliches da vorausgesetzt, als mindere Größe dieser aber
solche zu 20 Haushaltungen bloß noch in die Norm aufge-
nommen. Ich möchte freilich nicht den Schluß daraus ziehen,
den Roth gezogen hat: „daß die Nonae und Decimae nicht
eine bäuerliche Abgabe waren." Tatsächlich entrichtet wurden
sie ja doch von den einzelnen Hintersassen selbst.*) Aber
— und das ist ja wohl auch der eigentliche Sinn der Dar-
legungen von Roth — sie belasteten nicht so sehr den kleinen
freien, d. h. selbständigen Grundeigner, sondern die wohl-
habenden Grundherren, bzw. die von ihnen abhängigen
Hintersassen. Sehr treffend hat Stutz hervorgehoben, daß
*) Stutz a. a. O. S. 47. ^) A. a. O. S. 36.
•■') Benefizialwesen S. 366. *) So auch Haff, Zs. f. RG. 35, 467>
— 25 —
sich in dieser Frage die Interessen der Kirche und der
Großen gegensätzlich gegenüberstanden".^)
Damit ist aber auch schon die Unwahrscheinlichkeit
erwiesen, daß diese Last gerade auch „den kleinen [freien]
Grundbesitzer drückte". Dieser hatte ja bloß den allgemeinen
Kirchenzehnten zu entrichten, also Vio seiner Naturalerträge.
Daß aber auch in der Karolingerzeit das kirchliche Zehnt-
gebot, trotzdem es nun zum Reichsrecht gemacht worden
war und allgemeine Geltung erlangt hatte, nicht überall
auch den vollen Erfolg hatte, beweisen die zahlreichen
Capitularienstellen, die von Säumigkeit in der Entrichtung,
Zahlungsverweigerung und dergl. Nachricht geben. ^) Wie
wenig bereits in der Zeit Ludwigs des Frommen die staat-
liche Zwangsgewalt da half, lehrt meines Erachtens die Er-
scheinung, daß die kirchlichen Organe, welche den Zehnt
selbst erhoben, nun doch wieder zu kirchlichen Zwangsmitteln
ihre Zuflucht nahmen. Hraban von Fulda tadelt in einem
Briefe an einen Priester diesen, weil er seine Gläubigen
nicht eher in die Kirche lasse, Messe zu hören oder zu kom-
munizieren erlaube, bevor sie nicht eidlich versichert, daß
sie von aller ihrer Habe Zehnt entrichteten.^) Offenbar
kamen auch bei dem Zehntbekenntnis, wie bei jeder Steuer-
fatierung, Hinterziehungen :^'or, weshalb auch die Bischöfe
die Ablegung eines Eides — wegen der Gefahr des Mein-
eides — vermieden wissen wollten.*)
Anderseits hören wir auch , daß das gewöhnliche Volk
(populus), also die Steuerträger selbst, die Zehnten nicht
geben wollte: nisi quolibet modo ab eo redimanttir.^) Der
Zehnt war eine Holschuld und von den Naturalerträgen zu
entrichten.'') Augenscheinlich verlangten die Leute für ihr
Getreide und Vieh dann doch eine Geldentschädigung.
Wenn die Zehntlast in der Karolingerzeit einen Druck
bewirkte, so dürfte es am ehesten bei den Hintersassen der
') A. a. O. S. 39, vgl. 48.
*) Vgl. Pereis Diss. S. 29 ff. 38. Die von Inama \VG. i, 252 n. 5
dafür zit. Stelle besagt dies aber nicht, sondern betrifft widerrechl-
li#he Entziehung von Zehnten durch Laien.
') MG. Epp. 5, 522, 13 ff. (c. 832—45). ■*) Perejs Diss. .S. 37.
") MG. Capit. 2, 13 c. 7 (829). •) Stutz a. a. O. S. 28.
— 26 —
Grundherrschaften anzunehmen sein. Denn da die Laien-
gewalten bereits damals oft zu Unrecht die Zehnten und
deren Erhebung an sich rissen und der Kirche entfremdeten^),
mochten sie zu deren tatsächlicher Eintreibung wie sonst
ihre Amtsgewalt (als Grafen, Vikare und Zentenare) miß-
brauchen.
Daß „man" in einzelnen Fällen, um der Zehntleistung
zu entgehen, „lieber das Land ganz unbebaut" gelassen
habe, „dessen Früchte doch nur zum Teil der eigenen Wirt-
schaft zugute gekommen wäre", wie Inama meinte 2), ist
unrichtig. Er hat die betreffende Stelle im Capitulare
Ludwigs des Frommen von Worms 829 wohl kaum recht
gedeutet. Sie bezieht sich auch nicht auf „Königsland",
wie Mühlbacher meinte.^) Die agri dominicati, deren Be-
bauung deshalb vernachlässigt wird, um davon keinen Neunt
und Zehnt zahlen zu müssen*), sind herrschaftliches Land,
und zwar, da auch von dem Neunt die Rede ist, kirchliches
Benefizialland. Die Stelle gibt dann einen Sinn und wird
verständlich, wenn man sie auf Teilbaugüter bezieht; denn
wir wissen aus andern Kapitularien^), daß von dem Teile,
dessen Erträge dem bäuerlichen Wirte zuflössen, nur der
Zehnt, nicht aber, wie von dem andern, dessen Früchte an
die Herrschaft fielen, Zehnt und Neunt zu entrichten waren.
Möglich auch, daß mitunter Ähnliches statthatte wie bei
den königlichen Lehen. Die blieben ja ebenfalls stellenweise
unbebaut, da sie die Inhaber zur Aufbesserung ihrer Eigen-
güter verwendeten.") Und hier hören wir ja, daß die Be-
schuldigten anstatt der herrschaftUchen Güter andere Län-
') Pereis Diss. S. 47 ff. -) WG. i, 252 = i -, 343.
■'') Reg.'- nr. 886. *) MG. Capit. 2, 14 c. 10.
*) Ebenda i, 179 c. 18: Ut qui ecclesiarum bcneficia hahent, nonam
£l decimam ex eis ecclesiae cuius res sunt, donent. El qiii tale bc7ieficiu»i
Iiabenl, iä ad medietatein laborent, tit de eonini poriione proprio presbytero
decimas donent (810 — 13?). Die Erklärung, die Boretius in seiner Aus-
gabe dieser Stelle beigab, daß bloß der Zehnt, nicht auch der Neunt
zu entrichten gewesen sei, da sie für den Neunt arbeiteten
(decimas tantum, non nonas et decimas, cum pro nonis laborent) ist
wohl kaum zutreffend, vgl. dazu das im i. Teil S. 276 f. Gesagte. •
•■') Ebenda 1,93 c. 6 (802): Ut beneficiiiru domni tmpcratoris deser-
iare nemo mideat, proprium suam exinde constniere.
— 27 —
dereien zur Bebauung übernahmen. Möglich auch, daß an
Neurisse zu denken wäre, von welchen wenigstens stellen-
weise kein Zehent zu entrichten war.^) Das excolere wird
ja mitunter prägnant für Rodewerk gebraucht.^)
Auch die Kriegsdienst- und Zehntverpflichtungen können
also die kleinen Grundeigner nicht so arg dezimiert haben.
Nun aber frage ich weiter: waren Karls des Großen
Bemühungen, den vorhandenen sozialen Gefahren
zu steuern, aber auch wirklich so erfolglos, als
die Forschung angenommen hat? Man hat sich gar
nicht danach umgesehen, deren Wirkungen im einzelnen zu
verfolgen und das konkrete Tatsachenmaterial sozialer Tages-
erscheinungen daraufhin zu prüfen. Eine allerdings
trügerischeErscheinunghat verführerisch da ein-
gewirkt. Man sah allüberall eine große Masse höriger
Elemente, Herrschaftsleute naturgemäß in den nahezu aus-
schließlich von Grundherrschaften selbst herrührenden Quel-
len jener Zeiten. Da lag es nahe, deren Herkunft mit einer
Depression des Freienstandes zu erklären, zumal die Eigen-
art unserer Überlieferung nur wenig Gelegenheit bot, von
diesem ähnlich oft Nachricht zu geben . . . Die wirtschafts-
geschichtliche Forschung ist aber, glaube ich, auf eine ganz
große und ebenso lange währende Retorsionsbewegung
in der sozialen Entwicklung gar nicht aufmerksam
geworden, die von allem Anfang an mit jener andern zugleich
entstand und durch sie bedingt wurde. Ebenso alt wie die
Bedrückung der Schwachen ist auch deren Selbsthilfe. Was
die Papyri Ägyptens in der Römerzeit als tägliches Vor-
kommnis belegen, die Flucht der Kolonen und Hörigen
sowie Sklaven, wird ebenso in der Merowingerzeit frühe
ersichtlich.^) Die Kirche nimmt sich ihrer an und gewährt
jn deutlicher Anlehnung an das Asylrecht antiker Tempel
den Flüchtlingen Schutz, soferne sie ungerechter Bedrückung
sich entzogen haben.*) Natürlich konnte sie willkürlicher
') Vgl. Rübe), Die Franken S. 388 n. 8, dazu Mühlbacher
Reg.- nr. 2029.
^j MG. Capit. I, 263. 30; St. Galler Uß. i nr. 334.
'j Siehe oben S. 16.
*) Vgl. die Beschlüsse d. 2. Konzils v. Mäcon MG. Concil. i, 16S
c. 8: Si e?iim mundani principes suis legibus cens2ierunl , ut quicumque
— 28 —
Verletzung bestehender Eigentumsrechte keine Freistatt
schaffen. Ein Rückforderungsrecht des Herrn ist denn
auch schon in der Merowingerzeit anerkannt und die Aus-
tragung dieser Rechtsstreitigkeiten dem Gericht vorbehalten
worden.^)
Durch die ganzen langen Jahrhunderte merowingischer
und karolingischer Herrschaft kehren in den Kapitularien
wie Formelsammlungen die Erwähnungen flüchtiger Knechte
immer wieder. Sie sind gewissermaßen bereits zu einem
ständigen Programmpunkt jeder Gesetzgebung geworden^),
eine soziale Erscheinung des täglichen Lebens schon. Be-
zeichnend dafür ist wohl die Tatsache, daß in den Formeln
für den Verkauf von Sklaven und Manzipien auch regelmäßig
betont erscheint, daß der Betreffende non fugitivus sei.'^)
Auch aus der Privatkorrespondenz des 9. Jahrhunderts
kann man die Häufigkeit dieser Vorkommnisse entnehmen.
Im Jahre 842 legte der Chorbischof Reginbald dem berühmten
Abte Hraban geradezu die Frage vor, ob man für flüchtige
Sklaven, die auf der Flucht starben, Messen und Psalmen
singen dürfe. Hraban macht bezeichnenderweise dabei einen
Unterschied zwischen einem solchen, der propter superbiavt
und jenem, der propter neccssitatcm geflohen sei: coactus
crudelitate domini.^)
In Italien hat diese Erscheinung wohl von der Römer-
zeit her ununterbrochen fortgedauert, ist sie mindestens seit
dem 6. Jahrhundert deutlich im Gange. ^)
Handelt es sich hier vornehmlich um Sklaven oder hörige
Kolonen, so interessieren uns besonders dann die zahlreichen
ad eorum statuas fugiret, inlesus habeatiir, quanto magis hi pertnanere
debeant indemnati, qui pairocinia inmortalis regni adepH sunt celestis ?
^) So bereits in dem Pactus pro tenore pacis Childeberts und
Clothars (511—58) MG. Capit. i, 6 c. 15.
*) Vgl. die in MG. Capit. II. Index rerum unter fugax, fugere
und fugitivus zusammengestellten Belege.
*) MG. FF. 90 nr. 22 (Marculfi!); 140 nr. 9 (Turon.) ; 229 nr. 3
u. 5 (Sal. Bignon.); 277 nr. 15 (Sal. Lindenbrog).
*) Vgl. den Brief Hrabans an d. Chorbischof Reginbald vom
J. 842 MG. Epp. 5, 452 c. 5.
^) Vgl. Caggese, Classi e communi rurali S. 129 f. 142. 231 f., sowie
Luzzatto, i Servi nellc grandi proprietä ecclesiastiche S. 62 f.
Freiheitsprozesse, von welchen die Formeln und Ur-
kunden Nachricht geben. Schon seit Mitte des S.Jahr-
hunderts lassen sich konkrete Belege dafür anführen.^) Sie
sind also so alt als die sichere Quellenüberlieferung dieser
Art selbst. Sie zeigen uns, wie häufig im täglichen Leben
der Fall eintrat, daß eine Grundherrschaft einzelne Personen
als Hörige ansprach und zu Diensten reklamierte. Wieder-
holt wird da durch Gerichtsurteil festgestellt, daß die Be-
treffenden Freie seien und ihnen die Freiheit zu Unrecht ge-
nommen wurde.^) Sie behaupteten also ihre Freiheit im Klage-
wege, ja eroberten sie mitunter nach einer Zeit der Hörigkeit
wieder zurück.-^) Man sieht, die Bestrebungen der Grund-
herrschaften zur Verknechtung Freier stießen auf kräftigen
Widerstand*) und derselbe hatte oft und oft Erfolg.
Die Freien waren ihnen ja nicht schutzlos ausgeliefert,
noch bot ihnen das öffentliche Gericht Schutz und Rück-
halt. Urteile über Eigen, Freiheit sowie die Rückgabe von
Manzipien sollten nicht im Niedergerichte des Zentenars
oder Vikars, sondern vor dem Grafen oder den königlichen
Missi nur erfolgen.^) Ich erblicke in diesen, von den Wirt-
schaftshistorikern bis jetzt kaum erwähnten Bestimmungen
sehr bedeutungsvolle Maßnahmen sozialpolitischer
Tendenz. Diese Sachen waren nun causae maiores, mit
den schweren Kriminalfällen auf eine Linie gestellt und
damit eine Ausweitung der richterlichen Kompetenz der
königlichen Beamten neu gewonnen.^) Wie wirksam die
Staatsgewalt sich hier entwickelte, zeigt die früher be-
sprochene Häufigkeit ihrer Inanspruchnahme.
In diesem Zusammenhang verdient auch das noch in
^) Vgl. Hübner, Gerichtsurk. d. fränk. Zeit nr. 72. 86. 99. 144. 154.
155. 162. 171. 206. 215. 219. 220. 234. 251. 254. 255. 300—305. 309. 310.
323- 371- 396. 409. 419. Mühlbacher Reg.^ nr. 291 = 887. 728. 943. 1217.
1605. ÜB. V. St. Gallen 2, 64 nr. 446. 447.
-) Von den oben n. i zit. Urk. nr. 72. 144. 171 (teilweise). 206.
251. 254. 255. 396.
■•) Ebenda 254. 255.
*) Vgl. dazu auch für Westfrancien H. See, les classes rurales
et le regime domanial en France S. 74 f.
°) MG. Capit. r, 153 c. 3 (810), sowie 176 c. 4 (811 — 13).
•) Vgl. dazu Brunner RG. 2, 178.
— 30 —
die Zeit Karls des Großen (oder die ersten Jahre seines
Nachfolgers) gehörige Capitulare Beachtung, durch welches
dem Vasallen als Rechtsgrund für das Verlassen seines
Herrn u. a. auch zuerkannt wird: si senior enm iniuste in
servitio redigere volnerit.^)
Auch die berühmten coniur a tion es jener Zeiten
dürfen hier erwähnt werden. Sowenig deren eigentliche
Bedeutung bis jetzt auch ob ungenügender Klarheit der
Quellen einwandfrei ausgemacht werden konnte, und so
verschieden vielleicht auch die Ziele derselben an ver-
schiedenen Orten und Zeiten gewesen sein mögen ^), diese
freien Vereinigungen zur Selbsthilfe haben sicherlich auch
eine Abwehr wider den Druck seitens der Grundherrschaften
bezweckt.^) Aus den Verboten, die von königlicher Seite
in den Kapitularien sich dawider finden, erhellt doch min-
destens so viel, daß sie unter den servi, bzw. abhängigen
Herrschaftsleuten auch abgeschlossen wurden.*) Erwägen
wir ferner, daß Nachrichten über solche coniurationes
gerade aus Westfrancien, Italien^) und Sachsen . vorliegen,
Gebieten, wo bekanntlich gerade die Grundherrschaften sehr
ausgebildet waren und die Nachrichten von Verknechtungen
Freier, sowie häufiger Flucht der Servi eben besonders
hervortreten, so dürfte ein innerer Zusammenhang zwischen
diesen Tatsachen wohl kaum ganz abgelehnt werden können.
Das hat W. Sickel tun wollen.^) Aber alles, was wir zu
1) MG. Capit. I, 215 c. 8, Mühlbacher nr. 637 (617).
^) Vgl. Imbart de la Tour, Revue Hist. 63, 36, sowie neuestens
A. Meister, Die Anfänge des Gildewesens in Festgabe H. Grauert
z. 60. Geb. T. 1910, S. 3off. , bes. 38. Für Italien; Solmi, le asso-
ciazioni in Italia avanti le origini del Commune (1898) S. 68ff. Caggesc
a. a. O. S. 231 ff.
*) So schon Leymarie, histoire des paysans en P'rance i, 251
und A. Solmi a.a.O. S. 74f. , neuerdings auch H.See, les classes
rurales et le regime domanial cn France S. 73 f.
*) MG. Capit. I, 301 c. 7 (821). Darauf verweist noch einmal
Haff, Zs. f. RG. 35, 467.
») MG. Capit. 2, 156 c. 8.
^) Die Privatherrschaften im fränk. Reiche, Westd. Zs. 15, 170:
„Sie erstrebten nicht einen Bund der Regierten gegen die Regieren-
den, die Förderung der unteren Klassen vor dem Gemeinwesen, im
_ 31 —
erkennen vermögen, spricht gegen diese ohne jeden Beleg
aufgestellte Behauptung. Man beachte doch, diese con-
iurationes werden in den Kapitularien ähnlich gehalten wie
die conspirationes ^) und diese in einer Umgebung und
Zusammenhang erwähnt, die kaum einen Zweifel darüber
lassen, daß auch direkte Auflehnung, Empörung und Raub
dabei gelegentlich vorkamen.^)
Wir hören übrigens nicht nur aus Italien von solchen
Bauernempörungen, der Aufstand der Stellinga in Sachsen
841 hatte doch sicherlich auch einen agrarpolitischen und
sozialen Untergrund.^) Zudem kann ich noch auf eine Ver-
schwörung (coniuratio) des gemeinen Volkes (vulgus pro-
miscuum) hinweisen, die zum Jahre 859 für die Gegend
zwischen Seine und Loire berichtet wird.^) Auch da tritt
der Gegensatz zu den Herren und Großen (potentiores)
deutlich zutage.
Daher möchte ich auch nicht mit Brunner behaupten,
daß die fränkische Zeit keine Bauernkriege gekannt habe
und da ein Gegensatz zu dem sozialen Elend der ausgehenden
Römerzeit anzunehmen sei.^)
Übrigens darf gerade in diesem Zusammenhange auch
nicht übersehen werden, wie häufig Dienstesverweige-
rungen vorgekommen sind. Das ist nicht nur für West-
Staate, in der Grafschaft oder in anderen Kreisen zu vertreten, auch
gegen die Herrschaften richteten sie sich nicht" . . .
^) MG. Capit. I, 77 c. 31 : De coniurationihus et conspiraiionibus-
ne fiant.
*) Ebenda 2, 156 c. 8: Ut de rapinis ac depraedationibus et de
conspirationibus atqne seditionibus et de raptis feminariim .... vgl.
auch 158, c. 6 u. 7, wo gleichfalls rapinae und depraedationes sowie
conspiratio7ies verboten, dagegen aber Friede sine oppres sione
p au per um angeordnet wird; vgl. auch ib. 299 c. 4: ut a rapinis ac
depraedationibus atque a cojiivrationibus et conspirationibus et seditioni-
bus et a raptis feminarum se omnes caveant.
^) Vgl. V. Inama DWG. i, 266 = i ^ 370, sowie Heck, Die Gemein-
freien der Karoling. Volksrechtc 1,336, Mühlbacher Reg.^ 1084k.
*) Ann. St, Bertin. (ed. SS. rer. Germ, in us. scholar. ed. Waitz
1883^ p. 51.
^) DRG. I, 208=1 ^ 301. Vgl. dagegen meine „Grundlagen"
2, 184 ff.
— 32 —
francien belegt. Es handelt sich auch nicht, wie v. Inama
meinte^), an der zitierten Stelle des Ediktes von Pistes (864)
um neu aufgekommene Frondienste, also eine Mehrbelastung,
sondern deutlich^) um eine Auflehnung gegen das zuletzt
bereits Gebräuchliche, v. Inama hat eben die Stelle ent-
sprechend seiner ganzen Anschauung von dem sozialpoliti-
schen Weitblick jener Tage meines Erachtens kaum richtig
aufgefaßt, da er doch wieder nur eine positive Prohibitivmaß-
regel der verständigen Wirtschaftspolititik Karls des Großen
darin erblickte.
Wiederholt mußte bereits in der Zeit Ludwigs des
Frommen durch Kapitularien eingeschärft werden, daß die
Leute (pagenses) nicht die Spanndienste für die Gesandten
an den Hof oder die Grafen verweigern sollen.^)
Ja, schon Karl der Große war bei Festsetzung der Fron-
dienste im Gau von Lemans (800) von dem ausgesprochenen
Ziele geleitet : 11t nee familia se a praedictis operibus sub-
trahere posset.^)
Und ganz dasselbe hat jüngst G. Luzzatto für Italien
im 9. Jahrhundert dargetan ^), wie dort die abhängigen
consuetudinarii (Kolonen) ^) sich ihrer Dienstverpflichtung zu
entziehen suchten. Ich verweise als Ergänzung dazu noch
auf eine Gerichtsurkunde für S. Maria in Organo (Verona)
') DWG. I, 376 = i'-, 508.
^) MG. Capit. 2, 323 c. 29 : Ut Uli coloni, tarn fiscalcs, quam et ecck-
siasiici, qui sicut in polypticis cotitinetur et ipsi non denegant,
carropera et manopera ex antiqua con S7ietudine debent et mar-
gilam et alia quaeque carricare, quae Ulis non placent, remmnt, quoniam
adhuc in Ulis antiquis temporibus forte niargila non trahcbatiir, quae
in multis locis tempore avi ac domni etpatris nostri trahi
£oepit , et de manopera in scuria battere nolunt et tarnen non denegant,
quia manoperam debent, quicquid eis carricare praecipitur de opera car-
roperae , quando illam facere debent, sine ulla differentia carricent; et
quidquid eis de opera tnanoperae, quando illafn facere debent, praecipitur,
similiter sitie tilla differentia faciant. Vgl. über ähnliche Vorgänge
in der vorausgehenden Merowingerzeit meine „Grundlagen" 2, 187 f.
■') MG. Capit. I, 295 c. 4 (820), 315 c 10; vgl. ebenda 2S4 c. 16
11. 305 c. 18.
*) Ebenda 1,81 nr. 31.
') I servi nelle grande proprietä eccl. S. 133.
") Vgl. über diese auch meine „Grundlagen" 2, i88.
— 33 —
vom Jahre 845, nach welcher Unfreie dort die Fronden ver-
weigerten^), sowie die Klage des Volkes zweier Orte des
Klosters Nonantola, das die Abstellung neuer Auflagen
durch die Grundherrschaft bei Kaiser Ludwig IL durchsetzte. 2)
Wir sehen deutlich , daß die Versuche zur Verknechtung
Freier, ja auch die bloße Absicht, Zins oder Frondienst zu
steigern, auf einen heftigen Widerstand stießen und zu
Klagen der Betroffenen im öffentlichen Gerichte führten.
Die Gerichtsurkunden über derartige Prozesse sind zahl-
reicher in Westfrancien.^) Allein auch in Deutschland lassen
sich Spuren für ähnliche Vorgänge nachweisen. In den
St. Galler Formeln findet sich u. a. eine Reclamatio ad
regem vel ad ducem wider Bedrückung, bzw. zu große Be-
lastung.*) Man wendet sich um Abhilfe an die öffentliche
Gewalt: qiialiter nos, famuli vestri, servitium regis vel
dticts, implcre possimus.
Dazu stelle ich noch einige Beobachtungen, die sich an
Traditionsurkunden desselben Klosters machen lassen. Im
Jahre 842 bestimmt ein Tradent, der sich das Traditionsgut
gegen Zins vorbehält, u. a., daß die Manzipien nicht 3,
sondern bloß 2 Tage fronden sollen.^) In einer Prestarie
vom Jahre 869 aber wird vom Abte die Bedingung auf-
gestellt, daß die verliehenen Güter an das Kloster fallen
sollen, wenn die Prekaristen den bedungenen Zins herab-
zusetzen suchten.®)
Und damit sind wir denn auch schon zu jenen wichtigen
sozialen Erscheinungen hinübergelangt, welche das Gegen-
stück zu der Verknechtung darstellen. Wir bemerken nämlich
nicht nur eine kräftige Abwehrbewegung wider grundherr-
schaftliche Verknechtungstendenzen auf gewaltsame Weise
durch Selbsthilfe (Flucht), oder durch Anrufung des öffent-
') Muratori Antiq. 2, 971. -) Mühlbacher ^ nr. 1189.
^) Vgl. außer den schon zit. Belegen noch Guerard, Polyptyque
Irminon 2, 344 (828), sowie Bouquet, Recueil 8, 567 (861).
^) MG. FF. 380 n. I : cernimus nos denique , domine, obpressos
viidique tnodo nimne?n vel adtritos esse.
*) Wartmann ÜB. 2, 5 nr. 385.
'^) Ebenda 2, 161: si eundefn ccnsutn minorare vel aliorsum
verlere volnerint, statim predict(i res pleniter ad prefatum mottasterüm
redeant m aevum possidend^_.
Dopsch, Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit. II. 2. Aufl. 3
— 34 — .
liehen Gerichtes, es kann kein Zweifel sein, daß in der
Karolingerzeit auch eigenmächtige Anmaßung der
Freiheit zu Unrecht sehr häufig statthatte. In den
Formeln finden sich zahlreiche Stücke, die davon Zeugnis
geben. Sie sind keineswegs auf Westfrancien beschränkt.^)
Kolonen behaupteten zu Unrecht, Freie zu sein, ohne dies
beweisen zu können, derart, daß sie schließlich vor Gericht
ihre Kolonatsverpflichtung selbst anerkennen mußten (pro
colono . . . se recognovit vel recredidit).^) Auch die Ur-
kunden bieten Belege dafür ^), besonders für Italien. Wie
bedeutsam diese eigenmächtige Selbstverbesserung der so-
zialen Lage gewesen sein muß, bezeugt meines Erachtens
die Tatsache, daß die Kapitulariengesetzgebung sich wieder-
holt damit beschäftigte. Karl der Große hat bereits 802
einen Erlaß darüber an die Missi gerichtet.*) Und in den
folgenden Jahren kehren Verordnungen über die unrecht-
mäßige Selbstbefreiung von Knechten und Kolonen mehr-
fach wieder.^) Man produzierte falsche Zeugen, um die
Freiheit zu beweisen ^), aber auch alsbald falsche Urkunden.
Das deuten indirekt schon die Kapitularienstellen an, welche
von dem Freiheitsbeweis mittels einer carta ingenuitatis
handeln.'') Aber auch konkrete Beispiele der Produzierung
solcher falscher Freiheitsurkunden sind nachweisbar^), die
^) MG. FF. 194 nr. 20; 211 — 13 nr. 1—5 (Senon.); 230 nr, 7 (Sal.
Bignon.); 252 nr. 28; 253 nr. 32 (Sal. Merk.) ; 282nr. 21 (Lindenbrog.);
331 nr. 5 (Alsat.) ; 463 nr. i u. 2 ; 465 nr. 9 (S. Emeram.); 467 nr. 24.
^) Vgl, z. B. Form. Senon. rec. a. a. O. 211 nr. i; 252 nr. 28 (Sal.
Merkel.); 331 nr. 5 (Alsat.); Bitterauf, Tradit. Frising. nr. 553.
ä) Mühlbacher nr. 291 = 887 (Bestät.); vgl. St. Galler ÜB. 2, 64
u. 65 (856); Passau Mon. Boica 28, 66.
■*) MG. Capit. T, 92 c. 4: ef ut nemo fugitivos fiscales suos, qtti
se ininste et cum fr au des liberas diciint, celare neque abs-
t rohere cum permrio vel alio ingenio presti7nat.
^) Vgl. MG. Capit. I, 113 c. 5 ; 114 c. 7; dann insbesondere 1, 14c
c. 4 (808) ; vgl. 143 c. 4.
") Ebenda 145 c. 3 (801 — 14?); vgl. 215 c. 7.
') Ebenda 114 c. 7 (803); 215 c. 7: Si vero testes defuerint, cum
dnabus aliis cartis , quae encsdem cancellarii manu firmatae sunt vel
subscriptae, suam cartam quae tertia est, veracem et legitim arn
esse conßrmet ; 293 c. 11 (819).
*) Hübner, Gerichtsurkunden nr. 209 (815), sowie MG. DCar. 159.
Dazu Mühlbacher Reg.- nr. 887 [787].
— 35 —
vor Gericht als Spuria erwiesen und schließlich auch von
den Produzenten als solche einbekannt wurden.
Möglich, daß schon in der Karolingerzeit Stadt e und
Märkte auf die flüchtigen Knechte und Kolonen eine
besondere Anziehungskraft ausübten. Im Capitularc
de Villis findet sich bereits das Gebot, der iudex solle die
Leute zu eifriger Arbeit anhalten und darauf sehen, daß
sie nicht faullenzend auf den Märkten umherstreunen. ^)
Schon Gareis hat diese Stelle so aufgefaßt, daß es sich um
die Märkte der beginnenden Städte handle, „die bereits ihre
anziehende Wirkung auf die Landbevölkerung auszuüben
anfangen".^) Vielleicht gewinnt in diesem Zusammenhang
nun auch die Beobachtung prägnante Bedeutung, daß in
den Formeln die Klageeinbringung auf Rückforderung der
als Freie sich ausgebenden Kolonen mitunter auch vor dem
Grafengerichte in der Stadt erfolgt. Gewiß wird diesem
Umstand an sich kaum eine entscheidende Bedeutung zu-
erkannt werden müssen, da es sich eben um Formeln
handelt, die aus Städten Westfranciens stammen, hier Sens.
Allein gerade aus Sens sind mehrere solche Formeln über
die Rückforderung von Kolonen erhalten, fünf, von welchen
drei keine solche Beziehung auf die Stadt selbst aufweisen.
Der Beklagte befindet sich in zwei Fällen 3) selbst in der
Stadt und wird in einem davon dem Vogte des klägerischen
Klosters (veniens . . . advocatus . . de monasterio illo)
selbst körperlich zurückgegeben.*)
Nur zu leicht mochten Kolonen oder Knechte, wenn
sie nichtstuend auf den Märkten oder in der Stadt sich
herumtrieben^), dazu neigen, ihren Dienstverpflichtungen
sich dauernd zu entziehen.
*) c. 54: Ut unusquisque itidex praevideat , qtiatenus famüia nostra
ad eorum opus bene läboret et per mercata vacando non cat.
*) Die Landgüterordnung K. Karls d. Gr. S. 53 n.
') MG. FF. 211 nr. I (Senon. rec), sowie 212 nr. 3.
*) Ebenda nr. i: ipsiim hotninem per manibus pro colono ipsius
advocato illius ahbatis visus est reddidisse.
5) Vacare wird doch auch von Geistlichen gebraucht, die ohne
Vorwissen oder Erlaubnis ihres Oberen auswärts herumziehen. MG.
Capit. I, 76 c. 27; vgl. auch MG. FF. 104 nr. 49 (Marculf II).
3*
- 36 -
Hierher gehört auch eine Bestimmung Karls des Großen
aus dem Capitulare missorum Aquisgranense primum von
809, daß die Märkte nicht am Sonntag, sondern an Tagen
abgehalten werden sollten : in quibtis honiines ad opus
dominoriim siLonim debent operari}')
Im ganzen aber wird deutlich, daß den Fällen von
widerrechtlicher Verknechtung Freier sicher ebensoviel,
ja viel mehr Zeugnisse ebenso widerrechtlicher
Selbstbefreiung Unfreier und Höriger gegenüber-
stehen, wodurch jene reichlich kompensiert erscheinen.
Schon Waitz hat aus seiner tiefen Kenntnis des Quellen-
materials heraus im Hinblick auf Unregelmäßigkeiten bei
der Übertragung von Unfreien und dabei unterlaufener
widerrechtlicher Verknechtung erklärt, es sei „ebenso oft
vorgekommen, daß Unfreie sich ihren Herren entzogen, durch
die Flucht oder im gerichtlichen Weg durch falsche Zeug-
nisse".^)
Nun aber müssen auch jene Rechtshandlungen ein-
gehend gewürdigt werden, die auf eine positive Besserung
der sozialen Lage bewußt abzielten. Das sind die Frei-
lassungen. Maurer und Landau, v. Inama und Lamprecht
haben sie sonderbarerweise gar nicht eigentlich sozial-
statistisch in Rechnung gestellt. Erst in der 2. Auflage
seiner Wirtschaftsgeschichte hat v. Inama — wie es scheint
durch eine Bemerkung Bitteraufs veranlaßt — so nebenhin
bemerkt, daß sich „die Zahl dieser Klasse von halbfreien
Personen im Laufe der Karolingerzeit sehr bedeutend ver-
mehrt hat".^) „Von einer wesentlichen Verbesserung ihrer
Lage aber sei, wenigstens im großen und ganzen doch keine
Rede." *) Auch Lamprecht hat, da er die abhängigen Be-
völkerungsklassen betrachtete, vorwiegend an eine Ver-
mehrung derselben durch „Dedition" gedacht.^) Zutreffend
hat Bitterauf bei Herausgabe der Freisinger Traditionen die
Verhältnisse auf dieser geistlichen Grundherrschaft ge-
schildert. Indem er betonte, daß die Ergebung in den
Schutz eines Herrn an und für sich noch keine Veränderung
des Standesverhältnisses begründete, faßt er seine aus den
0 MG. Capit. I, 150 c. 18. 2) VG. 4', 355- ') DWG. i ^ 358.
*) Ebenda 359. ^) DWL. II i, 1146.
— 37 —
Quellen gewonnenen Eindrücke ganz allgemein dahin zu-
sammen : „Mehr als durch Freie wurde jedenfalls die bischöf-
liche Klientel vorerst noch durch Entlassung von Unfreien
und durch die Kinder aus Ehen zwischen Freien und Man-
zipien erweitert."^)
Das gilt aber nicht etwa bloß für Freising oder Bayern,
sondern ganz allgemein. Für Flandern hat neuestens
L. Verriest ganz ähnliche Beobachtungen gemacht. 2) Man
betrachte nur den großen Formelschatz der Karolingerzeit.
Hier treten die Tageserscheinungen auch des sozialen Lebens
uns in treuem Abbilde entgegen. Wie überaus zahlreich
sind da nicht die Freilassungen ! Ich zähle nach der Aus-
gabe in den Mon. Germ. Hist. nicht weniger als 60 Stücke.
Hält man dagegen, daß in eben dieser Sammlung an
Formeln für Verknechtung im ganzen nur 20 Stücke sich
finden, so kann man daraus schon einen beiläufigen Rück-
schluß auf das Verhältnis dieser beiden sozialen Vorgänge
machen.
Von Seite der Rechtshistoriker ist denn auch dieser
Quellenbestand entsprechender gewürdigt worden. Schon
P. Roth hat aus den Testamenten der Merowingerzeit einige
sehr bezeichnende Belege dafür angeführt, die von der
Sozialhistorie leider gar nicht beachtet worden sind.^) Man
höre: „Desiderius v. Auxerre gab 2000 Sklaven die Freiheit;
Bertram und Abbo führen die Zahl nicht an, sie muß aber
bei jedem mehrere Hundert betragen haben. Fälle, wo
reiche Leute, wie Bischof Romulf von Rheims, der Sohn des
Herzogs Lupus, fast alle ihre Sklaven in Freiheit setzten,
waren gar nicht selten." Roth zog zur Illustration des Um-
fanges dieser Freilassungen aber außer den Testamenten
auch bereits die Formeln heran. In einer werden 50 Unfreie*),
in einer andern der zehnte Teil des Bestandes emanzipiert.^)
Das Verhältnis von S. Germain des Pres, wo Anfang des
0 Quell, u. Erört. z. baycr. u. deutsch. Gesch., N. F. 4. Einl. LXXX.
-) Le servage dans le comte de Hainaut p. 26fif. (19 10), für
Westfrancien vgl. H.See, Les classes rurales et le regime doma-
nial en France S. 57 ff.
^) Feudalität u. Untertanverband S. 3 12 f.
*) MG. FF. 406 nr. 16 (S. Gall.). *) ib. 171 nr- 8 (Bituric).
9- Jahrhunderts unter 2788 Haushaltungen nur 120 von
Sklaven sich befinden, wird — meinte Roth — als das
durchschnittliche des 9. Jahrhunderts anzusehen sein. Für
Itahen hatte seinerzeit schon Hegel die „immer häufiger
werdenden Freilassungen" betont.^)
Auch die anderen Quellen aber zeigen das gleiche Bild.
In den Königsurkunden freilich findet sich bis zum Tode
Karls des Großen nur eine einzige Freilassung.^) Sie
werden häufiger unter Ludwig dem Frommen (5)^) und
mehren sich dann in der Folge noch weiter.*) Allerdings
geben uns die erhaltenen Diplome, glaube ich, kein an-
nähernd richtiges Bild von den tatsächlich erfolgten
Freilassungen. Karl der Große hat sicher zahlreiche Unfreie
freigelassen. Das einzige davon überlieferte Stück ist zu-
fällig erhalten, und zwar nur als Originalkonzept in tiro-
nischen Noten auf der Rückseite eines Diploms für Fulda. ^)
Sämtliche Stücke aus der Zeit Ludwigs des Frommen sind
ebenfalls nicht als Diplome, sondern nur durch die For-
mulae Imperiales überliefert. Jene aus der späteren Zeit
aber verdanken wir lediglich dem Umstände, daß die be-
treffenden Freigelassenen augenscheinlich zu einer geistlichen
Grundherrschaft in Beziehung traten und so aus deren
Archiv die Urkunde sich noch erhalten hat. Sicherlich
waren auch da einst viel mehr vorhanden, sie gingen aber
wohl größtenteils verloren, da die vom König Freigelassenen
als Vollfreie eben zumeist nicht in solche Beziehungen traten
und daher auch nicht der Vorteile einer Konservierung ihrer
Urkunden durch ein geistHches Archiv teilhaftig wurden.
Die Freilassung wurde ebenso wie die Tradition an die
Kirche als ein gottgefälliges Werk angesehen, durch das
man sein Seelenheil zu fördern vermöchte. Immer wieder
wird dieser Gedanke in den Arengen der Formeln und Ur-
^) Gesch. d. Städteverfassung von Italien i, 432f. (1847).
■') MG. DCar. 115.
3) Mühlbacher Reg.- nr. 811. 814. 815. 822. 823.
*) Ebenda 1103. 1144. 1351. 1462. 1473. 'S^i. 1752. 1943- 1965.
1983. 2033.
5) Vgl. Tangl in Mitt. d. Inst. 21, 344.
— 39 —
künden hervorgehoben.^) Daher wird begreiflich, daß sie
das tägliche Leben selbst so zahlreich aufweist, wie die
Sammlungen der Geschäftsformulare dartun. Verschiedene
Anlässe wurden benutzt, solche Freilassungen vorzunehmen.
Schon zur Merowingerzeit wurde bei Geburt eines königlichen
Prinzen vom König die Weisung gegeben , daß in jeder
königlichen villa des ganzen Reiches je 3 Dienstleute beiderlei
Geschlechtes freigelassen würden.^) Man bedenke, wie viele
Hunderte das auf einmal ergeben mußte!
Dann bot der Eintritt in den geistlichen Stand ebenso
Hunderten, ja Tausenden die Gelegenheit, frei zu werden.
Bekannt ist es ja, daß Kaiser Ludwig der Fromme gleich
am Beginne seiner Regierung die Bestimmung getroffen hat,
es solle kein Bischof jemandem die Weihen erteilen, bevor
er nicht von seinem Herrn die Freiheit erlangt habe.^) Ob
dies uns erhaltene Capitulare von 818 eine neue Satzung
war.? Der Motivenbericht, wie auch die Ausführungsbe-
stimmungen zu dieser Verordnung legen eher den Gedanken
nahe, daß schon vorher mindestens gewohnheitsrechtlich
ein solcher Vorgang als der rechtmäßige und normale be-
trachtet wurde. Servi waren, so heißt es da, stellenweise
(passim) ohne Unterschied (indiscrete) zu Klerikern gemacht
worden. Von jetzt ab sollten sie erst freigelassen werden.
Wäre aber ein Servus dazu gelangt, der seinem Herrn ent-
flohen sei, oder mit falschem Zeugnis oder sonst einem
Betrug es erreicht habe, so solle er abgesetzt werden
(deponatur).
Schon seit dem 5. Jahrhunderte war durch die kaiser-
liche Gesetzgebung wiederholt verboten worden, Sklaven zu
weihen. Die Kirche hatte dies Verbot immer wieder ein-
geschärft.*) Das Capitulare Ludwigs des Frommen nimmt
direkt auf jene älteren Bestimmungen Bezug. Und Boretius
') Vgl. MG. FF. Arvern. nr. 3.4; Marculfi nr. 32. 33. 34. 39 ; Senon. i ;
Sal. Merkel, nr. 13; Sal. Lindenbrog. 9. 10. 11 ; Turon. 12; Bituric. 8;
I.audun. nr. 14 u. a. m.
-) Ebenda Form. Marculfi I nr. 39.
^) MG. Capit. I, 276 c. 6 (818).
*) Vgl. Loening, Das Kirchenrecht im Reiche der Merowinger
2, 28off.
— 40 —
hat bereits bei der Neuausgabe desselben auch auf die Ad-
monitio Karls des Großen vom Jahre 789 verwiesen, deren
Tendenz doch gleich gerichtet ist. Zahlreich sind denn auch
die Quellenbelege ^) über Freilassungen von Personen, die
sich dem geistlichen Stande widmen wollen.
Ferner aber wurden sehr viele Unfreie auch dadurch
frei, daß Tradenten von dem an die Kirche tradierten Gute
einen Teil der Manzipien mitunter ausnahmen und frei-
ließen, oder die Erlaubnis dazu sich vorbehielten, oder sie
der Kirche erteilten.^) In dem Passauer Material findet sich
ein Fall, daß 2 Manzipien geschenkt werden mit der Be-
stimmung, deren Kinder sollten der Kirche dienen et discant
littcras. ^^
Nahezu ganz unbeachtet ist geblieben, daß auch in den
Traditionsbüchern sehr viele Belege für die Frei-
lassung von Unfreien vorkommen. Was in den Formeln
als manumissio ad ecclesiam bezeichnet wird*), findet hier
seine konkreten Beispiele. Man ließ Manzipien frei mit der
Bestimmung, daß sie in den Schutz (mundoburd oder
patrocinium) einer Kirche eintreten und einen geringen Zins
— 2 — 4 Denare, auch in Wachs — entrichten sollten
(Wachszinsigkeit).
In den Weißenburger ^) , Lorscher ^) , Fuldaer ') und
Freisinger ^) Traditionen kommen solche Fälle jedenfalls viel
häufiger vor als Beispiele von Verknechtung.
Seeliger hat eine analoge Formel des 10, Jahrhunderts
mißverstanden und so ausgelegt, als ob es sich dabei um
eine Übertragung von Knechten gehandelt habe, denen die
1) Vgl. MG. FF. 215 nr. 9; 534 nr. 2; Form. Imp. nr. 33. 35;
App. nr. 2; Sal. Merk. nr. 44; St. Gall. ÜB. 2, 37 (851) u. a. m.
-) Tradit. Frising. (ed. Bitterauf) nr. 38. 59. 240, 400 a. 634.
Wizzenburg. (ed. Zeuß) nr. 9; Cod. Lauresham. i, 598 nr. 763.
"") Mon. Boica 28, 53 nr. 64. *) MG. FF. Augiens. nr. 34.
^) Zeuß a. a. O. nr. 51. 68. 102. 126. 166. 168. 191.
") Cod. Lauresham. dipl. 2, 1 12 nr. 1 102 ; 220 nr. 1477 ; 248 nr. 1592 ;
407 nr. 2199; 3, 253 nr. 3731; 269 nr. 3767; vgl. auch 2, 46 nr. 936.
') Cod. dipl. Fuld. (ed. Dronke) nr. 264. 279. 296. 359. 378. 382.
417. 421. 466. 475. 516, 551.
*) Vgl. neben den oben n, 2 zit. Stücken Bitterauf nr. 858, sowie
die Neuchinger Dekrete von 772 MG. Concil. 2. i, c. 8. 9. 10.
— 41 —
freie Wahl eines Mundiburdiums zugestanden worden sei.^)
Schon Brunner hat diesen Irrtum richtiggestellt. 2) Nicht
selten wird bei der Verkürzung der ÜberHeferung in den
Traditionsbüchern ■'^)das Formular der Freilassungs-
urkunden weggelassen und einfach von einer Tradition
zu Zins in Geld oder Wachs nur gesprochen.
Weiter aber lassen sich Spuren dafür nachweisen, daß
mitunter auch bei Traditionen die Absicht mitwirkte, eine
Freilassung herbeizuführen; d.h. man gab einen Teil der
tradierten Güter nur mit gewissen Vorbehalten. So behält
sich in einer St. Galler Urkunde ein Tradent ein gewisses
Gut zu Zins vor, und zwar auch für seinen Sohn : si in-
genuus licet fieri. Falls dies nicht möglich sein sollte, sollen
es die Töchter zu Zins innehaben.*) In einem anderen Falle
erteilt dasselbe Kloster einem Tradenten 2 Hufen zu Benefi-
zium auch für seine Frau und Tochter: silibertateni accipiant^)
Das führt zu jenen Fällen, wo direkt durch die Hingabe
von' Grund und Boden ^) oder anderes Gut (Geld) '^) die
Freiheit erworben wurde. Die Halbfreien (Freigelassenen)
konnten sowohl nach burgundischem wie nach friesischem
Recht {von ihren Herren durch eigene Habe ihre Freiheit
erkaufen, ^j
Der Stand der Freien erhielt aber auch noch dadurch
Zuwachs, daß bei H e i r a t e n f r e i e r F r a u e n mit einem
servus dem aus dieser Ehe zu erwartenden Nachwuchs im
^) Die Soziale u, polit. Bedeutung der Grundherrschaft im früheren
INIittelalter S. 72.
^) DRG. I ■-, 363 n. 47. ^) Vgl. im i. Teil dieses Werkes S. 109.
*j Wartmann Uß. i nr. 181.
•"') Ebenda nr. 331. Hier haben wir also das Gegenstück zu den
von Brunner DRG. i ^ 354 allein angeführten Fällen vor uns, wo die
Möglichkeit einer drohenden Verknechtung vorgesehen wird. Wenn
dafür der Heimfall des zu Prekarie verliehenen Gutes vorbehalten
wird, so ist dies wohl eher aus dem Interesse der Grundherrschaft
wider Entfremdung ihres Gutes (vgl. im i. Teile dieses Buche.s
S. 212 f.) denn jenem des Prekaristen zu erklären, wie Brunner meint.
Vgl. dazu noch die Urk. v. J. 863 (ebenda nr. 494) ; si au/em anollic-
rint heredes mei, tit proprietatein suam contincri ncn possint . . . hcre-
ditas illoriim vwnasterio revertaUir.
«) Ebenda nr. 446 u. 645. 657. ') Vgl. MG. FF. Senon. nr. 43.
^) Vgl. meine ,, Grundlagen" 2, 171.
— 42 —
Vertragswege, durch eine Urkunde des Herrn (conculcaturia),
die Freiheit vorbehalten, bzw. gesichert wurde. Solche Fälle
müssen sehr häufig vorgekommen sein. Denn es handeln
davon nicht nur viele Formeln ohne Unterschied der Her-
kunft ^), auch eine Instruktion Karls des Großen an die Missi
setzt das mit Bezugnahme auf ein darüber erlassenes Capi-
tulare als einen offenbar alltäglich vorkommenden Fall
voraus.^) v. Inama hat das nahezu ganz übersehen, da er
die Bedeutung der „seit alters geübten Grundsätze, daß die
Ehe mit Unfreien selbst unfrei mache und daß die Kinder
solcher gemischter Ehen der ärgeren Hand folgen", bei
w^eitem überschätzte.^)
Zudem war es auch möglich, die Kinder mit unfreien
Frauen vor der Verknechtung durch fromme Zuwendimgen
(Tradition) zu bewahren.*)
Endlich gab es stellenweise eine (römisch - rechtliche)
dreißigjährige Ersitzungsfrist der Freiheit, d. h. der,
welcher nachweisen konnte, daß er durch dreißig Jahre als
Freier gelebt und keine Knechtesleistung verrichtet habe,
behauptete damit seine Freiheit wider Anfechtung von außen.
In den alten Formeln von Angers findet sich bereits ein Bei-
spiel dafür. ^) Auch eine Urkunde Ludwigs des Frommen
für Aniane, die von flüchtigen Hörigen handelt, bezeugt dies
wiedei.*') Aber auch in Deutschland ist dies tatsächlich vor-
gekommen. Das lehrt die Urkunde K. Konrads I. für Chur
vom Jahre 913, durch welche der König als schlechte, und
von jener der anderen Kirchen abweichende Gewohnheit
verbietet, daß die Unfreien dieses Bistums sich nach Ablauf
von 30 Jahren befreien.')
^) Ebenda Andecav. nr. 59; Marculf II nr. 29; Sal. Bignon. nr. 11;
Sal. Merkel, nr. 31; Lindenbrog. nr. 20; Alsatic. nr. 18. 19. Augien.s.
nr. 41. — Nach langobardischem Recht fiel diese Nachkommenschaft
an den Fiskus (vgl. Mühlbacher Reg.- nr. 592. 1188), bzw. an die
kirchl. Grundherrschaft (ebenda nr. 597 u. 717).
-) MG. Capit. I, 145 c. 8 (801—14?). ') DWG. i ^ 329.
*) Vgl. St. Galler ÜB. nr. 447- ') MG. FF. 8 nr. 10 (a.b).
") Mühlbacher Reg.* nr. 728 : mancipia j>er loca diversa fugitiva
. . . secundum legem Rotnanam tricennio se defendere vohierint.
■') MG. DK. nr. 11: nullus servorum vel ancillarutn ad eandem
Cnriensem aecclesiam pertinentium se per tricennia iempora libe^'are ddii-
— 43 —
Und das ist entgegen der herrschenden Lehre von der
allgemeinen Verknechtung der Freien am Ausgang der
KaroHngerzeit meines Erachtens überhaupt als vorherr-
schende Tendenz -der sozialen Entwicklung dieser Zeit zu
erkennen: die unfreien Klassen streben mit Erfolg
auf verschiedenen Wegen nach der Besserung
ihrer Stellung, eine Aufwärtsbewegung zur Frei-
heit wird weithin ersichtlich.
Wir besitzen noch andere Zeugnisse genereller Bedeu-
tung dafür. Das Ergebnis der karolingischen Entwicklung
spiegeln ja am besten die Quellen des lO. Jahrhunderts wider.
Aus dem Züricher Urkundenschatze hat sich eine Auf-
zeichnung von 924 — 31 erhalten über zahlreiche Hörige des
Chorherrnstiftes zu Höngg, welche sich widerrechtlich aus
der Stellung von servi in die der censores ziehen wollten.^)
Im Jahre 985 läßt sich der Bischof ^von Passau von
Kaiser Otto III. Immunitätsrechte für die Freien erteilen, die
er auf seinen Gütern in der Ostmark ansiedeln wollte, da
er keine unfreien Leute zur Verfügung hatte.^)
Endlich aber verdient besonders das von Otto III.
(996 — 1002) erlassene Edikt ^) über die Unfreien, welche zu
Unrecht sich die Freiheit anmaßen, in diesem Zusammenhange
unsre Aufmerksamkeit. Man sieht aus diesen Bestimmungen
— der obligatorischen Entrichtung eines Rekognitionszinses
von I Denar am i. Dezember jeden Jahres, sowie eines
Memorialzinses für die Söhne und Töchter von Unfreien im
25. Lebensjahre, der Abschaffung jeder Verjährung der Un-
freiheit — wie allgemein jene Bestrebungen, die uns aus
der Karolingerzeit bereits bezeugt sind, jetzt schon geworden
sein müssen. Das Edikt wird motiviert durch die ständigen
Klagen der Fürsten des Reiches, geistlich wie weltlich, reich
ceps audeat, sicuti hactenus ut audivimus mala coitsuehi-
dinc et dissi7nili aliarum aecclesiarum fecerant, quin potius sicubi
tales forte repperiuntiir, nostra regali auctoritaie servire compellantur.
') Züricher ÜB. i, 80: isti voluerunt se iniuste ad censores tr altere . . .
*) MG. DOIII nr. 21: quatenus videlicet ingenui, qui ex inopia
s er vor um in locis aecclesiastici patrimonii constituerentur coloni.
3) MG. Constit. i, 47.
— 44 —
und arm, groß und klein, daß sie von ihren Eigenleuten
den schuldigen Zins und Dienst nicht erlangen könnten.^)
Nun aber die Probe auf die Richtigkeit der hier ver-
tretenen Auffassung!
Daß noch eine breite Masse von Freien im 9. Jahr-
hundert vorhanden war, beweisen vorerst die Capitularien,
durch welche die Konskription der Freien den Missi, bzw.
Grafen für ihren Gau aufgetragen wird^), sei es zum Zwecke
des Aufgebotes, sei es auch behufs Leistung des Fideli-
tätseides.^)
Wir finden ferner konkret in den verschiedenen Quellen
des 9. Jahrhunderts zahlreiche Freie allüberall als
Hintersassen der Grundherrschaften bezeugt. Ich füge zu den
schon von Waitz*) und Seeliger ^) angeführten Belegen noch
einige weitere hinzu : für Corvey ^), Gandersheim '), Werden ^),
Fulda»), Murbach 10), Hornbach^^), Freising ^2), Weißen-
burg i. E.i^), Hersfeld ^*j, Prüm^^j, Lorsch 1^), Salzburg i''),
St. Emmeram^^). St. Gallen'^), für Westfrancien 2") und
Italien. ^1) Ganz allgemein setzt ein Capitulare Ludwigs
des Frommen voraus, daß Freie, die kein Eigengut haben,
auf herrschaftlichem Grunde ansässig sind. '^^) Schon die
^) A. a. O.: diuhirnis querimonüs causentttr, se a serm's suis pro-
priis viris debitnm et proprium non possc Jiabere ohsequium.
-) MG. Capit. 2, 7 c. 7 (829); 10 c. 5; 19 c, 7.
3) Ebenda 2, 345 c. 6 (873). *) VG. 4 -, 335.
^) Die soziale u. politische Bedeutung der Grundherrschaft S. 135 f.
") Mühlbacher Reg.- nr. 924. '') Ebenda nr. 1550.
*) Ebenda nr. 1554. ^) Dronke, Cod. dipl. Fuld. nr. 374.
*") Mühlbacher Reg.- nr. 624. 1069. ") Ebenda nr. 1039.
^^) Bitterauf nr. 343. Vormoor, Soziale Gliederung im Franken-
reich S. 80.
'^) Zeuß, Trad. Wizz. 275 nr. VI. >*) MG. DCar. nr. 129.
'^) Ebenda 108 (775). '*) Cod. Lauresham. i nr. 730 (testes!).
»') Salzb. ÜB. I, 20. 18) Mühlbacher nr. 1404.
'9) ÜB. I, 43 nr. 42.
^'') MG. DCar. nr. 193. 704; Mühlbacher nr. 875, sowie Heck
a. a. O. I, 66. Vgl. auch H. See, Les classes rurales et le regime
domanial en France S. 76.
^1) Mühlbacher nr. 1122. 1134. 1204. 1629. 1630. 1631. 1632. 1633. 1668.
--) MG. Capit. 2, 19 c. 6: de liberis hominihis, qui proprium neu
habent, sed in terra dominica resident . . .
— 45 —
ältesten Formeln für Immunitätsurkunden tun dies regel-
mäßig ebenso.^)
Dazu stimmen endlich auch die statistischen Nachweise,
die wir für einzelne geistliche Grundherrschaften jener Zeit
besitzen. Guerard hat aus den großen Polyptychen für
St. Germain des Pres 1430 mansi ingenuiles, 25 lidiles und
191 serviles herausgerechnet ^), für St. Remi 479 m. ingen.,
196 m. serviles, 123 accolae.^)
Für Italien hat L. M. Hartmann aus den Quellen für
Bobbio etwa 300 Libellarier (Freie) und 350 Massarii (Un-
freie) ermittelt.*) Dazu kommen aber noch die Arimannen
(Freie), und zwar mindestens 33^), so daß beide Gruppen
etwa gleichgroß anzusetzen wären. Ähnliches ist für St. Giulia
(Brescia) jüngst von G. Luzzatto nachgewiesen worden.")
Aber auch für Deutschland bieten die Nachrichten über
Augsburg ganz deutliche Ziffern : nimisos ingenuiles 1006
(bzw. mit dem absi 1041), serviles 421 (bzw. 466).") In
Lorsch überwogen an einzelnen Orten die mansi ingenuiles
ebenso.®) Gewiß geben diese Zahlen insofern kein ganz zu-
treffendes Bild, als ja schon nachgewiesen worden ist, daß
auch mansi ingenuiles stellenweise mit servi besetzt waren.")
Da aber auch das Umgekehrte vorkam, können wir immer-
hin diese Zahlen als beiläufigen Ausdruck der ursprünglichen
Verhältnisse ansehen.^") Die Zahl der Unfreien wird sich
kaum gemehrt haben.
Denn nun gewinnt auf Grund dieser Nachweise meines
Erachtens auch eine statistische Beobachtung, die von Inama
gemacht hat, ihre bedeutungsvolle Erklärung. Das ist die
geringe Vermehrung der Leibeigenen. Indem er
gegenüber der von der älteren Forschung behaupteten
') MG. FF. Marculf I. 3 u. 4. *) Polyptyque d'Irminon i, 891.
') Polyptyque de l'abbaye de St. Remi de Reims 1853 pref. XLVI.
*) Analekten z. Wirtschaftsgesch. Italiens S. 57 u. 59.
•') Ebenda S. 60. «) A. a. O. S. 7ofT. ') MG. Capit. i. 252 c. 9.
*) Cod. Lauresham. 3, 218: ingen. 33^2, serviles 27.
") So schon Guerard Polyptyque d'Irminon i, 582 und See, Les
classes rurales et le regime domanial en France S. 55, dann auch
Vormoor a. a. O. S. 65 f.
1«) So auch Guerard a. a. O. 583 u. Vormoor S. 59, anders Haff, '
Zs. f. RG. 35, 466.
- 46 - •
starken Zunahme dieser Bevölkerungsklassen aus den Quellen
Belege für das Gegenteil davon nachwies ^), hat er sich ver-
geblich bemüht, diese auffallende Tatsache einigermaßen zu
erklären. Sie wird ohne weiteres verständlich durch den
Hinweis auf die zahlreichen Freilassungen. Allerdings dürfte
wohl auch der Umstand in Rechnung zu stellen sein, daß
manche Unfreie in den benutzten Quellen nicht ausgewiesen
sind, da sie in anderen Betrieben (Handwerk, Handel,
Transportdienst) tätig waren, über welche jene keine Nach-
richt geben.
Noch ein Punkt bedarf näherer Klärung. Es erlangten
ja nicht alle Freigelassenen sofort die volle Freiheit. Das
hat man früher zwar gelegentlich angenommen^), ist aber
heute wohl schon zur Genüge richtiggestellt worden.^)
Sehen wir von jenen Fällen ab, die nur eine bedingte
Freilassung gewährten, post discessum des Freilassers*), so
gliedern sich die unbedingten Freilassungen (a die presente)
wesentlich in zwei große Gruppen. Solche, die volle Frei-
zügigkeit, und solche, die nur eine beschränkte Freiheit ge-
währten. Erstere machten zum civis Romanus und schlössen
jedes litimonium , bzw. onus patronati ^) oder libertinitatis
aut patrocinatus obsequium aus. Sie werden gelegentlich
auch als melior libertas bezeichnet.®)
Es muß aber betont werden, daß solche Freilassungen
auch in ecclesia stattfanden mit Berufung auf die Kon-
stitution Konstantins, nach welcher der Schutz über die
hier Freigelassenen der Kirche überwiesen erscheint.'') Sic.
>) DWG. I, 239, dazu Tabelle nr. 5 = i ^ 328 ff.
*) So u. a. z. B. von M. Fournier , Essai sur les formes et les
effets de raffranchissement dans le droit gallo-franc. Bibl. de l'Ecole
des hautes etudes Ser. IV Fase. 60 (1885) p. 133 ff. Vgl. auch J. Havet
in Revue critique 2, 23 (1875) = Oeuvres 2, 4.
^) Vgl. jetzt besonders Brunner RG. i-, 355ff. , wo auch die
übrige Literatur zitiert ist. Seitdem noch Vormoor, Soziale Gliede-
rung im Frankenreich (Leipziger histor. Abhandl. 6) 1907.
*) MG. FF. Andecav. nr. 23 ; Marculf. II nr. 33 = Augiens. B. nr. 19.
^) Vgl. Form. Arvern. nr. 3 u. 4.
*) Bituric. nr. 9.
') Bitur. 9. Senon. app. nr. 3. Dazu auch Vormoor S. 24. Brunner
I ^ 362.
— 47 —
sind in den Formeln am meisten vertreten.^) Hält man
dazu noch die Freilassungen per denarium, die durch den
König oder in seiner Gegenwart^) oder auf seinen Befehl
hin erfolgten ^) , so bleiben von den Formeln nur relativ-
wenige übrig, in welchen bloß eine beschränkte Freiheit
erteilt wird.
Gewöhnlich wird der Freigelassene da in den Schutz
eines Heiligen, d. h. also einer geistlichen Grundherrschaft,
gestellt.*) Aber diese Erwähnung des Schutzes findet sich
auch in solchen Formeln, die ausdrücklich jedes obsequium
libertinitatis oder litimonium ausschließen.^) Es wird dort,
wo der Schutz vorbehalten bleibt , doch ausdrücklich er-
wähnt, es geschehe dies : 7i07i ad adfligendum, sed ad defen-
sandum ^) ; oder betont, daß dieser Schutz der Kirche statt-
habe p7'o infestatione malorum hominum und die dafür zu
entrichtende Wachskerze gelte: non pro iillo servicio requi-
rendo, sed pro sua ingemiitate defensanda atque finnanda'^),
oder zu dem Zwecke : ita ut nemo eum ulterius ad coactuiii
serviciimi repetere temptet.^) Ein Rekognitionszins also, der
zugleich die soziale Qualität kenntlich machen und sichern
sollte. Die Kirche nahm nicht prinzipiell den Schutz über
alle Freigelassenen überhaupt für sich in Anspruch, sondern
trat für die Wahrung jenes Status ein, der den Unfreien
bei der Freilassung in ecclesia zuteilgeworden war, ins-
besonders auch von selten weltlicher Grundherren, die nach-
1) Vgl. außer den schon zit. noch: Marculf. II nr. 32, 34; Türen,
nr. 35 ; Senon. i ; Senon. rec. nr. 9; Sal. Merk. nr. 13. 43. 44; Sal. Linden-
brog nr. 10; Imperial, nr. 33. 35 ; Imp. Addit. nr. 2; Argentin. nr. i;
Augiens. 18. 20. 42 ; St. Gall. Mise. nr. 6 ; Lindenbrog 9 u. 20 ; Laudun. 14.
Extravag. nr. 16. 17. 18; Wisigoth. nr. 2 — 6.
'^) Form. Marculf. I nr. 22 ; Marculfin. aevi Karol. 27 = Senon.
nr. 12 = Sal. Bignon. nr. i = Sal. Merk. nr. 40. Imperial, nr. i. 34.
^) Marculf. I nr. 39, II nr. 52.
*) MG. FF. Andecav. nr. 20; Türen. 36 ; Bituric. nr. 8; Sal. Bignon.
nr. 2; Augiens. 21. 34; Extravag. nr. 19.
^) Marculf. II nr. 32, vgl. auch nr. 34; Senon. i ; Lindenbrog. nr. 9;
Augiens. 42; S. Emmeram. II. 9.
«) Form. Sal. Bignon. 2; Lindenbrog. 11.
■') Form. Sal. Merk. nr. 14.
*) Form. Argentin. nr. 2.
- 48 -
her, scheint es, nicht selten eine Wiederverknechtung zu
bewirken suchten.^)
Beachtenswert scheint mir insbesondere, daß mehrere
Formeln, durch die eine Freilassung zum civis Romanus
ertolgte, noch eine Grußformel mit Adresse überliefern. Sie
wendet sich: ///. ///. liberto nostro, hz^. libertis?)
Aus diesem Quellenbestand wird der Sachverhalt, meine
ich, deutlich. Zwei Schichten sind in sozialer Beziehung zu
unterscheiden. Die niederen Freigelassenen liberti oder Uten
(in Nordwestdeutschland), welche zu gewissen Leistungen an
die Grundherrschaft verpflichtet erscheinen — litimonium,
libertaticum, obsequium libertinitatis — und jene, die davon
ausdrücklich befreit und als ingenui bezeichnet werden. Ihre
Freiheit (ingenuitas) wird auch als die bessere (melior)^), oder
volle (plena, integra)*) in den Formeln hingestellt. Dagegen
wird die Freilassung mit Vorbehalt einer bestimmten Schutz-
herrschaft als bedingte (respectabilis) betrachtet.^)
In den Traditionsbüchern kommen naturgemäß nur
Beispiele dieser letzteren vor, da nur dann ein Anlaß eintrat,
sie hier zu überliefern. Fraglich könnte bloß sein, ob auch
dort, wo jedes obsequium libertinitatis ausgeschlossen und
nur das mundiburdium vorbehalten erscheint^), der also
Freigelassene bloß die niedere Freiheit erlangte. Ich glaube
ja. Denn einmal erscheint doch in den Freilassungsformeln
das obsequium patrocinatus auf gleicher Stufe mit dem
litimonium oder libertaticum '') , ferner wird bei dieser Ge-
legenheit einmal auch von einem onus patronati gesprochen^),
und endlich geradezu die ingenuitas sub patronum der ingen.
latina als anderer Typus gegenübergestellt.^)
^) Vgl. meine „Grundlagen" 2, 2 14 ff.
-) Form. Wisigoth. nr. 2. 5 u. 6. ^) MG. FF. Bituric. nr. 9.
*) Ebenda Marculf. II. 32 et vitam semper bene et iniegra ducas
i7igeniia = Augiens. nr. 18. Augiens. nr. 42 sed integro ingenuitate
vivas. Form. Imp. nr. 55 iustc et legaliter plenam adsecuti sunt liber-
tatem , ib. zw plenariam libertatem esse consfituit (durch Testament
lizw. carta).
°) Form. Lindenbrog. flr. 11.
") Siehe oben S. 47 n. 5. ') Form. Bituric. nr. 9.
•*) Form. Arvern. 3 u. 4. ") Vgl. Form. Turon. 35 u. 36.
— 49 —
Deutlich illustriert eine in dem Weißenburger Traditions-
buch erhaltene Freilassungsurkunde diese Verhältnisse. Sie
handelt von Mägden, die zur Wachszinsigkeit frei wurden,
und bietet außer dem üblichen Formular dann noch die
erläuternde Bestimmung : et deinceps sint firmiter ingenue
permanentes, sicut et alii tributarii vel censarii seti epistolai'ii ,
qtii per talem conditionem sunt relaxati ingenui. ^)
Auch eine in der Sammlung von Flavigny erhaltene
Testamentsformel, die unter anderm von Freigelassenen
handelt und den liberti Freiheit von dem lidemonium aus-
drücklich zusichert, betont doch, daß sie keine Freizügigkeit
und keine Veräußerungsbefugnis der ihnen geschenkten
Güter haben sollen.^)
Auf beide Klassen wird die Bezeichnung ingenui
mitunter angewendet, beide können aber auch als
liberti bezeichnet werden. Auch die cives Romani, wie
die lex Ribuaria tit. 6i beweist.^) Auch letztere sind noch
gewissen erbrechtlichen Beschränkungen unterworfen und
schon deshalb nicht den Geburtsfreien ganz gleichgestellt.
Sie können aber durch denariatio dazu gelangen.*) Diese
Erhebung zu Vollfreien muß in der Karolingerzeit sehr
häufig vorgekommen sein, trotzdem uns die königlichen
Diplome darüber nur in spärlicher Zahl überliefert sind.
Das lehren , wie wir sahen , doch die Formeln mit ihrer
besonderen Eigenart.-'*)
Jedenfalls hat der Stand der Vollfreien durch diese Frei-
lassungen, sowie die früher besprochenen Selbstbefreiungen,
bzw. Ersitzung der Freiheit durch Tricennal -Verjährung der
Unfreiheit sehr viel größeren Zuwachs erhalten, als die
sicher vorhandenen Abgänge und Einbußen durch Ver-
knechtung und sozialen Druck sonst bedeuteten.
1) Zeuß, Tradit. Wizz. nr. i66 (837).
*) MG. FF. 476 nr. 8 : super ipsas terras pro ingenuos conmanent
et aliubi conmanendi nullam habeant potestatetn, sei ad ipsa loca smicta
debeant sperare; vgl. dazu auch Vormoor a. a. O. S. 25.
*) Vgl. Zeumer , Über die Beerbung von Freigelassenen durch
den Fiskus, Forsch, z. deutsch. Gesch. 23, 196.
*) Vgl. H. Brunner, Die Freilassung durch Schatzwurf, Histor.
Aufsätze für Waitz (1886) S. 57.
•') Siehe oben S. 47.
D op s ch , Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit. II. 2. Aufl. 4
— so —
Die große Masse der allüberall vorhandenen Hörigen
erklärt sich nun ganz ungezwungen durch die zahllosen
Freilassungen niederer Art. Nicht nur fromme Zwecke
wirkten dazu mit. Nicht nur die Kirche hat sie gefördert.
Wie bei der Tradition von Grund und Boden, so sind auch
hier wirtschaftliche Motive sicher sehr einflußreich gewesen.
Je mehr Grund und Boden von den Grundherrschaften auf-
gesammelt und vereinigt wurde, desto mehr Arbeitskräfte
waren notwendig, ihn zu erschheßen und nutzbar zu machen.
Die vorhandenen mochten dazu nicht genügen^), wie immer
man auch hospites und adventicii, extranei^), etwa hinzuzog
und accolae beschäftigte.^) Es gab aber ein Mittel, die
vorhandenen Arbeitskräfte wirksamer auszunutzen und deren
Leistungskraft bedeutsam zu steigern. Wenn man den Un-
freien freiließ, ihm seine Habe schenkte, war er durch das
Interesse am eigenen Gewinn zur Übernahme weiteren
Herrschaftslandes und dessen Bebauung wohl stets zu haben.
Hier fanden die unfreien Leiheformen (Kolonat, Freistift u. a.)
ihre breite Anwendung. Hier konnte man auch die be-
sonders große Zahl der persönlich Freien (cives Romani und
Mundlinge), die bloß zu Zins verpflichtet waren (Wachs-
zinsige), wirtschaftlich verwerten, indem man ihnen unbe-
bautes Land im Wege der Precaria (data) verlieh. Welch
gute Spekulation auf künftigen Profit mit dieser Leihe „auf
1) Vgl. dazu auch, was M. Fournier, Les affranchissements du V
au VIII siecle (Revue Hist. 21, 52 1883) für Westfrancien und G.Luzzatto
a.a.O. S. 128 ff. für Italien darüber bemerkt haben, sowie Brunner
RG. I, 208 = I^ 301 ff.
-) Vgl. über diese Duvivier, Revue d'hist. et d'archeol. i, 74 ff.
(1859): Gu^rard Polyptyque d'Irminon i,627ff,; Garsonnet, Histoire des
locations perpetuelles S. 283; Stutz, Gesch. d. Benefizialwesens i, 177,
sowie H. See , Les ,,h6tes" et les progres des classes rurales en
France au moyen äge, Nouv. Revue Hist. de droit frangais et etranger
22, ii6ff. (1898); H.See, Les classes rurales et le regime domanial
en France S. 64f., sowie" Vormoor a. a. O. S. 67f. 71. — Unter hos-
pites konnte man allerdings auch jene Personen verstehen, die sich
gegen Tradition entsprechender Güter an die domus hospitum oder
peregrinorum daselbst eine ständige Unterkunft (Leibzucht) sicherten.
Vgl. ÜB. V. St. Gallen nr. 572 (873), s. auch nr. 646 (885).
^) Siehe im i. Teil S. 273 f.
— 51 —
Besserung" verbunden war, ist schon im i. Teile dieses
Werkes ausgeführt worden.^)
Eine ungeheuere Masse von verschieden gestellten Hinter-
sassen wiesen diese Grundherrschaften der Karolingerzeit
innerhalb ihrer „Familia" ^) auf. Von den mancipia intra
curtem, auch mancipia salica ^), den Hausdienerschaften und
landwirtschaftlichen Arbeitern auf Eigenbauland, zu den
mancipia in hobis *), auch servi beneficiales gelegentlich im
Gegensatz zu den propra genannt ^) , Kolonen , Liten und
mansuarii^), weiter zu den censuales (cerocensuales) und
Prekaristen, den liberi oder ingenui in bloß wirtschaftlicher
Abhängigkeit und Verbindung. Soziale Klassen also von
großer Distanz untereinander auf demselben Boden einer
Grundherrschaft vereinigt, die sicher durch die wirtschaft-
liche Abhängigkeit von jener ihre persönliche Stellung all-
mählich z. T. auch verschlechterten.
Aber wir werden nunmehr diese großen Grundherr-
schaften und ganz besonders die kirchlichen auch noch von
einer anderen Seite her betrachten müssen. Sie wirkten
gewiß als Empfänger zahlreicher Traditionen an Grund und
Boden wie an Manzipien zunächst wirtschaftlich und sozial
aufsaugend. Allein mit dieser äußeren Zusammenballung
im großen ging doch auch im Innern eine Lösung und
Lockerung der Einzelbestandteile im kleinen Hand
in Hand. Das Eigeninteresse, die weiten Schenkgüter wirt-
1) S. 269 f. Dazu auch die Urk. von 870 St. Gall. ÜB. 2, 165 nr. 550 :
Si autem ab ipso mottasterio aliquod territorium in causa beneßtii acce-
pero, tunc ipse census in gtiatitum possit augeaiur.
*) Vgl. dazu K. Gareis, Die „familia" des Capitulare de villis
vom Jahre 812 in Festschrift f. G. Cohn 1915 S. 261 if., dessen Über-
setzung mit „Gutsangestellten" freilich dem darüber hinausreichenden
größeren sozialen Inhalt der familia (vgl. Gareis selbst a. a. O. S.265!)
nicht entspricht.
*) Wartmann ÜB. 2, 157 (869).
*) Vgl. MG. FF. 404 nr. 12: mancipia intra curtem et in hobis 120.
Vgl. Wartmann ÜB. 2, 162 u. 164 (870). Ähnlich auch bei Freising:
mancipia infra domum Bitterauf nr. 44 (8 et Colones 2) 300 (6 et mansos
vesiitos et betie ad servitium paratos 4).
*) Vgl. den Brief Agobards von Lyon (822—29) in MG. Epp. 5, 204. 2.
«) Über diese Brunner in den Histor. Aufsätzen für Waitz
(1886) S. 68 f.
— 52 —
schaftlich zu erschließen und finanziell nutzbar zu machen,
veranlaßte ein System von Landleihen, die niederen, bis
dahin landarmen Bevölkerungsklassen die Möglichkeit wirt-
schaftlicher Erstarkung und sozialen Aufschwunges boten.
Schon Döberl hat bei der Betrachtung der Grundherr-
schaft in Bayern vom lo. bis 13. Jahrhundert zutreffend
hervorgehoben, daß viele der Tradenten an kirchliche In-
stitute eben durch ihren Eintritt in den Kreis freier Cen-
sualen vor der Aufsaugung durch den adeligen Großgrund-
besitz und dem Bauernlegen bewahrt wurden, die geistliche
Grundherrschaft ihnen somit eine Gewähr für die Behauptung
ihrer Freiheit bot.^)
Zudem ist die hergebrachte Ansicht, als ob das tradierte
Gut ohne weiteres in die große Grundherrschaft aufgegangen
sei, gar nicht zutreffend. Das beweisen die zahlreichen
Rückkaufs vorbehalte in den Traditionsurkunden. Die
Wirtschaftshistorie ist an ihnen unter dem Banne der herr-
schenden Theorie blind vorbeigegangen. In dem gut über-
lieferten und reichen St. Galler Material ist der Rückkauf-
vorbehalt sehr häufig.^) Er kommt aber auch sonst nicht
selten vor, z. B. in Weißenburg und Freising, obzwar die
entsprechende Formel hier und in Lorsch bei der Abschrift
breviandi causa meist beseitigt wurde.
Man wird einwenden, daß es sich dabei um eine formel-
hafte Phrase handle, der praktisch keine Bedeutung zukam.
Allein dem widerspricht doch die Beobachtung ganz in-
dividueller Behandlung im Einzelfalle. Die Rückstellung,
bzw. der Rückkauf wird gelegentlich vorbehalten von Kinder-
losen für den Fall der Geburt von Nachkommen ^), oder von
Kranken bei erfolgender Genesung.*)
Zugleich aber wurden diese großen Grundherrschaften
nun assoziativ überaus wirksam. Innerhalb derselben fand
eine weithin sich erstreckende Sozialisierung früher
isolierter, ja z. T. ganz unproduktiver Bevölkerungselemente
statt. Alle zu ihnen gehörigen Hintersassen erscheinen nun
^) Forschungen z. bair. Gesch. 12, 151.
2) Vgl. Bikel a. a. O. S. siff.
ä) St. Galler ÜB. nr. 658, vgl. auch 659. 660 u. 553.
*) Ebenda nr. 553.
— 53 —
zu dem einheitlichen Begriff der „Familia" zusammengefaßt,
so verschieden auch ihre persönliche Rechtsstellung und die
wirtschaftlichen Beziehungen zu jenen sein mochten. Sie
alle waren der Vorteile teilhaftig, welche die Zugehörigkeit
zu einer großen Grundherrschaft in sich schloß. Vor
allem der Immunität, aber auch der Markgenossenschaft,
welche ja schon in der spätrömischen Zeit eben auf den
großen Grundherrschaften vorhanden war und das Vicinen-
erbrecht der Genossen ebensowohl wie deren Widerspruchs-
recht gegen die Ansiedelung von Ausmärkern mit sich
brachte.^) Dann aber entwickelte diese ganze große, mannig-
fach abgestufte „Familia" triebkräftige Keime zur Erzeugung
neuer sozialer Formen, indem sich nun allmählich die Per-
sonen homogenen wirtschaftlichen und sozialen Interesses
an der Grundherrschaft und gegen sie zusammenschlössen,
nach außen durch deren Immunitätsrechte geschützt. Je
mehr diese mächtigen Grundherren politisch an tatsächlicher
Macht im Staate gewannen, desto mehr schoben sie sich als
intermediäre Gewalten zwischen die alten Vertreter der
öffentlichen Gewalt und die breiten Bevölkerungsschichten
ihrer Hintersassen ein. Mit der Entstehung der feudalen
Gewalten ging doch zugleich auch eine Assoziation der von
ihnen abhängigen Bevölkerungsklassen Hand in Hand. Und
eben damit bildeten sich im Rahmen dieser großen Grund-
herrschaften Verbände aus, die sich später z. T. verselb-
ständigten und zu freier sozialer Entfaltung loslösten, wie
z.B. die bäuerlichen Dorfgemeinden der sogenannten „freien"
Markgenossenschaften.^)
Man hat die Bedeutung der großen Grundherrschaften
als exklusive Träger positiver, alles durchsetzender Or-
ganisationen in Wirtschaft und Recht sicherlich überschätzt.
Aber sie ermöglichten doch, wenn auch z. T. ungewollt,
durch die innere Aufrollung ihrer Einzelglieder eine soziale
Evolution von einer Tragweite, wie sie beim Andauern
isolierter freier Kleinwirtschaft nimmermehr zustande ge-
kommen wäre.
') Vgl. meine ,, Grundlagen" i, 351 IT.
^) Siehe im i. Bande S. 393.
— 54 —
R. Pöhlmann hat aus einer tiefen Einsicht in die wirt-
schaftHchen und sozialen Verhältnisse der Antike den Satz
aufgestellt, daß eine starke aristokratische Ungleichheit der
Güterverteilung das unentbehrliche Instrument alles tech-
nischen und geistigen Fortschrittes sei.^) Ich glaube aber
auch des wirtschaftlichen und sozialen. Das lehrt, meine ich,
das deutsche Mittelalter deutlich. Gerade die mit der Bil-
dung großer Grundherrschaften gegebenen aristokratisch-
individualistischen Tendenzen mußten ob des Druckes, den sie
erzeugten, innerhalb der dadurch gebundenen Bevölkerungs-
schichten ihrer Hintersassen notwendigerweise eine soziale
Gegenwirkung auslösen. Oder mit anderen Worten: der
grundherrschaftliche oder naturalwirtschaftliche Kapitalismus
des Mittelalters (Gutsherrschaft) zeitigte ähnliche Folgeer-
scheinungen sozialer Art wie der Geldkapitalismus der Neu-
zeit.^) Die wirtschaftlichen Tendenzen sind ähnlich hier und
dort, ebenso auch die sozialen Wirkungen, die sie erzeug-
ten : Eine allgemeine Assoziierung und Sozialisierung der
von ihnen abhängigen Elemente. Genossenschaftlicher Zu-
sammenschluß auch nicht durch gemeinsame Abstammung
verbundener Personen aus gleichem wirtschaftlichen und zu
gleichem sozialen Interesse. Man darf aber, meine ich, da-
bei nicht bloß das Negative hervorheben. Ein positiver
Fortschritt war darin doch zugleich auch gelegen. Neue
Fermente der Klassenbildung wurden damit den altherge-
brachten Motiven (Abstammung oder Amt) triebkräftig an-
gereiht ...
Hält man sich diese Tatsachen der konkreten sozialen
Entwicklung vor Augen, dann wird vielleicht auch eine
Lösung des vielumstrittenen Ständeproblems der Karo-
lingerzeit möglich sein. Heck ist ja, wie bekannt, mit der
Behauptung aufgetreten, daß die in den karolingischen Volks-
rechten erwähnten nobiles nicht, wie die Forschung bis
dahin meinte, ein Volksadel gewesen seien, sondern den
^) Aus dem hellenischen Mittelalter, Hist. Zs. 75, 210.
-) Der dagegen von W. Sombart, Der moderne Kapitahsmus
I ^) 54 (^916) erhobene Widerspruch ist unbegründet, wie ich in Grün-
bergs Arch. f. d. Gesch. d. Sozialismus 8, 360 f. (1919) gezeigt habe.
— 55 —
Stand der Gemeinfreien darstellen.^) Seine scharfsinnigen
und auf einem umfassenden Quellenmaterial aufgebauten
Untersuchungen haben überaus bestechend gewirkt und
daher auch mehrfache Zustimmung gefunden.^) Sie haben
jedenfalls das Verdienst, daß der ganze Komplex dieser
Fragen erneuter Diskussion unterzogen wurde und hervor-
ragende Rechtshistoriker wie H. Brunner, R. Schröder und
P. Vinogradoff sich dadurch veranlaßt fühlten , das vor-
handene Quellenmaterial und dessen Auslegung durch Heck
kritisch zu überprüfen.
Sachsen steht voran. Die viel zitierten Schilderungen
des sächsischen Volkes durch erzählende Quellen des 9. Jahr-
hunderts — Nithard und Rudolf von Fulda — bildeten
gewissermaßen die Grundlage. Ersterer berichtet \'on einer
Dreiteilung des Volkes in die edhilingi (nobiles), frilingi
(ingenuiles) und lazzi (serviles). Letzterer aber führt, ähnlich
wie Tacitus das für die Germanen ganz allgemein tat, doch
vier Stände auch bei den Sachsen an : nobiles et liberi, liberti
atque servi. Die Streitfrage ist wesentlich nun die, was
man unter den Frilingi dort zu verstehen hat , bzw. mit
welcher der drei genannten Klassen die Freigelassenen
(liberti) zu identifizieren sind. Während man sie früher zu
den Liten (Lazzen) stellte und unter den Frilingi die Ge-
meinfreien verstand, führt Heck aus, daß die frilingi viel-
mehr die Freigelassenen seien und folgert dann daraus, daß
unter den nobiles die Gemeinfreien verstanden werden
müßten. Sicher hat Heck darin recht, daß es Freigelassene
gab, die als ingenui bezeichnet wurden^) und auch keiner
solchen Beschränkung hinsichtlich des Gerichtsstandes und
^) Die altfriesische Gerichtsverfassung (1894), sowie dann be-
sonders: Beiträge z. Gesch. der Stände im Mittelalter : I. Die Gemein-
freien der karolingischen "Volksrechte (1900) u. II. Der Sachsenspiegel
und die Stände der Freien (1905), hier bes. S. 642—733.
'^) So bei Wittich, Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
Anh. S. 116, sowie die Frage der Freibauern, Z.s. f. RG. 22; S. Rietschel,
Gott. Gel. Anz. 1902 S. 92ff. ; Rubel, Die Franken S. 46. 264, 69; Gut-
mann, Die soziale Gliederung der Bayern S. 3ff. u. passim; Jul.Strnadt
im Arch. f. österr. Gesch. 99, 696 ff.
») A. a. O. I, 64 ff.
- 56 -
der Rechtsfähigkeit mehr unterlagen etwa wie die Liten.^)
Allein ingenuus bedeutet nach wie vor auch den Vollfreien.
Heck hat ja selbst dargelegt ^), daß ingenuus einen Doppel-
sinn habe, indem es sowohl den gemeinfreien Germanen,
als auch Freigelassene bezeichnet. Es ist aber nicht richtig,
von einem älteren merowingischen und einem jüngeren
karolingischen ingenuus zu reden, wie Heck will. Vielmehr
hat Brunner bereits dargetan, daß ein Wechsel des Sprach-
gebrauches sich nicht erweisen und das, was Heck dafür
anführte, bereits im 7. Jahrhunderte finden lasse. ^)
Ganz ähnlich bezeichnet Über den Gemeinfreien, aber
auch mitunter Freigelassene.*) Das deckt sich vollkommen
mit dem oben für ingenuus bereits Wahrgenommenen.
Soweit ist Heck zuzustimmen. Er geht aber entschieden
zu weit, wenn er dann annimmt, Über bezeichne stellenweise
nur den Minderfreien, weil in einzelnen Quellen, die mit
nobiles Gemeinfreie bezeichneten, doch daneben liberi noch
genannt würden.^) Denn er müßte vor allem erst beweisen,
daß unter den nobiles hier nur Gemeinfreie verstanden
werden dürfen. Tatsächlich ist bloß nachweisbar, daß in
anderen Quellen auch liberi z. T. als nobiles bezeichnet er-
scheinen. Die soziale Gleichung stimmt also hier nicht.
Mit Recht sind dieser Annahme bereits H. Brunner ^) und
P. Vinogradoff) bestimmt entgegengetreten und haben be-
tont, daß eine solche Verengerung der Wortbedeutung weder
bei liber noch bei ingenuus anzunehmen sei.
Ich glaube, daß diese schwierigen Probleme der karo-
lingischen Ständeverhältnisse bei der oft recht fließenden
Bedeutung der einzelnen, von verschiedenartigen Quellen
verwendeten Worte nicht im Wege mathematischer Gleich-
setzungen so einfach zu lösen sind. Schon Vinogradoff **)
und besonders R. Schröder^) haben als methodischen Fehler
^) So auch Vinogradoff , Wergeid und Stand, Zs. d. Savigny-
stiftung f. RG. 23, 171. Anders Brunner, Nobiles und Gemeinfreie,
ebenda 19, 89 ff. -) A. a. O. i, 63.
^) Ständerechtliche Probleme, Zs. f. RG. 23, 240 ff.
*) Heck 1,62. 5) A. a. O. I, 63. «) A. a.O. S. 236f. u. 242.
') Ebenda S. 171. ') A. a. O. S. 125 u. 168.
^) Der altsächs. Volksadel und die grundherrliche Theorie, Zs.
f. RG. 24, 368.
— 57 —
Hecks zutreffend hervorgehoben, daß er „ohne genügende
Berücksichtigung der Verschiedenheiten von Zeit und Ort
Neigung zu einer gewissen Gleichmacherei" bekunde. Auch
mir scheint, daß Hecks ja gewiß scharfsinnige Quellen-
interpretation hauptsächhch unter der Vorliebe für Gleich-
setzungen anscheinend übereinstimmender Bezeichnungs-
reihen leide von Wörtern, die, wie er selbst zugeben muß,
doch eine verschiedene Deutung zulassen. Denn sie ent-
stammen, was nicht übersehen werden darf, aus Quellen,
die sich, was die Präzision ihrer juristischen Terminologie
anlangt, eben von Haus aus gar nicht gleichsetzen lassen.
So zum Beispiel : In den Formeln bildet, wie Heck
richtig erkannt hat, ingenuus und Über den Gegensatz zu
servus.^j Da handelt es sich eben um Freilassungen. Anders
in den Volksrechten, wo für den ingenuus dimissus be-
sondere Bezeichnungen (cartularius, libertus u. a.) verwendet
werden. Den ingenuus hier mit jenem der Formeln gleich-
zusetzen, verbietet eben der verschiedene Charakter der
Quellen.
So insbesondere auch der Kernpunkt von Hecks ganzen
Aufstellungen, die Gleichsetzung von edel und gemeinfrei,
nobiles und liberi. Sie beruht auf der wesentlich mathe-
matischen Grunderwägung , daß von der oben erwähnten
Dreiteilung in Sachsen für die Gemeinfreien nur die nobiles
als Äquivalent übrigbleiben, wenn unter den nächstfolgenden
Frilingi die Freigelassenen zu verstehen sind. Das trifft aber
tatsächlich nicht zu. Vielmehr sind unter den Frilingi ebenso
wie unter den ingenui sonst Freie und Freigelassene zusammen
den servi gegenübergestellt. Heck hat selbst an späterer Stelle
angeführt, daß „eine von den Frilingen ständisch unter-
schiedene Klasse der Libertinen nicht bestanden" habe. 2)
Die in einzelnen Quellen genannten libertini beweisen aber
nicht die Verschiedenheit von Frilingi und Gemeinfreien, da
diese Libertini — falls man nur 3 Stände unterscheidet —
eben mit den Liten auf einer Stufe rangieren. Das lehren
ganz allgemein die oben besprochenen Freilassungsformeln,
die das Hdimonium auf einer Stufe mit dem obsequium
') A. a. O. S. 64. •-) A. a. O. 1, 330.
- 58 -
libertinitatis setzen; das beweist Rudolf von Fulda, der
mit Unterscheidung von 4 Klassen doch neben den zwei
Ständen von Vpllfreien (nobiles et liberi) die liberti be-
sonders stellt (über den servi). Darauf deuten endlich
auch einzelne Belege aus den von Heck hier benutzten
Quellen.!)
Ferner aber ist Heck zwar zuzugeben, daß auch Gemein-
freie gelegentlich in den Quellen als nobiles bezeichnet
werden.^) Das hatte schon Waitz dargetan ^) und wird
niemand bestreiten wollen.'^) Allein der grundlegende Irr-
tum Hecks ruht m. E. darin, daß er auch hier wieder nur
eine ausschließhche Geltung annimmt. Nobilis bezeichnet
nicht nur den Gemein freien, es kann ebenso wie
ingenuus oder liber einen Doppelsinn haben, d.h.
auch einen über den Gemein freien stehenden
Adeligen bezeichnen. R. Schröder hat, glaube ich, sehr
zutreffend betont, daß nach den klaren Berichten der er-
zählenden Quellen an der Existenz eines solchen Adels in
Sachsen, der Karl dem Großen politisch so sehr zu schaffen
machte, unmöglich gezweifelt werden könne. ^) H. Brunner ^)
und dann auch R. Schröder '') wiederum haben ferner darauf
hingewiesen, daß in den sächsischen Kapitularien und er-
zählenden Quellen nobiles neben den Ingenui und Liten
und von diesen unterschieden auftreten. Sind aber, so
können wir in Umkehrung der Heckschen Argumentation
sagen, unter den ingenui nicht nur Freigelassene zu ver-
stehen, sondern ebenso Gemeinfreie, so hat diese Unter-
scheidung nur dann einen Sinn, wenn es eben einen über
den Gemeinfreien stehenden Stand noch gegeben hat.
Brunner hat auch die treffende Beobachtung vorgebracht,
daß das Capitulare Saxonicum von 797 für nobiles den
^) Vgl. die von Heck übersehenen Stellen : Dronke, Tradit. et
antiquitates Fuld. 104 nr. 37: Gumpertns honio libere conditionis trad.
Sco. Bon. allodium snum in Bienbah ad debitum lidonis. Vgl. auch
zu den von Heck a. a. O. S.330 n. i zit. Stellen noch ebenda 96 nr. 16,
99 nr. 68. Ferner auch Waitz VG. 3 ', 149 n. 2.
2) Vgl. Heck a. a. O. i, 77 ff- ') VG. 4', 329-
*) Vgl. auch Brunner Zs. f. RG. 19, 103.
5) A. a. O. S. 365. «) Zs. f. RG. 19, 100.
^) A. a. O. S. 361.
— 59 —
Ausdruck nobiliores gebrauche, womit unmöglich die große
Masse der Gemeinfreien des Sachsenstammes gemeint sein
könne. ^)
Mit Recht haben Heck sowohl als Schröder zur Deu-
tung der ständischen Termini in jener Dreiteilung des
sächsischen Volkes auch die anschließenden Nachrichten
über den Steilingaaufstand (841) selbst zu verwerten ge-
sucht. Der Aufstand, an welchem sich Frilinge und Lazzen
beteiUgten, war gegen die domini gerichtet ^), die jene aus
dem Lande vertrieben. Es handelte sich also um eine Em-
pörung abhängiger Leute gegen ihre Herren. Das nimmt
auch Heck an. Allein er geht entschieden zu weit, wenn
er aus dieser einen Nachricht einer erzählenden Quelle,
daß auch die Frilingi an jenem Aufstande beteiligt waren,
sofort einen ganz allgemeinen Schluß auf die juristische
Qualität der Frilinge überhaupt zieht; „die Frilinge sind ganz
sicher ein abhängiger Stand". ^) Das ist genau so falsch,
als wenn man aus der Tatsache, daß in einzelnen Quellen
auch Freigelassene als ingenui bezeichnet werden, schließen
wollte, alle ingenui überhaupt seien ein abhängiger Stand
gewesen !
Schon Brunner hat gegenüber Wittich mit Recht betont,
daß das durch c. 64 der Lex Saxonum bezeugte Mund-
verhältnis von liberi nicht in dem Sinne gefaßt werden dürfe,
als ob jeder Freie sub tutela nobilis war.*)
Heck hat aber einen noch viel bedenklicheren Schluß
gewagt. Er behauptet nämlich ebenso allgemein: „Die Ab-
hängigkeit der Frilinge beruht auf der Libertinenqualität."^!
Hier nimmt er bereits als erwiesen an, daß alle Frilinge
Libertini waren. Quod erat demonstrandum ! Die einzige
Quelle aber, aus der er das Vorkommen der Schutzherr-
schaft belegt, eben das „vielbesprochene" c. 64 der Lex
Saxonum, spricht von einem Hb er homo , qui sub tutela
nobilis cuiuslibet erat. Also von Freien, nicht von Frei-
gelassenen, den Libertini Hecks.
^) A. a. O. 19, 100. '^) Nithard, Hist. IV c. 2.
3) A. a. O. I, 336. *) A. a. O. 19, 102,
«) A. a. O. I, 338-
— 6o —
Auch ist die „Abhängigkeit" hier und dort doch nicht
dieselbe. Schutzherrschaft (tutela) hier und Kolonat dort
(Frilingi) gehen weit auseinander.^)
Eine Reihe weiterer Argumentationen Hecks sind an
sich zwar nicht unrichtig, aber nicht exklusiv beweiskräftig,
da andere Erklärungsmöglichkeiten übersehen wurden. An
Nithards Nachricht von der Beteihgung der Frilinge an-
knüpfend, sagt er: „die Bezeichnung wäre auffallend, wenn
der Kern des Volkes, der ganze Stand der Gemeinfreien,
sich beteiligt hätte." ^) Aber erstens sagt Nithard nicht,
daß „der ganze Stand der Frilingi sich beteiligt habe, und
zweitens sprechen die anderen Quellen überhaupt nur von
liberti, bzw. servi ^), so daß die bei Nithard gleichfalls er-
wähnten Liten(lazzen) dadurch als der eigentliche Kern der
Empörung in den Vordergrund geschoben werden.*)
Anderseits führt Heck aus 2): „Die Bezeichnungen tutela
und tutor [Lex Saxonum c. 64] passen auf das Verhältnis
des Patrons zum Freigelassenen." Das ist richtig. Aber
sie passen auch noch auf andere Rechtsverhältnisse und be-
weisen deshalb für den vorliegenden Fall nicht das, was
Heck will. Nehmen wir selbst als zutreffend an, was er im
Anschlüsse daran wider Schröders Satrapen-Erklärung ein-
wendet: Es sei „schwer abzusehen, wie diese Ausdrücke auf
das Hoheitsrecht eines Gaufürsten angewendet werden
konnten". Ja, gab es denn in Sachsen damals sonst keine
anderen Mundverhältnisse? Die wirtschaftsgeschichtliche
Untersuchung schafft da Klarheit. Wir sahen früher, wie
bei den verschiedenen Grundherrschaften auch Gemeinfreie
(Uberi) als Hintersassen zu belegen sind. Auch in Sachsen.^)
Sie waren wirtschaftlich abhängig von dem Herrn des
Grundes, auf dem sie saßen. Nun ist schon früher dieser
Steilingaaufstand als Bauernaufstand angesehen worden,
der sich wider die Macht der Grundherren richtete und
eine soziale Bewegung darstellt.^) Auch nach Heck lassen
die Nachrichten „keinen Zweifel über den sozialen Charakter
') Vgl. oben S. 36 f. '^) A. a. O. i, 339.
') Ebenda i, 336 n. 2 u. 3.
*) Vgl. dazu auch Vinogradoff a. a. O. S. 186.
') Oben S. 44 (Corvey!). *) So Inama WG- i, 266 = i*, 370.
— 6i —
des Aufstandes". ^) Es lösen sich demnach die Schwierig-
keiten ganz ungezwungen, auch w^enn wir annehmen, daß
unter Frilingi Gemeinfreie zu verstehen sind. Heck hat
ja selbst, freiUch in anderem Zusammenhang, auf eine
sehr bezeichnende Urkundenstelle aus derselben Zeit (844)
hingewiesen, die mit generalisierendem Wortlaut zeigt, daß
freie Hintersassen auf Klostergut dem Kloster die den
F'reien eigentümliche Leistung darbringen sollten: ne eotum
ingenuitas vel nobißtas vilescat.^) Von diesen aber nimmt
ja auch Heck an, daß sie zu den Gemeinfreien gehörten.
Daraus ergibt sich nicht nur, daß Gemeinfreie auch
Hintersassen auf grundherrschaftlichem Boden waren und
gewisse, ihre Standesqualität bezeichnende. Leistungen zu
entrichten hatten, man sieht auch, wie diese wirtschaftliche
Abhängigkeit die Gefahr zeitigte, daß ihre Freiheit wertlos
und hinfällig werde.
Wir werden, meine ich, die Berichte der erzählenden
Quellen über den Steilingaaufstand und die bei dieser Ge-
legenheit eingestreuten Nachrichten über die sozialen Ver-
hältnisse Sachsens überhaupt nicht so exklusiv interpre-
tieren dürfen. Sowenig man meines Erachtens daraus
schließen darf, daß alle Frilingi, der ganze Stand dieser,
an diesem Aufstande beteiligt war, sowenig möchte
ich anderseits für sicher halten, daß alle hier
genannten nobiles auch wirkliche Adelige waren.
Der Hauptgegensatz, um den es sich an dieser Stelle han-
delt, ist doch wohl : Grundherr — Bauer, bzw. Hintersasse.
Einen schlagenden Gegenbeweis wider die Richtigkeit
der Argumentationen Hecks bieten die jüngeren, nachkaro-
lingischen Verhältnisse. Eine der Grundanschauungen Hecks
ist ja die, daß die alte tripartitio in Sachsen bis zum 13. Jahr-
hundert fortgedauert habe. Nun hat schon Wittich darauf
hingewiesen 3), daß hier die von Heck angenommene Bedeu-
tung von Liber (= Freigelassener) nicht mehr zutreffe. Er
wollte dies mit einem Wechsel in der Bedeutung der Be-
zeichnung erklären. Mit Recht haben dann Kröcher und
H. Brunner hervorgehoben, daß damit der ganzen Umdeu-
>) A. a. O. S. 336. *) Ebenda 105.
3) Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland Anh. S. 130.
— 62 —
timg der liberi in Freigelassene „der Boden ausgeschlagen
werde". ^) Es ist tatsächlich der beste Beweis dafür, daß
diese grundlegende Hypothese Hecks, auf der alle anderen
Annahmen mehr minder doch beruhen, nicht zutrifft, sondern
auch für die Karolingerzeit die Fortdauer der merowingischen
Bedeutung von liberi (=: Gemeinfreien) anzunehmen ist.
Heck hat einen solchen Bedeutungswechsel, wie ihn sein
Anhänger Wittich supponieren mußte, um diese Theorie zu
retten, aber nicht angenommen. Er will, da ihm offenbar
bewußt geworden ist, wie schwer ein solches Zugeständnis
gegen die Richtigkeit seiner Hypothese ins Gewicht fallen
müßte, sich' damit helfen, daß er die Zahl der freien Hinter-
sassen sich dann verringern läßt, „sei es durch Ergebung
in den Latenstand, oder durch Verschmelzung der Mund-
linge mit den Laten".^) Das läuft aber im Effekt doch auf
dasselbe hinaus, wie Wittichs Verschwinden der Frei-
gelassenen.
Demgegenüber aber hat Brunner bereits mit Recht die
Frage erhoben, woher denn Wittich wisse, daß seit dem
lO. Jahrhundert die Freilassungen selten waren, und daß sie
etwa im 8. Jahrhundert minder selten waren. ^) Ganz das-
selbe gilt auch von der Verringerung durch Ergebung in den
Latenstand, oder durch Verschmelzung der Mundlinge mit
den Laten, wie Heck will. Nach allgemeiner Anschauung
entspräche dies vielmehr der wirtschaftUch- sozialen Ent-
wicklung eben der Karolingerzeit in ganz außerordent-
lichem Maße. Und es entbehrt vielleicht nicht ganz der
Pikanterie, daß Heck selbst doch als Hauptzeugnis für das
Vorkommen der libertini eben eine Quelle angeführt hat,
die, wie wir jetzt wissen, frühestens dem lo. Jahrhundert
zuzurechnen ist, ein Fuldaer Urbar.*) Daß ferner auch die
Urkunde, aus der er das Vorhandensein eines besonderen
Standes der liberti auf sächsischem Boden erschließen will,
eben erst dem lo. Jahrhunderte angehört (937).^) Wie kann
1) Zs. d. bist. Verf. f. Niedersachsen 1897 S. 7. Brunner, Zs. f.
RG. 19, 102.
*) A. a. O. I, 343. ') Zs. f. RG. 19, 102 f.
*) Siehe oben S. 58 und dazu die Ausführungen Edw. Schröders
in den Mitt. d. Instit. (1912) 33, 120 ff. **) Heck' a.a.O. 1,329^-
— 63 -
er also einen Wandel in den sozialen Verhältnissen gegen-
über dem 9. Jahrhundert da annehmen, wenn seine Belege
überhaupt erst dieser jüngeren Zeit entstammen? Heck
gerät hier tatsächlich in unlösbare Schwierigkeiten.
Er glaubt ihnen aber damit entkommen zu können, daß er
sie nur unter zwei, wie er meint, unübersteiglichen Vor-
aussetzungen gelten lassen will.^) „Wenn das Verschwinden
der freien Hintersassen, insbesondere die Ergebung in die
Hörigkeit, bei Annahme der Gemeinfreiheit sich leichter
erklären ließe, als bei Annahme der Minderfreiheit." Ja,
hat nicht bei Auslegung der oben zitierten Urkunde von
937 doch Heck selbst ausdrücklich erklärt^), daß bei den
Liberti, d. h. nach Heck den Minderfreien, „und nicht bei
den Gemeinfreien ein besonderes Hindernis für die Er-
gebung an die Kirche bestand", nämlich in der Mundgewalt
des dominus.? Und die zweite Voraussetzung: „Wenn
Wittich behauptet hätte, daß die freien Hintersassen zwar
vorhanden, aber nun nicht mehr Libertinen, sondern „ge-
meinfrei" sind. Ich will diese Behauptung meinerseits auf-
nehmen, indem ich auf eine Urkunde K. Heinrichs II. für
Minden vom Jahre 1009 hinweise, in der die kirchlichen
Hintersassen (homines ipsius ecclesie) also spezifiziert werden :
Franc OS liberos et aecclesiasticos litones maahnan velservos
cniuslibet conditionis seu colonos.^) Will Heck vielleicht
diese Franci auch als libertini ansehen und deren Gemein-
freiheit leugnen.?
Beide Voraussetzungen, unter welchen Heck selbst die
von Kröcher und Brunner vorgebfachten Gegenargumente
als zwingend anerkannt hatte, treffen also tatsächlich zu . . .
Der Hebel, den sie in Bewegung gesetzt haben, „greift also
wirklich ein" *): diese Annahmen Hecks sind unhaltbar.
') A. a. O. S. 342, '-) Ebenda S. 330.
ä) MG. DH. II 189 (1009), vgl. dazu auch Seeliger, Die soziale
und polit. Bedeutung d. Grundherrschaft im früheren Mittelalter,
S. 140 f., der ausführt, daß bei Erneuerung älterer Privilegien vom
Wortlaut der Urkunde abgesehen und statt des (älteren) farbloseren
coloni jetzt auf das freie Element in den Immunitäten ausdrücklich
hingewiesen wird.
♦) Heck a. a. O. S. 342.
- 64 -
Und nun wenden wir uns von diesen Beobachtungen
aus nach der anderen Seite hin zu den Nobiles. Was ver-
steht man darunter in der Karolingerzeit? Begriff und Wesen
des Adels von damals stehen zur Erörterung. Waitz hat
die Meinung ausgesprochen, daß nobiles häufig u. a. auch
denjenigen bezeichne, welcher persönliche Freiheit mit freiem
Grundbesitz verband.^) In dieser vorsichtigen Fassung wird
sich gegen die Annahme von Waitz kaum etwas einwenden
lassen. Allerdings hat er dann sofort in der Anmerkung
hiezu behauptet, „daß nobilis in den Urkunden dieser Zeit
regelmäßig nur den freien Grundbesitzer bedeute".^) Und
dagegen ist Heck mit Recht aufgetreten.^) Ich pflichte
seinen Darlegungen soweit bei, daß für den Rechtsbegrift"
des nobilis der Grundbesitz nicht notwendiges Erfordernis
ist.*) Allein in vielen Quellen, vor allem den erzählenden
(Geschichtsschreibern) , dann auch den praktischen Ver-
waltungszwecken dienenden (Traditions- und Urbarbüchern),
ja vielleicht auch in manchen Urkunden, besonders privater
Personen, wird es sich kaum immer um die strenge Wort-
bedeutung im Rechtssinne gehandelt haben, ebensowenig
wie das tägliche Leben von heute in der Anwendung von
sozialen Bezeichnungsformen streng juristisch sich bindet.
Nobilis, das muß doch auch im Auge behalten werden,
mag mitunter nichts anderes bedeuten als vornehm oder
hervorragend.^) Und es lag eben damals eine besondere
Veranlassung vor, gerade diese Bezeichnung mehr fließend
zu verwenden. Wir sahen, daß allüberall auf grundherrschaft-
lichem Boden auch Freie saßen. Aber wir konnten auch
wahrnehmen , wie eben dieser Umstand nur zu leicht ge-
eignet war, ihr soziales Ansehen herabzudrücken. Gewiß
können auch klösterliche Hintersassen nobiles sein.^) Be-
sonders wenn man die zahlreichen Prekaristen hinzunimmt.")
Aber um so mehr mußte bei solcher Entwicklung das soziale
Ansehen der Freien steigen, die eigenen Grund und Boden
*) VG. 4-, 329. -) Ebenda n. 3.
=>) A. a. O. I, 115 ff. *) Ebenda S. 118.
*) Vgl. dazu auch Vinogradofif a. a. O. S. 168.
*) Heck a. a. O. i, 105.
') Vgl. im I. Teil dieses Werkes S. 228.
- 65 -
selbständig bewirtschafteten und wohl gar auch noch Hinter-
sassen, wirtschafthch abhängige Leute, hatten. Solche Freie
mochte man leicht wegen ihres auf dem Reichtum, ihrer
grundherrlichen Gewalt beruhenden größeren Ansehens wohl
auch als nobiles bezeichnen, selbst wenn sie es im Rechts-
sinne von bisher nicht waren.
Aber nicht so sehr die Verarmung von Freien, oder
deren Ergebung in den Schutz und die Abhängigkeit von
reichen Grundherren möchte ich, wie dies bisher von den
Anhängern der grundherrlichen Theorie und anderen For-
schern zumeist angenommen worden ist^), als das wirk-
same Moment sozialer Differenzierung dabei ansehen, sondern
eher umgekehrt glauben, daß gerade die Häufigkeit der
Freilassung, welche wir früher beobachten konnten, dazu
mitgewirkt hat. Dadurch wurde ein großer Kreis von
persönlich freien und halbfreien Leuten geschaffen, die arm
waren, keinen oder nur geringen Grundbesitz hatten und
schon deshalb darauf angewiesen erschienen, sich zu wirt-
schaftlicher Abhängigkeit zu verstehen. Sehr häufig wurde
ja bei diesen Freilassungen direkt die Unterstellung der Frei-
gewordenen unter die Munt der kirchlichen Grundherrschaft
ausdrücklich mit beurkundet ^) und war wohl auch mit
Zweck der Freilassung selbst.^)
Immer mehr wuchs mit der Ausbildung der Grund-
herrschaften durch solche, auch aus wirtschaftlichen Gründen
geförderte soziale Besserungen die Masse der Freien und
besonders Halbfreien an. Mußten da aber nicht unter dem
Einflüsse dieser großen wirtschaftlichen und sozialen Wand-
lungen die alten Begriffe von edel und unedel sich ver-
schieben? Diesen Neufreien gegenüber die Gruppe der
Altfreien edler erscheinen, da sie schon von Geburt und
Abstammung her diese Freiheit besaßen? Wie die Glosse
') So z. B. V. Inama WG. i, 258 = i ^ 349 ff. : „Um so mehr ragt
diese neue Aristokratie über die Masse des Volkes empor , als sie
eben wesentlich auf Kosten des freien Standes sich erhob , dessen
Verfall der sozialen Entwicklung dieser Periode ganz vornehmlich
ihr Gepräge verleiht". So auch Luschin, Österr. Reichsgesch. S. 79;
Vinogradoff in Zs. f. RG. 23, 179 f. und Brunner RG. i ^, 299f. 353 f.
^) Siehe oben S. 40. *) Siehe oben S. 47.
D 0 p s c h , Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit. 11. 2. Aufl. "i
— 66 —
zum über Papiensis, auf die Sohm hingewiesen hat ^), sagt :
nobiles sunt, quormn maiorum parentiim suorum nemo servi-
tuti subiectus sit. Die Abstammung konnte auf diese Weise
zum sozial differenzierenden Motiv werden. Heck hat gegen
Waitz' und Inama-Sterneggs Annahmen von der Differen-
zierung der Gemeinfreien nach dem Grundeigentum ein-
gewendet, „es wäre doch sehr unwahrscheinlich, daß die obere
Klasse nach dem einzigen Merkmale bezeichnet wurde, das
ihr mit der unteren gerade gemeinsam war, nämlich nach
der Qualität der Geburt, statt nach dem unterscheidenden
Merkmale, dem Grundbesitz".^)
Aber dieser scheinbar bestechende Einwand ist nichts
anderes als eine petitio principii. Er setzt nämlich bereits
als erwiesen voraus, was hier eben in Frage steht, daß
nobilis nur die QuaUtät der Geburt ausdrücke. Das ist
aber sicher unrichtig. Die Geschichte aller Zeiten und
Völker lehrt ja doch deutUch, daß es stets auch andere
Motive sozialer Differenzierung gegeben hat. Und nun gar
erst die Karolingerzeit, die Periode fränkischer Entwicklung,
da nach jahrhundertelangem Bestände des Königtums und
monarchischer Institutionen gerade das jugendkräftige Ge-
.schlecht der Arnulfinger die königlichen Herrschaftsrechte
neu belebte und durchgreifend ausbaute.-'') Mußte nicht in
diesem Staate, den eine starke Königsgewalt nun machtvoll
durchdrang, das Amt und die damit gegebene öffentliche
Gewalt sich auch sozial erhöhte Geltung verschaffen.? Be-
sonders dann , wenn mit den praktisch einflußreichsten
Ämtern vornehmlich Personen betraut wurden, die bereits
über eine gute wirtschaftliche Position verfügten, mit Grund
und Boden im Gaue ansässig waren (Grafen). Es ist ja
längst bereits von verschiedenen Forschern und auch von
Inama wieder ausgeführt worden, daß eben diese die Zeit
ausgebildeter Amtsaristokratie gewesen *), die Entwicklung
eines Amts- und Dienstadels an Stelle des alten Geburts-
adels sich vollzogen habe, der immer mehr verschwunden
*) Frank. Reichs- u. Gerichtsverfassung S. 376 n. 16.
-) A.a.O. I, 116.
^) Siehe unten § 14 über die Regalien.
*) WG. 1,231 = I^3I4.
-^ 67 -
und zurückgetreten sei.'^) Schon Inama hatte dargelegt,
wie neben dem sozialen Ansehen die Bekleidung des Amtes
auch mannigfache wirtschaftliche Vorteile bot, die eine Ver-
stärkung der materiellen Position zugleich her auf führten, ^j
Aber nicht das Amt als solches ist, wie ich betonen möchte,
das Entscheidende gewesen. Die damit gegebene öffentHche
Gewalt und deren praktische Übung wird überall sozial
fühlbar: Im Gericht, im Kriegsdienst und in der Wirtschaft
auch. Liest man die Quellen der Karolingerzeit aufmerksam
durch, so kann bei jenen, wo die tatsächliche historische
Entwicklung selbst geschildert und wiedergegeben wird,
auffallen, wie sehr immer wieder und allerorten der Begriff
der Herrschaftsgewalt (potentia, dominatio) hervorgekehrt
erscheint.^) Der Unterschied zwischen potentiores und
mediocres tritt neben jenem von nobiles undinnobiles stärker
hervor.*)
Auch der Kriegsdienst und besonders dör Reiter-
dienst mußte jetzt bereits ein größeres Ansehen in sozialer
Beziehung verleihen. Waren, wie früher ausgeführt wurde ^),
die Vermögenslosen davon ganz befreit und auch die Leute
geringerer Habe bloß zu einem adjutorium verpflichtet, so
verband sich mit dem Begriffe milites — der Ausdruck
kommt im Sinne von ausrückenden Kriegsleuten doch schon
vor ®) — die konkrete Vorstellung von wohlhabenden Leuten.
So wird schon in einer Urkunde Ludwigs des Frommen
für Kempten vom Jahre 834, die den Abt und dessen
abhängige Hintersassen vom Kriegsdienst befreit, ihnen
gegenüber die Bezeichnung nobiliores personae für jene Heer-
^) Inama i -, 314 ist geradezu geneigt anzunehmen , daß die
Aristokratie der Karolingerzeit „nur zum kleinen Teile noch Geburts-
adel" gewesen sei.
-) WG. I, 275 f.
') Vgl. CaJ>it. deVillis c. 60, dazu im i. Teil S. 39; ferner oben
die über die coniurationes gebrachten Zitate S. 30 f. (f. Westfrankreich
wie für Sachsen); vgl. auch die ConciUen MG. 2, 282 c. 45 (813);
Poetae Latini 2, 29 v. 181 f. ; Capit. i, 263. 26 u. a. m.
*) Vgl. die von Waitz VG. 4^, 331 n. i zit. Stellen.
'") Siehe oben S. 19 ff.
*) Mühlbacher ^ nr. 1932. Siehe auch das am Schlüsse dieses
Paragraphen S. 93f. über die Milites Gesagte.
— 68 —
dienstpflichtigen gebraucht, die Lehen vom Kloster haben
und zugleich als liberi charakterisiert erscheinen.^) Ein
noch größerer Besitz (12 Hufen) aber war die Voraussetzung
für den Dienst mit schwerer Reiterrüstung. Wie noch am
Anfang des 20. Jahrhunderts der Dienst bei der Kavallerie
als vornehmer galt, schon deshalb, weil nur reiche Leute
wirtschaftlich dazu befähigt erschienen, so mußte auch da-
mals der Reiterdienst, weil gleichbedeutend mit persönlichem
Reichtum, den Stand als solchen sozial heben.
Durch alle diese Umstände wurden jedenfalls die alten
Anschauungen von edel und unedel stark beeinflußt. Man
darf m. E. nicht die sozialen Termini der Karolingerzeit an
Quellen abmessen wollen, die noch einer anderen Ver-
fassungsentwicklung entsprossen sind, die vielleicht auch
bei der Weiterüberlieferung in jüngere Zeit diesem Wandel
nicht immer genau angepaßt wurden und dem tatsächlichen
Zustand der letztern nicht vollkommen mehr entsprachen.
Das hat Heck viel zu wenig beachtet. Es handelt sich
doch nicht allein um eine Gleichsetzung bestimmter Be-
zeichnungen verschiedener sozialer Entwicklungen älterer
und jüngerer Zeit mit Hilfe der von Heck mit Vorliebe
verwendeten sog. „Übersetzungstechnik". Was aber die
Hauptsache ist. War denn der Begriff „Gemeinfreie" selbst,
den Heck zum Schlüsselpunkt seiner ganzen Aufstellungen
macht, auch stets eine feststehende und überall gleich-
bleibende Größe? Wenn er als Gemeinfreie „die Mitglieder
der das Volk bildenden, der volksrechtlich als gleichberech-
tigt anerkannten Sippen" bezeichnet^), so hat er wohl dabei
die alten germanischen und frühfränkischen Zustände der
Volksrechte wesentlich vor Augen. Hat sich aber denn
daran bis zur Karolingerzeit nicht doch sehr vieles ge-
ändert.? Sollten denn nicht mit den großen Veränderungen
in Verfassung und Wirtschaft auch die sozialen Termini im
tatsächlichen, praktischen Leben weit mehr differenziert
gewesen sein, als die starren Formen älterer Rechtstexte
nur vermuten lassen.?
^) Vgl. Mühlbacher - nr. 929 (sicut et ceteri [beneficiati] , ursprüng-
lich liberi!).
*) A. a. O. S. 2.
- 69 -
Tatsächlich hat sich herausgestellt, daß die Masse der
Gemeinfreien schon in der vorkarolingischen Zeit eine so-
ziale Differenzierung aufweist, die durch die Verschiedenheit
des Vermögens bedingt war.^)
Besonders lehrreich sind m. E. dafür die Verhältnisse
in Bayern. Heck hat ja gemeint, gerade in dem Umstand,
daß dort auch Freie in gewissen Quellen als nobiles be-
zeichnet werden, eine besonders starke Stütze für sein
Lehrgebäude zu gewinnen.^) Die Tatsache selbst war längst
vorher schon bekannt und ist u. a. auch von Waitz in
seinem Handbuch der deutschen Verfassungsgeschichte ent-
sprechend hervorgehoben worden.^)
Ob aber die von Heck daraus gezogenen Schluß-
folgerungen auch richtig sind? Er behauptet: „Wenn in
demjenigen Gebiete, in dem ein Volksadel im Sinne der
herrschenden Meinung existierte, doch dieser „Adel" im
heutigen Sinne mit dem Worte adaling im damaligen Sinne
nichts zu tun hat, dann sind wir erst recht befugt, das
Wort in dem fränkischen Gebiete, dem ein Vorzug einzelner
Sippen nicht bekannt war, auf den Gemeinfreien zu be-
ziehen." *)
Tatsächlich ist ein solcher Schluß nicht erlaubt. Heck
verallgemeinert auch hier wieder ohne weiteres und nimmt
Gleichsetzungen zwischen Bezeichnungen vor, die räumlich
und zeitlich beträchtliche Distanzen aufweisen. Er hat doch
selbst konstatieren müssen, daß die bayrischen Quellen
diese Bezeichnung nicht alle gleichmäßig gebrauchen.^) „Die
Lex, die Neuchinger Dekrete und die älteren Schenkungs-
urkunden gebrauchen das Wort nobilis nur ausnahmsweise."
Die Verwendung von nobilis herrsche vor in den Dingol-
finger Dekreten, in den notitiae Salzburgenses, dem Urbar
^) Vgl. meine „Grundlagen" 2, 132 ff. -) A. a. O. i, Soff.
') 4'^, 329 f., bes. 330 n.: „Die Schenker von Land heißen in
den Salzburger Urkunden fast immer so." Vgl. auch Wittmann in
Quellen u. Erörterungen i, n n. 2; früher schon Ouitzmann, Die
Rechtsverfassung der Baiwaren S. 29, auch Luschin, Österr. Reichs-
geschichte S. 78.
*) A. a. O. S. 102.
'") Sie sind wie er meint „nicht alle gleich ergiebig" S. 80.
— 70 -
von Niederaltaich und vor allem in den jüngeren Urkunden
von Freising.
Unmittelbar fällt da der Unterschied zwischen älterem
und jüngerem Sprachgebrauch auf. Sollte sich vielleicht
die Verwendung von nobilis, das in der Lex Baiuwariorum
übrigens doch nicht nur für die 5 bekannten Geschlechter
gebraucht wird^), in der Zwischenzeit verallgemeinert haben?
Man kann doch aus dem Umstände, daß in den jüngeren
Quellen auch andere, u. zw. zahlreiche Personen als nobiles
bezeichnet werden, nicht einfach deduzieren, daß beide Worte
gar nichts miteinander zu tun haben.
Ferner aber hat Heck hier auch die Folgen der von
ihm sonst z. T. doch bemerkten Tatsache sich nicht recht
klargemacht, daß die Quellen, welche er ganz gleichw^ertig
verwendet, ihrer juristischen Qualität nach sehr erheblich
verschieden sind. Die Dingolfinger Dekrete sind Beschlüsse
einer geistlichen Provinzialsynode. ^) Die notitiae Salz-
burgenses aber sind ebenso wie das Urbar von Niederaltaich
private Bearbeitungen von Urkunden. Doch auch „die
jüngeren Urkunden von Freising" sind uns nicht mehr im
Original oder selbständiger Kopie erhalten, sondern bloß in
den Traditionsbüchern, die, wie früher dargelegt wurde ^),
keineswegs den ursprünglichen Textbestand der Original-
urkunden selbst getreu wiedergeben. Die Bezeichnung
nobilis vir tritt vielfach in den sog. Notitiae auf, das
heißt nicht den dispositiven Cartae, durch welche das be-
treffende Rechtsgeschäft selbst perfekt wurde , sondern
historischen Aufzeichnungen, die unabhängig davon zum
Zwecke des Beweises vom Empfänger angefertigt wurden.*)
Letztere geben also nicht immer wie die cartae den offi-
ziellen Sprachgebrauch streng wieder, sondern stehen unter
dem Einfluß der zur Zeit ihrer Niederschrift üblichen pri-
vaten Auffassung. Hier also des Klosterschreibers aus dem
9. Jahrhundert. Oder mit anderen Worten : die Verwendung
^) Vgl. meine „Grundlagen" 2, 106 ff.
2) MG. LL. III, 460. ») Siehe im i. Band S. loiff.
*) Vgl. H. Brunner, Carta u. Notitia (Festgaben f. Mommscn
1877) S. 7, sowie Zur Rechtsgesch. d. röm. u. germ. Urkunde S. 211 ff.
— 71 —
von nobilis in solchen Quellen bedeutet nicht nobilis im
Rechtssinn, sondern im Sinne einer sozialen Praxis.^)
Eine ähnliche Verschiedenheit in der Anwendung der
Bezeichnung nobilis kam ja auch später noch eben im
bayrischen Rechtsgebiete vor. Herzog Leopold VI. von
Österreich-Steier spricht in einer Urkunde vom Jahre I2I0
von seinen Ministerialen als nobiles ^) , obwohl in gleich-
zeitigen Urkunden desselben Fürsten diese doch ausdrücklich
als ein unter den liberi stehender Stand bezeichnet und von
ihnen geschieden werden.'')
Nun können wir aber noch nachweisen, daß die Ver-
wendung gerade in jenen bestimmten bayrischen Quellen
auch einer gewissen Tendenz entsprungen ist. Heck hat
ja selbst schon richtig erkannt, daß diese Standesbezeich-
nungen nicht dem Originalbestande der hier zugrunde liegen-
den Urkunden angehörten, sondern Zusätze des Registrators
sind.*) „Für ihn, sagt er zutreffend, war die Hervorhebung
des Standes aus Pietätsrücksichten und aus praktischen
Gründen geboten." Heck ist aber bei diesen Ausführungen
auf halbem Wege stehen geblieben. Wir wissen ja, welche
„praktischen Gründe" damals maßgebend waren. Die Salz-
burger Breves Noticiae verdanken ihre Entstehung letzten
^) Vgl. dazu doch auch Heck selbst a.a.O. i, 88: „Der Ver-
fasser hat vielleicht auch bei den Bezeichnungen nicht nur den juristi-
schen Stand, sondern auch die soziale Stellung berücksichtigt."
Richtig hat schon Werunsky, Österr. Reichs- u. RG. S. 328 n. ff
gegenüber Heck betont, daß nobilis hier „nicht technisch" gebraucht
sei, vielmehr „wirtschaftlich und sozial hervorragende Freie, aber
keinen durch höheres Wergeid ausgezeichneten, juristisch abgeschlos-
senen Stand" bezeichne.
2) Steiermark. ÜB. 2, 165.
*) Meiller, Babenberger Reg. 93 n. 51 (1204) Zeugenreihe!
*) A.a.O. S. 86: Er hält selbst für wahrscheinlich, ,,daß der
Verfasser die Standesbezeichnungen nicht wie die Orts- u. Personen-
namen getreu und vollständig aus den Originalbeständen übernom-
men, sondern daß er sie nach eigener Kenntnis u. eigenem Ermessen
hinzugefügt hat. Die uns erhaltenen bayrischen Schenkungsurkunden
des 8. Jahrhunderts enthalten regelmäßig ebensowenig eine Bezeich-
nung des Standes des Schenkers, wie dies in anderen Gebieten der
Fall ist" . . . „Obgleich die Originalurkunden uns für Salzburg nicht
erhalten sind, so ist es doch unwahrscheinlich, daß der Registratur
die Standesbezeichnunwen in seiner Urkunde vorfand."
— 72 —
Endes ^) der inquisitorischen Besitzaufnahme, die nach dem
Sturze Tassilos durchgeführt wurde. Da war es wichtig
zu betonen, daß die Schenkungen durch Nobiles erfolgt
seien, weil sonst die Zustimmung des Herzogs nachge-
wiesen werden mußte. ^) Ganz das gleiche gilt auch für
das Urbar von Niederalteich. Hier sehen wir, wie nach den
Schenkungen der Herzöge und den mit ihrer Zustimmung
durch tributales oder servi dominici gemachten Traditionen
dann jene zusammenfassend aufgeführt werden, die von
nobiles herstammten.^)
Zudem wissen wir aus einer Formel, die bezeichnender-
weise eben aus einem (heute verschollenen) Salzburger
Traditionskodex vom Anfang des 9. Jahrhunderts stammt,
daß Kaiser Ludwig der Fromme dem Abte eines bayrischen
Klosters wie auch den übrigen Kirchen Bayerns urkundlich
unter Königsschutz zugesichert hatte „quicquid a nobilibus
viris temporibus Tassilonis traditum fuit".^)
Man hat also absichtlich hier betont, daß die Tradenten
nobiles waren. Denn bei diesen wird die potestas tradendi
als selbstverständlich vorausgesetzt.^) Daher auch die An-
wendung anderer Bezeichnungen hier neben nobilis z. B.
praeclarus, illustris. Der Schreiber berücksichtigte eben,
wie Heck richtig sagt, nicht nur den juristischen Stand,
sondern auch die soziale Stellung.®) Ich stimme Heck voll-
kommen darin zu, daß diese Ausdrücke unmöglich eben-
sovielen Ständen im Rechtssinn entsprochen haben können.
Ich glaube mit ihm , daß die Annahmen E. Mayers, als ob
unter den hier genannten 88 Nobiles Angehörige der fünf
Geschlechter der Lex zu erblicken wären ''), unwahrscheinlich
ist. Allein der Schlußfolgerung, die Heck selbst daraus ge-
^) Sie sind in der vorliegenden Zusammenstellung mit dem In-
diculus Arnonis nicht gleichzeitig, sondern gehören doch erst in die
Zeit um 820. Vgl. meine „Grundlagen" i, 171 f.
-) Vgl. Brunner, Die Landschenkungen der Merowinger u. Agilol-
finger, Sitz.-Ber. d. Berl. Akad. 1885. 52, 7.
• ^) Mon. Boica 11, 15 u. 17. Dazu Brunner a. a. O. S. 8, sowie
im I. Teile S. 84.
') MG. FF. 533 nr. i. *) Vgl. Brunner a. a. O. S. 8 n. i.
«) A. a. O. S. 88.
') Deutsche u. französ. Verfassungsgesch. i, 413 n. 16.
— 73 —
winnen will, kann ich doch nicht ganz beipflichten. Gewiß
werden unter diesen nobiles auch Gemeinfreie im Rechts-
sinne zu verstehen sein, allein daraus folgt m. E. noch
nicht, daß diese beiden Begriffe sich auch voll
decken, daß alle G em einfreie auch schon nobiles
waren und jedernobilis bloßeinschlichter über.
In den Breves Notitiae werden neben nobiles auch
potestativi und liberi noch angeführt. Brunner hatte seiner-
zeit beide unterschieden.^) Heck aber will beide gleich-
setzen.^) Denn nur dann vermag er eben die Identifizierung
von nobiles und Gemeinfreien aufrechtzuerhalten. Er ver-
weist darauf, daß von 20 Fällen, in denen Tradenten nach
dem Indiculus Arnonis liberi sind oder sein können, 5 mit
Traditionen von nobiles in den Breves Notitiae sich decken.^)
Das trifft tatsächlich zu, ja es Heße sich die Zahl dieser
bereits von Brunner bemerkten Parallelismen noch ver-
mehren. Aber sie besagen eben nur einen verschiedenen
Sprachgebrauch hier und dort*), nicht das, was Heck will.
Man darf doch nicht übersehen, daß der Indiculus Arnonis
nach Aufzählung der von den liberi Baioarii per licentiain
Tassilonis ducis gemachten Schenkungen ex causa dominica
dann doch ausdrücklich unterscheidet: Reliqua vero, quod
ibi tradituni est, de gener e nobilium honiinum esse vide-
tur.^) Das aber, was im Anschlüsse daran noch mitgeteilt
wird, bezieht sich auf einen Grafen (comes) !
Anderseits aber führen die Breves Notitiae doch auch
in den Teilen, wo die im Indiculus bloß als libe7'-i be-
zeichneten Personen nobiles genannt werden, neben nobiles
und mitten unter diesen selbst wieder liberi komines und
viri potestativi an.^) Das müßte auffallend erscheinen,
wenn das alles doch ganz gleichwertige Bezeichnungen
wären. Doppelt auffällig hier, wo es doch galt, die Ver-
') A. a. O. S. 8 n. I. -) A. a. O. S. 84. 85. 86.
») A. a. O. S. 82 n. 4.
*) Dieser wird jetzt durch die verschiedene Zeit der Entstehung
— es liegen rund 30 Jahre dazwischen — sowie den nicht offiziellen
Charakter dieser Breves Notitiae noch mehr verständlich. Vgl. meine
..Grundlagen" i, 171 ff.
■') Salzburger ÜB. i, 10 (23). *) Ebenda S. 43.
— 74 —
äußerungsbefugnis besonders zu relevieren. Heck nahm ja
geradezu an^), die Veräußerungsbefugnis sei nach Aussage
der Dingoifinger Dekrete auf den nobiHs beschränkt ge-
wesen. Und da sie den Vorschriften der Lex, welche sie
dem liber einräumt, entsprechen, ergebe sich ein Argument
für die Identität der beiden Standesbezeichnungen. '^)
Tatsächlich ist der zitierte Wortlaut der Dingoifinger
Dekrete nicht so ausschließlich gehalten^), daß wir eine Be-
schränkung der Veräußerungsbefugnis auf die Nobiles daraus
deduzieren müssen.*)
Oder mit anderen Worten: Es kann sehr wohl liberi
gegeben haben, die nicht nobiles waren, ja es könnten auch
potestativi homines zulässig erscheinen, die nicht liberi waren.
Tatsächlich wurden in Bayern ja auch die Barschalken ge-
legentlich in Traditionsbüchern als liberi bezeichnet^), es
gibt liberi homines, die als Hintersassen auf kirchlichem
Gute liberum servitium leisten '^) und wohl kaum als nobiles
bezeichnet wurden; tatsächlich sind auch bestimmte Kate-
gorien der Freigelassenen (cives Romani) als potestativi zu
betrachten/)
Anderseits aber ergibt sich aus einer von Heck selbst
zitierten Urkunde, daß in Bayern auch Leute unfreier Ab-
kunft nobiles werden konnten. Da in derselben ein ge-
wisser Tagadeo als nobilis bezeichnet wird, begegnen wir
dem Zusatz : süut in provincia solent fieri. Brunner hat mit
sehr glücklicher Anknüpfung an die Deutung des Personen-
namens (= Tagknecht) betont, daß dieser nobilis unmöglich
ein makellos geborener Angehöriger eines altfreien Ge-
schlechtes sein könne, was nach Heck für den Gemeinfreien
charakteristisch sei.®) Und Luschin hatte schon vor Heck
1) A. a. O. S. 82. ") A. a. O. S. 83.
^) C. 6 : Ut si quis de nobüi genere de hereditate sua voluisset darc
ad sanctuarium Dei, in sua potestate esset, nemo prohibnisset.
*) Siehe doch Heck selbst a. a. O. S. 82: „Ebensowenig kann
aber eine Einschränkung vorliegen, so daß von nun an die Ver-
äußerungsbefugnis den Gemeinfreien, die nicht nobiles waren, ent-
zogen sein sollte."
^) Vgl. Bitterauf nr. 523 (825), dazu oben S. 44, sowie v. Luschin,
Österr. Reichsgesch. S. 80.
«) Bitterauf nr. 366 (816). ') Siehe Vormoor a. a. O. S. 23 n. 5.
*) Zs, f. RG. 23, 237 n. I.
— 75 -
eben diese Urkunde als Beispiel dafür verwendet, wie der
Ausdruck nobilis seine frühere Bedeutung änderte, um nur
mehr „die volle, mit freiem Grundbesitze verbundene Frei-
heit zu bezeichnen", auch ohne Abstammung von adeligem
Geschlecht.^)
Der Zusatz (sicut in provincia solent fieri)^) beweist,
daß ein solches Aufsteigen zum NobiUs nicht selten vorkam,
ja selbst bei Unfreien nicht ausgeschlossen war. Dies be-
stätigt meine Annahme, daß die große soziale Aufwärts-
bewegung der unteren Klassen zu jener Verschiebung und
dem Wandel in der Anwendung der Bezeichnung nobilis
den Anlaß gegeben habe.
Heck hat, meine ich, sich die soziale Entwicklung gar
zu starr und exklusiv vorgestellt. Da er annimmt, daß alle
Altfreien nun nobiles waren, blieben ihm als unter ihnen
stehend nur Libertinen und Mundlinge übrig. ^) Die Ent-
wicklung war tatsächlich mannigfaltiger. Das haben die
eingehenden und fleißigen Untersuchungen Gutmanns deutlich
dargetan.*)
Gerade wenn es wie in Bayern nur sehr wenige (5) alt-
adelige Geschlechter gab, mochten jene Freien, die völlig
unabhängiges Immobiliareigen besaßen, nun gegenüber der
Masse von zu voller Freiheit Freigelassenen und solchen
armen Freien^), die fremden Grund und Boden bebauten und
auf diesem ansässig waren, als bevorzugte Klasse erscheinen,
da sie auch über dieses ihr Eigen völlig unabhängig ver-
fügen konnten. Daß das freie Eigen gerade in Bayern auch
eine standesrechtliche Bedeutung hatte ^), möchte ich nicht
0 Österr. Reichsgesch. S. 78.
'-) Heck übersetzt dies; ,,d. h. nach provinziellem Sprach-
gebrauch" (S. 78). Aber von dem Sprachgebrauch ist hier
absolut nicht die Rede, sondern vielmehr von einem sozialen,
bzw. Rechtsgebrauch.
') Das Hantgemal des Codex Falkensteinensis. Mitt. d. Instit. 28,37.
*) Die soziale Gliederung der Bayern zur Zeit des Volksrechtes.
A. a. O. S. i2off.: Der minderfreie Bauer.
') Vgl. über die .pauperes' unter den liberi der Lex Baiuvar.
meine „Grundlagen" 2, 129.
^) Vgl. dazu neben Luschin, Österr. Reichsgesch. S. 79 f. auch
S. Adler, Zur Rechtsgesch. d. adelig. Grundbesitzes in Österr. S. 20 ft".
- 76 -
mit Heck bezweifeln, und zwar um so weniger, als durch die
wertvollen Ausführungen Ilgens über das Hantgemal ^) die
alte Auffassung Homeyers doch nicht so gan^ unhaltbar
erscheint, als Heck gemeint hat. v
Als völlig unzulässig aber muß bezeichnet werden, von
dem Sprachgebrach einiger bayrischer Quellen des 9. Jahr-
hunderts aus, die weder dem Text der Originalurkunden ent-
sprechen, noch gesetzliche Geltung hatten, Gleichstellungen
mit der Lex Saxonum oder den Volksrechten anderer
deutscher Stämme vornehmen zu wollen.
So bieten tatsächlich bei unbefangener Berücksichtigung
der quellenkritischen Momente die bayrischen Verhältnisse
keine Stütze für die Auffassung Hecks von den sächsischen
Verhältnissen, beide stellen sich vielmehr als nicht unmittel-
bar kommensurabel heraus, erstere lassen jedenfalls auch
andere Erklärungen zu.
Endlich halte ich auch das, was Heck für die Gleich-
setzung der Nobiles mit den Gemeinfreien auf Grund einer
eingehenden Untersuchung der Wergelder vorgebracht
hat, nicht für entscheidend. Meines Erachtens liegt der
bedeutsame Wert dieser Studien mehr auf Seite der Münz-
geschichte, die ja zum Verständnis des Ganzen als Grund-
lage und Ausgangspunkt dabei hereingezogen werden mußte.
Darüber wird unten in dem besonderen Kapitel „Münzwesen"
näher gehandelt werden. Hier soll nur die Problemstellung
im ganzen kritisiert werden. Heck geht von der Beobachtung
aus ^), daß die älteren Volksrechte einzelne Rechtssätze,
insbesondere auch die ständisch abgestuften Bußen, allein
oder doch in erster Linie für den Stand der Gemeinfreien
formulieren, derart, daß sie von ihnen aus dann auch auf
die anderen Stände unter entsprechender Abänderung ausge-
dehnt wurden. Der Gemeinfreie trete als „Normträger" auf.
Deshalb könne man „aus der Verwendung eines Standes
als Normträger einen bedeutsamen Anhaltspunkt für die
Gemeinfreiheit dieses Standes entnehmen".^)
Heck muß sich freilich nun sofort gestehen, daß die
Verwertung dieses Gesichtspunktes für die karolingischen
^) Mitt. d. Inst. 28, 561 ff. bes. 573.
2) A. a. O. I, 280. ') Ebenda S. 281.
~ 77 —
Volksrechte auf Schwierigkeiten stoße, da, wie er es nennt,
eine Duplizität der Normgebung anzunehmen sei. Die beiden
freien Stände werden als „Normträger" verwendet. Wir
haben ausgeprägte Edelingsnormen und ausgeprägte Frilings-
normen. Da nun in der lex Saxonum der nobilis ganz in
demselben Umfang Normträger sei, wie etwa der ingenuus
oder Über in den merowingischen Volksrechten, so sei jene
Duplizität dadurch zu erklären, daß die Edelingsnormen auf
die Gemeinfreiheit des Standes zurückgehen.^)
So scharfsinnig und großzügig dieser Gedankengang
Hecks auf den ersten Blick auch scheinen mag, so erweist
er sich doch bei genauer Untersuchung als unhaltbar. Diese
„Duplizität der Normgebung" beschränkt sich bei Lichte
besehen doch auf die schlichte Tatsache, daß in den Buß-
taxen der Lex Saxonum die nobiles besonders berücksichtigt
sind. Heck muß selbst zugeben, daß dies schon in der
Ewa Chamavorum nicht ebenso mehr der Fall ist, daß in
der Lex Angliorum „neben überwiegender Gleichbehandlung
beider Stände sich auch eine Frilingsform finde" und Ähn-
liches auch in der Lex Frisionum zutage trete.^)
Hier halte ich an der Argumentation Hecks einmal
schon für nicht richtig, daß er den für jeden Historiker
nächstliegenden Schluß abweist, jene Besonderheit der Lex
Saxonum eben im Sinne einer Verschiedenheit in der
Standesgliederung zu deuten. „An eine für die einzelnen
Volksrechte verschiedene Gliederung der Stände könne
gleichwohl aus früher erörterten Gründen nicht ernstUch
gedacht werden."^) Er nimmt also als erwiesen an, was
hier doch vornehmlich nur durch die Willkür der Gleich-
setzung erst bewiesen werden kann. Die Lex Saxonum
nimmt eine Ausnahmestellung ein, da sie in ihrem ersten
Teile, wie schon Joh. Merkel dargelegt hatte*), ein Adelstatut
1) A. a. O. S. 290. ^) S. 281. ') A. a. O. S. 281.
*) Lex Saxonum Berlin 1853 p. 5, dazu auch Brunner RG. i ^ 467
u. Zs. d. Savignystift. 19, 10 1. Daß die Ausführungen K. v. Richt-
hofens (Zur Lex Saxonum 1868 S. 124 ff.) die Einheitlichkeit der
ganzen Lex nicht zu erweisen vermochten, hat schon Boretius in
der Hist. Zs. 22, 162 f. betont. Übrigens nimmt auch v. Richthofen
eine „in furchtbarer Weise prävalierende Stellung der Nobiles im
alten Sachsen an, wo für den kleinen Finger eines Edeling dieselbe
- 78 -
ist. Der neueste Bearbeiter der Lex, Cl. v. Schwerin,
kommt zu dem Ergebnis: „nicht zu bestreiten und allein von
Bedeutung ist es, daß sich in diesen Capiteln der Einfluß
des Adels und die Hervorkehrung seiner Interessen in einer
Stärke zeigt, wie sonst nicht in der Lex." ^) Der zweite,
größere Teil derselben aber stellt keine „Edelingsnorm"
dar, sondern berücksichtigt alle drei Stände gleichmäßig.
Hier tritt in den Darlegungen Hecks der auch sonst be-
merkbare und von Schröder mit Recht gerügte Mangel in
der Beachtung des historischen Tatsachenmaterials 2) wieder
empfindlich zutage.
Aber es lassen sich noch andere Prämissen derselben
als unrichtig erweisen. Indem Heck die Anknüpfung an
den Stand der Gemeinfreien bei originaler Abfassung von
Rechtssätzen als das Natürliche erklärt ^), meint er sofort
avich, „nur ein Stand konnte derjenige der Gemeinfreien
sein".*) Um nun aber die auch von ihm selbst zugegebenen
.,Frilingsnormen" doch erklären zu können, unterscheidet er
zwischen der originalen Aufstellung dieser Rechtssätze in
merowingischer und deren Übersetzung in karolingischer
Zeit. Und nun höre man die entscheidende Argumentation:
Als Normträger der merowingischen Vorlagen waren mit
den ingenui und liberi ursprünglich die Gemeinfreien ge-
meint. „Aber bei der Vorübersetzung in karolingischer
Zeit mußten die Tatbestände von denjenigen Stämmen,
welche scharf zwischen den Adeligen und den
sonstigen Freien unterschieden^), prima facie auf
die Minderfreien gedeutet werden." Hier gibt Heck also
zwar zu, daß einige Stämme einen scharfen Unterschied
zwischen Adehgen und Freien machten, supponiert aber
Buße gezahlt werden mußte, wie für einen erschlagenen Freien".
ÄhnUch doch auch Schücking, Über d. Entstehungszeit d. Lex Saxon.
N. Arch. 24, 662 u. 670. Vgl. neuestens Cl. v. Schwerin, Zu den LL.
Saxonum, Zs. d. Savignystift. f. RG. 33, 390 ff., der drei Teile unter-
scheidet.
*) A. a. O. S. 439, vgl. auch 438.
^) Dieses richtig dargelegt von Vinogradoff a. a. O. S. 183 ff.
'j S. 290. *) Vgl. dagegen richtig Brunner, Zs. f. RG. 23, 250.
^) Von mir gesperrt!
- 79 -
zugleich auch schon in einem Atem, daß diese Unter-
scheidung innerhalb des Standes der Gemeinfreien gemacht
worden sei.^) Eben das ist es ja, was Heck erst beweisen
soll. Er macht sich hier also deutlich einer peticio principii
schuldig.
Tatsächlich beweist die Fortdauer von „Frilingsnormen"
auch in karolingischer Zeit, daß die Gemeinfreien eben nach
wie vor die „Normträger" gewesen sind.^) Die „Duplizität
der Normgebung" aber hat schon Brunner viel einfacher
erklärt. Dort, wo in der Karolingerzeit zwei vollfreie Stände
vorhanden waren, wurden bei Übernahme der alten mero-
wingischen Volksrechte den Rechtssätzen für den alten inge-
nuus eben zwei Normen, eine für den AdaUng, eine für den
Gemeinfreien, substituiert, wie z.B. bei den Anglowarnen.^)
Und auch die Ewa Chamavorum dürfte sich so un-
gezwungener auslegen lassen, da das hohe Wergeid für den
an erster Stelle genannten homo Francus, 600 Solidi, bei
unbefangener Betrachtung als das Dreifache des homo
ingenuus sich erklärt, eine Verdreifachung, die ja in derselben
Quelle tatsächlich für die Grafen und Missi als königliche
Beamte, sowie für sonst unter Königsschutz stehende Per-
sonen (Waregang) belegt erscheint.*) Damit wäre auch die
herkömmliche Deutung dieses vielumstrittenen homo Francus
als einer über den Gemeinfreien stehenden und bevorzugten
Standesklasse gegeben.^) Sehr richtig hat E. Mayer darauf
aufmerksam gemacht, daß nach der bedeutenden Höhe der
Beitragsleistung zur Normannensteuer (im Jahre 866) die
Franci nicht Freie überhaupt, sondern „wirtschaftlich sehr
potente Leute" sein müssen.^)
Erweist sich also die methodologische Grundlage der
Heckschen Beweisführung, über die sog. Träger der Norm-
gebung, als nicht zwingend, so ist auch die Durchführung des
') Vgl. dazu auch richtig Vinogradoff a. a. O. S. 186 f.
*) Vgl. dazu auch Vormoor a. a. O. S. 33 ff,
■') Zs. f. RG. 23, 250; vgl. doch auch Heck a. a. O. i, 188.
*) MG. LL. V p. 272 c. 9.
') Vgl. zuletzt darüber E. v. Möller, D. homo Francus der Ewa
Chamavorum, Mitt. d. Inst. 23, 21 7 ff., sowie Vormoor a. a. O. S. 81 ff.
") Deutsche u. französ. VG. i, 410 n. 1.
— 8o -
Vergleiches dieser Wergelder bei den einzelnen Stämmen
keineswegs einwandfrei. Sie werden in den Quellen nach
Solidi bestimmt. Da diese nun in karolingischer Zeit in
der Regel keine wirkliche Münze, sondern nur eine Rechen-
größe waren, die tatsächlich in den umlaufenden Denaren
darzustellen war, anderseits aber die Franken nach der
herrschenden Lehre am Beginne der Karolingerzeit von der
Gold- zur Silberwährung übergingen, handelte es sich nun
darum, was unter den in den Quellen genannten Solidi
jemals zu verstehen sei. Die herrschende Lehre hatte an-
genommen, daß für den alten Goldsolidus bei jenem Über-
gang in der karolingischen Zeit der neue Silbersolidus ein-
fach substituiert worden sei, was eine sog. Bußreduktion in-
volviert habe. Heck wendet sich dagegen, indem er betont,
daß dafür kein befriedigender Grund sich auffinden lasse. ^)
Er meint vielmehr, daß eine Umrechnung stattgefunden habe
von der alten auf die neue Währung.
Selbst wenn man so weit den Darlegungen Hecks zu-
stimmt — über das Meritum wird unten, wie gesagt, beim
„Münzwesen" näher gehandelt werden — , so ist nun die Art
und Weise, wie sich Heck diese Umrechnung denkt, schlechter-
dings unannehmbar. Er geht von der Lex Chamavorum
aus und meint, um die Gleichung homo Francus = Gemein-
freier aufstellen zu können, man habe unter Solidus hier
ein Doppeltes zu verstehen. Das Wergeid von 200 großen
Solidi habe man den alten ingenui (= homo Francus) re-
serviert, den ingenui der neuen Übersetzungtechnik (!)
aber das gesetzliche Wergeid in kleinen Schillingen gewährt.
„Nachdem auf diese Weise die kleinen Schillinge in die
gesetzlichen Bußen eingedrungen waren, haben sie durch
Umrechnung der Wergelder der übrigen Stände die Allein-
herrschaft erlangt."^)
Heck kann aber zu dieser Auslegung nur mit der
weiteren Voraussetzung kommen, daß die Bußen der Lex
Ripuaria bis auf Ludwig den Frommen in großen Schillingen
bezahlt wurden.^) Als dann Brunner mit Recht darauf
hinwies, daß dies nicht zutreffe, sondern Silbersolidi da
1) A. a. O. S. I, 150. 2) Ebenda S. 176. ») a. a. O. S. 177.
gemeint seien ^), behauptete er, die kleinen Schillinge seien
„freilich schon unter Karl dem Großen in die Lex Ripuaria
eingedrungen, aber ohne Herabsetzung des hohen Wer-
geides". 2) „Wie auf chamavischem Gebiete sind die In-
genuusnormen umgedeutet und in kleinen Schillingen auf
die Minderfreien bezogen worden." Dabei mußte er sich
allerdings selbst gestehen: „diese Veränderungen sind nun
freilich nicht unmittelbar aus dem Text der Lex Ripuaria
ersichtlich."
Man sieht, wie gewunden und gekünstelt diese An-
nahmen sind, zumal nicht nur eine völlig hypothetische Um-
deutung, sondern auch noch eine Abrundung der alten
200 Goldsolidi auf 600 Kleinschillinge angenommen werden
muß. Mit Recht hat daher Brunner in eingehender Wider-
legung diese ganzen Ausführungen, indem er auf weitere
Schwierigkeiten, die sich daraus noch ergeben, hinwies, als
„durchaus unwahrscheinlich" bezeichnet.^)
Noch unwahrscheinlicher ist die Auslegung der Lex
Angliorum et Werinorum. Da hier ganz deutlich der ada-
lingus von dem liber geschieden wird und neben diesem noch
der servus libertate donatus mit einem besonderen Wergeid
auftritt, gerät Heck mit seiner Theorie in die größten Ver-
legenheiten.*) Er vermag nur mit einer völlig willkürlichen
und gezwungenen Auslegung darüber hinwegzukommen,
indem er auch hier bereits als erwiesen annimmt, was doch
nur seine Hypothese ist.^) Auch das Moment, auf welches
Heck hier besonderes Gewicht legt, daß das Wort ingenuus
in der Lex Angliorum nicht vorkommt, beweist m. E. gar
nichts und rechtfertigt am allerwenigsten die sehr ge-
schraubte Interpretation Hecks. ^) Selbst wenn wir mit ihm
annähmen, daß der ingenuus der Lex Ripuaria „der ka-
rolingischen Zeit ein zweideutiger Ausdruck" gewesen sei,
») Zs. f. RG. 19, 83. 2) A. a. O. 178. =») Zs. f. RG. 23,246.
*) „Die sachlichen Gründe sind vielleicht etwas schwächer"!
S. 186.
") „Der vermeintliche Vorrechtsstand trägt wiederum die tech-
nische Bezeichnung des Gemeinfreien. Sein Wergeid ist wiederum
das alte Wergeid des Gemeinfreien." Ebenda S. 186.
*) A. a. O. S. 191.
Dop seh, Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit. II. 2. Aufl. 6
— Ö2 —
warum hat man dann dafür ein Wort eingesetzt — über — ,
von dem Heck früher ja doch ausgeführt hat, daß es ebenso
zweideutig sei^), von dem er hier selbst sagt, daß es die
karolingische Kanzleisprache ganz gleichbedeutend mit in-
genuus gebrauche. Wenn aber, wie er hier, merkwürdig
unklar, annimmt, Über ein Wort darstellt, das immer 2) die
Äquivalenz mit „frei" gehabt habe, so könnte die angeblich
der Verdeutlichung des in der Vorlage stehenden Wortes
ingenuus wegen da verwendete Bezeichnung liber doch
nur auf die Gemeinfreien bezogen werden. Denn daß liber
„immer" die Äquivalenz mit dem Freigelassenen höherer
Ordnung (Minderfreien) gehabt habe, wird doch wohl Heck
selbst nicht annehmen. Und wenn es die Gemeinfreien und
diese Freigelassenen umfaßte, so war es ebensowenig ein-
deutig als das ingenutis in der Vorlage.
Gerade diese Ersetzung des ingenuus der Vorlage durch
liber beweist m. E. das Gegenteil , daß liber eben wie der
ingenuus der Vorlage der Gemeinfreie, und Adaling ein
über den Gemeinfreien Stehender gewesen ist. So erklärt
sich dann auch die ,, Auseinanderlegung der Ingenuusnorm" ^)
viel ungezwungener als Verdreifachung des Wergeides des
Gemeinfreien, der als Normträger zu betrachten ist. Daß
man den Adaling dabei vorangehen ließ, ist ganz natürlich
und beweist gar nichts.*) Wenn es „nahe lag", jede In-
genuusnorm der Lex Ripuaria hier „durch zwei Vorschriften
zu ersetzen", dann ist es höchst unwahrscheinlich, daß „eine
Norm für den Gemeinfreien und eine für den sonstigen
Freien", der nur ^/a der Buße des Gemeinfreien erhalten
habe, ersetzt wurde. ^) Die Ingenuusnormen können sich
auch nicht „auf die Libertinen" mitbezogen haben, weil
ausdrücklich für den servus libertate donatus ein besonderes
Wergeid von 80 Schillingen angesetzt erscheint. (Cap. 45.)
Alan kann daher auch nicht mit Heck behaupten, daß „die
Scheidung des vermeintlichen Gemeinfreien von den Liber-
') Ebenda S. 62. ^) Von mir hervorgehoben!
•■') Heck a.a.O. S. 187 f.
^) Gegen Heck S. 190, der meint, man müßte „die umgekehrte
Reihenfolge erwarten".
•■) So Heck S. 188.
- 83 -
tinen fehlt". ^) Er vermengt hier zwei verschiedene Klassen,
die zu minderer Freiheit und die zu voller Freiheit Frei-
gelassenen. Die letzteren konnte man juristisch gar nicht
mehr als Libertini bezeichnen, die ersteren aber sind tat-
sächlich hier besonders gestellt.
Endlich die Lex Salica. In ihr sind die Bußen nach
Solidi zu 40 Denaren angesetzt. Weil nun zwei Kapitularien
vom Jahre 803 und 816 im Gegensatz dazu einen SoHdus
von 12 Denaren für die Franken belegen und ein Konzils-
beschluß von 813 die Beseitigung der Solidi zu 40 Denaren
als Begünstigung vom Kaiser erbittet^), hat man diesen
Gegensatz auf jenen von Gold- und Silbersolidi gedeutet
und eine Bußreduktion angenommen, die durch Beseitigung
der in der Lex Salica vorhandenen Goldsolidi zu 40 De-
naren und deren Substitution durch den Silbersolidus zu
12 Denaren bewirkt worden sein soll. Heck hat dagegen,
wie schon erwähnt, mit Recht eingewendet, daß für eine
solche Bußreduktion keine befriedigende Erklärung vor-
gebracht werden könne. ^) Andere Forscher haben ebenso
zutreffend darauf aufmerksam gemacht, daß eine solche
Maßnahme jedenfalls weitgehende volkswirtschaftliche Um-
wälzungen bewirkt haben müßte.*)
Heck verdanken wir aber noch weitere, wie ich glaube,
wichtige Feststellungen. Er hat nämlich darauf hingewiesen,
daß nach salischem Rechte die Kompositionen in ver-
schiedenen Schillingen bezahlt wurden ^), ferner doch auch
die nach 816 entstandenen Handschriften der Lex Salica
noch die Rechnung nach 40 Denaren aufweisen.*^) Endlich
aber, daß über die Verteilung der Schillingswerte auf die
Bußen uns- das Capitulare von 803 keine Aus-
kunft gebe.®)
') Ebenda S. 186. Dagegen richtig Brunner, Zs. f. RG. 23, 255.
2) Vgl. Heck a. a. O. S. 156.
3) A. a. O. S. 150.
*) So Rietschel, Götting. Gel. Anz. 1902 S. 103; dazu auch bei
Vinogradoff a. a. O. S. 136: „In der Zwischenzeit zwischen den beiden
Regulierungen muß freilich eine arge Verwirrung und Unsicherheit
geherrscht haben." Vgl. unten § 13.
•') A. a. O. S. 198. Das gibt auch Brunner zu Zs. f. RG. 23, 258.
*) Ebenda S. 199.
6*
- 84 -
Allerdings hat er daraus nicht die entsprechenden
Schlußfolgerungen gezogen und ist unter dem Eindrucke
der herrschenden Lehre auf halbem Wege stehengeblieben,
ohne seine Beobachtungen in ihre letzten Konsequenzen zu
verfolgen. Da eben nur so seine Auffassung der Stände
sich halten läßt, sieht sich Heck zu der Annahme genötigt,
daß in der als Grundlage dienenden Lex Ripuaria „die
Ingenuusnormen zugleich in bezug auf den Stand und den
Schilling umgedeutet wurden, die ripuarische Schillings-
differenz zugleich eine ständische gewesen sei".^) Dafür
liegt aber keine Begründung vor. Hier sei die Umdeutung
durch Usualinterpretation erfolgt. Bei der Lex Salica aber
sei dies nicht möglich gewesen, da sie die Denarwerte nor-
mierte. Deshalb sei hier die Umdeutung durch ein Gesetz
durchgeführt worden. Die 200 Schillinge des Ingenuus-
Wergeldes der Lex Ripuaria müßten also in einem dop-
pelten Sinne gedeutet werden. Einmal als Goldsolidi =
600 Kleinschillingen für die Gemeinfreien und dann als
Kleinschillinge für die Minderfreien. Es ist schon von
Vinogradoff mit Recht betont worden, daß diese Annahme
einer verschiedenen Bedeutung von Solidus in ein und der-
selben Quelle ganz unwahrscheinlich sei.^) Und ebenso un-
annehmbar, daß in der Lex Chamavorum, wo die Ab-
weichungen von dem ribuarischen Rechte angegeben werden,
unter den Solidi der Wergeidsätze Silbersolidi gemeint sein,
während jene der benutzten Vorlage (Lex Ripuaria) Gold-
solidi bedeuten sollen.^)
Zudem aber sieht sich auch Heck, wiewohl er die An-
nahme der herrschenden Lehre von einer allgemeinen Buß-
reduktion unter Pippin als unbegründet betrachtet, doch
selbst genötigt, für die Zeit Ludwigs des Frommen
eine solche für den Stand derFranci anzunehmen, die
bis dahin die Bußen in großen Schillingen gezahlt erhielten,
während die Bußen aller anderen Stände in kleinen Schil-
lingen entrichtet wurden.*) Heck muß immer weiter kon-
struieren, um seine Hypothese nur einigermaßen, plausibel
') Ebenda S. 199. ^) Zs. f. RG. 23, 142 u. 144.
») Vgl. Brunner, Zs. f. RG. 19, 87. *) Heck i, 200.
- 85 -
zu machen. Ludwig habe 8i6 unter kirchHchem Einfluß das
Wergeid der Gemeinfreien auf das Maß der Minderfreien
herabgesetzt, und diese Beseitigung des Vorzuges der Ge-.
meinfreien sei dazu bestimmt gewesen, „die geisthche Aristo-
kratie auf Kosten der welthchen zu heben". ^)
Auch hier tritt die Nichtbeachtung des allgemeinen
historischen Tatsachenmateriales bei Heck bedenklich hervor.
Man stelle sich nur vor, was diese Herabsetzung des Wer-
geides auf das Drittel des bisher gültigen wirtschaftlich für
die Laienaristokratie bedeutet hätte. Und das soll in einem
Zeitpunkt geschehen sein, als nach Aussage aller Quellen
gerade die Laienaristokratie immer mehr politische Be-
deutung gewann und wirtschaftlich erstarkte? 2) Zu einer
Zeit, da die Macht dieser Laienaristokratie bereits von der
Kirche drückend empfunden wurde ^), sie sogar daran dachte,
das Kirchengut zu säkularisieren?*)
Ludwig der Fromme hätte 816 gar nicht die Macht zu
einer solchen Maßregel wider die Laienaristokratie auf-
gebracht und letztere sie kaum ruhig hingenommen.
Heck muß sich doch selbst gleich gestehen: „Ob frelHch
Ludwig mit seiner Maßregel auf die Dauer durchgedrungen
ist, erscheint zweifelhaft. Vielleicht hat die weltliche Aristo-
kratie nach dem Siege der Söhne auch das hohe Wergeid,
wennschon in kleinen Schillingen, wieder errungen."^)
Er hat sich die sozialen und wirtschaftlichen Folgen
einer so bedeutsamen Maßnahme offenbar gar nicht klar-
gemacht, sonst könnte er deren Durchführung, bzw. Amo-
vierung nicht so einfach je nach seinem Bedarf bald annehmen,
bald wieder abgeschafft sein lassen. Vor allem müßte er auch
erst nachweisen, daß nach 833 dann wieder andere Wergeid-
sätze giltig waren als vorher seit 816.
Es muß doch betont werden: all diese Annahmen
Hecks bieten für die Erklärung der vorliegenden Quellen-
bestände gegenüber der bisherigen Interpretation keine
solchen Vorteile, daß man die großen Schwierigkeiten und
*) Ebenda S. 201.
*) Siehe im i. Band dieses Werkes S. 169 u. 294 ff.
3) Ebenda S. 235 ff. u. 400. *) Ebenda S. 236. '") S. 202.
— 86 —
unhaltbaren Künsteleien, zu denen sie uns notwendigerweise
veranlassen, dafür eintauschen sollte.
Gerade vom historisch -politischen und wirtschafts-
geschichtlichen Standpunkte aus müssen diese Annahmen
Hecks entschieden als verfehlt und unhaltbar bezeichnet
werden.
Ein Versuch zur Lösung der anscheinend da noch be-
stehenden Schwierigkeiten wird unten bei Besprechung des
Münzwesens geboten.
Zum Schlüsse noch ein Wort über die Lohnarbeit,
bzw. die Tagelöhner. Inama hat ja angenommen, daß freie
Tagelohnsarbeit in der Karolingerzeit „nur ganz vereinzelt
vorgekommen" sei ^) und Waitz hat sich dem durchaus an-
geschlossen.^) Auch Lamprecht ist wesentlich doch der-
selben Meinung, da er zwar zugibt, daß „auch freie Existenzen
im Hausgesinde und im Tagelohn schon seit der Karolinger-
zeit durchaus nicht unbekannt" gewesen seien, jedoch ein
Anwachsen derselben erst mit dem 13. Jahrhundert eintreten
läßt.^) Ebenso Wilh. Sickel*) und neuestens K. Haff wieder. 5)
Die von Sickel für diese Periode angezogenen Quellen waren
allerdings auch Inama schon bekannt gewesen. Denn so-
wohl die Statuten von Corbie (822), welche die Miete von
Tagelöhnern für Gartenarbeiten bezeugen^), hatte Inama
zitiert"^), als auch die beiden Kapitularienstellen, die Sickel
noch anführt.^) v. Inama meinte aber, daß eben in Neustrien,
auf welches sich diese Belege überwiegend beziehen, ob
') DWG. I, 367 = I^ 498 (hier „nur selten vorgekommen").
'-)VG.4^339• «) DWL. I. 2, 1157.
*) Die Privatherrschaften im fränk. Reich, Westdeutsche Zs.
15, 144 n. 48 (1896): „So boten sich für den, welcher nicht als Grund-
eigentümer leben konnte, immer geringere Aussichten, durch ein
selbständiges Gewerbe Nahrung zu finden" .... „Neben einer ge-
ringen Menge freier Handwerker und Händler fristeten einzelne
selbst als freie Lohnarbeiter ein ärmliches oder unsicheres Dasein.'
^) Zs. f. RG. 35, 468. Sein Einwand, daß die beiden von mir
zitierten Capitularien aus Westfrancien (MG. Capit. 2, 273 c. 9 und 2, 323
c. 31) Ausnahmen betrafen, besagt nichts angesichts der von mir
sonst noch vorgebrachten Belegstellen von allgemeiner Geltung!
*) Gedr. bei Guerard, Polyptyque d'Irminon 2, 315 jetzt besser
Levillain, Le Moyen Age, 2. Ser. 4, 361.
') I, 367 n. 2. ') Vgl. Inama WG. i, 236 n. i.
seiner viel reicheren wirtschaftlichen Entwickkmg die Ver-
hältnisse zum Teil anders gewesen seien. Und damit hat
er ja gar nicht unrecht.
Allerdings mußte er sich doch schon gestehen, daß
auch in dem Capitulare Ludwigs des Frommen aus Aachen
vom Jahre 818/19 doch dieselbe Erscheinung zutage trete.
Aber auch das, meinte er, bezog sich bloß „auf einen be-
stimmten Fall".
Tatsächlich darf gerade diese Stelle eine ganz allge-
meine Bedeutung für sich in Anspruch nehmen. Es wird
im Anschluß an das Zehntgebot von der Verpflichtung zu
Baufronden an Kirchen gehandelt und dabei freier Ver-
einbarung eventuell anheimgestellt, statt der Bauarbeit ein
Geldäquivalent zu geben, mit dem der Kirchenvorstand
Handwerker zur Ausführung dieser Arbeiten mieten könne. ^)
Offenbar kamen solche Verhältnisse gar nicht selten vor.
Es handelt sich gerade da eben nicht um „einen bestimmten
Fall".
V. Inama mochte sich gegen die Annahme einer all-
gemeineren Verbreitung freier Tagelohnarbeit naturgemäß
sträuben, denn das paßte ja sehr schlecht zu seiner ganzen
Theorie des damals angeblich herrschenden Wirtschafts-
systems.2) Er sagt ja auch hier: „Sowohl die Anschauungen
des Volkes über die Unvereinbarkeit von Dienst und Freiheit,
als auch die allgemeine Unbeweglichkeit der Verhältnisse,
der Mangel der Freizügigkeit über das Gebiet des Seniorats
hinaus, in dessen Verband doch auch die besitzlosen Freien
stehen mußten, und die Unsicherheit einer solchen Existenz,
die sich nur auf freie Verwendung der Arbeitskraft gestützt
hätte, waren dem Aufkommen einer freien Arbeiterbevölke-
rung entgegen; nur im festen grundherrschaft-
lichen Verbände war die nötige Sicherung der
Existenz zu finden."^)
*) MG. Capit. I, 287 c. 5: Aut si inier eos co7ivenerit, ?// pro opere
faciendo argentum doiient , iuxta aestimationem operis in ar genta per-
solvant: cum quo pretio rector ecclesiae ad praedictam restmirationem
Opera rios condu cere et materiam emere possit.
-) Vgl. im I. Teile S. 7 ff. ^) WG. i, 367, von mir gesperrt!
— 88 —
Und dann wieder: . . Noch war nicht die Zeit ge-
kommen, welche ein Arbeitsverhältnis durch freien Vertrag
begründen ließ und in festem Lohn eine Teilung des Arbeits-
erfolges zwischen dem Herrn des Gutes und seinen Arbeits-
kräften ermöglicht hätte. ^)
Aber auch die andere Stelle, das Capitulare Missorum
Silvacense^) gewinnt doch eine über Neustrien hinausragende
Bedeutung, wenn man den von Lamprecht vorgebrachten
Beleg für Tagelohnarbeit hinzuhält. Regino v. Prüm hat
nämlich in seinem Werk de synodalibus causis et disciplinis
ecclesiasticis auch darüber gehandelt. Die betreffende Stelle
ist aber, worauf Lamprecht nicht aufmerksam wurde, offen-
bar eben aus dem genannten Capitulare oder einem solchen
ähnlichen Inhaltes entnommen.^) Hält man sich nun vor
Augen, daß das Werk Reginos für praktische Zwecke der
kirchlichen Verwaltung des täglichen Lebens bestimmt war^),
so erhellt, wie häufig solche Fälle sich auch in Lothringen
noch unter dem letzten Karolinger ergeben haben mochten.
Regino hat ja, was dort als Folgeerscheinung der Einfälle
von Normannen und Britten dargestellt erscheint, ver-
allgemeinert. Daß Ähnliches auch früher schon seit langem
vorgekommen, lehrt das Edictum Pistense (864), das sich
bei einer ganz analogen Bestimmung direkt auf ein von
') WG. I, 236. 2) MG. Capit. 2, 273 c. 9.
^) Cap. Silvac: Regino 2. 5:
De advenis, qui oppressione Nort- bei Migne Patrol. 132, 286.
fnojinorum vel Brittanorum in par- Inquirendum, si aliquis peregri-
ies istoriim regnorum confugerunt, mim, qui de siia patria propter
statueniHi seniores nostri , ut a paganorum infestationem vel per-
niillo rei publicae ministro quam- seciitionemfiigit, hac de causa quia
cumqice violentiam vel oppressionem in domo eins mansit et diebus
aut exactationcm patiantur; sed aui annis loco mercenarii Uli
liceat eis conductum suum quaerere servivit , pro proprio servo
et habere, doncc aut ipsi redeant ad illum velit habere et vendere aiit
loca sua aut seniore illorum eos dare alicui praesumat.
recipiant. Nullus autetn eos in-
servire praesumat , eo quod
loco mercenarii aptid ali-
quem manserint , nee censum
aut tributum exigere.
*j Darüber Wattenbach, Gesch. -Quell. (1904) iS3i2.
- 89 -
Karl dem Großen darüber erlassenes Capitulare zurück-
bezieht. ^)
Tatsächlich gewinnen nun die in mehreren Kapitularien
Karls des Großen behandelten advenae und adventicii^)
durch diese jüngeren Erläuterungen gleichfalls Quellenwert
für die freie Tagelohnarbeit.
Lamprecht hat für das Vorkommen dieser noch auf das
Edictum Rothari für Italien hingewiesen.
Auch die Formeln enthalten mehrere sehr interessante
Stücke. Arme Leute verpflichten sich im Wege freien
Vertrages für ein Darlehn in Geld bestimmte Tage in der
Woche Arbeiten nach Bedarf zu verrichten. Schon die
Marculfsche Sammlung enthält ein solches Stück. '^j In jener
von Sens sind mehrere zu finden.*)
Ich möchte aber auch noch auf einige Formeln der
westgotischen Sammlung hinweisen. Sie betreffen zwar
Prekarien, jedoch scheint mir der Eingang, die Motivierung
hiezu, jsehr beachtenswert: Dum de die in diem egestateni
paterer et huc illuc percurrerent , ubi mihi pro coinpendio
laborarem . . .^) Man sieht, daß Vermögenslose Lohn-
arbeit suchten und fanden.
Doch diese Quellen stammen gleichfalls aus West-
francien. Ich will einen solchen Einwand gleich selbst er-
heben. Aber ich meine auch, daß hiebei nicht so sehr der
Gegensatz zwischen Ost und West, als vielmehr jener von
Land- und Verkehrswirtschaft entscheidend ist. Diese
westfränkischen Quellen entstammen Städten. Aus den
Städten des Ostens sind uns keine solchen mehr überliefert.
Gerade dort aber, in den Städten, mußte der Handel und
Verkehr oft und oft Tagelohnarbeiten zum Bedürfnis werden
') MG. Capit. 2, 323 c. 31.
•-) MG. Capit. I, 131 c. 5 (806); 157 c. 4. 5 (803—13).
^) MG. FF. S. 93 nr. 27 : dies tantus in unaquaqiie epdotnada ser-
vicio vesiro, qiiale 7nihi vos mit agentes vestri iniunxeritis,facere debea/n-
*) Ebenda 186 nr. 3: iisqiie ad annos tantos in quisque [hebjdoma/a
dies tantos opera hia, qtiale mihi iniuncxeris et ratio prestat,facere
debeam und 195 nr. 24. Vgl. auch H. Brunner in Zs. f. Handelsrecht
22, 64 ff,
*) Ebenda 591 nr. 36; vgl. auch nr. 37: a vobis pro nostro coin-
pendio expetisse.
— 90 —
lassen. Es wird nicht zufällig sein, daß Tagelohnarbeit gerade
auch in den Formeln für die königl. Privilegien an Juden in
den Städten sich findet. So für mehrere Juden, die in Lyon
wohnten^), ähnlich zwei weitere Stücke aus den Formulae
Imperiales, von denen eines einen Juden betrifft, der in
Saragossa wohnte.^) Man sieht, diese Handelsleute be-
nötigten Tagelöhner offenbar in größerer Masse ^), da sie
sich mit dem Königsschutz zugleich auch dieses Recht aus-
drücklich beurkunden ließen.
Durch die Lex Visigot. (XI. 3. 3 und XII. 2. 14) wird
dieser Zusammenhang unmittelbar illustriert.*)
Vielleicht gewinnen endUch auch einige Bestimmungen
über den Kriegsdienst, speziell aus Italien, eine ähnliche
Bedeutung. In dem Gesetz Liutprands wird u. a. von der
Verpflichtung der ärmsten Bevölkerungsklasse (de minimis
hominibus), die ganz vermögenslos war (qui nee casus nee
terras suas kabent) gehandelt^); sie sollen 3 Tage in der
Woche Arbeiten für den Richter ausführen (ad . . judicein
faciant per ebdomata . . . operas tres). Dasselbe Bild also,
wie es dort in Westfrancien die Formeln erkennen lassen.
V. Inama hat dann in der 2. Auflage seiner Wirtschafts-
geschichte Nachweise, die Lamprecht inzwischen über die
jüngeren Söhne von behausten Hintersassen, sowie Heistalden
geboten hat, für das Vorkommen von Tagelohnarbeit an-
geführt.^) Er berief sich dabei auf die Annahmen Rhamms,
daß diese Heistalden, welche dort in Prüm doch erst in
jüngeren Quellen belegt sind, bereits eine altfränkische Ein-
richtung seien. '^) Das wären aber doch auf Hofstätten,
Seiden, sitzende angesiedelte Leute, nicht freie Lohnarbeiter.
Nun läßt sich aber eine Glosse nachweisen, die für hagastalt
mercenarius als Übersetzung bietet.^) Damit wird nun aller-
') MG. FF. Imp. 310 nr. 31 : liceatqiic eis . . . homines christianos
ad eonun opera facienda locare, exceptis festis et diehis dominicis.
"-) Ebenda 309 nr, 30 u. 325 nr. 52.
*) Vgl. auch unten § 11 (Handel) am Schlüsse.
*) Vgl. meine „Grundlagen" 2, 384.
5) MG. LL. IV. p. 140 c. 83. XIV. «) VVG. i -, 499.
') Ebenda S. 302 n. i; vgl. dazu im i. Teile S. 359.
*) Graff, ahd. Sprachschatz 4, 762.
— 91 —
dings wahrscheinlich, daß die Heistalden z. T. wenigstens
auch Lohnarbeiter schon in jener Zeit waren, wie dies
Lamprecht dann für die jüngere Zeit (12. Jahrhundert) aus-
geführt hatte ^), und Rhamm für die dagewerchte des Sachsen-
spiegels annimmt.^)
Die austaldi der itaHenischen Kapitularien ^) möchte ich
allerdings nicht hierher ziehen*), denn diese waren sicher
keine Tagelohnarbeiter.
Als allgemeine Bezeichnung für Dienstleute schlechtweg
wird in der Karolingerzeit ministe riales verwendet.^) Wie
ministerium den Dienst überhaupt bezeichnet®) = servitium,
so ministeriales Leute, die Dienste zu verrichten haben, mit
Diensten betraut sind. Und wie ministerium dann auch das
Amt ausdrückt"^), so erscheint ministerialis mit Vorliebe
wenigstens in Kapitularien als ein Beamter des Königs**)
oder eines geistlichen Herrn. Auch in Urkunden werden
gelegentlich Grafen vom König so bezeichnet.^)
Diese Bezeichnung hat aber nichts Minderwertiges aus-
gedrückt, da der König einmal einen Grafen seinen lieben
Ministerialen nennt ^^) und ebenso einen seiner Räte. ^^) Auch
Priester ^^), ja Bischöfe ^^) werden vom König Ministeriales
genannt. Es kann aber dieses Wort auch niedere Amtleute
und Diener bezeichnen. So heißt es im Capitulare de Villis
c. 47: Ut venatores nostri et falconarii vel religui ministeri-
ales, qui nobis in palatio adsidue deserviiint. Ähnlich auch
c. 10 von den Förstern, Gestütsbeamten und Kellermeistern,
sowie Zöllnern ^*), die aber hier doch auch mit den höheren
^) DWL. 1. 2, 1224. 2) Dje Großhufen der Nordgermanen S. 120.
^) MG. Capit. I, 210 c. 10 u. 325, c. i.
*) So V. Inama i ^, 302 n. i, dagegen Rhamm a. a. O. i, 141.
'") Vgl. dazu Guerard, Polyptyque d'Irminon 1,431 ff.
*} Vgl. die Belegstellen im Register zu MG. Capit. 2 S. 660,
~') Ebenda. *) Ebenda unter ministerialis.
*) Mühlbacher Reg.^ nr. 1113. 1114. 1132. 1848. 1854. 1951. 2017.
") Comes honorabilis et dilecttis ministerialis. MB. 31, 135 (= Mühl-
bacher ^ nr. 1848).
'') Mühlbacher Reg.'^ nr. 1669.
*-) Wartmann ÜB. 2, 224 = Mühlbacher Reg.^ nr. 16 19.
'*) Mühlbacher Reg.- nr. 1845, dazu Fürth, Die Ministerialen S. 24.
^*) Ut maiores nostri et forestarii , poledrarii, cellerarii, decani,
telonarii vel ceteri ministeriales.
— 92 —
Beamten (maiores) ^) gleichmäßig als ministeriales zusammen-
gefaßt erscheinen.
Häufig werden auch die Gehilfen oder Unterbeamten
von Grafen und Vögten, der Missi und ludices so genannt.^)
In einer aus Tours stammenden Formel über einen
Verkauf an die Kirche kommt ministerialis neben libertinis
in der Pertinenz von Gütern vor.^) Hier wäre also doch
wohl an Hintersassen zu denken. Und von da aus erschiene
vielleicht auch die sonst allerdings ganz ungewöhnUche
Stelle in einer Traditionsurkunde aus Lorsch, angeblich
vom Jahre 791, nicht ganz unmöglich, die von einer Auto-
tradition handelt *) : Ego Ansilt, ex illustri prosapiä edita,
zmacum nobili (marito) meo A nos videlicet ipsos et
filios ac filias nostras . . . . optimo jure miTiisterialium
praefatae ecclesiae nos atrahentes, id est in officium
cajnerariorum '") nos collocantis . . Wahrscheinlich liegt aber
doch nur eine Fälschung hier vor, da in der Datierung das
Regierungsjahr (XXIII) nicht zum Kaisertitel stimmt. Aller-
dings ist der Zweck der Fälschung in einer solchen Privat-
urkunde zu späterer Zeit, etwa dem 12. Jahrhunderte, schwer
einzusehen.
Immerhin finden sich auch in echten Urkunden Mini-
sterialen als Pertinenz eines zum königlichen Amtslehen
gehörigen Hofes, den König Ludwig IV. im Jahre 908 an
Salzburg schenkte.^) Diese Ministerialen hatten augen-
scheinlich für ihren Dienst oder Amt gewisse Güter vom
Könige geliehen.'^) Das bezeugt ja auch das Capitulare de
Villis, da es an derselben Stelle, wo von den ministeriales
') Siehe im i. Teil S. 158 f.
^) MG. Capit. 2, 660 Register, sowie Mühlbacher Reg.- nr. 2021,
MG. FF. 297, 10.
^) MG. FF. 160, nr. 2. *) Cod. Lauresham. 2, 127.
'") Vgl. zu den Kämmerlingen auch Heck in Vierteljahrschr. f.
Soz. u. WG. 5, 142 n. I, sowie Keutgen, Ämter u. Zünfte S. 97 u.
Fressel, Das Ministerialenrecht der Grafen von Tecklenburg (Mün-
sterische Beitr. z. Geschichtsforsch. N. F. 12, 75 ff. (1907).
*) Mühlbacher Reg.* nr. 2055.
') Ebenda = Salzb. ÜB. 2, 75 u. 40 :^ cum ministerialibus lionii-
nibus subnotatis : Kerolt cum uxore sua et filiis et cum 0 m nibu s s i h i
in miiiisterinm commissis ...
— 93 —
die Rede ist, auch von Benefizien der maiores spricht.^) Die
Urbare weisen mehrfach konkrete Beispiele dafür auf. 2)
Somit ist wohl die Annahme kaum zulässig, daß mini-
sterialis zur Karolingerzeit bereits einen Stand bezeichnet
habe, wie Brunner doch meint. ^) Schon A. Baldamus hatte
das 1879 als unrichtig bezeichnet*), neuerdings haben es
Heck^) und Keutgen^) wieder verworfen.
Ähnlich wie ministerialis das Amt oder den Dienst, so
bezeichnet auch miles in dieser Zeit den Beruf oder Dienst,
nicht einen Stand. Dienstleute also, besonders militärische,
u. zw. sowohl jene, die am Hofe des Königs als dessen stets
bereite (expediti) Leibwache vorhanden'') waren, wie auch
die von den herrschaftlichen Hintersassen, welche zum Kriegs-
dienste verpflichtet sind.^) Da dies nicht für alle zutraf,
ergab sich hier naturgemäß ein differenzierendes Moment,
indem unter milites nur die freien, bzw. freigelassenen Hinter-
sassen verstanden werden konnten.^)
Hierher sind wohl auch die exercitales viri der Arno-
nischen Güterverzeichnisse aus Salzburg zu stellen, die ab-
hängige Hintersassen sind, aber neben und vor den freien
Barschalken aufgeführt werden.^")
Dazu muß das Privileg Ludwigs des Frommen für
Kempten vom Jahre 834 gehalten werden. Da der Kaiser
den Abt mit seinen Zinsleuten (tributarii) vom Kriegsdienst
^) c. 10: Et qualiscunque maior habuerit beneficium.
"-) Vgl. Guerard, Polyptyque d'Irminon i, 599. Cod. Lauresham.
3, 210 nr. 3671, sowie im i. Teile dieses Werkes S. 279 f.
*) DRG. I ^, 372: Der Name der Ministerialen hat „als Standes-
name die vorwiegende Beziehung auf Unfreie höheren Ranges bei-
behalten".
*) Das Heerwesen unter den späteren Karolingern (Unter-
suchungen z. deutsch. Staats- u. RG. von O. Gierke 4) S. 69.
*) Der Ursprung der sächsischen Dienstmannschaft, Viertel-
jahrschr. f. Soz. u. WG. 5, 123 (1907).
") Die Entstehung der deutschen Ministerialität. Ebenda 19 10
S. 537 f-
') Hincmar, de ordine palatii c. 27 MG. Capit. 2, 526.
*) Mühlbacher Reg.* nr. 1932 (897) f. Corvey.
*) Vgl. zu der in voriger n. zit. Urk. jene Ludwigs d. Fr. für
dasselbe Kloster vom Jahre 833 Mühlbacher "^ nr. 924.
^") Salzburger ÜB. i, 13 u. 14.
— 94 —
befreit, wird doch betont, daß diese Begünstigung nicht
gelten solle für die nobiliores persone, welche vom Kloster
.Lehen innehatten.^)
Aus Westfrancien besitzen wir für das Jahr 855 eine
Nachricht, daß damals schon ein Teil des herrschaftlichen
Grund und Bodens an die milites und cavallarii zu Lehen
erteilt war, u. zw. anscheinend für ihre Kriegsdienstleistung,
da diese Güter — doch wohl wegen ihrer Zinsfreiheit —
bei der Besitzaufnahme in einem Urbar von St. Bertin da-
mals ebenso beiseite gelassen wurden wie jene, die an
andere Ämter ausgetan waren. 2) Ähnlich auch in St. Ri-
quier^) und der Abtei Laubach (Hennegau) sowie in Italien.*)
Soweit dieses Quellenmaterial der Karolingerzeit Auf-
schluß gewährt, spricht es gegen die Annahme einer aus-
schließlichen Herkunft der späteren Ministerialität aus un-
freien Elementen niederer Kategorie und unterstützt teilweise
die neuerdings wieder ^) von Heck aufgestellte und durch
Keutgen im Prinzip wesentlich doch akzepierte^) Erklärung der
jüngeren MinisteriaUtät aus freien, bzw. freigelassenen Hinter-
sassen der Grundherrschaften. Merkwürdigerweise haben
sie beide die Ausführungen von Baldamus '^) gar nicht be-
rücksichtigt, der doch — ähnlich wie Sohm^) — diese
') Mühlbacher Reg.^ nr. 929: nobiliores quoque persone, de rebus
monasterii beneficia habentes ab exercitatibiis expeditionibus faciendis
non excliidimus .
-) Folcwin, Gesta abbat. S. Bertin. Sithiens. MG. SS. 13, 619:
abbas igitur Adalardus villas ad fratrum usus pertinentes vel quicquid
exinde sub qualicunque servitio videbatur provenire, absqtce his , quae
in aliis minister iis erant distributae vel quae militibus et
cavallariis erant beneficiatae, tali iussit brevitate describere;
vgl. dazu im i. Teil dieses Werkes S. 286.
^) Chron. Centulens. III. 3 : inter Iias [villas] erant quaedam, licet
paucae, ubi aliqui militares S. Richarii beneficii quidpiam
habebant (ed. F. Lot, collection des textes pour servir ä l'etude et
ä Tenseignement de l'histoire. S. 94).
*) Vgl. Pöschl, Bischofsgut und Mensa episcopalis i, 177 n. i;
179 n. I und 182.
'") Früher hatte dies ähnlich doch schon Nitzsch angenommen,
Ministerialität und Bürgertum S. 28f.
«) A. a. O. S. 194. ") A. a. O. S. 67 = 89, bes. S. 85.
*) Die liberti der altgerm. Zeit. Zs. d. Savignystift. 21, 2off.,
bes. S. 23.
— 95
Herkunftsmöglichkeiten bereits auch erörtert, allerdings z. T.
abgelehnt hatte. ^) Auch Lamprecht hatte schon darauf
hingewiesen.^)
§9-
Das Städtewesen.
Als eine der empfindlichsten Lücken in der Wirtschafts-
geschichte der Karolingerzeit muß bezeichnet werden, daß
sie den Städten nahezu gar keine Beachtung geschenkt hat.
Verschiedene Umstände haben dazu mitgewirkt. Vor allem
die Anschauung, daß die Römerstädte wie die römische
Kultur überhaupt in den Zeiten der sog. Völkerwanderung
völlig zugrunde gegangen seien. Dann aber auch die Über-
zeugung von der Städtescheu der Germanen, welche man
aus Tacitus entnahm, sowie die ganze Auffassung der früh-
germanischen Kultur, die überwiegend, wo nicht ausschließ-
lich agrarwirtschaftlicher Art gewesen sei. Man dachte sich
diese Zeit gewissermaßen als ein System von Fronhöfen,
eine Villikationsverfassung in großem Stile, bei der insbe-
sondere verkehrswirtschaftliche Erscheinungen nahezu ganz
gefehlt hätten. Gewerbe und Handel seien nur im Rahmen
der Einzelwirtschaften, die eine starke Isolierung aufwiesen,
vorgekommen, als Pertinenzen der Landwirtschaft, welche
den eigentlichen Kernpunkt der ganzen wirtschaftlichen
Betätigung gebildet habe.^) In der theoretischen Formu-
lierung durch die moderne Nationalökonomie kamen schließ-
lich diese Grundanschauungen zu verschärftem Ausdruck.
Hatte Karl Bücher schon diese Periode als eine Zeit der
„geschlossenen Hauswirtschaft" hingestellt, die arm oder
bar aller Verkehrswirtschaft durch die Autarkie ihrer Eigen-
*) Siehe dazu jedoch auch unten § ii (Handel) das über die
Scara Gesagte.
-) DWL. I. 2, 8ii.
■■') Neuestens hat diese einst durch G. L. von Maurer aufgestellte
sog. hofrechtliche Theorie besonders G. Seeliger wieder vertreten,
zuletzt in seinem Aufsatz „Handwerk und Hofrecht" Hist. Viertel-
jahrschr. 1913 S. 472 ff., bes. 491.
- 96 -
Produktion charakterisiert sei ^) , so hat W. Sombart in der
neuesten Darstellung derselben geradezu von einer städte-
losen Zeit des Frankenkaisers gesprochen und einen völligen
Mangel an Städten behauptet.^)
Einen solchen Eindruck mußten vor allen die vor-
handenen Darstellungen der Wirtschaftsgeschichte dieser
Zeit hervorrufen, v. Inama-Sternegg hat der Städte in der
KaroHngerzeit kaum Erwähnung getan und ähnlich ist dies
doch auch in der kürzeren zusammenfassenden Darstellung
von Kötzschke geschehen.^) In der großen Literatur über
die Entstehung des Städtewesens aber galt, so verschieden
man diese auch auffassen mochte, doch so viel als sicher,
daß sie erst später, ja wohl gar erst mit dem 12. Jahrhun-
derte, anzusetzen sei. Auch die Forscher, welche der älteren
hofrechtlichen Theorie von der Herleitung der Städte aus
den Zentralhöfen der alten Grundherrschaften entschieden
entgegentraten, wie besonders G. v. Below, waren doch in
diesem Punkte eben noch von derselben Grundauffassung
maßgebend beeinflußt.*) Auch er ist überzeugt, daß die Bil-
dung städtischer Bezirke erst im 12. Jahrhunderte erfolgt
sei, da bis dahin Handel und Verkehr noch nicht zur Ent-
wicklung gelangt wären. ^) Selbst S.Rietschel, der das Städte-
wesen besonders auf die Marktgründung zurückführen wollte,
hat doch angenommen, dieses letztere sei in der Karolinger-
^) Die Entstehung der Volkswirtschaft 5. Aufl. 1906 S. gaff..
ebenso 11. Aufl. 19 19.
''■) Der moderne KapitaHsmus 2. Aufl. 1916 i, 41.
*) Deutsche Wirtschaftsgesch. bis zum 17. Jahrh. (A. Meisters
Grundriß d. Gesch.-Wiss. II. 1,81. 2. A. loiff. (1921).
*) Vgl. Histor. Zs. 59, 207 f.: „Das Stadtrecht ist das Recht eines
freieren Verkehrs; es ist die Weiterentwicklung des überkommenen
Rechts auf einer wirtschaftlich vorgerücktere Stufe. Das alte Recht
rechnete mit keinem Handels- u. Geldverkehr, sondern
befriedigte die Bedürfnisse des bäuerlichen Lebens und
der Naturalwirtschaft. Die Städte mußten als sie aus diesen
Verhältnissen herauswuchsen, das Recht umbilden."
*) Ebenda S. 211, sowie Ursprung d. deutschen Stadtverfassung
(1892) S. 84 f. : ,,In dem Zeitalter der Ottonen waren Handel u. Gewerbe,
war städtisches Leben wohl noch zu wenig entwickelt, als daß sich
das Bedürfnis nach einem besonderen Stadtgerichtsbezirk schon hätte
einstellen sollen."
— 97 -
zeit durch die Könige vor allem in oder neben den könig-
lichen Pfalzen erfolgt^), und ganz allgemein von den Markt-
herren dort, wo der Zentralpunkt ihrer Macht lag, wo sie
wirtschaftlich allen anderen Gewalten weit überlegen, vielleicht
sogar allgebietend waren". Auch nach seiner Auffassung
ist, wiewohl er sich gegenüber der von Below vertretenen
sog. Landgemeindetheorie ablehnend verhielt^), das Markt-
wesen doch aus der Grundherrschaft erst hervorgewachsen. ^)
Rietschel und die Markttheorie überhaupt sieht den Ursprung
des Städtewesens in der planmäßigen und zu einem ganz
bestimmten Zeitpunkt erfolgten Gründung von Handels-
niederlassungen und mißt deshalb den ostfälischen Stamm-
landen des liudolfingischen Hauses eine besonders große
Wichtigkeit zu, weil die ersten wichtigen Nachrichten, die
wir über die Gründungen von neuen Handelsniederlassungen
besitzen, gerade diesen Gegenden angehören.*)
In diese spätere nachkarolingische Zeit setzen ferner
naturgemäß jene Forscher die Anfänge des deutschen Städte-
wesens, welche wie Eichhorn^), Arnold®) und Heusler'^),
aber auch v. Inama- Sternegg ^) den „Ottonischen Privi-
legien" (Übertragung gräflicher Rechte an geistliche Große)
die entscheidende Rolle bei der Entstehung deutscher Städte
zuerkennen.
Endlich hat auch die sog. Burgtheorie, nach der Aus-
gangspunkt der städtischen Entwicklung die Burg gewesen
ist, die Entstehung der Städte in die Zeit vom lo. Jahr-
hundert abwärts gewiesen, indem sie die vielbehandelten
„Städtegründungen" Heinrichs I. in Sachsen als frühesten Be-
^) Markt u. Stadt S. 41, vgl. auch S. 19.
^) Vgl. ebenda S 42 n. i.
') Ebenda S. 42 ; Den Markt konnte der Marktherr aber natür-
lich nur auf solchem Boden anlegen , über den er als Eigentümer
oder dinglich Berechtigter verfügte . . . Die wichtigsten Märkte des
rechtsrheinischen Deutschland waren demnach grundherrliche Märkte;
sowie S. 19.
*) Ebenda S. 51.
^) Zs. f. geschichtl. Rechtswiss. i. Bd. (1815) 211 ff.
*) Verfassungsgesch. d. deutschen Freistädte i. Bd. 128 ff.
'') Der Ursprung d. deutschen Stadtverfassung 1872.
*) Deutsche Revue 6. Jahrg. 3, 151, sowie DWG. 2, 94.
D 0 p s c h , Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit. II. 2. Aufl. 7
- 98 -
leg dafür ansieht.^) Karl HegeP) und selbst S. RietscheP)
noch haben gemeint, die deutschen Städte hätten zumeist
der schützenden Mauern bis ins 12. Jahrhundert entbehrt.
Ja auch Gelehrte , welche sich gegen die Ableitung der
Städte aus den Burgen erklärt haben, nehmen doch an, daß
die Befestigung das erste Kennzeichen der Stadt gebildet
habe, das, was an erster Stelle die Stadt vom Dorf unter-
scheidet,*)
Die wenigen Forscher, welche doch auch für die Karo-
lingerzeit schon von Städten sprachen, wie K. Hegel und
S. Rietschel, haben lediglich an Bischofstädte (civitates)^),
oder daneben höchstens noch an Pfalzstädte gedacht ^),
derart, daß der Bischofsitz, bzw. die Pfalz, den Anfang und
Mittelpunkt der späteren Städteentwicklung gebildet habe.^)
Auch sie aber betonten, daß diese civitates in der Karo-
lingerzeit auf deutschem Boden nur tatsächliche Vorzüge
vor dem platten Lande genossen, in rechtlicher und kommu-
naler Hinsicht aber zwischen Stadt und Land kein Unter-
schied bestanden habe. „Eine rechtliche Privilegierung der
Stadt und ein spezifisch städtisches Gemeindeleben sollte in
Deutschland erst in späterer Zeit entstehen." ')
Alle diese Theorien konnten aber nur deshalb die Zeit
der Karolinger als eine Periode ohne Städte ansehen, da
sie von Voraussetzungen ausgingen, die in Wirklichkeit nicht
zutreffen. Jene der hofrechtUchen Theorie, als ob die Städte
^) Vgl. Keutgen, Untersuchungen über d. Ursprung d. deutschen
Stadtverfassung S. 38 ff.
-) Hegel, Entstehung d. deutschen Städtewes. 1898 S. 32.
^) Das Burggrafenamt u. die hohe Gerichtsbarkeit in den deut-
schen Bischofstädten während des früher. M.-A. (1905) S. 322 f.
*) Keutgen a.a.O. S. 51. — Hegel a. a. O. S. 33 sagt: ,,seit dem
13. Jahrhundert wurde allerdings die Ummauerung einer neuen Stadt
als Erfordernis angesehen." Vgl. auch v. Below, Hist. Zs. 59, 199.
5) S. Rietschel, Die Civitas auf deutschem Boden bis z. Aus-
gang der Karolingerzeit 1894 S. 9ofif.
«) Hegel a. a. O. S. 20 ff.
') So Rietschel, Civitas S. 95, ähnlich Brunner RG. 2, 198, sowie
R.Schröder DRG.^ S. 679: „Aber nur in wirtschaftlicher u. sozialer
Beziehung sind diese ehemaligen Munizipien u. Kastelle in der Fran-
kenzeit als Städte zu betrachten, während ihre rechtliche Stellung
sich in nichts von der der Dörfer unterschied" (1919!).
— 99 —
aus den Zentralhöfen der großen Grundherrschaften hervor-
gegangen wären, sind schon von Below mit dem Nachweis
widerlegt worden, daß tatsächlich diese letztern kaum je zu
Städten erwachsen sind; daß sie gar nicht die Mittelpunkte
des Handels gebildet haben, sondern frühe schon eine
Selbständigkeit der lokalen Hebestellen bemerkbar wird,
während die supponierte Zentralstellung der Haupthöfe zur
Entstehung von Märkten keinen Anlaß gegeben hat.^)
Aber auch die Landgemeindetheorie, die v. Below dann
im Anschluß an Maurers grundherrliche aufgestellt hat, ver-
mag nicht überzeugend zu wirken, da die Städte von den
Landgemeinden Befugnisse übernommen haben sollen, die
diese gar nicht besaßen. Gerade das , was v. Below als
Ausgangspunkt der gesamten inneren Verwaltung betrachtet,
die im Mittelalter von der Gemeinde her sich gebildet habe,
die Verwaltung von Maß und Gewicht, fiel tatsächlich nicht
in die Gemeindekompetenz, sondern war Sache der öffent-
lichen Gewalt, des Königs und später der Landesherren.^)
Dasselbe gilt auch für die Ordnung des Ge werbe wesens.^)
R. Schröder hat bereits zutreffend gegen die Landgemeinde-
theorie geltend gemacht, daß die politischen Befugnisse der
Ländgemeinden zu spärlich waren und wohl auch zu spät
zur Anerkennung gelangt sind, als daß sie schon bei der
Entstehung der ältesten Stadtgemeindeverfassungen hätten
ins Gewicht fallen können.*)
Eine zweite Hauptschwäche dieser Theorie ruht in der
unzutreffenden Beurteilung der älteren Zustände des Han-
dels und Verkehrs. Hatte v. Below mit Recht betont, daß
von der Bildung besonderer Stadtgerichtsbezirke erst von
der Zeit an die Rede sein kann, in welcher Handel und
Verkehr zu einer gewissen Entwicklung gelangt waren ^),
so schließt dies die Existenz von Städten in der Karolinger-
zeit doch keineswegs aus. Denn v. Below irrt mit der An-
nahme, daß dies erst viel später, etwa seit dem 12. Jahrhun-
dert der Fall gewesen sei.
1) V. Below, Hist. Zs. 59 (1888), 197 f.
*) Vgl. darüber G. Küntzel, Über d. Verwaltung des Maß- u.
Gewichtswesens in Deutschland während d. M.-A. 1894, bes. S. 92.
^) Das betont G. v. Below selbst Hist. Zs. 58, 207.
*j DRG." S. 680. «) Hist. Zs. 59, 209.
7*
— lOO —
Diese ganze Theorie baut übrigens noch dazu auf einer
aus ihrem Mutterschoß, der hofrechthchen Lehre, über-
nommenen irrigen These auf, als ob unter „villa" stets nur
ein Dorf oder höchstens eine offene Siedelung zu verstehen
sei, die erst dadurch zur Stadt wurdej daß die Ummaue-
rung später hinzukam.^) Daß diese Annahme für die Karo-
lingerzeit nicht zutrifft, hat u. a. schon Gerlach an der Hand
der Quellen dargetan ^) , es erhellt dies aber auch bereits aus
den von S. Rietschel seinerzeit vorgebrachten Belegen^), nach
welchen verschiedene civitates doch auch gelegentlich als
„villa" bezeichnet werden, und zwar gerade solche, die sonst
auch als castra genannt erscheinen.
Gegen die ungleich mehr Anhänger zählende Markt-
theorie hat neuestens W. Sombart m. E. entscheidende Ein-
wände erhoben.*) Er wendet sich scharf gegen die An-
nahme sog. „Gründungsstädte", d. h. einer plötzHchen Ent-
stehung der Städte durch Marktgründungen, weil dafür die
ökonomische Basis gefehlt habe, vor allem eine hinreichende
Zahl von Konsumenten, die den Kaufleuten auskömmliche
Beschäftigung zu bieten vermochten. Die Märkte und Städte
sind zudem nicht, wie Rietschel meinte, an den grundherr-
lichen Haupthöfen entstanden, sondern ganz unabhängig da-
von nicht selten in deren unmittelbarer Nähe. Ganz falsch
ist die Behauptung S. Rietschels, daß in fränkischer Zeit die
Könige selbst auf ihren Domänen planmäßig Märkte er-
richtet hätten.^)
Sombart selbst geht freilich dann damit völlig irre,
wenn er meint, daß es damals noch keine ständigen,
sondern nur vorübergehende (sog. Karawanen-) Märkte ge-
geben habe, und erst als die umherziehenden Kaufleute
sich entschlossen, ihre fliegenden Buden nicht mehr abzu-
brechen, sondern feste Häuser dabei zu errichten, Städte
entstanden seien.®)
1) Vgl. zuletzt V. Below, vStadtgemeinde, Landgemeinde u. Gilde
Viertel] ahrschr. f. Soz. u. WG. 7, 422 ff.
-) Die Entstehungszeit der Stadtbefestigungen in Deutschland
(Leipziger Histor. Abhandl. 34) 19 13 S. 20, sowie meine ., Grundlagen"
2, 371 f. *) Die Civitas S. 56 ff.
*) Der moderne Kapitalismus 2. Aufl. i, i38ff. (1916).
') Markt u. Stadt S. (9. «) A. a. O. S. 171.
— lOI —
Gegen die Burgentheorie aber ist schon geltend gemacht
worden, daß keineswegs die Burg an sich genügte, um
den Ausgangspunkt für einen Markt oder gar städtische
Entwicklung abzugeben. Wie viele Burgen hat es nicht
schon in der ältesten Zeit gegeben, aus denen niemals eine
Stadt hervorgegangen ist ! ^) Es müssen noch andere Vor-
aussetzungen erfüllt sein, daß eine städtische Entwicklung
sich anschließen kann. Nicht nur der Markt, wie Keutgen
meinte. Ich glaube auch nicht, „daß der höhere Friede, der
die Stadt vor dem platten Lande auszeichnet, von ihrer
Eigenschaft als Burg herrührt, daß eben hierin der erste
Rechtsgrund für die Herstellung besonderer Stadtgerichts-
bezirke zu sehen ist". ^)
Dieser höhere Friede erklärt sich m. E. ungezwungen
aus dem Umstände, daß in der Stadt, nicht nur wie in den
Marktorten während der Marktzeit , sondern ständig ein
größerer, öffentlicher Verkehr auch von Fremden vorhanden
war, der den grundherrlichen Dörfern völlig abging.
Endlich wird man auch die Bedeutung der Bischofsitze
und Pfalzen an sich richtiger, d. h. nicht zu hoch einschätzen
dürfen. Denn die Bischöfe nahmen ihren Sitz eben dort,
wo bereits eine größere Siedelung vorhanden war.^) Die
Errichtung eines Bistums setzte also vielmehr bereits voraus,
was man erst als Folge von dessen Gründung angesehen hat.
Von den Pfalzen aber hat schon C. Koehne sehr treffend
dargetan^), daß die große Masse derselben niemals zu Städten
emporgediehen ist, sondern unscheinbare Orte blieben, ja
vielfach abgekommen sind. Aachen nimmt da eine ganz
singulare Stellung ein. Es war schon zur Römerzeit ob seiner
heilkräftigen Quellen besucht und ist von Karl dem Großen
dann aus demselben Grunde in den beiden letzten Dezennien
seiner Regierung als Aufenthaltsort besonders bevorzugt
worden.^)
*) Das betont zutreffend auch Keutgen a. a. O. S. 50 f.
*) So Keutgen a. a. O. S. 52.
') Vgl. meine „Grundlagen" 2, 369. Dazu Hegel a. a. O. 26, vgl.
auch V. Below, Hist. Zs. 58, 224 u. 59, 212.
*) Der Ursprung der Stadtverfassung in Worms, Speier u. Mainz
1890 S. 10, sowie oben i, 185.
•'■) Vgl. darüber v. Below in Schmollcrs Jb. 43, 813 ff.
— 102 —
Lassen sich somit gegen jede dieser Theorien gewich-
tige Einwände erheben und vermag keine die große Mannig-
faltigkeit der geschichtHchen Tatbestände restlos zu erklären,
so muß doch ebenso anerkannt werden , daß in jeder von
ihnen doch auch ein brauchbarer Kern steckt und eine
richtige Beobachtung enthalten ist. Die hofrechtliche Theorie
erkannte m. E. zutreffend, daß die Städte der älteren Zeit
eine Vorentwicklung doch voraussetzen, nicht plötzlich aus
dem Nichts entstanden sein können. Bei der Auffassung,
die G. L. Maurer mit seiner Zeit von der primitiven und
überwiegend landwirtschaftlichen Kultur der Germanen ver-
trat, war es ganz selbstverständlich, daß man das Dorf,
bzw. die Wirtschaftshöfe (Fronhöfe) als dieses Vorstadium
hinstellte.
Die Landgemeindetheorie v. Belows hat gegenüber der
hofrechtlichen, von der sie doch nur ein Ableger ist, die eine
große Erkenntnis voraus, daß sie den öffentlichen Charakter
nicht nur des Stadtgerichtes, sondern auch mancher anderer
Einrichtungen der Städte betont hat. Sowenig das Stadtrecht
aus dem Hofrecht erwachsen ist, so wenig sind die Stadtbürger
aus den grundherrlichen Hörigen, oder ist das Handwerk aus
den unfreien Fronhofsgewerben hervorgegangen.^) Dieses
Ergebnis läßt sich auch für die ältere Zeit fruchtbar machen,
da es einerseits die Möglichkeit eröffnet, daß die Städte
auch früher schon neben den Dorfgemeinden existiert haben,
anderseits aber doch einen grundlegenden Unterschied bei-
der gerade zufolge der Bedeutung des öffentlichen Verkehrs
auch in der Karolingerzeit annehmen läßt, den man bisher
doch hatte leugnen wollen.
Ich habe an anderer Stelle für die vorkarolingischen
Zeiten vom 5. — S.Jahrhundert zu zeigen versucht, daß min-
destens Ansätze zur städtischen Entwicklung bereits damals
in den Vororten (vici) der alten Völkerschafts- und Gau-
gemeinden sich gebildet haben, die als Mittelpunkte ihrer
öffentlichen Verwaltung zugleich Zentren des wirtschaftlichen
Verkehrs und auch Märkte gewesen sind.^)
1) Hist. Zs. 58, 195 ff.
*) Vgl. meine „Grundlagen" 2, 365 ff. (1920).
— 103 —
Denn das ist ohne Zweifel doch auch wieder ein blei-
bender Ertrag der sog. Markttheorie, daß dem Markte
jedenfalls eine wichtige Bedeutung für die Entwicklung des
Städtewesens zukomme. Nicht so freilich, daß alle Städte
auf einer Marktgründung beruhten, noch auch, daß aus
allen Märkten wirklich dann Städte entstanden wären. Ge-
rade die ältesten und bedeutendsten Städte Deutschlands
waren in der Römerzeit bereits vorhanden und sind nie ganz
zerstört worden oder völlig zugrunde gegangen.^) Sie waren
auch in den Stürmen der sog. Völkerwanderung und darüber
hinaus Märkte noch und Zentren des Wirtschaftsverkehrs. 2)
Dagegen sind nicht wenige von den Märkten gerade der
Karolingerzeit niemals zu Städten fortentwickelt worden,
sondern haben mit den geänderten politischen und Verkehrs-
verhältnissen ihre Bedeutung später eingebüßt, ja sind wohl
auch ganz verfallen. Ich erinnere nur an die Märkte an der
Ostgrenze, die den Handel mit den Slaven und Avaren
besorgten^): Bardowieck, Scheeßel, Hallstadt, Forchheim,
Bremberg, Rosdorf, Lauriacum, Eparesburch.
Gerade in den alten Römerstädten hat sich das Recht
der deutschen Kaufleute zuerst ausgebildet und ist von da
aus dann bereits im i O.Jahrhunderte auf die jüngeren Märkte
und Städte förmlich übertragen worden. Diese Bewidmungen
setzen aber doch schon eine erhebliche Vorentwicklung
voraus, die sich also lange vor dem lo. Jahrhundert voll-
zogen haben muß. Bereits Sohm hat richtig hervorgehoben:
„Schon die ältesten Zeugnisse städtischen Sonderrechtes ver-
weisen auf das fertige Recht anderer Städte, welches zum
Vorbild für neue Marktgründungen (Städtegründungen)
dient."*) Als solche „Mutterorte" deutschen städtischen
Wesens treten aber hervor: Köln, Mainz, Worms, Straßburg,
Konstanz, Regensburg, Augsburg, im Westen Trier und
Cambrai.^)
Der Stadtfriede ist aber nicht aus dem Marktfrieden
hervorgegangen, der nur vorübergehend, für die Zeit des
*) Vgl. meine „Grundlagen" i, 145 ff. '-) Ebenda 2, 360 ff.
«) MG. Capit. I, 123 (805).
*) Die Entstehung des deutschen Städtewesens 1890 S. 13.
^) Vgl. Waitz, DVG. 7, 382, sowie 5-, 395 f.
— I04 —
Marktes gegolten hat. Gewiß ist die Theorie nicht zutreffend,
als ob der Stadtfriede nur aus dem Frieden der Kaufleute
sich gebildet hätte, etwa in dem Sinne, daß diesen ein be-
sonderer Friede kraft ihres Berufes unter allen Umständen
anhing.^) Aber eben in den Städten war vermöge des
großen öffentlichen Verkehrs, an welchem u. a. besonders
auch die Kaufleute und Händler teilhatten — nicht nur
diese! — , die Notwendigkeit eines öffentlichen Gerichtes
von alters her gegeben. Das Stadtgericht ist ein öffent-
liches Gericht. Nicht der Marktverkehr hat es erzeugt ^),
es ist vielmehr durch die civitas publica begründet, der auch
die pax publica entspricht. Denn diese civitas publica ist
keineswegs nur die Marktstadt, wie Sohm meinte, noch auch
als solche Reichsstadt, Königsstadt '), sondern die Freistatt
eines allgemeinen öffentlichen Verkehres überhaupt, wie ja
Städte in der Karolingerzeit auch als villa publica bezeichnet
werden, womit aber keineswegs etwa öffentliche Dörfer ge-
meint sind.*)
Deshalb eben entfällt auch jede Nötigung, das Stadtrecht
aus dem Burgrecht zu entwickeln. Es ist nicht notwendig,
die civitates publicae als Königsburgen zu betrachten, wie
Sohm ^) wollte. Denn einmal trifft Sohms sprachliche Ab-
leitung nicht zu, da er wich, Genit. wiches mit wie, Genit.
wiges verwechselt hat^); dann aber läßt sich nachweisen,
daß die Städte alle schon vor der Karolingerzeit befestigt
waren; auch die Vororte der Gau- und Völkerschaftsgemeinden
sind gerade seit der Völkerwanderungszeit (3./4. Jahrhundert)
eben zu dem Zwecke mit Mauern umgeben worden, um
für die umwohnende Bevölkerung einen Zufluchtsort bei
äußerer Bedrohung zu schaffen.'') Schon seit dem 6. u. 7. Jahr-
hundert wird der deutsche Ausdruck „burgus" zur Bildung
der Städtenamen verwendet (Straßburg, Würzburg, Augs-
burg, Regensburg) ^) und in der Karolingerzeit übersetzen
dann sowohl der altsächsische Heliand (c. 830), wie Otfried
^) Vgl. Keutgen a. a. O. S. 67. -) So Sohm a. a. O. S. 53.
3) Sohm a. a. O. S. 32. *) Vgl. meine „Grundlagen" 2, 371 f.
^) A. a. O. 26 ff. «) Vgl. Rieh. Schröder DRG.« S. 679 n. 4.
') Vgl. meine „Grundlagen" 2, 361 ff", und 365 ff-
*) Ebenda 2, 370 f.
— 105 —
von Weißenburg (c. 868) das lateinische civitas der Evan-
gelien ohne Unterschied für die größten wie für die kleinsten
Orte mit „burg".^) Burgen sind ja auch in Deutschland
längst vor der Karolingerzeit vorhanden gewesen und zwar
nicht nur entlang dem römischen Umes, sondern auch im
Innern der germanischen Siedelungsbezirke. Schon S.Rietschel
hat auf die Gauburgen hingewiesen 2), und durch die Aus-
grabungen und archäologischen Nachweise Schuchhardts sind
diese Volks- und Fluchtburgen besonders für Sachsen ent-
sprechend gewürdigt worden.^) Er hat auch bereits hervor-
gehoben, daß manche von ihnen über dem Orte liegen, der
dem Gau den Namen gegeben hat (so Theotmalli, Hlidbeki).*)
Eben dies weist uns, glaube ich, darauf hin, was bei der
Entstehung von Städten aus Burgen das Entscheidende ge-
wesen ist. Nicht aus all den zahlreichen Herrenburgen
sind nachmals Städte hervorgegangen. Wohl aber aus jenen,
die Vororte des Gaues, oder Mittelpunkte der Völkerschafts-
gemeinde gewesen sind. Dort, wo auch das öffentliche
Gericht dieser abgehalten wurde: Theotmalli (Detmold), oder
Tigislege (Hannover).^) Denn auch für letztere Stadt hat
Schuchhardt dargelegt, daß vermutUch dort eine altfränkische
Schutzburg angenommen werden könne. ^)
Also auch hier tritt die Öffentlichkeit nicht nur des
Verkehrs, sondern auch des Rechtes maßgebend hervor.
Das öffentliche Gericht der Stadt ist nicht aus dem Gericht
des Dorfes hervorgegangen, noch auch des Fronhofes, sondern
aus dem öffentlichen der Gau- oder Völkerschaftsgemeinde.'')
Treten wir nach diesen allgemeinen Betrachtungen in
die Untersuchung der besonderen Verhältnisse ein, so muß
vor allem die grundlegende These S. Rietschels, welche
') Vgl. K. Hegel, Lat. Wörter u. deutsche Begriffe N. Arch. i8, 212.
'-) Civitas S. loi.
*) Atlas vorgeschichtl. Befestigungen von Niedersachsen bes.
Heft VII (1902), S. 68ff.
*) Schuchhardt, Hof, Burg u. Stadt bei den Germanen u. Grie-
chen. Ilbergs N. Jb. f. d. klass. Altertum 21, 311 f. (1902).
^) Vgl. meine ,, Grundlagen" 2, 367 f.
') Über d. Ursprung d. Stadt Hannover, Zs. d. hist. Ver. f. Nieder-
sachsen 1903 S. I ff.
') Vgl. meine ,, Grundlagen" 2, 365 f.
— io6 —
nahezu von allen folgenden Darstellungen übernommen worden
ist, als unrichtig bezeichnet werden, daß die Bezeichnung
civitas in der Karolingerzeit auf die 12 alten Bischofsitze in
den alten Römerstädten Augsburg, Basel, Chur, Köln, Kon-
stanz, Mainz, Metz, Speier, Straßburg, Tongern (Maaßtricht),
Trier und Worms beschränkt gewesen sei.^) Rietschel selbst
mußte bereits für Regensburg eine Ausnahme zugeben. 2)
Diese Bezeichnung wurde keineswegs „nur ausnahmsweise
auf die seit dem Beginne des VIII. Jahrhunderts neu ent-
stehenden Bischofstädte übertragen".^) Noch auch fehlt
für die östlichen deutschen Gebiete der im Westen angeblich
bloß übliche stehende Ausdruck episcopus civitatis iUius.'*)
Auch der Unterschied zur Merowingerzeit, den Rietschel noch
angenommen hat, trifft nicht zu, als ob die neuen Bistümer,
welche wenn irgend möglich in Kastellen errichtet worden
seien, in jener dann immer civitates genannt wären, in dieser
aber regelmäßig ihre frühere Benennung behalten hätten, und
nur ausnahmsweise als civitates bezeichnet worden seien.^)
Rietschel hat da die überaus lehreiche Korrespondenz Bonifaz'
nicht berücksichtigt, die gerade über die Errichtung von
neuen Bischofsitzen im Innern Deutschlands handelt. Wir
entnehmen dem Bericht Bonifaz', welchen er an den neuen
Papst (Zacharias) Anfang 742 erstattete, daß ,tria oppida
sive urbes' als Bischofsitze (sedes episcopatus) bestimmt
worden seien: der eine in castello quod dicitur Uuirzeburg;
der andere in oppido quod nominatur Buraburg, der dritte
in loco qui dicitur Erphesfurt. Hier macht Bonifaz den
bezeichnenden Zusatz: qui fuit iam olim urbs paganorum
rusticorum.^)
^) Civitas S. 44 ff., bes. 50.
^) Ebenda S. 50. — Richtig hatte gegen Rietschel schon Hegel
Entstehung S. 19 n. 3 Einwände erhoben.
^) Ebenda S. 54.
■») Vgl. Capitul. Franconofurd. 794 MG. Capit. i, 76 c. 17. Dazu
Concil. Vern. (755) c. i : ut episcopi debent esse per singulas civitates.
Ebenda S. 33. Capit. Pippin. v. Soissons 744 c. 3: ordinavimus per
civitates legitimos episcopos MG. Capit. i, 29.
') Civitas S. 55.
«) MG. EPP. 3, 299 nr. 50, sowie neuerdings M. Tangl, EPP. Select.
in usum. scholar. (1916) 1, 80 nr. 50.
— 107 —
Schon Papst Gregor III. hatte lo Jahre vorher, da er
Bonifaz zum Missionserzbischof bestellte, diesem eingeschärft,
Bischöfe nach der kanonischen Satzung bloß an volkreichen
Orten zu ordinieren: ubi multitudo excrevit fidelium^);Zacha-
rias kam in der Antwort auf das Schreiben Bonifaz' (743)
darauf wieder zurück und legte diesem neuerlich dringend
das alte kanonische Verbot ans Herz: ut minime in villulas
vel in modicas civitates episcopos ordinemus, ne vilescat
nomen episcopi.^)
Tatsächlich muß Rietschel doch selbst sich gestehen,
daß die neuerrichteten Bistümer, wie Utrecht, Passau, Frei-
sing, Salzburg auch als civitates bezeichnet werden^) und
ebenso Lüttich, das seit dem 8. Jahrhundert Residenzort
der tongrischen Bischöfe war.*) Aus seinen Quellenzitat cn
ergibt sich auch die Unrichtigkeit seiner weiteren Behauptung,
daß keine civitas je castrum genannt worden sei.^) Und wenn
er schließlich noch darauf hinweist, daß nicht wenige castra,
und zwar nicht nur solche , die Bischofsitze waren , doch
auch als civitas oder urbs bezeichnet wurden — so Laden-
burg, Bingen, Boppard, Koblenz, Bonn, Deutz und Maastricht,
— so können wir seinem Schlußergebnis in keiner Weise
beipflichten, als ob die Karolingerzeit „im allgemeinen den
Unterschied zwischen civitas und castrum noch ziemlich
scharf aufrechterhalten" habe.^)
Ich meine, es wird nicht zufällig sein, daß gerade diese
castra auch urbes oder civitates genannt wurden. Denn für
alle ist durch die in der Kompilation des anonymen Geo-
graphen von Ravenna erhaltene Überlieferung vom Ausgang
des 5. Jahrhunderts bezeugt, daß sie damals schon „civitates",
d. h. hier aber wohl Vororte von Gau- und Völkerschafts-
gemeinden, gewesen sind.**)
Beachtung verdient in diesem Zusammenhang auch eine
Nachricht, welche über die Verhältnisse in Sachsen im
9. Jahrhundert Aufschluß gibt. Die Translatio des heiligen
Liborius erzählt uns, es hätten dort zwar civitates, in quibus
more antiquo sedes episcopales constituerentur nahezu gefehlt,
') Tangl a. a. O. S. 50. 2) Ebenda S. 87.
••') Civitas S. 55 f. *) Ebenda S. 57. '"} Ebenda S. 58.
") Vgl. meine ,,Grundlay;en" 2, "360 f.
— io8 —
Karl der Große habe aber bei seinem Bekehrungswerk Orte,
welche sowohl durch die natürlichen Vorzüge hervorragten,
als auch durch ihre große Bevölkerung vor den übrigen be-
sonders dazu geeignet waren, hiezu erwählt.^) Unter diesen
aber sei ganz besonders Paderborn ausgezeichnet gewesen,
dessen herrliche Lage, mildes Klima und Reichtum an
Naturprodukten gerühmt wird. Ausdrücklich ist hier bereits
derUmmauerung auch gedacht (in ipso moeniorum prospectu)
und überdies betont, daß schon seit alters her auch der
Gau selbst reich an hervorragenden Männern gewesen sei,
so daß Stadt und Land einander entsprächen und gegen-
seitig zur Zierde gereichten.^)
Hier tritt also das, was die Stadt schon zur Karolinger-
zeit charakterisierte, deutUch in die Erscheinung: Nicht der
Bischofsitz als solcher, sondern die allgemeine Bedeutung
des Ortes für den ganzen Gau, die Zahl seiner Bevölkerung
und auch die Mauern, welche ihr Schutz zu gewähren ver-
mochten. Man sieht, die Stadt hob sich damals bereits
durch ihre kulturelle Bedeutung von dem platten Lande
wirksam ab.
Die Darstellung von S. Rietschel ist aus deshalb irre-
führend, weil sie den Anschein erweckt, als habe es zur
Karolingerzeit nur etwa ein Dutzend Bischofstädte in Deutsch-
land gegeben. Und doch haben wir nahezu die dreifache
Zahl damals schon anzusetzen. Die Unterwerfung und Be-
kehrung der Sachsen gab Anlaß zur Gründung der Bistümer
Bremen (c. 789), sowie Verden und Minden.^) Nach der Pazi-
fikation Sachsens war dann Münster von Karl dem Großen c. 804
errichtet worden.*) Paderborn gehört in die gleiche Zeit.^)
Die Organisation der Bistümer Hildesheim und Osnabrück,
sowie wahrscheinlich auch Halberstadts erfolgte in der Zeit
Ludwigs des Frommen.^) Im Jahre 831 wurde Hamburg
für Erzbischof Anskar als eigenes Bistum begründet.') In
Baiern war schon durch Bonifaz die kirchliche Neuorgani-
^) MG. SS. 4, 150: loca tarnen ad hoc, quae et natural! quadam ex-
cellentia et populi frequentia prae caeteris oportuna videbantur, elegit.
^) Ebenda c. 3. ') Vgl. Hauck KG. 2 -, 390 sowie 405 f.
*) Ebenda 406. ^) Ebenda 408.
«) Ebenda 409 u. 675. ') Ebenda 2, 677 f.
— 109 —
sation durchgeführt worden. Neben Regensburg traten
Passau, Freising und Salzburg als Bistümer auf.^) Eichstätt
wurde gleichfalls noch unter ihm als Bistum konstituiert
(745 ?).^) Auch das Bistum Säben (Brixen) unterhielt seit
dem letzten Drittel des 8. Jahrhunderts Beziehungen zum
fränkischen Reiche.^)
Hält man hinzu,' daß im Norden Utrecht und Lüttich, im
Osten aber die von Bonifaz neu gegründeten 3 Bistümer
Würzburg, Buraburg und Erfurt vorhanden waren, so haben
wir im ganzen 32 Bischofsitze in Deutschland für jene Zeit
in Rechnung zu stellen *), was für die Bedeutung des Städte-
wesens doch ein ganz anderes Bild ergibt, als es bisher nach
den Ausführungen S. Rietschels scheinen konnte.
Auch die Bezeichnung „Bischofstädte", wie sie Rietschel
und nach ihm auch andere gebrauchten, ist für die Karo-
lingerzeit nicht sehr treffend und nur soweit richtig, als
damit eine Stadt bezeichnet werden soll, in welcher ein
Bischof seinen Sitz hatte. Aber diese unterscheiden sich
von den Bischofstädten der Merowingerzeit politisch sehr
wesentlich, da damals der Bischof in Fortbildung spätrömischer
Verhältnisse eine viel größere Macht über die Stadt und
das dazugehörige Territorium der Civitas besaß, zudem auch
vom Königtum, ob prinzipieller Anerkennung des freien
.Wahlrechtes weniger abhängig war ^), als in der Karolinger-
zeit; denn jetzt erfolgte die Bestellung durch Ernennung
seitens des Königs, die Bischöfe wurden königliche Beamte
und als solche auch mit weltlichem Dienst von Karl dem
Großen beauftragt.^) Die Städte, in welchen sie ihren Sitz
hatten, waren keine Bischofstädte in dem späteren Sinne
des Wortes, so daß der Bischof Stadtherr gewesen wäre.
Dieser jüngere Zustand repräsentiert eine staatsrechtliche
Form, die sich erst seit Ende des 10. Jahrhunderts aus-
gebildet hat, als die Ottonen den Bischöfen als Stützen ihrer
1) Ebenda I^49of. 2) Ebenda I^ Sigf.
^) Ebenda 2, 428 n. 10.
*) Beziehungsweise 30, da Buraburg u. Erfurt spätestens 774
aufgehoben wurden , vgl. Tangl , Geschichtl. Studien f. A. Hauck
1916 S. 120.
^) Vgl. meine „Grundlagen" 2, 264 ff. ^) Brunner RG. 2, 3i8f.
— HO —
königlichen Reichspolitik wichtige Rechte im Wege der
Privilegien übertrugen. Ein Teil der Forscher hat ja früher,
wie oben schon bemerkt wurde, auf diese ottonischen Privi-
legien geradezu den Ursprung der deutschen Stadtverfassung
zurückführen wollen. Das ist sicher unzutreffend, aber
ebenso doch richtig, daß sie eine neue Etappe in der Ent-
wicklung des deutschen Städtewesens bedeuten.^) Der
Bischof schwang sich jetzt zum Herrn der Stadt auf dadurch,
daß ihm die bis dahin vom König in derselben ausgeübten
öffentlichen Rechte übertragen wurden. Wie immer A.Heusler
diese ottonischen Privilegien nicht zutreffend gedeutet hat,
soviel hat er doch richtig erkannt, daß durch sie die Graf-
schaftsrechte in dem betreffenden Gebiete auf den geistlichen
Herrn übertragen wurden.^) Ebenso hat Waitz diesen wich-
tigen Prozeß aufgefaßt.^) Er hob bereits hervor, daß seit
den späteren Ottonen z. T. „allgemein die Handhabung könig-
licher Rechte und insbesondere die Gerichtsbarkeit in Markt-
sachen" verliehen worden sei.*) J. Lechner hat dann für
Worms im einzelnen gezeigt, wie die Begründung der Fürsten-
macht des Bischofes dort vor sich ging.^) Diese bedeutsame
Entwicklung hat sich ja in allen Bistümern in der 2. Hälfte
des 10. Jahrhunderts ziemlich gleichmäßig vollzogen.^) Auf
Grund der alten Immunitätsrechte und ihres immer mehr er-
weiterten Grundeigentums haben die Bischöfe damals zum.
guten Teil auch mit Hilfe von Urkundenfälschungen erreicht,
was bisher dem König, bzw. Grafen in diesen Städten an
öffentlichen Rechten eignete: nicht nur die hohe Gerichts-
barkeit (Bann), auch Markt und Zoll sowie Münze.
Sehr deutlich tritt der Übergang in den Urkunden für
Passau zutage, da es hier in dem Privileg Ottos III. von 999
(DO III. 306) heißt: eiusdem civitatis mercatum, monetam,
1) Es ist jedenfalls unzutreffend, wenn v. Below (Hist. Zs. 59, 212)
behauptet, „daß ihnen überhaupt keine Bedeutung für die städtische
Entwicklung zukommt".
'-) Der Ursprung d. deutschen Stadtverfassung 1872 S. 44.
») VG. 7, 255 f. (1876). *) Ebenda 254.
'•) Mitteil. d. Instit. 22, 550 ff., bes. 562.
») Vgl, A. Hauck, Die Entstehung d. bischöfl. Fürstenmacht 1891
bes. 46 ff., auch Boos, Gesch. d. rhein. Städtekultur (1897 ff.) i, 226 ff,,
sowie Hegel a. a. O. S. 43 ff.
— III —
bannum, teloneum et totius publice rei districtum tali tenore,
ut praedictus praesul suique successores omnem publicam
rem hactenus nobis in eadem civitate Bataviensi pertinen-
tem habeat.^)
Gerade diese Ottonischen Privilegien sind nun eine
vortreftliche Illustration für die Zustände der vorausgehenden
Zeit. Wir sehen, wie bis dahin die ganze öffentliche Ge-
walt, nicht nur die gräfliche Gerichtsbarkeit, sondern auch
Markt, Zoll und Münze dem König eigneten, der sie durch
den Grafen ausüben, bzw. verwalten ließ.
In diesen königlichen Städten befand sich bereits seit
der Merowingerzeit der Sitz des Grafenamtes (Stadtgrafen,
comites civitatum).^) Sie waren Mittelpunkte der öffent-
lichen Verwaltung. Die Grafschaften wurden vielfach auch
zur Karolingerzeit und im Osten ebenso geradezu nach den
Städten benannt, z. B. comitatus Bonnensis, c. luliacensis
u. a. m.^)
Hier wurde Markt gehalten. Ein Capitulare aus der
Zeit König Pippins (744) verordnete, es solle per omnes civi-
tatis jeder Bischof für einen legitimus forus et mensuras Vor-
sorgen.*) Sicherlich ist diese zu Soissons erlassene, zunächst
wohl die westlichen Verhältnisse vor Augen habende Bestim-
mung so aufzufassen, daß hier die charitative Aufgabe der
Bischöfe eingeschärft wurde. ^) Schon Waitz hat richtig be-
tont: „wie es scheint zunächst deshalb, damit kein Korn-
mangel entstehe".^) Aber daß in den Städten auch des
Ostens regelmäßig Markt gehalten wurde und sie vor allem
zum Absatz der Produkte des umliegenden Landes dienten,
geht auch aus den anderen Quellen zur Genüge hervor.
Die Admonitio generalis Karls des Großen vom Jahre 789
ordnet an, daß gleiches und gerechtes Maß und Gewicht in
den Städten gehalten werden solle. "^j Auf die Tatsache ist
*) Vgl. dazu Fr. Strauß in Mitteil. d. Instit. 26, 131, sowie Heu-
wieser, Die stadtrechtl. Entwickl. der Stadt Passau bis zur Stadt-
herrschaft der Bischöfe 19 10 S. 70.
^) Vgl. meine ,, Grundlagen" 2, 390 ff., auch Heuwieser a. a. O.
*) Vgl. Waitz VG. 3^ 381 n. 2, auch Hegel a. a. O. S. 18.
*) MG. Capit. I, 30. ^) Vgl. meine ,, Grundlagen" 2, 210 fF.
«) VG. 4 -, 54. ') MG. Capit. i, 60 c. 74.
— 112 —
schon oben hingewiesen worden, daß die Erträge der land-
wirtschaftlichen Produktion nach Aussage der Urbare viel-
fach eben an die benachbarten Städte, wie z.B. Mainz, Worms,
Speier, nicht aber nur an Zentralhöfe der Grundherrschaft
selbst abgeliefert werden sollten.^) Auch die Fronden,
besonders Fuhrdienste mußten von den Hintersassen geist-
licher Grundherrschaften z. T. in die Städte geleistet werden.^)
Endlich weist die Zollgesetzgebung der Karolingerzeit ebenso
darauf hin. Zoll sollte nur auf den Märkten erhoben werden,
ubi communia commertia emuntur ac venundantur.^) Nach
gleichzeitigen Urkunden der Könige aber wird die von ihnen
verliehene Zollfreiheit insbesondere auch auf die Städte be-
zogen.*) Das wird dann bereits in der Zeit Ludwigs des
Frommen ganz formelhaft verallgemeinert.^)
Solche regelmäßige Märkte wurden natürlich nicht nur
in jenen Städten abgehalten, die zugleich Sitz eines Bischofes
waren. Wir entnehmen ebendiesen Zollprivilegien u. a., daß in
den Häfen der Nordsee zu Quentowic (Etaples), Dorstadt, Tiel
u.Stavern solche Zoll- und Handelsstationen vorhanden waren,
wie anderseits das Capitulare Karls des Großen von Dieden-
hofen(8o5)fürdieMissi uns eine ganze Reihe von Märkten auf-
zählt, die dem Handel mit den Slaven und Avaren im Osten
dienten: Bardowiek, Scheeßel (b. Bremen), Magdeburg, Erfurt,
Hallstadt (b. Bamberg), Forchheim, Bremberg (a. d. Naab), Lau-
riacum.®) Aus der Raffelstädter Zollordnung von c. 905, welche
die Verhältnisse aus der Zeit Ludwigs des Deutschen (fS/ö)
und seines Sohnes Karlmann (f 880) gerichtlich feststellte,
erfahren wir überdies, daß solche Märkte an der Donau
auch zu Rosdorf (zwischen Passau und Linz), in Linz, Epares-
^) Vgl. I, 291.
-) Vgl. Lex Baiuvar. i, 13: ad civitatem vel ad villam, ubi ne-
cesse fuerit, ipsa calce trahantur MG. LL. III. 280.
*) Vgl. Capitul. V. c. 820 MG. Capit. i, 294 c. i.
*) Vgl. z. B. das Privileg Karls d. Gr. für St. Germain des Pres
vom J. 779 MG. DD. Car. 122: per omnes civitates similiter ubicunque
in regna . . - nostra . . teloneus exigetur.
^) Vgl. Form. Imp. 20, 22. 24. MG. FF. 301 ff. : ad quascunque
civitates, castella aut portus vel cetera loca accessum habuerint . .
*) MG. Capit. I, 123.
— 113 —
bürg und Mautern vorhanden waren. ^) Überdies wird noch
ein mercatus Marahorum daselbst genannt.^) Auch Raffel-
stätten selbst, wo die Inquisitio über die Zollsätze statt-
fand, dürfen wir als einen solchen Markt betrachten. Das
macht allein i4Märkte an der Ostgrenze aus, wozu Halle a.S.
noch als 15. hinzukommt, da durch erzählende Quellen be-
zeugt ist, daß Karl der Große im Jahre 806 „civitates duas",
Magdeburg und Halle, habe erbauen lassen.^)
Wir werden die Zahl der Märkte auch in Deutschland
zur Karolingerzeit um vieles höher veranschlagen müssen,
als die Summe der in den Quellen genannten Orte ausmacht,
da die Zufälligkeit der Überlieferung hier sehr stark ins Ge-
wicht fällt. Denn was in Heiligenleben und erzählenden
Quellen, Annalen besonders, erwähnt wird, ist doch keines-
wegs ein gleichmäßiges Abbild der einst überhaupt vor-
handenen Besiedelungs- und Verkehrsverhältnisse. Neuere
Untersuchungen über den nordischen Handel haben gezeigt,
daß derselbe schon im 9. Jahrhundert an der Nord- und Ostsee
eine beträchtliche Entwicklung besessen haben muß. Schles-
wig hatte schon am Beginne desselben eine größere Be-
deutung als Hafenplatz und war Sitz eines Grafen.*) An
der Küste von Mecklenburg blühte die Handelsstadt Reric
Ende des 8. Jahrhunderts.^) Ebenso war an der Mündung
der Weichsel ein Handelsplatz schon im 9. Jahrhundert auf-
gekommen, Truso (jetzt Drausen-See).®) Auch an der Stelle
der späteren Hansastadt Wismar war 840 eine Niederlassung,
Wismer, vorhanden.'') Nimmt man Bugges Ausführungen
über den Handel der angelsächsischen, schwedischen und
kurländisch- russischen Städte in jener Zeit noch hinzu, so
ergibt sich, daß schon zur Karolingerzeit eine Vorblüte der
späteren „Hansa" angenommen werden darf.
Aber auch im Inneren Deutschlands müssen wir eine
reichliche Menge von Märkten vermuten. Nicht so sehr, daß
^) Ebenda 2, 250 ff.; daraus ergibt sich auch, daß Ebersburg
nicht mit Mautern identisch war.
"-) Ebenda 252. ^) Chron. Moissiac. MG. SS. 2, 258.
*) Vgl. A. Bugge, d. nordeurop. Verkehrswege i. früh. MA., Vjahrs.
f. Soz. u. WG. 4, 232f. auch R. Hennig, Hist. Zs. 115 (1916).
") Ebenda 237. «) Ebenda 238. ') Ebenda S. 240 f.
Dop seh, Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit. II. 2. Aufl. 8
— 114 —
die großen Grundherrschaften solche planmäßig eingerichtet
haben werden, wie die ältere Lehre besonders, aber auch
S. Rietschel noch annahm^), vielmehr kommen die Kloster-
und Kirchweihmärkte da auch in Betracht. Bei den kirch-
lichen Festen, besonders dem des Kirchenheiligen, strömten
die Leute der Umgebung zusammen, ein Anlaß, der zugleich
zu Handelszwecken benutzt wurde. Das berühmteste Beispiel
aus altfränkischer Zeit ist wohl die Messe des Hl. Dionysius
bei Paris (St. Denis). Aber auch in Deutschland hatten
kleinere Kirchen ähnliche Märkte veranlaßt, wie uns an
Mühlheim a. Main (später Seligenstadt) ein interessantes
Beispiel nachgewiesen worden ist.^) Große Klöster besaßen
mehrfach Märkte in verschiedenen Teilen des Frankenreiches,
wo sie begütert waren. So St. Denis u. a. auch zu Eßlingen
am Neckar, der schon zur Zeit Karls des Großen bestand.')
Auch die Klostermärkte kamen dem allgemeinen Ver-
kehr zustatten, wie besonders das Beispiel von Korvey
beweist, dem Ludwig der Fromme im Jahre 833 das Münz-
recht deshalb verlieh, weil jene Gegend eines Marktes be-
durfte. Die entscheidende Stelle in dem kaiserl, Privileg ist
von S. Rietschel völlig unzutreffend ausgelegt worden.*) Es
ist nämlich nicht, wie er meinte, zu übersetzen: „weil die
Gegend eines Marktes entbehrte", was, wie er sich selbst
gestehen mußte, eine auffallende Inkongruenz zwischen Vorder-
satz und Nachsatz involvirt. Richtig hatte doch schon
Mühlbacher den Sachverhalt erfaßt.^)
Es lassen sich ferner Anhaltspunkte dafür nachweisen,
daß in den einzelnen Gauen, vermutlich im Vororte der-
selben, oder an dessen Gerichtsstätte (mallus) Markt ge-
halten worden ist. Denn einmal können wir dies aus den
Formeln für die Zollprivilegien erschließen. Nach einer wird
geradezu die Hälfte des Zolles aus einem bestimmten Gau
an ein Kloster (St. Croix Orleans) verliehen: de omni con-
1) Siehe oben S. 100 u. auch unten S. 120.
-) Vgl. Mathäi , Einhards translatio SS. Marcellini et Petri in
kulturgeschichtl. Beziehung, Progr. d. Gymn. z. Laubach 1883/4,
3) Mühlbacher Reg.^ 1461 (1418). *) Markt u. Stadt S. 16.
. ^) Reg. Imp. I ^ nr. 922 (893).
%
— 115 —
mercio, quod in eodem pago venditur aut emitur.^) Der
Zoll wurde anscheinend von dem Grafen des Gaues ein-
gehoben, worauf die Wendung im Texte weist, daß der
Bezug dieser Hälfte vom Zoll '^absque alicuius iudiciarie
potestatis inquietudine' erfolgt sei und auch künftig keine
iudiciaria potestas eine Beeinträchtigung darin bewirken
solle. Anderseits hören wir, daß Karl der Kahle 86i , da
er unter Berufung auf ein Capitulare seines Vaters und
Großvaters ein Verbot gegen die Zurückweisung vollwichtiger
Denare erließ, die Publikation desselben *in civitatibus et in
mallis atque in placitis seu in mercatis' anbefahl.^) Auch
die Gerichtsversammlungen (Dinge) werden ähnlich wie die
Kirchenfeste Anlaß zum Marktverkehr geboten haben. Selbst
kleinere von diesen Märkten werden gelegentlich doch als
"^civitas" bezeichnet, wie z. B. Mautern a. d. Donau. ^)
Märkte gab es endlich auch bei den Burganlagen
(castella) der Karolingerzeit. Dieselben sind großenteils
schon seit der Römer-, ja Keltenzeit begründet worden.
Bereits Rietschel hat auf eine Reihe solcher alten Keltenorte
am Rhein hingewiesen*): Zülpich(Tolbiacum), Bitburg (Beda),
Nymwegen (Noviomagus), Neuß(Novaesium), Dormagen (Dur-
nomagus), Deutz (Divitia), Bonn (Bonna), Remagen (Rigo-
magus), Andernach (Antunnacum), Koblenz, Boppard (Baudo-
briga), Kreuznach (Cruciniacum), Bingen (Bingium), Brumat
(Breucomagus), Windisch (Vindonissa) , Zürich (Turicum),
das rechtsrheinische Ladenburg (Lopodunum); die Reihe
ist aber nicht vollständig. Eine bei dem anonyrhen Geographen
von Ravenna erhaltene Überlieferung vom Ende des 5. Jahr-
hunderts zählt noch eine ganze Anzahl anderer auf: Im
Moselgebiet außer Koblenz: Karden, Bernkastei, Neumagen;
am Rhein noch Oberwesel, Worringen, Serm (b. Düsseldorf),
Drüpt, Asciburgium (Burgfeld bei Asberg), Birten, Xanten,
Qualburg (bei Cleve). Ferner im schwäbischen Gebiet:
Altrip, Pforzheim, Breisach, Äugst, Kaisten, Zug, Arbon,
Bregenz. EndHch neben Augsburg noch Reißenburg (bei
Günzburg a. d. Donau), Theuringen (OA. Tettnang), Bergen
1) Form. Imp. 19. MG. FF. 300 = Mühlbacher Reg." 542 (523).
-) MG. LL. I, 477.
3) Mühlbacher Reg.^ 1955 a (Ann. Fuld.). ■•) Civitas S. 31.
8*
— ii6 —
(bei Frankfurt), Eschersheim, Aschafifenburg und Salz.^) Die
meisten davon sind auch in der Karolingerzeit quellenmäßig
zu belegen. 2) Bei dem Anonymus Ravennas werden sie als
„civitates" bezeichnet, was wohl nicht im Sinne von „Städten",
aber vielleicht von Vororten der Völkerschaftsgemeinden
aufzufassen ist. Immerhin werden einzelne davon wie Zül-
pich, Bingen, Boppard, Koblenz, Bonn, Deutz auch in der
Karolingerzeit nicht nur als castellum, sondern gelegentlich
auch als civitas bezeichnet, daneben kommt oppidum vor.
Ebenso bei Solothurn.^)
Wahrscheinlich waren auch zu Merseburg*) und Quedlin-
burg^) schon in der Karolingerzeit Burgen vorhanden.
In der Regel werden auch bei diesen befestigten Orten
(castella) Märkte sich gebildet haben. Für einzelne, die
dann zu Bischofsitzen ausersehen wurden, ist das unmittelbar
zu belegen. So bei Salzburg, wo in den ältesten Quellen
(Indiculus Arnonis c. 790) neben dem castrum superius ein
oppidum erwähnt wird.^) So auch in Hamburg.'') Ebenso
bei den Burgen an der Ostgrenze, wie Magdeburg und
Eparesburg^), die dem Handel mit den Slaven und Avaren
dienten. Dasselbe gilt auch für Bardowiek, dessen Suffix
gleichfalls auf eine Burg oder befestigten Ort gedeutet wer-
den kann.^) Indirekt ergibt sich diese Annahme auch aus
den früher erwähnten Urkundenformeln für die königlichen
Zollprivilegien. Denn hier werden unter den Orten, wo die
privilegierten geistlichen Stifter und Klöster beim Handel,
^) Vgl. meine „Grundlagen" 2, 361.
^) Vgl. die Zusammenstellungen der Quellen bei Rietschel,
Civitas S. ßgff. ; für Bregenz, Arbon u. Günzburg. Ebenda 37f., für
Altrip u. Brumat meine „Grundlagen" i, 108 f., vgl. auch für Asci-
burgium ebenda S. 112 nr. 78.
') S. Rietschel, Civitas 34 n. 6.
*) Vgl. Rietschel, Markt u. Stadt S. 61.
^) Ebenda S. 74. Dazu Schuchhardt, Ilbergs Jb. f. klass. Alter-
tum 21, 307.
*) Vgl. meine ,, Grundlagen" i, 172.
') Vgl. vita Anskarii c. 16, wo die urbs ipsa von dem suburbium
geschieden wiid. Dazu Joachim in Mitteil. d. Instit. 33, 264 f., bes.
267 n.
'') Siehe oben S. 112 f. ") Siehe oben S. 104 n. 6 R. Schröder !
— 117 —
bzw. Einkauf ihrer Waren von der Zollentrichtung befreit
sein sollen, zwischen den Städten und Häfen auch direkt
die castella angeführt.^) Diese Beobachtung gewinnt, glaube
ich, noch dadurch an Gewicht, daß in anderen Formeln
dieser Art an der entsprechenden Stelle neben Hafenplätzen
und Städten eben Märkte (mercada) statt der castella ge-
nannt erscheinen.^) In einer alten Formel aus Clermont-
Ferrand ist direkt von einem mercatus puplicus die Rede,
der in diesem "^castrum" vorhanden war.^)
Wir werden überhaupt bei der Beurteilung dieser
'castella' oder *^castra' um vieles vorsichtiger sein müssen,
als das durch die bisherige Forschung einschließlich S. Riet-
schel noch geschehen ist. Die Übersetzung mit „Burg" ist
jedenfalls völlig unzureichend, weil sie ganz falsche Vor-
stellungen erwecken kann. Wir werden uns vielmehr diese
castella oder castra als größere Siedelungen, geräu-
migen Umfanges vorzustellen haben. Einmal schon deshalb,
weil in ihnen neben der miUtärischen Besatzung also ein
regelmäßiger Markt anzunehmen ist.*) Ferner aber auch
ihrer weiteren Bestimmung wegen. Denn sie sollten auch
dazu dienen, bei Bedrohung von außen durch Feinde den
Bewohnern des umliegenden offenen Landes als Zuflucht-
stätte zu dienen. Das war schon in der Merowingerzeit
so gehalten ^) , also altfränkische Übung. Auch für die
Karolingerzeit haben wir direkte Quellenzeugnisse dafür.
Auf eines hat schon Rodenberg seinerzeit hingewiesen, als
er darzutun suchte, daß Heinrich I. bei seinen sog. „Städte-
gründungen" nichts anderes tat, als schon früher zur Karo-
lingerzeit geschehen war.^) Aber er konnte doch nur auf
*) Vgl. Form. Imp. 24: ad quascumque civitates , castella aut
portus vel cetera loca ipse naves vel homines eas praevidentes vel
ceteri negotiatores ipsius monasterii necessitates providentes acces-
sum habuerint MG. FF. 304; vgl. auch nr. 22, ebenda 302.
^) Vgl. Cartae Senon. 36. MG. FF. 201.
^) Ebenda S. 28 n. i.
*) Vgl. dazu auch Gerlach a.a.O. S. 17, der für Magdeburg,
Passau, Osnabrück, Merseburg u. Konstanz nachweist, daß der Markt
innerhalb der alten Befestigung gelegen habe.
^) Vgl meine „Grundlagen" 2, 360 u. 365.
'} Die Städtegründungen Heinrichs I., Mitteil. d. Instit. 17, 165.
— 118 —
ein westfränkisches Capitulare Karls des Kahlen, das Edikt
von Pistes (864), verweisen, durch welches bloß die eine
Seite der Ordnungen Heinrichs, die Verpflichtung zum Burg-
werk, sowie die Adjutorien, bezeugt werden. Zur Ergänzung
möchte ich noch eine Stelle aus den Reichsannalen zum
Jahre 773 heranziehen, wo von den Sachsen, die in frän-
kisches Gebiet eingefallen waren, erzählt wird : pervenerunt
usque ad castrum, quod nominatur Buriaburg, attamen ipsi
confiniales de hac causa soUiciti, cumque hoc cernerent,
castello sunt ingressi.^) Man sieht, daß diese Burgen auch
zur Aufnahme der umwohnenden Bevölkerung im Falle der
Not bestimmt und geeignet waren. Das aber setzt einen
größeren Umfang derselben voraus.
So erklärt sich nun wohl auch die Tatsache, daß einige
dieser castella oder castra auch als ^civitates' bezeichnet
werden. Es ist ein grundlegender Irrtum S. Rietschels ge-
wesen, daß er annahm, die Karolingerzeit habe im allge-
meinen den Unterschied zwischen civitas und castrum noch
ziemlich scharf aufrechterhalten.^) Wir sahen schon, daß
nach den von ihm selbst vorgebrachten Belegen das Gegen-
teil zutrifft. Die Reichsannalen verwenden die Bezeichnung
civitas sehr häufig auch dort, wo nur von einer befestigten
Anlage die Rede ist. So wird zum Jahre 809 erzählt, Karl
der Große habe angeordnet, daß jenseits der Elbe eine
'civitas' errichtet werden solle. Nachdem ein dafür geeig-
neter Ort ausfindig gemacht und in Besitz genommen worden
war, wird mit der Befestigung desselben begonnen: Es ist
Esesfelth, d. h. die Burg Itzehoe.^)
Dieselbe Quelle berichtet zur gleichen Zeit von dem
Herzog der Abodriten Thrasco, er habe 'Smeldingorum
maximam civitatem"* erobert. Über dieses Ereignis haben
wir noch einen anderen Bericht in der Fortsetzung der Annal.
^) SS. rer. German. in usum scholar. ed. F. Kurze 1895 S. 36.
-) Die Civitas S. 58, sowie oben S. 107.
^) A. a. O. S. 129: imperator . . . statuit trans Albiam fluvium
civitatem aedificare Francorumque in ea ponere praesidium . . .
postquam locus civitati constituendae fuerat exploratus . . . Albim
traicere et locum iussit occupare ... et occupatus est ... et muniri
coeptus.
— 119 —
Lauresham. (Moissiac). Hier aber heißt der Platz Semeldinc-
connoburg und wird gleichfalls als civitas bezeichnet.^)
Eine ähnliche Gleichung ergibt sich aus den Berichten
über das Jahr 'j']^. Die Reichsannalen sprechen von der
Erbauung eines castrum an der Lippe, die Lorscher aber
verwenden die Bezeichnung 'civitas', indem sie zugleich den
Namen angeben: Karlesburg.
Der Gebrauch der Bezeichnung 'civitas' für ein castellum
in den Reichsannalen ist dort besonders beachtenswert, wo
er, wie bei Deutz, im Gegensatze zu den Vici' und Villae'
auftritt.''^)
Anscheinend war für den Begriff 'civitas' dieselbe Vor-
stellung auch in der Karolingerzeit mitbestimmend, daß die
betreffende Siedelung ummauert und befestigt sei, so wie
schon Gregor von Tours angesichts der großen Befestigungen
des 'castrum' Dijon die Frage aufwirft : cur non civitas dicta
sit, ignoro.^) So ist ja auch die Schilderung Regensburgs in
der vita Emmerami gehalten : Eine aus behauenen Steinen er-
richtete, mit Türmen bewehrte, uneinnehmbare Burg. Hraban
spricht in einem Gedichte von ihr und hebt die „zum Himmel
drohenden Mauern" besonders hervor.'^) Auch das deutsche
Sprachgut verdient da Beachtung: civitas wird mit Burg
übersetzt.^) Daß man Burgen auch als civitates bezeichnete,
wie die im sächsischen Gebiete, läßt m. E. gleichfalls auf
eine größere Ausdehnung dieser castra zurückschließen.
Und ebenda kommen uns die Ergebnisse der neueren archäo-
logischen Forschungen, vor allem die Ausgrabungen, zu
Hilfe. Schuchhardt hat ja nachgewiesen, daß Altschieder
eine karolingische curtis sei , die Karl unter die sächsische
Skidrioburg gesetzt hat.^) K. Rubel hat im Anschlüsse
daran über die fränkischen Burgen ausführlich gehandelt.'')
*) MG. SS. I, 309 dazu Kurze a. a. O. 129 n. i.
-) So zu 779: von den Sachsen handelnd: quicquid a Diutia
civitate usque ad fluenta Mosellae vicorum villarumque fuit, ferro
et igni depopulati sunt.
=*) Hist. Francor. III, 19. MG. SS. rer. Merov. i, 129.
*) Vgl. meine „Grundlagen" i, 168. ^) Siehe oben S. iC4f.
*) Atlas vorgeschichtl. Befestigungen in Niedersachsen, bes.
Heft VII S. 68 nr. 28iff.
') Die Franken S. i4ff.
— I20 —
Wie in Altschieder bereits große Dimensionen der Anlage
sich herausgestellt haben, so auch bei der „Babilonie", einem
castrum bei Lübbecke ^) (zwischen Minden und Osnabrück),
das im Sachsenkriege (Jahr 775) eine Rolle spielte.
Wir werden überhaupt diesen fränkischen Befestigungs-
anlagen (castella, castra), aber auch den curtes regiaeoderpub-
licae eine größere Bedeutung zumessen müssen, als dies bisher
geschehen ist. Noch RietscheP) und Keutgen haben irriger-
weise angenommen, daß unter curtis der einzelne Gutshof
zu verstehen sei, derart, daß dort, wo das Wort für eine
Stadt gebraucht wird, immer nur ein oder mehrere Wirt-
schaftshöfe in derselben gemeint seien. Von synonymen
Begriffen, meint Keutgen, könne da keine Rede sein.^) Das
ist aber unzutreffend und Schwarz, gegen den er hier po-
lemisiert, hatte tatsächlich recht gesehen, wenn er annahm,
daß beide Begriffe den Zeitgenossen offenbar verwandt er-
schienen.*) Daß curtis eine viel umfassendere und ausgreifen-
dere Bedeutung hatte, ist bereits Waitz bewußt geworden.^)
Die Zusammenstellung der Quellenbelege oben ergibt^),
daß unter curtis auch ein größerer Komplex von zusammen-
gehörigen Gütern verstanden werden kann. Da mindestens
die curtes regiae oder publicae in der Regel auch um-
mauert und durch Befestigungen geschützt waren'), verstehen
wir sehr wohl, daß auch civitates gelegentlich so bezeichnet
wurden, wie z. B. Salzburg und Regensburg. ^) Schon Waitz
hatte übrigens auch darauf aufmerksam gemacht, daß ebenso
wie die Städte auch curtes regiae (oder dominicae) mitunter
als Sitz der öffentlichen Verwaltung besonders der Graf-
schaften auftreten.^) Neuerdings ist durch C. Schuchhardt
gezeigt worden, daß verschiedene Städte der späteren Zeit,
wie Hannover, Braunschweig Hildesheim, Bardowiek, Lüne-
^) Vgl. Rubel, Die Franken S. 398 ff., ferner Schuchhardt, Atlas
VII, 58 n. 235, sowie im allgemeinen Schuchhardt im Korr.-Bl, d.
Deutsch. Gesch. -Ver. 1904 S. 108 ff.
*) Civitas S. 41. *) Untersuchungen S. 48 ff.
*) Anfänge des Städtewesens i. d. Elb- u. Saalegegenden 1892
S. 26 ff.
») VG. 4-, 142 n. 2. *) Vgl. im i. Bd. S. 146.
') Vgl. Rubel, Die Franken S. 17 f.
*) Vgl. meine „Grundlagen" 2, 372. 'j VG. 3^^, 389.
— 121 —
bürg aus solchen fränkischen curtes hervorgegangen sind.^)
Dazu ist vielleicht auch Kassel zu stellen.^)
Auch palatium bedeutet ja von Haus aus den be-
festigten Ort^), die Burg. Die Pfalzen werden aber auch
nicht selten als curtes regiae oder imperiales doch bezeichnet.*)
EndUch Villa'. Es ist m. E. völlig verfehlt, wenn man
damit nur den Begriff Dorf oder Meierhof verbindet, wie
dies die ältere Forschung, aber doch auch noch S. Riet-
schel^) getan hat. Schon Keutgen hat das Unzutreffende
dieses Vorgehens empfunden, wenn er sagt; Sowenig wie
urbs mit Stadt darf man immer villa, oppidum, vicus mit
Dorf übersetzen. Er meinte, diese Ausdrücke bezeichneten im
Gegensatze zu curtis (dem einzelnem Gutshof), solche Orte,
die aus einer Mehrzahl von Gehöften und Einzelwohnungen
bestehen.^) Auch hier ist es, wie die früheren Darlegungen
im I.Bande erweisen'^), vielfach ein ganzer Gutsbezirk oder
Gutskomplex, ähnlich wie fiscus. Wir werden dabei, meine
ich, noch zu unterscheiden haben: die villa schlechthin von
der villa publica. Letztere ist eine größere Siedelung öffent-
lichen Verkehrs, das Gegenteil zum grundherrlichen Dorf.
Daraus erklärt sich , daß 'civitates" in der Karolingerzeit
mitunter auch als villae publicae bezeichnet werden.*) Es
ist keineswegs so, wie Keutgen wollte, daß villa, oppi-
dum und vicus im Gegensatze zu urbs und civitas offene
Ansiedelungen bedeuteten^), und das unterscheidende Merk-
mal die Befestigung gewesen sei. Civitas, castellum, villa sind
nicht „Bezeichnungen für bestimmte Klassen" von Ortschaften,
welchen allgemeinen Begriff oppidum involviren soll.^")
*) Zs. d. hist. Ver. f. Niedersachsen 1903 S. i ff. bes. 25.
^) Vgl. Ad. Stölzel, Ein karolingischer Wirtschaftshof in tausend-
jähriger Wandlung (1919) S. 54ff.
') Vgl. Schuchhardt in Ilbergs Jb. f. d. class. Altertum 21, 308 n. 2,
sowie Edw. Schröder, Stadt u. Dorf i. d. deutschen Sprache d. MA.
Göttinger gel. Nachrichten 1906 S. 99.
*) So Frankfurt a/M. Mühlbacher Reg.* 1645; Ulm 1651; Kolmar
■ 1646; Weiblingen 1710. ^) Die Civitas S. 41.
') Untersuchungen S. 49f. '') 1, 145.
*) Vgl. die Belege bei Rietschel, Civitas S. 56 ff.
") Untersuchungen S. 49 f. Ähnlich auch v. Belovv, Vierteljahrschr.
f. Soz. u. WG. 7, 422.
^"j Ebenda 48 n. 2, gegen Rietschel zu Unrecht polemisierer^d!
^ 122 —
Auch oppidum, vicus und villa können ebenso wie curtis,
castrum oder palatium den befestigten oder ummauerten
Ort bezeichnen. Mehrere Urkunden für das Kloster Scheft-
larn in Bayern von 806 führen das Datum: acta est in
monasterio S. Dyonisii süb oppido ville, que nuncupatur
Sceftlare pubUce.^) Vici, die den Vorort von Völkerschafts-
oder Gaugemeinden bildeten, waren schon seit der Völker-
wanderungszeit befestigt und ummauert. Ein sehr charakteri-
stisches Beispiel dafür bietet das alte Ladenburg am Neckar.^)
Auch die Bischofstadt Lüttich wird (zu 770) von den Reichs-
annalen als vicus publicus bezeichnet. Anderseits werden
gerade die Pfalzorte in der Karolingerzeit Villae' genannt^),
von welchen eben ausgeführt wurde, daß sie doch befestigt
gewesen sind.
Ganz irrig ist es, unter "villa publica" stets eine villa
regia verstehen zu wollen, wie das für Passau behauptet
worden ist.*) Auch Linz wird z. B. so bezeichnet und doch
ist nicht anzunehmen, daß es damals eine königliche Stadt
gewesen sei.^) Es war aber, wie wir zuvor konstatiert haben •*),
ein Marktort in der Karolingerzeit. Wir sehen also, daß
auch villae ebenso wie die vici der spätrömischen und
Merowingerzeit Markt- (und Münz-)stätten sein konnten.
Diese Tatsache, wie insbesondere auch die Beobachtung,
daß der König in der Karolingerzeit nicht selten auch in
solchen Villae' den Winteraufenthalt nahm'), ja geradezu
Reichsversammlungen abhielt^), deutet wohl auch darauf
^) Mon. Boica 8, 369. 370. 374.
-) Vgl. meine „Grundlagen" i, issf., sowie 2, 36if.
^) So in den Annales regni Francor. nahezu regelmäßig (vgl.
die Vermerke über die Feier des Weihnachtsfestes durch Karl d. Gr.
u. seinen Nachfolger). Dazu Rietschel, Civitas S. 77.
*) Fr. Strauß in d. Mitteil. d. Instit. 26, 129, sowie Heuwieser
a. a. O. S. 30.
^) Vgl. meine Bemerkungen ebenda S. 330.
*) Siehe oben S. 112.
') Vgl. 775 zu Schlettstadt, Annal. regni Franc; Ostern 776,
Nymwegen ib., 784 in Lügde bei Pyrmont; 794 Frankfurt; vgl. auch
Mühlbacher Reg.^ 1479^.
«) In Salz villa Mühlbacher Reg.^ 1372c; Ulma v. 1430b. 1490c;
Bisestad 1493 b; Tribur 1502 b. 1509 a. 1765 b; Kolmar v. i677d;
Weiblingen 1748 a. 1759 a.
— 123 — ■
hin, wie großen Umfang diese z. T. doch gehabt haben
müssen.
Endlich noch ein Wort über das deutsche Sprachgut.
Gegenüber dem Reichtum des Lateinischen an synonymen
Ausdrücken kann auffallen, daß wir hier nur das eine Wort
'Stadt' besitzen. Es kommt in Ortsnamen der Karolinger-
zeit mehrfach als Suffix vor: in villa qui dicitur Scladdistat ^),
anderseits Bisestad oder Bisestat villa (Bürstadt zwischen
Lorsch und Worms ^)), endlich Halberstad, Ingoltestat, Dore-
stad, Autmundistat, Dannistat, Hohstat und Munirichesstat.^)
Hier ist - stat also im wesentlichen eine Bezeichnung der
Siedelung, des Standortes, wie unser - statte, was die
Zusammensetzung mit Personennamen bekundet (Genitiv!).
Dann bezeichnet *stat' den Ruheplatz, die Ruhestellung.
E.Schröder hat die beachtenswerte Vermutung geäußert*),
daß ja auch heute Geschäftsleute den Ausdruck „Platz" in
einem ähnlich engeren Sinne verwenden , daß „die Be-
nennung jedenfalls von den Insassen der Burg ausging, die
das vorgelagerte Wohnterrain kurzweg als „die stat' be-
zeichneten". Hält man sich die historische Topographie
der älteren großen Städte vor Augen, etwa Köln^), Ham-
burg^), Salzburg''), wo gerade der Marktverkehr sich auf
den ebeneren und zugänglicheren Teilen vor der alten Römer-
burg entwickelt hat, so würde diese Tatsache sehr wohl zu
der Beobachtung Schröders stimmen. Was sonst den latei-
nischen Wörtern civitas, urbs, oppidum noch an die Seite
gestellt werden könnte, Burg oder Markt, drückt die beiden
anderen Seiten der deutschen Stadt aus: die Befestigung
und den Handelsverkehr. Auch das griechische nöhg be-
deutet doch wie das lateinische urbs ursprünglich die Burg.^)
Jedenfalls ist die Zahl der Städte der Karolingerzeit von
der bisherigen Forschung sehr unterschätzt worden. Ein
^) Siehe S. 122 n. 7. *) Mühlbacher Reg.^ 1446 u. 1479 a.
^) Dronke, cod. dipl. Fuld. 138 n. 275.
*) A. a. O. S. 103. *) Vgl. Keussen a. a. O. S. 37*.
*) Joachim in Mitteil. d. Instit. 33, 267 n.
'') Vgl. meine „Grundlagen" i, 172.
*) Vgl. Schuchhardt, Hof, Burg u. Stadt bei den Germanen u.
Griechen: Ilberg, N. Jbb. f. d. class. Altertum 21, 311 ff. (1902).
— 124 —
arabischer Reisender des lo. Jahrhunderts AI Mas *^udi gibt
an, daß im Lande der Franken damals etwa 150 Städte
existiert hätten, die Hauptstadt sei Paris gewesen.^) Selbst
wenn wir darin nur eine zu hoch gegriffene Schätzungsziffer
sehen, kommt darin doch der Gesamteindruck, welchen der
viel gereiste Araber von der Bedeutung des fränkischen
Städtewesens im ganzen hatte, zu deutlichem Ausdruck.
Die wirtschaftliche Bedeutung dieser karolingischen
Städte tritt erst ins rechte 'Licht, wenn wir die inneren
Verhältnisse derselben, vor allem die Grundbesitzver-
teilung und die Bevölkerung näher kennen lernen. Die
ältere Forschung war hier in einem Irrtum befangen, der
sich wohl aus ihrer theoretischen Entwickluug selbst ge-
nügend erklärt. Nahm man für die Karolingerzeit eigentlich
keine Existenz von Städten an und glaubte man bis in die
jüngste Zeit, daß rechtlich kein Unterschied zwischen den
alten Römerplätzen und den Dörfern (villae) bestanden habe,
dann erscheint auch die Annahme begreiflich, es habe jeweils
der ganze Grund und Boden dort einem Stadtherrn gehört,
entweder dem Könige oder einem Bischöfe, die Bevölkerung
aber sei ebenso uniform, wohl gar als unfreie oder hörige
Hintersassen dieses Stadtherrn aufzufassen. Nun ist schon
durch Arnold und Heusler die Existenz einer freien Ge-
meinde in den Städten der Karolingerzeit, vor allem den
Römerstädten, erwiesen worden; S. Rietschel hat das Ver-
dienst, diesen Beweis auf eine sichere Basis erhoben und
diese erweitert zu haben dadurch, daß er die Bevölkerungs-
verhältnisse selbst urkundlich zu erfassen suchte. Er hat
im ganzen richtig dargelegt , daß die Beweismittel , auf
welche sich Arnold und Heusler noch stützten, nicht zu-
reichten, insbesonders die Bezeichnung civitas publica und
die Datierung actum civitate publice. Vor allem betonte
er zutreffend, daß da zwischen dem Kanzleigebrauch der
Königsurkunden und den Privaturkunden scharf geschieden
werden müsse. Ich bin zwar überzeugt, daß auch Rietschel
hier z. T. irrte, so wenn er behauptet, daß civitas publica
ursprünglich die Pfalzstadt bedeutet habe^), aber sein
*) G.Jacob, ein arabischer Berichterstatter d. 10. Jh. 3. Aufl. S. 21.
2) Die Civitas S. 77.
— 125 —
Ergebnis ist jedenfalls zutreffend, man dürfe nicht wie Arnold
von diesem Ausdruck ohne weiteres auf das Bestehen einer
freien Gemeinde in der civitas schUeßen.
Ich stimme den Ausführungen Rietschels auch gegenüber
Heusler^) zu, daß durch dessen Annahmen über die Immuni-
tätsurkunden ebensowenig wie über die Datierungsformel von
Privaturkunden (actum civitate publice) die Existenz einer
freien Gemeinde in den Städten bewiesen werden könne.
Ohne Zweifel wird das Vorhandensein von freien Grund-
eignern in den Städten durch die Traditionsurkunden er-
wiesen, welche von der Übereignung von Grundstücken in der
Stadt an Kirchen und Klöster handeln. Rietschel hat sie
bereits für Mainz zusammengestellt^), wo nicht weniger als
70 davon vorliegen, und auch schon auf Spuren für andere
Städte und Kastelle aufmerksam gemacht, die das gleiche be-
weisen.^) Durch andre Forscher sind diese Nachweise auch
weiter noch vermehrt worden: So haben H. Boos für Worms ^),
Fr. V. Wyß für Zürich*), Heuwieser für Passau ^), Pöschl für
Trier ^) solche freie Possessores in der Stadt nachgewiesen.
S. Rietschel hat mit Recht das gewonnene Resultat ver-
allgemeinert und festgestellt, daß auch in den civitates und
castella während der Karolingerzeit die freie Bevölkerung
an Zahl bedeutend gewesen ist. Dazu treten auch noch
die Belege, welche für die Existenz freier Gewerbetreibender
und Kaufleute in den Städten unten gegeben werden.') Auch
sie haben den Gewinn, welchen sie aus ihrem Gewerbe-
bzw. Handelsbetrieb zogen, zum Ankauf von Immobilien in
der Stadt verwendet, wie die Verhältnisse in der voraus-
gehenden merowingischen Zeit beweisen.^)
Größeren Grundbesitz in den Städten der Karolinger-
zeit hat dann einerseits der König, anderseits die Kirche,
') Die Civitas S. 78. ') Ebenda S. 79.
*) Gesch. d. rhein. Städtekultur i, 208 (1897).
*) Abhandl. z. Gesch. d. schweizer, öffentl. Rechts (1892) S. 342ff.
") A. a. O. S. 38 ff. ; hier in Passau war es der mittlere Teil der
Altstadt.
') Bischofsgut u. mensa Episcopalis i, 130 n. 3 (1908).
') Vgl. die beiden folgenden Paragraphen.
') Vgl. meine „Grundlagen" 2, 459.
— 126 —
u. zw. Bistümer wie Klöster innegehabt. Schon S. Rietschel
hat eine Anzahl von Quellenbelegen dafür zusammengestellt^),
worauf im allgemeinen verwiesen werden soll. Ich will hier
nur hervorheben, was dort noch nicht gesagt, bzw. übersehen
worden ist. Eine Hauptquelle für die Bildung großen Grund-
eigens in den Städten eben in der Hand des Königs sowie der
Kirche bildeten die Konfiskationen des alten Gemeindegutes,
welche im 4. und 5. Jahrhundert in den Römerstädten statt-
gefunden haben. Schon Hegel hatte 1847 darauf hinge-
wiesen und geradezu angenommen, daß darin die Hauptquelle
für das Zustandekommen des Grundbesitzes der Kirche in
den Städten zu erblicken sei.^) H. Brunner beschäftigte
sich dann eingehender mit diesem Gegenstande und zeigte,
daß die Konfiskation nicht ausschließlich zu kirchlichen
Zwecken erfolgt sei. Nur ein Teil des alten Gemeindegutes
mag in die Hände der Kirche gelangt sein, ein anderer,
gewiß nicht unerheblicher Teil wurde von den römischen
Kaisern des 4. und 5. Jahrhunderts zu eigenen Zwecken ver-
wendet.^)
Da nun eine ganze Reihe der deutschen Bistümer be-
reits im 4. und 5. Jahrhunderte nachweisbar ist*), die rhei-
nischen gerade, so dürfte auch hier die ältere Grundlage für
den großen Grundbesitz der Bischöfe in den Städten da-
durch gegeben worden sein. Die Schenkungen der frän-
kischen Könige seit Clodovech taten ein übriges, so daß
schon Gregor von Tours Chilperich (f 584) den oftzitierten
Anspruch in den Mund legt: „arm ist unser Fiskus, alle
Reichtümer sind auf die Bischöfe übergegangen." ^) Wohl
ist dann im Verlaufe des 7. und 8. Jahrhunderts durch ein-
zelne Könige und die Macht der Laienaristokratie wieder
so manches Stück säkularisiert und in Anspruch genommen
1) Die Civitas S. Soff.
-) Die Städteverfassung Italiens i, 73.
^) Die Erbpacht der Formelsammlungen von Angers u. Tours
u. die spätrem. Verpachtung der Gemeindegfter. Zs. d. Savignystift.
f. RG. 5, ögflf., sowie auch in Forsch, z. Gesch. d. deutsch, u. französ.
Rechts 1894 S. 669 ff.
*) Vgl. A. Hauck, Kirchengesch. Deutschlands i -, 27 ff.
^) Vgl. meine ,, Grundlagen" 2, 250 ff.
— 127 —
worden^), allein die große Kirchenreform der Söhne Karl
Martells (742 und 744) hat doch zu Restitutionen geführt,
die das Kirchen- und insbesondere Bistumsgut reichlich ge-
mehrt haben müssen. 2) Unter den karolingischen Königen
gingen noch viel von den alten Pfalzgütern in den Städten
an die Bistümer über, wie z. B. die Schenkung Arnolfs an
Worms ^), aber auch jene an Passau*) bezeugen.
Immerhin waren die Verhältnisse aber auch in den
bairischen Städten mit Bischöfen nicht so, wie sie Rietschel
dargestellt hat, als ob in Passau, Freising und Salzburg
„der Grund und Boden von Anfang an fast ganz bischöflich
gewesen sei".^) Für Passau habe ich schon nachgewiesen^),
daß dort das Herzogsgut jedenfalls im 9. Jahrhunderte sehr
beträchtlich gewesen sein muß, was Rietschel nicht beachtet
hatte. Ähnliches läßt der Indiculus Arnonis von c. 790 auch
für Salzburg erchließen.'') Das gleiche gilt ja auch für Speier
und Worms, wo das rheinfränkische Geschlecht der Kon-
radiner, das den fränkischen Herzogstitel führte, noch um
die Mitte des 10. Jahrhunderts auch Grundbesitz besaßt),
den in Speier damals erst der Bischof durch Tausch erwarb,
während die Burg in Worms ihnen noch weiter verblieb.^)
Ganz und gar unberücksichtigt haben Rietschel und auch
Boos sowie andere Forscher ferner die Tatsache gelassen,
daß in den Städten jedenfalls auch die Vasallen u.zw.
sowohl des Königs und der Herzöge, wie anderseits der
Bischöfe und Grafen Grundbesitz gehabt haben müssen.
1) Ebenda S. 288 f.
-) Vgl. Hauck a. a. O. i^, 507 ff., bes. Sißf.
^) Vgl. J. Lechner in Mitteil. d. Instit. 22, 554.
*) Heuwieser a. a. O. S. 31. *) Civitas S. 83.
*) Zur Frage nach der Begründung der Stadtherrschaft durch
die Bischöfe von Passau Mitteil. d. Instit. 26, 329 ff., bes. 334.
'') An die Spitze dieser echten Aufzeichnung erscheint geradezu
der Satz gestellt: primum quidem tradidit Theodo dux predictum
oppidum simulque et castrum superiorem d. Hrodberto cum termi-
nis denominatis et confinibus vel omnibus appendiciis . . . sicut ad
supra memoratum oppidum vel Castro [pertinent] Lücke!! Salzburger
ÜB. I, 4.
*) Vgl. H. Boos, Gesch. d. rhein. Städtekultur i, 227f.
") Lechner a. a. O., Mitteil. d. Instit. 22, 563.
— 128 —
Da die Städte befestigt waren und wie die Kastelle den
Bewohnern der Umgegend im Falle feindlicher Bedrohung
als Zufluchtsorte dienten, hatten sie seit alters^) Besatzungen
militärischer Abteilungen, die zugleich dem Grafen zur Aus-
übung der ihm vorbehaltenen Rechte, und insbesonders der
Polizeigewalt dienten. Für die Pfalzen und Königshöfe sind
solche Besatzungen durch das Capitulare de Villis^) sowie
die bekannte Pfalzordnung Hinkmars ^) direkt bezeugt. Aber
auch die Bischöfe haben schon im 9. Jahrhunderte ebenso
eine Stiftsvasallität ausgebildet, wie besonders die neueren
Untersuchungen A. Pöschls dargetan haben.*) Schon Karl
der Große hat den Bischöfen verwiesen, daß sie sich nach
Art der weltlichen Herren mit bewaffnetem Gefolge um-
gäben.^) Die schwergerüsteten Vassen der Bischöfe, Äbte und
Grafen spielen in der Capitulariengesetzgebung eine große
Rolle®) und waren jedenfalls schon zur Zeit Ludwigs des
Frommen sehr zahlreich.'') Wir dürfen annehmen, daß ein
Teil davon in der Stadt, wo der Bischof und Graf selbst
ihre ständige Residenz hatten, ebenfalls ansässig war. Sie
trugen wohl auch Eigengüter an den Bischof gegen Rück-
verleihung auf Lebenszeit auf, wofür wir an der Bestätigungs-
urkunde König Ludwigs des Deutschen für Speier (vom
Jahre 858) einen interessanten Beleg haben. ^)
Hier liegen ja auch die Wurzeln der Ministerialität.
Ministerialen der Bischöfe, Äbte und Grafen sind bereits
durch die Capitularien für das 9. Jahrhundert bezeugt.^) Die
Verrichtungen, mit welchen sie betraut erscheinen, als Falkner,
Jäger, Zöllner, Pröpste und Dekane'-*') — lassen voraussetzen,
daß sie gutenteils eben in der unmittelbaren Umgebung des
Herrn, hier des Bischofs oder Abtes, tätig waren und
^) Vgl. meine „Grundlagen" 2, 381. ^) MG. Capit. i, 85 c. 27.
') Ebenda 2, 526 c. 27, vgl. c. 33. Dazu Waitz VG. 3-, 542 ff.
♦) Bischofsgut u. mensa episcopalis i, ii4ff-, bes. 148 (1908).
») MG. Capit. I, 163 c. 8 (811).
*) Vgl. ebenda i, 167 c. 10 (811), 1,291 c. 27 (819). Dazu Waitz
VG.3=, 547f.
') Pöschl a. a. O. i, 151. ®) Mühlbacher Reg.'^ 1434.
8) MG. Capit. I, 137 c. 5 (808), 138 c. 6 (808), 262 c. i (815), 284
c. 16 (818/19); 2, 9 (829).
10) Ebenda i, 165 c. 4 (811).
— 129 —
wirkten. Es ist noch keine Standesklasse, sondern der Be-
amte überhaupt damit bezeichnet.^) Nach dem Edikte vom
Pistes (864) hatten sie auch in den Städten die Aufsicht über
Maß und Gewicht, oder mindestens doch darüber zu wachen,
daß von den Bäckern gerechtes Maß bei der Herstellung des
Brotes eingehalten werde. ^) Wie hier, so erscheinen auch nach
der Pfalzordnung Hinkmars die' Ministeriales ganz allgemein
als die Gehilfen und Unterbeamten der Grafen in der Ver-
waltung^), insbesonders in militärischer Beziehung bei der
Aufbietung des Heerbannes, bzw. der Aushebung der zum
Ausrücken ins Feld bestimmten Freien.*) Sie werden ent-
weder direkt als Freie bezeichnet^) oder mit diesen auf einer
Stufe den Unfreien gegenübergestellt.^) Die Bekleidung und
Ausübungdes ihnen übertragenenAmtes bildete geradezu einen
Freiungsgrund gegenüber der militärischen Dienstpflicht ■'') ,
derart, daß dem Grafen verwehrt wurde, mehr als 2 Leute
für je eines der Ämter zu befreien, welche er zu besorgen
hatte.') Da die Grafen z. T. auch in den Städten ihren
Amtssitz hatten, so mußten auch die Ministerialen derselben
z. T. ebenso daselbst wohnen. Sie werden wohl zumeist
aus den Vasallen des Bischofs bzw. Grafen genommen worden
und mit diesen in der Regel zusammengefallen sein, weil hier
mit der Treueverpflichtung zugleich gewisse Garantien für
die entsprechende Durchführung der Amtsverrichtungen doch
gegeben waren.
Von diesen Ämtern (ministeria) aus hat die spätere Mini-
sterialität als Stand ihren Ausgangspunkt genommen und sich
allmählich entwickelt.®) Schon waren sie aber geeignet, in-
dem sie ihren Inhabern eine bevorzugte Stellung einräumten,
^) Vgl. Keutgen in Vierteljahrschr. f. Soz. u. WG. 8, 536f.
*) MG. Capit. 2, 319 c. 20.
*) Ebenda 521 c. 10: tales etiam comites et sub se iudices con-
stituere debet, qui avaritiam oderint et iustitiam diligant et sub hac
conditione suam administrationem peragant et sub sc huiusmodi
ministeriales substituant.
*) Vgl. Capit. r, 137 c. 5 u. 138 c. 6. ") Ebenda i, 165 c. 4.
') Ebenda i, 284 c. 16. ') Ebenda 137 c. 4.
•) Keutgen a. a. O. S. 540 ff.
Dop seh, Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit. II. 2. Aufl. 9
— I30 —
sie hinaushoben über die Masse der übrigen Leute ihres
Herrn, auch standesbildende Kraft zu entfalten.^)
Eine weitere Schicht der städtischen Bevölkerung bilde-
ten die Unfreien. Solche waren ja nicht nur die Haus-
dienerschaften der in der Stadt ansässigen Grundeigentümer,
sondern auch Hintersassen dieser sonst, unfreie Handwerker
u. dgl. m. S. Rietschel hat mit Recht hervorgehoben, daß
wir mehrere Kreise da zu unterscheiden haben, derart, daß
die unfreien Hintersassen jedes Grundherrn (König, Bischof,
Abt etc.) eine wirtschaftliche Genossenschaft für sich bilde-
ten.^) Man wird hier besser von der familia sprechen, der
Gesamtheit aller Hintersassen, zu welcher auch Freie und
Halbfreie gehören konnten. Stimme ich Rietschel soweit
zu, daß von einer unfreien Gemeinde in der Stadt nicht
die Rede sein könne, so ist doch, glaube ich, seine Formu-
lierung ebenso unzutreffend, als ob diesem unfreien Element
gegenüber die Freien der civitas ein großes Ganze, eine
freie Gemeinde der Stadt gebildet hätten.^) Auch unter
den Hintersassen der Grundherrschaften in der Stadt gab
es Freie, wie aus den Immunitätsprivilegien für diese zur
Genüge hervorgeht.*) Auch die freie Bevölkerung der Stadt
gliederte sich in mehrere Kreise. Neben den freien Grund-
eigentümern stehen die freien Hintersassen der Grundherr-
schaften, weiters aber die Kaufleute und Händler. Unter
diesen nehmen die Fremden eine besondere Stellung ein.
Man hat ja früher vielfach die Ansicht vertreten, als ob der
Kaufmann und Händler dieser Frühzeit in der Regel ein
Fremder gewesen sei.^) Ist dies auch nicht zutreffend, so
doch so viel richtig, daß unter diesen Kaufleuten auch zahl-
reiche Fremde sich befanden, vor allem die Juden, daneben
ragen die Friesen und Sachsen hervor. Sie hatten ja in
den Städten bereits zur fränkischen Zeit besondere Stadt-
viertel inne.®) Gerade ihre wirtschaftliche Tätigkeit hat es
auch mit sich gebracht, daß hier freie Lohnarbeiter
in größerer Menge auftraten, die sie eben zur Verrichtung
•) Vgl. Waitz VG. 3*, 412 n. i u. 4', 346.
') Civitas S. 86 f. ») Ebenda S. 87.
*) Siehe oben S. 44. *) Vgl. unten § n.
«) Vgl. meine „Grundlagen" 2, 383, sowie unten § 11.
— 131 —
ihrer Geschäfte benötigten. Die ältere Forschung bis auf
V. Inama-Sternegg hat dies, wie früher schon bemerkt wurde,
ganz übersehen, ja letzterer noch geradezu die Existenz
solcher für die Karolingerzeit nahezu ausschließen wollen^),
weil er nur an den grundherrschafthchen Verband dachte,
nicht aber an diese freien Kaufleute, welche ja eben als
Fremde die benötigten Arbeitskräfte ^utenteils nur im Wege
eines freien Lohnvertrages gewinnen konnten, 2)
Auch K. Haff steht noch viel zu sehr unter dem Banne
dieser grundherrhchen Theorie, wenn er gegenüber den von
mir in der i. Auflage vorgebrachten Belegen den Standpunkt
vertrat, dieselben könnten zwar auch auf Freie bezogen
werden, in der Regel aber sei die Tagelohnarbeit nicht durch
solche verrichtet worden.^) Er übersieht ganz, daß es da-
mals doch schon sehr viele arme Freie gegeben hat und
die Masse der Freien wirtschaftlich keineswegs gleich geartet
war, wie die ältere Juristenlehre behauptet hat.*)
So hat der Handel und die Verkehrswirtschaft gerade
in den Städten Anlaß zur Ausbildung besonderer Verhält-
nisse hier gegenüber dem flachen Lande doch geboten.
Diese Fremden standen zudem in einem anderen Rechts-
verhältnis als die Masse der Stadtbewohner selbst. Sie ge-
nossen Fremdenrecht und standen unter königlichem Schutz.^)
Den Juden war dieser durch besondere königliche Privilegien
zugesichert.^) Fremde werden sich gerade in den Märkten
und besonders den Städten eingefunden haben nicht nur des
Handels wegen, sondern auch weil sie hier am ehesten Unter-
kunft und Verpflegung durch öffentliche Anstalten gewinnen
konnten (diversoria, hospitia).'')
Diese fremden Kaufleute, welche zu Handelszwecken
in die Städte kamen, hatten schon seit der Merowingerzeit
besondere Abgaben, vor allem Zoll zu entrichten^), sofern
1) DWG. I *, 498. ^) Siehe oben S. 86flf.
») Zs. f. RG. 35, 468. *) Vgl. meine „Grundlagen" 2, 128 ff.
») Vgl. Waitz VG. 3-, 324 u. 4', 28 u. 44 f- 237.
«) Ebenda IV ^ 343 f.
'') Vgl. meine , .Grundlagen" 2, 412, sowie unten § 11 (t. Aufl.
2, 264) u. Waitz VG. 4"^, 24 f.
8) Vgl. Mühlbacher Reg." nr. 871 (842). Dazu Lechner für Worms,
Mitteil. d. Instit. 22, 558 n. 3.
— 132 —
er nicht durch königliches Privileg erlassen war, was zur
Anlockung fremder Händler und Belebung des Markt-
verkehrs doch geschah.^) Diese Kaufleute haben nun
bereits zur Karolingerzeit m. E. ein eigenes Kauf leute-
recht in den alten Städten, die sich aus der Römerzeit her
erhalten hatten, ausgebildet. Nicht nur, daß sich ein eigener
Zollbeamter in den Ffalzmärkten nachweisen läßt 2), die
negotiatores standen auch ähnlich wie die Gewerbe jener
Zeit^) unter der Aufsicht eines besonderen Beamten (ma-
gister).^) Auch von den Banngeldern und besonders dem
Heerbann waren sie ob ihrer besonderen Stellung zum König
befreit, ebenso auch von gewissen Fronden (Schar werk). ^)
Hier wird durch die besondere Privilegierung des Königs
vor- und ausgebildet, was dann im 10. Jahrhundert als „ge-
meines Recht der Kaufleute in den königlichen Städten" be-
zeichnet erscheint. Sehr deutlich tritt das im Wortlaut des
Privilegs Ottos I. für Hamburg vom Jahre 965 bezügUch der
Kaufleute in Bremen hervor.^) Denn hier wird wie in den zuvor
erwähnten karolingischen Privilegien für die negotiatores
besonders des Königsschutzes gedacht und in unmittelbarem
Anschlüsse daran eben bereits von einem förmlichen Kauf-
leuterecht gesprochen.^) Schon Waitz scheint doch die
Empfindung gehabt zu haben, daß da ein Zusammenhang
mit der Karolingerzeit bestehe.'') Daß man in der könig-
lichen Kanzlei selbst im 10. Jahrhundert dieses 'ius merca-
torium', mit welchem jetzt neubegründete Märkte bewidmet
wurden, als etwas Althergebrachtes ansah, beweist die Ur-
kunde Ottos III. für das Nonnenkloster St. Servaz in Quedlin-
burg, wo von demselben ausdrücklich gesagt wird, es sei
*) Vgl. besonders das Privileg Pippins f. St. Denis vom J. 753
MG. DD. Car. 6, sowie jenes Karls III. für Passau, Mühlbacher Reg.-
1738 (1691).
») Vgl. Waitz VG. 4', 45 n. 2, vgl. 3'. 549-
') Vgl. meine , .Grundlagen" 2, 425 ff.
*) Vgl. Form. Imp. 37 MG. FF. S. 315. ') MG. DDO. 307.
*) Ebenda MG. S. 422f.: negotiatores eiusdem incolas loci no-
strae tuitionis patrocinio condonavimus precipientes hoc im-
peratoriae auctoritatis precepto, quo in omnibus tali patrocinentur
tutela et potiantur iure, quali ceterarum regalium institores urbium . . .
') Vgl. VG. 5, 351 = 5->395.
— 133 —
bereits durch die Vorfahren Ottos III., Könige und Kaiser,
an Köln, Mainz, Magdeburg und ähnUche königliche Orte
zuvor verliehen worden.^) Es war jedenfalls schon zur Zeit
Ottos I. etwas" Fertiges, Ausgebildetes, und gerade der Um-
stand, daß es in Städten zuerst auftritt, die sämtlich schon
zur Karolingerzeit vorhanden waren, spricht ebenso dafür,
daß die Anfänge dazu bereits in dieser gelegt worden sind.
Halten wir uns diese Tatsachen vor Augen, so wird die
immer wieder aufgestellte Behauptung als unhaltbar er-
scheinen , daß die Städte der Karolingerzeit sich bezüglich
ihrer rechtlichen Stellung in nichts von den Dörfern unter-
schieden^), oder gar für die Bevölkerung derselben jeden-
falls dieselbe Gerichts- und dieselbe Gemeindeverfassung
wie nur irgendwo auf dem Lande gegolten habe.^) Gerade
in den alten Städten, in denen Bischöfe ihren Sitz genommen
hatten, war die Amtsgewalt des Grafen und seiner Unter-
beamten, w^elche auch H. Brunner gleichmäßig hier wie auf
dem flachen Land gelten läßt*), viel mehr beschränkt als
auf letzterem, da die Bischöfe und auch andere geistliche
Grundeigner in denselben (wie Klöster) frühzeitig Immunitäts-
rechte erworben haben und außerdem schon in der Karo-
lingerzeit auch durch andere königliche Privilegien (Zoll-,
Markt- und Münzrecht) gegenüber jenen eine selbständige
Stellung einnahmen. Wie immer man sich vor der Über-
schätzung d5r Ottonischen Privilegien für die Ausbildung
freier Stadtgemeinden wird hüten müssen, so viel ist sicher,
daß sie für die Ausbildung der Stadtherrschaft der Bischöfe
die allergrößte Bedeutung doch gehabt haben. ^)
Neben den geistlichen Immunitätsbezirken waren nun
aber, wie gezeigt worden ist, zur Karolingerzeit auch noch
andere privilegierte Bevölkerungskreise vorhanden, die Frem-
den und die Kaufleute. Auch sie nahmen, da sie unter
1) MG. DDO. III, 155(994): omnique in mercatorio iure, quod
antecessoriim nostrorum, regum scilicet et impcratorum industria
Coloniae, Magonti^, Magadaburch similibusque nostrae dicionis in
locis antea videbatur esse concessum.
^) R. Schröder RG. * 679, sowie v. Below passim.
*) So Keußen in Topographie d. Stadt Köln im MA. i S. 55*
(1910).
*) DRG. 2, 198. ^) Siehe oben S. iio.
— 134 —
Königsschutz standen, eine bevorzugte Stellung ein, beson-
ders auch im Gericht.^) Der Sonderschutz des Königs ge-
währte dem Privilegierten nicht nur das sog. Reklamations-
recht, seine Rechtshändel an den Hof des Königs zu dingen,
sondern auch einen höheren Sonderfrieden vermittelst des
Bannes, der auf Verletzungen des Schützlings und seiner
Rechtssphäre vom König gelegt M^ird. Der Friede schließt
nicht nur die Person, sondern auch das Vermögen des Be-
friedeten in sich und außerdem die von ihm abhängigen
Leute, für die er Haftung und Vertretung schuldet.') Wir
brauchen uns nun den „Stadtfrieden" nicht erst aus dem Burg-
frieden künstlich abzuleiten, wie dies Sohm getan hat^),
um den Königsfrieden in den Städten zu erklären.
Aber noch mehr. Von da aus wird sich nun auch die
Herstellung eines besonderen Stadtgerichtsbezirkes, welcher
eines der charakteristischen Merkmale des späteren Städte-
wesens darstellt, ungezv;ungen erklären, v. Below hat richtig
betont, daß die Städte sie in erster Linie deshalb verlangen
mußten, „damit das eigentümliche Leben, das in ihnen zur
Ausbildung gelangt war, erhalten blieb und sich weiter ent-
wickeln konnte. Das Stadtrecht ist das Recht eines freieren Ver-
kehrs, es ist die Weiterentwicklung des überkommenen Rechts
auf einer wirtschaftlich vorgerückteren Stufe. ^) v. Below meinte
noch, daß diese erst im 12. Jahrhundert anzusetzen sei, das
alte Recht mit keinem Handels- und Geldverkeßr gerechnet,
sondern die Bedürfnisse des bäuerlichen Lebens und der
Naturalwirtschaft befriedigt hätte. Ganz zutreffend aber
hob er doch hervor: „die Städte mußten, als sie aus diesen
Verhältnissen herauswuchsen, das Recht umbilden ; sie setz-
ten neben das Landrecht das Stadtrecht. Die Bürger ver-
langten den ausschließlichen Gerichtsstand vor einem Stadt-
gericht deshalb, weil sie nur von Personen, welche die
Kenntnis des städtischen Rechts besaßen, ihren Rechtsspruch
empfangen wollten".*) „Das aufkommende Städtewesen hat
auch seinerseits selbständig zur Auflösung der alten Gerichts-
') Brunner RG. 2, 50.
-) Die Entstehung des deutschen Städtevvesens S. 26 ff.
') Hist. Zs. 59, 207. *) Ebenda S. 208.
- 135 —
verbände mitgewirkt , ist selbst ein treibender Faktor in
diesem Zersetzungsprozeß gewesen: wie für die Bedürfnisse
der geistlichen und weltlichen Großen, so sind ebenso für
die Bedürfnisse der Städte besondere Gerichtsbezirke exi-
miert worden." ^)
Man hat aber hier doch zwei getrennte Entwicklungsstufen
zu unterscheiden: die ältere Exemtion der geistlichen und
weltlichen Großen, welche auf Grund königlicher Immunitäts-
privilegien erreicht ward u. zw. schon in der Merowinger-
und Karolingerzeit, und diese jüngere, welche sich gegen
die Rechte eben dieser, im lo. Jahrhundert zur Stadtherr-
schaft gelangten Immunitätsinhaber richtet^) und etwa seit
dem 12. Jahrhundert gewonnen wurde.
Zu beiden für die Entstehung von Städten im Rechts-
sinne hochwichtigen, ja geradezu entscheidenden Entwicklungs-
phasen sind die Ansätze und treibenden Keime doch schon
in der KaroHngerzeit gelegt worden : Einmal daß die Bischöfe
und Äbte seit Ludwig dem Frommen immer mehr politische
Bedeutung gewannen^) und ihnen dies insbesondere dann
für ihre Stellung in den Städten und Klöstern zustatten kam,
indem ihnen nicht nur Immunitätsprivilegien mit Königs-
schutz*), sondern in der 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts auch
bereits Markt- und Zoll- sowie Münzrechte vom König durch
Privilegien ^) verliehen wurden, so daß die berühmten Otto-
nischen Privilegien hier schon ihre Vorläufer besitzen — ander-
seits aber durch die Entfaltung von Handel und Verkehr sowie
») Ebenda S. 21^8 f.
*) So sagt ja auch v. Below a.a.O. 219: „oft werden die Städte
sich die Exemption haben erkämpfen oder durch Leistungen an den
Stadtherrn erkaufen müssen; öfter wohl noch wird der letztere
freiwillig und ohne Entgelt im wohlverstandenen eigenen Interesse
in die Herstellung des besonderen Stadtgerichtsbezirkes gewilligt
haben."
•^) Vgl. darüber Hauck, KG. i -, 497 ff.
*) Vgl. Brunner DRG. 2, 54 f.
^) So bereits 887 Karl III. an den Bischof von Langres, Mühl-
bacher Reg.* 1740; vgl. auch die Zurückstellung dieser unter Erz-
bischof Wigmad (f 791) der Kirche von Trier entrissenen Rechte
durch K. Ludwig IV. im J. 902. Ebenda 2002; dazu Hauck, Die
Ausbildung d. bischöfl. Fürstenmacht (1891) S. 45 sowie J. Lechner,
Mitteil. d. Instit. 22, 389.
— 136 —
die gesteigerte Bedeutung der Kaufleute seit ebendieser Zeit,
da Ludwig der Fromme schon und ebenso seine Söhne in
den Zeiten der Bürgerkriege, Teilungen und Parteikämpfe
immer mehr Geldmittel benötigten und auf die Kaufleute
als Kreditoren angewiesen waren. Es ist gewiß nicht zu-
fällig, daß damals gerade die Judenprivilegien auftreten, ja ein
besonderes Kapitulare über die Rechtstellung derselben
erlassen wurde. ^) Unter Ludwig dem Frommen wurden die
Märkte verlegt, auf daß der jüdische Sabbat nicht gestört
würde. ^) Dazu aber muß gehalten werden, daß unter eben-
diesem Kaiser auch die erste Verleihung des Münzrechtes
(an Korvey) erfolgte, u. zw. mit der bezeichnenden Be-
gründung, daß die betreffende Gegend einer Münze bedürfe.^)
Auch die Gewerbe sind hier ja zugleich mit zu berück-
sichtigen, da auch die Gewerbsleute zufolge des z. T. bestehen-
den direkten Absatzes an die Kunden zu den Händlern, bzw.
Krämern gerechnet wurden.*) Im lo. Jahrhundert wird doch
das früher erwähnte Kaufleuterecht (ius mercatorium) mit-
unter auch als ius institorum bezeichnet.^) Auch die Ge-
werbe haben ja im 9. Jahrhundert einen lebhaften Aufschwung
genommen, wie das nächste Kapitel zeigen soll.
Gerade bei diesen Kaufleuten und Händlern (einschließ-
lich der Gewerbetreibenden) bemerken wir nun schon in
der Karolingerzeit die Tendenz zu festerem Zusammenschluß.
Die Anfänge sowohl des Gilde- wie Zunftwesens gehen
in dieselbe zurück. So verschieden man auch die in den
Capitularien Karls des Großen verbotenen 'gildonia" und
Schwurgenossenschaften (coniurationes) auffassen mag**), so
sind, auch wenn diese nicht dazu in Beziehung gesetzt werden
dürfen, doch Vereinigungen von Kauffahrern gemeinsamer
^) Vgl. Bruniier RG. i ^, 404, -) Waitz VG. 4^, 47 n. 3.
^) Siehe oben S. 114.
*) Vgl. Waitz VG. 5, 357 und v. Below, Großhändler U.Kleinhändler
im deutschen MA., Jbb. f. Nationalökon. 75, 5u. 47 f. sowie auchViertel-
jahrschr. f. Soz. u. WG. 7, 432 n. 2.
«) Vgl. Waitz VG. 5 -, 395.
f') Vgl. Waitz VG. 4-, 434 ff. Wilda, Das Gildenwesen im MA.
1831. Hartwig, Untersuchungen über d. ersten Anfänge d. Gilde-
wesens, Forsch, z. D. Gesch. i, 133. A. Meister, Festschr. f. H. Grau-
ert 1910.
— K^7 —
Fahrt gerade im Gebiete der späteren Hansa für das 9. Jahr-
hundert ebenso bezeugt ^) wie eine Transportorganisation (so-
cietas parafridorum) in Worms. ^) Kann ferner auch der Gilde
nicht die entscheidende Bedeutung für die Bildung der städti-
schen Gemeinde und ihrer Organe zuerkannt werden, wie ältere
Forscher dies wollten, und hat keine die gesamte Bürgerschaft
umfassende Gilde existiert ^), so war doch dieser Zusammen-
schluß sehr wohl geeignet, die wirtschaftlichen Sonderinter-
essen der Kaufleute zu vertreten und zu schützen.*) Schon
Maurer hat aus dem Umstände, daß in dem Verbote Karls
des Großen doch solche Gilden, welche zu gegenseitiger
Unterstützung bei Schiffbruch dienten, zulässig erklärt wur-
den, den Schluß gezogen, daß darin wahre Handelsgilden
zutage träten.^) Der ,Einwand von Belows, die Gilde hätte
diese Wirkung bereits auf die Bauerngemeindc üben können,
da das Alter der Gilden unendlich weit vor das Aufkommen
der Stadtverfassung zurückreiche ") , erledigt sich einfach
damit, daß dort in der Landgemeinde eben gar nicht solche
Interessen eines größeren Kreises von Kaufleuten und Händ-
lern vorhanden waren wie hier. Gehören aber die Anfänge
der Stadtverfassung nicht erst ins 12. Jahrhundert, wie
V. Below meint, dann liegt auch das Aufkommen der Gilden
nicht mehr „unendlich weit" vor jener, sondern diese er-
scheinen gleichzeitig wirksam.
§ 10.
Das Gewerbe.
Die Überschätzung der wirtschaftlichen Bedeutung der
großen Grundherrschaften hat die Auffassung und Dar-
stellung der Verkehrs wir tschaft in der Karolingerzeit
überaus nachteilig beeinflußt. Vorab das Gewerbe ist —
*) Vgl. Alex. Bugge, Vierteljahrschr. f. Soz. u. WG. 4, 274 (1906) :
Limerickfahrer ! Dublinfahrt. ^) Waitz VG. 4-, 17.
') Vgl. V. Below, Stadtgemeinde, Landgemeinde u. Gilde. Viertel-
jahrschr. f. Soz. u.WG. 7, 427 ff.
*) Vgl. auch Seeliger, Studien z. ältesten VG. Kölns (1909) S.99.
* ^) Vgl. Waitz VG. 4 ^ 435 n. i.
") Vierteljahrschr. f. Soz. u. WG. 7, 444, vgl. auch 440 n.
- 138 -
worauf ich schon einleitungsweise hingewiesen habe^) — '
durchaus als eine Pertinenz der Fronhöfe angesehen worden.
In deutlicher Anlehnung an G. L. v. Maurer und K.W. Nitzsch
stellte V. Inama-Sternegg den Satz auf, die Gewerbe hätten
sich zwar in dieser Periode zweifellos zu ungleich größerer
Mannigfaltigkeit entwickelt, aber ihre vorzüglichste Ver-
tretung jedenfalls nur auf den Palatien der Könige und den
großen Herrenhöfen der Grundherren gehabt.'^) Bekannt ist,
wie die älteren Ansichten, besonders K. W. Nitzsch', dann
in einer gründlichen Revision durch G. v. Belows Abhandlung
über die Entstehung dez Handwerks in Deutschland *) viel-
fach berichtigt worden sind. Hier und in der anschließenden
Arbeit Keutgens*) erscheinen auch für die Gewerbe der
Grundherrschaften wichtige Ausführungen geboten, vor-
nehmlich was die Verfassung derselben und den sozialen
Charakter der Handwerker anlangt. Allerdings haben diese
Untersuchungen weniger die äußere und materielle Ge-
schichte der Gewerbe zum Gegenstande. Nicht mit Unrecht
hatte schon Bücher ganz allgemein betont^), daß die Betriebs-
weise des mittelalterlichen Handwerks „kaum genauer unter-
sucht worden ist".
Reiche Quellennachw'eise, besonders auch aus dem deut-
schen Sprachgute, bot dann das Werk Moritz Heynes,
welches 1908 aus dessen Nachlasse von B. Crome heraus-
gegeben wurde. '^) Es ist, wiewohl in erster Linie vom
philologischen Standpunkt aus verfaßt, auch dem Wirtschafts-
historiker sehr wertvoll. Immerhin wird sich der Kreis der
hier neuerschlossenen Belege für die Karolingerzeit noch
erweitern lassen. Im folgenden soll versucht werden, bei
Zusammenfassung des bisher Geleisteten, noch einzelne
mehr versteckte Nachrichten, z. T. auch mit indirekter Ab-
leitung zur Ergänzung des Bildes beizusteuern. Bei der
Dürftigkeit der Zeugnisse aus dieser älteren Zeit muß ja
jeder neue Hinweis willkommen sein, zumal er — ist einmal
1) Im I. Bande S. 8. ^) DWG. i, 422 == 1 ^ 571.
') Ztschr.f.Soz.u.WG.5, i24ff. (1896). *) Ämter u. Zünfte (1903).
'■) Die Entstehung der Volkswirtschaft. 5. Aufl. S. 156,
*) Das altdeutsche Handwerk. Straßburg, Trübner.
— 139 —
ein sicherer Anhaltspunkt vorhanden — durch die Spezial-
und Lokalforschung dann evtl. noch erweitert und vertieft
werden kann. Auch hier kann ja das testimonium ex silentio
keineswegs uneingeschränkt gelten, auch hier sind die er-
haltenen Quellen durchaus einseitig, d. h. grundherr-
schaftlich geartet.
Da in den letzten Jahren ferner verschiedene Mono-
graphien über einzelne Gewerbe erschienen sind, die manches
Neue auch für diese Zeit enthalten, und endlich die Arbeiten
V. Belows und Keutgens auch Gegenäußerungen hervorgerufen
haben — , ich erinnere nur an Seeligers Bemerkungen^)
sowie den Aufsatz von Philippi^) und W. Müllers Abhand-
lung^) — so erscheint damit heute der früher überaus
dürftige Stand der Forschung auf diesem Gebiete doch
wesentlich gefördert und erweitert.
Eben durch diese Aufklärungen wird es nun auch
möglich sein, die zuletzt besonders lebhaft gewordene
Kontroverse über den Charakter dieser Gewerbe und des
Handwerks überhaupt*) einer Lösung näher zu bringen.
Vorerst nun ein Blick auf die äußere Geschichte der
Gewerbe, das Auftretender einzelnen von ihnen in dieser Zeit.
Kurz und einfach ist deren Liste in der deutschen Wirtschafts-
geschichte bei Inama-Sternegg abgetan.^) Nur drei Gewerbe
werden da besprochen: das ^Nletallgewerbe, die Weberei und
das Baugewerbe. Mit Recht wies v. Inama darauf hin, daß
bei dem Metallgewerbe bereits eine reichliche Arbeits-
teilung und Spezialisierung in dieser Zeit eingetreten sei.^)
Aber das, was er sonst noch darüber sagt, ist doch sehr
dürftig geraten. Beachtung verdient auch, was P. Giemen
bei der Darstellung der merowingischen und karolingischen
Plastik über die Metallurgie dieser Zeit ausgeführt^) und
^) Staat und Grundherrschaft in der älteren deutschen Ge-
schichte, Leipzig 19c 9 S. 9 ff.
*) Die erste Industrialisierung Deutschlands, Münster 1909.
') Zur Frage des Ursprunges der mittelalterl. Zünfte (Leipz. hist.
Abh. 22.) 19 10.
*) Vgl. darüber meine „Grundlagen", 2, 395 ff., sowie unten S. i6i if.
°) I, 422'= I 2, 571.
') In den Jahrbb. d. Ver. von Altertumsfreunden im Rheinlandc
((892) 92, 4 5 ff.
— I40 —
neuestens M. Buchner über Einhard als Künstler bemerkt
hat.^) Ausführlich hat Heyne darüber sich außerdem ver-
bereitet.
Wir werden da zunächst das Eisen- von dem Edel-
metallgewerbe zu unterscheiden haben. Daß bei ersterem
die Anforderungen und der tatsächliche Bedarf sowohl durch
die Kriegsausrüstung wie die Eandwirtschaftsgeräte eine
bedeutende Steigerung jetzt erfaliren haben, ist bereits zur
Genüge betont.^) Freilich nur aus den allgemeiner ge-
haltenen Bestimmungen der Kapitularien. Nicht übersehen
sollen fürderhin auch die interessanten Stellen werden, die
Prosa und Dichtung jener Zeit doch viel lebensvoller noch
bieten. Nach Ermoldus Nigellus wurden die Pflüge zur
Ackerbestellung regelmäßig aus Eisen angefertigt ^), es
müssen auch Messer ebenso zu den gewöhnlichen Erzeug-
nissen der täglichen Produktion gehört haben. ^) Die Messer-
industrie scheint besonders auch in England betrieben
worden zu sein, wie wir einem von dort an Lull von Mainz
gerichteten Briefe aus der Zeit von c. 732 — 46 entnehmen.
Indem der Absender einen silbernen Haarkräusel und 4 Messer
als Geschenke spendet, heißt es von diesen: iiostra coii-
suetudme factos}) Aus den Erzählungen des Mönches von
St. Gallen aber geht hervor, daß nicht nur Schwerter und
Brünnen, sondern auch Beinschienen aus Eisen damals schon
ganz allgemein im Gebrauch standen.^) ¥/ie ausgiebig das
^) Ztschr. d. Aachener Gesch. -Ver., 50. Bd.
'^) Inama WG. i, 423 = i '-, 573; vgl. auch Heyne S. 51.
^) MG. Poet. lat. 2, 70 v. 447 f. Siferrtmi ßierit,fortassis ad arva
colenda sufficit, et adtros inde fahrire iube; vgl. dazu auch den Mönch
V. St. Gallen IL 18 MG. SS. 2, 761.
*) MG. Epp. 3, 339 Z. 15; vgl. ebenda 406 Z. 18 (764): Der Bischof
v. Winchester sendet u. a. an Lull auch 20 Messer.
^) II c. 17: MG. SS. 2, 759: Ttinc visus est ipse ferrcus Karolus,
ferrea galca crisiaius, f er reis manicis armillatus, ferreo torace ferreum
pectus htimerosqiie platonicos tutatus, hasta ferrea in altum subrecta
sinis/ram implctiis, natu dextra ad invictitni calihem semper erat extenta ;
coxarnm celeriora, qiiae propter faciliorem ascenstim in aliis söhnt lorica
nudari, in eo fcrreis amhiebantttr bratteolis. De 0 er eis quid die am?
Qiiae et cunc 1 0 exercitui solebant ferreae semper esse usui.
— 141 —
Eisen zu seiner Zeit für die verschiedenen Einzelteile der
Rüstung, u. zw. auch der Streitrosse, verwendet wurde, zeigt
seine poetisch verklärte Schilderung von den in Eisen star-
renden Heeressäulen, mit denen Karl der Große dem Lango-
bardenkönig Desiderius in Italien bange Furcht einjagte.^)
Ein förmlicher Hochgesang auf das Eisen! Aber auch das
freilich paränetisch gedachte Geschichtchen von Ludwigs d.D.
Bevorzugung des Eisens gegenüber dem Edelmetall verdient
hier erwähnt zu werden.^) Ja selbst in übertragenem Sinne
war die Vorstellung der „eisernen Zuchtrute" bereits damals
geläufig.-^)
Man gewinnt doch gerade durch solche, aus dem tat-
sächlichen Leben heraus entstandene Reflexe eine konkrete
Vorstellung von dem Umfange der Gewerbeproduktion,
welche sie zur allgemeinen Voraussetzung haben. Dazu
kommt, daß auch die vorschriftsmäßige Ausrüstung der
gewöhnlichen Kriegs- und Heerwagen Eisenarbeit und ver-
schiedene Eisengeräte in sich schloß.*) Über die landwirt-
Es ist also nicht zutreffend, wenn jüngst W. Erben (Hist. Ztschr.
loi, 324) die Annahme H. Delbrücks (Gesch. d. Kriegskunst 3, 4), daß
eiserne Beinschienen damals regelmäßig in Verwendung standen, als
nicht quellenmäßig belegt hingestellt hat.
*) Ebenda a.a.O.: In clipeo nihil appariiit nisi ferrum. Cahalhis
quoqtie illius aninio et colore ferriim renitebat. Quem habitum cuncti
praecedentes, nniversi ex lateribus ambientes, omnesgue sequentes et totus
in comimine apparatus iuxta possibilitatem erat imitatus. Ferrum campos
et plateas replebat ; sdlis radii reverberabantur acte ferri; frigido ferro
honor a frigidiori deferebaiur populo ; splendidissimtmi ferrum horror
expalluit ^laacarum. O ferrum ! heu ferrum ! clamor confusiis insotiuit
civium. Ferro contremuit firmitas murorum et iuvenum consilium ferro
deperiit seniorum.
'^) Ebenda S, 76 1 c. 1 7 : Quantum vero aprimeva aetate tisque ad septua-
gesimum annu?n ferro gauderet invictissimus Hludowicus, quantum ante
Nordmannorum legatos spectaculitm de ferro faceret, melius hoc vobis
scientibus repUcabo, sowie ebenda c. 18: Tiinc legati semet aspectantes
et ad alierutrum obstiipescentes : O utinam, inquiunt, principibus nostris
tam vile videretur aurum et ferrum tarn praeciosum !
^) Vgl. MG. FF. 398 nr. 3 Var. : in virga ferrea regendo. Vgl.
auch aus Passau Mon. Boica 28, 28 nr. 30 (812): firmiores sunt ferro,
*) MG. Capit. I, 171 c. 10(801 — 13), sowie 2,5 (828), dazu Capit.
de villis c. 42 u. 68.
— 142 —
schaftlichen Geräte aus Eisen (Beile, Bohrer, Kessel, eisen-
beschlagene Fässer, Sensen, Pflüge, Ketten, Hacken, Wagen
u. a.) unterrichten für Deutschland das Inventar von Staffel-
see ^), jenes von Bergkirchen (Freising) ^), sowie die Notiz
über den Fuldaer Hof zu Kissingen (Chizzeche).^) Eiserne
Pflüge werden auch in dem Weißenburger Urbar*) und in
St. Galler Urkunden ^) als Zins von Hintersassen genannt.
Man sieht, Erzeugnisse des Schmiedegewerbes waren all-
überall vorhanden. Die bekannten und oft zitierten Waften-
ausfuhrverbote Karls des Großen zeigen, daß die Eisen-
industrie bereits auf Export hinarbeiten konnte.^)
Ganz ebenso entwickelt haben wir uns aber auch für
jene Zeit die Edelmetallverarbeitung zu denken. Nicht
uur, daß eigene Gold- und Silberarbeiter neben den Eisen-
schmieden und Schildmachern erwähnt werden, deutet darauf
hin.'^) Nicht nur, daß der König solche zur Mehrung seines
Schatzes, die Kirche sie bei Anfertigung von Kunstwerken
zu Ehren Gottes und der Heiligen in den zahlreichen Kirchen
und Kapellen verwendete.*) Gewiß haben die Paramente
und Devotionalien, Antipendien und Reliquienschreine, welche
im Auftrag der Kirche hergestellt^), aber sicher auch von
Privaten an sie oft geschenkt wurden, dem Kunstgewerbe
umfassenden Nährboden geschaffen und es vor neue größere
Aufgaben gestellt.^*')
Zahlreiche Glocken wurden jetzt in den überall neu
errichteten Kirchen und Kapellen benötigt, die Glocken-
gießerei vermochte sich daher zu einem selbständigen Ge-
M MG. Capit. i, 252 c. 7.
^) Bitterauf a. a. O. nr. 652 (842).
*) Dronke, Traclit. Fuld. S. 127 nr. 48.
*) Zeuß, Tradit. Wizz. S. 274 nr. 2.
*) Wartmann ÜB. v. St. Gallen i nr. 305 u. 332.
•) Vgl. E. Geßler, die Trutzwaffen der Karolingerzeit (1908)8. 153 f.
') So Inama WG. i, 422.
*) Darüber das Nähere bei Heyne a. a. O. S. 54 u. 56.
") Heyne a. a. O. 59.
^°) Vgl. im allgemeinen P. Giemen, Die merowingische u. karol.
Plastik a. a. O. S. 46 ff., sowie neuestens R. Karcher, Das deutsche
Goldschmiedehandvverk bis ins 15. Jahrh. (Beitr. z. Kunstgesch: NF. 37
(1911) S. 28 f.)
— 143 —
werbe auszubilden.^) Nicht nur aus Kupfer und Zinn ward
die Glockenspeise gefertigt, auch Silber kam mit in Ver-
wendung. Das zeigt jene scheußliche Anekdote des Mönches
von St. Gallen über den Täuschungsversuch, den ein be-
rühmter Erzgießer an Karl dem Großen verübte. Um den
wundervollen Ton einer von einem St. Galler Mönche ver-
fertigten Glocke noch zu überbieten, habe er zum Guße viel
Silber verlangt, dann aber statt desselben Zinn verwendet
und jenes für sich behalten. 2) Auch aus der Privatkorre-
spondenz jener Zeit kann man weitere Belege für das Interesse
an den Glocken entnehmen.^)
Femer ist die Messingindustrie, deren Existenz in
der Karolingerzeit Heyne noch in Abrede stellte*), nach den
neuesten Darlegungen Peltzers bereits damals vorhanden.^)
Die Auffindung der Gußformen für die berühmten Gitter
des Aachener Münsters*) im Jahre 1913 haben die früher schon
erkannte Bedeutung der Aachener Gußhütte in der Zeit der
Karolinger'^) erst recht hervortreten lassen.
Endlich werden auch Zinnarbeiten in den Inventaren
kirchlicher Grundherrschaften angeführt.^) Daß die Ver-
arbeitung des Zinns zu Gefäßen erst im späteren Mittelalter
häufiger geworden sei, wie Heyne annimmt^), möchte ich
auch bezweifeln. In den Freisinger Quellen kommen Kelche
und andere kirchliche Geräte (Capsa, patena, Kreuze) doch
auch aus Zinn vor^"), was Heyne übersehen hatte. An-
scheinend wurden Zinngeräte für den gewöhnlichen Werk-
1) Vgl. Otte, Glockenkunde 2. Aufl. S. 9 n. 2 u. S. 79.
2) I. 29 MG. SS. 2, 744.
') Vgl. den Brief Bonifaz' an den Abt von Newcastle (744 — 47)
MG. Epp. 3, 348 nr. 76, sowie auch Bitterauf nr. 652 u. 654 (Freising).
*) A. a. O. S. loi.
*) Die Gesch. d. Messingindustrie u. d. künstl. Arbeiten in Messing
(Dinanderies) Aachen 1909 (SA. aus d. Ztschr. des Aachener Gesch.-
Ver. XXX); vgl. auch Pinchart, Hist. de la Dinanderie, Bull, des Com-
missions royales d'art et d'archeolog. Bruxelles 13, 482 ff. (1874).
*) Schmidt in Zs. d. Aachener Gesch. -Ver. 35, 401, sowie auch
M. Buchner ebenda 50. Bd. über Einhard als Künstler.
') Vgl. E. aus'm Weerth in Bonn. Jbb. 78, 155 ff.
») MG. Capit. I, 251 c. 3 (Staffelsee). "> A. a. O. S. 61 n. 205.
'") Bitterauf nr. 652 u. 654 (842).
— 144 —
tagsgebrauch verwendet, da sie bei Gefäßen derselben
Kategorie hier neben goldenen angeführt werden.^)
Wir werden uns die Edelmetallgewerbe im ganzen doch
viel entwickelter vorstellen müssen.
Man hat gar nicht berücksichtigt, daß die Quellen der
KaroUngerzeit immer wieder von einem ganz ungeheuren
Aufwände und Luxus sprechen, der gerade an Er-
zeugnissen des Kunstgewerbes vorhanden war.^) Am
rührendsten und in seiner naiven Einfachheit wohl am über-
zeugendsten hat der Verfasser der Lebensgeschichte der
hl. Hathumod von Gandersheim die allgemeine Sucht der
Frauen nach kostbarem Schmuck geschildert. Um recht
drastisch darzutun, wie diese Äbtissin aus vornehmem Hause
den Freuden der Welt abhold war, zählt er uns einzeln auf,
wonach die Eitelkeit der Frauen in der Karolingerzeit gelüstete.
Und diese Liste ist verhältnismäßig stattlich ausgefallen :
Golddurchwirkte Gewänder, kostbare Kopfbedeckungen und
Binden, Haarkämme und Ohrringe, Mondchen (Broschen),
Halsketten und Armbänder, Fingerringe, Gürtel und Riech-
fläschchen werden besonders erwähnt.^) Dieser Luxus war
aber nicht etwa bloß in den Kreisen der Vornehmen verbreitet,
dem Hathumod und wohl auch der Autor selbst angehörten,
wir erfahren hier zugleich, daß ihr freiwillig solche Schmuck-
sachen dargebracht, bzw. je nach dem Vermögen und
Stand der Eltern angeboten wurden. Sie waren also allge-
mein. Und dazu stimmt vortrefflich,was wir sonst aus den Quellen
jener Zeit entnehmen können. Auch aus den Briefen Alchvins
geht hervor, daß man viele kostbare Ringe trug.*) Goldene
Ohrringe und Spangen werden in zwei Traditionsurkunden
für das bairische Kloster Schäftlarn erwähnt.^) In der
St. Galler Formelsammlung aber ist u. a. ein Stück er-
1) Darauf deutet auch die Vita S. Benedicti Anian. MG. SS. XV,
204 c. 5.
-) Vgl. dazu auch M. Heyne, Deutsche Hausaltertümer 3, 327 fif.
*) MG. SS. 4, 167 c. 2: iia7n vestes auro paratas, mitras, vittas,
discriminalia, inaures, lunulas, tnonilia, armillas, dextraliola, strophia
et olfactoriola, ad quae vel habenda vel porlanda plnrimarum fcminartim
inarde'snt ambitio, et ultr 0 secundtim parentu m fa cjiltatetn et
dignitat em ob lata, susciperc recusavit.
*) MG. Epp.4, 441 (793—804). °) Mon. Boica 8, 370 u. 371 (806).
— 145 —
halten, nach welchem ein Laie seinem Sohn sein Erbgut
gegen ein Wehrgehenk aus Gold, das mit Edelsteinen ver-
ziert war, verkaufte; es erscheint der stattlichen Summe von
60 Solidi gleichgesetzt.^) Auch der Mönch von St. Gallen
weiß von Ludwig dem Deutschen in seiner Art eine recht
sarkastische Verspottung dieses Luxus zu erzählen.^) Offen-
bar haben ihn auch die Männer getrieben. Und diese Quellen-
nachrichten finden nun ihre entsprechenden Belege durch
die Ergebnisse von Ausgrabungen, die an verschiedenen
Stellen Deutschlands, wie z. B. 1884 — 5 zu Mertloch in der
preußischen Rheinprovinz gemacht worden sind; sie haben
eine große Anzahl von karolingischen Goldschmiedearbeiten
(Fibeln, Gürtelschnallen, Ringen u. a. m.) zutage gefördert.^)
Damit gelangen wir bereits zu jenem anderen Gewerbe
hinüber, das gleichfalls schon von alters her in Deutschland
geübt wurde, der Weberei.*) Es ist ja zur Genüge bekannt
und immer wieder hervorgehoben worden, daß in den Frauen-
häusern (Gynäceen) der Fronhöfe Gewebe mannigfacher Art
hergestellt wurden.^) Den älteren Stand der Forschung
hatte 1879 G. Schmoller in seiner berühmten Geschichte der
Straßburger Tucher- und Weberzunft zusammengefaßt. Da-
nach hätte es sich wesentlich um Leinengewebe, Leinwand
gehandelt. Sie sei der vorherrschende Kleidungsstoff, aber
bloß der Vornehmen gewesen. Auch Wollstoffe kämen zwar
vor, aber doch nicht sehr zahlreich. Die Lieferung von
fertigen Leinwanden durch die Hörigen sei sehr selten, die
^) MG. 4" LL. Sect. V, 405 nr. 13 u. 14: balteo ex auro et lapidibus
preciosis effecto.
-) MG. SS. 2, 761 (2, 17): Quod si quisqtcam. inferioru77i, disciplinae
illius ignarus, aliquid de serico, auro vcl argento circa se habens . . .
incurisset . . . his verbis increpatus ... O te bis aureum eccuml 0 tt
argenteuvi ! 0 te totu7?i coccineum !
') Vgl. A. Essenwein, Karoling. Goldschmiedearbeiten in d. Mitt.
aus d. germ. Nat.-Mus. i (1886), 137 ff.; dazu auch für Belgien C. Bamps
et A. Bequet, Decouverte de bijoux Carlovingiens ä Hasselt, Ann. Ac.
Arch. Belg. 5. Ser. t. i (1898), im allgemeinen O. v. Falke, Illustrierte
Gesch. d. Kunstgewerbes i, 2i7ff. (1907/8), sowie d. Art. ,, Goldschmiede-
kunst" von Th. Hampe in Hoops Reallexikon d. germ. Altertums-
kunde 2, 292 ff. (1913 — 15), auch Art. ,, Fingerring", ,, Schmuck" von
Schnittgen ebenda Soff., sowie Nachträge.
*) Vgl. Heyne a. a. O. S. 33 ff. ^) Inama DWG. i, 423 = i -, 574.
Dop seh, Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit. II. 2. Aufl. 10
— 146 —
von Wollstoffen finde sich nur am Niederrhein, dort habe
sich am frühesten die deutsche Wollweberei ausgebildet.
Die Urkunden, welche uns die gelernten Arbeiter unter den
Mönchen oder den männlichen Hörigen der Fronhöfe des
9.' — II. Jahrhunderts aufzählen, ließen den Weber oder Woll-
arbeiter ganz vermissen. Vor dem Jahre 1090 sei keine
Erwähnung von Webern als klösterlicher Hintersassen zu
finden. Die Verarbeitung des Hanfes, des Flachses und der
Wolle, jedenfalls das Spinnen und Weben trete in dieser
ganzen älteren Zeit, wie ja auch überwiegend im Altertum
ausschließlich als häusliche Tätigkeit der Frauen auf.^)
Wir können heute genaueren Einblick gewinnen. Fertige
Gewebe sind zur Karolingerzeit in verschiedenen Urbaren
bereits als regelmäßiger Zins verzeichnet. So am Oberrhein
in den Weißenburger Quellen 2), so in Thüringen nach den
Fuldaer Urbaren.^) Hier kommen neben Zinsen an Schafen
auch solche von Tuchen vor mit der charakteristischen
Wendung: siait est consuctitdo in Thuringia.^) Bei den
Friesen und Sachsen, wo sie ja besonders alt sind, weist
sie dasselbe Urbar eben wieder aus.^) Aber auch im
Württembergischen ^), im heutigen Baden '') und in Hessen ^)
ist das gleiche zu belegen. Und in Bayern sind die Woll-
stoffe (sarcile) ebenso regelmäßige Abgabe^) wie die Leinen-
hemden (camisile).-^") Desgleichen auch in Alemannien.^^)
^) A.a.O. S. 358 — 361. Ebenso Inama DWG. 1,423=1 2, 574 u
K. Bücher a. a. O. S. 106. Auch AI. Schulte, Gesch. d. mittelalterlichen
Handels u. Verkehrs i, 70.
-) Zeuß, Tradit. Wizz. S. 274 ff. (camisile, sarcile cum fasciolis).
^) Dronke, Tradit.' Fuld. 55 nr. 3 (lodices), 117 nr. 16 u. a. m.
*) Ebenda 123 nr. 62, Die Quelle ist wohl etwas jünger, vgl.
Edw. Schröder in Mitt. d. Instit. 33, i2off. (1912).
^) Ebenda 102 nr. 114: palla lanea cana, sicut mos est ihi dare.
*) Weißenburger Urbar a. a. O. 295 nr. 233 (Hemmingen): sarcile I
de lana dominica.
'') Ebenda 296 nr. 235 Yioo^cdwxz&n'. sarcile I de propria lana{= Hoch-
hausen a. Neckar AB. Mosbach, vgl. Harster Progr. Speier 1894 S. 79).
^) Lorscher Urbar Cod. dipl. Lauresham. 3, 218 nr. 3675 (Flage-
stat = Florstadt): de opera donmtica cajnisilia 27, sarciliai'^\i.
*) Vgl. das Inventar von Staffelsee MG. Capit. i, 252 c. 8, sowie
Bitterauf a. a. O. nr. 867 (860—75).
^*') MG. Capit. I, 252 c. 8, sowie Bitterauf nr. 469. 513 b. 652. 660.
") ÜB. St. Gallen 2, 120. 255. 283 nr. 681.
— 147 —
Man wird daher wohl nicht zu weit gehen, wenn man
behauptet, daß sowohl die Leinen- wie die Wollweberei
schon zur Karolingerzeit ganz allgemein in Deutschland
verbreitet war, so zwar, daß fertige Produkte beider zur
regelmäßigen Bekleidung der Bevölkerung gehörten.^) Schon
Klumker hat auf verschiedene Stellen aus Kapitularien hin-
gewiesen, nach welchen nicht nur das Schafescheren damals
bekannt, sondern auch die gewöhnliche Ordenstracht der
Mönche aus Wolle hergestellt war.^) Das sagt uns übrigens
der Mönch von St. Gallen ganz ausdrücklich, da er erzählt,
es habe wegen der Abneigung Ludwigs des Deutschen
gegen allen Kleiderprunk niemand gewagt, im Feldzug etwas
anderes zu tragen als seineWaffen nebst wollener und Unnener
Kleidung.^) Einzelne Stücke der Formelsammlungen, die
am besten das tägUche Leben abspiegeln, bezeugen, daß
eine Mehrzahl von leinenen und wollenen Gewändern als
gewöhnlicher und regelmäßiger Bedarf der Laien-
bevölkerung betrachtet wurde.*) Tücher aus Linnen wie
aus Wolle erscheinen bereits in der Pertinenzformel von
Traditionsurkunden. ^)
Auch der Umstand, daß in St. Galler Urkunden Klei-
dungsstücke (vestimenta oder v. nova!) beim Grundzinse als
^) Vgl. E. Kober, Die Anfänge des deutschen Wollgewerbes (in
G. V. Belows u. Fr. Meineckes Abhandl. z. mittleren u. neueren Gesch.
Heft 8) 1908 S. 31.
-) Der friesische Tuchhandel zur Zeit Karls d. Gr. u. sein Ver-
hältnis zur Weberei jener Zeit S. 34. Dazu noch die Ordnung Ludwigs
d. Fr. über die Bekleidung der Mönche von 817 MG. Capit. i, 345 c. 22.
^) II. 17 MG. SS. 2, 761 c. iT.ut ?mllus qui eins agnitione et doctrina
dignus videbatur, aliquid in exercitu contra liostem, nisi tatitum arma
miliciae et lanea vestimenta cum lineis portare praesumeret ; vgl. dazu
auch seine Schilderung der altfränk. Tracht I 34 (ebenda 747). Der
Mantel gehörte schon in der ersten Hälfte des 8. Jahrh. zur gewöhn-
lichen Kleidung der Laien MG. Capit. i, 26 c. 7.
*) Vgl. in der interessanten St. Galler Formel (MG. FF. 405
nr. 15), durch die ein Tradent sich Leibzucht für sein Alter aus-
bedingt, u. a. : Omnibus annis duo vestimenta linea et totidem lanea . . .
tertio quoque anno sagum . . mihi provideant . . . et fasciolas crurales.
Dazu die Urkk. von 816 u. 873 ÜB. St. Gall. i, 211 nr. 221 u. 2, 185 nr. 572.
*) ÜB. v. St. Gallen 2, 47 (854): trappis sive lineis sive laneis, dazu
Capit. de Villi s c. 42,
10*
— 148 —
Zahlungsmittel zulässig erscheinen ^), deutet m. E. auf eine
größere Produktion hin (Hauswerk),
Die Verallgemeinerung dieses Gewerbes erklärt wohl
auch, daß es sich mindestens stellenweise bereits zum Kunst-
gewerbe entwickelt hatte. Der Luxus, von dem wir beim
Edelmetallgewerbe schon vernomm.en haben ^), muß eben
hier noch viel größere Dimensionen angenommen haben.
Schon Bonifaz eiferte gegen die Gewänder, in welche aller-
hand Tierleiber nach iro-schottischer Art gewirkt waren. ^)
Alchvin nimmt wiederholt Stellung gegen die pompa vesti-
mentorum, den inanis vestimentorum cultus, die Pracht
seidener und farbiger Gewänder.*) Ja sogar das Konzil von
Aachen 8i6 beschäftigte sich auch damit und verbot speziell
den Äbtissinnen: vestes sericeas induendi attt poinpis vanis
inserviendi})
Ein konkretes Beispiel für den Gebrauch seidener Frauen-
gewänder in Bayern bieten die beiden Traditionsurkunden
für Schäftlarn vom Jahre 806.^)
Nun dürften ja freilich die Luxusstoffe, welche also in
Verwendung traten, guten Teils nicht heimisches Produkt,
sondern Importartikel gewesen sein. Der Mönch von
St. Gallen sagt es uns in jener grotesken Anekdote von
der Bestrafung des Kleiderprunkes der Großen durch Karl
den Großen. Ihre kostbaren Seiden- und Purpurgewänder
mit den Bälgen seltener Vögel (Phönix und Pfauen) auf-
geputzt und wertvollen Fellen (Hermelin) verbrämt, seien
aus dem Orient bezogen worden.'')
Neben diesem war es besonders England, das die
Kleidermode der Franken beeinflußte. Bekannt ist ja die
Erzählung desselben Novellisten, wie Karl der Große gegen
1) Vgl. Z..B. St. Gall. ÜB. i nr. 95. 96. 283.
-) Siehe oben S. 144.
3) MG. Epp. 3, 355 1', dazu Heyne a. a. O. S. 65.
*) Ebenda 4, 80 ^ 441 ^^ u. 375 1»; vgl. 7625.
*) MG. Concil. 2, 442 c. VII. ^) Mon. ßoica 8, 370 u. 371.
') II. 17 MG. SS. 2, 760: nuper Venetici de transmarinis partibus
omnes orientalium divitias advectassent, phe7iiciim pellibus avium serico
ciraimdatis et pavonum collis cum tergo et clunis 7nox florescere mcipi-
entibus, tyria purpura vel diacedrina littea decoratis, alii de lodicibus,
quidam de gliribus circum amicti procedebant . . .
— 149 —
die neu aufgekommenen kurzen Mäntel Stellung nahm, die
friesischen Kaufleute aber jene Mode dazu ausnutzten, um
die kurzen Mäntel für denselben Preis zu verkaufen wie
vordem die langen.^) Die Annahme Klumkers^), daß die
Friesen dabei nicht eigene Gewerbeerzeugnisse ^), sondern
englische Handelsware auf den Markt brachten, ist neuer-
dings von Häpke bestritten worden.*) Er geht aber sicher
zu weit, wenn er der englischen Tuchindustrie von damals
alle Bedeutung abspricht. Die Beziehung jener Erzählung
auf englische Tuche ist tatsächlich nicht unzulässig. Denn
ein Brief Karls des Großen an den König Offa von Mercien
(aus dem Jahre 796)^) beweist nicht nur, daß Mäntel den
Franken tatsächlich von alters her aus England geliefert zu
werden pflegten, sondern enthält zugleich auch den ausdrück-
lichen Wunsch Karls, der König möge veranlassen, daß
dieselben wieder in der altgewohnten Größe gefertigt werden
sollen.
Zudem ist auch die Privatkorrespondenz dieser Zeit
nicht so belanglos, als Häpke annehmen will.®) Ausdrücklich
wird doch in dem Briefe des Bischofs von Winchester an
Lull (c. 755/6) von den zum Geschenk übersendeten wollenen
Kleidungsstücken (tonica lanea) betont: sicttt mos est apud
nos habendi.'''') Und ein Brief an den Bischof Franco
von Lüttich (856—903) erwähnt u. a. auch ^ osas Scotticae
vestis.^)
Endlich beweist auch die vita S. Filiberti ^), daß schon
im 8. Jahrhunderte Schuhe und Kleider aus Irland nach
Westfrankreich exportiert wurden.
Mochte also die Mode wie zu allen Zeiten so auch
damals stark vom Ausland abhängig sein und exotischer
Luxus von den Reichen gern gekauft werden, so lassen
sich aber doch auch Belege dafür namhaft machen, daß feinere
Erzeugnisse der Weberei von den Franken selbst im Lande
') I. 34 MG. SS. 2, 747. ^) Der frie sische Tuchhandel S. 65.
*) Das nahm noch v. Inama DWG. i, 424 an.
*) Die Herkunft d. friesischen Gewebe. Hansische Geschichtsbll.
12, 310 (1906).
•) MG. Epp. 4, 145. ") A. a. O. S. 314. ') MG. Epp. 3, 403 ".
*) Neues Archiv 13, 362. *) MG. SS. rer. Meroving. 5, 603 c. 42.
— ISO —
bereits produziert wurden. Unter den Geschenken, welche
Ludwig der Fromme 8i6 an das Gefolge des Papstes machte,
werden doch auch erwähnt:
pallia tincta quidem necnon et corporis apta
tegmina Francorum more peracta bono^)
Neuestens aber hat Pirenne sehr wahrscheinlich ge-
macht, daß auch in Flandern bereits zur Karolingerzeit eine
bedeutende Tuchindustrie bestand, deren Produkte von den
Friesen exportiert wurden.^)
In der Umgebung von Lyon muß damals schon die
Seidenindustrie bestanden haben, wie uns der Bericht des
Diaconus Florus (838) beweist.^) Kunstvolle Weberei (ars
texendi) war unter den vornehmen Frauen jener Zeiten sehr
verbreitet und wird von den Dichtern gar häufig besungen.*)
Aus diesen Belegen und der oben zitierten Stelle aus der vita
Hathumodae scheint mir auch hervorzugehen oder mindestens
sehr wahrscheinlich zu sein, daß doch Gold- und Bronze-
fäden dabei bereits Verwendung fanden, was Heyne in Ab-
rede stellen wollte.^) Diese golddurchwirkten Stoffe wurden
keineswegs nur vom Auslande bezogen.^) Sie kommen auch
unter den kircWichen Ausstattungsgegenständen vor.'') Bei
den Angelsachsen war die Kunststickerei und Goldwirkerei
(aurifrisium) besonders gepflegt.^)
Endlich soll auch hervorgehoben werden, daß sich doch
schon jetzt in Deutschland auch Walkmühlen (pilae)
finden^), die gleichfalls für eine größere Tuchindustrie im
Lande sprechen.
An dieser Stelle kann vielleicht am besten eingefügt
1) Ermoidus Nigellus MG. Poet. Lat. 2, 37 v. 472.
^) Draps de Krise ou draps de Flandre? Vjschr. f. Soz. u. WG.
1909 S. 308 ff.
^) MG. Epp. 5, 268 -^ : vittae sericae.
*) Vgl. die Quellenstellen, welche J. v. Schlosser, Schriftquellen
z. Gesch. d. karoling. Kunst (in Eitelbergers Quellenschr. f. Kunstgesch.
u. Kunsttechnik NF. IV) S. 407 — 11 zusammengestellt hat.
">) A. a. O. S. 59-
^) Vgl. auch Heynes Deutsche Hausaltertümer 3, 216 u. 328,
') Vgl. Dronke, Cod. dipl. Fuld. 88 nr. 157 (800).
^) Lappenberg, Gesch. v. England i, 623.
») MG. FF. 385 nr. n (St. Gall.); vgl. dazu Heyne a. a. Ö. S.45f-.
der nur Belege vom 13. Jahrh. an kennt!
— 151 —
werden, was sich sonst über die Bekleidungsgewerbe
noch sagen läßt.^) Auch Schuster und Kürschner müssen
damals schon recht viel zu tun gehabt haben, was bisher
gar nicht erwähnt worden ist. Jedenfalls gehörten aus Leder
gefertigte Schuhe bereits zu dem regelmäßigen Bestände
der Kleidung von damals. Ich möchte mich dabei weniger
auf die Schilderung der fränkischen Tracht durch den Mönch
von St. Gallen 2) beziehen, als vielmehr auf eine Formel,
durch die ein Tradent sich für sein Alter Leibzucht sichert
und dabei nun neben den schon zitierten Gewändern noch
weiter sich ausbedingt: calciameuta, d. h. Schuhwerk.^)
Nach der Ordnung Ludwigs des Frommen über die Be-
kleidung der Mönche von 817 sollten diese regelmäßig auch
2 Paar Tagschuhe erhalten.*) In einer Reichenauer Formel
aus der Zeit Walahfrid Strabos finden wir unter Geschenken,
die an ihn geschickt wurden, auch 6 Ziegenfelle ad calcia-
menta conficienda.^) Das wären also bereits feinere Sorten,
etwa wie unsere heutigen Chevreauxschuhe. Nach der
Schilderung des Mönches von St. Gallen waren die Schuhe
der altfränkischen Tracht außen gar mit Gold verziert.
Doch mag das nur bei Reichen und Vornehmen der Fall
gewesen sein und sich hier aus dem Umstände erklären, daß
der Verfasser den König selbst vor Augen hat, wie er ihn
gelegenthch im Kloster St. Gallen gesehen hatte.
Immerhin sind jüngst bei Ausgrabungen von Gräbern aus
frühfränkischer Zeit in Hessen u. a. auch 2 goldene Zungen
für Schuhriemenenden gefunden worden.^)
Auch sonst müssen Lederarbeiten vielfach zum ge-
wöhnlichen Bedürfnis geworden sein, besonders für die kriege-
rische Ausrüstung, das Wehrgehenk und Schild ''), die Be-
^) Vgl. dazu auch M. Heyne, Deutsche Hausaltertümer 3, 207 ff.
■') I, 34.
=*) MG. FF. 405 nr. 15 (St. Gall.); vgl. dazu ÜB. v. St. Gallen
I, 211 nr. 221.
*) MG. Capit. I, 345 c. 22: calciameuta dinrna paria dtio-
'') MG. FF. 370 nr. 12.
*) Vgl. Kramer in Mitt. d. oberhess. Gesch. -Ver. NF. 19, 249(1911).
') Vgl. d. Mönch v. St. Gallen I, 34; dazu auch R. Wegeli, Ein
Beitrag zur Kostüm- u. Waffenkunde des 9. Jahrhund., Anzeiger für
Schweizer Altertumsk. NF. 6, igff. (1904/5).
— 152 -
zäumung der Streitrosse (Sättel und Riemzeug), sowie die
Proviantwagen. Und ganz ähnlich muß der Wirtschaftsbetrieb
auf den Höfen für die zahlreich benötigten Gespanne ebenso
mannigfache Lederarbeiten (auch Peitschen) nötig gemacht
haben. ^) Riemenbeschläge und Schnallen finden sich in Aus-
grabungen der fränkischen Zeit.^) Auch die Prügelinstrumente
für Unfreie waren aus Leder hergestellt.^) Unter den regel-
mäßigen Abgaben der Hintersassen finden wir u. a. Ziegen-
und Schaffelle angeführt.*)
Ferner waren Gerber, Pergamenter und Buchbinder jetzt
schon, besonders in den Klöstern, vorhanden.^)
Die Kürschner und Rauhwarenerzeuger aber hatten
Pelze zu verfertigen, welche anscheinend bereits in sehr
mannigfacher Qualität und Fellart verlangt wurden. Daß
auch da der Luxus sich schon entwickelt hatte, lehrt das
oben zitierte Geschichtchen, wie Karl der Große gegen-
über den in Marder- und Hermelinfellen einherstolzierenden
Großen seinen einfachen Schafpelz zu Ehren brachte.^) Der
Bischof von Winchester sendet 764 an Lull u. a. ein Klei-
dungsstück (gunna) aus Fischotterfellen.') Auch sonst wird
Pelzwerk der Schotten in der Briefliteratur des 9. Jahr-
hunderts erwähnt.^) Und in den poetischen Ergüssen jener
Zeit spielt ebenso schönes Pelzwerk aus weichem Fell eine
RoUe.^) Ferner wurden Gamaschen und Winterhandschuhe,
bzw. Muffe häufig aus Pelzwerk gefertigt, wie die Ordnung
Ludwigs des Frommen über die Bekleidung der Mönche
vom Jahre 817 bezeugt.^")
Weiter kommt der Glaserei bereits in Karolingerzeit
eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Schon Nordhoff
hat ja die älteren Anschauungen berichtigt, als ob dieselbe
^) Vgl. im allgemeinen M. Heyne a. a. O. S. 29 f.
2) Vgl. Kramer a. a. O. ') MG. Capit. i, 299 '^■, vgl. 2, 318 *".
*) Ebenda i, 252 (Staffelsee).
«) Vgl.Wattenbach, Das Schriftwesen im Mittelalter, 3. Aufl. S. 387 f.
«) Monach. St. Gall. 2, 17. ') MG. Epp. 4, 406 >».
*) Vgl. den Brief an Bischof Francov.Lüttich, Neues Archiv 13, 362.
') MG. Form. 432'^: pellicümi pulchrtwi, vülosum, vellere molli
(St. Gallen).
^•') MG. Capit. I, 345 c. 22: pellicias usque ad talos dtias . . . et in
hieme vero muffulas vervicinas.
— 153 —
erst nach dem Jahre looo in Deutschland aufgekommen sei.^)
Und Heyne wies bereits auf einzelne Belege für Glashand-
werker (vitriarius) in der Karolingerzeit, sowie das Vorkommen
von Glasgefäßen in den Brevium Exempla ad describendos
fiscos hin.^) Verglasung von Fenstern komme früh an west-
fränkischen Kirchen, ums Jahr lOOO auch in Tegernsee vor.^)
Leider hat Heyne dabei ganz die wichtigen Nachweise über-
sehen, die J. V. Schlosser schon 1892 dafür zusammengestellt
hatte. Daraus ergibt sich, daß auch in deutschen Kirchen
schon Glasfenster in der Karolingerzeit existierten.*) Bei den
regen Beziehungen, die damals zwischen West und Ost vor-
handen waren — z. B. von Salzburg zu St. Amand (Arno !),
wo gerad« eine reiche Glaserzeugung zu belegen ist ^) —
wäre es auch kaum denkbar, daß die Errungenschaften des
Westens dem Osten hätten auf die Dauer verschlossen
bleiben können. Wissen wir doch, daß selbst Kirchenvor-
stände von England sich aus Deutschland Glaser gelegentlich
ausliehen, da dort die Kunst, Glasgefäße herzustellen, noch
wenig verbreitet war.^)
Hält man sich vor Augen, was Hraban über die Technik
der Glasbereitung und -Färbung geschrieben hat'') und nimmt
man dazu, daß nicht nur Lampen^), Gefäße^) und Kirchen-
geräte (Kelche, Näpfe) ^*') aus Glas schon in Deutschland
bezeugt erscheinen, sondern auch Glasschmuck^^) und Reli-
quienkästchen aus Kristall ^^), u. zw. z. T. als regelmäßiges
Inventar der kirchlichen Güter (z. B. Staffelsee), so weist
das alles doch entschieden auf eine allgemeinere Verbreitung
^) Repertor. f. Kunstwiss. 3, 461. ^) A. a. O. S. 62f.
ä) Ebenda S. 64.
*) A. a. O. nr. 931 (St. Gallen). Dazu nr. 1102; vgl. auch nr. 240.
269 (Lüttich).
*) Vgl. V. Schlosser a. a. O. nr. 1096.
") Vgl. den Brief d. Abtes v. Wearmouth an Lull von 764, MG.
Epp. 3, 408 2".
'') Bei Schlosser nr. 1097. *) Ebenda nr. 331.
") Ebenda nr. 457. i") Ebenda nr. 418 u. 871.
^1) MG. Capit. I, 250 c.2\repperimus. . capsas reliqtiiarum deauratas
et cum genmiis vitreis et cristallinis ornatas V. Ebenda 251 : cnicem mai-
orem auro argentoque paratam cum ge^nmis vitreis ; vgl. auch ebenda c. 3.
1^) Vita Hathumodae c 15 MG. SS. 4, 172.
- 154 —
des Glasgewerbes und eine fortgeschrittene Technilc hin.
Dazu stimmt auch schließlich, was die Ausgrabungen karo-
lingischer Gräberfelder ergeben haben ^) und was wir über
einzelne Glasarbeiter in conreto erfahren. Schon Heyne hat
auf eine Stelle des Mönches von St. Gallen hingewiesen, aus
der sich ergebe, daß der Glaser damals kein geachteter Kunst-
handwerker gewesen sei.^) Das ist aber nicht so allgemein
richtig, denn hier handelt es sich um einen unfreien Hinter-
sassen des Klosters^), nicht aber um den Stand als solchen,
bzw. die Beschäftigung an sich. Das können war aus einer
anderen Stelle derselben Quelle entnehmen, wo doch ganz
anders von einem Glaser gesprochen wird : Opifcx in omni
opere aeris et vi tri cünctis excellentior.'^) Hier haben wir
offenbar einen sehr geachteten Meister oder Künstler vor
uns, der nur Arbeiten feinerer Technik mit besonderer
persönlicher Kunst verfertigte. Der Mönch von St. Gallen
nennt ihn denn auch weiter noch : ille pj'aestantissimus . .
in aere magister^ obwohl er ihn wegen Betruges an Karl
dem Großen schließlich eines ganz scheußUchen Todes
sterben läßt.
Althergebracht und verbreitet war die Töpferei.
V. Inama hatte allerdings gemeint, daß sie in der KaroUnger-
zeit „gar nicht vertreten" erscheine. Er bezeichnet dies als
sehr auffallend und ganz unerklärt.^) hi der 2. Auflage
') Vgl. C. Schuchhardt, Atlas vorgeschichtl. Befestigungen in
Niedersachsen VII, sowie Ritterling in Mitt. d. Altertumskommission
f. Westfalen II (1901) über Befestigungen auf den Hünenknappen bei
Dolberg. Auch Essenwein a. a. O. siehe oben S. 145 n. 3; ferner Quilling,
Frank. Gräberfeld in Sindlingen a. M., Annal. d. Ver. f. Nassauische
Altertumsk. u. Gesch. -Forsch. 29, 5 ff. (1897) u. Plath, Ausgrabungen d.
Hünen- od. Frankenburg bei Rinteln a. W., Verh. d. Berlin. Anthropol.
Ges. 1897 S. sögff., Koenen, Karlingisches Gräberfeld in Andernach,
Jb. d.Ver. von Altert. -Freunden i. Rheinlande 105, 103 ff. (1900); Kramer,
Reihengräber zu Leihgestern (Hessen), Mitt. d. oberhess. Gesch.-Ver.
NF. 19, 248 (191 1). Vgl. auch F. Gramer, Röm.-german. Studien (1914)
S.202flf, über antike Glaskunst namentlich im Rheinland.
^) Heyne a. a. O. S. 62.
^) MG. SS. 2, 763 (II. 21): quae eins (Hludovici) liberalitas usque
ad infimos etiam pervenit, adeo ut Stracholfo vitriario, servo sancti
Galli, totam vestituram suam tunc sibi servicnti praeciperet dari.
*) I. 29 MG, SS. 2, 744. '') DWG. I, 425.
— 155 —
seines Handbuchs (1909) hat er dann diese Auffassung
etwas abgeschwächt, da er doch auf Quellenzeugnisse für
Töpferindustrie in Mainz und am Rhein sonst aufmerksam
wurde ^), zudem auch Rubel unterdessen auf Ausgrabungen
in Niedersachsen hingewiesen hatte, die fränkisch-karolingische
Töpferwaren ans Tageslicht brachten.^)
Mit dem Fortschreiten solcher Ausgrabungen haben
sich in jüngster Zeit diese Belege gemehrt^), so daß schon
deshalb auf eine kräftige Weiterexistenz der älteren Töpfer-
industrie in Deutschland *) geschlossen werden darf. Koenen
hat 1898 geradezu eine Töpferwerkstatt zu Pingsdorf bei
Köln dann ausgegraben und beschrieben.^)
Die Erklärung aber dafür, daß in den Quellen so wenig
von Tongefäßen die Rede ist, kann, meine ich, unschwer
gefunden werden. Die Quellen bieten uns ja kein volles
Spiegelbild alles Zuständlichen aus jener Zeit. In den
Güterbeschreibungen sollte nur der Schatz aufgenommen
werden.^) Dazu gehörten aber die einfachen Tongefäße
eben nicht. Es hätte wohl auch wenig Sinn gehabt, all'
diese zahlreichen Wertlosigkeiten zu buchen. Denn daß
Geschirr aus Ton tatsächlich als etwas Minderes damals
betrachtet wurde, lehrt eine Stelle bei Ermoldus Nigellus
doch deutlich. Gegenüber dem kunstvollen Pokale des Gold-
arbeiters fallen die einfachen Gefäße aus Ton natürlich ab.*^)
In den übrigen Quellen, Gedichten und den ergötzlichen
Anekdoten des Mönches von St. Gallen aber war noch weniger
Anlaß, dieser Erzeugnisse zu gedenken. Sie dienten dem
Alltag und waren auch alltäglich!
Übrigens darf die übersehene Stelle in Hrabans „Uni-
versum" allgemeine Bedeutung für sich beanspruchen, wo
im Kapitel über die Wohnungen (de habitaculis) Tonwerk
(fictilia opera) ausdrücklich als etwas Gewöhnliches und
1) WG. I ^ 576. -) K. Rubel, Die Franken S. 300.
^) Siehe oben S. 154 n. i. *) Darüber v. Inama WG. i, 140.
■') Jahrbb. d. Ver. von Altertumsfreunden im Rheinl. 103, 115 ff.
*) Vgl. im I. Teile diese.s Werkes S. 89 u. 90.
') MG. Poet. lat. 2, 86 '5):
Saepe placefit regi de liito vascula ficta,
aurificis siiperant pocnla sailpfa manu.
- 156 -
Regelmäßiges erwähnt wird.^) Und in einer St. Galler
Formel wird als Typus leichter Zerbrechlichkeit zu Ver-
gleichszwecken doch gerade das Töpfergefäß verwendet.^)
Eine besondere Art der Töpferindustrie muß in der
Schweiz zur Karolingerzeit geblüht haben. Das erfahren
wir aus einer Briefformel von Reichenau. Der Abt des
Klosters hatte Gefäße von auswärts erbeten; in dem uns
erhaltenen Antwortschreiben darauf teilt - nun der darum
Angegangene mit^), er habe sich bemüht festzustellen,
welcherart jene sein sollten : aus Eisen oder Stein oder
Tonerde. Ein Handwerker, den er befragte, habe ihm mit-
geteilt, daß sie aus schwarzem Stein, der mit roten Adern
durchzogen sei, hergestellt würden und Gefäße*) schlechthin
genannt würden. Als Fundstelle aber gibt er St. Moritz an.
Wir dürfen hier wohl an St. Moritz im WalHs denken, dem
schon in Römerzeit berühmten Agaunum.
Wahrscheinlich handelt es sich da um die schon zur
La Tene-Zeit geübte Lavetzstein-Industrie, die im westräti-
schen Gebiete sich verfolgen läßt.^)
Den größten Aufschwung aber hat in der Karolingerzeit
wie schon zur Genüge hervorgehoben worden ist®), jeden-
falls das Baugewerbe genommen. Es wurde jetzt sehr
viel gebaut. Nicht nur Kirchen, Kapellen und Klöster, auch
*) XXI c. 3 bei Schlosser a. a. O. nr. ii.
^) MG. FF. 398 nr. 3 Var. : in virga fer?-ea regendo tamquam vas
figuli confringat.
') De vasis vero, quae petistis, mox sollicitns fiii, niiiis geiieris
esse deberent, ferrea, testia, an lapidea, Interrogavi namqiie aiidam
artifici nostro, q?ie essent et tibi invenire possent; qui dixit, ea ex petra
nigra fieri venis siihriibeis intei'mixtis , que viilgo apud nos lapidee
vocantur et ad Sancttmi Mauricium inveniiintur. MG. FF. 365 nr. 3.
*) Vgl. über diese Bedeutung von lapidea Meyer-Lübke, roman.
etymol. Wörterb. 19 12 S. 353 nr. 4899 : lapidiiun.
^) Vgl. Keller, Über d. ältest. Gebrauch d. Lavetzsteine, Anz. f.
Schweiz. Altertumskde. 1871. Denring, Steingeräte in Brigantium.
Veröff. d. Ver. f. ehr. Kunst u. Wiss. i. Vorarlberg 7, 13 (19 14), sowie
Rütimeyer, Z. Gesch. d. Topfsteinbearbeitung i. d. Schweiz. Beitr. z.
Anthrop. Ethnogr. u. Urgesch., Hr. Fritz Sarasin z. 60. Geb.-Tag.
Basel 1920, S. 68 ff.
«) V. Inama DWG. i, 425 = i -, 577; vgl. auch K. Plath, Mero-
wingische und karolingischc Bautätigkeit, Deutsche Rundschau 78,
225 ff. (1894).
— 157 —
die Laienwelt nahm jedenfalls mit ihrem wirtschaftlichen und
sozialen Aufschwung ebenso daran teil. v. Inama hat ja
auch schon auf die Nachrichten hingewiesen, die bezeugen,
daß damals die Bauwut der Kirchenvorsteher mitunter zu
einer rechten Last der Hintersassen geworden ist (Fulda).
Verschiedene Quellen lassen sich nachweisen, die auf eine
nicht unbeträchtliche Ziegelindustrie schließen lassen.^)
Auch Kalkbrennereien kommen vor.^) v. Inama hat auch
schon bemerkt, daß durch diese gesteigerte Bautätigkeit
andere Gewerbe reiche Nahrung und Anregung zugleich
erhalten haben. Aber nicht nur die Glockengießerei, Glas-
malerei, Bildhauerei und Erzgießerei fanden in den Pracht-
bauten von damals Beschäftigung und Ausbildung, noch
mehr vielleicht auch die Holzgewerbe: Zimmermann,
Tischler und Drechsler voran hatten hier reichlich zu tun.
Gerade diese Holzverarbeitung müssen wir sehr hoch ein-
schätzen, da ja nicht alle Häuser bereits ganz aus Stein gebaut
wurden, sondern z. T. aus Holz. Außerdem waren in jedem
Falle Stiegen und Bedachung, Täfelwerk u. a. aus Holz her-
zustellen.^)
Besonders die Bedachung scheint in Deutschland viel-
fach durch Holzschindeln bewirkt worden zu sein, obvv^ohl
in Westfrancien dies noch gelegentlich als ein Vorzug gegen-
über den Strohdächern angesehen wird.*) Häufig sind
Schindeln (axiles) als Zins der Hintersassen in Urbarien ver-
zeichnet^), auch die Urkunden belegen sie (tegulae).^)
Außerdem müssen zahlreiche Gefäße aus Holz verwendet
') Vgl. zu den von M. Heyne a. a. O. S. 78 ff. zit. Belegen auch
noch d. Leben d. hl. Otmar v. St. Gallen c. 12 MG. SS. 2, 45; sowie die
bei Schlosser a. a. O. nr. 11. 33. Dadurch werden zugleich die Auf-
stellungen Hasacks über den Ziegelbau, Vossische Ztg. 1909 nr. 542,
berichtigt.
*) Heyne a. a. O. S. 82 f.
') Vgl. darüber am besten M. Heyne a. a. O. S. 9 ff, dazu Monachus
S. Gall. I. 30, sowie IL 17.
*) v. Schlosser a. a. O. nr. 573 (Aniane).
^) Vgl. z. B. Weißenburg, Zeuß, Tradit. Wizz. S. 290 nr. 165.
Prüm: Mittelrhein. ÜB. i, 144; 148 nr. VII u. a. m.
") Wartmann ÜB. v. St. Gallen 2, 281 nr. 680.
- 158 -
worden sein^), da noch das Konzil von Tribur (895) an-
ordnet , es sollten fürderhin keine solchen mehr von den
Priestern zum Gottesdienst benutzt werden.^) Dazu stimmen
einzelne Quellennachrichten, wie z. B. die Vita d. h. Benedikt
von Aniane.^) Auch Holzschuhe wurden viel getragen; die
Klosterordnung Ludwigs des Frommen vom Jahre 817 führt
sie in der vorschriftsmäßigen Ausstattung der Mönche an.*)
Nicht uninteressant ist auch eine St. Galler Urkunde
vom Jahre 887, in welcher eine Frau, da sie eine Tradition
mit Vorbehalt des Nießbrauches für ihre Söhne vornimmt,
die Bedingung aufstellt: Et si aliquis de Ulis fabricare
discat, tuitc singulis annis dtio scrinia ab eis praepara-
rentur in dominium^)
Ferner aber bot nun die innere Ausstattung und Aus-
schmückung dieser zahlreichen Kirchen und Kapellen eben
wieder so manchem Gewerbe reichliche Arbeit. In der
Karolingerzeit wurde der Orgelbau in Deutschland ein-
gebürgert.*^) Auch hier werden Zimmerleute und Schreiner,
sowie Drechsler an der Beschaffung des Gestühles (Chor
und Sitzgelegenheiten) lohnende Betätigung gefunden haben
und auch das Kunstgewerbe, wie schon bei dem Metall-
gewerbe oben bemerkt wurde, mit mannigfachen Erzeugnissen
vertreten gewesen sein. Ganz ebenso aber gab es da auch,
wahrscheinlich einst noch in größerer Zahl Elfenbein-
arb e i t e n ^) für Reliquienkästchen , Buchdeckelverzierung
^) Vgl. auch das Verzeichnis der Einkünfte des Kelleramtes von
Reichenau vom J. 843 (Wirtemberg Uß. i nr. 108), dessen zahlreiche
Gefäße jedenfalls aus Holz waren. Gegen v. Inama WG. i ^, 577 n. i.
^) MG. Capit. 2, 223 c. 18: Statuinms ut dcinceps nullus sacerdos
sacrum mysterium corporis et sanguinis lesii Christi doniini nostri in
lignei^ vasnilis ullo modo conficere praesumat.
^) Vasa antem ad Christi co7ificiendum corpus nolebat sibi esse,
argentea; siquidetn pritmim ei ftiertmt lignea, deinceps vitrea, sie tan-
dem conscendit ad stagnea c. 5 MG. SS. XV. i, 2041°.
*) MG. Capit. I, 345 c. 22, in hieme vero soccos; vgl. dazu ÜB. v.
St. Gallen nr. 291 u. 366.
5) Wartmann ÜB. 2, 261. «) Ann. regni Francor. zu 826.
■') P. Giemen a. a. O. 108 ff., sowie M. Heyne a. a. O. S. 67 ff. und
Ad. Goldschmidt, Die Elfenbeinskulpturen aus d. Zeit d. karoling. u.
Sachs. Kaiser Denkmäler d. deutsch. Kunst, herausgeg. vom deutsch.
Ver. f. Kunstwiss. i. Bd. 1914-
— 159 —
(Diptychen) u. a. m. Insbesondere aber muß sich der Malerei
hier ein weites Feld verschiedenartiger Aufträge eröffnet
haben. Denn die Wände dieser Kirchen und Kapellen wurden
mit bildlichen Darstellungen, besonders aus der Bibel (altes
und neues Testament) geschmückt.^) Sie waren aber kaum
auf einzelne Prachtbauten beschränkt, sondern dürften wohl
ziemlich allgemein vorgekommen sein. Ich kann Heyne nicht
zustimmen, der annimmt, daß dafür „in den Zeiten bis zum
1 1. Jahrhundert noch nicht Handwerker, sondern nur ver-
einzelte Künstler in Betracht kommen".^) Gewiß wird man.
für die Prachtbauten an berühmten Orten Künstler heran-
gezogen haben, wie das im einzelnen sich ja auch aus den
Quellen belegen läßt. Man heh sich tüchtige Meister wohl
auch gegenseitig auf Zeit aus.^) Aber sollen wir deshalb
annehmen, daß die zahlreichen Kirchen auf dem Lande
dieses Mittel, auf die empfänglichen Gemüter der analpha-
betischen Landbevölkerung einzuwirken , ganz entbehrt
haben? Mir scheint die Bemalung der Kirchenwände von
der Vorstellung eines richtigen Gotteshauses in karolingischer
Zeit unzertrennlich. Man lese doch nur das sehr illustrative
Geschichtchen beim Mönch von St. Gallen, wie Karl der Große,
als er auf dem Zuge wider die Langobarden einmal die
Tore einer Stadt verschlossen findet , die Wartezeit zum
Baue einer Kapelle benutzte. Wie diese nun unter Mit-
wirkung seines gesamten Heeres rasch emporsteigt. Aber
trotzdem vergißt der Autor nicht hervorzuheben, daß der
Bau, welcher angeblich in 8 Stunden fertig wurde, auch
mit Gemälden geschmückt worden sei.*) Ohne diese wäre
er offenbar als unvollkommen betrachtet worden. Die ge-
wöhnlichen Kirchen auf dem Lande werden sich eben in
Ermangelung von Künstlern mit einer roheren und beschei-
deneren Bemalung begnügt haben.
^) Vgl. über diese bekannte Sache u. a. bes. die zahlreichen
Quellenbelege, welche v. Schlosser a. a. O. zusammengestellt hat. Im
Register unter depichts, figtira, imago, pictnra, tabula, auch tittclns.
^) A. a. O. S. 72.
^) Vgl. den Brief d. Bischofs Frothar v. Toul an den Abt von
St. Claude (827—29) MG. Epp. 5, 284 nr. 11: er dankt, daß er ihm
fidelem virum et sacris artificiis idoneum geschickt habe. Vgl. auch
ebenda 119 2« (830). *) IL 17 MG. SS. 2, 760.
— i6o —
Zum Schlüsse noch ein Wort über die Nahrungs-
mittelgewerbe. Auch sie müssen schon eine gewisse
Entwicklung erfahren haben, wenn auch gerade da vielleicht
ein besonderes Handwerk am ehesten entbehrlich sein
mochte, Mühlen, Back- und Brauhäuser, bzw. Weinkelter
waren ja allüberall vorhanden und speziell ein regelmäßiges
Attribut der Fronhöfe. ^) Bäcker, Köche, Bierbrauer, Fischer,
Winzer und Zeidler sind denn auch schon in dieser Zeit
nachweisbar.^)
Wir werden uns die gewöhnliche Nahrung jener Zeiten
doch ziemlich reichlich' vorzustellen haben. ^) Nicht nur, daß
an den Höfen der Bischöfe und Reichen viel gepraßt
wurde *), auch das, was wir aus den Klosterordnungen über
die Nahrung der Mönche erfahren ^) , bzw. die Konzilien
darüber immer wieder einschärften ^) , spricht doch dafür.
Konkrete Einzelfälle von Leibzuchtsverträgen bei Traditionen
verdienen da ebenfalls Beachtung.'^)
Recht aufschlußreich mag in diesem Zusammenhange der
Verweis auf einen Brief des Bischofs Erchanbert von Freising
sein (836 — 38), durch den er einem Priester zu fasten ge-
bietet. Da wird dies näher so spezifiziert: abstineatis vos
a vino et carne^ et medo melscada cervisa et de lacte et
ovo!^) Man sieht, es bestanden damals schon recht ver-
schiedene Möglichkeiten, den Durst zu löschen. In den
Klosterordnungen wird zwar anbefohlen, daß die Mönche
selbst die Arbeiten in Küche und Backhaus, sowie den
übrigen Werkstätten verrichten sollten^), allein wir entnehmen
^) Vgl. neben Cap. de Villis c. 41 u. 45 das Prümer Urbar
(Mittelrhein. ÜB. i, 144), Corbie, Guerard Polyptyque Irminon 2, 307
c. I, sowie Schlosser a. a. O. nr. 686 u. 705.
^) Vgl. Fastlinger, Die Wirtschaft!. Bedeutung der bayr. Klöster
in d. Zeit d. Agilulfinger S. 30. Dazu aus den Mondseer Traditionen
ÜB. d. Landes ob d. Enns i, 24 u. 39.
^) Darüber M. Heyne, Deutsche Hausaltertümer 2, 257 ff.
*) Vgl. aus den Erzählungen des Mönchs v. St. Gallen I. 18 u. 21,
dazu auch c. 15.
^) MG. Capit. I, 344 c. 8—10; 348 c. 77. 78, dazu auch ebenda
I, 245, sowie die Statuten Adalhards v. Corbie 822, Guerard Polyp-
tyque Irminon 2, 309 f. c. 4 u. 5.
8) MG. Concil. 2, 401 f. (Aachen 816). ') MG. FF. 405 nr. 15.
«) MG. Epp. 5, 338 1'. «) MG. Capit. i, 344 c. 4.
— i6i —
einer solcher Ordnung für Fulda ^), daß Laien und Hörige
tatsächlich dazu verwendet wurden; ihre Dienstleistung scheint
hier freilich keine befriedigende gewesen zu sein.
Aber auch unter den Zinsen der Hintersassen kommen
Leistungen de cervisa und auch de vino vor, nach Seideln
bemessen 2), oder aber Fronden zur Bereitung von Brot und
Malz ^), sowie für die Weinlese.*)
Damit kommen wir nun zu dem zweiten Teil dieser
Ausführungen über das Handwerk, der die Verfassung
und Organisation der gewerblichen Arbeit behandeln
soll. Gerade da hat man ja lange Zeit, von G. L. v. Maurer^)
bis K. Bücher^), einen besonderen Typus des Gewerbes (Haus-
werk) in dem Fronhofshandwerk erblicken wollen. Man ließ
sich auch da zu sehr von den Nachrichten des Capitttlare de
Villis leiten und meinte, daß es überall tatsächlich auch so
gewesen sei, wie es jene Wirtschaftsordnung vorschreibt.
Schon G. V. Below ist dem mit Recht entgegengetreten und
hat sehr zutreffend betont'), daß „wir auf den deutschen
Fronhöfen nicht den zahlreichen gewerblichen Verbänden
begegnen, die das Capitulare de Villis aufzählt". Hatte er
also bereits gegen die Verallgemeinerung dieser Angaben
deutlich Stellung genommen, so zog Keutgen dann in sehr
glücklicher Weise die bekannten Exempla Brevitim ad
describendas res ecdesiasticas ^/^^j-^fSi/t'j- zur Beurteilung jener
Verhältnisse heran. ^) Sollen doch diese Brevia das Muster
gewesen sein, nach welchem die Missi bei Beschreibung der
einzelnen Fisci zu verfahren hatten. Und da heißt es nun
selbst bei dem am besten ausgestatteten Fiscus Asnapium,
daß Handwerker überhaupt nicht vorgefunden wurden.^)
') Mabillon, Acta SS. saec. IV i, 262.
^) Vgl. das Urbar v. Weißenburg, Zeuß, Tradit. Wizz. 274 c. 4;
279 c. 23; 280 c. 25. 30. Prüm Mittelrhein. ÜB. i, 182 nr. 71.
*) panem et bracium parare Zeuß a. a. O. 274 c. 3 ; 275 c. 6; 276 c. 1 1
usw. für Staffelsee MG. Capit. i, 252 c. 8; für Prüm Mittelrhein. ÜB.
I, 144; 145; 148 nr. VII; 149 nr. VIII; 150 usf.
*) Zeuß a. a. O. 278 c. 18; 284 nr. 72; 285 nr. 74 u. a. m.
^) Gesch. der Fronhöfe i, 241 ff.
«) Die Entstehung d. Volkswirtschaft, 5. Aufl. S. 162 ff.
') Ztschr. f. Soz. u. WG. 5, 129. ' «) Ämter u. Zünfte S. 13.
») MG. Capit. I, 255 c. 29.
D 0 p s c h , Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit. II. 2. Aufl. 1 1
— 162 —
Bei den anderen, bescheideneren Fisci aber wurde dieser
Punkt überhaupt mit Stillschweigen übergangen. Keutgen
hat bereits aus diesem Inhalt der Brevia, die gleichwohl das
Vorhandensein von Handwerksgeräten doch verzeichnen, den
richtigen Schluß gezogen, „daß man bei den weniger be-
deutenden Haupthöfen auf das Vorhandensein von technisch
ausgebildeten Leuten im Grunde überhaupt nicht rechnete,
während die genannten Werkzeuge jeder Bauer zu handhaben
verstand".^)
Ich -möchte diese Ausführungen Keutgens noch durch
eine sehr wichtige und interessante Stelle aus den Fuldaer
Traditionen ergänzen. In Ausführung einer schon von Abt
Raban (831 — 41)' gegebenen Anordnung seien von Abt
Hadamar (929 — 51) 55 Hufen an Handwerker ausgetan
worden in der Absicht: „z// non sit vacua fabrica ab-
batis, sed semper docti opus faciant et iuniores discant, unde
domus dei cottidiana servicia habeat tarn in eramentis et
celaturis, quam in fusili ac fabrili omnigue aj'te ornato7'ia.^)
Auch hier also müssen erst besondere Maßnahmen durch
Auswerfung eigener Handwerkerlehen getroffen werden, um
einen sicheren Bestand gelernter und tüchtiger Handwerker
zu gewinnen, eine förmliche Handwerksschule zu begründen.
Auch hier klingt dieselbe Möglichkeit an, die bei den Bre-
vium Exempla zu konstatieren war, daß entsprechend ge-
schulte Handwerker fehlten. WahrscheinUch wird man zu
der Verleihung besonderer Handwerkerlehen hauptsächlich
bei solchen Handwerken sich entschlossen haben, wo be-
sondere technische Kenntnisse erforderlich waren. Wir finden
Handwerkerlehen auch sonst um jene Zeit schon. So in einer
Urkunde Karls des Kahlen für St. Amand (Elnon) vom
Jahre 863 (für Glaser) ^), so bei Freising mehrfach (malleator,
faber)*) und ebenso in Corbie.^) Auch ein Brief Einhards
') A. a. O. S. 15.
^) Tradit. Fuld. (ed. Dronke) S. 63 nr. 32b. Bei Inama, der diese
Stelle zu anderem Zwecke zitierte (i^, 571), ist der Abtsname irr-
tümlich mit Hratanus wiedergegeben.
^) Bouquet, Recueil 8, 587.
*) Bitterauf nr. 14b (759); 416 (819); 513b (825); 577 (828).
^) Statuten Adalhards bei Gudrard a. a. O. S. 313 c. 7.
- i63 -
bezeugt das gleiche. Er empfiehlt einen Maler, der durch
seine tüchtige Dienstleistung ein beneficium erworben hat
und nun in dessen Besitze geschützt werden soll>)
Natürlich werden auf den großen Haupthöfen der Grund-
herrschaften auch Handwerker in nicht geringer Zahl vor-
handen gewesen sein, und zwar, wie ich glaube, solche, die
ausschließlich diesem Berufe lebten. In diesem Sinne ist
wohl auch der Gebrauch des Wortes officium in dem Be-
richte des Mönches von St. Gallen über einen unfreien Glaser
(servus Sancti Galli) zu verstehen^), dem man die vom Kaiser
geschenkten Kleider wegnehmen wollte. Als er sich damit
zu schützen suchte, daß er sich als Glaser des Kaisers be-
kannte, hätten die Räuber geantwortet : dein Amt magst
du behalten . .^)
Hier an dem Sitze der großen Grundherren wird für
deren feinere und mannigfachere Bedürfnisse auch ein ent-
sprechendes Personal von Handwerkern vorhanden gewesen
sein.*) Von Karl dem Großen berichtet der Mönch von
St. Gallen, daß ihn auf seinen Zügen stets artifices be-
gleiteten.^)
Allein nur eine relativ geringe Anzahl von Orten werden
so ausgestattet gewesen sein. Die große Masse der Land-
güter sonst wird nicht ebenso auch über ein solch geschultes
Handwerkerberufspersonal verfügt haben. Das wird uns
jetzt noch weniger wahrscheinlich vorkommen als früher.
Denn war das Gros des Güterbesitzes der Grundherrschaften
nicht so geschlossen gelagert, als man bisher annahm, sondern
vielfach Streubesitz ^), so kann man sich jetzt um so weniger
vorstellen, daß überall auf den einzelnen Höfen solche Hand-
werker in größerer Zahl vorhanden gewesen sein sollen. Sie
waren ja oft gar nicht so groß, als man früher gemeint hat.
1) MG. Epp. 5, 1192«.
-) Vgl. dazu die Bemerkungen Keutgens, Ämter u, Zünfte S. 138.
ä) II. 21 MG. SS. 2, 763: officium tuum habere te perniittimtis.
*) Vgl. die schon von Heyne S. 32 n. 107 zit. Stelle bei Gregor v.Tours
3, 15 (die Gegend von Trier betreffend): sciscitatus autem emptor rudt
famulo, quid opere sciret, respondit: in onmibus, qtiae manducare debent in
mensis dominorum, valde scitus sutn operari. MG. SS. rer. Merov. i, 123.
') II. 17 MG. SS. 2, 760: artificibus semper eum comitantihis.
«) Vgl. im I. Teil dieses Werkes S. 132. 246. 309.
II*
— 164 —
Wir finden aber in den Urbaren und Urkunden unter
den Zinsen auch von Gütern, die nicht besonders geschlossen
lagen oder einen größeren Fronhof darstellen, doch ge-
werbliche Erzeugnisse angeführt. Es müssen also auch auf
dem Lande Handwerker vorhanden gewesen sein, wenn
auch der größte Teil jener Zinse sich auf Produkte der
Weberei beschränkt, die aus Frauenarbeit hervorgingen.
Immerhin doch auch Landhandwerker also, auf die neue-
stens besonders Philippi hingewiesen hat.*) Er betonte, wie
schon vor ihm v. Below^), daß die gewerbliche Tätigkeit
dieser Zinsleute sich unmöglich nur auf diese Lieferung an
den Grundherrn beschränkt haben könne, sondern jene Ab-
gabe ähnlich wie bei den Vieh- und Getreidezinsen nur
einen Teil ihrer Gesamtproduktion ausgemacht habe und
als Pacht für den vom Grundherrn verliehenen Boden zu
betrachten sei. Es sei unwahrscheinlich, daß sie nur für
den Grundherrn sich die notwendigen Werkzeuge und Werk-
räume (Webstühle, Schmiedefeuer, Schnitzmesser usw.) an-
geschafft hätten. Hier übersah Philippi freilich, daß ja diese
Produktionsmittel ebenso wie das Rohmaterial selbst von
dem Unternehmer, hier also dem Grundherrn, beigestellt
sein könnten. Maurer^), Schmoller*) und v. Inama-Sternegg ^)
hatten das ja ganz allgemein angenommen. Und dies ent-
spräche ja auch der Theorie Büchers, nach der damals das
sog. Lohnwerk, bzw. Heimwerk die herrschende Betriebs-
weise gewesen sein soU.^) Allein alle jene Forscher habenden
Ouellenbestand nur ganz einseitig und unzulänglich berück-
sichtigt. Denn in den Urbaren wird bei Verzeichnung jener
gewerblichen Zinse zwar nicht selten erwähnt, sie seien de
lino oder opere dominico erzeugt. '') Jedoch finden wir
*) Die erste Industrialisierung Deutschlands (im Mittelalter) 1909
S. 1 1 ff . Dazu vgl. Keutgen in Deutsche Lit-Ztg. 191 1 nr. 36. Zu
seinen Belegen vgl. auch die Zinse an Schmiedearbeiten in dem Urbar
von Weißenburg Zeuß, Trad. Wizz. 274 c. 2.
2) A. a. O. S. 136 ff. ä) Fronhöfe 3, 246. ^) A. a. O. 358-
^) Die Ausbildung der großen Grundherrschaften S. 84.
*) A. a. O. S. 165. Ebenso auch Kötzschke, Deutsche Wirtschafts-
geschichte in A. Meisters Grundriß II. i, 76.
'') Weißenburg Zeuß, Trad. Wizz. 280 nr. XXX: ex dornzmco opert
. . . ex proprio opere; 283 nr. 61: ex lana dorn. Fuld. tradit. 120 nr. 34:
ex lino dorn. 122 nr. 44.
- i65 -
ebenda sehr häufig auch daneben einen Zins de Uno proprio.^)
Der gewerbliche Arbeiter erzeugte also auch aus
eigenem Rohstoff, er war nicht Lohnwerker
all ein. 2) Und schon Kober hat darauf hingewiesen, daß
solche Dienste auch dort zu bemerken sind, wo die Fronhofs-
verfassung gar nicht ausgebildet war, wie in Westfalen und
Friesland. ^)
Als nächste Vermutung ergibt sich nun wie von selbst,
daß diese Landhandwerker nicht nur für den Grundherrn,
sondern auch für sich, oder besser gesagt zu eigenem Gewinn,
zum Verkauf, also für den Markt, produziert haben werden.
Dafür spricht insbesondere, daß diese grundherrschaft-
lichen Leute ja nicht zu ungemessenen Fronden oder Zinsen
verpflichtet waren, sondern nur einen bestimmten Zins oder
zeitlich befristete Dienste zu verrichten hatten. Darauf
hat schon v. Below hingewiesen.*) Allerdings nur im Hinblick
auf Quellen jüngerer Zeiten. Ganz dasselbe läßt sich aber
auch bereits für die Karolingerzeit dartun. Einmal verdient
Beachtung, daß die Frondienste gewerblicher Art, als Brot-
backen und Malz-, bzw. Bierbereiten, die Weinlesearbeit u. a.m.
ausdrücklich nur an bestimmten Tagen zu leisten waren,
und die verschiedenen Hintersassen der Reihe nach dazu
herangezogen wurden.^) Das waren allerdings nicht ständige
^) Tradit. Fuld. ii6 nr. 6; 121 nr. 42. St. Galler ÜB. i, 189 nr. 199
(809): sarcilo de eorum lana; Lorsch Cod. dipl. 3, 219 nr. 3677. 3679.
Weißenburg de propria lana, Zeuß, Trad. Wizz. 296; Prüm Mittelrhein.
ÜB. I, 193 nr. CX, sowie Klumker a. a. O. S. 40 f.
^) Die Behauptung W. Sombarts, ich hätte einen zu gewerblichen
Leistungen verpflichteten Hintersassen mit einem Lohnwerker ver-
wechselt (der moderne Kapitalismus i ^, 54), habe ich bereits an anderem
Orte als grobe Flüchtigkeit in der Lektüre gekennzeichnet. Vgl. Grün-
bergs Arch. f. Gesch. d. Sozialismus 8, 345.
*) A. a. O. S. 23. *) A. a. O. S. 136 ff.
^) Trad. Wizz. 274 nr. 3. 4 per orditiem oder quanto opus est 277
nr. 14 u. 15 oder die Webearbeit wird nach der Größe des zu liefern-
den Produktes limitiert: sarcile in longitudine .n. ciibitorum, in lati-
iudine .n. ib. 274 nr. 4— 5; 276 n. 10 u. a.m. oder nach Tagen 275 nr. 7 in
hieme bis 14. dies facere debent; 279 nr. 19; 280 nr. 30 u.a.m. — Ähnlich
auch das Fuldaer Urbar Dronke, Trad. Fuld. 55 nr. 13 (servicitim
cervisie).
— i66 —
Berufshandwerker, sondern Landwirte, die jene Arbeiten als
Nebenbeschäftigung ausführten.^)
Aber auch gelernte Gewerbsleute hatten nur ganz be-
stimmte Zinse an gewerblichen Erzeugnissen abzuhefern.
Ein Beispiel von St. Gallen wurde schon oben angeführt.
Eine Tradentin nimmt in Aussicht, daß von ihren Söhnen,
für die sie das Traditionsgut zu Nießbrauch sichert (Pre-
caria), einer ein Handwerk lerne. Er ist dann verpflichtet,
2 Schränke (scrinia) abzuliefern.^) Auch die Dienste des
Freisinger Schmiedes Aletus waren zeitlich beschränkt, derart,
daß er auch noch im Vertragswege für andere zu gewerb-
licher Arbeit verpflichtet werden konnte.^) In demselben
Urkundenmaterial tritt ein Engilmar faber auf, der für das
beneficium, welches er vom Bischöfe (von Freising) besitzt, bloß
einen Geldzins (i ß argenti) alljährlich entrichtet.*) In diese
Reihe könnte man vielleicht auch noch jene Witwe stellen,
die für Belassung des Beneficiums ihres verstorbenen Gatten
eines lebenslänglichen Zins von i sagum vel camisalem I an
Freising zu entrichten hat.^) Auch da dürfte dieser Zins
nicht die gesamte gewerbliche Produktion der Genannten
darstellen. Es wird nicht zufällig sein, daß wir gerade hier,
bei diesen Berufshandwerkern, den (Handwerker-) Lehen be-
gegnen. Sie sollten offenbar die Möglichkeit bieten, das
Handwerk nicht nur im Nebenberuf auszuüben, um neben
den bäuerUchen Gewerbetreibenden auch technisch geschulte
Handwerker zu gewinnen.
Ja, es existiert eine Formel (in einer Brüsseler Hand-
schrift), nach der damals schon Backöfen und Mühlen gegen
einen fixen Geldzins verpachtet wurden.^)
Erscheinen somit bereits grundhörige oder im Prekarie-
verhältnis stehende Gewerbsleute in der Lage, auch für sich
^) Dazu auch Seeliger, Staat und Grundherrschaft in der alt.
deutsch. Gesch. (1909) S. 9.
2) Wartmann ÜB. 2, 261. ^) Bitterauf nr. 14b (759).
*) Ebenda nr. 577 (828). ^) Ebenda nr. 5 13b (825).
*) MG. FF. 548 nr. 24 : jnihi quendam funmm et qiioddam molen-
dinum ad censiim concessit, ea siqjiidem ratione, zit annis singitlis . . ,
10 ß exinde [so wohl das ei inde des Herausgebers Zeumer zu ver-
bessern!] darem, nichil amflius a nie reqtdratiir.
- i67 -
oder den Markt zu produzieren^), so gab es aber auch schon
zur Karolingerzeit völlig freie Handwerker. G. L. v. Maurer
hatte bereits einzelne Belege dafür namhaft gemacht.^) Und
noch viel früher hatte K. F. Eichhorn, der gleichfalls „für
ausgemacht" hielt, „daß der größte Teil der Handwerker
unter dem Hofrecht stand", doch betont, man könne „un-
möglich glauben, daß alle Handwerke zur Zeit Karls des
Großen nur von hörigen Leuten getrieben wurden".^) Er
wies bereits auf das Edikt von Pistes (864) hin*), wo „die
Handwerker, welche hörig sind und für ihre Herrschaft
arbeiten, den übrigen ausdrücklich entgegengesetzt" werden.^)
Ferner aber hatte schon 1890 Koehne ausgeführt, es sei
„wenigstens für das neunte Jahrhundert sicher bezeugt, daß
damals die Handwerker ihre Waren bereits selbständig in
Worms verkauften".'') Er hatte dies bereits zum Anlasse
genommen, um die von Arnold, Nitzsch, Heusler, Geering u. a.
vertretene Annahme zu widerlegen, „daß in dieser Stadt
die einzigen Handwerker technisch ausgebildete Diener der
größeren Fronhöfe gewesen und für den Markt erst seit
dem II. Jahrhunderte gearbeitet sei". Endlich aber hat
V. Below das 1896 kräftig betont.'') Ich verweise noch auf
^) Vgl. Seeliger a. a. O. S. i2f., sowie W. Müller, Z. Frage d. Ur-
sprunges d. mittelalterl. Zünfte (Leipzig, hist. Abh. 22) S. 45 ff.
^) Gesch. d. Fronhöfe 1, 253 n. 67.
') Über d. Ursprung d. städt. Verfassung in Deutschland, Ztschr.
f. Geschichtl. Rechtswiss. i, 242 f. {181 5).
*) MG. Capit. 2, 319 c. 20: Similiter per civitates et vicos atque
per mercata ministri rei pithlicae provideant, ne Uli, qiii panem coctuni
aut carnem per deneratas aut vinum per sextaria vendunt, adulterare
et minuere possint. Sed qiiantos metistirabiles panes in unaquaque civitate
de iusto viodio episcopi vel abbatis seu coniitis ministeriales a pistoribns
suis recipiimt, tantos metisiirabiles panes de aequo modio a pistoribus,
qui panem vendunt, fieri faciant.
^) Neuestens hat Eberstadt, Der Ursprung des Zunftwesens 2. Aufl.
1915 S. 259 ff. doch wieder von dieser Stelle behauptet, es fehle je-
der Hinweis auf den Gewerbebetrieb u. das Recht vollfreien Hand-
werkes !
") Der Ursprung der Stadtverfassung in Worms, Speier und
Mainz (in Gierkes Untersuchungen z. deutsch. Staats- u. RG. 31) S. 5,
unter Verweis auf Boos, Uß. d. Stadt Worms nr. 17 = Mühlbacher
Reg. - nr. 871 (829).
') Ztschr. f. Soz. u. WG. 5, 155.
— i68 —
die von M. Heyne angezogene Stelle über eine Bäckerin zu
Mainz, die für den Markt produzierte ^), also Preiswerk trieb.
Auf freie Handwerker unter den Goldschmieden hat neuestens
Karcher aufmerksam gemacht.^) Und H. v. Loesch hat vor
kurzem gegenüber Keutgen m. E. mit Recht betont, daß
die Abgaben von Handwerkern, welche das Capitulare de
Villis (c. 62) anführt, sich nicht — wie jener meinte — auf
Erzeugnisse der Fronhofhandwerker bezogen haben dürften,
sondern vielmehr wohl Markthandwerker da anzunehmen
seien. ^) Das scheint mir auch deshalb möglich, weil in dem-
selben Paragraphen Einnahmen de mercatis doch ausdrücklich
erwähnt werden.^)
Es bestanden also damals schon freie Gewerbe
auch außerhalb des Fronhofsverbandes. Und es ist
daher irreführend, wenn neuestens W. Müller, der die alte
grundherrliche Theorie wieder beleben möchte, die Be-
hauptung aufstellt, daß in den Quellen des frühen Mittel-
alters der Typus der persönlich und frei wirtschaftenden
Gewerbetreibenden nicht direkt bezeugt sei, freie Hand-
werker nur vereinzelt vorkämen.^) Wir müßten solche aber
auch ohne diese bestimmten Nachweise in concreto doch
zufolge eines indirekten Rückschlusses annehmen. Denn
es läßt sich untrüglich nachweisen, daß die Fronhofshand-
werker die tatsächhch vorhandenen Bedürfnisse an Gewerbe-
erzeugnissen nicht zu befriedigen vermochten.'')
Bei dem Metallgewerbe ist das mindestens hinsichtlich
^) Ann. Fuld. (ed. Kurze SS. rer. Germ.) zu 870 Heyne a. a. O. S. 33.
Die Annahme Eberstadts a. a. O. 262, daß sie zur familia, d. h. zu dem
den Vollfreien entgegengesetzten Teil der Bevölkerung gehört habe,
ist in keiner Weise aus der zit. Quelle zu rechtfertigen.
^) A. a. O. S. 47. Vgl. auch den ingenuus Faber in d. Regens-
burger Urk. Ried, Cod. dipl. i, 19 (821).
') Westdeutsche Ztschr. 23, 73.
*) Dagegen halte ich die weitere Erklärung v. Lösch', daß dabei
an Strafgelder zu denken sei, für verfehlt, weil ein besonderer Posten
de diversis compositionihus außerdem dort vorkommt.
®) A. a. O. S. 20. Ähnlich zuletzt auch Seeliger, Handwerk u. Hof-
recht, Hist. Vjschr. 19 13 S. 489. Vgl. dagegen G. v. Below, Vjschr. f.
Soz. u. WG. 12, 9.
") Vgl. dazu auch v. Below Zs. f. Soz. u.WG. 5, 147 ff., sowie Kober
a. a. O. S. 25flf.
— 109 —
der kunstgewerblichen Produktion ganz evident. All die
zahlreichen Schmuckgegenstände, nach welchen — wie oben
ausgeführt wurde ^) — der Sinn der Frauen von damals
ganz allgemein stand, müssen außerhalb der Fronhöfe an-
gefertigt worden sein. Denn die Kirche selbst hat ja solchen
Luxus verboten und dagegen offiziell Stellung genommen.^)
Daher ist die Auffassung, welche neuerdings SeeUger
doch wiederholt hat ^), für die Entfaltung eines freien Hand-
werkes hätten lange die materiellen Kulturbedingungen ge-
fehlt, feinere Technik und reichere Arbeitsgliederung konnten
zuerst nur im Herrschaftsverbande begehrt werden"^), ganz
unhaltbar.
Aber selbst in jenen Gewerben, bei welchen man am ehesten
annehmen könnte, daß die große Anzahl der zur Lieferung
ihrer Erzeugnisse Verpflichteten ein Auslangen hätte finden
lassen^), ist dies gleichfalls nicht möglich gewesen. Auch
Erzeugnisse der Weberei wurden von den Klöstern selbst
fertig von auswärts bezogen, u. zw. gerade auch von den
allergrößten und begütertsten unter ihnen ^), die sicher über
technisch sehr qualifizierte Handwerker verfügten. Kaiser
Ludwig der Fromme hat Fulda 836 Zollfreiheit ausdrücklich
mit der Begründung verliehen, weil die Mönche sehr großen
Mangel an Kleidung litten und das Kloster den massenhaften
Bedarf nicht zu decken vermochte.'') Und Ludwig der
'■) Siehe S. 144. '^) Siehe S. 148.
') Ganz ähnhch hatte sich doch schon C.Hegel, Gesch. d. Städte-
verfassung von Italien i, 4iof. im J. 1847 geäußert und außer den
von Seeliger zit. Belegen noch auf langobardische Quellen verwiesen.
*) Staat u. Grundherrschaft in d. älter, deutsch. Gesch. (1909) S. 10.
Vgl. dagegen auch meine ,, Grundlagen" 2, 397 ff.
^) Keutgen a. a. O. S. 59 n. 151 meint geradezu: Man könnte auf
Handel mit Textilien „aus der großen Menge der allgemein von
Hörigen zu liefernden Stücke Tuch u. Leinwand schließen, die den
Eigenbedarf eines Klosters u. seiner Dienerschaft anscheinend über-
steigen würden".
*) v. Below a. a. O. S. 147 stellt den Satz auf: ,,Das Maß der not-
wendigen Ergänzung wird von der Größe der Grundherrschaft ab-
hängig gewesen sein. Die großen Grundherrschaften werden ver-
hältnismäßig wenig, die kleinen viel oder auch alles von auswärts
bezogen haben."
'') Mühlbacher Reg. ^ nr. 954: m eodem monasterio Domiiio mili-
— I70 —
Deutsche hat eine ganze Reihe von Güterrestitutionen an
Klöster vorgenommen zu dem ausgesprochenen Zwecke, um
damit für Unterhalt und Kleidung (ad victum ac vesti-
menta) derselben vorzusorgen.^)
Auch St. Gallen, dessen berühmter Bauplan (von c. 820)
so zahlreiche Handwerkerräume aufweist, hat seinen Eigen-
bedarf gerade an Textilartikeln nicht selbst zu erzeugen
vermocht. Wir hören vielmehr, es habe gekauftes Tuch aus
Mainz bezogen.^)
Wir besitzen endlich auch noch eine Formel, nach
welcher ein Mönch sich den Ankauf einer dichten Kappe
(cucullum spissum) auswärts auf einem bevorstehenden Markte
erbittet und die dafür nötige Geldsumme einsendet.^)
Aber auch das Baugewerbe wurde offenbar schon von
freien Handwerkern betrieben. Ein Capitulare Ludwigs des
Frommen vom Jahre 818/19 nimmt, da es von der bekannten
Verpflichtung zu Baufronden an Kirchengebäuden handelt,
doch auch in Aussicht, daß man eventuell eine Umwandlung
dieser Frondienste in Geld vereinbaren könne. Es solle in
einer jenen entsprechenden Summe geschehen, auf daß der
Kirchenvorstand zu jenem Zwecke Arbeiter mieten und
Baumaterial kaufen könne.*) Augenscheinlich bestand die
Möglichkeit, jederzeit freie Maurerarbeiter gegen Geld zu
dingert.^)
Ja, das Preiswerk, um die Terminologie Büchers zu
gebrauchen, muß ziemlich allgemein damals schon vorhanden
tantes maximam vestimentorum pati penuriam \neque prorsus conscqui
valere, iinde taute multitiidini siifficientiam vestiuni proairare possit.
Vgl. auch die Bestätigungsurk. K. Lothars von 850, Mühlbacher nr. 1 143.
^) Mühlbacher Reg.'' nr. 1514 — 1517, dazu auch 1739. ^19^-
^) Ekkehart, Casus S. Galli 40. MG. SS. 2, 97.
3) MG. FF. 514 nr. 3.
*) MG. Capit. I, 287 c. 5: aid si i?iter cos couvenerit, ut pro opere
facie?tdo argentum donent, iuxta aestimationem operis in argento per-
solvant: cum quo pretio rector ecclesiae ad praedictam restaurationeni
operarios conducere et materiam entere possit.
°) P.Sander wollte (Schmollers Jb. 38, 1081) darin einen schlagen-
den Beweis sehen „dafür, daß für die Entfaltung^ eines wirtschaftlich
freien, berufsmäßigen Handwerks im allgemeinen noch kein Boden
vorhanden war". Vgl. dagegen schon für die vorausgehende Zeit
meine ,, Grundlagen" 2, 4i3ff.
— I/I —
gewesen sein. Die Statuten Abt Adalhards von Corbie
(822) bezeugen es für die Gartenkultur ^), das Schuhhand-
werk ^) und das Lohnfuhrwerk. ^) Auch das Schiffergewerbe
muß zum Zwecke der Verkehrsvermittelung Preiswerk schon
betrieben haben. Der Mönch von St. Gallen erzählt geradezu,
die berühmte Rheinbrücke bei Mainz sei durch Böswilligkeit
jener zerstört worden, die sich durch die Schiffsüberfuhr un-
billigen Lohn erbeuten wollten.*)
Durch diese Nachweise sind die beiden Hauptthesen
der älteren Auffassung nun wohl hinfällig geworden. Einmal,
daß die Gewerbe nur auf den Palatien der Könige, den
großen Klöstern und Herrenhöfen der weltlichen Grundherren
vertreten waren ^), dann aber, daß diese Gewerbe ausschließlich
als Lohn- oder Heimwerk betrieben worden seien, d. h. daß
Rohmaterial und Betriebsmittel von dem Auftraggeber bei-
gestellt worden seien. ^)
Noch auf eine Reihe von Quellen möchte ich auf-
merksam machen, die vielleicht gerade einem von Bücher
mit Recht hervorgehobenen Mangel der bisherigen Unter-
suchungen abhelfen können. Er bezieht sich auf die Be-
triebsweise des Handwerkes. Wie immer es, meint Bücher,
zweifelhaft erscheinen mag, ob die Zunftverfassung direkt aus
der Organisation des gevyerblichen Personales der Fronhöfe
hervorgegangen ist, unzweifelhaft sei jedenfalls die Tatsache,
daß die Betriebsweise auch des städtischen Gewerbes sich
unmittelbar an diejenige der hofhörigen Stör- und Heim-
^) Guerard, Polyptyque d'Irminon 2, 315: constiiuimus etiam Ulis
dare ad conducendos homines, qui areas levent in autumno . . . Vgl.
dazu auch W. Müller, Zur Frage d. Ursprungs der mittelalterl. Zünfte.
Leipzig, hist, Abh. 22 (1910) S. 45.
^) Ebenda 308 c. III: die Kleriker erhalten: calcearios 4 cum solis,
exceptis denariis 8 ad calceatnentiim.
') Ebenda 326: de pretio autem, unde illa carra condiici debetti . .
Daß hier nicht ,, ausgeprägtes Lohnwerk" vorliege, wie Sander a. a. O.
1082 behauptet, ergibt schon der Mangel des benötigten Fuhrwerkes,
das eben von außen beschafft werden mußte. Das Kloster stellte ja
die carra nicht selbst bei!
*) Frazidulentia vero quorundam malivolonnn et de navüim siib-
vcctione mercedes iniquissimas co?npilare volentium consumpsit. I. 30
MG. SS. 2, 745.
") Inama WG. I^ 571. «) So K. Bücher a. a. O.
— 172 —
arbeiter anschloß.^) Die Fronhöfe seien für die Ausbildung
des Gewerbes entscheidend gewesen, hier sei gewissermaßen
die Art des Betriebes entstanden, die Technik erfunden
worden.
Man hat dabei übersehen, daß es schon vor und mit
der Ausbildung der großen Grundherrschaften, die man ja
erst ins 8. und 9. Jahrhundert setzt, doch schon in Stadt
und Land gewerbliche Betriebsstätten gab, die nicht inner-
halb der Fronhöfe standen.'-^) Die regelmäßige Bezeichnung
für die technische Betriebsstätte der Gewerbe, die Werkstatt,
ist officina.^) Nun lassen sich auch in den Traditions-
urkunden Veräußerungen von Grundstücken nachweisen, auf
denen solche Werkhäuser (Offizinen) vorhanden waren. Die
eine Verkaufsurkunde aus dem Weißenburger Material be-
trifft das Erbgut einer Frau und bezieht sich wohl auf eine
Mühle, da die Werkstatt (officiolum) am Ufer eines Flusses
gelegen erscheint. Sie gehört noch in die Merowingerzeit.*)
Interessanter ist die Tradition, die ein gewisser Lantfrid
von Mainz in dieser Stadt an Fulda vornimmt. Er tradiert
sein Eigen, eine Hofstatt mit Gebäude, deren Lage nun
näher bezeichnet wird : qiii illoriun civhim vel totiiis vulga-
rici sej-monis dictu mincttpatiir ad hrachatom in 7'ipa
Hrenis fluvii}^ Dieses ahd. Wort, das zunächst -Haus
schlechthin bedeutet ''), ist hier v;ohl im Sinne von Werk-
haus zu fassen, wie auch weiter in der Urkunde von einer
fabrica die Rede ist. Augenscheinlich wurde jene Gegend
der Stadt nach den daselbst befindlichen gewerblichen Be-
triebsstätten so benannt.
^) Art. „Gewerbe" im Hdw. d. Staatswiss. 3. Aufl. 4, S5S.
-) Vgl. darüber jetzt meine „Grundlagen" 2, 412 ff.
*) Vgl. Heyne „Gewerbe" S. 171 nr. 132.
*) Zeuß, Trad. Wizz. nr. 225: sjtper fluviolo Abclica . . porcione mea
ad ipsa villarc A. vel G. de ambas ripas ipso officiolo . . . tradimus.
'") Dronke, Cod. dipl. 102 nr. 180 (c. 803).
•*) Dativ plural. des Substantives rahhat = alts. rakud, ags. reced.
Eine ahd. Glosse' (Steinmeyer u. Sievers 3, 628. 5) bietet für granarium
chornhus vel rahcat. Ich verdanke diesen Hinweis, sowie die hier
gebotene Erklärung der liebenswürdigen Beihilfe meiner Herren
Kollegen Much und Seemüller (f).
— 173 —
Auch in St. Galler Urkunden werden officinae mehrfach
in der Pertinenz von Traditionsurkunden angeführt.^)
Endlich verweise ich noch auf die Urkunde K. Karls III.
vom Jahre 885 für die Kanoniker von Toul, eine Schenkung,
durch die u. a. auch in Moyenvic ein mansus cum officina
an jene verliehen wird. 2)
Aus diesen konkreten Beispielen, die sich noch ver-
mehren lassen dürften, entnehmen wir also, daß solche
gewerbliche Betriebsstätten auch außerhalb der großen Fron-
höfe tatsächlich vorhanden waren, u. zw. nicht nur in der
Hand des Königs und weltlicher Großgrundherren oder der
Klöster, sondern von freien Grundeignern sonst.
Und von diesen Nachweisen aus läßt sich nun für die
Beurteilung der Gewerbe auf den geistlichen Grundherr-
schaften doch eine neue Auffassung gewinnen. Die Tat-
sache, daß dort auf den Fronhöfen auch Handwerker ge-
halten und die eigenen Bedürfnisse an gev;erblichen Erzeug-
nissen z. T. innerhalb dieser Grundherrschaften selbst erzeugt
wurden, ist nicht aus der Eigenart der geschlossenen Haus-
wirtschaft im Sinne Büchers, oder der älteren Maurerschen
Theorie allein zu erklären, sondern wurde jedenfalls auch
zum guten Teil durch die persönlichen Rücksichten
auf den klerikalen Berufsstand (Prinzip der Klausur) mit
bedingt. Das sagt uns ja die Regel des h. Benedikt selbst
ganz ausdrücklich. Ein Kloster solle so gebaut werden, daß
alles für den Unterhalt der Mönche Notwendige innerhalb
desselben erzeugt werden könne, damit die Mönche nicht
auswärts herumziehen müßten. Und die Handwerke werden
dabei ganz besonders auch hervorgehoben ! ^)
Daß diese Rücksichten in praxi tatsächlich auch befolgt
wurden, lehrt als konkretes Beispiel Fulda, für welches die
vita Sturmi mit ausdrücklichem Zitat jener Stelle aus der
1) ÜB. V. St. Gallen i, 68 nr. 69 (773); nr. 99 (783).
2) Mühlbacher Reg.* nr. 1707 (= Bouquet, Recueil 9, 342). Hier
ist wohl an ein Salzwerk zu denken. Siehe unten S. 183.
') Monasteritim autem, si fieri potest, ita debet construi, ut omnia
necessaria, id est aqua, molendimun, liorttis, pistrinum vel artes
divers ae intra monastcrmm exerccantur, zcl non sit neces sitas
monachis vagandi foras. Cap. 66. Vita et regula St. Benedicti 1880.
— 174 —
Regel berichtet, daß der Abt dieser Forderung Benedikts
bei seinen auf die Reform und Hebung des Klosters ab-
zielenden Unternehmungen baulich gerecht zu werden suchte.^)
Auch die Verzeichnung verschiedener Handwerkerstätten
auf dem berühmten Bauplan von St. Gallen — einer Haupt-
quelle für die alte hofrechtliche Theorie — verliert von
diesem Gesichtspunkt aus nun viel an Beweiskraft, da es
sich hier um ein Schema handelt, das den Vorschriften der
Regel nachzukommen strebte, der Wirklichkeit aber in keiner
Weise entsprach. 2)
Hatten also die auf den Fronhöfen der Kirche vor-
handenen Handwerker vornehmlich die Bedürfnisse der
Mönche, bzw. Kleriker selbst zu decken, so war damit aber
der viel weitere und gleichfalls gewerbliche Erzeugnisse be-
nötigende Kreis von Hintersassen und selbständig wirt-
schaftenden Leuten (Hörigen) auf den z. T. recht entfernt
vom Fronhofe gelegenen Hufen noch keineswegs versorgt.^)
Selbst wenn wir nun auch annehmen, daß die einfachen
Bedürfnisse dieser vorwiegend doch Landwirtschaft treibenden
Leute durch rohe Eigenverfertigung einzelner Bedarfsartikel
(bes. d. Kleidung) z. T. gedeckt worden sind, muß hier doch
noch weitere Nachfrage vorhanden gewesen sein, die einem
selbständigen Handwerk Nahrung und Absatzgelegenheit bot.
Vermutlich werden bei kinderreichen Familien die jüngeren
Söhne Gewerbe gelernt haben, wie wir dies in einem Beispiel
von St. Gallen bereits direkt belegt fanden.*)
Die ältere Forschung mußte zu einem ganz irrigen
Bilde der Gewerbeorganisation in der Karolingerzeit ge-
langen , weil sie dabei von Quellen ausging , die ihrem
Charakter nach gar nicht danach angetan sind, uns eine
richtige Vorstellung von den tatsächlich damals vorhandenen
Verhältnissen zu gewähren. Das hatten v. Below ^) und
1) MG. SS. 2, 375 c. 2o.
-) Vgl. auch Bikel, Die Wirtschaftsverhältnisse des Klosters
St. Gallen (1914) S. 2i7f., sowie meine Bemerkungen in Vjschr. f. Soz.
u. WG. 13, 63 ff.
3) Vgl. dazu auch die Bemerkungen v. Belows a. a. O. S. 149.
*) Wartmann ÜB. 2, 261 (887); vgl. auch die Ausführungen
Seeligers a. a. O. S. 11.
«) A. a. O. S. 128 f.
- 175 -
Keutgen ^) bereits zutreffend dargelegt. Das Capititlare de
Villis und der Bauplan von St. Gallen, die so lange das
Modell gebildet haben, nach welchem man eine kunstvolle
Theorie entwickelte, scheiden heute für die Beurteilung
dieser Fragen nahezu ganz aus. Die Urkunden und Urbare,
sowie Traditionsbücher aber stellen uns ein viel reicher
gegliedertes Wirtschaftsleben jener Zeit dar; von einer ge-
schlossenen Hauswirtschaft, wie sie Bücher schematisch auch
für das Mittelalter annahm, kann vollends gar nicht mehr die
Rede sein.^)
Man hat aber noch eine andere Hauptsache gar nicht
berücksichtigt. Auch zur Karolingerzeit hat es ja in
Deutschland bereits Städte und Märkte gegeben,
civitates und mercata, oder empturia waren bereits in ziem-
licher Anzahl vorhanden. Es gab doch schon an 30 Bischof-
städte in Deutschland, außerdem im Norden und im Süden
eine sicher ebenso große Anzahl von Märkten.^) Es ist daher
ganz irreführend, von der Karolingerzeit stets nur
als dem Zeitalter der Grundherr schaffen zu sprechen
und ihr die jüngere Zeit, vom 10. Jahrhundert ab, als das
Zeitalter der Städte gegenüberzustellen. Selbst die Forscher,
welche — wie v. Below und Keutgen — der alten grund-
herrlichen Theorie mit so großem Erfolg entgegengetreten
sind, haben sich davon wohl unter dem suggestiven Ein-
druck eben jener älteren Forschung noch nicht freigemacht.
Die Grund- und Hauptthese, daß mit der Entstehung der
Städte neue wirtschaftliche Bedürfnisse und Absatzquellen,
aber auch neue soziale MögHchkeiten der Ausbildung des
Handwerks zu einem besonderen Berufsstande sich hier
entwickelt haben, ist soweit unrichtig, als man damit einen
neuen, und zwar späteren Abschnitt desselben mit dem
10. Jahrhunderte erst eintreten läßt und darin einen Wende-
punkt in der Gewerbegeschichte erblickt. Ich will gar nicht
besonders untersuchen, wieviel dazu die alte irrige An-
schauung beigetragen und mitgewirkt hat, als ob erst König
Heinrich I. (der Sachse) Städte überhaupt ins Leben gerufen
') A. a. O. S. 12 ff.
2) Vgl. dazu auch v. Below, Hist. Ztschr. 86, 28 ff.
3) Vgl. oben S. 109 ff.
— 176 —
habe und das, was er für Sachsen tat und sich auf dieses
Land auch beschränkte, die Städtegründung überhaupt ein-
geleitet habe.^) Tatsächlich war das, was seit dieser Zeit,
aber besonders später im 12. und 13. Jahrhunderte mit dem
stärkeren Hervortreten der Städte und Vermehrung ihrer
Zahl deutlicher und in den Quellen jetzt weithin sichtbar
wird, doch auch zur Karolingerzeit, ja früher schon ^), wenn
auch in viel bescheidenerem Maße vorhanden: Markt und
Nachfrage.
Gewiß gab es noch keine „Städte" im Rechtssinne des
späteren Mittelalters mit Exemtion vom öffentlichen Gericht
und Autonomie der Verwaltung, allein gerade die wirt-
schaftlichen und sozialen Bedingungen, welche für
die Ausbildung des Handwerkes als entscheidend
betrachtet werden, sind bereits vorhanden: der
Markt als Absatzstelle für die Gewerbeprodukte und auch
die besonders den jüngeren Söhnen der bäuerlichen Hinter-
sassen hier sich eröffnende Möglichkeit, ein Handwerk zu
lernen.^) Auch die Bischofstädte waren ja, was das Grund-
eigentum betrifft, keineswegs einheitlich geschlossen, sondern
es herrschte auch da Streubesitz, ganz ähnlich wie auf
dem Lande. Das lehren uns die Quellen, soweit solche für
die Städte von damals vorliegen, sehr deutlich, z. B. für
Mainz und Worms, aber auch für Köln, Straßburg und
Passau. '^) Und daß Städte und Märkte bereits damals eine
mächtige Anziehung auf die ländliche Bevölkerung ausübten,
bezeugen nicht nur das Capitulare de Villis, sondern auch
andere Kapitularien aus den Tagen Karls des Großen.
Nimmt man hinzu, was früher über die freie Lohnarbeit
ausgeführt worden ist^), so wird man auch da eine viel
freiere wirtschaftliche Betätigung annehmen und zugeben
müssen, daß die persönliche Unfreiheit nicht auch eine
volle und exklusive wirtschaftliche Unfreiheit bedingte.
Das hat schon v. Below sehr treffend dargelegt'^), dann
^) Vgl. Rodenberg in den Mitt. d. Instit. 17, 161 ff.
-) Vgl. meine „Grundlagen" 2, 383 ff.
*) Vgl. dazu Seeliger, Grundherrschaft u. Staat S. 11 u. 17.
*) Vgl. oben S. 125 ff. ^) Siehe oben S. 35 f.
«) Oben S. 86 ff. ') Zs. f. Soz. u.WG. 5, 156 f.
— 177 —
Keutgen wieder ^), und neuerdings haben es auch Seeliger ^)
und W. Müller^) besonders betont.
Über die Handwerker verbände in der KaroUngerzeit
ist aus den Quellen nur sehr wenig zu entnehmen. Denn
das meiste, was man bisher da herauslesen wollte, hält
kritischer Untersuchung nicht stand. Die coniurationes,
gegen welche Karl der Große und seine Nachfolger wieder-
holt Stellung nahmen, können kaum auf Handwerker be-
zogen werden*), sie beweisen nur, daß freie Vereinigungen
zum Zwecke der Selbsthilfe damals überhaupt vorkamen.
Aber auch dem Worte officium kommt keine technische
Bedeutung in dem Sinne zu, daß wir hier etwa an „Ämter"
als Vorläufer der späteren Zünfte denken dürften. Schon
Keutgen hat richtig ausgeführt, daß offichim in dem Capi-
tula?'e de Villis (c. 41) in einem unserem „Beruf" analogen
Sinn gebraucht ist.^) Ähnlich spricht, wie wir gesehen
haben , auch der Mönch von St. Gallen einmal von dem
officium eines unfreien Glasers seines Klosters^), den er
zugleich doch als Vertreter der niedrigsten Bevölkerungs-
klassen hinstellt.
Endlich ist auch magister nicht der Vorstand eines
Handwerkerverbandes, sondern vielmehr derjenige, welcher
sein Handwerk besonders gut versteht, Meister im Sinne
von Kenner, Künstler. Auch darin können also nicht, wie
Gareis meinte*^), „die deutUchen Anfänge des späteren Zunft-
wesens, der obligatorischen Innungen des deutschen Mittel-
alters" gesehen werden. Zu den treffenden Bemerkungen
Keutgens^) kann der Gebrauch dieses Wortes (magister j
beim Mönch von St. Gallen noch hinzugehalten werden.^)
Neben dieser Bedeutung kommen auch magistri vor,
die den Vorgesetzten oder Aufseher bedeuten. W. Müller
polemisiert aber in diesem Punkte zu Unrecht wider Keutgen,
0 A. a. O. S. 51. "-) Staat u. Grundherrschaft S. 12 ff.
») A. a. O. ^ 24. *) Siehe oben S. 30 ff.
^) A. a. O. S. II u. 138. 8) Siehe oben S. 163.
'') Bemerkungen zu K. Karls d. Gr. Capit. de Villis (German.Abh.
zum 70. Geburtstag Konr. Maurers) S. 246 § 7 u. die Landgüterordnung
Karls d. Gr. S. 8 u. 41 Note (magister).
*) A. a. O. S. 8, ") I. 29, dazu siehe oben S. 154.
D 0 p s c h , Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit. II. 2. Aufl. 12
- 178 -
da diese zweite Verwendung des Wortes magister jene
andere keineswegs ausschließt. Selbst wenn man geneigt
ist, mit Müller anzunehmen, daß die Masse der abhängigen
Leute der Großgrundherrschaften in Abteilungen eingeteilt
gewesen sei, denen Meister vorgesetzt waren, so fehlt jede
Begründung für dessen weiteren Schluß, daß diese Einteilung
nach Berufen erfolgt sei, die Angehörigen eines jeden Ge-
werbes unter einem Meister zusammengefaßt wurden.^)
Jedenfalls aber hat es doch wohl auch Handwerker-
verbände damals schon gegeben, u. zw. in den Städten, wo
eine genügende Zahl von Betrieben desselben Gewerbes
vorhanden war. Zwei Königsurkunden von Worms erwähnen
eine Genossenschaft (societas) der parafridi, welche Fiskalinen
waren und nun vom Könige an das Bistum dort neben anderen
Gütern geschenkt werden. Sie waren bis dahin dem Könige
zu Spanndiensten für die Heerzüge (in expeditione) und Bei-
stellung anderer vom Fiskus benötigter Gebrauchsgegen-
stände (Utensilien) im Bedarfsfalle verpflichtet.^) Sie werden
namentlich aufgezählt — es sind 1 2 — und mit ihrer Nach-
kommenschaft der Wormser Kirche überwiesen. Wir haben
also an unfreie Fiskalinen zu denken.
Ich sehe aber gar kein Hindernis, warum in den Städten
auch die sicher vorhandenen freien Handwerker sich nicht
damals schon zu Verbänden zusammengeschlossen haben
sollen. Sichere Belege freilich sind dafür bis jetzt nicht nach-
zuweisen. Es gehen uns eben auch, wie schon bemerkt,
nahezu alle Quellen über die nachweislich vorhandene freie
Bevölkerung in den Städten jener Zeiten ab. Das Recht,
Vereinigungen zu begründen, war aber von der Staatsgewalt
so weit anerkannt, als es nicht gegen ihre eigenen Interessen
verstieß. Die viel zitierten Verbote Karls des Großen und
seiner Nachfolger wider die coniurationes aber richten sich
nicht gegen die Vereine als solche, sondern nur gegen das
(geheime.?) Eidschwören, weil dies mit dem allgemeinen
Königseid und den damit gegebenen Verpflichtungen un-
vereinbar erscheinen mochte. Ausdrücklich werden aber
^) A. a. O. S. 64; vgl. dagegen Müllers Ausführungen selbst
a. a. O. S. 58.
^) Mühlbacher Reg.- nr. 1935 (897) u. 2019 (904).
~ 179 —
eben bei dieser Gelegenheit Vereinigungen zu wohltätigen
Zwecken, d. h. gegenseitiger materieller Hilfe (de illorum
elemosinis), wider Feuersgefahr und Schiffbruch doch als
erlaubt hingestellt.^) Ohne nun deshalb schon einen Zu-
sammenhang mit den späteren Zünften annehmen zu wollen,
sei nur so viel bemerkt, daß letztere doch auch solche Zwecke
mitverfolgten, z. B. Krankenunterstützung. Sollte das karo-
lingische elevtosina nicht auch in diesem Sinne gemeint sein?
Natürlich standen dort andere Ziele im Vordergrund, vor
allem wurde der Schutz wider fremde Konkurrenz im Ge-
werbe mehr und mehr Hauptsache. Davon ist hier noch
nichts zu merken. Aber das war dort doch auch nicht der
Ausgangspunkt und Anfang.
Vielleicht kann hier am besten gleich auch angeschlossen
werden, was sich über den Bergbau in der Karolingerzeit
finden läßt. Es ist ja wenig genug, v. Inama-Sternegg hat
in seiner deutschen Wirtschaftsgeschichte außer dem Salinen-
betrieb zu Reichenhall und im Bistum Metz eigentlich nur
den Hinweis auf das Capitiilare de Villis geboten. 2) In der
zweiten Auflage kam dann der Verweis auf das Urbar von
Chur hinzu, das von Eisengruben im Montafon Nachricht
gibt. V. Inama sah darin nun „das älteste Beispiel eines
organisierten Erzbaues". ^)
Tatsächlich läßt sich aus den Quellen ein viel reicheres
Bild zusammenstellen. Vor allem finden sich doch auch
schon Spuren der Edelmetallgewinnung in Deutschland
selbst. Aus dem Indiculus Arnonis und den Breves Notitiae
von Salzburg kann man entnehmen, daß damals schon im
Salzburgischen auf Gold gegraben wurde.*) Ebenda wird
auch vom heiligen Rupert erwähnt, er habe vom Herzog
Theodo ein Dorf gekauft und dafür 1000 Soldi in auro
^) MG. Capit. I, 51 c. 16 (779). Vgl. dazu auch oben S. 137.
*) I, 426 f. ») Ebenda i *, 579.
*) Saizburger ÜB. i, 20 c. III: Interea vero contigit, iit diw viri
irent surstim per Salzaha in heremiun ad venandum atque ad au mm
faciendum ; vgl. auch ebenda S. 15.
— i8o —
et argento gegeben.^) Zinse an Gold sind auch durch ein
Diplom Ludwigs des Kindes vom Jahre 908 für Salzburg
bezeugt, durch das der Hof Salzburghofen im Salzburggau
(im heute bayerischen Bezirk Laufen) geschenkt wird. 2)
Dazu verdient auch der Umstand Beachtung, daß in den
Freisinger Traditionen wiederholt Wertangaben nach Gold-
solidi gemacht werden.^)
Ferner wurde damals auch Silber in Deutschland
schon gewonnen. Otfrid von Weißenburg erwähnt Silber-
bergwerke mit reicher Ausbeute.*) Daß auch jene im
Fichtelgebirge schon in der Karolingerzeit bestanden, wie
Soetbeer annahm^), ist unsicher, weil kein direktes Zeugnis
dafür vorliegt.
Insbesondere aber wurde Eisen bereits viel gebaut,
u. zw. an verschiedenen Stellen Deutschlands. Auf die Berg-
werke in Alemannien (Vorarlberg) hatte schon, wie bemerkt,
V. Inama zuletzt verwiesen. In Schwaben aber muß der
Eisenbau überhaupt, auch außer den Montafoner Gruben
sehr verbreitet gewesen sein. Denn in den St. Galler Ur-
kunden wird Eisen sehr häufig geradezu als Wertmesser, ja
als Geld verwendet, derart, daß von Solidi und librae de
ferro die Rede ist, oder ein Geldwert auch in ferramentis
geleistet werden kann, oder das Äquivalent in ferro an-
gegeben wird.^)
Ahnliches ist, mindestens später, auch in Thüringen
vorgekommen, da nach dem Fuldaer Urbar s. XI ein Re-
luitionspreis für einen Schafzins in Eisen vermerkt wird.')
In diesem jüngeren Urbar werden Zinse in Eisen noch
weiter auch erwähnt zu Bracht in Hessen (Bezirk Salmünster)^),
^) Ebenda S. 19. -) Mühlbacher Reg.^ nr. 2055.
^) Bitterauf nr. i, 200 g. 364. 508. 679.
*) Darauf haben schon Soetbeer in F. z. DG. 4, 349 und Heyne
a. a. O. S. 94 aufmerksam gemacht.
^) A. a. O. 349; vgl. unten § 13.
*) ÜB. V. St. Gallen i nr. 194 (807); 235. 248. 254. 255. 262. 293.
297; 2, 16 nr. 395; 85 nr. 468; ir6 nr. 501; 306 nr. 705 (896) u. a. m_
') Dronke, Trad. Fuld. 116 nr. 8 in Geysaha (Geisa bei Eisenach)
oves 2 vel precium earum in ferro; vgl. dazu auch die unten S. 182
nr. I zit. Urk. K. Ottos.
*) Ebenda 113 nr. 287 üi loco ubi ferrtim in terra invetiitur.
— I«I —
zu Muette im Nassauischen (Bezirk Weilburg) ^) und zu
Kissingen in Unter franken.^)
Möglicherweise reichen auch diese Vorkommnisse weiter
zurück, da ja der Inhalt von Urbaren oft älter ist als deren
Abfassungszeit. ^)
In den Lorscher Traditionen aber kommt eine Schenkung
vor, die eine Eisenmine zu Wannendorf im Lahngau be-
trifft.*) Das Urbar desselben Klosters weist gleichfalls
Eisenzinse zu Wiline (Weil ?) im Lahngebiet ^) aus und
außerdem noch zu Kandern im Breisgau.^)
Endlich möchte ich nicht unerwähnt lassen, daß in den
Xantener Jahrbüchern zu 868 für die Schilderung einer
Feuererscheinung bildlich Eisenschmelzöfen zum Vergleiche
verwendet werden ''), was wohl doch darauf deutet, daß in
der Nähe solche damals vorhanden waren. Diese Vermutung
findet eine starke Stütze an einer nordgermanischen Nach-
richt, nach welcher skandinavische Häuptlinge mit VorUebe
Schwerter aus den Rheinlanden trugen.^) Wahrscheinlich
war die rheinische Eisenindustrie auch in jener Zeit
bereits vorhanden.^) Auch der Hochgesang auf das
Eisen beim Mönch von St. Gallen ^°) gewinnt ja nun durch die
Nachweise aus den St. Galler Urkunden erst seine charakte-
ristische Erklärung.
Wahrscheinlich gehören aber auch noch die Eisen-
gruben in den Alpen, welche doch schon in einer bisher
übersehenen Salzburger Tradition vom Jahre 931 erwähnt
werden und wohl das obere Lavanttal (Kärnten) betreffen ^^)
schon dieser Zeit an. Ebenso vielleicht auch die Eisen-
') Ebenda 121 nr. 39. -) Ebenda 127 nr. 48.
') Vgl. darüber meine Einleitung zu den Österr. Urbaren I. i § 2.
*) Cod. Lauresham. 3, 239 nr. 3701. ^) Ebenda 226.
') Ebenda 182 in Cantero; dazu Edw. Schröder im i. Bande S. 120
") MG. SS. 2, 232: sicut massaferri in conflatorio scmtillas emitiens.
*) Vgl. A. Bugge in Vierteljschr. f. Soz. u. WG. 4, 254.
') Daß dieser Satz keine „groteske Übertreibung" ist, wie P.
Sander, der auch hier krampfhaft für die alte Lehre eintrat (a. a. O.
1082 f.), gemeint hat, ergibt sich jetzt ganz schlagend aus den Dar-
legungen M. Buchners in Zs. d. Aachener Gesch. -Ver. 50. Bd. über
Einhard als Künstler.
'") Siehe oben S. 141. ^*) Salzburger ÜB. i, 79 nr. 13.
— l82 — .'
gruben, welche eine Urkunde König Ottos für St. Moritz
(Magdeburg) vom Jahre 960 in Thüringen bezeugt.^)
Ferner wurde auch Blei in der Karolingerzeit schon
bergmännisch gewonnen. Ich sehe da ganz von der Er-
wähnung der Bleigruben im Capitttlare de Villis (c. 62) ab,
weil dieses sich m. E. auf Südfrankreich bloß bezieht. Wir
wissen aber, daß der Dom von Aachen mit Bleiziegeln
gedeckt war ^) , wahrscheinlich auch andere große Bauten,
denn 781 — 86 ersuchte der Papst Hadrian I. Karl den
Großen um 1000 Pfund Blei (stagni) und ein zweites Tausend,
die der Kanzler Hitherius versprochen hatte zur Bedachung
von St. Peter (pro aulae tectae).') Das setzt eine be-
deutende Bleiproduktion doch schon voraus.*) Zudem finden
wir noch Belege für Nordfrankreich in einer Formel aus
St. Denis ^), und für Hessen in den freilich jüngeren Fuldaer
Urbaren (s. XI).*) (Hesselbach im heute westfälischen Kreis
Wittgenstein).
Endlich muß aber auch betont werden, daß die Salz-
gewinnung'') keineswegs auf die wenigen Stellen beschränkt
war, die v. Inama bloß angeführt hat: Reichenhall in Bayern,
dann das Salzwerk im Bistum Metz und Vic. Das andere,
das er noch aus den Traditionen von Weißenburg zitiert^),
befand sich aber nicht im Elsaß, wie er meinte, sondern zu
Marsal in Lothringen (Seillegau), wie auch Diplome jener
1) MG. DO. I. 214 = v. Ottenthai Reg. Imp. nr. 286.
*) Ann. reg. Francorum (ed. Kurze MG. SS. rer. Germ. 1 895) zu 829.
*) MG. Epp. 3, 610".
*) Auch dagegen hat P. Sander a. a. O. 37, 21 14 mit wenig Glück
opponiert. Ich kann jetzt noch auf einen Beleg aus Deutschland
hinweisen, wo für Benedictbeuren ebenfalls die Bleiziegelbedachung
für die Zeit Karls d. Gr. bezeugt ist. Chron. Benedictobur. MG.
SS. 9, 216.
*) MG. FF. 505 nr, 17 Z. 20: de phimbo et materiamine similiter
demandate, qiialiter navigio iuxta vohintatem [vestram de] Sancto illo
tisqiic ad locitm, uhi Signa confluit in mare, nos ita adducere [possimus] , . .
") Dronke, Trad. Fuld. 39 nr. 109: in villa Hesilenhah, tibi plum-
bwn operari potest in regione Hessorum, in pago Bernuffe.
') Kalischer, Beitr.'z. Handelsgesch. d. Klöster in d. Zeit d. Groß-
grundherrschaften 1911 S. 76 ff.
*) WG. I, 427 nr, 2 = I -, 580 n. i.
— i83 —
Zeit dartun. ^) In der 2. Auflage wies er dann noch auf
die Salzpfannen zu Salzungen (in Sachsen-Meiningen) hin.^j
Außerdem sind aber noch zahlreiche andere Salzbergwerke
damals bereits nachweisbar, die v. Inama auch in seiner
Spezialarbeit über die Verfassung der Salinen im Mittel-
alter nicht vermerkt hat.^) Jenes zu Iris, das ein Diplom
Ludwigs des Frommen erwähnt*), lag vermutlich auch im
Seillegau (Lothringen), da es neben Marsal genannt wird.
Salzquellen zu Aschbach im Niddagau (Hessen) führt eine
Lorscher Tradition an^), solche zu Kissingen in Unterfranken
die Fuldaer Urbare®) und Urkunden. '') Ferner tritt Halle a./S.
damals schon hervor.^) In Sachsen sind Salinen sonst noch
zu Bodenfeld im Leinegau durch das Diplom Ludwigs des
Frommen vom Jahre 833 für das Kloster Korvey^) und zu
Soest 1") belegt.
Doch darf nicht übersehen werden, daß auch die großen
Salzlager des österreichischen Salzkammergutes schon in
der Karolingerzeit an verschiedenen Stellen abgebaut wurden.
Und zwar nicht nur imTraungau^^), der alten prähistorischen
Fundstelle, sondern auch im steirischen Ennstale bei Ad-
mont.^^j
Dagegen ist die Beziehung des Zollprivilegs Ludwigs des
Deutschen für Kempten . vom Jahre 837 auf Hall in Tirol
irrig ^^), es ist vielmehr dieses Hall auf Reichenhall zu deuten.^*)
') Mühlbacher Reg.^ nr. 633, vgl. auch 623. Dazu auch Kalischer,
a. a. O. S. 78 f.
^) WG. I *, 580 n. I. Das schließlich noch zit. DCar. nr. 290 kann
als spätere Fälschung hier nicht, wie v. I. wollte, verwertet werden.
') In Sitz.-Ber. d. Wiener Akad. iii, 570 u. 572.
*y Mühlbacher nr. 623. ^) Cod. Lauresham. 3, 88 nr. 3335.
^) Dronke, Trad. Fuld. 87 nr. 126 u. 127 nr. 48.
'') Dronke, Cod. dipl. Fuld. nr. 404. 410. 412.
*) Vgl. das Chron. Moissiac. zu 806: MG. SS. 2, 258.
') Mühlbacher ^ nr. 923.
") G. Jacob, Ein arab. Berichterstatter aus d. 10. Jahrh. 3. Aufl.
(1896:8.45.
") MG. Capit. 2, 251 c. 5. ^-) Salzburger ÜB. i, 79 nr. 13 (gsi)-
**) So noch Mühlbacher nr. 1364.
'*) Vgl. J. Zösmair, Zeit d. Entdeckung u. älteste Gesch. d. Haller
Salzbergwerkes, Zschr. des Ferdinandeums f. Tirol u. Vorarlberg 54,
291 f. (19 10).
— i84 —
Für die Meersalzgewinnung lassen sich gleichfalls Be-
lege aus dieser Zeit nachweisen, nicht nur für die Mero-
wingerzeit.^) Ein Brief des Erzbischofs von Sens an den
Bischof von Toul von 8i8 — 28 bietet dafür einige Nach-
richten. Damals schickt der Erzbischof an Frothar i Pfund
Silber, auf daß er seine Wagen mit Salzfracht versorge.^)
Dazu möchte ich auch noch die Zollprivilegien für west-
fränkische Kirchen stellen , die ausdrücklich auf die Be-
schaffung von Salz gerichtet sind, u. zw. durch Schiffsfracht.^)
Auch der später durch die Hansa so gepflegte Baienhandel
in der Vendee (Bourgneuf) tritt schon in deutlichen Ansätzen,
zu Bouin und Noirmoutier, jetzt hervor.*) Vielleicht bezieht
sich darauf auch die Stelle in dem Capitulare Ludwigs des
Frommen vom Jahre 821 ^), auf die bereits Waitz hingewiesen
hatte. ^) Aber auch in Friesland muß derselbe Vorgang schon
üblich gewesen sein, wie das Diplom König Zwentibolds für
die Abtei Nivelles bezeugt. '^)
Durch all diese Einzelnachweise, welche die Spezial-
forschung wahrscheinlich noch weiter wird vermehren können,
tritt die Bedeutung des Bergbaues für das ältere deutsche
Wirtschaftsleben doch in ein ganz anderes Licht. Er hat
jedenfalls eine ungleich größere Rolle in der Karolingerzeit
schon gespielt, als man bisher meinte. Ich glaube aber weiter,
daß man auch die Art des Betriebes selbst ebenso unter-
schätzt hat. V. Inama-Sternegg, der in der I.Auflage seiner
Wirtschaftsgeschichte geradezu behauptet hatte, daß „große
Unternehmungen dieser Art während der ganzen Periode
noch nicht versucht worden sind" ^), mußte in der 2. Auflage
^) So nahm v. Inama WG. i ^, 581 an.
■■') MG. Epp. 5,281 nr. 8: Contigit innostra provincia preseiiti a^ino
sal fore carissinrnm, eo quod propter phivias in areis maritimis , tibi
fieri solebat, non potuisset perfid . . . Quapropter misi libram, tit con-
sideretis, qualiter carra nostra sah iiide mihi revertantur honusta . . .
«) So z. B. Mühlbacher nr. 855 (f. Nevers).
*) Vgl. Agats, Der hansische Baienhandel (Heidelberger Abh. z.
mittleren u. neueren Gesch. 5. Heft S. 9 u. 12).
^) MG. Capit. I, 301 c. 8. Siehe die Vorbemerkung des Herais-
gebers.
«) VG.4-, 135 nr.3. '') Mühlbacher Reg.- nr. 1971. ') 1,427.
- i85 -
diese Behauptung doch schon wesentlich abschwächen^), da
das Urbar von Chur, welches er früher für das ii. Jahr-
hundert verwertet hatte ^), als Quelle des 9. Jahrhunderts
erkannt worden war. Er betrachtete diese Nachricht zuletzt
als „das älteste Beispiel eines organisierten Erzbergbaues".
Das trifft aber ebensowenig zu, wie die andere generell
aufgestellte Behauptung, daß der Betrieb der Bergwerke in
der älteren Zeit durchaus eine herrschaftliche Organisation
zeige und kleine freie Grundbesitzer nirgends sicher als
Bergbauunternehmer nachzuweisen seien. ^) Dagegen ließe
sich bereits die Interpretation geltend machen, die doch
V. Inama selbst jener Stelle des Churer Urbares früher ge-
geben hatte. Es diente ihm ja im 2. Bande seiner Wirt-
schaftsgeschichte geradezu zum Beweise, daß sich dort in
Churrätien „die ersten Ansätze zur Ausbildung der späteren
Gewerkschaft des deutschen Bergrechtes" beobachten lassen.*)
Zudem aber spricht noch eine Reihe anderer, u. zw. wesentlich
älterer Quellen, die v. Inama freilich ganz übersehen hat,
ebenso deutlich. In einer Urkunde aus Weißenburg vom
Jahre 786 schenkt ein Tradent im Seillegau (Lothringen)
u. a. auch de aeramento omncm portioiiem mearn, qiiod est
in illa patella, hoc sunt libras centjivi.^) Das setzt nicht
nur voraus, daß wie dieser, auch andere freie Grundeigner
an jenem Werke beteiligt waren, sondern läßt zugleich auch
auf eine größere Ausdehnung des Unternehmens schließen,
da dieser Anteil allein doch 100 Pfund (Salz) abwarf. Auch
an den Salzquellen zu Kissingen hatten kleinere Freie Anteil,
wie eine Tradition an Fulda beweist^), und Ähnliches läßt
sich auch aus Weißenburger '^) und Mondseer **) Traditionen
erschließen. Im Lahngau aber schenkte ein Freier an
Lorsch (779 — 82^ ein Dritteil de sua niina ad faciendiim
ferrum.^) Gerade der Umstand, daß damals bei der Eisen-
wie Salzgewinnung die Unternehmungsform der handwerks-
1) I^ 579. ') WG. 2, 333. •^) DWG. 2, 331 f.
*) Ebenda S. 333.
°) Zeuß, Tradit. Wizz. S. 198 nr. 206; vgl. auch ebenda nr. 207.
*) Dronke, Cod. dipl. nr.412 (823): meani partem in s also fönte . . .
■') Vgl. Tradit. Wizz. nr. 264.
*) ÜB. d. Landes ob d. Enns i, 81 nr. 137.
') Cod. dipl. Laurcsham. 3, 239 nr. 3701.
- i86 —
mäßige Kleinbetrieb war^), mochte auch kleineren Grund-
eignern die Möglichkeit bieten, daran teilzunehmen, u. zw.
neben größeren Grundherren, etwa so wie bei der Mark-
genossenschaft.^)
Daß übrigens diese Bergwerke der Karolingerzeit nicht
ausschließhch nur dem grundherrlichen Bedarf dienten,
sondern auch für den Markt bereits produzierten, hat Heyne
mit dem Verweis auf zwei ahd. Glossen wahrscheinlich
gemacht. Dieselben setzen nämlich ferrarius mit isen-coufo,
tsin-choufo und calipso mit stahelcoufo, stahilchoufo gleich.^)
§ II-
Handel und Verkehr.
Ganz allgemein herrschte bis vor kurzem die Annahme,
daß der Handel in der Karolingerzeit nur sehr geringe Be-
deutung gehabt habe. Das ergab sich als rationalistischer
Schluß aus der Gesamtauffassung des Wirtschafts- und Kultur-
lebens jener Zeiten.*) Nahm man eine so überragende und
alles bestimmende Stellung der großen Grundherrschaften
in jener Zeit an, und waren diese wirklich zu einer ge-
schlosseneren Villikationsverfassung geordnet, so mußte
diese Hypothese tatsächlich solche Vorstellungen zur lo-
gischen Folge haben. Die Theorie von einer angeblich
vorhandenen geschlossenen Hauswirtschaft ließ keinen Raum
für die Existenz eines nennenswerten Handels.
Bei der Spärlichkeit der Quellen und noch mehr ihrer
spezifischen Eigenart vermochte sich jene abstrakte Spe-
kulation um so eher zu halten, als eincß-ingendere Unter-
suchungen über diese Kapitel der deutschen Wirtschafts-
geschichte für die KaroUngerzeit so gut wie ganz fehlten.
•) Vgl. darüber A. Zycha, Vjschr. f. Soz. u. \VG. 14, 90 f., sowie
desselben Art. Bergbautechnik u. Eetriebsgeschichte, ferner „Salinen"
in Hoops Reallexicon d. germ. Altertumskunde.
-) Vgl. im I. Bande S. 396.
*) Das altdeutsche Handwerk S. 99 n. 77.
*) Vgl. im I. Teile dieses Werkes S. 8 f.
- i87 -
Das, was bei G. L. v. Maurer und G. Landau bewußte
Absicht gewesen, ihre Darstellung auf die Fronhöfe, bzw.
Agrarwirtschaft einzuschränken^), wirkte, da die spätere
Forschung sie zur Grundlage nahm, unwillkürlich auch auf
diese weiter. Und so haben auch K. W. Nitzsch^) und
K. Lamprecht ^j, v.Inama-Sternegg*), sowie die auf letzterem
fußenden Geschichtsdarstellungen, z. B. jene E. Mühlbachers ^),
durchaus diesen Standpunkt eingenommen. Am schärfsten
hat ihn K. Bücher formuliert , da er seine gleichfalls auf
jenen wirtschaftsgeschichtlichen Arbeiten ruhende Theorie
von der sog. geschlossenen Hauswirtschaft entwickelte.
„Der Tausch, sagt er, ist ein der geschlossenen Haus-
wirtschaft fremdes Element." ®) Im früheren Mittelalter
hätten die Gegenstände des täglichen Bedarfs einem regel-
mäßigen Austausch nicht unterlegen.'') „Seltene Natur-
produkte und vereinzelt auch gewerbliche Erzeugnisse von
hohem spezifischen Wert bilden die wenigen Handelsartikel."
„Es gibt im regelmäßigen Verlauf der Wirtschaft auch keine
Waren, keinen Preis, keinen Güterumlauf." ^j
So wird begreiflich, daß auch Spezialarbeiten über
Handelsgeschichte, die nicht auf die Karolingerzeit besonders
gerichtet waren, diese selbst ähnlich noch bewerteten, wie
etwa das überaus wertvolle Werk AI. Schultes über den
Handel Südwestdeutschlands mit Italien im Mittelalter.^)
Im ganzen also : geringe Veranlassung und Antriebe
zum Handel überhaupt, dann aber das Wenige, was vor-
handen war, durchaus grundherrschaftlichen Ursprungs.
Eine eigentümliche Stellung in der Entwicklung unserer
Erkenntnis auf diesem Gebiete hatte von Inama- Sternegg
eingenommen. Er bemerkte augenscheinlich doch in den
Quellen, besonders in den Kapitularien, einzelne deutliche
') Ebenda S. i f.
^) Die oberrhein. Tiefebene Preuß. Jb. 30, 241 ff. {= Deutsche
Studien S. 127 f.).
») DWL. 2, 250 f. u. Deutsche Gesch. 2, 91 f. *) DWG. i, 44f-
^) Deutsche Gesch. unter den Karolingern S. 285 (1896).
«) Die Entstehung der Volkswirtschaft, 5. Aufl. (1906) S. 113.
'') Ebenda m. *) Ebenda 114.
") Gesch. d. mittelalterl. Handels u. Verkehrs zwischen West-
deutschland u. Italien mit Ausschluß von Venedig i (1900), 68 ff.
— i88 —
Zeugnisse für eine rege Verkehrswirtschaft auch in jener
Zeit. Und da er nun ganz im Sinne seiner Vorgänger,
V. Maurers und K. W. Nitzsch' ^), den wirtschaftlichen Auf-
schwung der KaroUngerzeit gegenüber jener der Merowinger
einer zielbewußten Initiative und großzügigen Organisation
Karls des Großen zuschrieb, so meinte er eine bestimmte
Wirtschaftspolitik auch hier konstatieren zu können. Nach
allen Seiten hin seien jetzt die Voraussetzungen eines regeren
und geregelten Verkehrs geschaffen worden.^) Die Villen-
verfassung habe in den Haupthöfen Zentralpunkte des Ver-
kehrs etabliert, dem Handel sei aufs bestimmteste die Bahn
nach diesen Hauptsitzen der Wirtschaft gewiesen, anderseits
aber durch die Ausbildung des Grafenamtes, dem die Ob-
sorge für die Instandhaltung und Sicherheit der Verkehrs-
wege übertragen erscheint, die Förderung und Belebung
des Verkehrs erfolgreich betrieben worden.^) Ja, Karl sei
auch bemüht gewesen, die großen Grundherrschaften zur
Ausbildung des Marktverkehrs in ihrem Gebiete anzuregen *)
und eine auf die Belebung des Verkehrs abzielende Ver-
waltungspraxis zu üben^), endlich aber darüber hinaus mit
weiser Zollpolitik auch internationale Handelsbeziehungen zu
eröffnen, da er die hier winkenden Vorteile „erspäht" habe.
V. Inama wollte geradezu in einzelnen bekannten Vor-
gängen der Karolingerzeit Äußerungen dieser großzügigen
Handelspolitik erblicken. Karl habe die Awaren bezwungen,
„um den Donauweg nach Konstantinopel wieder frei zu
machen"^), er habe „für sein Volk den Donau -Mainkanal
angelegt und eine große Verkehrsstraße nach dem Lande
der Slawen und Awaren eingerichtet". Selbst der Schutz
für die Rompilger, die Seekämpfe mit den Griechen und
Arabern im Mittelmeere und das Interesse Karls für den
Orient wurden als Belege angeführt, „um ihm eine ziel-
bewußte Handelspolitik auch nach dieser Seite hin zu-
zuschreiben".'^) All diese Bemühungen Karls hätten aber
keinen dauernden Erfolg gezeitigt, da unter seinen Nach-
folgern ein Verfall eingetreten sei.
") Vgl. im I.Teil S. 7ff. ") DWG. i, 429- ') Ebenda 431-
*} Ebenda 433. '") Ebenda 434- ') Ebenda 435-
") Ebenda 437.
— i89 —
V. Inama hat auch da versucht, diese Widersprüche, auf
welche er durch die Quellen selbst aufmerksam wurde,
schließlich doch mit der herrschenden Lehre zu vereinigen.
Und so finden wir bei ihm dann eine nach solchen
Prämissen doch überaus befremdliche Zusammenfassung:
„Obwohl nun so manche Faktoren zusammenwirkten, um das
Verkehrsleben und den Handel der Deutschen zu beleben,
ihm neue Gebiete zu erschließen, bessere Einrichtung und
reichere Nahrung zu geben, so dürfen wir uns dennoch
von demselben noch immer keine zu großen Vorstellungen
bilden". 1)
v. Inama hat diese Anschauungen noch bis zu seinem
Ende 1908 erfolgten Tode festgehalten und auch in der
2. Auflage seines Werkes ohne Rücksicht auf die unter-
dessen bereits erschienene neue Spezialliteratur wieder vor-
gebracht. Gerade durch diese neuen Forschungen aber
sind m. E. jene älteren Vorstellungen bereits völlig haltlos
geworden. Indem nun der Handel und Verkehr einzelner
Gebiete Europas zum Gegenstande selbständiger Unter-
suchung gemacht wurde, ergab sich, da diese frei von den
alten Scheuklappen rein grundherrschaftlicher Auffassung
vorging und die Quellen selbst zu Worte kommen ließ, ein
völlig anders geartetes Bild. Die einzelnen Nachrichten fügten
sich bei sorgfältiger Aufsammlung und Berücksichtigung
auch der Münz- und sonstigen Grabungsfunde zu einem
überraschend eindrucksvollen Bilde zusammen. Am besten
kann man das m. E. heute schon an der Geschichte des
nordischen Handels abnehmen, v. Inama sah, da er in
der 2. Auflage auf die von Waitz beigebrachten Quellen-
belege aufmerksam wurde, darin doch nur „vereinzelte
Nachrichten immerhin über Kaufleute, die nach Schweden,
Kurland etc. gehen". ^)
Aber schon 1903 hatte W.Varges auf die Bedeutung des
Handels in der Nord- und Ostsee bereits in prähistorischer
Zeit hingewiesen und dessen Fortdauer durch die Zeit der
Römerherrschaft hindurch verfolgt.'^) Bald darauf (1906) hat
1) Ebenda 448 = i '-, 609. -) WG. i -, 583 n. 2.
*) Der deutsche Handel von der Urzeit bis zur Entstehung des
Frankenreiches. Beil. z. Jahresbericht des Realgymn. zu Ruhrort 1903.
— I90 —
A. Bugge auf Grund eigener älterer (nur norwegisch ver-
öffentlichter) Arbeiten ^) die nordeuropäischen Verkehrswege
im frühen Mittelalter behandelt und die Bedeutung der
Wikinger für die Entwicklung des europäischen Handels und
der europäischen Schiffahrt in ein völHg anderes Licht ge-
rückt.^) Er zeigte, daß diese nordischen Wikinger, die
man in der politischen Geschichtsschreibung vielfach nur als
wilde Seeräuber hinstellte, unternehmende Kaufleute waren,
die fernhin bereits ihre Seefahrten ausdehnten. „Die Wikinger
bereicherten die westeuropäischen Märkte mit neuen Waren,
neuen Erzeugnissen : mit Pelzwerk aus dem nördlichen Nor-
wegen und aus Rußland, mit Stockfisch aus Norwegen, mit
nordländischen Edelfalken und mit russischem Wachs.
Früher gelangten orientalische Erzeugnisse wie Seidenstoffe,
Gold- und Silberdraht und Spezereien nur über ItaUen,
Spanien und Südfrankreich nach Mittel- und Westeuropa.
Die Wikinger eröffneten wieder die alten Verkehrswege aus
dem schwarzen Meere über Rußland nach den Ostseeländern
und brachten dadurch Westeuropa mit dem Orient in direkte
Verbindung. Die Norweger, Schweden und Dänen betrieben
für einige Jahrhunderte den Großhandel in den Ländern der
Ostsee und Nordsee."^) „Landschaften, die jetzt ganz außer-
halb der großen Verkehrsstraßen liegen, hatten damals eine
große Bedeutung." So Hälogaland, der nördlichste Teil
Norwegens am nördlichen Eismeer. Pelzwerk wie Stockfisch
wurden schon um 900 nach den britischen Inseln ausgeführt.
Schleswig hatte bereits um 800 als dänische Grenzstadt
Bedeutung und war zur Zeit des heiligen Anskar ein wichtiger
Hafenplatz, der von Kaufleuten aus allen Gegenden besucht
wurde.*) Besonders mit Hamburg und Dorestat bestanden
lebhafte Beziehungen. Ende des 9. Jahrhunderts wurden
dort oder in Birka (Schweden) bereits zahlreiche Münzen
geschlagen, die eine Nachahmung der von Karl in Dorstat
^) Vesterlandenes Indflydclse paa Nordboerne i Vikingetiden
(Kristiania Videnskabsselskabs Skrifter 1904).
-) Vjschr. f. Soz. u. WG. 4, 227 ff. =>) ^^ ^ q. S. 228.
*) Vgl. dazu auch G. Jacob, ein arab. Berichterstatter aus dem
10. Jahrh. 3. Aufl. 1896 S. 33, sowie Kießelbach in Ztschr. f. Schleswig-
holstein. Gesch. 37, 141 ff.
- 191 —
geprägten sind.^) Dieses Birka, (heute noch kl. Insel Biörkö in
Mälaren), wo Anskar das Christentum predigte, stand eben-
falls mit dem fränkischen Reiche bereits in lebhafter Handels-
verbindung. Es besaß schon am Anfang des 9. Jahrhunderts
viele reiche Kaufleute, einen Überfluß von allerei Gütern
und einen großen Geldschatz. ^) Das Hauptzentrum für
Handel und Schiffahrt im ganzen skandinavischen Norden
aber war die Insel Gotland in der Mitte der Ostsee zwischen
Schweden und Kurland. An der Küste von Mecklenburg
blüht schon um 800 die dänische Kolonialstadt Reric ^),
ferner wird im Jahre 840 Wismar bereits erwähnt.*) An
der Mündung der Weichsel tritt die Handelsstadt Truso (See
Drausen) hervor.^)
Und wie die Dänen an der Südküste der Ostee, so
haben die Schweden an der Küste der baltischen Länder
damals schon Handelsniederlassungen begründet. Die schwe-
dische Herrschaft in Kurland gehört wahrscheinHch schon
dem 8. Jahrhundert an. Seeburg war dort ein Handels-
zentrum. ^) Bugge ist geneigt, es in der Nähe von Riga zu suchen.
Die schwedischen Eroberer Rußlands haben seit 862
nach den Ländern des schwarzen Meeres und Konstantinopel
einen ausgedehnten Handel betrieben.')
Ganz besonders aber besuchten dänische, norwegische
und schwedische Kaufleute die altberühmten niederländischen
Städte, vorab Utrecht und Duurstede (Dorestat) sowie das
nordfranzösische Quentowich (wohl Etaples).*^) Eine viel-
besuchte Verkehrsstraße führte von Dorestat und Friesland
nach dem südlichen Jütland. Friesisches und nordfran-
zösisches Tuch war an den norwegischen Königshöfen im
9. Jahrhundert bekannt.^) Die norwegischen Häuptlinge
trugen mit Vorliebe Schwerter aus Flandern oder den
Rheinlanden.
') Bugge a. a. O. 232. ^) Ebenda 235. ») Ebenda 237.
*) Ebenda 241. '") Ebenda 238. ') Ebenda 242.
') Ebenda 245. Vgl. dazu auch das Routenbuch des arabischen
Reisenden Ibn Kordadbeh (9. Jahrh.) im Journal Asiatique ed. Barbier -..
de Meynard, 6. Ser. 5, 514.
*) Vgl. Fengler, Quentowic, seine maritime Bedeutung unter
Merowingern u. Karolingern. Hansische Geschichtsbll. 13, 91 ff. (1907).
*) Bugge a. a. O. 254.
— 192 —
Noch bedeutender wurde der Handelsverkehr der Nord-
länder mit den britischen Inseln, wo z. B. York nach der
Eroberung Northumberlands durch die Wikinger in der
2. Hälfte des 9. Jahrhunderts aufblühte.^) Norweger und
Isländer besuchten bereits im 9. Jahrhunderte auch London^),
das früher schon mit Gotland Handelsbeziehungen besaß. ^)
Die Wikinger haben endlich auch in Irland bereits im
9. Jahrhundert Handel und Verkehr begründet, so bei Dublin
und Cork.*) Dänische Ansiedler betrieben vom südwest-
lichen Irland aus Handel nach Frankreich (Wein!) schon
vor 900, ja es ist möglich, daß sie ihre Fahrten bereits
nach Spanien ausgedehnt haben. ^)
Diese Ergebnisse der grundlegenden Forschungen
A. Bugges sind dann durch die Arbeiten Walther Vogels,
der uns gleichzeitig schon eine Darstellung der politischen
Beziehungen zwischen den Normannen und dem fränkischen
Reiche geboten hatte ^), sowie neuestens R. Hennigs'') noch
stärker betont .und verbreitet worden.)
Neben den skandinavischen Wikingern hatten zur Karo-
lingerzeit die Friesen eine hervorragende Stellung in Handel
und Verkehr inne. Das ist ja längst bekannt und schon
durch die Arbeit*von J. Dirks 1846^) dargelegt worden. Dann
haben C. Buter^) und Klumker, sowie Vogel ^") und Poel-
man ^^) sich wieder darüber verbreitet. Die Friesen waren
regelmäßige Besucher der großen westfränkischen Messen,
^) Ebenda 256. -) Ebenda 261. ^) Ebenda 266.
*) Ebenda 271. =*) Ebenda 273.
") Die Normannen u. das fränk. Reich (799—911), Heidelberger
Abh. z. mittl. u. neueren Gesch. 14(1906); ferner: Nordische Seefahrten
im früheren MA. (Meereskunde, Samml. volkstüml. Vorträge z. Ver-
ständnis der national. Bedeutung von Meer u. Seewesen I. 7 (1907)
= (erweitert) Zur nord- u. westeuropäischen Seeschiffahrt im früheren
Mittelalter, Hansische Gesch. -Bll. 13, 153 ff. (1907).
') Hist. Zs. IIS (1916).
*) Geschiedkundig onderzoek van den Koophandel der Friezen
(Utrecht).
*) Te handel, vooral in de Nederlanden tijdens Karel den gr. in
Dietsche Warande 5, 29 ff.
1») Hans. Gesch.-Bll. 13, 158 f.
^0 Geschiedenis van den handel van Noord-Nederland gedurende
het Merovingische en Karolingische Tijdperk (1908) S. 53 ff.
— 193 —
so von St. Denis ^), wahrscheinlich auch jener von Rouen
und Amiens.^) Sie trieben Handel nach England (York
und London).^) König Aelfred von England verwendete
zur Bemannung seiner Flotte wider die Wikinger 897
auch zahlreiche Friesen.*) Sie kamen von ihrem Haupt-
handelsplatz Dorstat ^) (Wijk by Duurstede in der hol-
ländischen Provinz Utrecht) nach Schleswig ^) und fuhren
den Rhein bis nach Straßburg hinauf. Zu Birthen bei
Xanten, Worms, Duisburg und Mainz waren eigene Stadt-
viertel von ihnen bewohnt.'') Außer Dorstat sind Tiel und
Utrecht die Hauptzentren des friesischen Handels gewesen.^)
Zudem befand sich an der Mündung der Maas ein be-
deutender Handelsplatz, Witla, den die Normannen 836
ebenso wie Antwerpen verbrannten.^) Vielleicht sind die
Friesen schon im 9. Jahrhundert auch ins Innere bis Elze
(am Einfluß der Saale in die Leine) vorgedrungen, wie der
sächsische Annalist zu 815 berichtet.^**)
Aller Wahrscheinlichkeit nach sind die friesischen Kauf-
leute auch nach der Ostsee bereits gelangt. Vogel bestreitet
das zwar^^), allein Poelman hat mit Recht dafür geltend
gemacht, daß nach der Vita Anskars eine Verbindung und
regelmäßiger Verkehr zwischen Birka und Dorstat an-
genommen werden müsse. ■^^)
Daß die Friesen bei dieser ihrer ausgebreiteten Handels-
tätigkeit nicht nur Eigenerzeugnisse ihres Landes (Weberei)
vertrieben, sondern auch als Zwischenhändler von fremden
Produkten (so Wein aus dem Elsaß) auftraten, ist sicher
anzunehmend^), auch wenn sie keinen Anteil an dem Tuch-
1) MG. DCar. 6 (753). ^) Poelman a. a. O. S. 61.
ä) H. Wilkens, Zur Geschichte d. niederländ. Handels im MA.
Hansische Gesch.- BU. 14, 313 f. (1908).
*) Vogel a. a. O. S. 159, Poelman S. 63 ff. ^) Poelman S. 93.
*) Vogel a. a. O. S. 159 n. 5.
''} Wilkens a. a. O. 3i6ff.; Klumker a. a. O. 55f.; Poelman a. a. O.
S. 70 ff.
«) Poelman a. a. O. S. 98 f., dazu Mühlbacher Reg.*^ nr. 578.
») Vgl. darüber W. Vogel, Die Normannen u. d. fränk. Reich S. 70.
i*>) Klumker a. a. O. 57. Dagegen Poelman S. 79; dafür wieder
Wilkens a. a. O. 321.
1^ A. a. O. 160. 1^) A. a. O. S. 85. '^) Vgl. Vogel a. a. O. 158.
Dop seh, Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit. II. 2. Aufl. 13
— 194 -
handel aus England gehabt haben sollten, was mir aber
trotz Häpkes Darlegungen^) noch keineswegs ausgemacht
erscheint.
Neben den Friesen müssen auch die Sachsen früh-
zeitig sich als Handelsleute hervorgetan haben. Bereits vor
Karl dem Großen. Wir werden freilich dabei zu beachten
haben, daß unter der lateinischen Bezeichnung Saxones
stellenweise die Angelsachsen Britanniens gemeint sind.
Sachsen aus Britannien kamen schon zu Bonifaz' Zeiten
häufig nach Rom. 2) Aber nicht nur zu frommen Zwecken
als Pilger. Wir wissen, daß sie diese Gelegenheit als Vor-
wand benutzten um auch Handel zu treiben. Und Karl
der Große hat gegen die daraus resultierende Benachteiligung
seiner Zolleinnahmen bei König OiTa von Mercien nachdrück-
liche Vorstellungen erhoben. Ja, er verhängte 790 eine Art
Kontinentalsperre über England.^) Der Handel muß also
damals schon recht ansehnlich entwickelt gewesen sein.
London war übrigens schon im 8. Jahrhundert als Markt-
platz auch in Deutschland bekannt*), zwischen Utrecht und
England bestand damals ein reger Schiffsverkehr^), britan-
nische Kaufleute nennt auch der Mönch von St. Gallen
mehrfach.*^) Daß sie eine allgemein bekannte Erscheinung
waren, zeigt sein Histörchen von Karl dem Großen und den
Normannen. Wie deren Schiffe in einer Stadt des nar-
bonnensischen Gallien zunächst von Karls Umgebung für
jüdische oder für afrikanische oder für britannische Kauf-
fahrer angesehen wurden."^)
1) Siehe oben S. 149.
*) Vgl. Willibaldi vita S. Bonifatii ; dazu Zettinger, D. Berichte
über Rompilger aus dem Frankenreiche. Rom. Quartalschr. f. christl.
Altertumskunde, 11. Suppl.-Heft S. 64.
*) Vgl. zu den schon von Inama DWG. i'*, S93 n. 2 beigebrachten
Belegen dafür auch noch die weitere Stelle MG. Epp. 4, 145 (796):
De peregrinis . . . cum pace . . vadant suo itinere, seaini necessaria portantes.
Sed probavimus quosdam fraiidolenter negociandi causa se intermiscere,
lucra sectantes, non religioni servientes. Si tales iiifer eos invenianiur,
locis oportunis statuta solvant ielonea.
*) Vgl. Willibaldi vita s. Bonifacii c. 11 MG. SS. 2, 338.
») Hucbaldi vita s. Lebuini c. i ib. 361 u. Eigils vita Sturmi
(Fuld.) c. 15 ib. 372.
«) I. I u. 2, 14 ib. 731. '') Ebenda IL 14, ib. 757-
— 195 —
Es ist daher wohl kaum begründet, wenn neuestens
W. Levison behaupten will, daß die Handelsbeziehungen
der Iren zum fränkischen Reich keinen größeren Umfang
gehabt hätten.^)
Auch Münzfunde, die in jüngster Zeit in der Bretagne
gemacht wurden 2), bestätigen die Annahme eines regen
Handelsverkehrs mit Großbritannien.
Die „Saxones" treten bereits in dem Zollprivileg König
Pippins für St. Denis unter den Nationen auf, welche die
Messe dort regelmäßig besuchten.^) Lebhafte Handelsbe-
ziehungen unterhielten die Festlandsachsen mit den benach-
barten Dänen. Kaufleute, die aus Sachsen nach Friesland
reisten, wurden 809 vom Dänenkönig zu diplomatischen
Verhandlungen benutzt, die jenseits der Elbe (trans Albiam)
mit fränkischen Bevollmächtigten statthatten.*) Im Jahre 873
schloß Ludwig der Deutsche mit dem Dänenkönig Siegfried
einen förmlichen Handelsvertrag zur Sicherung des wechsel-
seitigen Handelsverkehrs im sächsischen Gebiete ab.^) Aber
auch von dem Innern Deutschlands, aus Hessen, muß schon
vor Karl dem Großen Handel mit den Sachsen betrieben
worden sein. Das können wir aus einem Briefe LuUs vom
Jahre 755/6 entnehmen.^) Aus dem Gebiete der Sachsen
führte offenbar schon eine bedeutendere Heer- und Handels-
straße durch Böhmen an die Donau; sie wurde nach dem
Berichte der zeitgenössischen Annalen bei Kriegszügen Karls
des Großen von den Kontingenten aus jenen Ländern wieder-
holt benutzt (so 791, so auch 805)."')
^) Die Iren u. die fränk. Kirche, Hist. Ztschr. 109, 3 (1912); vgl.
dagegen auch Häpke, Die Herkunft der friesischen Gewebe, Hansische
Gesch.-Bll. 12, 3i4ff.
*) Vgl. Über den Silberschatz von Bais M.Prou u.Bougenot, Revue
Numismat. 4. Ser. 1907 11, 184 ff.
') MG. DCar. 6 (753).
*) Ann. regni Franc, zu 809: Godofridus rex Danorum per nego-
tiatores quosdain inandavit ...
^) Ann. Fuld. zu 873 : venerunt guoque illuc Sigifridi Danorum regis
legati pacis faciendae gratia in terminis inter illos et Saxones positis
et ut negotiatores utriusque regni invicem transeuntes et niercinionia defe-
rentes emerent et venderent pacifice (ed. Kurze S. 78).
«) MG. Epp. 3, 397.
'') Mühlbacher Reg.^ nr. 314b, sowie 411b. Dazu J. Schneider,
13*
— 196 —
Hamburg und Bremen hatten bereits lebhaften Anteil
an dem blühenden nordischen Handel, sowohl nach Däne-
mark (Schleswig), wie nach der Ostsee (Birca),^) Die große
Handelsstraße, welche von der Maas, Dinant über Lüttich,
Huy und Heristal, Aachen, Düren zum Rheine führte, hatte
wohl damals schon ihre Fortsetzung über den Hellweg und
Dortmund zur Weser, ja vielleicht weiter noch über Ganders-
heim zum Harz und von da nach Erfurt und bis Regens-
burg.2) Die Sachsen, d. h. hier wohl Angelsachsen, er-
scheinen auch neben den Friesen unter den Niederlassungen
fremder Kaufleute besonders genannt, die zu Rom im
9. Jahrhunderte schon bestanden.^)
Aber auch nach dem Osten hin müssen sie bereits
einen lebhaften Handel getrieben haben. Im Finnischen
bedeutete Saxa geradezu den Kaufmann.*) Und Karl der
Große hat 805 bei der Regelung des Grenzhandels mit den
Slawenländern im Osten für das sächsische Gebiet eine
ganze Reihe von Plätzen besonders bestimmt, bis zu welchen
die Kaufleute mit ihren Waren gehen durften.^) Bardowiek,
Scheeßel (ö. von Bremen), sowie Magdeburg kommen davon
hier in Betracht. Soest (Salzhandel!) und Paderborn nennt
ein arabischer Reisender im 10. Jahrhundert schon als feste
Plätze im Lande der Slaven.^)
Damit sind wir nun auch schon zu dem fränkischen
Handel im engeren Sinne hingelangt. Auch die Franken
selbst betätigten sich als Handelsleute im Innern Deutsch-
Die alten Heer- und Handelswege der Germanen, Römer u. Franken
3. Heft (1884) S. 4ff., sowie 9. Heft S. 7 ff.; H. Reutter, Gesch. der
Straßen in das Wiener Becken, Jb. f. Landesk. v. Nied.-Österr. 1909
S. 196, auch Kalischer, Beitr. z. Handelsgesch. d. Klöster z. Z. d. Groß-
grundherrschaften 191 1 S. 5of.
^) Vgl. die vita Anskarii c. 16. 24, sowie 35.
'') Vgl. Rubel, Reichshöfe a. a. O. S. 116; J. Schneider a. a. O.,
9. Heft S. 7ff., auch Guthe, Das Land Braunschweig u. Hannover,
2. Aufl. (1888) S. 277 ff. Kalischer a. a. O. S. 50.
^) Darüber J. P. Blok, Le antiche memorie dei Frisoni in Roma.
Bullet, d. Commissione di Archeol. Comunale di Roma 34, 40 (1906)
*) Vgl. G. Jac ob, Der nordisch-baltische Handel der Araber S. 1 12
^) MG. Capit. I, 123 c. 7.
") G. Jacob, Ein arab. Berichterstatter aus dem 10. Jahrh. 3. Aufl.
896, S. 45 u. 47.
— 197 -
lands. Es ist nicht richtig, daß „der größte Teil Deutschlands
als ein allseitig meist umgangenes Zwischenland wenig vom
großen Verkehre berührt dalag", wie noch jünst Kötzschke im
Anschluß an den alten Falke gelehrt hat.^) In der eben
zitierten Verordnung Karls des Großen vom Jahre 805
werden für die Kaufleute, die ins Gebiet der Slawen und
Awaren ziehen, neben den 3 sächsischen Plätzen weiter an-
geführt: Erfurt, Hallstatt (bei Bamberg), Forchheim und
Bremberg a. d. Naab (bei Burglengenfeld i. d. Oberpfalz).
Eine ganze Anzahl also von Handelsplätzen im Innern
Deutschlands. Ich glaube allerdings, daß die bisherige
Auffassung, als ob diese ständig das Endziel des Handels
gewesen und dieser über die Grenze hinaus überhaupt ver-
boten gewesen sei^), nicht haltbar ist. Vielmehr dürfte es
sich dabei nach meiner Auffassung nur um eine außerordent-
liche Maßnahme gehandelt haben, die aus den besonderen
Verhältnissen von damals entsprang. Das Capitulare ist im
Jahre 805 erlassen, d. h. einer Zeit, da die letzten Vor-
kehrungen zur definitiven Pazifikation Sachsens getroffen
wurden^), anderseits aber der Kriegszug gegen Böhmen
eben unternommen ward.*) Aus diesem Capitulare selbst
klingen die Kriegszeiten heraus: unmittelbar vor dem hier
in Betracht kommenden Paragraphen stehen Satzungen über
die Ausrüstung zur Heerfahrt ! Zur Überwachung dieser
Handelsplätze aber wurden besondere Missi damals be-
stellt.^) Es sollte wohl hier, wo es sich um einen Zug in
Feindesland handelte, verhindert werden, daß die Kaufleute,
welche sonst dem Heere zu folgen pflegten ^), um Waffen
zu verhandeln, dem auswärtigen Feinde auf diese Weise
Unterstützung gewährten .
Doch, wie immer dem sei''), sicher besaßen die hier
') Deutsche Wirtschaftsgegchichte in AI. Meisters Grundriß d.
Gesch.-Wiss. II i, 77 (1908).
2) So Waitz VG. 4^ 51 und Mühlbacher, Deutsche Gesch. S. 285.
^) Mühlbacher Reg.* nr. 410. *) Ebenda 411b.
^) Daß es nicht eine Art von Handelskonsuln waren, wie Maurer,
Städteverfassung 2, 478 annahm, hat schon Waitz a. a. O. berichtigt.
*) Vgl. die von Waitz VG. a. a. O. n. 2 zit. Stelle aus den Ann.
Bertin. 876: mercatores ac sciita vendentes imperatorem et hostem sequebmihcr.
') Siehe auch unten am Schlüsse dieses Kapitels über Stapelzwang.
— 198 —
genannten Handelsorte an der Grenze damals bereits einen
beträchtlichen Verkehr. Denn es ist ja auch nicht richtig,
daß Karl damit erst „eine große Verkehrsstraße nach dem
Lande der Slawen und Awaren eingerichtet" habe, wie
V. Inama dieses Capitulare faßtet) Solche Handelsstraßen
waren, wie uns zeitgenössische Berichte ausdrücklich melden,
damals vielmehr schon vorhanden. So ist uns eine, die
von Thüringen nach Mainz führte, durch die Vita Sturmi
Eigils bezeugt 2); wir hören aus der translatio SS. Marcellini
et Petri, daß Handelsleute aus Mainz Getreide in Ober-
deutschland aufzukaufen und den Main hinab in ihre Stadt
zu verfrachten pflegten.^)
Auch Köln*) undNeuß^) waren damals schon bekannte
Markt- und Handelsplätze.
Ja die Franken besaßen wie die Friesen und Sachsen
in Rom eine ständige Handelsniederlassung.^) Was man
aber nicht übersehen darf: Es bestand damals schon, wie
die Fuldaer Jahrbücher direkt melden, ein regelmäßiger
Handelszug aus Inner-Deutschland nach Vene-
dig. Derselbe benutzte gewöhnlich den Wasserweg; als
aber im Jahre 860 ob des strengen Winters die Adria nicht
befahren werden konnte, brachten die Kaufleute mit Pferden
und kleinen Wagen ihre Waren nach Venedig. '^) Dazu
') DWG. I, 436= I^ 594.
^) MG. SS. 2, 369 c. 7: tunc quadam die . . pervenit ad viam, quae a
Turingorutn regione mercandi causa ad Magontiam pergentes ducit ,. . .
ibi magnam Sclavorum multitudineni reperit ...
') MG. SS. XV. I, 250 c. 6: niej-catores qiiidant de civitate Mogoft-
tiaco, qiii fruf/ientum in superioribus Germaniae partibus entere ac per
fluvium Aloimtm ad urbem devehere solebant.
*) Mathäi, Einhards translatio SS. Marcellini et Petri in kultur-
geschichtlicher Beziehung. Progr. d. Gymn. zu Laubach 1883/4 S. 12.
^) Vgl. die Gewährung von Zollfreiheit in N. an Werden durch
K. Ludwig d. J. vom Jahre 877. Mühlbacher 1554.
«) Blök a. a. O. S. 40.
') Ann. Fuld. 860 (ed. Kurze SS. rer. Germ. S. 54): mare etiam
lonizim glaciali rigore ita constrichim est, ut mercatores, qtii numquam
antea nisi vecti navigio, tunc in eqiiis quoque et carpentis mercinionia
ferentes Venetiam frequentarent. Die Auslegung P. Sanders (a. a. O.
1075) kann doch nicht aus der Welt schaffen, daß auch früher schon
die Kaufleute, u. zw. zu Schiffe, nach Venedig Handel trieben; also
— 199 —
stimmt vortrefflich, daß nachweislich zu Beginn des 9. Jahr-
hunderts auch fränkische Münzen Eingang in die Lagunen
der Adria fanden.^)
Neben den Franken hatten auch die Baiern an dem
Handelsverkehr mit den Slawen Anteil. In dem mehrfach
zitierten Kapitulare vom Jahre 805 werden auch Regensburg
und Lorch noch als Handelsplätze hervorgehoben. Die be-
rühmte Raffelstätter Zollordnung von c. 903/5 ^) zeigt uns,
wie lebhaft dieser Handelsverkehr gewesen sein muß, u. zw.
nicht nur nach Böhmen, sondern auch nach Mähren und
Rußland. Den Donauhandel nach Ungarn beherrschten sie ,
vollkommen. Auch zwischen Mähren und Bulgarien bestand '
ein lebhafter Salzhandel, den König Arnolf 892 durch
eine Gesandtschaft an den Bulgarenkönig zu unterbinden
suchte. Sie fuhr, da der Landweg ob des Krieges mit den
Mährern unpraktikabel war, die Kulpa und Save hinab. ^)
Von Regensburg ging schon im 9. Jahrhundert eine Handels-
verbindung nach Polen, bzw. Rußland (Kiew). Denn die
jRugl der Raffelstätter Zollordnung, welche als regelmäßige
Besucher der Märkte an der Donau auftreten, sind doch
wohl als Russen zu fassen.*) Auch arabische Berichterstatter
des 10. Jahrhunderts geben Zeugnis von einem lebhaften
Handel in Prag und in Polen. ^)
Ferner war der lokale Verkehr bereits recht entwickelt.
Auf den Holzhandel Freisings um die Mitte des 9. Jahr-
hunderts hat schon Riezler aufmerksam gemacht ^), Wein-
und Salzfuhren gingen von Bozen, bzw. Reichenhall nach
kann auf einen regelmäßigen Handelsverkehr dorthin geschlossen
werden. Vgl. auch Schaube, Handelsgesch. d. roman. Völker des
Mittelmeergebietes S. 94.
') H. Kretschmayr, Gesch. von Venedig i, 78 (1905).
^) Mühlbacher ^ nr. 2015a (MG. Capit. 250), jetzt auch gedruckt im
Cod. dipl. regni Boh. (Friedrich) i, 34 (1907).
') Mühlbacher nr. 1875b.
*) Vgl. Wasiliewski , Kiews Handel mit Regensburg in älterer
Zeit (aus d. Zeitschr. d. Minist, f. Volksauf klärung 1888 übersetzt).
Verh. d. hist. Ver. von Oberpfalz u. Regensburg 57, 185 ff.
*) G. Jacob, Ein arab. Berichterstatter aus dem 10. Jahrh. 3. Aufl.
S.45, sowie G. Juritsch, Handel u. Handelsrecht in Böhmen S. 4 (1907).
•) Gesch. Bayerns i, 272 f.
— 200 —
Freising und Tegernsee.^) Erstere haben offenbar die
Brennerstraße benutzt. Es ist daher ganz unrichtig, wenn
V. Wanka jeden Handelsverkehr dort in der Karolingerzeit
leugnen will.^) Auch die Überreste langobardischer Plastik
im Vintschgau und Münstertal lassen einen regen Verkehr
auf dieser Route erkennen.^) In Rom traten schon 738 die
Bayern unter den zahlreichen Fremden neben Franken und
Angelsachsen hervor.*) Die große heimische Honigpro-
duktion (Bienenzucht), welche schon die Lex Baiuwariorum
deutlich werden läßt ^), gab bald Anlaß zu einem regen
Honig- und Wachshandel. ^)
Vermutlich entstand damals schon ein gewisser Hopfen-
handel in Bayern. Wenigstens dürfen wir aus den zahl-
reichen Erwähnungen von Hopfengärten auf eine beträchtliche
Hopfenproduktion dort bereits während des 9. Jahrhunderts
schließen.'') Auch verdient Beachtung, daß in den Fr&i-
singer Traditionen häufig Bierzinse recht ansehnlicher Art
vorkommen.^)
Geradezu großartig ausgestaltet haben wir uns den
uralten Salzhandel im heute österreichischen Salzkammer-
gute, bes. Hallstadt, zu denken.^) In der Raffelstätter Zoll-
ordnung spielt das Salz die Hauptrolle; es wurde nach
Böhmen und Rußland, wie nach Ungarn verfrachtet. Auch
Schwaben ist von Reichenhall mit Salz versorgt worden.^")
Hier im alten Schwaben war der Verkehr besonders
entwickelt, weil die großen Alpenübergänge nach Italien da
*) Fastlinger, Die wirtschaftl. Bedeut. d. bair. Klöster S. 162; vgl.
dazu auch Bitterauf, Trad. nr. 1045 (908), wo unterschieden wird: de
Orientali vero vino Imc allato ' . . et de vino Bauzano.
*) Die Brennerstraße im Altertum u. MA. (Prager Stud. a. d. Ge-
biete der Gesch.-Wiss. 7. 1900) S. 73 f.
^) Vgl, Stückelberg, Langobard. Plastik, 2. Aufl. 19C9 S. 70.
*) Willibald vita Bonifatii MG. SS. 2, 346 c. 27. «) XXI. 8. 9.
*) Fastlinger a.a.O. 44f. Dazu die Raffelstätter Zollordnung(cera!).
'') Vgl. Bitterauf nr. 833 (859—75). 872. 874. 884. 891. 922. 990. Dazu
auch die Ortsnamen wie Hummel u. dgl. ebenda 1032. 1045.
*) Ebenda nr. 343. 351. 469. 613. 614. 662 u. a. m.
*) Vgl. Gemeiner, Darstellung des alten Regensburgisch und
Passauischen Salzhandels (1810) S. 3 — 4, sowie oben § 10 S. 183.
^'j Vgl Mühlbacher Reg.- nr. 1364 (837 f. Kempten), dazu Zösmair
a. a. O. s. oben S. 183.
— 20I —
durchführten. Schon AI. Schulte hat sehr richtig betont^),
daß wir uns den Verkehr dieser Gegenden mit Italien sehr
lebhaft vorstellen müssen. Er wies bereits auf die wichtige
Tatsache hin, daß die großen Klöster Schwabens ganz
ebenso Besitzungen jenseits der Alpenpässe gewannen, wie
in den Ostalpen die Bistümer Regensburg, Freising, Passau
und der bayrische Adel. So haben St. Gallen, die Reiche-
nau und Pfävers, wahrscheinlich auch Disentis Güter gehabt,
die nach Italien hinüberführten. ^) Ich stelle dazu noch die
Überweisung reichen Besitzes an St. Martin (Tours), die
Karl der Große gleich nach der Eroberung Italiens schon
774 vorgenommen hat. Nicht nur am Gardasee (Sermione),
auch im Val Carmonica erhielt dieses Hofkloster sofort
reiche Begüterung ^), und ähnlich erwarb auch St. Denis
bald darauf (775) Besitz im Veltlin.*)
Eine wichtige Bedeutung für den Handel kam der Stadt
Chur zu. Aber nicht erst in der Zeit der Ottonen, Vv'ie
AI. Schulte meinte^}, sondern bereits in der Karolingerzeit.
Ein Brief Alchvins an den Bischof von Chur von 791 — 6
ist dafür schon recht bezeichnend. Alchvin verwendet sich
bei dem Bischof zugunsten eines Kaufmannes, der aus Italien
Waren einbringt, auf daß er von den Zollbeamten des
Bischofs nicht hart behandelt werde. ^) Ferner hat der große
langobardisch-karolingische Münzfund, der 1904 zu Ilanz
gemacht wurde, die Bedeutung Churs auch für die alte
Verkehrsstraße des Lukmanier in helles Licht gerückt.'')
Rege Verkehrsbeziehungen lassen auch die künstle-
^) Gesch. des mittelalterl. Handels u. Verkehrs zwischen West-
deutschland u. Italien (1900) S. 64; vgl. auch K. Schaube, Handels-
geschichte d. roman. Völker des Mittelmeeres S. 92.
^) Ebenda 65. Dazu wäre auch noch die bekannte Aufzeichnung
über die Einkünfte des Kelleramtes von Reichenau vom Jahre 843
zu halten, wo u.a. auch angeführt werden: de Longobardia 12
mod. castanearum, 5 soumas olei, Wirtemberg. ÜB. i, 125.
') Mühlbacher Reg.^ nr. 167. ■») Ebenda nr. 181.
") A. a. O. S. 62. Vgl. auch Kalischer a. a. O. S. 49.
*) MG. Epp. 4, 119: negotiatorem Italiae jnercimonia ferentem . . .
ut . . a vestris non teneatur tolneariis constriclus, dazu auch Schaube
a. a. O. S. 92.
') Vgl. darüber Jecklin in Mitt. d. bayr. numismat. Gesellsch. 25
(1906), sowie V. Luschin im Neuen Archiv 33, 435 ff.
— 202 —
rischen Überreste in Chur erkennen, die langobardische
Kunstübung in der Plastik bezeugen.^) Endlich aber ist
heute erwiesen, daß der älteste Einkünfterodel von Chur,
welchen man früher ins ii. Jahrhundert setzte, in die erste
Hälfte des 9. Jahrhunderts gehöre.^) Eben aus dieser Quelle
nun hatte AI. Schulte sehr scharfsinnig über die Zufahrten
der Bündenerpässe gehandelt und auf eine wohl ausgebildete
Verkehrsorganisation zurückgeschlossen, der auch die Schiffs-
fähren am Rhein (bei Schaan und Maienfeld), sowie dem
Walensee dienten. Bei letzterem ist er übrigens bereits
darauf aufmerksam gew^orden, „daß schon früher ein Schiff-
fahrtsmonopol auf dem See bestand".^) Die von ihm dafür
zitierten Urkunden Kaiser Lothars, bzw. Ludwigs des Deut-
schen*) erfahren nun durch das trefflich dazu stimmende
Urbar vom Jahre 831 eine erwünschte Ergänzung. Damit
ist auch die Existenz der hier erwähnten Schiffmeisterei
für die Karolingerzeit gesichert.^) Überraschend entwickelte
Verkehrs- und Handelsverhältnisse enthüllt hier also die
besondere Gunst der Überlieferung.
Für den Westen aber war der große St. Bernhard
die Hauptverkehrsstraße in der Karolingerzeit. ^)
Schon Schulte hat an der Hand der karoUngischen Teilungs-
urkunden richtig erkannt, daß diese Straße für den Verkehr
von Italien nach dem Niederrhein und Nordfrankreich „die
Hauptader" gebildet habe.'') Und Öhlmann wies bereits auf
die große Bedeutung auch für den Personenverkehr hin :
daß die Reisewege der Pilger und geistlichen Personen in
Amtsgeschäften, welche seit dem 7. und 8. Jahrhundert
immer zahlreicher nach Rom unternommen wurden, für das
nordwestliche Europa dem großen St. Bernhard zugeschrieben
werden dürften.^) Er hat aus dem Itinerar St. Willibalds
(um 720) zutreffend geschlossen, daß die aus England
kommenden Reisenden , welche in Ronen landeten , sich
^) Vgl. Stückelberg, Langobard. Plastik, 2. Aufl. (1909) S. 70.
'^) Vgl.G.Caro in Mitt. d.Instit.28, 26iff., sowie im i. Bande S. 86.
") A. a. O. S. 63 f. ■*) Mühlbacher- nr. 1096, bzw. 1393.
5) Schulte a. a. O. S. 63.
*) Oehlmann, Die Alpenpässe im MA. Jb. f. Schweiz. Gesch.
3, 231 ff. Mathäi a. a. O. S. 16.
') Schulte a. a. O. S. 58 ff. «) A. a. O. S. 239.
— 203 —
dieses Überganges nach Italien bedient haben dürften.^)
Weitere und deutlichere Belege dafür hat Schulte dann aus
den Berichten über Transporte von Reliquien beigebracht.^)
Er war aber auch eine der großen Welthandels-
straßen des frühen Mittelalters und speziell der
Karolingerzeit. Die Wiederbelebung der Beziehungen zu
Rom hatte schon am Anfang des 8. Jahrhunderts einen großen
Umschlag in den Verkehrslinien herbeigeführt. Während
früher, zur Zeit der älteren iro-schottischen Mission, von Irland
direkte Verbindungen mit Westgallien bestanden, die nach
dem damals griechischen Innerbecken der Adria sich fort-
setzten, hat nun die angelsächsische Gravitation nach Rom
diese Reisewege an sich gezogen. Man reiste jetzt von
Irland über England nach dem Kontinent.^) Rouen an der
Seine *), Amiens an der Somme *) und Etaples ^) an der
Canche waren in Nordfrankreich damals ebenso bekannte
Handelsplätze wie Dorstat und Utrecht in den Niederlanden.*)
Die Route über Quentovich galt schon am Beginn des 8. Jahr-
hunderts als die kürzeste von England nach Rom.®) In
Lüttich befand sich eine Schottenkolonie''), wo zahlreiche
Pilger aus England auf dem Wege nach und von Rom ein-
kehrten.^) Auch Antwerpen^), Gent ^'') und Maestricht ^^)
waren damals bereits wichtige Handelsemporien. Schon
1) A. a. O. S. 240. 2) A. a. O. S. 57.
') Vgl. darüber die Ausführungen Zimmers in SB. der Berliner
Akad. 1909 S. 388f., sowie auch Zettinger a. a. O., Rom. Quartalschr.
f. Christi. Altertumsk. 11. Suppl. Heft 1900.
*) Vgl. das Zollprivileg Karls d. Gr. f. St. Germain des Pres MG.
DCar, 122(779), so wie auch Freville, Rouen et son commerce mari-,
time (912—1204), Bibl. de l'EcoIe des chartes 2. Ser. 3, 17 ff. (1846).
*) Über Quentovich vgl. die schon zit. Arbeit von Fengler, Hans.
Gesch.-Bll. 13, 91 ff. (1907).
") Vgl. die von Fengler a. a. O. S. loo n. 2 bereits verwertete
Vita s. Wiifridi ep. Eboracensis.
->) Vgl. NA. 12, 487.
*) Vgl. den Brief eines Schottenpriesters an Bischof Franco
(854—901) NA. 13, 362.
») Vgl. Milos Vita S. Amandi MG. Poetae lat. 3, 596 c. 13.
^°) Vgl. d. Brief Einhards vom Jahre 840 MG. Epp. 5, 137 nr. 56.
Dazu Ann. regn. Francor. zu 811.
") Mathäi a. a. O. S. 21.
— 204 —
durch die von Schulte beigebrachten Belege aus den Trans-
lationen ^) wird der Verlauf dieser Welthandelsstraße deutlich.
Sie ging von Pavia, wohin wiederum die bedeutsame Po-
handelsstraße ^) mit ihren verschiedenen Seitenverzweigungen
in die Nebenflüsse hinauf einmündete, nach St. Maurice
(Agaunum). Hier teilten sich die Straßen. Die eine führte
über Solothurn nach Straßburg an den Oberrhein. ^) Die
andere (zur Linken) nach Dijon-Langres-Chaumont*) und
Rheims-Soissons hatte z. T. noch eine Parallelstraße über
Lausanne-Orbe und Pontarlier-Besangon.^)
Daß dies der gewöhnliche Weg von Nordfrankreich
nach Italien und Rom war, kann man außer den genannten
Translationen auch noch aus einigen charakteristischen
Äußerungen in den erzählenden Quellen der Karolingerzeit
entnehmen. Als Karl der Große im November 804 zu
Aachen die Nachricht erhält, daß Papst Leo mit ihm
Weihnacht feiern wolle, sendet er ihm seinen Sohn Karl
nach St. Maurice entgegen, um ihn ehrenvoll zu empfangen
und begibt sich selbst zum gleichen Zweck bis Rheims.^)
Ähnlich auch 816 Ludwig der Fromme bei der Zusammen-
kunft mit Papst Stephan V.'^) Schließlich sei noch auf eine
^) A. a. O. S. 57. Dazu auch noch Stückelberg, Translationen
in der Schweiz (Zürich 1899).
*) L. M. Hartmann, Anal. z.Wirtschaftsgesch. Italiens S.76 (Com-
machio u. der Pohandel).
^) Vgl. die schon von Schulte zit. Stelle der Translatio ss. Mar-
cellini et Petri MG. SS. 15, i, 242 f. Daher ist unter dem viel um-
strittenen ^d? ^i!r/?/j-flj- des Zollprivilegs für Straßburg von 831 (Mühl-
bacher Reg.'* nr. 890), das man früher auf Sluis an der Nordsee be-
zogen hatte und D. Schäfer (SB. der Berliner Akad. 1905, 27, S78ff.)
dann mit Recht auf einen Alpenpaß deutete, doch wohl der Große
St. Bernhard u. nicht der M. Cenis gemeint, wie Schäfer annimmt.
Auch bei ersterem trifft diese Bezeichnung zu, wie die Nachrichten
über den Zug Karls d. Gr. nach Italien vom Jahre 777 beweisen. Vgl.
Coolidge in English Hist. Review 21, 493 ff. Dazu auchVanderkindere,
Bullet, de l'Acad. Royale Beige 1906, 65, I. S. i.
*) Dies ist jedenfalls unter dem von den Herausgebern (Acta
SS. Jan. II. 284) u. Schulte (a. a. O. S. 57 n. 5) nicht erkannten Calno
munde (!) zu verstehen: Calvomonte.
«) Vgl. Schulte a. a. O. S. 58.
*) Ann. regni Francor. Mühlbacher Reg.- nr. 407a.
') Ebenda 633 a.
— 205 —
Briefstelle hingewiesen, wo es (841 — 44) von verdächtigen
Reliquien in Dijon heißt, sie seien aus Italien dahin ge-
bracht worden.^)
Hier im Nordosten Frankreichs muß schon zur Karo-
lingerzeit ein ausgebreiteter und stark entwickelter Handel
geherrscht haben. Sehr interessante Aufschlüsse lassen
sich aus dem Zollprivileg gewinnen, das Karl der Große
dem reichbegüterten Kloster St. Germain des Pres bei Paris
779 in seinen Reichen verlieh. Indem die Zollfreiheit noch
ganz speziell auf die besonders hervorragenden Zollstätten
bezogen erscheint, werden neben Rouen, Amiens, Etaples,
Utrecht und Dorstat, auch jene zu St. Maxence (bei Senlis)
und im Gau von Troyes namentlich hervorgehoben.^) Diese
an sich ungewöhnliche Zusammenfassung der Zollstätten
eines Gaues ist vielleicht gerade hier von tieferer Bedeutung.
Denn eben hier haben später die berühmten Messen der
Champagne (Troyes, Bar s./Aube, Provins und Lagny)
stattgehabt^), die seit Mitte des 12. Jahrhunderts bis zum
Anfang des 14. den Mittelpunkt des Waren- und Geld-
verkehrs bildeten.
Anderseits verdient ein Brief der Äbtissin von Remire-
mont an die Kaiserin Judith, der uns noch in einer Formel
vom Anfang des 9. Jahrhunderts erhalten ist, Beachtung.
Sie bittet die Kaiserin, daß deren Quartiermeister im Ge-
biete von Chälons s./S. keine Herbergsdienste fordern möge:
quia valde nobis necesse est, ut mercimonia nostra hactenus
ibi exerceantur})
Das, was Pirenne zutreffend für die Niederlande schon
behauptet hat, sie böten das (seltene!) Schauspiel eines
bereits um jene Frühzeit verhältnismäßig stark entwickelten
Handels^), wird sich auch für einen guten Teil Frankreichs
ebenso nachweisen lassen. Neben den schon erwähnten
Handelsstädten Rouen, Amiens, Etaples war insbesondere
Boulogne s./M. seit alters eine wichtige Seestadt. Karl der
Große ließ den dort vorhandenen Leuchtturm wieder-
1) MG. Epp. 5, 363. 2) MG. DCar. 122.
^) Bourquelot, etudes sur les foires de Champagne (Mem. de
l'Acaddm. des Inscr. et belles Lettres 2. Ser. 5 (1865).
*) MG. FF. 526 n. 3. '') Gesch. Belgiens i, 31 (i{
— 206 —
herstellen und mit einem auch zur Nachtzeit brennenden
Feuer versehen.^)
Von Gent führte eine VerkehrsUnie über Valenciennes
nach Compiegne und Paris. 2) Cambrai ^) und Laon*) be-
saßen damals schon besuchte Märkte. Von Rheims, Dijon
und Besan^on war oben schon die Rede.^) An der oberen
Maas wird schon 823 Commerciacum bei Toul genannt®),
ein Ortsname, der wohl infolge des Handelsverkehrs zu-
stande kam. Remiremont scheint für den Verkehr nach
dem Osten Bedeutung gehabt zu haben. Dort empfing
Karl der Große 805 seinen von dem slavischen Feldzug
heimkehrenden Sohn, dort kamen auch 821 Ludwig dem
Frommen Nachrichten und Gesandte aus dem slavischen
Südosten und Griechenland zu.')
Im Süden Frankreichs waren Lyon^), Marseille und
Narbonne^) belebte Handelsplätze. Hier Hefen die Waren
aus Spanien, Afrika und dem Orient ein^**), Seiden- und
Purpurgewänder, Gewürze und Edelsteine, aber auch Leder
aus Cordoba u. a. m. Hier war auch ein lebhafter Sklaven-
handel nach Spanien im Schwünge, an dem die Juden be-
sonders beteiligt waren. ^')
*) Ann. regn. Francor. 811: civitatem maritima7n, übt eaedem naves
,congregatae ßiertint, accessit fartinique ibi ad navigantitim cursus diri-
gendos antiquitus constitutum restauravit et in summitate eins nocturnum
ignem accendit.
*) Vgl. die Briefe Einhards MG. Epp. 5, 116 nr. 13, 117 nr. 14,
118 nr. 15. (830).
^) Vgl. Heyd, Gesch. des Levantehandels im MA. i, 103 n. 3.
*) Vgl. d. Carmen de S. Benedicta Poetae lat. 4, 217, sowie MG.
FF. 514 nr. 3 (cod. Laudunensis!).
^) Vgl. S. 204. ^) Ann. regn. Franc, zu 823 u. 825.
') Ann. regn. Franc, zu 805 u. 821. Mühlbacher Reg.^411 f. u. 740c.
«) MG. Epp. 5, 184 u. 185 (826/7).
*) Pigeonneau, Hist. du commerce de la France i, 73.
^°) Das Routenbuch des Arabers Ibn Kordadbeh (ed. Journal
Asiatique 6. Ser. 5, 513) beschreibt den Weg der Radaniten von Süd-
frankreich über Farama (Pelusium)-Suez nach Indien u. China, ander-
seits (S. 514) nach Tanger u. Marokko. Vgl. dazu auch Brehier, les
colonies d'orientaux en occident au commencement du moyen äge
V — VIII s. Byzantin. Ztschr. 12, 11 ff. (1903).
^0 Vgl. darüber Th. Reinach, Agobard et les juifs, Revue des
6tudes Juives 50 S. LXXIff. (1905) u. dagegen Poncelet, Anal. Bolland.
— 20/ —
Als Zollstationen werden außerdem in einer Formel
für Zollprivilegien noch genannt : Fos, Avignon, Toulon,
Sorgues, Valence, Vienne, Chälons s./S.^)
Auch Arles hatte damals eine große Bedeutung für den
Verkehr mit den handelstüchtigen Arabern.^) Auf der Ca-
margue (Rhonemündung), die damals als insula bezeichnet
wird, hatten sie einen eigenen Hafen eingerichtet.^) Auch
Nimes und Nizza müssen schon eine gewisse Rolle gespielt
haben, da sie von den Jahrzeitbüchern beim Bericht über
die Plünderungen der Sarazenen doch schon besonders er-
wähnt werden.*)
Im Westen aber ragten Nantes^) (Salzgewinnung) und
Bordeaux •*) hervor, jedoch waren offenbar auch noch eine
Reihe kleinerer Handelsplätze an der Küste dazwischen
schon vorhanden.'^) Insbesondere wird der später durch die
Hansa gepflegte Baienhandel zu Bouin (bei Bourgneuf in
der Vendee) schon deutlich erkennbar.^)
Von Südfrankreich muß ^in recht lebhafter Handel
auch nach Italien stattgefunden haben. Ludwig der
Fromme bestätigte 822 dem Bischof von Marseille auf
Grund einer Urkunde seines Vaters (deperd.) den Zoll von
den aus Italien kommenden und anlandenden Schiffen.^)
25, 376, sowie Br. Hahn, Die wirtschaftl. Tätigkeit der Juden im fränk.
u. deutschen Reich, Inaug.-Diss., Freiburg i. B. 191 1 S. 31 ff.
1) MG. FF. 107 nr. i.
-) Heyd a. a. O. i, 102 nr. 3.
') Ann. Bertin. zu 859 u. 869: in insula Camaria . . . in qua portum
Saraceni habere solebant.
*) Vgl. Poupardin, le royaume de Provence sous les Carolingiens
S. 24 ff., sowie Lokys, Die Kämpfe der Araber mit den Karolingern
(Heidelberg, Abh. z. mittl. u. neuer. Gesch. 13) 1906 S. 17 n. 44, auch
Schaube a. a. O. S. 97, sowie meine „Grundlagen" 2, 437.
'•') Zimmer a. a. O. S. 366 ff., dazu W. Vogel, Die Normannen u.
d. fränk. Reich S. 62.
0) Vgl. G.Jacob, Studien in arab. Geographen, 4. Heft, sowie
des. Ein arab. Berichterstatter aus dem 10. Jahrh. 3. Aufl. (1896) S. 30;
s. auch V. Jullian, Hist. de Bordeaux (1900).
■') Vogel a. a. O. S. 143.
*) Agats, Der hansische Baienhandel (Heidelberger Abh. z. mittl.
u. neueren Gesch. 5) S.9 u. 12, sowie oben S. i84f. Vogel a.a.O. S. 121 ff.
») Mühlbacher Reg.^ nr. 765.
— 208 —
Denkmäler langobardischer Plastik sind die Riviera entlang
bis nach Marseille, zu Aix in der Provence, die Rhone
hinauf bis Vienne, aber auch durch Aquitanien hindurch
bis Bordeaux, ferner zu Arles und Avignon nachgewiesen
worden.^) Allem Anscheine nach hat Genua dafür auch
eine gewisse Bedeutun'g gehabt. 806 wird ein fränkischer
Graf in dieser Stadt erwähnt, der den Mauren ein Seegefecht
lieferte.^) Auch im Gebiete des heutigen Hafens von Spezia
spielte das alte Luna noch eine Rolle. Im Jahre 801 landet
ein Jude aus Afrika mit Elefanten in Porto Venere.^) Ferner
muß auch Pisa sich schon an dem Seehandel nach dem
Orient beteiligt haben, denn die Gesandten des Perser-
königs, welche 801 im Hafen dort ankamen^), hatten die
Fahrt wohl auf Schiffen der Pisaner gemacht, ähnlich, wie
uns 813 von einer sarrazenischen Gesandtschaft berichtet
wird, daß sie in navigiis Beneticorum gekommen sei.*)
Auch Gesandte aus Tunis trafen damals ebendort ein.^)
Der Flottenbau, den Karl «der Große noch anordnete, war
besonders auch der Westküste Italiens zugedacht.^)
Zwischen Sardinien und dem Festlande ist ebenso ein
Handelsverkehr bezeugt. 820 werden 8 Handelsschiffe, die
von Sardinien nach Italien zurückkehrten, durch die Piraten
gekapert.'^)
Populonia, an der Küste von Toskana, das als civitas
maritima bezeichnet wird, haben 809 die Griechen, qui
Orobiotae vocantur, geplündert.^)
Im Süden aber traten neben Neapel bereits Gaeta und
besonders Amalfi als Seestädte mit bedeutendem Handel
hervor^), den sie auch mit entsprechenden Kriegsflotten zu
') Stückelberg, Langobard. Plastik, 2. Aufl. (1909) S. 68ff.
-) Ann. regni Franc, zu 806; dazu Lokys a. a. O. S. 11.
*) Ann. regn. Franc, zu 801; dazu Mühlbacher Reg.* 372a u. 374 a,
sowie J. Jung in d. «Mitt. d. Instit. 22, 202 u. Delarc, les Scandinaves en
Italie, Revue des questions hist. 31, 193 ff.
*) MG. Epp. 5, 98.
^) Vgl. dazu (Fostat!) auch das Routenbuch des Arabers Ibn
Kordadbeh a. a. O. S. 453.
") Vgl. Lokys a. a. O. 14. ') Ann. regni Franc, zu 820.
*) Ebenda zu 809.
*) Vgl. Tamassia, stranieri ed Ebrei nell' Italia meridionale, Atti
del R. Istitut. Veneto Ser. 3. 63, 783 (1904), sowie Gay, l'Italie meri-
— 209 —
schützen wußten. Ferner besaßen Sorrent, Salerno, Tarent,
Brindisi und Bari schon einen Anteil an dem Seehandel nach
dem Orient.^) Besonders im Schwange war der Sklaven-
handel der langobardischen Kaufleute. ^) Der Vertrag des
Herzogs Sikard von Benevent mit Neapel vom Jahre 836 ^)
bezeugt das ebensowohl, wie die Korrespondenz des Papstes
mit Karl dem Großen.*)
Endlich hatte auch das innere Becken der Adria außer
Venedig noch mehrere andere Handelsplätze damals schon
aufzuweisen: Treviso^), Grado ^) und Tersatto (bei Fin-
me)"^), Zara'), auch Ossero (auf Cherso)^), Ancona^) und
Ortona.^) Nicht uninteressant mag sein, daß schon Ende
des 6. Jahrhunderts Seehandelsbeziehungen zwischen Cittä
Nuova (Istrien) und Westfrankreich bestanden. ^*') Auch die
dalmatinischen Slaven (Kroaten, Serben) müssen bereits
eine gewisse Bedeutung im Seehandel besessen haben, da
sie 870 im Kampfe gegen Bari hervortreten.^^)
Von Venedig war ein ausgedehnter Handel nicht nur
nach dem Osten, sondern auch nach Ägypten und Syrien
bereits im Gange. ^2) In Neapel fand Bischof Willibald von
dionale et 1' empire Byzantin (Bibl. des ecoles Frangaises d'Athenes et
de Rome fasc. 90 1904) 582 ff. Lokys a. a. O. S. 14 f. Heyd, Levante-
handel I, lo/ff. K. Schaube, Handelsgesch. der roman. Völker des
Mittelmeeres S. 30 f.
1) Lokys a. a. O. S. 27. 33 f. 89; Gay a. a. O. S. 582 ff.
^) Lokys S. 24 n. 72.
*) Bluhme, Handausg. d. LL. Langob. 158.
*) MG. Epp. 3, 280. 312. 585. 606; dazu auch G. Luzzatto, i Servi
nelle grandi proprietä ecclesiastiche Italiane dei sec. IX e X (Pisa
19 10) S. 80 ff.
^) Ann. regn. Francor. zu 806, eine Gesandtschaft aus d. Osten
zurückkehrend landet im Hafen dort. Mühlbacher Reg.^ nr. 422 b.
Über Xenodochien daselbst ebenda 1660.
*) Ann. regn. Franc, zu 821 (Mühlbacher Reg. nr. 740c; dazu MG.
Concil. 2, 586 (827); dazu Mühlbacher Reg.'^ nr. 401.
') Ann. regn. Francor. zu 796; Mühlbacher nr. 350 f.
*) Lokys a. a. O. S. 35.
») Ann. regn. Franc, zu 802; Mühlbacher 388 b.
*") Darüber Zimmer in SB. d. Berliner Akad. 1909 S. 368.
") Mühlbacher Reg.^ nr. i242d u. 1246c. 1247. Vgl. auch O. Har-
nack, Das karolingische u. d. byzantin. Reich in ihren wechselseit.
polit. Beziehungen S. 32. 1^) Heyd a. a. O. i, i22f.
D o p sc h , Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit. II. 2. Aufl. 14
— 2IO —
Eichstädt (f 786) auf seiner Reise nach dem heiligen Lande
Schiffe aus Ägypten.^) Mit Byzanz haben augenscheinlich
bereits regelmäßige Verbindungen bestanden.^)
Hier hat die Belebung der politischen Beziehungen
zwischen Karl dem Großen und dem griechischen Kaiser-
tum ^) wohl ebenso förderhch eingewirkt, wie die religiös-
dogmatischen Streitigkeiten (Bilderverehrung) zwischen West
und Ost.*)
Auch der Besuch des heiligen Landes wurde jetzt
wieder mehr gepflegt ^), seitdem Karl der Große den Schutz
der Christen dort übernommen und politische Beziehungen
zu Harun al Raschid angeknüpft hatte. Sie waren sicher
auch gegen Byzanz gerichtet.^)
Wir werden uns den Handelsverkehr Italiens sehr belebt
vorzustellen haben.') Darauf weisen die wiederholten Ver-
bote Kaiser Ludwigs IL, die Rompilger und jene, welche zu
Handelszwecken im Reiche umherreisten, zu belästigen oder
zu berauben.^) Kaiser Lothar aber hatte schon 822/3 ver-
ordnet, daß der Seehandel wie von alters nur ad portura
legitima betrieben werden solle.®) Gewiß geht dabei die
Haupttendenz dahin, die Umgehung der Zollstätten zu ver-
eiteln. Allein zugleich erhellt doch auch, daß eben der
Seehandel bereits sehr verbreitet und belangreich gewesen
sein muß. Karls Bemühungen um eine Flotte und die
') MG. SS. XV. r, 92.
*) Vgl. den Brief des Papstes an Pippin von 764: pro tarn saeva
huius hiemalis teniporis asperitate nulliis de Ulis partibus adveniens
nohis 7iuntiavit MG. Epp. 4, 535.
') O. Harnack a. a. O. S. 33 flf.
*) Hauck, Kirchengesch. Deutschlands 2, 276 ff.
^) Translatio S. Genesii, Ztschr. f. Gesch. d. Ob. Rheins 24, 9 :
Reliquias de Hierosolymis a 7iegotiatoribus adporiatas. Vgl. Willibaldi
vita episcop. Eichstettens. MG. SS. XV. 1,92 c.4; dazu Hauck, Kirchen-
geschichte Deutschlands 2, 301 ff.
^) O. Harnack a. a. O. S. 33.
') Vgl. auch die Quellennachweise bei Solmi, le associazioni in
Italia S. 45 ff.
*) MG. Capit. 2, 84 c. I u. 86 c. I : perventum est ad nos quod eos, gut
Romam orationis causa pergunt vel qui negotiandi gratia per
regnum nostrum discurrunt . . .
*) Ebenda i, 319 c. 17.
— 211 —
maritimen Maßnahmen, die er sonst traf ^), werden nun erst
recht verständUch. Diese Flottenrüstungen dienten nicht
bloß dem Küstenschutz, sondern sollten dem Seehandel auch
außerhalb des Festlandes einen sicheren Rückhalt bieten.
Die Feinde auf die hohe See zu verfolgen und dort eventuell
zu bekämpfen, wie es die Aufgabe der fränkischen Flotten-
aufstellungen war'^), hat eben zur Voraussetzung, daß eine
Handelsflotte vorhanden war.
Ferner aber beachte man doch: Zahlreich sind die Er-
wähnungen in den verschiedenen Quellen, die von fremden
und überseeischen Erzeugnissen (peregrina seu transmarina)
sprechen.^) Sie werden auch im Innern Deutschlands zu
Geschenken verwendet.*) Es waren neben Gewürzen aller
Art^), Seidenstoffe, Atlas-^) und Purpurgewänder, Edelsteine,
sowie auch seltene Tiere und Vögel oder deren Pelzwerk.
Doch nicht nur in'ItaUen und im Seehandel werden
wir einen regen und entwickelten Verkehr anzunehmen
haben, auch im Innern Deutschlands kann derselbe nicht so
gering und bedeutungslos gewesen sein , als man bisher
annahm.'^) Zu den positiven Belegen des äußeren Bildes
der Straßen- und Handelszüge tritt noch die Rolle hinzu,
welche Handel und Wandel in der Gesetzgebung
jener Zeit spielen. Oft und oft ist ja davon in den Kapi-
tularien die Rede. Der Handel soll nicht am Sonntag
stattfinden, sagt ein häufig wiederholtes Verbot.^) Als Motiv
^) Vgl. Ch. de la Ronciere, Charlemagne et la civilisation mari-
time au IX siecle, Moyen Age 2. Ser. i (1897).
*) Vgl. dazu auch E. Thubert, Politique du Nord de l'Europe
au moyen age, Revue d'hist. diplom. 20, 520 (1906).
») Vgl. MG. FF. 415 nr. 29; Mönch v. St. Gallen 2. 17; Briefe
Bonifaz' MG. Epp, 3, 298. 308. 328. 338. 366. 367.
*) Vgl. die n. 3 zit. Briefe d. Bonifaz.
") Dazu AI. Schulte, Gesch. des mittelalt. Handels i, 73.
*) Vgl. dazu auch J. Karabacek, Über einige Benennungen
mittelalterl. Gewerbe i (1882) S. 8ff., sowie G. Jacob, Welche Handels-
artikel bezogen die Araber des MA. aus den nordisch - baltischen
Ländern, 2. Aufl. 189 1 u. Suppl. dazu: die Waren beim arab.- nordischen
Verkehr im Mittelalter 1891.
'') Neben Falke, Inama u. Kötzschke besonders auch K. Rathgen,
Die Entstehung der Märkte in Deutschland 1881 S. i2f.
*) MG. Capit, 1, 149 C.8 (809); 150 c. 18; 174 c. 15; 182 c. 2; 304 c. 9;
376 c. 30.
14*
— 212 —
dafür war aber neben dem liturgischen, der Heiligung dieses
Tages, doch auch maßgebend, daß die Leute dadurch die
Möglichkeit gewinnen sollten, zur Kirche zu gehen. ^) Der
Handels- und Geschäftsverkehr wurde also bereits als eine
Behinderung dieser religiösen Verpflichtungen empfunden.
Ebenso häufig tritt auch das Verbot auf, daß Kleriker
und Priester sich nicht in weltliche Geschäfte einlassen
sollen.^) Dazu aber muß gehalten werden, daß mehrfach
auch ein Verbot an ebendieselbe Adresse gerichtet wird,
nicht unredlichen Gewinn (turpe lucrum) anzustreben.^) Ein-
mal aber heißt es geradezu : ut presbyter negotiator non sit,
nee per ullum turpe lucrum pecunias congreget.^) Und dazu
treten erläuternd jene anderen Stellen, vom Jahre 829, aus
denen wir erfahren, daß Priester auch rriehrfach auf den
Märkten sich herumtrieben ^) und Geld auf hohe Zinsen
verliehen.") •
Bedeutsam erscheint mir zur Beurteilung des Handels-
verkehrs auch das Verbot des Nachthandels. Hier wird
ausdrücklich aufgezählt, was nicht bei Nacht verhandelt
werden soll: Gold- und Silbergefäße, Sklaven, Edelsteine,
Pferde und Tiere. Man sieht, eine stattliche Reihe. Nur
Lebensmittel und Pferdefutter, das für die Reisenden not-
wendig wäre, erscheinen von diesem Verbot ausgenommen.'^)
Alle jene Gegenstände, bei welchen die genaue Kenntnis-
nahme ihrer QuaUtät für den Abschluß des Handels von
entscheidender Bedeutung war, sollten offenbar behufs Ver-
hinderung des Betrugs bei hellem Tageslicht verhandelt
werden. Auf möglichste Publizität des Handels ist ja auch
die unmittelbar noch anschließende Bestimmung gerichtet:
sed in die corain omnibus et cor am testibus unusquisque
suum negotium exerceat.
Ich habe schon im i. Teil dieses Werkes^) noch darauf
hingewiesen, daß auch das Verbot des Viehhandels mit
^) Ebenda 376 c. 30 (826); vgl. 2, 420 (845) c, 80.
^) Ebenda i, 55 c. 23; 102 c. 9; 240; 2, 106 n. 223.
^) Ebenda i, 92 c. i; 95 c. 22; 132 c. 15; 240; 312 c. 6.
*) Ebenda 244 c. 16 (802—10); vgl. ebenda 2, 179 c. 13.
^) Ebenda 2, 33 c. i^,'- per diver sos mercatus indiscrete discurrunt.
") Ebenda 2, 43 c. XX. '') Ebenda i, 142 c. 2 (806 — 13).
«)S.325f.
— 213 —
Gaufremden auf eine ziemlich große Entwicklung desselben
deute. Die bekannten Erlasse Karls wider den Getreide-
wucher ^) bezeugen ebenso einen regen Kornhandel.
Wie entwickelt der Handel auch mit Edelsteinen und
kostbaren Gefäßen gewesen sein muß, lehrt am besten wohl
der Umstand, daß jüdische, aber auch andere Kaufleute
schon um 800 prahlten , sie könnten was ihnen beliebte
von den Kirchenschatzmeistern kaufen.^) Karl der Große
sieht sich geradezu veranlaßt, damals durch die Missi an
die Kirchenvorstände die Mahnung zu richten: ne propter
perfidiam aut neglegentiam custodum aliquod de gcinni is,
aut de vasis, reliquo quoque thesauro perditum sit.
Die hohe Wertschätzung, deren sich die Reliquien von
Heiligen erfreuten^), führte alsbald dazu, daß die Speku-
lation sich auch darauf warf und einen blühenden Reliquien-
handel ausbildete.*)
Auch das, was wir aus der Zollgesetzgebung ent-
nehmen können, weist in dieselbe Richtung. Ich möchte
dabei weniger auf die Tatsache Gewicht legen, daß zahl-
reiche und verschiedene Arten von Zollabgaben in den Zoll-
befreiungsprivilegien genannt werden — rotaticum, pontati-
cum, salutaticum , pulveratictitn, cispitaticum ^), portaticum,
ripaticum, cenaticum, laudaticum, trabaticu m ^) - hier mag
ja vieles formelhaft und zum Teil auch aus älterer, besonders
der Römerzeit übernommen sein.'^j Allein eine solche Spezi-
fikation technischer Bezeichnungen hatte ebenso wie das
wiederholt eingeschärfte Verbot, neue Zölle widerrechtlich
zu erheben^), doch nur einen Sinn, wenn ein hinreichen-
des Objekt solcher Zollerhebung auch wirklich vorhanden
war. Und das um so mehr, als an die Verfrachtung der
^) Vgl. im I. Bande S. 324.
*) MG. Capit. I, 131 c. 4: dictum est nohis, quod negotiatores Itidaei
necnon et alii gloriantur, quod quicquid eis placeat, possint ab
eis emere.
*) Vgl.Walafrid,deexordiisetincrem.rer.eccl.,MG.Capit.2,48on.58.
*) Vgl. Mathäi a. a. O. S. 5 u. 26. ») MG. FF. 107 nr. i; 112.
") Ebenda 301 nr. 20. Dazu E. Mayer, Zoll, Kaufmannschaft und
Markt in d. German. Abh. z. 70. Geburtstag K. Maurers S. 378 ff.
T) Vgl. Brunner DRG. 2, 238 f.
*) Capit. I, 284 c. 17; vgl. I, 64 c. 28 u. 145 c. 6.
— 214 —
gewöhnlichen grundherrschaftlichen Produktion dabei gar
nicht gedacht werden kann, da es ein Grundsatz schon der
karolingischen Zollgesetzgebung war, daß der Eigenbedarf
zollfrei belassen wurde und nur das Handelsgut der Abgabe
unterlag.^)
Weitere Beobachtungen lassen sich noch zur Unter-
stützung dieser Auffassung machen. Die rege Sorge für
gute Instandhaltung der öffentlichen Straßen und Brücken^)
gewinnt ihre besondere Bedeutung auch für den Handel,
wenn wir im Einzelfalle die Ermächtigung zur Anlage einer
Wasserleitung davon abhängig gemacht sehen, daß die dar-
über gebaute Brücke den Verkehr nicht behindere.^)
Es ist meines Erachtens ein grundlegender Irrtum der
früheren Forschung und besonders auch v. Inamas gewesen,
daß man annahm, die alten Handelswege der Germanen, ja
sogar die Römerstraßen seien durch die sog. Völkerwande-
rung völlig verschüttet worden.*) Gerade der Handel pflegt,
da die persönlichen Interessen des Einzelnen damit enge
verknüpft sind, auch bei großen Kriegen nie gänzlich oder
dauernd zu versiegen. Die Hoffnung auf Gewinn reizt den
Wagemut des Händlers auch mitten in unsicheren Verhält-
nissen. Und wenn es auch keine zentrale Reichsgewalt gab,
die im ganzen für die Straßenanlagen gesorgt hätte, so be-
saß man im kleineren Kreise doch alles Interesse, die vor-
handenen Verkehrsmittel zu pflegen.^) Und so hat denn
auch die Lokalforschung neuerer Zeit immer wieder das-
selbe Resultat ergeben, daß die Römerstraßen tat-
sächlich fortbenutzt und bis in die Karolinger-
zeit erhalten geblieben sind.®)
Aber auch die Einrichtung von Fremdenherbergen
(Xenodochien) '^) und Hospizen, besonders auf Gebirgs-
^) Vgl. die schon von Brunner a. a. O. zit. Kapit.- Stellen.
"-) Waitz VG. 4', 32 ff.
^) Mühlbacher Reg.^ nr. 687 (Migne 104, 1090): xit pons desuper
talis ßeret, qiii trmiseuntibus nihil abesset.
*) WG. I, 428 ^ 1 2, 583. ») Vgl. dazu Mathäi a. a. O.
') Vgl. für das IVIoselland Lamprecht WL.2, 239 f.; für SO Deutsch-
land Reutter, Jb. f. Landesk. NÖ. 1909 S. 196, bes. auch J. Schneider
a. a. O., sowie meine „Grundlagen" 2, 448 ff.
■') Darüber die Belege bei Waitz VG. 4^, 24 f., sowie Anskars Leben
— 215 -
passen ^), war bereits entwickelt. Man konnte auch ohne
könighchen Verpflegebrief (tractoria) schon die für Mensch
und Pferd zum Unterhalte nötigen Lebensmittel und Futter
kaufen.^) Die Lieferung dieser Reisebedürfnisse nimmt
Karl der Große bezeichnenderweise bei seinem bekannten
Verbote des Nachthandels aus. Es gab damals auch
schon Gasthäuser, wo man gegen Bezahlung Unterkunft
fand.^) Nicht selten mochte es da denn auch vorgekommen
sein, daß man den fremden Reisenden prellte oder über-
hielt, wogegen ein Kapitulare Ludwigs II. von Italien aus
dem Jahre 865 Stellung nimmt.*) v. Inama hat das alles
übersehen und ein ganz falsches Bild von den Reiseverkehrs-
möglichkeiten gegeben.^)
P. Sander hat die Behauptung aufgestellt, die von mir
beigebrachten Einzelheiten über die Entwicklung des Pilger-,
Reise-, Boten- und Touristenverkehrs beweise für den Handel
gar nichts. Man müsse vielmehr da zwischen Verkehr und
Handel scharf unterscheiden.^) Tatsächlich tritt auch hier die
geringe Vertrautheit Sanders mit den Quellen der Karo-
lingerzeit deuthch zutage. Denn sowohl für die Pilger ')
d. Bischofs Willehad (Bremen) MG. SS. 2, 386 c. 4, ferner MG. Capit.
2, 94 c. 5 (865); auch Mühlbacher Reg.* nr. 1660.
') Oehlmann a. a. O. S. 204. 236. 239.
2) Vgl. neben d. Capit. vom Jahre 806 MG. Capit. i, 142 c. 2 auch
die Salzburger Formel MG. FF. 443 nr. 13: pabulo mmentorum eundo
et redeimdo entere.
ä) Vgl. Mathäi a. a. O. S. 27.
*) MG. Capit. 2, 93 c. 5 : hospitibus . . mit sua cariiis quam vicinis
audeant vendere.
*) WG. I, 447 — 1*, 607: „Dem kleinen Freien, der nicht über
einen könighchen Postschein (evectio) oder eine Einquartierungs-
order (litera tractoria) gebot, dem nicht Eigenleute oder Grundhörige
auf entlegenen Besitzungen Wagen und Pferde nebst der nötigen
Bedienung stellten, mochte es schwer genug fallen, überhaupt nur
eine weitere Reise zu unternehmen; eine regelmäßige Briefbeförde-
rung oder Warenversendung gehörte für ihn aber wohl zu den un-
möglichen Dingen." — Vgl. dagegen den Nachweis Mathäis, daß
Einhard auch Reisen im Auftrage des Kaisers anscheinend ohne
tractoria gemacht hat a. a. O. S. 20.
«) A. a. O. 1075.
^) Vgl. den Brief Karls d. Gr. an Kg. Offa v. Mercien MG. Epp.
4, 145 (796).
— 2l6 —
als auch für die zu Hofe Reisenden ^) mußte besonders ein-
geschärft werden, daß ihre Zollfreiheit nur für den Eigen-
bedarf gelte, der darüber hinaus von ihnen betriebene
Handel aber der Zollpflicht unterliege. Man sieht eben
daraus, wie sehr Verkehr und Handel damals in WirkHch-
keit zusammenfielen und wie wenig Sanders theoretische
Erwägung dieser entspricht.
Auch die königliche Gesetzgebung über Maß und Ge-
wicht eröffnet uns ganz denselben Ausblick. Die Klagen
über die BenachteiUgung der Armen durch ungleiches Maß
und Gewicht können unmöglich nur auf deren Zinsabliefe-
rung bezogen werden. Sie setzen ebenso wie die Be-
mühungen Karls des Großen und Ludwigs des Frommen
zur Herbeiführung einer größeren Einheitlichkeit wenigstens
innerhalb derselben Herrschaft (dominatio) ^) doch auch
einen regen Warenverkehr voraus.
Auch der scheinbar begründete Einwand Rathgens, daß
alle diese Verordnungen nur auf Westfrancien zu beziehen
und seit der Bildung des ostfränkischen Reiches von solcher
staatlicher Tätigkeit kaum mehr die Rede sei^), ist tat-
sächlich nicht beweiskräftig. Die Kapitulariengesetzgebung
versiegte, wie bekannt, nach dem Tode Ludwigs des Frommen
im Ostreiche ganz allgemein. Es wäre aber verkehrt, daraus
den so weitgehenden Schluß zu ziehen, daß Deutschland
„in tiefe Barbarei zurückgeschleudert" worden sei. Für den
Handel genügt der Hinweis auf die Raffelstätter Zollord-
nung (904/5), das Gegenteil davon zu erhärten.
Man erwäge ferner, was die großartige Entwick-
lung des Epistolarverkehrs auf weite Fernen — ich
erinnere nur z. B. an die Briefe Alchvins an Arno v. Salz-
burg — an Verkehrsbeziehungen doch voraussetzt.*) Und
^) MG. Capit. I, 294 c. 2 (820).
-) Waitz VG. 4-, 76 und Inama WG. i ^ 620. ^) A. a. O. S. ißf.
*) Wenn v. Inama WG. i, 447 n. 2 = i *, 608 n. i mit Waitz VG.
4^, 27 n. 2 einen Brief Alchvins (MG. Epp. 4, 424 (803.?) nr. 265) für
die gegenteilige Annahme verwerten will , so kann die angezogene
Stelle für die Seltenheit eines Reiseunternehmens um so weniger be-
sagen, als gerade Salzburg ja doch für Westfrancien recht entlegen
war — der Brief ist an Arn gerichtet — und eben die longitiquitas
terrarum ausdrücklich als Behinderungsmittel einer häufigeren Träger-
— 217 —
dazu ist das, was noch auf uns gekommen ist, wahrscheinlich
nur ein geringer Teil der Privatkorrespondenz jener Zeit. In
Handelsstädten, z. B. Mainz, fand man, wie es in einem
Briefe von 826 — 40 heißt, stets Leute, denen sich auch
geringere Personen zur Fahrt nach Rom anschließen konn-
ten.^) Die große Winterkälte von 821 aber veranlaßte
den Annalisten zu der Bemerkung, daß das Eis der Flüsse ['if^^
selbst die schweren Frachtwagen, welche nach den verschie- \ ly^^ ^ (>
denen Richtungen verkehrten, wie eine Brücke aushielt.^)! '-' jf^H
Mathäi hat an der Hand der translatio SS. Marcellin -f^ ^ '
et Petri ein Bild von dem Reiseverkehr zur Zeit Ludwigs
des Frommen entworfen, das eine nicht beachtete Entwicklung
desselben widerspiegelt. Ich möchte dazu noch stellen, daß
auch eine Art freien Passantenverkehrs schon vorhanden
war. Denn die Vorstellung von Reisenden, die auf öffent-
lichen oder fremden Verkehrsmitteln, gewissermaßen als
Passagiere, mitfuhren, epibatae, war bereits der poetischen
Literatur jener Zeit geläufig.^)
Verbindung (inopia portitorum !) bezeichnet wird. Daß diese Be-
merkung Alchvins keine allgemeine Bedeutung für sich beanspruchen
kann, beweist am besten ein Brief Einhards an den BibHothekar
Gerwaid, wo es heißt: non deerunt perlatores, si hoc quod scripserts,
Bonotto vicedoniino nostro mitter e volueris. Mathäi a. a. O. S. 14. Vgl.
dagegen auch die Salzburger Formel MG. FF. 443 nr. 11: Sincerrima
sunt nafuque inter absentes comercia litter arum , ut, qui se miituis con-
loquiis non valent confortari , invicem saltim per epistolae stilum
vicissim se intueantiir, et quod locorum separat longarum divisio, iiingat
unanimitas inscribendi. Vgl. auch ebenda 453 nr. 61.
') MG. Epp. 5, 132 nr. 44.
'*) Ann. regn. Francor. 82 1 : ut tricenis vel eo ampliiis diebuspla ustra
huc atque illuc commeantia velut pontibzis iuncta sustinerent.
^) Vgl. MG. Poetae lat. 3 Sachregister (Epibata) und die dort
zit. Glossen dazu. Wenn ich in der i. Aufl. von Touristenverkehr
sprach, so war dies durch den Folgesatz genügend verdeutlicht.
Natürlich habe ich nicht an Hochtouristen gedacht, wie P. Sander
(a. a. O. 1076) zu meinen scheint. Seine überhitzte Polemik war um
so weniger am Platze, als zu den früher bereits zitierten Quellen für
die epibatae auch noch Isidors Etymolog. XIX. i. 7 (Migne 82, 663)
ergänzend u. bekräftigend hinzutreten. Zudem ist schon von Ducange,
glossar. unter diesem Stichworte auch eine Quelle zitiert, nach der
epibata mit institor synonym gebraucht erscheint. Ebendies würde
noch ganz besonders für die Bedeutung dieses Reiseverkehrs sprechen
u. den Zusammenhang mit dem Handel wiederum erweisen.
— 2l8 —
Die allgemeine Auffassung, daß der Handel der Karo-
lingerzeit unbedeutend gewesen sei, basiert auf einer völlig
kritiklosen Verwertung der Quellen. Man hat die Eigenart
der Überlieferung da gar nicht in Rechnung gestellt. Man
kam zu solchen Anschauungen , weil man aus Quellen
schöpfte, die großenteils von den Grundherrschaften, oder
besser gesagt den geistlichen Archiven herrühren. Diese
Quellen boten ihrer inneren Natur nach selbstverständlich
keine, oder nur dürftige Nachrichten über den Handel.
Man bedenke nur, welch unrichtiges Bild sich von dem
Handel des späteren Mittelalters ergeben würde, wollte man
ihn nur nach den Urbaren dieser Grundherrschaften beur-
teilen! Aus den Städten der Karolingerzeit besitzen wir
leider keine jenen der späteren Zeiten analoge Quellen.
Aber dort, wo die erzählenden Quellen (Annalen, Viten,
Translationen), obwohl selbst wieder geistlichen Charakters,
Gelegenheit finden, von den Städten und Märkten zu
sprechen, treiTen wir tatsächlich auch Nachrichten über
Handelsverkehr. Besonders drastisch tritt diese Abhängig-
keit des Quelleninhaltes von der Herkunft und
Interessenverschiedenheit ihrer Verfasser bei einem
Vergleich mit den arabischen Berichterstattern des lo. Jahr-
hunderts hervor. Sie haben mit kaufmännischen Interessen
hauptsächlich die Städte besucht und die Eindrücke von
daher wiedergegeben. Man höre nun, wie z. B. AI Mas'üdi
das Land der Franken schildert. In demselben gäbe es
gegen 150 Städte^), die Hauptstadt sei Paris. Es sei un-
fruchtbar, weil es schlechten Ackerboden habe, überdies auch
wenig Weinberge und Bäume besitze. Seine Bewohner, die
Franken — deren persönUche Eigenschaften berührt werden
— gewännen „durch Handel und Handwerk ihren Unter-
halt".2) Also das gerade Gegenteil von dem, was man unter
dem Eindrucke der einseitig grundherrschaftlichen und agrar-
wirtschaftlichen Quellen bis jetzt ganz allgemein angenom-
1) Die Zahl ist naturgemäß wohl nur eine (übertriebene?)
Schätzungsziffer. Aber sie spiegelt gerade als solche den allgemeinen
Eindruck wider, den der Be;ichterstatter von der Verbreitung des
Städtewesens doch gehabt hat.
=) G.Jacob, Ein arab. Berichterstatter ausd. lo.Jahrh. 3.Aufl.S.2i.
— 219 —
men hat. Eine ernsthafte Berichtigung dieser Anschauungen
wird sich immer dringender notwendig machen, je mehr
durch subtile Einzelforschung der Kreis der Quellen sich
erweitert.
Aber auch die zweite Hauptthese der Handels-
geschichte dieser Zeit ist nicht richtig. Der Handel sei
damals dem fremden Kaufmann überlassen geblieben, neben
der einheimischen Bauernkultur habe sich erst später ein
eigener, selbständiger deutscher Kaufmannstand als Berufs-
stand langsam entwickelt.^)
Diese Annahmen sind bereits durch die oben gebotene
äußere Geschichte des tatsächlichen Handelsbetriebes auch
durch Friesen, Sachsen, Franken, Bayern und Schwaben
widerlegt.^) Naturgemäß hatten die Meeranwohner daran
vor allem teil. Das war ja auch später noch so. Die
Niederländer und Hansastädte im Norden, die südfranzö-
sischen und itaUenischen Städte im Süden, vor allen Vene-
dig, Pisa, Amalfi u. a. beherrschten auch dann noch den
Handel, a4s er bereits zu hoher Blüte gediehen war. Und
spielten die Juden im späteren Mittelalter und darüber
hinaus vielleicht nicht ebenso eine wichtige Rolle im ganzen
Handelsverkehr }
Zudem hat B. Hahn jüngst nachgewiesen, daß die Juden
durchaus nicht „die" Händler im fränkischen Reiche ge-
wesen sind und von einer Beherrschung des Handels durch
sie gar nicht die Rede sein könne. ^)
Endlich kann auch die dritte These der früheren
Forschung nicht aufrechterhalten werden, daß die großen
Grundherrschaften die Träger des Handelsverkehrs gewesen
seien und in der Pflege eines regen Produktenhandels den
Schlußstein des Gebäudes ihrer wirtschaftlichen Organisation
erblickt hätten.*) Alles, was jene Zeit an Verkehrseinrich-
tungen geschaffen und besessen habe, sei grundherrlicher
Art gewesen. Auch dieses Gebiet des volkswirtschaftlichen
*) So Waitz VG. 4*, 44. Dann besonders v, Inama WG. i *, 608,
Mühlbacher, Deutsche Gesch. S. 286, AI. Schulte, Gesch. d. Handels
S. 79, auch Rathgen, Die Entstehung der Märkte in Deutschland S. 12L
") Siehe S. 192 ff. •') A. a. O. S. 42.
*) V. Inama WG. i, 438 = I^ 599.
— 220 —
Lebens, sagt v. Inama, ist am Schlüsse der Periode schon
nahezu ausschließlich von dem Einflüsse dieser großen volks-
wirtschaftlichen Mächte beherrscht und ihrem Dienste vor-
nehmlich gewidmet.^)
Ich habe schon im i. Teile dieses Werkes diese Frage
berühren müssen und einzelne Argumente angeführt^), die
gegen diese Auffassung sprechen. Sie beruhte doch wesentlich
auf der grundlegenden Hypothese, daß überall eine zentra-
listisch organisierte Villikationsverfassung vorhanden ge-
wesen sei, bei welcher ein weitmaschiges System von Neben-
höfen die reellen Wirtschaftserträgnisse an die Haupthöfe,
bzw. Zentrale, abführte. Sie setzte weiter auch voraus,
daß diese Großgrundherrschaften überwiegend Eigenwirt-
schaft betrieben hätten und eine großartige Aktivproduktion
in dieser Eigenregie erzielt worden sei. Die urkundlichen
Nachrichten ergeben ein völlig anderes Bild. Einmal war
eine solche geschlossene Gutswirtschaft gar nicht in dem
Maße vorhanden, als sie jene Theorie annahm, vielmehr
herrschte sehr vielfach Streulage. ^) Dann aber überwog
das Zinsgut bei weitem, während das in Eigenregie ge-
haltene Gutsland nur einen geringeren Teil des Gesamt-
bestandes ausmachte.*) Waren somit die reellen Voraus-
setzungen für einen solchen Handel der Grundherrschaften
tatsächlich gar nicht vorhanden, so erheben sich mit diesen
Nachweisen noch weitere Schwierigkeiten für die herrschende
Theorie. Die Streulage der grundherrschaftlichen Güter
erschwerte die Verfrachtung der Gutserträgnisse. Weit ab-
liegende Güter hätten mitunter einen Ferntransport zu leisten
gehabt, dem die Einrichtungen von damals sicher nicht ge-
wachsen waren. Denn auch die Vorstellungen von den
Transportdiensten waren ja durchaus von dem wohl-
abgestuften Bilde einer geschlossenen Fronhofswirtschaft
*) Ebenda i, 446 = i -, 607. '^) i, 286ff.
*) Vgl. im I. Teile S. 246 ff. u. 309.
*) Ebenda S. 283 ff. Dazu auch noch Döberl, Die Grundherr-
schaft in Bayern vom 10. — 13. Jahrh., der (Forschungen z. bayr. Gesch.
12, 148) für St. Emeram (Regensburg) den in Eigenwirtschaft stehen-
den Teil des Gutsbestandes bloß auf 20% veranschlagt, während
das übrige „im Nutzgenuß von Lehensleuten , Meiern, Förstern und
Zensualen" gewesen sei.
— 221 —
beeinflußt. Vor allem waren die angariae, die sicher so
alt sind als die Grundherrschaften überhaupt^), keineswegs
eine „im Interesse des Verkehrs auferlegte Leistung", wie
V. Inama meinte^), sondern ein aus der Natur der Zins-
verpflichtung als einer Bringschuld sich ergebender Liefe-
rungsdienst. ^) Daher auch die Häufigkeit der Getreide- und
Weinfuhren, die schon v. Inama aufgefallen ist. 2) Diese
Fronden dienen häufig der Zufuhr zum Kloster (ad mona-
steriurn)'^)^ oder zum nächsten Hofe (ad proximam curtemP),
und sind in der Regel also auf die größtmögliche Nähe
berechnet.
Diese Quellenaussagen v/idersprechen somit auch der
weiteren Annahme v. Inamas, daß dieser Fuhrdienst „sich
oft auf sehr lange Strecken erstreckt habe und für das
ganze Gebiet der großen Grundherrschaften, im einzelnen
auch für weit entlegene Märkte oder wichtige Verkehrs-
punkte eingerichtet" gewesen sei.®) Ganz im Gegenteile.
Schon Guerard hatte an der Hand des großen Polyptychons
von St. Germain des Pres dargelegt, daß sie vielfach nur
für Teilstrecken gedacht waren '^), ja daß man eine weitere
Ausdehnung durch Geld ablösen konnte (Metz).^) Und
Lamprecht hat gleichfalls eine Abstufung nach Zwischen-
stationen angenommen.^) Ich habe bereits im ersten Teile
^) V. Inama WG. i, 441 = i*, 602 meinte, wiewohl er zugeben
muß, daß solche schon in vorkarolingischer Zeit bestanden, diese
Verkehrseinrichtungen hätten ,,in Deutschland aber doch erst während
der Karolingerzeit ihre volle Ausbildung und Verwertung erhalten".
-) Ebenda. Dazu auch noch ÜB. v. St. Gallen i nr. 304 (827).
') Vgl. dazu ÜB. v. St. Gallen 2, 146 (868): duos niodios de grano
ad proximam curtem eiusdem monastern,so^\Q die (allerdings jüngeren)
Quellenstellen bei Lamprecht WL. I. 2, 812 n. 2.
*) Vgl. die von Inama a. a. O. n. 3 u. 4 zit. Stellen aus dem Prümer
Urbar ad monasterium; ferner das Weißenburger Urbar wiederholt:
his in anno cum suis carr. ad monasterium pergere z. B. Zeuß, Trad.
Wizz. 279 nr. 22. 23 u. 24; 280 nr. 25. St. Galler ÜB. 2, 23 (847): et semel
per amium de St., sive sit de grano seu de vino, miam perductionem
usque ad motiasterium faciam ; vgl. auch ebenda i nr. 79 u. 113.
*) St. Gall. ÜB. I nr, 244. 272. 317. *) A. a. O. i, 442 = i S 603.
■') Polyptyque d'Irminon i, 795. *) Ebenda 797 nr. 17.
') DWL. I. 2, 814. Vgl. auch Bikel, Die Wirtschaftsverhältnisse
des Klosters St. Gallen 1914 S. 144.
— 222 —
dieses Werkes^) auch auf die Wirtschaftsordnung Adal-
hards für Corbie hingewiesen (822), in der die weite Ent-
fernung ausdrücklich als Hindernis für die Zufuhr der Zehent-
abgaben bezeichnet erscheint.
Wo große Städte in der Nähe waren, werden diese
Fuhrdienste z. T. auch zur Absatzverfrachtung für den Markt
gedient haben, wie z. B. gewisse Güter Weißenburgs nach
Worms, Mainz und Frankfurt zu dienen hatten.^) Der Be-
griff angaria war eben vieldeutig. Angariaet! können über-
haupt alle möglichen Fuhrdienste sein, die willkürlich von
den Grundherrschaften oder ihren Beamten den Hintersassen
auferlegt werden.^)
Man wird auch noch den Unterschied der Angariae nach
der Person der Verpflichteten beachten müssen. Die auf
Hufen ausgesetzten Zensualen werden zumeist bloß Liefe-
rungsdienste ihres Zinses zu leisten gehabt haben. Die
servi salici aber werden auch zu Fuhrdiensten verwendet
worden sein, die zur Einbringung der an Ort und Stelle
entweder nicht vorhandenen, oder der kaufweise erworbenen
Konsumtionsgüter (Salz, Wein und Holz) notwendig waren.
So unterscheidet eine St. Galler Urkunde die servi vel
ancillq conjugati et in niansis manentes , welche opei'a
dimidia leisten, von den puell(^ infra salam manentes^ die
3 Tage in der Woche zu dienen haben.*) In Kempten be-
sorgten die servientes die Salztransporte.'')
Neben den Angariae werden besonders häufig die para-
fredi in den Quellen genannt, v. Inama hat diese Leistung
von Pferdediensten so dargestellt^), als ob dies ein vor-
wiegend „öffentliches Institut" gewesen sei und „im Verlaufe
') I, 292 n. 3.
2) Zeuß, Trad.Wizz. 278 nr. 18; vgl. auch Lamprecht WL. I. 2, 8i2_
der konstatiert, daß die Richtung der Transportdienste ,,auf die
großen Städte und Märkte in der Nachbarschaft der Grund-
herrschaft., nicht so stark hervortritt wie im Nachrichtendienst".
*) Vgl. die Klagen der westfränk. Bischöfe wider die königl.
Amtleute vom Jahre 858 MG. Capit. 2, 437 c. 14: Et servos regios
iudices non opprimant . . . 7iegtie per angarias in tempore incongruo illos
affligant.
*) St. Gall. ÜB. I, 220 nr. 228. ") Kalischer a. a. O. S. 66.
•) WG. I, 443= I^ 604.
— 223 —
der Karolingerherrschaft dann die wachsende Übermacht
der großen Grundherren und die damit erworbene Immunität
auch diesem Zweige der Reichsverwaltung immer mehr
feindlich geworden sei". „Die immunen Gutsbezirke, sagt
er, werden ausdrücklich von der Leistung der paraveredi
ausgenommen und damit diesem öffentlichen Institute über-
haupt der Boden unter den Füßen entzogen." So habe
sich auch diese „ursprünglich rein öffentliche Einrichtung
schließlich in eine der vielen Grundlasten verwandelt , in
welchen die Beschaffung der Mittel für die Zwecke des
öffentHchen Lebens lange Zeit hindurch fast ausschheßlich
ihr System gefunden hat".^) „Die Befreiung von dieser
öffentlichen Last bedeutete nichts anderes als den unbe-
schränkten Eintritt der Grundherren in die Berechtigung,
welche früher das Reich gehabt, die Ausnutzung einer Ein-
richtung für ihre wirtschaftlichen Sonderinteressen, welche
früher dem allgemeinen Interesse des Reiches gedient hatte".
Ich glaube, daß die rechtliche Natur dieser Dienste so
vollständig verkannt ist. Pferdedienste zum Zwecke der Be-
förderung zu fordern, stand jedenfalls innerhalb des Kreises
seiner Hintersassen jedem Grundherrn zu, das war eine
rein private Leistung.^) Sie wurde wahrscheinlich seit dem
Zeitpunkte schon in Anspruch genommen, als es Grund-
herrschaften überhaupt gab. Der König hat dann solche
als Vertreter der Staatsgewalt auch zu öffentlichen Zwecken
gefordert^), und zwar von allen Freien, die nicht durch
königliches Privileg ausdrücklich davon befreit waren. Es
ist aber völlig unzutreffend, daß solche Entlastungen erst
in der Karolingerzeit erteilt worden seien. Schon die
Marculfschen Formeln bieten Beispiele dafür.*) Natürlich
gewannen die Grundherrschaften auch nicht erst durch diese
Befreiungen das Recht auf solche Leistungen. Man müßte
denn annehmen, daß sie auch das Recht auf Herberge und
^) Ebenda i, 144 = 1^, 605, so auch H. Brunner DRG. 2, 233.
*) Vgl. z. B. im Lorscher Urbar Cod. dipl. Lauresh. 3, 213 in
Franchevurt: parafredum de curte ad ctirtem, sowie K. Haff, Zur
Rechtsgesch. d. mittelalterl. Transportgenossenschaften, Ztschr. d.
Savignystiftung f. RG. 31, 257 f.
') Vgl. Brunner DRG. 2, 229 und HaflF a. a. O. 255.
*) II. I MG. FF. 72.
— 224 —
Nachtquartier (mansiones) erst durch die Immunitätsprivi-
legien des Königs erlangt hätten, was wohl niemand ernstlich
behaupten wird. Ich möchte auch nicht mit Waitz glauben,
daß Karl der Große das Recht der Grafen und königlichen
Beamten sonst auf Beförderung (paraveredi), welches sie
früher hatten, beschränkt habe.^) Die von ihm zitierten und
auch noch andere Quellenstellen besagen doch nur, daß
Karl die ungebührliche Ausnutzung dieses Rechtes zu pri-
vaten Zwecken beseitigen und die Beobachtung des alten
Maßes dieser Verpflichtungen einschärfen wollte. Denn daß
selbst die Immunitätsprivilegien wider solche Übergriffe
der königlichen Beamten tatsächHch nicht immer ausreichen-
den Schutz gewährten, zeigt deutlich der bekannte Brief
der westfränkischen Bischöfe an Ludwig den Deutschen
vom Jahre 858.2)
Unter parafridi versteht man aber dann auch die zu
jener Leistung verpflichteten Personen. Schon Brunner hat
auf eine Urkunde für Worms aufmerksam gemacht, die eine
aus Fiskalinen bestehende societas parafridorum bezeugt,
welche dem König Pferde leisten mußte. ^) Er wollte daraus
schließen, daß zur Beistellung solcher Pferde für den König
in erster Linie die Fiskalgüter herangezogen wurden. Ob
das wirklich daraus folgt .^^ Eine Erklärung vermag meines
Erachtens vielleicht das Capitulare de Villis zu bieten, das
auch paraveridi erwähnt. Dem Verbote, daß die vom oder
zum Hofe gehenden Gesandtschaften auf den königlichen
Höfen Herberge nehmen, folgt hier*) die ergänzende Be-
stimmung : Et comes de suo ministerio vel honiines Uli gut
antiquitus consueti fuerunt, missos aut legationes soniare,
ita et modo inantea et de parveridis et omnia eis necessaria
solito niore soniare faciant, qualiter bene et konorifice ad
palatium venire vel redire possint. In der Regel war dies
1) VG. 4'-, 19.
*) MG. Capit. 2, 438 c. 14: quatinus non sit vobis jtecesse per quas-
cunque occasiones quorumcunque hortatibus circuire loca episcoporum,
abbatum abbatissarum vel comitum et maiores, quam ratio postulat,
paratas exquirere et pauperes ecclesiasticos et fidelmm vestrorum man-
suarios in carricahiris et paraveredis contra debitum exigendis
gravare.
») DRG. 2, 229 n. 20. *) C. 27.
— 225 —
also eine Amts Verpflichtung der Grafen (de suo ministerio),
die somit zu solchen Forderungen berechtigt erscheinen.
Daneben aber gab es — stellenweise offenbar — noch be-
sondere Einrichtungen. Brunner hat den zweiten Teil dieser
Stelle meines Erachtens mit Recht so aufgefaßt ^), daß an
einzelnen Orte bestimmte Hofbesitzer von alters her mit
der Sorge für die missi betraut gewesen seien, „vielleicht so,
daß diese Pflicht die Gegenleistung für ein vom Fiskus er-
worbenes Leihegut bildete".
Für die freien Spanier, die in Südfrankreich angesiedelt
wurden, läßt sich diese Pflicht durch das kaiserliche Privileg
von 815 erweisen.''^)
An einzelnen Orten! Dieselben werden kaum zufällig
oder wahllos bestellt worden sein. Ich möchte damit jene
Posteinrichtungen in näheren Zusammenhang bringen,
welche Karl der Große und dann Ludwig der Fromme
durch ein besonderes, heute leider nicht mehr erhaltenes
Capitulare angeordnet hatten. Spuren davon haben sich in
einem späteren Capitulare Ludwigs des Frommen (von
823 — 25), das sich darauf ausdrücklich zurückbezieht ^), noch
erhalten. Was hier verlautet, stimmt vortrefflich zu jenen
anderen Bruchstücken der Überlieferung. Denn diese Nach-
richten verdanken wir eben dem Umstände, daß Klagen
über die schlechte Behandlung der Gesandtschaften (lega-
tiones), die zu Hofe gingen, laut wurden.
Indem Ludwig der Fromme demgegenüber nun die
allgemeine Verpflichtung zu Lieferungs-, Herberge- und Post-
diensten an die mit einem königlichen Postschein (evectio),
bzw. Traktierbrief (tractoria) ausgestatteten Personen ein-
schärft, hören wir noch besonders auch von Orten (locis):
ubi modo via et mansionatici a genitore nostro et a iiobis
per capitulare ordijtati sunt, missos ad hoc specialiter con-
stitutos, qui hoc iugiter providere debeant, habeant, ut omnia,
quae ad easdeni legationes suscipiendas perti^ient , fidel es
nostri ad hoc constituti ad tempus praeparai'e studeant,
M A. a. O. S. 232.
^) Vgl. meine Ausführungen in Zschr. f. RG. 36, 12.
') MG. Capit. I, 306 c. 19.
Dop seh, Wirtschaftsentwicklung der Karoiingerzeit. II. 2. Aufl. 15
— 226 —
ut non tunc sit necesse de longo quaerere aut adducere,
quando tempus est illud dare vel persolvere.
Ich möchte also annehmen, daß diese Herbergen und
Poststationen, die unter ständigen Aufsehern standen ^), nicht
vereinzelt, hie und da, wie Brunner meint, sondern nach
ganz bestimmten Verkehrsrücksichten eingerichtet worden
sind. Wahrscheinlich waren diese Einrichtungen für be-
stimmte, häufig benutzte große Reiselinien gedacht.^) Die
Parafridi, von denen die Wormser Urkunde Nachricht gibt,
mögen wohl ein Glied in der Kette dieser Organisationen
gewesen sein.
In einem gewissen Zusammenhang mit den paraveredi
tritt endlich noch die scara auf. v. Inama hat ange-
nommen ^), daß sie in der Periode der Karolinger neu auf-
gekommen sei und den Bedürfnissen der Zeit gemäß das
System der öffentlichen wie der grundherrlichen Transport-
anstalten ergänzt habe. Er denkt auch diesen Dienst „ur-
sprünglich als Königsdienst enstanden", ohne dafür aber
Quellen vorbringen zu können. Die Belege dafür sind viel-
mehr überwiegend grundherrschaftlicher Art*), Urbare, vor
allem das von Prüm. Waitz hat daher wohl mit Recht be-
tont : „Hauptsächlich ist es eine Leistung abhängiger Leute
gegen ihre Herren."^) Nun hat aber v. Inama anderseits eine
sehr glückliche Beobachtung gemacht. Er bemerkte, daß die
scara in den älteren Urkunden gerade mit Leistungen in
Zusammenhang erscheine, die Botendienste darstellen. Er
äußerte deshalb die Vermutung, daß es sich hierbei vielleicht
nur um einen neuen Namen für eine längst anerkannte
Verpflichtung handle.®) Ebenso bemerkte Lamprecht, daß
der Begriff scara sich stellenweise mit dem der angaria
verquickte.') Und auch Brunner denkt an eine Ergänzung
der die paravereda betreffenden Fronden.^) Erwägen wir
^) Brunner a. a. O.
'^) Vgl. dazu Hartmann, Entwickl.-Gesch. der Posten S. 14 ff. und
Flegler, Z. Gesch. der Posten S. 132, sowie Mathäi a. a. O. S. 17 f.
3) WG. I, 445 = 1 2, 605. *) Brunner a. a. O.
*) VG. 4*, 27 n. Vgl. dazu die Stelle im Prümer Urbar, Mittelrhein.
ÜB. I, 160 XXXI: wactas aquam portat, scaram facit et omnia opera
servilia.
«) WG. I, 445 n. I. ') WL.I. 2, 810 n. i. «) A. a. O. S. 232.
— 227 —
nun, daß diese Leistung keineswegs überall gleichmäßig
vorkommt — sie fehlt z. B. in den St. Galler und Freisinger
Urkunden — so wird deren verschiedenartiger Zweck, sie ist
bald ein Botengang oder Ritt, bald eine Nachrichtenbeförde-
rung, bald eine Transportleistung ^) — wohl eine allgemeinere
Bedeutung nahelegen; man darf annehmen, daß sie nicht
immer eine von den anderen Diensten (angariae und para-
feredi) verschiedene oder besondere Leistung technischer
Art darstelle. Während die angariae vielfach ungebotene
Fuhrdienste waren, die regelmäßig in einer voraus be-
stimmten Zahl zu leisten waren, haben wir hier wohl eine
Verpflichtung je nach Bedarf vor uns. Darauf deutet auch
die Erklärung des Cäsarius im Prümer Urbar: domino abbati,
quando ipse iusserit, servire et nuncium eius seu litteras
ad locum sibi determinatum deferre."^) Ähnlich sagt das
Weißenburger Urbar: suam scaram , quando opus est,
per ordinem facere.^) Hier wird übrigens der Inhalt der
Scarae doch näher angedeutet: barefrida ad regis ser-
vicium, eulogias ad palatium portare per ordinem. Halten
wir noch dazu, was in einem anderen Teile desselben
Urbares an analoger Stelle begegnet : — barefrida ad regis
servitium dare et ad abbatis servitium de monasterio ad
proximam mansionem similiter debent^) — so stimmt dieses
Bild zu dem aus Prüm gewonnenen ganz vortrefflich. Es
war ein Reihendienst, den die Grundherrschaft im Be-
darfsfalle in Anspruch nahm. Es war aber kein Dienst, der
den dazu Verpflichteten eine bevorzugte Stellung verschaffte,
wie K. W. Nitzsch angenommen ^) und neuerdings Keutgen ®)
trotz richtiger Beobachtung im einzelnen, ohne Baldamus'
Darlegungen zu berücksichtigen,' schließlich doch wieder
betont hat. Denn unter Scara werden auch die gewöhn-
lichen Weinfuhren (— angariae) verstanden '), die ihrerseits
^) Inama WG. i, 445. Dazu auch K.W. Nitzsch, Ministerialiität
und Bürgertum S. 24 ff., sowie bes. Baldamus, Das Heerwesen unter
d. späteren Karolingern S. 76 f.
2) A. a. O. S. 147- ') A. a. O. 275 nr. 6. *) A. a. O. 273 nr. i.
^) A. a. O. S. 28.
*) Die Entstehung d. deutschen Ministerialität, Vjschr. f. Soz.
u. WG. 1910 8, 532 flf.
'') Vgl. MG. Capit. I, 252 c. 8: scaram facit ac vinum ducendum;
■ 15*
— 228 —
ZU den opera servilia gerechnet werden, welche die Freien
nicht zu leisten pflegten.^) An einer Stelle des Weißen-
burger Urbars wird die Scara auch bei 39 Hufen verzeichnet,
von denen es ausdrücklich heißt, daß auf ihnen servi ge-
sessen waren. ^) Man kann daher wohl auch nicht allgemein
annehmen, daß nur ein beschränkter Teil der grundherr-
lichen Hintersassen die scara zu leisten hatte und diese
scararii allmählich einen bevorzugten Stand bildeten. Da-
gegen spricht besonders das Vorkommen der Scara in dem
Weißenburger Urbar.-'') Man hat dasselbe hiebei bis jetzt
ganz übersehen und stets nur auf das von Prüm allein ge-
baut. Zudem ist aber auch noch eine andere Voraussetzung,
von welcher die Forschung von Nitzsch bis Keutgen aus-
ging, unrichtig. Die Scara war keineswegs immer zu Rosse
zu leisten, wie auch Seeliger noch meint*), wodurch dann
allmählich eine Vorzugsstellung begründet worden sein soll.
Aus dem Prümer Urbar selbst lassen sich mehrere Belege
dafür namhaft machen, daß sie vielmehr auch zu Fuße
(cum pedibus oder pedestris) geleistet wurde. ^) Wir ge-
langen damit also zu ähnlichen Ergebnissen, wie seinerzeit
schon, allerdings auf einem anderen Wege, Baldamus.^) Er
hat übrigens, da er die Annahme, als seien die scararii die
rechtlichen Vorgänger der späteren ministeriales gewesen,
entschieden zurückwies, doch zugleich selbst auch die Mög-
lichkeit betont ''), „daß die späteren Ministerialen auch
manches leisteten, was vorher die scararii geleistet hatten."
ähnlich in Weißenburg, vgl. Harster, Progr. d. Gymn. Speier 1894 S. 40
und im Prümer Urbar selbst ganz ausdrücklich a. a. O. S. 160 XXXI:
wactas aqtiam portal scaram facit et omnia opera servilia.
^) Vgl. die St. Galler Urk. vom Jahre 821: et sicut alii liberi
hofnines servilia opera non exhibent. Wartmann ÜB. i nr. 271.
-) Trad. Wizz. 275 nr. 6.
') Zeuß trad. Wizz. 275 nr.VI: 281 nr. XLI u. XLII. XLIII; 282
nr. LVI; 283 nr. LXIII; 284 n. LXVIII. LXX. LXXII; 285 nr. LXXIIII.
LXXIX; 286 n. LXXXIX. CV.
*) Staat u. Grundherrschaft S. 8.
*) Mittelrhein. ÜB. i, 180 nr.LXVII; 181 nr.LXIX; 185 nr.LXXXII.
Vgl. übrigens auch schon Lamprecht WL. i, 810 und Brunner a. a. O.
«) A. a. O. S. 81. ') Ebenda 82.
— 229 —
So wird sich auch die Glosse bei Cäsarius im Prümer Urbar
erklären. ^)
Durch diese Ausführungen wird auch manches unhalt-
bar, was im Anschluß an eine andere Bedeutung des Wortes
scara, nämlich = Truppenteil, Kriegerschar, neuerdings
wieder über Berufskrieger neben dem allgemeinen Aufgebot
angenommen worden ist.^)
Im ganzen erhellt also, daß diese grundherrlichen Trans-
portdienste weniger dem Handel, als vielmehr der Ein-
bringung von Zinsen (Getreide und Wein) dienten. Daneben
hatten sie die weiteren, aus der Wirtschaft, sowie den per-
sönUchen Interessen der Herrschaft sich ergebenden Trans-
portbedürfnisse zu decken (Holzfuhren, Salzfuhren, Nach-
richtendienste).
Bei jenen grundherrlichen Transportdiensten aber, die
an Märkte und Städte nachweislich gingen, haben eher
umgekehrt die dort bestehenden Absatzmöglichkeiten diese
Bestimmung vorgeschrieben, wenn jene in größerer Nähe
gelegen waren, als etwa das Kloster selbst. Das sieht man
aus dem Weißenburger Urbar sehr deutlich. Hier werden
die Fuhren nach Mainz, Frankfurt und Worms gerade bei
Orten erwähnt, die in deren Nähe lagen ^), sonst aber nicht.
Jene Fuhren hätten also nach dem Kloster an diesen großen
Marktplätzen vorbei einen viel weiteren Weg zurücklegen
müssen.
Kommt somit den grundherrschaftlichen Verkehrs-
diensten nicht jene große Bedeutung für den Handels-
verkehr zu, die ihnen die grundlegende Theorie zuge-
schrieben hat, so ist anderseits vollkommen unrichtig, daß
sie „so ziemlich alles darstellten, was jene Zeit an Verkehrs-
einrichtungen geschaffen und besessen hat".*) Wir müssen
^) Mittelrhein. Uß. i, 140 n. 3; 147 n. i ; vgl. dazu aber auch die
Bemerkung von Baldamus a. a. O. S. 82 n. 100!
*) H.Delbrück, Gesch. d. Kriegskunst 3, 52 ff., sowie auch K. Rubel,
Die fränk. Berufsstreiter, Korr.-Bl. d. Gesamt- Ver. der deutschen Gesch.
u. Altert. Ver. 54 (1906) Sp. 178—85: dagegen Keutgen a. a. O. 528 n. 2.
') Zeuß, Trad. Wizz. 277 nr. XVII: Westhofen (Kr. Worms), 278
nr. XVIH Weinolsheim (Kr. Oppenheim); dazu Harstcr, Gymn. Progr.
V. Speyer 1894 S. 89 und S. 41.
*) V. Inama WG. i, 446 = i -, 607.
— 230 —
vielmehr annehmen, daß damals schon freie Transport-
organisationen außerhalb der Grundherrschaften auch
bestanden haben. Auf einen Beleg habe ich schon im
I. Teile dieses Werkes hingewiesen. Er bezieht sich auf
Nordfrankreich. Abt Adalhard von Corbie nimmt nämlich
in seiner berühmten Wirtschaftsordnung vom Jahre 822
u. a. in Aussicht, daß die für die Einbringung des Zehnten
notwendigen Fuhren z. T. nicht durch die Hintersassen bei-
gestellt, sondern gemietet werden sollen.^)
Sehr bezeichnend ist ferner auch, daß die Nachweise
freier Lohnarbeit, welche ich oben gegeben habe^), sich zum
Teil wenigstens gerade auf Transportdienste bezogen haben
müssen. Das beweist ein von Guerard mitgeteilter Text
nach dem gerade minores hoviines, qui angariam faciunt,
sich das für ihren Geschäftsbetrieb (in via et in acoral)
benötigte Kapital von Geldverleihern (feneratores) beschafften
und dagegen urkundlich zur Sicherstellung ihre Freiheit
verpfändeten.^)
Dadurch gewinnen nun aber auch jene Stellen einen
näheren Zusammenhang mit den Transportdiensten, die sich,
wie gleichfalls oben schon angeführt wurde, in den kaiser-
lichen Judenprivilegien finden und die Erlaubnis gewährten,
Christen zur Besorgung ihrer (Handels-)Geschäfte zu mieten
(Christianos ad eorum opera facienda locare).^)
Aber nicht nur in Westfrancien begegnen wir solchen
Erscheinungen. Wir finden sie auch in Italien, für das
Solmi einige interessante Belege namhaft gemacht hat.^)
Sie sind endlich schon in Deutschland selbst ganz ebenso
wahrzunehmen. Die Schiffsmeisterei auf dem Walensee,
welche den Verkehr dort mit 10 Schiffen vermittelte, war
^) Guerard, Polyptyque Irminon 2, 325: 7iullatenus volumus, ut
illa familia per imperium ipsam secundam decimam ad monasteriuni
dedttcat, sed ipse portarius sibi carra cum pretio conducat, secundum
quod tunc tempus fuerit et ipsa carra locare pohierit; vgl. auch ebenda 326.
2) Vgl. S. 86 fr. ») A. a. O. i, 800 n. 6.
*) Siehe oben S. 90. Daß unter diesen , opera' nicht „in erster
Linie häusliche Arbeiten gemeint" sind, wie P. Sander a. a. O. 1077
behauptet, ergibt ein Vergleich mit den entsprechenden Bestimmungen
der Lex Visigot. Vgl. meine ,, Grundlagen" 2, 383 ff.
^) Le associazioni in Italia S. 46 n. 2.
— 231 —
in den Händen von Freien, die nach Maßgabe ihrer Ein-
nahmen an den Bischof von Chur zinsten.^) Und nun rückt
gerade im HinbHck darauf auch jene Nachricht von der
Brücke zu Mainz ins rechte Licht, die sich beim Mönche
von St. Gallen erhalten hat. Er schreibt die Schuld an ihrer
Vernichtung geradewegs jenen zu, die sich von dem Fährgeld
über den Rhein unbilligen Gewinn zu erwerben suchten. 2)
Offenbar hatte vor der Errichtung dieser großen Rheinbrücke
hier eine ähnliche Transportorganisation wie dort auf dem
Walensee bestanden.
Schließlich verweise ich noch auf eine Metzer Urkunde
vom Jahre 765, nach der einzelne an das Kloster Gorze
geschenkte Hufen zu Pfeddersheim (w. von Worms) Fuhr-
dienste bis an die Saar zu leisten hatten, wo sie dann gegen
die Entrichtung einer Geldabgabe (10 den.) sich von der
Weiterfracht loskaufen konnten.^)
Ganz allgemein aber weist Abt Regino von Prüm, da
er den Handelsbetrieb durch Kleriker als unstatthaft be-
zeichnet, diese an, das für ihren Lebensbedarf Notwendige
eventuell durch einen Freund oder Lohn fr ächter besorgen
zu lassen.*)
^) Vgl. d. Churer Urbar von 831 : Sunt ibi [de ripa Walahastad]
naves X, quas faciunt liberi homines, ex quibus redditur singuUs annis
quantiim poterit nautor adquirere, aliquando libr. 8 plus minusque Mohr
cod. dipl. I, 288. Die Unbestimmtheit des Wortlautes gestattet m. E-
kaum den von P. Sander (a. a. O. 1077 f.) daraus gezogenen Schluß,
daß die Fergen die gesamte Fährgeldeinnahme an die Herrschaft
abliefern mußten. Die Transportorganisation als solche konnte doch
eine wirtschaftlich freie sein, auch wenn die Schiffe selbst dem
Bischof von Chur gehörten. Die liberi homines dürften sie von ihm zu
freier wirtschaftlicher Verwendung gepachtet haben.
*) I. 30 MG. SS. 2, 745: fraudulentia vero quorimdani malivoloriim
et de naviiim subvectione mercedes iniquissimas compilare volentium
consumpsit.
^) Calmet, hist. de Lorraine i, 282. Die Urkunde ist sehr ver-
dächtig, doch der Inhalt in diesem Punkte mit Rücksicht auf die
unten § 12 beigebrachten zeitgenössischen Belege für Frondienst-
reluierung wohl unbedenklich.
*) Hartzheim, Concil. Germ. 2,475 c 227: ad victum sibi requiren-
dum aut filium aut libertum auf mercenarium mit amicum mutant,
et si voluerint negotiari inter provinciam negotiantur. Vgl. dazu das
oben über Lohnarbeit Gesagte S. 88.
— 232 —
Durch diese Nachweise über den Bestand freier Trans-
port- und Handelsorganisationen werden nun die älteren
Annahmen, als ob die großen Grundherrschaften deren
Hauptträger gewesen seien, noch weiter sehr nachdrücklich
eingeschränkt. So manches Han delsgeschäft, das die
Grundherrschaften von damals berührte, mochte
gar nicht diesen selbst zustatten kommen, sondern
vielmehr deren Hintersassen, Freigelassenen und
Freien. War, wie früher dargelegt wurde, auch die
ganze soziale Struktur der grundherrlichen Familia eine
freiere und diese in ihren wirtschaftlichen Unternehmungen
weniger gebunden, als man nach der alten Lehre hätte
meinen sollen^), so dürften auch so manche davon sich
selbständig am Handelsverkehr beteiligt haben. Daß die
Freien und Unfreien, welche nach der schon von Pippin 753
erteilten Bestätigung des Marktprivilegs für St. Denis den
Markt dort regelmäßig besuchten^), durchaus bloß Handels-
angestellte klösterlicher Großfirmen gewesen seien, ist doch
ganz unwahrscheinlich. Ich habe schon im i. Teile dieses
Werkes darauf hingewiesen, daß an dem Handel nicht so
sehr die kirchlichen Institute selbst, als vielmehr deren
Hintersassen, und zwar z. T. selbständig und auf eigene
Rechnung, Anteil hatten.^)
Selbst wenn Überschüsse der landwirtschaftlichen Pro-
duktion (Vieh, Getreide, Wein) vorhanden waren, gelangten
sie entweder, wie die Urbare lehren, an Ort und Stelle durch
die Hintersassen selbst kleinweis zum Verkaufe*), oder aber
die Händler besorgten ihrerseits den Abtransport. Die Ge-
setzgebung Karls des Großen gegen den Getreidewucher
läßt das deutlich erkennen.'^) Den Weinhandel Südfrank-
1) Vgl. oben S. sif. u. 165 ff. •') MG. DCar. 6.
*) S. 289 f.; vgl. dazu besonders auch MG. Capit. i, 74 c. 5: si
servilis conditionis, si suum est illiid negotium proprium, perdat
illuä negotium . . . si autem ex iussione sui dofnini fecerit ....
*) Im I. Teile S. 289 f. Sehr klar geht das auch aus den Be-
schlüssen des Konzils von Paris vom Jahre 829 hervor: 11t redditis
senioribus suis quae iuste reddenda sunt, reliqua, quae sibi supersunt,
liceat aliis, prout pactio vendentis et ementis grata fuerit, absque
prohibitione seniorum suorum distrahere. MG. Concil. 2, 645 c. LH.
— 233 —
reichs hatten als Zwischenhändler die Juden in der Hand.^)
Das entspricht also ganz der Auffassung, welche ich von
den Zollfreiheitsprivilegien der Kirche vertreten habe.^) Sie
dienten im wesentlichen zur Beschaffung des Eigenbedarfes,
nicht einer Handelsunternehmung auf Gewinn.^) Neuestens
hat auch E. Kalischer ähnliche Anschauungen über den
Klosterhandel vorgetragen.*) Er scheidet jene Privilegien
geradezu aus, die den Klöstern Zollfreiheit lediglich für den
Verkehr mit Waren verleihen „pro necessitatibus ipsius
monasterW . Sie dürften tatsächlich vor allem gegen die
Passierzölle sich gerichtet haben, worauf auch der Umstand
weist, daß dann noch besonders die Formel auftritt: et si
aliquas moras in qtiolibet loco fecerint, aut aliquid mercati
fuerint, aut vendiderint, nihil ab eis prorsus, tit dictum est,
exigattü'. ^)
Hier wird also die Freiheit auch von den INIarktzöllen
noch speziell hervorgehoben.
In einer zweiten Gruppe von Privilegien ist, wie Kalischer
meint, „eine Zollbefreiung ausdrücklich zum Zwecke des
Handels" verliehen worden.^) Er selbst muß sich aber
schon gestehen, daß der Inhalt dieser Urkunden derselbe
sei, wie bei den anderen, Zollfreiheit gewährenden Privi-
legien. Nur der Zusatz ,,negociandi causa" oder ,,thelo-
neufn de negotiantibus" u. a. m. bezeichne den Unterschied.'')
Leider hat Kalischer auf die genaue Anführung dieser Privi-
legien verzichtet. Sie seien von Karl dem Großen und
Ludwig dem Frommen ausgestellt worden. Ich glaube,
dieser Unterschied wird kaum aufrechtzuerhalten sein. So-
wenig Kalischers Urteil für jene erste Gruppe zutrifft, daß
sie mit dem Klosterhandel nichts zu tun haben, sowenig
*) Vgl. G. Caro, Soz. u. Wirt. Gesch. d. Juden im Mittelalter und
der Neuzeit i, 139 (1908).
-) Im I. Teile S. 288.
*) Besonders klar MG. DCar. 47: nhiciifnqitc ipsi homines mona-
styrii pro eius utilitatem negociaiidum perrexerint aut de qiiocumque
loco aliquid pro necessitatetn ipsis nionackys coiiferre ad ipso niona-
styrio aut adducere videntur . . .; vgl. auch Mühlbacher Reg.- 1974.
') Beitr. z. Handelsgesch. der Klöster z. Z. der Großgrundherr-
schaften (191 1) S. 3of.
°) Kalischer a. a. O. S. 30. *) Ebenda S. 31. ') Ebenda S. 32.
— 234 —
ist diese letztere „ausdrücklich zum Zwecke des Handels
verliehen" worden. Sehr lehrreich ist eine Untersuchung
der von Karl dem Großen an Honau erteilten Urkunde.
Die hier verliehene Zollfreiheit ist ganz unbeschränkt.^) "
Vergleicht man aber diesen Text mit der Kanzleiformel,
die offensichtlich zugrunde lag, so wird der Sinn, in welchem
diese Zollfreiheit doch gedacht war^), meine ich, deutlich.
Dort heißt es nämhch bei sonst ziemlich wörtlicher Über-
einstimmung: ut, ubicuinque infra regnum nostrum missi
sui mercare videntur, vel p7'o reliqiia necessitate dis-
currentes , niillo telloneo nee qualibet redibucione exinde
ad parte fisci nostri nee ipsi nee missi sui solvere non
debeant.^) Augenscheinlich war doch auch in dem Privileg
für Honau nur an den Eigenbedarf des Klosters gedacht,
wie das auch in der Urkunde Pippins für Prüm, wo gleich-
falls vom Handel selbst die Rede ist (in quacumqiie eivi-
tate vel porto negotiandi perrexerint) doch besonders
betont wird.^) Es war aber keineswegs etwa überflüssig,
solche Privilegien zu erteilen, weil es schon vor Karl dem
Großen ein Grundsatz der fränkischen Zollgesetzgebung
war, die Waren, welche nicht zu Handelszwecken verfrachtet
wurden, zollfrei zu belassen.^) Wir wissen aus konkreten
Fällen, daß die Grafen sich daran tatsächlich nicht hielten^),
ja auch Zollerträgnisse, die kraft königlichen Privilegs Klöster
einheben sollten, ihrerseits in Anspruch nahmen.') Solche
Übergriffe der Grafen und königlichen Zollbeamten mochten
*) MG. DCar. 137: nt tihicumqiie homines ipsius monasterii infra
7-egnuni nostrum ad negociandum perrexerint, nulluni theolonium nee
qua?nlibet reddibiicionem , que ad partein fisci nostri spectare videtur,
solvere nee dare debeant.
*) V. InamaWG. i*, 617 führte dieses Privileg als (einziges!) Beispiel
für die Gewährung von Handelsfreiheit „ohne jede Beschränkung" an.
») MG. FF. 1 1 1 nr. 3.
*) MG. DCar. 19: pro utilitate vel stipendia monaehorum . . . pro
necessitate eorundem monaehorum . . .
^) MG. Capit. I, 32 C.4 (754/5) u. I, 124 c. 13 (805); vgl. Kalischer
a. a. O. S. 30.
^) Vgl. in dem zit. Capitulare von 805: Si quid vero fuerit unde
dubitetur, ad proximum placitum nostrum — interrogetttr, sowie das
Mandat Pippins zugunsten von Prüm MG. DCar nr. 19.
'; Vgl. MG. DCar. 12 u. 88 (St. Denis).
- 235 —
um so leichter eintreten, als man von seiten der Klöster
und Kirchen den Einkauf der benötigten Konsumtionsgüter
ja wohl z. T. durch Absatz von Wirtschaftsprodukten be-
wirkt haben wird und somit Tausch- bzw. Kauf- und Ver-
kaufshandlungen statthatten, die als Handel angesehen
werden konnten. Daher wohl auch diese eigenartige For-
mulierung der Zollprivilegien, wo doch auch vielfach aus-
drücklich von Kauf und Verkauf die Rede ist^), wie immer
das Ganze nur ob utilitatem et necessitatein ipsius monasterii
gedacht ist.
Ferner verdient auch Beachtung, daß die Zollbefreiungen
von Kirchen und Klöstern sich häufig in Verbindung mit
Immunitätsprivilegien finden.^) Augenscheinlich gewährte
das Verbot des Introitus an die königlichen Beamten an
sich noch keine Sicherheit wider die Zollerhebung durch
die Grafen und deren Unterbeamte. Man befürchtete offen-
bar Belästigungen aus diesem Titel und suchte sich durch
ausdrückliche Aufnahme der Formel über Zollfreiheit in die
Immunitätsurkunde Sicherheit zu schaffen. Damit hatte
man zugleich eine Freiheit für den Handelsverkehr auf dem
geistlichen Grundeigentum selbst erreicht. Jedoch wohl nur
für den Grund und Boden des Immunitätsinhabers, sowie
dessen Leute, auf welche ja das Immunitätsprivileg sich
beschränkte. Gewissermaßen also für den rein grundherr-
lichen Markt. ^) Anders, wenn derselbe über diese örtliche
und persönliche Grenze hinaus sich erstreckte, wenn auch
Leute anderer Zugehörigkeit dazu kamen und der Markt-
verkehr sich auf öffentUchem Platze entwickelte. Das ge-
schah aber auf den Messen. Wir wissen ja, daß bei jeder
Kirche am Tage des Kirchenheiligen ein mehr oder minder
besuchter Markt, ein Meßhandel sich entwickelte, zu dem
die aus frommen Zwecken zusammenströmende Volksmenge
Anlaß und Gelegenheit bot.*) Berühmt waren zur Karolinger-
*) Vgl. die Formulae Imp. MG. FF. 301 nr. 20: et si aliqtias moras
in quoUhet loco fecerint aut aliquid mercati fuerint aut vendiderint . . .
-) Darüber Th. Sickel in Sitz. Ber. d. Wiener Ak. 49, 348ff.
^) Vgl. dazu S. Rietschel a. a. O. S. 42 u. 49 f., sowie bes. 153 f.
♦} Rietschel a. a. O, S. 39 f.
— 236 —
zeit die Messen von St. Denis ^), Lyon 2), aber auch St. Bavo
(Gent)^) u. a. m. Selbst kleinere Plätze, wie Obermulinheim
(Seligenstadt a. Main) hatten ob ihrer Bedeutung als Wall-
fahrtsorte alsbald einen solchen Markt.*) Anderseits finden
wir bei verschiedenen Bistümern und Kirchen auch Märkte
an einzelnen Villen derselben urkundlich belegt, nicht nur
beim Kloster oder Bistum selbst. So besaß St. Denis einen
Markt zu Eßlingen in Württemberg^), ferner ebenso auf
seinen Villen Faverolles und Noronte (Arrond. Dreux w.
Paris) ^), zu Saclas (im Gau Etampes)''), ähnlich Lyon auf
der villa Genouilleux einen Hafen und Markt ^), so Vienne
zu Pavasianis (im Gau Lyon)®), so auch die Marienkapelle
in der Pfalz zu Aachen auf der villa Bastogne im Ardennen-
gau einen Markt ^^), so das Kloster Münster im Gregoriental
Besitz an verschiedenen genannten Orten mit Zöllen ^^) (cum
theloneis) u. a. m.
Hält man nun zusammen, was die Urkunden für diese
beiden verschiedenen Gruppen enthalten, so wird damit nun
auch ins rechte Licht gerückt, was über die Errichtung
von Märkten in der Karolingerzeit kraft königlichen Privi-
legs verlautet. Ich möchte nicht mit Rathgen annehmen,
daß zur Anlegung eines Marktes an sich die königliche
Erlaubnis notwendig gewesen sei.^^) Vielmehr machen mir
die betreffenden königlichen Privilegien bestimmt den Ein-
druck, daß ein Markt, d. h. ein tatsächlicher Handelsverkehr
ebendort schon früher vorhanden gewesen sei.^^) Das kann
man meines Erachtens bei Eichstätt recht deutlich erkennen.
Im Jahre 889 nimmt K. Arnolf eine Schenkung an dieses
Bistum zu dem ausgesprochenen Zwecke vor, daß wegen
des Zudranges von Wallfahrern eine neue Kirche dort
0 Vgl. MG. DCar. 6 (753). ■^) Mühlbacher Reg.^ nr, 1461.
3) Vgl. d. Brief Einhards MG. Epp. 5, 137 nr. 56 (840).
*) Mathäi a. a. O. S. 12. '^) Mühlbacher Reg." nr. 1461.
«) MG. DCar. nr. 87. ') Mühlbacher " nr. 554.
») Mühlbacher nr. 1705. ») Ebenda 1136 (848).
*") Ebenda 1739. ") Ebenda 1961.
^") Die Entstehung der Märkte in Deutschland, Diss. Straßburg
1881 S. 9; vgl. dazu auch Rietschel a. a. O. S. 20 u. v. Inama WG. i ^ 589.
^') Vgl. dazu auch Huvelin, Essai hist. sur le droit des marches
et des foires (1897) S. 158.
— 237 —
erbaut werden sollte.^) Noch unter demselben Bischöfe
Erchanbald, der als Empfänger dieser Schenkung auftritt,
erlangte 908 das Bistum von König Ludwig dem Kinde das
Recht, bei seinem Kloster einen Markt für den öffent-
lichen Handelsverkehr einzurichten, Münze zu schlagen und
Marktzoll zu erheben.^)
Hier war also ein Handels- und Marktverkehr sicher
bereits vorhanden. Und gerade durch diese Urkunde ge-
winnt nun auch ein anderes Stück, für einen italienischen
Empfänger, eine ausdrucksvollere Bedeutung. Indem Kaiser
Arnolf 896 an das Kloster S. Sisto (Piacenza) ein Markt-
privileg erteilt, gebraucht er die bezeichnende Fassung^):
Mt . . . liceret mercatunt in festivitate S. M . . . ad xeno-
dockium ipsius monasterii congregare. Bei der Fremden-
herberge also soll der Markt sich abspielen! Jedenfalls
waren Fremde in größerer Zahl schon früher auch dahin
gekommen. Nicht so ist die Sachlage also zu fassen, daß
zur ersten Begründung des Marktes ein königliches Privileg
notwendig gewesen sei. Allein über die Fremden und aus-
wärtigen Besucher eines solchen Marktes erstreckte sich
die Immunität des Grundeigentümers dort ebensowenig wie
die gewöhnlichen Zollfreiheiten, die durch königliches Privileg
gewährt wurden. Darüber waltete der Graf als öffentlicher
Beamter und es bedurfte einer besonderen königlichen Er-
mächtigung, durch die Freiung davon noch besonders erteilt
wurde. Sehr scharf hält dies eine Urkunde Kaiser Lothars I.
vom Jahre 848 auseinander. Auch hier ist es nicht ohne
Interesse, noch eine Besitzbestätigung desselben Herrschers
hinzuzuhalten, da sie sich auf dieselbe villa bezieht, für
welche Marktrecht und zwar in demselben Jahre gewährt
wird: Pavasianis im Gau Lyon. Dortselbst hatten offenbar
auch freie Laiengewalten Grundeigentum gehabt. Erzbischof
Agilmar von Vienne, der es von ihnen erworben hatte,
ließ sich nun eine königliche Urkunde ausstellen *), durch
1) Mühlbacher Reg.* nr. 1840.
-) Ebenda 2049 Mon. Boica 31, 178: nt ei liceret, ad suum coeno-
bium Eihsteti dictum . . .publice negotiationis mercatunt constituere
et monetam efficere theloneumqtie, sicut in ceteris mercationum locis mos
est, exigere.
*) Ebenda 2 1914. *) Mühlbacher nr. 1135.
— 238 —
welche seine Rechte darauf bestätigt wurden. Ob es ganz
zufällig ist, daß diese Urkunde an demselben Tage aus-
gestellt wurde, wie die Verleihung des Marktprivilegs ? ^)
Und nun beachte man, worauf diese Erteilung gerichtet ist.
Der Erzbischof habe beabsichtigt, auf seinem Eigengute
{super proprium suum) quoddam forum pttblicumque con-
struere et convocare mercatum und die Bitte vorgetragen:
ut ei illud concederemus, quod inde ad ius publicum exigi
poterat}^ Also auch hier ist es nicht so sehr die erste Be-
gründung eines Marktes, sondern die Erwerbung der von
einem öffentlichen Markte dem König zustehenden Rechte,
bzw. Gefälle. Diese Unterscheidung wird dann noch ver-
stärkt durch die Wendung, welche in der Dispositio dieser
Urkunde sich findet. Die Gewährung der Bitte wird ein-
geleitet durch eine sehr bezeichnende Motivierung: cum
divino interveniente nutu presignatam in fori expletione
perfecerit voluntatem in iam dicta villa proprietatis suae.
Also nur von einer Ausgestaltung des grundherrlichen
Marktes ist da die Rede. Er soll zum öffentUchen erweitert
werden und damit tritt er hinaus in die der königlichen
Gewalt unterworfene Rechtssphäre. Der König bestimmt
nun: ut nullus publicarum rerum exactor ad hoc illuc in-
gredi audeat, ut aliquam inibi alicui ingerat districtionem
vel aliquam exigat redibitionem, sed quicquid ius publicum
ex eo exactare poterit, tantum nos praedicto Ägilmaro suisque
ministris indulgimus ... Er verwehrt durch diese Immuni-
tätsverleihung den öffentlichen Beamten jede Anwendung
von Zwangsgewalt und die Erhebung von Abgaben, so zwar,
daß er auf alles zugunsten des Erzbischofes verzichtet, was
der Fiskus dort erheben konnte.
Noch deutUcher spricht das schon zitierte Privileg
Arnolfs für S. Sisto in Piacenza. Auch hier deutet der
Wortlaut der engeren Marktverleihung selbst die Ausdehnung
auf Fremde an.^) Auch hier wird für den Markt Immunität
gegenüber den öffentUchen Beamten erteilt. Der ganze
Zoll soll, heißt es weiter, dem Kloster verbleiben und die
*) Ebenda 1136. ^) Forschungen z. d. Gesch. 9, 432,
^) liceat in iam dicta festivitate mercatum ex quacunque parte
voluerit advocare et secundum quod melius praeviderint, ordinäre.
— 239 —
Leute, welche zum Markte herbeikämen, im Falle der
Rechtsübertretung von den Beamten des Klosters gerichtet
werden.^) In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf
den joccursus* verweisen, eine Abgabe, deren Einhebung in
einer Formel für Zollfreiheitsprivilegien besonders verboten
wird.^) Sie gewinnt nun eben im Zusammenhalt mit der
vorzitierten Urkunde ihre rechte Beleuchtung.
Während hier mit der Privilegierung zu einem öffent-
lichen Markte also zugleich auch ein Verzicht des Königs
auf die ihm von einem solchen zustehenden Gefälle ver-
bunden ist, so bemerken wir auch anderseits, daß der König
mitunter nur einen Teil des dem Fiskus zustehenden Zoll-
erträgnisses von bestimmten öffentlichen Hebestellen oder
Märkten zu frommen Zwecken an einzelne Kirchen und
Klöster überwies. So schenkte z. B. König Pippin bereits
an Utrecht den lO. Teil aller Fiskalabgaben dort ^), Karl III.
der Kapelle zu Oetting den 9. Teil der Maut zu Ranshofen
und Taberesheim*), an Langres und Djion den halben Er-
trag der Jahrmärkte und den ganzen der Wochenmärkte
dortselbst.^)
Bei den Meßmärkten (Jahrmärkten) wurde diese Er-
hebung der Zölle durch das privilegierte Kloster auf die
Zeit der Messe beschränkt.^) Wir erkennen aber damit auch,
was dann für die Entstehung ständiger öffentlicher Märkte
das Entscheidende war: Die Exemtion von der öffentlichen
Gerichtsbarkeit, womit allmählich das Zustandekommen einer
besonderen Marktgerichtsbarkeit, die über Marktfrevel unter
Königsbann richtete, sowie eines Sonderfriedens, dessen alle
^) liceat . . mercatum ibidem celebrare, ita ut nullus comes nullusque
rei piiblicae administrator vel dispensator in praefato ntercato aliquant
violentiam auf redhibitionem vel diminutionem facere aut exquirere
audeat, sed omne teloneum in ins et potestatem ipsius monasterii per-
petualiter maneat. Homines quoque qui ad ipsum mercatum occurre-
rint, siin aliquo diviaverint, a ministris ipsius monasterii distringantur
et de transgressione iustitiam perficiant. Campi, hist. eccl. di Piacenza i , 476
*) Vgl. Waitz VG. 4', 24 n. I.
') Mühlbacher nr. 70. 132. 578. 1964. *) Ebenda 171 1.
^) Ebenda 1740.
*) Vgl. außer der S. 238 zit. Urk. f. Piacenza auch f. St. Denis MG.
DCar nr. 88 (775).
— 240 —
Marktbesucher teilhaftig waren (Königsschutz), sich ent-
wickelte.^)
Obwohl nun durch solche Privilegien die karolingischen
Könige sich selbst um beträchtliche Fiskaleinkünfte brachten,
wurde damit eben eine belebende Wirkung auf den Handel
im allgemeinen doch erzielt. Sie waren auch sonst darauf
bedacht, die Hindernisse zu beseitigen, welche übermäßige
Abgaben-(Zoll-)erhebung durch die Grafen u. a. bereitete.^)
Gleichwohl hielten sie aber daran fest, daß die von alters
bestehenden Zollstätten nicht umgangen und ihre fiskalischen
Erträgnisse dadurch nicht beeinträchtigt wurden. Ernst Mayer
hat dies im Sinne eines allgemeinen Marktzwanges um der
Marktsteuer willen gedeutet und angenommen, der Kauf
überhaupt sei auf den Markt beschränkt worden.^) Daß er
damit zu weit geht, haben schon Rietschel*) und v. Inama^)
dargetan. Es kann in jenem Capitulare von 820, das den
Kauf auf die constituta mercata einzuschränken scheint,
nicht der Handel überhaupt gemeint sein, denn er hatte,
wie andere Quellen in concreto belegen, tatsächlich auch
sonst statt. '^) Diese Auslegung des Kapitularientextes scheint
mir auch deshalb zu eng, weil man dann folgerichtig auch
die vorausgehende Bestimmung desselben, daß nirgends ein
Zoll erhoben werden dürfe, als eben auf jenen Märkten''),
so deuten müßte, als ob nirgends sonst ein Zoll eingehoben
worden sei. Das trifft aber sicherUch nicht zu. Immerhin
läßt aber diese Bestimmung, da sie mit einer ähnlichen für
den Seehandel erlassenen^) darin übereinstimmt, doch eine
gewisse Tendenz nicht verkennen, jede Umgehung der Zoll-
stätten unter Strafe zu setzen. Wahrscheinlich sollte ver-
*) Vgl. dazu Brunner RG. 2, 239 f., sowie Rietschel a. a. O. S. 152 ff.,
197 flf. und Huvelin a. a. O. S. 168 f. sowie oben S. 133 f.
-) Vgl. die Urk. f. St. Denis MG. DCar. nr. 6 u. 88, sowie Capit.
I, 294 (820).
») A. a. O. S. 396 f. *) A. a. O. S. 31 f. ^) WG. 1 '-, 590.
*) Rietschel a. a. O. S. 32.
'') A. a. O.: 7/i nr/l/us teloyieum cxigat ntsi in mcrcatibus, ubi cotn-
ntttnia commertia emuntnr ac vernnidaiitur . .
*) Vgl. Capit. I, 319 c. 17 (Lothar 822/3): ?// millus negotium suum
infra mare exercere prcmviat, nisi ad portura legitima, secundum
more antiquo, propter iusiitiam donnii impcratoris et nostram.
— 241 —
hindert werden, daß Handel und Wandel in der Nähe der
Märkte erfolge, so daß die Händler von den Vorteilen des
Marktes profitierten, aber den Zollverpflichtungen sich ent-
zogen. Darauf weist auch die bekannte Zollordnung von
Raffelstätten vom Jahre 904 — 6, welche verbietet, daß die
Salzschiffe nach Passierung des [böhmischen] Waldes bevor
sie nach Eparesburg (bei Mautern) kämen, anhalten, um Kauf
und Verkauf zu treiben.^) Auch die Erwähnung der strata
legitima in derselben Zollordnung ^) gewinnt im Zusammen-
halte mit den in Kaiser Lothars Kapitulare genannten portura
legitima nun ihre spezifische Bedeutung, da sie wohl im
Sinne des späteren Straßenzwanges zu deuten ist. Jeden-
falls entsprang sie demselben Interesse, die Umgehung der
Zollstationen auf Nebenstraßen hintanzuhalten. Ich glaube
nicht, daß die Deutung von Waitz (= Hauptstraße) ^) den
Begriff legitimus hier voll erschöpft.
Die Begünstigung der reichsangehörigen Kaufleute gegen-
über den Fremden, welche sich in dieser Ordnung sonst
noch deutlich erkennen läßt*), kann die Vermutung nahe-
legen, daß in dem viel zitierten Capitulare Karls des Großen
vom Jahre 805 eine Art Stapelzwang bereits enthalten sei.
Denn wenn dort den Kaufleuten, welche in das Gebiet der
Slaven und Avaren ziehen, eine Anzahl von Märkten vor-
geschrieben wird, bis zu welchen sie mit ihren Waren vor-
schreiten durften ^), so kann das meines Erachtens doch
kaum in dem Sinne gefaßt werden, daß der Handel darüber
hinaus überhaupt verboten gewesen sei.®) Es würde diese
Bestimmung aber verständlich, wenn wir sie als Stapelzwang
an diesen Grenzstationen des fränkischen Reiches auffaßten,
wie ja auch im späteren Mittelalter Wien und andere Orte
^) MG. Capit. 2, 251 c. 7: item de navibus salinariis , postqua7n
silvani [Boeniicam] transierint , in nullo loco licentiani haheant emendi
vel vendendi vel sedendi antequam ad Eparesptirch perveniant.
'^) Ebenda c. 5 : carre autem salinarie, quc per stratam tegittimam
Anesim fluviuni transeunt.
I VG. 4', 72.
*) Vgl. c. 4 mit c. 6; dazu Waitz a. a. O. S. 72.
^) MG. Capit. I, 123 c. 7; de negotiatoribus qui partibus Sclavorum
et Avarorum pergunt, quousque procedere cum stiis negotiis debeaiii . .
*) Siehe oben S. 196; dazu auch Huvelin a. a. O. S. 155.
Dop seh, Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit. II. 2. Aufl. i6
— 242 —
an der Grenze als Stapelorte für den Außenhandel begün-
stigt worden sind und dem ihren Aufschwung verdankten.^)
Gewiß ist hier zunächst nur von Kontrollstellen die
Rede, auch wird diesen Orten noch kein förmliches Stapel-
recht verliehen.^) Aber die Gegenargumente Hafemanns, daß
die wirtschaftlichen Bedingungen für ein solches Recht, ein
reger Transitohandel und das Städtewesen, gefehlt hätten ^),
treffen tatsächlich nicht zu.
Der Nachweis, daß schon zur Karolingerzeit ein reger
Handelsverkehr geherrscht hat, läßt nun auch die Quellen
zur Geschichte der Preise in einem anderen Lichte er-
scheinen. Es ist ja wahr. Gerade sie begegnet in der
Karolingerzeit den allergrößten Schwierigkeiten. Es fehlen
uns nämlich jene Quellen nahezu ganz, aus denen überhaupt
wirkliche Preise, d. h. also das Resultat von Angebot und
Nachfrage auf dem Markte, erhoben werden können. Das
hat schon v. Inama entgegen den älteren Anschauungen
Soetbeers*) richtig- erkannt und ausgeführt. Die in den
Urbarien, sowie auch den meisten Urkunden und Kapitularien
enthaltenen Wertbestimmungen können gar nicht als Preise
im strengen volkswirtschaftlichen Sinne des Wortes be-
trachtet werden, da ihnen jede Beziehung zu Angebot und
Nachfrage nach den betreffenden Gütern auf dem Markte
völlig abgeht. Es fand dabei keine Berücksichtigung der
tatsächlichen Preise, d. h. auf dem Markte wirklich gezahlter
Geldmengen statt, sondern es erscheint ein feststehendes,
gewohnheitsmäßiges Wertverhältnis zugrunde gelegt.^) Man
beachte nun: v. Inama ist zu dieser treffenden Auffassung
gelangt auf Grund einer Untersuchung der in den Quellen
selbst enthaltenen Wertbestimmungen. ^) Eine Zusammen-
stellung dieser Nachrichten'') ergab eine auffallende
') Vgl. Theod. Mayer, Der auswärtige Handel des Herzogtums
Österreich im MA. (in meinen Forschungen z. inneren Geschichte
Österr. 6) S. yff.
-) So Hafemann, Das Stapelrecht (1910) S. 37.
ä) A. a. O. 38. *) Forsch, z. Deutsch. Gesch. 6,. 85. •
5) Vgl. V. Inama WG. i, 476 — i -, 660.
«) Conrads Jb. f. Nationalökon. u. Statistik 30, 197 ff. (1878); dann
auch WG. I, 470 ff- = 1'. 654 ff.
') Ebenda Beil. 10.
— 243 —
Konstanz dieser Werte über die ganze Karolingerzeit
hin, eine ungemein große und bleibende Übereinstimmung
in der Bewertung der hier genannten Güter. ^) Sie zeigten
„in sehr langer Zeit und an den verschiedensten Orten nur
sehr enge Schwankungsgrenzen." ^) Mit Recht hat v. Inama
daraus gefolgert, das schließe zunächst aus, daß diesen
Wertbestimmungen wirkliche Preise (Marktpreise) zugrunde
lagen, wie sie bei Kauf und Verkauf der in den Urkunden
bewerteten Güter vorkamen. Daß auch die Kaufkraft des
Geldes für diese Art der Wertbestimmung nicht maßgebend
sein konnte.
Ebenso sei der rein subjektive Standpunkt der Ver-
tragsschließenden ausgeschlossen. ^)
Leider hat v. Inama dann aus diesen richtigen Erkennt-
nissen nicht auch konsequente Folgerungen gezogen. Er
meinte vielmehr, da er die Erklärung ohne jede Kritik der
Quellen versuchte, „die wertbestimmenden Momente müßten
also wohl sehr gleichartig und sehr konstant gewesen sein".*)
Er wollte dies ^ doch in letzter Linie wieder auf den „noch
immer geringen Geldgebrauch und die daraus resultierende
Seltenheit und Unregelmäßigkeit der Verkaufsvorgänge"
zurückführen.^) Ja, er nahm sogar an, daß jene Wert-
bestimmungen „bei der immer größeren Ausbreitung der
grundherrschaftlichen Wirtschaftsverbände von maßgeben-
dem Einfluß selbst für die freie Preisverabredung geworden
seien", es habe die in den Qualitätswerten zum Ausdruck
gelangende öffentliche Meinung über die allgemeine Brauch-
barkeit der Dinge ihre Macht auch für den Preis im Einzel-
kaufe ausgeübt.^) Somit hätte sich also daraus geradezu
eine Behinderung der freien Preisbildung ergeben. Diese
Darlegungen v. Inamas sind die richtunggebende Grundlage
für die spätere Forschung und die heute geltenden Lehr-
meinungen geworden. Karl Bücher hat gestützt auf v. Inama
dann behauptet, es seien dem wirtschaftlichen Typus der
Fronhofswirtschaft Preise überhaupt fremd''), und auch
1) Ebenda 471 = 655. -) Ebenda 472 = 656.
') Ebenda 473 = I^ 657. *) Ebenda 472 =1^, 656.
^) Ebenda 469 = i ^ 652. *) Ebenda 474 = i -, 658.
') Die Entstehung der Volkswirtschaft 5. Aufl. S. 114.
16*
— 244 —
Th. Sommerlad hat neuestens die Preisgeschichte des früheren
Mittelalters ganz im Sinne v. Inamas dargestellt.^)
Anderseits aber hat K. Lamprecht ^) ähnlich wie früher
schon Guerard^) und Soetbeer*) die in Prekarieurkunden
und Urbaren der Karolingerzeit enthaltenen Wertangaben
in eine Reihe mit jenen des späteren Mittelalters gestellt
und sie geradezu zum unmittelbaren Vergleiche mit diesen
verwendet.
Ich glaube aber, und zwar gerade auch gestützt auf
eine größere Erfahrung aus der Beschäftigung mit den
Quellen der Wirtschaftsgeschichte des späteren Mittelalters ^),
daß eine kritische Behandlung jener karolingischen Quellen
eine solche Verwertung als absolut unzulässig erweist.
Vor allem schon deshalb, weil eine beträchtliche Ver-
schiedenheit der Maße vorhanden war und somit die
gelegentlichen Wertangaben verschiedener Quellen und
Gegenden keine unmittelbar kommensurablen Größen dar-
stellen. Um nur auf Eines hinzuweisen. Gerade aus den
viel benützten St. Galler Urkunden geht deutlich hervor,
daß damals schon der später^) so wichtige Unterschied
zwischen Stadt- (Markt-) und Hof- (oder Kasten-) Maß be-
obachtet wurde. Neben der mensura civitalis wird die
mensura curialis urkundlich erwähnt.'')
Aber noch mehr. Beachten wir doch einmal diese Quellen
ihrer Herkunft und Absicht nach. Sie sind zunächst durch-
aus grundherrschaftlicher Art, und zwar solche kirchlicher
Grundherren. Die Angaben über den Wert von Grund-
stücken sind Urkunden entnommen, die uns größtenteils in
Traditionsbüchern überliefert sind. Es ist schon oben gezeigt
^) Vgl. Art. „Preis" (3. zur Geschichte der Preise) in der 3. Aufl.
d. Handwörterb. d. Staatswiss. 6, 1 168 ff.
*) Deutsches Wirtschaftsleben im MA. 2, si2ff.
^) Polyptyque d'Irminon i, 141 ff. (1844).
*) Beitr. z. Geschichte d. Geld- und Münzwesens in Deutschland,
Forschungen z. DG. 6, 96 ff.
*) Vgl. meine Edition der landesfürstl. Urbare Österreichs u. der
Steiermark aus dem 13. Jahrh. in „Ostern Urbare" I. i. u. 2. Bd. (1904
und 1910).
«) Vgl. Österr. Urbare I. i Einl. S. CXCVIII.
•") St. Galler ÜB. nr. 126 u. 208.
— 245 —
worden, daß bei diesen Kauf- und Verkaufshandlungen-
vielfach ähnliche fromme Motive mitwirkten, wie bei den
Schenkungen an die Kirche selbst. Ja, wir haben direkte
Belege dafür, daß ein Teil des Kaufpreises wohl gar auch,
eben aus frommen Rücksichten, geschenkt wurde. ^) Da
können wir naturgemäß keine „Preise" erwarten, d. h. das
wirtschaftliche Ergebnis von Nachfrage und Angebot auf
freiem Markte.
Und ähnlich unfrei sind die anderen Wertbestimmungen
über einzelne Güter, die als Zins gegeben wurden. Sie be-
ziehen sich auf Prekaristen, d. h. Leute, die der betreffenden
kirchlichen Grundherrschaft eben eine Tradition zugewendet
hatten und nun auf Lebenszeit (oder auch erblich) diese
^oder andere Immobilien zu Zins geUehen erhielten. Es war
meines Erachtens ganz selbstverständlich, daß man da von
Seite der kirchlichen Grundherrschaft weitgehende Rück-
sichten bei der Festsetzung des Zinses, bzw. der Ansetzung
einer Reluition desselben in Geld beobachtet haben wird.
Mitunter wird das in den Urkunden selbst angedeutet. Der
Abt von St. Gallen verleiht 813 — 16 einem Tradenten dessen
Traditionsgut zu Prekarie mit dem Bemerken : et hoc est
census, qiiod nos cum illo convenit?^
Die Prekarieurkunden, aus welchen jene Wertangaben
zumeist stammen, beruhen also auf einer Vereinbarung, die
der in Zukunft Zinspflichtige selbst entscheidend, d. h. zu
seinen Gunsten, beeinflussen konnte. Da wird man — ähnlich
wie etwa heute bei den „Engros -Preisen" — dem Preka-
risten bei der Feststellung entgegengekommen sein.
Anderseits aber wurde dem Wesen dieser Prekarien
entsprechend gewöhnlich unter einem bestimmt, daß der-
selbe Zins auch für die Kinder, ja für die Nachkommen des
Prekaristen überhaupt gelten solle. ^) Mitunter wird jede
Zinssteigerung ausdrücklich verboten, oder als unstatthaft
erklärt.*) Auf diese Weise mußte naturgemäß eine weit-
gehende „Konstanz" in diesen Wertangaben zutage treten.
^) Siehe unten S. 257.
-) ÜB. St. Gallen nr. 217; vyl. auch nr. 246.
^) Vgl. z. B. in St. Galler ÜB. nr. 192. 202. 204. 206. 207. 210U. v. a. m.
*) Ebenda nr. 228.
— 246 —
Die Urbare aber sind Zusammenstellungen der Zinse,
welche die Hintersassen einer Grundherrschaft entrichteten.
Bis zu einem gewissen Grade eine Zusammenstellung der
in den Prekarien enthaltenen Zinsverpflichtungen, wie es
denn auch in dem reichen St. Galler Urkundenschatze einmal
heißt, der betreffende Prekarist solle als Zins entrichten :
unius rationem sej'vi tributuin reddere debentis.'^) Und
diese Urbare wurden dann bei der Erneuerung oft ganz
wörtlich abgeschrieben und überliefern so nicht selten
alte Wertbestimmungen in eine spätere Zeit, ohne
den unterdessen erfolgten Änderungen in den Wertverhält-
nissen Rechnung zu tragen.^) Man vergleiche doch einmal
Wertangaben von Urbaren des späteren Mittelalters mit
solchen in Verkaufsurkunden, oder gar in Rechnungen, wie
sie für diese jüngere Zeit noch erhalten sind. Da findet
man für dieselbe Sache ganz kolossale Preisdifferenzen,
ich glaube nicht, daß ein Wirtschaftshistoriker sich finden
wird, der sich getraute, auf Wertangaben aus Urbaren eine
Preisgeschichte des späteren Mittelalters aufzubauen.
Ist also wohl die freie Preisbildung nun in der Karo-
lingerzeit vorgekommen? Schon v. Inama konnte dies doch
nicht ganz leugnen. Er meinte es aus solchen Textesstellen
von Kaufurkunden schließen zu dürfen, deren Ausdrücke
„auf eine konkrete und subjektive Wertschätzung deuten und
den Gegensatz zu der sonst vorkommenden objektiven Wert-
schätzung sogar bestimmt zum Ausdruck bringen zu wollen
scheinen".^) Sieht man näher zu, so ergibt sich allerdings,
daß gerade jene Ausdrücke — sicut (oder iuxta quod)
nobis placuit atque convenit (oder aptificavii) — gar nichts
bedeuten, da sie schon rein formelhaft abgeblaßt sind und
in allen Kaufurkunden der Karolingerzeit regelmäßig sich
finden. Ja, es läßt sich nachweisen, daß sie gar nicht der
Karolingerzeit eigentümlich sind, sondern bereits der Mero-
wingerzeit angehören*) und aus dieser übernommen wurden.
1) So z. B. nr. 225 (817).
*) Markante Beispiele bieten hiefür die Österreich, landesfürstl.
Urbare aus d. Zeit d. ersten Habsburger, die auf solche der Baben-
berger zurückgehen. Österr. Urbare I. i. u. 2. Einl. § 2.
3) WG. I, 474= I^ 657 f.
*) V"l. z. B. Tradit. Wizz. nr. XI. XXXV. CLXII u. a. m.; siehe
— 247 —
Gleichwohl fand bereits in der Karolingerzeit eine freie
Preisbildung statt, bei welcher die allgemeinen, auch
heute noch wertbestimmenden Motive offensichtlichen Ein-
fluß ausübten.
I Vor allem das Verhältnis von Angebot und Nachfrage.
Es ist uns eine Reichenauer Formel überliefert, die uns
über den Ankauf von Pelzwerk (Fellen) Nachricht gibt.
Man müsse rechtzeitig, heißt es, den Bedarf decken, da die
feile im Winter viel teurer gekauft werden müßten als im
Sommer.^) Der Briefempfänger hatte augenscheinlich die
Eauforder recht spät erhalten. Immerhin übersendet er
2; Felle und stellt noch mehr in Aussicht: si Deus vitam
Iccumqiie nobis concesserit.^)
In dieselbe Kategorie gehört wohl auch die Nachricht
ais Prüm, daß die Salzpreise an der Saline zu Wihc bei
IVetz von 2 den. bis 16 <^ , ja eine Unze wechselten.^) Ich
gkube allerdings nicht, daß dieser Wechsel im Preise dort
drrch die Menge der Ware hervorgebracht wurde, wie
v.Inama meinte*), sondern meine, daß doch wohl auch
Mr die Jahreszeit das Entscheidende war.^) WahrscheinUch
ach die Form. Andecav. nr. 4 u. 25. Dazu jetzt meine ,,Grund-
laen" 2, 464!!.
^) MG. FF. 373 nr. 19: Quod vero significastis de pellibus , antea
omino ficit intmiaftdutn, eo quod multo carius tempore hiemis quam
esitis emantui'.
-) Daß diese Bemerkung auf die Beschränktheit des freien Waren-
vtkehres hinweise, wie P. Sander (a. a. O. 1085J behauptet, ist deshalb
niht zutreffend, weil wir hier nach der Provenienz der Quelle ja
gc nicht an einen berufsmäßigen Händler, sondern an einen Kloster-
vcstand zu denken haben, der einem befreundeten Abt also einen
L;besdienst erweist.
I*) Mittelrhein. ÜB. i, i64nr. XLI: Ideo precipimus mquirere, quando
vequantum burdura ascenderit vel des:enderit, que aliqtcando dtiobtis
costat denariis tantum, aliqiiando usqtie ad X VI den., aliquando tcsquc
acunciatJi pervenit.
*) WG. I, 472 = i2, 656.
") Vgl. a. a. O. weiter: In medio aprili incipiunt burdurc tisquc
inante mense decembrio. Einen beachtenswerten Vergleich dazu
frlich aus dem späteren Mittelalter bieten die Passauer Mautbücher
VC 1401/2, welche Th. Mayer herausgegeben hat. Auch dort sind
stke Schwankungen des Salzverkehrs je nach der Jahreszeit zu
v(folgen. Verhandl. d. hist. Ver. f. Niederbayern 45. Bd. S. 376 f.
— 248 —
war zu Zeiten großer Nachfrage auch dort der Preis ein
höherer.
Beim Meersalz war die Gunst oder Ungunst der Witte-
rung (Niederschläge!) für die Preislage von großem Einfluß.^;
Ein interessanter Beleg für freie Preisverabredung
zwischen Verkäufer und Käufer ergibt sich aus den Be-
stimmungen des Konzils von Paris (829). Hier wird gegen
die wucherische Ausbeutung der Bevölkerung durch du
Großen (Bischöfe und Grafen) Stellung genommen zu den
Zwecke: quatenus paiiperibus libei'tas tribuatur, ut reddith
senioribus suis quae iuste reddenda sunt, reliqua, quae siÜ
supersunt, liceat aliis, prout pactio vendentis et einenti^
grata fuerit, absqtie prohibitione senioriim suorum distrCt-
kere?) Aber nicht nur für Westfrankreich ist solches z|i
beobachten, auch im Osten läßt sich die gleiche Erscheinung
belegen, u. zw. durch die berühmte Raffelstätter Zollordnuns.
Da heißt es nämlich von dem Salzmarkt zu Mautern: sd
quantocunque meliori precio venditor et emptor inter se da^
voluerint res suas, liberam in omnibus habeant liccntiani^
Daß auf die Preisbildung eventuell auch die Mocfe
bestimmenden Einfluß hatte und Quantitäts- bzw. Qualität.*-
unterschiede des Verkaufsobjekts überbrückte, bezeugt dS
Vorgehen der friesischen Kaufleute. Sie machten sich ds
große Nachfrage nach englischen Mänteln zunutze, um d^
alten, für die langen Mäntel geforderten Preise auch jett
noch zu erlangen, obwohl dieselben infolge der zur Zöfc
Karls der Großen herrschenden Mode viel kürzer getraga
wurden.*)
Endlich besitzen wir auch noch Zeugnisse, die beweise,
wie auch der subjektive Gebrauchswert des Käufers bei dr
Daher ist auch der Einwand P. Sanders (a. a. O. 1086) nicht zutreffen,
solche Preisschwankungen wären ein Ding derUnmögUchkeit gewese,
falls damals wirklich schon ein nur einigermaßen leistungsfähig-
freier Güterverkehr im Reich bestanden hätte. War ein solch-
vielleicht auch im 15. Jahrhundert noch nicht vorhanden? 1
1) Vgl. oben S. 184 n. 2. -) MG. Concil. 2, 645 c. LH. |
») MG. Capit. 2, 252 c. 7. I
*) Siehe oben S. 149. Die Deutung dieses Vorganges beiv. Inai
1, 478 =1-, 662 ist wohl sehr gekünstelt.
— -49 —
Preisbildung von dem Verkäufer bereits in Anschlag ge-
bracht und ausgenützt wurde. Man gab damals schon an
fremde Reisende die benötigten Reiseutensilien teurer ab,
als an die Einheimischen.^) Die Reisenden waren offenbar
schon in der Karolingerzeit ein beliebtes Ausbeutungsobjekt
für geschäftskundige Wirte. Daß es sich dabei nur um die
zu Hofe reisenden Getreuen, die Hofreisen der Großen
gehandelt habe, wie v. Inam.a ^) und Schaub ^) meinen, trifft
doch nicht zu.*)
Aber auch Liebhaber- oder Seltenheitspreise
sind in jener Periode bereits vorgekommen. Das zeigen die
köstlichen Geschichtchen des Mönches von St. Gallen, wie der
ebenso geizige als prunksüchtige Erzbischof Richulf von
Mainz einem jüdischen Händler eine Maus als angeblich
seltenes, nie dagewesenes Tier um einen hohen Geldbetrag
abkaufte.^). Ähnlich auch der Schwank vom Bischof und
dem als Maulesel auftretenden bösen Geist. ^)
Am bekanntesten sind die Teuerungspreise. Wie zu
allen Zeiten, so haben auch damals Mißernten und Hungers-
nöte solche hervorgerufen, so daß selbst die kargen Annalen
sie bei besonders drückender Höhe mitunter verzeichnen.'')
So melden die Jahrbücher von Fulda zum Jahre 850, daß
in Mainz der Scheffel (modius) Korn für 10 Sielen Silbers
verkauft worden sei ^) ; so die Annalen von Sens zu 868,
^) Vgl. d. Capit. Kaiser Ludwigs II. von 865 MG. Capit. 2, 93 c. 5 :
std neque indigenac per solüa loca tectum, focum, aqiiani et palcam hos-
pitibits denegare aut sua carius quam vicinis audeant vendere.
Ähnlich das Capit. Vernense Karlmanns vom Jahre 884 c. 13: . . nihil
carüis vendant transeuntibzis , iiisi quanto in mercato vendere possunt.
Ebenda 375. Diese Bestimmungen dürfen aber, wie die schon von
Boretius zit. älteren Capit. -Stellen beweisen, ihre Vorläufer gehabt
haben , auch wenn gerade dieser Satz sich dort noch nicht aus-
gesprochen findet.
-) WG. I ^ 669. 3) A. a. O. S. 92.
*) Vgl. Mon. Capit. i, 96 c. 27 u. 144 c. i.
^) Monach. St. Gall. I. c. 16 MG. SS. 2, 737.
*) Ebenda c. 24, a. a. O. 742.
■') Vgl. im allgemeinen F. Curschmann, Hungersnöte im MA.
(1900) S. 89 ff.
"} Annal. Fuld. ed. Kurze in SS. rer. Germ, in usum scholar. S. 40.
— 250 —
daß dort der Scheffel Hafer 5, Gerste 6^12, Roggen 7^/2,
Weizen gar 8 Schillinge gekostet habe.^)
Hier bewirkte also ein zu geringes Angebot bei großer
Nachfrage eine außerordentliche Steigerung der Preise. Sie
gedieh naturgemäß zu einer schweren wirtschaftlichen Schä-
digung der Bevölkerung. Ähnliches ist auch zur Zeit Karls
des Großen wiederholt vorgekommen, so 793 und 805. Der
Kaiser sah sich veranlaßt, dagegen einzuschreiten und eine
förmliche Preissatzung zu erlassen.^) Dieselbe ist freilich
verschieden aufgefaßt worden. Soetbeer^) und v. Inama-
Sternegg*) nahmen gegen die ältere Forschung, welche darin
eine Maßregel der Teuerungspolizei oder eine Polizeitaxe
sah, in bestimmter Weise Stellung. Sie meinten, es habe
sich bloß um eine Wertbestimmung des Getreides gehandelt,
durch die Karl der Große angesichts der eben damals
durchgeführten Maß- und Geldreform nur die notwendige
Reduktion des bisher üblichen Getreidewerts auf die neuen
Maß- und Geldgrößen geben wollte.
Diese Deutung ist sicher unzutreffend und auch bereits
von Curschmann^), Sommerlad ^) und Schaub '^) mit tref-
fenden Einwänden angefochten worden. Wenn neuestens
F. Schneider demgegenüber doch wieder an dem Stand-
punkte V. Inamas festhalten möchte ^), so ist der Grund
hiezu ebenso durchsichtig wie dort. Nimmt man eine strenge
oder absolute Naturalwirtschaft der Karolingerzeit an, dann
ist eben nur eine so gekünstelte Deutung möglich. Es
schien allerdings bisher das materielle und konkrete Sub-
strat für solche geldwirtschaftliche Vorgänge zu fehlen. Mit
meiner Auffassung von dem H^andel und Verkehr jener Zeiten
lassen sich diese Nachrichten nun sehr wohl vereinigen.
^) Ann. Senon. MG. SS. i, 103.
-) MG. Capit. I. 74 c. 4. ^) Forsch, z. deutschen Gesch. 6, 73 f.
*) WG. I, 476 ff. = r-, 660 ff., danach auch Waitz, VG. 4-, 48.
^) A. a. O. 71 n. 2.
") Die wirtschaftl. Tätigkeit d. Kirche im MA. 2, 115.
'') Der Kampf gegen den Zinswucher etc. S. 86 f. Vgl. übrigens
auch Vinogradoff in Vierteljahrschr. f. Soz. u. WG. 3, 548 n. 2, der
darin gleichfalls Maximaltarife sieht.
^) Vierteljahrschr f. Soz. u. WG. 5, 301.
— 251 — .
Daß Karl der Große bei Erlaß dieser Preistaxen die
Taxordnung Kaiser Diocletians vom Jahre 301 benutzt
habe, wie Sommerlad glaubt^), halte ich für ganz unwahr-
scheinlich. Auch Schaub hat schon Zweifel darüber ge-
äußert^), freilich ohne nähere Begründung. Mir macht
diese Preissatzung eher den Eindruck, daß kirchliche Kon-
ziUenbeschlüsse älterer Zeit da Vorbild gewesen sind. Man
beachte doch, diese Satzung ist auf einer Synode zu
Frankfurt a./M. erlassen worden, sie macht nur einen kleinen
Teil der Gesamtbeschlüsse aus, es wird ausdrückUch auch
der Zustimmung der Synode gerade hier noch besonders
gedacht.^)
Sie ist meines Erachtens am richtigsten zu erklären,
wenn man sie mit den Wucherverboten jener Zeit in Zu-
sammenhang bringt. So erklärt sich dann auch die Mit-
wirkung der Kirche, welche man bisher gar nicht beachtet
hat, ganz ungezwungen.
Sehr deutlich weist auf diesen Zusammenhang auch das
Capitulare von Nymwegen von 806 hin, wo sich eine ähn-
liche Preissatzung am Schlüsse von Bestimmungen findet,
die gegen den Wucher gerichtet sind.*)
Die Auffassung P. Sanders, daß gerade die wiederholten
Versuche Karls, für sein ganzes weites, von Verkehrsmitteln
so gut wie entblößtes (!) Reich einen einheitlichen Getreide-
preis festzusetzen, unmöglich gewesen wären, wenn man
die freie Preisbildung als einen wesentlichen Faktor im
Wirtschaftsleben des Volkes angesehen hätte ''), geht mehr-
fach von irrigen Voraussetzungen aus. Einmal ist es völlig
verkehrt, das Karolingerreich als bar aller Verkehrsmittel zu
') A. a. O. S. 116; ^) A. a. O. 86 n. i.
') Stattiit piissimiis domnus noster rex, consentienti sancta
synodo . . .
*) Ebenda 132 c. 18. v. Inama wollte zuletzt noch behaupten,
daß die Preissatzungen Karls von 794 u. 806 zu dem Problem des
justum pretium nur indirekt in Beziehung stehen. WG. i -, 668.
Er geriet hier mit sich selbst in einen bezeichnenden Widerspruch,
da er eine Seite später selbst zugeben mußte, daß das Nymvveger
Capitulare von 806 doch schon eine nähere Beziehung zum justum
pretium bekunde. Ebenda 669.
^) A. a. O. S. 1086.
bezeichnen. Dann aber handelt es sich da z. T., wie im
Jahre 806 deutlich gesagt wird, um Ausnahmeverhältnisse,
die nur für dieses Jahr wegen der Hungersnot gelten sollten,
ja auch nur für die geistlichen und weltlichen Großen, so-
wie die königlichen Benefiziare verbindliche Kraft besaßen.^)
Endlich konnte auch die ohne diese Beschränkungen auf-
tretende Frankfurter Preissatzung vom J. 794, wo übrigens
auch auf die Hungersnot hingewiesen wird^), doch wohl nur
Richtpreise im Auge haben, zumal gar keine Strafe für die
Übertretung dieser Bestimmungen in Aussicht genommen
erscheint.
S 12.
Die GeMwirtschaft.
Die Geldgeschichte der Karolingerzeit muß als das
Stiefkind der Wirtschaftsgeschichte überhaupt bezeichnet
werden. Nicht, als ob diese kein Interesse dafür gehabt
hätte. Aber man glaubte , mit ein paar dürftigen Be-
merkungen deren Eigenart deutlich genug umschreiben zu
können. Wohl auf keinem Gebiet der Wirtschaftsgeschichte
hat sich die Einseitigkeit der bisherigen Forschung so
empfindlich geltend gemacht als eben hier. Da die beiden
grundlegenden Werke, die für alle spätere Forschung ent-
scheidend wurden (G. L. v. Maurer und Landau), ihrem
Zwecke nach nur auf die Agrargeschichte gerichtet waren,
erlangte deren Auffassung, daß Grund und Boden die Basis
des gesamten Volkslebens gebildet habe^), von vornherein
eine maßgebende Bedeutung. Dann aber kam noch hinzu,
daß der weitere Ausbau der Forschung nahezu aus-
schließUch durch Rechtshistoriker erfolgte, und zwar in
Zeiten, da man als Hauptquellen der Erkenntnis die alten
Volksrechte zu betrachten pflegte. Sie aber schienen mit
den in ihnen enthaltenen Werttarifen für die Bußsätze die
Anschauungen zu unterstützen, welche die agrargeschichtliche
Forschung zu dem typischen Bilde der sogen, geschlossenen
-) MG. Capit. I, 132 c. iS. -) Ebenda 74 c. 4 am Schlüsse!
») Vgl. im I. Bande S. 2 f.
— 253 —
Fronhofswirtschaft vereinigt hatte. Wir sahen schon, wie be-
stimmend diese Forschungsergebnisse die Handelsgeschichte
beeinflußt haben. Stellte man sich die Wirtschaftsentwick-
lung der Karolingerzeit als einen in sich geschlossenen Kreis
von Produktion und Konsumtion vor, so war es natürlich,
daß man dem Handel nur eine geringfügige Bedeutung ein-
räumte.^) Noch weniger aber konnte bei dieser Auffassung
für jene Zeit ein Bedürfnis nach Geld vorhanden gedacht
werden. Die Annahme einer strengen Naturalwirtschaft ergab
sich wie von selbst als logische Folgerung aus jenen Prä-
missen. Auch die Münzgeschichte schien in ihren zunächst
naturgemäß bescheidenen Anfängen jene Forschungsergeb-
nisse zu bestätigen. Angesichts jener bereits verbreiteten
Anschauungen lag es nahe, die Spärlichkeit der Funde als
Zeichen einer Geringfügigkeit der Geldbedürfnisse zu deuten.^)
Und als dann ein Nationalökonom, v. Inama-Sternegg,
daran ging, zum erstenmal eine zusammenfassende Wirt-
schaftsgeschichte jener Zeiten zu entwerfen, da war es ihm,
der gleichfalls von der Agrarhistorie ausging, nicht schwer,
eben aus den Quellen, welche ihm zuvor bei der Schilde-
rung der großen Grundherrschaften vornehmlich das Material
geliefert hatten (Traditionsbücher), noch weitere Belege für
jene Theorie namhaft zu machen.^) Seit seiner Darstellung
hat der Satz von dem ausschließlich naturwirtschaftlichen
Charakter jener Zeiten als Axiom gegolten.*) Daß endlich
so wirksame und vielgelesene Bücher wie K. Lamprechts
Deutsche Geschichte^) und K. Büchers Entstehung der Volks-
wirtschaft^) jene Theorie akzeptierten, ja noch weiter aus-
bildeten und zu einem förmlichen System verarbeiteten, trug
^) Siehe oben S. i86.
^) So vor allem Soetbeer, Beitr. z. Gesch. d. Geld- u. Münzwesens
in Deutschland, Forsch, z. d. G. IV u. VI, der nahezu ausschließlich von
den älteren französischen Numismatikern abhängig war.
') Vgl. darüber im i. Teile S. 7 ff.
*) Vgl. Brunner RG. i, 214, 1 2, 314; F. Dahn, Könige d. Germanen
VIII. 5, loiff.; Schröder RG.^ S. 160; Kötzschke, DeutscheWirtschaftsg.
in A. Meisters Grundriß d, Gesch. Wiss. II. i, S. 80; von den histo-
rischen Darstellungen z. B. Mühlbacher, Deutsche Gesch. unter den
Karolingern S. 284 u. a. m.
«) 2, 88. ''■) Vgl. z. B. in der 5. Aufl. S. 112 ff.
— 254 —
schließlich zu dessen weitester Verbreitung bei. In der
berühmt gewordenen Stufenfolge von Büchers Wirtschafts-
typen der allgemeinen ökonomischen Entwicklung wird als
•Hauptvertreter der sogen, geschlossenen Hauswirtschaft,
welche als tauschlose Wirtschaft ohne Geld als Tausch-
vermittler charakterisiert erscheint, eben die mittelalterliche
Fronhofswirtschaft hingestellt.
Diese Auffassung von der absoluten Naturalwirtschaft
der Karolingerzeit und dem völligen Mangel jeder Geld-
wirtschaft galt so unumstößlich gesichert und unanfecht-
bar, daß noch in jüngster Zeit ganz ernstlich der Versuch
gemacht werden konnte, quellenmäßig sicher bezeugte Er-
scheinungen des Wirtschaftslebens von damals, die mit ihr
unvereinbar waren, künstlich zu beseitigen. Man wollte
die sogen. Wucherverbote Karls des Großen und seiner
Nachfolger als völlig unpraktisch erklären und darin bloß
„ein Symptom der sogen, karlingischen Renaissance" sehen,
eine gelehrte Reminiszenz der Hofgelehrten Karls, die alle
die schönen Gesetze der Kirchenväter auch für ihr Franken-
reich haben wollten, selbst auf die Gefahr hin, daß sie nicht
mehr ganz paßten.^) Nichts ist vielleicht bezeichnender
für den Stand unserer Forschung!
Hält man sich diesen eigenartigen Gang vor Augen,
den sie auf diesem Gebiete genommen hat, so fällt erst
recht auf, wie schwach eigentlich die Stützen sind, auf
welche sie so weitgehende Schlüsse aufbaute. Man kann
wohl sagen : heute sind die beiden Hauptträger, auf welchen
sie ruhte, hinfällig geworden. Es hat in der Karolingerzeit
weder eine so geschlossene Haus- oder Fronhofswirtschaft
gegeben, als jene annahm, noch waren Handel und Verkehr
so unbedeutend, als dafür notwendige Voraussetzung wäre.
Sieht man näher zu, so wird man bald gewahr, daß
eine gleichmäßige und erschöpfernde Durcharbeitung des Ge-
samtquellenstoffes für diese Fragen bis jetzt gar nicht unter-
nommen wurde. Man hat sich begnügt, aus ihm zu er-
heben, was man für jene Theorie brauchen konnte. Das,
') So Fedor Schneider, Das kirchliche Zinsverbot u. die kuriale
Praxis im 13. Jahrh. in Festgabe für H. Finke (1904) S. 139.
— 255 -
was vorliegt, ist gar keine Geldgeschichte der Karolingerzeit,
sondern eine ganz einseitige Verwertung eines Teiles des
Quellenstoffes mit völlig unkritischem Vorgehen. Wir dürfen
heute ganz allgemein sagen: Auf Grund von Urbaren
und Traditionsbüchern läßt sich die Geldge-
schichte keiner Zeit auch nur annähernd richtig
darstellen. Eben in jüngster Zeit haben wir das an einem
schlagenden Beispiel erlebt, da AI. Schulte auf Grund solcher
Quellen die Wirtschaftsentwicklung des deutschen Südostens
im 13. Jahrhunderte als Gegenstück zu jener Südwestdeutsch-
lands ganz naturalwirtschaftlich im Sinne der Karolingerzeit
charakterisieren wollte.^) Zieht man die anderen Quellen
noch zu Rate, so ergibt sich ein völlig anderes Bild, sie
lassen eine teilweise recht vorgeschrittene Geldwirtschaft
auch hier erkennen.^)
Die Eigenart der Quellen und ihrer Überlieferung wird
gerade in der Karolingerzeit um so mehr Kritik erfordern,
als hier noch ärger als sonst weite Lücken klaffen, und wir
größtenteils aus agrarwirtschaftlichen Quellen schöpfen. Die
Traditionsbücher, die Urbare und nahezu alle Urkunden
rühren von geistlichen Grundherrschaften her und vermögen
ihrem Zwecke nach gar kein vollkommenes Bild der Geld-
verhältnisse jener Zeit zu vermitteln. Man hat da zu vor-
schnell mit dem testimonium ex silentio argumentiert.
Die Statistik, welche man aus diesen Quellen für die
Frequenz von Kauf- und Verkaufsgeschäften im
Immobiliarverkehr aufgestellt hat^), bietet kein entfernt
richtiges Bild von den tatsächlichen Verhältnissen. In Wirk-
lichkeit waren Kauf und Verkauf von Grund und Boden viel
häufiger, als man auf Grund dieser Quellen bis jetzt ange-
nommen hat. Das sagen uns die hier verzeichneten Tradi-
1) Mitt. d. Inst. 7, 552.
2) Vgl. meine Österr. Urbare I. i, Einl. p. LXXXIff.
') Für Weißenburg Wolff, Erwerb und Verwaltung des Kloster-
vermögens in den Traditiones Wizzenburgenses (1883) S. 21 f., für
St. Gallen G. Caro, Die Grundbesitzverteilung in der Nordostschweiz
und in den angrenzenden alamannischen Stammesgebieten zur Karo-
lingerzeit, Jahrb. f. Schweiz. Gesch. 26, 240, für Fulda im i. Teile
dieses Werkes S. 207 f.
— 256 —
tionsurkunden z. T. selbst. Ich lege weniger Gewicht auf
das Formular der Übereignungsurkunden, wo als Objekt des
Rechtsgeschäftes, bzw. Inhalt der Schenkung u. a. auch häufig
aufgezählt wird : quid de co7nparatM . . . habuimus oder der-
gleichen.^) Das ist formelhaft abgeblaßt und beweist wehig.
Allein daneben finden wir nicht selten in den individuellen
Teilen des Textes ganz konkrete Nachrichten darüber, daß
einzelne Stücke des Traditionsgutes von dem Tradenten
selbst oder dessen Eltern kaufweise erworben worden seien. "-^j
Mitunter werden auch bei kleineren Traditionsobjekten
mehrere Kaufhandlungen seitens eines und desselben Tra-
denten erwähnt.^) Die Rückkäufe aber seitens der Tradenten
oder ihrer Erben, auf welche die nicht seltenen Rückkaufs-
klauseln doch hinweisen*), wurden natürlich hier überhaupt
nicht eingetragen. Dadurch erscheinen also die uns noch
erhaltenen Verkaufsurkunden nur als sehr geringer Teil
der tatsächlich erfolgten Rechtsgeschäfte dieser
Art. In das Traditionsbuch wurden naturgemäß nur jene
davon eingetragen, welche zur dauernden Übereignung an
das Kloster oder Bistum führten. Ja, ich habe auf Grund
einer genauen Durcharbeitung des ganzen Materiales den
bestimmten Eindruck gewonnen, daß nicht einmal diese
Kategorie von Verkaufsurkunden hier vollständig verzeichnet
ist. Geht man nämlich dieselben ihrem Inhalte nach durch,
so begegnet man nicht selten solchen Verkaufsgeschäften,
bei welchen zugleich ein besonderer Anlaß für die Eintragung
1) Vgl. z. B. Cod. dipl. Lauresham. 2 nr. 878; Trad.iJ'Vizz. nr. 38.
39. 46. 148. 234, 245. 246. 250 u. a. m.
^) Cod. Lauresham. i, 574 nr. 705: 2 mansos quos ego comparavi,
I a Meginoldo, almm a Geilrada; nr. 759. 763 oder 2, 31 nr. 900: petiam
prati, quam ego de M. dato pretio comparavi; vgl. nr. 796: qjiicquid in
ipsa marra . . • laborare seu lucrare potuero. Trad. Frising. Bitterauf
nr. 4. 43. 50. 68. 109b. 136. 262. 373b. 397, ferner Tradit. Wizz. nr. 62.
71. 72. 78. 207. 233; St. Galler Urk.-B. nr. 470. 473. 606. 641. 654. 754.
•■*) Vgl. besonders die schon im i. Teile S. 353 n. 4 zit. Urk. vom
Jahre 819: cedimus mansum doniinicatum, qiLam de diver sis homini-
bus comparavimus, sowie Mon. Boica 8, 369 (806): dono in ipsa villa
H. quicqiiid de HelfricJw comparavi .... similiter dono et in villa, que
dicitur P. quicqtiid de Folckero et filio suo Milone comparavi . .
*) Sie sind besonders häufig in den St. Galler Urkunden, aber
auch in Weißenburg und Freising nichts Seltenes.
- 257 —
ins Traditionsbuch vorhanden war. Sei es, daß ein Teil des
übereigneten Gutes für das Seelenheil tradiert, der andere
aber verkauft wurde ^), oder aber eine Tauschhandlung damit
verbunden war ^), sei es auch, daß der Verkäufer das an
den geistlichen Empfänger verkaufte Gut auf Lebenszeit zu
Precaria zurück erhielt.^) Solche Mischformen von Ver-
kaufshandlungen werden daher wohl auch im Texte selbst
als venditio vel donatio bezeichnet*), und es liegt daher die
Vermutung nahe, daß auch jeije Stücke, die nur im Auszug
überliefert ^) und in der Überschrift als donationes bezeichnet
erscheinen, möglicherweise z. T. ähnlich geartet waren.^)
In allen diesen Fällen lag also ein besonderer Grund vor,
daß man diese Verkaufshandlungen ins Traditionsbuch auf-
nahm. Ob man aber auch jene hier eingetragen hat, bei
welchen ein reines Verkaufsgeschäft vorlag? War es denn
überhaupt Aufgabe der Traditionsbücher, auch solche nackte
Verkaufsurkunden abschriftlich wiederzugeben? Nach allem,
was wir früher zur Kritik der Traditionsbücher feststellen
konnten''), hegt in dieser Überlieferung doch nur ein sehr
beschränkter Teil der tatsächlich erfolgten Rechtsgeschäfte
mehr vor.
Aber noch aus einem anderen Grunde können diese
Quellen uns gar kein richtiges Abbild des Geldverkehres
ihrer Zeit gewähren. Sie behandeln ausschheßlich kirch-
liche Grundherrschaften. Gerade bei diesen mußte aber
naturgemäß die Zahl der Kaufhandlungen eine sehr geringe
sein, da sie als Empfänger zahlloser Traditionen wenig Anlaß
zu kaufweiser Erwerbung von Grund und Boden hatten.
Sie erhielten geschenkt, was sie gern mochten, oder waren
eben mit Hilfe des reichen Traditionsgutes stets in die Lage
versetzt, durch Tausch zu erwerben, was weniger begüterte
Grundeigner nur kaufweise an sich bringen konnten. Und
^) So ÜB. V. St. Gallen nr. 444; Cod. Lauresham. i nr. 197. 241.
433; Frising. Bitterauf nr. 81. 148. 200b. 432.
^) St. Gall. ÜB. nr. 514; Cod. Lauresham. 3, 275 nr. 3780.
=") Tradit. Wizz. nr. 226; St. Gall. ÜB. nr. 546.
*) Cod. Lauresham. nr. 197. ^') Vgl. im i. Teile S. io2{.
") Cod. Lauresh. nr. 1500. 1822. 1830. 1832. 1946. 2007. 2104. 2486,
') Im I. Teile S. 101 ff.
Dop seh, Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit. II. 2. Aufl. 17
— 258 —
auch die Verkaufshandlungen mußten eben hier sehr selten
sein, da die Veräußerung von Kirchengut ja verboten und
nur unter sehr erschwerenden Kautelen möglich war. Die
Kirche war so auf den Weg der Naturalkompensation an-
gewiesen.^)
Stellenweise wie in Bayern, war auch der kaufweise Er-
werb von Grundeigentum durch die Kirche an die Erlaubnis
des Herzogs geknüpft.^)
Ganz anders dagegen die weltlichen Grund-
herren. Wären über deren wirtschaftliche Verhältnisse ähn-
liche Aufzeichnungen erhalten, so würden dieselben vermut-
lich einen anderen Inhalt haben, als jene kirchlichen Quellen.
Hier entfielen jene Momente, die dort die Zahl der Kauf-
und Verkaufshandlungen naturgemäß einschränkten. Hier
mochte eine große Frequenz solcher Platz greifen. Die bisher
zu wenig beachtete Streulage, welche die einzelnen
Grundeigner in häufige und nahe Berührung brachte, mußte
da einen belebenden Einfluß ausüben. Und tatsächUch
deuten auch jene Bemerkungen, die wir — freilich nur zu-
fällig — gelegentlich der Tradition seitens weltlicher Grund-
eigner über die Herkunft, bzw. die Bildung des Traditions-
gutes erhalten^), auf die Häufigkeit solcher Vorgänge in-
direkt hin.
Ist somit die bisher geltende Theorie schon deshalb
unhaltbar, weil die ihr zugrunde liegende Statistik dem Im-
mobiliarverkehr jener Zeiten keineswegs auch nur annähernd
entspricht, so besteht noch eine weitere grundsätzliche
Lücke, die ihr jeden Wert objektiver Vollständigkeit völlig
benimmt.
Die herrschende Theorie hat nämlich gar nicht in
Rechnung gestellt, daß alle von ihr verwerteten Quellen
sich ausschließlich auf den Immobiliarverkehr beziehen, von
dem Kauf und Verkauf an Fahrnis ihrer Natur nach aber
1) Vgl. meine „Grundlagen" 2, 523 flf.
*) Vgl. z. B. Bitterauf, Freisinger Tradit. nr. 24b. Vgl. dazu auch
meine „Grundlagen" 2, 27off., wo gezeigt wird, daß dies nicht nur
in Bayern so der Fall war.
^) Siehe oben S. 256 n. i — 3.
— 259 -
keine Nachricht zu geben vermögen. Gerade der Fahrnis-
kauf muß aber eine sehr bedeutende Rolle gespielt haben,
zumal ja die innere Geschlossenheit des Wirtschaftskreises
von Produktion und Konsumtion („geschlossene Hauswirt-
schaft"), welche man angenommen hatte, tatsächlich gar
nicht vorhanden war. Wir hörten schon, daß selbst die
großen kirchlichen Grundherrschaften ihren Eigenbedarf
(z. B. an Kleidung) nicht zu decken vermochten.^)
Man muß hinzuhalten, daß der verhältnismäßig reich
entwickelte Handelsverkehr^) sich teilweise in Form des
Hausierhandels vollzogt), so daß nicht nur auf Messen
und Märkten, sondern auch auf dem flachen Lande die
äußere Möglichkeit dazu gegeben war.
Endlich aber dürfen wir uns Deutschland in der Karo-
lingerzeit nicht als ein System von großen Meierhöfen vor-
stellen, die in keiner Beziehung untereinander standen.
Vielmehr war nach den früheren Darlegungen damals schon
eine ansehnliche Zahl von Städten und Märkten vor-
handen.*) Damit entfällt auch die andere Voraussetzung
der bisherigen Lehrmeinung, daß sich die Geldwirtschaft
eben erst später, im 12. Jahrhundert, habe entwickeln können,
da angeblich erst damals der Handel in den Städten auf-
blühte. Im ganzen ergibt sich aus alledem, daß die ver-
kehrswirtschaftlichen Gelegenheiten zur Entfaltung der Geld-
geschäfte sicher viel zahlreicher waren, als man nach der
herrschenden Lehre annehmen durfte.
Und nun die zweite Hauptthese dieser: Kauf und
Verkauf seien nicht nur an sich spärlich gewesen, sie haben
sich, wird uns weiter gesagt, gewöhnlich in Form des
Naturaltausches abgewickelt, wobei dem Gelde nur die
Funktion des Wertmessers zukam. ^) Ich stelle zur Probe
eine Statistik der überlieferten Kauf-, bzw. Verkaufsgeschäfte
hier zusammen :
*) Siehe oben S. 169 f. -) Vgl. oben S. 189 ff.
') Vgl. Inama-Sternegg WG. i ^, 609 n. 4. Dazu S. Rietschel,
Markt u. Stadt S. 32.
*) Siehe oben S. 195 ff. u. 175.
*) V. Inama WG. i, 463 = i^, 644; Lamprecht a. a. O.; Bücher
a. a. O.; H. Brunner RG. i ', 314.
17*
— 200
in natura
in Geld
gemischt od.
unbestimmt
Gesamtzahl d. er-
haltenen Urkunden
Freising
4 ')
6 "-)
4.')
1046
Fulda
1 *)
5 ')
I «)
655
St. Gallen
3 ')
IG 8)
5 ')
c. 800
Eisen 61«)
Lorsch
6i>)
36 1^)
2 13) 1 3780
Mondsee
I-)
Il5)
139
Weißenburg
61«)
c. 180
Werden
81')
4 18)
65
Das Ergebnis dieser nicht nur einzelne auf das Gerate-
wohl herausgegriffene Beispiele, sondern alle vorhandenen
Urkunden gleichmäßig berücksichtigenden Statistik ist bereits
sehr deutlich. Es kann gar nicht die Rede davon sein, daß
die Zahlungen bei Kauf und Verkauf gewöhnlich in natura
erfolgten, vielmehr überwiegen schon hier bei den Guts-
käufen die Geldzahlungen sehr bedeutend.
Und dieser Eindruck wird noch durch weitere Tat-
sachen verstärkt, die sich bei eindringender Untersuchung
beobachten lassen. Einmal begegnen bei den Traditionen
nicht selten Rückkaufs vorbehalte und bei diesen wird
die Rückkaufssumme häufig direkt in Geld (aurum oder
argentum) festgesetzt.^^)
1) Bitterauf nr. 246, 332. 399. 580.
2) Ebenda nr. 4. 24. 176. 268b. 432. 642.
ä) Ebenda 81. 148. 200b. 661. *) Dronke Cod. dipl. nr. 471.
^) Ebenda nr. 6. 8. 26. 61. 106. *) Ebenda nr. 18.
') Wartmann ÜB. nr. 31. 296. 444.
*) Ebendann 8. 10. 122. 165. 173. 174. 224. 290. 458. Anhang nr. 4 (II).
9) Ebenda nr. 68. 173. 174. 401. 415.
1«) Ebenda nr. 235. 248. 254. 255. 262. 293.
11) Cod. Lauresham. nr. 247. 1895. 2459. 2522. 2820. 2832.
12) Ebenda nr. 197. 229. 233. 239. S. 330 (4). 242. 433. 457. 484. 497.
507. 536. 538. 540. 549. 629. 956. 1046. 1087. 1137. 1284. 1288. 1500. 1S22.
1830. 1832. 1946. 2007. 2104. 2486. 2802. 3780. 3791.
13) Ebenda nr. 508. 554. '*) ÜB. d. L. ob d. Enns nr. 109.
1^) Ebenda nr. 120.
1«) Tradit.Wizz. nr. 153. 155. i57- i7o- 183. 245=250.
1') Niederrhein. ÜB. i nr. 30. 32. 34. 35. 51. 55. 60. 64.
18) Ebenda nr. 10. 20. 24. 29.
13) MG. FF. St. Gall. 435 nr. 4 u. 5; St. Gall. ÜB. nr. 178. 257. 487.
543 u.a.m. — In den Weißenburger Traditionen (nr. 17. 52. 61. 63. 128.
— 26l —
Dann aber ist das Auftreten von Naturalien zu
Zahlungszwecken keineswegs immer auf einen
Mangel an Geld zurückzuführen. Sehr häufig, ja ge-
wöhnlich finden wir Waffen, Pferde oder auch Kleidungs-
stücke in dieser Funktion erwähnt. Also spezifische Ge-
brauchsartikel des Empfängers! Sie werden aber von großen
Grundherrschaften geleistet, bei denen wir Bargeld in Hülle
und Fülle voraussetzen dürfen. Somit beweist ihr Vor-
kommen nicht das, was man bisher daraus herausgelesen
hat, sondern muß anders erklärt werden.
Zwei St. Galler Urkunden können uns als Führer dienen.
Im Jahre 744 verkauft eine Frau ihre Eigengüter an das
Kloster und empfängt dafür an Gold und Silber 70 Schilling
sowie 5 Pferde: ctmi saumas et rufias et filtros, ctim stra-
dtira sua ad nostruiu iter ad Romain ambulandumy)
Im Jahre 816 tradiert ein gewisser Gozbert eine Anzahl von
Gütern unter der Bedingung, daß ihm alljährlich eine be-
stimmte Rente, 8 Schillinge in Silber und Kleidern oder
Vieh, sowie 2 Mancipien geleistet werden sollen : Et si mihi
contigerit ad palacium vel ad Italiani pergere , tunc semel
mihi unwm hominem cavallicantem ad serviendiim. et unum
cavalhim bene onustum provideant?)
Man sieht, diese Naturalien, die hier ausbedungen werden
und jenem Verkaufspreis dort sehr nahe kommen , ent-
sprechen einem ganz persönlichen wirtschaftlichen Interesse
des Vertragsgegners. Demselben wird durch den Gebrauchs-
wert dieser Naturalleistungen besser gedient als mit Geld,
da er damit nicht nur der Mühe, sie im Bedarfsmomente
selbst zu beschaffen, überhoben wird, sondern auch eine
vermutlich ungünstigere Preisstellung im Falle eines Ankaufs
dieser durch Ausschaltung des Zwischenhändlers also ver-
meidet.^)
159) ist nur unbestimmt von Solidi die Rede. — Bei der Lorscher
und Freisinger, vielleicht auch der Fuldaer Überlieferung sind die
Rückkaufsklauseln meist der verkürzenden Tendenz des Abschreibers
(über diese im i. Teile S. loaff.) zum Opfer gefallen.
^) ÜB, 1 nr. IG. -) Ebenda nr. 221.
') Die Unrichtigkeit der Argumentation P. Sanders, daß ich gerade
damit den Satz vom naturalwirtschaftlichen Charakter der Karo-
lingerzeit, den ich bekämpfen will, aufs nachdrücklichste als richtig
— 202 —
Ähnliche Wirtschaftsbedürfnisse haben sich nun auch
sonst sicher sehr häufig ergeben; wir werden somit auch
dort, wo die Gunst der urkundHchen ÜberUeferung uns
nicht, wie hier, einen intimeren Aufschluß mehr gewährt,
das Auftreten solcher Naturalien (von Pferden, Waffen und
Kleidern) beim Verkauf nicht als Zeichen eines beschränkten
Geldgebrauches deuten dürfen.^) Noch weniger aber kann
ich sie als Beleg für die Fortdauer der Naturalwirtschaft
gelten lassen, da sie durchaus einseitig auftreten, und zwar
von solchen Stellen, vorwiegend Großgrundherrschaften, aus-
gehen, die keineswegs etwa aus wirtschaftlichem
Unvermögen, in Geld ihren Zahlungspflichten nach-
zukommen, sich dazu genötigt sahen. Gerade die
kleinen Wirte, bei denen man am ehesten wohl einen
Mangel an Geld voraussetzen müßte, leisten ihre Zahlungen
nicht mit solchen Naturalien, sondern tatsächUch in Geld.
Nun wird man mir sofort den zweiten Hauptbeleg der
herrschenden Lehre entgegenhalten, die Naturalzinse. Sie
kommen nicht selten vor. Ja, ich will selbst die bisher
dafür vorgebrachten Beispiele noch vermehren. Es treten
nicht nur neue (d.h. wohl ungebrauchte) Kleider 2), sondern
auch neues Seidenzeug (novum siricum)^) an Geldes Statt
auf. Das Eisen hat nicht nur in Rhätien diese Funktion
in sehr ausgedehntem Maße erfüllt *) und auch nicht bloß zu
einer bestimmten Zeit ^), so daß man darin wohl kaum mit
Inama ^) bloß einen „Notbehelf" sehen kann. Einmal werden
als Alternativleistung dafür gute Fische (pisces boni) '^) frei-
gestellt !
erwiesen habe (a. a. O. 1084), zeigt wohl am besten unsere Gegenwart,
da auch jetzt Bauern bei Verkauf ihrer Wirtschaftserzeugnisse dem
Gelde Gebrauchsgegenstände (Kleider, Wäsche, Schuhe) vorziehen!
*) So V. Inama WG. i, 463 = 1^, 641 f.
^) Vesfes novae St. Galler ÜB. nr. 297; pannae novae nr. 681; da-
neben textura feminea nr. 390 und sticci (Sandalen?) nr. 283. Kleider
auch in Passau MB. 28, 57 nr. 70.
*) St. Galler ÜB. nr. 583; 178 (olsirico).
*) Vgl. im Lorscher Urbar 3, 182 (Cantero); 226 (Wiline).
^) Es findet sich auch 807 schon in St. Galler Urkk. (nr. 194)
und noch 896 (nr. 705).
«) WG. I, 464 = I •-, 645. ■) St. Gall. ÜB. nr. 395.
— 203 —
Auch Pflüge kommen in St. Gallen ^), wie in Weißen-
burg ^) unter den Zinsobjekten vor.
Aber alle diese Zinse sind ebenso wie Wein und Ge-
treide, Schweine und Schafe, Lein und Schafwolle oder die
daraus verfertigten Gewebe eben ein Teil des wirtschaft-
lichen Ertrages von dem betreffenden Zinsgut selbst, ein
fixiertes Quantum, gewissermaßen als Überrest einst un-
gemessener Abführung der wirtschaftHchen Produktion an
die Grundherrschaft. Solche Zinse sind aber keineswegs
nur der älteren Zeit eigentümlich, sondern kommen auch
noch viel später ebenso vor, in Perioden, da die Geldwirt-
schaft schon mächtig entwickelt war. Sie bedeuten meines
Erachtens nicht einen Gegensatz zu dieser selbst an sich,
sondern sind eine Parallelerscheinung, die aus dem
Charakter eines anders gearteten Wirtschaftskreises sich
ergibt. Wir finden sie in der Agrarwirtschaft des
platten Landes noch zu Zeiten, als in den Städten längst
die großen Geldkapitalisten modernen Geldhandel trieben.
Das entscheidende Moment hat man nun aber darin
sehen wollen, daß es auch dort, wo der Zins in Geld fest-
gesetzt erscheint, doch dem Verpflichteten sehr häufig frei-
gestellt wird, ihn event. auch in anderen Wertgegenständen
(Pferde, Wein, Getreide) zu entrichten. Daher kam hier,
so meinte man, dem Gelde eben nur die Funktion eines
Wertmessers zu.^) Es sei nicht selbst Zahlungsmittel ge-
wesen. Dies ist aber nur teilweise richtig und die Folgerungen
daraus sind unzutreffend. Das ergibt eine genauere Analyse
der quellenmäßig bezeugten wirtschaftlichen Tatbestände.
DerSinn und Hauptzweck dieser Alternativ-
sätze ist offenbar der, eine möglichst leichte oder
bequeme Zahlungsform zu schaffen. Daher es ein-
mal von einem Zinse geradezu heißt : 6 ^ sive in alia qua-
cumque re 6 ^ valente}) Nicht selten wird dann wohl auch
kurzweg zu dem Ansatz in Geld valentem pretiuin, oder gar
nur valente oder valiente hinzugesetzt.^) Immerhin muß
1) Ebenda nr. 217. 273. 305. 332.
^) Zeuß, Trad. Wizz. 274 nr. 11. ') Bücher a. a. O. S. 112.
') St. Galler Urk. nr. 537 (868).
") Vgl. ebenda nr. 300 u. 301, bzw. 151. 156. 165. i^. 183 u. a. m.
— 204 —
betont werden, daß diese Fakultativleistung auch bei An-
sätzen in natura doch ebenso begegnet. So z. B. 797: jo
siglas de cirvisa et jo panis et friskingam trimissis valente
aut tantum de annona, guantum hoc jacere potuerit, aut in
alio pretio quantum hoc valet^) Oder 812: hoc est decem
modus de grano aut in alia pecunia ipsis valente'^); oder
836: 2 niod. de grano vel precium, eorum quod possim.^) Es
ist dann nur eine konsequente Ausbildung dieser Fakultativ-
sätze, wenn das Verhältnis sich auch geradezu umkehrt,
d. h. neben dem Naturalzins das Geldäquivalent je nach der
Leistungsmöglichkeit des Zinspflichtigen angesetzt erscheint:
/// maldros de grano vel etiani den. 6, zttrumlibet eorum
possim.^) Damit aber sind wir bereits bei der Reluition der
Naturalleistungen in Geld angelangt.
Erscheint hier im ganzen das Interesse desPflichtigen
maßgebend, auf daß er die ihm leichteste Zahlungsart be-
nutzen könne — 852 heißt es mehrfach von einem Zins:
dtLOs denarios vel quattuor pullos vel qtiicquid aliud precittm
dttortim denariorum habentem adquii'ere possimus — ^), so ist
doch auch das Entgegengesetzte zu bemerkerf. 801 ver-
pflichtet sich ein Prekarist : ipsam rem in tale censo recipere,
qualem ipsi monachi vohierint.^) Demselben Interesse dienen
offenbar auch die häufigen Ansätze in Wachs (in cera),
welche nicht nur bei St. Gallen''), sondern auch sonst ^) vor-
kommen, und zwar keineswegs bloß bei Freilassung von
Manzipien zur Wachszinsigkeit, von der ich hier ganz absehe.
Also auch das wirtschaftliche Interesse der Grundherrschaft
konnte bestimmend sein oder Einfluß nehmen auf die Art
der Entrichtung des Zinses. Und von diesem Gesichtspunkt
aus gewinnen nun einige sehr interessante Quellenstellen
wichtige Bedeutung, da sie uns ganz neue EinbHcke in das
Wesen jener wirtschaftlichen Erscheinungen eröff'nen.
^) Ebenda nr. 148. -) Ebenda nr. 210. ') Ebenda nr. 356.
*) Ebenda nr. 317. ^) Ebenda 419 u. 420.
*) Ebenda nr. 201. Ähnlich in Freising: Bitterauf nr. 247 (806 — 11)
u, 255 (807). 300. 320. 400 b. 426.
'') Ebenda nr. 95. 96. 189. 237. 504. 596 u. a. m.
*) Vgl. Freising: Bitterauf nr. 295. 682; Weißenburg nr. 206. 258.
Prüm MR. ÜB. i nr. 23. 30. 105. 118.
— 265 —
Vor allem die St. Galler Urkunden, in denen ja jene
Alternativsätze besonders häufig begegnen. Da finden wir
einmal in einer Traditionsurkunde vom Jahre 859 als Zins
des Prekaristen: j maldros sive 6 denarios, vel precium
6 denariorum in ferramentis, qtialecumque ex his tribus
facilius inveniri possiinus.^) Erscheint dies noch im
Sinne der bekannten Formel m quo potuerit pretio gehalten,
so rücken andere Urkunden die wirtschaftliche Bedeutung
dieser Formel auch noch in ein anderes Licht. Im Jahre 827
bestimmte der Abt als Zins eines Prekaristen : iß siclas de cer-
visa, panes XX, pullosVI aut, si fructuum copia deesset,
duas tremissas pei'solveret?) — Und das war keineswegs ver-
einzelt so. Im Jahre 829 heißt es bei einem anderen analogen
Falle: si fertilitas vini fuerit, quanttim ibidem natum fuerit,
usque dumtaxat XV siclas annis singulis persolvat ... Si
autem fertilitas vini non fuei'it, aiit 7 ^naldra de grano,
vel etiam jo siclas de cervisa persolvat.^) Dazu muß aber
noch eine Urkunde von 775 gehalten werden, wo der Zins
also fixiert ist : jo siglas de cervesa, maldra pane, tremesse
valente frisginga; et si annona non ve7tit, quatuor
tremesses solvam.^)
Ähnlich auch eine Urkunde von 907 : 4 maldra de grano,
vel, si granum eo anno -minus solito eveniat, solidum dena-
riorum . . . rependat.^)
Doch nicht nur das St. Galler Material bietet solche
Belege. Auch in Freising ist dieselbe Beobachtung zu
machen. 823 heißt es von einem Zins von 20 Modii (Ge-
treide) : aut si hoc mi^iime haberet, tunc quoque duos solidos
denariorum donaret.^) Und im Weißenburger Urbar wird
bei einem Weinzins vermerkt: et qui vinum non habet,
JO solidos dare debetJ) Ähnlich auch in Lorsch.^)
Aus all diesen Beispielen geht klar hervor, daß das Geld
bei jenen Alternativsätzen keineswegs nur Wertmesser ist,
sondern eventuell doch auch reelles Zahlungsmittel selbst. Ja
sie setzen voraus, daß die Leistung des Zinses in Geld
unter allen Umständen möglich war und jederzeit —
^) ÜB. nr. 468. ■-) Ebenda nr. 309. ^) Ebenda nr. 328.
*) Ebenda nr. 73. •') Ebenda nr. 749. «) Bitterauf nr. 49 t.
') Tradit. Wizz. 276 nr. XI. *) Vgl. unten S. 269 n. 14.
— 266 —
auch bei schlechtem Wirtschaftsergebnis in natura — verlangt
werden konnte. Geld muß also überall in entsprechender
Menge vorhanden gewesen sein. Von da aus gewinnen nun
diese Urkunden überhaupt ein ganz anderes Gesicht, Man
hat sie sicherlich weit überschätzt, wenn man darin objektive
Zeugen für den Fortbestand der Naturalwirtschaft sehen
wollte. Man bedenke doch nur : Das sind Prekarien, also
Vereinbarungen zwischen Tradenten und einer Grundherr-
schaft, welche jenen als Empfänger einer Schenkung gegen-
übersteht. Die Prekaristen konnten in dieser Situation
auf das w^eitgehendste Entgegenkommen rechnen.
Und so ließen sie die Entrichtung des Zinses in einer Weise
festsetzen, die ihrer wirtschaftlichen Beweglichkeit den
freiesten Spielraum ließ.
Schon diese in der Art ihres Zustandekommens gelegenen
Umstände verbieten meines Erachtens, diese Urkunden als
Maßstab für den naturwirtschaftlichen Gehalt ihrer Zeit
zu verwerten. Die herrschende Lehre, wie sie nach Inamas
Annahmen^) u. a. zuletzt auch Kötzschke formuliert hatte ^),
daß noch in karolingischer Zeit ausgeprägtes Edelmetall
überhaupt nur wenig vorhanden und nur selten in Brauch
gekommen sei, ist meines Erachtens vöUig unhaltbar. Denn
alle die Argumente und Belege, welche v. Inama dafür ins
Treffen geführt hat, lassen sich als nicht stichhaltig erweisen,
ja sie beruhen, wie im.mer sie nachher auch von vielen an-
deren unbesehen übernommen worden sind, z. T. auf einem
Mißverständnis und irrigen Quelleninterpretationen.
Ich lasse sie der Reihe nach zu Worte kommen. Daß
als Heeresabgabe neben dem Heerschilling noch im Anfang
des 10. Jahrhunderts ein Heermalter auftritt, beweist gar
nichts, da man solche zur Beköstigung der Streitrosse be-
nötigte Lieferungen schon aus naheliegenden Gründen gern
in Natura zuführen Heß. Denn große Schwierigkeiten des
mittelalterlichen Verproviantierungswesens waren damit zu-
gleich gelöst. Noch im 15. Jahrhundert, als die Geldwirtschaft
schon recht eingebürgert war, wurde eine ähnliche Abgabe
in der Steiermark, das Marchfutter, größtenteils in natura
') WG. I, 46iff. = I-, 644. ") Deutsche Wirt. Gesch. S. So.
— 26/ —
geleistet.^) Übrigens hat Kötzschke bereits Belege dafür
vorgebracht, daß jene Heeresabgabe auch schon in Karo-
lingerzeit stellenweise in Geld entrichtet wurde. ^)
Auch die Osterstuopha wurde nicht allgemein und aus-
schließlich in natura entrichtet, wie man nach v. Inamas
Darstellung meinen müßte, sondern auch bereits in Geld.^)
Naturalzölle aber gibt es auch heutzutage noch! Doch auch
Zölle wurden damals schon in Geld entrichtet.*)
Ich meine, diese ganze Art der Beweisführung ist
verkehrt. Es genügt doch nicht, auf einzelne Leistungen
in natura hinzuweisen, man müßte im Gegenteil dartun, daß
geldwirtschaftliche Erscheinungen prinzipiell gar nicht, oder
nur ausnahmsweise vorkamen.
Aus der Geringfügigkeit von Münzfunden östlich des
Rheins auf den Mangel an Geldbedürfnissen zu schheßen,
wird für eine so weit zurückliegende Zeit dem Numis-
matiker heute auch sehr bedenklich vorkommen. An der
Donau hat Ende des ii. und im 12. Jahrhundert sicherlich
ein reger Handel geherrscht, zumal die Kreuzzüge viele
Bargeldbedürfnisse hier erzeugten. Und doch besitzen wir
keine sicher bestimmbaren Münzen der Babenberger vor
Herzog Friedrich II. (1230 — 46), obzwar sie sich ohne Zweifel
im Besitze des Münzregals befanden.^) Überdies muß be-
tont werden, daß die münzgeschichtlichen Forschungen
gerade für die östlichen Gebiete (Alemannien und Bayern)
wissenschaftlich noch vieles zu wünschen übriglassen. Welche
Überraschungen da ein einziger Münzfund bringen kann, hat
jüngst der zu Ilanz 1904 zufällig gemachte deutUch be-
wiesen. Daß auch rechts des Rheins rege Geldbedürfnisse
vorhanden waren, geht zur Genüge aus den übrigen Quellen
(Urkunden, Traditionsbüchern und der Raffelstätter Zoll-
ordnung) doch hervor."
^) Vgl. Österr. Urbare I. 2, 311 tf.
^) Zur Gesch. d. Heersteuern in Karolingerzeit. Hist. Vjschr.
2, 231 ff. (1899), bes. 232 u. 238f.
') Vgl. das Lorscher Urbar Cod. dipl. 3, 212 (Nersten).
*) Vgl. die Raffelstätter ZO. MG. Capit. 2, 251 c. 6, sowie Mohr,
Cod. dipl. I, 288 (Chur).
^) Vgl. V. Luschin-Ebengreuth in Gesch. d. Stadt Wien i, 419 ff.,
sowie 431 (Münzwesen).
— 268 —
Insbesondere sind aber die häufig wiederholten Kapitu-
larienverbote über die Zurückweisung vollwichtiger
Münzen ganz anders aufzufassen, als esv.Inama tat. Sicher-
lich beweisen sie nicht, „wie zähe das Volk an der Natural-
wirtschaft festhielt".^) Sie bezeugen im Gegenteil, daß viel
minderwertige Münze damals umlief und das Volk "diese
sehr wohl von der guten, vollwertigen zu unterscheiden
wußte. ^) Hier bewegt sich die herrschende Theorie übrigens
in einem recht sonderbaren inneren Widerspruch. Wenn
doch eine geschlossene Haus- und reine Naturalwirtschaft
herrschte, gar kein Geldbedürfnis vorhanden war und ge-
münztes Geld selten in Verwendung trat, wie sollen denn
alsdann selbst Sklaven und hörige Hintersassen überhaupt
in die Lage gekommen sein, Geldstücke zurückzuweisen?
Gerade diese Tatsache, daß jene Verbote sich immer wieder
nicht nur an die freie Bevölkerung richten, sondern ganz
gleichmäßig auch an die unfreien Hintersassen der Grund-
herren, ja voraussetzen, daß diese eventuell auch auf eigene
Faust Geschäfte machen ^), weist, glaube ich, auf einen recht
lebhaften Geldverkehr hin. Ein Brief Einhards vom Jahre 840
verdient in diesem Zusammenhange sofort auch erwähnt zu
werden. Er enthält die Anweisung an seinen Vitztum, den
Zins von Hintersassen (hominibus) et pleniter et in bono ar-
gento in Empfang zu nehmen.*) Man sieht, es war keines-
wegs gleichgültig, in welcher QuaUtät die Geldzinse einUefen.
Geldzinse sind denn auch zur Karolingerzeit bereits
1) A. a. O. 464 = I ', 646.
'-) Die Polemik P. Sanders auch dagegen (a. a. O. 1084) beruht
auf Unkenntnis der Zusammenhänge mit der vorausgehenden Zeit.
Vgl. meine , .Grundlagen" 2, 510.
') si qiiis contradicit cos in ullo loco in aliquo negotio emptionis
vel venditionis , si ingenuus est honio, quindecim solidos conponat ad
opus regis; si servilis conditionis , si suum est illud negotium
proprium, perdat illud negotium aut flagclletur nudus ad palam coram
populo; si autem ex itissione sui domini fecerit, tunc ille dominus solidos
quindecim componat. MG. Capit. i, 74 c. 5 (794). daß hier der Ton auf
der Vollwertigkeit liegt und nicht auf Geld im Gegensatze zu Natural-
produkten, wie auch Schaub a. a. O. S. 105 noch annahm, geht aus
dem Kontex (si autem nominis nostri nomisma hahent et mero sunt
argento pleniter pensantes) doch deutlich hervor.
*) MG. Epp. 5, S. 137 nr. 55.
— 269 —
eine ganz allgemeine Erscheinung. Sie kommen in allen
Urbaren und Traditionsbüchern jener Periode neben Natural-
zinsen schon häufig vor. Und zwar kommen da nicht nur
Stellen in Betracht, die von denarii oder solidi schlechthin
sprechen, was ja auch nur ein Wertmesser für eine ent-
sprechende Anzahl von Naturalprodukten sein kann, aus-
drücklich ist von denarii oder soHdi in argento, oder argentum
allein die Rede. Wir finden solche Zeugnisse in St. Gallen ^)
und Lorsch 2), aber auch in Chur 3) und Zürich^), in Freising ^),
Mondsee ^) und in Passau'') wie in Weißenburg ^), Fulda ^),
Prüm^o) und Bleidenstadt.^^)
Geldzinse werden geradezu schon als ein regelmäßiger
Bestandteil der Einkünfte von Höfen betrachtet.'^) Auch
der Rekognitionszins , den einzelne bischöfliche Klöster an
das Bistum zahlten, war in der Regel in Silberschillingen
zu entrichten. ^•^)
Was aber noch viel wichtiger ist und noch gar nicht
beachtet wurde: Allüberall ist auch bereits die Tendenz
deutlich bemerkbar, die Naturalzinse in Geld um-
zuwandeln.^*) Nur G. Caro hatte beiläufig bemerkt, daß
1) Wartmann ÜB. z. B. nr. iii. 179, sowie d. Zinsrotel im Anh.
zum 2. Bd. nr. 23.
'') Cod. dipl. Lauresham. i nr. 14. 1871,3, 181 (Horoheim). 189. 192.
197. 198. 211 (Summa). 214 de Stetin; annonam non dat, sed den. 2 et
oster stupha; 215 (Mersenveld) u. a. m.
ä) Vgl. d. Urbar von 831, Mohr, Cod. dipl. i, 297,
*) Züricher ÜB. I. 71, Urbar-Rotel vom Jahre 893.
*) Bitterauf nr. 177. 278b. 313. 338. 358. 577. 610. 613. 661. 669. 701
u. a. m.
') ÜB. d. Landes ob d. Enns i nr. 10 u. 133.
'') Mon. Boica28, 36 nr. 39. *) Zeuß, Trad.Wizz. nr. 115. 151. 156.
') Dronke, Cod. dipl. nr. 169. 212. 466.
1«) Mittelrhein. ÜB. i, 160 nr. XXIX; 161 nr. XXXII. XXXIII; 162
nr. XXXIII, XXXIV; 163 nr. XXXV, XXXVI; 164 nr. XXXVIII, XLI;
167. 168. 173 nr. L.
^') Will, Monum. Blidenstat. lib. trad. nr. 14 Reyistr. bonor. Ebenda
S. gff. nr. 5. 6. 7. 14. 15, 20. 24. 25. 30. 32. 33. 36. 37. 41 — 44.
12) Vgl. die Urk. K. Karls III. f. d. kgl. Kapelle in Frankfurt vom
Jahre 882 Mühlbacher Reg.- nr. 1645.
") Ebenda 1333. 1502. 1721. 1727 u.a. m. Mon. Germ. Concil. 2, 815.
'*) So bei Prüm a.a.O. 116. 161 nr. XXXII; i7i(Summa); 172XLVII;
174 nr. LH; 175 nr. LV; 179 nr. LXIIII; 180 nr. LXVI u.a.m.; St. Galler
-- 270 —
in St. Gallen die Zinse seit Beginn des 9. Jahrhunterts über-
wiegend in Geld normiert erscheinen.^) Das ist nun zwar
nicht zutreffend, allein die früher schon hervorgehobene
Tatsache von Alternativansätzen für den zu leistenden Zins,
Natural- oder Geldleistung ^), mußte im Sinne einer Um-
formung wirksam werden. Wenn es, wie häufig, dem Preka-
risten freigestellt blieb, den Zins in einem ihm beliebigen
Werte zu zahlen ^), so war damit die Möglichkeit der Geld-
leistung jederzeit bereits gegeben. Es erhellt aber auch zu-
gleich daraus, wie einseitig, ja geradezu unzutreffend die
Auffassung Büchers ist, daß das Geld hier nur als Wert-
messer fungiert habe.
Diese Tendenz der Umwandlung von Natural- in Geld-
zinse macht sich ja auch sonst noch in weiterem Kreise
bemerkbar. Schon 825 hat Ludwig der Fromme ganz all-
gemein bestimmt, daß die Umwandlung des Naturaldoppel-
zehnts in eine Geldabgabe der Kirche nach freier Ver-
einbarung mit den Verpflichteten freistehen solle. ^) Aber
zugleich wurde damials auch die gleiche Erlaubnis zu einer
ebensolchen Umwandlung für die Baudienste erteilt, die an
die Kirche behufs Erhaltung, bzw. Wiederherstellung der
kirchlichen Gebäude zu leisten waren. ^) Und dieselbe Er-
UB. nr. 73. 126 (790); nr. 291. 298. 317. 366. 373. 749; Freising: Bitterauf
nr. 195 (804); 491 (823); Lorsch: Cod. dipl. 3, 211: et si hoc evcnerit,
quod vinum non habent, den. VI reddent.
*) Jb. f. Schweizer Gesch. 27, 322. -) Oben S. 265.
^) Recht illustrativ ist eine St. Galler Urk. vom Jahre 822 (ÜB.
nr. 272): et si denarios nobis persolvere placuerit, ad ip sunt monasierium
eos reddamus; si autem granunt, ad proximum curtem ipsius monasterii
illud reddamus,
*) MG. Capit. I, 307 c. 23: si quis tarnen episcoporum fuerit, qui
argentum pro hoc accipere velit , in sua maneat potestate, iuxta quod ei
et Uli qui hoc persohiere debet, convenerit. Vgl. auch U. Stutz in Ztschr.
d. Savignystift. german. Abt. 29, 40 n. 2.
=) Ebenda c. 24: similiter quidem de operibus in restauratione
ecclesiarum, sive in facienda, sive in redimendo, episcopalis potius
sequatur vohmtas. Noch deutlicher spricht das Wormser Capit. von
829 (ebenda 2, 14) c. 9: 'aut si inter eos convenerit, ut pro opere facienda
argentum donent, iuxta aestimatioiiem operis in ar genta persolvant: cum
quo pretio rector ecclesiae ad praedictam restaurationetn aperarios con-
ducere et materiamen entere possit.
— 271 —
scheinung, der Umwandlung von Naturaldiensten in Geld-
leistungen, begegnet nun bereits auch in den Urbaren der
Karolingerzeit ziemlich allgemein. Besonders das Mägde-
werk^), Tierzucht-^), aber auch Transportdienste ^), wie selbst
Lieferungsdienste für den Krieg (hostilicium) *) werden bereits
durch eine Geldabgabe ersetzt.
Gerade diese Ersetzung der für die Naturalwirtschaft ja
ebenso wichtigen als charakteristischen Personaldienste durch
einen Geldzins involviert einen bedeutungsvollen Übergang
zur Geldwirtschaft. Denn es kommt dabei ja nicht allein
darauf an, wie viele Geldzinse überhaupt bereits nachweisbar
sind, sondern wohl mehr noch, daß die Grundsätze, welche
das Wesen der Geldwirtschaft ausmachen, bereits wirksam zur
Anwendung gelangten : der Ersatz unmittelbar konsumptibler
Wirtschaftsgüter durch ein allgemein gangbares Tausch-
mittel, das Geld, und die Ablösung der persönlichen Arbeit
durch ein Äquivalent in Geld. Auch ein intensiver Güter-
umlauf war bereits vorhanden, wie die zahlreichen Formeln
für Kauf- und Verkaufsgeschäfte, sowie konkrete geschicht-
liche Beispiele beweisen.^) Es war also nicht so, wie
P.Sander dieser Darstellung gegenüber behauptet hat: nicht
Mangel zwar an Edelmetall habe geherrscht, aber der Mangel
an Geldwirtschaft habe verhindert, daß die vorhandenen
Edelmetallvorräte in Umlauf gesetzt wurden.^) Damit er-
scheinen die typischen Eigentümlichkeiten der alten Natural-
wirtschaft bereits verlassen und die Geldwirtschaft im Prinzip
1) Prüm MR. ÜB. i, 172 nr.XLVI. 174 nr. LH; 178 nr. LXII. Tradit.
Wizz. 275 nr. 8; Lorsch cod. dipl. 3, 212 (Nersten); 214 (Niwenheim u.
Biwinesheim); 224 (Niveren); 225 (Cruftelen, Heckestat); Blinden-
stat. n. 7.
-) Schweinemast: Trad. Wizz. 284 nr. 68 (Weißenburg); vgl. Prüm,
Mittelrhein. ÜB. i, 191 nr. IC (ad pascendos poledros).
^) Prüm Mittelrhein. ÜB. i, 167. 168. 171, sowie oben S. 231 n. 3;
Trad. Wizz. 277 nr. 16.
*) Prüm Mittelrhein. ÜB. i, 161 nr. XXXIII; 163 nr. XXXVI; 176
nr. LV; 174 nr. LH; 178 nr. LXII. Weißenburg: Trad. Wizz. 284 nr. 65.
72; 286 nr. 89. 90.
*) Darauf hatte schon Soetbeer in d. Forsch, z. Deutsch. Gesch.
2,306 hingewiesen; ausführlicher handeln darüber meine „Grundlagen"
2, 489 ff. sowie 523.
«) A. a. O. 1084.
— 272 —
eingeleitet. Der Gegensatz zwischen den naturalwirtschaft-
lichen und geldwirtschaftlichen Zeiten des Mittelalters ist ja
nicht so zu fassen, daß dort durchaus alles inNaturalprodukten,
hier aber alles in Geld gezahlt und entlohnt worden sei. Auch
im 15. Jahrhundert, ja noch weit darüber hinaus kommen
Zahlungen und Entlohnungen durch Naturalprodukte häufig
vor. Und doch wird man diese Zeiten kaum als natural-
wirtschaftliche mehr ansprechen können. Es ist also völUg
unzutreffend, hauptsächlich deshalb, weil in einzelnen Wert-
tarifen der noch damals im Gebrauche stehenden alten
Volksrechte (Lex Ribuaria, Capitulare Saxonicum) Natural-
produkte neben Geldleistungen^), nicht an Stelle des Geldes
erscheinen, die Karolingerzeit als Periode reiner oder strenger
Naturalwirtschaft zu bezeichnen. Mit Recht haben daher
Waitz und P. Roth die Umwandlung der vordem persönlich
zu leistenden Kriegsdienste und Heerespflicht als ein Zeichen
für die steigende Bedeutung des Geldkapitals ^), beziehungs-
weise^) den Übergang von der Naturalwirtschaft der ger-
manischen Staaten zur Geldwirtschaft angesehen.
Aber auch das andere Wahrzeichen der Geldwirtschaft
ist damals schon ausgebildet, die Geldsteuern. Die immer
wieder nachgeschriebene Darstellung, daß die KaroHngerzeit
keine Steuern gekannt habe *), sondern nur freiwillige Ge-
schenke (dona), die dem König besonders an Waffen und
Rossen dargebracht wurden, ist sehr bedeutend zu be-
richtigen. Einmal waren jene „Geschenke" gar nicht frei-
willig, man hat sich durch die klassische Bedeutung von
,donum' offenbar irreführen lassen. Donum, donare aber
bedeutet in denkarolingischen Quellen vorab des romanischen
Westens, aus dem jene Nachrichten stammen, gar nicht ein
Geschenk oder freiwillige Darbietung, sondern Abgabe, bzw.
ein verpflichtetes Geben im Sinne von servire.^)
1) Vgl. meine „Grundlagen" 2, Sigff., sowie unten S. 306.
2) VG.4,475. ^) P.Roth, Feudal. u. Untertanenverb. 5.335(1863).
*) So noch Waitz VG. 4 -, 9 f. u. 112; vgl. auch H. Brunner RG.
2, 234; R. Schröder RG.^ S. 203. Mühlbacher a. a. O. 294.
^) Vgl. z. B. das Capitulare de villis c. 3. 31. 36. Guerard, Polyp-
tyque Irminon i, 702, sowie Hincmar, de villa Novilliaco MG. SS. XV.
2, 1168, auch in Urkk. z. B. St. Gallen nr. 105 (für solvere) und die von
Waitz VG. 4-, 121 n. I zit. Stellen, endlich oben S. 265 n. 6.
— 273 —
Sehr bezeichnend dafür scheint mir eine bisher nicht
verwertete Stelle in dem Münzprivileg Karls des Kahlen für
die Kirche St. Stefan-Chälons s./M. vom Jahre 865 zu sein.
Der König schenkt u. a. den Kanonikern den Ertrag der
Münze und stellt den regelmäßigen Zins davon (censum qui
inde exierit) auf eine Linie eben mit — den annua dona!^)
Waren das Abgaben, wie sie doch wohl nur die bei
Hofe erscheinenden königlichen Vasallen und Lehensträger
sowie die Kirchenobern entrichteten 2), so gab es aber auch
außerordentliche Vermögenssteuern der Gesamt-
bevölkerung auf Grund einer Einschätzung ihrer Gesamt-
habe. Das wird uns von der Aufbringung des Tributes an
die Dänen (Normannen) zum Jahre 860 direkt gemeldet^),
man ist aber wohl auch im Jahre 866 so vorgegangen.*)
Andere Steuern zu dem gleichen Zwecke scheinen nach
Maßgabe des Grundzinses veranlagt worden zu sein.^) Schon
die Bestimmung dieser Steuer — sie war an das Ausland
abzuführen — nötigte hier wohl zu einer Entrichtung in
Geld. Das, was uns über die Abführung selbst von den
Quellen noch erzählt wird ^), erhebt diese Vermutung nahezu
zur Gewißheit.
Aber nicht nur im Westen bieten diese Normannen-
tribute gehäufte Beispiele für Geldsteuern, auch in Deutsch-
land selbst wurde schon unter Ludwig dem Deutschen eine
solche außerordentliche Steuer von den königlichen Gütern
^) et annuatim quasi annua dona illum accipientes bei Gariel,
les monnaies royales de France i, 36. Vgl. auch unten § 14.
-) Vgl. F. Dahn, Könige VIII. 5, loiff., sowie unten § 14.
*) Ann. Bertin. zu 860 (MG. SS. rer. Germ, in usum scholar.):
Karolus rex . . . exactionem de thesauris ecclesiarum et omnibus mansis
ac negociatoribus etiam paupertinis, ita ut etiam donius eorum et omnia
ittensilia adpreciarentur et inde stattittis census exigeretur , fieri iubet.
*) Ebenda. ^) Vgl. ebenda zu 877.
*) Ebenda zu 860: Nam idem Dani promiserant, ut, si eis iria
milia librarum argenti pondere exajninato tribueret, se adver sus eos
Darios qui in Sequana versabantur ituros . . . Ebenda zu 866 : Karolus
cum eisdem Nortmannis i7i quattuor milium libris argenti ad pensam
eorum paciscitur . . . Inde . . coniectum tarn in argento quam et in
vino ad pensufn quod ipsis Nortmarinis pactum fuerat, per solvendicm con~
tulit; endlich zu 877 (a. a. O. S. 135): Summa vero tributi fuerunt
quiftque milia librae argenti ad pensam.
Dopsch, Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit. 11. 2. Aufl. l8
- 274 -
erhoben.^) Und da es sich auch hier um die Aufbringung
von Werten handelt, die in weiter Ferne verwendet werden
sollten, hier zur Auslösung der Christen im Orient, dürfte
auch da wohl nur eine Geldsteuer anzunehmen sein.
Eben weil hier ein internationaler Geldverkehr statthatte,
finden wir dann auch die Bemerkung, daß das Silber nach
dem Gewichte (ad pensam) abgeführt worden sei.
Ferner begegnen wir noch weiteren Abgaben, die gleich-
falls in Geld entrichtet wurden. So die Armensteuer (in
elemosinam), welche zu wiederholten Malen erhoben wurde. ^)
780 hatten anläßlich der Hungersnot die reicheren Bischöfe,
Äbte und Grafen i Pfund Silber, solche mittleren Vermögens,
sowie die königlichen Vasallen mit 200 Kasaten V2 Pfund
und Minderbemittelte wie auch königliche Vasallen von
100 Kasaten ^ ß, Vasallen von 30— 50 Kasaten aber i Unze
zu entrichten.^)
In dieselbe Kategorie von Geldabgaben möchte ich
endlich auch noch die Ablaßsteuern setzen, durch die man
sich, im Falle wegen äußerer Not ein allgemeines Fasten
angeordnet wurde, davon loskaufen konnte. Karl der Große
schreibt 791 seiner Gemahlin Fastrada, daß auf dem Feld-
zuge wider die Avaren von der festgesetzten Fastenzeit
die majores et potentiores homines durch einen Tagesbetrag
von I Schilling, die Minderbemittelten je nach Vermögen,
aber mindestens durch i «5 täglich sich lösten.*) Im Jahre 810
betrug diese Steuer für die majores gleichfalls i ß täglich,
1) Vgl. Monach. S. Gallens. IL c. 9. MG. SS. 2, 753- Die Glaub-
würdigkeit dieser Nachricht, welche F. Dahn (Könige d. German.VIII.
5, 38 n. 6) zu Unrecht anzweifelte, wird durch eine Kapitularienstelle
(MG. Capit. I, 154 c. 18) gestützt, aus der vielleicht sogar eben im
Zusammenhalte mit dem deutlicheren Berichte des Mönches von
St. Gallen geschlossen werden kann, daß schon damals (810) eine
ähnliche Abgabe erhoben wurde: De elemosina mitteitda ad Hierusalem
propter aecclesias Dei restaurandas. Daß elemosina hier so zu fassen
ist, beweisen die folgenden Belege für die Armensteuer (siehe unten).
*) Dazu auch Mühlbacher a.a.O. 284, sowie Sommerlad, Die wirt-
schaftliche Tätigkeit der Kirche im MA. 2, iioff.
*) MG. Capit. I, 52 n. 21. Bei den reicheren Grafen wird aller-
dings auch ein Naturaläquivalent als zulässig erklärt (libram unam
de argento auf valentem).
*) MG. Epp. 4, 528.
- 275 -
für die Leute mittleren Vermögens 6^, die ärmeren gaben
je nach ihrem Können Almosen.^)
Ferner aber sollte auch der Heerbann nach dem Capi-
tulare von Boulogne s./m. (8ii) nicht mit liegendem Gut
oder Sklaven, sondern vor allem in Gold und Silber erhoben
werden^). Wenn daneben doch auch die Entrichtung der
Steuer in Kleidern, Waffen und Tieren, sowie anderen Ge-
brauchsgegenständen für zulässig erklärt wurde, so beweist
das keineswegs die Naturalwirtschaft, wie P. Sander annimmt'),
sondern war eine Rücksicht sozialpolitischer Art zugunsten
der Ärmeren*), wie auch aus dem Verbot erhellt, Grund
und Boden oder Sklaven deshalb zu veräußern.
Man sieht, wie auch hier der Zweck und die Bestim-
mung der Abgabe die Form der Entrichtung maßgebend
bestimmte.
Geldsteuern und Geldabgaben waren also zur Karolinger-
zeit nichts Seltenes mehr. Ihr häufiges Vorkommen deutet
nun noch auf etwas anderes hin. Die Steuerhöhe und der
Steuerfuß nämlich, nach welchem jene veranschlagt wurden,
beweisen untrüglich, daß Gold und Silber damals in
allgemeinem Besitze vorhanden gewesen sein
müssen. Überall wird als regelmäßiger Bestandteil persön-
licher Habe und Vermögens an erster Stelle Gold und
Silber erwähnt. So bei Festsetzung des Heerbannes im
Jahre 805.^)
So auch bei der Reichsteilung von 806, da die Brüder
sich verpflichteten, keine Tradition oder Verkauf von Im-
mobilien aus dem Gebiete des andern anzunehmen. Aus-
1) Capit. I, 249.
^) Ebenda 166 c. 2 : Ipse vero herihannus non exactetur neque in
terris neqite in mancipiis, sed in auro et ar genta, palleis atque armis
et anintalibiis atque pecoribus sive talibus speciebus, quae ad utilitatem
pcrtinent.
*) A. a. O. 1085. *) Vgl. meine „Grundlagen" 2, 524ff.
*) MG. Capit. I, 125 c. 19: de homine habente libras sex in auro
in ar genta, bruneis, aeramento, patmis integris, caballis, boves, vaccis
vel alio peculia . . . accipiant legittimum heribannum, id est libras tres.
Qui vero non habuerint amplius in suprascripto praecio valente nisi
libras tres, salidi triginta ab eo exigantur; qici autem non habuerit amplius,
nisi duas libras, salidi decem; si vero una habuerit, sah quinque, ita ut
Herum se valeat praeparare ad Dei ser Vitium et nostram utilitatem.
18*
— 276 ---
genommen werden davon ausdrücklich: Gold, Silber, Edel-
steine, Kleider und nicht behauste Manzipien, sowie
Handelsgut.^)
Gewiß bezeichnend ist auch, daß in dem vielzitierten
Breve ad describendas res ecclesiasticas über Staffelsee in
dem Inventar auch 3 Solidi an gemünztem Silber verzeichnet
werden. 2) Dem entspricht dann auch, daß unter dem
Mobiliarbesitz der Kirchen nach einer extravaganten Kapitu-
larienbestimmung aus der Zeit Kaiser Ludwigs des Frommen
Gold und Silber allgemein vorausgesetzt wird.')
Auch die Urkunden bieten in konkreten Einzelfällen
Zeugnis dafür.*)
Ganz dasselbe ist ferner für den Laienbesitz zu be-
legen. Nicht selten wird nämlich in Traditionsurkunden, bei
Aufzählung der tradierten Güter und zwar in der Pertinenz-
formel unter der Fahrnis , auch angeführt : cum auro et
argento.^) Daß dies aber nicht bloß rein formelhaft gedacht
war, lehren jene ebenso häufigen Fälle, wo der Besitz an
Gold und Silber von der Schenkung ausgenommen wurde. ^)
Interessant ist, daß gerade Gold und Silber mitunter
von den Tradenten als Errungenschaft bezeichnet werden '),
was also im Sinne einer Vermehrung der Bargeld-
bestände zu deuten ist. Bargeld scheint denn auch oft
zu Geschenken, besonders für fromme Zwecke verwendet
worden zu sein. Die Quellenbelege dafür ^) sind naturgemäß
1) Ebenda 129 c. 11.
") Ebenda 251 c. 2: Est ibi de argento munidato solidi III.
*) Ebenda i, 334 c. 5 : nullo tempore ecclesia debet suum ius amittere
praeter mobilem possessionem, tit est aurum, argentum, vestes aut pecora
aut domus.
*) Vgl. z. B. f. Honau MG. DCar. 77, für S. Medard (Soissons) vgl.
P, Roth, Benefiz. Wes. S. 255.
'*) Z. B. Fulda: Dronke cod. dipl. nr. 25. loi. 227. 364; St. Gallen
ÜB. nr. 191; Trad. Wizz. nr. 52. 62. 221. 240; Lorsch Cod. dipl. nr. 683.
715. 724. 1295. 3792 u. a. m.
*) Lorsch a. a. O. nr. 14; St. Gallen nr. 691 ; Fulda Dronke nr. 547.
568 u. a. m.
■') FuldaDronkenr.28o.568;FreisingBitteraufnr.534b.Wizz.nr.62.
») So ca. 720 an Bonifatius MG. Epp. 3, 264 nr. 15 (50 Schil-
linge), so in den Freisinger Urkk. Bitterauf nr. S34b: Hunolt presbiter
in caballis et in- pecorihi/s vel in peci/niis auf etiam in codicibvs . . .
— 277 —
nicht häufig, da der Anlaß, darüber Aufzeichnungen zu
machen, nur selten gegeben war und solche — weil ohne
dauernde Bedeutung — noch seltener überliefert erscheinen.
Immerhin darf die Nachricht eine allgemeinere Bedeutung
beanspruchen, daß die Jahresabgaben (annua dona) der welt-
lichen Großen an den König außer Pferden und Gewändern
auch Gold, Silber und Edelsteine umfaßten.^)
Endlich weist auch das Verbot Karls des Großen an
die Juden, von Christen als Pfand oder für irgendeine Schuld
Gold oder Silber zu nehmen^), darauf hin, daß dies im
täglichen Leben häufig vorkam. Handelsgeschäfte wurden
auch in Deutschland auf den Märkten bereits in Geld
(Silber) abgeschlossen, wie uns das für den Getreideverkauf
zu Mainz speziell berichtet wird.^)
Für das Vorhandensein der Geldwirtschaft spricht endlich
auch der Kampf gegen den Wucher, da die Wucherer Ge-
treide und Wein in so großer Menge jedenfalls nur mit
Geld kaufen konnten. Es ist ja bekannt, daß Karl der
Große und dessen Nachfolger zu wiederholten Malen gegen
den Wucher und speziell gegen den Getreidewucher Stellung
nahmen. Man hat gar von einer Wuchergesetzgebung
der Karolinger gesprochen. Sehen wir uns das berühmte
„Wuchergesetz" Karls des Großen näher an. Es stammt
aus dem Jahre 806 und ist in dem Capitulare Missorum von
Nymwegen enthalten.*) Schon 805 war eine Hungersnot
entstanden ; schon damals sah sich Karl veranlaßt, ein Verbot
zu erlassen, daß man Getreide allzu teuer verkaufe.^) Zu-
gleich wurde der Export aus dem Kaiserreich verboten.
tradidit; endlich MG. FF. 374 n. 21 (ein vornehmer Laie schickt an
Reichenau 20 Schilling Silbers).
*) Waitz VG. 4^, HO nr. i, sowie meine „Grundlagen" 2, 411 ff.
-) MG. Capit. I, 258 c. i: nemo Judeus praesumat de ecclesia Dei
aliquid recipere negue in wadio nee pro ullo dehito ab ullo christiano, in
auro sive in argento neque in ceteris rebus.
') Nayn unus modizi.s de frumento Mogontiaci vendebatur decem
siclis argenii. Ann. Fuld. zu 850.
*) MG. Capit. I, 132.
^) Ebenda 123 c. 4: et in praesenti anno de famis inopia, ut suos
quisque adiuvet prout potest et suam annonam non nimis care
vendat, et ne foris imperium nostrum vendatur aliquid alimojiiae.
— 278 —
Hier wird nun der Gegenstand eingehender behandelt.
Es werden die einzelnen Begriffe genau erläutert, die für
die Unterscheidung von gerechten Handelsgeschäften (foenus,
negotium) und schmutzigem Gewinn, sowie Wucher ent-
scheidend waren (usura, cupiditas, avaricia, turpe lucrum).
Dann aber erfahren wir, daß Spekulationskauf in Getreide
und Wein zur Zeit der Ernte statthatte, um die aufgekaufte
Ware später mit großem Gewinn zu verkaufen. Das Ganze
aber mündet in einen Tarif von Maximalpreissätzen aus,
der beim Verkauf von Ertragsüberschüssen seitens der
königlichen Vasallen im Jahre 806 beobachtet werden sollte.
Auch dieser Verkauf dürfte jedenfalls in Geld vor sich ge-
gangen sein.
Man wird übrigens da besser nicht von einem Wucher-
gesetz sprechen, wie M. Neumann ^) und F. Schneider 2) es
bezeichnet hatten. Auch Sommerlad spricht ganz allgemein
von einem Wucherverbot. ^) Richtiger hatte v. Inama zuletzt
doch betont, daß dieses Capitulare trotz näherer Beziehung
zur Lehre vom justum pretium doch keine feste Preisgrenze
angebe, von der an der Preis in Notjahren als ein unge-
rechter anzusehen sei. Daß es sich auch bei Behandlung
des Warenaufkaufs „auf eine allgemeine Charakterisierung
des turpe lucrum" beschränke, ohne jedoch daran eine Straf-
sanktion oder sonstige konkrete Maßnahmen zu knüpfen.*)
Es handelt sich also um Instruktionen, die den Missi,
welchen jene Unterscheidungen weniger geläufig sein mochten,
mitgegeben wurden.^ Sie tragen deutlich das Gepräge ihrer
kirchlichen Herkunft an sich und geben die Auffassung
wieder, die das Kirchenrecht damals davon hatte. Tat-
sächlich läßt sich in der Karolingerzeit denn
auch kein direktes Wuchergesetz weltlicher Art
positiv nachweisen. Denn alles, was man sonst noch
zitiert hat, ist gleichfalls kirchliche Satzung. So die Kapitel
des Bischofs Gerbald von Lüttich (802 — 10), durch welche
ein Zinsverbot für die Priester erlassen^) und ihnen unter-
sagt wird, daß sie als Händler sich betätigen, oder Geld
^) Gesch. d. Wuchers in Deutschland (1865) S. 39.
^) Festgabe f. H. Finke S. 139. ^) A. a. O. 2, 121.
*) WG. I*, 669. 5) MG. Capit. i, 244 c. 14 u, 16.
— 279 —
durch schmutzigen Gewinn zusammenbringen. Ferner waren
auch die Admonitio Generalis von 789, wo übrigens nur von
dem Äquivalent bei der Rückerstattung von Darlehen die
Rede ist^), und die Kapitel von 802 (?) gleichen Inhaltes^)
deutlich für geistliche Empfänger bestimmt.
Lexis meinte noch zuletzt, offenbar unter Benutzung
älterer Textausgaben, ein Capitulare von 813 habe schon
allgemein das Zinsnehmen verboten, und dieses Verbot sei
später in Kapitularien Lothars und Ludwigs erneut und
eingeschärft worden.^) Die bezogene Stelle ist aber, wie
schon Boretius in seiner Capit.-Ausgabe ersichtlich gemacht
hatte, nicht aus der Zeit Karls, sondern spätere Zutat.*)
V. Inama führte das Capitulare von Olonna (825) als erstes
Zeugnis für die weltliche Wuchergesetzgebung an und fügte
noch den Hinweis auf ein solches von 832 hinzu. ^) Allein
auch da handelt es sich im ersten Falle um Beschlüsse einer
Synode ^), im zweiten aber verdient doch Beachtung, daß
die Bestrafung der Wucherer eben wieder den Bischöfen
überlassen wird und die Missi nur mit deren Ausforschung
betraut erscheinen.'')
Nun hatte schon 1865 Max Neumann die Sache so
dargestellt, daß „die verhängnisvollen Zinsgesetze der Kirche"
den deutschen Boden „eher betreten hätten, als hier der
Verkehr so weit herangereift war, daß diese Gesetze im
Volke irgendwelche praktische Anwendung zunächst finden
konnten".^) Die Kirche habe diese Grundsätze verbreitet,
„ehe in der Praxis sich auch nur die Möglichkeit geboten
hatte, die Richtigkeit dieser oder einer ihr entgegenstehenden
Auffassung wirtschaftlicher Grundbegriffe und Gesetze wie
Kapital, Kapitalnutzung, Kredit u. a. zu prüfen und gegen-
einander abzuwägen". Bei der wirtschaftlichen Unkultur
^
^) Ebenda i, 56 c. 39: uf, gut commodaverit pecumam, pectimam.
accipiat', si spcciem aliam, eandem speciem quantzim dederit, accipiat.
*) Ebenda 103 c. 18. Schon Sommerlad 2, 118 bezeichnet es
als „zweifelhaft", ob diese Bestimmungen „überhaupt als ein all-
gemeines Zinsverbot aufzufassen" sind.
*) Art. „Wucher" im Hdw. d. Staatswiss. 3. Aufl. 191 1. 8, 971.
*) MG. Capit. I, 219 c. 16; vgl. dazu auch Schaub a. a. O. S. 36.
'') WG. I ^ 671, «) Vgl. Schaub S. 36. ') MG. Capit. 2, 63 c. 4.
*) Gesch. d. Wuchers in Deutschland (1865) S. 39.
— 28o —
jener Zeit habe es, abgesehen von vereinzelten Fällen be-
schränkten Handelsbetriebes oder des Darleihens der Juden
und Geistlichen an die Großen des Reiches, die Zinsforde-
rung nur dort gegeben, wo der Unbemittelte von augen-
blicklicher Not getrieben Kapital entUeh und der Darleiher
dessen Not zum Gewinn in Zinsen benutzte.^) Die fränkischen
Könige hätten, da sie den Gegensatz in der wirtschaftlichen
Entwicklung des Ursprungsgebietes dieses kirchUchenWucher-
verbotes (des Orients) und ihrer Länder übersahen, die Ent-
wicklung der Kultur daselbst völlig behindert.^)
Fedor Schneider hat dann neuerlich im wesentlichen
denselben Standpunkt vertreten, indem er, wie schon früher
erwähnt^), diese Bestimmungen als völlig unpraktisch ansah*)
und sie als gelehrte Spielerei, ein Produkt der sogenannten
karolingischen Renaissance erklären wollte. Auch G. v. Below
ist dem beigetreten.^)
Dagegen sind doch schon Sommerlad Zweifel an der
Richtigkeit dieser Auffassung gekommen. Auch er betonte
den krassen Gegensatz, der zwischen einer Epoche verkehrs-
loser Naturalwirtschaft, während der Kauf und Verkauf noch
kaum entwickelt und das Metallgeld nur Rechnungswert,
aber noch kein tatsächliches Zahlungsmittel ist , und der
Häufigkeit des Spekulationskaufes, der notwendigen Voraus-
setzung dieser „Gesetzgebung" Karls des Großen, besteht.^)
Aber er will doch die Möglichkeit einer solchen Erscheinung
keineswegs von vornherein bestreiten. „Sie bewiese nur —
so fährt er bezeichnenderweise fort — daß unsere her-
gebrachten Vorstellungen von der Naturalwirt-
schaft der fränkischen Zeit sehr der Korrektur
bedürftig sind''), daß jede Klassifikation der Wirtschafts-
stufen ebenso wie jede geschichtliche Periodisierung nur
formalen und relativen Wert besitzt und daß unter ein
0 A. a. O. S. 59 ff. 2) Ebenda S. 6o. ^) Siehe oben S. 254.
*) A. a. O. S. 139: „Ein Capitulare Karls d. Gr. Iiat es nötig, so
genaue Definitionen der usura zu geben, daß man sieht, damals
war kein Mensch mehr mit diesem Begriffe vertraut."
(Von mir gesperrt!)
*) Art. „Wucher" im Wörterb. d. Volkswirtsch. v. Elster 3. Aufl..
(1910) 2, 1422.
*) A. a. O. S. 120. ') Von mir gesperrt!
— 28l —
Schlagwort nur selten alle Erscheinungen einer Zeit unter-
geordnet werden können."
Immerhin pflichtete auch er für diesen Fall der An-
schauung Neumanns bei, daß „erst recht die hier in die
weltliche Gesetzgebung eindringenden verkehrsfeindlichen
Grundsätze der Kirche einen wirtschaftlichen Fortschritt im
Keime ersticken halfen". „Was das Wirtschaftsleben des
neunten Jahrhunderts aus der Verbreitung einer kirchlichen
Lehre in der Mobilisierung des Grundeigentums gewann,
hat es auf der anderen Seite durch das Verbot von Zins
und Spekulationsgeschäft wieder eingebüßt." ^)
Der Ausgangspunkt all dieser Beurteilungen hat sich
als unzutreffend erwiesen. Die Stellungnahme Karls des
Großen fügt sich ohne Schwierigkeiten dem Bilde ein, das
wir oben von Handel und Verkehr, sowie der Verbreitung der
Geldwirtschaft in der Karolingerzeit entworfen haben. Aber
auch da hat Karl der Große nichts Neues geschaffen^),
auch da stellen seine Maßnahmen nur die direkte Fortsetzung
dessen dar, was schon die unmittelbar vorausgehende Zeit
im Merowingerreich entwickelt hatte. Gregor von Tours
berichtet, daß im Jahre 585 eine große Hungersnot in ganz
Gallien gewütet habe. Die Händler aber hätten das Volk
damals schwer ausgeraubt, so zwar, daß sie einen Scheffel
(modius) Getreide oder einen halben Weins kaum um einen
Triens hergaben.^) Liegen da nicht genau dieselben Er-
scheinungen vor, wie sie den Maßnahmen Karls des Großen
von 794 und 806 vorangingen?
Es ist auch nicht richtig, daß die Zeiten vor Karl dem
Großen in Gallien kein Zinsverbot gekannt haben , wie
F. Schneider zuletzt noch in seiner Polemik wider Schaub
1) A. a. O. S. 121.
^) Anders F. Zehentbauer, d. Zinsproblem nach Moral u. Recht
(1920). 30, der aber nur den Standpunkt der älteren Literatur wiedergibt.
^) VII. 45 MG. SS. rer. Merowing. i, 322: Magna hoc anno famis
pene Gallias totas oppressit . . . graviter tunc negutiatores populum
expoliaverunt, ita ut vix vel modmm annonae aut semodiiim vini zmo trianie
vemindarent. Diese Stelle hat, nachdem sie schon Gu6rard, Polyp-
tyque d'Irminon i, 143 verwertet hatte, neuerdings Sommerlad wieder
hervorgehoben. Art. Preis (Gesch.) im Handwörterb. d. Staatswissen-
schaften 6', II 70.
— 282 —
behauptet hat.^) Schon das Konzil von Orleans hatte im
Jahre 538 tatsächlich viel bestimmter als Karl ein solches
für die Kleriker vom Diakon aufwärts erlassen und ihnen
ausdrückhch auch untersagt, Handelsgeschäfte aus Gier nach
schmutzigem Gewinn zu betreiben. 2)
Der Wucher beschäftigte aber die kirchUche Gesetz-
gebung des Merowingerreiches auch später wieder. Auf
einem Konzil vom Anfang des 7. Jahrhunderts, dessen Ort
nicht feststeht, nahm sie gleichfalls dagegen Stellung. Und
zwar handelte es sich jetzt um jene Form des Darlehens,
die uns auch aus den Formeln sehr bekannt ist, der Frei-
heitspfandsetzung (obnoxiatio) mit Verpflichtung zur Leistung
von Arbeit an bestimmten Tagen der Woche. ^) Auch da
wurde Wucher im Sinne des Kirchenrechtes getrieben, indem
man dann einen höheren Preis in Arbeit verlangte, als man
zuvor gegeben hatte.*)
Die beiden Konzilstexte ergänzen sich aufs beste, da
sie uns die verschiedenen Formen des Darlehens von damals
zugleich darstellen. Nicht nur um Naturalleihe handelte es
sich dabei, sondern entschieden auch um Gelddarlehen. Wie
immer pecünia sonst oft nur Habe bedeutet und verschieden
konkretisiert sein kann, die Nebeneinanderstellung mit den
1) Vjschr. f. Soz. u. WG. 5, 296.
*) Ut clericus a diaconatum insupra peainiam non conimodit ad
usu?-as ncc de praestitis beneficiis quidquam amplius, quam datur, sperit
neve in exercendis negiiciis, ut publici, qiii ad poptili respojisum neguHaturis
ohservant , h/rpis lucri cupiditate versetur aut sub alieno nomine inter-
dicta negiitia atideat exerciri. MG. Concil. i, 82 c. XXX. Die gegen
meine Auffassung geführte Polemik P. Sanders (a. a. O. 1086) weist
eine gänzliche Unkenntnis des Sprachgebrauches jener Zeit auf. Vgl.
meine , .Grundlagen" 2, 511 ff.
') Vgl. H. Brunner, Zur Gesch. u. Dogmatik der Wertpapiere,
Ztschr. f. d. ges. Handelsrecht 22, 65.
*) Das lehrt eben der Wortlaut jenes Konzilbeschlusses MG.
I, 195 c. XIIII: de ingenuos, qiti se pro culpa aliqua vindiderint vel
oppigneraverint, placuit ut, quandoquidem praccium, quantum pro ipsis
datum est, invenire potuerit, absque dilatione ad statum suae conditionis
reddito praecium refurmenttcr nee amplius , quam pro eis datum
est, requiratur. Somit kann auch Frondienst doch unter den Be-
griff der Usura fallen, was F.Schneider als ausgeschlossen betrachtete.
A. a. O. S. 200 n.
— 283 —
beneficia praestita in dem Wortlaute des Konzils von 538
weist entschieden auf Geldleihe hin.^) Die Annahmen
F. Schneiders ^) , daß es keinen Geldhandel zur Karolinger-
zeit gegeben und es sich nur um winzige Beträge gehandelt
habe, die Großgrundbesitzer an kleine Bauern wegen Hungers-
not oder gesetzlicher Buße vorgestreckt hätten, ist gänzlich
unhaltbar.
Ich verweise nur auf die Beispiele, welche H. Brunner
schon 1877 namhaft gemacht hat.^) Sie betreffen vor-
nehmlich Westfrankreich und Italien. Aber daß dieselben
geldwirtschaftlichen Erscheinungen auch in Deutschland
bereits vorhanden waren, beweist eine auch früher schon
zitierte Urkunde aus St. Gallen vom Anfang des 9. Jahr-
hunderts (undatiert), durch welche der Abt ein zinsbares
Darlehen von 100 Schillingen gewährt.^) Auch in dem Frei-
singer Urkundenmateriale finden sich Stücke, die — wenn
auch nur indirekt — darauf deuten. Sie bezeugen zum
mindesten, daß die für Geldgeschäfte üblichen Termini
auch beim Landerwerb verwendet wurden und somit jene
dort nichts Unbekanntes waren, daß auch Priester daran sich
beteiligten.^)
In einer Predigt, die auf den Namen des heiligen EHgius,
Bischofs von Noyon geht und nach der handschriftlichen
Überlieferung jedenfalls noch der Zeit vor Karl dem Großen
angehört, tritt deutlich zutage, wie allgemein verbreitet das
zinsbare Darlehen gewesen ist.^)
Man darf übrigens zahlreiche Beispiele urkundlicher
Überlieferung für Gelddarlehensgeschäfte auch gar nicht er-
*) Siehe oben S. 282 n. 2, sowie Waitz VG. II. i ', 299 n. i.
=*) A. a. O. S. 299. *) A. a. O. S. 107 (Italien).
^j St. Galler ÜB. £ n. 208.
*) Vgl. Bitterauf nr. 262 : Inprimis conparavit ctwt iusto pretio terri-
torium . . . et quicqxiid potuit iusto lucro adaugebit ... nr. 516b: tradi-
derunt quicquid ad L. habere videbantur in . . . ut post obitum illorum
ibidem firmiter perstitisset vel qiiicqtiid usjirare atque evindicare
potuis seilt, deinceps . , . ifi potestate s. M. permaneret, nr. 522: quicquid
ego in ipsis tribus locis nominatis ad A. abbate pretio conparavi et
neg otiavi propri(i adquisitionis pecuni^ ad me ibidem adtraxi.
*) SS. rer. Merov. 4, 753 c. 5: qui pecuniam suam non ad usurani
tribuit . . . 754 c. 7: nee plus quam dedistis repetatis, 7iequc ustiras pro
fenerata pecunia a quoquam exigalis.
— 284 —
warten. Schon H. Brunner hat, indem er das Wesen der
fränkischen Darlehensurkunde, der cautio des Schuldners,
lichtvoll auseinandersetzte, diesen Tatbestand zutreffend aus
der Natur des hier vorliegenden Rechtsgeschäftes erklärt:
„Vernichtung war bei der Cautio ihre rechtliche
Bestimmung." Nur in dem einen Falle lag ein dauerndes
Interesse vor, sie aufzubewahren, nämlich dann, wenn die
Cautio zugleich die Verpfändung einer Liegenschaft enthielt
und das Pfand wegen Nichterfüllung des Schuldvertrages
verfiel. Dann diente die Cautio dem nunmehrigen Eigen-
tümer als Erwerbsurkunde. ^)
Schon aus diesem Grunde erscheint es mir methodisch
verfehlt, mit solchen Stücken den Fortbestand rein natural-
wirtschaftlicher Darlehnsformen beweisen und die Existenz
von Gelddarlehen ausschließen zu wollen, wie dies F. Schnei-
der tat. 2)
Wie verbreitet zinsbare Darlehen gewesen sein müssen,
lehrt auch die Denkschrift der westfränkischen Bischöfe an
König Ludwig den Deutschen vom Jahre 858. Die Verwalter
der königlichen Villen machten nicht nur mit ihrer Habe,
sondern auch mit der des Königs solche Geschäfte und
ließen Gleiches auch bei ihren Untergebenen zu.^)
Daß insbesondere auch die Juden wie früher so in
der Karolingerzeit Geldgeschäfte betrieben und speziell aus
Gelddarlehen großen Nutzen zogen, hat jüngst Bruno Hahn
nachgewiesen.*) Dadurch ist auch schon die von G. Caro
zuvor aufgestellte Behauptung zur Genüge widerlegt, es lasse
sich schlechterdings nicht nachweisen, daß die Juden in der
Karolingerzeit Pfandleihgeschäfte betrieben hätten.^)
») A. a. O. S. 69.
*) Vierteljahrsschrift f. Soz. u.WG. 5, 299, ähnlich neuestens auch
F. Zehentbauer a. a. O. S. 27 f., der übrigens auch die Arbeiten von
F. Schneider nicht kennt.
^) MG. Capit. 2, 437 c. 14: hidices deniqiie villarum regiaruin C07i-
stituite, qui non sint ciipidi et non diligant avaritiam et usiiras, nee ipsi
faciant nee pecimias regias vel siias ad usuras donent, jieqtie a suis
siihditis usuras fieri sinant.
*) Die Wirtschaft). Tätigkeit der Juden im fränk. u. deutschen
Reich bis zum 2. Kreuzzug. Freiburger Diss. 1911 S. 49ff.
') Sozial- u.Wirtschaftsgesch. d. Juden im Mittelalter 1908 S. 140.
— 285 —
Es ist gewiß nicht zufällig, daß Bestimmungen gegen
die jüdischen Händler, welche ßr. Hahn meines Erachtens
mit Recht auch auf Pfandleihgeschäfte bezogen hat^), gerade
in demselben Capitular von Nimwegen vom Jahre 806 sich
finden, das jene langatmigen Ausführungen über den
Wucher enthält.
Daß Karl der Große damit den Wucher ganz allgemein
verboten habe, wie Sommerlad und F. Schneider behaupten,
wird man juristisch kaum sagen können. Die hier enthaltenen
Darlegungen involvieren wohl ihrer Absicht nach eine Ver-
werfung des Wuchers und Zinsnehmens, sowie schmutziger
Handelsgeschäfte,, sie sprechen aber kein direktes Verbot
selbst aus, das etwa wie ein Wuchergesetz exekutionsfähig
gewesen wäre.
Daher ist auch die alte Behauptung Max Neumanns
selbst in der von Sommerlad erneuten Fassung nicht be-
gründet, daß die Karolinger dadurch die Entwicklung der
Kultur völlig behindert, bzw. einen wirtschaftlichen Fort-
schritt im Keime erstickt hätten.
Tatsächlich scheinen die Karolinger den Kampf
gegen den Wucher ebenso der Kirche überlassen
zu haben wie die Merowinger. Sie beschränken sich
darauf, 794 und 806 für Lebensmittel, sowie auch 808 für
Kleider'^) Preistaxen zugunsten der wirtschaftlich aus-
gebeuteten Bevölkerung zu erlassen, um deren Notstand zu
mildern und sie gegen Übervorteilung zu schützen. Es wird
kaum zufällig sein, daß wir auch in der späteren Karolinger-
zeit doch stets nur geistliche Verbote gegen den Wucher
auftreten sehen. ^)
Wie wenig all diese Mahnungen und Verwarnungen
1) A. a. O. S. 56.
^) MG. Capit. r, 140 c. 5. Daß darin der Anfang zu späteren
Luxusgesetzen, sowie zu den Kleiderordnungen gesehen werden
könne, 4we neuerdings Sommerlad in Wiederholung älterer Auf-
fassungen (vgl. Waitz VG. 4^ 50 n. i) meint (a. a. O. 2, 116 n. 5) und
auch Schaub (a. a. O. S. 88 n. 2) annimmt, hat schon Mühlbacher,
Deutsche Gesch. unter d. Karol. S. 287 als unrichtig bezeichnet.
*) Das trifft für alle uns noch erhaltenen Kapitularien, die den
Wucher oder das Zinsnehmen behandeln, zu. Vgl. die unter ,,usura"
im Register der MG. Capitul. II zit. Stellen, sowie auch oben S. 278f.
— 286 —
fruchteten^), beweist ihre häufige Wiederholung.^) Schon
809 lassen zwei Aachener Capitularia Missorum erkennen,
daß sich nichts geändert hatte. ^) Und 829 werden auf der
Pariser Synode Klagen über Kornwucher in Westfrancien
laut, die zeigen, daß die Preistaxen, welche Karl der Große
794 und 806 erlassen hatte, das Übel nur noch ver-
schlimmerten.*) Denn Bischöfe, Grafen und andere Große
zwangen, vielleicht mit Hilfe jener Preistaxen Karls (?) ^),
oder doch nach deren Vorbild, die Bevölkerung, ihnen Ge-
treide und Wein zu niedrigen Preisen zu überlassen und
machten jedenfalls selbst dann die einträglichsten Geschäfte.
Ebensowenig wie diese Wucher- und Zinsverbote sind
auch jene wider den Handel durch Kleriker®) zu ernstlichem
Erfolg gediehen. Das können wir den früher aus dem
Freisinger Urkundenmateriale zitierten Belegen für die
Handelstätigkeit derselben') entnehmen.
Von einer verkehrsfeindlichen Tendenz der
Karolinger oder ihrer Gesetzgebung kann also
wohl doch nicht die Rede sein^), ebensowenig wie
von einer großzügigen Handelspolitik im Sinne v. Inama-
Sterneggs.®) Im Gegenteile schwebte ihnen wohl bei Erlaß
der Preistaxen ein verkehrsfreundliches Ziel vor. Sie wollten
augenscheinlich ebenso wie vor ihnen die Antike (z. B. Dio-
cletian 301) und nach ihnen dann die spätere Zeit wieder
durch die Preissatzung in den Städten^") die Konsumenten
vor Warenaufkauf und Preistreiberei des Kapitalismus, d. h.
1) Vgl. auch Br. Hahn a. a. O. S. 52.
-) Das hatte, allerdings für die spätere Zeit, schon Ende-
mann, Die nationalökon. Grundsätze der kanonist. Lehre, Jahrbücher
f. Nationalök. u. Statistik i, 166 hervorgehoben.
3) MG. Capit. 1, 151 c. 24U. 152 c. 12. *) MG. Concil.2,645 c. LH.
«) Vgl. Schaub a. a. O. S. 83 n. i. ') Ebenda S. 108 ff.
') Siehe oben S. 233 n. 5.
*) Selbst Schaub steht noch viel zu sehr unter dem ^nne der
alten, rein naturwirtschaftlichen Beurteilung jener ZeiteÄind läßt
sich wohl auch zu stark von der Auffassung streng kirchlicher
Quellen leiten. A. a. O. S. iisf.
») Siehe oben S. 188,
10) Siehe über diese den Art. v. Rohrscheidts „Preistaxen" im
Hdw. d. Staatswiss. 3. Aufl. 6, 1 186 ff., wo freilich diesen Erscheinungen
der Karolingerzeit keine Beachtung zuteil wird.
— 28; —
hier der Großgrundherrschaften und besonders der Kaufleute
schützen, welche den Handel mit unentbehrlichen Lebens-
mitteln zu monopolisieren suchten. Wir haben doch ganz
ähnliche wirtschaftliche Erscheinungen da vor uns, wie sie
am Ausgange des Mittelalters zu den bekannten Klagen
wider die Handelsgesellschaften führten und z. B. in der so-
genannten „Reformation Kaiser Sigismunds" ihren Nieder-
schlag gefunden haben. ^)
Auch das ist ein weiterer Beleg für die Unrichtigkeit
der Theorie W. Sombarts über die Entstehung des
modernen Kapitalismus. Er kam nicht erst, wie er
meint, durch eine neue Klasse reicher Kaufleute („nouveaux
riches") am Ausgang des Mittelalters, etwa seit dem 14. Jahr-
hunderte zustande, dadurch daß sie ihren Reichtum aus akku-
mulierter Grundrente von städtischem und ländlichem Grund-
besitz bildeten.^) Er ist bereits in der Karolingerzeit
vorhanden und durch den Warenhandel begründet worden.
Sombart erkennt ja selbst sehr zutreffend an ^) : „Es ist die
bedeutsame historische Mission der Geldleihe oder, geradezu
gesprochen, des Wuchers gewesen, das moderne kapita-
listische Wirtschaftsleben . . . vorzubereiten." Er übersah aber
ganz und gar, daß beide schon im frühen Mittelalter vor-
handen waren, daß auch der Warenhandel des frühen Mittel-
alters schon tatsächlich hohe Profite ergab. Seine Grund-
these, daß es eine Eigenart des mittelalterlichen Handels
gewesen sei, nur niedrige Profitraten abzuwerfen*), trifft
hier absolut nicht zu. Vielmehr erhellt aus einzelnen kon-
kreten Beispielen deutlich, wie der Warenhandel bereits
solchen Profit zeitigte^), daß kapitalistische Unternehmungen
größeren Stiles möglich wurden und auch der Geldhandel
sich schon etablieren konnte.
^) Vgl. V. Below, Großhändler und Kleinhändler im deutschen
Mittelalter. Jbb. f. Nationalökon. u. Statistik 75, 8 ff.
^) Der moderne Kapitalismus (1902) i, 284ff. In der 2. Aufl.
(1916) hat Sombart diese These selbst zurückgenommen. Vgl. meine
Rezension in Grünbergs Arch. f. d. Gesch. d. Sozialismus 8, 330.
') A. a. O. I, 255. *) A. a. O. i, 223, so auch in der 2. Aufl. i, 120.
^) Vgl. meine „Grundlagen" 2, 459 u. 514, dazu auch v. Below in
Histor. Ztschr. 91, 479, dessen Darlegungen über das spätere Mittel-
alter hiedurch auch für die ältere Zeit als zutreffend erwiesen werden.
— 288 —
Auch die weitere Schlußfolgerung, die Sombart aus
•dem kanonischen Zinsverbot ziehen will, „daß Jahrhunderte,
in denen das zinstragende Darlehen von Gesetzgebung und
Volksgefühl verpönt war, von aller kapitalistischen
Wirtschaftsweise noch keinenHauch verspürt haben
konnten"^), ist durchaus hinfällig. Sombart müßte erst
beweisen, daß in jenen Jahrhunderten auch wirklich kein
Zins genommen wurde. Oder will er aus den modernen
Wuchergesetzen vielleicht die Schlußfolgerung ableiten,
daß unseren Tagen der Wucher völlig fremd sei? Tatsächlich
wurde auch im Frühmittelalter bereits besonders von Laien,
aber auch niederen Klerikern Zins genommen.^) Schon
L. Brentano hat dies seinerzeit betont und darauf ver-
wiesen , daß die Stellungnahme der Kirche bald eine
Milderung erfahren habe. Das Zinsnehmen war nicht ab-
solut verboten.^)
Auch die Geldwirtschaft setzt sich vom Ausgang der
Römerzeit kontinuierlich fort. Es hat auch da keine völlige
Unterbrechung oder Umwälzung dieser Wirtschaftsentwick-
lung auf Jahrhunderte hinaus gegeben, die- etwa durch die
germanische, absolut naturalwirtschaftliche Bauernkultur be-
dingt gewesen wäre.
In den Städten und Märkten, deren Existenz in der
Karolingerzeit man doch nicht übersehen darf, haben sich
unausgesetzt ähnliche wirtschaftliche Vorgänge abgespielt,
wie sie zu späteren Zeiten des Mittelalters in viel größerer
Ausdehnung statthatten, so daß sie uns mit der reicheren
Überlieferung aus diesen Wirtschaftsgebieten auch ein-
gehender und genauer bekannt geworden sind.
^) A. a. O. I, i86, von mir gesperrt!
^) ,Usurae legitimae' werden doch von geistlichen Autoren wie
dem Bischof Gregor v. Tours schon im 6. Jahrhundert bezeugt. Hist.
Franc. III. 34.
*) Die Anfänge des modernen Kapitalismus. Festrede S. i2off.,
sowie desselben Rektoratsrede 1901: Ethik U.Volkswirtschaft in der
Gesch. (1902) S. 10 ff.
— 289 —
§13.
Das Münzwesen.
Zu den schwierigsten und kompliziertesten Problemen
■der Wirtschaftsgeschichte darf das Münzwesen der frän-
kischen Zeit gerechnet werden. Einmal weil die Quellen
spärlich und lückenhaft sind. Ihr karger Inhalt selbst
steigert die Schwierigkeiten , da er verschieden ausgelegt
auch eine verschiedene und mannigfache Kombination der-
selben ermöglicht. Die eine Gruppe davon sind Rechts-
denkmäler, die, nicht mehr im Original überliefert, ver-
schieden chronologisch angesetzt werden. Die andere wird
durch Münzfunde gebildet, deren chronologische Zuweisung
nicht selten ebenso schwankt, wie deren numismatische
Behandlung. Die Gewichtsbestimmung ist keineswegs überall
zuverlässig durchgeführt; sie ergab auch bei Stücken des-
selben Fundes , ja derselben Münzeinheiten relativ be-
deutende Differenzen, so daß auch da der subjektiven Auf-
fassung Tür und Tor geöffnet erscheint. Nur so ist denn
auch erklärlich, daß über die hier vorliegenden Fragen so
verschiedene Anschauungen entstehen konnten, ja ein und
derselbe Gelehrte das , was er früher als sicher hingestellt
und vertreten hatte, bald darauf selbst zurücknahm und
ganz anders erklärte. Diese auffallende Unsicherheit und
Uneinigkeit der Forschung muß naturgemäß starkes Miß-
trauen gegen deren Ergebnisse wachrufen.
Anscheinend einfach und klar mögen die älteren Dar-
stellungen anmuten.'-) Die Karolingerzeit stelle jene Periode
dar, in welcher die Franken von der Goldwährung zur
Silberwährung übergingen. Das Gold sei geschwunden und
man daher zur Annahme der Silberwährung gedrängt worden-
Der Münzfuß aber wurde — so glaubte man — durch die
in den östlichen Reichsteilen beliebten römischen Silber-
^) So Soetbeer, Beitr. z. Gesch. d. Geld- u. Münzwesens in Deutsch-
land in Forschungen z. DG. 2, 307 ff. 4, 254 ff. Danach auch noch
V. Inama WG. i, 450 ff. und H. Brunner RG. i, 2 13 f., sowie alle daraus
schöpfenden histor. Darstellungen. Anderseits auch Dannenberg,
Münzmeistcr auf ma. Münzen. Ztschr. f. Numismatik 22, 279.
D o p s c h , Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit. II. 2. Aufl. 19
— 290 —
denare (Saigae) bestimmt, von denen 12 auf den Schilling
gingen. Und diese neuen Denare liefen nun zu einem weit
höheren Werte um, als ihr Metallgehalt rechtfertigte, weil
die Emission beschränkt gewesen und bei dem Schwinden
des Metallgeldes die Geldwirtschaft durch die Naturalwirt-
schaft wieder sehr eingeschränkt worden sei. Als Folge
davon trat eine Steigerung der Preise ein. Der Wert der
Edelmetalle sei von der Mitte des 6. bis zum Anfange des
8. Jahrhunderts auf das Dreifache gestiegen. Als nun
damals die Zirkulation und Neuprägung von Goldmünzen
sich allmählich verlor, näherte sich in demselben Maße
auch der Wertbegriff des Goldschillings (Solidus) dem
effektiven Werte des neuen Silbergeldes, d. h. er sank auf
ein Drittel seines früheren inneren Gehaltes hinab. So habe
sich Mitte des 8. Jahrhunderts die neue Münzsorte und
Rechnungsweise in allen Teilen des fränkischen Reiches
verbreitet und konnte nunmehr unbedenklich auch von
den Karolingern in königlichen Edikten und in Synodal-
beschlüssen als Regel genommen und ausdrücklich an-
erkannt werden.
Diesen völlig unkritischen Stand der älteren Forschung
haben dann die verdienstvollen Arbeiten M. Prous auf ein
höheres Niveau gehoben. Indem er den großen, in der
Medaillensammlung der Pariser Nationalbibliothek aufbe-
wahrten Schatz an fränkischen Münzen wissenschaftlich
publizierte ^), konnte er, wiewohl er wirtschaftsgeschichtlich
sonst ganz auf dem Standpunkte v. Inamas verharrte 2), zwei
wichtige Feststellungen vornehmen : Die Franken haben auch
in vorkarolingischer Zeit Silbermünzen besessen, anderseits
aber auch die Karolinger Goldprägungen vorgenommen.
Allerdings hat Prou die Konsequenzen aus seinen Fest-
stellungen nicht gezogen. Er nahm im Gegenteil mit Be-
tonung der Seltenheit dieser Goldprägungen an, sie hätten
in Gallien ganz aufgehört und nur in Italien und Byzanz
fortgedauert.^)
') Catalogue des Monnaies Frangaises de la Bibl. Nat., les Mon-
naies Mdrovingiennes (1892), sowie les Monnaies Carolingiennes (1896).
^) Vgl. in letzterem Bande introd. p. XXVI.
=>) A. a. O. p. XXX.
— 291 —
Es ist das Verdienst Hecks, aus dem tatsächlichen
Münzbestande auch die Währungsfrage zutreffend geklärt
zu haben. ^) Es hat weder in der Merowingerzeit eine reine
Goldwährung, noch in der Karolingerzeit eine reine Silber-
währung geherrscht. Die ältere Deutung der wenig zahl-
reichen karolingischen Goldmünzen als Schaumünzen ^) ist
ebenso unbegründet, wie die Annahme Prous, daß dieselben
keine Relation zu den Silbermünzen gehabt hätten. Die
Karolinger gingen also nicht von der Gold- zur
Silberwährung über, sondern behielten die früher
schon vorhandene Doppelwährung bei.
Herrscht über diese wichtige Frage heute wohl voll-
kommene Klarheit^), so ist ein Gleiches aber nicht mehr
in einer Reihe anderer wichtiger Punkte der Fall.
Vorab die Relation der beiden Währungsgrund-
lagen, Gold und Silber. Sehr häufig begegnet man der An-
nahme, daß dieselbe 12:1 gewesen sei.*) Allein dafür fehlt jede
Begründung. Einzig und allein eine Bestimmung des Edikts
von Pistes kann dafür als Beleg namhaft gemacht werden.
Jedoch ist es ganz unstatthaft, sie für die frühere oder wohl
gar vorkarolingische Zeit gelten zu lassen. Denn einmal ist
sie zu einer Zeit erlassen, da die Ordnung des Münzwesens
durch König Pippin und Karl den Großen bereits durch-
geführt war. Anderseits aber stellt sie auch jetzt nur einen
Sollstand auf, der offenbar auch damals tatsächlich nicht
der Wirklichkeit entsprach. Denn sonst wäre ein solches
Gebot in dieser Fassung^) kaum als notwendig erachtet
^) Beitr. z. Gesch. d. Stände im MA. i. Die Gemeinfreien der
Karoling. Volksrechte (1900) S. 144 f-
2) So noch Waitz VG. 4', 78.
^) Nur Kötzschke, Deutsche Wirtschaftsgesch. (in AI. Meisters
Grundriß d. Gesch. Wiss. II. i. 1908) S. 80 sagt noch, man sei im
Frankenreiche zur Silberwährung übergegangen, die Silberprägung
habe allein geherrscht. Ähnlich Jul. Cahn, Münz- u. Geldgesch. d. im
Großh. Baden verein. Gebiete, i. Konstanz u. d. Bodenseegebiet im
MA. (191 1) S. 29.
■*) So Guerard, Polyptyque d'Irminon i, 132. Soetbeer a. a. O. 260,
Kötzschke a. a. O. S. 80, Heck, Vierteljahrschr. f. Soz. u. WG. 2, 524.
^) MG. Capit. 2, 320 c. 24: ut m omni regno noslro non amplius
vcndatur libra auri purissune cocti, nisi dtiodeci?)i libris argenti de novis ei
Vieris denariis; vgl. dazu auch Heck, Beitr. z. Gesch. der Stände 1, 147 f.
19'
wesen sei f — - — I2'I9J.^) Aber beide Münzgewichte waren
— 292 —
worden. Endlich setzt es diese Relation gar nicht für Fein-
silber, sondern für bereits legiertes Münzsilber fest.
Völlig unhaltbar sind die Berechnungen der Relation
aus den Münzgewichten, wie sie z. B. Guerard versucht hat.
Er ging davon aus, daß der fränkische Denar 21 ^ji grains
wog und 40 solcher denarii einen Solidus ausmachten
(860 grains), der als Goldmünze 70 V2 grains schwer ge-
•860
\7o-5
keineswegs feststehend, sondern den größten Schwankungen
unterworfen, so daß hier nur ein vaticinium ex eventu, aber
keine zuverlässige Ermittlung vorliegt.
Durch diese Unsicherheit unserer Kenntnis von der
Wertrelation der beiden hier in Betracht kommenden Edel-
metalle wird die Verwertbarkeit aller auf dieser Grundlage
vorgenommenen Berechnungen sehr in Frage gestellt.^)
Ebenso unsicher ist ferner der Münzfuß. Die Franken
haben im Anschluß an die römischen Münzverhältnisse den
Schilling (solidus) besessen, der einerseits als Goldmünze
wirklich geprägt wurde, anderseits aber eine Rechnungs-
größe darstellte, die bei den Saliern 40 Denarmünzen um-
faßte. Wir wissen aber nicht bestimmt, wieviel solche
Solidi aus einem Pfund Feingold ausgebracht wurden. Man
hat nur angenommen, daß die Frankenkönige, wie sie sich
im Münzbilde an das spätrömische Geldwesen anschlössen,
so auch nach dem constantinischen Münzfuß ihre Gold-
münzen schlugen. Aber eben in jüngster Zeit hat v. Luschin
wieder konstatieren können, daß das Gewicht eines con-
stantinischen Solidus (4' 5 5 g) bei den erhaltenen fränkischen
Stücken nur selten erreicht wird^), und es war schon längst
bekannt, daß die Schwere derselben seit Ende des 6. Jahr-
hunderts noch weiter (bis auf 378 g) sank.*) Aber auch über
diesen leichteren Münzfuß sind wir nicht näher unterrichtet.
') A. a. O. I, 132.
-) Sehr zutreffend hat das neuestens H. Brunner gelegentlich
der Besprechung von A. v. Luschins Arbeit über den Denar der Lex
Salica betont. Ztschr. d. Savignystift. f. RG. 31, 481.
=*) Der Denar der Lex Salica, Sitz.-Ber.d. Wiener Akad. 163, IV. 38f,
*) Soetbeer a. a. O. i, 6 19 f.
— 293 —
Noch schlimmer steht es mit der Beurteilung der
fränkischen Silbermünzung. Denn die kleinen Silber-
niünzen, welche seit dem 6. Jahrhunderte mit den Namen
fränkischer Könige vorkommen, scheinen ob ihres geringen-
Gewichtes (oio — 0*55 g) jeder sicheren Einordnung in ein
Münzsystem zu widerstreben.^) Als gewiß erschien der
Forschung nur eines, daß diese fränkischen Silbermünzen
nicht mit dem in der Lex Salica erwähnten Denar identifiziert
werden können, da sie zu leicht dafür seien. ^) Man hat
dies geradezu als eine genügende Basis betrachtet, um das
Vorkommen des Denars bei den Franken im 6. Jahrhunderte
völlig in Abrede zu stellen und gar das Alter der Lex
Salica davon abhängig zu machen, d. h. sie eben deshalb
in das 7. Jahrhundert zu setzen.^) Jene kleinen Silber-
münzen seien keine Denare, sondern den minuti argentei
gleich, welche ein jüngst entdeckter Traktat über romanisch-
fränkisches Ämterwesen aus der Merowingerzeit erwähnt.
Mit Recht hat schon H. Brunner darauf hingewiesen, daß
die gleichfalls ins Treffen geführte Nichterwähnung des
Denars bei Gregor von Tours tatsächlich nichts beweise
und der argenteus dieser Quelle sehr wohl den Denar be-
zeichnen könne.*) Ich mache übrigens darauf aufmerksam,
daß schon Guerard Quellenbelege dafür anführte, welche
einen solchen Gebrauch von argenteus (= Denar) auch in
späteren Zeiten bezeugen.^)
Diese chronologisch jenseits meiner Aufgabe gelegenen
') Vgl. gegen die Hypothesen Hilligers, Histor. Vierteljahrschr,
1909 S. 202 if. die Bedenken v. Luschins a. a. O. S. 24 f.
^) Hilliger a. a. O. 202; v. Luschin a. a. O. 40; H. Brunner a. a. O.
3I' 481-
^) Hilliger a. a. O.; v. Luschin a. a. O.; auch S. Rietschel, Der
Pactus pro tenore pacis und die Entstehungszeit der Lex Salica
Ztschr. f. RG. 27, 271 ff.
*) Über das Alter der Lex Salica u. des Pactus pro tenore pacis
Ztschr. d. Savignystift. f. RG. 29, 144.
') A. a. O. I, 113 n. 2; ferner Fahlbeck la royautd et le droit royal
Francs (übers, v. Kramer) S. 292. Dazu ist auch noch die St. Galler
Formel aus der Zeit Karls IIL zu stellen, für die eine Pariser Hand-
schrift unter den Varianten den. vel argent[e]um . . . bietet. Neues
Archiv 8, 542. Der hier wie auch MG. FF. 434 gebotene Text —
argentum — ist jedenfalls zu emendiercn!
— 294 —
Verhältnisse habe ich doch wenigstens ganz kurz hier berühren
müssen ^), weil deren Kenntnis für das Verständnis der Ver-
änderungen unbedingt erforderlich ist, die nun am Beginne der
Karolingerzeit Platz griffen. Mit dieser gelangen wir auch auf
quellenmäßig gesicherteren Boden, da sowohl die Kapitularien-
und Konzilsgesetzgebung darüber Nachrichten liefert, als auch
die Münzfunde reicher werden. Die Regierungszeit König
Pippins (751 — 68) hat jedenfalls für die Ordnung des
Münzwesens im Frankenreiche eine große Bedeutung
gehabt. Einmal wurde nämlich der Münzfuß erhöht. Denn
das ist doch jedenfalls die Absicht des Verbotes, das er am
Anfange seiner Regierung 754/5 erließ: Es sollten fortan
aus einem Gewichtsfund Silber nicht mehr als 22 Solidi
ausgebracht werden.^) Offenbar hat zuvor ein leichterer
Münzfuß bestanden, oder — was mich im Hinblick auf die
unmittelbar damit verbundene Bestimmung über den Schlag-
schatz noch wahrscheinlicher dünkt — die Ausmünzung
selbst hatte sich an eine bereits früher erfolgte Normierung
des Münzfußes nicht gehalten.^)
Soetbeer hat ausgeführt, daß die vorhandenen Münzen
Pippins ihrem Gewichte nach (i'23 g) dieser seiner Ver-
ordnung tatsächlich entsprechen, wobei er sich hauptsächlich
auf den von Longperier 1858 beschriebenen Fund von
Imphy*) stützte. Seither ist die Zahl der früher spärlichen
Fundstücke aus der Zeit Pippins beträchtlich vermehrt
worden. Es konnten dabei Gewichte namhafter Differenz nach-
gewiesen werden. Sie schwanken von 0729^) bis 1*46 g.®)
Ich glaube aber nicht, daß diese Schwankungen auf
zwei verschiedene Etappen der Ausmünzung unter Pippin
zu deuten sind, wie die älteren Numismatiker annahmen'),
sondern die auch später noch zu beobachtende ungenaue
*) Vgl. darüber jetzt meine „Grundlagen" 2, 482 ff.
^) MG. Capit. I, 32 c. 5: De Dioneta consiituhnus, ut ampliiis non
häbeat in libra pensante nisi XXII solidos , et de ipsis XXII solidis
monetarius accipiat soUdimt I, et illos alios domino aiüis sunt, reddat.
^) Vgl. Soetbeer a. a. O. 4, 273.
*) Revue numismatique 1858 S. 202 ff.
^) V. Luschin im NA. 33, 439. ^) Prou a. a. O. n. 927.
'') Besonders Longperier, vgl. Soetbeer a. a. O. 279.
— 29S —
Justierung (al marco) einer wenig vervollkommneten Münz-
technik daran schuld sei.^)
Augenscheinlich war König Pippin bemüht, gleich vom
Anfang seiner Regierung an darauf hinzuwirken, daß die
Münze den gesetzlichen Münzfuß einhalte und vollgewichtig
ausgebracht werde.
Pippin hat aber noch eine andere wichtige Verfügung
getroffen. Wir kennen deren Wortlaut solbst freilich nicht.
In einem uns leider nicht mehr erhaltenen Capitulare, auf
das sich die Synode von Rheims (813) beruft, hat er an-
scheinend das Verhältnis der alten, in der Lex Salica ent-
haltenen Münzwerte zu jenen seiner Zeit normiert. Schon
vor Pippin hatten die Franken nämlich eine neue
Rechnungsweise angenommen, nach welcher ein
Solidus durch 12 Denare gebildet wurde. Wann das
geschah, wissen wir nicht. Man hat allgemein geglaubt, daß
diese Unterteilung des Solidus im Anschlüsse an den Gebrauch
der rechtsrheinischen Stämme aufgekommen sei, indem maf^
den Bericht des Tacitus, daß die Germanen für die alten,
schweren Römerdenare (bigati, serrati) eine besondere Vor-
liebe gehabt hätten, mit einzelnen Stellen in den Volks-
rechten verband, von welchen die einen ähnlich lautende
Münzwerte (saica) überliefern (Pactus Alamannorum und Lex
Baiuwariorum), die anderen aber (Lex Ribuaria) einen Schilling
■AU 12 Denaren ausweisen. 2)
Allein diese ganze Hypothese beruht mehrfach auf
Annahmen, die sich bei Lichte besehen z. T. als ganz will-
kürUch herausstellen, anderseits aber heute nicht mehr zu-
treffen. Vor allem ist die Voraussetzung, daß die in den
Quellen für die Geldrechnung der rechtsrheinischen Stämme
(Pactus Alamannorum und Lex Baiuvariorum) erwähnte
saica mit jenen altrömischen Denaren (serrati) identisch sei,
nicht hinreichend begründet. Denn Saica, saiga bedeutet
nicht, wie man nach Grimms Vorgang angenommen hatte,
^) Vgl. V. Luschin a. a. O. S. 450.
") Soetbeer a.a.O. i, 56off.; v.InamaWG. i, 452 — 1^,622; Brunner
RG. I, 2i3f.; Heck a. a. O. i, 165; Schröder RG.^ S. 192; Rietschel,
Götting. Gel.Anz. 1902 S. 102; Vinogradoff, Wergeid u. Stand, Ztschr.
f. RG. 23, 146.
— 296 —
Säge, sondern vielmehr nach Edw. Schröders neuerlichen
und überzeugenden Darlegungen Wage, dann Gewicht und
schließlich eine Münze von bekanntem Gewicht.-^)
Ferner aber sind auch die Stellen im Pactus Ala-
mannorum und der Lex Baiuvariorum^), welche eine saica i,
bzw. 3 Denaren gleichsetzen, wie wir heute wissen, erläuternde
Glossen eben der Karolingerzeit und besagen daher nichts
über die Rechnungsart der rechtsrheinischen Stämme in der
vorkarolingischen Zeit.
Und ganz das gleiche gilt auch für den viel zitierten
Titel XXXVI. 12 der Lex Ribuaria, da die ältere An-
schauung, als ob er dem ursprünglichen Textbestande zu-
gehöre ^), heute ziemlich aufgegeben worden ist.*) Für
einen alten ripuarischen Denar, von welchen 1 2 auf einen
Solidus gegangen seien, ist das also kein Beleg. Wir werden
somit fürderhin auf den schönen und durch stete, völlig un-
kritische Weiterüberlieferung anscheinend geheiligten Leitsatz
•'verzichten müssen, daß die Unterteilung des fränkischen
Silberschillings in 12 Denare einer alten Übung der rechts-
rheinischen Stämme entsprochen habe.
Sehr treffend hatte Waitz bei Besprechung des Capi-
tulares Karls des Großen vom Jahre 803, durch das die
Zahlung aller debita ad partem regis in Silberschillingen zu
^) Saiga, Ztschr. f. Numismatik 24 (1904), ssgff. — Damit ist auch
die Ableitung von saiga aus siliqua, welche Bordeaux, les monnaies
de Treves pendant la periode Carol. Rev. Beige de Num. 49, 306 ver-
treten hat, als irrig erwiesen. Mit Unrecht hat J. Cahn a. a. O. S. 21
n. 14 neuerdings gegen E. Schröders Erklärung polemisiert und ist
auch in der Ansetzung der dafür zit. Stelle aus der Lex Alaman.
wieder zu den bereits allgemein aufgegebenen (siehe n. 2) älteren
Ansichten zurückgekehrt.
^) Waitz, Über d. Münzverhältnisse in den älteren Rechtsbüchern
d. fränk. Reiches, Abh. d. Götting. Ges. d.,Wiss. 9 (1860), 236 u. 243;
Lehmann, Z. Textkritik u. Entstehungsgesch. des alaman. Volksrechtes
Neues Archiv 10, 479 n. 4. Prou, les monnaies Meroving, Introd. p. IX,
sowie Hilliger, D. Schilling d. Volksrechte u. d. Wergeid, Hist. Vjschr.
6, 485, der allerdings in der Saiga noch den alten Römerdenar sieht.
^) Soetbeer F. z. DG. i, 561. Loening a. a. O. 2, 299; Schröder,
Die Franken a. a. O. S. 36. — Sohm in d. Ausgabe MG. LL. V, 232.
*) Waitz a. a. O. S. 233; Fahlbeck a. a. O. S. 289 = E. Mayer, Zur
Entstehung d. Lex Rib. S. 36; sowie Brunner, Nobiles u. Gemeinfreie
d. karol. Volksrechte, Ztschr. f. RG. 19, 81 f. u. 23, 246.
— 297 — .
12 c) angeordnet wird, bereits betont, eine solche Verfügung
hätte gar keinen Sinn, wenn immer schon bei allen deutschen
Stämmen außer den Saliern der SoUdus zu 12 Denaren
gegolten hätte. ^)
Jedenfalls ist diese neue Rechnungsweise nicht
erst durch Pippin eingeführt worden, wie man vielfach
angenommen hat.^) Darauf weisen die schon von v. Inama
zitierten Quellenbelege ^) hin. Das Privileg König Dagoberts
von angeblich 629 bietet allerdings keine chronologisch
sichere Stütze, da es gefälscht ist.*) Aber wir können,
meine ich, aus dem Münzgewichte der Funddenare selbst
Anhaltspunkte für das Alter jener Rechnungsweise gewinnen.
Die als Denare sicher bezeugten merowingischen Silbermünzen
haben nämlich bereits seit den Tagen König Chariberts IL
(629 — 31) ein Gewicht (i"i6g)^), das mit jenem vieler
Pippindenare übereinstimmt, ja dem Durchschnittsgewichte
dieser nahezu gleichkommt. Es besteht sonach zwischen
diesen Denaren kein solcher Unterschied, daß man an eine
Neuerung denken müßte, die erst Pippin ausgeführt habe.
Das ist aber nicht immer so gewesen. Die Denare des
6. Jahrhunderts sind vielmehr auffallend leichter. Tatsächlich
sind in neueren Funden größeren Umfanges, wie jenen von
Cimiez und Bais, Stücke nachgewiesen worden, die nur
0'62 g schwer waren.^) Nimmt man nun an, daß der viel
umstrittene Denar der Lex Salica mit diesen
leichten Stücken in Beziehung zu setzen ist, so
würden sich viele von den bisher als unüberwindlich schei-
nenden Schwierigkeiten ungezwungen lösen. Vor allem
1) A. a. O. 257.
-) E. Mayer a. a. O. S. 39; Hilliger a. a. O. 210; Th. Sommerlad,
Art. „Münzwesen" im Hdw. d. Staatswiss. 3. Aufl. 6, 840; J. Cahn a. a. O.
.S. 29; M. Krammer (Festschr. f. H. Brunner S. 446J setzt den Überganj^
,,zu einem leichteren Solidus, der nur 12 Denare umfaßte", kurz vor
die Mitte des 8. Jahrh. an.
^) DWG. I, 452 n.4, sowie 433 n.4, ebenso auch Heck a. a. O. i, 146.
*) Vgl. gegen S. Rietschel, Markt u. Stadt S. 11 n. 1 u. H. Brunner
Ztschr. f. RG. 29, 144, die es doch verwerten wollten, die Bemerkungen
Mühlbachers in MG. DCar. 6.
^) Prou, Monnaies Mdroving. nr. 65 (Taf. i, 29).
*j Vgl. v. Luschin, Der Denar der Lex Sal. a. a. O. S. 42.
- 298 -
würde auch die enorme Höhe der Bußsätze in der
Lex Salica verständHch werden, die besonders der älteren
Forschung aufgefallen ist^) und nahezu unerklärlich schien. 2)
Der Hauptgrund aber, weshalb man eine solche Gleich-
setzung der alten leichten Denare mit jenen der Lex
Salica ablehnen zu müssen glaubte, weil 40 davon nicht
einem Goldsolidus entsprächen, wird heute doch nicht mehr
als so absolut gesichert gelten können. Denn die älteren
Annahmen Soetbeers, welche die Voraussetzung dafür bilden,
daß die salischen Schillinge den schweren Goldschillingen
Constantins an Gewicht gleich gewesen und erst nach 575
ein leichterer Solidus angenommen worden sei ^), beruhen
auf zu unsicherer Grundlage. Prou und Babelon gebührt
das Verdienst, darauf hingewiesen zu haben ^), daß in Gallien
schon seit dem 5. Jahrhundert ein leichterer Solidus als es
der constantinische war, geschlagen wurde. Wir dürfen also
nicht mit Soetbeer stets das schwerere Gewicht der Schillinge
Constantins zur Grundlage der Beurteilung fränkischer Ver-
hältnisse nehmen, wie das seither stets geschehen ist. Man
kann meines Erachtens auch nicht das hohe Gewicht der in
Südfrankreich im 6. Jahrhundert geprägten Goldsolidi ohne
weiters für die Salfranken voraussetzen ^), denn dort war jeden-
falls viel mehr Gold vorhanden. Und gerade aus der
Einbeziehung größerer Reihen von Fundstücken fränkischer
Provenienz ergibt sich schon heute, daß das Gewicht im
einzelnen sehr schwankte.^) Es liegt z. B. aus der Zeit
^) So K. V. Richthofen, Zur Lex Saxonum S.37of., sowie Boretius,
Zur Lex Saxonun> in Histor. Ztschr. 22, 156 u. a. m.
^) Vgl. H. Brunner RG. i, 206 n. 13: Die hohen Bußzahlen der
Volksrechte wären geradezu rätselhaft, wenn man nicht in Anschlag
bringen dürfte, daß ein erheblicher Teil der Buße regelmäßig von
den Verwandten beigesteuert wurde. Diese Auslegung Brunners ent-
spricht aber nicht den tatsächlichen Verhältnissen, wie sie in den
Quellen selbst bezeugt sind. Vgl. meine ,, Grundlagen" 2, 484 ff.
*) A. a. O. 1, 619.
*) La silique, le sou et le denier de la loi des Francs Saliens,
Journal des savants 1901 S. 120 f.
'") So V. Luschin a. a. O. S. 29 ff.
") Nun gewinnt auch tit. XLIV der Lex Salica seine tiefere
Bedeutung, wo es (Dei reipus) heißt: et lumc ipse, qui viduam accipere
— 299 —
Clotars II. (613 — 629) ein Drittelsolidus vor, der nur 0'88 g
wiegt. ^) Das ergäbe für den Solidus bloß ein Gewicht
von 2'64 g! Erinnern wir uns ferner, daß die Relation
zwischen Gold und Silber für die Salfranken im 6. Jahr-
hundert uns nicht bekannt ist, und wahrscheinlich bei dem
nicht in Feingold, sondern einer Legierung bestehenden
Münzmetall erheblich niedriger (i : 10?) 2) angenommen werden
muß, als zur Zeit Constantins (i : I4'4), so möchte ich Zu-
sammenhänge, die sonst alle Wahrscheinlichkeit für sich
haben, nicht so rundweg mehr abweisen.
V. Luschin, der mit Hilliger u. a. die Anschauung vertritt,
daß die Franken im 6. Jahrhundert den Denar überhaupt
nicht gekannt haben, kommt seinerseits doch auch zu dem
Resultate, daß die Schaffung einer schweren Silbermünze
am Beginne des 7. Jahrhunderts — nach ihm eben der Denar!
— „ein Versuch zur Besserung der unbefriedigenden Münz-
zustände" gewesen sei.^) Nicht unmöglich, daß damals
schon die Rechnungsweise, nach der 12 schwere
Denare auf den Silber Schilling gingen, aufkam.*) Man
muß doch auch beachten: wie immer die Stelle in der Lex
Ribuaria, aus welcher man früher auf einen alten Gebrauch
jener Rechnungsweise bei den rechtsrheinischen Völkern
schloß, erst in die Karolingerzeit gehört, so ist der Um-
stand, daß bei der Erwähnung des Silberschillings zu 12 De-
naren auf eine antiqua constitutio Bezug genommen wird ^),
doch auch nicht zu übersehen. Man hat darin eben jene
debef, tres solidos acqiie pen santes et dinario Jiabere debet, et tres
crunt, qui solidos illos p en s ar e velprohare debent.
^) Prou, Catalogue nr. 1385.
-) Selbst die einzige Stelle, aus der wir etwas Näheres über die
Wertrelation der beiden Währungsmetalle erfahren, das Edictum
Pistense (864), besagt doch auch a. a. O. : illud vero auriim, qitod coctiim
quide?n fiierit, sed 11011 tantiim , ut ex eo deauratnra fieri possit, lihra
ima de auro vendatiir decem libris argenti de novis et meris deiiarns.
*) A. a. O. 48.
*) Vgl. auch Heck, Ständeproblem a. a. O. 2, 520, der — freilich
ohne nähere Begründung — für möglich hält, daß schon das Capi-
tulare Childeberts II. von 596 mit kleinen Schillingen rechnet. Da-
gegen Brunner RG. i-, 314 n. 17.
^) quod si cum ar genta solvcre configerit , pro solido 12 dinarii,
statt aiitiqiiitits est constitutum.
— 300 —
Verordnung Pippins erblicken wollen, auf die das Konzil
vom Rheims im Jahre S13 hinweist.^) Allein wenn diese
Stelle einer Rezension noch des 8. Jahrhunderts zugehören
sollte, wie H. Brunner für wahrscheinlich hält ^), dann würde
das ,antiquitus' wohl über die Zeit König Pippins zurück-
weisen.^)
Für meine Annahme, daß die Rechnung nach Silber-
schillingen schon im 7. Jahrhunderte bei den Franken üblich
war, kann ich noch ein wichtiges Zeugnis vorbringen :
Schon die alten Formeln von Angers bieten nämlich,
was bisher ganz übersehen wurde, einen Beleg dafür.'*)
So unsicher nun auch diese Vorgeschichte ist, die Maß-
nahme König Pippins, um deren Beurteilung es sich hier
allein handelt, wird durch sie, glaube ich, hinreichend klar-
gestellt. Nach dem Wortlaut des Rheimser Konzils von 813
muß sich dieselbe auf die Solidi der Lex Salica bezogen
haben. ^} Die Auslegung dieser Stelle hat die Forschung
seit alters auf das lebhafteste beschäftigt. Während man
früher eine Demonetisation des Goldes, eine Außerkurs-
setzung der bis dahin üblichen Goldschillinge daraus dedu-
zieren wollte ^), meinte die jüngere Forschung, es habe sich
um eine Substitution des Goldsolidus durch den Silber-
solidus gehandelt, wodurch dann, da alle Zahlungsver-
pflichtungen also herabgesetzt wurden, u. a. auch eine
Herabsetzung der Bußen um mehr als ^/s ihrer alten Höhe,
von 40 Denaren auf 12, bewirkt wurde.") Und diese Buß-
reduktion hat dann, für die Berechnung der Wergelder und
alle daraus wiederum abgeleiteten weiteren Schlüsse über
d:is Ständeproblem eine wichtige Rolle gespielt.^)
1) Siehe oben S. 295. ^) Ztschr. f. RG. 19, 83.
■') Vgl. dazu auch v. Luschin im NA. 33, 458.
*) MG. FF. Andecav. nr. 27; vgl. auch Form. Turon. addit. nr. 3.
Dazu jetzt auch R. Schröder DRG. 6. Aufl. S. 198 (1919).
*) MG. Concil. 2, 257C.XLI: ut dommis imperator secttndtim statu-
tiim bonae memoriae domin Pippini jnisericordiam faciat, nc solidi, qui
in lege habentur, per quadragenos denarios disatrrant, quo7tiam propter
eos nmlta periuria multaque falsa testimonia repperiuntiir.
") Guerard a. a. O. i, 129. '') So zuerst Soetbeer a. a. O.4, 269 ff.
«) Vgl. Brunner RG. i, 216; v. Inama DWG. i, 468 -= i -, 650;
Rieh. Schröder RG.^ S. 195. In der letzten (6.) Aufl. hat sich Schröder
meinen Darlegungen angeschlossen S. 2ooff. (1919).
— 30I —
■ Es ist das noch zu wenig anerkannte Verdienst Hecks,
gegen diese allgemein üblich gewordene Auffassung in
nachdrücklicher Weise Stellung genommen zu haben. Mit
Recht betonte er meines Erachtens ^) : „die Tatsache allein,
daß die Rechnung nach Kleinschillingen allgemein wurde,
ist keine genügende Erklärung für die Bußerniedrigung.
Die nächstliegende Konsequenz, welche die Einführung einer
kleineren Münzeinheit mit sich bringt, ist die Umrechnung,
nicht die Bußherabsetzung." Ganz besonders aber müsse
dies hier gelten, da Pippin ja diese Rechnung gar nicht
eingeführt, sondern bereits eingebürgert vorgefunden habe.
Ich mache übrigens darauf aufmerksam, daß Numis-
matiker schon vor Heck ganz dieselbe Grundanschauung
doch als die selbstverständliche betrachtet hatten. So hatte
Cocheteux 1884^), Cerexhe^) 1886 und Bordeaux 1893*;
schon im wesentlichen das Richtige getroffen.
Es muß doch betont werden : die ganze Voraussetzung,
auf welcher die Annahme einer angeblichen Bußreduktion
beruhte, ist falsch. Die beiden Denare, jener der Lex
Salica und der angeblich jetzt neu eingeführte
rechtsrheinische, waren eben absolut nicht gleich
an Art und an Wert, was Guerard behauptet hatte. ^)
Darauf weist schon die Begründung hin, mit welcher das
Konzil von Rheims 813 von Karl dem Großen die Be-
seitigung der alten Solidi zu 40 Denaren auf Grund der
Verordnung Pippins erbat. Die zahlreichen Meineide,
welche die Konzilsväter vermieden wissen wollten, waren
offenbar, wie bereits Waitz sehr richtig daraus gefolgert hatte,
dadurch zustande gekommen, daß bei Rechtsgeschäften von
den verschiedenen Parteien die eine die alte, die andere die
neue Geldsorte hatten zur Anwendung bringen wollen.^)
') A. a. O. I, 150 ff.
-) De renchainement des systemes monetaires Romains, Meroving.
et Carloving. Revue Belege de Numis. 40, 389.
*) Les monnaies de Charlemagne S. 126. ■*) A. a. O. S. 302.
^) A. a. O. I, 114. Nur F. Dahn, Könige der Germanen VIII. 5, 62
hat bereits zutreffend geurteilt: „Inwiefern hierin eine Minderung
der Strafen liege, ... ist nicht zu erkennen, da wir den Unterschied
der neuen INIünze von der alten in Feingehalt u. Gewicht nicht kennen.
•) Götting. Gel. Abh. 9, 25S.
— 302 —
Und auch S. Rietschel hat auf die allgemeine Verkehrs-
unsicherheit hingewiesen, die immer entsteht, wenn unter
ein und derselben Bezeichnung verschiedene Münzwerte
gemeint sein können, was ganz naturgemäß zu den wider-
wärtigsten Übelständen im Prozeßleben führen muß.^) Die
Häufigkeit solcher Meineide wird sofort verständlich, wenn
wir annehmen, daß die Bußsätze in den alten leichten
Denaren , von welchen 40 auf einen Solidus gingen , fest-
gestellt waren, jetzt aber, ohne Rücksicht auf den ungleich
höheren Wert der schweren Silberdenare in solchen ge-
fordert wurden, oder ein stets Gefahren in sich bergender
Schätzungseid notwendig erschien.^)
Vielleicht ist noch eine andere Erscheinung damit in
Zusammenhang zu bringen, die, wie ich glaube, sich aus dem-
selben Grunde als Bedürfnis herausgestellt hat. H. Brunner
hat die scharfsinnige Vermutung vertreten, daß die Buß-
sätze der Lex Salica ursprünglich in Denarsummen gehalten
waren und erst später deren Zusammenfassung in Solidi
hinzugekommen sei.^) Er hat auch bereits zutreffend den
Grund dafür erkannt. Die Schillingszahlen wurden beigefügt,
„um die Denare als solche zu kennzeichnen, von denen 40
auf einen Solidus gingen".
Bisher war allerdings kein rechter Anlaß ersichtlich,
der für eine solche scheinbar „doppelte Berechnung" *)
vorlag. Ich möchte ihn nun in den eben geschilderten
Verhältnissen erbhcken. War, wie oben ausgeführt, der
Silberschilling schon vor Pippin, ja bereits im 7. Jahrhunderte
in Frankreich gang und gäbe, so gewinnt nun eben damit
diese Beifügung gewissermaßen die Bedeutung eines Vor-
aktes zu dem verlorenen Constitutum Pippini, auf das sich
*) Götting. Gel. Anzeigen 1902 S. 102.
2) Vgl. dazu Heck a. a. O. i, 152.
') Über das Alter der Lex Salica u. des Pactus pro tenore pacis,
Ztschr. d. Savignystift. f. RG. 29, 141 f. Vorher schon Seebohm, on the
early currencies of the German tribes, Vjschr. f. Soz. u. WG. i, 175
(1903), sowie Prou, Catalogue des Monnaies Frangaises. Les Monn.
Meroving. Introduction p. III.
*) So Hilliger, Hist. Vjschr, 1909 S. 165, dessen Einwände wider
Brunner nichts besagen, da er die Zeit der Überlieferung (Hand-
schriftenalter!) gar nicht in Rechnung gestellt hat. A. a. O. 167.
— 303 —
das Konzil von Rheims 813 bezieht. Die Beisetzung der
Solidi ist augenscheinlich ebenfalls bereits zur Vermeidung
unliebsamer Mißdeutung der Denarzahlen vorgenommen
worden.
Auch die numismatische Grundlage der Reduktions-
hypothese ist heute hinfällig geworden. Ihr Begründer,
Guerard, ging nämhch von ganz irrigen Gewichtsansätzen
aus.^) Gerade da haben neue Funde ganz überraschende
Aufschlüsse gebracht. Ein so ausgezeichneter Numismatiker
wie V. Luschin hat auf Grund des 1904 zu Ilanz (bei Chur)
gemachten Fundes rechnungsmäßig den Nachweis erbracht,
daß der Goldsolidus zu 40 neustrischen Denaren (will sagen
der Lex Salica) um 800 so stark an innerm Wert gesunken
war, daß er nicht einmal den vollen Wert von 12 Silber-
denaren Karls des Großen erreichte. Er wies bereits
darauf hin, daß sich, da es unter Pippin nicht viel anders
war, nun auf diese Weise jene Substitution des alten mero-
wingischen Goldsolidus, wie ihn die Lex Salica aufweist,
durch den Silbersolidus zu 12 schwereren Deharen un-
mittelbar erkläre. Letztere waren damals tatsächlich keine
geringere Wertgröße, ja übertrafen vielleicht sogar
den Goldsolidus aus der Zeit der letzten Mero-
winger.^)
So lösen sich nun die großen und mannigfachen
Schwierigkeiten, ob welcher man eine so plötzliche Buß-
erniedrigung annahm. Sie wäre nach der bisherigen Dar-
stellung sonst .eigentlich völlig unbegründet eingetreten ^j
und hätte vor allem alsbald eine ganz unmögliche Rechts-
ungleichheit gezeitigt. Auch das hat Heck bereits mit
Recht dagegen geltend gemacht.'^) Schon Waitz hatte
übrigens bemerkt, daß bei dieser Annahme verschiedene
*) Die Differenzen im Gewichte der Funddenare sind nicht mit
16 u. 27 grains bezeichnet, sondern viel größer. Es gibt Stücke schon
von II grains und solche bis zu 30 grains!
*) Neues Archiv 33, 458.
') Heck I, 150 hebt sehr zutreffend hervor, daß sich ein be-
friedigender Grund für die Bußerniedrigung ungeachtet aller Mühe
nicht hat auffinden lassen; vgl. auch desselben ,, Ständeproblem, Wer-
geid u. Münzrechnung der Karolingerzeit, Vjschr. f. Soz. u. WG. 2, 513 ff.
*) Die Gemeinfreien a. a. O. i, 153.
— 304 —
deutsche Stämme, welche bei ihrer alten Goldwährung ver-
harrten und den Solidus nach wie vor zu 30 Denaren rech-
neten, wie z. B. die Bayern, aufs ärgste benachteiligt ge-
wesen wären. Sie hätten eine Buße von i Solidus mehr
als doppelt so hoch bezahlen müssen, denn die Franken.^)
Auch die großen Schwierigkeiten , welche die enorme
Verschiedenheit in der Bemessung der Wergelder zwischen
dem salischen und ripuarischen Recht der Forschung bisher
bereitete^), lösen sich so ganz natürlich auf. Die 2400 De-
nare (= 200 Silberschillinge ä 12^) nach ripuarischem Recht
waren eben den 8000 Denaren (= 200 Goldschillingen ä 40 ^)
nach salischem ungefähr gleichwertig.
Endlich hätte eine solche allgemeine Wertherabsetzung,
wie sie jene Reduktionstheorie voraussetzt, wirtschaftliche
Folgen ungeheuerster Dimension zeitigen müssen, eine Um-
wälzung des gesamten Wirtschaftslebens, vor allem
eine förmliche Preisrevolution. Man bedenke doch nur. Alle
Zahlungsverpflichtungen seien mit einem Male im Verhältnis
von 40: 12 — also auf weniger als das Drittel herabgesetzt
worden !
Einzelne Forscher, welche an diesen unabweislichen
Folgerungen ihrer Reduktionshypothese nicht ganz vorbei-
gehen konnten, suchten sich mit der Ausflucht zu helfen,
daß eine allgemeine Erniedrigung der Preise eingetreten
sei, welche die Gleichstellung des Wertes von 12 Denaren
mit dem alten Solidus herbeigeführt habe. Diese Auffassung
Soetbeers ^) hat neuerdings Vinogradoff im wesentlichen
wieder vertreten.*) Aber auch er mußte sich doch gestehen,
daß in der Zwischenzeit zwischen den beiden Preiswellen
freilich eine arge Verwirrung und Unsicherheit geherrscht
haben müsse. Dabei kam ihm noch sehr zustatten, daß
er seinen Ausführungen die Identität der Preisansätze des
6. Jahrhunderts mit jenen am Beginne des 9. Jahrhunderts
zugrunde legte und damit jeder Kontrolle über die Ver-
hältnisse in der Zwischenzeit aus dem Wege ging, da ja
*) Über die Münzverhältnisse a. a. O. S. 258.
-) Darauf hat HilHger, Hist. Vjschr. 1903 S. 214 zutreffend hin-
gewiesen.
=) A. a. O. 2, 260. *) Wergeid u. Stand, Ztschr. f. RG. 23, 135 f.
— 305 —
dafür keine entsprechenden Quellen vorhanden sind. Diese
Anschauungen Vinogradoffs, wonach also die Kaufkraft des
Geldes sich in der Karolingerzeit verdreifacht hätte, sind
denn auch von Hilliger bereits als eine „abenteuerliche
Hypothese" bezeichnet^) und dann durch Heck eingehend
widerlegt worden.^) Die von ihm hauptsächlich ins Treffen
geführte Konstanz der Preissätze, welche zuvor schon be-
sonders v. Inama- Sternegg hervorgehoben hatte ^), erklärt
sich nun bei der oben dargelegten Auffassung ganz unge-
zwungen, ohne daß man Preisstürze in der Zwischenzeit
(6. — 9. Jahrhundert) anzunehmen brauchte. Denn diese Preis-
sätze waren ja in Schillingen gehalten.*) Trat nun zur Zeit
Pippins eine Substitution des alten Goldsolidus durch den
Silberschilling ein, so erscheint es uns, wenn wir den tat-
sächlichen Wert beider um jene Zeit als ungefähr gleich an-
sehen, ganz natürlich, daß hier die alten Zahlen be-
stehen bleiben konnten. Zudem ist es ja noch sehr
fraglich, ob jerie Legalwerte auch wirklich stets der Marktlage
und ihrer mannigfachen Veränderung zu folgen vermochten.^)
Die zahlreichen Forscher, welche jene angebliche Buß-
reduktion Pippins zum eigentlichen Kernpunkt ihrer Dar-
legungen gemacht haben, waren bei aller Verschiedenheit
der Erklärungsversuche untereinander und im einzelnen
doch alle darin einig und zuversichtlichen Glaubens, daß
die Lex Ribuaria ein untrügliches Zeugnis dafür expressis
verbis an die Hand gebe. Dieser Quelle müsse im all-
gemeinen der Goldsolidus noch zugrunde gelegen haben,
da es im tit. 36 § 12 heiße: quod si ctcm argento solvere con-
tigej'it, pro solido duodechn dinarios , sicut antiquitus est
constitutum. Die Gegenüberstellung scheint auf den ersten
^) Hist. Vjschr. 1903 S. 463.
-) Ständeproblem a.a.O. 2, 51 5 ff. — Allerdings scheint sich Heck
dabei gar nicht bewußt geworden zu sein, daß seine eigene Hypo-
these, als ob die Bußerniedrigung erst unter Ludwig d. Fr. 816 statt-
gefunden hätte (Gemeinfreie i, 200 ff.), derselben Unwahrscheinlich-
keit verfällt. Auch Sommerlad, Die wirtschaftl. Tätigkeit der Kirche
im MA. 2, 165 ff. und Art. ,, Münzwesen", Hdw. d. Staatswiss. 3. Aufi.
6, 840 f. hat sich Heck angeschlossen.
») WG. I, 468; vgl. 196. *) v. Inama WG. i, 195 fi'.'
°) Ebenda S. igöf., dazu oben S. 242 f.
D 0 p s c h , Wirlschaftsentwicklung der Karolingerzeit. II. 2. Aufl. 20
— 306 —
Blick verblüffend genug. Und so sind denn bis heute alle
Forscher der von Guerard ^) zuerst daraus gezogenen
Schlußfolgerung beigetreten. 2) Bei näherem Zusehen
besagt diese Stelle aber gar nicht das, was man
bisher daraus entnehmen wollte. Sie rückt in ein
ganz anderes Licht, sobald man sie mit der unmittelbar
vorausgehenden Preistabelle einheitlich zusammenfaßt. In
dieser werden nämlich für die verschiedenen Naturalien,
besonders Viehhäupter, welche man als Wergeid zu geben
pflegte, die Geldäquivalente (in Schillingen) aufgestellt.
Man sieht deutlich : der Schilling ist hier nur Wertmesser
für die Annahme von Naturalleistungen. Und mit direktem
Bezug darauf heißt es nun wohl unzweideutig: wenn aber
jemand mit Geld (d. h. nicht in Natura) zahlen will,
so soll er für den Solidus 12 Denare geben. ^)
Wir haben noch eine sehr illustrative Analogie dazu
an dem Capitulare Saxonicum von 797, die meine Auf-
fassung, glaube ich, durchaus unterstützt Auch dort wird
(am Schlüsse) eine solche Äquivalenztabelle für Naturalien
aufgestellt mit der Überschrift: quales debent solidi esse
Saxomim.^) Und dieser Aufzählung wird dann die Be-
merkung beigefügt: In argento diLodecim denarios solidum
faciant. Et in aliis speciebus ad istum pretium omnem
aestiniationem [conpositionis stmt]. Hier wird kein Mensch
zweifeln, daß argentum in diesem Zusammenhang Geld im
Gegensatz zu den Naturalwerten bedeutet. Auch da handelt
1) A. a. O. S. 130 f.
^) Waitz, Münzverhältnisse a. a. O.235; Heck, Gemeinfreie i, 177
sowie Ständeproblem a. a. O. 350 ff. ; Rietschel, Gott. gel. Anz. 1902
S. 102; Vinogradoff a. a. 0. 143; Krammer in d. Festschr. f. H. Brunner
1910 S. 447; H. Brunner, Mobiles u. Gemeinfreie, Ztschr. f. RG. 19, 82;
Hilliger, Der Schilling der Volksrechte, Hist. Vjschr. 1903 S. 217, so-
wie ,,Zum Schilling der Volksrechte" ebenda 1906 S. 265 ff.
') Der Einwand R.Schröders (DRG.^ 200 n. 18), daß hier,argentum'
nicht mit,, Geld" zu übersetzen sei, entfällt, weil ja seine sicher richtige
Annahme, daß Goldzahlungen keineswegs ausgeschlossen sein sollten,
mit meiner Übersetzung wohl vereinbar ist.
■*) MG. Capit. I, 72 c. II. Vgl. dazu neuestens A. v. Schwerin,
Ztschr. f. RG. 33, 418, der für wahrscheinlich hält, daß der Satz in
argento duodecim denar. sol. faciunt ursprünglich sofort auf die
Überschrift gefolgt sei.
— 307 —
es sich wie dort um die verschiedenen Güter, in denen die
Bußen bezahlt werden konnten.
Damit entfällt meines Erachtens jede Beweiskraft der
berühmten Stelle in der Lex Ribuaria für den Übergang
vom Gold- zum Silberschilling und eine damit in Zusammen-
hang stehende Bußreduktion.
Die rege Fürsorge, welche König Pippin der Ordnung
des fränkischen Münzwesens zuteil werden ließ, fand ihre
Fortsetzung unter dessen großem Sohne Karl. Er hat
weitergeführt, was von Pippin bereits wirksam eingeleitet war.
Hatte dieser bestimmt, daß aus einem Pfund Silber nicht
mehr als 22 Solidi ausgebracht werden sollten, so hat
spätestens unter Karls Regierung der Münzfuß noch eine
weitere Verstärkung erfahren, indem jetzt nur mehr 20 Schil-
linge auf ein Pfund gingen. Wir besitzen hier allerdings
nicht wie dort bei Pippin die Einführungsverordnung,
sondern können das nur indirekt aus den Angaben eines
Capitulares von 779 erschließen, die nach dem Gewichte
abgestufte Silberwerte enthalten.^) Möglich, daß dieser Fuß
noch unter Pippin erreicht worden ist, wie v. Inama annahm.
Aber gewiß ist das keineswegs, da er zu dieser Hypothese
bloß auf dem Wege eines Rückschlusses aus dem Gewichte
von Funddenaren gelangt ist ^) , was stets unsicher bleibt.
Die Hauptveränderung aber, die jetzt eintrat, bestand
in einer Erhöhung des Münzgrundgewichtes, des
fränkischen Pfundes (libra). Wir sind freilich auch da
nicht besonders gut unterrichtet, weil die entsprechenden
Bestimmungen Karls selbst nicht mehr erhalten sind. Man
ist auch da auf das Gewicht der Münzen selbst, sowie auf
indirekte Rückschlüsse angewiesen, die aus gelegentlichen
Angaben von Kapitularien und Urkunden rechnerisch ab-
geleitet werden können. Bei diesem Stande der Über-
lieferung ist es begreiflich, daß die verschiedensten Hypo-
thesen aufgestellt und mannigfache Erklärungen versucht
worden sind. Ja, es ist die Sache, um die es sich da
handelt, selbst wieder in Frage gestellt worden. Vienne
hat 1896, nachdem man durch Jahrhundertc an die Er-
^) Vgl, V. Inama WG. i, 456. -) Ebenda 454.
— 3o8 —
höhung des Münzpfundes durch Karl den Großen allgemein
geglaubt hatte, sie geleugnet und aus Abgaben den Beweis
erbringen wollen, daß das gallische Pfund sich nicht ver-
ändert, sondern vor und nach der Regierung Karls des
Großen gleichgeblieben sei.^) Ich glaube zu Unrecht.
Denn für die Tatsache der Erhöhung läßt sich ganz ab-
gesehen von der größeren Schwere der Funddenare, die
bisher die Hauptgrundlage unserer Erkenntnis gebildet hat,
noch ein anderes direktes Zeugnis anführen. In einem
Briefe Alchvins an Paulinus v. Aquileia vom Jahre 796 wird
von zwei goldenen Armringen gesagt, sie hätten an Gewicht
24 Denare von der neuen Münze des Königs weniger als
ein volles Pfund. ^) Damit ist erwiesen, daß die neue Münze
Karls eine Gewichtsveränderung gebracht hatte.
Steht also die Tatsache fest, daß Karl das Münzpfund
erhöht habe, so herrscht über das Maß dieser Vergrößerung
die allergrößte Meinungsverschiedenheit. Schon Hilliger
hat, da er einen historischen Überblick über die ältere
Literatur zu dieser Frage gab, der Empfindung Ausdruck
verliehen, es habe nahezu jeder, der sich damit beschäftigte,
au,ch eine neue Ansicht darüber aufgestellt.^) Er betonte
mit Recht die große Unsicherheit der uns zur Verfügung
stehenden Erkenntnismittel. Aus der großen Masse dieser
Hypothesen stehen heute drei im Vordergrunde. Die
Guerards, der eine Erhöhung des alten römischen Pfundes
zu 12 Unzen oder 327 g um ein Viertel, auf 15 Unzen
(40875 g) annimmt*), hat jüngst Hilliger mit neuen Argu-
menten zu stützen gesucht.^) Eine zweite Theorie hat
Blancard 1887 aufgestellt, die eine Erhöhung um 50 °/o
nach Maßgabe der Vergrößerung der Hohlmaße durch Karl
voraussetzt und das Pfund auf Grund von niedrigen Denar-
gewichten auf 367*128 g berechnete.^) Dieselben Anschau-
^) De la pretendue livre de Charlemagne. Annuaire de la Soc.
de Numis. 20, 13 ff.
") MG. Epp. 4, 140 nr. 96 : duas armillas auri obrizi pensantes
14. denarios minus de nova moiieta regis quam libram plenavi.
') Studien zu mittelalterlichen Maßen u. Gewichten, Hist. Vjschr.
3 (1900), 163.
*) A. a. O. I, 216.
'•') La pile de Charlemagne, Ann. de la Soc. de Num. 11, 595 ff.
— 309 —
ungen, allerdings mit anderen Gewichtszahlen, vertrat 1889
auch Rocca^) und dann besonders M. Prou.^) Das würde
also nach letzterem eine Steigerung des Gewichtes von 12
auf 18 Unzen (oder auf 491 g) bedeuten.
Neuerdings hat Capobianchi dann aus Angaben italieni-
scher Urkunden die Folgerung abgeleitet^), daß eine Er-
höhung um ^/s erfolgt sei, also auf 16 Unzen oder 436 g.
Soetbeer*) meinte ähnlich wie Leblanc^) vor ihm das Pfund
Karls auf 367 g bestimmen zu können, Fossati nahm 433 g
dafür an.®)
Guerards Ansicht beruhte lediglich auf unzulänglichen
Gewichtsberechnungen von Funddenaren, welche er noch
als nahezu unfehlbares Hilfsmittel für solche Feststellungen
ansah. '^) Was Hilliger zu dessen Unterstützung vorbrachte,
mochte scharfsinnig gedacht sein, eine sichere Grundlage
aber wurde auch damit keineswegs gewonnen. Er meinte
nämhch, das Capitulare, aus dessen Angaben man früher
schon den Münzfuß von 20 Solidi ermittelt hatte, noch
weiter ausnutzen zu können. Da in demselben die Hunger-
steuer der Laien gleichfalls nach Gewichten abgestuft
erscheint^), nahm er eine Gesetzmäßigkeit dieser Ab-
stufung an und gelangte so auf rechnerischem Wege zu
der Gleichsetzung von 2 Solidi mit i ^'2 Unze, oder für das
Pfund = 15 Unzen. ^)
*) Induzioni e deduzioni sul sistema metrico e numismatico dei
Merovingi riformato da Carlomagno p. 28 — 32.
*) La livre dite de Charlemagne Mem. de la Societe des anti-
quaires de France 54 (1893) p. 2443"., bes. 261.
') Pesi proporzionali desunti dai documenti della libra Romana,
merovingia e di Carlo Magno Rivista Ital. di Numis. 5 (1892), 79 ff.
*j A.a.O. 4, 3"-
") Traite histor. des monnoyes de France ed. de Paris S. 83f.
") De ratione nummorum, ponderum et mensurarum in Galliis
Mem. del R. Acad. delle scienze di Torino Ser. II. t. V 1843.
') A.a.O. I, 126: ce moyen ä peu pres infaillible.
*) MG. Capit. 1,52: comites vero fortiores libra7?i unam de ar genta
aut valentem, mediocres mediam librant; vassus dominicus de casatis
ducentis mediam libram, de casatis centum solidos quinque, de casatis
quinquaginta aut triginta unciam unam. . . . et qui redimere vohierit,
fortiores comites uncias tres, mediocres unciam et dimidiam , minores
solidum unum.
») A. a. O. S. 202.
— 310 —
Allein diese Gleichung rechnete nur mit einer Un-
bekannten. Es bestehen aber deren zwei. Es ist nämlich
nicht sicher, daß die Abstufung wirklich so erfolgte, wie
Hilliger voraussetzt^): der Nachfolgende habe stets die
Hälfte des Vorausgehenden gegeben.
Ähnlich unsicher sind auch die Berechnungen Capo-
bianchis. Die von ihm beigebrachten Urkundenstellen aus
Italien beweisen tatsächlich nur zweierlei. Einmal, daß
verschiedene Solidi in Italien üblich waren, z. B. der rö-
mische 9 Denare umfaßte.^) Dann aber, daß um 800 die
fränkischen Silberschillinge zu 12 Denaren auch in Italien
Eingang fanden. Man kann aber aus dieser Verschiedenheit
der Denarzahlen in verschiedenen Urkunden meines Er-
achtens nicht so ohne weiteres den Schluß ziehen, daß das
fränkische Pfund, weil der fränkische Schilling um ^/s mehr
Denare enthielt als der römische, gleichfalls um dieselbe
Größe schwerer war als das römische. Ebensowenig beweist
dies der weiters noch zitierte Umstand, daß die Gold-
mancusen nun 30 neue Denare wert waren, während der
Goldschilling der Lex Salica früher 40 Denaren gleichkam.^)
Es werden von Capobianchi hier beidesmal Münzwerte
gleichgesetzt, die nur den Namen (Denarius — Solidus) gemein
1) Schon ein Blick auf die eigentlichen Hauptansätze dieser
Steuer hätte ihn eines Besseren belehren können. Dort werden
4 Gruppen, also um eine mehr als hier (bei der Ablösung) unter-
schieden und zwar nach der Zahl ihrer abhängigen Höfe (Casaten).
In der letzten aber werden Leute recht verschiedenen Vermögens
einheitlich zusammengefaßt. Offenbar zahlten, da hier auch die Vassi
mit bloß 30 Casaten einbegriffen sind, die mit ihnen gleichbesteuerten
Vassi mit 50 Casaten tatsächlich nicht die Hälfte der vorausgehenden
Gruppe von 100 Casaten. Hier stimmt die Rechnung Hilligers
schon nicht. Nach ihm wären ja 5 Solidi — 3^/4 Unzen, hier aber
ist — bei der vermeintlichen Hälfte davon — nur i Unze als Steuer
festgesetzt. Und da nun in der parallelen Reihe der Ablösungs-
sätze gar bloß 3 Stufen unterschieden werden, ist wahrscheinlich,
daß auch hier die minores nicht die Hälfte der mediocres zahlten.
Oder mit anderen Worten, diese Stelle ist nicht beweiskräftig genug,
um aus ihr so wichtige Schlüsse abzuleiten. Man könne eher daraus
schließen, daß ein SoHdus weniger als die Hälfte von 1 V2 Unzen
(= 3/^), etwa bloß ^/s und somit das Pfund nur 12 Unzen gehabt habe.
2) A. a. O. S. 83. *) A. a. O. S. 85.
— 311 —
hatten, tatsächlich aber sehr verschieden waren. Dies beweist
für die Denare meines Erachtens schon der Umstand, daß die
fränkischen Denare den Italienern als „grossi", Dickpfennige
erscheinen.*) Sie waren also offenbar schwerer im Einzel-
stück als die römischen. Das würde eher darauf hin-
weisen, daß Karls neues Pfund um mehr als ^/s an Ge-
wicht zugenommen hatte. Allein auch dieser Schluß ist
unstatthaft, da ja wie bei Capobianchi die Verschiedenheit
in der Stückelung gar nicht in Rechnung gestellt wurde.
Die Berechnung Prous beruht ähnlich wie jene Guerards
auf dem Gewichte von Funddenaren. Er ging hiebei von
der bestechenden Annahme aus, daß die einzelnen Stücke
kaum übergewichtig ausgebracht wurden und man daher
das Höchstgewicht, das tatsächlich konkret vorkommt, der
Berechnung zugrunde legen müsse. Er nimmt dafür 2'03 g
an, welches im 9. Jahrhundert begegnet. Er gelangt so zu
einem Gewicht von 487 20 g und bestimmt das neue Pfund
Karls im Hinblick auf die gleichzeitig im Verhältnis von 2 : 3
vorgenommene Erhöhung der Hohlmaße von der römischen
Libra zu 327'453g aus schließUch auf 4gi'iyg g.^)
Es ist bereits darauf hingewiesen worden^), daß auch
dieser Vorgang keineswegs einwandfrei ist. Man darf nicht
einzelne besonders schwere Stücke „aussaigern", will man
das normale Denargewicht ermitteln. Ferner ist es meines
Erachtens doch auch bedenklich, ein Denargewicht zugrunde
zu legen, das erst im 9. Jahrhundert unter den Nachfolgern
Karls tatsächlich vorkommt , zumal wir wissen , daß das
Gewicht der Denare sich auch nach Karl noch erhöht hat.
Ich möchte mich bei diesem Stande der Frage für
keine der vielen Zahlen, die für das Gewicht des neuen
Karlpfundes aufgestellt wurden, entscheiden. Non liquet!
Aber eines darf betont werden. Selbst wenn Prou zu hoch
1) A. a. O. S. 83ff.
*) A. a. O.; auch les monnaies Caroling. Introduction XLIV.
^) v. Luschin im Neuen Arch. 33, 456 bemerkt zutreffend, durch
den Nachweis, daß die Silbermünzung unter Karl d. Gr. al marco er-
folgte, sei der von Prou unternommene Versuch, das Gewicht der
schwersten Stücke zum Aufbau des Münzfußes zu verwenden, in
seiner Grundlage erschüttert. Vgl. auch schon die Warnung Soet-
beers a. a. O. 4, 310.
— 312 —
gegriffen haben sollte^), so sind alle anderen wesentlich
niedrigeren Gewichte einschließlich der von Guerard auf-
gestellten und von Hilliger sowie v. Inama adoptierten Größe
(c. 408 g) entschieden zu gering angesetzt. Denn die Denare
Karls des Großen aus dieser zweiten Periode seiner Re-
gierung nach der Reform haben doch sehr häufig ein Gewicht
von 170 — r90g.^) Stellt man die Abnützung durch die
Jahrhunderte in Rechnung, so ergibt das, da an eine häufige
oder starke Übermünzung doch wohl nicht zu denken ist,
für 240 Stück, die auf das Pfund gingen, entschieden mehr
als 408 oder 409 g.^) Anderseits scheint mir doch sehr
wahrscheinlich, daß eine Übereinstimmung von Maß und
Gewicht auch damals hergestellt worden sein dürfte.*) Der
Modius aber, das wissen wir sicher, wurde durch Karl um
die Hälfte seines Inhaltes vergrößert. Und es ist doch wohl
zu gekünstelt, mit Capobianchi die Sache so zurechtzu-
legen^), daß Karl bei der Münze anders als bei den Maßen
nur mehr jenen Teil dieser Erhöhung ausgeführt habe, der
nach der ersten, schon unter Pippin vorgenommenen Ge-
wichtssteigerung noch zu den 50^/0 fehlte.
Wann ist diese Gewichtsreform Karls des Großen
nun erfolgt? Auch das wissen wir nicht. Die allgemeine
Annahme geht dahin, daß es 794 geschehen sei, da in dem
Frankfurter Capitulare aus diesem Jahre von neuen Denaren
die Rede ist und außerdem auch ein öffentliches Maß er-
wähnt wird, das „neulich" festgesetzt worden sei.^)
') Neuerdings schloß sich ihm auch J. Cahn, Münz- u. Geldgesch.
V. Konstanz a. a. O. S. 9 an.
•*) Prou Catalogue nr. 944 — 955. 969. 983. Die Annahme Prous
in der Einleitung p. XLI u. XLIII, daß 179 das schwerste Gewicht
darstelle, wird dadurch berichtigt.
*) Blanchet Adr., manuel de Numism. fran9. i (t9i2), 361 nimmt
neuestens mit Rücksicht auf das gewöhnliche Denargewicht dieser
Zeit, das er mit 1*82 g ansetzt, ein Pfund von 436'8o g an und zwar
zu 16 Unzen.
*) Das betont neuerlich mit Recht Guilhiermoz, Note sur les
poids du moyen äge Bibl. de l'Ecole des chartes 1906 S. 230.
^) Les Caroli pondus conserves en Italie in Melanges d'archeol.
et d'histoire 20, 66..
") MG. Capit. X, 74 c. 4: modium ptiblicum et noviter statuhim . . .
c 5.: de denariis autem ceriissinic sciatis nosti"uvi edüttim, quod in
— 6^6 —
Jedenfalls war die Reform damals also schon durchgeführt.
Einzelne Forscher haben nun darauf aufmerksam gemacht,
daß bereits in dem Capitulare von Mantua (781 ?) ^) von einem
Verruf der Denare die Rede ist. v. Inama erblickt darin
geradezu ein zwingendes Moment, die neue Gewichts- und
Geldreform in dieses Jahr bereits zu setzen.^)
Prou dagegen meinte, es folge daraus nicht, daß deren
Emission damals eben erfolgt sei, sie habe auch 14 Jahre
zurückliegen können.') Guilhiermoz wollte sich damit helfen,
daß er annahm, diese Quelle gehöre vielleicht doch in eine
spätere Zeit.*) Allein gegen eine solche Möglichkeit hatte
schon Prou zuvor mit Recht Bedenken gehabt.
Das alles sind Verlegenheitsausflüchte vor einem
Hindernis, das tatsächlich — keines ist! Denn solche
Münzverrufe kommen in der KaroUngerzeit auch später nach
794 doch wieder vor, z. B. 823 — 25 ^), ohne daß man dabei
wieder an eine neue Münzreform zudenken hätte. Man beachte
weiter: 805 spricht Karl im Capitulare zu Thionville von
Denaren: qtii Tnodo ynonetati sunt. Auch 819 ist wieder
von einer nova moneta die Rede.®) Damit wird uns die
richtige Deutung an die Hand gegeben. Die Bezeichnung
novi ist nicht absolut, sondern relativ zu nehmen ; denarii
novi sind jeweils die Denare der letzten Emission im
Gegensatze zu allen vorausgegangenen Emissionen. Das
erhellt ganz unzweideutig auch aus dem schon zitierten
Capitulare von 823/5.'') Es tritt Uns also hier bereits ganz
dieselbe Bezeichnungsweise entgegen, die dann im 13. Jahr-
hundert gang und gäbe war.**)
omni loco, in omni civitate et in omni empturio similiter vadant isH
novi denarii et accipiantur ab omnibus.
*) MG. Capit. I, 191 c. 9: ^ß moneta, ut nullus post Kai. Aug. istos
denarios quos modo habere visi sumiis, dare aiideat atit recipere.
*) DWG. I, 458= I^ 635f. ^) Catalogue introd. p. X.
*) A.a. O. S. 227. ä) MG. Capit. I, 306 c. 20. *) Ebenda 290c. 12.
') A. a. O. I, 306 c. 20: de moneta vero, unde iam per tres annos
et ammonitionem fecimus et tempus qiiando una teneretur et aliae
omnes cessarent constituimus.
*) Vgl. z. B. für die Wiener Pfennige, wo man früher die denarii
novi auch auf einen bestimmten Zeitpunkt hat deuten wollen, die
Ausführungen v. Luschins in Sitz.-Ber. d. Wiener Akad. 140 VI. 32.
— 314 —
Wenn einzelne Forscher, wie unter anderen z.B. v. Inama,
auf jene Bestimmung Karls des Großen von 794 auch be-
sonderen Nachdruck gelegen haben, daß die neuen Denare
probhaltig und vollwichtig (probi atque pensantes) sein
sollten ^), so ist dies keineswegs als eine Neuerung Karls des
Großen anzusehen, die eben auf die schwereren Denare
von damals zu beziehen wäre. Vielmehr erweist sich diese
Stelle als eine bereits seit Römerzeiten immer wieder-
kehrende Wendung 2), die wohl mehr negativen Charakter
hat. Sie beweist meines Erachtens , daß tatsächlich viel
minderwertige Münze fortgesetzt umlief, die nicht nur im
Feingehalt, sondern auch im Gewichte geringer als der
gesetzliche Münzfuß es vorschrieb, ausgebracht war. Ein
Hinweis auf die größere Schwere etwa dieser neuen
Denare Karls liegt also darin nicht vor. Die Be-
deutung der Stelle über das Nomisma des Königs auf diesen
Münzen, die nicht etwa jetzt zuerst „mit dem königlichen
Namenszug versehen" wurden, wie man nach v. Inamas Dar-
stellung^) glauben könnte, hat schon Prou erläutert.*)
Mit diesen Feststellungen haben wir nun auch, glaube
ich, die feste Basis gewonnen, von der aus eine Reihe bisher
vielbesprochener und -umstrittener Schwierigkeiten ihre
Lösung finden kann. Die meisten Forscher hatten an-
genommen , daß Karl zuerst diese Gewichtsveränderung
des Pfundes vorgenommen habe und dann als Folge davon
die Denare schwerer ausgebracht worden seien. Mit Recht
hat demgegenüber Heck die Frage aufgeworfen, was denn
das Frühere gewesen sei? Ob nicht vielmehr umgekehrt,
als man bisher annahm, eben die Erhöhung des Denar-
gewichtes zu jener Reform Anlaß gegeben habe?^) Denn
sie war ohne Zw^eifel notwendig, sollte die alte Stückelung
des Münzpfundes auch nach der Erhöhung des Denareinzel-
1) A. a. O. 1, 74 c. 5: Si autem nominis nostri nomisma habent et
mero sunt argento, pleniter pensantes.
■-) Vgl. z. B. MG. FF. Marculf II. nr. 22; Form. Sal. Bignon. n. 20;
ferner Trad. Wizzenburg. nr. 186. 218. 225. 239. 244. — Cod. Lauresham.
2 nr. 1087.
^j WG. I ^, 629. *) Catalogue a. a. O. introd. X.
^) Die altfriesische Gerichtsverfassung (1894) S. 48of.; vgl. auch
Th. Sommerlad, Art. „Münzvvesen" Hdw. d. Staatswiss. 3. Aufl. 6, 841.
- 315 —
gewichtes aufrecht bleiben. Die Gewichtsdifferenz zwischen
den Denaren aus der zweiten Periode Karls des Großen und
jener der ersten sind auch zu groß, als daß man dies mit
der früher besprochenen Veränderung des Münzfußes (20 statt
22 Solidi auf das Pfund) erklären könnte. Heck meint,
die Erhöhung des Denargewichtes sei erfolgt, um die Re-
lation zu den Goldmünzen, die zahlreich zirkulierten, zu
stützen. Das Bedürfnis, den Kurs der Silbermünzen gegen-
über dem Golde aufrechtzuerhalten, mußte eine Erhöhung
des Gewichtes zur Folge haben. Diese Annahme Hecks
hat, glaube ich, seit dem Münzfunde von Ilanz (1904) er-
heblich an Wahrscheinlichkeit gewonnen, da wir heute wissen,
daß die Goldprägung auch unter Karl dem Großen, und zwar
auch diesseits der Alpen fortdauerte.^)
Ich möchte ferner auch den Umstand dafür ins Treffen
führen, daß das Gewicht der Denare kontinuierlich ansteigt.
Nicht bloß damals nur. Dies ist von Pippin an, dessen Gewicht
Karl zunächst beibehält, um in der zweiten Herrschafts-
periode die bekannte Erhöhung vorzunehmen, dann aber
auch weiter noch ebenso fort durch das 9. Jahrhundert
hindurch zu verfolgen.^) Wäre die Annahme eines schwereren
Pfundes durch Karl allein die Ursache gewesen, dann bliebe
diese Erscheinung ungeklärt.
Karl mochte sich zu einer Ordnung auch des Gewichtes
wohl hauptsächlich durch den Umstand gedränkt fühlen,
daß bis dahin bloß eine rohe al marco Justierung erfolgte,
welche nicht so sehr auf das Gewicht des Einzeldenars
achtete, sondern nur darauf bedacht war, daß eine größere
Menge davon einem bestimmten Gewichte entspreche.^)
Die immer wiederkehrende Betonung auch bei Zahlungen
im Privatverkehr, daß die Denare nicht nur probi, sondern
auch vollwichtig (pensantes, bene pensantes) sein sollten*),
beweist meines Erachtens, wie sehr man diesen Mangel im
gewöhnlichen Leben als wirtschaftlichen Nachteil empfand.
^) Vgl. Luschin a. a. O. S. 443.
*) Darauf hatte schon v. Inama WG. i, 457 = i *, 634 hingewiesen.
') Vgl. V. Luschin a. a. O. S. 449 ; vor ihm schon Soetbeer a. a. O.
4, 309 f-
*) Vgl. die oben S. 314 n. 2 zit. Belege.
- 3i6 -
Eben darin ist, meine ich, wohl auch der Grund zu suchen
für die Zurückweisung der Denare, welche dann zu den
häufigen Geboten der Annahmepflicht Anlaß gab. Man hat
diese allgemein so gedeutet, daß die Bevölkerung überhaupt
gegen das Münzgeld sich ablehnend verhalten habe, da sie
noch zäh an der Naturalwirtschaft festhielt.^) Nimmt man
aber die Wiederholungen dieser Verbote aus der späteren
Karolingerzeit hinzu, so erhellt deutlich, daß diese Zurück-
weisungen sich gutenteils auf minderwertige Gepräge
bezogen haben. Die Annahmepflicht wird auf die fein-
haltigen und vollwichtigen Denare eingeschränkt.^) Die
minderwertigen sollten ausgewechselt werden. Naturgemäß
mochte, wenn solche minderwertigen Münzen zahlreich um-
liefen, das Volk dann überhaupt mißtrauisch geworden sein
und mitunter auch gute Stücke verdächtigt haben. Und
das um so mehr, als die Falschmünzerei damals offenbar
sehr verbreitet war und viele falsche Münzen unter das Volk
kamen. ^)
Oder sollen wir auch für die Städte und Märkte West-
franciens um 864 noch annehmen, daß dort strenge Natural-
wirtschaft geherrscht habe.? Solche wirtschaftsgeschichtliche
Kindermärchen ernst zu nehmen, wird uns heute wohl niemand
mehr zumuten wollen.
Aber man hat, so wird man einwenden, off"enbar doch
auch die neuen schweren Denare Karls des Großen zurück-
gewiesen, da er für diesen Fall selbst doch gesetzliche
Vorschriften*) erließ? Die waren ja noch besser als ihre
Vorgänger ! Unzweifelhaft. F. Dahn hat diese Tatsache
') V. Inama WG. i, 464= i^, 646; M. Prou, Catalogue Introduct.
p. XXVI; vgl. oben S. 268 f.
-) Vgl. das Capit. von 861 MG. Capit. 2, 302: de colonis autem et
servis cuiuslibet potestatis, si in civitatibtis vel mercatis aliis deprehensus
aliquis fuerit denarium reicere, missus rei publicae provideat, ut, si non
invenerit illiim denarium merum et bene pensantevt, ut cambiare
illum mercanti iubeat; siehe auch die von Prou in Mem. de la Soc.
des Antiquaires 54, 257 n. i zit. Stellen; vgl. auch Soetbeer a. a. O. 6, 9.
') Vgl. dafür die interessante Stelle im Edikte v. Pistes 864.
Ebenda 316, c. 16: zit, si aliquis homo . ... de hac nova nostra moneta
mixtum vel minus, quam debeat, pensantem denarium invenerit . . .
*) Ebenda i, 74 c. 5.
— 317 —
so zu erklären gesucht, daß die Leute nur die Münzen der
ihnen nächstgelegenen und bekannten Münzstätten gerne
angenommen, jene aus fernen Gegenden aber nicht gekannt
und deshalb gescheut hätten.^) Das mag ja vielleicht auch
mit Einfluß gehabt haben. Ich meine jedoch, der Hauptgrund,
weshalb man diese schweren Denare zurückwies, war ein
anderer: Man wird sie nicht in gleicher Zahl wie die alten
erhalten haben. Ja ganz allgemein werden bei Münzver-
rufungen die neuen Stücke nur gegen eine entsprechende
Aufzahlung zu haben gewesen sein. Dieses Recht des so-
genannten Aufwechsels ist ja auch im späteren Mittelalter
allgemein üblich und bereits zur Genüge aufgeklärt. Erlangte
durch den Münzverruf nur die neue Emission das Recht der
Währung, so sanken alle früheren Emissionen zu Handels-
münzen herab. Sie liefen zwar auch weiter noch um,
wurden aber nur ihrem Silbergehalt entsprechend nach
Gewicht in Zahlung genommen.^) So erkläre ich mir auch
die Erscheinung, daß in den Privaturkunden jener Zeit,
bei Kauf- und Verkaufshandlungen, die Geldpreise
beinahe regelmäßig nach Gewicht (Pfund oder Unzen)
bestimmt erscheinen, v. Inama ') , dem diese Tatsache
bereits aufgefallen ist, hat daraus folgern wollen, daß der
Gebrauch der Münzen im Abnehmen begriffen und bloße ,
Gewichtsmengen der edlen Metalle immer mehr an Stelle
der althergebrachten Münzen in Anwendung kamen. Unter
libra argenti braucht aber nicht ein Pfund Edelmetall (un-
geprägt) nur verstanden zu werden, es kann dasselbe auch
durch verrufene Denare aufgewogen werden. Wie es im
späteren Mittelalter dann ja gang und gäbe war („Mark
Silber gewegens").*) Daß man schon in der Karolingerzeit
so vorging, lehren meines Erachtens u. a. auch die Berichte
über die Bezahlung der Normannensteuer 866 und 877.
Da heißt es ausdrücklich, es sei die vereinbarte Steuer-
summe in Silber ad pensam entrichtet worden.^) Kein
^) Könige VIII. 5, 72; ähnlich vor ihm schon Soetbeer a. a. O. 6, 8.
*) Vgl. V. Luschin a. a. O. 445 f- *) WG. i, 451 = i *> 621.
*) Vgl. Luschin in Sitz.-Ber. d, Wiener Ak. 140. VI. 52.
^) Ann. Bertin. ed. Waitz MG. ss. rer. Germ, in usum schol. zu
866 u. 877.
- 3i8 -
Mensch wird annehmen wollen, daß man den Normannen
5000 Pfund bloß in Gold- und Silberbarren zugewogen
habe.i)
Die von Heck aufgeworfene Frage nach der Priorität
der Pfund- oder Denargewichtserhöhung führte uns bereits
zu einer anderen wichtigeren hin. Was ist der Grund für
die Erhöhung der Schwere des Denars gewesen? Es
ist gewiß eine im Mittelalter auffallende Erscheinung, daß die
Karolinger das Gewicht der Münzen nicht gemindert, sondern
vermehrt haben. Diese Frage wird wohl nur dann be-
friedigend gelöst werden können, wenn wir noch weiter
zurückgreifen und versuchen festzustellen, was denn die
Ursache für die Bevorzugung der Silberprägung
überhaupt gewesen sei, die jene Periode doch beherrscht.
Nahezu allgemein hat man seit Soetbeer immer wieder
dessen Ausführungen wiederholt, die darin gipfeln, daß am
Beginn der Karolingerperiode eben das Gold geschwunden
und die Karolinger daher genötigt gewesen seien, die Gold-
prägungen aufzulassen.^) Indem Soetbeer diese Theorie
aufstellte, mußte er sich doch selbst gestehen, daß keine
Veränderung in den Produktionsverhältnissen der Edel-
metalle im fränkischen Reiche eingetreten war.^) Die Gold-
decke, welche noch Anfang des 6. Jahrhunderts in Gallien
vorhanden gewesen, sei eben in den folgenden 2 Jahr-
hunderten geschwunden, zumal keine nennenswerten neuen
Zuflüsse stattfanden.*)
Auch V. Inama- Sternegg ^) und zuletzt v. Luschin ^)
haben diese Argumentation sich zu eigen gemacht. Gariel
hatte ähnlich ein Schwinden des Goldvorrates angenommen,
es aber hauptsächlich auf den damals herrschenden Luxus
zurückführen wollen, alles Gold hätten die Goldschmiede
verbraucht.'')
Auch M. Prou vermochte sich nicht vom Banne dieser
^) Vgl. dazu auch Seebohm a. a. O. 174.
-) A. a. 0.4, 252 ff. *) Ebenda 253. *) Ebenda 254.
*) DWG. I, 451 = 1', 621.
•) Der Denar der Lex Salica a. a. O. S. 52.
■') Les monnaies royales de France sous la race Carolingienne i,
Introd. p. 9 (1883).
— 319 —
Theorien loszumachen, obwohl er erkannte, daß in Italien
gleichzeitig Gold in Hülle und Fülle vorhanden gewesen sein
müsse, da Karl der Große dem Herzog Grimoald von Bene-
vent als Preis für den Frieden 25000 Goldschillinge auf-
erlegte und Ludwig der Fromme von demselben nachher
einen jährUchen Tribut von 7000 Goldschillingen gefordert
habe.i)
Aber sind nicht, frage ich, diese recht beträchtlichen
Goldmengen doch auch den Ländern diesseits der Alpen
zustatten gekommen? Da waren ja doch neue Zuflüsse
an Gold , die Soetbeer gänzlich vermißte , reichlich vor-
handen ! Und hat nicht die Besiegung der Awaren einen
ungeheueren Goldstrom nach dem Westen geführt?^) Ältere
Forscher, \yie Gförer^) und Kießelbach*), haben ja geradezu
gemeint, es sei dadurch eine förmliche Preisrevolution in
Frankreich herbeigeführt worden.
Und wenn auch Soetbeer^) und v. Inama^) dagegen
mit Recht Stellung genommen haben, so ist doch ihre Be-
hauptung, es hätten jene Zuflüsse keine Rückwirkung auf den
Geldumlauf und die Geldbewertung ausgeübt, ebensowenig
zu belegen wie die gegenteilige Meinung, welche sie be-
kämpften.
Dem Süden Frankreichs aber brachten die Araber in
regem Handelsverkehr Gold zu.'') Doch auch im Osten, in
Bayern, muß Gold in stattlicher Menge vorhanden gewesen
sein. Das beweist nicht nur die Erwähnung von Gold-
bergwerken, sondern auch urkundliche Nachrichten über
bedeutende Beträge, die in Gold aufgewendet wurden. Der
heilige Corbinian soll 900 Goldsolidi von dem fränkischen
Hausmeier Pippin erhalten haben ^), ein stattliches Geschenk,
das bedeutende Goldvorräte beim Schenker voraussetzt.
0 Catalogue, Introduct. XXX f.
^) Die Quellen dafür hat schon v. Inama WG. i, 466 n. 3 zu-
sammengestellt.
') Gesch. Gregors VII. S. 197 ff.
*) Der Gang des Welthandels und die Entwicklung des euro-
päischen Völkerlebcns im Mittelalter (1860) S. 31.
5) Forsch, z. DG. 6, 82 n. i. «) WG. i, 466 = i -, 647.
') Prou a. a. O. XXXI.
*) Vita Corbiniani c. 19, Riezler in Abhandl. d. bayr. Ak, 18, 26.
— 320 —
Der neue Fund von Ilanz (1904) hat weiter gezeigt, daß
Goldprägungen auch unter Karl dem Großen diesseits der
Alpen in Chur statthatten.^) Wir wissen heute, daß auch
bei den Friesen damals Goldprägungen nachweisbar sind. 2)
Der große Luxus, welcher in jener Zeit sehr allgemein
betrieben wurde ^), läßt übrigens nun doch auch die Stellen
in Urkunden, die Gold und Silber als regelmäßigen- Bestand-
teil der Landgüter anführen, in anderem Lichte erscheinen.
Ob das wirklich nur Formeln gewesen sind.?**)
Wiederholt erscheint auch in den erzählenden Quellen
der große Prunk an Gold und Silber besonders hervor-
gehoben , welchen einzelne Könige selbst bei Reisen ent-
falteten, s)
Warum soll auch das Gold gerade jetzt am Be-
ginne der Karolingerzeit bei den Franken seltener
geworden und eine Abnahme des Goldvorrates ein-
getreten sein.? Schon F. Dahn hat betont, daß für diese
Hypothese kein anderer Beweis vorhege, als eben die Ein-
führung der Silberprägung.®) Es liegt tatsächlich ein Zirkel-
schluß da vor. Diese alte Theorie wird jetzt noch unwahr-
scheinlicher, da erwiesen ist, daß ja diese Silberprägung gar
nicht jetzt erst durch die Karolinger eingeführt wurde, sondern
schon in der Merowingerzeit lange vorhanden gewesen ist.
Überdies läßt sich nachweisen, daß der Goldvorrat im
fränkischen Reiche nicht nur Anfang des 6. Jahrhunderts,
sondern auch viel später noch beträchtlich gewesen ist."^)
Also kann auch nicht die Länge des Zeitabstandes den
Goldvorrat schwinden gemacht haben.
Da nun der Übergang von der Gold- zur Doppelwährung
schon im 7. Jahrhunderte erfolgte, werden wir die Gründe
dafür nun nicht so sehr in den Verhältnissen um 750, sondern
• 1) Vgl. Luschin NA. 33, 443.
^) Vgl. M. de Man, sou d'or barbare trouve en Frise, Rev. beige
de Numism. 50, 305 ff. (1894).
*) Vgl. oben S. 144 f.
*) So Prou a. a. O. introd. p. XXXI; vgl. dazu doch oben S. 276.
*) Vgl. Ann. Bertin. zu 877 von Karls d. K. Romzug : cum uxore
et maxiin a auri et ai-genti caballorumque ac facultatum aliarum
copia de Francia Italiam petiit.
«) A. a. O. S. 61. ") Vgl. meine „Grundlagen" 2, 4ioff. u. 490 f-
— 321 —
in der vorausgehenden Zeit suchen müssen. Und da bieten
nun die neuen Aufschlüsse von der numismatischen Seite
her eine naheliegende Erklärung. Waren, wie wir jetzt wissen,
die Goldprägungen Galliens schon im 5. und 6. Jahrhundert
minderwertig, so daß sie häufigen Zurückweisungen im
Verkehrsleben ausgesetzt erscheinen, so mußte das weitere
Herabsinken des Feingehaltes im 7. und am Beginne des
8. Jahrhunderts ^) noch nachteiligere Folgen in wirtschaftlicher
Beziehung hervorrufen. Vermutlich war auch noch wegen
anderer Tatsachen, wie z. B. der zahlreichen Privatausmün-
zungen der Merowingerzeit , am Schlüsse dieser eine fühl-
bare Münzkrise eingetreten, der nun die kräftigen Ver-
waltungstalente der ersten Karolinger mit energischen
Besserungsmaßnahmen zu begegnen suchten. Gerade wenn,
wie ich annehme und oben zu erweisen suchte, der Handel
jener Zeit keineswegs so unbedeutend gewesen ist, als man
bisher allgemein glaubte, war eine Reform dringend geboten.
Denn bei den lebhaften Verkehrsbeziehungen eines entwickel-
ten Handels mußte diese schlechte und minderwertige
Münze die gute und vollwichtige verdrängen. Das ist
ein allgemein gültiges volkswirtschaftliches Gesetz (Gresham !).
Die fremden Händler werden noch mehr als die einheimischen
Konsumenten das minderwertige Geld zurückgewiesen und
das gute mit sich genommen haben. Ob es wohl zufällig
ist, daß die guten karolingischen Goldstücke (Munus Divinum)
bisher fast nur in Sachsen und Friesland aufgefunden worden
sind?^) Gerade Sachsen und Friesen waren damals an dem
Handelsverkehr im Karolingerreiche hervorragend beteiligt.^)
Auch das Vorkommen solcher Stücke in norwegischen
Funden*) klärt sich jetzt ungezwungen auf. Sie kamen
sicher nicht als Geschenke dorthin, wie Soetbeer in Un-
kenntnis der großen Entwicklung des nordischen Handels
noch ratlos gemeint hatte.
So wird nun die ganze Münzpolitik der ersten Karo-
linger verständlich, und deren Maßnahmen schließen sich
mit innerer Konsequenz aneinander. Sie suchten das all-
gemeine Mißtrauen gegen die schlechten Goldprägungen der
*) Siehe oben S. 298 f. =j Prou a. a. O. introd. XXXIII n. i.
') Siehe oben S. 192 ff. *) Soetbeer a. a. O. 6, 46.
D o p s c h , Wirlschaftsentwicklung der Karolingerzeit. H. 2. Aufl. 21
— 322 —
Merowingerzeit durch gute und schwere Silberstücke zu
beseitigen. Daher die Verstärkung des Münzfußes, daher
die stete Erhöhung des Gewichtes im einzelnen. Daher auch
die Vergrößerung desSchrötlings, auf dessen umfangreicherem
Planium nun der Namenszug des Königs deutlich wird, eine
Bürgschaft zugleich für Feingehalt und Gewicht.
Es haben also zur Prägung dieser ersten „Groschen"
ganz ähnliche Motive mitgewirkt, wie bei ihren späteren Nach-
fahren, den französischen Dickpfennigen, deii Turnosen, und
den in Böhmen dann auch noch im 13. Jahrhundert geprägten.
Diese fränkischen Denare sollten dem Auslande gegen-
über konkurrenzfähig werden. Und sie wurden es auch, diese
Politik war tatsächlich von Erfolg begleitet. Das sehen wir
am deutlichsten in Italien, wo die Groschen (,-grossi') Karls
des Großen bald Eingang fanden.^) Das zeigt auch der
Umstand , daß man im Norden (Skandinavien) schon im
9. Jahrhundert diese Gepräge nachahmte und Nachmünzungen
dort veranstaltete.^)
Ähnliches scheint auch in Sachsen vorgekommen zu
sein. Wenigstens erfahren wir, daß zur Zeit Lothars I. dort
ein gewisser Gerhard wegen Falschmünzerei auf Befehl des
Kaisers geblendet worden sei.^) ,
Und auch in Bayern, das bei seiner alten Währung ver-
harrte, dringen die solidi Francisci ein.^)
Dem gleichen Ziele dienten nun auch die übrigen Maß-
nahmen der Karolinger in der Münzverwaltung, Karl
der Große hat 803^) und Ludwig der Fromme 816^) von neuem
') Capobianchi, Riv. Ital. di Numism. 5, 83 ff.
^) Bugge, Die nordeuropäisch. Verkehrswege im frühen MA.,
Vjschr. f. Soz. u. WG. 4, 232 f.
^) Translatio s. Alexandri c. 9. MG. SS. 2, 679.
*) Bitterauf nr. 338 (815).
°) MG. Capit. I, 114 c. 9: omnia debita guae ad partem regis solvere
debent, solidis duodecim denariorum solvant, excepto freda guae in lege
Saliga scripta est; illa eodem solido guo caeterae compositiones solvi
debent, componatur.
") Ebenda 269 c. 2: de oninibus debitis solvendis, sicut anti-
guitus fuit constitutum, per duodecim denarios solidus solvatur per
totam Salicam legem, excepto leudes, si Saxo aut Frisio Salicum occiderit,
per XL dinarios solidi solvantur. Über diese Ausnahme siehe unten
das über die Münzen der Sachsen und Friesen Gesagte. Daß auch
~ 323 —
den Umlauf der alten salischen Denare verboten, wie das
bereits unter Pippin geschehen war. Wiederholt werden
scharfe Bestimmungen wider die Falschmünzerei^) und Münz-
verschlechterung ^) erlassen. Die Münzverwaltung wird wieder
straffer in der Hand des Königs zentralisiert. Nur in der
Residenz des Königs sollen jetzt Münzen geschlagen werden,
hat Karl der Große 805 bestimmt.^) Der Sinn dieser Ver-
ordnung ist z. T. nicht richtig ausgelegt worden. Soetbeer
meinte, das Münzen sei auf die Münzanstalt im kaiserlichen
Palast beschränkt und diese Beschränkung erst durch das
Capitulare vom Jahre 809 aufgehoben worden.*) Schon
F. Dahn hat aber bemerkt, daß die Ausmünzung offenbar
nicht nur in dem Palast zu Aachen, sondern in den sämtlichen
Königspfalzen gestattet war.^)
Halten wir ein zweites Capitulare Karls, das denselben
Gegenstand behandelt , noch hinzu , so wird die Sachlage,
glaube ich, etwas deutlicher: Ut in nullo loco moneta
percutiatur, nisi ad curtem, et Uli denarii palatini mercantur
et per omnia discttrrant.^) Erinnern wir uns, daß unter
palatium ebensowohl wie unter curtis bereits zur Karolinger-
zeit der Hof, die Residenz des Königs schlechthin gemeint
sein konnte"^), so wird die Auslegung Dahns durchaus ein-
leuchten. Es ist auch ganz unwahrscheinlich, daß Karl
plötzlich alle königlichen Münzateliers in seinem weiten
Reiche zugunsten Aachens hätte aufheben wollen. Jenes
Capitulare aber, durch das, wie Soetbeer meinte, diese Ver-
816 keine Bußerniedrigung statthatte, wie Heck, Gemeinfreie i, 201
und Sommerlad, Die Wirtschaft!. Tätigkeit der Kirche im MA. 2, 165
annehmen, ergibt sich aus den oben S. 84 f. u. S. 305 n.2 gegebenen Dar-
legungen. Daß salische Solidi zu 40 Denaren auch nach 816 noch vor-
kamen, beweist das Capitulare v. 8iq a. a. O. i, 292 c. 4.
*) MG. Capit. 1, 1 16 c. 28 (803) ; 125 c. 18 (805); 140 nr. 53 c. 5 (808) ;
dazu Prou a. a. O. p. LII.
-) Vgl. im Edikt v. Pistes (864) c. 16: ui si aliquis honio a proxi-
mis Kai. iul. de hac nova nostra moneta mixtum vel minus quam debeat
pensantem denarium invenerit.
') Ebenda i, 125 c. 18: defahis monetis, giiia in multis locis contra
iustitiam et contra edictum fiunt , vohi?nus, 7tt nullo alio loco moneta sit
nisi in palatio nostro, nisi forte Herum anobis aliter fuerit ordinatum.
^) A.a.O. 4, 293. «) A.a.O.S.63. «) MG.Capit.i,i40c.7(8o8).
') Vgl. im I. Bande dieses Werkes S. 148.
21*
— 324 —
fügung Karls zurückgenommen wurde, ist zuletzt von dem
neuen Herausgeber Boretius gar in die Zeit Ludwigs des
Frommen zu c. 820? gesetzt worden, eben weil es die
Existenz von königlichen Münzstätten auch außerhalb Aachens
voraussetzt.^) Das ist aber meines Erachtens keine aus-
reichende Begründung.
Jedenfalls läßt der Text der Kapitularien Karls von 805
und 808 die von Dahn gegebene Erklärung zu. Ich glaube
nicht, daß der Kaiser sich selbst die Möglichkeit hat nehmen
wollen, an jeder seiner Residenzen auch Münzen zu schlagen.
Wie in den Pfalzen ja Normalmaße ^) und -Gewichte vor-
handen waren, so dürften auch die zur Münzprägung erfor-
derlichen Geräte hier kaum gefehlt haben. Ja ich möchte
glauben , daß die bekannte Erscheinung des sogenannten
Regalienrechtes in der deutschen Kaiserzeit ^) eben darauf
auch mit zurückgehe. Der Sinn und das Ziel jener Bestim-
mungen Karls des Großen ist doch wohl, daß die Aus-
münzung eben nur durch die königlichen Münzbeamten
erfolgen *) und der besseren Kontrolle halber an Stelle der
zahlreichen merowingischen Münzstätten nunmehr nur an
wenigen, ganz bestimmten Orten Münzen geschlagen werden
sollten. Übrigens läßt der hiebei doch gemachte Vorbehalt
— nisi forte a nobis aliter fuerit ordinatum — Ausnahmen
kraft besonderer königlicher Verfügung immerhin auch zu.
Soetbeer selbst sah ein, daß eine solche Beschränkung,
wie seine Textinterpretation sie involvierte, wirtschaftlich
kaum durchführbar gewesen sei.^)
Das Kapitularienfragment von 809 (Pertz), bzw. c. 820
^) MG. Capit. I, 299; vgl. die Vorbem. Boretius'.
^) Vgl. das sog. Capit. de Villis c.9: Volunius, ut unusqinsqtie index
in suo ministerio mensuram modiorum, sextariorum et situlas per sex-
taria octo, et corbon/m eo tenore liabeant, sicut et in palatio habemtis.
^) R. Schröder, Deutsche Rechtsgesch. 5. Aufl. S. 537.
*) Vgl. dazu auch das Aachener Capit. von 809 c. 7 a. a. O. 152:
et in amiscujnque comitatum et potestate invmtum fuerit et denarius
ex dominica 7noiieta bene merus et pensantes reiectaverit . . .
*) A. a. O. 6, 31: ,, Sobald Karl d. Gr. sich überzeugt hatte, daß
seine Verordnung . . . wegen der Größe des Reichs und des Bedürf-
nisses des Verkehrs praktisch nicht ausführbar sei, wird er alsbald
in den bedeutenderen Plätzen . . . die Münztätigkeit wieder haben
aufnehmen lassen."
— 325 ~
(Boretius) beweist jedenfalls , ebenso wie ein Capitulare
Ludwigs des Frommen vom Jahre 825 ^), daß Münzen auch
anderwärts geschlagen wurden und die Grafen mit der Kon-
trolle und Aufsicht über die Münzstätten betraut waren.
Es ist nun von Prou die Annahme bereits aufgestellt
worden, daß jene Münzen der Karolinger, die den Münzort
nicht im Stempel tragen, als Pfalzmünzen anzusehen seien.^)
Prou wies auch darauf hin, daß die Münzen Karls des Großen
mit Namen von Städten (als Münzorten) selten sind. In
diese Gruppe wären demnach auch die Gepräge mit der
Aufschrift Christiana religio (ohne Münzort) zu setzen.
Hält man diese Auffassung der Münzen ohne Ortsangabe
für richtig, dann liegt es nahe, auch jene weiteren Stücke
ebenso als Pfalzmünzen zu deuten, die mit den noch nicht
sicher erklärten Legenden ex metallo novo, sowie anderseits
metallum Gernianictun versehen sind.^) Welches Bergwerk
Deutschlands damit gemeint ist, bleibt ebenso ungewiß,
als im ersten Falle die Deutung des neuen Bergwerkes.*)
Möglicherweise wurden diese Münzen auf einem Zuge Karls
des Großen in Deutschland selbst geprägt, und zwar auf
einer Pfalz, wo sich der Kaiser gerade aufhielt (?).
In den Zeiten Ludwigs des Frommen treten bereits
zahlreiche Münzstätten hervor ^) und sie mehrten sich dann seit
der Reichsteilung (843) begreiflicherweise kontinuierlich weiter.
Immerhin muß betont werden, daß Münzverleihungen
seitens der Könige während des Q.Jahrhunderts in Deutsch-
land noch die seltene Ausnahme bilden. Die Liste, welche
Soetbeer ®) und nach ihm v. Inama-Sternegg '') sowie Hauck ^)
1) Ebenda i, 306 c. 20. -) A. a. O. Introduction p. XLIXf.
^) Prou a. a. O. XVII n. 6 u. LXXVIII, sowie Engel und Serrure,
traite de numism. de moyen äge i, 220.
*) Daß metallum hier nicht das Edelmetall selbst bedeutet, hatte
schon Soetbeer a. a. O. 4, 348 gegenüber älteren Hypothesen fest-
gestellt. Neuerdings hat aber Richard, observations sur les mines
d'argent et l'atelier monetaire de Melle sous les Carolingiens Revue
numism. 1893 11, 212 die alte Ansicht wieder vorgetragen. Es be-
deutet aber auch nicht Tribut, wie Gariel a. a. O. meinte.
*) Verzeichnet bei Prou a. a. O. p. LXXIX.
'■■) A. a. O. 6, 24 ff. ') DWG. 2, 393.
^) Die Ausbildung der bischöfl. Fürstenmacht. Leipzig. Univ.
Progr. 1891 S. 48.
— 326 —
zusammengestellt haben, ist durchaus irreführend, da von
den 8 Privilegien für Deutschland, die sie aufzählten, die
Hälfte Fälschungen darstellen (Worms, Straßburg ^), Ham-
burg, Osnabrück). Tatsächlich sind in Deutschland bis zum
Jahre 898 bloß zwei echte Diplome mit Münzrecht erteilt
worden: 833 von Ludwig dem Frommen für seine Lieb-
lingsstiftung Korvey in Sachsen und 861 durch Lothar II.
für Prüm. In beiden Fällen wird die Erteilung durch die
besonderen Verhältnisse, den Mangel einer Münzstätte in der
Nähe bei regem Handelsverkehr, ausdrücklich begründet.^)
Überdies soll nicht unerwähnt bleiben, daß auch das Diplom
Kaiser Ludwigs des Frommen für Korvey von Theodor
Sickel ursprünglich seiner Echtheit nach angefochten worden
ist ^) und er erst auf die Verteidigung Soetbeers und
Wilmans' hin seine Zweifel fallen ließ.
Erst am Ausgang des 9. Jahrhunderts finden wir mehrere
Verleihungen, indem König Zwentibold 898 für Münster-
eifel , Ludwig das Kind 900 an Neu - Korvey und 908 an
Eichstätt solche Privilegien erteilten.*)
Zudem aber ist schon festgestellt worden, daß es sich
auch bei diesen Münzprivilegien lediglich um das Recht
handelte, an einer bestimmten Münzstätte — die erst neu
begründet wurde — unter Namen und Zeichen des Königs
nach dem Reichsmünzfuß zu prägen ^) ; die Privilegierten
erhielten gewöhnlich den Ertrag davon geschenkt. Es ist
also noch keine Münze zu eigenem Recht, auch noch keine
perczissiira proprii nomismatis , wie dies seit dem 10. Jahr-
hundert dann sich entwickelt.
Erst in diese Zeit Ludwigs des Kindes gehören dann auch
jene Erscheinungen, welche das Zeitalter der feudalen
Münze charakterisieren, daß mit dem Verfall der könig-
lichen Zentralgewalt die geistlichen und weltlichen Fürsten
^) Auch H. Dannenberg, Die Münzen der sächs. u. fränk. Kaiser
I, 346 sieht die Urkunde König Ludwigs d. D. angebUch vom 12. Juni
873 (= Mühlbacher Reg.- 1496) noch für echt an.
■^) Vgl. darüber J. Lechner in den Mitt. d. Instit. 22, 389 sowie
oben S. 114.
') Beitr. z. Diplornatik II. Sitz.-Ber. d. Wiener Akad. 39, 133.
*) Vgl. Lechner a. a. O. *) Soetbeer a. a. O. 6, 32.
— 32/ —
auch die Münze allmählich zu eigen erwerben. Unter dem
letzten Karolinger hat der Straßburger Bischof Odbert
(907 — 13) auf der unter königlichem Namen geschlagenen
Münze den Anfangs- und Endbuchstaben seines Namens
(OS) dem seiner Stadt beigesetzt — was Longperier ent-
deckte ^) — und Ähnliches scheint doch auch in Basel zur
gleichen Zeit erfolgt zu sein.^) Bischof Salomon von Kon-
stanz, der einflußreiche Kanzler des Königs, hat seinen
Namen bereits voll ausgeschrieben ins Planium gesetzt.^)
Und in Sachsen ließ in der Zeit König Ludwigs III. {2>'j6
bis 882) der mit der Verwaltung des Herzogtums dort be-
traute Graf und Heerführer (dux), der Liudolfinger Bruno
(f 880), auf einer unter königlichem Namen geschlagenen Münze
auch den seinen voll ausgeschrieben anbringen.*) Daß dieser
Denar in Hamburg geschlagen worden sei, wie Grote meinte,
ist ganz unsicher, da das Münzprivileg König Arnolfs für
Bremen, auf welches er sich bei dieser Zuweisung stützte,
eine Fälschung ist.^)
Diese späteren Denare vom Ende der Karolingerzeit
weisen z. T. bereits eine Verminderung des Gewichtes im
einzelnen auf. So sind die Salomondenare aus Konstanz
nur i'35 — r45 g schwer, während die älteren desselben
Ateliers aus dem Funde von Cuerdale (Lancashire) r/S g
wogen. ^)
Ihr eigenes Münzwesen haben in älterer Zeit die Friesen
und Sachsen besessen. Wir sind allerdings ganz unzulänglich
darüber unterrichtet, da in Ermangelung sicher bestimm-
barer Münzfunde nur die dürftigen Anhaltspunkte in den
Gesetzen (Lex Saxonum und Capitulare Saxonicum, sowie
der sogenannten Lex Frisionum) als Quellen dafür vorliegen.
^) Revue numismat. 1857 S. 333. ^) Grote, Münzstudien 2, 965.
^) Jul. Cahn a. a. O. 42 ff., der wohl mit Recht vermutet, daß diese
Münzen in den letzten Jahren Ludwigs, zwischen 909 u. 911 geschlagen
worden sind. Über die ältere Deutungsverschiedenheit Grote
a. a. O. 965.
*) Grote a. a. O. 2, 779; vgl. über die Schlacht, in der Bruno 880
fiel, Mühlbacher Reg.^ 1565h. Die von Menadier, D. Münzrecht der
deutschen Stammesherzöge, Ztschr. f. Numism. 27 (1909), 1 58 angegebene
Jahreszahl 750 beruht offensichtlich auf zwei (!) ,, Druckfehlern".
'") Mühlbacher, a. a. O. nr. 1792. ") Cahn a. a. O. S. 44.
— 328 —
Da nun auch das Wenige, was sie uns an die Hand geben,
infolge der Unklarheit ihres wechselseitigen Verhältnisses
und ihrer Entstehungszeit verschieden gedeutet werden kann,
war es möglich, die verschiedensten Hypothesen aufzustellen.
Die Angaben dieser Quellen beziehen sich fast ausschließlich
auf Bußsätze. Je nachdem die einzelnen Forscher nun die
Wergelder der anderen Volksrechte auffaßten, wurden auch
diese Nachrichten dann ausgelegt.
Die Friesen haben noch in der Karolingerzeit an der
Goldwährung festgehalten und wohl auch selbst Gold-
prägungen vorgenommen. Das beweist heute besonders
auch ein Münzfund barbarischer Prägung, der in Friesland
gemacht wurde. ^)
Ist die Forschung darüber ganz einig, so gehen die
Meinungen sofort auseinander, wie die in der Lex Frisionum
auftretenden Schillinge aufzufassen sind. Den im ganzen
hier zugrunde liegenden Solidus, der gelegentlich 3 Denaren
„der neuen Münze" (novae monetae) gleichgesetzt erscheint,
hat Heck als fränkischen Goldsolidus zu drei Goldtrienten
aufgefaßt ^) und mit den Goldprägungen aus der Zeit Ludwigs
des Frommen, welche die Inschrift „Munus Divinum" tragen,
identifizieren wollen, indem er dafür geltend machte, daß
die absolute Mehrzahl der bekannten Stücke davon aus dem
kleinen Friesland stamme.
Dagegen hat nun Hilliger treffend hervorgehoben^), daß
diese fränkischen Goldmünze» ja erst unter Ludwig dem
Frommen aufkamen, somit nicht in einer Rechtsquelle
gemeint sein können, die, wie Heck selbst annimmt, 802
entstanden ist.
Hilliger seinerseits hat die Wergeidsätze so aufgefaßt,
daß dem denarius novae monetae der Lex Frisionum
1) Vgl. darüber M. de Man, sou d'or barbare trouve en Frise.
Revue beige de Num. (1894) 50, 305 ff., sowie früher schon Dirks, les
pompei Frisons et leur importance au point de vue numismatique.
Congres internal, de Numismatique ä Bruxelles 189 1 S. 353 ff. und van
den Chijs, de munten der Frankische en duitsch-nederlandsche
vorsten (1886).
^) Gemeinfreie i, 211 f.
■') Der Schillingswert der Ewa Chamavor. und der Lex Frisionum,
Hist. Vjschr. 1904 S. 5 19 ff.
— 3^9 —
nicht, wie man bis dahin annahm, die fränkische Tremisse,
sondern der volle fränkische Goldschilling zu 40 Denaren
entsprochen habe.^)
Jedoch konnte demgegenüber dann Heck hinwiederum
einwenden, daß ein solcher Goldschilling, der also drei
fränkischen gleich käme, eine ungewöhnlich große Einheit,
ein Riesenschilling, gewesen wäre.^) Dieses. Argument wäre
meines Erachtens tatsächlich entscheidend, wenn die numis-
matischen Voraussetzungen, von welchen Hilliger und Heck
ausgingen, wirklich zutreffen würden. Einen friesischen
Goldschilling, der drei fränkische Vollschillinge ä 4*55 g um-
faßte, also I3'65g Gold schwer gewesen wäre, hat es sicher
nie gegeben. Das wäre tatsächlich ein numismatisches
Monstrum! Allein jene Voraussetzungen treffen, wie
wir heute wissen, tatsächlich nicht zu. Der mero-
wingische Goldschilling am Anfang des 8. Jahrhunderts war
kaum mehr ein Drittel der alten, nach dem constantinischen
Münzfuße geprägten Goldstücke.^) Anderseits ist ein in Fries-
land gefundenes und wohl auch dort geschlagenes Goldstück
nachgewiesen worden, das im Gewichte (470 g)^) tatsächlich
drei fränkischen Goldschillingen dieser Zeit gleichkommt.
Somit entfallen nun bei diesen? geänderten Stand der Dinge
die Schwierigkeiten, welche Heck seinerzeit von seinem
Standpunkt aus mit Recht gegen Hilliger betonte.
Neben den Schillingen werden in der Lex auch denarii
Frisonici genannt. Das beweist, daß die friesischen Denare
von den fränkischen verschieden waren. ^) Auch alte Denare
(denarii veteres) werden erwähnt. Man hat damit nichts
Rechtes anzufangen gewußt.**) Da sie nur nach dem Ge-
') Der Schilling der Volksrechte u. das Wergeid, Hist. Vjschr.
1903 S. 476.
-) Ständepröblem a. a. O. S. 379 ff. ') Siehe oben S. 303.
■*) M. de Man in Rev. Beige de Numism. 1894 S. 305.
^) Vinogradoff a.a.O. S. 148 meint daraufhin vermuten zu dürfen,
.,daß sonst die Münzen in fränkischer Währung erscheinen". —
Ahnlich auch Brunner RG. i ^, 3igf. ■ — Ich halte diesen Schluß nicht
für zulässig.
") Wilda, Strafrecht S. 334 u. 432, sowie ihm folgend Brunner
RG. I, 342 n. 8 haben angenommen, daß unter den Pfunden nicht
Gewichts-, sondern Rechnungspfunde zu verstehen seien. Auch
Hilliger a. a. O. S. 479 mühte sich vergeblich ab.
— 330 —
wicht bestimmt werden^), möchte ich darin hereits verrufene
Münzen erbUcken, die eben nur nach ihrem Edehnetallgehalt
als Handelsmünzen bewertet wurden.^)
Der Ausdruck denarius wird in der Lex nun promiscue
mit tremissis gebraucht. Möglich, daß auch darunter eine
Goldmünze zu verstehen ist, wie Heck annimmt.^) Später
sind in Friesland tatsächlich Goldpfennige nachweisbar.*)
Brunner, welchem früher auch R. Schröder gefolgt ist^j,
sowie Vinogradoff^), nehmen Silbertremissen an, von welchen
jede 4 fränkischen Denaren gleich war. Jedoch hat Heck
meines Erachtens zutreffend dagegen geltend gemacht''),
es würde vollkommen unverständlich sein, wie die Friesen,
wenn sie ihre Bußen in fränkischen Kleinschillingen auf-
zeichneten, den Ausdruck denarius novae monetae für das
Schillingsdrittel und nicht für den Silberdenar gebrauchen
konnten. Ich möchte nun einen neuen Lösungs-
versuch in Vorschlag bringen, der die bei den bis-
herigen Auffassungen bestehenden Schwierigkeiten vielleicht
zu überbrücken vermag.
Wenn wir nämlich annehmen würden, daß ein solcher
Denar oder Drittelsolidus einem fränkischen Silberschilling
gleich war, so würden sich die eigenartigen Wergeidsätze
ohne weiteres erklären. Es ist ja schon zur Genüge betont
worden, daß diese Zahlen (53^3 Solidus für den Freien etc.)
offenbar durch Umrechnung entstanden seien. ^) Dann wären
diese 53^3 Solidi, mit welchen ja doch jedenfalls friesische
Münze gemeint ist, eben i6o fränkischen Silberschillingen
gleich.
Bei dieser Annahme würden sich meines Erachtens
ferner auch jene Kapitularienstellen ungezwungen erklären
die von der angeblichen Bußreduktion handeln. Indem
dort der alte fränkische Solidus der Merowingerzeit zu
40 Denaren außer Kurs gesetzt wird, ist ausdrücklich ein
Vorbehalt gemacht für die Zahlungen, welche von selten
') Lex Fris. tit. XV. ^) Siehe oben S. 317.
^) Gemeinfreie i, 213.
*) Heck, Gerichtsverfassung § 21 Anm. 89. 98. 126.
") DRG.^ 188 n. 17. «) A. a. O. 157 n. i.
■') Gemeinfreie i, 214. *) Vinogradoff a. a. O. 151.
331
der Sachsen und Friesen zu entrichten sind. Hier sollen
die Schillinge zu 40 Denaren gezahlt werden.^) Man hat
diese Stelle nicht recht zu erklären gewußt. Waitz wollte
an eine strengere Behandlung gegen diese zuletzt unter-
worfenen Stämme denken.^) Aber schon F. Dahn hat mit
Recht dagegen eingewendet, daß eine solche wohl zur Zeit
Karls des Großen, aber ganz und gar nicht damals 816
unter Ludwig dem Frommen mehr gerechtfertigt erschiene.^)
Auch der Erklärungsversuch Brunners befriedigt nicht.*)
Denn die „Rücksicht auf die höheren Wergeidsätze des
sächsischen und friesischen Adels" kann hier tatsächlich
nicht maßgebend gewesen sein, da ja diese Zahlungen gar
nicht an diesen , sondern vielmehr an die Salier zu leisten
waren.
Konnte man, wie schon S. Rietschel richtig erkannte^),
den Sachsen und Friesen, welche ihre eigene Münzrechnung
besaßen, nicht gut zumuten, daß sie ihre Bußen in fremder
Währung zahlten, so sollte mit jener Ausnahmebestimmung
eben dem dreifach höheren Werte der Solidi dort gegen-
über dem nur mehr Währungsrecht zuerkannten karolingischen
Silberschilling (ä 12 Denare) Rechnung getragen werden.
Meine Hypothese hat gegenüber den bisher vorgebrachten
Lösungsversuchen den Vorzug, daß verschiedene richtige
Beobachtungen dieser in ihr zusammenlaufen und vereinbar
werden, ohne daß die gegen jeden von ihnen bisher er-
hobenen Einwände gegen sie mehr aufrecht bleiben. Das
gilt auch für die viel zitierte Stelle der Lex Ribuaria, die
dem advena Saxo vel Frisio ein Wergeid von 160 Silber-
schillingen zumißt. Denn die Lex Ribuaria rechnet eben
nicht, wie noch Hilliger annahm*^), nach dem Gold-, sondern
tatsächlich nach dem Silberschilling.'')
Und, was die Hauptsache ist: Auch das zweite Rätsel
^) MG. Capit. I, 269 c. 2: de omnibus dehitis solveitdis, streut miti-
qidtus fuit constitutum, per duodecim dcnarios solidus solvatur per totam
Salicam legem, excepto leudes, si Saxo aiit Frisio Salicum occiderit, per
40 denarios solidi solvantur.
-) VG. 4-, 81. ä) Könige VIII. 5, 63. *) RG. i, 216.
'") Götting. Gel. Anz. 1902 S. 104.
8) Der Schilling der Volksrechtc a. a. Ü. S. 475 f.
■') Siehe oben S. 305 f.
00
2
der friesischen Rechtsquellen, die Verdreifachung der
Wergelder, ließe sich auf diesem Wege ganz einfach lösen.
Heck hat sich bekanntlich damit geholfen, daß er eine
zeitweilige Erhöhung infolge eines „Sonderfriedens" an-
nahm.^) Daß dies aber nur eine sehr gezwungene Ver-
legenheitsausflucht war, ist schon von R. Schröder bemerkt
worden. 2)
Aber auch die seinerzeit von Brunner vermutungsweise
ausgesprochene Erklärung rückt nun erst an den rechten
Platz. Seine Annahme ^), daß die angebliche Verdreifachung
des Wergeides sich aus der Umrechnung ursprünglicher
Goldsolidi in Silbersolidi erklären dürfte, ist vonVinogradoff"^)
und auch von R. Schröder ^) als unzulänglich bekämpft
worden, weil sie von der unwahrscheinlichen Voraussetzung
ausgehe, daß das ursprüngliche friesische Freienwergeld
nur ein Drittel des in den übrigen Stammesrechten an-
gesetzten Betrages ausgemacht habe. Dieser Einwand fällt
nun bei dem oben gebotenen Lösungsversuche ganz hinweg.
Und eine solche Umrechnung erscheint mir nun auch
deshalb noch möglich, weil sich diese angebliche Verdrei-
fachung der Wergelder ja nur in den Zusätzen zur Lex
Frisionum findet, die allgemeiner Anschauung nach jeden-
falls jünger als der eigentliche Text selbst sind.^) Ja ein
holländischer Gelehrter, de Geer, hat angenommen, diese
Additio sei erst während des lo. oder 1 1. Jahrhunderts in
Mittelfriesland geschrieben worden.')
EndUch werden damit zugleich auch die Münzverhältnisse
bei den Sachsen einigermaßen geklärt. Nach der Lex
Saxonum ist hier ein zweifacher Solidus zu unterscheiden.
Der eine umfaßte 2, der andere 3 Tremissen.^) Man meinte
früher im Hinblick auf die im Capitulare Saxonicum von
797 enthaltene Stelle über den Geldwert gewisser Naturalien,
die als Wergeid gegeben wurden — (in argento duodecim
^) Gemeinfreie i, 235. ^) DRG.' S. 198 n. 29.
=•) DRG. I, 225 f. u. 342 n. 8. *) A. a. O. 155.
*) DRG. 5. Aufl. S. 198; in der neuen (6.) Aufl. hat sich R. Schrö-
der (t) zuletzt meiner Auffassung angeschlossen, S. 202 (1919).
") Vgl. auch Inama WG. i ^, 641 n. 3.
"1 Vgl. Brunner RG. i, 345 n. 20. *) tit. 66 § i.
— 333 —
denarii solidum faciant) — , daß jene Solidi mit diesen frän-
kischen Silberdenaren in Beziehung zu setzen seien und
letztere auch in Sachsen damit eingeführt werden sollten.
Die Meinungen gingen dann bloß darüber auseinander,
welcher von den beiden in der Lex Saxonum erwähnten
Schillingen mit diesem fränkischen gleichzusetzen sei.^)
Demgegenüber hat Hilliger bereits richtig ausgeführt, daß
es sich hier nicht ym den Silber-, sondern um den Goldschilling
handle.^) Auch der bei Beseitigung der alten salischen Schil-
linge für Zahlungen von Seite der Sachsen ebenso wie der
Friesen 8i6 gemachte Vorbehalt, daß sie in Schillingen zu
40 Denaren zu zahlen seien, weist darauf hin. Und eine
ähnliche Gleichsetzung tritt auch im Titel 36 der Lex
Ribuaria wieder hervor. Sie deutet auf ähnliche Münz-
verhältnisse beider Stämme. Ich möchte nur auch hier
nicht mit Hilliger annehmen, daß die Lex Saxonum „nach
fränkischen Goldschillingen zu 40 Denaren gerechnet" habe.^)
Denn diese Lex Saxonum wurde doch wohl erst zu einer
Zeit abgefaßt, als diese fränkischen Goldschillinge schon
außer Kurs gesetzt wurden (vielleicht erst im Jahre 802).*)
Wir werden also heute wohl richtiger sagen: der sächsische
größere Goldschilling wurde zu 40 Denaren gerechnet.
Auch die scheinbar bestechenden Ausführungen Hilligers
über die Identität der Wertansätze für den bos quadrimus,
welche R.Schröder veranlaßten, seine früheren Anschauungen
im Sinne Hilligers abzuändern, treffen tatsächlich nicht zu.
Denn die Gleichung, welche er aufstellte, w^eist z.T. un-
richtige Zahlen auf.^)
') Vgl. Schücking, Über die Entstehungszeit u. Einheitlichkeit
der Lex Saxonum im Neuen Archiv 34, 639 ff. , sowie Vinogradoff
a. a. O. 157, neuestens auch Cl. v. Schwerin, Zu den Leges Saxonum,
Ztschr. d. Savignystift. 33, 419.
*) Der Schilling der Volksrechte a. a. O. S. 463.
') A. a. O. 464 u. 471.
*) Vgl. Brunner RG. 1,349 u. Schücking a.a.O., sowie C.V.Schwerin
a. a. O. 390 ff.
^) A. a. O. 464. Nach der Lex Saxonum hat der bos quadrimus
eben nur 2, aber nicht 3 Goldschillinge, so daß hier nur 80, aber
nicht 120 Denare sich ergeben würden. Auch wäre der fränkische
Goldschilling nach der bisherigen Anschauung nicht mehr 40, sondern
— 334 ~
Daß die sächsischen Goldschillinge mit den fränkischen
Goldprägungen (Munus Divinum) in einer Beziehung stehen,
wie Heck annahm ^), ist aus demselben Grunde abzulehnen,
den Hilliger für die Lex Frisionum schon dagegen geltend
gemacht hat.^) Ebenso liegt kein genügendes Substrat dafür
vor, die Sätze der Wergelder durch Annahme eines Sonder-
friedens auch hier erklären zu wollen.^) Diese Annahme
war nur für Heck notwendig, da er unter 'dem Nobilis den
Gemeinfreien verstehen will. Tatsächlich beweist die Höhe
des sächsischen Wergeides eben deutlich, daß diese Gleich-
setzung unmöglich ist, wie schon Hilliger ausgeführt hat.*)
Aber auch die Schwierigkeiten, welche wider Hilligers
Erklärung sich erheben, die abnorme Höhe des Wergeides
für den nobilis (1440^), lösen sich bei unserer Auffassung
ohne weiteres. Wir brauchen nicht mit Hilliger ^) ein förm-
liches „Fürstenwergeld" für jeden der so zählreichen Nobiles
unter den Sachsen anzunehmen und diese dem dux der
Bayern oder rex der Angelsachsen an die Seite zu stellen,
da eben die sächsischen großen Goldschillinge an Wert
tatsächlich dem fränkischen Silberschilling gleich waren.
Nehmen wir mit der herrschenden Lehre an, daß dort aber
die kleinen sächsischen Schillinge gemeint seien, so ergibt
das 960 große Schillinge, was genau das Sechsfache des
Freienwergeldes von 160 fränkischen Silberschillingen dar-
stellt, die nach der Lex Ribuaria auch dem advena Saxo
zukommen. Auch die weitere Unwahrscheinlichkeit in der
Erklärung Hilligers, daß der sächsische Lite ein Wergeid
von 120 fränkischen Goldschillingen gehabt und also dem
sächsischen Gemeinfreien (löo^ö) beinahe gleichgestellt ge-
wesen sei, wird dann hinfällig. Diese 120 sächsischen
kleinen Schillinge waren eben nur 80 fränkischen Silber-
schillingen gleich, so daß das Wergeid des sächsischen
Liten genau die Hälfte von jenem des Gemeinfreien betrug.
Die Tatsache, daß die Sachsen und Friesen an der
nur 22 Silberdenare Karls d. Gr. wert gewesen. Vgl. Brunner, Zs. d.
Savignystift. 19, 80 n. 6, sowie auch C. v. Schwerin a. a. O. S. 419 n. 2.
') Gemeinfreie i, 253. ^) Siehe oben S. 328.
«) Heck a. a. O. 253 ff. «j A. a. O. 468.
*) A.a.O. 1903 S. 471.
— 335 —
Goldwährung festhielten zu einer Zeit, da sie unter die
Herrschaft der Franken geraten waren, die ihrerseits über-
wiegend Silber prägten, mag immerhin auffallend erscheinen.
Wahrscheinlich hat dazu auch ^) beigetragen , daß sie eben
eine hervorragende Rolle im Handels- und Verkehrsleben jener
Zeiten spielten.^) Wie in Italien und bei den Arabern in Süd-
frankreich Gold im Umlaufe war, so mochte auch bei ihnen
die große Aktivität ihres Fernhandels sie dazu befähigt haben.
In Bayern, wo gleichfalls ein Goldschilling (u. zw. zu
30 Denaren) vorkam^), mochten einerseits die natürlichen
Goldquellen (Bergwerke) es ermöglicht, anderseits aber wohl
auch der Donauhandel mit Byzanz dazu mitgewirkt haben,
daß man den alten vollgewichtigen GoldsoHdus aufrecht-
halten konnte.'^) Drei von diesen Denaren machten i saica
aus (lex Baiuvar. IX. 2).
Die Alemannen hatten in der Karolingerzeit die neue
fränkische Münzordnung bereits angenommen.^)
So ist denn auch' bis zu einem gewissen Grade doch
eine Territorialität der Münze, oder richtiger ausgedrückt
eine Besonderheit nach der alten Stammeseigenart bestehen
geblieben, obwohl die karolingischen Könige mit Erfolg
bestrebt waren, ihre fränkischen Gepräge und Münzrechnung
zu einer überall giltigen Reichswährung auszugestalten.®)
^) Vielleicht können auch die allerdings doch sehr unbestimmten
Nachrichten über Goldwäscherei im Rheingebiete bei Ermoldus
Nigellus (MG. Poetae Lat. 2, 83) auf die sächs.-friesischen Lande be-
zogen werden ? Vgl. Theophil, presb. in Quellschr. f. Kunstgesch. 7, 223.
^) Siehe oben S. 192 ff. Die Annahme v. Inama-Sterneggs (WG.
1 2, 626), daß bei den Sachsen der Geldgebrauch noch sehr gering
gewesen sei, da eine Reihe von Naturalwerten geradezu als ihr
solidus erklärt wurde, ist irrig; vgl. oben S. 261.
3) Vgl. Hilliger a. a. O. 485 ff. u. Inama WG. i ^ 625; dazu jedoch
oben S. 319.
4) Vgl. dazu jetzt auch R. Schröder, DRG.« (1919) 201 f. bes. n. 27.
^) Vgl. Lex Alam. Carol. 6, 2 : Sazga est quarta pars tretnissi, h. e.
denarius unus . . . tremissus est tertia pars solidi et sunt dcnarii quatuor.
*) Karl d. Gr. bestimmte 794 zu Frankfurt : de denariis autem
certissime sciatis nostrum edictum, quod in omni loco, in omni civitate
et in omni empturio similiter vadant isti novi denarii et accipianttir
ab Omnibus. MG. Capit. i, 74 c. 5. — Über die Verbreitung der solidi
francisci oder Karolisci in Friesland, Bayern u. Italien vgl. oben S. 322 f.
— 336 —
§ 14-
Die Regalien.
Hochbedeutsam tritt uns in der Karolingerzeit die Aus-
bildung der Regalien entgegen. Je fester die königliche
Macht durch die ersten Karolinger wieder begründet wurde,
desto kräftiger sehen wir auch das Bestreben wirksam
werden, gewisse Rechte dem König ausschließUch vor-
zubehalten, deren Ausübung nur mit dessen besonderer
Erlaubnis fürder zu gestatten. Gar manches, was früher
einer solchen Beschränkung nicht vmterlag, wurde jetzt von
dem erstarkenden Königtume mit Gebot und Verbot belegt
und die Inanspruchnahme desselben dem freien Belieben
der Volksgenossen entzogen. Am deutlichsten wird das
beim Münzrecht. Wie nun die königliche Gewalt gleich
von Pippin an die schweren Schäden, welche am Ausgang
der Merowingerzeit ob der zahlreichen Münzberechtigungen
Privater (Kirchen und Klöster) sich wirtschaftlich fühlbar
gemacht hatten, zum Anlasse nimmt, um dieses Recht all-
mählich^) ganz in ihrer Hand zu konzentrieren, zu über-
wachen und gegen jeden Mißbrauch (Münzverschlechterung
und Falschmünzerei) energisch vorzugehen. Die königliche
Gewalt bestimmt den Münzfuß, Feingehalt, die Justierung
und Stückelung, sie erkennt allein den unter ihrem Namen
ausgebrachten Geprägen Währungsrecht zu, sie verruft die
im Umlauf begriffenen Gepräge willkürhch und erteilt
schließlich Münzprivilegien an Private, kraft deren diese
nach königlichem Muster selbst Prägungen vorzunehmen
und den Gewinn davon zu ziehen berechtigt werden.^)
Deutlich scheinen hier für die Ausbildung des Münz-
regales volkswirtschaftliche Rücksichten maßgebend gewesen
zu sein.^) Ob aber nur diese.? Man hat wohl mit Recht
^) Pippin scheint anfänglich die Ausmünzung durch Private
gegen Entrichtung des Schlagschatzes noch gestattet zu haben. Vgl.
das Capitulare von 754/5 MG. Capit. 1,32 c. 5: de tnoneta constittnnms ,
ut amplüis 11071 habeat in libra pensante nisi XXII solidos, et de ipsis
XXII solidis monetarnts accipiat solidtim I, et illos alias domifio
cuius sunt, reddat. Auch das Verbot, daß die Juden keine Münze
halten sollten, ist liierher zu ziehen. MG. Capit. 1,258 c. 3.
^) Siehe oben S. 326 f. ^) Siehe oben S. 32if.
— 337 -
bereits die Annahme Soetbeers zurückgewiesen, als ob die
Erhöhung des Münzfußes durch die KaroHnger rein fis-
kalischen Beweggründen entsprungen sei, oder gar die
Kirchenvorstände König Pippin und Karl, gleichfalls Groß-
grundbesitzer, dazu veranlaßt hätten, um eine Sicherstellung
und Erhöhung ihrer grundherrschaftUchen Zinse dadurch zu
bewirken.^) So naiv wird man heute jene bedeutsamen
wirtschaftlichen Maßnahmen wohl doch nicht auffassen
dürfen und so plump war die Verwaltungstechnik jener
Zeit doch kaum geartet, wie diese Lehre voraussetzt.
Anderseits wird man zur Erklärung jener Vorgänge mit
rein moralisch -psychologischen Expektorationen über die
Gerechtigkeit Karls des Großen^) meines Erachtens auch
kaum das Auslangen finden können.
Man wird jeneVerordnungen der karolingischen Herrscher,
glaube ich , weniger als persönliche Entschließungen, die
bestimmten Vorstellungen von ihren Regentenaufgaben ent-
sprangen, auffassen dürfen, denn als notwendige Er-
fordernisse einerNeuentwicklung derVerkehrs-
wirtschaft (Handel).
Sie hat ja, wie wir jetzt wissen, damals schon weithin
sich entfaltet. Indem die Karolinger für diese, z. T. auch
durch die Veränderung der politischen Lage, der großen
Ausdehnung ihres Herrschaftsbereiches, sich ergebenden
Neubedürfnisse Vorsorge trafen, wurden die Interessen des
Fiskus damit doch zugleich auch gefördert. Die beiden
Wahrzeichen fiskalischer Ausnutzung des Münzregales im
späteren Mittelalter, Schlagschatz und Münzverruf, sind
bereits jetzt nachweisbar. Und wenn auch zum großen
Unterschiede gegenüber der späteren Zeit die Münz-
verrufungen jetzt keine Verschlechterung der Münze be-
deuteten, sondern das gerade Gegenteil davon, eine schwerere
und bessere Münze dadurch gezeitigt wurde, so ist doch
auch hier der Aufwechsel sicherlich nicht ohne Gewinn für
den Münzherrn gewesen. Man hat diese Denare gewiß
nicht deshalb schwerer ausgebracht, um so unmittelbar seine
grundherrlichen Zinsen zu steigern, aber der Umstand, daß
*) Forsch, z. DG. 4, 283 ff. Dagegen schon v. Inama WG. 1,458.
^) So V Inama -Sternegg WG. i,458f. =- I^637ff.
D 0 p s c h , Wirtschaftsentwicklung: der Karolingerzeit. II. 2. Aufl. 22
- 338 -
die alten Denare nun außer Kurs gesetzt wurden und nur
nach ihrem tatsächlichen Silbergehalte als Handelsmünze (dem
Gewichte nach) in Zahlung genommen wurden, hat unzweifel-
haft doch reichen Gewinn für den Münzherrn abgeworfen.
In enger Beziehung zu dem Münzwesen steht Maß und
Gewicht. Auch dieses erscheint in der Karolingerzeit
ebenso wie früher der staatlichen Oberaufsicht unterstellt
Wiederholte Verbote wider ungerechtes Maß und Gewicht,
sowie Gebote ausschließlicher Verwendung des gesetzlichen
(legitimus) wie rechten Maßes und Gewichtes sind von den
Karolingern von allem Anfang an erlassen worden. ^) Karl der
Große hat selbst einen neuen, größeren Modius vor 794 als
öffentliches Maß (publicus) eingeführt'^) und dementsprechend
alle Leistungen dann im Verhältnis herabgesetzt.^) Am
königlichen Hofe (in palatio) befanden sich Normal- oder
Muttermaße, die dann auch nach dem sogenannten Capi-
tulare de Villis auf den königlichen Domänen von den
Verwaltern (iudices) geführt werden sollten.*) In ähnlicher
Weise hat Ludwig der Fromme auch als Kaiser 816/7, wohl
jm Zusammenhange mit der Klosterreform von Aachen 816.
an alle Erzbischöfe Maße und Gewichte gesendet, auf daß
danach den Klerikern Speise und Trank gleichmäßig verab-
reicht werdet) Möglich, daß Ludwig der Fromme damals
wieder ein neues Maß eingeführt hat, da die Wirtschafts-
ordnung Adalhards von Corbie aus dem Jahre 822 Liefe-
rungen ad istum novum modmm, quern domnus Imperator
posuit, festsetzt.^)
Endlich hat auch Karl der Kahle in seinem umfassenden
Münzkapitulare von Pistes 864, als er den Grafen und öffent-
lichen Beamten die Obsorge für gerechtes und gleiches
Maß auftrug, zugleich angeordnet, daß sie „nach alter Ge-
') Vgl. G. Küntzel, Über die Verwaltung des Maß- u Gewichts-
wesens in Deutschland während des Mittelalters (Schmollers staats-
u.sozialwiss. Forsch. XIII. 2, i894)S.ioff.,sowieauchv.InamaWG. 1^,619.
*) MG. Capit. I, 74 c. 4: tnodium publicum et noviter statutiim.
') V. Inama WG. i, 459.
*) Cap. de Villis c. 9: volumus tit unusquisque iudex in suo tninis-
terio mensuram niodiorum, sextariorum et situlas per sextaria octo et
corborum eo te?iore habeant, sicut et in palatio habenius.
*) MG. Capit. I, 342. *) Guerard, Polyptyque d'Irminon 2, 311.
— 339 —
wohnheit" das Maß vom Hofe (de palatio nostro) empfangen
sollten.^) Wie gegen die Münzfälschung wird hier ganz
gleichmäßig auch gegen die Verwendung ungleicher Maße
beim Zinsempfang (größerer) und Verkauf (kleinerer) ein-
geschritten.
Kann somit kein Zweifel darüber herrschen, daß auch
das Maß- und Gewichtswesen ganz ebenso wie das Münz-
wesen staatlicher Ordnung nnd Aufsicht unterlag und in
diesem Sinne als Regal zu betrachten ist ^), so erscheint
durch die bisherige Forschung auch schon zur Genüge
hervorgehoben, daß gleichwohl eine Einheitlichkeit von Maß
und Gewicht in der Karolingerzeit tatsächlich doch nicht
bestanden hat. Das beweisen nicht bloß die bekannten
Klagen in dem Bericht der Bischöfe an Ludwig den
Frommen von 829^), es liegen noch viel bedeutsamere
Quellen dafür vor, welche freilich für die Beurteilung dieser
Fragen bisher so gut wie nicht beachtet worden sind. Die
erwähnte Relatio der Bischöfe an den Kaiser ist insofern
interessant, als sie zeigt, daß sich diese selbst die Durch-
führung der kaiserlichen Verordnungen über Beobachtung
gleichen Maßes nicht recht vorzustellen vermochten (non
satis perspicue nobis patet) , da die Verschiedenheit von
Maß und Gewicht in den einzelnen Provinzen bereits eine
unumstößliche Tatsache war. Daher legten sie sich die
Absicht des kaiserlichen Gesetzgebers dahin zurecht , daß
vornehmlich gegen die ungerechte Verwendung doppelter
Maße eingeschritten werden solle, weil dadurch die Armen
bedrückt würden.
Aber auch auf den königlichen Domänen selbst wurde
ein verschiedenes Maß verwendet. Das beweist das Breve
1) MG. Capit. 2, 318 c. 20.*
'') Das hat Schmoller, Die Verwaltung des Maß- und Gewichts-
wesens im MA., Jb. f. Gesetzgebung, Verwaltung u. Volkswirtschaft 17
(1893), 289 ff. bes. 295 gegenüber v. Below, Der Ursprung d. deutschen
Stadtverfassung 1892 S sSf. richtig betont. Vgl. auch Küntzel a.a.O.
S. i2ff., sowie Uhlirz in Mitt. d. Instit. 15, 495 f., auch v Luschin, Histor,'
Ztschr. 77, 98. Dagegen hat sich Sommerlad, Die Rheinzölle im MA.
(1894) S. 5 V. Belows Annahme angeschlossen.
') Küntzel a. a. O. 13 (mit Druckfehler im Zitat n. 3 nicht Capit. 2»
344, sondern 2, 44!),
22*
— 340 -
ad describendos fiscos über Asnapium. Hier werden einzelne
"Vorräte von Mühlen und Brauhäusern ad minorem mensuram
bestimmt.^)
Könnte man hier vielleicht an die alten Maße denken,
die vor der Erhöhung durch Karl oder Änderung durch
Ludwig (?) bestanden^), so erscheint eine solche Annahme
aber völlig ausgeschlossen bei einer Stelle des Lorscher
Urbares, das gleichfalls von größeren und kleineren Modien
Nachricht gibt. Hier wird uns nämlich ausdrücklich auch
das Verhältnis beider zueinander bestimmt, und zwar in
einer Weise, die mit den bekannten Vorgängen unter Karl
dem Großen unvereinbar ist.^)
Anderseits finden wir, wie schon früher bemerkt, daß
in den St. Galler Urkunden bei Festsetzung des Zinses von
Prekaristen unterschieden wird nach einem modius, bzw.
carrata civitalis und einem modius curiaHs.*) Es waren
also damals schon ähnliche Verhältnisse vorhanden, wie wir
sie in den Urbaren des späteren Mittelalters finden, daß
man einen größeren und kleineren Modius, Stadt- oder
Burgmaß und Hof- oder Kastenmaße verschiedener Größe
bei Ablieferung der Zinse verwendete.^)
Mit diesem Nachweise fällt aber meines Erachtens auf
die alte Streitfrage nach der Stellung der Städte zu der
Verwaltung von Maß und Gewicht ein neues Licht.
Mensura oder modius civitalis l Offenbar haben die Städte und
Märkte eben damals schon ein besonderes Maß ausgebildet,
das speziell für den Marktverkehr daselbst verwendet wurde.
Wäre nur ein einheitliches Maß, etwa das kaiserliche, vor-
handen gewesen, dann hätte eine solche Unterscheidung in
den Urkunden gar keine Berechtigung. Daß sie gemacht
^) MG. Capit. I, 254 c. 25.
*) Allerdings können diese Brevia wohl kaum vor 794 entstanden
sein. Vgl. im i. Teil S. 87 ff. Eher wäre eine Beziehung zu der neuer-
lichen Maßveränderung unter Kaiser Ludwig d. Fr. (siehe oben S. 338)
anzunehmen.
') Cod. Lauresham. 3, 216: De Mergctistai . . de hordeo tnaiores
modios 24, aiit rninores 30.
'') St. Galler ÜB. i nr. 126 (790) u. 208.
^) Vgl. meine Zusammenstellungen in Österr. Urbare I. i. Einl.
CXCVIII u. I. 2. Einl. CXXXIV.
— 341 —
wird, weist, glaube ich, auf eine besondere Stellung der
Städte in dieser Beziehung hin. Es erscheint mir mit dem
Bestände eines Regales im Maß und Gewicht ganz wohl
vereinbar, daß den Städten in der Verwaltung derselben
eine gewisse Autonomie zukam. Ähnliches können wir ja
doch auch später wieder im deutschen Territorialstaatsrecht
zu historisch heller Zeit z. B. im Herzogtum Österreich ver-
folgen. Darauf hatte z. T. schon Küntzel hingewiesen^), es
wird durch die neueren Darlegungen v. Luschins ganz
evident erwiesen.^)
Auch in Tirol ist ganz dasselbe zu belegen.^)
Man wird nicht verkennen dürfen : Die Karolinger haben
mit ihren Verordnungen über Maß und Gewicht, die offen-
sichtlich an die kanonistischen Lehren vom gerechten Maß
anknüpfen *), doch wie jene vornehmlich gegen die Über-
vorteilung der armen und abhängigen Leute einschreiten
und wirtschaftliche Mißstände im öffentlichen Interesse
dadurch abstellen wollen. Eben darin mochten sie auch
ihren Beruf gegeben erachten, als Träger der obersten
Gewalt im Staate Recht zu gewährleisten. Ich erblicke darin
eine spezifischeÄußerung ihrer sozialpolitischen
Fürsorge, wie sie auch in der Armensteuer und anderen Maß-
nahmen sonst entgegentritt. Die Einhaltung des gesetzlichen,
d. h. öffentlich zu Recht anerkannten Maßes und Gewichtes war
ihr Ziel, nicht so sehr vielleicht die Unifizierung aller Maße,
die doch nicht zu erreichen war. Damals ebensowenig wie
später auch. Das Bestehen einer Oberaufsicht des Staates
über die Beobachtung des von ihm festgesetzten Maßes und
») A. a. O. S. 49-
^) Wiener Münzwesen, Handel u. Verkehr im späteren MA.
Gesch. d. Stadt Wien, herausgegeben vom Wiener Altertumsvereine
(H. Zimmermann) 2, 835.
*) Vgl. die Besprechung des Küntzelschen Buches durch v. Luschin
Hist. Ztschr. 77, 98.
*) Vgl. besonders die Admonitio generalis Karls d. Gr. von 789,
MG. Capit. I, 60 c. 74: C/^ aeqtiales 7nensiiras et rectas et pondera iusta
et aequalia omnes kabeant, stve in civitatibus sive in monasteriis, sive
ad dandicm in Ulis, sive ad accipienduvi, sicut et in lege Domini
pr aeceptum habemus , item in Salamone, Domino dicente: ,pondus
et pondus-, mensnram et mensuram odit anima mea.'
— 342 —
Gewichtes läßt aber durchaus zulässig erscheinen, daß in
den einzelnen Städten und Grundherrschaften die dort vor-
handenen Verwaltungsorgane dieses Maß und Gewicht tat-
sächlich verwalteten, wie dies für die königlichen Domänen
in dem sogenannten Capitulare de Villis ausdrücklich be-
zeugt ist.^)
Maß und Gewicht führen uns unmittelbar zu Markt
und Zoll hinüber. Auch da hat zur Karolingerzeit ein
Regal sicher bestanden. Th. Sommerlad hat zwar neuerlich
noch leugnen wollen, daß es ein Zollregal gegeben habe^),
allein seine Anschauungen sind schon von Küntzel mit Recht
abgelehnt worden.^) Ausführlich hat S. Rietschel dann die
Entstehung des Markt- und Zollregales in der Karolingerzeit
behandelt.*) Er nimmt an, daß das Recht, Zölle zu er-
heben, wie einen Markt zu errichten, noch in dieser Zeit
frei war, d. h. auch Privaten ohne königliche Genehmigung
zustand. Wie dann aber das Überhandnehmen der Zölle
und Zollstationen bereits Karl den Großen dazu veranlaßte,
eine bestimmte Ordnung auch da durchzuführen. Er verbot
schon 779 die Errichtung neuer Zollstationen. ^) Es konnten
also seitdem ohne besondere Erlaubnis des Königs keine
neuen Zölle erhoben werden. Es war das Recht, Zölle
neu zu begründen, allein dem Könige vorbehalten, bzw.
von seiner Genehmigung abhängig gemacht.^) Und diese
(angebliche) Entstehung des Zollregales hatte dann natur-
gemäß auch die des Marktregales zur Folge, da auch die
Marktzölle nur mehr dort erhoben werden durften, wo es
bisher der Fall gewesen. Wollten die Grundherren, die
einen Markt begründeten, nicht die Haupteinnahmequelle
davon entbehren, so mußten sie sich das Recht der Zoll-
erhebung vom Könige verleihen lassen. Es entstand so auch
das Marktregal.'')
•) A. a. O. c. 9. "") Die Rheinzölle im MA. (1894) S. 5.
«) A. a. O. S. 49 n. i. *) Markt u. Stadt (1897) S. 13 ff.
*) MG. Capit. I, 51 c. 18. «) Rietschel a. a. O. 25.
') Ebenda 26. Die Annahme Rietschels, es sei „immer mehr
üblich geworden, bei der Begründung eines Marktes die Bestätigung
des Königs einzuholen", ist nicht ganz zutreffend. Siehe oben
S. 236 ff.
— 343 —
Stimme ich soweit den Ausführungen Rietschels bei,
so kann ich der von ihm aufgestellten Chronologie dieser
Entwicklung nicht folgen. Die zitierte Verordnung Karls
des Großen von 779 ist sicherlich nicht ein Anfang zu
neuem Rechte gewesen. Sie selbst sagt es uns, daß schon
früher eine solche Beschränkung der Zollstätten verfügt
worden sei.^)
Sicherlich hat schon König Pippin ein Zollregal ge-
handhabt, wie seine Bestimmungen über die Zollfreiheit der
Pilger und Nichthändler von 754/5 beweisen.^) Diese haben
ja zur Voraussetzung, daß der König bereits ein oberstes
Verfügungsrecht über die Zollerhebung , bzw. -Befreiung
allgemein in Anspruch nahm. Offenbar hat schon zur Zeit
der Merowinger ein Zollregal bestanden^), dem dann mit dem
Verfall der königHchen Macht Abbruch geschehen war.
Über die Marktprivilegien, welche die Karolinger er-
teilten, ist oben schon gehandelt worden.*) Die Zustimmung
des Königs war aber nach wie vor nicht notwendig für jeden
privaten internen Markt der Grundherren, sondern nur für
die öffentlichen Märkte, auf welchen auch fremde, der Im-
munitätsherrschaft nicht zugehörige Leute zusammenkamen.
Sie war notwendig für die Erhebung des Marktzolles und
für den Nachweis der königlichen Anerkennung des Markt-
bestandes.
Auch in der Auslegung der wichtigen Bestimmungen
des Edictum Pistense (864) kann ich mich Rietschel nicht
anschließen. Man kann aus dem Befehle des Königs an
die Grafen, ein Verzeichnis der Märkte anzufertigen und
dabei deren Entstehungszeit festzustellen, nicht folgern, daß
seit Ludwig dem Frommen die Genehmigung des Königs
erforderlich war.^) Denn wenn auch die Feststellung, ob
*) A.a.O. De tolotieis, gut tarn antea forbanniti fuerunt
nemo tollal nisi übt antiquo tempore fuerunt Daß mit diesem Verweis
auf ein früheres Capitulare nicht das Pippins von 754/5 gemeint ist,
wie Boretius in der Edition der MG. annahm, ergibt sich m. E. aus
der Verschiedenheit des Inhaltes beider Capitularien.
'■') MG. Capit. 1, 32 c. 4-
*) Vgl. dazu jetzt auch R. Schröder RG.* 204 n. 39.
*) S. 236 f.
") So Rietschel a. a. O. 27.
— 344 —
diese bei den einzelnen Märkten vorhanden war, hier nur
für die zur Zeit Ludwigs des Frommen entstandenen Märkte
von Karl dem Kahlen verlangt wird, so kann das auch in
einem anderen Sinne gemeint sein. Es beweist vielleicht
nur, daß eben seit dieser Zeit viel zahlreichere Märkte ent-
standen waren. Denn die ganze Tendenz dieser Bestimmung
ist, wie sich aus dem Motivenberichte ^) ergibt, doch darauf
gerichtet, die überflüssigen Märkte abzuschaffen, um die
Überwachung der Münze und die Unterdrückung der Falsch-
münzerei auf jenen sicherer durchführen zu können.
Hier kann am besten auch angeschlossen werden, was
sich über das Judenregal zur Karolingerzeit feststellen
läßt. Die Juden, als Kaufleute und Händler damals schon
von großer wirtschaftlicher Bedeutung, wurden dem König
durch besondere Privilegien unmittelbar unterstellt. Sie
hatten für dessen Schutz eine feste Jahresabgabe an die
königliche Kammer zu entrichten.'^)
Allerdings wird man die zwei Stücke der sogenannten
Formulae Imperiales^), welche man früher häufig auch für
die Rechtsverhältnisse der Juden von damals angeführt hat,
nun nicht mehr dafür verwenden dürfen. Tangl hat nämlich
den schönen Nachweis erbracht, daß in diesen Privilegien
für Kaufleute tatsächlich von den Juden, deren Rechte an-
geblich hier auf sie ausgedehnt wurden, gar nicht die Rede
ist, indem statt sicut ipsi ludet, bzw. sicut ludeis die be-
treffenden tironischen Noten der einzigen Überlieferung
vielmehr sicut iam diximus, bzw. sicut diximus aufzulösen
sind.*) Ich glaube, daß diese glückliche Textberichtigung
Tangls a^i:;h sachlich dem Zusammenhang besser entspricht.
Gleichv\;ohl Hegen aber noch andere für Juden erteilte
königliche Privilegienformeln in dieser Sammlung doch vor*),
welche deren Rechtsverhältnisse deutlich werden lassen
') Vgl. MG. Capit. 2, 317 c. 19: Ut melius et commodius haec Pro-
videntia de bonis denarüs non reiciendis et de monetae falsae denariis
cnstodiri possif, voliimus . . . ,
*) Vgl. im I. Bande S. 168, sowie Brunner RG. i, 276— i^ 404.
*) MG. Form. 311 nr. 32 u. 315 nr. 37.
*) Neues Archiv 33, 197 ff.
*) A. a. O. 309 nr. 30, 310 nr. 31 u. 325 nr. 52.
— 345 —
Sind diese auch für bestimmte Empfänger, d. h. einzelne
Juden gedacht, so geht aus ihnen doch zugleich hervor, daß
Ludwig der Fromme ein (nicht mehr erhaltenes) Capitulare
erlassen hat, das vermutlich deren Rechtsstellung im all-
gemeinen regelte.^) Diese Juden waren unter Königsschutz
gestellt, besaßen u. a. auch Zollfreiheit für ihren Handels-
betrieb, ihre Verletzung oder Tötung verwirkte eine Buße
an die königliche Kammer. Ich habe schon im ersten Teile
die Ansicht ausgesprochen^), daß sie im wesentlichen bereits
in jenem unmittelbaren Abhängigkeitsverhältnis vom Könige
standen, das dann später im 12. Jahrhunderte in den Königs-
urkunden wieder hervortritt ^) und später auch in der Be-
zeichnung „Kammerknechte" seinen bekannten Ausdruck
fand.
Wie die Juden standen auch die Fremden unter der
direkten Schutzgewalt des fränkischen Königs.*) Res pere-
grinorum propriae sunt regis lautet ein Grundsatz, den Karl
der Große in einem Privileg für das Kloster Honau von
772 — 74 zum Anlaß nahm, um der Schottenkirche dort
entwendetes Gut zu revindizieren.^) So dürften auch da
ähnlich wie bei den Juden erste Ansätze zu einem Fremden-
regal anzunehmen sein. Brunner leugnet ein solches mit
dem Hinweis, es habe ein ausschließliches Recht des Königs,
den Fremden zu schützen, wie es später in dem Begriffe
des Fremdenregals auftritt, in fränkischer Zeit nicht be-
standen.^) Jedoch fehlt aber jeder Beweis für diese Behaup-
tung. Ich glaube zudem nicht, daß darin der Charakter des
Fremdenregals beschlossen gewesen sei. Auch in der
späteren Zeit ruht das Wesen desselben meines Erachtens
nicht darin, daß nur der König den Fremden Schutz ge-
währen kann, sondern vielmehr in dem rechtlichen Anspruch
dieser auf Königsschutz, bzw. die aus dieser direkten Unter-
^) A. a. O. 310 nr. 31; et nemo saepedictis Hehreis flagellis caedere
praesumat, nisi, probati fuerint secutidum legcfn eorum, eos c apitula,
qua a nobis eis ob servanda promulgata sunt, violasse.
») S. 168.
*) Vgl. R. Scholz, Beitr. z. Gesch. d. Hoheitsrechte d. deutschen
Königs z. Z. der ersten Staufer (1896J S. 120 n. 5.
*) Brunner RG. i*, 399 ff.
») MG. DCar. nr. 77. ") A. a. O. S. 400.
— 346 —
Stellung unter den König sich ergebenden Rechtswohltaten
und Prozeßvorrechte. Nun gibt Brunner selbst zu, daß
damals schon die Grundsätze, welche die Folgezeit als
Fremdlingsrecht, ius albinagii zusammenfaßt, in deutlichen
Keimen vorhanden gewesen seien : „Der König nahm, wie es
scheint, das Erbe des Fremden, auch wenn Kinder von ihm
vorhanden waren."
Die fränkischen Könige übten ferner auch in der Karo-
lingerzeit, wie früher, das Steuerregal. Man hat zwar
vielfach behauptet, daß diese Zeiten nur freiwillige Jahr-
geschenke, aber keine Steuerpflicht gekannt hätten.*) Doch
sind diese annua dona, wie oben schon angedeutet wurde ^),
regelmäßige Abgaben obhgatorischer Art gewesen. Hincmar,
gewiß ein genauer Kenner des karolingischen Verfassungs-
rechtes, sagt ausdrücklich^): causa suae defensionis regi ac
rei publicae ve ctigalia , quae nobiscimi annua dona
vocantur, praestat ecclesia. Wie hier die Auffassung als
vectigalia und die Entrichtung an den Staat deren öffentlich-
rechtlichen Charakter deutlich werden lassen, so setzt auch
noch eine andere Quelle jener Zeit diese annualia dona
direkt in Gegensatz zu den dona privata.*)
Und in einem Privileg Kaiser Ludwigs des Frommen
für Kempten werden die annua dona den servitia ad partem
publicam gleichgestellt, ja geradezu unter dem Begriff der
publicae functiones subsumiert.^)
Allerdings ist es nicht leicht, die Ausdehnung bzw. Ver-
anlagung der direkten Staatssteuern festzustellen. Denn
die von den Quellen gebrauchten Bezeichnungen sind sehr
unbestimmt und wechselnd. Census kann ebenso wie tri-
butum auch privatrechtlichen Zins bedeuten. Es ist also
aus dem Namen allein nicht zu ersehen, ob es sich um eine
Staatssteuer oder eine privatrechtlich begründete Abgabe
*) So u. a. Waitz VG. 4^, 112 u. auch R.Schröder RG." S. 203.
^) S. 272.
^) Opera ed. Sirmond (1645) 2, 325, Dazu F. Dahn a. a. O. loiff.
*) Libell. de imp. potest MG. SS. 3, 720: consdtuebant autem an-
nualia dotta in Papiae palatium perducenda auri libras lo, argenti TOO
pallia optima 10 exceptis privatis donis.
») Mon. Boica 28, 27 (= Mühlbacher* nr. 929).
— 347 —
handle. Da nun der Rechtsgrund für die konkret genannten
Abgaben im Einzelfalle oft nicht sicher bestimmbar ist und
möglicherweise ein uns nicht mehr erkennbares privates
Rechtsverhältnis zugrunde lag, so darf man nicht ohne
weiteres jeden census regalis oder jedes tributum ad partem
regis als eine Staatssteuer ansehen. Hatte dies F. Dahn
schon richtig hervorgehoben^), so ist er doch selbst dann
in denselben Fehler wieder verfallen, indem er den census
der Freien als staatliche, die Leistungen der tributarii als
private Abgaben unterschieden sehen wollte.^) Das ist un-
zutreffend. Diese Unterscheidung dürfte vielmehr, wie ich
schon im i. Teile dargelegt habe^), auf die verschiedene
soziale Qualität der Leistenden zurückzuführen sein. Tribu-
tarii sind vielfach — nicht immer — unfreie oder hörige
Hintersassen. Aber auch der census Freier kann ein Zins
an die Grundherrschaft sein.
R. Schröder hatte, wie bekannt, angenommen, daß es in
der fränkischen Zeit eine allgemeine Steuerpflicht des Grund-
besitzes gegeben habe, die er aus einem allgemeinen Boden-
regal des Königs herleitete, demzufolge dieser Obereigen-
tümer von allem Grund und Boden gewesen sei *) Diese
Auffassung, welche auch Lamprecht teilte^), ist heute be-
reits verlassen.^)
Ob freilich damit auch schon erwiesen ist, daß eine
allgemeine Steuerpflicht der Untertanen der fränkischen
Verfassung gänzlich unbekannt gewesen sei, wie H. Brunner
behauptet''), möchte ich noch sehr dahingestellt sein lassen.
Und ebenso auch die damit im Zusammenhange stehende
weitere These, daß das römische Steuerwesen unter der
>) A. a. O. S. 30 f. 2) A. a. O. S. 35. ') S. 193.
*) Die Franken u. ihr Recht, Ztschr. f. RG. 2, 62 ff. (1881).
*) DWL. I, 103 f., sowie Deutsche Gesch. 2, 83.
*) A. Hausier, Institut, d. deutschen Priv. Rechts i, 370. Vgl.
Brunner RG. 2, 237; Rubel, Die Franken S. 56 n.; Dahn a. a. O. S. 3if.;
Haff in Ztschr. f. RG. 32, 325ff.; meine Bemerkungen im i. Teile S. 193.
Selbst Arndt, Z. Gesch. und Theorie d. Bergregals 1879 S. 214, sowie
Lamprecht DWL. i, 104. n. i, die Schröders Hypothese akzeptierten,
hatten doch selbst Bedenken dagegen nicht ganz unterdrücken können.
■') RG. 2, 234; vgl. auch Waitz VG. 4*, 112.
— 348 —
Herrschaft der Franken entartete und abstarb.*) Sicher ist,
daß die Merowinger dasselbe beibehalten haben^), und es
liegt kein Grund vor, eine vollkommene Änderung für die
Karolingerzeit anzunehmen. Wie kam denn die Forschung
überhaupt zu dieser Annahme ?
Doch vorwiegend nur durch ein testimonium ex silentio.
Weil die noch in der Merowingerzeit erwähnten Steuer-
bücher jetzt nicht mehr in den Quellen vorkommen.^)
Gleichwohl erhelt aus den von Waitz am besten zusammen-
gestellten Quellenbelegen, daß die ersten Karolinger all-
gemein den Grundsatz aufstellten, es solle der census regalis
überall dort, wo er früher, ja von alters her (antiquitus)
entrichtet wurde, auch fürder gezahlt werden.
Kopf- und Grundsteuer (sive de propria persona ho-
minis^ sive de rebus) werden dabei unterschieden.*)
Hält man dazu, daß ein öffentliches Steuerregister
(polepticum publicum) in den Marculfschen Formeln (I. 19)
doch erwähnt wird, und diese ja auch in der Karolingerzeit
noch in der königlichen Kanzlei in Verwendung standen,
dann gewinnt auch dieses Capitulare über die Fortent-
richtung des census regalis eine ganz andere und wichtige
Bedeutung.
Daß die Quellen wenig über Steuern verlauten lassen,
trifft doch nur dann zu, wenn man, wie es Waitz getan hat,
allen Bezeichnungen für Abgaben in jener Zeit (census,
tributum, stevra) einen privatrechtlichen Charakter zu-
schreibt und behauptet, daß sie nicht als wirkliche Staats-
steuern angesehen werden können.^)
Das ist aber sicher nicht richtig. Denn als tributa
werden auch die bekannten (a. o.) Normannensteuern be-
zeichnet, die keineswegs einen privatrechtUchen Charakter
hatten. Die Jahrbücher von Fulda sagen es uns bei
Schilderung der Unterwerfung des Normannenhäuptlings
Rorich im Jahre 850 ganz ausdrücklich, daß die tributa
*) Ebenda 238. Waitz ebenda.
*) F. Dahn, Zum Merowingischen Finanzrecht in German. Abh.
70. Geburtstag Konr. Maurers ('893) 333!!".
^) So Waitz VG. 4^, 113 u. auch Dahn, Könige VIII. 5, 29.
*) Waitz VG. 4^ 114. ") So Waitz a. a. O. 112.
— 349 —
ad regis aerarium gehörten.^) Und anderseits dürfte die
auch stevra genannte Ostarstufa doch wohl öffentUchrecht-
lichen Charakter gehabt haben, da sie nach einer Traditions-
urkunde des Herzogs Liutfried für Weißenburg (730 - 739)
zwischen anderen öffentlichen Abgaben (freta und haribanno)
und auf einer Linie mit diesen angeführt, zugleich aber von
den fürder an die Kirche zu leistenden privaten ,cinsos'
unterschieden wird. ^)
Dafür spricht auch, daß das Urbar aus Lorsch, in
welchem die Osterstufe vorkoramt, neuestens als eine Auf-
zeichnung des rhein fränkischen Reichsgutes in der Zeit
von 830 -850 erwiesen worden ist.-'')
Endlich soll doch nicht übersehen werden, daß 850 in
den für Kaiser Ludwig II. bestimmten Synodalbeschlüssen
von Pavia u. a. auch gegen die Bestellung von Priestern als
Steuerpächter oder Steuerbeamte*) Einsprache
erhoben wird. Aus derselben Quelle geht überdies noch
hervor, daß auch Juden in dieser Eigenschaft sich be-
tätigten. °)
Diese Quelle dürfte allerdings zunächst italienische Ver-
hältnisse vor Augen haben, wo ja bekanntlich die römischen
Einrichtungen auch in dieser Beziehung fortdauerten.®) Dort
in Italien kommt die Bezeichnung census auch für Steuern
vor.^) Aber auch in Deutschland kann unter census nicht
^) SS. rer. Germ, in usum schol. zu 850; vgl. Mühlbacher Reg.*
nr. 1143 b.
^) Trad. Wizz. nr. 12. — Daß die Osterstufa aus den üblichen
Jahrgeschenken hervorgegangen sei, wie Brunner RG. 2, 237 meint,
halte ich nicht für wahrscheinlich. Denn letztere dürften auf einer
näheren Beziehung zum König — nach Hincmar entrichtete sie die
Kirche für den Königsschutz — beruht haben.
') Vgl. K. Glöckner in Mitteil. d. Instit. 38, 381 ff., bes. 393 (1919).
*) MG. Capit. 2, 121 c. 18: Sed et ille excessus omnino hihibendus
est, quod qtiidam seculares viri presbiteros aut alias clericos conductores
vel procuratores sive exactores fiscalium rerum vel redituum aut
vectigalium constituiint.
*) Ebenda 122 c. 24: Omni ratione caret et religioni christianae
noxium et contrarium noscit^ir, nt Judei a christianis vectigalia exigant . . .
') Vgl. G. Luzzatto, i servi neue grandi proprietä ecclesiastiche
S. 160 ff., sowie E. Mayer, Italien. VG. i, 309 ff.
') E. Mayer a. a. O. 310.
— 350 —
durchwegs nur ein privatrechtlicher Zins gemeint sein. Ich
verweise besonders auf die ordinatio imperii vom Jahre 817,
durch welche Kaiser Ludwig auch seinen jüngeren Söhnen
Pippin und Ludwig d. D. in ihren zukünftigen König-
reichen noch besonders die tributa et census überweist.^)
Darin können wir nicht bloße Grundzinse erblicken, weil
diese ganz selbstverständlich ihnen als Eigentümern jener
Gebiete zugefallen wären. Mir macht diese Bestimmung
in ihrer besonderen Stellung und auch in ihrer Motivierung^)
ganz den Eindruck, als ob den jüngeren Brüdern und Kö-
nigen für ihren Herrschaftsbereich ein Recht dadurch ge-
sichert werden sollte, auf das sonst vielleicht der Kaiser
als Gesamtvertreter des Reiches hätte Anspruch erheben
können (?).
Sehr bedeutsam scheint mir auch der Vorbehalt, welcher
in einem Diplom Kaiser Ludwigs des Frommen für St. Gallen
von 817 gelegentlich der Schenkung von Hufenzins gemacht
wird, der an die Grafen bisher entrichtet wurde : salva tarnen
functione , quae tarn ex censum quam ex tributum vel
alia qualibet re partibus palatii nostri exire debent.^) Man
muß sich dabei gegenwärtig halten, d^& functio zur Römer-
zeit und auch nachher in Italien die Bezeichnung für die
ordentliche Staatssteuer gewesen ist.*) Und nun ist die
Interpretation überaus interessant, welche diese Stelle in
demselben Kloster noch zur Karolingerzeit erfahren hat-
Wir besitzen nämlich noch eine Formel aus der Zeit
Karls III., welche nach dieser Urkunde gearbeitet ist. Hier
aber heißt es an der entsprechenden Stelle ^) : salva tarnen
functione, quae tarn ex tributo seu vectigalibus vel alia
qualibet re . . .
Können wir uns noch einen deutlicheren Kommentar
wünschen .f*
^) MG. Capit I, 272 c. 12.
^) Ebenda: ut ex his in stiis necessitatibus constdant et dona
seniori fratri de ferenda melius preparare valeant. Sollten unter
diesen dona vielleicht ähnliche „Gaben" zu verstehen sein, wie sie
die annua dona (siehe oben S. 272) sonst darstellen?
») St. Gall. ÜB. I, 217. *) Vgl. E. Mayer, ital. VG. i, 309.
*) MG. Form. 435 n. 3.
- 351 -
Ferner weisen auf Steuern auch im Osten die be-
kannten Verbote Karls des Großen und Ludwigs des
Frommen von 812, bzw. 818/19, Ländereien, von welchen
ein census oder tributum an den König entrichtet wurde,
an die Kirche zu tradieren. Diese Verbote müßten über-
flüssig erscheinen, wenn man dabei nur an königliches Leihe-
land zu denken hätte. Denn dann wäre ja eine solche
Tradition ohne Zustimmung des Königs ohnehin kaum
möglich gewesen. Sie erklären sich aber ohne weiteres,,
wenn wir unter diesem census, bzw. tributum eine Steuer von
freiem Eigengut, bzw. eine Kopfsteuer Freier verstehen.^)
Durch Auftragung an die Kirche wären dem Könige diese
Steuern nun entzogen worden, da das Immunitätsgebiet
jedenfalls von der ordentlichen Staatssteuer befreit war.
Von diesem Standpunkte aus gewinnt nun auch eine
Stelle in den Konzilsakten von Langres (830) eine wichtige
Bedeutung, wo bestimmt wird, daß eine villa, die aus der
Immunität des Bischofs von Langres an die Kirche von
St. Pierre de Beze übergeht, /röri-«i- ab omni consnetudinali
e X actione liberrimam bleiben solle. ^)
Auch Hincmar sagt von den Kirchengütern, daß sie
sub immunitate a tributis fiscalibus liberae maneant.^)
Möglicherweise erklärt sich nun auch auf diese Weise
das angebhche Stillschweigen der Quellen über die Steuern
in karolingischer Zeit. Halten wir uns vor Augen, daß sie
nahezu ausschließlich von kirchlichen Instituten herrühren,
die der Immunität teilhaftig und somit von dieser direkten
Staatssteuer befreit waren, so lag hier gar kein Anlaß vor,
jener positiv zu gedenken. Und eben in diesem Zusammen-
hange sei noch eine Vermutung hier zur Diskussion gestellt.
Wir haben von den annua dona gehört. Deren Rechtsgrund
^) Besonders deutlich spricht sich Karl d K. im Edikt von Pistes
(864) unter Berufung auf jene Kapitularien seiner Vorfahren darüber
aus MG. Capit. 2, 322 c. 28: zä Uli Franci qui censum de suo capite vel
de suis rebus ad partem regiam debeni, sine nostra licentia ad casavi
Dei . . . se non tradant, ut res publica, quod de Ulis habere debet, non
perdat.
«) MG. Concil 2,681.
^) De ecclesiis et cappellis S. 110; vgl. U. Stutz, Gesch. d. kirchl.
Benefiz.-Wes. i, i68 n. 72.
— 352 —
und Ausdehnung ist bisher ganz im dunkeln geblieben. Die
bisherige Forschung hat sich darüber um so weniger Ge-
danken gemacht, als sie ja annahm, das seien freiwillige
Gaben gewesen. Nun sagt uns Hincmar ganz bestimmt,
daß die Kirche sie dem Könige, bzw. Staate für den ihr
gewährten Schutz gegeben habe.*) Sollten sie vielleicht
ursprünglich eine Art Entgelt für die Immunitätserteilung,
bzw. den Königsschutz gewesen sein?
Dazu würde dann sehr wohl stimmen, daß auch die
Grafen und Potentes sie gleichfalls darbrachten. Denn sie
erfreuten sich ja der gleichen Begünstigung^), d.h. also der
Steuerfreiheit. Auch hier wäre eine Entschädigung an
den König für den Entgang namhafter Einnahmen
infolge Gewährung jener unmittelbar verständlich.
Sicher ist, daß auch im Osten ein annualis census ad
publicum urkundlich bezeugt erscheint^), was wohl auch
kein privater Grundzins gewesen ist. Andere Belege haben
Waitz selbst, trotzdem er von der Existenz einer „wirklichen
öffentlichen Steuer" nichts wissen wollte, bereits zu dem
Geständnisse veranlaßt, es seien „doch offenbar direkte
Abgaben . . . häufiger vorgekommen, als man nach dem
allgemeinen Grundsatz [d. h. daß es keine direkte Staats-
steuer gegeben habe !j anzunehmen geneigt sein möchte".*)
Ist vielleicht dieser „allgemeine Grundsatz", d. h. die An-
nahme, daß es keine direkte Staatssteuer gegeben habe,
tatsächlich gar nur eine Fiktion jener Forscher.!*
Über die außerordentlichen Steuern (Normannen-, Armen-
und Heil. Landsteuern) ist früher schon gesprochen worden.
Ihr Vorhandensein würde allein zur Genüge dartun, daß
der angebliche Grundsatz der Steuerfreiheit, an welchem
noch Waitz, Mühlbacher, R. Schröder und viele andere fest-
hielten, tatsächlich in der Karolingerzeit nicht mehr be-
standen hat.
Die zwingende Gewalt zur Erhebung all dieser dem
Gemeinwohl, sowie gemeinnützigen Zwecken dienenden
') Siehe oben S. 346 n. 3.
*) Vgl. Waitz VG. 4 *, 1 10 n. i ; dazu in der i. Aufl. 2, 127 ff.
') Mon. Büica3i,62 (Kempten) = Mühlbacher Reg.^ nr. 899.
*) VG.4*, 118; vgl. besonders die S. iign. 5 zit. Urkundenstellen!
- 353 —
öffentlichen Abgaben ergab sich aus der plenitudo potestatis
des fränkischen Königs.^)
Wie in seiner Hand die höchste Gerichtsbarkeit ruhte
und ein Gerichtsregal sich gebildet hatte, so hat das
Bannrecht des Königs — auch wenn wir von der alten
Annahme eines Dualismus von Volksrecht und Königsrecht
im Sinne Sohms absehen^) — ihm die Zwangsmittel
verschafft, seinen Willen nach allen Seiten hin durchzu-
setzen. Ganz allgemein wurde Gehorsam gefordert auf
Grund des Treueverhältnisses und kraft des Rechtssatzes,
daß den Ungehorsamen die Strafe der Infidelität mit allen
ihren Folgen treffe.^)
Hand in Hand mit dieser Auffassung geht die Tatsache
einher, daß sich der König als Eigentümer alles herren-
oder erblosen Gutes betrachtete. Eben dieser Grundsatz
hat sich praktisch zu einer Reihe von Regalien umgesetzt.
Ein Bodenregal in diesem beschränkteren Sinne wird heute
ziemlich allgemein zugegeben.*)
Aber auch das Straßen- und Stromregal ^), sowie das
Forstregal ^) ergibt sich konsequenterweise aus diesem
Grundsatze. Ja ebenso wohl auch das Jagd- und Fischerei-
regal, zu welchem sich doch trotz R.Schröders Ableugnung ')
schon in der Karolingerzeit deutliche Spuren zeigen.^)
') Vgl. dazu R. Sohm, Die fränkische Reichs- und Gerichts-
verfassung, 2. Aufl. S. i66.
-) Vgl. Seeliger, Volksrecht u. Königsrecht, Hist.Vjschr. 1898S. iff.
') Brunner RG. i, 380, sowie Seeliger a. a. O. 361.
*) A. Heusler a. a. O. 370; Rubel a. a. O. 45; Brunner RG. 2, 237,
Rietschel, Markt u. Stadt S. 18 u.a. m.
*) Vgl. Heusler a. a. O. 368; Rubel, Reichshöfe S. 74ff. u. 115;
Rietschel a. a. O.
•) Brunner RG. 2, 75 u. Thimme, Forestis Arch. f. Urk. Forsch.
2, 109 f.
') DRG.5 S. 205. Zuletzt hat auch da R. Schröder doch der
neueren Forschung Rechnung getragen RG.* 209 n. 73.
*) Vgl. für das Jagdregal Waitz VG.4-, 130 ff. u. Thimme a.a.O.,
für das Fischereiregal Waitz VG. 4*, 133, Brunner RG. 2, 75; außer-
dem verweise ich auf eine bisher nicht benutzte Stelle des von Patetta
veröffentlichten Kapitularienbruchstückes, wo (c. XXII) kgl. Einkünfte
aufgezählt werden : de p\ontibu\s et pontonis vel mercatis et de diversis
teloneis aut piscationibus, Atti della R. Accad. di Torino 33, 79.
Dop seh, Wirtschaftsentwickluig der Karolingerzeit. II. 2. Aufl. 23
- 354 -
Endlich lassen sich unter diesem Gesichtspunkt meines
Erachtens auch jene Quellenstellen erklären, welche für erste
Ansätze eines Allmend-'), Berg-^) und Fundregales ^) namhaft
gemacht worden sind. Der König erhob Anspruch auf alle
wüstliegenden Ländereien, die noch nicht in private Nutzung
übergegangenen Wälder, das Wildland, wie auf die Aneignung
der wilden Tiere, mochten sie nun im Wald und Feld oder
im Wasser, so diese nicht Privateigen waren, sich befinden.
In beiden Fällen konnte eine königliche Bannlegung er-
folgen.
Der König betrachtete sich ebenso als Eigentümer
herrenloser Bodenschätze, wie auch als gesetzlichen Erben
der ohne Testament verstorbenen Freigelassenen (liberti),
sofern sie von dem ihnen bei der Freilassung eingeräumten
Rechte, sich einen Schutzherrn zu wählen, keinen Gebrauch
gemacht hatten.*)
Im ganzen ist also eine Durchsetzung der königlichen
Obergewalt nach allen Seiten hin durch die ersten kraft-
vollen Karolinger bewirkt worden, wie sie ausgreifender
kaum je mehr später von den deutschen Königen über-
boten werden konnte.") Der Unterschied gegenüber dem
älteren Königtum der Merowinger ist doch auch den Zeit-
') R. Schröder RG.*, 218, sowie „Die Franken und ihr Recht"
a. a. O. S. 64; dazu Brunner RG. 2, 237.
*) Brunner RG 2, 76, sowie die dort zit. Literatur. Heusler
a. a. O. 369 u. R. Schröder RG.* S. 205.
') Vgl. die von E. Eckstein, Das Schatz- u. Fundregal, Mitt. d.
Inst. 31, 197 ff. zit, Quellenstellen, denen gegenüber die Ableugnung
Ecksteins nicht hinlänglich begründet worden ist.
*) Vgl. K. Zeumer, Über die Beerbung der Freigelassenen durch
den Fiskus nach fränk. Recht, F. z. DG. 23, 189 ff.
*) Sehr treffend bemerkte R. Schröder^ Die Franken u ihr Recht
a.a.O. S. 8i: ,,Es ist überhaupt verkehrt, wenn man für das 10. oder
1 1. Jahrhundert noch eine Zunahme der königl Gewalt gegenüber
der Zeit der Karolinger und der ersten Merowinger glaubt annehmen
zu sollen; die Krone war nicht mehr in der Lage, sich neue Rechte
anzumaßen, sie durfte zufrieden sein, wenn es gelang, den von den
Vorfahren überlieferten Besitzstand festzuhalten oder äulSerstenfalls
zu revindicieren, was ohnmächtigen Herrschern abhanden gekommen
war." Das gilt m. E. allerdings nur für die ersten Karolinger. Schon
unter Ludwig d. Fr. änderte sich das mit dem Verfall der kgl. Macht
u. dem Aufkommen der feudalen Gewalten.
— 355 —
genossen schon bewußt geworden. Einhard hat ja am
Eingang seiner Biographie Karls des Großen, um diesen
Gegensatz recht hervorzuheben, antithetisch die Art ge-
schildert, wie die alten Bauernkönige noch in einem Ochsen-
wagen, der von einem Ochsenknecht „rustico more" gelenkt
wurde, zum Hofe und zur Reichsversammlung zu fahren
pflegten.
Diese „bäurische Art" kam der Generation Karls, die
offenbar eine ganz andere Vorstellung vom Königtum hatte,
wie eine längst überwundene Phase fränkischer Kultur-
entwicklung vor.
Und in der Tat. Hält man sich diese reiche Aus-
gestaltung der Regalien vor Augen, so wird klar, daß die
herrschende Lehre, als ob Karl der Große den Schwerpunkt
seiner Finanzwirtschaft auf die Domänen verlegt habe '),
unhaltbar ist. Ganz im Gegenteile mußten diese zahlreichen
Regalien jetzt schon viel reichere Einnahmen ergeben, als
die in schlechtem Zustande befindlichen und wenig verläß-
lichen Krongutsverwaltungen.2) Wie geringschätzig spricht
nicht Einhard an der erwähnten Stelle von den dürftigen
Einkünften des merowingischen Königs, der angebhch nur
eine einzige Domäne sein eigen nannte.^) Und von da aus
fällt nun ein neues Licht auf die ganze Wirtschafts-
politik der Ka rolinger. Sie teilten in immer reicherem
Maße von ihren Krongütern Schenkungen aus. An die Kirche,
wie an die Laienaristokratie. Zu Eigen und zu Lehen. Das
müßte auffällig erscheinen, wenn wirklich der Schwerpunkt
der königlichen Finanzen eben auf den Domänen geruht
hätte. Die Karolinger waren aber demgegenüber noch auf-
fallend sparsam in der Erteilung von Regalien. Die Zahl
der echten Privilegien, welche solches bezeugen, ist, nachdem
die Fälschungen ausgeschieden wurden, heute sehr gering.
•) So V. Inama WG. i, 304; dann auch Brunner RG. 2, 72 und
R. Schröder RG.* S. 206. Letzterer hat sich aber zuletzt der hier
vorgetragenen Auffassung angeschlossen RG.* 211 (1919).
*) Siehe im i. Teile S. 185 f.
') Vita Karoli c. I: nihil aliud proprii possiderei, quam unam et
eam praeparvi redditus villam, in qua domum et ex qua famulos sibi
necessaria ministrantes atque obsequium exhibentes paucae numerositatis
habebat.
23*
- 356 -
Und auch bei diesen Münz- und Marktrechten ist die Absicht
deutlich richtunggebend gewesen, dadurch eine Belebung
des Verkehrs zu bewirken, wodurch eben wieder neue Ein-
nahmen doch gewonnen wurden. Die Zollfreiheiten aber
werden ausdrücklich auf den Eigenbedarf der Empfänger
beschränkt. Und bei den Traditionen von Grund und
Boden Freier, die immer zahlreicher erfolgen, wird doch
besonders der Vorbehalt gemacht, daß die königlichen
Steuererträge dadurch nicht beeinträchtigt werden dürfen.
Die Begünstigung der Juden und Handelsleute tritt seit
Ludwig dem Frommen deutlich hervor. In der Wucher-
gesetzgebung aber legt sich die königliche Gewalt, der
Kirche den Vortritt lassend, eine bemerkenswerte Reserve
auf. Und man beachte doch: aus der immer mehr ver-
siegenden Kapitulariengesetzgebung der späteren Karo-
lingerzeit ragen das Edikt von Pistes (864), das berühmteste
Denkmal mittelalterlicher Münz- und Geldgesetzgebung,
im Westen und die Raffelstätter Zollordnung über den
Handel im äußersten Osten bezeichnend auf . . .
Soll dies ganz zufällig gewesen sein?
Allerdings trat in der Verwaltung der Regalien
im Verlaufe des 9. Jahrhunderts eine deutliche
Wandlung ein. Mit dem Verfall des Einheitsstaates und
dem Niedergang der königlichen Gewalt hatte die erstarkende
Macht der Großen, der Bischöfe wie des weltlichen Adels,
alsbald daran Anteil gewonnen.
Das konnten wir bei der Münze schon deutlich wahr-
nehmen, und zwar nicht so sehr infolge Erteilung von Münz-
rechten an sich, als insbesondere vermöge des Überganges
zur percussura proprii nomismatis, der doch schon ein-
geleitet erscheint.^) Ähnlich auch beim Markt- und Zoll-
regal, wo die Schenkung der Einkünfte von einzelnen Hebe-
stellen, wie sehr immer noch das königliche Hoheitsrecht
festgehalten wird, doch den ersten Schritt zum späteren
Vollerwerb dieser Berechtigungen selbst bedeutet. Sie
gingen dem Königtum auf dieser Bahn meist unwieder-
bringlich verloren.
*) Siehe oben S. 326 f.
— 357 -
Am schwersten aber sind die königlichen Rechte im
Gericht durch die Immunitätsprivilegien beeinflußt worden.
Mit der Ausbildung der Immunität im 9. Jahrhunderte wurde
jene bedeutsame Entwicklung der Gerichtsverfassung er-
öffnet, die dann nahh 100 Jahren bereits das Recht der
Bischöfe, aber auch das weltlicher Dynasten an die Stelle
des königlichen treten ließ.^) Der Ablauf dieses wichtigen
Prozesses der Entstaatlichung ist aber meines Erachtens
bei allen Regalien im wesentlichen doch derselbe gewesen.
Zuerst die negative Seite der Entäußerung seitens des
Königs, sei es durch Erteilung von Münz-, Markt- und Zoll-
privilegien sowie Schenkung der Einkünfte dort, sei es durch
das Verbot des Introitus iudicum, bzw. agentum regis hier.
War dieser Schritt einmal geschehen, so konnte das schwäch-
liche Königtum, das schon am Ausgang der Karolingerzeit
sich kaum ernstlich mehr von den neuerstarkten Stammes-
Herzogtümern unterschied, an eine Rückgewinnung nicht
mehr denken, zumal Gewalten gegenüber, auf die es politisch
angewiesen war. Die Gunst der politischen Lage ermöglichte
denn auch bereits unter den Ottonen dann den positiven
Ausbau jener Rechte. Die bischöfliche Fürstenmacht trat
seit Ausgang des 10. Jahrhunderts im engeren Kreise ihres
Herrschaftsbereiches das Erbe der königlichen an.^)
So gehen die Regalien vielfach an die feudalen Ge-
walten des geistlichen (Bischöfe) und weltlichen Adels all-
mählich über. Der Wandel tritt aber nicht erst im 10. Jahr-
hundert ein, sondern bereits in der Karolingerzeit selbst
schon im neunten, ja man kann sagen stellenweise bald
nach dem Tode Karls des Großen.
1) Vgl. A. Hauck, Die Ausbildung der bischöfl. Fürstenmacht,
Leipz. Univ. Progr. 1891 S. 43 ff. bes. 45.
^) Vgl. für Worms, wo sich das besonders deutlich verfolgen
läßt, Lechner, Die älteren Königsurkunden für das Bistum Worms
u. die Begründung der bischöfl. Fürstenmacht, Mitt. d. Inst. 22, 557 ff-,
für Passau neben meinen Bemerkungen ebenda 26, 329 ff., jetzt Heu-
wieser a. a. O.
358
Zusammenfassung.
Die Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit baute auf
anderen Grundlagen auf, als die Forschung bisher an-
genommen hatte. Es geht nicht an, sie wesentlich nach
den Berichten Cäsars und Tacitus' über die altgermanischen
Zustände beurteilen zu wollen. Man darf nicht vergessen,
daß zwischen diesen und den großen markanten Geschichts-
denkmälern der Karolingerzeit, welche uns dann wieder im
8. und 9. Jahrhunderte direkt eine deutlichere und greif-
barere Kunde vermitteln, ein langer, langer Weg bedeut-
samer Kulturentwicklung gelegen ist. Dieselbe Zeitspanne
etwa, die uns heute von den Tagen der ersten Staufer trennt,
rund 8 Jahrhunderte. Wer wollte es wagen, aus Quellen
der Stauferzeit die Kultur des 20. Jahrhunderts abzulesen?
Die Vorstellung, als ob Träger dieser Wirtschaft zunächst
noch eine große Masse gleichberechtigter und gleichbegüterter
Vollfreier gewesen sei, beruht auf derselben archaistischen
Auffassung jener Periode und muß als kulturhistorischer
Anachronismus bezeichnet werden.^) Längst waren Grund-
herrschaften vorhanden und in steter Bildung begriffen.
Nicht nur, daß die Zeiten der sogenannten „Völkerwande-
rung" kaum einen völligen Untergang der spätantiken
Kultur bedeuteten, es waren seitdem durch Jahrhunderte
bereits neue Fermente wirtschaftlicher und geistiger Ent-
wicklung am Werke, jene Einheiten der Urzeit und deren
Gleichheit umzuschaffen. Um nur auf die deutlichsten
Zeugen fortschreitender Wandlung hinzuweisen: die Kirche
und das Königtum. Sie beide mußten naturgemäß diffe-
renzierend wirksam werden. Nicht nur, weil sie selbst
großen Grundbesitz aufsammelten und vereinigten, sie haben
ohne Zweifel auch die Gesellschaft primitiver Ordnung in-
dividualistisch belebt.
Sie schufen Ämter und bildeten sie hierarchisch aus.
Sie waren auch ob ihres Reichtums in der Lage, für die zu
ihren Zwecken und Absichten benötigten Dienste anderen
Entlohnung zu bieten, breite Kreise wirtschaftlich aus-
') Vgl. darüber jetzt meine „Grundlagen" 2, 128 ff.
— 359 —
zustatten und Abhängigkeiten sozialer Art damit zu be-
gründen. Die politische Entwicklung zerstörte die alten
kommunistischen Grundlagen ebenso, wie das Aufwachsen
der Kirche es getan.
Dann aber die drei Jahrhunderte merowingischer Staats-
bildung und die gleichzeitige Ausbreitung der deutschen
Stammesherzogtümer sonst. Man denke doch nur an die
mächtig ausgreifenden Agilolfinger in Bayern!
Als gewaltiges Denkmal aristokratischer Wandlung in
Wirtschaft und Gesellschaft ragt das berühmte Edikt
Clothars II. von 614 auf. Die sogenannten „Volksrechte"
vom 6. — 8. Jahrhundert zeigen mit ihrer starken Abstufung
der Wergelder auf große Verschiedenheiten nach beiden
Richtungen hin. Das Volk ist nicht mehr, sei es auch nur
auf gewissen Gebieten, die gesetzgebende Macht, es hat nur
auf Reichs- oder Stammestagen neben dem König dazu
mitzuwirken. Ein Rechtsdualismus im Sinne Sohms, „Volks-
recht" und „Königsrecht", hat tatsächlich schon zur Mero-
wingerzeit nicht mehr bestanden.
Dann aber die Ausbildung derVasallität und des Lehens-
wesens. Sicherlich vor der Karolingerzeit schon im Gange,
haben sie die aristokratischen Tendenzen der sozialen und
wirtschaftlichen Entwicklung noch erheblich verstärkt und
auch verallgemeinert. Denn die Dienstverpflichtung, welche
hier begründet wurde, führte zu großem wirtschaftlichen
Lohn. Kirchliche und königliche Vasallen sind reiche
Grundbesitzer geworden und haben mit der Steigerung ihrer
politischen Bedeutung auch ihre soziale Stellung erhöht.
Und in diesem Stadium der Entwicklung, da der Adel
gegenüber einem schwächlichen Königtum bereits eine
große Macht erlangt hatte, schwang sich aus seiner Reihe
der tatsächliche Inhaber der höchsten Amtsgewalt am könig-
lichen Hofe, der arnulfingische Majordom, selbst auf den Thron.
Wie hätte bei solchem Werdeprozeß die Masse gemein-
freier Kleinwirte Träger der Wirtschaftsentwicklung im
ganzen noch sein können? Wie hätten sich die angeblichen
Einheiten und Grundlagen dieser Einzelwirtschaften der
Gemeinfreien durch diese Wandlungen jahrhundertelanger
Fortbildung unberührt und unverändert noch erhalten sollen?
— 360 —
Und konnten denn inmitten dieser großen politischen Ver-
änderungen, da neben dem Königtum der geistliche und
weltliche Adel doch offenbar schon sehr viel Grundeigen
erworben hatte, und dieses naturgemäß, schon ob der
Eigenart seines Zustandekommens, vielfach auch in Streu-
lage sich befand, solche alte Markgenossenschaften von
ganzen Centen oder Gauen gar in freier Selbstbestimmung
sich halten, wie man sie für viel ältere Zeiten, etwa
800 Jahre vorher (Cäsar und Tacitus) ansetzen mag. Konnte
denn die Hufe, welche das Normalmaß des kleinfreien Be-
sitzes gewesen sein soll, durch die Jahrhunderte völlig un-
verändert fortbestehen, unberührt von den Veränderungen
in der Familie, ihrer sozialen und politischen Stellung?
Wir müssen uns doch bewußt werden, welch' schreiender
Widersinn in einer Theorie gelegen ist, die ganz dieselben
Kulturverhältnisse, welche angeblich durch 8 Jahrhunderte
sich ihrem Wesen nach unverändert zu erhalten vermochten,
nun in den 150 Jahren karolingischer Herrschaftsperiode
von Grund aus und allseitig sich umgestalten läßt. Früher
sollen auch die allergrößten Umwälzungen im politischen
Leben der Franken, etwa die blutige Begründung des
Einkönigtums durch Chlodwig, die zersetzenden Kämpfe
zwischen dem Anhang der Brunichildis und Fredegundis,
endlich der gänzliche Verfall königlicher Macht am Beginne
des 8. Jahrhunderts so gut wie keine Rückwirkungen auf
die Besitzverteilung, die Grundeigentumsverhältnisse und die
gesellschaftliche Ordnung ausgeübt haben, vielmehr diese
sich, trotzdem keine starke Zentralgewalt bestand, gewisser-
maßen von selbst in einem übermenschliche Zurückhaltung
voraussetzenden Zustande der Gleichheit und Unveränderlich-
keit konserviert haben , jetzt aber wurde alles wie mit
einem Schlage anders. Und dies gerade zu einer Zeit, da
ein mächtiges Geschlecht tatkräftiger und begabter Herrscher-
persönlichkeiten die höchste Gewalt überkam und sie in
früher nie erlebten Siegen und Erfolgen weithin über ganz
Deutschland und Italien hin zur Höhe führte. Der große
Gewaltherr, der mit seinem Genius um die Wende vom
8. zum 9. Jahrhunderte die ganze damals bekannte Erde
durchdrang und dessen Name sich auch in der Vorstellungs-
— 36i —
weit der an fernster Peripherie seines weiten Herrschafts-
kreises siedelnden Völker zum Inbegriff höchster weltlicher
Macht umprägte — er soll dieser plötzlichen Wandlung gegen-
über machtlos gewesen sein. Der Träger der ganzen wirt-
schaftlichen und sozialen Entwicklung von bisher, die breite
Masse der Gemeinfreien, sei trotz einer umsichtigen sozial-
politischen Gesetzgebung Karls im Verlaufe des 9. Jahr-
hunderts völlig verschwunden, der kleine freie Grundbesitz
in den angeblich jetzt erst entstandenen großen Grund-
herrschaften nahezu restlos aufgegangen.
Fürwahr diese Theorie setzt viel blinden Köhlerglauben
bei dem historischen Beobachter voraus ! Nein, nein. Dieser
wichtige Prozeß war sicher seit vielen Jahrhunderten im
Gange, ich möchte sagen, seitdem es ein Königtum, Kirche
und Adel gegeben hat. Aber sowenig diese natürlichen
Großgrundherrschaften früher das kleine freie Grundeigentum
völlig aufzusaugen vermochten, sowenig war das auch jetzt
möglich. Wir dürfen doch nicht vergessen, daß die uns
heute vorliegende Überlieferung größtenteils nur ganz ein-
seitig Aufschluß zu gewähren vermag. Sie rührt eben von
diesen Großgrundherrschaften ausschließlich her. Sie gibt
die Verhältnisse dort wieder und hatte zumeist gar keinen
Anlaß, darüber hinauszugreifen: etwa über die selbständigen
Kleinwirte außerhalb ihres Kreises zu berichten. Sie werden
hier in der Regel erst dann erwähnt, wenn sie eben in
Beziehung, d. h. Abhängigkeit von einer solchen Grundherr-
schaft traten, also aufhörten ganz frei und selbständig zu sein.
Sie waren ohne Zweifel nach wie vor in stattlicher
Anzahl vorhanden und kamen neben den großen Grund-
herrschaften fortlaufend im ganzen auch sehr in Betracht.
Es ist meines Erachtens doch sehr bezeichnend, daß zu
derselben Zeit, da die viel zitierte Nachricht von der Ver-
knechtung zahlreicher Freier auftritt, zugleich auch aus den
Kreisen des Adels die in diesem Zusammenhang bisher
allerdings nicht gewürdigte Klage ertönt, Kaiser Ludwig der
Fromme habe viele, viele Niedriggeborene zu den einfluß-
reichsten Stellungen emporgehoben . . .
Sicherlich hat die Karolingerzeit die Weiterbildung der
großen Grundherrschaften ebenso gefördert wie die Mero-
— 3^2 —
«ingerzeit zuvor.*) Wie damals wurden auch jetzt neue
Auftragungen von Grund und Boden vorgenommen. Ja, sie
varen zahlreicher denn früher, Mne das neue Reich doch
auch ungleich größer sich erstreckte. Allein, was er gab,
war zumeist nicht das gesamte Besitztum des Tradenten,
sondern nur ein Teil davon. Ergebungen der eigenen
Person sind im Verhältnis zu der großen Menge von Tra-
ditioiken äußerst spärlich. Sie betreffen zudem oft Priester
oder Personal, die in den Stand der Kleriker eintreten
voUen, soost aber Kindor- imd Vermögenslose, die sich
ebne Akersrersorgung zu sichern trachten, endlich Missetäter.
die verwirkte Buße nicht zahlen konnten und nur durch
SdbstrerpfaDdong (obnoxiatio) aufzubringen vermochten.
Demgegenüber stdien aber in diesem neuen Staate.
dessen mcMiarcfatscbe Ordnmigen im Kriege (Heeresdienst)
und im Frieden (Verwaltungsbeamte) <^me Zweifel viel-
fachen Druck erzengten und soziale Depressionen nicht
s^ten mit si(^ brachten, doch ebensoviele M^lichkeiten
socialen qgd^ wirtschaftlichen Aufschwunges der unteren
Klassen. Die Bedeutm^ der längstvcM-handenen Grundherr-
scfaaften mö<^te idi nidit in einer großzügigen und plan-
mäßigen wirtschafdichen Aktivität erblicken, die geradezu
in agressrre Tendenzen ausartete, sondern eher glauboi, daß
deren reic^ier Bestand es immer zahlreicheren Bevölkerungs-
clcmenten außerhalb derselben erm^lichte, daran AnteÜ
zu gewinnen, wirtschaftlicJi zu erstarken und sich schtießiich
toEwexse andi zu verselbständigen. Auch bei dieser sdieinbar
mehr passiren RoDe haben sie, gewissermaßen als Quelle
weitfin ries^nder Befirucfatnng, im ganzen doch eine be-
deatoBgsvoUe Fmiktioa in der Wirtschaftsentwicklung erfüllt.
Neben die bisher allein gewerteten Motive der Besitzaus-
brextDng rücken auch jene der Besitzentfremdung in den
Vordergrimd. Neben dem «Haben" gab es auch ein be-
trärfitiicfaes .Soll'. Wie auf der einen Seite vorab bei
KöfDgtom und Kirche ein Anschwellen des Güterbestandes
sichtbar wird, so darf doch der gleichzeitig im Flusse be-
Imdütchf Eotgai^ nicht übersehen werden. Wieviel splitterte
ab im kleinen, wieviei ging durch 'Schenkung und zu Lrhcn,
^> Vgi. foeifie »GnnKflagen*' 2, 125 S.
- 3^3 -
wieviel nicht unfreiwillig auch verloren ! Aber (fi^>er Veriost
hier bedeutete ebensoviel Gewinn für eine große Reibe aen
sich erhebender oder doch gekräftigter WirtschaftMigncr.
Neben dem Königtum und der Kirche erstand ans der
Masse der Gemeinfreien ein Deaer Adel, ein AmtsaristokratÄ
in mehrfacher Abstufung, zadao (fie Krön- und Kirchen-
vasallen, selbst wieder den Staad der Grundherren stetig
mehrend. Damit aber kam unter dem bedeutsamen F.fn-ftTTfl
der politischen Ereignisse, siebt man über das Ganyj» hm^
doch ein Kreislauf der Güterbew^tmg zastandc, der zngiekii
auch so fruchtbar war, aus sieh seflist iKraos, kb möchte
geradezu sagen, in seinem natürlichen Abbof, aeae Bädaagea
sozialer und ^wirtschaftlicher Art ru erzenen. Vor
boten die zahlreichen TraditicMieii selbst das Mittel
Verbesserung der wirtschaftlichen Lage. I>as
Land blieb den Tracenten, ja ihren
meist noch zu Prekarie. Ihre Lage wurde gÜBStiger, da
sie nicht selten mehr zurückerfnehea , als säe hergegeben
hatten. Auch Edle und Grafen hatten Prekaiien wia der
Kirche inne. Der König erteilte sie an seine VasaSea fv
deren Dienste. Der Prekarist wirtschaftete ^uf Bessernag*,
aber nicht nur für die Grundberrschaft, von der er Land er-
halten hatte, in erster Linie d<>ch auch für säch se&st. Diese
großen Grundherrschaften , denen das aeoe karofingiscbe
Königtum in den ssegroGh enangeaea Läidexgebietem
reiche Schenkungen ixitefl werden Befiu branchtea mm sixr
auch für dieses Neuland neoe Leute, um die Kokxnsaääoa
durchzuführen, es «ktschaftficfa za. erschliefien. GaA vsid
gröl^er wird die Zahl der FreiassoB^en. Ke Ksi^ be-
forderte sie als em gottg^JSäges Werk. Se siad gemisser-
maßen das Gegenstück der als so bedfgra^^wilaMgfSFiwfif«
Traditionen.
Eine brdte ScUdit Halbfneäer bevc&ert arai <fiese
weiten Landstrecköi afiobevaH. Säe sätzen vielfach zn
mäßigem Zins, unfneier Landleäe (Koiocjat, Fresdft) teil-
haftig, mitunter aber aoch 23a £neäer Erbkäe anlradcead.
Endlich die nnfireien HiPteisassen. Säe begegaetea dem
wirtsdnftlidi^ und saiialfti Dnick der GrxBxfiiefrea aät
d>enso eiifenniachtigän Vergehen: Se eotfie£ea. am bei
— 364 —
anderen Grundherren oder in den Städten Unterkunft zu
finden, sie verweigerten die Dienste oder behaupteten frei
zu sein, da sie die (römische) Verjährungsfrist der Unfreiheit
für sich zu Unrecht in Anspruch nahmen. Zu solchem Vor-
gehen mochte dort leichter die äußere Möglichkeit bestehen,
wo der grundherrschaftliche Boden nicht geschlossen gelagert,
keinen gutswirtschaftlichen Betrieb aufwies, sondern weithin
lose verstreut nur Zinsbauern trug, oder wo an der Siedlungs-
peripherie von Wildland neue Strecken urbar gemacht
wurden.
Denn auch die ganze Morphologie dieser großen Grund-
herrschaften war ja nicht so einheitlich, daß sie sich in einer
gleichmäßig überall ansetzenden „Villikationsverfassung"
hätte erschöpfen können. Diese war vielmehr nur dort
möglich und lohnend, wo ein größerer, arrondierter Besitz
vorhanden war. Die infolge der Eigenart ihres Erwerbes
häufigen Streugüter entbehrten ihn.
Auch das Gut des freien Grundbesitzers war ja nicht
selten in verschiedener Flur gelegen, auch die einzelne
„Hufe" setzte sich aus Teilen oft zusammen, die von ver-
schiedenen Erwerbungen herstammten. Dieser Gutsbegriff,
in dem man verschiedenes zusammenfaßte, um danach als
Einheit zu rechnen, Rechte und Pflichten zu bestimmen,
war inner- und außerhalb des grundherrschaftlichen Ver-
bandes keineswegs immer — wie etwa auf neugeordnetem
Kolonisationsboden — in geschlossener Aufreihung auch
eine körperliche Einheit. Die Hufe wurde auch mitunter
aus Neuland gebildet, das Öde und Wald von einzelnen Kolo-
nisten oder einer genossenschaftlichen Vereinigung solcher
zum Zwecke der Rodung abgerungen ward. Und dieser
dem Wildlande abgewonnene Kulturboden machte nicht
immer gleich eine Hufe selbst aus, ergab zunächst stellen-
weise nur Hufensplissen, wie solche anderseits auch durch
Teilung voller Hufen zustande kamen. Auch die kleineren
Besitzeinheiten (areae) der Hofstätter, Kötter oder Seidner,
welche z. T. von jüngeren Söhnen der Hufenbauern bewirt-
schaftet wurden, sowie die „Ansiedler" (accolae) im engeren
Sinne hatten Anteil an dem Wildlande (Öden, Wald, Weide
und Wasser) der gemeinen Mark. Was wir über diese aus der
— 365 -
KaroHngerzeit wissen, entstammt durchaus Quellen grund-
herrschaftlicher Provenienz. Für freie , vöUig unabhängige
„Markgenossenschaften", die selbst die „Mark" als Eigentum
zu gesamter Hand besessen hätten, sind bis jetzt keine
sicheren Zeugnisse nachgewiesen worden. Natürlich konnten
auch mehrere Siedlungseinheiten (z. B. Dörfer), die von
verschiedenen Seiten her in das Wildland vorstießen, an
einer Mark Anteil haben. Die fortschreitende Rodung
dieses Wildlandes führte begreiflicherweise zu häufigen
Besitzstreitigkeiten eben an der „Mark". Eine freie Nieder-
lassung innerhalb dieser Mark mußte den Kreis der bisher
nutzungsberechtigten Anteilhaber unmittelbar benachteiligen
und war daher nur mit deren Zustimmung möglich. Außer-
dem konnte der König, der sich als Eigentümer alles herren-
losen Landes betrachtete, durch ein Privileg dazu Berech-
tigung schaffen.
Aber auch freie Lohnarbeit kam bereits vor und bot
landarmen Bevölkerungsklassen die Möglichkeit selbständigen
Erwerbes. Zahlreiche Leute, die vor feindlichem Überfall
sich geflüchtet, advenae, adventicii, standen zu wirtschaft-
licher Verwendung bereit, sei es, daß man ihnen ein Stück
Land, das der Bewirtschaftung darbte, gegen Zins überließ,
sei es auch, daß man sie zu Arbeiten des Landbaues
(Gartenkultur), oder gewerblicher Art oder des Verkehrs
und Handels heranzog. Zu all' diesen Verrichtungen konnte
man Tagelöhner mieten.
Denn schon war in Deutschland auch die Verkehrs-
wirtschaft sehr beträchtlich entwickelt. Die sogenannte
Völkerwanderung hat auch die spätrömische Verkehrswirt-
schaft keineswegs ganz verschüttet, so daß die Franken jetzt
sich zu deren Errungenschaften von urzeitlichen Zuständen
aus erst von neuem hätten mühsam durchringen müssen.
Die karolingische Entwicklung ist ein Glied in der ununter-
brochenen Kette lebendiger Fortbildung, die von der Spät-
antike ohne Kulturzäsur in das deutsche Mittelalter hinein-
führt — so wie die alten Römerstraßen selbst es taten . . .
Das Land war nicht etwa „wie am ersten Tag" mit einer
Serie von Villikationen überzogen, die alle in geschlossener
Hauswirtschaft ihre wirtschaftlichen Bedürfnisse selbst durch
— 366 -
eigene Produktion zu decken vermochten. Die allgemeine
Wirtschaftskonfiguration war vielmehr infogle der Streulage
eine gemischtere und stellenweise bunte, was alsbald schon
auf dem platten Lande eine Fülle von wechselseitigen
"Wirtschaftsbeziehungen erzeugte, die einen lebhaften Ver-
kehr bereits ergaben.
Dazu aber trat eine doch nicht zu übersehende statt-
liche Anzahl von Städten und Märkten, nicht nur im Westen
oder am Rheine bloß. Wir müssen uns von dem durch die
grundherrliche Theorie erzeugten Gesamteindruck befreien,
daß die Karolingerzeit ein rein landwirtschaftliches Kultur-
profil ohne jede Verkehrswirtschaft besessen habe. Außer
zahlreichen Bischofstädten und den Klöstern , welche wir
uns auch nicht als einsame, verkehrsfremde Klausuren mit
ausschließlich grundherrschaftlicher Bevölkerung vorstellen
dürfen, müssen auch die Orte der öffentlichen Verwaltung,
der jeweilige Sitz des Königs und der weltlichen Großen
(Herzöge, Grafen), bald eine ähnliche wirtschaftliche Stellung
erlangt haben. Nicht so sehr als Zentren ihrer eigenen
grundherrlichen Wirtschaft bloß , mehr noch vielleicht als
Gerichtsorte , die auch von der nicht grundherrschaftlichen
Bevölkerung des Gaues aufgesucht wurden. Gerade die
weltlichen Grundherren vermochten ja als Inhaber öffent-
licher Amtsgewalt, wie auch durch die Führung der Vogtei
ihren grundherrlichen Besitz leichter gutsherrschaftlich aus-
zugestalten und zu zentralisieren.
Ferner kommen nicht wenige Wallfahrtsorte als Meß-
plätze doch auch in Betracht und schließlich mußten die
Stätten natürlicher Bodenschätze (Salz, Eisen) ebenso Märkte
zeitigen, wie die Gunst der geographischen Lage an großen
Verkehrsstraßen (Eintritt ins Gebirge und Austritt in die
Ebene, Einmündung von Flüssen, Seen etc.) oder die
Grenzstationen des Reiches, sei es am Meere, sei es auch
im Binnenland (Slawengrenze).
Vorab die Städte bargen ja verschiedene Grundbesitzer
in sich, die Bezeichnung Bischofstädte darf hier nicht irre-
führend wirken. Der Bischof war hier nicht immer das
Primäre, vielmehr wurden eben schon von altersher die
Stätten größerer Bevölkerung mit einem Bischofsitz begabt.
— 36; —
Die Bevölkerung in der Stadt wurde nicht nur von den
Hintersassen des bischöflichen Grundherrn gebildet und war
keineswegs einheitlich (hörig). Wie die Streulage auf dem
platten Lande, so ermöglichte diese Verschiedenheit der
Grundbesitzverhältnisse in der Stadt neben der Familia der
Grundherren auch Freien, sich hier niederzulassen, Grund
und Boden zu erwerben, oder für die verschiedenen Be-
dürfnisse der anwachsenden Stadtbevölkerung in selb-
ständiger Wirtschaftsproduktion zu sorgen. Und wie die
auf dem Lande vorhandenen Handwerker keineswegs ins-
gesamt nur für die gewerblichen Bedürfnisse der Grund-
herrschaften produzierten, so haben insbesondere die in den
Städten für den Markt gearbeitet. Die gewerbliche Pro-
duktion war damals nicht bloß Hauswerk und Lohnwerk,
sondern auch schon Preiswerk. Ja, sie war stellenweise
sogar schon auf den Export gerichtet, da der Handel
keineswegs so unbedeutend gewesen ist, als die grundherr-
Hche Theorie bisher nur zulässig erscheinen ließ. Die Wirt-
schaftsgeschichte hat sich hier in einem merkwürdigen
Gegensatz zur politischen Geschichte verhalten. Weithin
nach Nord und Süd, Ost und West hat sich eben damals
der Machtbereich fränkischer Herrschaft siegreich aus-
gebreitet. Vom Danewirke bis zum Garigliano, vom Ebro
bis zur Elbe und Theiß haben Karls Heere die verschieden-
sten Völker mit fränkischer Art bekannt gemacht. Und am
Hofe der karolingischen Herrscher fanden sich Gesandte
der Britten und Bulgaren, von Byzanz und Spanien, von
Bagdad und aus Tunis zusammen. Sollen denn diese leb-
haften politischen Beziehungen ganz ohne jede Rück-
wirkung auf den Handel geblieben sein.'' Die zahlreichen
Wallfahrer nach Rom und dem heiligen Lande schufen
ebenso Verbindungen, die ihn belebt haben müssen.
Trotzdem wir aus den Städten und Märkten jener Zeit
keine direkten Nachrichten besitzen, ergibt sorgfältige Zu-
sammenfügung der in den erhaltenen Quellen, beiläufig, ohne
historiographische Absicht gemachten Bemerkungen doch
ein deutliches Bild davon. Sie kommen nun alle zu Worte,
die von der grundherrlichen Theorie Übergangenen: der
große Novellist aus St. Gallen, die Reiseberichte der Fremden
— 368 —
(Araber), die kulturhistorischen Einstreuungen in den Viten
der Heiligen, den Translationen und den Sagas der
Nordländer, die unabsichtliche Milieuschilderung bei den
Dichtern, in der Privatkorrespondenz und den Geschätts-
formeln des täglichen Lebens. Nicht zu vergessen auch
der wichtigen Ausblicke, welche die paränetischen Beschlüsse
der Konzilien von damals dazu auch eröffnen. Sie geben
uns Aufschluß über eine hochentwickelte Kultur, die mannig-
fachen Luxus bereits gezeitigt hatte. Die Mode verlangte
nach englischem Tuche und Mänteln, man bezog nicht nur
Gewürze und Edelgestein, sondern auch Seide und Sammt
aus dem fernen Orient , Pelzwerk aus Skandinavien und
Rußland, Glas aus Italien. Wein holten die Friesen vom
Oberrhein, Salz die Russen aus den Alpen. Von Inner-
deutschland fuhren die Kaufleute regelmäßig schon nach
Venedig, das mit den anderen Städten Italiens, besonders
Pisa und Amalfi, den Handel nach dem Orient vermittelte.
In den Häfen Südfrankreichs sah man die Segel britischer
und skandinavischer Kauffahrer. Von Hamburg und Bremen
bis nach Schweden und in das Mündungsgebiet der großen
Ströme aus Innerrußland entwickelte sich ein lebhafter
Warenverkehr. Arabische Münzen sind an der Ostsee und
in den Alpen, schwäbische Prägungen (aus Konstanz) in
England ausgegraben worden. Die wirtschaftlichen De-
pressionen in den Zeiten der großen Völkerwanderungen
waren — wenn überhaupt von solcher Wirkung gerade auf
den Handel Q) — längst überwunden , der Imperialismus
Karls des Großen hatte auch ihn zu internationaler Be-
deutung entwickelt.
Die Preisbildung vollzieht sich auf den Märkten nach
dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage, während die
scheinbare Wertkonstanz in den Angaben der Urbare und
Prekarieurkunden durch die besonderen, marktfremden Ver-
hältnisse, welche ihnen zugrunde lagen, bedingt ist. Neben
Teuerungspreisen, deren schädliche Wirkungen auf das
Gemeinwohl der Konsumenten die Staatsgewalt durch Preis-
taxen zu paralysieren sucht, sind auch Liebhaberpreise in
Einzelfällen nachzuweisen.
Natürlich konnte der Handel bei solcher Ausbildung
— 369 —
sich nicht in Form des Naturaltausches mehr vollziehen.
Allüberall bemerken wir deutliche Anzeichen der Geldwirt-
schaft schon. Auf die häufigen Geldzinse lege ich dabei
das geringste Gewicht, da die landwirtschaftlichen Pro-
duktionskreise naturgemäß weniger Anlaß dazu hatten
Aber nicht nur Kauf und Verkauf von Immobilien wurden
in der Regel in Geld abgeschlossen, auch die vordem per-
sönlich zu leistenden Dienste der bäuerHchen Hintersassen
erscheinen bereits in Geld umgelegt, und ebenso auch
öffentliche Abgaben, wie der Zehnt oder Baufronden an
Kirchen.
Geldsteuern (ao.) treten nicht mehr selten auf (Nor-
mannen- und Armensteuer, Hilfen für das heilige Land
und Fastenablaß). Gelddarlehen kommen ebenso vor, und
zwar auch an Vermögenslose, die sich dafür zu persönlicher
Dienstleistung auf Zeit verpflichten. Preis- und Zinswucher
in Geld ist allgemein im Schwange, so daß nicht nur die
Juden, sondern auch Priester und die Beamten der könig-
lichen Verwaltung selbst daran teilhaben. Der Aufkauf
von allgemeinen Konsumtionsgütern (Wein, Getreide) durch
berufsmäßige Händler wird zu schwerem wirtschaftlichen
Druck bereits fühlbar, da eine wucherische Preistreiberei des
Kapitalismus die Zeiten großen Produktionsmangels (Hun-
gersnöte) als Konjunktur ausnutzt.
Das Geld ist nicht nur Wertmesser für Zahlungen und
Leistungen in natura, sondern selbst Zahlungsmittel, und
zwar auch in Fällen, wo aus Rücksichten wirtschaftlicher
Begünstigung es dem Prekaristen (als Tradenten!) freigestellt
wird, die Leistungen in der für ihn vorteilhaftesten Art
eventuell mit beliebigen Naturalien) zu erfüllen.
Unter diesen Voraussetzungen erklären sich nun auch
die eigenartigen Erscheinungen des karolingischen Münz-
wesens. Daß die tüchtigsten Verwaltungstalente unter den
Karolingern an Stelle der großen merowingischen Gold-
prägung nun immer ausschließlicher Silberprägungen vor-
nahmen, wäre rein unverständlich, wenn wirklich so gar kein
Geldbedarf damals vorhanden gewesen wäre und reine Na-
turalwirtschaft geherrscht, der Handel keine Bedeutung
gehabt hätte. Denn die natürliche Abschwächung der
Dop seh, Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit. II. 2. Aufl. 24
- 370 —
Golddecke allein wäre sicherlich gerade jetzt durch die
reiche Awarenbeute und den Goldtribut der süditahenischen
Langobardenfürsten reichlich kompensiert worden. Wir ver-
stehen aber das Vorgehens Pippins und Karls des Großen —
auch schon Karl Martell mag bereits ähnlich Stellung ge-
nommen haben — , wenn wir uns die schwere wirtschaftliche
Depression vergegenwärtigen , zu der die merowingischen
Münzverhältnisse hinführen mußten. Dieses stete Herab-
sinken des Münzfußes, die fortwährende Verschlechterung
des Feingehaltes und die angesichts so zahlreicher Präge-
stätten und Münzberechtigungen außerordentliche Schwierig-
keit der Verwaltungskontrolle mußten eben dann geradezu
verheerend wirken und schwere wirtschaftliche Schäden
heraufführen, wenn ein großer Geldbedarf vorhanden war
und der Handel eine internationale Ausbreitung ge-
wonnen hatte. Denn alsdann vermochte der vorhandene
Edelmetallvorrat nur eine minderhältige Goldprägung zu er-
lauben, die nicht mehr konkurrenzfähig war, sondern ins
Land zurückströmte (Gresham'sches Gesetz). Daher die
überwiegende Silberprägung, daher auch die Verstärkung
des Münzfußes, die Vermehrung des Feingehaltes und die
Erhöhung des Gewichtes. Die schweren Denare Karls er-
schienen den Italienern als „Dickpfennige" (grossi). Wer
erinnert sich dabei nicht jener wirtschaftUchen Vorgänge,
die später im 13. Jahrhunderte die Groschenprägungen in
Frankreich und Böhmen veranlaßt haben ? Bei meiner Ge-
samtauffassung der karolingischen Wirtschaftsentwicklung
hindert nichts mehr, ähnliche Ursachen für so markante
Erscheinungen des äußeren Münzbildes auch hier anzu-
nehmen. Nur so, mit dieser guten, vollwichtigen, schweren
Ausbringung vermochten die fränkischen Prägungen sich
dem Golde gegenüber zu halten. Demselben Zwecke
dienten auch die weitern Maßnahmen Karls des Großen:
die gleichmäßige Justierung (aeque pensantes) , die An-
bringung des königlichen Namenszuges, der im vergrößerten
Planium deutlich wurde, und die Zentralisierung der Münz-
ateliers behufs besserer Kontrolle, die Verfolgung der Falsch-
münzerei und Bestrafung unterwertiger Ausbringung der
Schrötlinge. Es sind Besserungsmittel, die uns zugleich
— 371 —
enthüllen, was vordem die Merowingerzeit in ebendiesen
Punkten an ebensovielen Münzgebrechen gezeitigt hatte.
Sie mochten jetzt erst mit der allgemeinen Hebung des
Handels und Verkehrs recht fühlbar geworden sein. Wahr-
scheinlich hatte auch die Ersetzung der alten Stückelung
(Goldschilling zu 40 Denaren) durch den Schilling zu 12 De-
naren eine ähnliche Tendenz verfolgt. Sie wurde, wiewohl
längst vorhanden, doch erst durch die Verbote jener in der
Zeit Pippins und Karls ernsthaft durchgeführt.
Diese Maßnahmen waren tatsächlich von gutem Erfolg
begleitet. Die Solidi Karolisci oder Francisci dringen
über ihren Entstehungsbereich nach Nord und Süd zu den
Friesen und ItaHenern und auch nach Bayern vor, und
bürgern sich als Reichsmünze in Gebiete ein, die gleichwohl
ihre alte Selbständigkeit mit Fortdauer der Goldprägung
bewahren. Der politischen Eroberung folgte die wirtschaft-
liche nach. Denn was hier beim Münzwesen deutlich wird,
die Ausbildung der Regalität, ist doch auch in den anderen
Zweigen der Finanzverwaltung ebenso zu verfolgen. Auch
die Errichtung von Zoll und Markt wird vom König ab-
hängig, ist nur mit seiner Erlaubnis fürder möglich. Die
Fürsorge für das Gemeinwohl und das öffentliche Interesse ist
ihm Anlaß, auch Maß und Gewicht zu überwachen, auf daß
es so eingehalten werde, wie es recht und gesetzmäßig ist.
Als Träger der höchsten öffentlichen Gewalt betrachtet sich
der König als Eigentümer aller herren- und erblosen Sachen,
des Wildlandes ebensowohl wie der wilden Tiere im Walde
und Wasser, der öffentlichen Straßen und Flußläufe, der
natürlichen wie vergrabenen Bodenschätze und des Nach-
lasses der Fremden, sowie der ohne Muntwalt ab intestato
verstorbenen Freigelassenen (AUmend-, Jagd-, Fischerei-,
Straßen- und Strom-, Berg- und Fundregal). Kraft seines
auf alle Gebiete des öffentlichen Lebens sich erstreckenden
Rechtes, unter Strafsatzung zu gebieten und zu verbieten,
der Banngewalt, nimmt er Bannlegungen im Walde (Forst)
vor und läßt Errungenschaften an Rott- und Wildland (iure
aprisionis) zu Eigentum werden.
Die Machtgewalt des fränkischen Königs wird ins Un-
gemessene ausgeweitet. Sie nimmt auf die Besetzung der
24*
— 372 —
kirchlichen Ämter Einfluß und behält sich die Genehmigung
frei gewählter Verwaltungsorgane in allen jenen Fällen auch
sonst überall dort vor, wo die öffentliche Verwaltung auf
die Mitwirkung oder Unterstützung der privaten angewiesen
war (z. B. Vogtei). Sie greift nach allen Seiten hin aus
und reicht so weit, als nicht private Rechte begründet er-
scheinen und der König sich selbst durch seine Privilegien
Beschränkungen auferlegt hat. Gerade dieses Privilegien-
recht hat die königliche Gewalt immer mehr gedrückt.
Dies zeigt die Entwicklung der Gerichtsverfassung deutlich :
Wie die Immunität, zunächst eine Freiung von der Amts-
übung der öffentlichen Beamten, die grundherrliche Gerichts-
barkeit verstärkt, die Beamten dieser (Agentes, bzw. Vögte)
zu einer nicht zu umgehenden Instanz auch bei Klagen Aus-
wärtiger werden und mit der Arrondierung der Immunitäts-
objekte die Vertreter der öffentlichen Gewalt (Grafen) mehr
und mehr zurückgedrängt erscheinen. Die Streulage ihrer
seits ermöglicht der überwiegend begüterten Immunitäts-
herrschaft auf Freie innerhalb derselben ebenso auszugreifen,
wie auf die Gutssplissen fremder Grundherrschaften daselbst.
Mit dem starken Verfall königlicher Macht seit den
Tagen Ludwigs des Frommen, den Thronkämpfen mit seinen
Söhnen und den anschließenden Teilungen des Reiches ge-
winnt die geistUche wie weltliche Aristokratie zunächst an
politischem Einfluß. Immer reichlicher müssen die Teil-
könige in ihren Fehden vom königlichen Gute an ihre Partei-
gänger verschenken, immer stetiger hebt sich auch die wirt-
schaftliche Kraft dieser geistlichen und weltlichen Grund-
herren. Es beginnt die Feudalisierung der öffentlichen
Gewalten. Die Zurückdrängung des Grafen im Gerichte
dieser Immunitätsherrschaften muß man zusammenhalten
mit dem Übergang von Markt-, Zoll- und Münzberechtigungen
an diese, welche sie zunächst noch durch königliches Privileg
erwirken. Diese Entwicklung des 9. Jahrhunderts leitet eine
neue Epoche ein und hat ihre direkte Fortsetzung und Er-
füllung in der Zeit der Ottonen mit der Ausbildung der
bischöflichen Fürstenmacht gefunden. Aber nicht nur die
Kirche erhob sich so, gefördert durch die Hochspannung
päpstlicher Machtansprüche im Zeitalter Nikolaus I., auch
— 373 —
die Laienaristokratie war mächtig damals emporgediehen.
Es war ganz natürlich, daß diese beiden Großerben an dem
königlichen Nachlaß nun alsbald gegeneinander ihre Waffen
kehrten. Die Kirche bestrebt, das was ihr im Großen bei
dem Königtum gelungen war, nun auch im Kleinen den
Laiengewalten gegenüber durchzusetzen. Diese hingegen
hielten nachdrücklich an dem Eigenkirchenrecht fest und
nahmen auch die wichtige Rechte in sich bergende Vogtei-
gewalt aus diesem Titel für sich in Anspruch. Durch teil-
weise Traditionen erhielten sie Kirchengüter zu Prekaria und
zu Lehen, anderes zogen sie wohl auch eigenmächtig an sich,
und ebenso Zehnten auch. Es wird nicht zufällig sein, daß
damals gerade, am Ausgang der Karolingerzeit, die Frage
des Eigenkirchenrechtes eine solch bedeutsame Rolle spielte
und immer lebhafter ventiliert wurde. Auch die Stellung-
nahme der Kirche zugunsten des sinkenden Königtumes
am Beginne des lo. Jahrhunderts war dadurch vorgezeichnet.
Die Säkularisationen der neuerstarkten Stammesherzogtümer
werfen helles Licht zurück auf den Weg, den die beiden
neuen Träger der wirtschaftlichen Entwicklung im Reiche
zuvor durchmessen hatten.
Wir sind nun 'zu sehr gewohnt, das Jahrhundert nach
Karl dem Großen lediglich vom politisch-historischen Stand-
punkte aus zu beurteilen und dasselbe mit dem Maßstabe
der Königsmacht allein gemessen als Periode fortgesetzter
Dekadenz gering zu werten. Allein wir dürfen darüber doch
auch nicht die positive Seite jener Kulturentwicklung ganz
übersehen. Eben die Umstände, welche das Königtum
schwächten und verfallen ließen , haben zwei andere Ge-
walten, die Bischöfe und das Herzogtum, in demselben Maße
gestärkt und entwickelt. Ihnen kamen nun die Erfolge der
wirtschafts- und sozialpohtischen Bemühungen der ersten
Karolinger zugute. Und wenn so auch nicht die Zentral-
gewalt daraus Nutzen zog, die wirtschaftliche und soziale
Entwicklung im Ganzen ist dadurch doch sicherlich wirksam
befruchtet worden. Sie vollzieht sich jetzt in den engeren
Kreisen dieser feudalen Gewalten — kaum zum Nachteil
des Ganzen. Meiner Auffassung nach ist in diesem Säku-
lum nach Karl dem Großen bis Otto I. ein nicht zu unter-
— 374 —
schätzender Fortschritt gerade auf wirtschaftlichem und
sozialem Gebiete gezeitigt worden. Langsam aber sicher
vollzog sich auf tausend kleinen, vielfach unscheinbaren
Pfaden das große Werk der inneren Kolonisation, das
nimmermehr von einem einzigen Mittelpunkte aus ver-
wirklicht werden konnte. Und die herrliche Zeit deutscher
Städtekultur, reicht sie in ihren ersten Ansätzen nicht doch
ebendahin zurück ? Bischöfliche Stadtherren wie Hildibald
von Worms, oder Pilgrim von Passau sind doch leuchtende
Wahrzeichen für dieses bedeutsame Aufsprießen im lO. Jahr-
hundert.
Endlich aber ist doch eben aus dem Stammesherzogtum
heraus das neue Reis erwachsen, aus dem schon mit Otto I.
auch die Königsmacht wieder neu erblühte und sich zur
Glanzzeit deutscher KaiserherrUchkeit emporschwang . . .
Register.
Die Zahlen beziehen sich auf die Seiten; die Ortsnamen in Klammern
zeigen die Pertinenz an.
A.
Aachen 40. 45. 51. 56. 59. 70. 85.
100. 180. 184—89. 204. II 87.
loi. 196. 323. 324.
— Capitulare s. Capitulare.
— Gußhütte II 143.
— Klosterreform loi. iio.
— Konzil (816) 94. 100. II 148.
160.
— Münster II 143, 182.
— PfalzkapeUe 66. II 236.
— Regel 100.
Aargau 298.
Abbo II 37.
AbeUca, fluviolus (Weißenburg) II
172.
Abgaben 54. 118. 168. 199. 201.
289. 322. II 238 — 240. 272.
bis 275. 346. 347. 349. 352.
353- 369-
Ablaßsteuem II 274.
Abodriten II 118.
Abraham aus Zaiagossa 168.
Absatzverfrachtung f. d. Markt II
222. 229.
Abstiften (eicere) 274. 322.
absus, s. auch mansus absus 269.
accolae 196. 273 — 275. 359. II 45.
50. 364.
accolani 196, 273.-275. 359.
accumuliren s. Grundrente II 287.
Ackergeräte 36.
Ackerland 155 312. 364. 367. 375.
384.
acora II 230.
acquisitum 240. II 5.
Acres, Maß (England) 342. 349.
Acta Murensia II 13.
actor, Kgl. Beamte 157.
AdaUiard v. Corbie (Picardie) 52.
165. 292. n 160. 162. 171, 222.
230. 338.
— Abt V. St. Bertin 118. 286.
II 94.
adaling II 69. 79. 81. 82.
Adalperaht, Tradent (Fulda) (789)
109.
Adam v. Bremen 311.
Adel, fdel 225. 301. 305. 311 II 58.
64. 65. 69. 78. 201. 331. 356.
360 — 362.
Adelstatut II 77.
Adjutorien II 19. 22. 67. 118.
Adler, Sigm. 11 75.
administrator reipubÜcae II 239.
admonitio generalis Karls d. Gr.
V. 789. II 40. III. 279. 341.
Admont, Kloster i. Steiermark II
183.
adpreciare II 273.
Adprision s. aprisio.
adquisitio s. Errungenschaft.
Adria II 198. 199. 203. 209.
Adsummumbragium (St. Denis),
Briis-sous Forges, frz. Dep. Seine-
et-Oise 135.
adtractum, Eirungenschaft 170.
240.
advenae II 88. 89. 365.
— Saxo vel Frisio II 331. 334.
adventicii 11 50. 89. 365.
Äbte II 274.
376
Ägypten II 12, 27. 209. 210.
Aelfred, Kg. v. England II 193.
Ämter II 158. 177.
— Kirchliche II 372.
aeramentum = Erz II 185. 275,
aerarium, regis II 349.
Afrika II 194. 206. 208,
Afterlehen 327.
Agats II 184. 207.
Agaunum s. St. Moritz.
agentes, episcoporum aut poten-
tum II 16, 89. 372.
Agilmar, Erzbischof v. Vienne II
237. 238.
Agilolfinger 102. 105. 270. 294. 305,
11 4- 5. 359-
Aglibertus, vassus regis Pippini 134.
agni 153. 154.
— annotini 153.
Agobard V.Lyon (822— 29)1151.206.
Agrarkommunismus, germanischer
369. 372. 379. 380. 383, 401.
Agrarverfassung d. Franken 382.
383-
Agrarwirtschaft II 263.
agri 150. 327. 337. 374. II 16;
agri dominicati II 26.
Aix (Provence) II 208.
Aktivproduktion II 220.
Akzise 326.
Albia, Albis s. Elbe.
Alb recht 109.
Alchvin 51. II 144. 148. 201. 216.
217. 308.
Aldrich, Bischof v. Lemans 172.
Alemannen, Volksstamm 196, 304
306. II 255. 335.
Alemannien loi. 125. 174. 192
264. 358. II 146. 180. 267.
Aletus, Schmied (Freising) II 166
alimonia II 277.
Allmende 371. 385. 386. 388. 393
— regal II 354. 371.
Allodifizierung kgl. Lehen 130. 134,
Almosen II 275.
Alningas (St. Denis), Insmingen
elsäss. Kr. Chäteau- Saline 135.
alode 129. 170, 257. 347. II 58.
Alpen, Gebirge II 181. 200. 201.
315- 319- 320. 368.
— länder 195.
— slaven 123.
Altaich 136. 194. 195. 225. II 4.
Alternativsätze, valente II 263.
265. 270. 274. 309.
Altersversorgung 217. 307. II 9»
10. 362.
Altfränkische Zeit II 114. 117.
Altfreie II 75.
Altrip, civitas, bayr. RB. Pfalz,
BA. Ludwigshafen II 115. 116.
Altschieder, Burg i. Sachsen II 119.
120.
Amalfi II 208. 219. 368.
St. Amand, Kloster i. Belgien 92.
400. II 153. 162.
— s. Milo.
Amanolf (Lorsch) 376.
ambasciata 59.
ameum 45.
Amiens II 193. 205.
Amt 65. 71. II 92. 93. 129.
Amtleute, Kgl. 34. 38. 41. 57. 59.
71. II 91. 222.
— s, auch Intendanten, iudices.
Amtmannshufen 280.
Amtsadel, — aristokratie II 66.
363-
Amtsentlohnung 280. 281.
— gewalt 323. 326. II 67.
Amtsgut, Kgl. 145. 175. 190.
328.
— der Grafen 401.
— lehen 232. 299. II 92.
— Organisation 163.
ancillae 115. 2^44. II 42. 222.
Ancona II 209.
andedam 76. 153.
Andernach, Keltenort a. Rhein II
115. 154.
Andiacum palatium 55.
Aneignungsrecht des Königs an
herrenlosen Sachen 124.
— weltlicher Herren 293.
— 377
Anesis, Ennsfluß II 241.
aneta 154.
angariae 292. II 221. 222. 226.
227. 230.
Angebot II 242. 245. 247. 250. 368.
Angelsachsen, Volk II 194. 196.
200. 334.
Angelsächsische Städte II 113.
Angers 193. 277. II 15. 42.
300.
— s. auch Formulae Andecavens.
Angli s. lex Angliorum.
Anglo warnen II 79.
Aniane, Kloster 51. 93. 98—101.
136. 138. 162. 225. 389. II 42.
157-
Anisola s. St. Calais.
Anjou (Prüm) 126.
Anmaßung der Freiheit II 34.
Annahmepflicht d. Münze II 316.
anniculos 154.
annona II 264. 265. 277. 281.
— militaris 55.
Anrainer 377. 381. 383, 389.
Ansegis, Abt v. St. Wandrille (Fon-
tanella) 52. 67. 68.
anseres 154.
Ansetzung Landloser 251.
Anshilt (Loisch) II 92.
Anskar, Erzbischof v. Hamburg
II 108. 116. 190. 191. 193. 196.
214.
Antipendien II 142.
Antwerpen II 193. 203.
Anton 44. 47. 60. 70. 157. 259.
281.
Aplast, Fiscus (Hersfeld) 135.
Appennis 241—244. II 5.
aprisio 124. 195. 266.
aptificare II 246.
aquae 154.
— aquarumque decursus 154.
— portare II 226. 228.
Aquileia 288. II 308.
Aquitanien 43. 46. 49. 53—55-
59. 60. 64. 71. 72. 93. 129. 166.
182. 190. 213. II 208.
Araber 47—49. II 188. 196. 199.
207. 211. 218. 319. 335. 368;
s. auch Masudi. .
arare 112.
aratura 83. 322.
Arbeit II 282.
Arbeiterb evölkerung II 87.
— Schaft 270.
Arbeitserfolg II 88.
Arbeitsteilimg 14. 355.
Arbon, civitas i. Schwaben II 115.
116.
arbores glandiferae 373.
Ardennen 43. 188. 297.
— gau II 236.
Ardo 93.
areae Hofstätten 170. 202. 257.
263. 305. 330. 339. 358. 359.
II 90. 364.
— dominicales 257.
— levare II 171.
— serviles 257.
Arena im Val di Serchio (Pisa) 369.
Arezzo, Bistum 241.
— monasterium S. Benedicti infra
civitatem 241.
argentarii 154.
argenteus, Münze, Denar II 293.
— (adjektiv) II 158.
argentum 182. 310. II 87. 145.
153. 170, 260. 268 — 270. 273
bis 277. 291. 293. 299. 305.
306. 309. 314. 317. 320. 332.
346.
— munidatum II 276.
arietes 153.
Arimannen, freie II 45.
Aristokratie s. Adel, Laien- A. II 65.
67. 372.
— geistliche II 85. 372.
Arles, Erzbischof 225.
— Stadt II 207. 208.
Armen, Die II 216. 248. 275. 339.
— steuern II 274. 341. 352. 369.
armentum 1541.
armillae, Armbänder II 144. 308.
Arndt II 347.
- 378 -
Arno, Erzbischof v. Salzburg 92.
99. 241. II 216.
— arnonische Güterverzeichnisse
II 93.
Arnold W. 128. II 97. 124. 125.
167.
Arnolf, König 174. 177. 178. 182.
195. 200. 202. 305. 347. 350.
II 127. 199. 236. 237. 327,
Amulfinger 188. II 23. 66.
Arrondierung 219. 221. 224. 262.
264. 266. 281. 321. 391. 398.
399. 401.
ars omatoria II 162.
— texendi, Kunstweberei II 150.
artes — Gewerbe II 173.
artifices s. auch Handwerker 164.
II 156. 163.
artificium 11 159.
arva 93. II 140.
arvea terra 154,
Aschaffenburg, civitas II 116.
Aschbach, O. i. Niddagau, Hessen
(Lorsch) II 183.
ascia 76. 153.
Asciburgium, Burgfeld b. Asberg
(Rheinland) II 115. 116.
ascilis s. axiles.
Ashley 26.
asinos 153.
Asnapium, fiscus = Annappes,
Arrond. Lille 76—78. 152—155.
315. II 161. 340.
Asoar, Abt v. Prüm 126.
Assoziirung II 54.
Astronomus, der sog. (Biograph
Ludwigs d. Fr.) 49. 63. 64. 72. 190.
Asylrecht II 27.
Atlantischer Ozean 47.
Atlasgewänder II 211.
Attigny, Pfalz (Dp. Ardennes) 185.
188.
aucas 153. 154.
Aufgebot 311. 335. II 20. 21. 229.
Aufkauf V. Waren II 278. 286.
Aufnahmen v. Gutsbeständen s. de-
scriptiones 80.
Aufsaugung der kl. Grundeigner
323.
Auftragung des kl. freien Grund-
eigentums 306. 321. 362.
i Aufwechsel II 317. 337.
! Augsburg, Bistum 75. 82. 90. 91.
j 155. 284. II 45. 103. 104. 106.
1 115.
i — Gau 297.
Äugst, civitas i. Schwaben II 115.
Aula, Ovlaho, mansus dominicatus
(Hersfeld) 135.
aurifices 154. II 155.
aurifrisium s. Goldwirkerei.
Auriola, curtis i. Ob. Italien 148.
aurum II 141. 145. 153. 179. 260.
269. 275—277. 299. 320. 346.
— obrizum II 308.
Ausbeutung, wucherische II 248.
Ausfuhr von Hengsten 324.
Auskunftspersonen 368.
Ausmärcker 362. 365. II 53.
Ausrückung ins Feld II 21. 22.
austaldi II 91.
Austrasien 72. 164,
Autarkie II 95.
Autmundistat, villa, ümstadt i.
Hessen (Fulda) II 123.
Autonomie d. Verwaltung II 176.
Autotradition 307. 318. 334. II 5.
7—10.
Autunnacum s. Andernach.
Avaren II 103. 112. 116. 188. 197.
198. 241. 274. 319. 370.
— ringe 41.
avaritia II 278.
avena 153.
Avignon II 207. 208.
axiles, axilia. Schindeln 112. 115.
II 157.
B.
Babeau 24.
Babelon II 298.
Babenberger II 246. 267.
Babilonie, Burg i. Sachsen II 120.
baccalarii 360.
— 379
Backhaus II i6o.
Backöfen II i66.
Baden, Großherzogtum 248. II 146.
Bäcker II 129. 160.
Bagdad II 367.
Baienhandel 11 184. 207.
Baioarii s. auch Bayern II 73.
Bais i. d. Bretagne (Münzfund) II
195. 297.
Baist, G. 48—50. 63. 76—78. 98.
155. 156.
Baiuvaren s. Bayern.
Baldamus, A. 62. II 19. 20. 93.
94. 227 — 229.
balteus, Wehrgehenk II 145.
Baltische Länder II 191.
Balzers, curtis (Chur) 155.
Bamps, C. II 145.
Bann 176. II iio. 134.
— gelder II 132.
Bannlegung II 20. 354. 371.
bannus II 21.
Bar s. Aube 11 205.
Bardowiek II 103. 112. 116. 120.
196.
barefrida s. auch parafredum 112.
II 227.
Bargeld II 276.
Bari II 209.
Barisis, Zelle (St. Amand) 159.
Barren (Edehnetall) II 318.
barriclos 61.
Barschalken II 74. 93.
Basel 95. 185. 256. II 106. 327.
Basinheim s. Bensheim.
Bastogne, villa i. Ardennengau
II 236.
battere, dreschen II 32.
Baturich, Bischof v. Regensburg
(817—48) iio.
Bauarbeit II 87.
— dienste II 270.
Baudobriga s. Boppard.
Bauernfeld 256.
Bauemgemeinde s. Landgemeinde.
Bauerngut 281.
Bauernhöfe 131. 263.
Bauernhufe 315. 320. 384.
Bauernkriege II 31.
— land 322.
Bauernlegen 321. II 52.
Baufronden s. Bauarbeit II 87.
369-
Baumarm, L. 308.
Bauplan v. St. Gallen (c. 820) 100.
loi. II 174. 175.
St. Bavo, Gent, Messe II 236.
Bayern, Land 31. 92. 170. 176. 185
204. 206. 248. 250. 254. 270. 295
298. 301. 304. 308. 309. 311
312. 318. 319. 327. 334. 339
340. 358. 363. 375. 378. 388
II 5- 6. 9. 37. 52. 69. 72. 108
144. 146. 148. 182. 201. 219
220. 258. 267. 319. 322. 335
359- 371-
bayrisches Herzogsgut 240,
— Rechtsgebiet II 71. 74. 75.
— Städte II 127.
Bayern, Volksstamm 270. 306. II
199. 200. 219. 304. 334.
Beamte d. Königs 71. 75. 123. 152.
156. 160. 163. 314. 369. 372.
II II. 29. 91. 92. 224. 235. 237.
238. 338.
Beaudouin II 14.
Beda s. Bitburg.
Bedrückimg der Armen II 14.
befestigte Plätze 184.
Befestigimg s. auch Ummauerung
II 119— 122.
Behrend 97.
Beile II 142.
Beinschienen II 140.
Bekleidung s. auch Kleider 167.
II 147. 152.
— Gewerbe II 151.
Beköstigung 181. II 266.
Belgien 44. 64. 185. 189. 297. 309.
II 145.
Below, G. V. 16. 20, 42. 183. 184.
333- 386. II 96—102. IIO. 121.
134—139- 161. 164—169. 174.
176. 280. 287. 338.
380
Benedikt d. hl. II 173. 174.
— monasterium s. B. s. Arezzo.
Benedikt, Abt v. Aniane 93. 95.
98—100. II 144. 158.
Benediktb euren, Kloster II 182.
Benediktinermönche 44.
Benedictus Levita, Capitularien-
sammlung 68.
Beneficia = Lehen 15. 19. 31. 33. 39.
70. 75. 88. 118. 128—130. 134.
136. 142. 144. 163. 169. 175.
177. 190—192. 203. 214. 218.
223. 227—236. 239. 245. 252.
256—258. 268. 279—286. 294
bis 299. 306. 312. 319. 321. 325.
327. 339. 347- II 24. 26. 41. 51.
68. 93. 94. 163. 166. 252. 355.
359- 362. 373.
beneficia praestita II 282. 283.
beneficiare 135. 286. 295. II 94.
beneficiarium ins 398.
Benefizialgut, Benefizialland 70.
117. 118. 192. 283. 295. 326.
II 26.
Benefiziare 33. 68. 89. 91. 229. 235.
256. 258. 294. 321. II 23. 24.
94.
Benetici s. Venedig,
Benevent 41. II 209.
Bensheim i. Hessen (Lorsch) 249.
Bequet, A. II 145.
Berber 49.
Berg i. Tburgau (St. Gallen) 200.
Bergbau II 179. 184. 185.
Beigen, civitas b. Frankfurt a. M.
11 115.
Bergkirchen, Freisinger Hof 84. 90.
95. 264. II 142.
Bergrecht II 185.
— regal II 354. 371.
Bergwerk II 180. 185. 186. 325. 335.
Bermotesheim i. d. Pfalz (Lorsch)
120.
Berner Jura 388.
St. Bernhard, gr. II 202. 204.
Bernkastei, civitas i. Moselgebiet
II 115.
Bernu£fe, pagus i. Westfalen II
182.
St. Bertin, Kloster i. Nordfrank-
reich 43. 118. 177. 286. 400.
II 94-
— Annal. v. St. B. 275.
Bertrada, GemahlinKg.Pippinsi34.
Bertram II 37.
Berufskrieger II 22. 229.
Besan§on II 204.
B eseler 7. 122. 124.
Besitzbestätigungen, Kgl. 238 bis
243. 400. II 4. 5. 237.
Besitzesschutz 126.
Besitzrechte der Bauern 322.
Besitzstreitigkeiten 241. II 365.
Besitzverteilung 308.
Besserung, emelioratio 269. 271.
283. 359. II 51. 363.
Bestandskontrolle 79.
Bethge, 0. 195. 376.
Bethmann-HoUweg 122.
Betuwe, Gau i. d. Niederlanden
(Aachen) 298.
Bewässerung 36.
Bewaffnung des Aufgebots II 22.
Bewidmung m. Stadtrecht II 103.
Beyerle, Konr. 18. 358.
Bezäumung d. Streitrosse II 152.
Beze, Kirche St. Pierre II 351.
Bienbah (Fulda) II 58.
Bienenzucht II 200.
Bier s. auch cervisa. •
— bereitung II 165.
— zinse II 200.
Bifang, Bifänge 250. 267—269. 311.
bigati, Römerdenare II 295.
Bikel, H. 211. 223. 255. 268. 270.
291. 292. II 8. 52. 174. 221.
Bilderverehrung II 210.
Bildhauerei II 157.
Binge, Bingen a. Rhein 276. II 107.
115. 116.
Binger Loch 186.
Binnenkolonisation 195.
Birka, Biörkö i. Schweden II 190.
191. 193. 196.
38i
Birnbaum II 24.
Birten, civitas a. Rhein, Kr. Gel-
dern II 115. 193.
Bischöfe II 274. 279. 286. 373.
— westfränkische 62. 158. i66.
172. II 222. 224. 248. 284. 339.
Bischofsitz s. sedes episcopalis II
106. 108. 112. 116.
Bischofstädte, civitates 183. II 98.
loi. 106. 108. 109. 176. 366,
Bisestad, -stat, villa, Bürstadt zw.
Lorsch u. Worms 11 122. 123.
Bitburg, Keltenort a. Rhein II 115.
Bitterauf 84. iio. 205. 206. 210.
217. 220. 223. 248. 250. 253.
300. 307. 309. II 6. 9. 36.
Biwinesheim, villa (Lorsch) II 271.
Blancard II 308.
Blanchet II 312.
Blei II 182.
Bleidenstadt, Kloster n. Wiesbaden
283. 391. II 269.
— Gesch. -Quellen 249. 279.
blidas 45.
Bliesgau (Rheinbayem) 297.
Blindenstat (Lorsch) II 271.
Blök, J. P. II 196. 198.
Bluntschli 385.
Bobbio, Kloster 87. 117. 284. 286.
1145.
Bochheim s. Buchheim.
Bodenfeld i. Leinegau (Sachsen)
II 183.
Bodenleihen 306. II 50.
Bodem-egal 123, 132. 193. 199. 353.
Bodensee 185.
Bodmann fiscus. Pfalz a. Bodensee
185. 198.
— PN. 81.
Böhmen 128. II 195. 197. 199.
200. 322. 370.
— Böhm. Wald II 241.
Bohrer II 142.
8. Bonifacius, Fulda 280. II 58.
Bonifaz, hl. II 4. 106—109. 143.
148. 194, 211.
— vita II 194.
Bonn 156.
— Grafschaft 296. 297. II iii.
— oastrum II 107. 115. 116.
— Feldmark 365.
Bonneil 188.
Bonottus vicedominus (St. Servaz
a. d. Maas, Maastricht) II 217.
Boos, H. II iio. 125. 127.
Boppard a. Rhein II 107. 115. 116.
Boratre, Gau i. Westfalen 296.
Bordeaux, Stadt II 207. 208.
— (PN.) II 296. 301.
Boretius 57. 60. 68. 69. 72. 75, 88.
91. 92. 196. 325. 335. 343. II 19.
20. 22. 26. 39. 77. 249. 298. 324.
bos quadrimus II 333.
Bossert 246. 247.
Boten verkehr II 215.
— dienste II 226. 227.
Bougenot II 195.
Bouin i. d. Vendee II 184. 207.
Boulogne s. M. II 205.
Bourgneuf i. d. Vendee II 184. 207.
Bourquelot II 205.
boves 153. 154. 325. II 275.
— in hostem dare 112.
Bozen II 199. 200.
bracem, biacium, Zins 83. 116.
178. II 161.
Bracht = Ort i. Hessen (Fulda)
II 180.
Brandi, Karl 122. 374. 389. II 4.
bratteola II 140.
Brauereiverwaltung, Kgl. 157. II
160. 340.
Braunschweig II 120. 196.
Bregenz, Brigantium, civitas i.
Schwaben II 115. 116. 156.
Brehier II 206.
Breisach, civitas 1. Schwaben II
115.
Bremberg a. d. Naab II 103. 112.
197.
Bremen, Bistum II 108. 132. 327.
— Stadt II 112. 196. 368.
Breimer, Straße, Tirol II 200.
Brentano, Lujo II 288.
- 382
Brescia, St. Giulia, Kloster 87. 284.
— Grafschaft 297.
Bretagne II 195.
Bretholz, B. iio.
Breucomagus s. Brumat.
Breves Notitiae Salisburgenses 82.
86. 99. 102. IIO. 223. 248. 378.
II 9. 69—71. 73. 179.
brevis 35. 181.
Briccinheim (Lorsch) 121.
Brienne, Grafschaft 296.
Brindisi II 209.
Britannien II 194.
Britannische Kauffahrer II 194.
368.
britische Insehi II 190. 192.
Britten, Brittani II 88. 367.
Brixen, Bistum 223. 389. II 109.
Brogarias (St. Denis) 135.
Brot II 129.
— backen II 165.
Brücken II 214. 353.
— bau 191.
Brünne, Industrie II 140. 275.
Brugnato, Kloster i. Italien 274.
Brumat, fiscus i. Elsaß 174. II 1 15.
116.
Brunichildis, Königin II 360.
Brunner, Heiarich 9. 14. 15. 19.
21. 23. 40. 41. 54. 76. 80. 84.
102. 106. 109. 123. 124. 126.
163. 164. 167. 169. 175. 191 bis
193- 197' 199- 210. 215. 216.
218. 227—232. 242—244. 255.
266. 284. 294. 311, 318. 324.
329. 362—365. 370—375- 380-
383. II 2. 3. 5. 7. II, 14. 17.
18. 29. 31. 41. 46. 49. 51. 55—65.
70. 72. 73. 77. 79-81. 83. 84.
89. 93. 109. 126. 133—136. 213,
214. 223—226. 228. 240. 253.
259. 272. 282—284. 289. 292.
293' 295—300. 302. 306. 329 bis
334- 344-347- 349- 3S3-3SS-
Bruno, dux (Liudolfinger) (f 880)
II 327.
Bruns 68. 76. 95.
Buchbinder II 152.
Buchführung 78—80.
Buchheim, Df. i. Breisgau (Lorsch)
119.
Buchner, M. II 140. 143. 181.
Bücher, Carl 12. 14. 23. 24. II 95.
138. 146. 161. 164. 170. 171.
173. 175. 187. 243. 253. 254.
259. 263. 270.
Bücherverzeichnung 89. 90.
Büdinger, M. 194.
Bündenerpässe (Schweiz) 11 202.
Bugge, Alex. II 113. 137. 190—192.
322.
Bulgarien 11 199. 367.
Buraburg, oppidum castrum, Bis-
tum n 106. 109. 118,
Burckhard, H. v. 301. 305.
burdones 76. 154.
burdura II 247.
Burg II 97. 98. loi. 104. 105. 115
bis 119. 123.
— frieden II 134.
— recht II 104.
— theorie II 97. loi.
— werk II 118.
burgundisches Recht II 41.
buxgus II 104.
Buße 22. II II. 76. 78. 80. 83.
252. 283, 298. 300 — 302. 304
307. 328. 330. 331.
Bußreduktion II 3. 80. 83. 84. 300.
301. 303. 305. 307. 323. 330.
Bußtaxen II 77.
Buter II 192.
butticularius 165.
Buxito, ON. (St. Denis) 135.
Byzanz 41. II 210. 290. 335. 367.
c.
caballus s. auch Pferd 325. II 275.
276. 320.
Caesar II 358. 360.
Caesarius v. Heisterbach II 227.
229.
Caggese 25. 362. 366. 377. II 28. 30.
Cahn, Jul. II 291. 296. 297. 312. 327.
- 383
Cahors, Bischof v. (630—55) 80.
St. Calais, Kloster 171. 172.
calasneo 374.
calce II 112.
calceamentum, calcearius II 171.
calciamenta s. Schuhwerk.
Calderas aereas 153.
Calisse 25.
Calvus Mons s. Chaumont.
Camargue, Camaria (Rhonemün-
dung) II 207.
cambiare (denarium) II 316.
Cambrai, Stadt II 103. 206.
Camera s. auch Kammer 61. 146.
168. 185.
camerarii II 92.
camisale, camisile 112. 115. II 146.
166.
Camonica s. Val Cam.
Campus 135. 309. 323. 330, 331
367.
Canche, Fluß i. Frankreich II 203.
canes 154. 322.
— acerrimi 154.
Cantero s. Kandem.
capella s. Hofkapelle.
Capitularien 27. II 128. 187.
cap. dominicum 70.
— gesetzgebung 130, II 34. 211.
216. 294.
Capitula missorum 68. 70. 74. 197.
226. II 36.
Capitulare v. Estinnes (743) II 24.
Capitul. V. Soissons (744) II 106.
Capitul. V. 754/5 II 234. 336.
Capitul. V Heristal (779) II 24. 307.
Capitul. V. Mantua (781) II 313.
Capitul. V. Frankfurt a. M. (794)
325. II 106. 312. 335-
Capitulare de Villis (c. 794/5) 6. 7.
10. 15. 28fE. 77. 140—148. 156.
157—164. 175 — 197. 280. 287.
II I. 35. 67. 91. 92. 129. 141.
147. 161. 166. 168. 174—177.
179. 182. 224. 272. 322. 324.
326. 338. 342.
— Charakter 60.
— Entstehungszeit 53. 56.
— Geltungsbereich 4iflf. 67. 73.
— Herkunft und Ursprungsort 48.
— rechtliche Natur 67.
Capitulare Ambrosianum (795 bis
847) 73- 74- 93- 98. 166. 197.
Capitulare Saxonicum (797) II 58.
272. 306, 327. 332.
Capitul. V. 802 II 279.
Capitul. V. 803 II 83. 296. 323.
Capitul. V. 805. II 323.
Capitul. V. 801 — 53 II I4I'
Capitul. V. 801—6 322.
Capitul. V. Diedenhofen (805) II
112. 234. 241. 313. 324.
Capitul. V. 806 II 215.
Capitul. V. Nymwegen (v. 806) II
251, 277. 285.
Capitul. V. 806—10 323.
Capitida de causis diversis (807?) 88.
Capitul. V. 808 II 323. 324.
Capitul. V. 809 II 323.
Capitularienfrg. v. 809? oder 820
II 324-
Capitul. V. Aachen v. 809 II 286.
Capitul. V. Aachen (810—13) 56-
58. 69. 70. 72. 85. 158. 166. 177.
186. 195. II 122. 324.
Capitida ecclesiastica (810—13)
277.
Capitul. V. Boulogne s. M. (811)
II 275.
Capitulare de justiciis faciendis
(Sil- 13) 56—58. 72. 88. 89.
Capitul. V. 811 — 13 200.
Capitul. V. 813 II 279.
Capitul. V. 815 77.
Capitul. V. 818 II 39.
Capitul. V. 818/19 196. II 39- 87.
Capitul. V. 819 II 323.
Capitul. V. 820 II 112. 240-
Capitul. V. 821 II 184.
Capitul. V. 821 II 184.
Capitul. Lothars v. 822/3 II 240.
Capitul. V. 823/5 II 313-
Capitul. Ludwigs d. Fr. v. 825
II 325-
- 384
Capitul. Lothars f. Italien v. 825
213.
Capitul. V. Olonna (825) II 279.
Capitul. V. 828 II 141.
Capitul. V. Worms (829) II 26.
Capitul. V. 829 226.
Capitul. V. 832 II 279.
Capitul. missorum Silvacense Karls
d. K. (853) II 88.
Capitul. V. 861 II 316.
Capitularien, italienische II 91.
— Lothars v. 832 181.
— Ludwigs IL V. 865 II 249.
apobianchi II 309—312. 322.
capsa II 143. 153. 154.
cardones 45.
Carisiago s. Kiersy.
Carhnann, Oheim Karls d. Gr. 125.
camaticos exactare 323.
carnem vendere II 167.
Caro, Georg 17. 18. 21. 85. 86. loi
bis 104. 139. 163. 193. 204. 205.
. 210. 219. 247—251. 268, 269.
280. 300. 301. 307 — 310. 318 bis
320, 323. 329—333. 337 bis
340. 342. 354. 357. 358. 363.
387. II 5. 14. 202. 233. 255.
269. 284.
carpenta II 198.
carra II 221.
— conducere II 171. 23b.
— locare II 230.
carrata, Flüssigkeitsmaß 261. 343.
carre salinarie II 241,
carricare II 32.
carricatura, Fuhrdienst 179. II 224.
carropera II 32.
carruca, cum c. pergere 112.
carta 107. iio. II 70.
— dotaUs 328. 332.
— ingenuitatis II 34.
cartularii, Freigelassene 123. II 57.
casa, Kgl. Höfe 64. 146.
casa = Wohnhaus 254. 331.
casa dominicata 281.
casata 310. II 274. 309. 310.
casati 360.
Cassinogilum palatium 55. 128.
castaneae II 201.
castellum II 112. 115 — 121. 125.
ISO.
casticia, Baufron 63.
castrum II 100. 107. 116— 122. 127
catelli 159.
Catiacum villa (i. Anjou) (Prüm)
126.
caulas 67.
causa, Besitz 149.
— dominica 132. 240. 295. II 73.
— regis 237.
cautio s. Darlehensurkunde.
cavallarii 118. 286. II 94.
cavallicare II 261.
ca Valium cum essedo 154.
celatura II 162.
cellarii 159.
cellerarii II 91.
cenaticum, Zollabgabe II 213.
Cenebum s. Gennep.
Cenis, Mont- II 204.
Cenomannica ecclesia s. Lemans.
censarii II 49.
censores II 43.
censuales 285. II 51. 52. 220. 222.
census 115. 280. 313. 328. II 88.
166. 264. 273. 346-349. 351. 352.
census indominicatus 258. 327. 328.
census regius s. Königszins,
centena, Cent 54. 140. 192. 193.
385. 396. II 360.
centenarii 162. 323. II 26. 29.
centmark 397.
Centulense Chronicon 258.
cera, s. auch Wachs 62.
Cerexhe II 301.
cerocensuales s. Wachszinsige II 51.
cervisa, cervisia s. auch Bier 83.
112. 178. II 160. 161. 165.264. 265.
cessio II 5.
Chabert 392.
Chälons s. M., St. Stefan II 273,
Chalons s. S., Konzil v. 813 203.
290. II 12.
— Gegend v. Ch. 296. II 205. 207
385
Chamaven II 8i.
Champagne II 205,
Charibert II., König (629—31) II
297.
Chartres, Gau 296.
Chaumont II 204.
Cherso, Insel II 209.
Chijs, van den II 328.
Childebert I. II 28.
Childebert II., pactum v. 587 II 16.
— Capitulare v. 596 II 299.
Chilperich (561 — 584) II 126.
— Edikt (561-584) 362. 380 bis
383- n 15.
China II 206.
Chioggia 288.
Chlodwig s. Clodovech.
Chluduici, homines s. Ludwig, Sohn
Karls d. Gr. II 21,
Christiana religio (Münze) II 325.
Christianos locare II 230,
Chrodingus (Lorsch) 376.
Chur, Bistum 86. iii. 240. 244.
279. 400. II 42. 106. 231. 267.
269. 303. 320.
— Stadt II 201. 202.
— Urbar 119. 139. 155. 198. 258.
279. II 179. 185. 231.
Churrätien 86. 139. 163. 258. II 185.
cicer arietinum 49.
— Punicum 49.
cicerum Italicum 78.
Cimiez i. d. Bretagne (Münzfund)
II 297.
circumcapere 195.
cispitaticum II 213.
Cittänuova (Istrien) II 209.
— i. Gebiet v. Modena 241.
cives = Gaugenossen 372. 373. 398.
civis Romanus, Freigelassener II
46-50. 74.
civitas, Bischofsitz 183. II 98.
106. 107. 109.
— = Burg II 118.
— = Stadt 80. II 100. 105. 112
bis 125. 130. 167. 175. 234. 313.
316. 335.
D 0 p s c h , Wirtschaftsentwicklung der
civitas = Vorort der Völkerschafts-
gemeinde II 116.
civitas publica II 104. 124.
St. Claude, Kloster i. Jura 98.
II 159.
clausura structure gurgitis 154.
Giemen P. II 139. 142. 158.
clerici 65.
Clermont-Ferrand, Stadt II 117.
Cleve 296. 393. II 115.
Clichy, Konzil v. (626) II 16.
Clodovech Kg. 43. II 126. 360.
Clothar I. II 28.
— IL II 299.
— Edikt (614) II 16. 359.
Clugny, Cartular v. 211. 264.
331-
clunis II 148.
coccineus II 145.
Cocheteux II 301.
codex traditionum s. Traditions-
buch.
Codices II 276.
coheredes 252. 253. 368. 373 — 377'
384- 399-
Cohn, G. 50—52, 64. II 51.
Colidge II 204.
colliberti 369—372.
coloni s. Kolonen.
columba 154.
Columella 45. 49.
comercia literarum II 217.
comes s. Graf.
comites civitatum s. Stadtgrafen.
comitiae 190.
commanentes prope s. Umsassen.
commanere 331. II 49.
commarca 364. 390.
— commarcani 374. 375. 381- 384-
commendare 159. II 10. 11. 21.
Commendation an d. König 126.
127. 231. 233. II 9. 10.
Commerciacum bei Toul II 206.
commertia, commertius 326. II
112. 240.
commodare 37. II 279. 282.
communes 375. 376. 389.
Karolingerzeit. II. 2. Aufl. 25
— 386
communia 24. 173. 363 — 367. 374.
376.
communio (in aquis et pascuis) 359.
398.
— in Silva 389.
commutatio s. Tausch,
comparare s. Kauf,
comparticipes 384.
compendium, Gewinn, Vorteil, pro
c. laborare 269. II 89.
competere II 16.
Compiegne II 206.
compositio s. auch Buße 253. II 83.
168. 312.
Compositionensystem der Volks-
rechte II 2. 3. II.
comprehensio s. Bifang.
concae aeree 153.
concapulavit 96.
concilium congregare s. auch con-
silium 173.
Concilium Risbacense II 12.
conculcaturia (carta) II 42.
conducere homines s. auch opera-
rios II 171.
conductor, Pächter 277. II 349.
— agrorum 278. 279.
conductum suum quaerere II 88.
confinium, Bezii'k 364. 374. 378.
conflatorium s. Eisenschmelzofen,
coniectus 322. II 273.
coniurationes, Schwurgenossen-
schaft II 30. 31. 67. 136. 177. 178.
coniuratores 97.
conlaboratus, Zuerwerb 269.
— Ertrag 65. 145. 153. 181. 182.
conplacitatio 222. 223.
Conring, H. 28. 68.
consilium in villis s. auch conciUum
165.
consortes. Geteiler 371. 374. 376.384.
conspirationes II 31.
Ckjnstantin, Kaiser II 298. 299.
Constantinischer Münzfuß II 292.
Gjnstitutio de expeditione Romana
II 13.
consuetudinarii II 32.
consuetudo antiqua 389. II 19. 32.
— mala II 43.
convenit II 246.
convicani, spätrömische 379.
coquina 146.
corbes, corbos 92. 153. II 3^4. 338.
Corbie, Kloster 52. 292. II 86.
160. 162. 171.
Corbinian, hl. II 319.
Cordoba II 206.
Cork (Irland) II 192.
Cormery, Kloster 277.
corvadae 83. 322.
Corvey, Kloster i. Sachsen 249.
264. 301. II 44. 60. 114. 136.
183. 326.
— traditiones 249, 315.
Costiza villa (Goß) 350.
costus 47.
coxa II 140.
Cramer, F. II 154.
Credit II 279.
Crivelucci 370.
St. Croix, Kloster i. Orleans II 114.
Crome, B. 333. II 138.
Cruciniacum s. Kreuznach.
Cruftelen (Lorsch) 116. 117. II 271.
cucuUum spissum II 170.
Cuerdale (Lancashire), Münzfund v.
II 327.
culcitas 146.
cultros s. auch Messer II 140.
cupiditas II 278.
curia, Wirtschaftshof 254, 279. 331.
Curschmann, F. II 249. 250.
curtifer, Hufe, Hofstätte 339. 358.
curtile 331.
curtis 91. 112. 254. 255. 280, 284.
285. 316. II 122. 221. 223. 270.
— dominica 71. 83. 189. 254. 255.
258. 316. 328. 331. 339. 341.
II I. 119. 120. 323.
— langobardische 43.
— regiae 30. 34. 61. 126. 128. 141.
144— 151. 155. 172. 177. 181. 190.
II 120. 121. 224.
— sepe cincta 154.
— 38;
D.
Daenemark 304. II 196.
Dänen II 190—192. 195. 273.
Dänische Gemeinderechte 388.
dagewerhte (Sachsenspiegel) II 91.
Dagobert 105. II 297.
Dahn, F. 14. 15. 40. 41. 46. 59. 67.
123. 125. 142. 144. 159. 162.
164. 172. 173. 175. 177. 186.
189. 326. 358. II 253. 273. 274.
301. 316. 320. 323. 324. 331.
346—348.
Dalmatien II 209.
Danevirke 41. II 367.
Dannenberg II 289. 326.
Dannistat, fiscus (Hersfeld) II 123.
Dareste 24.
Darlehen 11 89. 279—282. 288.
— Geld II 282. 283.
Darlehensurkunde, cautio II 284.
Darmstädter P. 133.
deauratura II 299.
decani, Beamte 159. II 91.
Decanie 385.
decima s. Zehent.
Dedition s. Ergebung II 36.
Deermann 393.
defendere prata 63.
deferre, abführen (Zins) 182.
Deinheim s. Dienheim.
Dekane, Ministerialen II 128.
Delarc II 208.
Delbrück, Hans II 22. 141. 229.
Demonetisation des Goldes II 300.
Denar, Münze 116. 343. 382. II 80.
83. 84. 115. 247. 264. 265. 269.
270. 290—293. 295—299. 301 bis
318. 322-324. 327-331. 333.
335. 370. 371-
— novi II 313. 314. 328, 338. 344.
— probi atque pensantes II 314
bis 316.
— ripuarischer II 296.
— salischer II 323. «
per denaratas vendere II 167.
denariales 123.
denariatio II 49.
denarii veteres II 329.
St. Denis, Kloster 134. 135. 170.
288. II 114. 132. 182. 193. 195.
201. 232. 234. 239. 240.
— Messe II 114. 195. 236.
Denring II 156.
St. Deodatus, Kloster 170.
Deothehn (Reichenau) 315.
depascere 323.
depopulari 323.
depraedationes II 31.
Depression, d. Gemeinfreien 272»
275. II I. 5. 7. 8. 12. 18—23^
27. 362.
Descendentenerbfolge 382.
describere 118. 286.
descriptiones 79. 80, 88. 91. 118.
— mancipiorum 80.
descriptor stipendior. regal. 118.
deserta 269.
desertare (beneficium) II 26.
deservire 54. 165. 168. 176. 193.
Desiderius v. Auxerre II 37.
— König d. Longobarden II 141.
Detailb erichte der Kgl. Amtleute 5 7.
Deutschland 6. 9. 24. 32. 42. 44 bis
47. 50. 72. 74—76. 81. 89. 132
168. 185. 197. 202. 218. 219,
225. 246. 253. 261. 267. 276,
279- 303- 305- 308. 309. 313
318. 323. 339. 348. 351. 354
400. II 13. 15. 33. 42. 45.
103. 105. 106. 108. 109. 113
114. 138. 142. 145. 147. 153. 155
T57. 158. 175. 180. 182. 194 bis
198. 211. 216. 221. 230. 259. 273
277. 283. 325. 326. 349. 365. 368,
Deutz, castrum, civitas II 107. 115
116. 119.
Devotionalien II 142.
dextraliola, Fingerringe II 144.
diacedrina littea II 148.
Diebstahl II 11. 18.
Diedenhofen s. Thionville.
Dienerschaft II 169.
Dienheim (Fulda, Lorsch) 1 19. 137.
171. 208. 250. 376.
25*
- 388 -
Dienst 203. 357. 360. 361. 395,
II 44. 87. 91. 93. 165.
— adel II 66.
— leute II 39. 91. 93.
— rechte II 13.
— Verpflichtung II 35.
— miUtärische II 129.
— Verweigerung II 31. 32.
dignitas, Stand, Rang II 144.
Dijon, castrum II 119. 204—206.
239-
Dinanderie II 143.
Dinant, Stadt II 196.
Dinge, Gerichts Versammlungen II
"5-
Dingolfinger Dekrete II 69. 70. 74.
Diocletian, Kaiser II 251.
— Taxordnung v. J. 301 II 251.
286.
Dionysiusmesse i. Paris 288. II 1 14.
Dionysii, monasterium s. Scheft-
larn.
diptamnum 45.
Dirks, J. II 192. 328.
discriminaha (Schmuck) II 144.
discus 153. 181.
Disentis, Kloster II 201.
dispensare 181.
dispensator rei publicae II 239.
districtio 191. II 13.
Diutia s. Deutz.
diversoria II 131.
divisio 86. 240. 252. 253. 370. 373.
376. 400. 401.
Divitia s. Deutz.
Doeberl, M. 285. 304. II 52. 220.
Domänen 23. 42. 45. 55. 58. 69.
70. 133. 141-154. 163. 165. 180.
187. 263. II 100. 338. 339. 342.
355-
— Ämter 161.
— Beamten 166.
— Erträge 156.
— Verwalter s. auch iudices 54.158.
— Verwaltung 56. 58. 141. 164 bis
. 166. 245.
— — Zentralinstanz der 161,
Domanialhof 263.
Domanialwirtschaft 329.
domestici 132.
Dominikalhufen 135. 257. 258.
— land 118. 131. 137. 256—262.
286. 322.
Domirükalisierung von Marken 397.
dominicus = herrschaftlich 70.
dominicum 258. 279.
— servitium 258.
— usus 258.
domus II 276.
— regalis 281.
donatio 102. II 257, s. Schenkung.
— a die presente 208.
— post obitum 103. 206. 209.
Donau 352. II 112. 188. 195. 199.
267.
— handel II 199. 335.
— Mainkanal II 188.
Doniol 24.
donum, Abgabe, annua d. II 272.
273- 277. 346. 350. 351.
dona accipere 322.
Doppelwährung II 291. 320.
Dorestad s. Dorstadt.
Dorfgemarkung 353. 354. 363.
Dorfgemeinde 386. II 102.
Dorf mark 385. 391.
— gemeinde 380.
Dorfsiedelung 152. 387.
Dormagen, Keltenort a. Rh. II 115.
Dorstadt, abgekommen, Wijk bij
Duuerstede, Prov. Utrecht II
112. 123. 190. 191, 193. 203, 205.
Dortmund, Pfalz 184. II 196.
Drachen würz (dragantea) 45.
drappos 153.
Drechsler II 157. 158.
Dronke 102. 103. iio. 207. 219.
250.
Drüpt, civitas a. Rhein II 115.
Dublin II 192.
— f%hrt II 137.
ducere in horreum 115.
duces 323.
Dümmler, E. 51. 217.
389
Düngung 36.
Düren II 196.
'Duisburg II 193.
dulcia, Äpfel 46.
Duplizität der Normgebung II 77.
79-
Durnomagus s. Dormagen.
Duvivier II 50.
Dynasten, weltliche II 357.
E.
Eberhard V. Fulda 102. 206. 207. 279.
Eberolfesheim (Lorsch) 115.
Ebersberg, Kloster 221.
Ebersburg s. Eparesburch.
Ebersheim, Kloster II 13.
Eberstadt, R. 23. II 167. 168.
Eboracum II 203.
Ebrard 304. II 4.
Ebro II 367.
Eccard 76.
ecclesiastici II 63.
Eckstein, E. II 354.
edel 312. II 57. 65. 68.
edeling 314. 315. II 77. 78.
EdeUnus, Abt v. Weißenburg (1262
bis 93) III. 113.
Edelmetall II 266. 271. 290. 292.
317- 318.
— gewerbe II 140—148.
— gewinnung II 179.
Edelsteine II 145. 206. 211— 213.
276. 277, 368,
edhilingi, nobiles (Sachsen) II 55.
57-
Edikt, prätorisches 81.
Egart 155.
Eggers 22. 131 — 134. 142 — 149.
151. 158. 161 — 168.
Eggersdorf (Freising) 375.
eicere 274.
Eichelmast 389.
Eichhorn, K. F. i, 79. 163. II i.
2. II — 13. 97. 167.
Eichsfeld 298.
Eichstätt, Bistum II 109. 210. 236.
237. 326.
Eier 41.
Eifelgau 297.
Eigen, freies 129. 130. 138. 161.
266. II 26. 75. 261. 351. 355.
Eigenbaugüter, -land, Kgl. 74. 78
141. 178. 179. 192. 255. 260.
283—289. 316—319. II 220.
Eigenbedarf 13. 258. 288. 325. II
169. 214. 233. 234. 259. 356.
Eigenkirchen 64—66. 278.
— recht 172. 174. 237. 373.
Eigenleute s. Knechte, Mancipien,
servi II i. 44. 215.
Eigentumsprozeß 242.
Eigenwälder 177.
Eigenwirtschaft 13. 31. 217. 255
bis 266. 277. 281—286. 314—328.
361. II 220.
Eigil, Verf. d. vita Sturmi 267
II 194. 198.
Eimer, uma 343.
Einhard 184. II 114. 140. 143.
162. 181. 198. 203. 206. 215—217.
236. 268. 355.
Einkommen 14.
Einzelgeschäfte vom Gutshofe aus
325.
Einzelhöfe 253. 152. 387.
Eisen II 140—142. 180—185. 262.
366.
Eisengewerbe II 140—142. 181.
Eisengruben II 179. 181.
— Schmelzöfen II 181.
Eisenschmiede II 142.
Eismeer (nördliches) II 190.
Ekkehart, casus S. Galli II 170.
Elbe 304. II 118. 195. 367.
Elefanten II 208.
Elegius, presbiter (Lorsch) 376.
elemosina II 179. 274.
Elfenbeinarbeiten II 158.
EUgius, hl. Bischof v. Noyonll 283.
— vita Eligii 132.
Elnon s. St. Amand.
Elsaß 247. 250. 254. 276. 300. 308.
327. II 182. 193.
— gau 296.
— 390 —
Elze (a. Einfluß d. Saale i. d. Leine)
II 193.
emeliorare 269.
emissarius, equus 153. 154.
St. Emmeram, Kloster (Regens-
burg) 136. 235. 285. II 44. 220.
— vita II 119.
empturia II 175. 313. 335.
Endemann II 286.
enecas 146.
Engel II 325.
Engelberg, Kloster 73.
Engelmannsbuch (1495 — 1516) 32,
Engilmar, faber (Freising) II 166.
England 24. 26. 349. II 140. 148.
149. 153. 193, 194. 202. 203.
368.
Ennstal (Steiermark) II 183.
Entenzucht 40.
Eparesburch, abgekommen, Markt
a. d. Donau zwischen Linz und
Mautern II 103, 112. 113. 116.
241.
epibata II 217.
ETiißoXri 383.
epistolarii II 49.
Epistolarverkehr II 216.
equaritia 154.
eramenta II 162.
Erben, W. II 22. 141.
Erbgut 253.
Erb leihe, freie 18. 19. 280. 363.
erb loses Gut II 353. 371.
Erblosung 252.
Erbpacht 15. 192. 273.
Erbrecht der Markgenossen 368.
379-383-
Erbsen 49.
Erbzinsgüter, Kgl. 192.
Erchanbald, Bischof v. Eichstätt
(884-916) II 237.
Erchanbert, Bischof v. Freising
(835-854) 84. 90. II 160.
Erchanbert, breviar. regum Fran-
cor. 190.
eremus, heremus 122. 124. 171. 237.
238. II 179.
Erfurt s. auch Engelmannsbuch.
— Stadt u. Bistum II 106. 109.
112. 196. 197.
Ergebimg d. kl. freien Grundeigen-
tümer 307. 321. 322. II 7— II.
21. 36. 63. 65.
Erleichterung des Kriegsdienstes
durch Karl d. Gr. II 19.
Erler, G. 9-
Ermeraga villa (St. Denis) 135.
Ermoldus Nigellus 49. 67. 93. 94.
II 140. 155.
Ernst, V. 196.
Errungenschaft, adtractus conlabo-
ratus 170. 174. 239. 271. II 276.
Ersitzung der Freiheit II 42. 49.
eruca 48. 78.
Erwerbspolitik des Laienadels 302.
Erzbergbau s. Bergbau.
Erzgießerei II 157.
Eschersheim, civitas bei Frankfurt
a. M. II 116.
Eselbach (Lorsch) 115.
Esesfelth = Burg Itzehoe II 118
Esmein 18. 24. 193.
essedum 154.
Essen wein, A. II 145. 154.
EßUngen a. Neckar, Markt II 114.
236.
£!taples s. Quentowic.
etlehas 146.
Ettmayer, K. v. 48.
eulogia 113. II 227.
Eurogilum palat. 55.
Evardus (Bobbio) 170.
evectio s. Postschein.
St. Evre (Toul) 296.
Ewa Chamavorum II 77. 79. 328.
exactatio II 88.
exactio, Steuer II 273. 351.
exactor, Kgl. Beamte 74. 157. II
238. 349-
— palacii 160.
exarare 374.
excolere = roden II 27. 268. 269.
389.
— bebauen 331.
— 391 —
excolere prata 63.
Exempla brevium ad describendas
res ecclesiasticas et fiscales 50.
68. 75 — 101. 113. 115. 118. 14s
bis 147. 152 — 159. 183. 262. 281.
284. 319. 340. II 153. 161. 162.
276.
Exemtion II 135. 176. 239.
exenia 275.
exercitales viri II 93. 94.
exercitus = Heerfahrt 59.
exitus 154.
exolare II 16.
expeditio II 94. 178.
expensa regis 177. 181.
Export V. Eisenindustrie II 142.
367-
— V. Getreide II 277.
exstirpare 270. 390.
extensiver Betrieb 351.
extranei 398. II 50.
F.
faba 153.
fabae maiores 49.
faber II 162—168.
fabrica II 162.
fabrilis ars II 162.
fabrire II 140.
facultates, Besitz, Vermögen 149.
150. 238. 328. II 5. 144.
320.
Fährgeld II 231.
Fässer (Kriegsausrüstung) 61.
Fahlbeck II 293. 296.
Fahrnis II 258. 259. 276.
Fakultativsätze II 264.
faices 153.
falciculas 153.
falconarii, Falkner 165. 323. II
128.
Falke PN. 350.
— II 197. 211.
- 0. V. II 145.
Falken II 190.
Falschmünzerei II 316. 322. 323.
336. 344- 370.
famiUa 33. 63. 65. 66. 280. 292. 322.
389. 398. II 51. 130. 168. 230.
232. 367.
— des Königs 139. 181.
— grundherrschaftliche 398. II 51.
53-
famulus II 163.
Farama II 206.
Farfa, Kloster 237. 241. 242, 246.
367.
farina 153.
farus 76. 153.
fasciolae II 146. 147.
fasianos 146.
Fasten II 274.
— ablaß II 369.
— speise 35.
Fastlinger 91. 102. 270. 304. 307
bis 309. 311. II 6. 8. 160. 200.
Fastrada, Gem. Karls d. Gr. II 274.
FaveroUes, vüla (St. Denis) II 236.
Fehr II 19.
Feigenbäume 50. 78.
Feingehalt s. Münze.
Feldgemeinschaft 362. 382.
Feldmark s. Mark.
Felle 40.
fenerata pecunia II 283.
feneratores II 230.
Fengler II 191. 203.
fenum coUigere 112.
fenus II 278.
Ferge II 231.
Fernabsatz der Produktionsüber-
schüsse 288. 292.
Femtransport 186. II 220.
Fernverkehr s. Verkehr.
ferramenta i. II 180. 265.
ferrarius 154. II 186.
ferrea virga II 156.
ferrum s. Eisen.
Fett 40.
feudale Gewalten II 354. 357.
feudale Münze II 326.
Feudalisierung der öfEentl. Gewal-
ten II 14. 372.
Feuersgefahr, Schutz gegen II 1 79.
— 392
Fibel II 145.
Fichtelgebirge II 180.
ficus 45. 50. 78.
Fidelitätseid II 44
figulus II 156.
Filicionecurte (St. Denis) 135. 147.
filtros II 261.
Finanzwirtschaft II 355.
fines 363.
Fingerringe II 144. 145.
Finke, H. II 254. 278.
Fiscalinen 163. 166. 169, 170. 300. II
32. 178. 224.
Fiscalverwaltung 10. 11.
Fische 61. 146. II 262.
Fischer II 160.
Fischer-Benzon 45. 47. 49.
Fischerei II 353.
— regal 11 353. 371.
Fischotterfelle II 152.
Fischweiher 34. 61. 146.
fisci, Kgl. Güter 33. 57. 58. 65. 78.
88. 92. 127. 131. 135, 138. 139.
14.1-145. 149-165. 172. 175.
189—192. 198. 202. 263. 315.
341. 389. II 121. 161. 162. 224.
fiscus (Ärar) 54. 80. 123. 125. 140
bis 146. 165. 167. 185. 192. 193.
197. 199. 236. 253. 372. 390.
II 42. 49. 126. 178. 225. 234.
238—240. 337.
fisci res 189. II 349.
Fiskalbezirke 140. 143. 146. 180.
— gut 86. 129. 182. 192. 198. 201.
202. 240.
— Verfassung 131. 142, 153. 156.
160.
— Verwaltung 21. 143. 160. 166.
245-
Fiskuswirtschaft 157. 187.
fiuvaida 368. 369. 371. 392.
Flaccius 68. 95—97.
Flachs II 146.
Flagestat s. Florstadt.
Flandern II 37. 191.
Flavigny, Kloster 289. II 49.
Flegler II 226.
Fleischprodukte 183.
Flethite, Gau (Niederlande) 296.
Flims, curtis (Chur) 155.
Florstadt, Flagestat (Lorsch) II 146.
Florus, Diakon v. Lyon 49. II 150.
Flotte II 208. 210. 211.
— Handels II 211.
— Kriegs II 208.
Flucht, der Kolonen 282. 322. II
27- 33- 36.
Fluchtburgen II 105.
Flüchtlinge s. fugitivus.
Flüssigkeitsmaß s. carrata.
Flurkarten 348. 349.
foca 64.
fodrum 325,
Förster s. forestarius.
Folchrihus (Mondsee) 106.
Folckerus (Schäftlarn) II 256.
Fontanella s. St. Wandrille,
foraticus 326.
forbannire II 343.
Forchheim 185. II 103. 112. 197.
forensia bona 90.
forestarius 373. II 91. 220.
forestis 175. 177. 322. 367. II 371.
forheo = concapulavit 97.
Formeln 92. 97. 98. 301. 310.
331. 339. II 7. 10. 12. 15. 28.
34- 35- 37- 38. 40- 42. 45- 47-49-
57. 89. 90. 92. 97. 98. 147. 159.
193. 223.
— Alsaticae II 42.
— Andecavenses 213. 271. 276.
277- 357- 378- n 15. 42. 300.
— Ai'gentinenses II 47.
— Arvernenses II 11. 15. 39. 46.
48.
— Augienses 271. II 15. 40. 42.
46—48.
— Bituricenses 275. II 37. 39. 46.
48.
— S. Gallenses 217. 372. II 12.
37. 156. 293.
— Imperiales 92. 127. 150. 168.
201, II 12. 15. 38. 40. 47. 48.
90. 344.
393
Formeln. Laudunenses II 39.
— Marculfi 149. 150. 268. 274. 275.
II 5. II. 12, 15. 28. 39. 42. 45.
47. 48. 89. 223. 314. 348.
— Morbacenses II 12.
— Salicae Bignon. 269. 271. 331
II 15. 28. 42. 47. 314.
— — Lindenbrog. 271. II 28. 39
42. 47. 48.
— — Merkel. 271. II 39. 40. 47
— — Pithoei frg. 269. II 15.
— Senonenses 271. II 11. 15. 39
41. 46. 47.
— Turonenses 271. 300. II 10. 15
28. 39. 47. 48.
— Visigothicae 269. 275. II 10,
15. 48. 89.
Forstregal II 353.
Forstverwaltung, Kgl. 157.
forus legitimus II iii.
Fos, i. Südfrankreich II 207.
Fossati 370. II 309.
Fournier, M. II 46. 50.
franci homines 33. 134. 135. 138.
139. 145. II 63. 79. 84. 351.
Franco, Bischof v. Lüttich (856 bis
903) II 149. 152. 203.
Franken, die (Volksstamm) 123.
249- 305- 382. 389- 392- II 80,
83. 90. 96. 118. 124. 148 — 150.
198 — 200. 218. 219. 289—295.
299. 304. 320. 335. 348. 360. 365.
Franken, Land 246. 267. 300.
308.
Fränkische Burgen II 119. 120.
— Erde 388.
— Gebiet II 69. 118.
— Handel II 196.
— Hausmeier II 319.
— Könige II 126. 293.
— Münzen 22. II 199. 290. 292.
293- 296. 298. 307. 310. 322.
328 — 330. 333-335. 370.
Fränkisches Recht 123.
— Reich 67. II 109. 114. 192.
195. 219. 254. 290. 294. 318.
320.
Fränkische Zeit 362. II 100. 130'
152. 289.
Frankfurt a. M. 291. II 1 10. 121.
122. 222. 223. 229. 251. 252.
— Kgl. Kapelle II 269.
Frankreich 24. 42—44. 78. 137.
299. 309. 313. II 192. 205. 302.
319. 320. 370.
— nordöstliches 43. 64. 99. 185.
189.
Frantia 55. 72. 310.
Frau, Beteiligung a. d. Hausver-
waltung 56.
— als Benefiziare 233.
frauda 33.
Frauenarbeit II 164.
Frauenhäuser, Gynäceen 59. II
145. 146.
— Weberei II 150.
freda II 322. 349.
Fredegar 79.
Fredegundis, Königin II 360.
Freibauern 311. 314. 315- 33i-
Freie s. auch Gemeinfreie 17. 194.
198. 199. 217. 225. 255. 268.
274. 275. 282. 305. 307. 321.
334- 335- 337- 34i- 357- 360
bis 362. 381. 390. 402. II I. 2.
5 — 7. IG. 20. 29. 34. 36. 41—45.
49- 50- 57- 59- 61. 64. 65. 69.
71- 73- 75- 78. 87. 93. 94- 129 bis
131. 223. 228. 231. 232. 237.
330- 332. 347- 3SI- 356. 357-
364- 367.
Freigelassene 123. 273. II 38. 41. 46.
bis 49. SS — 62. 74. 75- 82. 83.
93. 94. 232. 354. 371.
Freihandelsprivileg 326.
Freiheit 54. II 87.
Freiheitspfandsetzimg s. obnoxiatio.
Freiheitsprozesse IT 29.
Freilassungen Unfreier 251. II 10.
36—41. 46—57- 65. 363-
— in ecclesia II 46. 47.
— per denarium II 47.
Freising, Bistum iio. 205. 206. 208.
210. 211. 220—223. 226. 234. 248.
— 5i^
253. 256. its)— 271. i;tk. 501,
30^ 512, 3I&. 523. 352. 334. 340.
347- 3:>- 5$>o. n 3, 4, &. {>. 36.
40. 44. 51. 52. 7<x. 107. 1C9. 142,
143. ICO. 166. iSkv ij»— 201. 227.
256. 26a. 2Ö1. 2CV4. 265. 269. a7&.
2>3- 2S^
Frfisdng, Stadt U 127.
Freistift 217. 275. II fcv. 363.
FreiiÜÄrigkeit 322. II 46. 49. S7.
Fremde II 101. 13a. 131. 133. 13S.
241. 545. 346. 371.
— Hei berge ^Xenodochien) II 209.
214. 237.
Fressel II 92.
FiVTÜle II 203.
Friedrioii 11. Heixc^ von Östeareäch
^1230— 46) n 267.
FTiemer&heim ^Werden^ 249. 204.
Friesen 391. II 130. 146. 149. 150.
192 — 194. i9Ck 19S. 219. «48.
320—322. 327. 32S, 331. 333.
334. 36S. 371.
Friesland 24S. 305. II 165. 1S4.
ipi. 105. 321. 32S. 330. 332. 335.
— friesische Münze 11 320.
— frieiädsohes Recht II 41. 332.
— friesisches Tuch II 147. 191.
frilingi ^ingenuileis) 11 55. 5-. 50 bis
61.
Frilingsnormen 11 77—79.
Friskinga II 264. 265.
Fritilo. Priester ^Freising) II S. 9.
Fritzlar, Kirche ^Hersfeld) 164.
Fronden 229. 272. 315. 320. 322.
323. n 13. 32. 33. 112. 132. 161.
165. 170. 22T. 226. 231. 2S2.
Fronhof 3—5. u. 15. 131. 157. 160.
246. 253. 255. 257. 260—264.
270. 279. 2S6. 315. 319. 320. 341.
n 95. 102. 105. 13S. 145—147.
160. 161. 164. 167. 169. 171 bis
174. 1S7.
— gewerbe II 102.
— verband II 16S.
— Verfassung 5. 12. 16. 320. 337.
II 16;.
Fronhofverwaltung 260.
— 'wirtschjtft II 22CV 243. 253. 254.
Fiotiutr, Bischof v. Toul ^+ S^e)
II 159. ii^4.
Fruchtwtvhsel 36.
fnictificat 255^
Frühgermanis^^he Kultur II p?.
frunientum 153.
Fuchs. Adalbert 291.
fugitivus II 27. 2S. 42,
Fnhrdienst<-> 291. II 112. 222. 227.
229-23K
Fuhren 292.
Fuhrwerk 37. II 171.
Fuld.<», Fluß 312.
— Kloster 95. 102, 103. 107. 109.
110, 124. 135-137. 139. 170.
171. 20a. 206. 207. 2to. 219.
221. 246. 247. 249. 250. 2ÖI.
264. 267. 26S. 271. 272. 279.
299- 307> 330- 35S. 37^ H 7-
3S. 40. 44. 62, 146. 157. 161. 162.
165. 169. 172. 173. iSo. 1S2.
1S3. 1S5. 19S. 249. 255. 260.
269. 276. 34S.
Fiilradus. Abt v. St. Denis 135.
Fulrad. Abt v. St. Quentin (Ver-
mandois) 93.
functiones publicae 1S9. ipi. 550.
Fundregal II 354. 371.
furnum calcem 116. II 166.
fusiÜs ars II 162.
Fustel de Coulanges 24. 227. 363.
364. 377.
Futter n 21n.
G.
Gänse (Zins) 152.
Gaeta II 20S.
galea 11 140.
St. Gallen, Kloster
17. 4S. 100.
101
106. 107, 110.
139. 154.
167
172. 174. lOS-
200. 204.
2'-"^5
210. 211. 217.
210. 222.
223
247. 255. 26S.
270. 272.
2 So
291. 292. 301.
307. 323.
327
32S. 330. 364.
367. 300.
391
395 —
400. II 3—6. 33- 41- 44- 52. MO-
142. 144. 145. 147. 151-154.
157, 158. 166. 170. 173. 174.
180. 181. 201. 227. 231. 244 bis
246. 249. 255. 256. 260. 261.
263. 265. 269. 270. 272. 276.
283- 340. 350- 367.
Gallien 79. 218, 380. II 191. 203.
281. 290. 298, 308. 318. 321.
— narbonnensisches II 194.
Gamaschen II 152.
Gandersheim, Kloster II 44. 196.
Garbanzos 49.
Gardasee II 201.
Gareis, Karl 15. 29. 30. 32. 33. 36.
39. 40. 42. 43. 46. 47. 50—53.
56—59. 63—69. 71. 72. 76. 77.
80. 88. 123. 128. 142. 143. 145.
157. 163. 175. 186. 187. 190.
192. II 35. 177.
Gariel II 273. 318. 325.
Garigliano II 367.
Garsonnet 24. 193. 228—230. 276.
340. 362. 385. II 12. 13. 50.
Gartenbau 43. 44.
— kultur 50—52. 75. 100. II 86.
171. 365.
Gasparin 155.
gastaldii 323.
Gasthäuser II 215.
Gau 350. 385. 396. II 162. 166.
360. 366.
— bürg 11 105.
— fremde II 213.
— gemeinde II 102. 104. 105. 107.
— mark 397.
Gay II 208. 209.
Gebirgspässe II 214.
Geburtsadel II 66. 67.
Gfeer, de II 332.
Geering II 167.
Gefälle s. Abgaben.
Gefäße II 153. 156.
Gefolgschaftsrecht 306.
Gehöferland 282.
geidon 97.
Geilrada (Lorsch) II 256.
Geisa, Geyeaha (Fulda) II 180.
Geld 9. 14. 15. 23. 25. 41. 89. 96.
II 170, 180. 212. 221. 242—245.
249. 250. 253. 255. 259-278.
280. 283. 284. 287. 292. 301.
306. 313. 317. 319. 321, 332.
335- 356.
— abgäbe II 271.
— leihe II 283. 287.
— rechnung II 295.
— steuern II 272. 274. 275.
— verkehr II 134. 205. 257. 268.
274.
— Verleiher II 230.
— Wirtschaft 218. 252. 254. 255.
259. 263. 266. 267. 271. 272.
277. 281. 288. 290. 369.
— zine II 166. 231. 268. 269. 369.
Gelegenheitskäufe 325.
Gemarkung s. Dorfgem. u. Mark.
Gemeinde, freie II 2.
— i. d. Städten II 124. 125. 130.
137-
— rechte 386.
— verband 384.
— Zeugnis 378.
Gemeiner 399. II 200.
Gemeinfreie 305. 312, 314. 318.
11 3. 18. 55—61. 63. 66. 68. 69.
73. 74. 76-85. 334. 359-361.
363-
Gemeinnutzung 373. 384. 392. 398.
Gemeinschaft am Gnmd u. Boden
384-
Gemengelage 257. 309. 344. 346.
gemmae 325.
— cristallinae II 153.
— vitreae II 153.
GrenesiuB, hl., s. translatio.
Geimep, bei Cleve 76.
Genossenschaft, freie 399. 402. II
178.
Genouilleux, villa (St. Denis) II
236.
Gent II 203. 206. 236.
Genua II 208.
GSeräte, kirchliche 90.
396 -
Gerbald, Bischof v. Lüttich (802
bis 810) II 278.
Gerber II 152.
Gerdrudis, vidua (Lorsch) 170.
Gerhard, Falschmünzer i. Sachsen
II 322.
Gerhardus miles (Lorsch) 347.
Gericht, öfEentl. 323. II 33. 357.
— barkeit, hohe 163. II 1 10. 11 1.
— — grundherrliche II 372.
— gewalt II 13. 16.
— pflege 40. 41.
— regal II 353-
— Sprengel 161.
— Versammlungen II 115.
Gerlach II 100.
St. Germain des Pr6s, Kloster 6. 87.
283, 288. II 37. 45. 112. 203.
205. 221.
Germanen 333. 356. 369. II 55. 56.
95. 102. 214. 295.
germanische Bauernkultur II 288.
— Eigenkirchenwesen 66.
— Kirchenrecht 64.
— Staaten II 272.
— Urverfassung 381. 382. II 68.
— Wirtschaftsformen 26.
— Zeit 362.
Gerste II 250.
Gerward, Hofbibliothekar, Hofbau-
meister II 217.
Gesamteigen an Grund u. Boden
361. 366.
— an Mühlen 372.
— recht 367. 368. 379. 380. 383.
397-
Gesandtschaften, legationes 33. 71.
189. 225. 322. II 224. 225.
Geschenke, Jahr- II 272, s. auch
dona.
Gesetz v. J. 369 80.
Geßler, E. II 22. 142.
Gesta Hrodberti Salisburgensis 99.
Gestütsbeamte II 91.
Getreide 291. II 198. 229. 232. 250.
251^ 263. 265. 277. 278. 281.
286. 369.
Getreideerzeugung für den Markt
320.
— export 325.
— fuhren II 221.
— handel 324. 325.
— Produkte 183.
— Wucher 324. II 213. 232.
— Zehent II 25.
Gewänder, golddurchwirkte II 144.
Gewässer (Teil d. Mark) 402.
Gewanne 344. 354.
Gewebe II 263.
gewegens s. mark silber.
Gewerbe 37. II 86. 95. 96. 99. 132.
136—139- 145- 149- 154- 156.
166—169. 171 — 174. 178, 211.
— geschieh te II 175.
— Organisation II 174.
— Produkte 183. II 176.
— treibende freie II 125.
Gewere 126. 238. 240. 375.
Gewerkschaft II 185.
Gewicht II 99. iii. 129. 216. 274.
289. 292—299. 303. 307—318.
324. 327. 329. 330, 338—342. 371.
Gewinn II 214. 231. 278. 280. 336.
— unredlicher s. lucrum turpe.
Gewürze II 206. 211. 368.
Gförer II 319.
Gierke, O. 7. 15. 257. 362. 366. 375.
380-384. 395.
Gilde, gildonia II 136. 137.
Giry, A. 94.
St. Giulia, Kloster (Brescia) 333.
n 45-
glandes 112.
glandifer, arbor 373,
Glas II 368.
Glaser II 162. 163.
Glaserei II 152— 154. 177.
Glasmalerei II 157.
Glasson 24. 362. 364. 366.
ghribus II 148.
Glocken II 142. 143.
— gießerei II 142. 157.
— speise II 143.
Glöckner, K. 85. 117. 122.
397
Glossen 96.
Gmünd i. Württemberg 296.
Godofridus, rex Danorum II 195.
Göttweig, Kloster i. Niederöster-
reich 291.
Gold II 179. 180. 261. 275 — 277.
290 — 292, 298 — 300. 303. 304.
315. 318—321. 328. 329. 335.
— arbeiter II 142. 155,
— barren II 318,
— bergwerk II 319
— decke II 370.
— draht II 190.
— münzen II 291. 292. 313. 330.
— Prägungen II 290. 315. 318. 320.
321. 328. 334. 369—371.
— schmiede II 168. 318.
— — arbeit II 145.
— Schmidt, Ad. II 158.
— solidus II 3. 80. 179. 180. 304.
305. 307- 310. 319. 328—335. 371.
— verrat II 318—320.
— Währung II 80. 289. 291. 304.
320. 328. 335.
— Wäscherei II 335.
— Wirkerei, aurifrisium II 150.
Gondreville, Pfalz 185.
Gorze, Kloster II 231.
Gotland II 191. 192.
Gozbert (St. Gallen) II 261.
Gradmann 267.
Grado, Patriarch 288. II 209.
Graf, H. 100.
Grafen 33. 65. 71. 123. 161 — 163.
176. 189— 191. 252. 253. 296 bis
298. 310. 312. 314. 321. 322.
327- 350. 390. 399- n II. 16. 21.
26. 29. 66. 73. 79. 91. 92. III.
120. 129. 224. 225. 234. 235.
237. 240. 248. 274. 286. 309.
338- 343- 350. 352. 363. 366.
372.
— amt II 188.
Graf Schaf tsverb and 161. 163.
gramalium 153.
Granatapfel 50.
Granfelden 273.
granum s. auch Korn II 221. 264.
— coUigere 112.
Gregor d. Gr., Papst 81. II 13.
— III., Papst II 107.
— von Tours, Bischof II 119. 126.
163. 281. 288. 293.
Grenfell II 13.
Grenznachbarn 374. 375. 381. 383.
Grenzstreitigkeiten 377. 378,
Greozesheim s. Griesheim.
Gresham'sches Gesetz II 321. 370.
Griechen II 188. 208. 210.
Griechenland (alt) II 12.
— II 206.
— griechisches Becken d. Adria II
203.
Griesheim (Lorsch) 119.
Griet b. Cleve 76.
Grigny b. Beauz6e s. Clermont en
Argonne 76.
Grimald, Mönch aus Reichenau 99.
100.
Grimm 97. 359. 385. II 295.
Grinsvald, Herzog v. Benevent
II 319.
Grisione, villa = Grusonb. Annap-
pes 76. 77.
Gromatici latini 378.
Groschen (Münze) II 311. 322. 370.
Großbetrieb 322.
Großbrittanien s. Britannien II
195.
Große 55. 70. 128. II 249. 252. 286.
356.
— Geistliche II 135. 248.
— Weltliche II 135. 274. 277. 366.
Großhufen 305. 333. 335. 342. 344.
347- 349-
grossi s. Groschen.
Großmarken 388.
Grote II 327.
Gründungsstädte II 100.
Grundbesitzverteilung 395. II 360.
367-
Grundeigentümer, freie 2. 3. 4. g-
139. 198. 200. 302. 303. 308 bis
312. 316—321. 330. 335. 338.
398 —
357- 374- 390. 397- 399- ü 2. ii.
24—27. 64. 65. 185. 186. 258.
Grundeigentümer in den Städten
II 125. 130. 176.
grundherrliche Theorie 1 — 3. 15.
26. II 65. 131. 168. 175. 366. 367.
— Verband 336. 338. 357. 360.
361. II 87. 131.243.
Grundherrlichkeit 191.
Grundherrhches Dienstgut 25 8. 33 1 .
Grundherrschaft 2. 3. 4. 7. 8—12.
15—20. 22. 24. 66—68. 117. 118.
131. 147. 160. 219. 223. 256.
261 — 265. 271—273. 290. 291.
302. 305. 308. 309. 315 — 317-
320. 323. 325. 326. 329. 330.
334- 336—338. 340- 346- 347-
354-362. 372. 373. 383. 385.
389—402. II I. 7. II. 12. 14. 25.
bis 27. 29. 30. 33. 41. 42. 44. 48.
50—54. 60—65. 94—99. 112,
114. 163—169. 172—175. 178.
186. 188. 218—221. 223. 227
bis 232. 261—264. 266. 268. 283.
287. 321. 342. 343. 347. 358.
361. 362. 363. 364. 367. 372.
— geistliche 80. 81. 130. 160. 196.
198. 201. 202. 204. 218. 223.
224. 226. 228. 229. 232 — 236.
245. 250. 251. 264. 265. 268 bis
270. 283. 289. 290—293. 309.
310. 312. 320—328. 390. 397
bis 401. II 36. 38. 42. 45. 47.
51. 52. 65. 133. 143. 173. 244.
245. 255. 257. 259. 367.
— königliche 22. 80. 81. 109. 131.
133. 160. 175. 193. 196. 197.
202. 224. 228. 232 — 236. 245.
251. 263. 266. 293. 371.
— — in den Städten II 125 — 129.
— weltliche 80. 81. 130. 192. 228.
245. 251. 293fE. 300. 301. 303.
309. 310. 312. 314. 320. 321. 324.
326—328. 394. 397—401. II 47.
52. 66. 171. 258. 287. 366.
Grundherrschaftliche Leute II 165.
— Organisation 318.
Grundherrschaftliche Produktion
II 214.
Grundhörigkeit 272. 276.
Grundrente 218. 283. 313. II 287.
— Steuer II 348.
— zins 197. II 147. 273.
Günzburg a. d. Donau II 115. 116.
Guerard 6. 45—47. 52. 57. 62. 67.
69. 70. 86 — 88. 90. 91. 93. 143.
157. 160. 162. 171. 193. 261.
273- 283. 329. 340. 343. II 45.
50. 221. 230. 243. 272. 281. 291
bis 293. 300. 301. 303. 306. 308.
309. 312. 338.
Gürtelschnalle II 145.
Güterbeschreibungen 93. 55.
Güterbock, K. 52. 67. 71.
Gütergleichheit der freien Volksge-
nossen 332. 333.
Güterumlauf II 187. 271.
— Verzeichnisse 84. 93. 99.
Guilhiermoz 227. 294. 314. 360.
n 312. 313.
Gumpertus, homo Ubere conditio-
nis (Fulda) II 58.
gunna II 152.
Guntchramn, Edikt (585) II 16.
— pactum G. et Childeberti (587)
II 16.
Guntfrit (Lorsch) 261.
gurges 154.
Gurk, curtis i. Kärnten 258.
Guthe II 196.
Gutmaim, F. 22. 254. 270. 301. 307.
312. 318. 319. 328. 332. 334.
335- 338. 339- 353- 354- 357 bis
359. 364. 366. II 6. 8. 55. 75.
Gutsherrschaft, s. auch Gutswirt-
schaft 143. 263. 321. 323. 324. 366.
Gutsnachbarn 368.
— verwaltimg 84. 182.
— Wirtschaft 141. 264. 282. 320..
326. 355. II 220. 364.
H.
Haarkräusel II 140.
babitacula II 155.
399 —
Habsburger II 246.
Hacken II 142.
Hadamar, Abt v. Fulda (929—951)
II 162.
Hadrian I. Papst II 182.
Häberlin 277.
Händler II 86. 130. 132. 136. 137.
219. 241. 247. 249. 278. 281,
285. 321. 344.
Häpke II 149. 194. 195.
Häusler 358.
Hafemann II 242.
Hafer II 250.
Haflf, K. 67. 74. 125. 127. 175. 193.
197—199. 202. 211. 212. 217.
238. 249. 264. 301. 305. 331.
343. 366. 373. 374. 388. 396.
397. II 24. 30. 45. 86. 131. 223.
347-
Hag 359.
hagastalt s. Haistalden.
Hahn, B. II 207. 219. 284—286.
Haina, Markt (Würzburg) 365.
Haistalden, Hagestolze 359. 360.
II 90. 91.
Halban-Blumenstock A 379.
Halberstadt, Bistum 237. II 108.
— viUa II 123.
Halbfreie II 36. 41. 65. 130. 363.
Halfenbau 277. II 26.
Hall i. Tirol II 183.
Halle a./S., Stadt II 113. 183.
Hallstadt b. Bamberg II 103. 112.
197.
— i. Salzkammergut II 200.
Hälogaland (Norwegen) II 190.
Hambmg, Bistum II 108. 116. 123.
132. 190. 326. 327.
— Stadt II 196. 368.
— suburbium II 116. 123.
hamedii 97.
Hammelburg, Fiscus (Fulda) 139.
389-
Hampe, Th. II 145.
Handdienste 345.
Handel 8. 9. 13. 184. 287. 289. 290.
324. 325. II 46. 89. 95. 96. 99.
112— 116. 125. 131. 136. 186 bis
199. 205. 207. 209. 211. 214
bis 220. 230—235. 240 — 242.
250. 253. 254. 259. 267. 276.
277. 280. 281. 282. 285—287.
321. 335- 337- 345- 3S6. 365.
367-371-
Handelsfreiheit II 234.
— gesellschaften II 287.
— Großhandel II 190.
— Konsuln II 197.
— leute s. auch Händler II 90. 194.
196. 198. 214. 356.
— münze II 317. 338.
— niederlassung II 97. 198.
— platze 288. II 193.
— Politik II 188. 286.
— schiffe II 298.
— Stationen II 112. 203. 206. 217.
— Straße II 195 — 198. 203. 204.
— verkehr II 134. 195. 199. 200.
206. 208. 210. 212. 218. 219.
229. 235—237. 242. 259. 319.
326.
— vertrag II 195.
— wäre II 149. 206.
Handschuhe II 152.
Handschuhsheim bei Heidelberg
(Lorsch) 249.
Handwerk 16. 17. 23. 36. II 46.
102. 138. 139. 153. 160. 161.
166. 169—176. 185. 218.
Handwerker 75. 154. II 86. 87. 129.
138- 159—177-
— freie II 167. 168. 170. 178.
— Fronhofs- II 168.
— leben TL 162. 166.
— Markt- II 168.
— schule II 162.
— Stätten II 174.
— verbände II 177. 178.
Hanf II 146.
Hannover 296. 345. II 105. 120.
196.
Hansa II 113- i37- 184. 207.
— Städte II 219.
Haussen, G. 7. 345. 346. 353-
400
Hantgemal II 76.
Hardradus (Fulda) 136.
haribannitores 322.
Harnack, O. II 209. 210.
Harster 105. 1 11 — 113. 219. 221.
254. 262. 264. 291, 300. II 146,
229.
Hartmann, Graf (815) 126. II 226.
— L. M. 20, 24. 117. 275. 276.
284. 292. 367. 370. 371. II 204.
Hartwich, Bischof v. Passau (840
bis 866) 102.
Hartwig II 136.
Harun al Raschid II 210.
Harz, Gebirge II 196.
Hasack II 157.
Hasselt II 145.
hasta ferrea II 140.
Hathumod, hl., v. Gandersheim
II 144. 150.
Hauck, A. 93. 202. 214. 313. II 4.
. 108 — HO. 126. 127. 135. 210.
325- 357-
Haupthöfe s. auch villa capitanea
160. 245. 291. II 99. 100. 152.
162. 163. 188. 220. 253.
Hauptmann, L. 221.
Hausdiener, unfreie 320. II 51. 130.
Hausgesinde II 86.
Hausgüter, karolingische 64. 169.
171. 173. 174. 188, 189. 190.
294.
Hausierhandel II 259.
Hauswerk (Gewerbe) II 148. 161.
367.
Hauswirtschaft, geschlossene 1 2
bis 14 23. 180. II 95. 173. 175.
186. 187. 254. 259. 268. 365.
Havet, J. II 46.
Heberollen s. auch Urbare 85.
Heck, Phil. 21 — 23. 78. 201. 314.
316—319. 340. 366. II 31. 44.
54 — 86. 92 — 94. 291. 299. 301
bis 303. 305. 306. 314. 315. 318.
328-334.
Heckestat (Lorsch) II 271.
Heden, Herzog (Fulda) 139.
hedi 153. 154.
— annotini 153.
Heerbann, heribannus 324. II 2.
13. 20. 21. 129. 132. 275. 349,
Heeresabgabe II 266. 267.
— dienst 191. 227. II 20. 362.
— fahrt II 197.
— pflicht II 21. 23. 272.
— Straße II 195.
Heermalter II 266.
— Schilling II 266.
Hegel (Carl) 43- 278. 369. H 38.
98. lOI. 105. HO. III. 126. 169.
Heigl, P. 371.
Heiliges Land II 210. 367.
— Steuer II 352. 369.
Heilkräuter 51. 52.
Heim werk II 164. 171.
Heinemann, 0. v. 58. 95. 97.
Heinrich L, Deutscher König II 97.
117. 118. 175.
— IL, Deutscher Kaiser II 63.
Heito (Mondsee) (817) 106.
Heldmann, C. 271.
Helfrichus (Schäftlarn) II 256.
Heliand (c. 830) altsächsicher II
104.
Hellweg (i. Westfalen) II 196.
Helmstädt 68.
Hemmingen (Weißenburg) II 146.
Hengste 40. 324.
Hennig, R. II 113.
Heppenheim (Lorsch) 389.
herbae medicinales s. Heilkräuter.
Herberge II 223. 224. 226.
— sdienste II 205. 225.
— pflicht 71.
heredes 368.
Heribertus, Vater d. Bertrada, Ge-
mahlin Königs Pippins 134.
Herirat (Lorsch) 376.
Heristal, Pfalz i. Belgien 188. II
196.
Hermann Billung 311.
Hermelin II 148. 152.
Herrengut 131. 261.
— hof s. auch Fronhof 258, 283.
401 —
296—98. 319- 320. 340. 341- 39i-
394. II 171.
Herrenhufe 315. 320. 345. 355.
— land 257.
herrenloses Land 140. 192. 293.
351. 354. 365. 371. II 353.
— mansus s. mansus dominicatus.
Herrieden, Kloster 181. 195.
Herrschaft s. Grundherrschaft.
— gewalt II 67.
— leute II 27. 30.
Hersfeld, Kloster 82. 85. 87. 135,
136. 138. 171. II 44.
Herzöge II 366. 373.
Hesselbach (Fulda) II 182,
Hessen 140. 249. 271. 306. 387. 388.
II 146. 151. 154. 180. 182. 195.
Heufuhren 83.
Heusler, A. 23. 97. 123. 169. 321.
376. II 2. 97. 110. 124. 125. 167.
347- 353- 354-
Heuwieser II iii. 122. 125, 127.
Heyd II 206. 207. 209.
Heydenreich 102.
Heyne, M. 359. 11 138. 140. 142
bis 145. 150—154. 157—160. 163.
168. 172. 180. 186.
Hide, Großhufe d. Nordgermanen
342.
— hida ad geldum, fiskalische Hide
344- 349-
Hildebrand, R. 329. 346. 363 bis
366. 376. 377.
Hildesheim, Bistum II 108.
— Stadt II 120.
Hildibald, Bischof v. Worms II
374-
BüUiger 23. 382. II 293. 296. 297.
299. 302 — 312. 328—335.
Hincmar, Bischof v. Laon (858 bis
876) 160. 346. 349. 352.
— Erzbischof v. Reims 160. 164.
165. 258. II 93. 128. 129. 272.
Hintersassen d. Grundherrschaften
54. 118. 163. 175. 193. 198.291.
314—316. 322. 332. 347. 360.
391. II I. 25. 51 — 54. 60—67.
74. 90—94. 112. 124. 129. 142.
146. 152. 154. 157. 161. 165.
174. 223. 228. 230. 232. 246.
268. 347. 363. 367. 369.
hirci 153. 154.
Hirsch, H. 94. II 13.
Hitherius, Kanzler II 182.
Hitto, Bischof v. Freising (811 bis
835) HO.
Hhdbeki s. Luebbecke.
Hlisgau 298.
hoba 256. 328. 330. 331,
— nobilis 340.
— salica s. Salhufe.
hobae ad curtem 331.
— dominicales 315.
— possessae 316. 332.
Hochhausen (Weißenburg) II 146.
Hochverrat 122. 125. 132.
Höfe 259. II 269
Höfer 393.
Höngg, Chorherrenstift (Schweiz)
1143.
Hörige 5. 122. 135. 272. 297. 298.
332. 337- 338. 399- n I. 5. 27.
29. 36. 42. 43. 50. 102. 124. 145.
146. 149. 161. 167. 169. 174. 215.
367-
— Leistungen der 80.
Hörigkeit 17. 276. II 63.
Höxter (Westfalen) 249. 301.
Hof des Herrschers (Königs) II 22 5
249. 273. 323.
Hofbeamte 41. 164. 165. 167.
— genossenschaft 362. 394. 398.
— gesellschaft 167.
— guter 43. 50. 71.
— halt 189.
— kapelle 65—67.
— land 256. 317—321.
— marken 385. 391. 398. 401.
— recht 16. 19. II I. 102. 167.
— — hche Leihe 18.
— — hche Theorie 23. II 96. 98.
100. 102. 174.
— Stätten s. areae.
— Verfassung 391. 395.
D 0 p s c h , Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit. II. 2. Aufl.
26
— 402 —
Hof Verwaltung 164.
— zins 201.
Hohlmaße s. auch modius II 308.
3"-
Hohstat a. Rhein, abgekommen
(Lorsch) II 123.
Holm 81.
Holstein 256.
Holz II 222.
— fuhren II 229.
— gewerbe II 157. 158.
— handel II 199.
— lese 389.
holzmarcha 364.
Holzschuhe II 158.
Homeyer II 76.
homicidium 33,
hominess. auch Leute 149. 150. 322.
— monasterii 288. 289.
— regii 1 1 8.
homo Francus II 79. 80.
— ingenuus II 79.
Hönau, Kloster II 234. 276. 345.
Honigproduktion II 200.
honor = Lehen 327.
honorati viri 323.
Hoops 267. 304.
Hopfen II 200.
Horchheim (Worms) 178. 258. II
hordeum II 340. [269.
Horheim (Lorsch) 258. II 269.
Hörn, Stadt i. Nied. - Österr. 291.
Hornbach, Kloster 158. 390. 400.
II 44-
horreum 115.
hortus s. auch Gartenkultur II 173.
hospites 275. II 50. 215. 249.
— hospitum domos II 50.
hospitia i. Städten II 131. 214.
hostem facere II 22.
hostis s. boves 112. 116. 11 147.
hostilicium II 271.
Hraban, Abt v. Fulda (822 — 842)
iio. II 25. 28. 119. 153. 155. 162.
hrachatom (Fulda) II 172.
Hrodberti s. auch gesta H. (Salz-
burg) II 127.
Hrodhericus (Fulda) 328.
Hroswind, Witwe (Freising) 375.
huba s. auch mansus 168, 258.
— in dominico, indominicata 1 1 4.
IIS.
— ingenuilis 340.
— integra 343, 348,
— legalis 343.
— legitima 343.
— lidorum 116. 117.
— plena 343. 348.
— servilis 114. 115. 117. 256. 257.
262. 340. 347. II I.
Hubald, vita s. Lebuini II 19^.
Hübner, R. 97. 103. 106—108. 123.
124. 209. 236. 362.
Hühner, Zins 40. 152.
Hüllmann, K. D. 2. 187.
Hülsen, F. 249.
Hünen- oder Frankenburg bei
Rinteln a. W. II 154.
— Knappen b. Dolberg (Westfa-
len) II 154.
Hünfeld b. Kassel 135.
Hufe 131 — 136. 149. 167. 199. 250.
254. 259. 272. 273. 277. 280.
286. 296—298. 305 — 366. 384.
394. 402, II 18. 41. 68. 174. 222.
228. 231. 350. 360. 364.
— dienende 320. 347. 355.
Hufen, unbesetzte 262. 264. 266.
— bauern, freie 396.
— einteilung 347.
— fuß 335-
— läge 261.
— maß 349.
— Ordnung 7. 329. 336. 354. 360. 394
— splissen 358. 359.
— System 354.
— verfassung330. 344.345. 355. 357.
Hummel, ON. (Freising) II 200.
Hundertschaft 363. 386. 387. 396.
Hundezucht 40.
Hundt, P.N. 92.
Hungersnöte 249. 252. 274. 277.
281. 283. 310. 324. 369.
— Steuer II 309.
403 —
Hunolt presbiter (Freising) II 276.
Hunt II 13.
hurie, hurlant i. Sachsen 201.
Huvelin II 236. 240. 241.
Huy, Stadt II 196.
I.
Jacob, G. II 124. 183. 190. 196.
199. 207. 211. 218.
Jäger (ministeriales) II 128.
Jagd 188.
— folge, Recht der 374.
— recht 177.
— regal II 353. 371.
Jahresabgaben s. dona annua.
Jahrmärkte II 239
Jan V. 247.
Janßen, J. 32.
Ibn Kordadbeh II 191. 206.
Jecklin II 201.
Jerusalem 41. II 210. 274.
Ihho (Mondsee) 217.
Ilanz (Schweiz) II 201. 267. 303.
315. 320.
Ile-Barbe, Kloster 400.
Ilgen, Th. 156. 255. 274. 301. 331.
339. 364- 365. 393- II 76.
illustris f. nobilis II 72.
Ilwof 15. 45.
Imbart de la Tour 194. 266. 287.
II 30.
Immobiliareigen II 75.
— prozeß 238. 252.
— verkehr II 258. 275.
Immobilien II 369.
Immunität 4. 5. 15. 16. 19. 118. 149.
150. 163. 173. 239. 240. 259.
265. 273. 274. 306. 398, 400. II
I. 5. IG. 22. 43. 45. 53. 63. HO.
125. 130. 133. 135. 223. 224.
235. 237. 238. 343. 351. 352.
357- 372.
— Beamter 158.
Imperium 56. 57.
Imphy, Münzfund v. II 294.
Importhandel 289.
Inama- Sternegg, K. Th. v. 7—9.
20—23. 29. 30. 33. 36—39. 58.
78—92. 122—134. I40- 141' 152
bis 156. 160—163. 179— 191. 195.
202 — 205. 210. 211. 218. 219.
224. 226. 244-255. 259. 261 bis
278. 281—283. 287. 289. 291 bis
295- 300— 303- 307- 308- 312.
317. 319. 320—322. 325. 329.
331 — 333. 340-348. 351 — 354.
358-361. 368. 377. 379. 386.
391-400. II 2. 6. II. 17—20.
23—26. 31. 32. 36. 42. 45. 60.
65 — 67. 86. 87. 90. 96. 97. 131.
139—142. 145. 146. 149. 152 bis
158. 162. 164. 171. 179—189.
194. 198. 211. 214—216. 219 bis
222. 226—229. 234. 236. 240 bis
251.. 253. 259. 262. 266—268.
278. 279. 286. 289. 290. 295.
297. 300. 305. 307. 312 — 319.
325- 332. 335- 337- 338. 355-
inaures II 144.
incendium 33.
inculta 269.
Inden s. Kornelimünster.
Indiculus Arnonis (Salzburg) 82.
84. 86. 99. 102. 175. 223. 240.
248. 295. II 4. 72. 73. 116. 127.
179.
Indien II 206.
indigenae II 249.
Infidelität II 353.
Ingelheim, Pfalz 11. 160. 185. 187.
188.
ingenui, freie 139. 257. 327. II 168.
268.
— freigelassene II 16. 41. 48. 49.
51- 55-59- 77-84-
ingenuitas, integra, latina, melior,
plena, respectabilis, sub patro-
num II 48.
Ingoltestat II 123.
innobiles II 67.
Innung II 177.
Inquisition 80. 240. 373. 389. 390.
II 72. 113.
26*
404 —
Inquisitionsrecht 243. 244.
inservire s. auch Verknechten II 88.
institores, Krämer II 132. 136. 217.
Institutio canonicorum (816) 99.
Intendanten, königl. s. iudices.
introitus 154.
— Verbot des 149. 150, II 235.
Invaliditätsversorgung 217. 307.
Inventarisierung der kgl. Fisci 57.
58, 80. 88. 91. II 153.
— der kgl. Benefizien 88.
— Kirchengüter 94.
Inzest 123.
Joachim II 116. 123.
Joch, Maß 341 — 351.
Jonium mare II 198.
Josephus, episcopus Frising. 269.
Iren II 195.
Iris, in Lothringen (?) II 183.
Irland II 4. 149. 192. 203.
Irmengard, Königin, Gem. Lud-
wigs d. Fr. 63.
Irminon, Abt d. Klosters St. Ger-
main des Pr6s 52. 87. 88. 90.
Iroschottische, Missionkirche II 4.
203.
Isanperht, Priester (Freising) 347.
isen-coufo, isin-choufo II 186.
Isländer II 192.
IsoUerung, ökonomische 302. 303.
355- 356.
Israel, alt, Land II 14.
Istrien II 209.
Italien 6. 24. 25. 42. 44—46. 80.
87. 124. 132. 133. 137. 167. 169.
170. 185. 213. 216. 223. 225.
242. 244. 246. 250. 253.
265. 271. 275—280. 284. 292.
323. 333- 339- 343- 367- 372.
393. II 70. 12. 28. 30. 32. 34.
44. 45. 50. 89—91. 94. 141.
148. 187. 190, 200—211. 215.
219. 230. 261. 283. 290. 309.
310. 319. 320. 322. 335. 349.
350. 368. 370. 371.
iter agentes 325.
Itzehoe, Burg a. d. Elbe II 118.
iuchos 154.
Jud, J. 47. 48. 50. 78.
Juden 168. 279. II 90. 130. 131.
194. 206. 208. 213. 219. 233. 249.
277. 280. 284. 285. 336. 344.
345. 349- 356. 369.
— Privilegien II 136. 230.
iudex, iudices, Domänen-Amtleute,
Intendanten 10. 32. 35, 38. 39,
41. 42. 54. 57. 59. 61. 62. 65. 66.
70. 74. 140. 145. 146. 152. 157
bis 159. 163—166. 173. 178. 179.
181. 322. II 35. 92. 222. 284.
324- 338-
— Richter II 14. 16. 129.
Judith, Kaiserin II 205.
Jühch: comitatus luliacensis II
III.
Jümieges 88.
Jütland 304. II 191.
Jullian, C. 128. 363. II 207,
iumentum 92. 153. 154. 325. II215.
Jung, Julius II 208.
iuniores, der iudices 35. 41. 59. 157.
159. 166.
— der duces 323.
— im Handwerk II 162.
Jura, Berner 388.
Juritsch, G. II 199.
iumales 112. 115. 155, 342. 346. 347.
Justinian, Kaiser 81.
Justirung (Münze) 11^ 295. 315.
336. 370-
K.
Kämmel, 0. 123. 194. 195. 352.
Kämmerlinge II 92.
Kärnten 264. 297. 298. II 181.
Kaisten, civitas i. Schwaben II 115.
Kalenbergische Hufe
— Morgen 349.
Kalischer, E. II 182. 183. 196. 201.
222. 233. 234.
Kalkbrennereien II 157.
Kaltensundheim i. Thüringen (Ful-
da) 250.
Kämmerer, kgl. 167.
405 —
Kammer, kgl. 167. 168. II 344. 345.
— knechte II 345.
— wesen 346.
Kandem i. Breisgau (Lorsch) 120.
II 181. 262.
Kanzleisprache, karoUngische 48,
Kapital 13. 14. II 279. 280.
Kapitalismus II 54. 286—288.369.
— Geld- II 263. 272.
— naturalwirtschaftlicher
Kapitalistische Betriebsform 320.
Kapitelsgut 233.
Karabacek, Jos. II 211.
Karawanenmärkte II 100.
Karcher II 142. 168.
Karden, civitas i. Moselgebiet II
115.
Karitative Zwecke 326.
Karl, d. Sohn Karls d. Gr. II 204.
— d. Kahle, König 177. 178. II
115. 118. 162. 273. 320. 338. 344.
— III. 199. 274. 345. 352. 365.
367. II 132. 135. 173. 239. 269.
293- 350-
Karlesburg, civitas II 119.
Karlmann, Sohn Ludwigs d. D.
(t 880) II 112.
— Sohn Karls d. Kahlen II 249.
Karl Martell 294. II 5. 23. 127.
Kassel 296. II 121.
Kastanien 44. 50.
— bäum 78.
Kastelle s. auch castrum u. Burg
II 106. 115. 125. 128.
Katasterangaben 348. 349.
Kauf 205—207. 325. 353. 369. II
195. 213. 232. 235. 240. 241.
243. 245—248. 255 — 261. 268.
271. 280. 317. 369.
— fahrer II 137. 194.
— kraft des Geldes II 243. 305.
— leute 168. 289. II ICD. 103.
104. 125. 130—133. 136. 137.
149. 189—198. 201. 209. 213.
219. 241. 248. 287. 344. 368.
— recht II 132. 133. 136.
Kaufmann, G. 9.
Keller II 156.
— meister II 91.
Keltenzeit II 115.
Kempten, Kloster 73. 93. 94. 199.
299. 390. II 67. 93. 183. 200.
222. 346. 352.
Kermes, vermiculum 48.
Kerner, A. 44. 47.
Kerolt, ministerialis homo (Salz-
burg) II 92.
Kerrl 1711. 172. 174.
Kessel II 142.
KesseUng, Kloster 134.
Ketten II 142.
Keussen II 123. 133.
Keutgen, Friedr. 20. II 92—94.
98. loi. 120. 121. 129. 138. 139.
161 — 164. 168. 169. 175. 177.
227—229.
Kichererbse, cicer arietinum 49.
Kiersy, Pfalz 135. 185 — 188.
— Synode v. K. (858) 186. 322.
Kießelbach II 190. 319.
Kievermunt, Kloster II 4.
Kiew II 199.
Kinderling 76.
Kindlinger i.
Kinzheim b. Schlettstadt (St. De-
nis) 135.
Kirchenfeste II 115.
Kirchengut 70. 80. 86. 147. 202. 203.
226. 227. 228. 312. 313. 400.
401. II 23. 24. 209. 215. 226. 351.
— einbüßen 236. 299. 300.
— entfremdung 216. 224. 235.
— verkauf 225.
— Vermehrung 312.
— Verschleuderung 216.
— Verzeichnung des 80. 86. 94.
Kirchenrecht, germanisches 64.
— schätz
— — Verzeichnung des 89. 90.
— väter II 14.
Kirchweihmärkte II 114.
Kiriu (Lorsch) 120.
Kissingen, Kizzeche, curia (Fulda)
264. II 142. 181. 183. 185.
— 4o6 —
Klausur II 173.
Kleider, Kleidung II 147. 149. 151.
169. 170. 174. 259. 261. 262.
, 275 — 277. 285.
Kleinasien II 13.
Kleinbauern, unabhängige II i. 24.
Kleinschilling II 301.
Kleinwirtschaft, freie II 53. 361.
Klientel, bischöfl. 307. II 37.
Klöster II 366.
Klostergut 235.
— markte II 114.
— Ordnungen II 160.
— reform vom J. 817 (aniani-
sche) 93. 97. 99. 100. 110.
Klumker II 147. 149. 192. 193.
Knapp, G. Fr. 320. 329. 333. 336.
346.
Knechte II 34. 35. 40.
— flüchtige 8. II 28.
Knochenhauer 250.
Kober II 147. 165. 168.
Koblenz 246. II 107. 115. 116.
Köche II 160.
Köhler, W. 96.
Köhne, C. 16. 185. 372. II loi.
167.
Köln, Stadt 185. II 103. 106. 123.
133. 155. 176. 198.
Koenen II 154. 155.
Königin 30. 56—60. 63. 141.
Königsbann II 22. 239.
— boten s. missi dominici.
— dienst II 226.
— eid II 178.
— friede II 134.
— gut 21. 28. 34. 38. 43. 53. 54.
64. 66. 71. 72. 74. 75. 81. 82. 128.
137 — HO- 149- 151- 157- 160.
163. 170. 173. 175 — 179. 190.
192. 193. 196—198. 202. 300.
304. 351. II 273.
— höfe s. Palatien u. curtes regiae.
— hufe 297. 298. 347-352.
— recht II 353. 359.
— Schenkung 238.
— schütz 168. 242. II 72. 79. 90.
131. 132. 134. 135. 240. 345.
349- 352.
Königswald 54.
— zins 94. 119. 198 — 202. 34S.
Kötter 358. TI 364.
Kötzschke 23. 57. 87. iii. 201. 202.
237. 248. 249. 254. 255. 263.
264. 280. 301. 307—309. 318.
320. 323. II 9. 96. 164. 197.
211. 253. 266. 267. 291.
Kolmar, viUa II 121. 122.
Kolonat 275. II 50. 60. 363.
Kolonen 4. 63. 258. 272. 275. 279.
282. 300. 315. 322. II 27. 28.
32. 34. 35. 43. 51. 63. 316.
— freie 277.
Kolonenarbeit 272.
Kolonisation 194. 196. 266—271.
281. 302. 304—306. 320. II 4.
351- 353- 363-
— innere 374.
Kolonisationsland 346. II 364.
— süddeutsches 349.
Koloquinte 45. 48. 78.
Konfiskationen des städtischen Ge-
meindegutes (4. 5. Jh.) II 126.
Konfiskationsrecht des fränkischen
Königs 123 — 125. 132. 165. 169.
176.
Konjunktur II 369.
Konkurrenz, fremde II 179.
Konrad I., König II 42.
Konradiner, fränkische Herzoge II
127.
Konsensbriefe s. Lizenzbriefe
Konstantin d. Gr., Kaiser II 46.
Konstantinopel II 188. 191.
Konstanz, Bistum 200. II 312. 327.
368.
— Stadt 185. II 103. 106. 117,
Konstanz der Werte II 243. 245.
305. 368.
Konsumption 13. 288. II 253. 259.
Kontinentalsperre (England) 790.
II 194.
Kontrolle d. Verwaltung, kgl. 166.
Konzilsgesetzgebung II 294.
— 407 —
Kopfbedeckungen, kostbare II 144.
Kopfsteuer II 348. 351.
Korn II 249. 264. 265.
Kornelimünster, Kloster 93. 98 bis
lOI.
Kornhandel s. Getreidehandel.
— Wucher II 286. 290. 324.
Krämer II 136.
Kramer II 151. 152. 154.
Krammer, M. II 297. 306.
Krankenunterstützung II 179.
Krause, V. 58. 166. 167.
Kiemsmünster, Kloster 269. 390.
Kretschmayr, H. II 199.
Kreuznach, Keltenort a. Rhein II
IIS-
Kreuzzüge II 267.
Krieger, A. 248.
Kriegsausrüstung 37. 61. II 140.
— dienst 277. II 22. 67. 90. 93.
94. 272.
— — pflicht II 18. 19. 27.
— Verfassung 191.
— wagen 61. 62. 141.
Kroaten II 209.
Kröcher II 61. 63.
Krongüter s. auch kgl. Güter 22.
53. 80. 82. 124. 127—133. 138.
140. 141. 144. 161 — 165^ 168.
169. 178. 194. 294, 299. 355.
Küche, arbeiten in II 160.
Küntzel, G. II 99. 338. 339. 341.
342.
Kürschner 11 151. 152.
Küstenschutz II 211.
Kulpa, Fluß II 199-
Kultgerät, kirchliches, Verzeich-
nung des 89.
Kulturmelioration 281.
Kunstgewerbe II 142. 144. 148.
154. 158. 169.
Kunststickerei II 150.
— Übung (Plastik) II 202.
Kupfer II 143.
Kurländische Städte II 113.
Kurland II 189. 191.
L.
laborare II 256.
— ad medietatem s. Halfenbau.
laboratus 182.
lac (Getränk) II 160.
Ladenburg II 107. 115. 122.
Lagehide 344. 349.
Lagny, i. d. Champagne II 205.
Lahngau 296. II 181. 185.
Laienaristokratie 237. 311. 313. II
85. 126. 355. 373.
— bevölkerung 313.
— gewalten, — mächte 312. 313.
321. 322. 397. 398. 400. 401. II
25. 26. 373.
Lampe II 153.
Lamprecht, Karl 10. 16—22. 29.
42. 82 — 84. 87- 117- 131- 132-
134. 140. 142. 145. 146. 152 bis
157. 160. 161. 165. 166. 182.
186. 187. 189. 202. 245—247.
253—260. 263—267. 270. 273.
276 — 282. 287. 291. 293. 300 bis
302. 309. 311. 339. 340. 343.
348. 349 — 351- 353- 359- 367-
372. 377. 384. 386. 392. II 2.
17. 18. 36. 86. 88—91. 95. 187.
214. 221. 222. 226. 228. 244.
253- 259. 347.
lana II 146. 164. 165.
Landau, G. 2. 255. 256. 265. 329.
338- 343- 345- 349- 353- 364-
365. 367. 386. 387. 392. II 2.
17. 36. 187. 252.
Landesherren II 99.
Landgemeinde II 99, 137.
— theorie II 97. 99. 102.
Landhandwerker II 164. 165.
— hide 344.
— leihe 19. 265. 271. II 50. 52.
363-
— lose Leute 251. 269. 282. 311.
359-
— nutzungsformen, freie 19. 272.
280—282. 328.
— recht II 134.
— Schenkungen 15. 123. 143. 294.
— 408
lantsidileo 271. 273.
Landwirtschaft 44. 52. 67. 141. II
89. 95. 174. 366.
— gerate II 140.
laneus II 146. 147.
Langethal 44. 60. 157. 330.
Langobarden 124. II 159. 169. 200.
201. 208. 370.
— langobardisches Recht II 42.
Langres, Bistum 135. 297. II 204.
239. 351-
Languedoc 296.
anium vestitum 347.
Lantfrid (Fulda) II 172.
Laon II 206.
lapides preciosae s. Edelsteine,
lapidium II 156.
Lare (Lorsch) 117.
laten s. lazzen.
La Tene-Zeit II 156.
Lathufen 358. .
Latifundien 218.
latrocinium 33.
Lattes 370.
Laubach, i. Elsaß (Weißenburg)
247.
— Kloster s. Lobbes.
laudaticum II 213.
Laufen (Bayern) II 180.
Laureshamensis codex s. Lorsch.
Lauriacum II 103. 112.
Lausanne II 204.
Lavanttal i. Kärnten II 181.
Lavetzstein II 156.
lazeshubae 1 1 7.
lazzi (serviles) II 55. 59. 60. 62.
Lebensmittel II 285.
— handel 325.
Leblanc II 309.
Lebuin, hl., s. Hucbald.
Lechner, Job. II iio. 127. 131. 135.
326. 357.
Jectaria 146.
lectum 153.
Leder II 151. 152. 206.
legationes s. Gesandtschaften.
— soniare II 224.
Leges diversorum Romanorum 96.
Legunitia vallis (Chur) 258. 279.
Lehen s. auch Benefizien.
— kirchliche 299.
— ministerialische 281.
— bücher 118.
— leute 285. II 220.
— träger II 273.
Lehmann II 296.
Leibeigene II i. 45.
Leibrentenkontrakte 216. 217.
Leibwache des Königs, milites ex-
pediti II 93.
Leibverträge II 160.
— zucht II 50. 151.
Leicht 25. 279. 333. 368. 370.
Leidrad, Bischof v. Lyon 92.
Leiheformen, freie 282. II 50.
— — unfreie II 50.
— gut 75.
— land 255.
— verböte 235. 239. 299.
— — b. Schenkungen 234.
— — b. Traditionen 213. 234.
— Verhältnisse 125. 218.'
Leihgestern i. Hessen II 154.
Lein (Zins) II 263.
Leine, Fluß II 193.
Leinenweberei II 147.
Leinwand, Leinengewebe II 145.
169.
Leistungen 54. 62. 80. 118. 178.
181. 275. II 135. 347. 369.
Lemans, Bistum 171. 172.
Leo III., Papst 28. 58. 68. 96. II
204.
Leopold VI., Herzog v. Österreich-
Steier II 71.
Lesne 25. 270. 279. 290.
Leuchtturm II 205.
leudes II 322. 331.
leudus 96. II 16.
Leute, abhängige II 226. 235.
Levillain 52. II 86.
Levison, W. 99. II 195.
Lex Alamannica 96.
— Alamannorum 96. II 296. 335.
409 —
Lex Angliorum II 77. 81.
— Baiuvariorum 374. 377. II 69.
70. 72. 74. 200, 295, 296. 335. [84.
— Chamavorum s. Ewa Ch. II 80.
— Frisionum II 77. 327. 328. 332.
334-
— Gombata 72.
— Ribuaria 96, II 49. 80—82. 84.
272. 295. 296. 299. 305. 307.
331- 333- 334-
— Romana 72. II 42.
— — Curiensis 192.
— Salica 72. 77. 96—98. 379—383.
II 83. 293—303. 310. 322. 331.
— — tit. de migrantibus 379.
— — tit. de reipus 380,
— Saxonum 126. II 59. 60. 76.
bis 78. 327. 332. 333.
— Theodosiana 96.
— Visigotorum II 90. 230.
Lexis II 279.
Leymarie 218. 276. II 30.
Lezardiere II 19.
libellarii 284. 11 45.
libelli 275.
über commutationum (Freising)
220. 223.
— possessionum Edelini abbatis
Wizzenburgensis 1 1 1 .
liberare II 42.
liberi (homines) s. freie 138. 140.
192. 322. 323. II 22. 44. si. 55
bis 61. 63. 68. 71 — 82. 228. 231.
liberi = Freigelassene II 61. 62.
libertas II 41. 48.
— melier II 46.
libertaticum II 48.
libertinitatis obsequium II 46 bis
48. 58.
libertinus s. libertus.
libertus II 16. 48. 49, 55 — 63. 75.
82. 83. 92. 231.
Liborius s. translatio II 107.
libra s. Pfund
lidonis s. litus II 58.
Lieferungsdienst II 221. 222. 225.
271.
Liesborn 122.
Liestal 122.
ligna s. auch Holz 116. 373. 398.
Ligneus II 158.
Lille 76.
limes II 105.
Limerickfahrer II 137.
Lindner, Th. 9.
lineus II 147.
Linteresbusen (Lorsch) 115.
ünum 112. II 164. 165.
Linz a. Donau, Markt 291. II 1 12.
122.
Lippe, Fluß 184. II 119.
Liten 273. II 48. 51. 55 — 58. 60.
63- 334-
litimonium II 46—49. 57.
littea diacedrina II 148.
litteras deferre 11 227.
Liudger, Bischof v. Münster (1809)
237-
Liudolfinger II 97.
Liusenbrunnen 121.
Liutfried, Herzog II 349.
Liutprand, laugobardischer König,
(714-744) 80. II 90.
livorasset 97.
Lizenz, kgl. 223. 225.
— briefe, herzogliche 106. 107.
Lizier 25. 169. 271. 276. 280, 366.
377-
Lobbes, Kloster 87. II 94.
Lobdengau 297. 298.
locare 279. II 90,
locella 150.
locus, Besitz (kgl.) 148. 150.
lodices II 146. 148.
Loening, E. 15. 19. 230. II 5. 39.
296.
Loesch, H. v. II 168.
Lohn II 88. 171.
— arbeit 13. II 86. 89—91. 176.
231- 365.
— arbeiter, freie II 86. 130.
— frächter II 231.
— fuhrwerk II 171.
— vertrag, freier II 131.
4IO
Lohnwerk II 164. 165. 171. 367.
Loire 93. II 31.
Loisel 25. 41. 46.
Lokal Verwaltung 166.
Lokys II 207—209.
Lombardei (Reichsgut) 133. II 201.
London II 192 — 194.
Longperier II 294. 327.
Lopodunum s. Ladenburg.
Lorbeerbäume 44. 50. 78.
Lorch II 199.
lorica II 140.
Lorsch, Kloster 84. 102. 104. 107.
108. 114. 117. 119— 121. 137.
170. 174. 206 — 208. 225. 237.
247. 249. 254. 258. 261. 264.
272. 273. 279. 307. 312. 330.
346. 347. 365. 367. 376. II 3.
4. 7. 40. 44. 45. 52. 92. 165. 181.
185. 223. 260. 265. 269. 270. 276.
— annalen II 119.
— Urbar 258. 261. 262. 267. 276.
323. II 183. 340. 349.
Losgüter 3.
Lothar L, Sohn Ludwigs d. Fr. 63.
128. 148. 162. 167. 172. 177.
178. 181. 185. 198. 225. II 19.
21. 22. 170. 202. 210. 237. 241.
322.
Lothar II. II 326.
Lothringen 314. II 88. 182. 183.
185.
Lucca, Bistum 284.
lucrare II 256.
lucrum iustum II 283,
— turpe278. II 198. 212. 278. 279.
282. 285.
Ludolfinger 133.
Ludwig d. Fr. , König v. Aquitanien
53 — 55. 66. 93. 98. 100.
— Kaiser 59—67. 71. 74. 77. 86.
90. 91. 94—100. HO. III. 126
bis 130. 138. 139. 144. 158. 159
163. 167—169. 173. 177. 178
188. 190. 191. 198. 199. 201
221. 225. 235. 236. 240. 242
246. 279. 294. 311. 348. 387
400. II I. 14. 21. 25. 26. 32. 38.
39. 42. 67. 72. 80. 84—87. 93.
108. 112. 114. 128. 135. 136.
147. 150—152. 158. 169. 170.
183. 184. 204—207. 216. 217.
225. 233. 270. 276. 305. 319,
322. 328. 331. 338—340. 343
bis 346. 350. 354. 356. 361. 372.
Ludwig d. Fr., s. Gemahlin 56. 380.
— d. D., König 62. 63. 128. 158.
162. 166. 174. 186. 190. 194.
195. 200. 225. 234. 256. 258.
322. 345. II 112. 128. 141. 145.
154. 169. 183. 195. 202. 224.
273- 284. 326. 350.
— IL 167. 244. 323. 367. II 33.
210. 215. 249. 349.
— III. 344. II 198. 327.
— IV. 163. 167. 350. 352. II 92.
135. 180. 237. 326. 327.
Lübbecke, Hlidbeki, zw. Minden
u. Osnabrück II 105. 170.
Lüders 66.
Lügde b. Pyrmont II 122.
Lüneburg II 120.
Lüttich, Bistum II 107. 109. 122.
149. 153. 278.
— Grafschaft 298.
— Stadt II 196. 203.
Lukmanier, Paß II 201.
Lull, Abt V. Hersfeld 82. 85.
— Erzljischof v. Mainz II 140. 149.
152. 153-
Luna, Stadt II 208.
lunulae (Schmuck) II 144.
Lupi 371.
Lupus, Herzog II 37.
Luschin 23. II 19. 65. 69. 74. 75.
201. 267. 292 — 295. 297 — 299.
300. 303. 311. 313. 315. 317.
318. 320. 339. 341.
lutum II 155.
Luxus II 144. 145. 148, 149. 152.
169. 285. 318. 320. 368.
Luzzatto, G. 26. 80. 213. 246. 250.
253. 265. 276. 280. 284. 339. 343.
370. II 28. 32. 45. 50. 209. 349.
411 -
Lyon, Bistum 92.
— Gau 296. II 237.
— Stadt II 90. 150. 206. 236.
M.
maalman II 63.
Maas 187. 188. II 193. 196. 206.
Maastricht, Stadt II 106. 107,
Mäcon, Konzil v. (585) II 16. 27.
Madrie Gau (Frankreich) 296.
Mägdewerk II 271.
Mähren II 199.
Mälaren (Schweden) II 191.
Magdeburg II 112. 113. 116. 117.
133. 196.
— St. Moritz-Kloster II 182.
magister, Aufseher (der kgl. servi)
41. II 177. 178.
— Aufseher d. Gewerbe 178. II
132. 177.
Maguelonne 296.
Magyaren iii. 353.
Maienfeld a. Rhein (Schweiz) II
202.
Mailand 73.
Main, Fluß 187. 194. 304. II 198,
— gau 296.
— kanal II 188.
— land 308.
Mainz, Stadt 115. 135. 137. 183
185. 202. 280. 291. 358. II 103
106. 112. 125. 133. 140. 155
167. 168. 170—172. 176. 193
198. 217. 222. 229. 231. 249
277.
— Güterverzeichnis (Lorsch), Be
renstrazza, Munzergazza, Nan
zenburgedor, Stockburgedor 121
— Gutshof i. Erfurt 32.
Maiordom II 23. 359.
maiores s. Meier,
maiores s. Große.
Maitland 349.
maldros 279. II 264. 265.
Maler II 163.
Malerei II 157. 159.
malleator II 162.
mallus II 1 1 4. 115.
Malz II 161,
— bereitung II 165.
Man, de M. II 320. 328. 329.
mancipia 61. 102. 154. 217. 273.
307. 316. 325. 332, 376. II 28.
29. 33. 40. 51. 261. 264. 275.
— Ansetzung auf kgl. Gütern 61.
— descriptio 80.
— flüchtige 322. II 42.
— infra domum II 5 1 .
— in hobis 328. II 51.
— intra curtem 316. 328. II 51.
— non casata 321. II 276.
— saUca II 51.
— Tradition von — 109. 217. II 9.
mancusen II 310.
Mandelbaum 50. 78.
manducare II 163.
manicae II 140.
Mannfall 192. 231.
manopera II 32.
manoperarii 285.
mansio = Station II 227.
mansionarius 277.
mansionaticae (prendere), Herbergs-
dienste 71. 189. 322. 323. II 225.
mansiones (Dienst) 173. 323. II
224. 225.
mansioniles 134. 152 — 154. 262.
mansuarii 179. 328. II 51. 224.
mansus s. auch Hufe 135. 152. 254.
256. 259. 279. 296 — 298. 311.
316- 331- 339- 344- 345- 35°.
II 222. 256. 273.
— = Hof Stätte 339.
— absus 284. 285. II 45.
— ad curtem 316.
— indominicatus s. auch Herren-
hufe, Salhufe 135. 257. 258. 262
bis 264. 314. 315. 320. 327. 331,
340. 341. 353. II 256.
— ingenuiles 115. 116. 275. 284.
285. 319. 327- n 45.
— lidiles II 45.
— servilis 83. 116. 258. 275. 284.
318. 319. 328. II 45.
— 41^
mansas restitus 2S4. 11 51.
— — CTzm colonia 339.
>IanteI 11 149. 24S. 36S.
maaiumi5sio ad ecclesiam II 40.
ilaralioruin mercatus II 113.
marca = Bezirk 135. 154«
marca commtmis s. Mark.
— sÜTatica 364.
MarceUini et Petri translatio 11 1 1 4.
19S. 217.
^plaxchfutter 11 266.
marchit 375.
marco, aJ, Justirong II 295. 311.
315-
Marcnlf s. Formeln.
>larderfelle II 152.
margila II 32.
S. Maria in Organo (Verona) II 32.
Mark, gemeine 7. 21. 54. 131.
302. 305. 306. 322. 337. 344.
346, 352. 353. 360. 361—363.
365— 367. 369- 372— 401- 1X256.
364- 365-
— gemischte 396. 402.
Markensetzung 3 38. 390. 392.
Markgenoäsenschaft 333. 355. 360
bis 402. n ^i. 186. 360. 365.
— losung 2^5-
— teilung 398.
— wald 361. 391. 394.
3Iark = Grenzland 122.
mark silber gewegens II 317.
Markt 320. 324. II 35. 36. 96—104.
111 — 117. 122. 131. 132. 136.
141. 149. 165. 167. 168. 170.
.175. 176. 180, 183. 186. 190.
194. 198. 199. 212. 218. 221.
222. 229. 232. 235 — 242. 245.
248. 249. 259. 277. 288. 291.
316. 340. 342. 343. 344. 353.
356. 357- 366. 368. 371,
— frevel II 239,
— friede II 103.
— gerichtübarkeit II 239.
— läge n 305.
— recht II HO. 1 11. 130. 135. 237.
372-
Marktsteuer II 240.
— theorie 11 97. 100, 103.
— verkehr 325. n 132. 18S.
— Zölle n 233. 237.
— zwang H 240.
Marokko 11 206.
Marsal (Lothringen) 2S8. II 1S2.
iS3-
Marschhufen 351.
Marseille 11 206— 20S.
Martin, h., Kirche (Modena) 241.
St. Martin s. Tours.
Martiny, R. 301.
masnerius 277.
massani 284. n 45.
Maße 75. 77. 334. 343. 346. 350.
n 99. III. 129. 216. 244. 250.
312. 324. 338. 339. 340. 341.
342- 371-
— Burg n 340.
— hpf - (Kasten) II 244. 340.
— Stadt - n 244. 340.
Maßtricht, Pfalz 1S5. II 203.
Masudi, arab. Reisender 11 124.
21S.
materiam cedere 322. 373. 398.
— emere II 87. 170.
Matthäi n 114. 202. 203. 213 — 215.
217 — 226. 236.
Mattiggau 299.
Mattighofen, Pfalz 185.
Maulbeerbäume 44. 50. 77.
Mauren 47—49. 62. 11 208.
Maurer, G. L. v. 2. 15. 22. 24. 29.
30. 33. Si. 82. 130. 131. 141.
163. 167. 179. 180. 244. 253.
254. 264. 272. 302. 329. 335. 362
bis 364. 372. 374. 379. 381. 384.
385- 387- 392. 395- 396. n 2.
17. 36. 95. 99. 102. 137. 138.
161. 164. 167. 173. 187. 188.
197. 252.
— Konrad 79. 11 177.
Mauretanien 49.
S. Mauricius (Schweiz) II 156.
Mauriscus s. pisos.
Mautbücher 11 247.
— 413 —
Mautern, Markt a. d. Donau II 113.
115. 241. 248.
S. Maxence, bei Senlis II 205.
Maximalpreistarife II 250. 278.
St. Maximin, Kloster (Trier) II 13.
Mayer, Ernst 42. 301. 305. 306.
308. II 72. 79. 213. 240. 296.
297- 349- 350-
— Theodor II 242. 247.
Meaux, Prov. Konzil (845) 209.
Mecklenburg 256. II 113. 191.
S. Medard (Soissons) II 276,
medietarii, ad medietatem laborare
s. Halfenbau.
mediocres 38. II 22. 67.
Medizinalpflanzen s. Heilkräuter.
Meersalz II 184. 248.
Meerzwiebel (squilla) 47. 48. 78.
Meginold (Lorsch) II 256.
Meichelbeck 84. 90.
Meier, maiores s. auch villicus 36. 38.
39. 157—160. 245. II91— 93. 220.
— amt 280.
— höfe 41. 156. II 259.
MeiUs, curtis (Chur) 155.
Meineide II 301. 302.
Meister, AI. 19. 363. II 30. 136.
Meister s. magistri.
Meitzcn, A. 7. 329. 332 — 336. 346.
348-350. 352. 356. 357. 360.
385- 392.
Meli, Anton 343.
Melle II 325.
melscada II 160.
Mclun, Gau 296.
Mömontois, Gau 138.
Mcmorialzins bei Verjährung der
Unfreiheit II 43.
Menadier II 327.
mensa, kgl. Tisch 181.
monsae dominorum II 163.
mensura s. Maß.
mcrcada, mercata, mercatus s.
Markt.
— advocare II 238.
— constituta II 240.
niercarc II 198. 233. 235. 316.
mercatores II 197.
mercatorium ius s. Kauf leuterecht,
mcrcedes compilare II 171. 231.
mercenarius II 88. 90. 231.
Mercien II 149. 194.
mercimonia II 195. 198. 201. 205.
Meresche, Merische s. Morsch.
Mergenstat (Lorsch) 116. II 340.
merita acolanorum 274.
Merkel, Joh. 96. 97. 377, II 77.
Merowinger 79. 102. 123. 239. 294.
II 4. 13. 285. 348. 354. 355. 359.
merowingisches Finanzrecht 79.
— ingenuus II 56.
— Münzen II 297. 303. 324. 369.
370.
— Reich II 281. 2S2.
— Volksrechte II 77 — 79.
Merowingerzeit 88. 144. 218. 224.
275. 290. 305. 308. II 3. 15. 19.
23. 27. 28. 32. 37. 39. 106. 109.
III. 117. 122. 125. 131. 135.
172. 184. 188. 191. 192. 246.
291. 293. 303. 320. 321. 322.
330- 336. 343- 348- 359- 361.
371-
Merseburg II 117.
Mersenveld (Lorsch) II 269.
Mertloch (Rheinprovinz) II 145.
merus (denarius) II 316. 324.
Messe 288. II 114. 195. 235. 236.
239- 259. 366.
— markte II 239.
— westfränkischo II 192.
Messer 73. II 140.
Messingindustrie II 143.
messis 322.
Metallgcwerbe II 139. 158. 168.
— geld II 280.
metallum Gcrmanicum (Münze)
n 325.
— novum II 325.
Metallurgie II 139.
mctani 97.
metcre frumcntum 115.
Mettlach, Klostor 237.
— Rolle (Urbar) 87.
— 414 —
Metz, Bistum 171. II 106. 179.
182. 221. 231. 247.
— Peterskloster 147.
metzen, metreta 343.
Meurthe, D6p. 298.
Meyer, Ed. II 12.
Meyer, M. 249. 301.
Mietzins 13.
St. Mihiel, Kloster 288.
Miliacus, fiscus (Aniane) 389.
Militärdienstpflicht 335.
inilitares II 94.
milites 118. 286. II 67. 93. 94.
Milo (Schäftlarn) II 256.
— vita S. Amandi II 203.
mina II 185.
Minden, Bistum II 63. 108.
Minderfreiheit II 63. 78. 81, 82.
84. 85.
ministeriales 37. 146. 154. 157.
165. 166. 173. 280. 281. 323.
II 71. 91—94. 128. 129. 228,
— comitis II 167.
— ius m™. II 92.
ministerium 33. 34. 71. 118. 142.
144. 152. 159. 163. 164. 190. 286.
II 91. 92. 224. 225. 324. 338.
ministrare 181.
ministri 245. 254. II 88. 239.
— reipublicae II 167.
minores homines II 230.
minuti argentei 11 293.
missaticum, facere 116.
Mißernte 290. II 249.
missi II 234.
— dominici 55. 58. 82. 86. 89. 98.
135. 165. 166. 168. 173. 176.
181, 185, 189, 190. 225. 252.
310. 324. II 20. 21. 29. 34. 42.
44. 79. 92. 112. 161. 197. 213.
225. 278, 279.
— rei publicae II 316.
Miteigentum der coheredes 373.
384.
mitio 300.
mitra II 144.
Mitteldeutschland 249. 327.
Mittelmeer 47. II 188.
Mittelrhein 312.
Mobiliarbesitz s. Fahrnis.
Mobilisirung des Grundeigentums
251—253. II 281.
— militärische II 19.
Mode II 149. 248. 368.
Modena 241.
modius, Hohlmaß 77. 153. 155. 261.
343. II 167. 264. 265. 277. 281.
312. 324. 338. 340.
— aequus II 167.
Moeller, E. v. II 79.
Morsch, Marisco (Lorsch) 115. 119.
Moser, J. I. 329.
molendina s. Mühlen.
Molinhuso (Hersfeld) 138.
molinum 154.
Momenheim (Lorsch) 116.
monachus S. Gallensis II 140. 143.
145. 147. 148. 151. 154. 155.
159. 160. 163. 171. 177. 181.
194. 211. 249. 274.
Mondsee, Kloster 105 — 107. 217.
365. II 7. II, 185. 160. 260. 269.
moneta nova II 328. 339.
monetarius II 294. 336.
Monod, G. 94. 128. 287. II 15.
moniha II 144.
monopolisiren II 287.
Montafon, Tal II 179. 180.
Moore 304.
moras facere II 233. 235.
Mord II II. 18.
Morgen, Maß 341 — 351.
Moritz, St., Agaunum (Schweiz) II
156. 204.
Mosel, Fluß 188. 263. II 119.
— gau 296.
— land IG. 245. 247. 265. 300.
339- 343- 344- 384- H "S- 214.
Moyenvic (Toul) II 173.
Much, R. II 172.
Mühlbacher, E. 9. 40, 57. 59. 60.
93- 94- 99- 122. 124. 125. 127.
128. 130. 134. 167. 171. 172.
187, 225. II 14. 26. 114. 187.
415
197' 219- 253- 272. 274« 285.
297- 352.
Mühlen, molendina 285. 372. II
160. 166. 173. 340.
Mühlhausen (Hersfeld) 135. 138.
Mühlheim a. Main, Markt II 114.
Müller, W. II 139. 167. 168, 177.
178.
Münster, Bistum II 108,
Münster i. Gregoriental, Kloster II
236.
Münstereifel, Kloster II 326.
Münstertal II 200.
Münze 9. 22. 382. 383. II 76. 80,
86. 122. 136. 190. 199. 237. 267.
268. 273. 276. 289—296. 299.
301. 302. 307—318. 321. 323 bis
327. 330—333- 335- 336. 338.
339- 344-357- 369—371. [37°.
— feingehalt II 301. 314. 321. 336.
— funde II 195. 201. 253. 267.
289. 294. 315. 328.368.
— fuß II 289. 292 — 295. 307. 309.
311. 314. 315. 322. 323. 326.
336. 337- 370.
— recht II 110. III. 114. 133. 135.
136. 326. 336. 372.
— regal II 267. 336. 337.
— Verrüfe II 313- 317. 337.
Muette, i. Nassauischen (Fulda) II
181.
Muff II 152.
muli 62.
multones 76.
mundare, säubern (Acker) 374.
Mundbriefe 126.
mundeburdium 127. 306. II 6. 9.
II. 41. 48. 59. 60. 63. 65.
Mundlinge, freie II 50. 62. 75.
Munirichestat, Maennerstadt (Ful-
da) II 123.
Munus divinum (Münze) II 321.
328. 334.
Mur, Fluß 350.
Muratori 370.
Murbach, Kloster 256. 288. II 44.
Muren sia s. Acta.
Musterwirtschaften 80.
Muttermarken 388.
N.
Naab, Fluß II 103. 112.
Nabecourt b. Beauzee (Frankreich)
76.
Nachbarn 375. 377, 380 — 382. 389
bis 391. 400.
Nachbarzeugnis 240, 373. 377. 378.
389. 390.
Nachfrage II 242. 245. 247. 250.
368.
Nachmünzung II 322.
Nachrichtenbef Order img II 227.
229.
— dienst II 222.
Nachthandel 325. II 212. 215.
Näherrecht, der Hintersassen {tiqo-
ri/j.i]aig) 383-
Nahegau 297.
Nahrungsmittelgewerbe II 160.
Nannenstuhl, villa (Lorsch) 261.
Nantes II 207.
Narbonne II 206.
— narbonnensisch II 194.
Nassauische, das 249.
Naturalkompensation 224. II 258.
— leihe II 282.
— leistung II 261. 264. 270.
— Produkte 13. II 269. 272.
— tausch II 259. 369.
Naturalverpflegung 59. 181.
Naturalwirtschaft 6. 9. 180. 218.
II 96. 134. 250. 253 — 255. 260
bis 262. 266. 268. 271. 272. 275.
280. 284. 286. 288. 290. 316.
335- 369.
— zinse II 262. 264. 269.
naufragare 34. II 4.
nautor II 231.
naves II 117. 171; s. auch Schiffe.
— salinariae II 241.
— transvectoriae 62.
navigare 115.
navigia II 208.
S. Nazarius s. Lorsch.
— 4i6 —
Neapel II 208. 209.
Nebenhöfe 3. 152. 160. II 220. 245.
253-
necessitas s. auch Eigenbedarf 288,
II 233 — 235.
Neckar, Fluß 246. 267. 300. II
114. 122.
negociare, negotiare 289. 325. II
194. 210. 231.233. 234. 283.
negotiatio II 237.
negotiatores II 117. 132. 195. 201.
210. 213. 241. 273. 282. 283.
negotium 278. 325. 326. II 212,
232. 240. 241. 268. 278. 282.
nemus 373.
Nersten (Lorsch) 115. II 267. 271.
Neubruch 122. 268. 274. 356. 359.
375. II 27.
Neuchinger Dekrete (772) 11 40. 69.
Neufreie II 65.
Neugart 95.
Neukorvey, Kloster II 326.
Neuland 302.
Neumagen, civitas i. Moselgebiet
II 115-
Neumann, Max II 278. 279, 281.
285.
Neumayer 366.
Neurisse s. Neubruch 274.
Neuß, Keltenort (Rhein) II 115.
198.
Neustrier II 86. 88.
— rische Denare 11 303.
Nevers, Bischof v. (630—655) 80.
Newcastle, Kloster II 143.
nichtbehauste Leute 360.
Niddagau i. Hessen II 183.
Niederaltaich, Kloster 84. 89. II
70.
Niederdeutschland 386.
— lande II 203. 205.
— ländische Städte II 191. 219.
— Österreich 291. 297. 353.
— rhein 156. 249. 255. 267. 274.
301. 308. 312. 327. 330. 339.
393. II 146. 202.
Niedersachsen 278. 305. 393. II 155.
Nießbrauch 105. 107. 108. 118. 214.
223. 255.
Nikolaus I., Papst II 372.
Nimes II 207.
Nimwegen, Pfalz 185. 187. II 115.
251. 277.
Nithard, Geschichtsschreiber 191.
II 55. 60.
Nitzsch, K. W. 5. 8. 9, 23. 29. 80.
179. 184—186. 189. 2S7. II 94.
138. 167. 187. 188. 227. 228.
Nivelles, Abtei II 184.
Niwenheim (Lorsch) II 271.
Niweren (Lorsch) 117. II 271.
Nizza II 207.
nobiles 305. 312. 316—318. 396.
n 54—59- 64—77. 334-
nobiliores II 59. 67. 94.
Noirmoutier (Vend^e) II 184.
nomisma II 268. 314.
nona, Neunt II 23. 24. 26.
Nonantula, Kloster 172. 241. II
33-
Nordfrankreich 46. 48. 51. 52. 67.
77. 93. 285. II 182. 202 — 204.
230.
— Ostfrankreich 42. 99. II 205.
— Westfrankreich 189.
Nordgau 298.
Nordgermanen 342. 344. 347. 349.
396. II 181.
nordgermanische Mark 388.
Nordhausen 195.
Nordhoff II 152.
nordischer Handel II 192. 321.
Nordländer II 192. 211. 368.
Nordostschweiz 17. 18. loi. 204.
205. 247. 268. 300. 307. II 255.
Nordsee II 112. 113. 189. 190. 204.
Nordwestdeutschland 249. 278. 305.
349. II 48.
Normandie 46.
Normarmen II 88. 141. 192—194.
273. 318.
Normannensteuer 327. II 79 (866).
317 (866 u. 877). 348. 352. 369.
Norm träger II 76—78.
417
Noronte, villa (St. Denis) II 236.
Northumberland II 192.
Nortmanni s. Normannen.
Norwegen II 190 — 192.
— ische Kaufleute II 191.
— ische Münzfunde II 321.
Notitia, Beweisurkunde II 70.
Notitia Arnonis Salisburg. s. Indi-
culus
Nouveaux Riches II 287.
Novaesium s. Neuß.
novalia s. auch Neurisse 274. 389.
Novavilla, fiscus (St. Seine) 138.
Noviliaco, villa 258. II 272.
Noviomagus s. Nymwegen.
Noyon II 283.
Nüsse 44.
nuncius, Bote II 227.
Nutznießung aiif Lebenszeit 204.
Nutzung am gemeinen Land 366.
368. 373- 389- 400- 402.
Nutzungsrechte am Gemeinwalde
364-
— a. d. Mark 322. 374. 384. 390.
391. 396. 398.
Nymwegen s. auch Capitular v. N.
II 122.
(T.
Oberbayern 308.
Oberdeutschland 385. II 198.
Oberhöfe s. auch villae capitaneae)
3. 141. 180.
Obermärker 361.
Obermulinheim, Seligenstadt a./M.
II 236.
Oberösterreich 105 — 107. 217. 291.
365-
Oberrhein II 146. 204. 368.
Oberschwaben 196.
Oberwesel, civitas a. Rhein II 115.
obnoxiatio II 11. 282.
obsequium, Hulde, Treue II 10. 46.
48. 57.
— = Dienst, Verwendung 153.
190. 322. II 355.
Ochsenhandel 325.
Dop seh, Wirtschaftsentwicklung der
Ochsenwagen II 355.
ocrea II 140.
Odbert, Bischof v. Straßburg (907
bis 913) II 327.
Odenwald 296.
Odilo, bayr. Herzog 84.
Oechsli 139. 198.
Ödland 266. 367. 388. 389. II 369.
Oehlmann II 202. 215.
0£Ea, König v. Mercien II 149. 194.
215.
öfEentliche Gewalt II 33.
— Meinung II 243.
Österreich 31. 259. II 13. 71. 75.
341-
— Deutschösterr. Länder 392.
— Nieder- 352.
— Urbare 114. II 244. 246.
Oetting, Kapelle zu II 239.
— Pfalz 185.
Officina II 172. 173.
officinelle Pflanzen s. Seilkräuter,
officiolum II 172.
officium 146. 163. II 163. 177.
Okkupation, gemeinsame, v. Grund
u. Boden 402.
olca 269.
oleum II 201.
olfactoriola II 144.
Olive 50.
Olonna, Pfalz i. Italien 148. II 279.
olsiricum II 262.
opera fictilia, Tonwerk II 155.
opera, Arbeiten 116. 323. II 89.
90. 222. 230. 270,
— cottidiana 258.
— servilia 226. II 228.
operare 323. II 163.
operarios conducere II 87. 170. 270.
opifex II 154.
Oppenheim (Worms) 178. 250.
— P.N. 26.
oppidum II 106. 116. 121 — 123.
127.
oppignorare II 282.
oppressiones 323. II 14. 16. 31.
88. 222.
Karolingerzeit. II. 2. Aufl. 27
— 4iö —
optimates 53.
opus 322.
— aeris et vitri II 154.
— dominicum 70. 115. 258. II 164.
— nostrum (regis) 31. 33. 70.
134. 135. 175-177. 181. 186.
— proprium II 164.
— regis II 268.
— facere 322. II 87. 170.
— = Handwerk II 163.
Orbe II 204.
ordeum 153.
ordo ingenuUis II 10.
Orgelbau II 158.
Orient II 148. 188. 190, 206. 208.
209. 274. 280. 368.
Orleans II 114.
— Konzil (538) II 282. 283.
Orobiotae, Griechen II 208.
orphani II 14.
Ortona II 209.
osa, Kleid bII 149.
Osnabrück, Bistum 301. II 108.
326.
— Stadt II 117.
Ossero (Cherso) II 209.
Ostdeutscher Kolonisationsboden
320.
ostelbisches Rittergut 320.
Osterhofen, Pfalz 185.
Osterstufe 115. 116. 120. II 267.
269. 349.
ostfälische Stammlande II 97.
Ostfränkisches Reich II 216.
Ostheim 195.
Ostmark 123. 266. II 43.
Ostsee II 113. 189— 191. 193. 196.
— länder II 190. [368
Otakar, Graf (Goß i. Steiermark)
350.
Otfried v. Weißenburg (c. 868) II
104. 180.
Otgar, Lehensmann Karls d. Gr.
(Fulda) 135.
Othmar, hl. (St. GaUen) II 157.
Otte II 143.
Ottenthai, E. 94.
Otto I., König 86. 201. II 132. 133.
180. 182. 373. 374.
— III. II 43. HO. 132. 133
Ottonen 133. 151. II 2. 96. 109.
HO- 357- 372-
— zeit 151. 262. II 201.
Ottonische Privilegien f. Städte II
97. HO. III. 133. 135.
Oulx, Kloster 87.
ova, Zins, s. auch Eier 287.
ovile 154.
P.
pabula, s. auch Futter 63. II 215.
Pacht 276.
— zins 13.
Pactus Alamannorum II 295. 296.
— pro tenore pacis 511 — 518) II
28.
Paderborn, Bistum II 108. 196.
pagani 113. II 88.
pagenses 173. 372. 373. 398. II 21.
32.
pagus 80. 154. 161. 325.
palas 153.
Palatien 3. 16. 40. 41. 54. 55. 59.
61. 71. 128. 141. 142. 148. 160.
165. 168. 176—189. II 97. 98.
loi. 121. 122, 128. 171. 224.
227. 261. 323*— 325. 338. 339.
350.
palea II 249. 275.
palla II 146.
pallia II 150. 346.
panis 112. II 161. 265.
— coctus II 167.
— mensurabilis II 167.
pannae integrae II 275.
— novae II 262.
Pannonien 123. 194. 195.
Papiensis Über II 66.
paraferedi, Frondienste 83. 115. 116.
179- 323- n 222—227.
parafridi, societas II 137. 178. 224.
226.
Paramente II 142.
paratas exquirere 179. II 224.
parciaricia, Teilbau 276.
419 —
Paris, Prov. Konzil (829) 224. 226.
278. II 232. 248. 286.
— 288. II 114.
— gau 296.
— Stadt 202. II 124. 205. 206. 218.
Parisot 188. 314.
partes regis, ad 175. 176. 199.
— fisci 193.
pascere bovem 115.
pascua communia 154. 359. 365.
384-
Passantenverkehr II 217.
Passau, Bistum 163. 167. 195. 225.
235- 299- 338. 390. 391- n 40.
43. 107. 109—112. 122. 132. 141.
201. 262. 269. 357. 374.
— Stadt 202. II III. 117. 125.
127. 132. 176. 247.
— Traditionsbücher 102^
— villa publica II 122.
Passierzölle II 233.
pastiones 63.
pastum iumentis 173. 398.
patella II 185.
patena II 143.
Patetta 73. 74. 197. II 353.
Patricklegende 11 4.
Patrimoniums. Petrii. Sizilien II 13.
patrocinatus obsequium II 46. 48.
patrocinium 306.
patronati onus II 46. 48.
Paulinus v. Aquileia II 308.
pauperes s. Armenll 14. 16. 31. 75.
224.
Pauperismus 218, II 248.
Pavasianis villa i. Gau Lyon (Vi-
enne) II 236. 237.
Pavia II 204. 346.
pavones 146. 153. 154. II 148.
peculium 153. II 275.
pecunia, Habe 11 264. 276. 279.
282.
— Geld n 283. 284.
pecus II 275. 276.
pedissequus 154.
Peitschen II 152.
pelles II 247.
pelles avium II 148.
pelhcium II 152.
Peltzer II 143.
Pelusium II 206.
Pelze II 152. 190.
— werk II 211. 247. 368.
pensa 153.
pensam, ad 11 273. 274. 317.
pensare 93. II 268. 294. 299. 308.
314. 323. 324. 336.
percussura proprii nomismatis II
326. 356.
perdices 146.
peregrinus. Fremde II 88. 345.
— Pilger II 194.
Pereis, E. 11 23. 25. 26.
Pergament 73.
Pergamenter II 152.
pergere cum carris II 221.
— in hostem 112, 113. II 21.
periuria II 300.
Perserkönig II 208.
Personaldienste II 271.
pertica 154.
Pertz 57. 88. II 324.
St. Peter i. Rom II 182.
petia II 256.
petiola de uno manso 357.
— vineae 376.
petra carr., Steinfuhren 116.
— nigra II 156.
Pfävers, Kloster II 201.
Pfalz s. palatium.
— beamten 165.
— guter i. d. Städten II 127.
— markte II 132.
— münzen II 325.
— Ordnung s. Hincmar v. Rheims.
— Städte II 98. 124.
Pfand II 284.
— leihgeschäfte II 284. 285.
Pfau, Bälge II 148.
Pfeddersheim nw. Worms (Gorze)
II 231.
Pferde s. auch paraferedi II 215.
261—263.
— futter 128. II 212. __
27*
420 —
Pferdehandel 324. 325.
Pfirsiche 44.
Pfirsichbäume 77.
Pflanzenkultur 43. — 50. 53. 100.
— Verzeichnisse 51. 77.
pflegloses Land 276. 281. 282.
Pflüge II 140. 142. 263.
Pflugfronden s. corvadae.
Pforzheim, civitas II 115.
Pfründner s. praebendarii 40
Pfund, libra 310. II 275. 291. 294.
299- 307—318. 329. 336. 346.
Philippi II 139. 164,
Phönix II 148.
Phumanus (Lorsch) 376.
Piacenza II 239.
pictura, Maß 116.
Piemont 133.
St. Pierre de Beze, Kirche II 351.
Pigeonneau II 206.
pila s. Walkmühle.
Pilger II 194. 202. 203. 215. 343.
— fahrten 216.
Pilgrim, Bischof v. Passau II 374.
Pinchart II 143.
Pihgsdorf II 155.
Pinien 44. 45. 50.
Pippin, fränkisch. Hausmeier II 23,
319-
Pippin, König (751 — 768) 79. 80
88. 125. 126. 129. 134. 148. 149
159. 170. 178. 198. 213. 224
278. II 5. 23. 84. III. 132
195. 210. 232. 234. 239. 291
294. 295. 297. 300—305. 307. 312
315- 323- 336- 337- 342. 343- 370
— Sohn Karls d. Gr. II 21.
Piraten II 208.
Pirenne II 150. 205.
Pisa 371. II 208. 219. 368.
pisces s. Fische.
pisile 77.
pisos 153.
— Mauriscos 47—49. 78.
Pistes, Edikt (864) 322. II 32. 88.
118. 129, 167. 291. 299. 316.
323- 338- 343- 351. 356.
pistores II 167.
Pistorius 102. 207.
pistrina, pistrinum 146. II 173.
Pivano 25. 223. 276. 278.
pix 62.
placitum, Gerichtsverhandlung378.
II 234-
— Gerichtsort II 115.
plana 76. 153.
planium (Münze) II 322. 327. 370.
Planta 198. 258.
Plastik II 139. 202. 208.
Plath, K. II 154. 156.
plaustra II 217.
plebes 323.
plebium 181.
plenitudo potestatis des fränkischen
Königs II 353.
plumbum s. Blei.
Po, Fluß
— handel II 204.
pocula II 155.
poculares 153.
Pöhlmann, Rob. II 54.
Poelman II 192. 193.
Pöschl, A. 203. 286. 401. II 94.
125. 128. 234—237.
Poitiers 178.
poledrarii II 91.
poledros 153. II 271.
— annotinos 153.
— bimos 153. 154.
Polen II 199.
polepticum publicum II 348.
nohg II 123.
Polizeigewalt i. d. Städten II 128.
— taxe II 250.
Polyptycha,— on 79. 80. 87. 88.
II 32. 221.
Poncelet II 206.
Pontarlier II 204.
pontaticum II 213.
Popiniagas (St. Denis) 135.
Populonia II 208.
populus minor 323.
porcelli 153.
porci, Zins 153. 154.
— 421
porcorum sagina 398.
porcos nutrire 113.
portarius II 230.
portaticum II 213.
portio de fiuvaida 371
— bei Halfenbau II 26.
— hereditatis 250.
— de manso 332,
— de Silva communi 366. 367.
portitores II 217.
Porto Venere (Hafen) II 208.
portura legitima II 210. 240. 241.
portus civitatis 326. II 1 12. 1 17. 234.
possessores, freie, i. d. Städten
(Trier) II 125.
Post II 225. 226.
— dienste II 225.
— schein (evectio) II 215. 225.
potentes, potentiores 38, 39. 54.
65. 66. 159. 323. n 14. 16. 31.
67. 274. 352.
potentia, Herrschaftsgewalt II 67.
potestas commutandi 221.
— tradendi II 72.
potestativi homines II 73. 74.
Poupardin 176. 299. 314. II 207.
praebendarii 183.
Prägung s. Münze,
praesidium II 118.
Prag II 199.
prata s. auch Wiesen 63. 116. 154.
322. 323. II 256.
— defendere 63.
precationes, Abgaben 63.
praeclarus s. auch nobilis II 72.
Precaria 15. 19. 74. 75. 102 — iio.
127. 173. 193. 196. 197. 206 bis
209. 212—219. 223. 227 — 236,
256. 258. 265. 268. 269. 271 bis
275. 282. 312. 319. 338. 340.
357- 359. 398- II 33- 4i- 5°.
89. 166. 244—246. 257. 264 bis
266. 270. 363. 368. 373.
— data 197. 215. 217. II 50.
— oblata 109. 125. 197. 223.
— remuneratoria 109. 212. 216.
265. 271.
Prekaristen 282. II 51. 64. 369
predium 148. 149.
Preis 13. 324. II 16. 87. 170. 187.
230. 242—252. 256. 261—264.
270. 275. 278. 282. 283. 286.
290. 304—306. 317. 319. 368.
— Engros II 245.
— reduktion II 304.
— Satzung i. d. Städten II 286.
— taxen II 251. 285. 286. 368.
— treiberei II 286. 369.
— werk II 168. 170. 171. 367.
Prenzel 62.
prepositus 166.
Prestarien 103— 1 10. II 33.
pretium s. Preis.
— iustum n 251. 278.
Preuschdorf (Weißenburg) 247.
primores 53.
Privateigentum a. Grund u. Boden
361.
— an der Mark 365.
— an Mühlen 372.
— am Wald 364.
Privatgüter des Königs 71. 172.
— Urkunden loi. 220.
probare II 299.
procura tores villarum regiarum 158.
— fiscalium rerum II 349.
Produktenhandel 287. 11 219.
Produktion 13 II 112. 253. 259.
263. 366.
— für den Markt 324. 325.
Produktionsüberschüsse 8. 179. 182.
186. 288. 289. 315.
Pröpste (Ministeriales) II 128.
Profit II 287.
proprii II 51.
Prou, M. II 195. 290.291. 294. 296
bis 299, 302. 309. 311—323. 325.
Provence 299. 314. II 208.
Proviant 128.
— wagen II 152.
Provins II 205.
Provinzialverwaltung 161.
provisor villarum regiarum 161.
166.
— 422 —
proximi, Verwandte 377.
Prügelinstrumente II 152.
Prüm, Kloster 134—136. 169. 171.
241. 246. 283. 285. 389, II 44.
90. 231. 234. 238. 247. 269. 271.
326. 391.
— Urbar v. 893 82. 83. 1 11 — 113.
115. 117. 119. 199. 245. 255.
260. 261. 276. 280. 291. 323.
333- 359- n 160. 161. 165. 226
bis 229. 234.
publicae domus 185.
publicae res s. Staatsgut.
Puciolis (St. Denis) 135.
puellae II 222.
pulli 153. 154. 287. II 264.
pulveraticum 326. 11 213.
Purpurgewänder IT 148. 206. 211.
putrellae (bimae, trimae) 92. 154.
Pyrenäen 41.
Q.
quadragesimale 35.
Qualburg, civitas b. Cleve II 115.
Qualitätsunterschiede (Preis) II
248.
Quedlinburg, St. Servaz, Nonnen-
kloster II 132.
Quellen, warme (zu Aachen) 184.
188.
St. Quentin 93.
Quentowic = Etaples II 112. 191.
203. 205.
QuiUing II 154.
Quitten 44.
Quitzmann II 69.
R.
racio 147.
Radaniten II 206.
RadolfszeU 291.
Räte des Königs II 91.
Rätien 258.
Raffelstädten (Zollordnung v. c.
905) II 112. 113. 199. 200. 216.
241. 248. 267. 356.
Ragaz, curtis (Chur) 155.
rahhat, rahcat == granarium, chom-
hus II 172.
Rahhilt (Fulda) 208.
Rankweil, curtis (Chur) 155. 198.
Ranshofen a. Inn (Pfalz) 178. 185.
II 239.
rapinae II 31.
Rasdorf villa (Fulda) 136.
Ratger, Abt v. Fulda 279.
Rathere de Wormacia, Tradent
(Fulda) 280-
Rathgen, K. II 211. 216. 219.
ratio s. Rechnungslegung 166. 177.
Raub II 18.
Rauhwaren s. Kürschner.
Ravenna, anonymer Geograph v.
II 107. 115. 116.
Rechnungen II 246.
Rechnxmgskontrole 79. 165.
— legung 34. 40. 78. 140. 143.
166. 181.
— weise d. rechtsrheinischen Stäm-
me II 296. 297. 299.
— wert II 280.
Rechtsrheinische Stämme II 295.
296. 299. 301.
— Deutschland II 97.
— Denare II 301.
reclamatio ad regem vel ad ducem
1133.
recondere 116.
redemturia II 11.
Redhch, Osw. 105, 221. 223.
Rednitz, Fluß 194.
Reduktionstheorie II 304.
Reform der Domänenverwaltung
(Ludwig V. Aquitanien) 55. 64.
Reformation Kaiser Sigismunds II
287.
Regalien II 66. 336. 339. 341.
342. 345. 346. 353. 355 — 357-
371-
— recht II 324.
Regensburg, Bistum iio. 183. 195.
312. 390.
— Stadt II II. 103. 104. 106. 109.
119. 120. 168. 196. 199. 201.
423
Regensburg S. Emmeram, Kloster
II 220.
Regiegüter, kgl. 31. 33. 53- 55-
175 — 178. 186. 192.
regina, Königin 56. 58. 59. 71. 165.
Reginald, Chorbischof (842) II 28.
Reginbach (Prüm) 134.
Regino v. Prüm 11 88. 231.
Regulas. Benedict! 270. 290. II 173.
Reichel, Johann 330. 337. 339 bis
350- 353-
Reichenau, Kloster 73. 74. 93 bis
99. 138, 181. 198. II 4. 151.
156. 158. 201. 247. 277.
Reichenhall II 179. 182. 183. 199.
200.
Reichsgut 86. 117. 133. 139. 152.
163. 171. 198. II 349.
— klöster 181.
— regierung 58.
— Schatzamt 167.
— teilung II 275 (806). 325 (843).
190 (86s).
— Urbar 1 1 7.
— Versammlung II 122.
— Verwaltung 58.
— Währung II 335.
Reihendienst II 227,
Reinach II 206.
Reinerträge 40.
reipus s. Lex Salica
Reisende II 212. 215—217. 249.
Reiseverkehr II 215. 217. 226.
Reißenburg, civitas b. Günzburg
a. d. Donau II 115.
Reiterdienst 227. II 67. 68.
Reklamationsrecht 126. II 134.
Rekognitionszins II 43. 47. 269.
Relation d Edelmetalle (Gold,
Silber) II 291. 292. 299.
relaxare in beneficiis 286.
Reliquien II 203. 205.
— handel II 213.
— Schreine II 142. 153. 158.
Reluition d. Naturalzinse i, Geld
II 245. 264. 269—271.
Remagen, Keltenort a. Rhein II 1 1 5.
St. Remi (Rheims) 6. 274. II 45.
Remiremont, Pfalz 188. II 206.
— Kloster II 205.
Renaissance, karolingische II 254.
280.
Renaud 385.
Renier 363. 366.
Rennefahrt 388.
renovatio (cartae) 206.
Renteiwesen 346.
Repartition v. Leistungen 345.
Repräsentationsrecht 163.
Reric, Handelsplatz a. d. Ostsee II
113. 191.
res ecclesiasticae 75.
— ecclesiae s. Kirchengut.
— fiscales 75. 149. 150. 174.
Resbach, Synode v. (798) II 14.
Residenz 184. II 323.
Restitutionen v. Kirchengut II 127.
Reutter, H. II 196. 214.
Revindikation d. Krongutes (c. 852)
194.
Rhätien II 262.
Rhamm 267. . 304. 344. 349. 358.
359. II 90. 91-
Rheims, Prov. Konzil (813) 215.
216. 295. 300. 301. 303.
— Stadt II 204. 206.
Rhein 184. 187 — 189. 263. II 115.
155. 172. 193. 196. 202. 231.
267. 366.
— franken 308.
— gau 345.
— hessen 297.
— land 44. 140. 263. 298. 339.
350. II 154. 181. 191. 335.
— Mittelrheinland 300.
Rhone II 207. 208.
Richard II 325.
— Graf, villarum [reg.] provisor
161.
Richthofen II 77. 298,
Richulf, Erzbischof v. Mainz II 249.
Ridigippi, Kloster 237.
Riemzeug II 152.
— beschläge II 152.
424
Rieti, Michaelskirche 237.
Rietschel, Siegfried 18. 20. 23. 183.
185. 187. 202. 228. 234. 280.
333- 335- 347- 349- 383- H SS-
83. 96—98. 100. 105 — 117. 120
bis 130. 235. 236. 240. 259. 293.
295- 297. 302. 331. 342. 343-
3S3-
Riezler, S. 204. II 199. 319.
Riga, Stadt II 191.
Rigomagus s. Remagen.
Rinaldi 79. 87.
Ringe II 144. 145.
ripaticum II 213.
ripuarisches Recht II 304.
St. Riquier, Centula 90. II 94.
Ritterling II 154.
Riviera II 208.
Roberti 133. 370. 371. 377.
Rocca II 309.
rodaticus 326.
Rodenberg II 117. 176.
Rodung 54. 195. 238. 262 — 270.
281. 293. 302. 306. 311. 312.
358. 359. 361. 373- 389-391.
394- 397- 399- 402. II 27. 364.
365.
Römer 45.
— denare II 295. 296. 311.
— Provinzen 3.
— Schilling II 310.
— Städte II 95. 103. 106. 124. 126.
— Straßen II 214. 365.
— zeit 67. 184. 218. II loi. 103.
115. 132. 156. 189. 288. 314. 350.
römische Kirche, Bischöfe der 64.
— Buchführung 80.
— Pfund II 308.
— Steuerwesen II 347.
— Verjährungsfrist II 364.
— Verkehrswirtschaft II 365.
— Wirtschaftsformen 26.
Roggen II 250.
Rohrscheidt, v. II 286.
Roller 102. 207,
Rom 41. 51. 217. II 4. 194—204.
210. 217. 261. 320. 367.
Rom Konzil v. — (761) 279.
— pilger II 188. 210.
Romulf, Bischof v. Rheims II 37.
Romzüge 216. 217.
Ronciere, de la Ch. II 211.
RorichjNormannenhäuptling II348.
Rosdorf, abgekommen, zw. Passau
u. Linz II 103. 112.
Rose 45.
Rosmarin 45.
Rosse, Abgabe II 272.
Rostowzew II 12, 13.
rotaticum II 213.
Rotation, altgermanische 372.
Roth, P. 7. 15. 19. 126. 127. 130.
142. 143. 191. 192. 197. 212 bis
216. 227. 228. 230—234. 255
bis 258. 291. 319. 320. II 18.
23. 24. 37- 38. 272. 276.
Rothari, Edikt (643) 126. II 89.
Rotthufen 351. 356.
Rottland 194. 268. II 371.
Ronen, Bistum 137. 202.
— Stadt II 193. 202. 203. 205.
Rudolf V. Fulda II 55. 58.
— Markgraf 345.
Rubel, Karl 21. 42. 122 — 124. 128.
131. 140. 169. 171. 184. 195.
201. 237. 267. 270. 304. 346.
349. 363. 373. 385. 388-390.
392. 395- 396. II 27. 55. 119.
120. 155. 196. 229. 347. 353.
Rückforderungsrecht d. Herren II
28. 35.
Rückkaufs vorbehält in Traditions-
urkunden 204. 205. II 52. 256.
260. 261.
Rückübertragung des geschenkten
Gutes s. Precaria.
Rütimeyer II 156.
rufias II 261.
Rugi = Russen II 199.
runcina 76. 153.
Runu (Lorsch) 120.
Rupert, hl. 99. II 179.
— comes (Lorsch) 261.
Russen II 199. 368.
425
russische Städte II 113.
Rußland II 190. 191. 199. 200. 368.
S.
Saale, Fluß II 193-
Saalfelden (Salzburg) 297.
Saar, Fluß II 231.
Saatgut, -getreide 183. 319.
Sachsenland 21. 22. 42. 51. 201
248. 308. 314. 318. 319. 334
II 6. 21. 23. 30. 31. 55—62. 67
97. 105. 107. 108. 176. 183. 195
197- 321. 322. 326. 327. 333
335-
sächsische Goldschillinge II 333.
334-
— Rechtsgebiet II 9. 119.
— Wergeid II 334.
Sachsen, Volk 184. 11 55. 59. 108,
118. 130. 146, 194—198, 219.
306. 321. 322. 327. 331 — 335-
— Krieg II 120.
Sachsenspiegel II 91.
Saclas, Markt (St. Denis) II 236
Sähen, Bistum s. Brixen.
Säkularisation 203. 236. 294. 313
400. II 5. 23. 85. 126. 373.
Sättel II 152.
sagina animalium 398.
sagum II 147. 166.
saica II 295. 335.
saiga II 290. 296. 335.
saigern (Münze) II 311.
Saintois, Gau (Toul) 297.
sal s. Salz,
sala 146. II 222.
— regalis 146. 281.
Salerno II 209.
Salfranken 42. II 298. 299.
Salhof s. mansus indominicatus.
Salhufe 314. 340. 341.
salicus = ingenuus 257.
Salier II 297. 322. 323. 331.
Salinen II 179. 183. 186. 247.
salische Denare II 323.
— Recht II 304.
— Schillinge II 333.
Salland 83. 117. 255—266. 281 bis
286. 317. 321. 331.
Salomon, Bischof v. Konstanz 217.
II 327.
— Denare ib.
Salonne, Kirche (St. Denis) 135.
salutaticum II 213.
Salvioli 9- 25. 370. 371. 377.
Salz, Mineral 288. II 184. 185. 200.
222. 247. 248. 291. 366. 368,
— pfannen 288.
Salz, civitas (Bayern) II 116.
— Pfalz 185.
— villa II 122.
Salzaha, Fluß II 179.
Salzbergwerke II 183.
Salzburg, Erzbistum 82. 84. 86. 88.
99. HO. 195. 225. 240. 248. 268.
269. 295. 378. 389. 390, II 4. 9.
44. 69 — 72. 92. 93. 107. 109.
116. 120. 153. 179. 180. 181. 216.
— curtis publica II 120.
— formein 92. II 72. 215, 217.
— oppidum II 116. 123. 127.
— Traditionen 102.
Salzburggau II 180.
Salzburghofen II 180.
Salzfracht II 184. 199. 229.
— gewinnung II 182. 207.
— handel II 199. 200.
— kammergut II 183. 200.
— lager II 183.
— schiffe II 241.
— transporte II 222.
Salzungen, villa (Sachsen-Meinin-
gen) 135. II 183.
Salzwerk II 173.
— zufuhr 288.
Sammt II 368.
Samoussy, Pfalz 185. 188.
Sander, Paul 23. 131. 141. 152. 157.
161. 163. 166. 322. 326. 391.
II 170. 171. 181. 182. 198. 215
bis 217. 230. 231. 247. 248. 251.
261. 268. 271. 275. 282.
Saragossa II 90.
sarcile 112. 115. II 146. 165.
426 —
Sardinien II 208.
Sarrazenen 48. 64. II 207. 208.
sartago 76. 153.
Sassenheim (Lorsch) 115.
satio 116.
saumas II 261.
Save, Fluß II 199.
savina 45.
Saxa = Kaufmann (finnisch) II
196.
scalprum 153.
scara 112. 292. II 95. 226—229.
scararii II 228.
scariones 43.
Schaan a. Rhein (Schweiz) II 202.
Schäfer, D. 9. II 204.
Schäftlani, Kloster II 122. 144. 148.
Schafe, Zins 40. II 146. 180. 263.
— feile II 152.
— pelz II 152.
— scheren II 147.
— wolle II 263.
Scharwerk (Fronden) II 132.
Schaub, F. 291. 324. 325. II 249.
bis 251. 268. 279. 281. 286.
Schaube, K. II 199. 201. 207. 209.
Schaumünzen II 291.
Scheeßel, Markt b. Bremen II 103.
112. 196.
Scheinprozeß 242.
Schenk, Minister d. kgl. Wirtschaft
141. 156. 165.
Schenker 316. 317.
Schenkgüter 162.
Schenkimgen 84— 86. 108. 109. 127.
134. 137. 149. 150. 161. 171.
I73' ^93- 200. 202. 204 — 212.
221, 234. 238. 293 — 299. 302.
315 — 318. 321. 331. 343. 344.
348. 351- 365. 368. 379. 389.
II 5. 69. 71. 72. 245. 256. 276.
350. 355-
— bedingte 108. 205 — 212. 223.
— freie 108. 109. 204 — 211. 271.
— a die presente 209. 211. 223.
— mit Vorbehalt des Nießbrauchs
103. 209. 223.
Schiffahrt II 190. 191.
SchifEbruch II 179.
SchiflEe 288. II 231,
Schiffergewerbe II 171. 230.
— f rächt II 184.
— verkehr II 194,
Schild II 151.
Schildmacher II 142.
Schilling s. solidus.
Schindeln II 157.
Schlagschatz II 294. 336. 337.
Schleswig II 113. 190. 193. 196.
Schlettstadt II 122. 123.
Schlosser, J. v. II 150. 153. 156
bis 160.
Schlüsselgewalt d. Frau 59.
Schmidt II 143.
Schmiedearbeiten, — feuer II 164
Schmoller, G. 9. II 145. 164. 339.
Schmuck II 144. 145. 169.
Schnallen II 152.
Schneider, Fedor 371. 372. 393
II 250. 254. 278. 280—285.
— J. II 195. 196. 214.
Schnittger II 145.
Schnitzmesser II 164.
Schnurmessung v. Türnagel zu Tür-
nagel 381.
Schönemann 95.
Scholz, R. II 345.
Schornsheim, fiscus (Hersfeld) 135,
Schotte 363. 369. 373. 374. 388.
393- 395-
Schotten II 149. 152. 203.
Schreiner II 158.
Schröder, Edw. 85. 87. 115. 119
121, II 62. 78. 123. 146. 181. 296
— Rieh. 9. 14. 15. 23. 57. 92. 123
124. 161. 163. 167. 168. 180,
257- 318. 362. 372. II 7. 55
bis 60. 78. 99. 104. 133. 253
272. 295. 296. 300. 306. 324
330—335- 343- 346. 347- 352
bis 355.
Schrötling II 322.
Schuchhardt II 105. 116. 119— 123.
154.
— 427
Schücking II 78.'
Schuhe II 149. 151.
— handwerk II 171.
Schuld vertrag II 284.
Schulte, AI. 31. n 146. 187. 201
bis 204. 211. 219. 255.
Schulzenhufen 280.
Schupfer, Fr. 25. 276. 368. 371.
376.
Schupposen 318. 358.
Schuster II 151.
Schutz 126. 306. II 36. 40. 59. 60.
— der Freigelassenen II 47. 48.
Schutzprivilegien, kgl. II 10.
Schwaben 298. 308. II 180. 200.
201. 219.
Schwab hausen (Würzburg) 365.
Schwarz II 120.
Schwarzes Meer II 190. 191.
Schwarzwald 270.
Schweden II 189— 191. 36S.
schwedische Kauf laute II 191.
— Städte II 113.
Schweine (Zins) 40. II 263.
— mast II 271.
Schweiz 250. 308. 312. 381. 388.
II 156. 204.
Schwerin, Cl. v. 387. 396. II 78.
306. 334.
Schwerter, Industrie II 140. 191.
Schwurgenossenschaft s. coniura-
tiones II 136.
Scialoia, V. 370.
Scladdistat, villa s. Schlettstadt.
Sclusas, ad = Gr. St. Bernhard ?
II 204,
Scottica vestis II 149.
scrinia II 166.
scuria II 32.
scuta s. auch Schild II 197.
eecare fenum 115. 116.
secures 153.
securitas 213.
sedes episcopales II 106. 107.
seditiones II 31.
S6e, H. 25. 341. 353. 367. II 29.
30. 44, 45. 50.
Seebohm 26. II 302. 318.
Seebiug (Handelsstadt (b. Riga?)
n 191.
Seehandel 11 208—211. 240.
Seeliger, Gerhard 19. 20. 23. 57.
71. 197. 227. 228. 233. 255. 265.
275. 280. 319. 323. 330. II 6. 40.
44. 63. 95. 137. 139. 166—169.
174. 176. 177. 228. 353.
Seemüller II 172.
Seestädte II 208. _
segregare 181. 182.
Seidengewänder II 148. 206. 368.
— Industrie II 150,
— stofEe II 190. 211. 262.
Seillegau II 182. 183. 185.
Seine, Fluß 11 31. 203.
St. Seine, Kloster 138.
Selbsthilfe d. Hintersassen II 27.
34. 36. 49.
- n 177. -
Selbstverpfändimg, s. obnoxiatio
II 362.
Seiden II 90.
Seidner 358. II 364.
Selehoven (Lorsch) 121.
Seligenstadt a. Main II 114.
sema 269.
Semeldincconnoburg II 119.
Seminare 153. 182.
Semmeln 40.
semodius II 281.
Seneschalk 65. 141. 156. 165.
senior 325.
Seniorat II 87.
seniores II 21. 88. 248.
Sens, Stadt 326. II 35- 89. 249.
— Erzbistum II 184.
Sensen II 142.
sepis 154.
sepem facere 112. 116.
Septimanien 64.
Sequana, Fluß II 273.
sequestrare 181. II 17.
Serben II 209.
Seregni 339. 368.
sericum II 145. 148. 150.
— 428 —
Serm, civitas b. Düsseldorf II
115.
Sermione a. Gardasee II 201.
sermo, Schutz d. Königs 239.
serrati, Römerdenare II 295,
Serrure II 325.
Servais, Pfalz 188.
St. Servaz s. Quedlinburg,
servi 41. 124. 139. 244. 273. 282.
365. II 39. 41-45. 55- 57. 58.
60. 63. 88. 154. 246. 316,
— beneficiales II 51.
— dominici II 72.
— Flucht der — II 30.
— regii 62. II 222.
— salici II 222.
servientes 287.
— ecclesiae 323.
servire, kgl. Dienst 176. 181. 190.
287. II 43. 227. 272.
servitium 34. 35. 55. 70. 115. 118.
176. 177. 180—182. 186. 286.
322. II 10. 16. 51. 89. 94. 165.
227. 275. 346.
— cottidianum II 162.
— liberum II 74.
servus libertate donatus II 81. 82.
sextarius II 324. 338.
Sickel, Theodor v. 126. 168. 242.
243. 400. II II. 15. 235. 326.
— Wilhelm 79. II 14. 17. 30, 86.
sicla, sigla, Maß II 265.
Siebeck, O. 20.
Siegfried, Dänenkönig 809. II 195.
sigilis s. sihgo.
Sigismund, Kaiser s. Reformation.
Signa, Fluß II 182.
Sikard, Herzog v. Benevent II 209.
Silber II 143. 180. 184. 195. 249.
261. 269. 274—277. 290—296.
299. 300. 303. 304. 307. 311.
317. 318, 320. 322. 335. 338.
— arbeiter II 142.
— barren II 318.
— b ergwerke II 180.
— draht II 190.
— gehalt II 317.
Silbermünzen II 291. 296. 297.
315- 330. 333-
— prägung II 318. 320. 369. 370.
Silbersolidus II 3. 80. 305. 307.
310. 330—334-
— Währung II 3. 80. 289. 291.
siligo 153. 279.
silum 45. 47. 78.
Silva 135. 330. 331.
— communis s. auch Wald 365.
367. 384. 389. 391.
— proprii iuris 154.
silvarum usus communes 154.
silvicula 373.
Simonetti 370.
Simson 226.
Sindlingen a. M. II 154.
sinescalcus s. Seneschalk.
singulares 146.
Sippe 361. II 68. 69.
siricum s. sericum.
S. Sisto i. Piacenza II 238.
situla II 324. 338.
Sizilien II 13.
— päpstliches Patrimonium 81.
Skandinavien II 181. 191. 322. 368.
Skidrioburg i. Sachsen II 119.
Sklaven 269. 314. II 27. 28. 37
bis 39. 212. 268. 275.
Slawen 194. II 103. 112. 116. 188.
196—199. 206. 209. 241. 366.
Sluis II 204.
Smeldingorum civitas s. Semeldinc-
connoburg.
soccos II 158. "
socii, Geteiler 376.
Soest II 183. 196.
Soetbeer 9. II 180. 242. 244. 250.
253. 271. 289. 291. 292. 294.
298. 304. 309. 311. 315. bis 319.
321—326. 337.
Sohm, R. 15. 257. II 66. 94. 103,
104. 134. 296. 353.
Soissons (Pfalz) II in. 204.
Solemnitätszeugen 379.
solidus 261. 310. 343. 345. II 79
bis 85. 145. 179. 180. 250. 261.
— 429 —
265. 268. 269. 274—277' 283.
290—310. 315- 322. 323- 328.
bis 336. 371.
solidi Francisci II 322. 335. 371.
— Karolisci II 335. 371.
— salische II 323.
sollicitare leudes II 16.
Solini 25. 370. II 30. 210.
Solothurn, oppidum II 116. 204.
solsatire 97.
Sombart, W. 24. II 54. 96. loo.
287. 288.
Somme, Fluß II 203.
Sommerlad 42. 80. 202. 252. 304.
n 244. 250. 251. 274. 278 bis
281. 285. 297. 305. 314. 323.
339- 342.
Sommersaat 36.
Sondereigen a. d. Mark 364. 365.
373- 384- 389-
— frieden II 134—239. 332. 334.
— recht a. Grund u. Boden 383.
— Verrechnung d. einzelnen Hebe-
stellen 183.
soniare 33. 71. II 224.
sorbarios 45.
Sorgues i. Südfrankreich II 207.
Sorrent II 208.
sors = Hufe 339. 347.
— plena 348.
— serviles 347.
sozialer Druck II 2. 362.
SoziaUsierung II 52. 54.
sozialpolitische Gesetzgebung Karls
d. Gr. II 17. 29. 361.
Sozinga (Lorsch) 120.
Spangen II 144.
Spanien 49, 62. II 190. 192. 206.
367-
Spanier, flüchtige, i. Südfrankreich
54. 64. 140. 192. 194. II 225.
Spanische Mark 64.
Spanndienste 345. II 32. 178.
species II 275. 279. 306.
Spekulation auf Konjunktur 324.
Spekulationskauf II 278. 280. 281,
spelta 153.
sperare 289. II 49,
Speyer, Stadt 185. II 106. 112.
127. 167.
— Bistum II 128.
— Gau 276.
Spezereien II 190.
Spezia, Stadt II 208.
Spinnen II 146.
Spitzer, L. 47. 48. 50. 78.
spolia inferre II 16.
Spuria II 35.
Staatlichkeit d. deutschen Verfas-
sung 15.
Staatsgut 169. 172. 189. 190.
Stablo-Malmedy, Kloster 389. 390.
Stäbler 369. 378.
Stadt, Städte 17. 18. 137. 145. 183.
201. 202. 358. II 35. 89. 90. 95
bis 117. 120—135. 167. 172. 175.
176. 178. 191. 218. 219. 222.
229. 242. 259. 263. 288. 316.
325. 341. 342. 364. 366—368.
374-
— friede II loi. 103. 134.
— gericht II 96. 99. loi. 102.
104. 105. 134. 135.
— graf en Um.
Städtegründung II 176.
Stadtherrschaft d. Bischöfe II 133.
135-
— recht II 96. 102 — 104. 134.
— Verfassung II iio. 137.
Stände 22. II 54. 56. 71. 72. 76
bis 80. 84. 300.
Staffelsee (Bayern) 75. 81. 82. 89.
90. 95. 284. 323. II 142. 143.
146. 152. 153. 161. 276.
stagneus II 158.
stagnum s. Blei,
stahelcoufo, stahilchoufo II 186.
Stammesherzogtum 313. II 357.
359- 373- 374-
Stammgut 170. 171. 174. 188—190.
257.
Staneux, Wald (Stablo) 389.
Stapelplätze 180. 184. II 242.
— recht II 242.
— 430 —
Stapelzwang II 241.
■ Staphinseie s. Staflfelsee.
Stavem, Hafen i. Friesland II 112.
Steiermark 297. 298. 343. 352. II
71. 183. 266.
Stein, Ernst 383.
Stein, Stadt i. Niederösterreich 291.
Steinach a. Bodensee 291.
Steinitz, B. 22. 58. 59. 128. 132.
134. 140. 148. 152. 156. 157.
163. 166. 169. 177. 180. 181.
184. 187. 188.
StelUnga i. Sachsen II 31. 59 bis
61.
Stenzel, E. 20. 95. iio. 207. II 15.
106.
Stephan V., Papst II 204.
Stetin (Lorsch) 116. II 269.
Steuer, öffentl. 197. 327. II 25.
272—275. 310. 317. 327. 346.
bis 349. 351. 352. 356. 369.
— einheit 347.
— fuß 310. II 275.
— gewalt II 13.
— hinterziehung II 25.
— kataster 79.
— listen 80.
— pflicht 199. 259. II 13.
— register II 348.
Stiftsvasallität 232. 233. II 128.
stirpare 195.
Stobbe, 0. 168. 374.
Stockfisch II 190.
Stölzel, Ad. II 121.
Störarbeiter 11 171.
StoflEe, golddurchwirkte II 150.
Stracholfus vitriarius (St. Gallen)
II 154.
stradura II 261.
Strafgelder 11 168.
Straßburg 183. II 103—106. 145,
176. 193. 204. 326.
Straßen, öffentl. II 214. 371.
— bau 191.
— regal II 353. 371.
— zwang II 241.
strata legitima II 241.
Strauß, Fr. Um. 122.
Streitrasse II 152. 266.
Streubesitz 131. 140. 151. 197. 248.
249. 253. 264. 265. 271. 282.
328. 354. 396. 401. II 163. 176.
364-
Streulage 10. 11. 150. 198. 245.
248. 263. 309. 353. 399. II 220.
258. 359- 366. 367. 372.
Stmadt, Jul. II 55.
Stromregal 11 353. 371.
strophia, Gürtel II 144.
structura gurgitis 154.
Stückelberg II 200. 202. 204. 208.
Stückelung (Münze) II 311. 314.
336. 371-
stuppa 62.
Sturmi, Abt v. Fulda 171. 238.
267. II 173. 198.
— vita s. Eigil.
Stutz, Ulr. 86. 163. 172. 202. 229.
230. 237. 240. 277. 278. 329.
400. II 7. 23—25. 50. 270. 351.
Substitution des GoldsoHdus durch
den Silbersohdus II 3. 305.
suburbium II 116.
succi II 262.
Süddeutschland 249. 388.
Südfrankreich 46—51. 53. 54, 64.
67. 72. 74. 77. 98. 100. loi. 128.
140. 192. 193. 244. 266. II 182.
190. 206. 207. 225. 232. 298,
335. 368.
südfranzösische Städte II 219.
Südostdeutschland 11 4. 255.
Südwestdeutschland II 187. 255.
Sulzbach 106.
Simdhausen 195.
Sundheim s. Kaltensundheim.
supersedere 331.
Susta 79. 83. 84. 86. 89. 113. 327.
Syrien 11 209.
T.
Taberesheim, Maut (Oetting)II 239.
Tacitus 369. 372. II 55. 95- 295- 358.
360,
— 431 —
Tafelgüter, kgl. 31, 39. 128. 131.
164. 178. 189. 190.
Tagelöhner II 365.
Tagwerk, Maß 351.
talus II 152.
Tamassia 25. 80. 366. 370. 372. 377.
II 207.
Tanger II 206.
Tangl, M. 168. II 38. 106. 107.
109. 344.
Tarent II 209.
Tassilo, Herzog 84. 106. 125. 132.
365. II 72. 73.
Tatto, Mönch v. Relchenau, Abt
V. Kempten 73. 74. 93—100.
tauri 153, 154.
Tausch 13. 14. 147. 205. 207. 219
bis 226. 240. 264. 266. 269. 298.
300. 312. 321. 338. 368. 398,
II 5. 127, 187. 235. 257. 259.
271.
— ennächtigung (potestas com-
mutandi) 221.
— urkimden 220—222. 309. 338.
Technik d. Landwirtschaft 36.
Tecklenbm-g, Grafen v. II 92.
Tegernsee II 153. 200.
tegulae s. Schindeln II 157.
Teilbarkeit d. Hufen 357. 358. 360.
Teübau 261. 272. 276—278. 282.
II 26.
Teilung s. divisio.
telonarü 11 91. 201.
teloneus s. Zoll,
terebros 153.
termini, Grenze 363. 374.
terra aviatica 257.
— censalis 193. 196.
— dominica 115. 255. 258. 261.
II 44.
— indominicata 83. 255. 256. 261.
331-
— salaricia 217.
— salica 256. 259. 320. 331.
— servilis 257.
— tributaria 193. 199.
terraturiae 150. 289.
Territorialität d. Münze II 335.
territorium (kgl. Besitz) 149. 150.
Tersatto, Handelsplatz b. Fiume II
209.
testimonia falsa II 300.
Teuerungspolizei II 250.
Teuerungstarif 324.
Textilartikel II 169. 170.
textura feminea II 262.
Thegan, Biograph Ludwigs d. F.
169. 171. 173.
Theiß, Fluß II 367.
Theodelhildis (Prüm) 126.
Theodo, Herzog v. Bayern II 127.
179.
Theodulf, Gote 49. II 15.
Theonenheim s. Dienheim.
Theophil, presb. II 335.
Theotmalli, Detmold II 105.
Theotuadum palatium 55,
thesaurus s. Kirchenschatz,
thesauros congregare 290.
Theuderich IV., König 224.
Theuringen, civitas OA. Tettnang
II 115.
Theux, Pfalz 188.
Th6venin 24. 124, 363—369. 372
bis 379. 384.
Thimme 122. 175. 177. 364. .373.
11 353.
ThionviUe, Pfalz 185. 188, 310. 11
112.
Thrasco, Herzog d. Abodriten II
118.
Thronfall 191. 192. 230.
Thubert, E. II 211.
Thudichum, Friedr. 374. 385. 387.
392.
Thüringen 140. 250. 393. II 146.
180. 182. 198.
Thurgau 200. 297. 298.
Tiberius Constantinus, oström. Kai-
ser (578-582) 383.
Tiel, Hafenplatz II 112. 193.
Tierzuchtdienste II 271.
Tigislege, Hannover II 105.
Tille, A. loi.
432
Tirol 297. II 341.
Tischler II 157.
Tischwein 40.
toacla 76. 153.
Tochtermarken 38S.
Töpferei II 154—156.
Tolbiacum s. Zülpich.
tolnearii s. telonarii.
Tongefäße, — werk II 155.
Tongern, Stadt II 106. 107.
Topfsteinbearbeitung II 156.
torcularia 146.
Toskana II 208.
Totschlag II 18.
Toul, Bistum II 173. 184.
— Gegend v. 311. II 206.
Touristenverkehr II 215. 217.
Tournay, Bistum 144.
— Stadt 202.
Tours, Bistum 193. II 10. 92.
— Konzil V. T. (567) II 16. [12.
— Konzilv. T. (813)212, 214.216.II
— St. Martin, Kloster 277. II 15.
201.
trabaticum II 213.
Tracht, fränkische II 151.
tractoria s. kgl. Verpflegsbrief II
215. 225.
tradere II 10.
Traditionen 75. 89. 91. 94. loi bis
iio. 114. 125 — 127. 169. 171. 196.
198—219, 222. 223. 226. 228.
233. 234. 238. 247—257. 260.
265. 268—271. 275. 276. 283.
293. 299—301. 306. 307. 312.
316. 318. 323. 326—334. 337
bis 340. 357. 365. 367. 375. 378.
387- 389- 399- n 2—9. 21. 36
bis 42. 50. 51. 72. 73. 160. 180
bis 185. 200. 244. 256—260. 266.
275. 276. 351. 356. 362. 363.
369- 373-
traditio post obitum 105.
Traditionsbücher 27. loi — 1 10. 137.
205. 212. 358. 365. II 9. 40. 41.
48. 49. 64. 70. 175. 244. 253.
255 — 257. 267. 269.
Traditionskodex iii. II 7.
— Register 102.
— Urkunden 94. loi — iio. 137.
206. 207. 253. 338. 342. 368. II
6. 9- 33. 52. 92. 125. 144. 147.
148. 172. 173. 251. 265. 276.
Transitohandel II 242.
Translationen II 204. 218. 368.
— s. Alexandri 201. II 322.
— s. Genesii II 210.
— s. Marcellini et. Petri II 114.
198.
transmarinae partes II 148.
Transportdienst, -fronden 11. 292.
II 46. 220. 222. 227. 229. 230. 274,
— Organisationen 292. II 137. 226.
230 — 232.
Transportschwierigkeiten 292.
trappus II 147.
Traungau i. Ob er Österreich II 183.
Treffen, Hof i. Kärnten 263.
Treibhäuser 44. 45.
Tr^lonbei Avesnes (Frankreich) 77.
tremissis, Münze 115. 116. II 264.
265. 329. 332. 335.
Treola, Fiscus 76—78. 281.
Tr^on (Frankreich) 77.
Treuepflicht 122.
Treviso 148. 178. II 209.
trians s. auch tremissis II 281.
Triaucourt s. Clermont-en-Argonne
76.
Tribur, Pfalz 178. II 158.
— villa II 122.
tributales 201. II 72.
tributarii 193. 196. II 49. 93. 347.
— tributum 196. 199. 201. II 88.
246. 273. 325. 346. 347. 348.
350. 351-
tricennium II 42. 49.
triens s. tremissis II 281. 328.
Trier, Erzbistum 92. 235. 237. II
4- 135- 163.
— Stadt 246. II 103. 106. 125.
Trieux (Frankreich) 77.
tripartitio II 61.
troia 74.
433
Troilum = Treil (Com. de Salelles-
d'Aude) 77.
Troya 371.
Troyes II 205.
Truso a. d. Mündimg d. Weichsel
(Drausen-See) II 113. 191.
Tuch II 146. 149. 169. 170. 191.
368.
— Handel II 193.
— Industrie II 149. 150.
Tunis II 208. 367.
Turicum s. Zürich.
Tumosen, Münze II 322.
turtures 146.
tutela, Schutzverhältnis II 59. 60.
tutor II 60.
Tyria purpura II 148.
u.
überm ünzung II 312.
Überschüsse d. Wirtschaftsertrags
179. 286. 290. 291. 326. II 278.
Uhlhorn 251.
Uhlirz 122. II 339.
Ulfrasiagas, Auflfargis (St. Denis)
135-
Ulm II 121. 122 (villa).
ümmauerung d. Städte II 98. 100.
104. 108. 119. 120. 122.
Umsassen 243. 375. 377. 378. 383.
Umwandlung v. Natural- i. Geld-
zinse s. Reluition.
Unbebautes Land 343. 389.
Uncieu, Geld 116. 342. II 247.
274.
— Gewicht II 308 — 310. 317.
unedel II 65. 68.
Unfreies. Sklaven, Mancipien, servi
307. 328. 333. II 33. 36—47. 50.
75. 93. 124. 129. 130. 152, 232.
Unfreiheit, persönliche II 1 76. 364.
— wirtschaftliche II 176.
Ungarn II 199. 200.
Ungeteilter Besitz s. communia
376.
— Eigentum v. Verwandten 376.
Unterfranken II 181.
D o p s c h , Wirtschaftsentwicklung der
Unternehmer 13. 14.
Uradel, german. 301. 305. 316.
Urbare 6. 27. 31. 32. 79. 82—87.
III — 119. 197. 260. 283. 299.
301. 321. 323. 327. .337. 338.
340. 359. II 62. 64. 69. 70. 93.
94. 112. 157. 164. 175. 180—185.
218. 226—229. 242. 244. 246.
255. 265. 269. 271. 368.
Urbarmachung 127. 194. 266. 268.
281. 306.
urbs, Burg u. Stadt II 106. 107.
116. 121. 123.
Urdörfer 304.
Urkundenfälschimgen II iio.
— formebi 92.
Urolf V. Nied.-Altaich, breviarium
82. 84.
Urzeit s. auch german. Zeit 384.
n 358. 365.
usufructus, usufructuario 209. 212.
216. 268. 286. 331.
usura s. Zins II 278. 280. 282. bis
284.
— legitima II 288.
usurare II 283.
Usurpation v. kgl. Gütern 128. 130. •
— V. Kirchengut 239.
usus regius 190.
utensiha s. Wirtschaftsgeräte.
— = Einrichtung II 273.
Utrecht, Bistum II 23. 107. 109.
239-
— Stadt II 191. 193. 194. 203. 205.
T.
vaccas 153. 154. 11 275.
Vachdorf (Würzburg) 365.
vadere in hostem 1 1 6.
Val Camonica II 201.
Valence 207.
Valenciennes II 206.
valente s. Alternativsätze.
Vanderkindere 124. 188. 333. II
204.
Varges, W. II 189.
Varrentrapp, F. 249. 306. 387. 388.
Karolingerzeit. II. 2. Aufl. 28
— 434 —
vasa aurea et argentea 325.
— ferrea II 156,
— lapidea II 156.
— testia II 156.
Vasallen, kgl. 88. 169. 173.
177. 189— 191. 229. 231—236,
294. 296—298. 310. II 22. 24.
30. 127. 128. 273. 274. 278. 359.
363-
VasaUität 231 — 233. 306. II 128.
129. 359-
vascula 11 155.
— lignea II 158.
vassus dominicus 134. 310. 327.
II 309. 310.
vectigalia II 346. 349. 350.
Velavilre (Lorsch) 116.
Veltlin II 201.
venatio 373.
venatores 165. 323.
Vend6e II 184. 207.
Venedig 288. II 198. 208. 209.
219. 368.
Venetici II 148.
Venkigau (Niedersachsen) 393.
Ver, Vern, Pfalz 185. 188,
— Capitulare (884) II 249.
— Conzil (844) 244. 401. II 106.
Veräußerung v. Kirchengut 11 258.
Verarmung der kleinen Grundeig-
ner 303. 321.
Verberie, Pfalz 185.
verbum, Gebot, kgl. 165. 182.
Verden, Bistum 11 108.
Verdun 87.
veredarios, veredos exigere 173.
Verfrachtung II 213. 220.
Verfronung (unbesetzter Hufen)
264. 281, 282.
Verjährung der Unfreiheit (tricen-
nal) n 43. 49.
Verkauf 221. 224. 225. 287. 290.
291- 325- 369- 11 5- 88. 195. 232.
235. 240—249. 255—261. 268.
271. 275 — 281. 299. 317. 339.
369.
Verkaufsabgabe, vindita 326.
! Verkehr 8. 9. 13. 23. 185. 187. 292.
II 89. 96. 99. loi — 105. 114.
115. 136. 186. 188. 189. 192.
193- 197—207. 211. 214—216.
219. 221. 226. 229. 230. 233.
235. 247. 248. 250. 251. 254.
279. 281. 286. 302. 321. 324.
335. 356. 365. 366. 371.
— fronden 292. II 229.
— wege 187. II 190. 202. 366.
— Wirtschaft II 89. 95. 131. 137.
188. 259. 337. 365. 366.
Verknechtung (Freier) II 9. 11. 13.
15. 29. 30. 33. 36. 37. 40—43.
48. 49.
Verleihung 127. 133. 173.
Vermandois s. St. Quentin.
Vermögen 14. II 69. 274. 275.
— lose II 10. II. 67. 89. 90. 369.
— steuern II 273.
Verpachtung gegen Zins 327.
Verproviantirungswesen II 266.
Verrechnung 79. 80. 183.
verres 153.
Verriest, W. II 37.
Verruf der Münze II 313.
Verschwinden d. freien Grundbe-
sitzes II 17.
Vertrag, freier II 88. 89.
vervices 153. 154.
— vervicina muffula II 152.
Verwaltungskontrole 165.
— Organe auf d. kgl. Gütern 156.
— Organisation 168.
Verzeichnisse d. Jahreseinkünfte
79.
Verzeichnung des Klosterbesitzes
(a. 819.) 98.
Vesme 370.
vestimenta s. Kleidung.
vestes novae II 262.
vestis II 276.
vestitura 170. 171. 240. 241. 243.
II 154.
Viard II 23.
Vic i. Bistum Metz? 288. II 132.
246.
— 435 —
Vicare 162. 312. 322. 323. 11 16.
26. 29.
Vicinenerbrecht 380. 381. 382. 383.
1153.
vicini 368. 374. 377—384- 39°. II
249.
üicterneia curte (St. Denis) 147.
victus II 231.
vicus 150. II 102. 119. 121. 122.
167.
viduae II 14.
Vieh II 232. 261.
— bestand auf d. kgl. Gütern 76.
153- 154-
— handel (Pferde, Hengste) 324.
325. II 212.
— weide 389.
— zehnt II 25.
— zucht 362,
Vienne II 207. 208. 236. 237.
— P.N. II 307.
viUa 54. 118. 154. 269. 296—298.
364. 379. 387. II 94. 100. 119
bis 124. 256.
— grundherrliche 289. 396. II 112.
— publica II 104. 121. 122.
— regia 30—40. 61. 63. 65. 91, 92.
128. 132 — 141. 14S — 152. 154.
158—165. 169— 171. 176—183.
189. 190. 196. II 39. 122. 284. 286.
— — capitanea 141. 152. 154.
— regiarum provisor 161. 166.
— römische 3.
Uillarcellum, Villarceaux (St. De-
nis) 135.
Uillare, Villiers (St. Denis) 135.
Villen Verfassung 3. 130. 133. 142.
156. 209. 245. 249. 253. 262. 264.
270, 272. 273. II 95. 186. 188.
220. 364.
ViUication s. Villa 278. 279. 320.
11 365.
villicus s. auch Meier ii. 36. 157
bis 159. 166. 177. 186. 195. 245.
258. 273. 278—280. 285. 358.
S. Vincenzo am Volturno, Kloster
,87.
vindemiam coUigere 112.
vinditae s. Verkaufsabgabe.
Vindonissa s. Windisch,
vineae s. Weingut.
— dominicae 77.
Vinogradoflf, P. 23. 26. 342. 344.
349. II 55. 56. 60. 64. 65. 78.
79. 83. 84. 250. 295. 304. bis
306. 329. 330. 332.
Vinomna s. Rankweil.
Vintschgau i. Tirol II 200.
vinum s. auch Wein.
— per sextaria vendere II 167.
VioUet 24. 372.
vita Anskarii II 116.
— Bennonis episc. Osnabrug 391.
— s. Benedict! Anianens. II 144.
— Hludowici I. imp. 161. 169.
— Sturmi Fuld. 238.
— Wilfridi episcop. Eborac. II 203.
Vitalleihe, freie 19.
vitreus s. auch Glas II 158.
vitta n 144. 150.
vituli, annotini, iuvenci 153. 154.
vivanda 325.
vivarium s. Fischweiher.
Vögte, Vogtei 312. 399. II 13. 35.
92. 366. 372. 373.
Völkerschaftsgemeindell 102. 104.
105. 107. 116.
Völkerwanderung II 95. 103. 104.
122. 214. 358. 365. 368.
Vogel, Walter II 192. 193. 207.
Vogelfang in silva alterius 374.
Volksadel II 54. 69.
— bürgen II 105,
— hufe 346. 347. 361.
— land, altes 334. 346.
— recht II 353. 359.
— rechte II 54. 57. 68. 76. 77. 252.
295. 298. 328. 359.
Vollfreie 311. 319. II 38. 49. 56.
58. 79. 168.
VoUhufe 359.
Vorarlberg II 180.
Vormoor 20. 273. II 44—46. 49.
74- 79-
28*
— 436 -
Vorwerke 156.
üosago Silva 170. 188.
w.
Waadt, Grafschaft 297. 345. 352.
Wachs II 190.
— handel II 200.
— kerze II 47.
— lieferung 181. 182. II 40,
— zins n 41. 264.
— zinsigkeit II 9. 40. 49. 50. 264.
wacta 59. 64. 77. n 226. 228.
wadium 11 277.
Währung II 291. 299. 317. 322. 329.
331- 335- 336.
Waffen 11 197. 261. 262. 272. 275.
— ausfuhrverbote 11 142.
Wagen II 142. 215.
Wahlafrid (Strabo) 73. II 151. 213.
Wahrheitsversprechen unter Eid
243-
Waiblingen, viUa 11 121. 122.
Waitz, G. 7. 15. 30. 42. 58. 60. 77.
80. 81. 86. 91. 113. 125. 127 bis
130. 143. 144. 157—163. 167.
169. 172. 173. 178. 180. 191.
198 — 200. 203. 204. 218. 228.
231. 251. 273. 275. 277. 286.
288. 299. 300. 306. 311. 313.
315 — 317- 330- 333- 334- 338.
339- 341—343- 348. 353- 357-
363. 364. 366. 374. 386. II 19.
36. 44. 58. 64. 66. 67. 69. 86.
103. 110. III. 120. 128. 130 bis
132. 136. 137. 184. 189. 197.
214. 216. 219. 224. 226. 239.
241. 250. 272. 283. 285. 291.
296. 301. 303. 306. 331. 346.
bis 348. 352. 353.
Walahastad (Chur) II 231.
Wald 63. 122. 136. 155. 170. 177.
250. 273. 274. 304. 343. 350 bis
352. 355- 359-364- 367- 373
bis 375. 384—389- 391- 402. II
354. 364. 371.
— freie Gebiete 267.
— hufen 351. 352. 355.
Waldkolonie 352.
— marca 364. 393.
Waldo, Bischof v. Freising (883
bis 903) 220.
Waldsassen, Gau (Fulda) 296.
Walensee II 202. 230. 231.
Walkmühle II 150.
Wallfahi-er II 367.
Wallfahrtsorte II 366.
WaUis II 156.
Walter 163.
Wanderzeit ( Völkerwander. ) 362.
Wandilesheim (Lorsch) 119.
St. Wandrille (FontaneUa), Kloster
52. 67. 88. 118. 285.
Wanka, v. II 200.
waranio 77.
Wardanc (Prüm) 113.
Waregang II 79.
Waren 186. II 187. 190. 198. 201.
205. 206. 211. 216. 233. 234.
241, 247. 278. 286. 287.
— verkehr II 247.
— Versendung II 215.
Wartmann 222.
Wasconien 72.
WasUiewski II 199.
Wasserleitung II 214.
Wattenbach, W. 11 152.
Wearmouth, Kloster II 153.
Weber, Max 342. 354.
Weberei II 145 — 150, 164. 169. 193,
— stuhle II 164.
Weerth aus'm, E. II 143.
Wegeli, R. II 151.
Wehrgehenk II 145. 151.
— Ordnung 335.
— pflicht 335.
— Verfassung 316.
Weichsel II 191.
Weide 155. 361. 362. 376. 384 bis
389. 402. n 364.
Weidewirtschaft, nomadische 333.
Weimann 393.
Wein n 192. 193. 200. 222. 229.
232. 263. 265. 270. 275. 277.
278. 281. 286. 326. 368. 369.
— 437 —
Weiniuhren II 199. 221. 227.
— gärten, — gut (vineae) 63. 77.
208. 250. 258. 273. 277. 322.
323. 364. II 218.
— handel 324. 326.
— kelter 11 160.
— kultur 76.
— lese n 165.
Weinolsheim (Weißenburg) 11 229.
Weinschank 386.
Weinshetin (Worms) 178.
W^eißenburg, KJoster 75. 87. 89. 91.
94. 104. 105. 107. III — 114. 116.
206. 208. 210. 211. 219 — 221.
246. 247. 262. 265. 271. 272.
276. 280. 291. 300. 307. 323.
330. II 3. 7. 9. 40. 44. 49. 52.
105. 142. 146. 157. 161. 164.
165. 172. 180. 182. 185. 221.
222. 227—229. 255. 256. 260.
263. 265. 269. 271. 276. 349.
Weistümerd. später. Ma. 380—382.
Weizen II 250.
Weller 246. 267. 300. 304. 307. 309.
Wels, Stadt i. Oberösterreich 291.
Wenck 86.
Wendüsheim (Lorsch) 119.
Wenger, L. 11 12.
Werden, Kloster 87. iii. 237. 248.
249. 263. 264. 267. 269. 280.
283. 301. 307. 312. 320. 323. II
9. 44. 19S. 260.
weregildus 96.
Wergelder 22. II 71. 76. 79— 85.
176. 300. 304. 306. 328. 331.
332. 334- 359-
Werini s. Lex Werinor.
Werkhaus s. officina.
Werkstätten II 160.
WemiinghofE, A. 94. 270. 290.
Werra, Fluß 312.
Wert 14. n 242—248. 252. 259.
263. 265. 269. 270. 272. 274.
280. 302-307. 310. 332 — 334.
368. 369.
— relation II 292. 299.
Werunsky II 71.
Weser, Fluß 184. 304. II 196.
Westdeutschland 189.
Westfalen 140. 248. 254. 278. 297.
298. 301. 305. 308. 363. 388.
393. n 165.
Westfrancien 42. 72. 76. 77. 87. 138.
158. 160. 186. 193. 244. 261.
276. 27S. 2S0. 323. 326. 360.
400. n 5. 10. 12. 15. 29. 30. 32.
bis 35. 44. 50. 67. 86. 89. 90.
94. 149. 157. 184. 209. 216. 230.
248. 272. 273. 283. 286. 316.
— fränkische Bischöfe s. Bischöfe.
— — Messen II 192.
Westgoten 279.
— gotische Formeln s. formulae
Visigot.
— — Recht 54.
Westheim 195.
Westhof en (Weißenburg) II 229.
westrät isch II 156.
Wetterau 296.
TTich, wiches II 104.
wie, wiges II 104.
Widerspruchsrecht der Markgenos-
sen gegen Ausmärker 362. 368.
369. 379. II 53.
Widolaicus (St. Wandrille) 11 S.
286.
Wien n 241.
— Pfennige II 313.
Wiesen 37. 273. 337. 355. 360. 361.
375. 376. II 256.
Wigmad, Erzbischof v. Trier (t79i)
11 135-
Wihc s. Vic.
Wikinger II 190. 192. 193.
Wüda II 136. 329.
Wilde Tiere II 354. 371.
Wüdland 306. 401. 402. II 354.
364. 365. 371.
Wilfrid episc. Eborac. II 203.
Wiline (Lorsch) II 181. 262.
Wükens II 193.
Wülehat, Bischof v. Bremen II
21;.
438 -
S. Willibald, Bischof v. Eichstätt
(c. 720) II 202. 210.
— vita S. Bonifacii II 194. 200.
Wilman II 326.
Winchester, Bistum II 140, 149,
152.
Windisch, Keltenort a. Rhein II
IIS-
Winkler, E. 47. 48. 77.
Wintersaat 36.
Winzer 285, II 160.
Wirtschaftsbetrieb II 152.
— ertrag 153. 154.
— gerate 37. 38. 146. 153. 154.
— stand 89. 90. 154.
Wismer = Wismar II 113. 191.
Witla, abgekommen, a. d. Mündung
d. Maas II 193.
Wittich, W. 21. 22. 78. 249. 278,
301. 305. 307. 308, 311. 314
bis 320. 328. 329. 334. 358. II 3.
6. 7. 12. SS. 59. 61-63.
Wittmann II 69.
Wizenliu (Lorsch) 120.
Wochenmärkte II 239.
Wölfe 40. 43.
Wolff 210. 211. II 2S5.
Wolffenbüttel 68. 96. 98.
Wolfperht (Mondsee) 106.
Wollarbeiter II 146.
— stoSe II 145 — 147.
— Weberei II 147.
Wopfner, Hermann 367. 369. 378.
393-
Worms, Bistum 177. 182. 202. II
224. 226. 326. 357. 374.
— Burg II 127.
— Gau 296.
— Gegend 276.
— Stadt 183. 185. 291. II 103.
106. iio. 112. I2S. 127. 131.
137. 167. 176. 178. 193. 222.
229. 231.
— Verordnung Ludwigs d. Fr.
(829) 221.
Wormsfeldgau 297. 298. 344,
Worringen, civitas a. Rhein II 115.
Wucher 291. II 251, 254. 277 bis
288. 356. 369.
Württemberg 246. 296. 307. II 146.
236.
Würzburg, Bistum 194—196. 274,
297- 299- 365- 387- 389- II 104.
106. 109.
Wüstland, Wüstung 192. 302 .II 3S4.
Uulfeasti villa, Wölfis (Hersfeld)
135.
Wunstorf, Kloster 345.
Wyß, Fr. V. II 125.
X.
Xanten, civitas II 115. 193.
— Jahrbücher II 181.
Xenodochien s. Fremdeniierberge.
York II 193.
Y.
Z.
Zacharias, Papst II 106. 107.
Zahlung II 263 — 26s. 272. 304. 315.
317- 330—333- 369-
— smittel II 280.
Zehent 33. 65. 66. 14s. 170. 275.
292. II 23 — 27. 87. 222. 230.
270. 369. 373.
Zehentbauer, F. II 281. 284.
— tafel, Hersfelder 87.
Zeidler II 160.
Zensualen s. censuales.
Zent s. centena.
Zentenare s. centenarii.
Zentralhöfe d. Grundherrschaften
291, II 96. 1 12.
— Instanz d. Domänenverwaltung
161. 166.
Zentralisation d. Wirtschaftsorga-
nisation 160.
Zentralmärkte 184.
— Verwaltung am Hofe 164—166.
Zerschlagung d. Hufen s. Teilung
359-
Zersetzung d. altgerman. Freiheit
116.
439 —
Zersplitterimg d. Königshöfe 151.
Zettinger II 194. 203.
Zeugen (Markgenossenschaft) 368,
377- 378.
— beweis im Vindikationsprozeß
374-
Zeugnis,, falsches II 36. 39.
Zeumer, Karl 123. 131, 163. 172.
270. 273. 334. II 15. 49. 166.
354-
Zeuß 91. 94. 104. 105. III — 113,
307-
Zibermayr 102. 259.
ZiegeUndustrie II 157.
Ziegenfelle II 151. 152.
Zimmer II 4. 207.
Zimmermann II 157. 158.
— H. II 341.
Zinn II 143.
Zins 13. 79. 170. 176. 196. 197. 204
255. 278. 314. 326. 327. 357
360. 395. II 22. 33. 40, 41. 44
50. 51, 146. 161. 164—166. 180
216. 222. 229. 232. 245. 246,
263—271. 278. 280. 281. 285
288. 337. 339. 340. 346. 347,
350. 352. 365.
— Geld- II 212. 271.
— bauern 279. II 364.
— freiheit II 94.
— gesetze II 279.
— gut, kgl. 192. 218. II 220. 228.
283.
— hufen 283. 355. 391. 394.
— land 193 — 196. 201. 255. 284.
285. 317. 326. 327.
— leihe 194. 196. 286. II 212.
Zinsleute, unfreie 328. II 164.
— meier 279.
— pflicht 222. II 221.
— verbot II 278.288.
— Verhältnis II 9.
— Versäumnis d. Prekaristen 282.
Zlatina, Ort u. Fluß i. Steiermark
350-
Zölibatäre 336.
Zöllner II 91. 128.
Zösmair, J. 86. II 183. 200.
Zoll 170. 326. II 110— 117, 131.
133' 194- 199—201. 207. 210.
213—216. 234—241. 248. 267.
342. 343. 345. 353. 356. 357.
371-
— beamter II 132. 201. 234.
— Politik II 188.
— Privilegien 287—289. 326. II
112. 114. 116. 135. 169. 183.
184. 195. 198. 203. 205. 207.
213. 216. 233 — 235. 237. 239.
372.
— Verwaltung, kgl. 157.
Zülpich (Tolbiacum) II 115. 116.
Zug, civitas II X15.
Zunft 16. 17. 24. II 177. 179.
— Verfassung II 171.
— wesen II 136.
Zürich 256. II 43. 115. 125. 269.
Zungen, f. Schuhriemen II 151.
Zurückweisung d. Denare II 316.
321.
Zweifelderwirtschaft 155.
Zwentibold, König II 184. 326.
Zwischenhandel 291. II 193. 261.
Zycha, A. II 186.
Nachtrag
zum I. Bd. S. 155 f.:
Die neuestens durch H. A. Grimm, Der kaiserl. Fiskus
Kroev , ein Beitrag zur Karoling. Wirtschaftsgeschichte
(191 7) S. 7 und 64 aufgestellte Behauptung, daß die Kron-
güter der Mosel durchweg geschlossen gelagert waren und
noch wesentlich größere Ausdehnung, als Lamprecht an-
nimmt, besessen hätten, erscheint in keiner Weise belegt,
da die von ihm verwerteten Quellen durchaus viel jüngeren
Zeiten angehören und eine Rekonstruktion nicht ohne
weiteres erlauben. Für die Richtigkeit meiner Ausführungen
vgl. doch auch Grimm a. a. O. S. 52!
WEIMAR. HOF-BUCHDRL'CKEREI.
\
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THE
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