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1924
g«ggs!rrs .»y,
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in 2012 with funding from
Open Knowledge Commons and Yale University, Cushing/Whitney Medical Library
http://www.archive.org/details/dieneurologiedes02wilb
DIE
NEUROLOGIE DES AUGES.
i
DIE
NEUROLOGIE DES AUGES
EIN HANDBUCH
FÜR
NERVEN- UND AUGENÄRZTE
VON
Dr. H. WILBRAND und Dr. A. SAENGER
AUGENARZT NERVENARZT
IN HAMBURG
ZWEITER BAND
DIE BEZIEHUNGEN DES NERVENSYSTEMS ZU DEN TRÄNENORGANEN,
ZUR BINDEHAUT UND ZUR HORNHAUT
MIT 49 TEXTABBILDUNGEN
ZWEITE UNVERÄNDERTE AUFLAGE
•
MÜNCHEN UND WIESBADEN
VERLAG VON J. F. BERGMANN
1922
Nachdruck verboten.
Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten.
Copyright 1922 by J. F. Bergmann, München und Wiesbaden.
1
Druck der Universitätsdruckerei H. Stürtz A. G., Würzburg.
Vorwort.
Gegenüber unserem Vorhaben, im zweiten Bande der „Neurologie des
Auges" die Tränensekretion, die Trigeminusaffektionen, die Akkommodation
und die Pupillenverhältnisse zu behandeln, haben wir es für die Handhch-
keit des Buches doch zweckmäßiger erachtet, die beiden letzterwähnten
Kapitel in dem dritten Bande gesondert erscheinen zu lassen.
Hamburg, im Mai 1901.
Die Verfasser.
Inlialt des IL Bandes.
Kapitel I.
Seite
Über die Tränensekretion 1
I. Anatomisches 1
a) Die Anatomie der Tränendiüse 1
b) Die Anatomie der Tränenwege 2
c) Die Innervation der Tränendrüse (§3) 2
Schwalbe, Der N. lacrymalis 2
Der Ramus super, s. internus 3
Der Ramus infer. s. externus 3
Der Ramus lacrymo-palpe braus (Longet) 4
Der Ramus tempore -malaris (Longet) 4
Henle, Der Lakrymalis sendet sekretorische Fasern zur Tränendrüse
(§ 4) . .^ 4
Variables Verhalten des N. lacrymalis (§5) 4
Die Innervation der Tränendrüse bei den niederen Wirbeltieren
(§7) 5
II. Physiologisches 5
a) Die Bestandteile der Tränenflüssigkeit (§8) 5
b) Die Menge der Tränenflüssigkeit (§9) 5
c) Der Sekretionsnerv der Tränendrüse (§ 10) 6
Ist der Trigeminus der sekretorische Nerv der Tränendrüse? (§ 10) G
Angaben für diese Ansicht 6
Angaben gegen diese Ansicht 6
Demtschenko, Reich, Lakrymalis und Sympathikus (§ 11) 7
Goldzieher, Fazialis (§ 12) 7
Campos, Fazialis und Trigeminus 8
Anatomisches Verhalten des X. facialis zum N. trigeminus 8
Stützen für den Fazialis als sekretorischen Xerv der Tränendrüse ... 9
d) Der Innervationsvorgang der Tränensekretion 9
1. Die reflektorische Tränenabsonderung (§ 13) 9
«) Lage des Zentrums für die reflektorische Tränensekretion (§ 13) .... 9
Ansicht Eckhards 9
^ Ansicht Secks 10
Ansicht Bechterews und Mislawskys (Sehhügel) 10
VIII Inhaltsverzeichnis.
Seite
ß) Der reflektorische Tränenerguß (§14) 10
vom Trigeminus aus 10
vom Optikus aus 11
2. Das Weinen: Tränenabsonderung durch psychischen Einfluß 11
Das Weinen der Tiere (§16) 11
Das Weinen der Neugeborenen (§ 17) 12
Die Mimik des Weinens bei Kindern (§18) 13
Das Weinen bei Erwachsenen (§19) 14
Die Ursachen des Weinens (§ 20) 15
Die Tränen beim Lachen, Husten, Gähnen Erbrechen (§21) 15
Die Lage der zentralen Innervationsstätte des Weinens (§ 22) IG
e) Die Ableitung der Tränen (§23) 17
Die Ansicht Henkes (§23) 17
Die Ansicht Gads 17
Die Ansicht iScimemis 18
Die Ansicht Walzbergs 18
Die Ansicht Raves 18
Die Wichtigkeit der Tränendrüse für die Respiration 19
Das Ausbleiben der Tränen nach Obliteration der Tränenwege (§ 24) .... 19
III. Pathologisches 20
a) Vermehrte Tränensekretion 20
Vermehrte Tränensekretion bei der Neuralgie (§ 25) 20
bei Tabes (§26) 20
bei Hysterie (§27) 21
beim Basedow (§28) 22
bei der Gravidität (§29) 23
,, ,, bei Erkrankungen des vorderen Bulbusa bschnittes
(§30) 23
Vermehite Tränensekretion bei Erkrankung der Nasenschleimhaut (§ 31). . . 23
Hypotonie mit vermehrter Tränensekretion (§ 32) 24
Periodische Anschwellung der Tränendrüse (§33) 24
b) Das Versiegen der Tränen 24
Versiegen der Tränensekretion als kongenitale Erscheinung (§ 34) 24
,, ,, ,, bei Vernarbung und Xerose der Bindehaut (§ 35) 24
„ „ ,, bei Fazialislähmung (§36) 24
,, " ,, ,, bei Erkrankung des Trigeminus 25
Trockenheit der Konjunktiva beim Typhus (§ 37) 30
Versiegen der Tiänen bei Leprösen (§ 38) 30
„ bei der Melancholie (§39) 30
,, ,, beim Botulismus (§ 40) 30
c) Abnorme Bestandteile des Tränensekrets (§ 41) 31
Die Absonderung blutiger Tränen 31
d) Tränenträufeln infolge gehinderter Abfuhr der Tränen 31
Bei Fazialislähmung (§ 42) 31
Durch spastische Verengerung des Tränenpunktes (§ 43) 33
Unvollständiger Lidschluß durch Verkürzung und Einkerbung des Lides (§ 44) 33
Mechanische Verlegung des Tränennase nkanals (§ 45) 33
Inhaltsverzeichnis. IX
Kapitel IL
'■ Seite
Die Bozichunsoii des Trigominiis zum Augo 33—56
I. Anatonilschos 33
.Stamm und Äste (§ 4(1) 43
Das Ganglion ciliniv 43 — 52
Anatomie desselben 43 — 45
Das Ganglion ciliare hei tien Wirbeltieren 45—46
Über die Xatur des Ganglion ciliaic 46—49
Physiologisches über das Ganglion ciliaie 49—51
Klinisches über das Ganglion ciliare 51—52
Das Ganglion Gasscri 52 — 55
a) makroskopische Anatomie 52 — 53
b) mikroskopische Anatomie 53 — 55
Der Ursprung des Trigeminus 55 — 56
II. Physiologisches über den Nervus trigeminus in seiner Beziehung zum Auge 56 — 69
Die Empfindungsqualitcäten des vorderen Bulbusabschnittes 57
a) Die Sensibilität der Hornhaut und Konjunktiva 57 — 59
b) Die Reflextätigkeit des Trigeminus bei Reizung des vorderen Bulbus-
abschnittes 59-07
a) Die stärkere Füllung der Konjunktivalgefäße bei Reizung der Kornea
und Konjunktiva 59 — 60
ß) Die Verengerung der Pupille bei Reizung der Hornhaut 60 — 64
y) Der reflektorische Lidschluß nach Trigeminusreizung 64
6) Die Fluchtbewegungen des Kopfes ()4
e) Die vermehrte Tränen- und konjunktivaie Sekretion 64
^) Hemmende Wirkung auf den N. laryngeus. Unterbrechung der At-
mung 65
1^) Schluck- und Schmeckreflexe 66
d') Niesreflex 66
t) Der vermehrte SiJeichelfluß 66
c) Trophische Fasern (§ 75) 67 — 69
III. Pathologisches 69
A. Angeborene Bildungsfehler im Trigeminusgebiet (§ 77) .... 69—71
B. Organische Läsionen des Trigeminus, soweit sie das Auge
betreffen 69
a) Reizzustände 71 — 102
Die Entzündungserscheinungen des vorderen Bulbusabschnittes ... 71 — 85
a) Vasomotorische Erregungen (§ 78) 71
Tabelle über Fälle von Neuralgie mit Sektionsbefund 74 — 77
Die reflektorische Drucksteigerung im Bulbus (§ 80) 77
ß) Die vermehrte Tränensekretion bei Reizungen des vorderen Bulbus-
abschnittes 78
y) Der Reflexkrampf des Orbikularis bei Entzündungserscheinungen
im vorderen BulbusaUschnitt 79 — 81
ö) Die Pupillenverengerung bei Trigeminusreizen (§ 84) 81
e) Der Schmerz bei Reizungen des vorderen Bulbusabschnittes (§ 85) 81 — 85
Die Schwielenasthenopie (§ 86) 82
Traumatische Keratalgie (§ 87) 83
Schmerz bei retrobulbärer Neuritis (§ 88) 84
Trigeminusneuralgie (§ 89) 84
Schmerz im Bulbus bei organischen Läsionen des I. Astes (§ 90). . 85
Inhaltsverzeichnis.
Seite
f ) Die vermehrte Blendung bei Erkrankungen des voi'deren Bulbusa b-
schnittes (§91) 85— 88
?;) Anderweitige Sehstörungen bei Reizungen sensibler Trige minusäste.
Die Reflexamaurose (§93) 88— 97
Die sympathische Reizung (§ 99) (sympath. Neurose) 97 — 102
Die sympathische Entzündung (§ 107) 102
b) Lähmungszustände, welche nach organischer Trige minusläsion das Auge
betreffen 102
Anästhetische und hypästhetische Zustände 102
Über die regionäre Ausdehnung der Sensibilitätsstörungen im Bereiche
des alterierten Nerven (§ 108) 102
Zusammenstellung der einschlägigen Fälle mit Sektions bef und (§ 109) 103
Übersicht über die Stellen, von welchen aus Sensibilitätsstörungen im
Bereiche einzelner Äste des Trige minus hervorgerufen werden . . 105
1. Anästhesien im Bereiche des I. Astes bei verschieden-
artigem Sitze des Krankheitsherdes längs des Verlaufes
der Quintusleitung 105
Unterbrechung der Leitung im orbitalen Gebiet (§ 110) 105
Unterbrechung der Leitung im Sinus cavernosus (§111) 106
Unterbrechung der Leitung basal im Ramus ophthalmicus (§ 112) . 107
Unterbrechung der Leitung des Ramus ophthalmicus im Ganglion
Gasseri (§ 113) 107
Unterbrechung des I. Astes in seinem zentralen Verlaufe (§ 114) . . 107
2. Anästhesien im Bereiche des I. und IL Astes hinsicht-
lich des Angriffspunktes des krankhaften Herdes . 108
Unterbrechung der Leitung im Sinus cavernosus (§115) 108
Unterbrechung der Leitung im Stamme des Nerven (§116) .... 108
3. Störungen der Sensibilität im Bereiche des I. und III.
Astes 108
4. Anästhesie im Bereiche des IL Astes 108
5. Isolierte Affektion der sensiblen Portion des III. Astes 109
Die Beschränkung der Sensibilitätsstörung auf die Horn-
haut und Konjunktiva 109
Isolierte Anästhesie der Kornea 112
Tabelle über die auf Hornhaut und Konjunktiva beschränkten Fälle
von Anästhesie 114
Regionäre Anästhesie der Hornhaut 115
Verlust einzelner sensibler Qualitäten auf der Hornhaut und Binde-
haut (§ 119) 115
Über die Art und Intensität der Sensibilitätsstörungen in
dem Gebiete des alterierten Nervus trigeminus 116
Hyperästhesie 116
Neuralgie 117
Anaesthesia dolorosa 119
Anästhetische Zustände 121
Über das Verhalten der Trigeminusaffektion zu den gleich-
zeitig vorhandenen Sensibilitätsstörungen anderer Re-
gionen 122
Wechselständiges Verhalten der Sensibilitätsstörung 123
Anästhesie der Konjunktiva und Kornea als Teilerscheinung einer
totalen Anästhesie (§ 126) 124
Inhaltsverzeichnis. XI
Seite
Die isolierte Krkrankung des 'J'rigcniimis (§ 127) 125
Sonsibilitätsstörungeii bei dojjpeltseitigen Affektioneii di's Trigeminus 127
I'arallel verlauf funktioneller Anästhesien mit solchen
nach organischer Läsion des Trigeniinus (§ l.'52) .... 129
Die Folgezuständ (• der Anästhesie des vorderen P.ull)us-
abschnittes i:52 138
a) Die Entwicklung eimi' Ivciatitis durch Läsion der Kornea bei
mangelnde!' Em|)findliehkeit derselben 132
ß) Der Wegfall des Lidrcflexes von der Kornea und Korrjunktiva aus 132
)/) Der Kinfhdi des Trigeminus auf das Veisi(>gen der Tränensekretioii 135
S) Das Verhalten der Pupille nach Trigeminusläsionen 138
c) Trophischc Sföruii^oii 138
Der Herpes zoslcr o|»lifhaliiii<'iis 138
Übel' das VWsen der' tr'o|)hiselien Störungen im a!lgeineiri( n ... 138
Samuels Theorie (§ 131») 138
Charcots Theorie (§ 140) 139
Vulpians Theorie (§141) 141
Schiffs Theorie 141
Schwimmers Theorie (§ 142) 142
Gruenhagens Ansicht (§ 143) 142
Die Neurontheorie und die Apathy-Bet hesche Theorie bei diesen
Verhältnissen 143
Die vasomotorisch-trophischen Störungen im Trigeminus-
gebiet 145
Die Hemiatrophia facialis progressiva 145
Blutungen 147
Temperaturerhöhungen 148
Schwund des Zahnschmelzes 149
Skorbutartige Zaliiifleischveränderungen mit Blutungen 149
Trophische Störungen am äußeren Ohre 149
Trophische Störungen der anästhetischen Kopfschwarte 149
Oberflächliche Exulzeration der Lider 150
Vasomotorisch-trojjhische Störungen am vorderen Bulbus-
abschnitte 151
a) Herpes corneae neuralgicus 151
ß) Herpes febrilis corneae 152
y) Der Herpes zoster ophthalmicus 157—205
Die Symptomatologie des Herpes zoster ophthalmicus . 157
Ausbreitungsbezirk der BläschenerujJtion 157
Vorbotensymptome 158
Schmerzen 158
Verwechslung mit Erysipel 160
Die Bläschenbildung 162
Die Narbenbildung 163
Die kutane Sensibilität bei Herpes zoster oi)hthalmicus .... 163
Temperaturerhöhung der befallenen Hautpartie 164
Bilaterales Auftreten des Herpes zoster ophthalmicus . 164
Das Verhalten der Lider und des Tränenapparates beim Herpes zoster 165
Die Beteiligmig des Bulbus an der Affektion 166
Das Hutchinsonsche Gesetz 166
Das Verhalten der Konjunktiva beim Herpes zoster oph-
thalmicus 169
XII Inhaltsverzeichnis.
Seite
Episkleritis beim Herpes zoster ophthalmicus (§ 172) 170
Die Sensibilitätsstörung der Konjunktiva (§ 173) 170
Die Affektion der Hornhaut beim Herpes zoster ophthalmicus 170
Bläschenbildung auf der Hornhaut 171
Trübungen der Hornhaut 172
C4eschwiirsbildung auf der Hornhaut 173
Die Keratitis neurojmralytica bei Herpes zoster ophlhalniicu^ 173
Spätes Auftreten der Keratitis bei Herpes zoster ophthalmicus .... 174
Die Sensibilitätsstörungen der Hornhaut beim Herpes zoster ophthalmicus 175
Verhältnis der Sensibilitätsstörungen zu den Kornealtrübungen beim
Herpes zoster ophthalmicus 175
Komplikation des Herpes zoster ophthalmicus mit Ei krankung des
Uvealti-aktus 17ß
Verhalten der Pupille 176
Iritis 176
Verhältnis der Iritis zur Keratitis 177
Iridozyklitis und Chorioidealverändeiungen 178
Linsentrübung 178
Herabsetzung des intraokulaien Diuckts 178
Erkrankung der Netzhaut und des Nervus oplitu.s 179
Augenmuskellähmungen 180
Okulomotoriuslähmung 180-
Ophthalmoplegia interior 181
Abduzenslähmung 181
Fazialislähmung 182^
Verlauf des Herpes zoster ophthalmicus 183
Dauer desselben 184
Menge der Bläschen 184
Lebensalter 184
Geschlecht 184
Häufigkeit des Herj.es zoster ophthalmicus 184
Rezidivierung 184
Diagnose des Herpes zoster ophthalmicus 185
Forme fruste des Herpes zoster ophthalmicus 186
Das Wesen des Herpes zoster im allgemeinen 188
Anatomische Befunde beim Herpes zoster ophthalmicus 189
Ansichten über das Wesen des Herpes zoster Ophthal micuf 189
Ansicht von He ad und Campbell 190
Erklärung der Hautaffektion beim Herpes zoster ophthalnücus .... 196
Abadies Theorie 198
Unsere Ansicht 202
Die Ätiologie des Herpes zoster ophthalmicu; 203
Die infektiöse Natur desselben 203
Der Herpes zoster ophthalmicus beim Rheumatis-nuis 203
Toxische Ursachen 203
Gicht als Ursache 204
Trauma als Ursache 204
Herpes zoster ophth. durch Alteration des Ganglion Gas-j-cri oder des
Trigeminus übergreifend von Nachbarherden 205
Die Keratitis iidiroparalylica 206
Häufigkeit des Vorkommens der Keratitis neuroparalytica bei Fällen von Herpes
zoster und anderweitigen organischen Läsionen des Trigeminus 206
Inhaltsverzeichnis. XIII
Seite
Cileicliht'it der Ffornhaiitaffckdoiun beim Hcr|)('.s zoster ophthalmiciis wie Ix'i
den Trigeminusläsioiien ohne Herpes zoster ophthalmicus 201)
Aufzählung der einzehien Formen (h-r Horiihautveränderungen l)ei Fällen von
Trigeminusläsion ohne Herpes zostei' oi)hthalmieus 209
a) Trübungen der Hornhaut im allgemeinen 20!>
b) Oberfläehliehe Trübungen kombiniert mit paren(liymat<)sen 209
e) Oberfläehliehe Trübungen mit F|)ithelverlust 210
d) Oberflächliche Trübung mit oberflächlichem (Jeschvvür 210
e) Parenchymatöse Trübungen 210
f) Parenchymatöse Trübungen mit oberflächlichem Substanzverlust .... 210
g) Parenchymatöse Trübung kombiniert mit tiefem Koinealdefekt 210
h) Oberfliichlichcs Hornhautgeschwür 211
i) Oberflächlii'hcr Substanzverlust kombiniert mit tiefem Hornhautgeschwiir 211
k) Tiefes Hornhautgeschwür mit Perforation 211
1) Hornhautabszeß 212
m) Vollständiger Zerfall der Hornhaut 212
Über die Frage, ob die Entwicklung der Keratitis neuroj)aralytica an die Er-
krankung bestimmter Örtliehkeiten im Verlaufe des Trigeminus geknüj)ft sei 213
Übersicht über die Fälle von Trigeminusläsion mit Sektionsbefund hinsichtlich
des Angriffspunktes des Krankheitsherdes und des jeweiligen Auftretens von
Keratitis neuroparalytica 214
Sitz des Herdes in der Fissura orbitalis superior und im Sinus cavernosus 214
Sitz des Herdes in der Fissura orbitalis und an dem basalen Verlaufe des
Trigeminus 215
Sitz des Herdes im basalen Verlaufe der einzelnen Trigeminusäste bis zum
Ganglion Gasseri 216
Sitz des Herdes in den Asten des Trigeminus und im Ganglion Gasseri . 216
Sitz des Krankheitsherdes im Ganglion Gassen 219
Herd im Ganglion Gasseri und im Stamme des Trigeminus 220
Aste, Ganglion Gasseri und Stamm des Trigeminus erkrankt 221
Sitz des Krankheitsherdes im Stamme des Trigeminus 222
Sitz des Herdes im Stamm und in den Wurzeln des Trigeminus .... 224
Sitz des Herdes im Wurzelgebiet des Trigeminus 225
Sitz des Herdes im Ganglion Gasseri, im Stamm, den Wurzeln und Kern
des Trigeminus 226
Sitz des Herdes im Wurzel- und Kerngebiet des Trigeminus 226
Sitz des Herdes im Kerngebiet des Trigeminus 230
Zusammenfassung der Resultate dieser Gruppierung 231
Über die Ernährung der Hornhaut im Normalzustande 232
1. Die Rolle der Konjunktiva und Sklera bei der Ernähiung 232
2. Die Rolle der vorderen Kammer bei der Ernährung 232
Die Theorien über das Wesen der Keratitis neuroparalytica 234
a) Die rein trophische Theorie 234
Die Gegner dieser Theorie 236
b) Die trophisch-traumatische Theorie 238
Häufigkeit der Keratitis neuroparalytica bei gemeinsamer Lähmung des
Fazialis (Lagophthalmus) und Trigeminus 240
Sitz der Hornhautaffektion im Lidspaltenteile bei diesen Fällen 241
Fälle mit Trigeminuslähmung. bei welchen trotz bestehendem Lag-
ophthalmus keine Keratitis neuro]wralytica zur Entwicklung ge-
kommen war 242
XIV Inhaltsverzeichnis.
Seite
Fälle von Ptosis und Trigeminnslähmiing derselben Seite, ohne daß es
zur Entwicklung von Keratitis neuroparalytica gekommen war .... 243
Fälle von Trigeminuslähmung, bei welchen trotz einer Ptosis eine Keratitis
neuroparalytica sich gebildet hatte 245
Fälle von Trigeminusläsion, bei welchen trotz erhalten gebliebener .Sen-
sibilität der Kornea eine Keratitis neuroparalytica zur Entwickking kam 248
Fälle von Hyperästhesie im Trigeminusgebiet mit Keratitis neuro-
paralytica 248
Fälle, in denen trotz vollständiger Anästhesie der Kornea keine Keratitis
neuroparalytica zur Entwicklung gekommen war 249
Fälle mit spätem Auftreten der Keratitis neuroparalytica nach längerem
Bestände der Kornealanästhesie 250
Die Gegner der trophisch-traumatischen Theorie 251
c) Die vasomotorische Theorie 252
Fälle von Trigeminuslähmung, welche zugleich die Augensymptome einer
Sympathikuslähmung zeigen 254
Die Gregner der rein vasomotorischen Theorie 255
d) Die vasomotorisch-traumatische Theorii . 256
Die Gegner dieser Theorie 256
e) Die rein traumatische Theorie 257
Die Gegner dieser Theorie 260
f) Die xerotische Theorie • • • 261
Die Gegner dieser Theorie 265
Fälle von doppeltseitiger Trigeminuslälimung mit und ohne doppeltseitige
Keratitis neuroparalytica 267
g) Die mykotische Theorie 268
Die Gegner dieser Theorie 269
Unsere Ansicht vom Wesen der Keratitis neuroparalytica. (Die Reizungstheorie) 270
Erklärung der klinischen Tatsachen durch die Reizungstheorie 273
Eigene Beobachtung von Keratitis neuroparalytica mit mikrosko] ischer Unter-
suchung des Trigeminus 278
Der Verlauf der Keratitis neuroparalytica . • ■ ■ 281
Die doppeltseitige Keratitis neuroparalytica 284
Die Ätiologie der Keratitis neuroparalytica und der Trigeminus-
läsionen 286
Die Keratitis neuroparalytica nach Trauma 286
a) Fälle von Trigeminusläsion nach Schädelbasisfiaktui 287
b) nach Schußverletzungen 290
c) nach Stichverletzungen 291
Die Keratitis neuroparalytica bei Tumoren und tumorartigen Gebilden; Fälle
von Trigeminusaffektion durch Tumoren mit Sektionsbefund 292
a) Karzinome 295
b) Sarkome 295
c) Fibrome 295
d) Gliome 295
e) Neurome 296
f) Cholesteatome 296
g) Enchondrome 296
h) Solitäre Tubeikel 296
i) Solitäre Gummati: -96
k) Aneurysmata . 296
I) Exostosen 297
Inhaltsverzeichnis. XV
Seite
Die Keratitis lU'Uiopaial ytica bei der Syphilis 298
Fälle von Trigcmimisaft'cktion bei basaler gummöser Meningitis mit fSektions-
befuiul 298
Trigeminusliision (inicli Hiimoirliagieii und J'^iwcichuugeii Ijci Arteiiensyphilis
mit Sekti()iisbefut)(l 299
Apoplexien auf nieht luetiseher Basis, Fälle 299
Fälle von Trigeminusläsion bei Syphilis ohne Seklionsbetund 299
Über die Bezeichnung Keratitis neuroparalytica 300
Schlußdiagnostische Bemerkungen 302
Trigeniinusläsionen bei Affektionen des Großhirns 302
Anästhesie der Konjunktiva und Kornea als Teilerscheintnig einer zerebral
bedingten Hemianästhesie 302
Anästhesie der Konjmiktiva bei Hirnsehenkeiaffekt innen 302
Die gekreuzte Anästhesie 302
Unterscheidung der zentralen von einer peri])heren Quintusläsion .... 303
Die komplette Trigeminuslähnnuig 303
Die auf Kornea und Konjunktiva beschränkte Anästhesie 303
Isolierte Trigeminuslähmungen 304
Doppeltseitige Trigeminuserkiankungen 304
Differentialdiagnose funktioneller HornhaTit und Bindehautanästhesien von
der durch organische Läsion bedingten 304
Das Verhalten des Trigeminus bei den verschiedenen Erkrankungen
des Nervensystems 305
Bei der Tabes 305
Bei der hereditären Ataxie 305
Bei der multiplen Sklero.se . 305
Bei der Syringomyelie 305
Bei der Bulbärparalyse 305
Bei den Fällen von Kernaffektion mit Ojihthalmojjlegie 305
Bei der akuten Bulbärparalyse 300
Bei der Myasthenia paralytiea ■ ■ • • 306
Bei der Pseudobulbärparalyse 300
Bei der Poliencephalitis superior 300
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I
Verzeichnis der Abbildungen.
Figur 1. Die Tränondrü.si" nach Merkel 8. 1.
2. Innei'e Schädelbasis von oben gesehen. Decke der Augenhöhle weggebrochen Ö. 2.
3. Laterale Wand der Augenhöhle. Anastomose der Tränennerven .S. 3.
4. Variables Verhalten der Tränendrüsennerven S. 3.
5. Ganglion Gasseri, sphenopalatin., Nerv, petrosus superf. etc. S. 8.
6. Weinendes Kind nach Darwin S. 13.
7. Weinendes Kind nach Darwin S. 14.
8. Links Fazialislähmung. Schwimmen der Augen in Tränen 8. 28.
9. Tränenerguß beim Weinen S. 29.
10. Links Fazialislähmung. Tränen am Unterlid des linken Auges beim Weinen
S. 30.
11. Rechts komplette Fazialislähmung. Weitere Lidspalte als links durch Zug vom
Ober- und Unterlid S. 32.
12. Verlauf der basalen Nervenstämme nach Merkel S. 34.
13. Das Ganglion Gasseri mit seinen Wurzeln S. 34.
14. Frontalschnitt durch den Sinus cavernosus S. 35.
15. Die Verteilung der sensiblen Hautnerven am Kopf S. 35.
16. Innere Schädelbasis von oben gesehen. Decke der Augenhöhle weggebrochen nach
Merkel S. 36.
17. Anastomose zwischen N. lacrymalis u. Ram. temporalis S. 38.
18. Inhalt der Augenhöhle von der lateralen Seite aus gesehen nach Merkel S. 39.
19. Ansicht der Ziliarnerven nach Merkel S. 40.
20. Schnitt durch das Ganglion Gasseri nach Stöhr S. 54.
21. Schema der Nervenkerne in der Medulla nach Edinger S. 55.
22. Sinusthrombose nach Zahnextraktion S. 91.
23. Mädchen mit Hemiatrophia faciei S. 146.
24. Heri^es corneae, verschiedene Abbildungen nach Kendall, S. 152.
25. Herpes febrilis corneae, Ulkus in Reparation nach Haab S. 154.
26. Narbenbildung nach Herpes corneae S. 160.
27. Herpes zoster ophthalmicus, Konfluieren der Bläschen 8. 161.
28. Herpes zoster ophthalmicus, Krustenbildung S. 163.
29. Doppeltseitig symmetrischer Herpes zoster ophth. et faciei nach Moers S. 164.
30. Doppeltseitig symmetrischer Herpes zoster faciei nach Moers S. 165.
31. Herpes zoster ophthalm. Bläschenentwicklung in vertikal verlaufenden Säulen
S. 166.
32. Bläschen auf der Hornhaut bei Herpes zoster ophthalm. nach Kendall S. 171.
33. Veränderungen der Spinalganglien und Nerven in Fällen von Herpes zoster nach
Head und Campbell S. 191.
III*
XXXVI
Verzeichnis der Abbildungen.
Figur 34.
35.
36.
37.
38.
39.
40.
41.
42.
43.
44.
45.
46.
47.
48.
49.
Veränderungen der Spinalganglien und Nerven in Fällen von Herpes zoster nach
Head und Campbell S. 192.
Längsschnitt durch die drei rechtsseitigen Lendenspinalganglien in einem Falle von
Zoster lumbo-inguinalis nach Kaposi S. 193.
Erkrankung des Ganglion Gasseri in einem Falle von Herpes zoster des III. Astes
nach Head und Campbell 8. 194.
.Schematische Erklärung der Figur 36 S. 195.
Rechts Keratitis neuroparalytica. 17 jähriges Mädchen. Geringer Herpes frontalis
S. 207.
Rechtes Auge Keratitis neuroparalytica von Figur 38 S. 208.
Linkes normales Auge des Falles der Figur 38.
Links Fazialis- und Trigeminuslähmung mit Keratitis neuro]3aralytica S. 211.
Links Fazialis- und Trigeminuslähmung mit Keratitis neuroparalytica S. 211.
Links Faziali.s- und Trigeminuslähmung mit Keratitis neuroi)aralytica S. 246.
Links Fazialis- und Ti'igeminuslähmung mit Keratitis neuroparalytica S. 246.
Schema der klinischen Modalitäten zwischen Sensibilitätsstörungen im I. Quintus-
aste und dem Auftreten der Keratitis neuroparalytica.
Karzinomatöser Tumor an der Gehirnbasis, den Trigeminusstamm umhüllend.
Mikroskopischer Schnitt. Erhalten gebliebene Trigeminusstammfasern im karzino-
matösen Gewebe.
Mikroskopischer Schnitt. Teilweise erhaltene, teilweise degenerierte Stammnerven-
fasern des Trigeminus im karzinomatösen Gewebe.
Zerfaserung des Nerven durch das Karzinomgewebe, Mikrophotographie.
Kapit(>l I.
Über die Träiiensekretion.
Die fortwährende Befeuchtung der Vorderfläche des Augapfels wird durch
den häufigen Lidschlag bewirkt. Die Quelle der zu dieser Befeuchtung nötigen
Flüssigkeit liegt einerseits in der Tränendrüse, andererseits in der Konjunk-
tiva, welche ebenfalls eine Absonderung liefert.
I. Anatoraisclies.
a) Die Anatomie der Tränendrüse.
§ 1. Die Tränendrüse ist eine azinöse Drüse, die eine auffallend?
Älmlichkeit mit den Speicheldrüsen hat. Ihre Bildung wird von Eemak (1;
auf das obere Keimblatt zurückgeführt.
Nach Koelliker (2) entsteht dieselbe
beim Menschen im dritten Monat als
solide Wuchening des Konjunktival-
epithels. Sie setzt sich aus zwei ziem-
hcli scharf getrennten Abteilungen
zusammen, welche durch den Faszien-
blätter-Apparat der Augenmuskeln ge-
trennt werden. Der obere Teil der
Tränendrüse Glandula lacrymalis
superior liegt dicht unter der Peri-
orbita in der Fossa lacrymalis des Stirn-
beins und reitet auf dem Faszienzipfel,
der sich aus den Blättern der Mm. ievator palpebr. sup. und rectus sup.
zusammensetzt. Die Länge der oberen Träneiadrüse beträgt etwa 20 mm;
die Breite 11 — 12 mm und die Dicke etwa 5 mm.
Die untere Tränendrüse Glandula lacrymalis inferior besteht aus
15 — 40 Läppchen, die nicht ein so kompaktes Ganze bilden, wie die der oberen
Tränendrüse. Sie ist von der letzteren durch den vereinigten Faszienzipfel
der Mm. Ievator palp. sup. und rectus sup. getrennt. Mit ihrer unteren Fläche
Wilbrand-Saenger, Neurologie des Auges. II.'Bd. I, Abteilung. 1
Fig. 1 nach Merkel.
( G r a e f je - S ä'in i s c h , Augenheilkunde,
I.' Aufl. Bd. I.)
Gl = Tränendrüse.
2 Anatomisches über die Tränenwege.
ruht sie unmittelbar auf dem Fornix des Konjunktivalsackes und erstreckt
sich mit ihrem vorderen und lateralen Ende bis dicht an den lateralen Augen-
winkel. Merkel (3). Bei den meisten Säugetieren findet sich an der nasalen
Seite der Nickhaut noch die sogenannte Hard ersehe Drüse, die ein dickes,
milchiges Sekret liefert. Beim Menschen stellen dieselbe in verkümmerter
Form die Glandulae acinosae subconjunctivales vor.
Die Ausführungsgänge beider Abteilungen der menschlichen Tränen-
drüse sind zarte, dünne Kanäle, deren Mimdungen sich im Konjunktivalsacke
eine kurze Strecke vor dem Fornix finden.
VT
b) Die Anatomie der Tränenwege.
§ 2. Die Tränenableitung hat ihren Anfang in den Tränenpunkten,
die am freien Kande des oljeren und unteren Lides an dessen medialem Ende
gelegen sind. Die Puncta
lacrymalia stellen die Mün-
dungen der Tränenröhrchen dar
und endigen im Tränensack.
Letzterer liegt in der Fossa
1 a c r y m a 1 i s des Tränenbeins
im inneren Augenwinkel und
geht in den Tränennasengang
über, welcher unterhalb der
unteren Muschel in der Nasen-
höhle sein Ende findet.
c) Die Innervation der
Tränendrüse.
§ 3. tmerviert wird die
Tränendrüse vom N. lacry-
malis.
Nach Schwalbe (9) ist
derselbe der feinste der drei
Endäste des Eamus oph-
thalmicus n. quinti. Er
verläuft unter der Periorbita
längs des lateralen oberen
Bandes der Orbita über dem
M. rectus oculi lateralis zur
oberen Tränendrüse. Kurz
vor derselben teilt er sich in
zwei nahezu gleich starke Äste,
in einen oberen medialen und
in einen nach unten ziehenden
lateralen.
Fig. 2 nach Merkel.
(Graefe-Sämisch, Augenheilkunde, I. Aufl. Bd. I.)
Innere Schädelbasis von oben gesehen. Die Decke
der Augenhöhle ist weggebrochen.
la ^= N. lacrymalis.
fr = N. frontalis.
so = N. supraorbitalis.
str = N. supratrochlearis.
Es =^ M. rectus superior.
L = M. levator palpebr.
Die Innervation der Tiäncndrüse. 3
a) Del" Kam US sup. s. iiitcinus
diiii^'t luitcr Abgabe feiner Zweige an die Tränendiüsc durch dieselbe hiu-
durcli und verästelt sich in der Konjunktiva und der Haut in der Umgehung
des lateralen Augenwinkels, sowie im obei-eii Augenlid.
ß) Der ]iamus ini'ei'. s. exte}'nus
wendet sich ;in der lateralen Wand der Orbita nach abwärts und geht dort
entweder*^ unter dem Periost oder auch wohl i)i einem kleinen Knochenkanäl-
chen eine nach vorne konvexe Verbindung mit dem N. subcutaneus malae aus
Fig. 3 nach Merkel.
(Graefe-Sämiseh, Augenheilkunde,
, I. Aufl. Bd. I.)
Laterale Wand der Augenhöhle. Anastomose
zwischen N. lacrymalis la und dem Ramus
temporalis te vom N. orbitalis.
Vo = 2. Ast des Trigeminus.
ml = Ramus malaris des N. orbitalis.
gdl = Tränendrüse.
N. lacrymalis
N. lacrj-iiialis
X. (iphthalmicus
N. nasociliaris
N. siipraorbitalis
X. lacrymalis
Fig. 4.
dem zweiten Aste des X. trigeminus ein. Von der konvexen Seite dieser
bogenförmigen Vereinigung entspringen stets mehrere feine Nervenfäden, die
aus beiden Nerven stammen und in die Tränendrüse eintreten, so daß also
mit Sicherheit auch aus dem zweiten Trigeminusaste Fasern zur Tränendrüse
zu verfolgen sind.
§ 4. Mit diesen Angaben von Schwalbe stimmen diejenigen Henles (12)
überein, indem auch er angibt, daß der N. lacrymahs in einem besonderen
die Fissura orbit. sup. ausfüllenden bindegewebigen Kanal an der lateralen
Wand der Orbita über dem M. rect. extern, geraden Wegs zur oberen Tränen-
drüse vetläuft und sich kurz vor derselben in zwei Äste von gleicher Stärke,
in einen oberen und einen unteren, teilt.
1*
4 Die Innervation der Tränendrüse.
Der obere Ast, der Eamus lacry mo-palpebralis (Longet) zerfällt
in eine Anzahl Zweige, welche teils durch die Tränendrüse, teils lateral oder
medianwärts neben derselben aus der Orbita hervortreten und im oberen
Augenlid und dem der Orbita nächsten Teile der Haut der Schläfengegend
sich verbreiten.
Der untere Ast, der Eamus temporo-malaris (Longet), wendet sich
abwärts und vereinigt sich mit dem E. temporalis des N. orbitalis vom
zweiten Aste des Quintus. Er geht entweder ganz in dieser Schlinge auf, oder
setzt sich teilweise in Zweige fort, welche in die Tränendrüse eintraten.
Nach Henles Ansicht ist die Frage, ob die Tränendrüse selbst Zweige
aus dem N. lacrymalis erhalte, auf anatomischem Wege kaum lösbar. Von
den Anatomen, die er anführt, bejahen sie Cruveilhier, C. Krause,
Valentin, Luschka und Eüdinger. Arnold verneint sie, und Hyrtl
läßt sie offen.
§ 5. Gar nicht selten wird ein variables anatomisches Verhalten des
N. lacrymalis beobachtet. So kann derselbe fehlen und durch den N. zygo-
maticus malae ersetzt sein oder ganz aus letzterem entspringen. Turner (10).
Cruveilhier (11) behauptet, daß der N. lacrymalis scheinbar eine
zweite Wurzel aus dem Trochlearis beziehen könne, die diesem aber erst von
dem außerhalb der Orbita gelegenen Stücke des Eamus ophthalmicus zuge-
führt werde.
Außer diesen Varietäten gibt Henle an, daß der N. lacrymalis
häufig mit zwei Wurzehi entstehe, die beide aus dem Stamme des N. ophthal-
micus kämen, oder zu der aus dem Stamme entspringenden geselle sich eine
zweite aus dem N. supraorbitalis (Merkel), oder aus dem N. orbitalis
(Hyrtl), oder die eine Wurzel nähme aus dem N. supraorbitalis, die andere
aus dem N. nasociliaris ihren Ursprung. (Siehe Fig. 4 S. 3.)
Den Ursprung des N. lacrymalis aus dem N. orbitalis (N. sub-
cutaneus malae s. temporo-malaris) allein beobachtete Hyrtl.
Oft beginnt die Spaltung des N. lacrymalis in seine beiden Äste schon
im Hintergrunde der Augenhöhle.
Der N. lacrymalis nimmt manchmal einen Faden von der langen
Wurzel des Gangl. ciliare auf, oder gibt einen Faden an dieses Ganglion
ab. Nach C. Krause zweigt sich ein N. ciliaris long, von ihm ab, der die
A. ciliaris longa begleitet.
Laffay (15) beschrieb eine doppelte Lniervation der Tränendrüse. Die
eine vom N. frontalis, die andere vom Trochlearis. Der N. subcut.
malae fehlte.
Eine Fazialisinnervation wäre hier ganz ausgeschlossen.
§ G. Ferner demonstrierte Laffay ein Präparat, in dem außer einer
relativ starken Ausbildung des N. subcutan, malae sup. eine Anastomose
zwischen dem N. nasociliaris und dem N. lacrymalis bestand. Wo diese
Anastomose den Nasociliaris verließ, zeigte derselbe eine kleine ganglionäre
Anschwellung, aus der einige feine Ziharnerven zum Bulbus hinliefen.
Die Tränenflüssigkeit. 5-
Das Ganglion ciliare war auf diese Weise verdoppelt. Von Beranger
ist die beschriebene Anastomose als lacrymoganglionaire bezeichnet worden.
Durch sie könnte unter Vermittelung des Ganglion ciliare eine reflektorische
Tränenabsondcrnng eingeleitet werden.
§ 7. Nach den Untersuchungen Sardemanns (IG) erfolgt die Inner-
vation der Tränendrüse bei den unteren Wirbeltierklassen vom 2. Quintus-
aste aus; möglicherweise ist die Innervation durch den I. Ast bei d^o Säugern
nur eine scheinbare, und bildet die Anastomose zwischen II, und I. Aste den
wahren Träger der Erregungsvorgänge.
IL Physiologisches.
a) Die Bestandteile der Träneiiflüssigkeit.
§ 8. Die Tränenflüssigkeit ist wasserklar, farblos, hat eine alkahsche
Reaktion und salzigen Geschmack.
Emmert (4) fand in 100 Fällen die normale Tränenflüssigkeit aus-
nahmslos alkalisch reagierend. Bei Tränenleiden soll die alkalische Reaktion
stärker sein. Zu demselben Resultat gelangten Brugnatelli und Faravelli (5).
In der folgenden Tabelle stellen wir die verschiedenen Analysen zu-
sammen :
100 Teile Tränen
enthalten
F r e r i c h s
Lerch
M a g a a r d
Arlt
Wasser
Feste Stoffe ....
Epithelien
Albumin
Schleim und Fett .
Kochsalz
Phosphate
99,1 98,7
0,9 1,3
0,1 0,3
0,1 0,1
0,3 0,3
! 0,4 0,6
98,2
1,8
0,5
1 "
98,1
1,9
1,5
0,4
98,223
0,520
1,257
b) Die Menge der Tränenflüssigkeit.
§ 9. Die Absonderung der Tränendrüse ist eine fortwährende, jedoch
in der Quantität schwankende.
Magaard (96) hatte Gelegenheit, das Austreten der Tränenflüssigkeit
aus den Mündungen der Ausführungsgänge direkt beobachten und messen zu
können. .Es handelte sich um einen 52jährigen Mann, der infolge chronischer
Blepharokonjunktivitis ein völliges Ektropium beider oberer AugenHder akqui-
6 Physiologisches über die Tränensekretion.
riert hatte, wodurch die Mimdungen der Tränenausführungsgänge freigelegt
waren. Magaard stellte fest, daß beide Drüsen innerhalb 24 Stunden durch-
schnittlich 6,4 g Tränensekret lieferten, also im Mittel 3,0 für jedes Auge.
Die Sekretion an und für sich sei eine variable.
Eine Vermehrung der Tränenflüssigkeit wird durch Jaborandi be-
wirkt, wie Stumpf (6) konstatiert hat.
Nach Grünhagen (8) ist die Menge der Konjunktivalflüssigkeit so gering,
daß sie, xcn u<^n Tränenkanälchen aufgesogen, für gewöhnlich durch die
Nase abf';.-: 1 Durch Reizung der Konjunktiva aber oder der Nasenschleim-
haut mitttij scharfer, stechender Dünste, femer infolge heftiger psychischer
Affekte (Freude und Schmerz), endlich durch Galvanisieren (Frerichs), durch
Einfallen blendenden Lichts in das Auge (Herzenstein) wird die Sekretion
so gesteigert, daß die engen Abzugskanälchen nach der Nase zur Entfernung
der abgesonderten Flüssigkeit nicht ausreichen, und die Tränen daher in
Tropfen über die Augenlider auf die Backen hinabfließen.
Eine andere Quelle der Tränensekretion, welche im Gegensatz zur
Tränendrüse fortwährend fließt, bildet der Konjunktivalsack. Stellwag (97)
meinte sogar, daß der größte Teil der Tränenflüssigkeit von den im Kon-
junktivalsacke zerstreut liegenden Drüsenazinis geliefert werde.
Goldzieher ('21) schließt dagegen aus dem feineren Bau der Conjunc-
tiva tarsi und fornicis, daß die Bindehaut selbst zu einer fortwährenden
Absonderung nicht eingerichtet sei.
Dabei bezieht er sich auf die Untersuchungen Hyrtls (98), welcher
gezeigt habe, daß der aufsteigende und absteigende Schenkel der Gefäß-
schlingen in den Bindehautkapillaren ungleiche Durchmesser besäße. Hier-
durch käme es zu einer venösen Stase, welche die Bedingung einer jeden
serösen Ausschwitzung sei.
"Über die pathologisch vermehrte oder verminderte Tränensekretion,
sowie über die abnormen Bestandteile des Sekretes werden wir später ein-
gehend zu sprechen haben.
Hier sei nur noch der Vollständigkeit halber erwähnt, daß man den
Tränen auch bakterizide Eigenschaften zugeschrieben hat, Bach (7), Bern-
heim (146) und Marthen (147).
c) Der Sekretionsiierv der Tränendrüse.
§ 10. Nach den Ergebnissen der Anatomie lag die Annahme nahe, daß
der Trigeminus in Wirklichkeit auch der die Tränendrüse zur Sekretion an-
regende Nerv sei.
Herzenstein (13) und Wolferz (14) waren die ersten, welche diese
Frage experimentell beim Tiere zu lösen versuchten.
Herzenstein (13) schloß aus seinen Experimenten, daß der N. lacri-
malis der eigentliche Sekretionsnerv der Tränendrüse sei, daß aber auch d(^r
N. subcutaneus malae einen vermehrenden Einfluß auf die Tränen-
Physiologisches über die Tränensokretion. 7
absoii(li'nni!4 iitts^ül»»-. Betreffs dc^^ Svnipatliikus konnte er zu keinem siclieren
Ergebnisse kommen.
Wolferz (14) beobaclitete uuf lieizung der Trigeminusvvurzeln ebenso-
ANobl Vermehrung der Tränenabsonderung, wie auf Reizung der peripheren
Enden des N. lacrymahs' und des N. subcutaneus malae. Auch auf Reizung
des Halssympathikus sah dieser Autor gesteigerte Tränensekretion, selbst nach
vorgängiger Durchschneidung des N. lacrymalis. Hieraus ginge hervor, daß
die sekretorischen Easem des Sympathikus nicht in der Bahn des N. lacry-
malis verliefen. Wahrscheinlich gelangten dieselben mit den Arterien zur
Tränendiüse. .
§ 11. D-emtschenko (17) meinte, daß neben dem N. lacrymalis
der Halssympathikus einen direkten Einfluß auf die Tränensekretion
bei tlii'ekti'r Reizung desselben ausübe.
Wie A. Moll (18) hervorhol), war Brücke (19) der erste, der schon
aus theoretischen Überlegungen bezweifelte, daß der Trige minus der
Sekretionsnerv der Tränendrüse sei, da die Sekretionsnerven mit motorischen
Nerven aus dem Zentralorgan herauskämen, und die ganze motorische Portion
des Trigeminus mit dem dritten Aste zur Schädelhöhle hinausgelange.
W\ihrscheinlich auf die Anregung Brückes hin, stellte Michael
Reich (20) in des ersteren Laboratorium darauf hinzielende Experimente an. Er
fand, daß die Reizung des peripheren Endes der durchschnittenen Trige-
minus würze 1 keine merkliche Tränenabsonderung bewirkte. Durch den
Halsstrang des Sympathikus konnte indeß die Tränensekretion hervorgerufen
werden. Reich schloß hieraus, daß in den Trigeminuswiirzeln zentrifugale
Tränensekretionsfasern nicht verhefen, daß vielmehr der N. lacrymalis
seine sekretorischen Fasern höchst wahrscheinlich aus dem Sympathikus
beziehe, und zwar hätten diese Tränensekretionsfasern ihren Ursprung noch
über dem oberen Halsganglion in der Medulla oblongata.
§ 12. In jüngster Zeit ist die Frage nach der Innervation der Tränendrüse
in ein neues Stadium durch eine Arbeit Gold ziehers (21) getreten. Der-
selbe kam auf Grund von klinischer Beobachtung einseitigen W^einens
bei kompletter Fazialislähmung zu dem Schlüsse, daß der Fazialis
und nicht der Trigeminus die Tränendrüse innerviere.
Uhthoff (22), Schüßler (23), v. Forster (25), Jendrassik (24)
und Embden (26) bestätigten das Vorkommen einseitigen Weinens bei der
Fazialislähmung.
Moll (18) beschäftigte sich in einer kleinen Abhandlung ebenfalls mit
dieser Frage und hob hervor, daß die Ansicht Goldziehers durch die
Versuche von Vulpian und Journac (27) bestätigt würden, welche, wie
Gold zieher in einer Anmerkung sagt, selbst in Frankreich wenig Beachtung
gefunden hätten.
Vulpian und Journac faradisierten das Cavum tympani bei Kaninchen,
bei denen die künstliche Respiration eingeleitet worden war. Einige Augen-
blicke nach Beginn der Reizung füllte das Auge der entsprechenden Seite
8 Physiologisches über die Tränensekretion.
sich mit großen Mengen von Tränenflüssigkeit. Sodann quoll aus dem
inneren Augenwinkel eine milchweiße Flüssigkeit hervor, welche sich über
den inneren Lidrand ausbreitete. Jedesmal, so oft man die faradische Reizung
der Paukenhöhle erneuerte, trat auch diese Sekretion ein. An zwei Tieren,
welchen der ganze intrakranielle Teil des linken Fazialis einige Tage vorher
ausgerissen war, ergab die Faradisation des Cavum tympani dieser Seite nur
jedoch eine sehr schwache Sekretion, während derselbe Versuch aus der rechten
Seite sofort ein Resultat zur Folge hatte.
Die milchweiße Flüssigkeit war das Produkt der sogenannten Harderschen
Drüse, die an der unteren inneren Seite der Nickhaut mündet.
Aus diesen Versuchen Vulpians folgert Goldzieher ebenso wie Moll,
daß die Reizung der Chorda tympani vermehrte Tränensekretion hervor-
bringe. Demnach wäre der Fazialis der sekretorische Nerv der Tirärlendrüse.
_ Ganglion Gasseri
N. sphenopalatinus
Ganglion sphenopalat.
Gangl. oticuni N. palatinus
N. carotis
Gangl. cervic. suprem.
Fig. 5 nach Gegenbaur, Lehrbuch der Anatomie des Menschen, III. Auflage, 1888.
Aus nebenstehender Zeichnung ist ersichtlich, daß auf zwei Wegen
Faziahsfasem in den Trigeminus gelangen können. Einerseits steht der
N. orbitalis s. subcutaneus malae aus dem IL Quintusaste mit dem
Ganglion sphenopalatinum in Verbindung und kann so durch den N. petrosus
superficialis major motorische Fasern aus dem Fazialis erhalten. Anderer-
seits wäre auch denkbar, daß Fasern der Chorda tympani im IIL Quin-
tusaste zurückverliefen und sich vom Ganglion Gasseri aus in den I. und
IL Quintusast verlören.
Campos (28) kam an der Hand der von ihm an Affen vorgenommenen
experimentellen Untersuchungen und klinischen Beobachtungen zu folgendem
Resultate :
1. Der Nervus lacrymalis enthalte zahlreiche vom Nervus facialis
vollständig unabhängige sekretorische Fasern.
Die reflektorische Tränenabsondrning. 9
2. Experimentell lasse sich feststellen, daß der Nervus subcutaneus.
malae gleichfalls Sekretionsfasem in sich einschlösse, und zwar stammten
letztere Fasern vom Fazialis, wie es auch die khnisclie Jjcobachtung zeige.
3. Eine Reizung des zentralen Endes des Sympathikus bewirke keine
Tränensekretion; die Erfahrung habe auch gelehrt, daß nach operativer
Durchschneidung des Sympathikus beim Menschen die normale Befeuchtung
der Augen ebensowenig Kot leide, als Tränenträufeln einträte.
4. Bei kompletter Fazialislähmung, die natürlich den Nervus
petrosus superficialis major mit betreffen müsse, trete weder auf reflek-
torischem Wege , noch unter dem Einflüsse einer Gemütsbewegung mehr
Tränensekretion ein (Gold zieh er, Jendrassik); die Mitbeteiligung des
Nervus petrosus superficialis major finde ihren Ausdruck in einer
Lähmung der Uvula und des Gaumensegels.
Diese Schlußfolgerungen stimmten aber nicht mit den Untersuchungs-
resultaten Thiboudeaus überein, der für den Trige minus jedwede sekre-
torische Wirksamkeit in Abrede stelle und allein dem Fazialis eine solche
beimesse. Verfasser glaubt nun, daß dieser Streit der Meinungen auf einer
verschiedenartigen Funktionstätigkeit der beiden Tränendrüsen (der oberen
und der unteren) und einer verschiedenen Innervierung beider Drüsen beruhe.
Es sei gar nicht unwahrscheinlich, daß die eine vom Trige minus, die
andere vom Fazialis abhängig w^äre; auch sei die Annahme, daß die bei
Gemütsbewegungen in Tätigkeit tretende Tränendrüse unter dem Einflüsse
des Fazialis stehe, gar nicht unlogisch. Bei Tieren, die nicht „w^einen",
hat auch nach den Untersuchungen von Campos der Verbindungsast
zwischen Nervus facialis und lacrjTualis gar keine Beziehungen zur Tränen-
drüse; letztere Tiere haben nämlich nur eine Tränendrüse. Bei Gemüts-
bewegungen wäre also der Fazialis in doppelter Weise wirksam, indem
durch Reizung seiner sekretorischen Fasern Tränenabsonderung, und
durch Reizung der motorischen Fasern Kontraktion der Gesichtsmuskeln
zustande käme.
d) Der Iiiiiervationsvorgaiig der Träiieiisekretioii.
1. Die reflektorische Tränenabsonderung.
a) Die Lage des Reflexzentrums für die Tränensekretion.
§ 13. Über die Lage des Zentrums der reflektorischen Tränenabsonde-
rung gehen die Ansichten der Forscher auseinander. Eckhard (29), welcher
meint, daß der beim Reflextränen beteiligte zentrifugale Nerv ebenfalls
wie der zentripetale dem Quintus angehöre, verfolgte denselben anatomisch
und physiologisch bis zum verlängerten Mark und den obersten Teilen des
Rückenmarks hin. Infolgedessen sei zu vermuten, daß das Zentrum nicht
leicht über jene Stellen hinausliegen könne.
Ist jedoch der Fazialis der zentrifugale Teil des Reflexbogens, so liegt
das Zentrum in der Nähe der Spitze des Calamus scriptorius.
10 Die reflektorische Tränenabsonderung.
Seck (99) konstatierte, daß man die von der Konjunktiva aus erregbare
reflektorische Tränenseki'etion erhalten könne, wenn mindestens das Eücken-
mark bis zum unteren Ende des vierten oder bis zum oberen des fünften
Wirbels erhalten sei. Wolle man sie aber im Experiment möglichst sicher
und vollständig auftreten sehen, so tue man besser, das Eüc kenmark ])is in
die Gegend des sechsten Wirbels zu erhalten. Dabei bliebe die möghchst voll-
kommene reflektorische Tränensekretion in gleichem Schritt mit der erhaltenen
Lid- und Nickhautbewegung. Die Annahme scheine am wahrscheinlichsten,
daß die zentripetalen, an der Bindehaut beginnenden Nervenfasern des Trige-
minus auf eine große Strecke im Rückenmark abwärts und dann wieder bis
etwa zu den Kernen der, ihrem wahren Ursprung nach noch sicherer zu er-
forschenden zentrifugalen Tränennerven, aufwärts stiegen. Diese Annahme
würde dadurch gestützt, daß man beim Kaninchen die große empfindliche
Wurzel des Trigeminus schon makroskopisch ein gutes Stück im oberen Ende
des Markes absteigend wahrnehmen könne. Ferner wurde durch Abbindung
und Abtragung entsprechender Gehirnteile festgestellt, daß das Zentrum für
die reflektorische Tränensekretion von der Konjunktiva aus nicht namhaft
über den makroskopischen Ursprung des Trigeminus nach vorne hinausragen
könne .
Bechterew und Mislawsky (31) erschlossen aus ihren Tierexperi-
menten, daß das Reflexzentrum für die Tränenabsonderung in den Sehhügeln
liege. Dort befänden sich auch die zentralen Lei tungs bahnen des Halssym-
pathikus, und von hier aus gelangten ihre Fortsetzungen zu der Hemisphären-
rinde. Sie beobachteten nämlich bei Reizung des Thalamus opticus Ab-
sonderung von Tränen; hierbei erweiterten sich die Pupillen, die x\ugäpfel
traten vor, und die Augenlider retrahierten sich.
ß) Der reflektorische Tränenerguß.
§ 14. Die Absonderung der Tränen erfolgt im wachen Zustande meist
reflektorisch vom Trige minus aus, und zwar durch Erregung der vorderen
Bulbusfläche. Ganz besonders intensiv sieht man dies bei Hornhaut-
reizen, sei es durch oberflächhche Keratitis (bei Skrofulöse), sei es durch
Verletzungen der Hornhaut. Ferner bei Konjunktivalaffektionen.
Bei reizbaren Individuen genügt schon der Einfluß der freien Luft,
um reflektorisches Tränen hervorzunifen. Hierbei dürfte auch die Verdunstung
der Tränen einen beträchtlichen Reiz ausüben.
So beobachteten wir durch Jahre hindurch eine unverheiratete Schulvorsteherin,
welche bei absoluter Durchgängigkeit der Tränenwege, in geschlossenen Räumen
nie über Tränen zu klagen hatte. Sobald sie aber in den Wind, oder in die kalte Winter-
luft hinaustrat, begann eine so reichliche Tränensekretion, daß ihre Jacke das Aussehen
bekam, als ob man Wasser längs derselben hätte hinunterlaufen lassen. Dabei blieb die
Konjunktiva völlig reizlos. In den Tränenwegen war auch nicht das geringste Hemmnis
zu konstatieren.
Im Schlafe fallen die reflekto)isch reizenden Momente weg, daher ver-
siegen in diesem Zustande die Tränen. Hierbei dürfte auch das von manchen
Das Weinen. 11
Personell walii'^'enoiniiieiie Faktum l^jrwiiliiiiiiif^f fiiidcni, daß dieselheii nie eine
Spur von ver<^^)ssenen Tränen konstatieren konnten, wenn sie im Traume
auch heftij^f geweint hatten und mit Schluchzen in weiiieiliclier Stimmung aüf-
gewaclit waren.
Außer den erwähnten Ehifhissen ist verunreinigte Luft (Rauch),
Affektion der Nase und des Trigeininus nicht zu vergessen. Scharfe
Gerüche, welche die Quintusendigungen in der Nase reizen, wie Senföl, Sal-
miak usw. rufen starkes Tränen hervor. Keflektorisch vom Sehnerven
aus bewirkt starkes Licht den Tränenfluß, wobei hervorzuheben ist, daß
vom Optikus aus das Tränen immer doppelseitig auftritt, ebenso wie bei
psychischen Affekten, während die reflektorische Tränenabsonde-
rung vom Trige minus aus sich stets auf. dem Auge der gereizten
Seite zeigt.
2. Das Weinen: Tränenabsonderung durch psychische Erregung.
§ 15. Physiologisch noch unerklärt ist das psychische Weinen bei
Gemütsbewegungen: wie bei Trauer, Schmerz, aber auch bei Freude. In
den meisten Lehr- und Handbüchern der Physiologie wird nur die Tatsache
des psychischen Weinens erwähnt, ohne genauer auf dieses so außerordentlich
interessante Tliema einzugehen. Wir haben daher um so mehr Veranlassung,
uns mit diesem Gegenstande hier zu beschäftigen, weil das psychische Weinen
eine exquisit neurologische Erscheinung am Auge darstellt.
§ 16. Nach Darwin (32) sei das Weinen eine Gewohnheit, die von einer
Periode an erlangt sein müsse, in welcher der Mensch von dem gemeinsamen
Urerzeuger Gattung Homo und dem nicht weinenden anthropomorphen Affen
abgezweigt worden sei.
Es geht also hieraus die hohe Bedeutung dieses psychischen Aktes
hervor, welche wir weniger eine Gewohnheit nennen möchten, als eine unwill-
kürliche Ausdrucksform, die den Menschen sehr wesentlich vom Tier unter-
scheidet, und die in der inneren Himorganisation begründet sein muß. Der
anekdotenhaften Schilderung Sir E. Tennents, daß in Ceylon eingefangene
und ge])undene Elefanten ,, bewegungslos auf der Erde mit keinem anderen
Zeichen von Leiden gelegen hätten, als den Tränen, welche ihre Augen füllten
und beständig herabflossen", stehen zahlreiche andere Angaben gegenüber,
daß Elefanten nicht weinen. Sollte immerhin dieses noch zweifelhafte
Faktum sich bestätigen, so beweist dieser Umstand nur, daß das psychische
W^einen keine Gewohnheit sein kann, sondern eine Ausdrucksform, die ge-
legentlich auch einmal bei einem hochorganisierten Tiere vorkommt, bei welchem
ja auch die Fazialisinnervation infolge der außerordentlichen Beweglichkeit
des Rüssels eine ganz besonders ausgiebige ist. Hierbei muß zugleich noch
besonders hervorgehoben werden, daß der Rüssel nicht nur zu willkür-
lichen, sondern analog der menschUchen Gesichtsmuskulatur auch zu un-
willkürlichen, mimischen Bewegungen benutzt •w'ird.
12 Das Weinen.
§ 17. Wenn man die Mimik des Weinens genauer betrachtet, so muß
man zwischen dem Weinen der Kinder und dem der Erwachsenen einen Unter-
schied machen. Hierbei ist vorauszuschicken, daß kleine Kinder, so lange sie
noch sehr jung sind (3 — 4 Wochen), nicht auf psychische innere Beize hin
weinen.
Genzmer (33) konnte bei neugeborenen Kindern vermehrte Tränen-
sekretion nach Eeizung der Nasenschleimhaut beobachten.
Axenfeld (34) hat sich ganz neuerdings mit dieser Frage beschäftigt.
Es wurden bei 16 Neugeborenen im Alter von 1 bis 30 Tagen Versuche über
Erzeugung reflektorischen Weinens durch Eeizung der Nasenschleimhaut
mit einem Pinsel oder einer Sonde angestellt und gefunden, daß bei einer
derartigen Eeizung von der Dauer einer halben Minute schon bei einem ein-
tägigen Kinde eine Träne erzeugt werden könne. Eine Berührung der Kornea
rufe beim Neugeborenen nur geringe Feuchtigkeit hervor. Auch ließ sich
sicher sagen , daß bezüglich des reflektorischen Weinens nach Eeizungen
der Nase zwischen dem Neugeborenen und einem älteren Menschen ein erheb-
licher Unterschied bestehe. Beim Neugeborenen fehle das psychische
Weinen ganz, das reflektorische sei aber auf gewisse Beize hin vorhanden,
und es sei ohne weiteres klar, daß die Innervation, und zwar die zentrale,
noch unfertig sei. Axenfeld wendet sich gegen die Angaben de Weckers (35),
daß bei Neugeborenen die Glandula palpebralis noch sehr unvollständig und
relativ weniger entwickelt wäre, als die Glandula orbitalis. Wecker behauptete
nämlich, daß dem Menschen außer der Orbitaldrüse, d. h. Desinfektions-
drüse, auch eine Gefühls- oder Palpebraldrüse zuteil geworden sei.
Der Neugeborene stehe in Abwesenheit des psychischen Lebens auf der Stufe
der Tiere; es gehe demselben die Gefühlstränendrüse ab, nur die, welche zur
Desinfektion der Augen nötig sei, funktioniere und erlaube das Tränen der Augen
der Neugeborenen.
Schon Darwin (36) hatte mit dieser Frage sich eingehend beschäftigt.
Er beobachtete, als er mit dem Aufschlage seines Bockes das offene Auge
seines 77 Tage alten Kindes gerieben hatte, ein reichhches Erfülltwerden
des Auges mit Wasser. Obschon das Kind heftig schrie, blieb das andere Auge
doch trocken oder wurde nur leicht mit Tränen unterlaufen. Ein ähnlicher
unbedeutender Erguß trat 10 Tage früher in beide Augen während eines
Schreianfalles ein. Die Tränen liefen noch nicht über die Augenlider und
die Backen bei diesem Kinde herab, als es im Alter von 122 Tagen heftig
schrie. Dies trat erst 17 Tage später ein, im Alter von 139 Tagen. Nach
Darwins Bemerkung scheint der Zeitpunkt, wo reichhches psychisches
Weinen bei Kindern sich einstellt, sehr variabel zu sein. Preyer (37) sah bei
seinem Kinde bereits am 23. Tage Tränen aus den Augen fließen. Indessen
fand Darwin, daß der Charakter des Weinens in einem sehr frühen Alter
sehr verschieden sei. Leidenschaftliches Schreien sei verschieden von dem
Weinen vor Kummer. Eine Dame teilte mit, daß ihr 9 Monate altes Kind
laut aufschrie, aber nicht weine, wenn es in Leidenschaft gerate, es vergieße
Das Weinen.
13
aber Tränen, wenn es dadurch bestraft werde, daß man seinen Stuhl mit
dem Rücken nach dem Tische umdrehe. Diese Verschiedenheit könnte nach
Darwin vielleicht dem Umstände zugeschrieben werden, daß das Weinen
in einem \'orgeschritteneren Alter in den meisten Fällen mit Ausnahme des
Kummers unterdrückt werde. So sehen wir bei Erwachsenen, namentlich männ-
lichen Geschlechts, daß das Weinen bei körperlichem Schmerz meist nicht
hervortritt. Zivilisierte vermögen ihre Tränendrüse leichter zu beherrschen
als Wild(>. Hierfür hat Lubbeck (zitiert bei Darwin, S. 156) charakteristische
Beispiele gesammelt.
§ 18. Wenn Kinder weinen, so beginnen sie die Mundwinkel herab-
zuziehen und meist mit den Muskeln
der Unterlippe «nnige zuckende Be-
wegungen auszuführen, wobei es zur
Bildung einer sogenannten ,, Schippe"
konnnt; alsdann zieht sich der
Corrugator supercilii zusammen; die
Augenbrauen werden nach unten und
innen zu gezogen [und bewirken
manchmal senkrechte Furchen zwi-
schen den Augenbrauen]. Zu gleicher
Zeit ziehen sich kräftig die Orbi-
culares oculi zusammen. Die Ober-
lippe wird gehoben, wodurch die
Nasolabialfalte stark markiert wird.
Da die kleinen Kinder beim Weinen
meistens schreien, so w^erden die-
jenigen Muskeln, welche den Mund
offen halten, die Mm. depressor.
anguli oris. stark innerviert. Dadurch
wird die Mundöffnung viereckig wie
ein Parallelogramm, mitunter fast
wie ein Quadrat (Frey er, S. 98).
Bei älteren, beim Weinen nicht so
laut schreienden Ivindern, kontrahieren sich diese Muskeln nicht so stark.
Manchmal beginnt das Weinen mit Erweiterung der Nasenlöcher, Vertiefung
der Nasolabialfalte und Zuckungen der Kinnmuskulatur.
Es düi-fte hier angezeigt sein, auf die berühmten Untersuchungen
Duchennes (38) hinzuweisen.
Außerordenthch interessant ist seine Einteilung der Gesichtsmuskehi,
aus dc-r wir diejenigen zusammenstellen, welche nach seiner Ansicht bei dem
Weinen innerviert werden.
So nennt er die Mm. palpebral. sup. et iuf. die Ergänzungsmuskeln
zum Weinmuskel; der Zygomaticus minor ist der Muskel des mäßigen
Weinens zaz e^oxrjv, während der M. levator labii sup. alaeque nasi
Fig. 6 nach Darwin. (Ausdruck der Gemüts-
bewegungen bei den Menschen und den Tieren.)
„Weinendes Kind."
14
Das Weinen.
der Muskel der Weinerlich keit ist; den Triangularis menti nennt er einen
Ergänzungsmuskel des Kummers oder des Weinens.
§ 19. Während beim Weinen der Kinder sämtliche hier angeführten
Muskeln in Aktion treten, sehen wir bei Erwachsenen, speziell beim Manne,
durch kräftige Willensinnervation eine Hemmung dieser Muskelbewegungen
in der Art eintreten, daß man nur ein flüchtiges Zucken in den Muskeln des
Mundes oder des Orbic. oculi gewahrt, während die Augen sich mit Tränen
füllen. Erst wenn der Gefühlssturm mächtig bis zum sogenannten Schluchzen
erregt wird, treten auch beim Erwachsenen die oben angeführten Muskeln
mächtig in Bewegung. Was das Schluchzen betrifft, so vermißt man dasselbe
bei ganz kleinen Kindern. Darwin beobachtete dasselbe bei seinem Kinde
erst, als es 138 Tage alt war. Nach Angabe Gratiolets (39) ist während
/s,^ des Aktes des Schluchzens
. i'iirfC^^ltfiri-- ■ >. hauptsächlich die Stimmritze
,jatmmii^^mäi*^ X affiziert. Mit hörbarem Ge-
räusch überwindet die Inspi-
ration den Widerstand der
Stimmritze, indem die Luft ift
dieselbe hineinfährt. Charakte-
ristisch für das Schluchzen ist
die unwillkürliche, krampfhafte
Art der Atembewegungen, die
noch lange nach Ausbruch der
Gefühlsexplosion in ihrer hef-
tigen Tätigkeit verharren. Wie
das Weinen scheint auch das
Schluchzen nur dem Menschen
eigentündich zu sein, und eben-
so wie jenes lieginnt es nicht
in der frühesten Kindheit, son-
dern erst später, wo es jedem
heftigen Weinanfall folgt, bis-
die „Gewohnheit", wie Darwin sich ausdrückt, mit den fortschreitenden
Jahren abgelegt wird.
Bei Erwachsenen beobachten wir Weinen auch ohne jede mimische
Veränderung der Gesichtsmuskeln, d. h. es füllen sich die Augen mit Tränen.
Besonders sehen wir dies bei derjenigen Eegung, welche man mit dem Worte
„Kührung" bezeichnet. Ferner gibt es noch einen weinerhchen Gesichts-
ausdruck ohne Tränen, bei welchem also das Auge trocken bleibt.
So beobachteten wir kürzlich eine Dame, die plötzlich ihre Mutter infolge von Herz-
lähmung verloren hatte. Bei derselben kontrahierten sich der Corrugator supercilii, die
Orbicul. oculi, der Zygomat. minor, und es traten zuckende Bewegungen im Triangularis
menti auf ohne Tränenerguß.
Das Weinen ohne Tränen, wobei meist stöhnende oder wimmernde
Töne hervorgestoßen werden, wird gewöhnlich für qualvoller gehalten, als-
Pig. 7 nach Darwin. (Ausdruck der Gemüts-
bewegungen bei den Menschen und den Tieren.)
„Weinendes Kind."
Das Weinen. 15
(las WciiU'ii mit Träiini. Dem ivicliliclicii 'l'jiiiiciiiluß soll eine den Sclmiciz
oder Kummer liiideriule Wirkung iimewohnen. So sagt man, daß man sich
einen Kunnner oder Schmerz ausweinen könne. Es dürfte letzteres einer
pathologischen Erfahrung an die Seite zu stellen sein, die wir kürzlich hei einem
Falle von lange dauerndem Tic douloureux einer 75jährigen Frau machten,
Diesel))e gab an, daß jedesmal der intensiv»» Schmerz nachlasse, sobald das
Auge und die Nase feucht würden.
Nicht immer wirkt jedoch das psychische \\'einen schnn^rzhndernd, da
manche Personen durch dasselbe immer tiefer in die schmerzhafte Stinunung
hineingeraten. Besonders beobachtet man dies bei Hysterischen.
Daß in manchen Fällen jedoch das Weinen selbst eine stärkere Hemm-
wirkung auf die Tränensekretion ausübt als der Versuch des Zurückhaltens
der Tränen, geht aus folgender Mitteilung Darwins hervor. Ein alter und
erfahrener Arzt habe ihm erzählt, er hätte als einziges Mittel, das ge-
legentlich bittere Weinen von Damen aufzuhalten, gefunden, sie zu bitten^
nicht das Weinen zu unterdrücken, sondern recht lange und anhaltend zu
weinen.
§ 20. Der Vollständigkeit hal1)er sei noch genauer auf die Ursachen
des Weinens hier eingegangen. Der sprachliche Ausdruck ,, Weinen"
bezeichnet immer einen durch psychische Momente bedingten Tränenerguß
im Gegensatze zu dem gewöhnlichen ,, tränen".
Körperlicher Schmerz ist bei kleinen Kindern die häufigste Veranlassung
zum Weinen. Bei grösseren Ivindern Ijildet der seelische Schmerz, der Kummer,,
die Trauer, Angst, gekränkte Eigenliebe, verletzte Eitelkeit, Trotz, Eigensinn,,
eine sehr häufige Ursache des Weinens. Bei den Erwachsenen veranlassen
kompliziertere seehsche Vorgänge: wie Eührung, Mitleid, Wehmut, Ver-
zweiflung, Wut häufig die in Rede stehende Erscheinung. Aber auch ganz
entgegengesetzte Stimmungen wie Freude, Überraschung und Glück lösen
Tränen aus. Klopstock spricht sogar von „Tränen der unaussprechlichen
Liebe". Die deutsche Sprache ist besonders reich an Epitheta zu dem Worte
,, Tränen", woraus die vielfachen Beziehungen zu dem seeh sehen Leben klar
ersichtlich sein dürfte. So spricht man von ,, stillen, heißen, bitteren, schmerz-
lichen, blutigen, einsamen Tränen".
§ 21. Eine besondere Stellung nehmen die Tränen ein, Avelche infolge
kräftigen Lachens abgesondert werden. Sie sind die Folge der kräftigen
Kontraktion des Orbicularis oculi, wodurch die im Konjunktivalsack befind-
liche Tränenflüssigkeit direkt aus der Lidschale resp. aus den Tränenabführungs-
gängen hinausgepreßt wird. Darwin hebt hervor, dass allen Menschenrassen
die Tatsache gemeinsam sei, daß während heftigen Lachens Tränen das Gesicht
herabströmen.
Es steht diese Erscheinung nahe dem Tränen bei heftigem Husten^
beim Erbrechen und beim Gähnen.
Beim heftigen Hustenparoxysmus, bei dem sich das Gesicht stark
rötet, werden die Orbiculares oculi so stark zusammengezogen, daß Tränen
16 Das Weinen.
Über die Backen laufen. Dasselbe kann man beim Würgen und Erbrechen
beobachten. Ganz häufig tritt beim Gähnen ein so starker Tränenfluß auf,
daß die betreffenden Personen aussehen, als ob sie geweint hätten. Nach
Darwin beginnt das Gähnen mit einer tiefen Inspiration, der ein langes
und gewaltsames Ausatmen folgt. Zu gleicher Zeit werden beinahe alle
Muskeln des Körpers mit Einschluß der rings um das Auge gelegenen heftig
zusammengezogen. Es ist also hier das Weinen nicht psychischer, sondern
mechanischer Natur.
Indes wird beim Gähnen auch eine Mitinnervation der Tränen-
drüse beobachtet. So konunen nicht selten Patienten mit der Klage über
allzu reichlichen Tränenfluß beim Gähnen.
Ein 60jähriger etwas nervöser Herr mit vollständig durchgängigem Tränennasen-
kanal wurde hauptsächlich beim Gähnen, das ihn paroxysmenweise oft befällt, durch starkes
Tränen geplagt. Da die natürliche Auspressung der normal in den Tränenkanälchen vor-
liandenen Tränenflüssigkeit durch den Druck von Seiten des kontrahierten Orbicularis
unmöglich eine so reichliche Tränenmenge zutage fördern koimte, so mußte man schon
auf eine gleichzeitig beim Gähnakte erfolgende vermehrte Sekretion von Tränenflüssigkeit
•durch gleichzeitige Innervation der Sekretionsnerven hierbei Bedacht haben.
Über die Krankheiten, bei denen das Weinen vorkommt, werden wir
.später eingehend noch zu sprechen haben.
§ 22. Treten wir nun der Frage näher, wo die zentrifugale Inner-
vationsstätte für das Weinen gesucht werden müsse, so ist dieselbe noch
nicht lösbar, da zur Zeit die Ansicht, ob der Fazialis oder der Trigeminus
resp. der Sympathikus der Lmervator der Tränendrüse sei, noch nicht fest-
steht. Man müßte sonst annehmen, daß weitgehende individuelle Verschie-
denheiten beim Menschen vorhanden wären, analog dem Verhalten der Ge-
schmacksfasern.
Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß vieles für den Fazialis spricht,
da ja dieser Nerv der Innervator des mimischen Ausdrucks ist, und
•daß, wie Gold zieher hervorhebt, das Weinen als Ausdruck einer Ge-
mütsbewegung in die Innervationssphäre dieses Nerven gehöre, welche
Buffon (40) folgendermaßen schildert: „Sobald die Seele bewegt wird,
wird das menschliche Antlitz ein lebendes Gemälde, auf dem die Leiden-
schaften mit ebensoviel Feinheit als Energie ^\^edergegeben, auf dem jede
Seelenbewegung, jede Tätigkeit durch ein charakteristisches Kennzeichen
-ausgedrückt wird, dessen lebhafter und stets bereiter Ausdruck dem Willen
voraneilt, uns verrät und durch pathetische Zeichen die Bilder der Außen-
welt wiedergibt." Da wir nun sehen, daß bei der Entwicklung des psychi-
.schen Weinens im Kindesalter die Tätigkeit des Fazialis untrennbar mit
•demselben verbunden erscheint, da wir im Sehhügel den zentralen Ort für
-die mimischen Ausdrucksbewegungen durch Nothnagel kennen gelernt haben,
eine Stelle, die von Bechterew und Mislawsky nach ihren Tierexperi-
menten als das Eeflexzentrum fiu" die Tränenabsonderung angesehen wurde, so
dürfte der Schluß nahe liegen, daß im Stabkranz des Sehhügeis von der
Einde her diejenigen Bahnen an einer Stelle im Sehhügel sich vereinigen,
Die Ableitung dor Tränen, 17
durch deren Erregung das Weinen hervorgobraclit wird. Weiterhin weist
die enge Beziehung der Tränen zu den Schmerzen gleichfalls auf den Seh-
hügel hin, insofern dor zentrale Schmerz nach neueren Erfahrungen (Edinger
(100) u. a.) in den Thalamus lokalisiert wird. Femer steht letzterer durch
die Rhidenthalamusschleife mit den sensiblen Partien der Hirnrinde in Ver-
bindung.
Endlich befindet sich nach Bechterew und Mislawsky im Sohhügel
auch die zentrale Leitungsbahn des Sympathikus, der ja auch nach einigen
Autoren bei der Tränensekretion beteiligt sein soll.
Am entschiedensten spricht sich in dieser Beziehung Lange (41) aus:
„Das WVinen mit der reichlichen Tränensekretion, dem geschwollenen, ge-
röteten Gesichte, den roten Augen und der vermehrten Absonderung auf
der Schleimhaut der Nase sind durchweg Erscheinungen, welche eine starke
Gefäßerweiterung in der Gesichtshaut und den benachbarten Schleimhäuten
beweisen. Man darf indes wohl annehmen, daß eine solche Erweiterung
als Reaktion auf eine vorhergehende Verengerung eintritt, als Erschlaffung
der Gefäßmuskeln nach ihrer starken Kontraktion, da wir ja überhaupt ge-
wöhnt sind, Ermüdung und Schlaffheit als Folge einer jeden Überanstrengung
der Nerven und Muskeln zu finden, wie sich das z. B. so auffallend zeigt,
wo eine einer intensiven Kälte längere Zeit ausgesetzte Hautpartie wieder
unter gewöhnliche Temperaturverhältnisse kommt. Diese Erklärung des
Weinens scheint an Annehmbarkeit dadurch zu gewinnen, daß es erst eintritt,
wenn der Kummer abnimmt, ein Verhalten, welches - — da man auch gleich-
zeitig mit dem entstehenden W^einen eine Linderung fühlt — populär so
aufgefaßt wird, daß das Weinen eine Verminderung des Kummers bewirkt:
,, Tränen erleichtern", man ,, schafft sich Luft in Tränen", ,, weint seinen
Kummer aus", usw."
e) Die Ableitung der Tränen.
§ 23. Der Vollständigkeit halber mag es wohl erwünscht sein, wenn
wir auch hier auf den Vorgang der Tränenableitung näher eingehen. Bei der
Tränenableitung in die Nase kommen zwei Momente in Betracht. Das Ein-
dringen der Tränen in den Tränensack und die Weiterbeförderung derselben
vom Tränensack in die Nase, Fuchs (42).
Nach Henke (43) wird durch den Lidschluß beim Lid schlag der
Tränensack erweitert, wodurch Tränenflüssigkeit aus dem Tränensee und
dem Konjunktivalsack eingesogen werde. Bei der Lidöffnung soll jedoch
eine Kompression des Tränensacks stattfinden, wobei die Tränenröhrchen
verschlossen würden. Durch letztere beiden Momente würde die Flüssigkeit
durch den Tränennasenkanal gepreßt.
Diese bei jedem Lidschlage wirksam werdende Saug- und Druckwirkung
zur Fortschaffung der Flüssigkeit aus dem Konjunktivalsack bestreitet neuer-
dings Gad (44). Derselbe gab nur zu, daß der Lidschlag einen Einfluß auf die
Bewegung der Tränenflüssigkeit habe; ebenso daß beim Lidschlusse der
Wilbrand- Saenger, Neurologie des Auges. II. Bd. I, Abteilung. 2
18 Die Ableitung der Tränen.
Tränensack sich erweitere. Nach seiner Ansicht dagegen würde durch diese
Erweiterung ein Abfkiß der Tränenflüssigkeit auf die Nasenschleimhaut
verhindert. Femer sei nicht richtig, daß die Tränenröhrchen bei der Lid-
öffnung sich schlössen , und daß eine durch Muskelkräfte bewirkte Kom-
pression des Tränensacks die Flüssigkeit aus dem Bereich der Konjunktiva
forttreiben solle. Für eine Kompression des Tränensacks ständen überhaupt
keine Muskelfasern zur Verfügung, vielmehr fände ein Regurgitieren der
Tränen aus dem Tränensack durch Kapillarattraktion nach dem sich ver-
größernden freien Teile der Konjunktiva hin statt. Zum Beweise für seine
Ansicht bezieht sich Grad auf die Versuche, die E. Scimemi (45) bei Tränen-
sackfisteln angestellt hat.
Nach diesem Forscher gelangen die Tränen in den Tränensack zunächst
durch die Kapillarität der Tränenröhrchen. Der weitere Abfluß durch den
Nasenkanal sei nur die Wirkung der Schwere, entsprechend einer Wasser-
säule von der Höhe zwischen dem Tränensee und'dem unteren Ende des Nasen-
kanals. Durch Anstauen der Tränen in der Lidspalte, deren Einfettung das
Überfließen hindert, könne dieser Wasserdruck noch bis um höchstens 5 mm
vermehrt werden. Dazu geselle sich die Wirkung des Orbikularis. Bei der
Annäherung der Lider aneinander, sowie bei dem Schlüsse derselben sei eine
Erweiterung des Tränensacks nachweisbar, und zwar um so ausgiebiger, je
kräftiger der Lidschluß wäre. Die nachträgliche Verengerung des Sackes
sei stets eine langsame, schwache und beruhe nur auf Elastizität. Der Tränen-
sack sei niemals leer, stets wenigstens zur Hälfte gefüllt. Die Ansaugung der
Luft aus der unteren Nasenöffnung würde durch die Schleimschicht der Nase
verhindert.
Walzberg (46) spricht sich hinsichtlich der funktionellen Bedeutung
des Tränensacks dahin aus, daß der Pumpmechanismus Henke s wohl für
die Aufsaugung und Fortleitung der Tränen mitwirksam sein könne, aber
durchaus, nicht als das alleinige treibende Agens aufzufassen sei. Die Ent-
fernung des Plus der Tränenflüssigkeit aus dem Tränensack resp. Tränen-
nasenkanal geschehe durch den atmosphärischen Druck, der sofort beim
Öffnen der Lider (Entspannung des M, orbicul. palpebr.) wieder zur Wirkung
gelange. Beim Öffnen der Lider verhielten sich die Kanälchen ganz wie
Kapillarröhrchen, d. h. die Tränenflüssigkeit werde von diesen aufgesogen.
Eave (47) ist der Ansicht, daß die Fortleitung der Tränen durch die
Verdünnung der Luft in der Nasenhöhle und im Tränenkanal bei der Re-
spiration bedingt sei. An dieser Stelle dürfte die Bergeonsche (48) Ansicht
von der Rolle der Tränendrüse bei der Respiration Erwähnung finden,
Bergeon (48) behauptet, daß die Tränendrüse für die Atmung wichtiger
sei als für das Auge. Während letzteres durch die Meibomschen und Hard er-
sehen Drüsen hinlänglich l)efeuchtet und schlüpfrig erhalten werde, befeuchteten
die Tränen unaufhörlich die Nasengänge und verhinderten deren Austrocknung
durch den Luftstrom. Wenn beim Mensch(^n die Atmung durch die Nase
gehindert werde, so entstehe sehr starke Trockenheit des Mundes. Die Nase
Die Al)lcituii^, der Tränoii. 19
widerstehe der Austrockiiuiig besser durch Zuströnicii der TräiicrifUissigkeit,
Die Tiere, welche eine mit Feuchtigkeit gesättigte Luft atmeten, entbehrten
der Tränendrüse.
Auch die Tränenleitung bringt Bergeon mit der Atmung in Beziehung.
Indem der Atnumgsstrom die Verdunstung befördere, bewirke er eine wahre
Aspii'ation der T]änen. welclie bis zui' ])rüse wirke und deren Absonderung
errege. Da diese Erregung ausbleibe, wenn der Tränensack obliteriert sei,
so versiege die Tränenseki-etion, und es folge keine Epiphora; doch klagt(ui
die Patienten ül)er Trockenheit und Eei/ung der Nase.
§ 24. Estor (49) beschäftigte sich auch mit der Erklärung dieser l)e-
kannten Tatsache, daß nach Obliteration der Tränenwege ein sehr geringes
oder gar kein Tränen träufeln zurückbleibe. Estor nimmt an, daß die
Tränen die Bestimmung hätten, außer der Vorderfläche des Bulbus auch
den unteren Kasengang zu befeuchten. Jede Reizung des unteren Nasengangs,
so auch die Austrocknung, rufe einen Tränenerguß hervor. Unmittelbar
nach Verstopfung der Tränenwege werde daher durch die Austrocknung der
Nasenschleimhaut starkes Tränenträufeln veranlaßt. Allmählich jedoch
atrophiere die Schleimhaut, und damit höre die reflektorische Wirkung auf
die Tränenabsonderung auf. Beim Weinen dagegen ?ei die Tränenmenge
beiderseits gleich reichlich.
Tscherno-Schwartz (50) hat experimentell an Kaninchen die vor-
liegende Frage durch Exstirpation des Tränensackes zu lösen gesucht. Er kam
zu dem Resultat, daß nach Entfernung des Tränensacks das Tränenträufeln
aufhören könne, wahrscheinlich infolge von kompensierender Atrophie der
Drüse auf nervöser Grundlage.
Ebenfalls an Kaninchen (16 an der Zahl) experimentierte Schwarz (51).
Li 13 Fällen hörte nach Exstirpation des Tränensacks das anfangs bewirkte
Tränenfließen nach kürzerer oder längerer Zeit vollständig auf, wobei aller-
dings auch Rezidive beobachtet wurden. S eh war z kam zu folgenden Schlüssen :
1. Es unterliege keinem Zweifel, daß nach Entfernung des Tränensacks bei
Kaninchen der Tränenfluß sich vermindere oder ganz aufhöre. 2. Es köimten
unter dem Einflüsse äußerer Reize Rezidive auftreten, wobei ihre Schwere
im umgekehrten Verhältnis zu der nach der Operation verstrichenen Zeit
stehe. 3. Die Ursache des Aufhörens des Tränenflusses liege in einer kom-
pensatorischen Atrophie der Tränendrüse. 4. Das Aufhören des Tränen-
fließens und die Tatsache der anatomischen Veränderung der Tränendrüse
nach Entfernung des Tränensackes spreche für einen engen (vermuthch
nervösen) Zusammenhang zwischen den beiden Organen. 5. Der Überfluß der
Tränen könne niemals durch Verdunstung ausgeglichen werden, sondern müsse
durch den Tränennasenkanal fortgeleitet werden. 6. Das Gewicht der Tränen-
drüse und ihr Verhältnis zum Gesamtgewicht des Tieres und das durchschnitt-
liche Kaliber der Tränenbläschen sei beim normalen Kaninchen sehr ver-
schieden. Dagegen seien die genannten Zahlen w^erte für die Tränendrüsen beider
Augen eines und desselben Tieres annähernd gleich.
2*
20 Die vermehrte Tränensekretion.
III. Pathologisches.
a) Die vermehrte Träiiensekretioii.
Wenn auch in dem Vorhergehenden bei Besprechung der anatomischen
und physiologischen Verhältnisse der Tränensekretion vielfach auf patho-
logische Erscheinungen rekurriert werden mußte, so erfordert doch ein tieferes
Verständnis der bei der Tränensekretion zu beobachtenden Momente ein
genaueres Eingehen auf die Pathologie der Tränenabsonderung.
§ 25. Schon früher hatten wir darauf hingewiesen und auch durch ein
Beispiel belegt, daß bei der Trigeminusneuralgie während der Anfäxle
auf der affizierten Seite einseitige vermehrte Tränensekretion auf-
träte, was von Remak (52) bestätigt wird.
In jüngster Zeit beobachteten wir in der Polikhnik einen 71jährigen Schuhmacher M.
Derselbe klagte seit einem Vierteljahr über lästiges, beinahe fortwährendes Tränen des
rechten Auges zu gleicher Zeit mit permanenten Kopfschmerzen. Patient war früher ge-
sund; hatte keine Syphilis; war mäßig in Alkohol und Tabak.
Die Untersuchung der Bindehaut und der tränenableitenden Organe ergab keinerlei
Abweichungen von der Norm.
Die Puiiillenreaktion war rechts träger als links. Augenhintergrund normal.
Augenbewegungen frei.
Beim Stehen mit geschlossenen Augen trat Schwanken ein.
Auf der Scheitelhöhle Schmerz bei Bekloiifen.
Patient schwankte hie und da beim Gehen und hatte eine Neigung, nach links zu fallen.
Es bestand eine gewisse Polyurie. Der Urin war normal.
Die Sensibilität, die Reflexe, die Hirnnerven waren normal.
Es sei speziell noch hervorgehoben, daß das rechtsseitige Tränen nur
bei den Kopfschmerzen auftrat, ohne dieselben aber nicht.
Hier handelte es sich wahrscheinlich um ein beginnendes Zerebralleiden
(Tumor?) mit Reizung der vom Trigeminus versorgten Meningen.
Ferner beobachtete man vermehrte Tränensekretion bei der Tabes,
bei der Hysterie, beim Basedow und in der Gravidität.
§ 26. Terson (53) konstatierte Tränenträufehi schon längere Zeit
bevor andere objektive und subjektive Erscheinungen des Tabes zutage
getreten waren.
Petrolucci (5-i) spricht sogar von einer Epiphora ataxique und ist der
Meinung, daß die Epiphora auf reflektorischem Wege entstehe.
Pel (55) beobachtete bei einem 41jährigen Tabiker starken Tränenfluß bei
heftigen, schmerzhaften Anfällen krampfhafter Kontraktionen der beiden Mm. orbiculares;
dabei war die Conjunctiva bulbi et palpebrarum intensiv gerötet und geschwollen.
Genauere Untersuchung der Augen war wegen der hochgradigen Hyperästhesie der Um-
gebung während der Anfälle nicht möglich. Die Dauer schwankte zwischen 2—3 Stunden
und IY2 Tagen. In den Intervallen waren die Augen, abgesehen von reflektorischer Pupillen-
starre, normal.
Nach unseren Erfahrungen scheint das Tränenträufehi bei der Tabes
recht selten zu sein, denn wir haben es nur in einem einzigen Fall konsta-
tieren können.
Die vermohrk' Tränrnsckrclion. 21
Ein 40 jähriger Kaufmann akquirierte vor 19 Jahren Lues. Vor 10 Jahren trat
Tränen auf. Des Morgens liefen die Tränen über die Baeken, besonders wenn Patient an
die Luft ging. Damals war er schon stark durch Licht geblendet. Zu gleicher Zeit klagte
Patient über lanzinierende Schmerzen.
Vorübergehend hatte er eine Ptosis und Abduzenslähmung. Die Untersuchung ergab
Fehlen tier Patellarreflexe, ausgebreitete Analgesien an den Beinen, reflektorische Licht-
starre der Pupille und beginnende Optikusatrophie auf dem rechten Auge.
Jedenfalls erscheint es geboten, mehr als bisher auf dieses Symptom
zu achten und namentlicli zu untersuchen, ob nicht Nasenaffektionen, Ver-
legung der die Tränen ableitenden Wege eventuell die Ursache der Epiphora
bilden; denn es bleibt fraghch, ob die hie und da beobachtete vermehrte
Tränensekretion bei der Tabes auf Reizung der Kernregion beruhe.
§ 27. Gesteigerte Tränensekretion in Form des Tränenträufelns
[(Berger (56)] und in Form des psychischen Weinens sehen wir bei der
Hysterie. Eine ganz gewöhnliche Klage der mit diesem Leiden behafteten
Patienten ist die oft unwiderstehhche Neigung motivlos zu weinen. Es ist
dies ein so häufiges Vorkomnmis, daß es unnötig erscheint, Belege dafür
aus der Praxis herbeizubringen.
Dagegen sei auf die beiden folgenden Fälle unserer Beobachtung be-
sonders hingewiesen wegen der Eigenart- der Störung des Tränens.
Eine 20jährige Stickerin litt seit Weihnachten 1891 an zeitweise auftretendem
heftigem Tränenerguß. Sowie die Patientin längere Zeit arbeitete, trat Stechen und Brennen
in den Augen em; dann stürzten erst aus dem linken und dann aus dem rechten 4uge die
Tränen so stark hervor, daß sie eine Viertelstunde nicht sehen konnte. Nebenbei litt die
Patientm an Spasmen der Augenmuskeln; so blieb bei extremer Augenbewegung nach außen
dasjenige Auge, dessen Externus innerviert wurde, zurück, so daß Doppeltsehen auftrat
Beim Blick nach oben entstand starke Konvergenzschielstellung; das rechte Auge schien
zu fixieren, während das linke vorbei schoß und spastische Zuckuneen zeigte. Dieser typische
hysterische Konvergenzkrampf verschwand beim Sehen in die Ferne. An beiden Ober-
armen waren Analgesien nachweisbar. Es bestand linksseitige Ovarie. Das rechte Gesichts
feld war konzentrisch eingeschränkt, und beide zeigten das Symptom der Ermüduna Am
behaarten Kopfe befanden sich einige schmerzhafte Druckpunkte. Von denselben aus ließ
sich weder eine Hemmung noch eine Steigerung der Tränensekretion nachweisen.
In dem zweiten Falle handelt es sich um ein übermäßiges Tränen bei
hysterischem Orbikulariskrampf.
Eine 64jährige Frau Ktt seit 14 Tagen an heftigem Krampf sämtlicher um die Augen
belegener Muskeln. AUe 5 Minuten mußte die Patientin sehr kräftig die Augen zukneSen
und zwar so, daß die Corrugatores supercilii und die Levatores labii sup. alaeque nasi dabei
kraftigst mitinnerviert wurden. Bei diesem heftigen Spasmus quollen Tränen zwischen
den Lidern hervor, Uefen über die Backen, und zwar links stärker als rechts. Patientin
gab an, bei diesem sie sehr belästigenden Krämpfe stechende Schmerzen in den Augäpfeln
zu empfinden. ^ ^
Vor 10-12 Jahren hatte sie dasselbe Leiden. Es dauerte damals V^ Jahr
Auffallend war die außerordentliche Lichtscheu bei der Patientin. Sie suchte stets
die dunkelsten Ecken im Zimmer auf und bot in den anfallsfreien Zeiten exquisit die SteUung
der Augenlider wie bei der Lichtblendung dar. Siehe Fig. 126, Bd. I.
Auf B^ragen erwähnte dieselbe, daß im Dunkehi der Orbikulariskrampf ebenfalls
auftrete; im Hellen würden jedoch die Zusammenziehungen häufiger.
22 Die vermehrte Tränensekretion.
Anamnestisch sei noch hervorgehoben, daß Patientin in ihrem 55. Lebensjahre erst
die Menses verlor. Sie war damals wegen Melancholie und Selbstmordideen nach der Irren-
anstalt Friedrichsberg gebracht worden.
Die Untersuchung derselben ergab als hysterische Stigmata beiderseits konzentrische
Einengung des Gesichtsfeldes inklusive der Farben, linksseitige Ovarie, Analgesien an den
Unterschenkeln, Hj-jjalgesien am Rücken. Der Trigeminus war nirgends druckempfindlich,
jedoch war bemerkenswert, daß durch Druck auf die Austrittsstelle des N. infraorbitalis
beiderseits der Krampf ausgelöst werden konnte.
Die Patientin wurde einer elektrischen Behandlung unterworfen. Schon nach einigen
Tagen zeigte sich eine Verminderung des Orbikulariskrampfes sowohl in bezug auf die
Häufigkeit, als auch die Intensität der Zusammenziehungen.
Es sei noch hinzugefügt, daß die Konjunktiva oder Kornea des linken wie rechten
Auges weder hyperästhetisch, noch anästhetisch war, wie es namentlich von Briquet (57)
als charakteristisches Zeichen der Hysterie angesehen wurde.
Von Gilles de la Tourette (58) wurde konstatiert, daß in den Fällen
von Hysterie, bei welchen die Anästhesie der Kornea und Konjunktiva eine
vollständige gewesen war, der okulopalpebrale Eeflex nicht mehr hervor-
gerufen werden konnte, während die Tränensekretion bei Berührung mit
einem Stück Papier ebenso reichlich, wie bei vorhandener Sensibilität sich
erwiesen habe.
Fromaget (160) stellte kürzlich in der medizinischen Gesellschaft zu Bordeaux ein
junges Mädchen mit vasomotorischen Störungen der Bindehaut auf hysterischer Basis vor,
welches früher an Anfällen von Tränenträufeln hysterischer Natur gelitten hatte.
Über das Versiegen der Tränensekretion bei der Hysterie werden wir
später zu sprechen haben.
§ 28, Eine übermäßige Tränensekretion, die sich in Form der Epiphora
kund tut, beobachtet man, wie auch Möbius (59) mitteilt, bei der Basedow-
schen Erkrankung.
Über das Zustandekommen dieser Erscheinung herrschen verschiedene
Ansichten, wie das ja bei der noch dunklen Ätiologie dieser Erkrankung nicht
anders zu erwarten ist.
Berger (60) meint, das Tränen beim M. Basedowii sei auf eine durch
Sympathikusreizung bedingte Hypersekretion zurückzuführen.
Schmidt-Eimpler (61) sagt, daß das vermehrte Tränen im Beginne
dieser Erkrankung vorkomme und erklärt dasselbe durch die mechanische
Reizung, welche die in größerer Ausdehnung freigelegte Conjunctiva bulbi und
die Kornea durch die Luft erfahre. Da weiter der Lidschlag seltener sei und
die Tränenpunkte bei Exophthalmus vom Tränensee etwas abgedrängt wären,
so würden die Tränen nicht ausreichend abgeleitet. In einem späteren Stadium
wäre jedoch das Auge dann meist weniger befeuchtet, weil, wie man oft kon-
statieren könne, die Sensibilität der Kornea und Konjunktiva vermindert wäre.
Die ausgedehntere Verdunstung auf der größeren, bloßliegenden Augenfläche
steigere dann unter diesen Verhältnissen noch die Trockenheit.
So einfach dürften indes nach unserer, sich auf 45 Fälle stützenden Er-
fahrung diese Verhältnisse nicht liegen, weil eben nur sehr selten eine wirk-
liche Hera})setzung der Sensibilität der Kornea und Konjunktiva beim Basedow
Die vermehrte Tiänensckrction. 23
gefunden wird. Ferner kommen auch Fälle von lan^jehestehendem und hoch-
gradigem Exoi)hthalnuis vor, bei denen auch nach langem Bestehen keine
besondere Trockenheit des Auges zu konstatieren ist. Abgesehen \ielleicht von
d(>njenigen Bi'<)l)a.chtungen, bei welchen der Tränenpunkt infolge des Exoph-
thalnnis vom Tränensee abgedrängt worden war, ist das übermäf5ige Tränen
beim Basedow entweder als ein die so häufig vorkommende Konjunktivitis
begleitend(^s Reizsymptom zu betrachten, oder es beruht auf einer uns bis jetzt
noch unbekaimten Einwirkung auf die Tränendrüse, möge dieselbe nun auf
direktem oder reflektorischem Wege zustande kommen.
§ 29. Eine ebenso auffallende Erscheinung bildet die abnorme Tränen-
sekretioii bei der Gravidität. So beobachtete Nieden (62) bei einer
25jährigen Erstgebärenden vom dritten Schwangerschaftsmonate an ein kon-
tinuierliches, hochgradiges Tränenträufeln. Eine mehrmalige Kokainein-
träufelung brachte Erleichterung.
Xieden betrachtet diese Epiphora als eine Eeflexerscheinung der
Schwangerschaft.
Auch Metaxas (63) hatte schon früher auf die abnorme Tränensekretion
während der Gravidität und auch bald nach der Entbindung aufmerksam
gemacht.
Außer bei diesen Krankheiten beobachten wir neuerdings vermehrte
Tränensekretion in einem Fall von Migräne und einem anderen von Myx-
ödem.
Im ersteren handelte es sich um einen 21jährigen, hereditär nervös nicht belasteten
Seemann, welcher seit l^/, Jahren an Anfällen von linksseitigem Kopfschmerz litt. Wir
hatten zufällig Gelegenheit, den Patienten während eines solchen Anfalles zu beobachten.
Hierbei rötete sich die Sklera des linken Auges, Tränen strömten aus demselben und
liefen über die Wange. Bei der Untersuchung vor dem Anfall konnten wir feststellen,
daß die linke Pupille und linke Lidspalte enger als die rechte war. Ferner erschien die linke
A. tetni^oralis ganz auffallend geschlängelt im Vergleich zur rechten. Bemerkenswert erscheint
d\e Angabe des Patienten, während des Migräneanfalls oft Klopfen in der linken Schläfe
zu fühlen.
Im zweiten Falle traten bei einer 47 jährigen Gastwirtsfrau die Erscheinungen des
Myxödems auf. Die Hautveränderungen waren besonders ausgeprägt im Gesicht und in
den Vorderarmen. Das Gesicht sah breit, gedunsen aus. Patientin, die früher viel geschwitzt
hatte, geriet nicht mehr in Schweiß. Ganz auffallend war das lästige Tränen beider Augen,
ohne daß irgendeine Anomalie am Auge nachweisbar war.
Patientin erhielt ThjTeoidintabletten (Borrunge, Wete & Co.) 1 pro die. Schon nach
einem Monat waren sämtliche Erscheinungen des Mj'xödems zurückgegangen; zugleich
hatte sehr das lästige Tränen aufgehört.
§ 30. Sicher reflektorisch bedingte übermäßige Tränensekretion sehen
wir, wie schon frülier erwähnt, bei allen Eeizen und Erkrankungen der
vorderen Bulbusfläche (Keratitis, Konjunktivitis), femer bei der Iritis und
Zykhtis.
Die chronische Iridochorioiditis geht oft ohne Tränensekretion einher.
§ 31. Daß es Fälle von starkem Tränenfluß gibt, welche ihre Ursache
in Erkrankung der Nasenschleimhaut haben, hat Piipault (64) ganz
speziell hervorgehoben.
24 Das Versiegen der Tränen.
So berichteten auch Melville Hardie und Casey A. Wood (65) über
2 Fälle von permanentem wässerigem Ausfluß aus der Nase, von denen der
eine durch doppelseitige, mit der Verschlimmerung der Nasensymptome ver-
mehrte Epiphora komphziert war,
§ 32, Als Eeflexerscheinung wäre die Heimannsche Beobachtung zu
deuten (66), daß nach einem Anstreifen des Auges an eine Pflanze eine aus-
gesprochene Hypotonie mit starker Tränensekretion eingetreten sein
soll. Entfernter lag die Ursache von anhaltendem Tränen eines Auges bei
Abszessbildung am Wurzelstumpfe eines kariösen oberen Eckzahnes (67).
§ 33. Zum Schlüsse sei noch einer interessanten Mitteilung Trous-
seaus (68) gedacht. Derselbe berichtete über einen Fall von plötzlicher und
in häufigen Anfällen entstehender Anschwellung der linken Tränen-
drüse bei einer 42jährigen Dame.
b) Das Versiegen der Tränen.
§ 34. Daß eine Abwesenheit der Tränensekretion kongenitaler Natur
sein könne, hat Morton (69) hervorgehoben. Er beobachtete dies bei einem
Kinde auf dem rechten Auge.
§ 35. Herabsetzung oder mangelnde Sekretion der Tränen kommt in
Fällen hochgradiger Vernarbung der Bindehaut und Vertrocknung ihres
Epithels vor, so bei der Xerosis conjunctivae. Arlt (94) hat dabei durch
die Autopsie eine Atrophie der Tränendrüse festgestellt.
§ 36. Der erste, welcher mit Nachdruck die Aufmerksamkeit auf die
klinisch so bedeutsame Tatsache des Versiegens der Tränensekretion bei
der Fazialislähmung lenkte, war, wie schon früher hervorgehoben, Gold-
zieher (70).
Allerdings beobachtete noch früher Hutchinson (71) in einem Falle von rechtsseitiger
kompletter Fazialislähmung mit geringer Abnahme der Empfindlichkeit in der rechten
Gesichtshälfte völliges Versiegen der Tränensekretion.
Gold z.i eher sah eine Frau, die an Episkleritis und Iritis des rechten Auges, femer
an kompletter linksseitiger Fazialislähmung litt. Diese Frau weinte nur mit dem rechten
Auge, während das linke trocken blieb. Mit dem Verschwinden der Lähmung verlor sich
auch die Trockenheit. Die anderen Nerven der linken Gesichtshälfte waren normal.
Die Epiphora bei Lagophthalmus paralyticus, auf die wir später zurück-
kommen werden, erklärt Gold zieher durch Konjunktivalabsonderung. Wir
hatten schon eingangs dieses Kapitels gesehen, daß Gold zieh er die sekre-
torischen Fasern der Tränendrüse im Faziahs sucht. Der letztere führt ja
auch einem Trigeminuszweige die Absonderungsnerven der Submaxillarisdrüse
zu. In einer späteren Arbeit wies Gold zieher (72) darauf hin, daß in allen
Fällen von totaler Fazialislähmung, in welclien auch eine Paralyse des Gaumen-
segels vorhanden war, die Tränenabsonderung auf dem Auge der gelähmten
Seite gefehlt habe.
Uhthoff (22), Schüßler (22), V. Francke (95) und Klapp (73) beschrieben eben-
falls Fälle von einseitigem Weinen bei totaler Fazialislähmung. Auf der gelähmten Seite
Das Versiegen der Tränen. 25-
fand sich Epiphora, welche durch .Störungen im AbleitungsmechaniHmuR der Konjunktival-
sekrete bedingt war. In der Deutung schließt er eicli üoldzieher an.
V. Forster (74) berichtete ebenfalls über zwei Fälle von einseitigem Weinen bei
totaler Fazialisparalyse.
Embdcn (75) beobachtete bei einem 4jährigen Mädchen, das infolge einer Schädel-
basisfraktur eine rechtsseitige Fazialislähmung mit fieteiligung des Gaumensegels erlitten-
hatte, einen Mangel der Tränensekretion auf derselben »Seite. Auch die beim Weinen normal
eintretende Rötung, sowie die Vermehrung des Sekretes der Nasenschlcimhaut zeigten sich,
hier nicht. Die Funktionen der übrigen Hirnnerven waren ungestört.
Die beiden letzten Beobachter schließen sich der Goldzieherschen
Deutung an.
Eine sehr interessante und wichtige Beobachtung machte in jüngster
Zeit 0. Heubner (103).
Ein Kind, welches gesunde Eltern und zwei gesunde Geschwister hatte, zeigte schone
nach der leicht verlaufenden Geburt eine Ungleichheit des Gesichts, die sich unverändert
erhielt. Das Kind war psychisch durchaus normal; um so auffälliger waren die Mängel in der
Funktion mehrerer Hirnnerven: beide Abduzensgebiete waren gelähmt, desgleichen der linke
Fazialis, während der rechte eine ziemliche Schwäche zeigte; die vom linken Okulomotorius
versorgten Muskeln waren wenig beweglich; die linke Zungenhälfte war völlig gelähmt und.
atrophisch; auch die rechte Hälfte zeigte nur schwache Muskelaktion, und schließlich
fehlte jede Spur von Tränensekretion. Die elektrische Erregbarkeit war erloschen..
Es handelte sich also um eine doppelseitige, vornehmlich exteriore Ophthalmoplegie,,
verbunden mit beiderseitiger Fazialis- und Hypoglossuslähmung.
Das P/ojährige Kind starb infolge von Pleuropneumonie. Die mikroskopische Unter-
suchung ergab ein völliges Fehlen des linken Hypoglossus, des Fazialis- und Abduzenskerns;.
rechts enthielten diese Gebiete zwar wohlgebildete Zellen, aber verglichen mit gesunden
Organen in viel geringerer Menge. Dagegen waren alle sensiblen Kerne (Trigeminus, Vagus)
normal ausgebildet. Dieser Fall von angeborenem Kernmangel ist wegen des Fehlens der
Tränensekretion recht bedeutsam.
Eine andere Anschauung als Gold zieh er vertritt Hanke (76), der in
einem Falle von luetischer Basalmeningitis das Fehlen psychischer und
reflektorischer Tränensekretion beobachtete. Er macht mehr den
Trigeminus im Sinne eines Erregers der Tränendrüse verantwortlich, als den
Faziahs, da Störungen der Tränensekretion viel ausgeprägter waren, als
die übrigen Erscheinungen von Seiten des Fazialis; auch änderten sich
letztere fast gar nicht, während zugleich mit dem Eückgange der sensiblen
Trigeminuslähmung das psychische und reflektorische Weinen sich wieder
eingestellt hatte.
Für diese Anschauung dürfte vielleicht die folgende Erfahrung Uht-
hoffs (77) sprechen:
Eine Patientin erkrankte an heftigem Gesichtsreißen, besonders im Gebiete des
zweiten Astes des rechten Trigeminus. Als sie wegen der heftigen Schmerzen weinte, be-
merkte ihre Schwester, daß die Tränen nur aus dem linken Auge liefen, während das rechte
trocken blieb. Die Schmerzen am linken Auge verloren sich nach einigen Tagen, doch blieben
abnorme Sensationen bestehen: Das rechte erschien der Patientin kalt, zu groß, das Augenlid
zu schwer. Uhthoff fand bei der Untersuchung Parästhesien im Gebiete des zweiten Astes
des rechten »Quintus. Der Druck auf den X. infraorbitalis war schmerzhaft. Reize, welche
das linke Auge reichlich mit Tränen füllten, ließen das rechte Auge vollkommen trocken.
26 Das Versiegen der Tränen.
Außer der Unterdrückung der Tränenabsonderung waren bei der Demonstration dieses Falles
•durch Uhthoff (in der Berliner Gesellschaft für Psychiatrie und Nervenkrankheiten) alle
übrigen Symptome g&schwunden.
Uhthoff nahm an, daß es sich um eine aufsteigende Neuritis des II. Astes
des rechten Quintus gehandelt habe. Man habe ja auch bei Lähmung des
N. lacrymahs nach experimenteller Durchschneidung Aufhören der Tränen-
sekretion beobachtet, was jedoch von anderer Seite bestritten werde.
In der auf die Demonstration dieses Falles folgenden Diskussion bemerkte Oppen-
lieim, er habe einen ähnlichen Fall beobachtet, in welchem bei Lähmung des N. oculo-
motorius und des N. trige minus der rechten Seite durch Syphilis die betreffende Kranke
bei psychischen Veranlassungen auch nur mit dem linken Auge geweint hätte.
Die Deutung dieser Fälle erscheint um so schwieriger, als bei den Affek-
tionen des Trigeminus, welche zur neuroparalytischen Keratitis führen, nach
den Tierexperimenten sowohl, wie bei den klinischen Beobachtungen, die
Tränenabsonderung nicht aufgehoben ist. Senator (78). Dagegen hat
C. W. Müller (79) folgenden Fall von Trigeminuslähmung publiziert, bei dem
die Tränensekretion aufgehoben war.
Ein 43 jähriger Maler bekam nach einem erhitzenden Marsche ziehende Schmerzen
in der rechten Kopfhälfte, welche mit Unterbrechung zwei Jahre hindurch anhielten. Vier
Jahre nach dem Insulte traten deutliche Zeichen von krampfhafter Veränderung in den
sensiblen Fasern des Trigeminus auf, wobei er zuerst ein sonderbar stumpfes und zugleich
kribbelndes Gefühl in der rechten Zungenhälfte bemerkte.
Bei der sechs Jahre später vorgenommenen Untersuchung fand man totale Anästhesie
im zweiten Aste; ferner Empfindvmgslosigkeit im dritten Ast mit Ausnahme der Bartgegend
und der Gegend vor dem Ohre; endlich bestand komplette Anästhesie im ersten Aste des
Quintus, am Margo supraorbitalis und an der Stirn, während Bulbus, oberes Augenlid
lind Nasenrücken ganz frei erscliienen. Die motorische Sphäre des Trigeminus war ganz
■gesund. Vor allem aber interessiert uns hier, daß die Tränen Sekretion rechts bedeutend
vermindert war. Diesem Umstand war es auch zuzuschreiben, daß der rechte Nasengang
unangenehm trocken blieb. Zur Anregung einer stärkeren Sekretion im Auge und der Nase
hatte Patient sich nun das Schnupfen angewöhnt, das ihm aber für das Auge nicht viel
■zu helfen schien. Auch die Speichel- und Schweißsekretion war auf der befallenen Seite
herabgesetzt; ferner war der Geschmack in den vorderen -/a der rechten Zungenhälfte auf-
gehoben. Wichtig ist, daß der Fazialis, Akustikus und Glossojibaryngeus keinerlei Ano-
malien erkerinen ließen.
Nach Müller handle es sich bei dieser Erkrankung um eine periphere
Neuritis der sensiblen Trigeminus-Partie zentralwärts vom Ganglion Gasseri.
Die bedeutende Verminderung der Tränensekretion lasse verschiedene Er-
klärungsversuche zu. Die sensiblen Erregungen der noch normal fühlenden
Bulbusf lache könnten einmal im affizierten Trigeminuszentrum nicht in die
zentrifugalen Bahnen geleitet werden, dann aber auch sei die zentrifugale
Leitung durch die Sekretionsnerven im total gelähmten Subcutaneus malae
unmöghch geworden, und drittens möchte auch der Umstand von einiger Be-
deutung sein, daß die reflektorische Erregung durch so viele sensible Nerven
aus dem I, und II, Aste (die sämtlich gereizt, die Tränensekretion förderten)
ebenfalls ausfalle.
Ungefähr 6 Jahre später w^ar in sämtlichen früher affiziert gewesenen
sensiblen Nerven nicht eine einzige anästhetische Stelle mehr. Die Tränen-
Das Versiege 11 der Tränen. 27
Schweiß- und Spcichflsckretion waren zurück<^ekehrt. Die quälenden Sen-
sationen (Parästlu'sien) im Bereiche der kranken Nerven hatten bis auf wenige
aufgehört. Nur (hn- Geschmack in der vorderen Partie der rechten Zungen-
hälfte blieb teilweise gestört.
Schmidt (80) beobachtete bei einer SSjährigen Frau, die mit dem Hinterkopf auf
das Glatteis gestürzt war, nach etwa zwei Monaten Kribbeln in der linken Stirnhälfte und
in den Zähnen der linken Seite. AllmälilicOi stellte sich ein starker Reizzustand des linken
Auges ein, aus dem sich eine Hypopyonkoratitis entwickelte. Im Bereich des I. und II.
Trigeminusastes aber bestand vollkommene (iefühllosigkeit gegen Berührungen, Nadelstiche,
verschiedene Temperaturen imd gegen den faradischen Strom. Im Bereich des III. Astes
fand sich eine geringe Hyperästhesie.
In diesem Falle \()n kompletter isolierter Trigeminuslähmung wurde trotz
des großen lieizzustandes des erkrankten linken Auges beim Tränenträufeln
beobachtet.
Wir selbst beobachten seit 1898 ein 28 jähriges Dienstmädchen, welches an Schmerzen
in der linken Gesichtshälfte leidet. Zugleich war die Sensibilität, sowohl die Tast- wie die
Schmerzen! pfindung, in sämtlichen drei Ästen des Trigeminus herabgesetzt; auch fehlte
links der Kornealreflex. Diese Patientin gab an, daß bei heftigen Schmerzen das linke
Auge tränte.
Bemerkenswert dürfte sein, daß für längere Zeit eine Besserung der subjektiven
Beschwerden auf Jodnatrium eingetreten war, obwohl Lues nicht nachgewiesen werden
konnte. Jedoch stellten sich nach einigen Monaten wieder dieselben Erscheinungen ein. Die
übrigen Hirnnerven boten keinerlei Anomalien dar.
Sehr wichtig für die Entscheidung der Frage, ol) der Trigeminus bei
der Innervation der Tränendrüse beteiligt sei, sind die von Krause (81)
vorgenommenen Exstirpationen des Ganglion Gasseri. Krause hat bei
sieben Personen auf der operierten Seite die Tränenabsonderung dauernd
vermindert gefunden. Sehr stark war dies der Fall bei einer 36jährigen
Patientin, welche auf das Bestimmteste erklärte, daß seit der Operation
das betreffende Auge keine Tränen mehr habe. Bei der Betrachtung sah
man deutlich, daß die Tränenabsonderung verringert war. Dasselbe war
bei einem Herrn noch zwei Jahre nach der Operation der Fall. Eine
dritte Patientin vergießt seit der Ganglienexstirpation beim Weinen nur
'Tränen auf der gesunden Seite , wobei dieses Auge sich in gewöhnhcher
Weise rötet; das Auge der operierten Seite bleibt blaß und sondert keine
Tränen ab. Für gewöhnlich bemerkte man keinen Unterschied im Feuchtig-
keitsgrade beider Augen. Bei derselben Patientin füllte sich nach mehrmahgem
Gähnen nur das Auge der gesunden Seite mit Tränen, das andere bheb
trocken.
Eine vierte Patientin hatte etwa V2 J^^^^ nach der Ganglienexstirpation
ihren einzigen Sohn verloren und während dieser tränenreichen Zeit stets be-
obachtet, daß das Auge der operierten Seite wohl mitweinte, daß jedoch hier
die Tränen später und in viel geringerer jMenge abgesondert wurden, als
auf dem normalen Auge.
Der eine von uns (S aenger) hatte auf Veranlassung von Krause
Gelegenheit, die Patienten zu untersuchen und die Angaben zu bestätigen.
28
Das Versiegen der Tränen.
Krause bezieht sich zur Erklärung der verminderten resp. aufgehobenen
Tränensekretion auf eine Arbeit von V. Francke (101). Er glaubt, daß
bei der Operation der dem Gangl. Gasseri und dem Trigeminusstamme nahe-
liegende dünne Nerv, petrosus superfic. major gezerrt oder in anderer Weise
verletzt wurde. Durch diese Läsion würde auch die Tränenabsonderung
beeinflußt; sie würde in dem einen Falle vermindert, im anderen ganz auf-
gehoben sein.
In seiner Monographie über die Neuralgie des Trigeminus stellt sich
Krause ganz auf die Seite derer, die im Fazialis allein den Innervator der
Tränendrüse sehen. Er
bezieht sich auf die Er-
fahrungen Gold ziehers
bei der vollständigen Fa-
zialislähmung, ferner auf
die Beobachtung Schüß-
1er s (102) bei Dehnung
des Fazialis wegen Tic
convulsif: ,, in dem Augen-
blicke der Zerrung w-ar
es, als ob ein Eßlöffel
voll Wasser aus dem
betreffenden Auge ver-
gossen würde."
Li seinen früheren
Publikationen äußerte
sich dieser Autor jedoch
viel vorsichtiger und nach
unserer Ansicht viel rich-
tiger, wenn er sagt, aus
seinen operierten Fällen
gehe hervor, daß dem
Trigeminus ein wesent-
hcher Einfluß auf die
Fig. 8.
A. B. Linksseitige Fazialislähmung. Schwimmen der
Augen in Tränen.
Tränenabsonderung
zu-
komme. Da aber anderer-
seits die Tränensekretion nach der Exstirpation des Gangl. Gasseri nicht
vollständig versiegt, so müsse noch ein anderer Nerv, wahrscheinlich der
N. facialis, ebenfalls wirksam sein.
Nach unserer Ansicht sprechen das Versiegen der Tränen bei den vor-
her mitgeteilten Fällen von Trigeminuslähmung, sowie die Folgen der Krause-
schen Exstirpationen des Ganglion Gasseri sehr zugunsten des Trigeminus
als Erreger der Tränensekretion.
Ferner sei besonders hervorgehoben, daß bei der kompletten Fazialis-
lähmung (mit Beteiligung des Gaumensegels und dos Geschmackes an der
Das Versiegen der Tränen.
29
Zungenspitze) durchaus nicht konstant die Tränensekretion aufgehoben
ist, im Gegenteil möchten wir di(^s als den selteneren Fall ansehen.
Erst dieser Tage beobachteten wir ein lOjähriges Mädchen, bei der sich nach einer
Dampferfalirt plötzlich eine völlige Lähmung der linken Gesichtshälfte eingestellt hatte.
Es bestand eine komplette linksseitige Fazialislälimvmg mit Lagoplithalmus. Der
Geschmack war an der linken Seite der Zungenspitze etwas herabsgesetzt. Die Uvula wich
beim Anlauten nach reclits ab. Das linke Gaumensegel war schwächer irmerviert.
Als der poliklinischen Patientin gesagt wurde, sie müsse im Krankenhaus bleiben,
fing sie bitterlich an zu weinen. Hierbei ergossen sich auf beiden Augen in durchaus
gleicher Menge die Tränen. Man konnte deutlich bei ihr beobachten, daß zugleich mit dem
Weinen sich eine Ziliarinjektion einstellte, was darauf hinweist, daß entweder die vasodila-
tatorischen Fasern des Trigeminus,
oder der 8ymj)atliikus im Spiel waren.
Jedenfalls war in diesem Falle von
einseitigem Weinen durchaus keine
Rede. (Siehe Fig. 8 und 9.)
Wir sahen ferner kürzlich einen
16jährigen Menschen, der von einem
Wagen heruntergestürzt war, das Be-
wußtsein verloren und eine Schädel-
basisfraktur erlitten hatte. Es entleerte
sich Blut aus dem linken Ohr. Nach
Abschwellen des Gesichts zeigte sich
eine komplette linksseitige Fazialis-
lähmung; zugleich war das Gehör
links völlig aufgehoben. Sonst waren
keine Veränderungen nachweisbar. Die
uns besonders interessierende Fazialis-
lähmung betraf alle Äste. Das Gaumen-
segel wurde links etwas schwächer in-
nerviert. Der Zungengrund stand links
tiefer. Der Geschmack war an den
vorderen -/g der Zunge auf der linken
Seite deutlich herabgesetzt. Wir beide
hatten Gelegenheit, zufällig diesen
jungen Menschen weinen zu sehen und
konstatierten, daß sich die Tränen auf
beiden Seiten in gleicher Weise
ergossen; ja sie schienen auf der ge-
lähmten Seite eher vermehrt zu sein.
(Siehe Fig. 10.)
Aus unseren Betrachtungen und Beobachtungen geht
hervor, daß die Frage nach der Innervation der Tränendrüse
noch nicht gelöst ist. Manche Erfahrungen und klinische Be-
obachtungen sprechen zwar sehr zugunsten des Fazialis,
andere wieder für den Trigeminus oder den Sympathikus. —
Entweder kommen weitgehende Variationen vor, die bald dem
Fazialis, bald dem Trigeminus, bald dem Sympathikus die Rolle
des Innarvators zuerteilen, oder es handelt sich jedesmal um eine
kombinierte Wirkung zweier dieser Nerven, oder endlich wirken
vielleicht alle drei zusammen.
A. B.
Fig. 9.
Linksseitige Fazialislähmung. Tränenerguß
beim Weinen.
30
Das Versiegen der Tränen.
§ 37. Bei manchen Krankheiten hat man eine auffallende Trockenheit
der Konjunktiva beobachtet, so besonders beim Typhus.
Berger (82) erklärt dieses Vorkommnis durch eine Parese der sekre-
torischen Nerven der Tränendrüse. Jedoch ist diese Erklärung nicht immer
zutreffend.
§ 38. Bei Leprösen wird ebenfalls ein Versiegen der Tränen beobachtet.
Selbst bei dem so häufig vorkommenden Ektropium sieht man keine
Epiphora.
Lopez (83) vermutete als Grund dieses Verhaltens ein gleichzeitiges
Ergriffensein der Tränendrüse
durch die Lepra,
§ 39. Endhch sei noch
auf das Versiegen der Tränen
bei einer psychischen Krank-
heit, der Melancholie, hin-
gewiesen. Döring (84) unter-
suchte 257 Fälle. Bei 22 Pa-
tienten beobachtete er tränen-
loses Weinen, und zwar betrafen
12% das weibhche und 4%
das männliche Geschlecht. Xur
bei schwereren Fällen komme
Mangel oder Verminderung der
Tränensekretion vor. Die Ur-
sache des Versiegens der Tränen
bei der Melancholie habe
man in dem funktionellen
Überwiegen der reflexhemmen-
den Fasern anzunehmen. —
Morel (85) macht darauf auf-
merksam, daß mit der be-
ginnenden Rekonvaleszenz bei
dem Weinen sich wieder
Tränensekretion einzustellen
pflege. Etwas Analoges beobachtet man in nicht pathologischen Fällen, daß
bei übergroßem Schmerz die Tränensekretion ausbleibt, während mit der
Linderung desselben es zum Weinen kommt.
§ 40. Zum Schlüsse dieses Abschnittes sei noch darauf hingewiesen, daß
bei akuten Vergiftungen, so besonders beim Botulis mus [s. S. 278, Bd. I),
ein bis zwei Tage nach Genuß des verdorbenen Fleisches, Versiegen der
Speichel- und Tränensekretion neben anderen Symptomen gefunden wird.
Differentialdiagnostisch ist bei dem Versiegen der Tränensekretion zu
berücksichtigen, ob dasselbe nicht als Folge einer Mikuhczschen symmetrischen
Erkrankung der Tränen- und Mundspeicheldrüsen aufzufassen sei. Von
Fig. 10.
A. B. Linksseitige Fazialislähmung. Träne am Unter-
lid des linken Auges beim Weinen.
Die Absonderung blutiger Tränen. 31
Hirsch (153) wurde luucrdiiigs nachgewiesen, daß es sich bei dieser merk-
würdigen Krankheit um eine Zirrhose der genannten Drüsen handle.
c) Abnorme Bestandteile des Träncnsckrctes. Die Absonderung
blutiger Tränen.
§ 41. Während IVüher öfters Fälle von sog. Blutweinen veröffentlicht
wurden, so von Frantze (154) und Hasner (86), findet man in neuerer Zeit
in der Literatur nur vereinzelte dahingehörige Beobachtungen.
Fieuzal (87) stellte unter dem Titel ,,Les larmes de sang" 4 Fälle zusammen, in
welchen, inid zwar anscheinend spontan, eine blutig wässerige Feuchtigkeit von dem Auge
abgesondert wurde. In 2 Fällen, die genauer untersucht worden sind, war nur ein Auge
befallen. Das eine Mal ergab sich als Ursache eine Schwellung und mehrfache Exfoliation
der Conjunctiva palpebrarum, während bei dem anderen Falle eine kleine, der Schleim-
haut fest aufsitzende imd leicht blutende Geschwulst in der Höhe des oberen Tarsalrandes
gefunden wurde. Hier handelte es sich demnach nicht um blutige Tränen, sondern um
konjunktivale Hämorrliagien, die namentlich beim Reiben der Lider zustande gekommen
waren.
Groß (88) beobachtete dagegen bei einem 21jährigen Mädchen während IY2 Jahren
die zeitweilige Ausscheidung von blutigen Tränen aus dem linken Auge, ohne daß weder
an der Konjunktiva, noch an der Tränendrüse die geringste Veränderung nachzuweisen
gewesen wäre. Patientin litt lediglich an Anämie.
Leider vermissen wir bei diesem Mädchen den Hinweis auf Hysterie.
Ist es doch eine ziemlich sicher festgestellte Tatsache, daß bei der Hysterie
Blutaustritte aus inneren Organen, aus der Haut und in dieselbe erfolgen können.
Allerdings scheint es sich in den meisten Fällen um weibliche Individuen ge-
handelt zu haben, bei denen die Blutungen sich oft auch als vikariierende
]\lenstruationen darstellen. Bekannt ist ferner die vikariierende
HämojDtoe, die Ohrblutung und die Blutung in die vordere Kammer.
Es sind aber auch bei Hysterischen ohne Menstruationsanomalien spontane
Blutungen beobachtet worden. Möglicherweise gehören die S23ärlichen Fälle von
Blut weinen in die Kategorie der blutigen Sekretionen bei der Hysterie;
[blutiger Schweiß (Ihrig N. Z. Bd. 10, S. 528) vgl. Band I, S. 10 dieses Buches],
wenn auch nach unserer Ansicht jedem Falle gegenüber die äußerste Skepsis
geboten erscheint.
Daß es in der Tränendrüse zu blutiger Ausscheidung kommen kann,
dürfte aus dem Befunde Eeklinghausens (89) erschlossen werden können.
Derselbe fand bei Hä mochr omatose auch Braunfärbung der Tränendrüse.
d) Tränenträufeln infolge von gehinderter Abfuhr der Tränen.
Die gestörte Ableitung der Tränen kann entweder durch ün Vollständig-
keit des Lidschlusses oder durch Anomalien der Tränen wege verursacht
werden.
§ 42. Wie schon im I. Bande auseinandergesetzt wurde, sind die
Lähmungszustände des Muse, orbicul. oculi meist eine Teilerscheinung
der kompletten Faziahslähmung. Um Wiederholungen zu vermeiden, verweisen
32
Gehinderte Abfuhr der Tränen.
wir betreffs der genaueren Details der peripheren Fazialislähmung auf das
Kapitel X des I. Bandes und heben nur in bezug auf das uns hier inter-
essierende Phänomen des Tränens bei der Faziahslähmung hervor, daß das
untere Lid nach erfolgter Lähmung des Fazialis durch die eigene Schwere
herabsinkt, wobei noch der überwiegende Tonus des unteren Palpebral-
muskels sich geltend macht. Hierdurch kommt die untere Lidkante oft
mehrere Milhmeter unter den Hornhautrand zu stehen, siehe Fig. 11. Das so
lästige Tränen bei der Faziahslähmung kann nun entweder dadurch zu-
stande kommen , daß infolge der Unmöglichkeit sowohl des willkürlichen,
wie reflektorischen Lidschlusses, der
vordere Bulbusabschnitt bei erwei-
terter Lidspalte den taktilen Eeizen
(Staub usw., Verdunstung) schutzlos
preisgegeben ist, wodurch reflek-
torisch die Tränenabsonderung her-
vorgerufen wird, oder die Tränen-
flüssigkeit kann infolge des Ab-
ötehens der unteren Lidkante nicht
in die evertierten Tränenpunkte ein-
dringen und läuft über die Wange.
Das lästige Tränen bei der
Fazialislähmung ist nach unseren
Erfahrungen ein so häufiges Sym-
ptom, daß die Tatsache des Aufge-
hobenseins des Weinens bei dieser
Erkrankung um so bemerkenswerter
erscheinen muß und darum auch
noch einer genaueren Untersuchung
bedarf.
Auf Seite 28 — 30 teilten wir
zwei Fälle von totaler, peripherer
Fazialislähmung mit, bei welchem
sich beim Weinen die Tränen auf beiden Augen in gleicher Weise er-
gossen.
Dasselbe gab ein Patient mit peripherer totaler Fazialislähmung an.
Gerade gegenwärtig beobachten wir einen Fall, bei dem selbst in der Zeit der Heilung
der Fazialislähmung noch immer lästiges Tränen, namentlich beim Essen und Trinken
besteht. —
In einem anderen Falle von alter geheilter rechtsseitiger Fazialislähmung wird
ebenfalls über lästiges Tränen geklagt, obwohl der tränenableitende Apparat ganz in
Ordnung ist.
In einem dritten Fall handelte es sich um einen 58jährigen Herrn, der an leichtem
Diabetes und an einer allgemeinen Arteriosklerose leidet. Derselbe hatte vor acht Jahren
eine rechtsseitige periphere Fazialislähmung von achtwöchentlicher Dauer durchgemacht.
Die Lähmung heilte mit Zurückbleiben einer leichten Kontraktur im rechten Mundwinkel
Fig. 11.
H. J. Rechts komplette Fazialislähmung.
Weitere Lidsj)alte als links durch Zug vom
Ober- und Unterlid.
Aiiafdiiiic des Trigemimi.s. 33
1111(1 im ( )il)i(iilaris oculi. Die rcclilc Lidspaltc Idicl) cn^icr als die linke. Seit 8 Jahren klagt
Patient immer noeli über lästiges 'J'ränen des rechten Auges. Vor einem halben Jahre trat
infolge eines aj)o piekt ifonnen Anfalls eine rechtsseitige Heniiparese ein. Sehr bemerkens-
werterweise ist seitdem die Kontraktur des rechten Mundwinkels verschwunden, obwohl
gegenwärtig alle Lähmungserscheinungen ad integrum sich wieder restituiert haben.
§ 48. Möglicln nvc'ise ist das aiidauenidc Träiicnträufclii in ciiicin drr
obenerwähnten Fälle durch eine Kontraktur des Ringniuskels des papil-
lären Teils der Tränenkanälchen bedingt.
Seggel (90) hat zAvci derartige Fälle publiziert.
Auch Risiey (91) hat darauf hingewiesen, daß manche Fälle von Fpijiliora durcli
eine spastische Verengerung des Tränenpunlvtes bedingt Seien.
§ 44. Der unvollstäntlige Lidschluß kann indes auch diiieh Ver-
kürzung und Einkerbung der Lider zustande kommen; in seltenen Fällen
durch Verlängerung der die Lidspalte begrenzenden Teile, wie der Plica
semilunaris.
So sah Socor (92) einseitiges Tränenträufeln bei einem 9jährigen Kinde infolge von
abnormer Verlängerung der Plica semilunaris.
§ 45. ])aß durch mechanische Vcilcgung des Träncniiasen-
kanals am häufigsten Tränen trän f eh i bedingt wird, brauclit nicht erst be-
sonders durch Eingehen auf die einzelnen Erkrankungen der Tränenorgane
dargelegt zu werden. Daß man l)ei einer hartnäckigen Epiphora zuerst an die
mechanischen Momente denken nuiß, lehrt z. B. der interessante Fall von
Berger und Thyrmann (93), bei dem durch Tumorluldung im Siebbein-
labyrinth sclion frühzeitig Tränenträufeln auftrat.
Kapitel II.
Die Bezieliuiig'eii des Trigeiiiinus zum Auge.
Anatomisches.
Staiinu und Äste.
§ 40. Der Trigeminus geht mit zwei Wurzeln aus der Brücke resp. der
ventralen Fläche des mittleren Kleinhirnschenkels liervor, aus einer vorderen
kleineren, die nur motorische Fasern enthält, und einer hinteren, bedeutend
stärkeren, die rein sensibel ist. Sie legen sich so aneinander, daß die
motorische Wurzel an der unteren medialen Seite der sensiblen verläuft, und
treten durch eine über der Spitze des Felsenbeins gelegenen Spalte der Dura,
seitlich vcfti der Durchtrittsstelle des N. abducens, in einen auf der oberen
Fläche der Felsen l)einp3'iamide von der Dura gebildeten Hohlraum, das Cavum
Wilbrand-Sa enger, Neurologie des Auges. II. Bd, I. Abteilung. 3
34
Anatomie des Trigeminus.
Fig. 12.
Vollauf der basalen NervenstÜTTime (nach Merkel). Oraofe-Säm iseh T. 1. Aufl.
Fig. 13.
Ganglion Gas-seri mit seinen Wurzeln und Ästen etwas vergrößert; links von außen, rechts
von innen gesehen: aus Rüdinger, Die Anatomie der menschlichen Gehirmierven, München
1868, Figur Jl und Ell. 1 --~ motorische schwache Wurzel, 2 = sensible starke^ Wurzel,
3 (ianglion semilunare, an welchem die motoi'ische Wurzel vorbeigeht, um zuui III. Aste
zu gelangen, 4 = erstei- Ast, 5 = zweit<»i' Ast, 6 = drittel- Ast.
Anatomie des Trigeminus.
Caroiis
35
II liiiopliysis
Flg. 14.
Frontalschnitt dos Sinus cavernosus. III — N. oculomotorius. /F = N. trochlearis.
IV = N. abducens. F', F^, F^ = die drei Äste des N. trigeminus (nach Merkel, Topogr.
Anatomie S. 71).
Fig. 15.
Schematische Zeichnung über die Verteilung der sensiblen Hautnerven am Kopfe nach
F. Frohse (in Krause, Neuralgie des Ti'igeminus, S. 21).
1 = erster Trigeminusast. j 4 = X. occipitalis magnus.
2 — zweiter Trigeminusast. 5 = N. occipitaUs minor.
ff = X. infraorbitalis. 6 ^ X. auricularis magnus.
& ^ X. zvgomatico-facialis. • 7 ■= Xn. cervicales posteriores.
c = X. zygomatico-tempoi-alis. 8 = Xn. cer\'icales laterales.
3 = N. auriculo-teniporalis. 9 = X. auricularis vagi.
3»=
36
Anatomie des Trigeminus.
Meckelii. Letzteres ist lateralwärts vom Sinus cavernosus gelegen und er-
streckt sich von der Impressio trigemini des Felsenbeins nach vorn und
lateralwärts zum medialen Winkel der Fissura orbitahs superior, zum Foramen
rotundum und ovale. Siehe Fig. 12 und 18. In diesem Eaume bildet die hintere
Wurzel das Ganglion Gasseri, aus welchem die drei Äste des Trigeminus
entspringen, während die vordere Wurzel an der unteren Fläche desselben
vorbeizieht (ohne Fasern an
dasselbe abzugeben) und sich
erst jenseits des Ganglions mit
dem aus diesem entspringenden
III. Aste verbindet. (Siehe
Fig. 13.)
Die sensible Trige-
minus würze 1 entspringt nach
neueren Untersuchungen aus
dem Gass er sehen Ganglion
und dringt in die Brücke hinein,
um von hier aus ins Rücken-
markhinabsteigend die spinale
— früher als aufsteigend
bezeichnete — Wui zel /n
])ilden (Oppenheim 104).
Von dem Cranglion
Gasseri gehen drei Äste
aus, von denen der erste, mit
welchem wir uns der Haupt-
sache nach hier zu beschäftigen
haben, die Schädelhöhle durch
die Fissura orbitalis supe-
lioi' (siehe Fig. 14), die beiden
andereil durch das Foramen
ovale und r o t u n d u m ver-
lassen. Der I. und IL Trige-
minusast enthalten sensible, der
III. auch motorische Fasern.
Der L Ast A'ei'sorgt die
Haut des Kopfes in der auf
l*'igiir 15 bezeichneten Gegend
i( liier die Konjunktiva, Kornea,
eitlen Teil der X asens clilei iii-
Fig. 16 (naeh Merkel).
(Graefe-Sämisch, I. Aufl. Bd. I. S. 120.)
Innere Schädelbasis von oben gesehen. Die Deeke
der Augenhöhle ist weggebroehen.
la — N. laciymalis.
fr — N. frontalis,
■so = N. supraorbitalis.
str = N. supratrochleaiis.
Rs = M. reetus superior
L ---= M. levator pal]iehr.
von der Augi lilidsiiallc bis zum Scbeiit K
Iris, Ziliai k(")i per, Ad erbaut und
haut. Dabei ents])richt die Störung der Haut- und Schleimhautsensibihtät
nach Ausfall eines der Haiiptäste des Tiigeniinus wegen der peripheren
Anastomosen der einzelnen Zweige niclit vollkoiiniieii dem anatomischen
Ausbreitungsgebiete desselben; es wird viehnehr zumeist mir ein wesent-
Aiiatiiniic des 'rii^'ciniiiuH. 37
lieh klriiicic'S (icl)ic't, als man iTwartcii sollte, noji sriisiblru Störuii^a'H
liclrol't'cii.
])ci' NcT\iis <ri<^fciiiiinis c))!!);!]! anricrdcin. \\ic Avir gesehen, noch
Sek ictoiisehc l'^asciii füi' die Ti-äiiciid r üsc und wahrscheinlich auch
l''as('iii \()ii 1 1 opliiseiici' l''mikt iciii. .Mit dem I. Aste, dem Ramus ()})h-
llialniieus, '/iclicii nämlich Sympathikusfaseni /um Auge resj). /um (lau-
gliun ciliare, die den M. dilatator pu])illae (und glatte Lidmuskehi vgl. Hd. 1,
S. 544) innervieien. Diese sym})athischen Fasern stammen aus dem Plexus
cai'oticiis.
])rr liamus ()})hi hal micus zieht dundi die Fissuia oihitaJis supei'ioi
in die Augenhöhle. Sielie 1^'ig. 14 und Ki.
Die Endäste, in Avelche sich (lersell»e teilt, sind dici an Zahl:
]>e]- Xeivus supiaoi'hitalis, hicrymalis und nasociliaris.
Die Teilung geschieht entweder hinten, oder doch wenigstens in der
Fissur, so daß der Stainm des Eamus ophthalmicus die Augenhöhle ühe]-
liaupt nicht betritt. ( iewcilinlieh findet man, daß der eine diesei- drei Aste
fi'üher al)gelit, und dal.) die l)ei(len anderen noch eine kur/e Strecke
Neicinigt hleii)en. ehe sie. unter sich divergierend ihre l^hidlx'/iike aufsuehen.
(Merkel 105.)
Nachdem dei' X. supraorhitalis seitwärts vom N. opticus (s. Fig. 10, II) die
Augenhöhle hetreten hat, verläßt ihn sein lateraler Ast, der N. lacrymalis
{la). Weite]- \()rne gibt er nach der medialen Seite hin den N. sii])rati()chleaiis
(.str) ab und teilt sich danii in seinem beiden Endäste X. supraoi' l)italis (so)
und fiontalis {fr). ])ie drei let/tei'en geben sensilde Fasern /um oberen Lid,
dvy Ihaue, der (dabella, der Stirn und der angrenzenden Schläfenhaut l)is zum
Seheitid.
]>ei' XeiA'. lacivinalis entsendet seiisibk' Ast-e zur .l\()]jjunl\t i\a , zum
oberen Lide, /ur angrenzenden Scbläfetibaut und fiibrt aucli wobl Selsretions-
fasern zur Tränendrüse, siehe Fig. 17. (Die Frage, welcber Xei\ dvr Imier-
\alor der Tränendrüse sei, haben wir im xorigeii Kapitel behandelt. j
Der X". nasociliai'is (siehe k'ig. 18 nc) gil^t in dem Inl'ratiochleaiis
sensible ]*'ase]n an die Koiijunktiva, Karunkula, den Saccus lacrymalis, das
ol)ere Lid, die Lraue und die Xaseiiwurzel. Sein Ast, der X. ethmoidalis
Aersorgt die Nasens])it/e und Nasenflügel außen und innen, ebenso den Aorderen
Teil des Septums und der ]\luschebi mit sensiblen und \ielleicht auch mit
vasomotorischen Zweigen, welche dem Sym})aihikus entstammen.
^\)m Xasoziliaris gehen dann die lladix longa zvnn Ganglion ciliare
und außeideiii 1 — 3 Xervi ciliai'es longi /um Lulbus.
v^ 47. Das (langlion ciliai'e (siehe Fig. 18 Glc), auf widches wir nach-
her noch besonders zu sprechen kommen, hat dici Wurztdn a) die schon vcn'hin
erwähnte Radix longa vom Xasoziliaris. b) die l^adix brevis aoiu Okulo-
motorius und c) die Radix sympathica vom Plexus caroticus.
Aus dem Ganglion gehen 3 — 6 Xeivi ciliares breves hervor; die-
selben vermehren sich durch Teiluiiji bis zu 20 Ästchen und durchbohren
38
Anatomie des Trigeminus.
vereint mit den Nervi ciliaris longi die Sklera in der Nähe des Eintritts
des Nervus opticus.
§ 48. Die Nervi ciliares longi et breves bestehen nach Hahn (106)
in ihrem extraokulären Teile aus lauter markhaltigen Fasern von ver-
schiedenem Kaliber (20 — 10 — 2^/2 — 2^). Die kleinsten sollen einen äußerst
feinen Markmantel besitzen und zwischen den gröberen zerstreut liegen. In
den dickeren N. N. cihares breves fanden sich an der Peripherie Bündel solcher
feinster Fasern, die in diümeren N. N. ciliares longi fehlten. Ob dieselben
sympathischer Natur sind, ließ sich nicht entscheiden.
Da die Ansichten über die vorderen Ziliarnerven noch auseinander-
gehen, hat Axenfeld (107) Präparate und mikroskopische Schnittserien
hergestellt, als deren Kesultat sich
ergibt, daß von den Ziliarnerven
da, wo sie hinten die Sklera durch-
bohren, feine Ästchen sich nach
vorne abzweigen, die er episklerale
Äste der Ziliarnerven nannte,
und die sich in der Tenonschen
Kapsel und im benachbarten Fett
verloren. Keinenfalls konnte er
sie in die Sklera verfolgen. Sodann
fand er vorn vor der Sehne des
Internus einen 1,5 mm dicken Nerven,
die Sklera durchbohrend und sich
nach vorn und hinten in der Uvea
verbreitend, dessen Herkunft noch
nicht genau festgestellt werden
konnte. Wenn trotz regelrechter
Neurotomie keine völlige Anästhesie
einträte, so seien nicht etwa die
eben genannten episkleralen Zweige
daran schuld, sondern abnorme Äste
, nasociliaris, welche erst vorne den
Fig. 17.
(Graefe-Sämisch, I. Aufl., Bd. I, S. 121.)
Laterale Wand der Augenhöhle. Anastomose
zwischen N. lacrymalis la und dem Ramns
temporalis te vom N. orbitalis.
F2 = 2. Äst des Trigeminus.
nü = Ramus malaris des N. orbitalis.
gdl = Tränendrüse.
des N. lacrymalis und besonders des N,
Nerven verheßen.
Endhch sind noch im Verlaufe der Ziliarnerven Ganglien gefunden
worden. Diese, etwa 60 an der Zahl, lassen sich nach Peschel (108) ni zwei
Gruppen scheiden, deren eine, zwischen dem Ganglion ciliare und dem Bulbus
gelegen, 36 Ganghen (bei einem Kaninchen) zeigte. Diese Ganglien seien
teils in den Verlauf der Nervenstämme eingestreut, teils lägen sie in der Nähe
derselben. Die Größe derselben sei eine verschiedene. Einzelne näherten sich
in ihrer Größe dem Ganglion ciliare.
Die zweite Gruppe befände sich zentral vom Ganglion ciliare zwisclien
diesem und dem Beginne des I. Trigeminusastes. Sie umfasse ungefähr
20 Ganglien, deren Anordnung eine ähnliche sei, wie bei der ersten Gruppe,
Aiiiildiiiic (l(-s 'rii^iciiiiims.
39
mir iiiil (Ifiii Uiiiciscliicdc, (hil.l (licsclhcii /um Teil iiii (litii.H' das (iaii,i;;li()ii
ciliavc iihcilräl'cii und in einem ungemein koiiipli/iei'fcii, vorwicj^eiid dem
Tiiij;e minus und Sy in])a t hi kus aiifj;cliöii<feii l'Icxus von IViserii iiig( ii,
deren Zald saiui den der Präpaiation zu<^riiii<^di('lien Ästen sich auf mclir als
1500 helaufe.
vi; 4!>. Die NeiA'i ciliaics hcfjjeben sich nun zwischen Sklera und Ader-
liaiil naeli Noine. Siehe i^'ig. 1!*. Sie sind hier bandartig abgeplattet, untl es
Ncriaul'en die stärkeren Stämniehen in seichten" Vertiefungen der Sklera.
Auf ihi'ei' Jjahn schicken sie ein/eine Ästchen zur (Mi o r ioi d e a.
Königstein (lüD) konnte übereinstinnnend mit der früheren Beschrei-
bung Helfreichs (110) bestätigen, daß auch innerhalb der Sklera ein wirklicher
Zerfall \on Nerven in feinste P'ihrillen stattfindet.
Fig. 18.
Nach Merkel. t4raefe-Sämisch, Bd. 1, S. 15.3.
Fiilialt der Augonhöhli" von der lateralen Seite aus gesehen. Die Muskeln Rectus superiur (Rs)
und Rectus lateralis (Rl) sind abgeschnitten mid mit dem hinteren Teile zurückgeschlagen. Es
konunt dadurch das Ganglion ciliare mit seinen Verbindungen zum Vorschein. V = (langlion
semilunare des N. trigeminus. Der erste x\st dieses Nerven ist durch Wegbrechen des Knochens
ganz sichtbar gemacht, nc = der von ihm abgehende X. nasociliaris. Von demselben läßt
sich die lange Wurzel zum Ganglion ciliare (Glc) verfolgen. /// = der zum Obliquu.s inferior
{Oi) vorwärts ziehende Ast des N. oculomotoiius. Dicht unter dem Ganglion ciliare sendet
dieser Ast die kiu'ze Wurzel zu demselben. An der vorderen Seite des Ganglion ciliai'e (Qlc)
treten die Nervi ciliaris aus und verlaufen zum Bulbus hin. VI = N. abducens.
Nach Bach (111) treten beim Kaninchen an den verschiedensten Stellen
tler Sklera teils vor, teils hinter dem Äquator Nerven in dieselbe ein, um sich
entweder darin zu verästeln, oder durch sie hindurch in die Uvea zu gelangen.
Von den eintretenden Ästchen gingen sowohl nach vorne wie nach rückwärts
Zweige ab. Besonders zahlreich sei die Gegend vorne am Ziliarkörper mit
Nerven versehen.
Die Sklera soll im allgemeinen nervenreicher sein, als man seithi^r an-
genonnnen habe. Die regen Beziehungen der eintretenden Nerven za den
Gefäßen weise auf einen sym^ja tili sehen Uisprung hin.
Über den Verlauf der Nerven in der Chorioidea hat Bardelli (112)
folgende Beobachtungen angestellt:
40
Ajiatoniif des Trigcmimis.
Aus den kiazcii hinteren Ziliarnerven entspringen beim Menschen gleich
nach ihrem Durchtiitt (hirch die Sklera dicke Nervenbündel, die sich dicho-
tomisch teilen, initereinander anastomosieren und ein grobes, weitmaschiges,
auf den hintersten Abschnitt der Chorioidea Ijeschränktes Netz bilden. Aus
demselben gehen sekundäre Nervenbündel hervor, welche sich zu einem
zweiten, besser charakterisierten Netze verflechten, das sich weiter nach Aor-
wärts bis zum Äquator ausbreitet (Hauptnetz der hinteren Hemisphäre).
Dieses Hauptnetz sendet feine Zweige zu den Gefäßen. Nur ein Teil der
Gefäßnerven verläuft in diesen Bahnen, ein anderer stannnt aus Nerven-
bündeln erster Ordnung, die direkt die großen Gefäße erreichen und sich
dann in sekundäre Ästchen auflösen,
welche dem Laufe der Gefärße folgen; (^n
anderes Mal sieht man plötzlich entlang
einer Gefäßwand ein Nervenstämmchen
auftreten, welches hinteicinander sekun-
däre Verzweigungen zu dem lietreffenden
Gefäße und den Nach l)argef äßen aus-
sendet, um schließlich, die (iefäßwand
umspinnend, zu endigen.
Nach(l(>m die kurzen hinteren Ziliar-
nerven die l)eschriel:)enen Verzweigungen
abgegeben hal)en, Aerfolgen sie ihren Weg
in der Suprachorioidea nach vorwärts
weiter, lim in den vorderen Partien der
Cliorioidea ein Aveitmaschiges, unregel-
mäßiges Netz zu bilden, von dem dann
wieder Fasern zu den Gefäßen ausstrahlen.
Auf ihrem Wege durch die ßuprachorioidea
senden die kurzen hinteren Ziliarnerven
Verzweigungen aus, die, sich teilend,
unter sich und mit Fasern, die vom
hinteren Hauptnetz herrühren, anastomo-
sieren. In Betreff der Endigungen der
Nervenfasern in den Gefäßwandungen bestätigt dieser Autor den von Bietti
beim Hühnchen beobachteten Befund aucli für den ]\Ienschen. Auch das
Kaninchenauge zeigte das von Bietti beschriebene nervöse Netz hinter der
Choriokapillaris.
Wenn die Nerven in der Gegend des Orl)iculus ciHaris angelangt sind,
beginnen sie sich stark zu verästeln und pinselförmig auszustrahlen, währen'd
sie sich zugleich nicht selten Anastomosen zusenden; zulf^tzt treten sie
in den Oibiculus ciliaris ein. Hier bilden sie einen reicJK'n Plexus teils
markhaltiger, teils markloser Fasern mit Ganglienanschwellungen. Sie enden
jedoch nicht alle an dieser Stelle, sondern versorgen auch die Iris und die
Kornea mit zahlnichen Nervengeflechten.
Fig. 19 (nach Merkel).
Graefe -Sä misch, Bd. I, S. 124.
Augapfel dreimal vergrößert. Ansicht
der Ziliarnerven. Die Sklera ist in
ihrer größten Ausdehnung aligejiommen,
nur hinten um den Eintiitt dei' Seh-
nerven ist ein Teil derselben übrig ge-
lassen. Hier treten die Ziliarnerven
durch sie hindurch. Auf der Chorioidea
sieht man dann diese Nerven unter
mehrfachen Teihmgen und Anastomosen
bis zum Rande der Kornea nach voi'ne
verlaufen.
Anatoniic dvs Tiigciiiiims. 41
l);is ii('V\(")sc Tscl/. im / i I i iir ]<("))■ ))(• r ist (loiirl fein und k()iii|ili/i('il , diil.!
eine {Icliiillicrtc Px'scIii-filHiiiii; iiiiiii()L,dicli crscliciiil. 1)ir l'^iscni \cil;mlcii iiicisl
in den ohcifläcddiclicn Scliiclitcn und cndi^.'cii in den (icfiißcn, oder in den
•platten Muskelfasern. 15eiin Kiuiiiiclioii ist der Ziliarkörper weniger reiclilich
mit Nerven versehen.
In der Ti'is sollen sich außer einem ])eri\askuläi-en zANci \cr •cliicdene
Ner\cnnet/e finden, xon denen nach IVleyei' das eine xon sensihieji, dd^
andere Min m ot (»lischen Fasern .i((d»ilde( werde.
!:; .")(). l)ie sensihlen NeiA cn der nindehaui enlslamnieu dem I.
und [i. Aste des Trij^eminus und kommen meist aus einem me(lialen. aus tlt'V
Verbindung des Nei-A'. su |)ia ( rochlearis mit dem X. i n f la I locji lea li s
hervorgehenden Aste, während ein lateraler Stannu den übrigen Teil innei-
viert, mit welchem (dx-nso wie mit den \'on olieii Ivonnnenden Stämmehen
langgestreckte Anastomosen bestehen.
Nach l>ach (IIH) Acrdichten sicdi (He Xer\'en])lexus in einige]- Ibilie
über der inneren Lidkante /um Tarsalgeflecht. l^jhi zweites (ieflecht
breitet sich als Interglaiid ulargef lecht in den Zwischenräumen zwischen
den J;ä])i>chen der .M e i bo ms(dien Drüsen aus.
Unter dei- Tarsalbindehaut kommt es zu dem J\ on j u n k ti\a 1-
geflecht, welches mit dem Tarsalgeflecht i]i Verbindung steht.
Über die Endigung der Nerven in der Konjunktiva hat Dogiel (114j
Untersuchungen angestellt.
Nach ihm bilden die Nervenfasern zunächst unter der Konjunktixa. da
A\o diese an das Ciew(d»e des Tarsus grenzt, ein breitmaschiges (Ieflecht. ])ann
•ziehen sie in schräger mid senkrechb-r Hichtung nach d^^r ()berflä(die hin,
wobei sie sich oft wiederholt teilten. Schließlich treten sie in J^^ind körper-
chen ein. Während sich die Sclnvannsche Scheide mit dem äußeren Häutchen
der Kapsel desselbm vereinigt, dringt der nackte Achsenzylinder in flen
Binnenraum des Körperchens hinein und verästelt sich darin zu einem End-
bänmchen. Die tiefer gelegenen, größeren Endkörjterchen empfangen am
häufigsten mehr als eine markhaltige Faser. Die Fasern di-ingen in das Körper-
chen bald an einem Pole, bald an zweien, und dann wieder an verschiedenen
Punkten seiner Oberfläche ein.
Wahrscheinlich besteht zwischen den kleinen und großen End-
körperchen ein physiologischer Unterschied.
Neben den Endigungen der F'asern in den Endkörperchen gibt es noch
zahlreiche freie Nervenendigungen im Epithel. Die in das Epithel
eintretenden Ästchen bilden zwischen den Basen der untersten Epithelzellen
ein feinmaschiges Geflecht, aus dem einzehie Fäserchen noch weiter zwischen
den Epithelzellen emporziehen und, dieselben umschlingend, dem Anscheine
nach frei endigen. Dogiel ist aber der Meinung, daß diese scheinbar freien
Endigungen bloß das Eesultat einer unvollständigen Färbung der nach seiner
Ansicht stets netzförmig verbundenen Interepithehalfäden darstellen. Die
Meibomschen Drüsen sind von einem marklosen Nervengeflecht umspornien.
42 Anatomie des Trigeminus.
Das Vorhandensein von Fasern, die aus dem Geflechte zwischen che Drüsen-
zellen eindringen, konnte nicht nachgewiesen werden.
Auch die Blutgefäße sind von zahlreichen marklosen Fasern um-
rankt, die eine Anzahl feiner variköser Ästchen zu den glatten Muskelzellen
der Media senden.
§ 51. Die Nerven der Kornea gehen, einerseits von den langen und
kurzen Ziliarnerven stammend, unmittelbar aus der Sklera in das Homhaut-
gewebe über, andererseits ziehen feinere bereits marklose Fasern von den
Nerven der Konjunktiva in dieselbe hinein.
Nach Dogiel (115) wird die Hornhaut von 60 — 80 Nervenstämmchen,
sowohl markhaltigen wie marklosen versorgt. 40 — 50 gehen an die vordere,
20 — 30 an die hintere Hornhautfläche. An den Nerven läßt sich ein Zentral-
faden und eine periphere Achsenzylindersubstanz unterscheiden. Der Zentral-
faden löst sich in einzelne Nervenfibrillen auf.
Innerhalb des Hornhautparenchyms wird zunächst von den dichotomisch
geteilten Nerven und deren Abzweigungen ein HaujDtgeflecht (Stroma-
plexus) gebildet, wobei die peripheren Hornhautteile von den vorderen Nerven-
stämmchen, die zentralen von den hinteren versorgt werden. Vom Haupt-
geflecht teilen sich dann Zweige zweiter Ordnung ab (Bami perforantes)
und bilden das Subepithelialgeflecht. Von letzterem teilen sich wieder
feinste variköse (Perlschnurfasern) Ästchen ab und bilden das Intra-
epithelialgeflecht.
Meist beteiligt sich ein und dasselbe Nervenstämmchen mit seinen
Verzweigungen an allen drei Geflechten. Die im Epithel liegenden Nerven-
endigungen zeigen Knopf- und Knäuelform. Durch besondere Dicke und
auffallenden Zickzackverlauf sollen sich Fasern auszeichnen, welche nur füi-
das Stroma der Hornhaut bestimmt wären. Dieselben bilden ebenfalls
ein Geflecht. Jede Schicht der Hornhaut hat ihr gesondertes Geflecht, mit
Ausnahme der Membrana Descemetii und der derselben unmittelbar folgenden
Schicht; hier fehlen Nervengeflechte.
Nach Capellini (116) hat die Kornea
1. einen Plexus marginalis an ihrer ganzen Zirkumferenz,
2. einen Plexus funda mentalis im Stroma (Stromapiexus),
3. sekundäre akzessorische Plexus mit verschiedener Anordnung,
je nach der Schicht,
4. den Plexus subepithelialis, von den Eami perforantes gebildet,
5. den Plexus intraepithelialis, feinere weitmaschige Netze, welche
vom PI. subepith. zwischen die Bpithelzellen gehen.
Von diesen endigen feinste Fibrillen an der Oberfläche entw(Mler einfach,
oder mit leichter Anschwellung.
Die Nervenendigung in dci' Hoiiihaut ist Jiach Kühne, nach
Izquierdo (117) und nach Waldeyer (118) eine doppelte: entweder enden
die feinsten nackten Achsenfibrillen frei, oder im Protoplasma der
Hornhautzellen.
Das Canirlioii ciliare. 43
Die j\Iclii/;ilil ii,r]]i, MJc Küliiic hcscliviclicti, iii (las Proto])liisina der
HoniluuitzcJJcii üIm !•; eine l^lndii^iiii^' im l\cin odci' l\cniköi'])('T(*Iic]i Sri nicht
'Ml koiisiiilicrcii.
Nach l)()jj;i('I (11-4) (la<4('}j;('ii n(.li( )i (he NdNcn (|( i' Hoinhniii mit den
Z(,'Jl('ii und ]v()i])( rchcii (l^r l('izi( roi kciiinlri ^^■vhill(hlllJ^'('ll ein, soridcvii
lajjjcrii sich iiiii' /wischen dicsclhcn.
Ran viel' (llH) hai ^cfiUKUn, daß die Einä hfunj^f und Jicpiod ii k( i ou
des i']H< hrlialcn Überzuges der Koriicn unabhängig xoni Nervensysteni
sei. Der Neubildung der Nerven im Pj])iih(d gelu' (he Wiederherstellung der
Epithelzellen selbst voran.
Bie Eegenei'ation der intraepithelialen Nerv(nd'il)i'ille]i geschehe durch
Knospuiig von den amputierten Nerven aus.
Das Ganglion ciliare.
Anatomisclu'S. (Synonyma: Ganglion oi)hthalmicum, (ianglion lenticulare.)
a) Makroskopische Anatomie.
§ 52. Das Ganglion ciliare ist ein platter vierseitiger Körper von etwa
2 mm Seitenlänge, dessen beide Flächen in der Sagittalebene liegen. Die
eine ist dem Stamme des Nervus opticus hinter der Mitte des Verlaufs dieses
Nerven in der Orbita zugewandt, und nur durch wenig Fett von seinem lateralen
Umfange getrennt. Die andere ist dem M. rectus laterahs zugekehrt. Die
Farbe des Knötchens ist blaß rötlich, seine Konsistenz derb. Wir sehen in
dasselbe eine sensible, eine sympathische und motorische Wurz(d eintreten.
Die sensible oder lange AVurzel kommt aus dem N. nasociliaris
(vgl. S. 39. Siehe Fig. 18).
Die motorische kommt aus demjenigen Aste des Okulomotorius,
welchen derselbe zum M. obliquus infer. sendet.
Die sympathische Wurzel stammt aus dem Plexus, welcher die
Carotis vertebralis umgibt und wird da abgegeben, wo die Arterie ihre letzte
mit der Konvexität nach vorne gewandte Krümmung macht. Neben dem
Eamus ophthalmicus nervi trigemini, an dessen medialer Seite zwischen ihm
und dem Nerv, oculomotorius liegend, tritt das kleine sehr zarte Nervenfäd-
chen in die Orbita ein. Hier läuft dasselbe nach vorne, immer mehr mit der
Eadix longa des Ganglion konvergierend und tritt dicht neben ihr, oder selbst
zu einem kurzen Stämmchen mit ihr vereinigt, an dem oberen hinteren
Winkel in das Ganglion ein. An den beiden vorderen Ecken des Ganglions
erfolgt darauf der Austritt der von ihm abgegebenen Äste: der Nervi ciliares
breves (vgl. S. 39). Merkel (1. c. 105).
Feine Nervenfädchen, welche sich vom Ganghon ciliare zur Scheide des
Nervus opticus begeben, wurden geleugnet und von anderen wieder behauptet.
Sie möge» wohl stets vorhanden sein, sind aber gewiß wegen ihrer Feinheit
oft schwer nachzuweisen. Merkel hat sie mehrfach gefunden. Auch Fäden,
44 Dhs (iaiiglioii ciliaic.
weicht' sich im Feit in der Umgebung des Bulbus verheren, hat derselbe nie-
mals vermißt,
§ 53. Über ein akzessorisches Ganglion ciliare und die im Ver-
laufe der /jiliarnerven gefundenen Ganghen (vgl. Peschel, Ö. 38) hat
d'Erchia (120) folgendes beobachtet. Er fand bei einem 21 cm langen mensch-
liclun P^mbiyo die Gegenwart von Ganghen sowohl im Stamm, wie auch in
den für das Ganglion ciliare und den Muse. ol)liquus inf. !)estimmten Asten
.des N. oculomotorius. Der N. trige minus schien zwei Wurzeln an da«
Ganglion abzugeben, doch ließ sich die eine bei genauer Untersuchung auf den
ol)eren Ast des N. oculomotorius zurückführen. Auch in die Ziliarnerven
waren zahlreiche Nervenzellejigruppen eingeschaltet, darunter, unweit vom
Ziliarganglion, eine verhältnismäßig größere Ansammlung von solchen, ein
wahres Ganglion ciliare accessorium, wie es schon von Fäsebeck und
Keichart gesehen wurde.
Die Untersuchung des GangHon ciliare von Ei'wachsenen ergal) eine
große Vaiia tionsbi'eite der einschlägigen Verhältnisse, nainenthcli iii
l)ezug auf (he Gi'upjX" der motorischen Wuizel. Statt (>iner einzigen
können 2 — 4 solcher Wurzehi Aorhanden sein, in welchem Falle aljer innner
einer von den Asten di(^ andei'en an 8tärk(> üljertrifft. Auch ihre Länge
wechselt. Bald wird dit' motorisclie Wui'zel durch einen längeren Faden ver-
treten, bald erscheint das Ganglion l)einahe umnittelbar dem unteren Aste
des Okulomotoiius angelötet. Schließlich zeigen sich auch in dei- Zusammen-
setzung der motorischen WiU'zel A'erschicHlenheiten, indem sie bald lediglich
aus Nervenfasern besteht, bald mehr oder weniger Nervenzellen in
sich faßt.
§ 54. Die lange oder sensible Wuizd faiid d'l^jrchia iunncr
durch zwei oder drei Aste Acrtreten und stets njit tianglienzellen thux'h-
setzt. Noch i'eichlicher mit Nervenzellen versehen erscliieiieii in allen Fällen
die Ziliar.nerveii. In Ijezug auf das Verhältnis dvv sensiblen Wurzel zum
Ganglion konnte d'Erchia die Behauptung Antonellis, daß sie dem
Ganglion bloß in freiem Koniakt angefügt sei, ohne mit demselben in organischer
Verl)indung zu stehen, nicht bestätigen, -Nielmehr fand er, daß die Fas(>rn
dieser Wurzel, el)enso wie (he der motorischen, in d;is (ianglion srlbst hinrin-
dringen, um sich zwischen den Zellen zu verteilen.
Laffay (121) beschrieb eine fadenförmige Anastomose zwischen dem
Nerv, lacrymalis und nasociliaris und zugleich eine Art von doppeltem
Ganglion ciliaic, in welchem eine (iaiiglienzellengru|>]>e dem N. Uiisocili-
aris, eine andere dem N. oculomotorius angehörte.
Nach Delbet (122) schien bei der l^räparation des Ganglion ciliare
die lange A\uize] eiujnal /u fehlen, wäln'eiid der Neivus nasociliaris ein
verliältnismäßig starkes Ijündel Aom Symi)athikus bezog. Delbet glaubt,
daß lange und kurze Zi]iarner\-en (vgl. S. 38) sich ersetzen kömien — einmal
fanden sich 5 lange und 3 kurze — sowie, daß bei Mangel der sensitiven
Das Carifilioii ciliaro. 45
A\'ui/cl die sensiblen N( ]\( n (\r>< Aii^niifels dinkt, ;iiis dem N. iiasociliaris
kiilliell.
lianisay Smith (1'2;5) leidvi die AuIuk rksaiid<ei( auf eine Finiir in
('l()(|iiets Anatomie (l'i4), in dei' die sensible W'iii/el des (iunglion ciliare
insofern eine interessante Ahiioiinitiit aufweist, als sie nicht Nom Xasociliaiis
ents])rin}j;<-, sondern dui'ch einen besonderen Ast dargestellt wird, der direkt
aus dem (ianglion (iasseri hei\())'<i;eht, und s(»iiii( dieses Ganglion diickl
mit deiu /iliaiknoteii in Wibindung setzt.
Das Ganglion ciliare bei den Wirbeltieren.
§ 55. d'Eichia (120) hat seine Untersuchungen auch auf \'ers(dMedene
^\'irbt■ltiere ausgedehnt.
J3eim Huhn ist das Ganglion diiidvt dem unteren Aste des Nervus
oculomotorius angeheftet und steht mit dem Ramus primus N. trigemini
dui'ch zwei Aste in Verbindung. Im Stamme d{'<. Okulomotorius finden sich
ancli liiei- s])ä7'hche Nervenzellen.
Nach Zeglinsky (125) (rhält- bei den Vögehi das Ganglion ciliai>' keine
Wiiizel vom Sympathikus; l)ei der Taube geht eine sensible Wurzel stets in
das Ganglion ein. Beim Hn.hn gesellt sie sieh erst jenseits desselben zu den
Ziliaiiieiven, kann sich abei- von diesen nochmals trennen, um füi' sich in das
Auge einzudringen.
IJeim Ochsen kann nach d'Eichia die sensible Wui'zel statt vom
Nasoziliaris, direkt von dem Gassei S(di(^n Knoten ents))ringen (vgl. den
Befund Cloquets auf dieser Seite oben).
Beim Kaninchen ist das Verhalten ein sehr wechselndes. Hieraus
erklären sich nach d'Erchias Meinung die Differenzen der Darstellungen
Schwalbes, Krauses und Jegoi ows.
So fanden sich in einem von d'Eichia beobachteten Falle an Stelle
des Ganglion ciliare nur vereinzelte Nervenzellen, während die Zilianierven
von einem besonderen, mit dem Ramus nasalis des N. trigeminus verl)undenen
GangHon entsprangen.
Beim Hunde ist außer dem Ganglion ciliare regelmäßig noch ein zweites,
zentralwärts davon gelegenes, tlem Nervus oculomotorius anliegendes Ganglion
vorhanden. Auch in dein ganzen Verlaufe des Bamus inferior finden sich hier
Ganglienzellen eingestreut. Die seiisible Wurzel des Ganglions enthalte stets
auch Easf ni. welclie vom Okiiloniotoi'ius herkejmuK-n.
Bach (12G) konnte nach einigen Befundeii einen Teil der Angaben
d'Erchias bestätigen. Er faiul ebenfalls sowohl bei der Katze, als besonders
beim Kaninchen, kleine Nervenzellenanhäufungen in den Ziliarnerven (vgl.
Peschel, S. 3b). Auch ein Ganglion accessorium konnte er öfters fest-
stellen.
Im Jahre 1885 machte Reche (131) seine Beobachtungen über die Be-
ziehungen des N. oculomotorius und syrnpathicus zum Ganglion ciliare am
46 Das Ganglion ciliare.
Kopfe des Schafes. Bei der mikroskopischen Präparation wurde manchmal
nur ein, gewöhnhch aber zwei sehr dünne Nervenfäden gefunden, rechts
vom Plexus caroticus. Die Eadix longa geht nicht vom NasoziHaris aus,
sondern entspringt aus dem Ganghon Gasseri zwischen dem I. und IL Trige-
minusaste. An einer Stelle des N. oculomotorius , ungefähr in der Mitte
zwischen Sinus cavernosus und Ganglion ciliare wurden Ganglienzellen ge-
funden, welche an Gestalt und Größe den Zellen des Ganglion ciliare glichen.
Außerdem sollen in dem Okulomotoriusaste neben den breiteren (dem quer-
gestreiften M. obliquus infer. und wahrscheinlich dem Akkommodationsmuskel
zukommende Fasern), schmälere in demselben Neurilemm verlaufen. Ferner
soll ein kleiner Teil der breiteren und sämtliche schmälere Fasern sich
vom Okulomotoriusaste abzweigen und zur sog. Eadix brevis werden. Die
dünnfaserigen Bündel werden mit den sympathischen Fasern
identifiziert.
Bei den makroskopischen Untersuchungen an zwei neugeborenen Kindern
und an zwei Eiwachsenen fand sich in allen Fällen im Okulomotorius in der
Radix brevis ein Bündel schmälerer Nervenfasern. Bei Querschnitten
durch die Radix brevis zeigten sich überall Ganglienzellen, welche auch bis
in den Okulomotorius hinein sich vorfanden. Schnitte durch die Radix longa,
die Ziliarnerven, den Okulomotorius und das Ganglion ciliare wiesen
verschieden dicke Fasern auf.
Über die Natur des Ganglion ciliare.
§ 5&. Hinsichtlich der Natur des Ganglion ciliare stehen sich zwei
Parteien gegenüber.
Obwohl Rauber (127) im Jahre 1875 und Retzius (128) im Jahre 1880
nach dem histologischen Verhalten der Nervenzellen und ihrer Ausläufer das
Ganglion, entgegen der Annahme Schwalbes (129), für ein sympathisches
halten zu m;üssen geglaubt hatten, galt doch die Frage nach der Natur des-
selben: ob sympathisch, oder zu dem zerebrospinalen Nervensystem
gehörig, bis in die letzte Zeit als eine offene.
Im Jahre 1881 führte Krause (130) an, daß das Ganglion cihare der
Säugetiere als aus der Verschmelzung zweier ganz verschiedenartiger Be-
standteile hervorgegangen, angesehen werden müsse. Bei weitem der größere
Teil repräsentiere ein oberstes sympathisches Grenzganglion am
Kopfe, das als Ausläufer des Ganghon Gasseri am N. trigeminus seine Ent-
stehung fände; ein kleinerer Teil sei ein den Spinalganglien homologes Stanim-
ganglion einer (dorsalen oder) „sensiblen" Okulomotoriuswurzel.
Außer auf Schwalbes Untersuchungen an niederen Tieren gründet
Krause seine Auffassung auf die Untersuchung am Kaninchen (vgl. S. 45),
insbesondere auf eine bei diesem Tiere beobachtete Varietät, nämhcli den
Befund zweier Ziliarganglien, welche getrennt dem Okulomotoriusstannnc
anjagen, das eine größere nur mit einer Radix longa, das kkäncre mit einer
Das Ganjilion ciliare. 47
Radix bivvis und .sympatliicii in Verbiiiduiig. Nur das erstere wäre nach
Krause als (langlion ciliare, das andere^ als das sonst mit jenem ver-
schmolzene Ganfiiflioii oculo inot oiii ari/aiseheTi.
Beai'd (l'V2) Isani im .laluv 1SS7 auf entwicklungsgeschiclitlicliem
Wege 7Ai dem llesultal-e. daß das (iajiglion ciliai'e nicht das Ganglion einer
hinteivn Hi)•nner^■en\vurzel dai'stelle, sondern daß es höchstwahrscheinlich
/um Sympathikus gehöre.
Nach His (l^H) entstellt ditv Anlage des Ziliaiganglions über dem Vorder-
hirn; dei' Olsulomotoj'ius sei ein unzwi'ifelhaites Produkt des Mittelhirns,
Umstände, welche der Zuteilung (]('<■ Ziliarganglions zum Okulomotorius
(Schwall)e) im Wege stünden.
Auf (ii'und n( uei' Untersuchungc n mittels dei' Golgischen Methode an
Ka-tzenföte]! wiedeiholte Eetzius (128) seine bere'its 1880 aufgestellte An-
sicht, wonach das (ianglion cilia.i'e sy mpathischei' Natur sei. Es fanden
sich nämlich in demselben nur multipolare Nervenzellen von echt sym-
pathischem Tv]nis. Der weitere Verlauf der Achsenzyhnder dieser Nerven-
zellen, sowie der Umfang, in welchem die von anderen Nervenzentren in das
(ianglion ciliare eintretenden Nei'venfasern in ihm endigten resp. Kollateralen
abgäben, sei vorläufig u]d)ekannt.
d'Erchia (1B4) hat gleichfalls (he (i olgische Methode benutzt. Auch
er findet ausschließlich nmlti])olare Zellen mit 2 — 5 Fortsätzen. Auffallend
seien die Verschiedeidieiten, welche die Zellen im Ganglion ciliare bezüglich
ihrer Größe aufwiesen. Nelx'U lecht voluminösen Exemplaren kämen ganz
kleine vor. Letztere schienen stets nur zwei oi)positipol ents})ringt^nde Fort-
sätze zu besitzen. Es gäbe im Ganglion gröbere und feinere Nervenfasern,
die teils einzehi ^•erliefen. teils zu Bündel angeordnet wären. Die gröberen
faßt d'Erchia als Nervenfortsätze der Zellen des Ganglion ciliare auf; sie
sollen teilweise in den Stamm des N. oculomotorius und in die sensible Wurzel
des Ganghon übergehen. Die feineren entsprängen aus dem Nerv, oculo-
motorius und aus der sensiblen Wurzel. Sie gingen zum Teil unter einfacher
Durchsetzung des Ganghons in die Ziharnerven über, zum Teil aber endigten
sie im Ganglion selbst, indem sie um die Zellen herum ein sehr dichtes, aus
zarten varikösen Fasern bestehendes, korbartiges Geflecht bildeten.
Zu gleicher Zeit mit d'Erchia (134) und Eetzius (128) hat Michel (175)
gleichfalls durch die G olgische Methode nachgewiesen, daß das Ganghon in
der Tat ein sympathisches ist. Michel bezeichnet die Elemente des
Ganglions als relativ umfangreiche multipolare Nervenzellen mit einer Anzahl
von Dendriten und einem stets in der Einzahl vorhandenen Nervenfortsatze.
Wir hätten es also mit derselben Zellform zu tun, die, wie wir aus in den letzten
Jahren an Säugern und Vögeln angestellten Untersuchungen wissen, die
Ganglien des Grenzstranges bilden. Es ist daher angesichts der ganz anderen
Beschaffenheit der Nervenzellen der zerebrospinalen Ganghen (sie sind bipolar
resp. unipolar mit T-förmig geteiltem Fortsatz und adendritisch) völhg be-
gründet, wenn Michel das Ganghon cihare als ein sympathisches l>e.-
48 Das Ganglion ciliare.
zeicJiiict uiul es in gleiche Linie stellt mit dem (iaiigliun üticum, spheno-
palatinum und supramaxillare.
Eine Eigenart des Ganglion ciliare den gewöhnlichen Grenzstrangganglien
gegenüber wäre, daß seine Zellen, ähnlich wie die der Spinalganglien, von
l)indegewebigen Kapseln umschlossen seien.
Es gelang Michel auch über die Beziehungen des Ganglion ciliai'e zu
dem zerebrospinalen Nervensystem gewisse Anhaltspunkte zu gewinnen. An
Weigertschen Schnitten fiel es auf, daß eine ansehnliche Menge von mark-
haltigen Fasern das Ganglion betritt. Ein Teil davon passiert einfach das
Gangli(jn, ein anderer Teil scheint unter reichlicher Geflechtbildung innei'-
halb des Ganglions zwischen dessen Zellen zu endigen. Über die
Endigungsweise der letzteren Fasern lieferte die Golgische Methode über-
raschend klare Anschauungen. Es gelang nachzuweisen, daß sie um den
Zellkörper der Ganghenzellen herum innerhalb der Bindegewebskapsel eine
dichte Verästelung l)ilden, die diesen korbartig als ,, perizelluläres Ge-
flecht" umhüllt. Solche perizellulären Faserendigungen seien sclion an den
verschiedensten Ganglien des Sympathikus nachgewiesen worden, so z. B. an
den Zellen des Grenzstranges (von Sala), an denen des Ganglion spheno-
palatinum (von Lenhossek).
Michel stellt nun die Ansicht auf, daß die durch das Ganglion
bind ui cliziehenden Fasern den Fortsetzungen der vom Trigeminus
kommenden langen Wurzel entsprächen, die Fasern liingegen,
die darin unter Umspinnung der Nervenzellen ihr Ende finden,
die Endäste der vom N. oculomotorius stammenden kurzen
Wurzel darstellten. Die aus dem Ganglion austretenden Nervi
ciliares seien daher nur zusammengesetzt aus sensiblen und
sympathischen Fasern.
Auch Koelliker (136) vermochte den Nachweis zu bringen, daß das
Ganglion cihare in cter Tat ein sympathisches Ganglion sei.
In seinem Referate betont Lenhossek (137), daß die Natur des Zihar-
ganglions einzig und allein nur mit Hilfe einer erfolgreichen Anwendung der
beiden neueren Nervenfärbemethoden: der Golgischen und der Ehrlichschen
erfaßt werden könne; andere Färbungen seien in dieser Hinsicht durchaus
nicht maßgebend.
Diesen Anschauungen gegenüber hat nun Schwalbes Ansicht, wonach
das Ganglion als ein Spinalganglion dem Okulomotorius angehöre in
Holtzmann (138) wiedei' einen Vertreter gefunden. Dieser hat die Ver-
hältnisse der Ziliarnerven und des Ziliarganglions bei Amphibien. Vögehi und
Säugern vergleichend untersucht. Als Hauptergebnis seiner Untersuchungen
stellt Verfasser den Satz auf, daß das Ganglion ciliare jedenfalls bei vielen
Tieren, wie z. B. den Vögeln, dt^m Kaninchen, dem FroscJje als reines Spinal-
ganglion aufzufassen sei.
Auch schon frühei', im Jahr*^ lö9U, ist Antonelli (139) wieder auf
den Satz zurückgekonmien, daß das Ganglion ciliare analog den Spinalganglien
Das Gaiifflion ciliare. 49
/um N. ociiloiiKtfoi'iiis ^cliöic, iiidciii Inl^ciMlc T;i(s;iclicii für diese Aiisichi
sprächen :
1. Hei vielen niederen \viil)ell(jseii Tieren finde sich im X. ociilctmotorius
ein einj^eschaltetes (ianffhon, welches das Ganghon ciliai'e der hiilieren
Wirbeltiere darstelle.
2. Die kleinen ak/essoriselien Clanglieii gehörten immer zu Fasern dt!S
N. oeuloniotorius.
8. Auch beim Mensclien finde sich zuweilen in der kurzen oder moto-
rischen Wurzel des (ianglion cihare ein mikroskopisches akzessorisches
(langlion.
4. ]>ei fielen Vertebraten sei die motorische Wurzel in zwei Portionen
geteilt analog den Spinalnerven, aber die (h'innere ]\)rtion sei nicht
aus fein(^ren Fasern zusammengesetzt.
Wie in allen (Janglien des Zerebrospinalsystems seien auch im Ziliar-
ganglion die Zellen unipolar, während die der sympathischen Ganglien
multipolar wären. Die Trigeminusfasern legten sich nur an die Seiti^ des
(ianglions an, ohne mit den Zellen zu anastomosieren. Die Verbindung des
N. abducens mit dem Ganglion sei nur scheinbar, indem sympathische
Fasern die Anastomosen darstellten. Der Abducens sei morphologisch von
den zwei anderen motorischen Augennerven zu trennen. Der N. trochlearis
sei homolog einer zentralen Wurzel, wofür der Umstand spräche, daß ihm
ein eigener Kern fehle, und daß er bei den niedrigsten Wirbeltieren auch
sensitive Fasern enthalte. Zahlreiche embryologische und vergleichend-ana-
tomische Daten bestätigten, daß das Ganglion cihare auch nicht einmal teil-
Aveise zum Trige minus gehöre.
Physiologisches über das Ganglion ciliare.
§ 57. Nach Michel (135) würde das Ganglion cihare in funktioneller
Hinsicht als ein motorisches Ganglion aufzufassen sein, das den Enden
einer Anzahl von Okulomotoriusfasern angefügt, von diesen die Erregung
empfängt und sie dann auf dem Wege seiner in den N. N. cihares verlaufen-
den Nervenfortsätze zu dem M. sphincter pupillae und dem M. ciüaris als moto-
rischen Impuls hinleitet. Nun erst sei die von jeher so auffällige Tatsache
aufgeklärt, daß hier zwei glatte Muskehi von einem motorischen Nerven
(Okuloniotorius) innerviert werden, während an keiner anderen Stelle des
menschlichen Körpers glatte Muskelfasern mit motorischen Nerven in Ver-
bindung stünden. In Wirkhchkeit würden diese Muskeln von einem
sympathischen Ganglion innerviert, das aber unter der Herr-
schaft des N. oculomotorius stehe.
Auch die von Langendorff (140) bei der Katze beobachtete Tat-
sache, daß unmittelbar nach dem Tode Heizung des Okulomotoriusstammes
im M. afhincter pupillae und ciüaris keine Zusammenziehung mehr hervor-
rufe, während die anderen vom Okulomotorius versorgten Muskeln noch reizbar
Wilbrand-Saenge r, Jfeurologie de? Anae?. II. Bd. I. Abteilung. 4
ÖO Das Ganglion ciliare.
seien , finde nun ihre Erklärung in den anatomischen Verhältnissen, Sie
))eruhe offenbar darauf, daß die zwischen Okulomotorius und den Ziliarnerven
eingeschalteten Nervenzellen sofort nach eingetretenem Tode ihre Funktion
einstellten und so die Fortleitung der Erregung von jenem auf diese nicht
mehr bewerkstelHgten.
Bernheimer (141) hat nun, um festzustellen ob die von den Zellen
des Ganglion ciliare austretenden Nervenfasern tatsächlich nur die Iris und
das Corpus ciliare versorgen, bei einem Affen die Hornhaut des rechten Auges
durch wiederholte galvanische Kauterisation bis auf die Membrana Descemeti
vollständig zerstört. Am elften Tage wurde das Tier getötet. Während die
Schnitte des Ganglion ciliare der nicht operierten Seite alle ohne Ausnahme
das Aussehen von normalen Ganglienzellen darboten, war in dem Ganglion
der operierten Seite ungefähr der fünfte bis sechste Teil degeneriert gewesen.
Bei'nheimer meint, daß sich diese Eesultate am besten in Einklang bringen
li(-ß(^n mit der Annahme jener, welche das Ganglion ciliare für ein sensorisches
odei' gemischtes halten. —
Bach (113) hatte nun in einer eingehenden Arbeit festgestellt, daß
durch Entfernung der Iris und des Corpus ciliare, überhaupt nach der Exen-
teratio bulbi durchaus keine Veränderungen im Okulomotoriusstamme
nachgewiesen werden konnten, ein Umstand, welcher darin seinen Grund habe,
daß das erste Neuron der zu den interioren Augenmuskeln gehörigen Nerven
gar nicht bis zum Okulomotoriusstamme reiche, sondern schon frülrer endige
und zwar im Ganglion ciliare. Da aber die Exenteratio bulbi sich nicht vor-
nehmen lasse ohne Verletzung einer Anzahl sensibler Nerven des
Auges, so hätte im Sinne Bernheimers der Einwand erhoben werden können,
daß die am Ganglion ciliare nach genannten Eingriffen festgestellten Ver-
änderungen wenigstens teilweise auf Verletzung sensibler Nerven der Horn-
haut zurückzuführen seien.
Nach, den Experimenten Bernheimers analogen. Kontrollversuchen
kam nun Bach zu folgendem Eesultate:
Die Tatsache, daß nach genannten Eingriffen Veränderungen der Zellen
•des Ganglion ciliare eintreten (von Beinheimer bestätigt), dahingegen keine
im Okulomotoriuskern (von Schwalbe, Massaut, in gewissem Sinne auch
von Apolant bestätigt, von Bernheimer l)estritten), spricht für die An-
schauung Michels und Koellikevs, daß die zum Ganglion ciliare
hinziehenden Okulomotoiiusf asein in demselben enden unter
Umsj^annung der Ganglienzellen des Ziliaiganglions, somit für
die Ansicht, daß das Ganglion sympathischer Natur sei und
funktionell untei' der Henschaft des Okulomotorius stehe.
Bach liat Beinhei nieis Versuch in seclis Fällen (viermal bei (Kt
Katze und zweimal beim Kaninchen) wiederholt und erhielt ein negatives
Ergebnis, indem er keinen nennenswerten Unterschi(^d zwischen dem Ganglion
der operierten und der gesunden Seite nachweisen konnte, Bernheimeis
Angaben lassen sich nach seinej' Ansicht einerseits aus der voji Bach nach-
Das Ganglion ciliare. 51
gewiesenen Tatsaclie eikliiicii, daß auch das normale Ganglion ciliare
iinnier (Mne Anzahl degeneriert aussehender Zellen enthalte, wo-
durch dei' Jieohachtcr verleitet werden k(')iuie, eine Deoeneration des (ianglions
aii/unejinieii. wo keine Norliaudeu ist, anderseits ahe)' aus dem xon l>ach
(dient'alls (hirch (hickte iiiikr()sk()i)is(die lin<ersu(dning t'estgest(dlten Umstände,
daß so eingreifende Wrietzungen di'v Kornea, wie sie Bernheimer hei
siMiien PjXjx^iimentcii \()igeiiommeii habe, immer auch eine Entzünihnig der
Iris und {\i-^ Corpus ciliare im (ud'olge hätten; es könnti^n daher die von
Bernheiniei' im (ianglion gefundenen Zellendegeiiei'ationen auch als die
Folge dej- Alteration der motoiischen Ni^iven dei Iris und des Corpus ciliare
aufgefaßt werden.
AuI5erdem hat, Bach (IK-i) hei Affen, Katxen mid alhinotischen Kaninchen
iiacji der I)eka])ita.tion dann noch Beflexe mpf indlichkeit der Pupilh'
lieohachtet . wenn noch ein Stückchen Hals mark an der Medulla
ohlongata /uiiickge hli(^ ben war. Wurde auch das zurückgehlii^heiie
Halsmark nach der ])eka})itation zerstört, so wai' die Pupilienreaktion ei-losciien.
Das Eef lexzentium der Pupille liege also in den allerobersten Teilen
des Halsmarkes. Mit der Aimahme, daß das Ganglion ciliare ein lieflex-
zentrum der Pupille sei, eiklärt sich Bach auf Grund seiner anatomischen
Studien nicht einverstanden.
Auch Bernheimei- (141) hat durch seine Arbeiten die Ansicht, daß
das hauptsächliche Zentrum für die Verengerung der Pupille nicht zentral-,
sondern peripherwärts vom Okulomotoiiusstaimne, also im Ganglion ciliare
sich hefirul(\ von der Hand gewiesen.
Klinisches über das Ganglion ciliare.
§ 58. Die klinische Ausbeute betreffs des Ganglion ciliare ist, wie sich
leicht denken läßt, eine sehr geringe, und das wenige Vorhandene beruht
mehr auf Annahme als auf reellem pathologisch-mikroskopischem Befunde.
So beschreibt Cirincione (142) eine Form von Xerosis conjunctivae
bei einer 25jährigen Frau, die an einem Tumor der Bauchdecken in drei
Jahren zugrunde ging. Der seit zwei Jahren bestehenden Hemeralopie
gesellte sich in den letzten Jahren das ausgesprochene Bild der Xerose hinzu
mit Anästhesie der Hornhaut, Infiltration und Abstoßung derselben und
teilweiser Anästhesie der Konjunktiva. Das Konjunktivalepithel zeigte ober-
flächliche, fettige Degeneration. An den Tränendrüsen beobachtete man
eher Zeichen verstärkter Funktion. Bemerkenswert aber war der anatomische
Befund am Stamme des Optikus, am Ganglion ciliare und Gasseii
beiderseits. Am Optikus bestand Perineuiitis und an den Ganghen Zeichen
chronischer Entzimdung: die Endothehen des die Ganglienzellen umhüllen-
den Baumes waren vermehrt und teilweise körnig und hyahn entartet, die
Ganglienzellen selbst unter Bildung von Pigment und Vakuolen in ihrem
Protoplasma degeneriert. Eine kleinzellige Infiltration umgab die Gefäße in
4*
52 Das Ganglion Gasser i.
der Pciipliciic clcr (lauglicii und drängte sich zwisc-licii die NciNcii/cllcii.
Die Kapsel und das Bindegewebegerüst der Ganglien waren verdicdvt. Damit
erkläre sich das klinische Bild, welches weit mehr auf eine Innervations-
störung des Trigeminus, als auf eine örtliche bazilläre Zerstörung hinweise.
In der Tat ergaben auch die mit dem Xerosebazillus angestellten Versuche,
gleich denen früherer Beobachter, dessen nicht pathogene Natur.
Querenghi (143) beobachtete nach einem Blutverluste in der Augen-
liöhle infolge einer Verletzung Amblyopie mit Verfärbung der Papille, voll-
ständige Mydriasis, Akkommodationslähmung und Aufhebung der Horn-
häute mpfindlichkeit. Die Pupille reagierte direkt nicht, wohl aber konsensuell
und bei Konvergenz. Querenghi schließt daraus, daß die Akkommodations-
innervation und der direkte Pupillarreflex von dem Ganglion ciliare aus
erfolgen, die übrigen Reflexe aber von den Zentralorganen ausgelöst werden.
Ein zweiter Fall von Verletzung und Blutung sollte diese Annahme bestätigen.
Die Akkommodation und die direkte Pupillarreaktion war fast aufgehoben,
die konsensuelle und die mit der Konvergenz verknüpfte jedoch erhalten,
Parisotti (144) sah bei einer im neunten Monat schwangeren, heruntergekommenen
Person auf einem Auge, an dem seit zwei Jahren nach einer unbestimmbaren Entzündung
Mydriasis zurückgeblieben war, eine neuroparalytische Keratitis auftreten. Das obere
Drittel der Hornhaut war durchsichtig, das mittlere ulzeriert, das untere infiltriert, aber ohne
Epithelverlust, und das mittlere Drittel grenzte sich gegen das obere und untere mit gerader
horizontaler Linie, etwa der Lidspalte entsprechend ab. Die Hornhaut war unempfindlich,
Bindehaut, Lider und, Gesichtshaut normalempfindlich; kein Reizzustand. Ein aufgetretenes
Hypopyon schwand bald.
Parisotti nimmt hier den Sitz der Störung im Ganglion ciliare an,
wegen der gleichzeitigen Läsion des Trigeminus und Sympathikus oder Okulo-
motorius. Die unempfindliche Hornhaut ulzerierte da, wo sie durch die Lider
weniger geschützt war. Gleichwohl biete die Keratitis e lagophthalmo ein
anderes Bild. Es müßten also noch andere Umstände, trophische und vaso-
motorische mitgewirkt haben. Die Mydriasis können als Lähmung der motori-
schen Wurzel, oder als Reizung der Sympathikusfasern des Ziliarganglions auf-
gefaßt werden.
Schließlich veröffentlichte Taylor Johnson (145) noch eine Beobach-
tung, welche er für eine Entzündung des Orbitalgewebes mit Übergreifen auf
das Ganglion ciliare hält, wonach Glaukom und Vortreibung des Auges auf-
getreten wäre.
Das Ganglion Gasseri.
a) Makroskopische Anatomie.
§ 51). Das Ganghon Gasseri (s. Fig. 13) bildet nach Henle (148) einen
platten, halbmondförmig gekrünnnten Streifen gangliöser Substanz, dessen
konvexer Rand sich von der Gegend der vorderen Mündung des Can. caroticus
l)is unter die hintere Spitze des Proc. clinoid. ant. erstreckt. Die Trigenünus-
wujzel nimmt gegen das Ganglion an Breite zu, indem die anfangs parallelen
Das Ganglion Gasscri. 53
Fiiscfhiiiidcl (li\('i'<j;i('r('ii und sich /ii.^lcicli diircli /;ildv('i(vlic Aiiiisioiiioscii
/u ciiKiii ('iif^iJi.iscliij^cii l'lcNiis \ (■rhiiidcii : das (Jaiigli(jii selbst erhebt sich Icaiiiii
über das Ni\"ea.ii (Hcses l'lexiis und ia<4t an den Seiten niit seinen abgerundeten
Itändcin nui' wenig über denselben hinaus. I^jS mißt. \(>n eiiieiu Seitenrand
zäun anderen 14 — 22 mm und \(»m Ixonkaxcn /um l\()n\c\en Itand 4 mm.
Seine obere h^äclie ist l'esi uul (li'V libr()seii Hirnhaut Ncrwaebsen. (he untere
dagegen mir locdver an (he (h'inne |tlatte AhMubran angehei'tet. wciclie (he
Karotis bedecdd und den Sinus caNcrnosus a-bgi'enzt (lleiile (L c.j. Nach
Ki'auses (141)) Untejsiiehunge]i und na,(di deJi Erfahrungen bei Operalioiien am
Lebenden trifft jedoch letztere Angabe, daß nändich das (ianghon (iasseii mit
dcy l>ura an seiner oberen l*'jäehe fest vo'wac-hsen sei, nicht zu. Jm (iegeiiteil
be(le(d<e inn' eine feine l)iiulege\vebslage die obere (iauglienf lache ; daher ge-
linge es auch beim Lebenden leicht, die Dura mit- dem Elevatorium \(»m
Ganglionslumpf zu)'iicl\/aischi(d)en, ohne dab gr(')ßej(' l^linrisse in ihi' ent-
ständen. In Aereinztdten l^'ällen mußte Krause bei der Plxstirpation i\r>
Ganglion einzelne dünne, al)er tV'stere J3indegewebszüge hie und da mit drr
Scheerenspitze durchtrennen. Die untere Fläche des Ganglion Gasseri ist
locker mit der dünnen periostalen Gewebsschicht verbunden, welche (he
Schädelbasis bedeckt und das Cg^vura Meckelii nach unten hin gegen die
Knochen abschließt.
b) Mikroskopische Anatomie.
§ 60. Das Ganglion Gasseri hat denselben Bau wie die Spinalganglien,
d. h. es besteht aus Nervenfasern, die zwischen sich teils in länglicher, teils in
rundlicher Anordnung Ganglienz(dlen bergen. Die äußere Oberfläche wird
von einer bindegewebigen Hülle gebildet, die eine Fortsetzung des Perineuriums
darstellt. Von dieser Hülle gehen Faserzüge ins Innere, welche die Nerven und
Ganglienzellen undileiden. Das Ganglion Gasseri wird von zahlreichen Blut-
gefäßen versorgt, deren Kapillaren die einzelnen Zellen umspinnen. Die Haupt-
bestandteile des Gass ersehen Kncrtens sind meist große, rundliche Ganglien-
zellen, welche von einer kernhaltigen Hülle umgeben w^erden (siehe Fig. 20).
Diese Hülle besteht nach St Öhr (150) aus glatten Bindegewebszellen, welche
in konzentrischen Lagen der Ganglienzelle aufliegen und von einer Fortsetzung
der Schwannschen Scheide herrühren. Nach Stöhrs (150) Angabe sind
die oft Pigmentkörnchen enthaltenden Ganglienzellen unipolar. Der Fortsatz
erhalte sehr bald nach dem Austritt eine Markscheide. Nicht selten teile sich
der Fortsatz nach kurzem Verlauf T-förmig in zwei Äste. Die Nervenfasern
des Ganglions sind markhaltig und besitzen eine Seh wann sehe Scheide,
über den Zusammenhang der Fasern mit den Zellen sind unsere Kenntnisse
noch sehr lückenhaft.
Kamkoff (151) hat neuerdings mittelst verschiedener Modifizierungen
der Methylenblaumethode einen besonderen Nervenendapparat im Ganglion
Gasseii beobachten können. Derselbe bilde ein doppeltes terminales Geflecht
um die Ganglienzelle; das erstere der beiden bestehe aus dicken, marklosen
64
Das Ganglion Gasseri,
Nervenfasern, liege der äußeren Fläche der Zellkapsel eng an und bilde ein
dichtes Geflecht um sie herum. Von diesem perikapsulären Geflechte gingen
dünne, variköse Fäden ab, durchbohrten die Kapsel und bildeten um den
Zelleib selbst das zweite, das eigentliche perizelluläre Geflecht. Außer diesem
doppelten perizellulären Endapparate sah Kamkoff noch die markhaltige
Faser frei enden, wobei sie vor ihrer Endigung in mehrere Zweige sich teilte.
Was die Zellen betrifft, so konnte Kamkoff zwei Typen unterscheiden:
1. große Zellen mit einem dicken markhaltigen Fortsatze, der bald nach dem
Austritte aus der Zelle sich vielfach schlängelte. 2. Kleinere Zellen mit dünnem,
wahrscheinlich marklosem Fortsatze. Welchen Fasern des Trigeminus die
Protoplasma
Kernhaltige
Hülle.
Bündel von
Nerven-
fasern.
Dura niater.
aO
AaL
p>
Kern
Kern körperchen.
Kernliiillige
Hülle, von der
Fläche gesehen.
. Plasmazellen.
Fig. 20.
Nach Stöhr, Lehrbuch der Histologie, S. 153.
Stück eines Querschnitts des Ganglion Gasseri vom Menschen, 240 mal vergrößert. Bei X hat
sich das Protoplasma der Ganglienzelle retrahiert und täuscht einen Fortsatz vor. In der Achse
der querdurchschnittenen Nervenfasern sieht man den Achsenzylinderschnitt.
vorher angeführten Endapparate angehören, ist noch nicht aufgeklärt, des-
gleichen sei es noch unentschieden, ob im Ganglion Gasseri, ähnlich wie Ijei
den spinalen Ganglien, Zellen vorhanden seien, deren Fortsatz im Ganglion
selbst endete.
Der eine von uns (S aenger 152) hat gelegentlich seiner Arbeit /ur
pathologischen Anatomie der Trigeminusneuralgie auch das normale Ganglion
Gasseri untersucht und gefunden, daß sich die Ganglienzellen durch auf-
fallenden Pigmentreichtum auszeichnen, ferner daß ncl)en außerordenthch
großen Ganghenkugeln auch kleinere mit verhältnismäßig großem Kci'n
vorkommen.
Ursprung des Trigeminus.
55
l rsprung des Tii^eiuiiiiis.
^ t)l. Diis l ispiuii.^sf^cbict di'^ Tiigciiiiiiiis erstreckt sicli xoiii vurdereii
\ i( rhiiL;»'! l)is /um I In Istiiark liinal). ])iese heti'äclitliclie Ausdeliimng ist, wie
(lowcis {'li'At} li( i\ oiliclil . iiiclil ülicnascliriid, wenn iiiiiii lic(lciik('. diiU der
(^)uiiitiis die >('ii>ilil(ii Wuizclii iillcr inotoiisclicii I lininci\ cii repräsentiere.
\Oiu Hü(d\('iiiii:i rk. \oiii /j('i('l)iiiiii. \()ii der Seite und diT Mitte sti'ömeii die
W ui/ell'iiseni im Tons zusammen und enden teils im m otoi'isclieii , teils
im si'iisibleii JMidkeiii des (^uintus, aus \V(dclieiii wiederum die perij)lieren
Wiu'zelii lier\()rij;elieii. Letztei'e erscheinen an der JJi-ückenohei-fläche in zwei
dicht aneinaiulerliej^feiideii l'oitioneii. und zwar in eine)' kleinei'en voi'deren
molorisciien (i'oitio minoi) und in einer hedeutcnd stärkeren, hinteren sensiblen
Wurzel (l'uitio niajt)r). (Siehe l''i<j;. 1:1)
Die zentralen \\ u)zell>tindel teilt man lieikiimndicherweise in 1. die"
a u i'sf eii^'eiide. 2. die motoiisclie und o. die a hs t eitrend e Wurzel. Da
Raä anteriores \^'^^<;r^_^ ^^iva
IT
"^^4
Fig. 21.
Xach Edinger, Vorlesungen über den Bau der nervösen Zentralorgane. \'. Auflage, 8. 373.
jedoch die Autoren in der Bezeicliniing dieser Wurzeln nicht einig sind, so
dürfte sich empfehlen von einer zerel)ralen, spinalen und rein moto-
rischen Wurzel zu sprechen.
Die zerebrale (absteigende) W\irzel geht aus den kettenartig ange-
ordneten Zellen am lateralen Eande des Höhlengraues des Aquaeductus Sylvii
hervor und zieht in die Haubenetage der Brücke, wo sie sich den übrigen
Quintuswurzeln anschließt. Diese Wurzel hat eine halbmondförmige Gestalt
und ist durch außerordenthch derbe Achsenzyhnder ausgezeichnet. Nach
V. Monakow (253) dient die (absteigende) zerebrale Wurzel möglicherweise
dem Kauakt.
Die eigenthch motorische Wurzel des Trigeminus ist kurz; ihre Bündel
entstammen dem ihr lateral anliegenden, scharf abgegrenzten Kern in der
56 Ursprung des Trigemiiius.
Foniiatiu reticularis, ctwai in der Mitte der Brücke (Austrittsel)eii(ii der 'j,i'-
inischteii Quintuswur/d), indem si(^ bogenförmig und lum\- ergierend aus den
Zellengru])})en lierxürgelieii und der Hauptwurzel zustreben.
Die mächtigste Trigeminuswurzel ist die spinale (aufsteigende,
sensible). Dieselbe ninnnt ihren Ursprung aus den peripheren Ganglien
des Quintus, vor allem aus dem Ganglion Gasseri und endigt in der Brücke,
resp. in der Med. oblongata. Sie steigt, den nach vorne gelegenen Abschnitt
des Brückenarmes durchbohrend, dorsalwärts in die Haubenetage empor und
senkt sich zunächst in den traubenförmig angelegten, aus kleinen Zellen l)e-
stehenden sensiblen Endkern des Trigeminus. Ein anderer, etwas größerer
Teil dieser Wurzel biegt medial vom sensiblen Kern um und zieht in kaudaler
Richtung in die Oblongata und in das Rückenmark, an seiner medialen Beite
von der Subst. gelat. Rolando begleitet, in welche er sukzessive kleine Bündel-
chen abgibt, und zwischen deren Zellen er blind endigt, v. Monakow (253).
Nach Edinger (254) entspringt aus dem langen Endkern des sensiblen
Trigeminusteiles, der bis in das Halsmark hinabreicht, die sekundäre Trige-
minusbahn, die hirnwärts zieht. Aus dieser zentralen Quintusbahn gehen
zahlreiche Kollateralen in den Fazialiskern. Auf solche Weise wird der senso-
motorische Reflexbogen fiir das Antlitz hergestellt.
Über den Weg, den die von den Trigeminuskernen ausgehenden Fasern
nach dem Großhirn einschlagen, bestehen noch manche Kontroversen. Wir
folgen den Angaben Obeisteiners (255) in der folgenden Schilderung: Für
die Hauptmasse der sensiblen Trigeminusbahn dürfe angenommen werden, daß
die Nervenzellen der Substantia gelatinosa und des sensiblen Kerns, in welchen
die Wurzelfasern enden, ihre Achsenzylindei' median wärts absenden. Sie
bilden dadurch innere Bogenfasern (Koelliker), welche teils an derselben
Seite (Ramon y Cajal), größtenteils aber nach Überschreitung der Raphe
gekreuzt, als sensible Fasern zweiter Ordnung, in der Haube zum Großhirn
ziehen (zentrale sensible Bahn). Während dieses Verlaufes sollen sie zahl-
reiche Kollateralen, namentlich zu dem motorischen Trigeminus- und Vago-
glossopharyngeuskern und zu dem Fazialiskern abgeben. Die zentrale motorische
Bahn löst sich wahrscheinlich von der Pyramidenbahn los und wird durch
Fasern gebildet, welche durch die Haube an die Raphe und über diese hinweg
zum motorischen Kern der anderen Seite gelangen.
Nach Obersteiner (255) liegt das Rindenfeld für die vom Trigeminus
versorgten Muskeln im unteren Dritteile der vorderen Zentralwindung und
in den angrenzenden Partien der mittleren und unteren Stirnwindung.
II. Physiologisches üher den Nervus trigeminus in seiner
Beziehung zum Auge.
§ 62. Die sensible Portion des Trigeminus versorgt vollständig alle
Haut- und Schleimhautbedeckungtni des Kopfes mit Ausnahme des größt(»n
Teiles des Pharynx, der Innteren Gauiuenbögen und (k'S hinteren Teils der
Dio Sensibilität lU'v Kditica und Koiijunktiva. 57
/iiiti,!j,i' (wo sit'li \';i,L,nis und ( il()ss()|iliiiryii^f('us xcj'hrcilcii), IViiici' dpv Tiiliii
Ijusfiicliii miil ilci' TidiiiiiicIlKililc. Weiler {\rr< licfstcii Teils i\c^ iiiiücifii Cle-
hörgiing.s. (ItT Aoiii liiiiiiiis aiiririihiiis ii. \;\'/\ Ncrsoi'gt wird, luul cndlicli eines
Teils der Ühiinuscliel und ih s Jiiiiteiii;iiij)tes, wohin Zervikahierven gehen,
l''iii- uns Avic'htig ist, daß die Sehlcinihaiit des Auges (Konjunkti\a. dei' Lidei'
\\\\i\ des Augapfels), die Hornhaut, die Muskeln dc^ (^esiclits, der Augen und
teilweise die harte Hirnhaut ihre sensiblen Fasern \(iiii Tiigeminus bezieli(M).
]>er Augapfel wird speziell nou den / i 1 i a r n ( r \ c n xcisorgf.
§ ü8. Nach Landois (155) enthalten die Ziliainei\ cu folgende ver-
schiedene Fasern :
1. 8ensi])le füj' die Koi'nea, die sich /wischen den l'j})ithelien mit
feinsten Fäserchen verteilen (vgl. S. 42), für die Conjunctiva bulbi, welche
die Sklera durchhohreii. Diese erregen reflektorisch Tränenfluß (N. lacrv-
malis) und Lidschluß (N. faciahs). Sensible Fasern e -hält auch die Iris
(schmerzt hei l^jutzündungen und Ojx^rationen). die Choiioidea (schmerz-
hafte Spannung bei Anstrengung der Tensor chorioideae) und die Sklera.
2. Vasomotorische Nerven für die Gefäße der Iris, der Chorioidea und
Retina. Inwieweit diese der sympathischen Wurzel und der Anastomose des
Sympathikus mit dem I. Aste oder von dem Trigeminus selbst entstammen, ist
noch niclit völlig aufgeklärt. Die Gefäße der Eetina sollen ebenfalls vor-
nehndich vom Trigeminus versorgt werden, da sie nach Klein und Svetlin
weder durch Eeizung noch durch Lähmung des Sympathikus beeinflußt
werden.
3. Motorische Fasern für den M. dilatator pupillae, welche größten-
teils dem Sympathikus entstammen, und zwar der sympathischen Wurzel
des Ganglions und der Anastomose des Sympathikus mit dem Trigeminus.
Aber auch der I. Ast selbst soll pupillendila tierende Fasern enthalten, die aus
der Medulla oblongata direkt in den I. Ast gehen. Beim Hunde laufen diese
Fasern nicht durch das Ganglion ciliare, sondern direkt am Optikus entlang
zum Auge. Nach der Durchschneidung des Trigeminus verengt sich daher
die Pupille, und nach Ausrottung des Ganglion cervicale supremum des Sym-
pathikus ist die Erweiterungsfähigkeit der Pupillen noch nicht erloschen.
4. Wahrscheinlich kommen dem Trigeminus auch trophische Fasern
zu, welche durch die ZiUarnerven dem Auge zugeführt w'erden. Wird der
Trigeminus in der Schädelhöhle durchschnitten, so tritt nändich im Verlauf
von 6 — 8 Tagen Entzündung der Hornhaut und schHeßhch Untergang des
Bulbus auf.
1. Die EmpfiiKliingsqualitäteii des vorderen Bulbusabsclinittes.
a) Die Seusibilität der Hornhaut und Koujuuktiva.
§ 64. Als Eesultat der Untersuchungen Molters (156) ergab sich, daß
bei der Kornea analoge Bedingungen vorhanden sein sollen, wie bei der mensch-
lichen Haut, und man imstande sei, auf der normalen Kornea die verschiedenen
58 Die Sensibilität der Kornea und Konjunktiva.
Gemeingefühle: Die Tastempfindung, resp. Druck- und Temperatur-
empfindung, sowie Ortssinn nachzuweisen.
Die Prüfung der Verminderung des Drucksinnes wurde mit dem von
Eulen bürg angegebenen Barästhesio meter gemacht, welcher zum Zwecke
der Prüfung an der Korntni durch Anfügung eines feinen Glasstäbchens
adaptiert wurde.
Die Temperaturbesti mmung geschah durch Berührung mit in Eis
gekühlten resp. über eine Spiiitusflamme gehnde erwärmten Glasstäbchen,
oder noch zweckmäßiger durch die Berührung mittels feiner Glasröhren mit
unten ausgezogenen und etwas abgeplatteten Spitzen, welche mit Wasser von
verschiedener Temperatur gefüllt, zugleich einen Thermometer enthielten.
Der Ortsinn wurde durch Betastung der verschiedenen Stellen der
Kornea mit dem Knöpf eben einer Haarsonde bestimmt.
Auch Fuchs (157) konstatierte durch Berührung der Hornhaut mit dem
Knopfe einer Sonde, welche entweder in heißem (xler in Eiswasser gelegen
hatte, daß die Hornhaut einer spezifischen War mee mjjfindung fähig
sei. Vermittelt werde dieselbe durch den Trige minus, was aus einem Ealle
von einer vollständigen Trigeminuslähmung nach Herpes zoster ophthal-
micus geschlossen wurde. Hier kehrte nämhch in demselben Maße, als die
Sensibilität der Hornhaut sich im allgemeinen wieder herstellte, die Wärme-
empfindung zurück.
V. Frey (158) untersuchte die Sensibilität der Hornhaut mit
Haaren von verschiedener Stärke, welche an einem Holzstäbchen befestigt
wurden und dasselbe um 20 bis 30 mm überragten. Stieß man dabei das
Haar statt gegen die Kornea gegen die Schale einer kleinen Wage, so ließ
sich dieser Grenzwert in Gewichten ausdrücken und daraus, sowie aus dem
Querschnitt des Haares die Intensität des ausgeübten Druckes in Gramm
berechnen. Zur Bestimmung der Kälte punkte bediente sich Frey feiner
Stäbchen, .Streifen oder Blöckchen aus Metall. Er fand für dieselben eine
weniger dichte Verteilung, als für die Schmerzpunkte. Auffällig viele Kälte-
punkte seien entlang der Bindehautgefäße anzutreffen. Hinsichtlich
der Kornea sollen die Eesultate immer negativ gewesen sein, ausgenommen
der Eandteil. Letzterer, sowie die nächstanstoßenden Teile der Bindehaut,
werden als die kaltempfindlichsten Orte des Auges bezeichnet.
Weiter gibt Frey an, daß auf der Kornea und Konjunktiva die
Druckpunkte fehlen, oder doch in so verschwindend kleiner Zahl Aovhanden
wären, daß sie für den Charakter der dort auslösl.)aren Em})fin(luiig('n nicht
in Betracht kämen.
Die Endkolbcn in der Konjunktiva seien wahrscheinlicli die Organe
der Kälteempfindung. Die freien Nervenendigungen in der Konicii
entsprächen der dort ausschließlich vorhandenen Schmerzempfindung.
W. A. Nagel (159) dagegen verwarf die Art und Weise der Sensibilitäts-
piiifung (!(■]• Hondiaiil inid niiidchiuit Freys, indem er licrNoilinl». das von
Reflextätigkeit des Trigeminus. 59
letztemii angewandte Haar funktioniere nicht als einfach drückender, sondern
als stechender Apparat.
Nagel kam zu folijenden ilesuKalen:
Die Angaben, dal.) die Konjuiiktix a und Kornea niii scliniei'/diaflei' ivui)-
findung fähig sei, Aväre nicht zutreffend, fii i \'( i ineidung der stechenden
Wirkung von selten dei- aiige^vandteii Haaic eiliahe man ivine Berührungs-
empfind ujigen auf dei- Konj un kti \ a. Auch auf der Kornea seien unter
geeign(>ten Versuchshedingungen ^('h merzlose Herü h f ungse m])f i nd u ngen
(d)enfa.lls leicht zu erzielen, am besten (hn(di fliiciienliaftc J>erüliiung mit
weich(>n, nassen und eiMÜiniten (ii genstiiiiden. J\ui/dar.eiiide, leichte, punkt-
förmige Berührung mii einem Haai'e sei ebenfalls schmerzlos.
SoAvohl Konjunktiva ^vie Koinea vej'möchten zwai' Wärme und Kälte zu
unletsclieid(>n. alx^r nur die Kälte berühi'ung erzeuge neben der B(>-
i'ühi ungse mpfind ung eine spezifische Temperature mpfindung. \\'ai- m-
berühiung al)er erscheine als te mpcMaturlos, als ,, nicht-kalt", wenn sie
nicht so hochgradig sei, daß Schmerz auftrete.
Unfähigkeit zur Kälteempfindung l)ei sonst intakte]' Sensibilität sei
in einem Falle konstatiert M'orden. Das Vorkonnnen ausgei)räg.ter Wärme-
empfindung sei noch fraglich, jedenfalls wäre es selten. Schwache Andeutungen
At)n Hitzegefühl kämen vor.
Sowohl die Temperaturen, wie die Berührungsreize wurden an manchen
Stellen deutlich, an anderen unsicher, wieder an anderen gar nicht wahr-
genommen. Die Häufigkeit der anästhetischen Punkte, namentlich der
Kornea, wechsele bei den einzelnen Individuen.
Ein Luftstrom, der die Kornea treffe (ebenso die Konjunktiva) werde als
kalt empfunden, gleichviel ob er heiß oder kalt sei. Sehr heiße Luft erzeuge
neben der Kälteempfindung Schmerz, keine Wärmeempfindung.
Der Reiz des Induktionsstromes werde auf der Konjunktiva und Kornea
als ein kontinuierlicher stechender Schmerz empfunden.
b) Die Rellextätigkeit des Trigeminus bei Reizung des vorderen
Bulbusabsehnittes.
a) Die stärkere Füllung der Konjunktivalgefäße bei Reizung der
Kornea und Konjunktiva.
§ 65. Ein vorübergehender Reiz der Hornhaut und Konjunktiva bewirkt
eine stärkere Füllung der Konjunktivalgefäße. Bei länger dauerndem Reize
tritt auch eine stärkere Füllung der Ziliargefäße auf.
Jesner (158a) hat unter Grimhagens Leitung einschlägige Unter-
suchungen angestellt und konmit zu dem Schlüsse, daß der Trigeminus dem
Auge vasodilatatorische Fasern zuführe, deren Reizung gesteigerten Blut-
zufluß zum Auge bewirke. Wir müssen also annehmen, daß die zentripetal-
leitenden» Fasern im Trigeminus die von der Hornhaut- und Konjunktival-
oberfläche aufgenommene Errt-gunc; im Verlaufe des Trigeminus selbst in
60 Pupillenenge hei Koinealreiz. »
EriTgaiig dictrcr zciiiiifugallcitriMlcii Vasodilatatun'ii uiiis(,4-zcii. Wo aber dicsr
Umsetzung stattfindet, ist zur Ztit nt)cl] scliwer zu bestimmen. Jedenfalls
geschieht sie nicht zentral vom Ganglion Gasseri, noch in diesem selbst (beim
Menschen wenigstens), denn Krause (1. c. S. 74) konnte nach Pjxstirpation
des Ganglion Gasseri beim Menschen eine Veränderung der Blutgefäße
des Auges nicht entdecken.
Spalitta (174) exstirpierte an Hunden das Ganglion Gasseii nach
kurz vorausgeschickter Zerstörung des oberen Zervikalganglions und
bestätigte die frülieren Eesultate von Sinitzin. Während die einfache Zer-
störung des Ganglion Gasseri fast durchweg Kei'atitis neuroparalytica
im Gefolge hatte, l)lie)) l:)ei der kond)inierten Operation die Hornhautzerstörung
aus, oder ging zurück. Das Bild der hauptsächlichsten Augensymptome sei
in beiden Fällen \erscliieden. Im ersten Falle: Vortreten des Bulbus, kurze
Erhöhung, daim starke Verminderung der Tension des Bulbus, Hornhaut-
trübung und Zerfall derselben mit starker sekundärer Konjunktivitis; im zweiten
Falle: Eetraktion des Bulbus, normale oder leicht herabgesetzte Tension,
keine Hornhautsymptome oder schnelles Schwinden derselben, leichte Kon-
junktivitis vor etwaigen Hornhauterscheinungen, nur wie diese vorübergehend.
Spalitta nimmt zur Erklärung ausschließlich vasomotorische Vorgänge
an: Die Verletzung des Ganglion Gasseri führe starke Grfäßkontraktion,
besonders auch in den perikornealen Bahnen und damit Nekrose herbei. Die
gefäßerweiternde Wirkung der Sympathikusdurchschneidung wirke antago-
nistisch. Spalitta nimmt daher weiter an, daß die Durchschneidung des
Ganglion Gasseri als Keiz wirken müsse.
ß) Die Verengerung der Pupille bei Keizung der Hornhaut.
§ 66. Die Tatsache, daß bei tieferen Affektionen der Kornea, Aollends
bei Entzündungen der Iris selbst, die Pupille eng wird, steht außer Zweifel.
Außerdem ist es sicher, daß bei Durchschneidung des Trigeminus in der
Schädelhöhle (bei Tieren), sei es im Ganglion Gasseri, sei es im Eanuis oph-
thalmicus die Pupille sich stark verengt. Eckhard (160).
Nach Magendie (161) dauert diese starke Kontraktion der Pupille
nach Durchschneidung des Trigeminus ungefähr nur eine halbe Stunde.
A. V. Graefe (zitiert bei Krause, S. 72) beobachtete nach Trigeminus-
durchschneidung eine trägere Keaktion der Pupille, nachdem sie eine nüttlere
Weite wieder erlangt hatte.
Bei der Erklärung dieser Erscheinung könne nach Eckhard (1. c. S. 173)
die Verengerung der Pupille entweder als die Folge eines Keflexes angeseluMi
werden, welchen der in hohem Grade sensible Trigeminus bei seiner Dui'cb-
schneidung auf den N. oculomotorius ausübe, oder man könne dem Trigt-
minus direkt motoiis che, vom Gehirn oder dem Ganglion Gasseri kommende
Fasern für den Sphincter pupillae zuschreiben. Drittens könne man die
Kontraktion dvr Pupille von dem Umstandeherleiten, daß die \()m Sympathikus
Pupilloiioiirro hoi Komoalrcüz. 61
s(;iiiiiii('ii(lii). ilii' l'npillc i'i- wci I ciiid eil l*';isciii in der l!:iliii (\c<, Tri;^^('-
miiius NcrJiclcii, so dal.» diese l>ei dem aiif^fel'iUuteii J'jXpejiiiieiil durcliscliiiitteii
würden, wüiuich der Einfluß des Sympathikus in W<'^fall käme und der den
Sphincter pupillae inneixiejcnde Okulomotoiius nun die Oberhand bekomme.
Endlich könne man sicli nielne]-e diese)- Ursachen als zuf^leich wirkend vor-
stellen.
Die Ansicht, dal.! (he l'upillenverengerung auf reflektorischem Wege
vom Trigeminus über dvn Okulomotorius vermittelt werde, läßt sich nach
Eckhard (1. c. Ö. 178 und 258) aus dem Grunde nicht halten, weil die Trigc-
minusdurchschneidimg zwischen Gehirn und Ganglion Gasseri (beim Tiere)
ohne irgendwelchen Einfluß auf die Pupillenw(>ite sei.
Öpalitta (I. c. S. 80;")) untersuchte, ob bei der ]'ui)illenerweiterung außer
den beiden Gruppen x'on Sympathikusfasern, welche teils im Gehirn und dem
verlängerten Mark, teils im Halsmark entspringen und im Trigeminus dem
Auge zugehen, etwa noch andere Nerven in Betracht kämen. Als Reaktion
benutzte er die durch Schmerz hervorgerufene reflektorische Pupillenerweiterung.
Er fand, daß nach Ausreißung des oberen Zervikalganglion und späterer Durch-
schneidung des Ganglion Gasseri, wobei das Auge und besonders die Horn-
haut sich lange normal und ungetrübt erhalten, zwar zunächst bald hinter-
her eine Reizung des Ischiadicus keine Pupillenerweiterung
bewirke, wie dies schon von Fr. Frank beobachtet wurde. Lasse man aber
den ersten Eindruck der Operation vorübergehen, so entstehe auf sensible
Reizung jetzt eine schwache, langsame, aber deutliche Erweiterung. Vielleicht
bringe der sensible Reiz eine He mmungs Wirkung auf den Okulo-
motorius hervor. Wenigstens unterblieb jene letztere Einmrkung in einem
Experimente nur nach der Einträufelung von Atropin, welches bekamitlich
die Endausbreitung des Okulomotorius lähmt.
Daß beim Menschen das Ganglion Gasseri und damit auch die ganze
zentral von diesem Ganglion gelegene Trigeminuspartie keinen Einfluß auf
die Weite der Pupille hat, konnte Krause (162) nach Exstirpation dieses
Nervenknotens beobachten. Nach diesem Autor bemerkte man weder beim
Ablösen des Ganglion Gasseri von der knöchernen Schädelbasis und der Dura
mater, noch beim Freilegen des Trigeminusstammes, wobei Zerrungen ziemlich
erheblichen Grades unvermeidlich w^aren, nicht die geringste Verengerung
der Pupille. Wiederholt wurde während der Zeit des operativen Eingriffes
die Reaktion jeder einzehien Pupille auf Lichteinfall sowie die konsensuelle
Reaktion geprüft: beide Augen verhielten sich vollkommen gleich. Auch bei
dem Herausdrehen des Trigeminusstammes trat keine Veränderung ein.
Nachdem die Kranken aus der Narkose erwacht waren, ließ sich auch die
Akkommodation- und die Konvergenzreaktion wieder feststellen. Die Pupillen
beider Seiten zeigten bei keiner der erwähnten Untersuchungen den aller-
geringsten Unterschied. Dabei waren die Konjunktiva und Kornea der ope-
rierten Seite völlig empfindungslos.
62 Pupillenenge bei Kornealreiz. ,
Auch im weiteren Verlaufe der Beobachtung ist bei den Operierten das
Verhalten beider Pupillen bei vielfachen Prüfungen immer das gleiche, völlig
normale geblieben.
Bei einem Falle hatte Ki'ause (1. c. S. 78) den T. Trigeminusast ganz
hinten in der Orbita reseziert. Die Hornhaut sowohl, wie die Bindehaut
wurden vollkommen anästhetisch und blieben es dauernd; somit war die Dureh-
treimung des Kamus ophthalmicus hintei- dem Abgang der langen Ziliaiiierven
und der sensiblen Wurzel des Ziliarganglions erfolgt. Auch in diesem Fall
verhielten sich während und nach der Operation die Pupilleii vollkommen
gleich. Späterhin resümiert Krause (1. c), daß die Pupillen bei einzelnen
Fällen ein verschiedenes Verhalten zeigten, bald ein normales, bald sei die
Pupille der operierten Seite weiter gewesen, als die der gesunden, oder di(^
Lichtreaktion sei hier nicht so rasch und ausgiebig, wie auf der letzteren auf-
getreten.
Aus diesen Beol)achtungen gehe hervor, daß wenigstens beim Menschen
dem Trigeminus von seinem Ursprünge bis ül)er das (ianglion Gasseri
hinaus kein wesentlicher Einfluß auf die Weite der Pupille zugesprochen
werden köime.
Eine direkte Eeizmig des Ramus ophthalmicus vom Nervus trigemimis
unternahm (Irünhagen (163) ))eim Hunde und erzielte eine Verengerung der
Pupille. Dieser verengernde Einfluß des Trigeminus soll nach demselben
Forscher (164) trotz Atropineinträufelung im Gegensatze zur Okulomotorius-
wirkung bestehen bleiben.
Nach Spalitta und Consiglio (165) wird die Miosis nach Trige-
minusdurchschneidung durch die Lähmung der Vasokonstriktoren
(im Trigeminus verlaufenden Sympathikusfasern), die Miosis infolge von
Trigeminusreizung durch Reizung der Vasodilatatoren im Trigeminus
hervorgerufen. Eine Lähmung der Vasokonstriktoren und eine Reizung
der Vasodilatatoren habe aber in der vermehrten Füllung der Gefäße den
gleichen Effect, und so dürften wir uns bei diesem Zustande die Verengerung
der Pupille aus der vermehrten Volumszunahme dieses Organs durch ver-
mehrten Blutgehalt der Gefäße erklären.
§ 67. Diesen vasomotorischen Fasern im Trigeminus kommt auch eint^
sekretorische Funktion betreffs des Augapfels zu.
A. V. Hipjjel u. Grünhagen (202) fanden bei Reizung des Trigeminus-
ursprungs in der Medulla oblongata einen mächtigen Zuwachs des intra-
okularen Drucks mitunter bis auf 200 mm Quecksilber. Diese beiden
Autoren nehmen als erste Ursache der Drucksteigerung bei Reizung des
Trigeminus Dilatation der Blutgefäße des Auges, namentlich der Chorioidea
an. (Die Gefäße der Retina sind, wie die ophthalmoskopische Betrachtung
lehrt, dabei durch den gewaltigen Druck verengt.) Zweitens halten sie durch
die Tatsache einer das Leben überdauernden Drucksteigerung und einer
erneuten Druckzunahme bei Trigeminusreizung nach partieller Entleerung
von Humor aqueus für erwiesen, daß eine vermehrte Sekretion oder Trans-
Pnpil1oiu'n<;(> l)oi Kornea Iroi/. 63
sudiitioii Aoii Auj,fciif'lüssi|j;l\cit wiiliic ii<l (h i' Tctanisitning der Medulla irgend-
wo iniieiliall» des ]>ulbus stattfinde. ])ieser Einfluß des Trigeniinus bernlie
wahrscheinlich auf Vermehrung der Augenfhissigkeit durch Filtration.
Jesnei' (158a,) fand, daß (Icr auf Tieizung der vasodilatatorischen J^asi iii
im M^-igeminus folgende gestcigeite lilutzufluß /um Auge eine Ausschei(hnig
dl r Kihiin]-egeneratoi'en und Steigerung des l^jiweißgehaltes im Humor aqueus
h('r\()iiiifc.
v:; (»S. Als Antagonist des Trigeniinus hezüglich der Blutgefäße (\v^
Auges ist der Sym])athikus a.nzusehen, und es miichte dalier wohl XAveck-
mäßig ersciu'inen. au diese)' Sldle auf seine vasoniotoiische lle(lcutung fiii
das Auge liier einzugehen.
Die Funktionen, welche der Sympathikus in l)ezug auf das Auge der
meisten Wirbeltiere zu erfüllen hat, bestehen bekanntlich darin, daß er in
erregtem Zustande die ru})ille dilalieit, die Augengefäße verengt und
die glatten Muskeln der Lider und der Orbita zur Kontraktion Imngt. Durch
die Tätigkeit der letzteren wird der Eaum der Augenhöhle verkleinei't und
infolgedessen di-r leicht bewegliche Bulbus nach vorne gedrä.ngt.
Adamück (t203) hatte zuerst bei Katzen und Hunden nachgewiesen,
daß der intraokulare Druck bei Reizung des Halsstranges des Sympathikus
sich erhöht. Er sowohl wie Wegner (204) haben ihren experimentellen Be-
funden nicht die richtige Deutung gegeben. Hippel und Grünhagen (202)
ejkannten das Faktum der intraokularen Druckzunahme bei Beizung dei^
Halssympathikus an, behaupteten aber, daß dieselbe lediglich durch die Kon-
ti'aktion extrabul bärer glatter Muskelfasern erfolge. Sie konstatierten
nämlich, daß auch eben so häufig der Binnendruck des Auges durch Beizung
des Sympathikus vermindert werde. Öfters beobachte man diese Ab-
nahme anstatt der vorhin erwähnten Druckzunahme gleich bei der ersten
Reizung des Halsstranges, in der Regel sähe man sie jedoch erst nachträglich
eintreten und auf die ursprünglich vorhandene Drucksteigerung folgen.
V. Hippel und Grünhagen führen diese Erscheinung auf die mit der Sym-
pathikusreizung Hand in Hand gehende Verengerung der Augengefäße zurück,
sie schließen aber aus ihrem schwankenden Auftreten, daß zwischen der
Blutzirkulation im Auge und der Funktion der glatten Orbitalmuskulatur ein
regulatorisches Verhältnis in der Art bestehe, daß die Kontraktion der Muskeln
in der Augenhöhle oftmals darum zu keiner momentanen Druckverm.inde-
rung führe, weil die Zusannnenziehung jener extrabulbären Muskelfasern
den Austritt des Venenblutes aus der Orbita und unmittelbar auch aus dem
Auge erschwere. Lasse hingegen die Kontraktion der letzteren nach, so würde
der Bulbus entsprechend dem tatsächlichen Verhalten alsbald an Spannung
verlieren, indem das angestaute Blut abfließe, ohne wegen der langsamen
Erweiterung der verengten Arterien sogleich genügenden Ersatz zu finden.
Kontrahierte Blutgefäße nähmen aber im Bulbusinneren offenbar weniger Raum
ein als weite, und dadurch sinke der intraokulare Druck bei Sympathikus-
reizung.
64 Reflektorischer Lidschluß und Flucht bewegungen.
N( ucidiiigs hat Aiij^'clucci (205) nach Exstiipation des Claiiglioii Gasscri
Kontraktion der Augengefäße (mit Keratitis neuroparalytica), und durch Ex-
stirpation des Ganghon cervicale supremum Gefäßerweiterung beobachtet.
Spalitta (174) bestätigte die schon von Claude Bernard und
Sinitzin gemachte Angabe, daß eine Exstirpation des Sympathikusganghons
die Folgen der Trigeminusdurchschneidung auf das Auge aufhebe oder ver-
ringere. Die alleinige Exstirpation des Ganglion Gasseri bewirke bei Tieren
Exophthalmus, anfangs Hypertonie, später starkes Sinken des intraokularen
Druckes, Kerat. neuroparalytica, Miosis, träge Reaktion der Pupille.
y) Der reflektorische Lidschluß nach Trigeminusreizung.
§ 69. Wir hatten bereits im I. Bande, S. 29 und 581 der Lidreflexe vom
Trigeminus Erwähnung getan, und dabei betont, daß der gewöhnhche Lid-
schlag überhaupt vom Trigeminus erregt wird, indem schon sehr geringe Reize,
wie die Verdunstung der Flüssigkeit von der Bulbusoberfläche genügen, diese
Reflexe auszulösen.
Der gewöhnliche Lidschlag ist immer doppelseitig. Er tritt nach
W. A. Nagel (159) bei Berührung der Kornea und Konjunktiva mit einem
warmen Gegenstande weit weniger stark auf, als bei Berührung mit einem
kalten.
Der zentripetale Teil des Reflexbogens ist hier der 1. Ast des Trige-
minus, dessen konjunktivale und korneale Fasern den Reiz dem Zentralorgane
übermitteln; dortselbst wird er auf den Fazialis und so auf die den M. orbi-
cularis versorgenden Fasern umgeschaltet. Das Zentrum dieses reflektorischen
Vorganges ist im Fazialiskern des verlängerten Marks zu suchen, vielleicht an
der Stelle, wo aus der zentralen Quintusbahn zahlreiche Kollateralen in den
Fazialiskern gehen, vgl. S. 56 Edinger.
Nicke l.t (220) bestimmte bei Meerschweinchen, Tauben und Katzen
als hintere obere Grenze des Reflexzentrums für denjenigen Lidschluß, welcher
durch Reizung der Hornhaut hervorgerufen wird, die Gegend der Alae cinereae,
oder vielleicht noch eine etwas höher gelegene Partie.
6) Die Fluchtbewegungen des Kopfes.
§ 70. Dieselben sind Zweckmäßigkeitsbewegungen zum Schutze des
Auges und werden hervorgerufen durch die außerordentliche Schmerzempfind-
lichkeit der Hornhaut bei Berührung. Mit derselben ist stets ein kräftiger
reflektorischer Lidschluß verbunden.
Die Bahn dieses Reflexvorganges ist unbekamit.
e) Die vermehrte Tränen- und konjunktivale Sekretion.
§ 71. Vergleiche früheres Kapitel.
Reflexwirkungen vom Trigeminus. 65
^) ILc in incjulc Wirkung' uul den Nervus laj-yngeus. Unter-
brechung der Atniun^f.
!^ 71. I\iis( (l<><"») iiiiiclitc iin ciiiciii l''allc die IVoltiidil iiii}^, dal.) man
(Invcli incclianisclic l!(i/un<i; Avr })cri|)licrisch('n J^judcn Ac^ 'l'iige minus .so-
wohl \(»n (Irr Jiiiididiaut , wie von dei' Itacliensclileiiidiaat aus auf den in
j*jii('t;ung gesetzten Nervus laryngeus eine exquisit hemmende Wirkung aus-
ülicii luinnc. Küsl hcliandcllc 13 an Spasmus gIotti(Hs leidende Kinder, deren
Krankengescliicliteii niilgeteiK werden. Die Reizung der Nasenscldeiuiliaut
geschah mit dein Härtende einer Feder, die in ein Pulvergemenge von Chinin
und Zucker, oder Chinin und Anti|)y]in und Zucker getaucht wurde. Bei stark
se/einierendei' Schleindiaul iieß Küst vor der Reizung den Schleim so gut als
in(')gli('li entfernen.
Aher auch andei'e Neurosen mechanischer Hi]-nnei\-en konnten durch
mechanische Reizung des '.rrigeniiinis im Sinne einer Jlennuung lieeinflulJt,
eventuell zum Schwinden gebracht werden.
(iuttniann (1C8) hat übel' eine reflektorische Beziehung der Koi-neal-
äste des Trigeminus zur Atmung folgende Beobachtung gemacht. Bei einei-
schwei'en Atropinvei'giftung einc^s vierjährigen Knaben zeigte sich die merk-
würdige Tatsache, daß. als die Kornea zur Prüfung, ob reflektorischer Lidscliluß
vojhanden sei, mit dem Pinger gereizt wurde, kein Lidschluß eintrat, dagegen
bei jede]' Ijeriün'ung der Kornea di(^ Atniung, welche bis dahin regelmäßig
war, stille stand. Dieser Stillstand dauerte 5 — 9 Sekunden. Die betreffende
Beobachtung wurde während 5 Stunden etwa 20 mal gemacht. Der reflek-
torische Stillstand der Atmung geschah in Exspirationsstellung des Thorax.
Chris tiani fand auf Reiz der Augenhöhlenzweige des Trigeminus
Atmungsstillstand, der aber im Gegensatz zur JMehrzahl der Beobachtungen
Peilclienfelds gleichfalls in Exspirationsstellung eintrat.
Horsley (169) hat bei einer Kranken, bei der er nach vorbereitender
Trepanation den Trigeminusstamm hinter dem Ganglion Gasseri an seiner
Verbindung mit dem Pons Varoli abriß, in diesem Augenblicke, obgleich die
Kranke gut betäubt war. Aufhören der Atmung und Verschwinden des Pulses
beobachtet. Dies dauerte schätzungsweise nicht länger als 3 — 4 Sekunden,
hierauf wurden die Atembewegungen und der Puls wieder normal.
Krause (1. c. S. 100) hat dagegen bei seinen Operationen nichts Der-
artiges bemerkt.
Nach Landois (155) verlaufen die auf das Zentrum einwirkenden
Hemmungsnerven der Atembewegungen im N. laryngeus superior
(Rosenthal) und inferior (Pflüger und Burkart, Hering und Brenner).
Auch die Nasenzw^ige des Trigeminus bewirken gereizt Stillstand der Atmung
in der Exstirpation (Hering und Kretschmer). Daher wird also wohl auf
den voift Nasoziliaris nach der Konjunktiva hinziehenden Ästen die zentri-
petale Bahn für die Auslösung dieses Reflexes zu suchen sein.
Wilbrand-Saenger, Neurologie des Auges. II. Bd. I. Abteilung. 5
66 Reflexwirkungen vom Trigeminus.
?'/) Schluck- und Schmeckreflexe,
§ 72. Feilcheufekl (167) beobachtete nach Auswaschung des Kon-
junktivalsackes oder auch nur bei Einträufeln von Atropin, [besonders bei
Kindern, eine etwa 5 Sekunden währende Unterbrechung der Atmung, sowie
die Auslösung von Schluckbewegungen. Ein etwas seltener Eeflex sei Niesen.
Beim Zustandekommen dieses Reflexes komme als zentripetale Bahn der sensible
Teil des Trigeminus in Betracht, die zentrifugale liege in den motorischen
Ästen des Schlundgeflechtes (Vagus).
&) Niesreflexe.
§ 73. Feilchenfeld (167) beobachtete auch beim Einspritzen von
Flüssigkeiten in den Bindehautsack einen Niesreflex.
Es ist bekannt, daß eine heftige Erregung des Optikus, wie sie z. B.
beim Sehen in sehr intensive Lichtquellen stattfindet, oft eine eigentümliche
Empfindung in der Nase erzeugt, welche ihrerseits wieder Veranlassung zum
Niesen wird. Die zentripetale Leitung liegt "in den inneren Nasenästen des
Trigeminus, die motorische leitet zu den Exspirationsmuskeln.
i) Der vermehrte Speichelfluß.
§ 74. Anknüpfend an eine von Michel gemachte Beobachtung, daß
bei Katzen nach Einträufelung von Atropin sulf. in den Konjunktivalsack eine
außerordentlich starke Speichelabsonderung auftrat, suchte Aschenbrandt
(170) die Nervenbahnen, auf welchen der Konjunktivalreiz bis zu den Speichel-
drüsen fortgeleitet werde, sowie die gereizten und sezernierenden Drüsen auf-
zufinden. Zunächst zeigte sich, daß jede die Konjunktiva reizende Flüssigkeit
l)ei Katzen und Hunden Speichelfluß auslöst, ferner daß alle drei Speichel-
drüsen sich an dem reflektorischen Speichelflusse beteiligen, und der Kon-
junktivalreiz zu den Nervenkernen (Trigeminus, Fazialis, Glossopharyngeus)
geht, und zwar vom Nerv, lacrymalis zum Ramus ophthalmicus, von da zum
Ganglion Gasseri, durch den dritten Ast des Trigeminus zum Ganglion oticum.
Die Weiterleitung geschähe a) zum Nerv, lingualis und zur Chorda tympani,
b) zum Nerv, petrosus superf. minor, zur Jacobsohnschen Anastomose und von
da zum Ganglion petrosum.
Was die Sekretion in der Ohrspeicheldrüse anbelangt, so ist nach Eckhard
(1. c. S. 172) bezüglich des N, trigeminus festgesetzt, daß der III. Ast des-
selben und besonders sein Ramus auriculo-temporalis Zweige zu diesem
Zwecke in die Drüse schickt. Eckhard (1. c.) hat am Hund und Esel jene
Zweige mit Erfolg gereizt. Diese Beobachtungen stehen mit den schon früher
von Rahn (171) unter Ludwig am Kaninchen angestellten Untersuchungen
in Übereinstimmung, nach welchen die elektrische und chemische Reizung
des gesamten Trigeminusstammes in der Schädelhöhle vor seinem Eintritt
in das Tentorium von einer Speichelsekretion in der Glandula parotis be-
gleitet ist.
1?rophische T^asern. 67
i
Eiidlicli iHTichIrn llo in hci-^r (172) und JMoslcr (17:5) <^lc ich falls von
Icbliaftcr Spcicliclsckrction, welche hei liel'ti}j;eii Nentiil^ien des Trigominus
ei 11/11 freien pflogte.
c) Trophische Fasern.
§ 75. Dei' Zweckmäßigkeit h.ilher werden wir die Ansichten für und
wider die Existenz tiophischer Fasein im Trigeminus eingehender hei der
Beschreihung der Keiatitis neuroparalytica besprechen. Wir wollen
hier nur auf die Untersuchungen Turners (175) und die Beobachtungen
Krauses eingehen.
In 18 gemeinsam mit Perrier ausgeführten Versuchen von Durch-
schneitlung des Trigeminus, indem 4 mal das Tuberculum Rolandi zerstört,
2 mal die Corpora restiformia einschließlich der aufsteigenden Trigeminus-
wurzel. 4 mal der Nervenstamm zwischen Varolsbrücke und Ganghon Gasseri,
S mal allein der Ramus ophthalmicus und 2 mal die absteigende oder trophische
Wurzel von Mei'kel in Verbindung mit dem oberen Kleinhirnschenkel durcli-
trennt wurde, bei denen sämtlich als hervorstechendes Symptom Anas tli(! sie
der Kornea sich ergab, kam es nur 2 mal zu destruktiven Prozessen und
Panophthalmie; beide zeigten aber auch sonst noch septische Erscheirmngen,
Temperatursteigerung und lokalisierte Affektionen; in einem davon ergab die
Sektion beginnende septische Meningitis.
In einigen Fällen wurden leichte Hornhauttrübungen beobachtet, ent-
sprechend dem infolge der Unempfindhchkeit der Hornhaut durch verringerten
Lidschluß offengebliebenen Lidspalten teil; doch hellte sich die Hornhaut bald
wieder auf. Auch künstlich oder zufällig durch Kauterisation bzw. Kollodium
gesetzte Reizungen der Hornhaut heilten ohne Zwischenfall.
In sämtlichen Fällen mit Durchschneidung des Ramus ophthalmicus
wurde die Hornhaut genau anatomisch untersucht, zeigte aber keinerlei Ver-
änderung. In Zusammenhalt mit den klinischen Erfahrungen nach Exstii'-
pation des Ganglion Gasseri wegen Trigeminusneuralgie folgert er aus den
Versuchen, daß die mit Läsion des Trigeminus vergesellschafteten, sogenannten
neuroparalytischen Symptome nicht Zeichen der Paralyse, sondern der
Iiritation des Nerven seien.
I\Ian hatte seither das Ganglion Gasseri ganz besonders in Beziehung
zu den trophischen Vorgängen in der Hornhaut und Konjunktiva gesetzt.
Krause (162) hat nun in einer Reihe von Fällen das Ganglion
Gasseri beim Menschen entfernt. Abgesehen von einer dauernden Lähmung
des Trigeminus id)erhaupt als Folge der gedachten Operation wurde am Auge
in allen Fällen eine vollkommene Anästhesie der Hornhaut und
der ganzen Bindehaut gefunden. Diese Gefühlslähmung blieb auch im
weiteren Verlaufe; selbst nach Jahren erfuhr sie nicht die geringste Ändening,
weder in bezug auf die Ausdehnung, noch in bezug auf die Stärke, sie blieb
abweichend von den anästhetischen Gebieten der Haut und der Schleimhäute
eine vollständige. Der bloße Ausfall des Trigeminuseinflusses führt
5*
68 Trophische Fasern.
daher an sich Btöiuiigeii irgendwelcher Art nicht herbei. Es bedarf
auch trotz der vollstänchgen Anästhesie keiner besonderen Schiitzmaßregehi,
um das Auge vor Keratitis neuroparalytica zu bewahren.
In 2 Fällen schien es, als ob gegenüljer Einwirkung entzündungserregender
Einflüsse eine verminderte Widerstandsfähigkeit auf der opei'ieiten Beite
vorhanden gewesen sei. Es tr'at hier leichter Entzündung der Hornhaut auf als
auf der gesunden Seite; aber auch diese heilte sell)st in ihrer schweren in-
fektiösen Form bei zweckmäßigem Verhalten, ohne zum Bilde der Keratitis
n('uro])ai'alytica fojtzuschreiten und zum Verluste des Auges zu führen. Nur
maclite sich die verminderte Kraft der Gewebe auch darin geltend, daß
die Heilung erheblich langsamer vonstatten ging als unter nor malen
Veiliältnissen. (Vgl. jedoch Fall Millingen Ö. 69.)
Da die Exstirpation des Ganglion Gasseri beim Menschen dem
physiologischen Experimente gleichgesetzt werden muß, so wollen wir zunächst
untersuchen, was die Zusammenstelhing dei' Literatur ü))e]' diese Verhältnisse
uns angibt:
Aus den in der Literatur bekannten Fällen blieben nach Exstirpation
des Ganglion Gasseri von Keratitis verschont:
6 Fälle von Krause (162),
2 Fälle von Andrews (176),
1 Fall von Parkhill (177),
1 Fall von Richardson (178),
1 Fall von Doyen (171»),
1 Fall von Hutchinson (180).
Exstirpation des Ganglion Gasseri mit nachf(jlgender Keratitis be-
obachteten:
Galle maerts (297),
von Hacker (181),
William Rose (182) (zweifelhaft, weil der Bulbus onukleiert wurde),
Henle (183),
E. V. Hippel (429).
Diese Disharmonie in den Beobachtungsergebnissen wird noch gesteigert,
wenn wir nachher auf die große Zahl klinischer Beobachtungen mit Sektions-
befunden zu sprechen kommen, bei welchen intrakranielle Erkrankungen des
Trigeminus und des Ganglion Gasseri eine Keratitis neuroparalytica
der gleichen Seite zur Folge hatten.
§ 76. Stellen wir noch einmal die uns hier interessierenden Beziehungen
des Trigeminus zu anderen Nerven zusammen, so hatten wir des Verhältnisses
zum Sympathikus gedacht: Verengerung der Pupille bei Durch-
schneidung des Trigeminus zufolge gleichzeitiger Durchschneidung (h-r vom
Sympathikus stammenden und im Trigeminus verlaufenden Vasokonstrik-
toren und nachfolgender paralytischer Erweiterung der Blutgefäße der Iris,
vermehrte Sekretion des Kammerwassers durch paralytische Ge-
fäßerweiterung der Iris und des ZiUarkörpers.
Koiigonitalc Ri](luii^sfc)ilcr des Trig(Mninus. 69
l^Tiicj- ciwüliiilcii wir die üc/icliiiii^^f di'>i Ti'ij^ciiiiiius zum I^'uzialis:
rcflcktoi'isclici" l^idsclihiü bei Hcizuii^f dci' Trii^ciiiiiniscDdi^niiij^cn in der Iluni-
liaiit und l>ii)d('liaut; vonncliric TräiiciiahsorKlcrung hei iiciziuig dci' ^deichen
Öidichkcilcii.
Wii- i'iilirlcii die Ijczicliiin^f des Ti'i^fciiiinus zur Nacken- und Hals-
uiuskuliilui iiii l)('/ü^di('li der l^luclitlK'Wcguiigcn des Kopfes bei JJeiüliruiigeii
dci' l\()iijunkii\ a und Koiiica.
Außerdem erwähntcii wir die Beziehungen zum Vagus rcsp. zum N.
laryngeus superior et iufer, J^etreffs Unterbrechung der Atmung bei Heizung
der konjunktivalen ]<]ndigungeii des Trigeminus, ebenso des Schlundgeflechtes
wegen der Schluckreflexe und der Exspirationsnmskeln wegen des Niesreflexes,
und hätten nun noch der B(>zi(>hungen des Trigeminus zum N. oculomotorius
zu gedenken.
Im J. I>ande S. (>() hatten wir uns schon eingeliend mit den Mitlx'we-
gungen des Oberlides bei Kaubewegungen beschäftigt und hatten
dort hervorgehoben, daß nach der Annahme von Helfreich, Bernhardt und
Si(Mnerling abnoinie Verhältnisse in den Ursprungsgebieten des V. und III.
Nerven beständen, wodurch der motorische Kern des Trigenünus mit dem des
Levator in Verl)in(lung stehen soll, und zwar in der Weise, daß die Levator-
fasern nicht im Okulomotorius-, sondern im motorischen Trigeminuskern
entsprängen inid mit diesem zugleich innerviert würden.
Bezüglich der Akkommodationsbeschränkung bei Zahnleiden ver-
weisen wir auf den pathologischen Teil.
Was weiter den Einfluß des Trigeminus auf die Augenmuskulatur be-
trifft, so haben wdr in Bd. I, S. 344 uns eingehend mit dem reflektorisch be-
dingten Blepharospasmus beschäftigt. Vgl. auch S. 64, § 68 und S. 79, § 82,
wo wir noch näher auf dies Verhalten eingehen. Besonders nach Zahnaffek-
tionen sind von Ferrier (298), Metras (299), Galezowski (300) und Schmidt-
Rimpler (301) Krampfzustände in den Augemnuskeln beobachtet worden.
Nystagmus kann durch Reizung der zerebralen Trigeminuswurzel Zustande-
kommen, wie eine Beobachtung Eaehlmanns (302) lehrt, auf die wir später
zurückkommen werden.
in. Pathologisches.
A. Angeborene Bildnngsfeliler im Trigeminnsgebiet.
§ 77. Angeborene Bildungsfehler im Gebiete des Trigeminus sind im
allgemeinen sehr selten.
So beobachtete von Millingen (184) bei einem 6jährigen Türkenmädchen, das
von gesunden, nicht syphilitischen Eltern abstammte, eine angeborene vollständige
Anästhesie beider Augen, die den Eltern schon sehr frühzeitig aufgefallen war. Trotz-
dem beiderseits ein Homhautgeschwür bestand, war kein Tränen, keine Lichtscheu vor-
handen und waren die Augen weit geöffnet. Außer der vollständigen Anästhesie beider
Augen bestand eine Anästhesie der Stirn bis zur Sutura frontoparietalis, ferner der Wangen,
der Oberlippe, der Nase und des Mundes. Zunge und Unterlippe besaßen Empfindlichkeit.
70 Kongenitale Bildungsfehler des Trigeminus.
Verschiedene operative Eingriffe, darunter eine Iridektoniie, ließen sich ohne jeglichen
Schmerz, unter Weglassung von anästhesierenden Mitteln, ausführen. Die Heilung war
eine gute. Psychische Störungen waren nirgends vorhanden. Es waren also die trophi-
schen und die sensiblen Nerven unabhängig voneinander, von Miliin gen nimmt einen
angeborenen Mangel des I. und II. Trigeminusastes an.
Hirschberg (185) gibt an, einen gleichen Fall beobachtet zu haben.
Auch in M. Bernhardts (186) Fall von angeborener einseitiger Tri-
geminus-Abduzens-Fazialislähmung trat in der fünften Woche nach der
Geburt eine Keratitis neuroparalytica auf.
Es handelte sich um einen 5 Monate alten Knaben. Die Eltern und vier Geschwister
Avaren gesund. Sofort nach der Geburt bemerkte man eine tiefe Einsenkung des linken
oberen Augenhöhlenrandes und eine volllvommene, noch am 2. November 1889, wo der Fall
zum ersten Male zur Beobachtung kam, bestehende Lähmung der rechten Gesichtshälfte.
Die Geburt des Kindes war rasch und leicht vonstatten gegangen. EtAva fünf bis sechs
Wochen nach derselben erkrankte das rechte Auge. Scheeler konstatierte Anästhesie
im ganzen rechten Trigeminusgebiet und eine neuroparalytische Keratitis des
rechten Auges. Alle diese Erscheinungen büeben bis zum 2. November 1889 unverändert,
nur die Keratitis heilte. Das Kind konnte auch anfänghch nicht ordentlich saugen, doch
konnte man sich über das Gaumensegel nicht orientieren. Das rechte Auge erschien deutlich
medianwärts abgewichen: Keinerlei Maßnahmen oder Kunstgriffe koiuiten das Kindchen
veranlassen, das Ai;ge nach rechts hin zu wenden; auch das Unke Auge stand im mneren
Augenwinkel. Das Kind starb am 28. Februar 1890 an Bronchitis. Bis zu seinem Tode war
der Zustand der Augen unverändert geblieben. Sektion des Gehirns: Der Hirnstamm
ließ eine etwa kreisrunde Erweichung an der rechten Ponshälfte erkennen. Außerdem fand
sich eine Erweichimg, welche den unteren rechten Vierhügel total, den oberen zum größten
Teile zerstört hatte. Von letzterem war nur der oberste Teil erhalten. Die Kerne waren
nicht erki'ankt. Die Nerven konnten nicht weiter versorgt Averden, weil die Sektion ver-
weigert wurde.
In Schapringers Fall (187) bestand bei einem 8jährigen Mädchen mit doppel-
seitiger kongenitaler Fazialislähmung und Lähmung der assoziierten SeitAvärtswendung beider
Augen nach rechts und links eine teilweise Lähmung nur des motorischen Teiles
des Trigeminus.
Gazepy (221). 25 Jahre alter junger Mann. Keine hereditäre Belastung. Stupider
Gesichtsausdi'uck , schwaches Gedächtnis. Anästhesie' der rechten Kopfhälfte
(Kornea und Konjunktiva nicht besonders erwähnt) xmd Schwerhörigkeit rechts. Der Zeige-
finger und der fünfte Finger sind an beiden Händen sehr klein und verkümmert. Die zweite,
dritte und vierte Zehe sind an beiden Füßen verwachsen. Parese des Sphincter vesicae
urinae. Urin normal.
R. A. : Ptosis. Das obere Lid deckt die oberen zAvei Drittel der Pupille. Paralyse
des Rect. sup., Parese des Rect. lat. Strabismus converg. von 25° und Lagophthalmus in-
folge von Parese des unteren Lides. Pupille und Akkommodation normal. S = — 4 D. ^a-
Staphyloma post.
L. A. : Ptosis. Paresis M. recti sup. et lat. Strab. converg. von 35°. Lagophthalm.
wie rechts S = — 4,5 D Q cyl. — ID. ^s- Fundus wie rechts.
Daß bei einigen Fällen von angeborenen Bewegungsstörungen der Ge-
sichtsmuskulatur, bei welchen sonst keine kongenitalen Anomalien am Trige-
minus vorliegen, der Kornealreflex fehlt, darf nicht wundernehmen. Bei
derartigen Patienten war die zentripetale Partie des Keflexbogens durch den
Trigeminus erhalten, die zentrifugale Weiterleitung der Erregung im Nerv-
Muskelgebiet des Faziahs aber durch Aplasie an irgendwelcher Stelle unter-
Vasomotorische Erregungen. 71
liioclicii iiiiil Ivoiiiilc (liilic)' rille rcl'lck ioiisclic l\(tii ( la k( ioii des Orbikularis
auf l!('i/,iiii^ (Irr Konica iiiclili aiis^^cN'isli wci'dcii.
I^jiiicii (Iriai ii<^fcii l^'all hcscliivibi Sl-cpliiMi (IHS).
Eine 32jälirige Frau litt seit der (ielmrl au liiiUsseitiger peripherer Fazialislähmung.
Die Asymmetrie der («esi» lits/,iig<>, schon bald nacLi der (teburt entdeckt, sprang sehr stark
in die Augen. Fehlen d(>r Mimik und der (Jt^sichtsfalten, Lagophthalmus und sehr oft
Epiphora. Sehi(>tstellung von Nase, Mund und Kinn nach reclits. Der weiche (Jaumen
und die Uvula sind gelalunt, die Zunge wird gerade vorgestreckt. fJeschmack nicht gestört.
Pupillen noruiitl. I< oriH al icfh^x links fehlend. Die Muskeln reagieren niciit hei elek-
trischer Reizung. Sensibilität normal. Ophthalmoskopischer Befund: beiderseits
normal.
Hc/iii^licli der l^jfklünin^f der Fälle von korigcDiialcii l)llduii<4sf('lilcni
im Tiig(Miiinus<j;<'l)i('( \(')\veis(Mi wii- auf das, was im i. Bande S. 87 — iU und
588 — 600 bezüglich der kongenitalen Bihhnigsfelder des Fazialis gesagt
worden ist.
B. Organische Läsioiien des Trigemimis, soweit sie das Auge
betreffen,
a) Reizzustäude.
Die Entzündungserscheinungeii des vorderen Bulbusabschnittes,
Fast bei jeder stärkeren Entzündung der vorderen Bulbushälfte und
namentlich bei Affektionen der Horrdiaut beobachten wir eine Reihe von
Symptomen, welche wir zusammenfassend als ,, Reizzustand des Auges"
bezeichnini. Sie lieruhen hauptsächlich auf Reizung der sensiblen Trigemiiuis-
fasern mit Steigerung der von dem I. Aste dieses Nerven ausgelösten Reflexe,
und äußern sich in Rötung der Bindehaut res]). Injektion de)' vorderen
Ziliargefäße, in Tränen des Auges der erkrankten Seite, in Lid-
kiampf, Pupillenkontraktion, Ziliar- resp. Kopfschmerz und in
Lichtscheu. Vgl. S. 59.
d) Vasomotorische Erregungen (vgl. S. 59).
Die Rötung der Konjunktival- und Ziliargefäße bei Reizungen der
Trigeminuszweige des Auges ist eine so bekannte Erscheinung, daß wir hiej'
weiter auf dieselben nicht einzugehen brauchen.
§ 78. Wie wir im physiologischen Teile S. 63 erwähnt hatten, ist der
Trigemimis bezügHch der Gefäßnerven des Bulbus der Antagonist des Sym-
pathikus. Wir sind zur Annahme gezwungen, daß im Trigeminus und dem-
selben zugehörig zentrifugalleitende, vasodilatatorische Fasern ver-
laufen, eine Voraussetzung, welche noch besonders durch die khnische Tat-
sache gestützt wird, daß wir bei Neuralgien des I. und IL Astes dieses Nerven
nicht selten Hyperämie der Augen, vermehrtes Tränen und leichte Schwel-
lung der Lider beobachten.
S<f erwähnt Gefton-Lewill (189) zwei Fälle von heftigem, paroxysmenweise auf-
tretendem Gesichtsschmerz in der Schläfen- und Kiefergegend (mit unvollkommener Frei-
72 Vasomotorische Erregungen.
lieit der Kieferbewegung), Injektion der Konjunktiva und Vcrnichrung der Tränen-
sekretion bei zwei älteren Frauenzimmern. Beide hatten nur nocli wenige Zähne im Unter-
kiefer. Die Neuralgie war durch künstliche Cebisse erzeugt.
H. Groß (190) berichtet von einem 64jährigen Manne mit heftigen Neuralgien im
ganzen Trigeminusgebiet. Motorische iStörungen waren nicht vorhanden, dagegen solche
vasomotorischer Natur, wie Konjunktivalinjektion, gesteigerte Tränensekretion,
häufiges Erröten nebst Anschwellung der rechten Wange und Glossy skin, zeitweise livides
Aussehen durch venöse Turgeszenz der rechten Seite, Anschwellung der Mundschleimhaut
und Salivation.
Eomberg sagt in seinem Lelubuclie der Nervenkrankheiten S. 4G
von einem FaUe mit Prosopalgie der linken Gesichtshälfte: Überdies habe
ich mich unzählige Male überzeugen können, daß nach den Anfällen vorzugs-
weise das linke Auge gerötet war, die linke Backe von livider Farbe erschien.
Ferner S. 47, ,,es ist schon bemerkt worden, daß die Venenentwicklung in
den Teilen vorzüglich hervortrat, welche- den Anfällen am meisten ausgesetzt
waren, in der Wange und Nase. Beim Ergriffensein des Eamus ophthalmicus
sah man das Auge während der Anfälle und eine Zeitlang nachher blutrot,
wie im höheren Grade einer traumatischen Ophthalmie : Kopiöser Ausfluß
von Tränen und Nasenschleim. Speichelfluß stellte sich ein, wenn andere
Zweige affiziert waren.
Wir beobachten zur Zeit eine 35jährige Frau, welche schon als junges Mädchen
zeitweise an Neuralgien im Trigeminusgebiet zu leiden hatte. Zugleich mit dem Auftreten
der Schmerzen, die sich über das ganze linke sensible Trigeminusgebiet verbreiten, tritt
heftiges Tränen des linken Auges und starke Injektion der Konjunktiva der linken
Seite auf. Dabei wird aber die Haut beider GesichtshäLften kongestioniert.
Eine andere Frau, eine 77 jährige Witwe, leidet seit 1892 an rechtsseitigen Gesichts-
schmerzen in Anfällen. Letztere treten namentlich beim Essen und Sprechen auf. Seit dem
16. März 1900 sind die Schmerzen so intensiv und so häufig, daß Patientin geradezu zur Ver-
zweiflung gebracht wird.
Als die Patientin galvanisiert wurde, trat ein sehr heftiger Anfall rechterseits im ersten
und zweiten Quintusast ein. Die Patientin saß in gebückter Haltung mit vornübergeneigteu^,
krampf verzerrtem Gesicht. Dasselbe rötete sich ebenso wie die Konjunktiva.
Dabei trat reichliches Tränen des rechten Auges auf. Der Schmerzparoxysmus dauerte ca.
^/g Minute, während desselben vermochte die Patientin nicht zu sprechen.
Da jede Berührung einen Schmerzparoxysmus auslösen konnte, so wurde von einer
eingehenden Sensibilitätsprüfung Abstand genommen.
Über einen sehr interessanten Fall von Konjunktivalinjektion zufolge
von Trigeminusreizen bei Tabes berichtet Pel (195).
Bei einem 41 jährigen Tabiker mit besonders ausgesprochenen Parästhesien im Ge-
biete zahlreicher Nerven, auch des Trigeminus, traten mederholt mit Intervallen von nur
wenigen Tagen ohne irgendwelche nachweisbare Ursache plötzlich Anfälle von heftigen
brennenden und stechenden Schmerzen in beiden Augen und deren Umgebung auf. Objektiv
waren die heftigsten krampfhaften Kontraktionen der beiden Mm. orbiculares,
starker Tränenfluß, intensive Rötung und Schwellung der Conjunctiva
bulbi et palpebrarum zu konstatieren. Genauere Untersuchung der Augen war wegen
der hochgradigen Hyperästhesie in deren Umgebiing während der Anfälle nicht möglich. Die
Dauer schwankte zwischen 2—3 Stunden und P/g Tagen. In den Intervallen waren die
Augen, abgesehen von reflektorischer Pui^illenstarre, völlig normal.
In einem Falle von Tcrrier (201), bei dem es sich um Injektion der Konj unkti va,
linksseitigen Lidkram])f und eine so bedeutende Ablenkung des linken Auges nach
VasoniotoTisclic Errpgunjien. 73
oben auLkMi Iiaiidcllc, daß die l'iipillc \iti(cr dem oberen liidnindc vcrboif^reii bb'eb, wurde
die )nona(('lang bereits vorhandriic Affcktioti diircb Kxtiaklioii inchrcrcr kariöser
/ähtic ueliciil. Besonders beachtenswert hi(^rh(^i war der l'nislaiid, daü die Zälinc zu dieser
Zeit iiiciit sebmerzhaft waren.
Audi bei einem Falle von re/id i \ i e ic iid e r ( ) k ii I o iiioior i iis I ii li ni ii ii.i,'
und IM ii^rii iie konstatierte M an z (198) wälireiid der Anfülle liindeliautliypeiiiinie.
IWcgcy (107) fand bei einem Pati(>nlcM ciiu- eij^entümliche Affi^ktion, dir er als
kon i un i< t i \al(' Xcnralj^ic aufi'al.W. lOs Ix-slaiiden sehr lieftij^e, abei- intermitt ictcnde
S(lnii(M"/,(Mi im Hidscn Bulbus und (Uh' ( V)njunetiva i)alpebi'alis, Tränenträufeln, ab und zu nut
serösem Ausflul.? aus dem lird<en Nasenloch, Anselivvellung des oberen Augenlides und Injektion
der C'onjunetiva bulbi. Unter Anwendung von Chinin wich die Affektion nach 5 Tagen.
Seiir auffällig ist die Beobachtuiig Koniberj^s (811, ö. 812) bei
einei' 57jälirigen Frau mit Jjälimung des linken Trigeminus. Trot/deni der
linke Augapfel so anästlietisch war, daß er das Einstechen einer Stecknadel
\('rtrug und weder Blinzeln noeli Tränenfluß sich einstellte, injiziei't (mi
sich die (iefäße der K on j un k I i \a, sofort, sobald dei' Augapfel
durcli Siechen gereizt wuide. l^jS uuißte also docli lioiz der Anästhesie
tue zentiipetale Leitung im l'rigemimis, welche reflektorisch die Vasodila-
tatoren anzuregen hatte, in diesem Falle nicht ganz aufgehoben gewesen sein.
Auch der H(U'pes zoster ophtha l micus, \V(dchei' Ixdvanntlicb i niiner
in dem befallenen Bezirke von vasomotorischen Störungen
begleitet ist, setzt auch manchmal mit vas o mo t oi' is ch e n
Störungen von selten der Augen ein, wenn noch keine anderen Anzeichen
für Hei'pes zoster vorliegen.
So beobachtete G. M. Gould (191) einen Fall, welcher anfangs IMiotojihobie, Tränen-
laufen, hochgradige Hyperämie der Konjunktiva xnid leichte Verschleierung der
Papille darbot. Nach drei Wochen Beginn einer serösen Iritis. Am 35. Tage trat plötzlich
eine typische Erui^tion von Herpesbläschen am oberen und unteren Lide auf.
Analoge Konjunktivalaffektionen bezeichnet Schreiber (1!''2) mit
Ophthalmia catarrhalis neurotica.
Ein 68jähriger zu Kopfschmerz disponierter Mann akquiriert nach einer plötz-
lichen Kälteeinwirkung durch einen Wasserstrahl, heftige Schmerzen in der linken Koj^f-
und Gesichtshälfte. Auftreten eines pemphigusartigen Ausschlags (!) mit nachfolgendem
Ekzem (!). Hierauf Anästhesie der Haut daselbst mit Hyperästhesie an den Grenzen der
befallenen Stellen. Die Kornea intakt, die Konjunktiva aber katarrhalisch ge-
schwellt, sehr injiziert, reichlich sezernierend. Puncta dolorosa fehlen.
§ 79. Li Anbetracht der Tatsache einer vermehrten Konjunktival-
injektion bei Keizungen des Trigeminus liegt der Versuch nahe, aus einer
Zusammenstellung der in der Literatur vorhandenen Fälle von Quintus-
neuralgie mit Sektions bef und die Stelle ausfindig machen zu wollen,
an welcher diese zentripetalen Erregungen des Trigeminus in die zentrifugal-
leitende Erregung der Vasodilatatoren umgesetzt wird. Denn wenn durch
che Sektion der Angriffspunkt des krankhaften die Neuralgie erzeugenden
Herdes festgestellt worden ist, dann darf man wohl auch annehmen, daß
die Umschaltungsstelle der zentripetalleitenden (sensiblen) in die zentrifugal-
leitendem Bahnen (Vasodilatatoren) noch zentral von diesem Angriffspunkte
des Herdes gelegen sein müsse.
74
Fälle von Trigeminusneuralgie mit Sektioxisbefund.
Von dieser Zusammenstellung sind diejenige Fälle mit Sektionsbefund
ausgeschlossen, bei welchen im Verlaufe der Beobachtung eine Keratitis
neuroparalytica aufgetreten war, weil mit diesem Ereignis stets eine starke
Injektion der Bindehaut verbunden ist und außerdem die Fälle mit Keratitis
neuroparalytica eine besondere Besprechung verdienen,
Fälle von Trigeminusneuralgie mit Sektionsbelund , bei welchen die Neuralgie
bis zum Tode andauerte.
Angriffspunkt der Krankheit im Sinus cavernosus.
Hulke (276). 30 jähriger
Maiui, vor 4 Jahren Lues,
seit 3 Monaten Neuralgie
des linken Trigeminus.
Links Stauungspapille,
Konvulsionen, Sopor,Tod.
Hutchinson (303). Bei
langedauerndem Schmerz
in der Stirn und der
Schläfe entwickelte sich
mit einer fast kompletten
Lähmung des Okulomo-
torius eine starke Seh-
störung, Opht halmoplegie,
Exophthaluuis vuid Kon-
gestion des Oberlides.
Goodhart (304). An-
aesthesia dolorosa des Ge-
sichts. Ophthalmoplegia
exter. und inferior. Oph-
thalm. Befund normal.
Gummöser Tumor in der
Gegend des Smus caver-
nosus an der Sella turcica.
Eine chronische Entzün-
dung um den rechten
Sinus cavernosus hatte
Neuritis aller in serner
Wand verlaufenden Ner-
ven hervorgerufen imd
den Siniis obliteriert.
Fibröser Tumor am linken
Ganglion Gasseri. Der
Tumor drückte auf die
Nerven am Sinus caver-
Türck (305). 34jähriger
Patient, welchier 4Monate
vor seinem Tode einen
heftigen Schmerz in der
recht. Supraorbitalgegend
empfunden liatte. Tags
darauf Ptosis. Etwas spä-
ter vollkommene Läh-
mung des Okiüomotorius,
Neuralgie im I. Aste des
Trigeminus rechterseits
und Amblyopia dextra.
Skae (306). Neuralgie im
Trigeminus.
Bedrängung der Äste des Trigeminus.
Tuberkel
auf der Dura,
welcher den Ramus oph-
thalmicus Nervi Trige-
mini und die r. Hälfte des
Chiasma komprimiert und
den rechten Okulomo-
torius vollständig er-
drückt hatte.
Die Dura mater rings um
die AustrittstseUe der drei
Trigeminusäste verdickt
mit germger seröser Aus-
schwitzung. Der darunter-
liegende Knochen, dem die
veränderte Hirnhaut auf-
lag, sowie die sorgfältig
untersuchten 3 Neiven-
stämmc und das Ganglion
Gasseri waren gesund.
Fällo von Trigeininusni'uralfric mit Rektionsbcfund.
75
Angrif fspiiiiU t des Herdes gleie h/.ei ( i j
leii Asien niid <\cui (iaiiglion.
Hans. dl (307). Furihunde
'l^iigeiiiinusiieiii'algi(> in
diT liidvcn tTesiulitsliälfto,
ausgehend von der Tiefe
der Nase.
Sattler (308). 58jähriger
Mann. Unt<"r neuralgi-
schen Selinierzen ent-
wicdvclte sieh am 4. l^age
naeli einei' Kohlenoxyd-
gasveigiftung , entspre-
(■hend d(M- Verbreitung des
T. Astes des Trigeminus
mit Kinsehluß des Naso-
ziliaris und Beteiligung
des Auges (Abschilferung
des Hornhautepithels) ein
Herpes zoster ophthalm.
14 Tage später Exitus.
Oppenhei m (.'W9). .51jähr.
Frau. Seit einem Jahr
neuralgische Schmerzen
im Bereiche des linken
Trigeminus. Anästhesie
der linken (iesichtshälfte.
der Kornea und Kon-
junktiva. Links Oph-
thalmoplegie, Ptosis und
Amaurose ohne ophthalm.
Befund, sowie Hemiplegia
dextra.
Iris und Konjunkti-
valhyperämie, Glas-
körpertrübungen.
Kine haselnufJgioß;*, derbe
(leschwulst des (langlioii
Gasseri hatte auch den
in. Ast des Trigeminus
stark verdickt.
Nur der dem I. Trigeminus-
aste angehörige mediale
Anteil des Ganglion
Gasseri erwies sich auf
der kranken Seite in
hohem Grade verändert.
Es bestand eine Infiltra-
tion des interstitiellen Ge-
webes mit Rundzellen u.
Fettkörnchenzellen ; die
Ganglienzellen waren zu-
grunde gegangen , die
Nervenfasern selbst wenig
verändert hingegen die
vom Ganglion ausgehen-
den Fasern in hohem
Grade degeneriert. Diese
degenerierten Fasern lie-
ßen sich bis in das normal
aussehende Ganglion ci-
liare verfolgen. Am Auge
selbst war die Degene-
ration in hohem Grade
ausgesprochen. Im Be-
reiche des Orbiculus cilia-
ris fanden sich mykotische
Thrombosen.
Flächenhafte Läsionen an
der Schädelbasis. Li den
Tumor sind das Ganglion
Gasseri, die drei Ti-ige-
minusäste, der periphere
Teil des Optikus, Okulo-
motorius, Trochlearis und
Abduzens eingeschlossen.
Befallensein des Ganglion Gasseri.
Bezold (310). Neuralgie
der linken Cfesichtshälfte
und Nase. Die Sensibili-
tät blieb intakt, desgl.
das linke Auge.
KeineKonjunktival-
injektion.
Keine ver-
mehrte
Tränen -
absonderimg,
dagegen
gesteigerte
Nasen-
seki'etion.
Gliom des Ganglion Gasseri
von der Größe einer
halben Walnuß.
Die Faserung des Nerven
konnte an seiner Ober-
fläche vom Eintritt der
Wurzel des Trigeminus
bis zu dessen drei Zweigen
deutüch verfolgt werden.
76
Fälle von Trigeminnsneuralgie mit Sektionsbefund.
Gleichzeitige Affektion des Ganglion Gasseri und des Trigeniinusstammes.
Pick (275). Bei einem
Luetischen bestand An -
aesthesia dolorosa im Be-
feich des linken N. trige-
minus. Daneben rechts-
seitige Körperparese imd
linksseitige Lähmung des
Okulomotorius und Ab-
duzens.
Romberg (311). 57 jähr.
Mann. Seit 18 Jahren
Neuralgie, welche außer-
ordentlich schwer war uncl
ihren Sitz im Gesamt -
gebiete des linken Trigc-
minus hatte.
Freud (312). Ein ISjähr.
Bäckergeselle, an akuter
multipler Neuritis er-
krankt, zeigte Hyperal-
gesie im Gesicht und an
verschiedenen Nerven-
ästen der Extremitäten.
Beiin Ergriffensehi
des Ramus ophtha! -
micus sah man das
Auge während des
Anfalls mid eine
Zeitlang nachher
blutrot, herausquel-
lend aus der Orbita,
als wenn diese zu
enge geworden wäre.
Dabei Anschwellung
der Augenlider.
Kopiöser
Ausfluß von
Tränen und
von Nasen -
Sekret.
Multiple Gummata an der
Hirnbasis, im linken Tract.
optic, im linken Him-
schenkel, im Pons und der
Medulla oblongata. Es
bestand syjjhilit. Menin-
gitis. Der linke Trige-
minus war durch die Pons-
affektion beinträchtigt.
Auch in dem Ganglion
Gasseri beiderseits waren
Veränderungen der Ge-
fäßwandungen und teil-
weise Obliteration.
Aneurysma der Carotis in-
terna in ihrem intra-
kraniellen Verlaufe. Der
Sulcus carotis des Keil-
beinkörpers war in eine
tiefe S-förmige Grube ver-
wandelt. Das Ganglion
Gasseri lag zwischen den
Blättern der hai'ten Hirn-
haut auf der äußeren
Saite des Aneiirysma und
war, da es nicht auszu-
weichen vermochte, der
Spannung und Zerrung
durch die Geschwulst und
ihren Pulsationen ausge-
setzt. Außerdem fand
sich der Trigeminus-
stamm, da, wo er vom
Pons abgeht, erweicht,
seines faserigen Grefüges
verlustig.
Der linke Trigeminus grau-
rot verfärbt. Das Gan-
glion Gasseri blutreich,
grau.
Choupe (313). Typische
Neuralgie.
Befallensein des Stammes.
Der Trigeminus an der
Schädelbasis von einer
spitzen Exostose durch-
bohrt.
Fälle von Tiigi'Tninusneuralgie mit Scklionsliefund.
77
Si'huh (314). rWjährifier
Patient, seit II .laliicn
X'euraluie.
Sa Ina/es (.'{Ifi) und ("a-
haiines. Bis y.nru Tode
llyperJistlK'sie im Meicielie
des liidvcn 'rii^ieniiniis.
Liidvs toniselief (lesiehts-
krani])t', ()phtlialni()j)le<fia
exterioi', sieh auf beide
l'Lxterni luid Inteini he-
seliränkend. Taubheit luid
Sehw'äehe in den oberen
und unteicnExtretnitiiten.
A. Wallenboig (310).
.'{.'{ jüliiige Flau. Neuralgie
und Anästhesie in den
(iebieten aller drei Aste
des linken Trigeminus in-
khisive Kornea und Kon-
junktiva. Der Masseter-
reflex war erhalten. Dop-
jX'lbildei' beim Blick naeli
links usw.
Cholesteatom, welches den
Trigeminus dicht bei
scüncTn Austi'itt aus dem
(Jehini i'ingartig umfaßt
und ihn an der dem (Je-
hirn zugewandtt'u Stelle
bis auf den dritteji Teil
seines Umfanges zusam-
mengesc^hnürt hatte.
Gliom in der liintcn-n Vicr'-
hügelgegend niil l'\)rt-
pflari/.ung nach dem Bid-
bus. Die meisten (lehirn-
nerven, besonders der
Trigeminus, Abduzens,
Okulomotorius, Fazialis
und Akustikus waren
beideiseits in die (Je-
schwulst hineinbezogen.
Die hintere Kemregion
des Okulomotorius zeigte
Degeneration der Nerven-
zeUen. Die V(jrdere und
mediane soll unbet<'iligt
gewesen sein.
Die Portio majf)r des linken
Trigejninus durch einen
liaujjtsächlich in ventraiei'
und lateralei' Richtung
entwickelt-enTuniorO.fx'm
vor dem Eintritt in die
Brücke teils zerstört,
teils komprimiert. Der-
selbe setzt sich auf das
Ganglion Gasseri und den
Ursprung des HI. Astes
fort. Die Portio minor
ist nicht betroffen.
Wenn auch diese Zusammenstellung den gewünschten Aufschluß leider
nicht gibt, vielleicht weil gegenüber der Schwere des Krankheitsbildes dem
relativ untergeordneten Symptome vermehrter Konjunktivalhyperämie nicht
die notwendige Beachtung geschenkt worden war, so wollen ^vir doch hier-
mit diesen Umstand der weiteren Beobachtung empfehlen unter der bestimmten
Voraussetzung, daß betreffs der so interessanten vasomotorischen und
trophischen Verhältnisse beim Trigeminus lediglich nur genaue klinische Be-
o])achtungen nüt Sektionsbefund, nicht aber das Tierexpeiiment, uns wirkhche
Einsicht Aufschluß geben kann.
§ 80. Durch Reizungen des Trigeminus wird auch reflektorisch Druck-
steigerung im Bulbus erzeugt.
Bei Neuralgien des Trigeminus, welche mit Hyperämie der Augen, starkem
Tränenfhiß und leichter Lidschwellung einhergehen, muß stets das Auge auf
Glaukom untersucht werden, denn akute (ihiukomfälle werden nicht selten
78 Bie vermehrte Tränensekretion.
durcli dies Kianklieitsbild verdeckt, oder sie werden häufig- durcli Tiigeiniiius-
neuralgien eingeleitet. Schon früher, als Hutchinson (208) einschlägige
Fälle veröffentHchte, hatten Sichel (206) und Tavignot (207) auf den Zu-
sammenhang zwischen Trigeminusneuralgien und Glaukom hingewiesen.
In der ersten Mitteilung Hutchinsons hatte bei einer 35jährigen Frau schon sicl.en
Jahre lang eine Neuralgie der linken Gesichtsseite bestanden, als auf dem gleichseitigen
Auge ein entzündliches Glaukom ausbrach.
Auch Abadie (209) beobachtete ein Glaukom, bei dem sich längere Zeit vorher eine
Neuralgie des II. und III. Trigeminusastes mit Kontraktionen der Gesichtsmuskeln ein-
gestellt hatte.
Dalbey und Dean (317) sahen bei einem 76jährigen Patienten mit
ausgedehntem Herpes des rechten Augenlides und der Stirn, mit Keratitis
bullosa Drucksteigerung mit heftigen Schmerzen rechterseits. Eine später
vorgenommene Iridektomie endete (neuroparalytisch) mit Panophthalmitis,
Das unke Auge war ein Jahr später noch völlig gesund.
Daß in disponierten Augen durch Zahnschmerzen akute Glaukomanfälle
ausgelöst werden können, zeigt der Fall von Creniceau (210).
Ein 63jähriger Lehrer bekam heftige Zahnschmerzen, von einem unteren Backen-
zahne ausgehend, die sich über das ganze Gesicht erstreckten; am folgenden Tage, wo sich
inzwischen ein Abszeß am Unterkiefer gebildet hatte, ließen dieselben etwas nach, um in
der Nacht mit noch größerer Heftigkeit sich auch auf das rechte Auge und die Schläfe aus-
zubreiten: Zwölf Stunden später konstatierte Schulek einen akuten Glaukomanfall.
Selbst kurz nach der Iridektomie erfolgten wieder gleichzeitig mit neu auftretenden Zahn-
schmerzen Rezidive der Entzündung.
In diesem Falle handelte es sich um ein Auge, auf dem bereits de]'
Anamnese nach Glaucoma simplex bestanden hatte,
Eedard (211) berichtet über Störungen durch Nebel und über das Auf-
treten eines Glaukoms, bei dem Abadie zweimal die Sklerotomie erfolglos
ausgeführt hatte. Erst nach Extraktion einer schmerzhaften Zahnwurzel der
gleichen Seite sank der intraokulare Druck auffallend.
Schmidt-Eimpler (212) führt auch die von ihm bei Zahnleiden be-
obachtete Akkommodationsbeschränkung auf den reflektorischen Einfluß
zurück, der durch den Zahnreiz auf die Sekretionsnerven des Auges ausgeübt
werde. Diese Trigeminusreizungen sollen eine intraokulare Drucksteigerung,
welche auf die Oberfläche der Kristallinse wirke, verursachen und die zu starker
Akkommodation erforderliche maximale Krümmungszunahme dieses Organs
behindern; es wäre dies analog der im Prodromalstadium des Glaukoms be-
obachteten Akkommodationsbeschränkung, die sog. „frühzeitige Presbyopie".
ß) Die vermehrte Tränensekretion bei Reizungen des vorderen
Bulbus abschnitt es.
§ 81. Jjezüglich der vermehrten Tränensekretion bei Jieizzuständen
im vorderen Bulbusabschnitte verweisen wir auf das im physiologischen Teil
Gesagte S. 10.
Die vermehrte Tränenabsonderung bei Fremdkörpern in der Hornhaut und
im Konjind\.li\;tlsa,ek, sowie bei ent/üiidlichen Zuständen im A())deren Didl)us-
iVr Rofloxkranipf «los Orl)ikiiIaris. 70
iihscliiiil tc ist eine '/,ii liiiiii'ige und \iiii Laien seihst ;^fenaii ■^'ekannie Tatsaclie,
aJs (laß wir auf dieselbe hier weilei' einzugehen bmuchten. Wir wollen nun
noch eiinnal erwähnen, daß Trige niinusneuralgien ebenfalls häufig von
slaikem Tränenflusse begleitet sind, vergleiche Fall Kemak (52), unsein
Fall S. 20, Gefton-Lewiil S. 71, Groß S. 72, Romberg S. 72, unsere Fälle
S. 72. Pel S. 72, Gould S. 73 und die folgenden Fälle mit Sektionsbefund,
hei welchen die Neuralgie durch weiter rückwärts in der Trigeininushahn
gelegene krankhafte Herde bewirkt worden war.
So Iwohachtete Romberg (397, S. 41) einen 36jährigen Mann, bei welchem
die neuralgischen Anfälle im I. Aste und in den Aggregaten des N. infraorbitalis
von reichlichem Tränenflusse begleitet waren.
Ein 15jähriger Lehrling litt seit zwei Monaten an Anfälk-n eines reißen-
den Schmerzes, welcher vt)m linken Auge ausgehend über die Stiin und Schläfe
dieser Seite ausstrahlte. Die Neuralgie hatte ihren Sitz im 1. Aste des linken
(^uintiis und war von reiclilicjiem Träneneigusse, vermehrter Wärme und
Tulsfrequenz begleitet.
In einem Falle Rombergs (311) mit schweren Ti'igemiimsneuialgien.
bei welchem ein Aneurysma der Karotis das Ganghon Gasseri alteriert hatte,
war während des Anfalles ein kopiöser Ausfluß von Tränen und Nasenschleim
vorhanden.
Wagner (273) veröffentlichte einen Fall, bei welchem anfangs Hyperästhesie der
rechten Gesichtshälfte mit Tränen des rechten Auges bestand. Später wurde die rechte
Gesichtshälfte samt Konjunktiva und Kornea anästhetisch. Es entwickelte sich Keratitis
neuroparalytica. Rechts Amaurose, linksseitige Körperparese. Lues. Die Sektion zeigte
die Dura an der Basis verdickt und in eine Schwarte verwandelt, welche den Optikus, Okulo-
motorius und Trigeminus umfaßte und auch die Pia mitbeteiligte. Der rechte Trigeminus
war schnaäler und weicher als normal und mit anderen rechtsseitigen Hirnnerven durch eine
basale Neubildung rechts von der SeUa turcica bedrängt.
Daß aber nicht jede Trigeminusneuralgie von Tränen des Auges be-
gleitet werden muß, zeigt der Fall
Bezold (310) mit Neuralgie der Unken Gesichtshälfte und Nase. Die Sensibilität
blieb intakt. Die Tränensekretion war nicht vermehrt, dagegen zeigte sich ver-
mehrte Absonderung der Nase. Tod durch Erschöpfung.
Sektion: Güom des Gangüon Gasseri von der Größe einer halben Walnuß. Dasselbe
wurde von der gänzlich veränderten, nicht injizierten Dura überzogen, und war mit ihr,
sowie mit seiner knöchernen Unterlage nur unbedeutende Verwachsungen eingegangen. Die
Faserung des Trigeminus konnte von seiner Oberfläche vom Eintritt der Wurzeln bis zu
dessen drei Zweigen deutlich verfolgt werden.
y) Del Reflexki a mpf des Orbikularis bei Entzündungserscheinungen
im vorderen Bulbusabschnitt, Vgl. auch S. 64 § 68 u. S. 69 § 76.
§ 82. Der gewöhnliche Lidschlag erfährt bei schmerzhaften Affek-
tionen des vorderen Bulbusabschnittes eine krampfhafte Steigerung.
Der dadurch bedingte reflektorische Blepharospasmus ist am häufigsten und
intensivsten bei Phlyktänenbildung auf der Hornhaut und Konjunktiva jugend-
hcher Lidividuen zu beobachten. Doch gibt dieser Blepharospasmus scro-
80 Der Reflexkrampf des Orbikularis.
fulosus kein Maß ab für die Stärke der Entzündung; vielmehr beobachtet
man oft gerade den stärksten Krampf bei sehr mäßiger Phlyktänen])ildung,
lind eine Fortdauer desselben nach Abheilung der eigentlichen Affektion.
Außer bei Phlyktänen finden wir ilin meist bei Pre mdkorpein, Entro-
])ium, Kadkkonkre mentcn usw. Perner verweisen wir auf die Bd. l, S. ()l-4
und (>15 angeführten krankhaften Zustände. Wenn die dort erwähnten Affek-
tionen meist die peripheren Enden der sensil)len Äste des Trigeminus in einen
Eeizzustand versetzen, welcher reflektorisch den Spasmus des M. orbicularis
oder einzelner Paitien dessell)en auslöst, so Ixobachten wir doch auch den
reflektorischen Blepharospasmus bei weiter liickwärts gelegenen Affek-
tionen des sensiblen Trigeminus. Ist es doch eine bekannte Tatsache, daß
sich zum Tic douloureux, also zur Neuralgie des Trigeminus nicht selten ein
Tic convulsif resp. Blepharospasmus hinzugesellt.
Auf S. 615 und 018 des L Bandes hatten wir (^inige Krankengescl lichten
angeführt, be'i welclien, wie im Palle Müller und Ottava, eine Schädell)a,sis-
fraktur einen Pieizzustand des Trigeminus veruisa-cht und reflektorisch einen
Oiliikulariskrampf ausgelöst hatte. Im Fall 0])penheim und Gjör (eben-
daselbst) hatte ein Tumor an der Basis densell)en Zustand zur Polge.
In dem von Sabrazes und Cabannes S. 77 erwähnten Palle von Hyper-
ästhesie im Bereiche des linken Trigeminus bestand links ein tonischer
Blepharospasmus. De-r lirdce Nerv, trigeminus war in einem Gliom auf-
gegangen.
Nach Panas (194) litt eine 21jälirige Patientin im 17. Jahre an Intermittens, welche
trotz Chininbehandlung 18 Monate fortbestand. Vier Monate nach dem Aufhören des Fiebers
traten rechtsseitige neuralgische Schmerzen in beiden ersten Trigeminusästen mit Blepharo-
spasmus auf. Di6 Schmerzen waren kontinuierlich mit Remissionen, welche morgens und
tagsüber eintraten. Das Auge selbst war nicht schmerzhaft. Vergebliche Anwen-
dung verschiedener Medikamente, daher Dehnung des Nerv, frontalis extern, mit Aus-
schneidung eines 4 mm langen Stückes und Dehnung des N. frontalis internus. Am nächsten
Tage war die Neuralgie verschwunden, nach einigen Tagen auch der Blepharospasmus
gemindert. Dann Dehnung des N. infraorbitalis.
Nach den Operationen wurden die von den Nerven versorgten Gebiete anästhetisch.
Das Auge wurde gut geöffnet. S. rechts V36» links Vs- Die rechte Papille intensiv
rot, beinahe wie die umgebende Netzhaut. Einige Tage darauf war die Conjunctiva
bulbi et palpebrae rechts weniger sensibel als links. Die Kornea intakt. Es restierte nur ein
geringer Schmerz an der Nase neben dem inneren Augenwinkel.
Das exstirpierte Stück Nerv wurde untersucht. Die Nervenfasern entbehrten der
Markscheiden infolge der Dehnung.
Knies (200) sah Nictitatio nach Entfernung eines schmerzhaften Zahnes sofort ver-
schwinden.
In jenem S. 72 erwähnten Palle von Terrier wurde der monatelang
bestehende Lidkrampf gleichfalls erst durch die Extraktion kariöser Zähne
geheilt.
Beiläufig bemerkt haben wir zwei Pälle von Tic douloureux mit Blepharo-
spasmus durch Sondierung des Tränennasenkanals geheilt. Auch Brettre-
mieux (218) ist der Ansicht, daß gewisse Pälle von Neuralgie und Tic
dou]()\ireux Beflexäußerungen einer aszendiereiiden infeldiösen Neu}itis in den
Blepharospasmus bei Tri<ieininusnoiiialjiion. 81
im Träiicmias('iil<;iii;il \('ii;mlcti(lfii l'^ädni {\i'> Tri^fciiiinus sind, und liat durch
l)('liaii(lliiii^' des hcticficndcii ( iruiidiridciis hcdculcudc Besserung erzielt.
Der Jilepliaiüspas iniis hei den Fällen von Tabes mit TrifTeminus-
ncuraljjjien dürfte Avohl durch eine zenti'ale lieizung des Trigeminus, ent-
^veder seinei" Wiiizcln ddcr seines sensiblen Kmis aus<{elöst werden.
Nach ('ll^■()st(■k (1*.H)) sind Erscheinungen von Seiten des sensiblen
Trigeminus in Eoiiu von Neuralgien, verschiedener Parästhesien und An-
ästhesien, sowohl als Fi-ülis\'m])tome der Tabes, als auch während des späteren
Verlaufes dersell)en auftretend, mehrfach beschrieben. Als anatomisches Sub-
strat für die hierbei in Betracht konnnenden Störungen erweisen die Ergeb-
nisse der Untersuchung Atrophie dei' aufsteigendi-n Trigeminus-
wurzel, Atrophie des sensiblen Kernes (Oppenheim) und Degene-
ration der absteigenden Wurzel (Roß). Es würde also hier wohl der
Blephaiospasmus durch eine zentrale Reizung des Trigeminus entweder seiner
Wurzeln oder seines sensiblen Kerns ausgelöst worden sein.
Als lUusti-ation zu dem Gesagten möge der auf Seite 72 erwähnte hoch-
interessante Eall von Pel dienen.
§ 83. Beiläufig bemerkt kann durch reflektorische Reize vom sensiblen
Trigeminus her auch ein Krampf des Levator palpebrae supeiioris er-
zeugt Averden, z. B. von kranken Zähnen aus.
So beobachtete Hutchinson (198) bei einer Dame durch Druck einer Plombe auf
die Pulpa des ersten oberen Backenzahns einen Spasmus des M. levator palp. superior. der-
selben Seite. Nach Extraktion des Zahnes besserte sich auch das Leiden und verschwand
nach einigen Monaten völlig. —
Eine andere Beobachtung von H. R. Gooding (199) zitiert Gowers: Hier war ein
oberer rechter Molarzahn kariös und sehr schmerzhaft. Wenige Stiuiden nach Entfernung
desselben trat rechtsseitige Ptosis mit intermittierenden Anfällen von klonischen Spasmen
in dem Levator auf, welche jedesmal einige Minuten anhielten. .5 Tage später war alles
wieder normal. Am 6. Tage waren Schmerzen vorhanden, welche sich auf den ganzen
Quintus erstreckten, doch gingen dieselben bald zurück, und kein Sjnnptom kehrte wieder.
d) Die Pupillenverengerung bei Trige minusreizen.
§ 84. Die Verengerung der Pupille bei entzündlichen Affektionen
des vorderen Bulbusalischnittes ist ein so häufig zu beobachtendes Symptom,
daß wir hier nicht weiter darauf einzugehen brauchen, zumal da wir die physio-
logische Bedeutung dieser Erscheinung in § 66, S. 60 bereits näher besprochen
haben.
e) Der Schmerz bei Reizungen des vorderen Bulbusabschnittes.
§ 85. Der bei den entzündhchen Zuständen des vorderen Bulbusab-
schnittes auftretende Schmerz erklärt sich leicht durch den Druck, die
Zerrung und Reizung, welchem die sensiblen Trigeminusendigungen bei den
entzündlichen Prozessen dieser Region ausgesetzt sind. Wenn auch dabei
der Schmerz hauptsächlich im Auge lokalisiert wird, so ist es doch eine ge-
Wilbrand-Saenger, Neurologie des Auges. II. Bd. I. Abteilung. 6
82 Rheumatische Asthenopie.
wohnliche Erscheinung, daß, wie z. J3. bei der Iritis namentlich, heftige,
in den Hinterkopf ausstrahlende, sowie bis in die Zähne hineinschießende
Schmerzen beobachtet werden. Beim Glaukom können sogar die Augen-
schmerzen gegenüber den heftigen Kopfschmerzen zurücktreten und bei dem
vorhandenen reflektorischen Brechreiz einem Unerfahrenen leicht eine Magen-
affektion vortäuschen.
Bezüglich des Auftretens von Kopfschmerzen bei Erkrankungen des Aug-
apfels hat man sich daran zu erinnern, daß der Nerv, recurrens vom I. Aste
des Trigeminus entspringt und einen großen Teil der Dura mater empfind-
lich macht. Ferner hat man der Tatsache zu gedenken, daß namentlich der
Nerv, trigeminus zur Irradiation schmerzhafter Erregungen ganz besonders
disponiert ist.
Korneal- und Konjunktivalaffektionen verursachen meist Schmerzen im
Auge selbst und lästige Druckempfindungen im Orbitaldache, sowie Supra-
orbitalneuralgien .
Nach Peters (214) soll besonders die chronische Diplobazillus-Konjunk-
tivitis zu Supraorbitalneuralgie Veranlassung geben.
§ 86. Ferner müssen wir hier einer Form von Asthenopie Erwähnung
tun, welche subjektiv sich in Schmerzempfindungen im Auge oder dessen
nächster Umgebung äußert und unabhängig ist von rheumatischer Affektion
der Kopfhaut und der Nackenmuskulatur. Erscheinungen, auf welche haupt-
sächlich Wid mark (286) aufmerksam gemacht hat. Die Klagen sind besonders
Schmerzen, Lichtscheu, Tränen träufeln, Schwere in den Lidern und Unver-
mögen zu jeder die Augen beanspruchenden Tätigkeit. Bei genauer Unter-
suchung solcher Patienten findet man dann namentlich in der Schläfengegend
äußerst schmerzhafte, strangförmige Verdickungen, welche in der Eichtung
der Nervenäste verlaufen, und eine leicht teigige, schmerzhafte Anschwellung
längs der Sehne des M. temporalis. Eine zweite sehr schmerzhafte Stelle hegt
meist hinter dem Processus raastoideus längs der Ansatzstelle der Nackenmusku-
latur am Schädel. Außerdem finden \\ir fast immer schmerzhafte Verdickungen
in der Muskulatur des Halses und auch an anderen Muskeln. Diese Affek-
tionen verursachen eine gewisse Art von Kopfschmerz und täuschen sehr
häufig Migräne vor. Massage der äußerst schmerzhaften Stellen bewirkt in
allen Fällen große Erleichterung und beseitigt auch die Asthenopie. Wahr-
scheinhch ist hier ein Exsudat in den Nervenscheiden und eine teigige An-
schwellung der Muskelansätze vorhanden, welche einen Druck auf die sich in
denselben verbreitenden und sie durchsetzenden Nerven ausübt und dadurch
jenes schmerzhafte Unbehagen hervorl:>ringt, das dann duich ^lassage ge-
mildert oder gehoben wird. Im Norden Europas und iiuuicntlicli auch hier
in Hamburg ist dies Leiden ein weit veibieitetes.
Diese Form der Asthenopie ist nicht mit jener zu veiwechseln, welche
durch übermäßiges Anstrengen der Akkommodation bei Hyperopie hervor-
gerufen wird (akkommodative Asthenopie), was offenbar l)ei vielen Individuen
auf Hyperästhesie des Ziliarkörpers beruht.
Tiamnatische Keratalgie. 83
§ !S7. Aul.icrdciii lui'isscii wir liici' der t la ii iiia tischen K(M'atalgie
gedenken. Nach leichten Veiletzungen tler Huinliavit, deren sich (He Patienten
zuAveileii gai' nicht erinnern können. Avie durch das Jilatt einer Pflan/e, einen
Stroldiahii. den Fingernageleines kleinen Kindes, ti'cten in läiigeivn Inteivallen
periodische Seh nn-rzianf alle auf, dii' itt't drei Tage liindmcli andauern.
Diese Bezidive ziehen sich bisAveilen noch länger hin. ^sach (i ränd-
ele nie nt (215) vi'iläuft der Anfall folgendermaßen: Beim Erwachen klagen
(lie Patienten über Tiockenheit und Wundsein der Lider, Photophobie und
Tränen. Er hält es für wahrscheinlich, daß die oljerflächhchen Xervenfasei-n
der Hornhaut ein(> Kontusion erfahren, die nicht eine Zerstörung, sondern
nur eine li ritation der Elemente zur Eolge habe und (ine leichte Xcuritis
hervorrufe, die diesen leichten Tiaunien eigentümhch sei.
So beobachtete Nicolai (318) fünfmal Rezidive nach einer leichten Verwundung.
Bei dem \'ersuehe. etwas mit dem scliarfen Löffel abzukratzen, löste sich das Ei)ithel in
größerer Ausdehnung ab. Um festere Vereinigung mit dem neugebildeten Epithel zu er-
zielen, W'urde die Wtinde auch abgekratzt. Die Reaktion war heftig, der Zustanrl besserte
sich aber schnell.
Th. V. Schröder ('216) kommt nach Zusannnenstelluiig der l)ekannten
Literatur und eigenen Beobachtungen zu dem Schlüsse, daß die Keratalgia
traumatica Grandclements und die Arlt-Fuchsschen rezidivieren-
den Hornhauterosionen einen und denselben Prozeß darstellen und nur
graduell verschieden seien.
V. Beuß (217) unterscheidet zwei Formen des Leidens.
1. Xacli einer in der bekannten Weise entstandenen Erosion verspüren
die Kranken jeden ]\Iorgen einen heftigen Schmerz im Auge, der sekunden-
lang, selten bis zu einer halben Stunde oder noch länger andauert. Bisweilen
tritt cheser Schmerz auch während der Nacht bei plötzlichem Offnen der
Augen auf.
2. Ln Anschluß an eine Erosion treten in sehr verschieden langen ZA\-ischen-
räumen tagelang dauernde Schmerzanfälle auf, bei denen Erosionen, Trübung
und Unebenheit des Epithels, sehr selten gar keine pathologischen Verände-
rungen gefunden werden. Nur zAveimal sah Verfasser eine flache Blase, aus
der am zweiten Tage eine Erosion, schließlich eine bloße Trübung Avurde.
Die Anfälle treten entweder bei Patienten ein, die in der Z^A-ischenzeit
keine Beschwerden hatten, oder weniger häufig l)ei Leuten, welche an der
oben beschriebenen ersten Form leiden. —
Wenn sich bei einer Erosion der Hornhaut infolge eines nicht lange
genug getragenen Verbandes das Epithel ungenügend regeneriert, so acDiäriert
es bei der engen Berührung der Hornhaut mit der Tarsalbindehaut, wie dies
während der Nacht der Fall ist, am Tarsalbindehautepithel. Iirfolgedessen
findet bei zu schnellem Öffnen eine Zerrung des Homhautepithels imd damit
der Nervenendigrmgen statt, und so kommt es zu den für die erste Form cha-
rakteristischen allmorgendlichen Schmerzanfällen.
Ist die Adhäsion inniger, oder wird das Auge schneller geöffnet oder
durch Eeiben gereizt, so legt sich das gezerrte Epithel nicht wieder an, sondern
6*
84 Supraorbitalneuralgie.
hebt .sich als Blase empor, bzw. reißt ganz ab. Dann finden wir die Erosion
der zweiten Form.
Ähnlieh faßt auch Hirsch ('218) dieses Leiden auf.
Wicherkiewiez (319) erklärt diese Affektion durch eine infolge des
Traumas verursachte Störung in der Nervenausbreitung des Trigeminus und
schlägt die Bezeichnung ..rezidivierende traumatische Hornhaut-
neuralgie" vor. Der Grund, warum bei bedeutenden Hornhaut Verletzungen,
die mit umfangreichen Kontinuitätstrennungen verbunden sind, keine so
starken Schmerzen aufträten, liege darin, daß bei denselben durch lineare
Trennung die Nervenästchen durchtremit würden, während bei den in Eede
stehenden Fällen gerade die Endausbreitung des Trigeminus nicht zerstört,
sondern nur durch den mechanischen Insult, und zwar in einem größeren
Umfange gereizt werde. Das Leiden könne mit Bläschenbildung einhergehen,
sei aber mit derselben nicht zu identifizieren. Die Bläscheninidung stelle nur
eine Komplikation dar.
§ 88. Bei r e t r o b u 1 b ä r e n N e u r i t i d e n und namentlich bei solchen, welche
wir wegen Mangel anderer ätiologischer Momente auf Erkältung zurückführen,
treten oft Schmerzen in der Tiefe der Orliita auf, sobald energische Bewegungen
des Augapfels vorgenommen werden. Vielleicht entstehen diese Schmerzen
durch Zerrungen der in der entzündeten Optikusscheide verlaufenden sen-
siblen Ästchen des Trigeminus bei den Bulbusbewegungen, insofern der S-
förmig gekrümmte Sehnerv bei den letzteren gestreckt wird.
§ 89. Es erscheint zweckmäßig, bei der Beschreibung der Trige minus -
neuralgien auch gleich diejenigen Formen hier abzuhandeln, welche eigentlich
zu den Neuralgien auf rein funktionell nervöser Basis gehören. Neben der
Zweckmäßigkeit ist aber eine solche Anordnung um so gerechtfertigter, als
man gegebenenfalls sehr oft nicht weiß, ob die Schmerzen durch eine orga-
nische Läsion des Trigeminus hervorgerufen w^erden, oder ol) die Ursache
derselben rein funktionell nervöser Natur ist.
Im Nervus supraorbitalis ist nach Krause (1. c. S. 132) der Sitz
der Neuralgie am häufigsten. Außer diesem können aber auch die anderen
Zweige des I. Trigeminusastes befallen sein und je nach deren anatomischem
Verlaufe strahlen die Schmerzen dann nach verschiedenen Richtungen hin
aus. Sie verbreiten sich über das obere Augenlid, die Tränenkarunkel, die
Augenbraue, die Stirn und einzelne Teile des Gesichts. Zuw^eilen werden die
Schmerzen bis tief in die Augenhöhle hinein und im Augapfel selbst emp-
funden. Gerade in diesen Fällen zeigt sich oft Eötung der Konjunktiva
und vermehrte Tränenabsonderung.
Sehr häufig klagen Hysterische über einen Schmerz mitten im Aug-
apfel, oder über ein Wirbeln in der Orbita. Die in diesen Gebieten vor-
kommenden Schmerz- und Druckpunkte sind aber nicht so charakte-
ristisch wie der Supraorbit alpunkt, weder ist ihre Stelle so g(>nau um-
schrieben, noch finden sie sich so häufig wie jene. Solche Druckpunkte
finden sich im oberen Augenlidc. bald in seinem äußeren, bald in seinem
iScliinci/.cii im Bulbus. 85
jiK (liiilcii Aliscliiiiitc (l*al]M'l)i;il |)U II kt). Ein Avcil( i» )■ findet, sich <in der
SeitenAViind der luuk'liernen !Nase, etwas inedianwärts und unterhalb des
inneicn Augenwinkels. Selten bepjegnet uns einmal ein Fall, hei welchem
auf ])ru(d< mit dem Soiidenl^nopf eine Stelle nehen (h r Kdiiiea ühei' dem
Ziliarköi'per besondei's schmerzhaft erscheint, ohne daß ( iit/üiidliche Er-
scheinungen res]). Zyklitis bestehen.
§ !t(). Jjei Olganischen Läsionen des 1. Astes nani( iithch in dei- (legend
des Sinus cavernosus scheinen Schmei'zen ini Jjulbus liesonders häufig vor-
zukommen ^).
So berichtet (ieiuliin (2S7) über folgenden Fall. Eine .'i2jährige Frau mit Insuffizienz
der Tiiknspidal- und Mitralklappen und Erkrankimg der großen Arterien wurde plötzlich
von lebhaftem Sehmerz im linken Auge befallen. Schon den nächsten Morgen
war das Auge stark protimdicrt und hatte seine Sehkiaft veiloien. Schmerzen in
Stirn und Schläfe links. Ameisenkriechen und Schwäche in den Armen und im
rechten Bein. 14 Tage später war der Bulbus stark vorgetrieben und nach außen abgelenkt.
Systolisches Geräusch über dem Biilbus und Pulsation. Pupille weit und staij'. Keratitis
neuroparalytica. Lähnumg des rechten Arms und Havithyperästhesie der ganzen rechten
Seite. Tod sechs Wochen nach Beginn der Erkrankung.
Sektion: Der Sinus cavernosus der linken Seite diuch ein entfärbtes Gerinnsel er-
füllt und ausgedehnt. Die Karotis war eingehüllt in dieses Gerinnsel, welches auch die
Ai't. ophthalmica umschloß bis dahin, wo sie elen X. opticus überkreuzt. Hochgradige
Verändenmgen in der Carotis interna (im Original genau beschrieben), welche an eine
spontane Ruptiu' derselben im Sinus cavernosus denken lassen.
Xunneley (288). Eine 42jährige Frau erwachte sieben Tage vor ihrer achten Ent-
bindimg morgens mit einem heftigen eigentümlichen Schmerz in eler rechten Kopfseite,
welcher plötzlich wie ein Blitz in elas rechte Auge fuhr. Sehvermögen nicht
alteriert. In der rechten Kopfhälfte und im Ohr lautes Geräusch. 14 Tage später starker
Exophthalmus. Pupille weit und starr. Sehvermögen verloren. Gefühl, als ob eler
Augapfel bersten würele. Unterbindung eier Karotis drei Wochen nach Beginn der
Erkrankung. Danach Verminderung des Exophthalmus. Heilung. Nur die Augenmuskeln
blieben gelähmt, ebenso die Iris und das Sehvermögen auf schwache quantitative Licht-
empfindung reduziert. Tod fünf Jahre später elurch akute Bronchitis.
Sektion: Die Arteria ophthalmica an ihrem Ursprung aus der Carotis interna zu
einem haselnußgroßen Aneurysma erweitert, welches an der Sella turcica gelegen und
mit locker anhaftendem, festem Koagulum erfüllt war. Dasselbe übte auf die Vena oph-
thalmica einen Druck aus und verursachte eben dadurch die Vortreibung des Augapfels.
Die A. ophthalmica innerhalb der Augenhöhle unel ihre Aste sehr eng; die Cai-otis interna
und ihre Verzweigung erschien normal.
Auch Thibaut (291) erwähnt einen Fall, in welchem mit dem Auf-
treten eines pulsierenden Exophthalmus plötzlich ein lebhafter Schmerz
im Auge, in der Stirn und Schläfe auftrat.
4) Die vermehrte Blendung bei Erkrankungen des vorderen
B u 1 b u s a b s c h n i 1 1 e s .
§ 91. Da die vermehrte Lichtscheu bei entzündlichen Zuständen des
vorderen Bulbusabschnittes durch den gleichen Vorgang bedingt wird, wie
^) Ganz besonders häufig finden wir Schmerzen im Bulbus bei den Fällen von
Herpes zoster ophthalmicus angegeben. Wir werden später noch einmal darauf
zurückkommen.
86 Die Blendung bei Trigeminusaffektion.
das Blendungsgefühl im nornialen Auge, so müssen wir uns zunächst mit
demjenigen physiologischen Vorgange beschäftigen, den wir als ..Blendung"
bezeichnen.
Unter Blendung Ijei sonst normalen Bedingungen verstehen wir eine als
schmerzhaften Druck ül)er dem Orbitaldache und in der Tiefe der Orbita sich
äußernde, höchst unangenehme Empfindung zufolge Einfallens zu intensiven
Lichtes in das Auge, wobei die Sehschärfe durch Auftreten eines hellen Nebels
stark reduziert erscheint, und zugleich eine kräftige Kontraktion im Orbikularis
sowie, wenigstens bei plötzlichem Lichteinfall, Abw'ehrbewegungen der Hand
und Fluchtl)ewegungen des Kopfes durch Vermittlung des Optikus ausgelöst
werden.
Nach der Heringschen Theorie wird nämlich die in der Eetina vor-
handene nervöse Substanz durch das einfallende Licht (also unter Einwirkung
von Ätherwellen) chemisch zerlegt (Dissimilierung), ein Vorgang, w'elcher
durch die Sehbahnen nach dem Kortex fortgeleitet, psychophysisch die Licht-
empfindung dort hervorbringt. Bei beschattetem Auge Avird (unter dem
Assimiherungsvorgange) der durch die Einwirkung der Ätherw^llen chemisch
gespaltene Stoff jener Sehsulistanz wieder ersetzt, und damit durch Ver-
mehrung der erregbaren Substanz die Lichtempfindlichkeit des Auges wieder
gehoben. In der lebendigen Substanz gehen nun fortwährend i\.ssimilierung und
Dissimilierung vor sich. Und wenn auch die Dissimilierung durch das einfallende
diffuse Licht tagsüber gesteigert wird, so ist doch unser Auge so eingerichtet,
daß die dadurch bewirkte relative Zunahme von Dissimilierungsprodukten in
einer Weise durch den Säftestrom abgeführt wird, daß sie einen uns bewarßt
werdenden Reiz auf die sensiblen Trige minus Verzweigungen im Auge kaum aus-
zulö.-tn vermag. Fällt aber zu intensives Licht in das Auge, und w^rd
dadurch die Menge der Dissimilierungsprodukte plötzlich so gesteigert, daß
diese Spaltungsprodukte nicht so rasch durch den gew^öhnlichen Säftestrom
entfernt werden können, so häufen sich dieselben an und bewirken durch
Reizung der Ziliarnerven (an irgendwelcher Stelle im Auge, vielleicht im
Perichorioidealraum) jene unangenehme, mit Blendungsgefühl bezeichnete
Empfindung. Nach Schluß des Auges läßt aber sofort der vorher gesteigert
gewesene Dissimilierungsvorgang und damit die vermehrte Produktion von
Spaltungsprodukten nach, und der normale Säftestrom beseitigt l)ald, durch
genügende Abfuhr jener, die Blendung.
Es ist nun wahrscheinhch, daß gewisse farbige Strahlen, z. B. ,, gelbe",
Dissimilierungsprodukte liefern, welche, wenigstens beim Menschen, die Ziliar-
nerven mehr als andere farbige Strahlen in Erregung versetzen und damit
ein stärkeres Blendungsgefühl bewirken.
Wenn nun im normalen Auge eines normalen Menschen durch das ge-
wöhnliche diffuse Tageslicht keine Blendungsgefühle erzeugt werden, so
zeigt doch die kUnische Erfahrung, daß dieselbe Lichtquelle in dem Auge „ner-
vöser" und „hysterischer" Menschen schon bereits lästige Blendungs-
gefühlc zu bewirken \eiiiia<Jf. Diese Erscheinung kann nach unseren jetzigen
Die Blciulunii hei Tiigciiüiui.saffektion. 87
Ans('liaiiunf,'('n darin begrüiulci sein, daß das sensible Nervensystem derartiger
Individuen schon an und füi' sicli leicliter reizbar ist, als das gesunder Menschen,
und daß dadurch die Dissiniilicniiigsprodukte, welche im normalen Auge eines
gesunden Menschen nocli keine uder kaum unangenehme Empfindungen er-
zeugen, hier schon einen solchen Reiz auslösen, daß diese Patienten, um die
Intensität des Dissimilierungsvorganges zu vermindern, nun dunkle Brillen
tragen müssen. Andejvrseits geht aber auch bei Nervösen der Dissimilierungs-
vorgang schneller vor sich als beim normalen Menschen, weil der Assimilierungs-
vorgang Ixn derartigen Lidividuen ^■erlangsamt ist. Die Erklärung dieses Yen-
ganges Weiden wii- im III. Bande l»ei der Bearbeitung der funktionell nervösen
Sehstöi'ungen gelten und begnügen uns hier für diejenigen, welche sich näher
mit dies(^n Zuständen befassen wollen, auf die Arbeit Wilbrands, Ül)er die
Eiliolungsausdehnung des Gesichtsfeldes, Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1S'.X»,
zu verweisen. —
Sind nun bei Erkrankungen des vordeien Bulbusa bschnittes,
namentlich bei Kornealaffektionen, die Ziliarnerven schon an und für sich
stark gereizt, so genügt schon die gewöhnhche, im diffusen Tageslichte ent-
standene Menge von Dissimilierungsprodukten der nervösen Substanz, welche
ja im normalen Auge noch keinen empfindlichen Eeiz auslöst, um hier schon
unangenehme resp. schmerzhafte Blendungsgefühle zu erzeugen.
Ch. Steele (219) beschreibt einen FaU von ganz ungeheuerlicher Lichtscheu mit
ausgedehnter Trigeminusneuralgie, welche eine 38 jährige Dame nach wochenlangen photo-
graphischen Aufnahmen im hellen Sonnenschein befallen hatte und dieselbe für 7 Wochen
in einem absolut verdunkelten Zimmer gefangen hielt. Xoch nach P,2 Jahren bestand eine
gewisse Empfindlichkeit gegen grelle Beleuchtung. Sie verlor sich später allmähUch gänzlich.
Hier war offenbar durch die Überhäufung mit Dissimilierungsprodukten
dauernd ein Eeizzustand der sensiblen Ziliarnerven gesetzt worden.
Interessant sind die Erfahrungen, welche Krause (1. c. S. 77) bei seinen
Operierten (Exstirpation des Ganglion Gasseri) gemacht hat.
Eine Patientin gab ganz bestimmt an (zwei Monate nach der rechtsseitigen Ganglion-
exstirpation), daß sie das Gefühl des Geblendetseins nur auf der linken Seite noch habe; das
linke Auge fing dabei sofort an zu tränen, während sie mit dem rechten Auge ganz starr,
ohne zu blinzeln, in die helle Sonne zu sehen vermochte.
Auch in dem S. 69 erwähnten Falle v. Millingens (184) mit angeborenem Defekte
im Trigeminusgebiet war, trotzdem beiderseits ein Hornhautgeschwür bestand, kein Tränen
und keine Lichtscheu vorhanden.
Ob es sich bei allen Fällen von Keratitis neuroparalytica so verhält, bedarf noch
eingehender L^ntersuchung.
Wir beobachten gegenwärtig eine 52 jährige Frau mit einem metastatischen Karzinom
an der Schädelbasis, infolgedessen eine rechtsseitige Abduzens-, Fazialis-, Akustikus-,
Glossophar^^lgeus-, Vagus- und totale Trigeminuslähmung mit beginnender Keratitis neuro-
paralytica eingetreten ist. Hier fehlt trotz (künstlich) erweiterter Pupille,
trotz oberflächlicher (Lagophthalmo) und tiefer Kornealaffektion jeg-
liche Lichtscheue. Ohne das geringste Blendungsgefühl sieht sie in das
helle Lampenlicht.
§ 9'2. Diese durch das Sehen ins Helle plötzlich vermehrte Menge von
Dissimilierungsprodukten der retinalen nervösen Sehsubstanz ruft auch durch
88 Reflexamaurose.
Keizung sensibler Trigeminusäste jenes nach der Nase hin irradiierende Gefühl
des Prickeins auf der dortigen Schleimhaut hervor, welche ,,das Niesen" ein-
leitet. Vgl. S. 66, § 73.
Bezüghch des Niesens bei Trigtminusaffektion Inaucht nicht erst be-
sonders dargetan zu werden, daß chemische und mechanische Eeize der Nasen-
schleimhaut dasselbe hervorrufen, es sei nur beiläufig noch liier auf die beiden
folgenden interessanten Beobachtungen aufmerksam gemacht.
Nach Romberg (311, S. 302) fiel eine 42jährige Frau auf den Hinterkopf. Ein
Jahr nachher hörten die Menses auf. Seit dieser Zeit litt sie an Anfällen von Xies-
kranipf, welche an Häufigkeit imd Heftigkeit zunahmen und ihr den Schlaf raubten.
I. imd II. Ast des Trigeminus völlig normal. Auf die Portio major des III. Astes be-
schränkte Anästhesie ohne begleitende schmerzhafte Empfindungen in den gefühllosen
Teilen.
Sektion: D.^r III. Ast des Trigeminus der linken S?ite war an der Stelle, wo er
in das Foramen ovale tritt, an seiner äuß?ren Fläche umgeben von einem rötlichen,
gefäßreichen Gewebe, welches teils aus Fasern, teils aus Bläschen bestand (Exsudat).
Das Neurilemm erschien verdickt und gerötet, soweit der Nerv in dem Keilbein verlief,
auch noch etwas weiter nach abwärts bis zur Stelle, wo an der hinteren Fläche des Nerven
das normale C4angUon oticmn saß. An dieser Veränderung nahm aber nur die aus deni
Ganglion Gasseri entspringende Portion des III. Astes Anteil. Die motorische Wurzel
verlief unversehrt an der inneren Fläche imd verschmolz mit der größeren Portion erst
unterhalb der kranken Stelle.
Adamkiewicz (289) beobachtete folgenden interessanten Fall von objektiver
totaler Anästhesie der beiden Trigemini, und zwar aller Aste links und des I. inid eines
T^ils des II. Astes rechts bei einem .51jährigen Offizier, bei dem sich im Verlaufe einiger
Jahre Kitzelgefühl, Ameisenkriechen, bisweilen brennender Schmerz im Gesichte einstellte,
ferner Neigimg zu Katarrhen, sowie unstillbares Niesen. —
7]) Anderweitige Sehstörungen bei Reizung sensibler Trigeminus-
äste. Die sog. Reflexamaurose.
§ 93. Bezüglich der durch Reizung resp. Verletzung sensibler Trige-
minusäste und namentlich des Nerv, supraorbitalis hervorgerufenen Reflex-
amaurose (Brown-Sequard 222) dürften die der vorophthalmoskopischen
Zeit entstammenden Beobachtungen sich wohl meist auf andere Weise er-
klären lassen. Das Studium der Hysterie hat auch hier den Schleier ge-
lüftet, und wohl die Mehrzahl aller dahin gehörigen Beobachtungen, bei welchen
unter dauernd normal gebliebenem, ophthalmoskopischem Be-
funde nach Verletzung der Supraorbitalgegend Amaurose des Auges der be-
troffenen Seite aufgetreten war, werden der hysterischen Amaurose zu-
gezählt werden müssen.
Einschlägige Fälle aus der vorophthalmoskopischen Zeit finden wir zu-
sammengestellt bei Zehender, Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 1866, S. 269
und Virchow-Hirsch, Jahresbericht für 1873, Bd. II. S. 573, sowie Leber,
Graefe-Sämisch V, S. 978.
Im Jahre 18()5 stellte Jonathan Hutchins(jii (234) eine Gruppe von
Fällen zusammen, welche den Zusannnenhang zwischen Neuralgien der
Zahnnerven und Amaurose klar legen sollten. Die dort mitgeteilten Be-
IJofloxainaiiro.so. 89'
obachtiingen sind alx'c /u iiii^^eiiügeiul. um daraus die Reflexamaurose als
selbständiges Kranklicitshild koiistrnicvcii zu kciiuicri. Vi(dleieht ist der folgende
Fall (Beobachtung '1) auf Hysterie zu bcziclicii.
Eine 45 jährige Frau war seit etwa .'? Jaliicn auf dein linken Auge fast blind, gleich-
zeitig litt sie an einer Ansehwellung des Zahnfleisihes rechts oben, weshalb wiederholt
Bhit<'gel angesetzt worden waren. Nach dem Ausziehen eines Zahnes verlor sich dann die
Zalinfleischsehwellung und zugleich stellte sich das Si^hverniögen des linken Auges soweit
wieder her. daß sie imstande war, größ:'re (iegenstände zu erkennen. Die ophthalmo-
skopische Untersuchung ergab ein negatives Resultat.
Ähnlich verhält es sicli Avohl luit Delgados Fall (235).
Ein 12jähriger Knabe ans Toledo soll infolge eines apoplek tischen Anfalles ( !) unter
zerebralen Xervenerscheinmigen so schwachsichtig g(>worden sein, daß ei- nicht mehr im-
stande war. Finger in nächster Nähe zu zählen. Oplithalmoskopisch bestanden Vciände-
lungcn in dci' Chorioidea imd iln'cr Epithelschicht. Da sich ahei' jcderseits ein kariöser
Backenzahn vorfand, so wurde vor Beginn einer B?handlung die Herausziehung dieser
beiden Zähne angeraten. Als drei Tage später das Kind wieder vorgeführt wurde, erfuhr
Delgado, daß das S'hvermögen. unmittelbai' nach der Herausnahme jenei' Ix idcii Zähne,
sich wieder hergestellt hatte.
Audi die folgende J>( obaelitung Lardicrs (223) berulit offciiliar auf
Hysterie.
Ein Sjähriger Knabe hatte am rechten Auge eine Konjunktivitis luid Hornhaut-
tiübung. Als eines Tages der Verband abgenommen wurde, war das Auge amaurotisch.
Lardier fand den ersten rechten oberen Backenzahn kariös und brachte hiermit die
Erblindung in Verbindung. Safort nach der Extraktion konnte der Knabe Finger
zählen luid kam zu einem der Hornhautnarbe entsprechenden Sehvermögen.
Wie mangelhaft die Beobachtung der als Reflexamaurose bezeichneten
Fälle im Durchschnitt sich darstellt, zeigt uns der Fall (4111 (224).
Ein 33 jähriger Farmer hatte beiderseitige Neuralgie des Gesichts imd Kopfes inid
seine Sehkraft nahm so stark ab, daß er nicht lesen konnte. Als er untersucht wairde,
las er Jaeger 16; der Augenspiegel zeigte Retinatrübung („effusion"') und Undeutlichkeit
der Retinalgefäße. Die Zähne des linken Oberkiefers waren erkrankt. Nachdem sie ent-
fernt waren, begann zu gleicher Zeit Besserung der Neuralgie und Amblyopie. In einer
Woche wurde Jaeger 14, einige Tage später Jaeger 5, nach weiteren 10 Tagen Jaeger 2
gelesen.
Kicht allein fehlen hier Angaben über das Gesichtsfeld und über das
Verhalten des ophthalmoskopischen Befundes nach Extraktion der Zähne,
sondern wir vermissen hier, wie bei fast allen sonst hierher zu zählenden Be-
obachtungen, eine gründliche Untersuchung der Körperorgane, des Urins
und des NervensA^stems.
Derselbe Vorwurf nuiß der folgenden Beobachtung de Weckers (226)
gemacht werden.
Eine 28jährige Näherin litt seit längerer Zeit an Sehmerzen des ganzen Oberkiefers.
Nach Ablauf eines heftigen Schmerzanfalles bemerkte sie eine völlige Erblindung auf dem
rechten Auge. Einige Tage später wurde sie nach einem ähnlichen Anfalle aiich links
ama\irotisch. Die hellste Lamp? verursachte ihr nur imsichere Lichtempfindung. Die
Pupillen waren mäßig erweitert, reagierten aber nicht auf Lichtreize.
An Simulationsversuche war kaum zu glauben. Auf Weckers Rat wurden links fünf
kariöse ZÄme ausgezogen. Gleich nach dem Erwachen aus der Chloroformnarkose versicherte
dann Patientin, links wieder sehen zu können; nach fünf Tagen normale Sehschärfe, rechts
90 Reflexamaurose.
nur quantitative Lichtempfindung. 14 Tage später wurden rechts drei kariöse Zähne aus-
gezogen, gleich darauf trat auch auf dem rechten Auge das Sehvermögen ein.
Auch dieser in der wiedergegebenen Form schwerverständliche Fall ver-
liert sofort an Bedeutung, wenn wir uns erinnern, daß Hysterie so häufig als
Parallelverlauf schwerer organischer Nervenleiden nanienthch bei mul-
tipler Sklerose, bei Hirntumoren und Gehirnsyphilis gefunden M'ird. Wäre hier
eine gründliche Allgemeinuntersuchung der Patientin vorangegangen, dann
hätte man auch sicherlich die Ursache der Pupillenstarre nachweisen können,
während die zauberhafte Wiederkehr des Sehvermögens wohl auf Suggestion
bezogen werden dürfte, wenn man sie nicht, wenigstens auf dem einen Auge,
als eine zufällige, bezüglich des Zeitpunktes mit der Extraktion der Zähne zu-
sammentreffende Besserung eines die vorüljergehende Amblyopie bedingenden
Grundleidens ansehen will.
§ 94. Metras (225) bespricht die pathologischen Beziehungen des Auges
imd der Zähne durch Reflexaktion und teilt die durch Zahnleiden be-
dingten Augenaffektionen in drei Klassen:
1. in solche, welche von vasomotorischen Störungen abhängen: me die
Ernährungsstörungen und die amaurotischen Zufälle,
2. solche, die aus Sensibilitätsstörungen hervorgehen: wie Neuralgien
sowie nervöse und hyperästhetische Asthenopien, und
3. solche, die sich durch Motilitätsstörungen charakterisieren : wie Krämpfe
der Muskeln in der Orbita und der Lider.
Unter den Zahnaffektionen, welche das Auge in Mitleidenschaft ziehen,
seien zu nennen: Karies, schwere Dentition, Ausziehen von Zähnen mit Fraktur
der Alveolen, Periostitis und Gingivitis durch künstliche Zähne und Gebisse.
Besonders die Zähne des Oberkiefers, und vor allem die Backenzähne übten
einen Einfluß auf das Auge aus.
Nicht selten wird bei Zahnleiden eine hinzutretende Sehstörung durch
das Fortkriechen einer Periostitis oder eines Erysipels von dem
äußeren Oberkieferrand bis in die Orbita hinein hervorgerufen, wonach
dann Exophthalmus und auch Erblindung durch Optikusatrophie eintreten
kann.
Eigene Beobachtung: Siehe Fig. 22. Einem 18 jährigen Mädchen wurde vor 8 Tagen ein
Backzahn links unten extrahiert: Salt 3 Tagen Sohwellung des Unken Auges und Fieber. Bald
schwoU die ganze linke obere Wangengegend an, vind es trat eine starke Schwellung der
Venen immer deutlicher hervor. Dazu kam eine beträchtliche Protrusion des Unken Bulbus
nach unten mid außen. Starkes Lidödem. Pupillenreaktion etwas träge. Fundus oculi
normal. Rechts nur ganz geringes Ödem, auch links wurde nur eine Zunahme des Ex-
ophthalmus konstatiert. Patientin starb am 10. Tage ihrer Erkrankung.
Nach Samelsohn (227) hatte sich bei einer 50jährigen Patientin eine vollständige
Amaurose des rechten Auges infolge einer durch Zahnextraktion bedingten Periostitis
orbitae entwickelt. Unmittelbar nach der Zahnextraktion starke Anschwellung der rechten
Gesichtshälfte, rechtsseitige Taubheit mid starker Kopfschmerz. Nach fünf Tagen Exoph-
thalmus mit aufgehobener Bewegliclikeit nach unten innen und völlige Erblindung rechter-
seits mit mittelweiter, reaktionsloser Pupille und negativem ophthahnosko])isth('m Befunde.
Später machte sicli (durch deszendierende Atrophie von dem retn>l)uil)ä!' im ()])tikus gelegenen
Pvcfk'xainaurose.
91
neuritischen Herd aus) ciiu' \'('ifäil)uii;i der PaiiiUe «ieltend, Wcäliiciid die Retinalgefäße un-
verändert blieben.
Hirsch (228), Diniuiei' ("i-iU), Wiclicikiewicz (281) und Vossius
(232) berichten übe)' analoge Fälle. Die allmähliche Besserung des Seh-
vermögens nach Extraktion der Zähne in Sclmcidcrs (239) Falle ist wohl
auf die Heilung der Periostitis nach l^jutfernnug der Zähne zurückzuführen.
Auch hier zeigte der Augenspiegelbefund eine atrophische Yerfäri»ung der
l'a])illc.
Die 13eoljachtung Hermanns (288), wo nach Extraktion eines zweiten
olleren Backzahnes noch an demselben Tage ein fünfjähriger Knabe vollständig
erblindet war, und objektiv beiderseits Stauungs})apillc nachgewiesen
wurde, erklärt sich wohl durch
die bis dahin schon latent vor-
handen gewesene Neuritis optica
(was ja im allgemeinen liäufig zu
beobachten ist) und einen zufälhg
mit der Extraktion des Back-
zahnes zeitlich zusammenfallenden
vermehrten Druck auf die
optische Leitung (Tumor cerebri).
§ 95. Die plötzlichen Erbhn-
dungen nach Traumen auf den
oberen Augenhöhlenrand sind
nicht als eine Reflexamaurose
durch Reizung des N^ervus supra-
orbitalis, sondern als eine durch Zer-
reißung resp. Quetschung des Sl-Ii-
nerven im Canahs opticus ent-
standene Sehstörung aufzufassen.
Wir werden im dritten Bande
dieses Buches näher auszuführen haben, wie häufig durch Traumen des
oberen Augenhöhlenrandes Fissuren der Schädelbasis zustande kommen,
welche, bis in den Canalis opticus sich fortsetzend, dort dem Sehnerven ver-
hängnisvoll werden.
Wenn es nicht sicher konstatiert wäre, daß auf verhältnismäßig leichte
Traumen hm in einem spröden Schädel Fissuren entstehen können, so würde
die Versuchung nahe liegen, einzelne dahin gehörige Beobachtungen als Re-
flexamaurose anzusehen.
Wir sind in der Lage, ül)er zwei derartige Beol^achtungen hier berichten
zu können.
Ein 27 jähriger junger Mann mit bis dahin völlig gesunden Augen kam nach Schluß
des Theaters beim Hinausgehen ins Gedränge. Während er sich umwendete, um mit einer
hinter ihm gehenden Dame zu sprechen, stieß die letztere ihm unvorsichtigerweLse mit
j. ij,. _ —
W. W. Exophthalmus und klaffende Lidspalte
bei Sinusthrombose nach Zahnextraktion. Tod.
92 Reflexamaurose.
der Spitze ihres Schirms gegen das Dach der Augenhöhle. Sofort war das Sehvermögen
auf diesem Auge erloschen, wiewohl der Stoß sehr schwach gewesen sein mußte, weil
weder eine Hautabschürfung am Oberlide noch ein Bluterguß unter die Lidhaut am dritten
Tage nach dem Unfälle bei diesem Patienten zu konstatieren war. Auch konnte der letztere
mit Sicherheit angeben, daß bis zu jenem Trauma sein Auge völlig sehkräftig gewesen sei,
weil er als Uhrmacher meist nur mit demselben gearbeitet habe. Im übrigen war derselbe
ein solider und völlig gesundei- Mensch. Der ophthalmoskopische Befund war anfangs
normal. Die Pupillenreation auf Licht war auf der Seite des Traumas völlig erloschen.
Nach einigen Wochen entwickelte sich auf dem Auge der traumatischen Einwirkung eine
Verfärbung der Pai)ille, die schließlich bei normalem Verhalten der Geläße zu völliger
Atrophie führte.
In einem anderen Falle aus unserer Beobachtung spielte ein SOjähriger Herr mit
seinem Spazierstocke, indem er denselben zwischen den Fingern der rechten Hand sich
herumdrehen ließ. Durch eine unvorsichtige Wendung schlug ihm dabei die Krücke des-
selben von unten gegen das Orbitaldach des rechten Auges. Im Moment der Einwirkung
des Traumas war die Stelle der Kontusion sehr schmerzhaft, auch war das Oberlid blut-
unterlaufen, und zugleich bemerkte der Patient eine beträchtliche Abrahme des Sehvermögens
auf flem Auge der verletzten Seite. Er war weder besinnungslos, noch hatte derselbe über
Kopfschmerzen zu klagen. Bei der LTntersuchung am folgenden Tage stellte sich heraus,
daß das Gesichtsfeld rechterseits bis auf den oberen äußeren Quadranten in Wegfall ge-
kommen war. Die zentrale Sehschärfe blieb hochgradig reduziert; der Augenspiegelbefund
war normal. Nach einigen Wochen trat auch hier die Verfärbung der Papille ein, und bekam
dieselbe balel ein völlig atrophisches Aussehen.
§ 96. Hinsichtlich der Frage der Keflexamblyopie vom Trige minus aus
bleibt es zunächst auffallend, daß nach den vielen Fällen von Eesektion des
Nerv, supraorbitalis nicht einmal von einer danach aufgetretenen Amaurose
die Kede ist. Ferner möchte es angebracht erscheinen, auch hier auf das ge-
meinsame Auftreten von Sehstörungen und Trige minusaffektion auf-
merksam zu machen, was nicht selten bei basalen Neubildungen und
namentlich nach Lues cerebralis beobachtet wird. Die hierher gehörigen
Fälle mochten früher um so eher zur Eeflexamblyopie gezählt w^orden
sein, als der Trigeminuslähmung bei diesen Prozessen nicht selten neuralgische
Zustände vorausgehen resp. die Lähmungszustände sich khnisch nicht selten
als Anaesthesia dolorosa manifestieren.
Auch nach der Erfindung des Augenspiegels zu einer Zeit, in welcher
das Studium der zerebralen Lues und der Symptomatologie der Gehirntumoren
noch weniger entwickelt war, mochten gleichfalls manche dieser Fälle zur
Keflexamblyopie gezählt Avorden sein, weil bei einzelnen, trotz der vor-
handenen Amaurose, der ophthalmoskopische Befund normal war oder im
Laufe der weiteren Beobachtung erst sich das Bild der weißen Atrophie der
Sehnerven entwickelt hatte.
Wir erinnern uns, vor Jahren eine .35jähiige Frau mit Amblyopie auf dem rechten
Auge behandelt zu haben, bei welcher gleichzeitig mit dem Auftreten der Sehstörung heftige
Neuralgien im Bereiche des I. und IL Trigeminusastes zu konstatieren waren. Die Patientin
hatte schon längere Zeit über osteokopische Schmerzen zu klagen gehabt; auch hatte
sie mehrfach aboitiert und besaß keine lebenden Kinder. Vom Ehemann wurde Lues zuge-
standen. Eine energische antiluetische Kur beseitigte' bald alle Beschwerden. Leider besitzen
wir keine einge^iende'n Notizen mehr über diesen Fall.
R(>fl('xainaurose. 93
§ !,t7. Till folj^ciKlcii strllcii wii- eine Pu'ilic von einschlägigen Fällen mit
Öektionslii'fuud zusaninien, einerseits um daizutun, wie häufig das schon
oben erwähnte gemeinsame Befallensein des Optikus und Trigeminus vor-
kommt, aiidei-etseits um einwurfsfreier zu beweisen, daß es sich nicht um
funktionelle Störungen, sondern um oi'ganische VeräiMleiungeii i\i'> \. opticus
dabei handelt.
Dreschfeld (2!t4). E< t),'staii(l icihtssciti^fe aiistrcsproclicnc Hypciastlicsif im
Bereich des Kanuis oph thalmicus nei'vi trigemini, daneben rechterseits voll-
kommene Amaurose, linkerseits totale temporale Hemianopsie bei normalem
Augenspiegelbeinnd luui normaler S.4ischärt'e dieses Auges. J)ie Hyperästhesie machte
später einei- Anästhesie der rechten oberen Gesichtshälfte Platz. Diabetes insipidus, Kopf-
schmerz, Erbrechen. Lähmung des Okulomotorius. Abduzens und TrochlearLs rechts.
Sektion: An der rechten Hirnbasis sitzender karzinomatöser Tumor, welcher über
dem Foramen lacerum medium begann, sich über und zur rechten Saite des Sinus cavernosus
fortsetzt? und bis zum rechten Foramen optieiun reichte, indem er den ihn begleitenden
Optikus dicht umgab. Das Chiasma war in seiner linken Hälfte, sowie der vor ihm liegende
linke Nerv, opticus voUkomm'Mi intakt. Bei der genaueren Untersuchung zeigte sich, daß
die Geschwulst dermaß'n die betreffenden Gehirnnerven recht?rseits (II, III, IV^, VI und
Ramus ophthaimicus Nr. V) in ihrem Verlauf umstrickte, daß die Isolierung derselben
unmöglich war. Die mikroskopische Untsrsuchung des rechten N. opticus zeigte jedoch
denselben als vollkommen normal, wenn auch stark komprimiert.
Grünwald (320) sah bei einem .31jährigen Manne anfänglich eine rechtsseitige
Abduzenslähmung , später eine linksseitige Keratitis neuropa ralytica , rechts
Amaurose, links temporale Hemianopsie. Außerdem waren Erscheinungen vor-
handen, welche die Diagnose: maligne Neubildung des Keilbeins, nach unten diux-hgebrochen,
mit Kompression mehrerer Hirnnerven an der Basis rechtfertigte. Der Tod erfolgte durch
Verblutung.
Sektion: Lymphendotheliom in der mittleren Sjhädelgrube auf dem Keilbein auf-
sitzend, quer gestreift. Beide Nu. optici, beide Abduzentes, Trochlearis, rechter Fazialis und
Akustikus waren in der Geschwulst eingeschlossen, die nach unten durch beide Siebbein-
lab\Tinthe durchgewuchert war.
Ferner der auf S. 74 erwähnte Fall Türck (305).
Auch bei den folgenden Fällen von gleichzeitiger Affektion des Trige-
minus und Optikus zeigte die Sektion das Vorhandensein eines basalen
Tumors.
Bell (321). Nach Trauma Kopfschmerz und Sehwindel, dann monatelang hef-
tige Schmerzen in der linken Stirn und Backe, dann links Ptosis, Ophthalmoplegie,
Dilatation und Starre der Pupille, Neuralgie und Anästhesie der linken Gesichts-
hälfte, Lähmung der linken Kaumuskeln, Verlust des Sehvermögens links. Keratitis
neuroparaly tica .
Sektion: An der linken Seite der Sella turcica Adhäsionen älteren Datums zwischen
Dura und weichen Hirnhäuten. Nach ihrer Lösung kam eine Geschwulst zum Vorschein,
welche vorwärts bis zur oberen Keilbeinspalte, seitwärts bis zum Foramen der Arter.
m°ningea med. und rückwärts bis zum Proc. clinoid. post. reichte. Dieselbe nahm den
ganzen Sinus cavernosus ein. Der Okulomotorius, Trochlearis, Trigeminus, Abduzens
waren in der Geschwulst eingeschlossen und bis zu ihrem Austritt aus dem Gehirn atrophisch.
Der Optikus verlief oberhalb derselben und hatte eine graue Farbe.
B. Beck (322). Patient konnte rechts Finger auf 5, links auf 2 Fuß zählen,
ohne daß ophthalmoskopisch etwas Krankhaftes nachgewiesen werden konnte.
Rechts Abduzenslähmung, rechts Ptosis. Links Anästhesie der Hornhaut bei gleich-
zeitiger linksseitiger Hemianästhesie. Rechte Pupille weiter als die linke.
94 Reflexamaurose.
Sektion: Myxogliom im Bereich des Pons und Gliom des rechten Sehhügels.
Fenger (323). 57 jährige Frau, vor 8 Jahren Exstirpation der rechten Mamma wegen
Karzinom. Seit einem Jahre heftige, zuerst intermittierende, späterhin anhal-
tende Schmerzen in der rechten Seite des Gesichts bis zur Mittellinie, dann
Lähmung derselben Seite des Gesichts bei ununterbrochener Fortdauer der
Schmerzen. Die Sensibilität dieser Seite war sehr abgeschwächt, doch an einzelnen Stellen
durch den äußeren Druck schmerzhaft gesteigert. Rechts Abduzenslähmung. Abnahme
des Sehvermögens. Später Keratitis neuroparalytica.
Sektion: Das rechte Ganglion Gasseri dick, verhärtet, vom Umfange einer Hasel-
nuß. Die drei Äste des Trigeminus waren bis zu ihrem Austritt aus dem Keilbein
ansehnHch verdickt. Die Glandula pituitaria war zum Teil in eine seröse Zyste ver-
wandelt. Der übrig gebUebene Teil war zu einer Geschwulst vergrößert, mit welcher
der N. abducens verwachsen war. An der hinteren Fläche des Felsenbeins zeigte sich
die Din-a sehr verdickt und degeneriert; durch sie hindurch nahmen Fazialis und Akustikus
ihren Verlauf. —
Ferner der auf S. 75 erwähnte Fall Oppenheim (309),
In dem folgenden Falle war die Geschwulst von außen eingedrungen.
Treitel (324). Links die ganzen Lider, Conjunctiva bulbi und Kornea
sind vollkommen anästhetisch. Absolute Amaurose, weiße Papille, Kera-
titis neuroparalytica. Beweglichkeit des Bulbus nach allen Richtungen beschränkt. Strab.
convergens. Pupille starr auf Licht.
Rechtes Auge S = ^"/ao- Gesichtsfeld normal.
Sektion: Geschwulst von außen in das Schädelgewölbe eingedrungen... etc.
Die Geschwulst lag in einem Teil der durchgängigen Fissura orbitalis sup., drängte aber
die hier liegenden Gefäße und Xerven so der Mittellinie zu, daß der Proc. clinoid. anter.
sowie die entsprechende untere Wurzel des Orbitalflügels zur Atrophie gebracht wurde.
Das Foramen opticum war nicht mehr vorhanden, und der Nerv, opticus verlief mit den
übrigen an dieser Stelle eintretenden Gebilden durch den Rest der Fissvira orbital, sup.
Der L Ast des Trigeminus war diu'ch starke Verengerung der Fissvira orbital, sup. erheblich
gequetscht worden, während der Ramus supra- et inframaxillaris in der Geschwulst ver-
schwanden. —
Bei den folgenden Beobachtungen lag Lues vor, welche in der Mehrzahl
der Fälle als basale gummöse Meningitis in die Erscheinung trat.
Wagner (273). Anfangs Hyperästhesie, später Anästhesie der rechten
Gesichtshälfte, rechts Amaurose; rechtsseitige, später auch linksseitige Körper-
parese. Tränen des rechten Auges.
Sektion: Dura an der Basis verdickt und in eine Schwarte verwandelt, welche
den Optikus, Okulomotorius und Trigeminus umfaßte, auch die Pia war mitbeteiligt. Der
rechte Trigeminus schmäler vmd weicher als normal und mit den anderen rechtsseitigen
Hirnnerven durch die basale Neubildung rechts von der Sella turcica bedrängt. Lues.
Labarriere (283). Lues. 32jährige Frau. Im 6. Monat der Schwangerschaft
plötzlich Verlust des Sehvermögens links, seitdem Kopfschmerz. Vier
Monate darauf links Anästhesie der Gesichtshälfte, der Konjunktiva, der
Mundschleimhaut und Zunge. Rechts Ptosis, Lähmung des Rectus int. et super.
Linke Pupille unbeweglich. Später auch rechts Anästhesie der Gesichtshälfte und beider-
seits Keratitis neuroparalytica.
Sektion: Pia an der Basis verdickt und der Hirnsubstanz anhaftend, namentlich
um das Chiasma. Im Niveau der linken Hälfte des Chiasma existiert eine zentimetergioße
plastische Substanz, welche mit den Meningen und der Substanz der Nerven zusammen-
hängt. Der linke Optikus ist sowohl vor dem Chiasma als hinter demselben bis rückwärts
zu den ("orpora geniculata ganz atrophiert. Der linke Trigeminus ist ebenso atrophisch,
namentlich in seinem Ramus ophthalmicus. Das Ganglion zeigt nichts Abnormes.
Rctlcxamauiosc. 95-
l'li t li off (325). Vor 6 Jahren spezifische Infektion. Seit cincin .lalii' beständige
K()])fscliiiH'rzen, rezidivierende rechtsseitige Lähmim^i;. Affektion des icclifen Optikus
mit Erblindung. Affektion des Chiasnia, liähniuiig des 1. \iii(l I [. Astes des
rechten Trigc in in<is mit reclitsseitiger Keratitis nenrojjaialj'tica; rechtsseitige Faziahs-
und Abduzenslälnuung, später auch links Abduzensliihmung. Dementia.
Sektion: .M\Uti])le Erweichungsherdc in Ixidcn ( Jroßhirnhemisphären, ausgedehnte
Meningitis ginnmosa an der Basis eerebri, bis in die hintcic Schädelgrube sich erstreckend.
Der rechte X. trigeminus ist gegenüber dein Unken slaik verdickt. —
l*ick (270). öSjähriger Mann, i'cchts Sehschwäche. Anfangs Hyperästhesie,
s])ät<'r Anästhesie des rechten Tiige minus, rechts Sehschwache. Lähmung
der i-eeliten l^^xtremitäten. des iccliten J'^iziahs und M y])()glos,sus. Rechts Keiatitis neui'o-
])aialytiea.
Sektion: Frischer Erweichungsheid im hinteren S.heidvel der inneren Kapsel
i'cchteiseits, ^leningitis sy])hilitica an der Vorderfläche des l^iiis, Gummabildnng am Aus-
tiitt des reebten Trigeminus, totale Degeneration der i'cchten aufsteigenden (^uintuswurzeL
— Jjnes.
Friedreich (326). Schmerzen im Bereich des linken Trigeminus.
Lähnnmg des Nervus oculomotorius, später auch des rechten und linken Fazialis und
Trochlearis. Seh Störung. Neuritis optica.
Sektion: An der Basis des mittleren Lappens ein braunrotes, (kab schwieliges
Gewebe. Lues.
Broadbent (327). Anästhesie der rechten Gesichtshälfte. Amaurose.
Konjugierte Abweichung nach rechts. Rechts Körperlähmung.
Sektion: Zwei kleine syphilitische Tumoren, einer im Pons, der andere in der
MeduUa oblongata nahe am Boden des IV. Ventrikels. — Lues.
Serrebrennikowa (328). 20jähriger Mann. Fünf Monate nach der syphilitischen
Infektion trat starker Kopfschmerz auf, und nach Verlauf eines weiteren Monats erblindete
erst das linke Auge im Verlaufe von 12 Tagen und nach weiteren 10 Tagen auch das
rechte. Dabei war Parese des linken Trigeminus vorhanden. Okulomotoriuslähmung.
Olfaktoriusparese. Ophthahnoskopischer Befund beiderseits normal.
Sektion: An der Gehirnbasis zwei gummöse Neubildungen, von denen die eine,
von der Größe einer Walnuß, gleich hinter dem Chiasma über denr Tractus opticus sinister
lag, die andere, halb so große, mehr rechts gelegen war. Das Tuber cinereum war auch von
dem größeren, teils zerfallenen Gumma ergriffen. —
Gama (329). Ein von Paraplegie befallener Militär klagt seit % Jahr über alhnäh-
liche Abnahme des Gefühls in der rechten Gesichtshälfte und der Sehkraft
des rechten Auges. Rechts Kaubeschwerden. Rechte Pupille starr. Man konnte
mit dem Finger auf der Hornhaut und Konjunktiva hin- und hergleiten, ohne daß der
Kranke etwas fühlte.
Sektion: Das Insertionsende des Trigeminus gelb, weich, atrophisch, des Marks
verlustig. Das Ganglion Gasseri hatte an Volumen beträchtlich zugenommen und war von
Ansehen nnd Konsistenz des Speckgewebes. Die Nervenfasern, die gewöhnlich vom Ganglion
zu unterscheiden sind, waren ganz mit ihm verschmolzen. Der I. Ast des Trigeminus mit
seinen Zweigen war von rötlicher Farbe, wie injiziert, und adhärierte fest an der sehnigen
Scheide innerhalb der Augenhöhle. Der Ramus maxillaris inferior erschien von normaler
Beschaffenheit nach seinem Austritte aus dem Kieferkanal. Der Ramus maxillaris superior
war am stärksten verändert, verdickt, zähe wie das Ganglion. Mehrere seiner Fasern
hatten am Volumen bedeutend zugenommen. Der rechte Sehnerv war vor der Kreuzung
nur V4 so groß wie der linke, erweicht, von blasser, rötlicher Farbe, schleimiger Konsistenz,,
des Marks verlustig. Hinter dem Chiasma war kein sichtbarer L'nterschied zwischen beiden
Sehnerven. —
•^6 Reflexainaurose.
§ 98. Da nun in neuerer Zeit gar keine Fälle sog. Reflexamaurose ver-
-öffentlicht worden sind, scheint man von einer Aufstellung derselben als einem
selbständigen Krankheitsbilde Abstand genommen zu haben. Denn wenn auch
durch Reizungen sensibler Trigeminusäste am vorderen Bulbusabschnitte (vgl.
S. 59 und 71) leicht vasomotorische Veränderungen erzeugt werden können,
welche mittelbar etwa durch Zunahme des intraokularen Druckes, oder durch
Trübung des Kammerwassers die Sehschärfe zu beeinflussen imstande sind, so
wäre es doch schwer zu verstehen, wie eine Reizung des sensiblen Trigeminus
einerseits eine andauernde Blindheit ohne nachweisbare Veränderungen am
Sehnerven, das andere Mal mit nachfolgender Atrophie der Papille, beides
aber ohne sichtbare vasomotorische Störungen am vorderen Bulbus-
abschnitte bewirken sollte. Ferner müßte man die Möglichkeit zugeben,
daß eine dauernde Reizung der sensiblen Trigeminusäste (wie z. B. bei Zahn-
leiden) und die damit in Zusammenhang stehende supponierte Erweiterung
der Blutgefäße des Sehnervenstammes zu einem neuritischen, also entzünd-
lichen Zustande allmählich führen könnte, eine Annahme, gegen welche viele
Bedenken erhoben werden möchten, und welche auch durch die Erfahrungen
bei sympathischer Reizung (auf welche wir nachher näher eingehen
werden) widerlegt wird. Angenommen aber, eine dauernde Erweiterung der
Blutgefäße durch Erregung der Vasodilatatoren würde schließlich ihren Aus-
gang in Entzündung des Sehnerven nehmen, dann wäre aber wiederum nicht
zu verstehen, wie die durch den chronisch-neuri tischen Prozeß hervorgerufene
Sehstörung plötzlich einem guten Sehvermögen wieder Platz machen könne,
wenn der ursprüngliche Reizzustand im Trigeminusge biete etwa durch Extrak-
tion eines kranken Zahnes gehoben worden war. Die durch eine einmalige
Einwirkung eines Traumas gegen den Supraorljitalis hervorgerufene Er-
blindung resp. Amblyopie aber, wie in den beiden von uns angeführten Fällen,
lassen sich aus davon abhängigen vasomotorischen Störungen im Sehnerven-
stamme noch viel weniger erklären, da hier der auf den Supraorbitalis ein-
wirkende Reiz ein einmaliger kurzer und rasch vorübergehender und bei dem
einen Falle sogar ein auffallend geringer gewesen war.
Demgegenüber hat nun Urbantschitsch (237) folgende Erfahrungen
ülter den Einfluß von Trigeminusreizen auf die Sinnesempfindungen nament-
lich auf den Gesichtssinn beobachtet. Aus einer ganzen Reihe von Fällen
soll sich ergeben haben, daß eine einseitige Erkrankung des äußeren und
mittleren Ohres häufig einen Einfluß auf das Sehvermögen, und zwar gewöhn-
lich auf das beider Augen auszuüben vermöge, indem sich nämlich mit Ein-
tritt resp. Zunahme des Ohrleidens das Sehvermögen verschlechtere, da-
gegen mit Abnahme resp. Heilung jenes sich wieder bessere. Desgleichen
sei er imstande gewesen, durch eine Reizeinwirkung auf das Ohr vermittels
Lufteinblasung in die Paukenhöhle oder Bougierung der Tube eine Einwirkung
auf das Sehvermögen hervorzurufen. Dieselbe habe sich meist in einer
Steigerung, seltener einer Vermindeiung der Sehschärfe geäußert. Sie sei in
ihrer Intensität proportional der Größe und Dauer des Reizes gewesen und
Syinpithischc Reizung. 97
in der Regel nur vorübergehend, manchmal aber auch dauernd aufgetreten.
Dies(^ Erscheinungen ließen sich erklären aus dem reflektorischen Einflüsse,
Avelchen die durch die Ohrerkrankung affizierten sensiblen Ohr-
äste des Tiige minus auf die optischen Zentren und speziell auf den Licht-
sinn auszuül)en vermöchten. ])aniit stinnne auch die von Ur bantschitsch
gemachte Beobaclitung, daß eine Reizung der das Ohr nicht \'ersorgenden
sensiblen Trigeminusfasern diuch Anblasen der Wange oder Kasenschieim-
haut. Riechen scharf(M- Stoffe^ usw. nicht selten eine vorübergelu'ude Steigerung
des Lichtsinnes veraidasse; außerdem gi^liöre die Tatsache hierher, daß durch
Erkrankung des äußenii und mittleren Ohres auch reflektorische Beeinflussung
in den übrigen vom Trigeminus versorgten Simiesorganen bewirkt werden
könne. Es müsse jedoch bei der Steigerung des Sehvermögens in den oben
erwähnten Fällen außer der Zunahme des Lichtsinns noch ein anderes Moment
beteihgt sein, wie sich daraus ergäbe, daß die Veränderungen in beiden nicht
immer parallel stünden.
Diese Angaben Urbantschitschs entbehren noch der Kontrolle durch
andere Beobachter.
Die sympathische Reizung. (Sympathische Neurose.)
§ 99. Bei schweren Augenaffektionen , namentUch nach IridocycUtis
traumatica, treten mit den Schmerzanfällen des primär erkrankten Auges
nicht selten auf dem anderen sensible, vasomotorische, motorische Reiz-
resp. Depressionserscheinungen von selten des Optikus auf, welche mit der
Entfernung des ersterkrankten Augapfels aufhören, und welche, was prin-
zipiell festzuhalten ist, lange Zeit bestehen können, ohne in jenes Krankheits-
bild hinüberzuleiten, welches wir mit dem Namen ,, sympathische Ent-
zündung" belegen. Als die Wege, auf welchen das andere Auge in Mitleiden-
schaft gezogen wird, wurden von jeher die Ziliarnerven angesehen, und da
dieselben sensible, motorische und vasomotorische Fasern enthalten, so wären
die verschiedenen Störungen des zweitergriffenen Auges durch eine aus-
schließliche oder stärkere Beteiligung der einen oder anderen Fasergattung
zu erklären.
Wiewohl nun die meisten Autoren eine sympathische Reizung, als
Krankheitsbild sui generis, scharf von einer sympathischen Entzündung
geschieden wässen wollen, indem sie daran festhalten, daß eine sympathische
Neurose lediglich reflektorisch rein funktionelle Störungen verursache, ohne
zu einer Iridocyclitis sympathica des anderen Auges zu führen, wollen wieder
andere Beobachter daran festhalten, daß eine sy mjjathische Reizung
häufig nur den Prodromalzustand einer sympathischen Entzündung dar-
stelle, wobei dann im weiteren Verlaufe entweder plötzlich oder allmählich
die entzündlichen Erscheinungen nachher zur Entwicklung kämen. Demgegen-
über ist aber nicht von der Hand zu weisen, daß eine sympathische
Reizung und eine sympathische Entzündung beide nebeneinander
Wilbrand-Saenger, Neurologie des Auges. II. B,l. I. Abteiluna. 7
98 Sympathische Reizung.
hergehen können, ohne daß die letztere aus der erste ren sich notgedrungen
zu entwickeln braucht; und darum beruhen auch die sog. Heilungen einer
sympathischen Entzündung durch Enukleation des erst erkrankten
Auges wohl auf der Täuschung, daß man eine sympathische Reizung als Prodrom
der sympathischen Entzündung aufgefaßt hatte. Wie eingangs bemerkt, gehört
zum Zustandekommen einer sympathischen Neurose unter allen Umständen
die Schmerzhaf tigkeit des primär erkrankten oder sympathisierenden
Auges, welche Bezeichnung wir nach 0. Schirmer (243) der Bequemlichkeit
halber hier aufnehmen und demgemäß elas zweiterkrankte Auge als ,,sym-
pathisiertes" bezeichnen wollen.
§ 100. Die sensiblen Störungen bei der sympathischen Neurose äußern
sich in dem sympathisierten Auge in einer mäßigen Empfindlichkeit auf Druck
und in dem spontanen Auftreten von Schmerzen im Bereiche des I. Trige-
minusastes; diese Schmerzen steigern sich bei Anstrengung der Augen und
beim Verweilen des Patienten in hellen Räumen, während bei geistiger und
körperlicher Ruhe die Erscheinungen meist zu verschwinden pflegen. Häufig
klagen die Kranken über ein Gefühl von Eingenommensein und Schwere im
Kopfe. Zuweilen sind auch, wie in einem Falle von Landolt (238) fast die
gleichen Punkte am sympathisierenden wie sympathisierten Auge druck-
empfindlich.
Die Bahn dieser reflektorischen Erregungen geht längs der Ziharnerven
durch den I. Ast des Trigeminus nach dessen sensiblem Kern, und werden
dieselben von da aus auf den analogen Kern der anderen Seite übergeleitet.
§ 101. Zu den vasomotorischen und sekretorischen Erscheinungen
der sympathischen Neurose gehört die anfallsweise auftretende perikorneale
Injektion auf dem sympathisierten Auge, verbunden mit vermehrter Tränen-
sekretion.
Daß eine solche re;flektorische Übertragung eines Reizes von einem
Auge auf das andere stattfinden kann, geht sowohl aus Versuchen, als aus
der Beobachtung hervor, daß schon bei Einwirkung irgend eines Reizes auf
die Hornhaut oder Bindehaut des einen Auges, auch auf dem anderen Tränen-
absonderung, Lichtscheu und mehr oder weniger ausgesprochene perikorneale
Injektion auftritt.
Mooren und Rumpf (239) haben in elieser Richtung experimentelle
Versuche angestellt. An einem Auge wurde die Kornea entfernt und die frei-
liegende Iris mit Senfspiritus besprüht. Mit der stärkeren Injektion dieses
Auges wurde eine deuthche Anämie des anderen beobachtet, die eine Zeit
nach dem Aufhören des Spray einer beträchtlichen Injektion Platz machte.
Wurde statt Senfspiritus Äther verwandt, so trat Anämie am besprühten
und Hyperämie am anderen Auge auf, was nach Aufhören des Spray wechselte.
Nach Jesner (158 a) rufen Reize, welche die Nn. ciHares resp. den Trige-
minus der einen Seite treffen, zu gleicher Zeit Erweiterung der Gefäße auf dem
Auge der anderen Seite mit allen ihren Folgen hervor.
Sympathische R( iziing. 99
Auch von Bach ("240) sind s))ätci' (Uese Versuche mit ^l» ichciii Erfolge
wiederholt worden .
Die Bahn dieses llet'lexes muß in den Ziliarnerven und dem Ganglion
ciliare verlaufen. l>ei den (iefäßstörungen sind wohl hauptsächlich die sym-
pathischen Fasern di^r Ziliainerven und zenti'al die vasomotoi'ischen Zentren
heteiligt.
§ 102. \'()n (). Schiinicr (248) wiid die Existtn/ ein* s (ilaucoma
Sympathien m, was auch hierher zu zählen wäre, geleugnet und auf tlie ol)en-
erwähnte Tatsache zurückgefühlt, daß Reizung einer Iris durch chemische
Agenzien starke Hyperämie der anderen Kegenbogenhaut erzeugen könne.
Es sei also die Annahme gerechtfertigt, daß entzündliche Prozesse des einen
Auges auf die Blutfüllung des anderen von wesentlichem Einflüsse wären,
wodurch ein schon vorhandener glaukomatöser Prozeß an diesem in ungünstig-
ster Weise beeinflußt werden könne. Jeder stärkeren Reizung am primär
erkrankten Auge würde eine Exazerbation des glaukomatösen Zustandes
am anderen Auge entsprechen. Fielen dagegen alle diese Irritationen fort,
so könne das Glaukom bei zweckentsprechender BehandluiJg, die vorher
umsonst versucht worden wäre, zur Ausheilung kommen. In dieser Richtung
manifestiere sich der günstige Einfluß der Enukleation. Bei Fällen, in welchen
vorher noch kein Glaukom bestanden habe, sei che Sache so zu erklären, daß
offenbar hier eine Disposition zum Glaukom von Hause aus vorhanden gewesen
sei. Es w^äre ja bekannt, daß in einem zum Glaukom disponierten Auge, Auf-
regungen und nervöse Reize jeder Art einen Anfall auslösen könnten, indem
sie auf vasomotorischem Wege teils durch Erweiterung der Pupille, teils durch
stärkere Blutfüllung der Iris die letztere verdickten und dadurch die Fontana-
schen Räume verlegten. Es w4irde also hier der übertragene Reiz auf dem
anderen Auge eine Hyperämie der Irisgefäße und dadurch mittelbar die Druck-
steigerung hervorrufen.
§ 103. Als trophisch-sy mpathische Störung darf man vielleicht
noch eine Reihe von Fällen bezeichnen, bei welchen auf dem sjanpathisierten
Auge eine Weißfärbung der Zihen sich ausgebildet hatte (vgl. Bd. I, S. 8).
Hierher gehörige Beobachtungen sind von Warren-Tay (244), Bock (245),
Nettleship (246), Jakobi (247) und Schenkel (248) angegeben. In der
folgenden Beobachtung von Thier (249) erfolgte als Ausdruck der Tropho-
neurose binnen kurzer Zeit ein Verlust fast sämtlicher Kopfhaare.
Es handelte sich um einen in den Glaskörper eingedrungenen Eisensplitter mit folgender
eiteriger Irido -Chorioiditis. Bei der ersten Vorstellung, etwa 14 Tage nach der Verletzung,
war der Lichtschein schon erloschen, es bestanden rasende Kopfschmerzen, die den Patienten,
einen sehr kiäftigen Menschen, Tag und Xacht nicht zur Ruhe kommen ließen. Letztere
steigerten sich immer mehr und nahmen nach 14tägiger klinischer Behandlung einen solchen
Grad von Heftigkeit an, daß Patient um die Enukleation bat. Mittlerweile hatten sich
Zeichen von sjTiipathischer Reizung, Lichtscheu und akkommodativer Asthenopie, eingestellt,
die nach der Enukleation sofort verschwanden, während die Kopfschmerzen noch wochen-
lang in solcher Intensität bestehen blieben, daß Tag für Tag Morphium injiziert werden
100 Amblyopia sympathica.
mußte. Als nach divi Monaten die subjektiven Klagen über Kopfschmerzen noch andauerten,
konnte, da die Entschädigimgsfrage in Betracht kam, an Simulation gedacht werden. Jedoch
der als Ausdruck einer Trophoneurose in kurzer Zeit erfolgte Verlust fast sämtlicher Kopf-
haare bei dem im besten Mannesalter stehenden Individuum mußte jeglichen Zweifel an der
Echtheit der subjektiven Beschwerden, sowie an dem reinen Charakter eines schweren
funktionellen Nervenleidens benehmen.
§ 104. Zu den motorischen Störungen gehört em tonischer oder chro-
nischer Krampf des Orbikularis: der sympathische Blepharospasmus
nach Donders (241). Am häufigsten findet sich mäßige Schwäche des
Akkommodationsmuskels in analoger Weise, wie wir derselben bei der
nervösen Asthenopie begegnen. Über einen hierher gehörigen Fall von Spas mus
des Ziliarmuskels bei einem Kellner, welchem eine in die leere Orbita ein-
gelegte Hohlkugel die Bindehaut druckempfindlich gemacht hatte, berichtet
Lindsay Johnson (242).
§ 105. Bezüglich der sog. Amblyopia sympathica ist hier folgendes
zu erwähnen.
Der ganze Symptomenkomplex der sympathischen Neurose umfaßt bei
vollständigem Krankheitsbilde genau diejenigen Erscheinungen, welche wir
unter nervöser Asthenopie verstehen, wobei also zu den hier bereits ge-
schilderten funktionellen Störungen von selten des Auges noch die allzu-
leichte Ermüdbarkeit beim Sehen, die konzentrische Gesichtsfeld -
einschränkung mit Ermüdungserscheinungen, die Verminderung der
zentralen Sehschärfe, Nebelsehen, Photopsien und Blendung durch
Licht hinzuzuzählen wären. Schon früher hatte Wilbrand (250) hervorge-
hoben, daß der ganze Symptomenkomplex der nervösen Asthenopie mit den
Erscheinungen sich decke, welche wir als sympathische Neurose bezeichnen.
Die letztgenannten Symptome fänden ihre Erklärung darin, daß sowohl durch
Sehmerzen des primär erkrankten Auges, sowie durch die in Laienkreisen
sehr verbreitete Furcht vor der sympathischen Entzündung des anderen
Auges, die betreffenden Patienten stets in Sorge gehalten und dadurch in einen
nervösen Zustand versetzt würden, welcher um so deutlicher bei den-
jenigen Individuen sich manifestieren müsse, bei welchen von Hause aus eine
nervöse Disposition vorhanden sei.
Eine physiologisch -pathologische Erklärung der Symptome der nervösen
Asthenopie würde uns hier zu weit führen; wir werden im IV. Bande dieses
Werkes uns genauer mit derselben zu befassen haben und verweisen wegen
näherer Details zunächst auf Wilbrand, Die Erholungsausdehnung des
Gesichtsfeldes, Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1896. Im allgemeinen möchten
wir hier nur anführen, daß, wie bekannt, eine charakteristische Erscheinung
des nervösen Zustandes in der Neigung zu Eeflexaktionen und einem leichteren
Ablaufen derselben sich kundgibt. Auf diese Anlage wären dann bei der
sympathischen Neurose die sensiblen, motorischen und vasomotorischen Stö-
rungen im sympathisierten Auge zurückzufülueii. Ferner wissen wir, daß bei
den nervösen und hysterischen Zuständen ganz außerordentlich häufig und
Aiiiblyopia synipxthica. 101
l.öchsiwahrscheiiilicli miti i zcrebraltm Einflüsse (in suhnornialcs Ver-
halt(>n der Net/haut zur Enl-\vicklmif:j küiinnt, welches >ich in ( iner zu
schnellen Ahnahine der Licht-Enijyfindlichkeit bei P]inwiikung außen n j^iclites
ujul einem zu kuif^'sanien Wiederanstei^'en derselben iui Dinikeln (Adaptation,
Erholung der Netzhaut) physiologisch zu erkennen gibt, eine Erscheimnig,
aus welcher die Photopsien, der Wechsel in dem Verhalten der zentralen Seh-
schärfe und der Gesichtsfeldausdehnung, sowie das schnelle Verschwinden
der fixierten Gegenstände sich erklären lassen. ])ie veimehrte Licht-
scheu, als eine spezielle Erscheinung von Seiten des Trigeminus, kann bei
der sympathischen Neurose oft sehr hochgradig werden, wie die folgende Be-
obachtung Hirschbergs zeigt:
Das rechte Auge eines 19jährigen Mannes war vor diei Jahren diireh den Bolzen
einer Windbüchse verletzt worden. Die darauffolgende, sehr langwierige Entzündung
hatte das S?hverniögen vernichtet. Nachdem schon einmal vor drei Jahren ein Rezidiv
derselben mit starker Photophobie aufgetreten, aber bald geheilt war, stellte sich jetzt
wiedennn Lichtscheu aAif dem gesunden Auge ein, die bald derartig zunahm, daß der Patient
morgens beim Aufschlagen der Augen die heftigsten Schmerzen empfand und eine Stunde
lang noch die Augen schließen mußte, ehe er sich ans Licht gewöhnte; er konnte nicht
arbeiten, nicht lesen, ein weißes Papier machte ihm Schmerzen. Nachdem dieser Zustand
Monate angedauert hatte, wurde der phthisische, leicht injizierte und sehr druckempfindliche
rechte Bulbus enukleiert. Sofort nach dem Erwachen aus der Narkose waren alle Beschwerden
beseitigt. Im Stumpf fand sich eine Verknöcherung der Aderhaut.
Diese vermehrte Lichtscheu erklärt sich eben daraus, daß die sensiblen
Nerven des sympathisierten Auges reflektorisch dauernd in erhöhtem Reiz-
zustande verharren, wodurch die retinalen, durch die chemische Wirkung des
einfallenden Lichtes gesetzten Dissimilierungsprodukte, welche im normalen
Auge kaum ein merkliches Blendungsgefühl hervorrufen, hier schon schmerz-
haft und störend empfunden werden.
§ 106. Wenn nun durch die Ziliamerven schon im normalen Zustande
eine sehr rege Reflextätigkeit nach dem anderen Auge hin vermittelt wird,
so kann man sich leicht vorstellen, wie durch ein ruhiges Verhalten beider
Augen die Symptome der sjanpathischen Neurose im sympathisierten Auge
bis zum Verschwinden schwächer werden, wie aber andererseits beim Ge-
brauche des gesunden Auges che in dem sympathisierenden Auge vorhandenen
krankhaften Zustände auf dem umgekehrten Wege durch vermehrte Reizungen
gesteigert werden müssen, auf die sie dann mit erhöhtem Schmerz und Exa-
zerbation des entzündlichen Zustandes antworten. Umgekehrt werden dann
wieder die nervösen Beschwerden auf dem sympathisierten Auge stärker,
wenn der Reizzustand im sympathisierenden Auge zunimmt.
Bei alledem ist es nicht zu verwundern, daß früher manches als sym-
pathische Neurose benannt wurde, was genau genommen nicht hierher gehört.
Femer ersehen' wir daraus, daß die Symptome der sympathischen Reizung
nicht allein bei traumatischen Iridozyklitiden des primär erkrankten Auges
aufzutreten brauchen, sondern daß oft geringfügige Epithelverluste der Horn-
haut, ^ark reizende Fremdkörper in der Kornea und im Bindehautsack usw.,
kurz Affektionen des vorderen Bulbusabschnittes diese funktionellen Störungen
102 Die sympathische Entzündung.
heivoriufen können, wenn dieselben nur einerseits mit einer intensiven psychi-
schen Erregung oder mit starken sensiblen Eeizen verknüpft waren, und
gerade ein nervös disponiertes Individuum getroffen hatten. Sehr häufig wird
aber auch dabei, weil eben das primär erkrankte Auge im Vordergrunde des
Interesses steht, die symi^athische Reizung am anderen Auge übersehen.
Dieser rein nervösen Veranlagung ist es aber zur Last zu legen, wenn nicht
sofort nach der Enukleation des primär erkrankten Auges die Reizzustände
am anderen Auge verschwinden.
Die sympathische Entzündung.
§ 107. Bezüglich der sjanpathischen Entzündung können wir uns kurz
fassen.
Die alte sog. Ziliarnerventheorie, welche von fast allen Autoren
aufgegeben ist, nahm an, daß der vom sympathisierenden Auge in den Ziliar-
nerven erzeugte Reizzustand reflektorisch auf das sympathisierte Auge über-
tragen würde. Dort führe dann allmähhch dieser reflektorisch erregte Reiz zur
Entzündung.
Für die Annahme einer derartigen rein neurotischen Entzündung
aber fehlt bis jetzt jede wissenschaftliche Grundlage.
Es ist hier nicht der Ort auf den Wert der verschiedenen Theorien über
das Wesen der sympathischen Ophthalmie einzugehen, zumal da noch heftig
hin und wider gestritten wird, und eine Klärung der Ansichten anscheinend
noch in weiter Ferne liegt. Hervorheben möchten wir nur, daß zur Zeit die
modifizierte Ziliarnerventheorie Schmidt-Rimplers (252) die meisten
Anhänger zählt. Nach diesem Autor präpariere die Ziliarreizung im sym-
pathisierten Auge nur den Boden für die eigentliche Entzündung. Die letztere
würde aber erst durch bestimmte (noch nicht gefundene) Noxen (Toxine,
Bakterien) hervorgerufen, welche in dem betreffenden Organismus kreisten
und auf dem Blutwege ins Auge gelangten.
b) Lähmungszustände , welche nach organischen Trigeminusläsionen das Auge
betreffen.
Anästhetische und hypästhetische Zustände.
Über die regionäre Ausdehnung der Sensibilitätsstörungen im
Bereiche des alterierten Nerven.
§ 108. Wir betrachten zunächst die Ausbreitung und die verschiedenen
Intensitätsgrade, unter welchen die Lähmungszustände des Trigeminus
klinisch hervorzutreten pflegen.
Bei vollständiger Lähmung des Quintus werden Störungen der
Sensibilität im ganzen Ausbreitungsgebiet des Nerven, sowie Lähmung der
Kaumuskulatur und häufig auch sekretorische, trophische und vasomotorische
Störungen beobachtet. Die Anästhesie erstreckt sich dabei auf das ganze
Komplette Trigeminuslähmung. 103
vom Quintiis versorgte Gebiet der Haut, auf die Kornea, die Konjunktiva,
die Schlcnudiaut der Nase, des ^lundes, der Zunge, der Wang(ni und des
Gaumens.
Im Vergleich zu den häufigen Faziahslähmungcn sind primäre, isoherte
Lähmungen des Trigeminus recht selten, d. h. ein vöUiger Funktionsausfall
sowohl seiner sensiblen, motorischen, trophischen, vasomotorischen und sekre-
torischen Fasern. Erkrankungen des sensiblen Teils in Form von Neuralgien
sind dagegen häufig.
Später AVerden wir sehen, daß von einzelnen x\ut()ren (Ferrier, Schmidt,
Gowers und von uns) eine isolierte Trigeminuslähmung beobachtet worden
ist, deren Ätiologie ganz dunkel erscheint.
Müller, Hirschl und Gruber deuten ihre Fälle als eitie neuritische
Erkrankung.
Häufiger kommen Trigeminuslähmungen auf traumatischem Wege
zustande, durch Stichverletzung des Nerven, durch Schädelbasisbrüche und
durch Schüsse in den Nerv.
Am häufigsten jedoch stellen krankhafte Prozesse an der Hirnbasis
das ätiologische Moment der Lähmung dar, als basal meningitische (tuberkul.
und syphil.) Affektionen, Geschwülste, Aneurysmen, Periostitiden,
Blutextravasate, Abszesse und Karies des Schädelknochen.
An seiner Ursprungsstätte im Pons w^ird der Quintus besonders von
Herderkrankungen der Brücke affiziert, so durch Blutungen, Erweichungen,
Tumoren, durch sklerotische oder rein degenerative Prozesse (Bulbärparalyse).
Über die genauere Differentialdiagnostik des Krankheitssitzes werden
A\ir später zu sprechen haben. Zuvörderst betrachten wir diejenigen
klinischen Beobachtungen, aus denen ersichtlich ist, von welcher
Stelle aus im Verlauf des Quintus eine Lähmung aller Äste des-
selben hervorgerufen werden kann.
Zusammenstellung der einschlägigen Fälle mit Sektionsbefund.
§ 109. BezügHch der Frage, von welcher Stelle aus eine komplette
Lähmung des Trigeminus hervorgerufen werden kann, ist zunächst hervor-
zuheben, daß eine solche dann entstehen muß, wenn das ganze Kern-
Wurzel gebiet desselben in der Brücke vernichtet, oder doch in seiner
Leistungsfähigkeit gehemmt worden ist, wie z. B. in der folgenden Beobachtung
Jollys (330).
Es fand sich Anästhesie und Lähmung der Kaumuskulatur im Bereiche des linken
Trigeminus. Die Sektion zeigte ein Gliom im dorsalen Abschnitte des Pons, wesentlich
links gelegen, das seine stärkste Ausdehnung entsprechend dem linken Brückenabschnitte
hatte. Der ventrale (motorische) Trigeminuskern war vollständig in der CJeschwulst auf-
gegangen. Auch der dorsale (sensible) Kern war stark infiltriert und nur noch durch einzelne
rudimentäre, von Kernen umgebenen Ganglienzellen angedeutet. Die austretenden Wurzeln,
und zwar besonders stark die motorischen, waren blaß und zeigten starken Markzerfall.
104 Komplette Trigeminuslähmung.
Ferner wird ein Krankheitsherd, welcher den Stamm des Trige minus
(also die sensible und die motorische Wurzel, siehe Fig. 13, S. 34) allein zer-
stört, eine komplette Lähmung desselben auf der gleichen Seite zur Folge haben,
wie im Falle Tooth (331).
Links sensible und motorische Zweige des Trigeminus gelähmt. Die Sektion zeigte
ein Gumma an der Basis, welches den Stamm des linken Trigeminus, wie aus der mikro-
skopischen Untersuchung hervorging, völlig zerstört hatte.
Sodann bei Affektionen des Ganglion Gasseri, wenn zugleich durch
den Herd auch die kltinere motorische Wurzel (vgl. Fig. 13, S. 34) mit er-
griffen ist.
So hatte im Falle Westhoff (332) ein Gumma des Ganglion Gasseri eine vollständige
Lähmung aller drei Äste des Trigeminus mit Keratitis neuroparalytica zur Folge gehabt.
In der Beobachtung II von Hagelstamm (335) zeigte sich die taktile Sensibilität
und Schmerzempfindung in der ganzen linken Gesichtshälfte mit Ausnahme des N. auricularis
magnus aufgehoben, Berührungsgefühl an der Kornea und Konjunktiva links herabgesetzt.
Schwierigkeit links beim Kauen. Die Sektion ergab einen walnußgroßen Tumor der mittleren
Schädelgrube. Das Ganglion Gasseri war völlig in der Geschwulst aufgegangen.
Im Falle Long und Egg er (336) hatte die erweiterte Karotis im Sinus cavernosus
die Augenmuskelnerven und das Ganglion Gasseri komprimiert. Es bestand eine ziem-
lich kompliziert verteilte, linksseitige Hyperästhesie. Die Lider, die Konjunktiva, die
Kornea, die Oberlippe und der angrenzende Wangenabschnitt zeigten linkerseits vollständige
Anästhesie.
Weiter kann eine Alteration aller drei Äste des Trigeminus an
der Basis eine komplette Quintuslähmung zur Folge haben, wie in der Beob-
achtung von Roth mann (333), bei welcher ein in die Orbita hineingewuchertes
basales Karzinom die drei Äste des Trigeminus lädiert hatte.
Im Falle Bishop (337) war eine Anästhesie der linken Seite des Gesichts und Kopfes
vorhanden. Der linke Augapfel war unempfindlich gegen jede Berührung bei ungetrübtem
Sehvermögen. Auf die linke Nasenhöhle machten die stärksten Reizmittel keinen Eindruck,
während die Geruchsfähigkeit fortdauerte. Die linke Zungenhälfte war sowohl gegen
Gefühls- als Geschmacksreize völlig unempfindlich. Bei der Sektion fand sich eine zinhöse
Geschwulst auf der inneren Fläche des Keilbeins, welche sich seitlich nach dem Foramen
auditor. intern, und rückwärts bis an den Pons erstreckte. Die Geschwulst füllte die
Öffnungen, durch welche die drei Äste des Trigeminus treten, voll-
ständig aus.
Bei den folgenden drei Beobachtungen hatte der Krankheitsherd das
Ganglion zugleich mit den drei Ästen des Trigeminus befallen,
so im Falle Meyer (334) nach einer Schußverletzung durch eine Pistolenkugel.
Bei der Sektion zeigte sich eine Erweichuug des Ganglion Gasseri mit den
drei Ästen.
In der Beobachtung Oppenheims (309) mit Anästhesie im ganzen sensiblen Gebiet
und Lähmung des Masseter waren das Ganglion Gasseri, sowie die drei Äste des Trigeminus
in die Geschwulstmasse eines Karzinoms eingeschlossen (siehe S. 75) und im Falle Fenger (323)
mit Anaesthesia dolorosa, allerdings ohne Lähmung der Kaumuskeln, waren das Ganglion
Gasseri sowie die drei Äste des Trigeminus durch Krebsmetastasen verdickt, vgl. S. 93. Ferner
in der auf S. 95 erwähnten Beobachtung von Gama (329).
Nach der Spaltung des Trigeminus in seine drei Zweige tritt bei um-
schriebenen Herden Anästhesie der vom jeweihg betroffenen Aste innervierten
Anästhesie im Gebiete des I. Quintusastes. 105
Gesichtsregion (vgl. S. 35, Fig. 1;")) auf. So liat Ijcll (838) mehrere Beispiele
mitgeteilt von Anästhesie des liamus ophthalmicus. Damit ist aber
nicht gesagt, daß jeder Fall von Anästhesie des I. Astes einem Herde ent-
sprechen müsse, welcher peripher vom Ganglion Gasseri auch wirküch im
Verlaufe des ersten Astes gelegen sei; denn aus der folgenden Zusannnen-
stellung von Anästhesien im Bereiche des Ramus ophthalmicus mit Sektions-
befund geht liervor, daß von allen Stationen im Verlaufe des Nervus
Quintus, sofern nur die dem ersten Aste zugehörigen Fasern ge-
troffen sind, auch Sensibilitätsstörungen in diesem Bezirke auf-
treten können.
Übersicht über die Stellen, von welchen ans Sensibilitätsstörnngen
im Bereiche einz<'lner Äste des Trig'eminns hervorgerufen werden.
1. Anästhesien im Bereiche des I. Astes bei verschiedenartigem Sitze des Krank-
heitsherdes längs des Verlaufes der Quintus-Leitung.
Da im Eamus ophthalmicus die sensiblen Fasern für die Konjunktiva
und den Bulbus verlaufen, wird eine totale Leitungsunterbrechung
des L Astes auch stets eine Anästhesie der Konjunktiva und des vorderen
Bulbusabschnittes zur Folge haben.
Unterbrechung der Leitung im orbitalen Gebiete.
§ 110. Es ist klar, daß bei der Neurotomia optico-ciliaris, bei welcher
behufs Vermeidung einer sympathischen Entzündung am anderen Auge die
Ziliarnerven kurz hinter dem Bulbus durchschnitten werden, auch eine An-
ästhesie lediglich am Bulbus auftreten wird.
So berichtet Landolt (360) über einen derartigen Fall. Die Sensibilität des Bulbus
verschwand nach der Operation, dieselbe kehrte aber nach einigen Tagen wieder. Es bildete
sich ein Hornhautgeschwür, dasselbe heilte.
Bezüglich der Fälle von Querenghi (143) und Parisotti (144) mit supponierter
Affektion des Ganglion ciliare verweisen wir auf S. 52 dieses Bandes.
Hirschberg (362) erzählt folgende Beobachtung: Ein Stück Holz wurde mit großer
Gewalt gegen die linke Kopfhälfte eines Menschen geschleudert, wonach derselbe 7 Stunden
lang bewußtlos blieb. Vier Wochen später wurde eine linksseitige Ptosis konstatiert. Der
Augapfel unbeweglich, S = 0, die Hornhaut vollkommen unempfindlich, Pupille
weit und starr, diffuse, bläuliche Trübung im Glaskörper. Später trat Keratitis neuro-
paralytica auf, der M. rectus extemus und internus funktionierten wieder gut.
In diesem Falle weist Keratitis neuroparalytica und die absolute Starre
der Pupille mit Sicherheit auf die Beeinträchtigung einzelner orbitaler Nerven-
äste durch die Blutung hin (vgl. Bd. I, S. 416), während die isoherte Erhaltung
des Rectus extemus und internus es wahrscheinlich macht, daß cüese Muskeln
selbst durch die Blutung vorübergehend in ihrer Tätigkeit gehemmt gewesen
sein mochten.
!JJieden (363) berichtet über einen Fall von Stichverletzung des linken Auges mit
zurückgebliebener rechtsseitiger Hemiplegie und linksseitiger Abduzenslähmung nebst hoch-
106 Anästhesie im Gebiete des I. Quintusastes.
gradiger Kontraktur des rechten Internus. Neun Monate nach der Verletzung wurde unter
antiseptischen Kautelen der rechte Internus vorgelagert mit ausgiebiger Rücklagerung des
Externus. Am sechsten Tage nacli der Operation zeigte sich auf der bis dahin ganz klaren
Kornea des operierten Auges (mit voller Sehschärfe) ein indolentes zentrales Infiltrat, das sich
rapid in em kraterförmiges Geschwür verwandelte. Als Ursache dieses malignen Prozesses,
der drei Wochen lang unbeeinflußt von der üblichen Therapie f ortschritt, ergab sich voll-
ständige Anästhesie der linken Konjunktiva und Kornea.
Laplace (364) erzählt folgenden Fall: lOjähriger Knabe. Eine abgebrochene Rappier-
klinge war durch die Fissura orbitalis superior in die mittlere Schädelgrube gedrungen. Das
Auge war unverletzt. Anästhesie des linken Auges und Abduzenslähmung blieben
nach der Operation zurück.
Am schönsten und deutlichsten tritt diese Funktionsbehinderung im
I. Aste bei den Fällen mit einer Gummigeschwulst am Apex orbitae hervor.
So erzählt Hunter (357) folgenden Fall: Ein 26 jähriger Patient mit Resten syphi-
litischer Iritis auf beiden Augen zeigte rechts eine sehr rasch sich entwickelnde Vortreibung
und Unbeweglichkeit des Bulbus, leichte Neuritis optica, dabei hochgradige Sehstörung,
bald darauf Ptosis und lange andauernde Hornhaut-Anästhesie, sowie verringerte Sensi-
bilität der Nasen-. Stirn- und Schläfenhaut. Unter Schmierkur Besserung. Die
»Störung der Hornhautsensibilität war äußerst hartnäckig.
In Thompsons Falle (358) bestand eine vollständige Lähmung aller Augenmuskeln des
einen Auges mit Anästhesie des Bulbus und der Haut im Bereich des Frontalis
bei leichtem Exophthalmus. Sehnerv gerötet. Heilung nach antisyphilitischer Kur.
In dem Falle Coopers (359) begami der genannte Symptomenkomplex bereits im
achten Monate nach dem Auftreten des Primäraffektes. Im Laufe von 4 Wochen wurden
nacheinander ergriffen: der AbcUizens, der I. Ast der Trige minus, der Trochlearis, der
Okulomotorius. Heilung. Nur der Nerv, abducens blieb gelähmt.
Unterbrechung der Leitung im Sinus cavernosus.
§ 111. Hutchinson (365). 40jährige Frau. Mit 11 Jahren Kopfschmerzen. Seit
1 Jahr bereits Lähmung des Abduzens, Parese sämtlicher Okulomotoriusäste. Der Troch-
learis normal. 2 Monate später vollstäii^ige Starre der Pupille, Lähmung der Akkommodation
und der übrigen vom Oculomot. versorgten Muskeln. In den letzten Tagen war auch der
Trochlearis gelähmt. Seit einem Jahre klopfendes Gefühl in der linken Schläfengegend.
Zwei Wochen nach den Augemnuskellähmungen Anästhesie der linken Stirnhälfte.
Keine Fazialislähmung. Sehschärfe normal, ebenso der Augenhintergrund. Mit dem Stetho-
skop hört man ein Geräusch über dem Kopf.
Sektion: Ein festes, taubeneigroßes Aneurysma nahm die linke mittlere Schädelgrube
«in und kommunizierte durch eine Öffnung mit der Carotis interna, deren Durchgängigkeit
nicht beeinträchtigt war. Der Sack ruhte auf dem Ganglion Gasseri auf, ließ den eng
benachbarten Optikus intakt, die motorischen Augennerven waren über ihm gespannt und
verloren sich in seiner Wand. Der Sinus cavernosus war obliteriert.
Hirschfeld (339). Ein 72jähriges Weib fiel auf das Pflaster, große Wunde an der
Nasenwurzel, welche bald heilte. Nach vier Wochen plötzlich Ptosis und Ophthalmoplegie.
Lid, Nasenflügel und Stirn der gleichen Seite vollständig anästhetisch.
Hirnsymptome fehlten. Das Sehen war nicht gestört. Das Auge mäßig protundiert. Tod
nach zwei Monaten.
Sektion: Das Hirn und seine Häute waren normal. Die Dura mater, welche den
Sinus cavernosus deckte, erschien durch ein weiches Blutkoagulum ganz leicht emporgehoben,
welches die Farbe von Weinliefe und ungefähr die Größe einer Mandel hatte und die Be-
wegungsnerven des Auges, sowie den I. Ast des Trigeminus während seines Durcli-
trittes umhüllte. Nach Entfernung dieses Koagulums fand man eine kleine, kreisförmige
Anästhesie im Gebiete des T. Qiiintusastes. 107
Öffnung in der Carotis interna, welche wie mit einem Locheisen geschlagen schien und von
einem entfärbten Gerinnsel erfüllt war. Die Knochen schienen intakt gewesen zu sein.
Morton (340). 23 jähriges Mädchen, plötzlich heftiger Schmerz in der linken Schläfe,
der sich zur Unerträglichkeit steigerte. Protrusio bulbi. Amaurose, Ophthal mopleg. com-
pleta. Die Pupille auffallend erweitert. Lähmung des III., IV. und VI. (;Ieliirnnerven und
teilweise Lähmung des Ramus opli t lial niicus N. trigcmini. Starkes systolisches
Geräusch auf der linken Kopfseite. Plötzlicher Tod.
Sektion: Die vordere Partie der linken Hemisphäre an ihrer Unterfläche stark erweicht,
zeigt deutliche Spuren frischer Entzündung. Die Nervenstämme und die obere Augenvene
waren vor ihrem Durchtritt durch die Fissura orbital, super, durch frisches Exsudat fest mit-
einander verknüpft und so unentwirrbar in eine Masse verwickelt und verflochten, daß es
unmöglich war, die einzelnen Strukturen herauszufinden. Die Vena ophthahn., der Sinus
cavernosus und Sinus circularis waren stark erweitert und mit fest geronnenem Blute erfüllt.
Die linke Cvrotis intern, erschien normal.
James Adams (341). 56jähriger Patient. Rechts Ptosis, Lidödem und oberfläch-
liche Ulzeration des Lides. Rechts Lichtempfindung stark herabgesetzt. Rechter Bulbus
unbeweglich, die Oberfläche desselben ganz unempfindlich. Es entwickelte
sich Keratitis neuroparaly tica. Auch die rechte Supraorbitalgegend, sowie
die rechte Nasenseite und Nasenschleimhaut waren völlig gefühllos. Partielle
Anästliesie fand sich außerdem noch in der Submaxillargegend. Vorher hatte Patient an
Schwindel und Schmerz in der rechten Temporalgegend gelitten. Daraufhin entwickelte
sich rasch Ptosis und Lähmung des III., IV., V. und VI. Gehirnnerven.
Sektion: Im rechten Sinus cavernosus eine weiche, etwa walnußgroße Geschwulst,
welche bei genauer Untersuchung sich als ein mit fibrinösem Gerinnsel ausgefüllter aneu-
rysmatischer Sack zeigte. An der Basilararterie waren mehrere fleckig degenerierte Stellen
vorhanden.
Unterbrechung der Leitung basal im Eamus ophthalmicus.
§ 112. Wagner (273) Fall I. Links Gumma zwischen Türkensattel und der Spitze
des Felsenbeines. I. Ast des Trigeminus etwas verdünnt. Der Nerv durch die Ge-
schwulst beeinträchtigt. Parese des 1. Trigeminus, siehe S. 79.
Dreschfeld (294, vgl. S. 92). Anfangs Hyperästhesie, dann Anästhesie im Bereiche
des I. Trigeminusastes. Der betreffende Nerv in eine basale karzinomatöse Tumormasse
eingebettet,
Wyß (342). Rechts Herpes zoster ophthalmicus. Neuritis vom Eintritt des I. Astes
in die Orbita bis ins Ganglion Gasseri hinein, (Genaue Krankengeschichte siehe beim
Herpes zoster.)
Unterbrechung der Leitung des Ramus ophthalmicus im Gan-
glion Gasseri.
§ 113. Sattler (308, vgl. S. 75). Herpes zoster ophthalmicus. Nur der dem I. Trige-
minusaste angehörige mediale Anteil des Ganglion Gasseri zeigt entzündliche Veränderungen.
{Genauere Krankengeschichte siehe beim Herpes zoster.)
Weidner (343). Rechts herpes zoster im I. Ast des Trigeminus. Fünf Jahre später
Tod. Der Trigeminus zeigte unmittelbar an der Eintrittsstelle ins Ganglion und in diesem
selbst neuritische Veränderungen. (Genauere Krankengeschichte siehe beim Herpes zoster.)
Unterbrechung der Leitung des I. Astes in seinem zentralen
Verlauf.
§114. Lautenbach (346). Anästhesie der linken Stirnhälfte. Rechts Körper-
parese, links Abduzensparese. Gumma der linken Ponshälfte. Hirnhäute dort verdickt.
Der linke Trigeminus durch den linksseitigen Ponstumor beeinträchtigt.
]08 Anästhesie im Bereiche des I. und II., und I. und III. Quintusastes.
Haase (344). 63jähriger Mann. Links Keratitis neuroparalytica. Anästhesie
im Bereich des rechten sensiblen Trigeminus. Hemiplegia dextra und Aphasie.
Herd im Pons, Zerstörung der großen Trigeminuswurzel und Degeneration der im I. Ast
verlaufenden Nervenfasern weit in die Peripherie hinein, bei Integrität sämtlicher Fasern
des II. und III. Astes und des Ganglion Gasseri.
Oppenheim (345). .38 jähriger Mann. Lähmung des linken Rect. ext., des rechten
Rect. int., allmählich zunehmende Lähmung der rechten Extremitäten und des rechten
unteren Fazialis. Später auch Lähmung aller Zweige des linken Fazialis. Anästhesie
im oberen Aste des linken Trigeminus. Trübung der Hornhaut in ihrer
unteren Hälfte.
Sektion: Tuberkulöser Tumor, der mit dem größten Teil seiner Zirkumferenz in
der linken Ponshälfte saß, mit einem kleineren in die rechte hinübergriff.
Aus dieser Zusammenstellung ersieht man zunächst, daß der Satz, je
mehr die Anästhesie auf einzelne Zweige des Trigeminus
beschränkt sei, um so peripherer der Sitz der Erkrankung ge-
sucht werden müsse, nur bedingungsweise angenommen werden darf.
2. Anästhesien hn Bereiche des I. und II. Astes hinsichtlich des Angriffspunktes
des krankhaften Herdes.
Unterbrechung der Leitung im Sinus cavernosus.
§ 115. Blessig (347). Anästhesie im I. und IL Aste. Kornea anästhetisch.
Keratitis neuroparalytica. Gummöse Wucherung, welche sich von der rechten Orbita aus
durch das Foramen opticum und die Fissura orbitalis super, auf die rechte mittlere Schädel-
grube fortgepflanzt hatte. Die bei der Operation konstatierte vollständige Anästhesie des
gesamten Orbitalinhaltes und der Orbitalwände ist nicht durch den Druck der orbitalen
Tumormassen auf "die Äste des Trigeminus zu erklären, sie weist vielmehr auf eine weiter
rückwärts gelegene Läsion der Nerven hin. Die Sektion zeigte, daß auch die Gegend des
Ganglion Gasseri mitergriffen war.
v. Kepinski (348). Es bestand ein geringer Grad von Anästhesie im Bereich
des I.und II. Astes. Tumor an der Schädelbasis mit Durchbruch in die Augenhöhle und
von da wieder durch die Fissura orbitalis in das Schädelinnere. Die Neubildung ist mit allen
in die Orbita hineingehenden Nerven mehr oder weniger verwachsen.
Unterbrechung der Leitung im Stamme des Nerven.
§ 116. Uhthoff (325, vgl. S. 94). Völlige Anästhesie im Bereiche des I. und II. Astes.
Vollständige Anästhesie der Kornea. Gummöse basale Meningitis. Der rechte Trigeminus
ist gegenüber dem linken stark verdickt.
3. Störungen der SensibiHtät im Bereiche des I. und III. Astes.
Sternberg (349, vgl. S. 37 m.). 57jährige Frau. Lähmung des rechten V. — X. und
des XII. Gehirnnerven mit Reizerscheinungen in der sensilben Portion des Trigeminus.
Die Sensibilität der rechten Stirnhälfte herabgesetzt. Gesichtshaut etwas
hyperalgetisch. Der rechte Masseter kontrahiert sich fast gar nicht.
Sektion: Karzinom an der Schädelbasis, welches in den Sinus cavernosus hinein-
wucherte und so den Abduzens beeinträchtigte. Trigeminus und Ganglion Gasseri infiltriert.
Verengerung des Meatus acusticus internus durch den Tumor. Fazialis, Akustikus, Glosso-
pharyngeus, Hypoglossus kolbig verdickt und gerötet.
4. Anästhesie im Bereiche des II. Astes.
Virchow (350). Taubheit der linken Wange. Links Optikusatrophie. Ver-
lust der Sprache.
Anästhesie der Kornea und Konjunktiva. 109
Sektion: Große syphilitische Neubildung in der linken mittleren Schädelgrube,
Thrombose der linken Karotis. Die Neubildunji umfaßte links das Ganglion Gasseri; das-
selbe war jedoch ziemlich unverändert.
5. IsoliiM'tc AnVktioii der seiisibUMi Portion des 111, Astes ^).
§ 117. Roml)erg (351). V\'rgleiohe die ausführliche Mitteilung dieses interessanten
FaUes 8. 88.
Die Besclnänkung der Seusi bilitätsstörung auf die Hornhaut
und Konjunktiva.
§ 118. Wähn-iid im allgemeinen angenommen werden darf, daß ein auf
einen Ast des Quintus drückender Krankheitsherd in dem gesamten Ver-
breitungsbezirk desselben Ausfallserscheinungen hervorrufen werde, weil eben
alle, dem betreffenden Innervationsgebiete entstammenden Leitungsfasern,
in jenem Aste zusammengedrängt verlaufen und dadurch in ihrer Gesamt-
heit leicht durch einen Herd vernichtet oder bedrängt werden können, so
werden wir partielle Sensibilitätsstörungen um so eher dann erwarten dürfen,
wenn der Krankheitsherd im Wurzel- oder Kerngebiet dieses Nerven gelegen
ist. Denn das Ursprungsgebiet des Trigeminus ist relativ von großer Aus-
dehnung; darum kann auch leichter eine umschriebene Zahl von Nerven-
elementen der Zerstörung anheimfallen und dementsprechend die Empfindungs-
störung auf kleinere und kleinste Parzellen beschränkt bleiben. So
dürften also zunächst Anästhesien der Konjunktiva und Kornea im
Vereine mit partiellen Sensibilitätsstörungen im Gesamtverbreitungsgebiete
des Trigeminus, die nicht gerade an den Verbreitungsbezirk eines Astes ge-
bimden sind, schon auf einen mehr zentral gelegenen Sitz des Krankheits-
herdes hinw^eisen, wie z. B. in der folgenden Beobachtung Rosenthals (261)
[vgl. S. 124] mit Anästhesie der linken Kornea und Konjunktiva
und Anästhesie der linken Wange.
In einer anderen Beobachtung Rosenthals (101) bestand linkerseits eine isolierte
Anästhesie der Konjunktiva. Kornea und Sklera neben Ptosis und Abduzens-
lähmung. Im Pons Varoli fanden sich mehrere, zum größeren Teil konfluierende Herde
von grauer Färbung. Die meisten Basalnerven grau degeneriert. Mikroskopisch fanden sich
in den Herden die Elemente des Syphiloms.
P. Meyer (352) beobachtete einen 48jährigen Patienten, der früher luetisch war.
Rechts Fazialislähmung. Die rechte Gesichtshälfte hyperästhetisch (die einfachen Berüh-
rungen werden hier als Brennen bezeichnet) mit Ausnahme der Kornea und Kon-
junktiva. auf welchen die Sensibilität stark herabgesetzt war. Rechts Parese
des Orbikularis. Rechts beginnende Keratitis, intensive Konjunktivitis. Pupillenreaktion
normal. Rechts komplette Abduzenslähmung. Ophthalmoskopischer Befund beiderseits
normal. Die rechte Iris scheint etwas verfärbt.
Links die ganze Körperhälfte, sowie die linke Gesichtshälfte anästhetisch, motorische
Schwäche im Bein und Arm. Berührung der Zilien erzeugt links sofort einen Re-
flex, rechts ist derselbe kaum angedeutet.
Sektion: HämoiThagischer Herd in beiden unteren Dritteln der Brücke, rechts auf
die Haube beschränkt. Der gemeinsame Abduzens-Fazialiskern mit den Wurzelfasern des
^) Wir beobachteten eine doppelseitige isolierte Affektion der sensiblen Partie des
III. Astes, auf die wir noch später zurückkommen werden.
110 Anästhesie und Areflexie der Kornea und Konjunktiva.
Abduzens, der untere Fazialiskern und der VII. Nerv selbst sowohl in seinem Austritts-
schenkel, wie in seinem Knie und seinen Ursprungsteilen ganz zerstört.
Rechter Trige minus: Der Stamm des Nerven ist nicht degeneriert und läßt keine
Kömchenzellen erkennen. Der Kern der motorischen Wurzel ist noch in allen Schnitten
erhalten, nur sein oberer Teil ist im Herde mit inbegriffen. Die absteigende Wurzel ist in
ihrem Verlaufe in der Verlängerung der lateralen Kante des hinteren Längsbündels fast
bis zum Austritt des Quintus zu verfolgen, hier aber ist sie gerade durch narbiges Gewebe
ersetzt.
Der sensible Trigeminuskern erscheint zwar auf verschiedenen Schnitten in seinen
medialsten Teilen verfärbt, mit Fett infiltriert, der größere Teil des Kernes lateralwärts
ist aber sowohl in seinen Konturen, wie in der Beschaffenheit seiner Zellen ganz gut erhalten.
Das Gebiet der großen aufsteigenden Quintuswurzel ist ebenfalls nur unbedeutend vom
Herde getroffen i).
Zuweilen beschränkt sich aber die Sensibilitätsstörung lediglich auf
die Kornea und Konjunktiva. Wir beobachteten dies jüngst in einem
Falle, der zur Sektion kam. Der Trigeminus fand sich durch ein Klein-
hirnsarkom völlig platt gedrückt. Da die mikroskopische Untersuchung
noch aussteht, werden wir später noch an anderer Stelle genauer auf diesen
Fall zurückkommen.
Oppenheim (604) hat auf die Tatsache, daß die durch Kleinhirn-
geschwülste hervorgerufene Quintusaffektion sich häufig ausschließlich oder
für lange Zeit durch Areflexie der Kornea und Konjunktiva (mit oder
ohne Anästhesie derselben) verrät, erst in neuester Zeit ausdrücklich aufmerk-
sam gemacht. In wenigstens einem Dutzend Fällen von Tumor
cerebelli hat er dieses Symptom gefunden. Ob es sich hier um Druck-
wirkung auf die spinale Trige minus wurzel oder auf den N. trigeminus
selbst handelt, vermag er nicht zu sagen. Unseren eben erwähnten Fall führt
er zugunsten der letzteren Annahme an.
Im folgenden von Wollenberg (263) publizierten Fall, dessen Kranken-
geschichte von Oppenheim herrührt, hat letzterer zum ersten Male die
Areflexie und Anästhesie der Kornea und Konjunktiva beschrieben.
Ein 39jähriges Mädchen, früher stets gesund, nie luetisch infiziert, erkrankte an
Schwindel, Kopfschmerz, zunehmender, bis zur Erblindung sich steigernder Abnahme des
Sehvermögens, Übelkeit, Erbrechen, Benommenheit, Abnahme der Kraft in den Armen
und Beinen.
Bei der Aufnahme: Schwanken beim Stehen und Gehen, Schwindelgefülil, linker
Mundwinkel tiefer, links Ptosis, rechte Pupille weiter als die linke, beiderseits reflektorisch
starr, Augenbewegungen beschränkt, außer nach unten, Nystagmus, Amaurose, Stauungs-
papille mit Atrophie, Geruch aufgehoben, Gehör links fast erloschen. Sprache nasal, Schling-
akt erschwert, Patellarreflexe fehlen, motorische Schwäche imd Ataxie des linken Armes.
Im weiteren Verlaufe: Nackensteifigkeit, Atrophie der linken Zungenhälfte, totale An-
ästhesie der linken, fast totale Anästhesie der rechten Konjunktiva und
Kornea, Krampfbewegungen der Zunge, Zuckungen im rechten Fazialis. Nach sechs
Wochen Exitus.
^) Die rechtsseitige Hyperästhesie der Gesichtshälfte mit starker Herabsetzung der
Sensibilität der Kornea und Konjunktiva läßt sich nach P. Meyer dadurch erklären, daß
der sog. sensible Trigeminuskern imd die große aufsteigende Trigeminuswurzel noch erhalten,
aber schon in die Peripherie des Herdes hineingezogen waren und so einer reaktiven Ent-
zündung anheimfielen, welche ja immer in der Nähe von apoplektischen Herden auftritt.
Anästhesie clor Kornea und Konjnnktiva. 1 1 1
Sektion: Hydrocephaliis internus, pflauniengroßer Tu mor an der Unterfläche der
linken Kleinliirnhemisphäre, der die linke Seite des Pons und die Medulla oblongata kom-
primiert hat. Der Nervus abdue. und Nervus acusticus laufen über den Tumor hinweg.
Mikroskopischer Befund: Degeneration beider aufsteigender Quintuswurzeln.
Geringe Wränderungen im linken Okulomotorius, Quintus und Abduzcns und im rechten
Okuloniotorius; typische graue Degeneration der Hinterstränge bis hinauf zur Schleifen-
kreuzung, mit Befallensein der W es tp ha! sehen Wurzeleintrittszone vmd der hinteren
Wurzeln.
In den folcrenden Beobachtuiigcii wurde die auf Kornea und Konjunktiya
beschränkte Anästhesie nur einseitig gefunden.
Bruns (262). Bei einem 214jährigen Knaben bestand Paralyse des linken Abduzens,
Parese des rechten Rectus internus und Anästhesie der Kornea und Konjunktiva,
besonders links, bei erhaltener Empfindung im übrigen Gebiete des Trigeminus.
Außerdem war Stauungspapille, Parese, mit Kontraktur und erhöhten Sehnenreflexen der
rechten Extremitäten ohne Sensibilitätsstörungen vorhanden. Beiderseits alte tuber-
kulöse Mittelohrentzündung usw.
Sektion: Ein Querschnitt durch den Pons in der Gegend des Fazialis und Abduzens-
kernes ließ einen tuberkulösen Tumor erkennen, welcher fast den ganzen Pons durchsetzte.
In der Gehirnrinde an verschiedenen Stellen Solitärtuberkel kleineren Umfanges.
])aß eine auf die Hornhaut und Bindehaut beschränkte Anästhesie auch
bei peripher gelegenen Herden vorkommen kann, beweisen folgende Fälle:
In der Beobachtung Treitels (324, vgl. S. 94) waren die ganzen Lider, die Con-
jnnctiva bulbi und die Kornea vollkommen anästhetisch. Die Hornhaut zeigte
ein flaches, ziemlich umfangreiches Geschwür in ihrem unteren Abschnitt.
Auch in der auf S. 51 beschriebenen Beobachtung Cirinciones mit Anästhesie der
Hornhaut und Konjunktiva zeigten sich entzündliche Veränderungen lediglich am Ganglion
ciliare und Ganglion Gasseri.
Li der Beobachtung von S er res (353) schien die Sensibilitätsstörung
mit einer auf dem rechten Auge isolierten Anästhesie angefangen
zu haben.
Es handelte sich um einen 26jährigen Epileptiker. Es bestand Anästhesie des rechten
Auges und Keratitis neuroparalytica. Emige Monate darauf entwickelte sich auch eine
Anästhesie der rechten Nasenhöhle und der rechten Zungenhälfte. Beim Frottieren des rechten
Auges mit einem Federbarte hatte der Kranke gar keine Empfindung und blinzelte nicht
einmal. Die innere Fläche der Augenlider war ebenfalls unempfindlich, das Zahnfleisch hatte
sich an der rechten Seite von den Zähnen losgelöst, die Zähne selbst waren lose.
Bei der Sektion fand sich das Ganglion Gasseri der rechten Seite in einem krank-
haften Zustande von graugelber Farbe, angeschwollen imd an der Stelle, wo der Pvamus oph-
thalmicus abgeht, gerötet und injiziert. An der Veränderung der Farbe und Struktur nahmen
auch die cb'ci abgehenden Hauptäste bis zu ihrem Austritt aus dem Schädel teil, der Maxiüaris
inferior mehr als der superior. Die kleinere motorische Portion des Trigeminus verhielt sich
mit allen ihren Zweigen normal.
Auch in dem Falle Di n kl er s (.3.54) bestand zuerst Anästhesie der Kon j unk tiva
rechts, sowie der Hornhaut. Kurze Zeit darauf entwickelte sich Keratitis neuropara-
lytica auf diesem Auge, und sechs Wochen nachher Parese des rechten Fazialis und Lähmung
der sensiblen Äste des Trigeminus, später auch der Kaumuskulatur der rechten Seite. Außer-
dem bestand noch beiderseitige Lähmung des Geruchsnerven, des rechten Optikus, des
Akustiku» beiderseits, des Glossopharyngeus, des Vagus, des Akzessorius und Hypoglossus
der rechten Seite.
112 Anästhesie lediglich der Kornea.
Die Sektion ergab ein Sarkom des Keilbeines, mehr rechts gelegen, alle Gruben und
den Sinus cavernosus obstruierend. Das rechte Ganglion Gasseri, sowie die Hypo-
physis ist in dem Tumor untergegangen. Lädiert sind Fazialis und Akustikus. Der Tumor
dringt in das Foramen opticum ein. Um den Okulomotorius herum bildet er einen Ring,
dringt zwischen die Nervenfasern ein, immer ein dichteres Netz bildend und die Fasern zer-
störend. Dasselbe gilt für den Trochlearis, Trige minus und Abduzens usw.
In einer Beobachtung Hey manns (355, vgl. S. 125) ohne Sektionsbefund ging die
anfänglich nach einem Trauma entstandene komplette sensible Trigeminuslähmung allmäh-
lich zurück, und es blieben nur die Augenlider und der gesamte Augapfel in
hohem Grade anästhetisch.
Auch von einer isolierten Anästhesie der Konjunktiva liegen
Beobachtungen vor.
So bestand im Falle Koesters (265) linksseitige Abduzenslähmung, Anästhesie
der rechten Konjunktiva und Sehnervenatrophie. Bei der Sektion wurde ein Gumma
im rechten Frontallappen gefunden.
In Couplands (282) Beobachtung war die Konjunktiva injiziert und völlig
unempfindlich, die Sensibilität der Gesichtshaut war ebenfalls herabgesetzt. Es handelte
sich um einen 31 jährigen Mann, welcher rechtsseitig gelähmt war. Die Sensibilität des rechten
Arms und der rechten Gesichtshälfte war abgestumpft. Rechts Ptosis. Die Reflexe in der
rechten unteren Extremität waren verringert, die rechte Pupille von träger Reaktion, die
linke erweitert und unbeweglich. Die Zunge wich nach rechts ab.
Sektion: Thrombose des Sinus cavernosus, des Sinus lateralis und der Vena Fossae
Sylvii. Ferner zahlreiche Blutungen in beiden Hemisphären. Im linken Thalamus opticus
war eine haselnußgroße Erweichung vorhanden. Ferner war der linke Hirnschenkel erweicht
und von zahlreichen Blutungen durchsetzt.
BärwinkeJ (280) berichtet über einen Fall von Anästhesie aller drei Äste des Tri-
geminus, bei welchem die Conjunctiva bulbi et palpebrar. empfindungslos war,
während bei der geringsten Berührung der Kornea sofort Reflexbewegungen
der Augenlider auftraten.
Eine weitere Beobachtung machten Jaccoud und Dieulafoy (281). Es handelte
sich um ein isoliertes Erhaltensein der Sensibilität der Kornea bei totaler An-
aesthesia Trigemini.
Außerdem gibt es aber auch Fälle, bei welchen nach Trigeminusaffektion
eine isolierte Anästhesie lediglich der Kornea zur Beobachtung kam.
Ein 34 jähriger Marm litt nach Rüssel (269) seit längerer Zeit an heftigem Schnupfen
mit reichlichem Ausflusse aus der Nase. Plötzlich bekam er heftige Schmerzen in der linken
Schläfengegend und Erbrechen. Einige Tage später links Ptosis. Der linke Bulbus war
absolut unbeweglich, die Konjunktiva injiziert, die Pupiüe leicht dilatiert und die Hornhaut
unempfindlich.
Sektion: Der Sinus ethmoidalis und sphenoidalis mit jauchiger, fötider Flüssigkeit
gefüllt, der linke Sinus cavernosus, der Sinus circularis und die Vena ophthalmica sinistra
waren infolge eines Thrombus obliteriert.
In Macgregors (264) Beobachtung finden wir nur die rechte Kornea anästhe-
tisch. Es handelte sich um ein siebenjähriges Kind mit Erbrechen. Rechts Taubheit und
Fazialisparalyse. rechte Papille trüb und blaß. Die Bulbi j)rominent und stark nach links
gerichtet. Später Parese der linken Extremitäten und rechterseits Keratitis neuroparalytica.
Die Pupille rechts erheblich enger als links.
Sektion: Sarkom in der rechten Hälfte des Pons und der Medulla oblangata, beide
N. N. olfactorii erweicht, rechts Trigeminus, Abduzens, Fazialis und Glossopharyngeus
grau degeneriert.
Isolicrti' lloniliaiitaiulstliesie. ]\'\
In der Bcol)aclit\iiin v. ()c 1 1 i iiüciis ('.irM) hckain ciiu' (Ujälirige Frau phH/.lidi heftige
Schiiu'izeu in der rechten Kopfliilll'te und im Nacken mit Hervortreten des recliten Bulbus.
Das Selivermöifen der rtH'hten Keite i^inj^' rasch zuffrunde. Rechts Chemosis der Bindeliaut.
Die lloTiiliauf klar, aber a n ;i s I he t i sc h. I*u|)ille weit und starr. Diffuse (jllaskörpcr-
triibungen. Hechts totale Oplithahnopiegie. l'ulsation des Bulbus. Blasendes Geräusch
über der Orbita. Rechts Fazialisparese von unbestimmtem Anfang. Der Tod erfolgte zwei
Jahre später nach erfolgter spontaner Heilung des pulsierenden Exophthalmus.
Bei der Sektion wurden keine ])atliologischen Veränderungen an den arteriellen
(JcfäBcn, wohl aber Spuren eines entzündlichen Prozesses in dem retrobulbären Gewebe und
teilweise Obliteration des Orbitalraumes gefunden.
Der Fall von Dammront-Mayer (279) betraf einoMi (52jährigen Mann, welchei'
seit acht Tagen krank war. Er zeigte doppelseitige Ptosis, Unbeweglichkeit der divergieren-
den Augen, Miosis und bedeutende Absehw ächung der Sensibilität der Kornea,
Parästhesien in den Fingern und Sehmerzen in den Schultern und Armen bei Bewegungen.
An den Extremitäten wurden nur tiefe Stiche empfunden. Temperatur 38". Velumparese.
Tod. Polyneuritis.
Sektion: Totale Degeneration des ITI., IV. und VI. Augenmuskelnerven bis in die
feinsten Verästelungen, Segmentierung mit Myelinverlust der Nervenfasc^rn. Degeneration
der Muskelfasern des Obliq. inf. und der Recti interni. Ferner fanden sich im Plexus brachialis,
im L^lnaris, Medianus, Phrenikus, Hypoglossus, Olossopharyngeus, Fazialis, Vagus, Laryngeus
resp. degenerative Veränderungen. In den sensiblen Zweigen des Trigeminus waren
nur Spuren von Degeneration nachweisbar, das Zentralnervensystem war bis auf
eine Ejiendymitis des Bodens des IV. Ventrikels normal.
In den Beobachtungen von Hin de (382) war die linke Kornea zugleich mit Hemi-
anästhesie derselben Seite vollkommen unempfindlich. Wegen genauer Details über diesen
interessanten Fall vgl. Bd. I, S. 513.
Dasselbe, also Imksseitige Anästhesie der Hornhaut bei gleichzeitiger links-
seitiger Hemianästhesie war in einer Beobachtung B. Becks (322) vorhanden. Es
fand sich ein Myxogliom im Bereich des Pons (vgl. S. 93).
Unklar hinsichtlich der Sektionsbefunclc l)leil)t der folgende Fall von
isolierter Erkrankung der Hornhaut.
Nach Sachs (284) erkrankte ein einjähriger Knabe mit Konvulsionen, rechtsseitiger
Hemi])legie, Blindheit, Sprachstörung, Papillitis, Anästhesie der rechten Kornea,
linksseitiger Ptosis und Abduzenslähmung.
Bei der Sektion fand sich eine hämorrhagische Zyste im linken Tempo ro-sphenoidal-
lappen, welche den linken Hirnschenkel komprimiert hatte, derselbe war dadurch atrophisch
geworden.
Die folgende Taljelle zeigt uns die verschiedenen Stellen im Verlaufe
der Quintusleitung, von welchen aus eine isolierte gemeinsame Anästhesie der
Konjunktiva und Kornea oder eine Anästhesie der Konjunktiva allein oder der
Kornea hervorgerufen wurde.
Wilbrand-Saenger, Neurologie des Auges. II. Bd. I. Abteilung.
114
Auf die Kornea und Konjunktiva beschränkte Anästhesie.
Autoi' und Nummer
der
Literaturangabe
Auf die Kornea
und Konjunktiva
beschränkte An-
ästhesie
Lediglich Anästhesie
der Kornea
Ledighch Anästhesie
der Konjunktiva
einseitig
doppel-
seitig
Treitel (324)
Cirinrione (142)
P. Meyer (352)
Wollenberg (2ri3)
Rüssel (269)
V. Oettiugen(356)
Dammront-
Mayer (279)
Macgregor (264)
Sachs (284)
Koester (265)
Coupland (282)
I.Ast desTrigeminus
in der Fissura orbi-
talis superior er-
heblich gequetscht.
Das Ganglion Gasseri
sowie das Ganglion
ciliare zeigten ent-
zündliche Verände-
rungen.
Herd in der Brücke.
Tumor, der die link^
Seite des Pons und
der Medulla oblon-
gata komprimiert
hatte,Degeneration
beider aufsteigen-
den Trigeminus-
wurzeln. Germgc
Vei'änderungen im
linken Trigeminuf.
Thrombophlebitis d
Sinus cavernosus.
Pulsierender Exoph
thalmus. Entzünd
lieber Prozeß im
retrobulbären Ge
webe,
Spuren von Degene-
lation in den sen-
siblen Zweigen des
Trigeminus.
Sarkom im Pon
Nerv, trigem. grau
degeneriert.
Hämorrhag. Zystt
im linken Temporo-
sphenoidallappen,
welche den linkei,
Hirnschenkel zui
Atrophie gebracht
hatte.
Gumma im rechten
Frontallappen.
Thrombose des
Sinus cavei'nosus.
Rogioiiärc Anästhesie der Hornhaid. Il5
§ llS. \']'\\\r ic'gioiiäic AiiäsihcsU' drv ll.orii hiiii i hcohaclitete
]\l(")l)ius (270) l)ci ciiiciii J*';illc xoii Ophtluilmoplegia extcrior.
Heriilnle itinn iiiil einem siuinpfcui Gegenstand die Konjiinktiva oder die Kornea
links, so eiiolLfte Iclilialtcs Zukneiicn des Auges bzw. Wegziehen des Kopfes. Am reehten
Ange bewirkte iieriihinng dt-r niediiilen Hälfte der Kornea, di'i' lnedi^den (lonjunc^tiva Itnllji
und der Konjnnkliva des unteren Lides keinen Reflex.
Einen anderen Kall von regionärer Anästhesie der Hornhaut besehreiht Vossius (271).
Mei einem .'Jf) jährigen Epilejjtiker, d(T nur alle ^4 Jahre einen Anfall hatte, bestand sym-
metriseh auf beiden Hornhäuten im inneren unteren Quadranten eine Trübung. Im letzten
e])ile])tisehen Anfalle folgte eine dreitägige Bewußtlosigkeit und die Erkrankung der Kornea
nebst drei Woelien dauerndem heftigsten Kopfweh. Die nicht vaskularisierte "^Prübung saß,
bei im übrigen nornuilem äußeren Befunde, in der Substanz der Kornea, hatte bläuliehweiße
Farbe und eine norinal spiegelnde E])itheldeeke. Im Bereich der Trübung bestand
vollständige Anästhesie der Kornea bei ganz normaler Sensibilität dei'
übrigen Hornhaut und der übrigen Trigeminusgebiete.
Kalt ('2(*)()) fi)i(l(t zentrale Trübungen der Hornliaut mit gleielizeitiger
Aiiflieliiing der groben Sensibilität der Hornhaut iiii tte bei Individuen,
w.elelie all neuralgischen Schmerzen in der Umgebung des Auges leiden, und
b( zeichnet sie als Folgen einer leichten Affektion des Trigeininus. Kr fidirt zu-
gleich einen von Boniiard (267) beschriebenen Fall an. Letzterer teilt außer-
dem noch einige Krankengeschichten von Neuralgien im Bereiche des Trige-
miniis mit, \V()l)ei sich, abgesehen von der lokalen vollständigen oder unvoll-
ständigen Anästhesie der Binde- und Hornhaut, teils zentrale Trübungen,
teils (ieschwüre der Hornhaut vorfanden.
Herabs(>tzung der Sensibilität der Hornhaut beim (llaukom beruht
auf einer durcli den gesteigerten intraokularen Druck bewirkten Leitungs-
hemmung in den Hornhautnerven. Für diese Ansicht spricht jene Beobachtung
V. Graefes (268), daß unmittelbar nach der Parazentese die Sensibilität wdeder
zurückkehrt. Bei längerem Bestehen und Einwirken des schädlichen Momentes
tritt dann eine tiefgreifende Ernährungsstörung der Nerven ein, die zu dauernder
Funktionsaufhebung führen kann.
Nach Krückmann (366) war die Hornhauthypästhesie bei allen glau-
komatösen Zuständen, mit Ausnahme der als Glaucoma simplex bekannten
Erkrankungsform nachzuweisen, und blieb das Emporsteigen der Eeizschw^elle
mitunter das einzige Symptom einer dauernden Drucksteigerung.
Bei fast- allen Horidiautaffektionen aber, gleichviel in welcher Schicht
sie sich befinden, ist am, resp. über dem Orte der lokalen Erkrankung mehr
oder weniger eine Hypästhesie nachweisbar, je nach der Ausdehnung und
Litensität des Prozesses. Mit der Dichtigkeit der Narbe bleibt auch die
Sensibilität dauernd gestört.
§ 119. Ül)er den Verlust einzelner sensibler Qualitäten auf
der Hornliaut und Bindehaut berichtet Molter (367). Eine totale
Empfindungslähmung sei nur bei der Lähmung des Trigeminus vorhanden
gewesen; bei Herpes an der erkrankten Stelle vollkommene Analgie, Lähmung
des Teftuperatur- imd hochgradige Herabsetzung des Drucksinnes. Li
gleicher Weise verhielten sich stärkere Verbrennungen. Li frischen Fällen
116 HyperäKthosic im Quiiitusgebiet.
von Ulcus seipnis fand sich vhw sehr bcdeuteiidi' Herabsetzung der ganzen
Empfindungssphäre; bei dichter totaler Narbenbildung, wie bei dem sog.
Leukom, ein verschiedener Intensitätsgrad der Empfindungslähmung, ab-
hängig von der Intensität der Trübung. Zirkumskripte intensivere Narben
zeigten nur in ihrem Bereiche eine Herabsetzung des Empfindungsvermögens,
die Phlyktäne nur im Stadium der Lifiltration und der beginnenden Heilung
eine geringe Herabsetzung der Sensibilität; bei den hieraus sich entwickelnden
mehr oder weniger transparenten Trübungen war dagegen die Empfindung
vollkommen erhalten.
Hier dürfte noch darauf aufmerksam gemacht werden, daß in einzelnen
Fällen von V.-Lähnning sich eine Kälteparästhesie in Form des Frierens ])e-
merkhch machte, so im folgenden Falle Rombergs (499).
59 jähriger Mann; wiederholte Male Schanker an der Eichel. Im April 1899 klagte
er über Abnahme und Stumpfheit des Gefühls in der rechten Oberlippe, welche sich all-
mählich über die entsprechende Hälfte des Kinns, über die rechte Backe, das Ohr und die Stirn
verbreitete. Auch die rechte Zungenhälfte und die Schleimhaut der Wange nahmen an der
Anästhesie teil. An den Zähnen der rechten Seite wurde über die Empfindung eines dicken,
schleimigen Überzugs geklagt. Rechts Kaumuskellähmung. Schielen nach innen wegen
rechtsseitiger Abduzenslähniung. Dann Ptosis und Immobilität der ei-weiterten Pupille. Vier
Wochen nach dem Eintritt der Krankheit Schmerzen der rechten Gesichtshälfte, welclie
abends an Heftigkeit zunahmen und einen solchen Grad erreichten, daß der Kranke 65 Nächte
schlaflos zubrachte. Schmierkur. Bedeutende Besserung (nachzusehen Romberg 3. Bd. S. 919
initen). Obgleich die Oberfläche des rechten Auges noch wenig Emj^findung verriet, so ent-
stand bei acht Grad Kälte ein Gefühl, als fröre das Auge zu,
Übel' die Art und Intensität der Sensibilitätsstörungen in dem
Gebiete des alterierten Nervus trige minus.
§ 120. Dem Verluste der Empfindlichkeit im Trigeminusgebiet gehen sehr
häufig hyperästhetische und neuralgische Zustände voraus, und
zwa)' hauptsächlich in denjenigen Fällen, bei welchen ein langsam wachsende!'
Tumor oder ein meningitischer, resp. neuritischei' Prozeß die Trigeminus-
leitung gereizt hatte. Unter 30 Fällen von Hypeiästhesie, Neuralgie und
Anaesthesia doloiosa des Tiigeminus mit Sektionsbef und waren
in 20 Beol)achtungen Tumoren resp. tumoraitige Gebilde: wie Gum-
mata, Tuberkel, Aneurysmen und Exostosen vorhanden. Unter den 10 Fällen
olme Tumoren fand sich sechsmal mit Sicherheit Lues, meist in der Form
von basaler gummöser Meningitis; dreimal waren Entzündungs-
erscheinungen mit Thrombosen am Sinus cavernosus vorhanden und einmal
(in ciitzündliclier Zustand im Ganglion Gasseri, einmal ein neuritischer Prozeß
Fall Müller (vgl. S. 26).
Hyperästhesie finden wir relativ selten erwähnt.
Es bestand in dem Falle von Sabrazes und Oabannes (315, vgl. S. 77) die Hyper-
ästhesie im Bereiche des linken Trigemiiuis bis zum Tode. Der Trigeminus war von einem
Gliom umhüllt.
In der Beobachl img von fii uns (368) mit Hyperästhesie im linken N. supraorbitalis
bis zum Tode fand sicli ein Rundzeliensarkom im linken Stirnhirn; der Trigeminus war offenbar
durch Fernwirkung gereizt.
Xoiiralfiic bei Qiiintusüffcktioiicn. 117
Im (Ich hridcii fol^n'iidcii Ucohaclit mij^cti hcslaiid anfangs HyiJorästlu'sie,
wcK'lic im wcitcicii Ki'anklicitsvcr'lauf in Aiiästlicsic ülxTgiiig; in beiden Fällen
/ei^'tc die Sektion das IJestehen einer basalen j^mi ni niösen IMeningitis.
So fand sich in der licohaclit iiii^' l'i(l;s (275, y<i\. S. 76) eine (<iiinnial)ii(liiii^ am Aus-
tritt des TriffciniiHis aus dein Poiis und in Waf^nors (273, vj^l. S. 79) Kall von Hy pi'iästlu'.sitr
der rechten (Jesichtshiilfte, die später in Anästhesie übe7-<i;in<f, war die Dura an der Basis
verdickt und in eine Seil warte verwandelt , welche den Tri^c nii n us /.u^leich mit dem Optikus
und Okulomotoiius umfaßt inid die Pia entzündet hatte.
In Kieuds Beohachtunii (1512. vgl. S. 7(5) von akuter multipler Neuritis fand sich
H\|)eralfiesie im (iesicht. Der linke Tiiüeminus war graurot verfärbt, und das (ianglion
(iasseri hhitreieh und grau.
\"ii 1 häufi^M'i- finden wir Neuralgie angegeben: Jjei einer iieibe xon
Fällen bestand dieselbe bis zum Tode, obne daß Anästhesie oder HypäsUiesio
im Trigeminusgebiet aufgetreten ^\äre.
So befanden sich in der Beobachtung Hansclis (i{()7, \gl. S. 7.~>) fuiil)undc Tiigcmiinis-
ncuralgien der linken ( Jcsichtshälfte. ausgehend von der Tief e der .N'asc. Der III. Ast des
Trigeminus war bedeutend ver<lickt und durch das Foramen ovale eingeschnürt. Daneben
bestand ein (.'liom des (lauglion (iasseri.
Im Falle Bezold (."HO) niit Neuralgie der linken (.Jesichtshälfte untl Nase zeigte die
Sektion ein (Jliom des (Janglion tiasseri (vgl. S. 75).
In der Beobachtung Krauses (;U59) iiatte ein (Iliolesteato m den Trigeminus ver-
drängt, aber nicht zerstört.
Auch in dem Falle Schuhs (314, vgl. S. 77) hatte ein (Jholcs teato m den Trigeminus
bei seinem Austritt aus dem Gehirn ringartig umfaßt und ihn an der dem Gehirn zugewandten
Stelle l)is auf den dritten Teil seines Umfanges zusammengeschnürt. 11 Jahre hatte die
Patientin an (iesiehtsneuralgien gelitten.
Simon (370) beobachtete heftige Neuralgie im Bereiche des linken Trigcmuuis mit
Trübung der Horniuiut bei einem Sj)indelzellcnsarkom in der linken Hälfte der Basis cranii,
welches die Augenmuskelnerven in der Fissura orbitalis superior gedrückt hatte.
In der Beobachtung von Norris (371) war es ein Karzinom der Sella turcica,
welches die Neuralgie im rechten Trigeminus verursacht hatte.
In den folgenden drei Fällen hing die Neuralgie je \un einem Aneu-
rysma der Carotis interna, einem soliläien Tuberkel und einer
Exostose ab.
Romberg (311, vgl. S. 76) berichtet über emen Fall von außerordentlich schwerer
Neuralgie im Gesamtgebiete des luiken Trigeminus bei einem Aneurysma der Carotis interna.
Das Ganglion Gasseri lag zwischen den Blättern der harten Hirnhaut auf der äußeren
Seite des Aneurysma und war, da es nicht auszuweichen vermochte, der Spannung und
Zerrung durch die Geschwulst und ihrer Pulsationen ausgesetzt. Außerdem fand sich der
Trigeminusstamm erweicht.
Türck (305, vgl. S. 74) berichtet über einen Tuberkel auf der Dura, der den rechten
Ramus ophthalmicus N. trigemini komprimiert und Neuralgie im I. Aste dieses Nerven
bewirkt hatte, xmd Chouppe (313) fand eine spitze Exostose, welche den Trigemmusstamm
an der Schädelbasis durchbohrt hatte. Es war während des Lebens typische Trigeminus-
neuralgie vorhanden.
In den folgenden Fällen wurde die Neuralgie durch Lues hervor-
gerufen.
1
118 Nc'iiialgie ))ei Trigeiniiui.saffektioiu'ii.
In JIulkcH Fall (270, vgl. S. 74) litt der Patient drei Monate vor seinem Tode an
Neuralgie des Trigeniinus. Es fand sich ein gummöser Tumor in der Gegend des Türken-
sattels und des Sinus caverncsus.
An doppelseitiger Trigeminusneuralgie hatte lange Zeit der Patient Genkins (290)
gelitten. Während dieser Periode war auf dem linken Auge Keratitis neuroparalytica ent-
standen. Ein Tumor luetischen Ursprungs hatte auf den linken Trigeniinus gedrückt.
In Hutchinsons Fall (303, vgl. S. 74) bestand lange dauernder Schmerz in der Stirn
und den Schläfen. Eine clironische Entzündung um den rechten Sinus cavernosus hatte
Neuritis aller in seiner Wand verlaufenden Nerven hervorgerufen und den Sinus obliteriert.
Bei dem an Trigeminusneuralgie verstorbenen Patienten Skaes (306, vgl. S. 74) war
die Dura mater um die Austrittsstelle der drei Trigeminusäste beträchtlich verdickt. Bei
sorgfältiger Untersuchung zeigten sich jedoch (im Jahre 1840) die drei Unteräste imd das
Ganglion Gasseri gesund.
Sattler (308) berichtet über einen Fall von Trigeminusneuralgie im I. Aste mit Herjjes
zoster mit entzündlichen Veränderungen an dem dem I. Trigeminusäste zugehörigen Teil
des Ganglion Gasseri. Siehe S. 75.
Nach Analogie der nun folgenden Fälle. ))ei welclien erst Neuralgie be-
standen hatte, welche nachher in Anästhesie* iju Qinntusl>ereiche übergegangen
war, dürfen wir amiehnieiij daß auch bei tlen seither geschilderten Fällen von
Neuralgie unter Fortdauer des krankhaften Prozesses schließlich gleichfalls
ein Verlusti der Sensil^ilität sich eingestellt haben würde.
Stamm (372) beobachtete folgenden interessanten Fall:
Ein SOjähriger Mann zeigte Sehmerzen in der Schläfengegend, woselbst sie Avieder
verschwanden, um sich in der rechten Wange, vom unteren Lide, dieses mit eingeschlossen,
bis zur rechten Hälfte der Oberliiipe und Nase auszudehnen, wobei Paroxysinen häufig den
Tertiantypus zeigten. Rechts bestand Ptosis imd Abduzenslähmung. Die Schmerzen hörten
auf und machten einer Anästhesie Platz. Man konnte sowohl die äußere Haut, wie die Kon-
junktiva des rechten unteren Augenlides, die rechte Hälfte der Nase und der Oberlippe auf
der inneren und äußeren Fläche und den Teil der rechten Wange, welcher zwischen der Nase
und einer Linie liegt, die vom rechten Mundwinkel bis zum äußeren Augenwinkel gezogen
wird, mit der Nadel tief stechen, ohne daß es vom Kranken empfunden wurde. DieMund-
schleindiaut der rechten Seite war seit dem Eintritt der Anästhesie glänzend trocken, währenil
die der linken feucht war. Weder Kau- noch Gesichtsmuskeln waren gelähmt.
Sektion: Auf dem rechten Flügel des Keilbeins, gerade auf dem Foramen rotundum
und von da nach außen hin in einer Länge von % Zoll sich erstreckend erhob sich eine l)laß-
rote, feste, höckerige Masse, mit welcher der Trigeminus da, wo sich das Ganglion (Jasseri
in die drei Äste spaltet, so verschmolzen war, daß man umnöglich den Nerven aus der vnn-
gebenden Masse vollständig herauspräparieren konnte. Nur in der Gegend des Abganges
des Ramus Ophthalmitis und nach außen in der Gegend des Abganges des III. Astes ließ
sich noch deutlicli Nervensubstanz unterscheiden. Der N. abducens und oculomotorius
verhielten sich kurz vor ihrem Eintritt in die obere Augenspalte normal.
In Rühles Beobachtung (274) bestand zuerst Neuralgie des rechten Trigeniinus, die
dann in Lähmung der sensiblen und motorischen Äste des Quintus überging, gefolgt von
Keratitis neuroparalytica. Es fand sich an der Durchtrittsstelle des Trigeminus durch tlie
Dura eine feste, speckige Neubildung, in welche der gesamte Trigeminus völlig eingebettet
erschien.
In dem lAiiJc von Hülz (374) hatte sich erst ganz zuletzt die Quintusanästhesie ein-
gestellt, nachdem die 58jährige Frau mit einer Neuralgie des Trigeminus erkrankt war, wozu
sich später Lähmung der Zunge und der Muntlmuskeln gesellten. Ein Jahi- nachher bot sie
das charakteristische Bild der Bulbärparalyse, nur daß die Stimme und die Rcspiiation
Aiiaoslliosia dolDiosa. 119
unvorändcrt j,'et)li('l)cn Avarcii. Tod nacli 15 Monaten. Ein Etuliondroin war aus der Spalte
y.wi.sehen l'''elsenl)eins])itze und Os oeeipitis herausj^ewucliert und lunsehloß die Oblongata
von links her. Der Fazialis, Hyjjoglossus. Vagus und Glossopharyngeus beiderseits fettig
degeneriert, besonders links, weniger stark war der Quintus verändert.
5^ 1'21. 1>( i (Icii loli^ciulcn Fä 11(11 äußerte sich die Sensibilitätsstöiuii;^ in
der sog. Anaesthesia dolorosa, eiiicni /iustandc, hei welciiem siihjektiv
iieuralffische liesehwerdeii hesteheii, während die ohjcktive Prüfung eine
Anäslhesic im hcfallciicn Nervengebiete erkennen läßt. Die Anaesthesia dolorosa
Avii'd oifcnhar dadurcli hervorgerufen, daß die jjeitmig in dem liefallenen Nerven
l)is /um Angriffspunkte des Krankheitsherdes uiiterhrocheii ist, von da al)i'r
zentripetal längs der noch leitungsfähigeii Quintusbahneii vom Krankheits-
herde gesetzte Erregungen, noch zu dem Trigeminuskern hin gelangen und dort
jene iiemalgiselien Anfälle bedingen.
Hierher gehört aueh die auf S. 94 ausfülirlieh mitgeteilte Beobachtung Fengers (32.'}).
In Beils Kall (321, vgl. 8. 93) bestand Anästhesie und Xeuralgic in der linken Gesiehts-
hälfte, dal)ei Keratitis neuroparalvtiea und Lähnuing der Kaumuskeln der linken Seite. Der
linke Trigeminus war in einen Tumor eingeschlossen.
Oppciihci in (309, vgl. S. 75) fand bei einer 51 jährigen l<'rau seit einem .lahre neur-
algisehe Selimerzen im Bereich des linken Trigeminus, mit Anästhesie der linken (Jesichts-
hälfte. dei' Konjunktiva und Kornea. Das Ganglion Uasseri und die chei (juintusästc waren
in einen Tiinior eingeschlossen.
in (ioodliarts Beobachtung (304) mit Anaesthesia dolorosa des Gesichts wurde ein
fibröser Tumor am linken Ganglion Gasseri gefunden.
Neuralgie und Anästhesie des linken Trigenünus mit Keratitis neuro])aralytica wurden
in der Beobachtung Rosenthals (373) beobachtet. Danel)en bestand links Ptosis und
Miosis, sowie Bewegungsbeschränkung des linken Auges nach oben, initen und besonders
nach innen. Die Sektion zeigte einen bohnengroßen Tumor an dem Ursprung des linken
Trigeminus, welcher das Ganglion Gasseri durchsetzt und einen Druck auf den Sinus caver-
nosus inid den linksseitigen Okulomotorius ausgeübt hatte.
In Wallenbergs Fall (31(5, vgl. S. 77) bestand Neuralgie mit Anästhesie im Gebiet
aller drei Aste des linken Trigeminus, inklusive Kornea und Konjiniktiva.
Die Portio major des linken Trigeminus war vor dem Eintritt in die Brücke durch
ehien Tumor teils zerstört, teils komprimiert. Derselbe setzte sich auf das Ganglion Gasseri
unil den Ursprung des III. Astes fort.
Bei einem Lueticus bestand nach Pick.s Angabe (275, vgl. S. 7(5) Anaesthesia dolorosa
im Bereich des linken N. trigeminus. Es fand sich Unkerseits syj)hilitische Meningitis. Der
linke Trigeminus war durch die Ponsaffektion l)eeinflußt. Auch in dem (ianglion Gasseri
beiderseits waren -Veränderungen der Gefäßwandungen und teilweise Obliteration vorhanden.
In Mortons Fall (340) bestand unerträglicher Schmerz in der Schläfe und partielle
Anästhesie im I. Aste. Es waren die Nerven am Sinus cavernosus durch ein Exsudat un-
entwirrbar miteinander verlötet. Siehe S. 107.
§ 122. In dei' folgenden Beobachtung scheinen Neuralgien mit
anästhetischen Zuständen im Quintusge biete abgewechselt zu haben.
Bartholow (375) sah einen 37jährigen Mami, welcher mit rechtsseitiger Supra-
orbi talneuralgie erkrankt war, wozu sich ein unbequemes Gefühl im Nacken und Rücken
gesellte. Fünf Tage später stellte sich Ptosis des rechten oberen Lides ein, sowie Taubheits-
gefühl«der rechten Nasenhälfte und Oberlippe. Die Ptosis besserte sich nach zwei Tagen,
aber nun bemerkte man einen Strabismus convergens des rechten Auges. Zugleich stellten
120 Wechsel der Schmerzen.
sich neuralgische Schmerzen des rechten Auges und Tauhheitsgefühl der linken
Hand ein. Nach 17 Tagen machte sich eine Besserung aller Erscheinungen bemerklich und
in den folgenden 14 Tagen waren Paroxysmen von Kopfschmerzen die wesentlichsten Er-
scheinungen. Auch diese verschwanden, und Patient war ganz frei davon, als er plötzlich
bewußtlos auf der Straße zusammenbrach. Tod nach drei Tagen.
Es fand sich ein rechts gelagertes Aneurysma der Art. basilaris, 14 ^"^ i"^ größten
Durchmesser betragend, welches geplatzt war. Der Abduzens und Trige minus lagen
dicht an und zeigten sich verändert. Eine Blutung erstreckte sich von der Fossa
Sylvii bis zur Oblongata und in den IV. Ventrikel.
Wenn nun in den seither erwähnten Fällen der Schmerz ni', ist ein k o n -
tinuierlicher gewesen sein mag, so exazerbierte er doch in auffallender
Weise, je nach dem Stande der intrakraniellen Druckschwankungen oder
nach der Blutfülle der Tumoren resp. nach der Vaskularisation der gummösen
Massen, unter deren Druck der Nerv zu leiden hatte.
§ 123. Der typisch wiederkehrenden hyperästhetischen Zustände im
I. Trigeminusaste zugleich mit Lähmungserscheinungen von selten des Okulo-
motorius der gleichen Seite hatten wir schon Ijei der Beschreibung der rezi-
divierenden Okulomotoriuslähmung im I. Bai:de S. 485 Erwähnung
getan.
So zeigte der Patient Visserings (.376) Hyperästhesie im 1. und 11. Quintusaste
während der Anfälle (vgl. Ed. T, S. 492).
In Darkschewitschs Falle (377) bestand taktile und thermische Hyperästhesie
im 1. Trigeminusaste.
In Gieblers Beobachtung (378) war während tler Anfälle der Bulbus auf Berührung
schmerzhaft und bei Cantalamessa (379) zeigten sich die Äste des Trigeminus auf Druck
empfindlich.
Bei den folgenden Fällen von rezidivii'render Okulomotoriuslähnmng
traten während der Anfälle Anästhesien im Quintusbt reiche auf.
So berichtet Haynes (380) über einen Fall von rezidivierender Okulomotoriuslähmung.
Es trat während der Anfälle rechtsseitige Ptosis verbunden mit Verlust der taktilen Sensi-
bilität und Schmerzempfindung im I. Aste des Trigeminus auf.
In Klatschkins (381) Beobachtung war die periodische Lähmung des Okulomotorius
gleichfalls mit Anästhesie des I. Astes verbunden.
Der Patient Hindes (382) zeigte auf selten der Okulomotoriuslähmung während der
Anfälle eine völlig unempfindliche Kornea. *
Bei Fürsts Patienten (383) traten bei der rezidivieremlen Okulomotoriuslähmung
parästhetische Stellen auf der linken Stirnhälfte auf.
Außerdem hatten wir schon S. 118 dts Falles Stamm mit Trigeminus-
lähmung bei einem Tumor am Ganglion Gasseri Erwähnung getan, bei welchem
die begleitenden Schmerzen häufig den Tertiärtypus zeigten.
In Fengers Beobachtung (323, vgl. S. 94) traten die Schmerzzustände anfangs inter-
mittierend, sjmter dauernd auf.
Huguenin (384) berichtet über einen luetisdien Patienten, dw an l'hthise starb.
Er litt an Tic douloureux des linken Trigeminus. Vor sechs Jalucti infiziert. Anästhesie
im Gebiete des I. Trigeminusastes, und zwar in allen Zweigen; daneben l)estehen lebhaft
lanzinierende Schmerzen im Bereiche aller drei Äste. Im Gebiete alier drei Äste neuropara-
lytische Hyperämie.
Ik'i der Sektion fand sich hinter der Scila turcica auf dem (ianglion Gasseri ein
bohnengroßes Gumma. Dasselbe hatte den Gasserschen Knieten zur Atrophie gebracht.
(Iiad der Anästhesie. 121
])ic (liizwisclicii lic;j;('rHl(^ Dura war sowolil tiiii <lciii CJaiiglioii ( iassc-ri als mit dciii (iumma
vciwariisi'ii.
§ 1'24. Hei (Ich iinästholisclK'M /justäiidcii hci^cgiicii wir liier (lciiscll)iii
Miialiniiiecii, welclic wir niicli sonst- liei Läliiiiiui^M'ii (U'<. Xcivciisystcuis zu
t'iiult'ii <,f('\V()lini sind. Von dciiMollstäiulie;!'!! Vcilusl.c jci^Hiclicr l*jiii[)fiii(lliclikcil.
I»is /ur Icicliicn Abselnvächuüg der Sciisihiliiäi stt'llcii sich uns die Falle in zahl-
losen Ül)er<j;;in<^fen dar.
])ei intcnsixt'n Sei;sihili(;itss(.örune;en nach organischen Läsionen im
Trigeniinusechiei konnte man, wie in dem i*aile (la, nia (82!), x<^\. H. 95), mit
Fingern auf der Hornhaut hin- und liergk'iten, ohne daß der Kranke etwas
fühlte. r>eim Frottiei'en des rechten Auges mit einem k'edeihaitc hatte der
Patient Serres' (::}58) gar keine l^anpfinihnig, er hlinzelte nicht einmal. 1 )ie
innere Fläche dv>i Lides Avar {d)enfalls iinem})findhch. Vgl. S. IIL
Lei einzelnen war die Anästhesie so stai'k, dal.) man seihst eingreifeJide
Operationen am Lidbus und in der Orhita, vornehmen koinle, oli!;e daß die
Patit^nlcn xow diesen Manipulationen etwas fühlten.
So yal) der l'atient Bleösigs (347) an, während der KxeukTalio orbitae keinen
HcIhhoi'z vcrsjtürt x.n haben; auch das Al)hel)en des Periosts verursachte ihm keinen
Schmerz, sondern nur tlic unbestimmte Empfindung, daß am Knochen gearbeitet werde.
Siehe S. 108.
V. Millingen (184, vgl. S. 69). Verschiedene operative Eingriffe, darunter
eine Iridekto mie, ließen sich unter Weglassung von anästhesierenden Mitteln
ausführen.
J. Hughes Hemming (290) berichtet über folgenden Fall: Bei ehieni Landniaun
im mittleren Lebensalter, welcher an rezidivierendem Karzinom der linken Unterlippe wieder-
holt operiert worden war, traten schließlich Ersclieinungen auf, die auf eine Fortpflanzung
der Geschwulst unter die Dura mater und Zerstörung des (Ganglion (Jasseri hinwiesen. Bald
darauf erkrankte das linke Auge an einer heftigen Entzündung und ging durch Eiterung
zugrunde (Keratitis neuroparalytica). Trotz der lebhaftesten entzündlichen Erscheinungen
war das Auge absolut empfindungslos, als ein Messer in dasselbe hineingestoßen
wurde. Der Patient verschied erst nach einigen Monaten im Koma.
Während hei diesen Fällen die Empfindimg ganz erloschen war. äußerte
der Patient Eells (-^21), \'gl. h>. 03, l;)eim Kneifen der rechten Stirn und (le-
sichtshälfte zwar keinen Schmerz, jedoch war die Empfindung nicht ganz
aufgehoben.
Li der Beobachtung Th. v. Meyer (334) war. anfangs die Empfindung
völlig erloschen. Später kehrte etAvas Empfindlichkeit zurück.
In Webers Falle (385) war die Empfindlichkeit rechts viel stumpfer
als links.
Sehr viel häufiger finden wir die Sensibilität nur herabgesetzt
oder als vermindert bezeichnet.
So in den Fällen von Gjör (386), Lyonnes und Kegand (387),
Duschek (388), Kolisch (389), Oppenheim (390, 391) mit Sektionsbefund.
Li der f3eol)achtung Kepinskis (348) war nur ein geringer Grad von
Anästhesie vorhanden. Siehe S. 108.
122 Sonstige Sensibilitätsstöruiigen neben der Quintusaffektion.
Hypästhesie im I. Aste neben Hyperästhesie im II. Aste des Trigemiiius
fiijul sich in der Beobaclitung Öternbeigs (349). Vgl S. 108.
Bezüghch der HensibiHtätsstörungen, speziell der Horrdiaut, des Bulbus
und der Konjunktiva vermissen vnr sehr häufig in den Krankenberichten ge-
nauere Angaben. Der Grund für diese Erscheinung mag darin zu suchen sein,
daß, wenn die Sensibilität der sonst so empfindlichen Hornhaut und Konjunktiva
verloren gegangen ist, die Patienten von dieser vorhandenen Störung subjektiv
nichts gewahr werden und darum auch (hirch keine Klagen dem Arzte nahe
legen, gerade den Zustand des vorderen Bulbusabschnittes auf seine Empfind-
lichk(>it zu prüfen. Jedenfalls darf man sich bei einer sonst anscheinend kom-
pletten Trigeminuslähmung nicht mit der Annahme zufrieden geben, daß
iuicli der vordere Bullnisabschnitt dabei anästhetisch sein müsse, denn wie
aus der auf S. 112 erwähnten Beobachtung Bärwinkels (280) hervorgeht,
gibt es Fälle von totaler Trigeminuslähnuing mit Erhaltensein der Sensibilität
der Kornea.
Über das Verhalten der Trigeminusaffektion zu den gleichzeitig
vorhandenen Sensibilitäts Störungen anderer Eegionen.
§ 125. Von der Art und Jjokalisatie»n des Gruiidlcidens wirtl es nun ab-
hängen, ob die Sensil)ilitätsstörungen am Auge während des Krardcheits-
verlaufes isoliert bleiben, oder ob sie sich auf das ganze Nom Trigeminus ver-
sorgte Gebiet erstrecken, oder in anderen Körperregionen zur Entwicklung
kommen. So würde bei Erkrankungen der Brücke, sei es nun durch Blutung(^n,
Erweichungen oder Neubildungen, oder durch chronische Erkrankungen, welche
die Nervenkerne der Brücke oder die Medulla oblongata befallen, wie z. B. bei
ßefallensein des Quintuskei'ns, bei der Taljes neben der sensiblen Störung in
der Konjunktiva- lüjd Kornea- an verschiedenen Eegionen des Körpers Alteration
des Gefühlsvcninögens in verschiedener In- und Extensität zu konstatieren sein.
Ist es doch ))ekannt, daß namentlich bei umfangreichen Tumoren der Bi'ücke
eine bedeutende Beteiligung der Sensibilität stattfindet, zumal da die iiclicii
dem Ursprung des Quintus im Haubenteil \orhandenc Schleifcnschichl ciiicu
großen Teil der sensiblen Bahnen enthält.
Einen charakteristischen Fall von gekreuzter Anästhesie des Gesichts
und der Extremitäten teilt Oppenheim (480) mit:
,,Der l.Själirige F. klagte einige Wochen nach einem Infinenzaanfalle über ein Kribhehi
unfl eine iSclnvere in der linken Gesichtshälfte. Einige Tage s])äter stellte sich eine iSchwäche
des rechten Arms und Beines ein. Dazu kam Taubheitsgeiiilil und riisiclu'rheit der Be-
Avegungen, sowie Doppeitsehen. Die Sprache wurde inuleutlicii. S[»ä.tcr faud sich eine Läh-
mung des linken Fazialis in allen seinen Zweigen mit partieller KaR, eine Hypästhesic
im linken Trige mi n usgebiet, eine Lähnuuig des linken Abduzens nebst Unfähigkeit
beide Bulbi nach links hinüberzubewegen. Jlas CJeliör war links herabgesetzt. In der rechten
Körperhälfte bestand eine Parese mittleren Grades nüt Steifigkeit. Die Sensibilität Avar am
rechten Arm und Bein lierabgesetzt, in geringem Grade auch am linken Arm. AvUJerdem
bestand Ataxie im reclitcn Aini, weniger im Bein und spurweise im linken Arm. Die S])ra(lie
rJckrcii/.tc Aiiästliosif. 123
war etwas \m(l(Mitli(li, das Scliluckcii ein wciii^ iMliiiidcrt. MäUJL'cr K()|ifscliinci/,. kein
Krbiirlicii.
Dic^i' l'lrsclu'iiiimiicii wurden diiicli einen en/.ephalit iselieii Herd lierv or^ierutcii, der
wcscntlicli die linke Hriiekenliälite einnahm und in wceliselnder AiisdeiuiiinL' M>n dei- lliilie
(los Akustiknskei'iics bis zu cli>r des Ahdii/.enskei'nes den l'oiis (lui( lisetzle; indem ei- nach
nuten hin die Mittellinie iiherseliritt. betrat er das (iebiet der rechten Sehleiienbalm. Die
l'vniiniden waren luir in einer Hiilie auf kurze Strecke ins Bereich der Krkrankinij: jiezouen.
^\'alll■sc•ll(•inli(•ll chcniiills ^ckicu/.tc Aiiästlicsic t';ii:(l sicli in (l( in xom
(iiihlcr /iticitcn l'^allc üai-li Stinnt CoojX'i' (4Hl).
lOin 22jähriger Mann litt seil 2 -iJ Monaten an einer linksseitiyen {''azialislidiminiLT
und Aniisthesie der rechten Extremitäten. Dann ent/,imdete sieh das linke Au<:e und l'Iul'
verloren. Patient ginfi: i)htlusisch zui;run(le. Die Sektion ergab einen ind.5LM(il.5eii 'lulieikel
in der linken Ponshälfte, dessen rmgebung rot lieh erweicht war.
Dit'scni l'^illc sclilicl.it ^i(•ll ilcv \o\\ Annan (482) an.
Hei eiiier 28 jährigen Negerin stellte sich nach rechtsseitigen Kopfschmer/.en und einer
langen Ohiunacht eine linksseitige Hemiplegie mit rechtsseitiger Gesicditslähmung ein. Die
Sensibilität war auf der ganzen linken KTirperseite und auf (\cy icciilc n (ie-
siclitsliälf te gestört. Schlingen und Kau(^n ersehwert. Ulzeration der Kornea. IN i
der Autopsie fand sich eine halbknorpelige tiesehwulst an der rechten Seite des l'ons lunl
dem oberen "/^ der Medulla oblongata. Erweichung der \on ihr beiiilirten Stellin und des
;■)., 7., 8. und 9. Xerven])aares der rechten Seite.
J>ci einem Abszesse in INjiis und Mednlla oMon^afa kun.'-lali« il'' Jlinelj"
(483) Ijäliniinijj; iles Fa/.ialis und dei' seiisiMen Qr.in.fuHpürtion ivclits, d' ,
Hypoi,d()Ssus und der Köi'persensihililät links ii(d»sl ersclnvei-fer S])i'a('lie.
Iji eint Hl s(lii' inter(>ssa.nti(>ii, schon auf S. 1"> nii(,%fel('il(e!! I''alle. iie-
(diaclilete Hiilile (274) eine l-ecl](sseitio;(' totale Quiniusaiiäsllie: ic l)ei einer
liypiisthesie im liuksseifi^f <,f(dälim(('n Bein. j*js fanden sich an der n chieii Hälfte
des l'ons zwei £,felblic*he kirschkeinj^roße K<")i per, von denen der (>ine den Quinlus
an der Austrittsstelle umsehloß; ferner noch eine speckige Xeul)ilduiijj; ivehts
nelte)i der Sella turcica. die den Trigenrinus vcWlig eingebettet hatte.
keyden (484), Kemak (485), Eisenlohr (486), Gee und Touth (487)
haben elx'nfalls wechselständiges Verhalten der Sensibilität des
(lesichts inkl. der Kornea und Konjunktixa zu den Extremitäten lamstatiert.
In Eeniaks Fall bestand auch eine Keratitis neuroparalytica. Diese
Hemianaesthesia cruciata s. alternans kaini schon durch relativ kleine Herde
im Pons oder der ^ledulla oblongata zustande kommen.
Als Paradigma führen wir den Fall von Gee und Tooth (487) an:
21 jähriges Mädchen erlitt infolge einer Neuritis einen apoplektischen Anfall. Augen-
bewegungen nach oben und unten frei, seitlich aufgehoben. Rechts Fazialis und linksseitige
Extremitätenparese. Sensibilität auf der linken Körperhälfte herabgesetzt. Später auch die
rechte (tesichtshälfte und Hornhaut anästhetisch.
Sektion: Blutung, die ihre größte Ausdehnung zwischen mittlerem und unterem
Teile der Brücke hatte, nach oben sich in den I\'. X'entrikel vorwölbte und zentralwärts in
uiiregehnäßiger Form bis zu den Pyramidensträngen reichte. Nach hinten erstreckte sie sich
bis in den Kern des Abduzens, nach vorne folgte sie der Schleife und reichte bis zum spinalen
Ende de#Trochleariskernes. Die Blutung hatte den rechten Abduzenskern, die aufsteigende
Schleife des Fazialis, das rechte inid linke hintere Längsbündel, die rechte und in geringerem
124 Sensibilität der Kornea bei Hemianästhesie.
Grade die linke Schleife, die transversalen Fasern der Forniatio reticularis, sowie den sen-
siblen und motorischen Kern des rechten Trigeminus zerstört.
§ 126. Anästhesie der Konjunktiva und Kornea als Teilerscheinung einer
lutalcn Anästhesie der gleichen Körperhälfte findet man nicht selten bei der
H^^sterie, und zwar häufiger links als rechts. Diese Hemianästhesie schneidet
meist in der Mittelhnie scharf ab, unterscheidet sich aber nicht von einer orga-
nischen Hemianästhesie, die bekannthch als Folge einer Läsion des hintersten
Bezirks der inneren Kapsel eintritt. Grasset gab zwar an, daß die Kornea
dabei verschont sei. Nach unseren Erfahrungen, die sich mit denen Oppen-
licims (488) decken, ist dies nicht der Fall.
So fand Müller (259) bei einer nach einem apoplektischen Insult aufgetretenen rechts-
seitigen Hemiplegie und Hemianästhesie die Konjunktiva und Kornea vollständig anästhetisch.
Die Pupille reagierte träge.
Ebenso berichtete Ketli (260) von einer Anästhesie der Kornea und Konjunktiva
als Teilerscheinung einer rechtsseitigen Hemianästhesie, Hemiparesc und rechtsseitiger
homonymer Hemianopsie.
Aber auch außer d( ni Carrefour sensitive kann noch von anderen Stellen
des Zentralnervensystems eine organisch Ijcdingte totale Hemianästhesie mit
Einscliluß des Auges bedingt werden.
tSo konstatierte Nothnagel (489) bei einem durch Thniuibuse der Easüararterie
entstandenen Erweichungsherd in der linken oberen Hälfte des Pons eine rechtsseitige
Hemianästhesie mit Einschluß des Trigeminus. Dabei war auch die rechte Körperseite
motorisch gelähmt.
Natürlich kann es auch bei anderen Herdaffektionen im Pons zu den-
selben Symptomen konnnen, so konstatierte B. Beck (322) eine Anästhesie
der Hornhaut bei gleichzeitiger linksseitiger Hemianästhesie, rechtsseitiger
Abduzenslähmung und Ptosis bei einem Myxogliom im Pons.
Rosenthal (261) beobachtete einen 46jährigen Mann, welcher an heftigem Kopf-
schmerz, Schwindel und Gefühllosigkeit der linken Wange erkrankt war. Nach i-^ Jahr
bestand linkerseits leichte Ptosis, Abduzenslähmung, Diplopie, Strabismus convergens,
sowie Lälnnung des Trigeminus. Die Anästhesie nahm die linke Gesichts- und Stirnhälfte,
inklusive der Konjunktiva, Sklera und Kornea, bei normalem Lidschlag unil Reduktion der
Sehschärfe auf -^j^q ein. Drei Woclien später wurde Patient von einer rechtsseitigen un\'oll-
ständigen Hemii^legie befallen, die sich in vier Wochen ztxrückbildete. Vier Wochen darauf
trat eine linksseitige Hemiparese ein zugleich mit Gef ühlsabstu mpfung der linken
Seite. Die Anästhesie im linken Trigeminusgebiet blieb unverändert. Bei der Obduktion
fand sich ein Syphilom des Pons. Die meisten Basalnerven waren teilweise grau degeneriert;
der linke Trigeminus fiel durch seine Dünnheit auf.
Abercrombie (490). Lmksseitige Hemii^legie mit BeAvegungs- und Gefühlsverlust
nur der linken Gesichtshälfte (inklusive der Zunge, die sich aber gut bewegte). Die Schleim-
haut des linken Nasenloches hatte eine blutrote Farbe; oft Blutaustritt daselbst. Links
Keratitis neuroparalytica. Das linke Ohr taub. Tod nach zwei Monaten.
Sektion: Geschwulst in der linken Hälfte des Pons, welche den austretenden Quintus
inid Fazialis gegen den Schädel drückte. Die Geschwulst war walnußgroß, fest, braun und
erstreckte sich bis in das linke Crus cerebelli.
Bei einer multiple]i Sklerose sah Guttmann (258) Anästhesie der
ganzen linken Körperhälfte, LJnempfindlichkeit der ganzen linken Kornea und
Konjunktiva, Verlust des Sehvermögens d(>s linken Auges und weiße Ver-
färl)iing der Pa[)ille; linksseitige Abduzensläliminig usw.
Die isolicitc Erkraiikniitf (]c>i. Trij^ominvis. 125
In dci' hilcrnliii- liudcl sich iiocli ciiii' j^jiii/c Ücilic aiialo^fcr Ijcobachtuiif^eii ;
wir iiciiiicii l'icrici (41)1) [ijliituiig luicli außen Nom Thal, opt.], Broad-
ht'iii (4l>'2) [J>hiiiini,f /wiselieii Linseiikern und Caps, ext.], H. Jackson (498)
[Erweichun»; der hinteren Hälfte des rechten Thal. opt.].
Was nun die diffo'entiell diagnostischen Momente hetrifft, so werden
wir dieselben s})äter beim genaueren Eingehen auf die einzelnen in Erage
kommenden Krankheiten detailliert l)ehandehi. Hier sei nur darauf kurz hin-
gewiesen, daß bei Ponsaffektionen die mit dem Sitz des Herdes glinchseitige
Quintuslälnnung die häufigere ist. Sehr wichtig ist, auf die Reflexe der Gesichts-
hälfte zu achten. Aus der Reflexlosigkeit der Gesichtshälfte, der Kornea und
Konjunktiva ist der Schluß berechtigt, daß die unterhalb des Kerns gelegenen
Quintusbahnen betroffen sind. Bei den gekreuzten zerebralen Quintusparesen
ist die Reflextätigkeit ungestört; der Kornealreflex ist also erhalten. Eine
Hemianästhesie des Körpers mit Ausschluß des Gesichts wird durch Läsion
dei' Schleifenschicht bedingt.
Die isolierte Erkrankung des Trige minus.
§ 127. Ganz isolierte Erkrankungen des Trigeminus sind seltt^n, wie
eingangs gesagt. C.W.Müller (79), Schmidt (80) (vgl. S. 26), Laplace (364),
V. Millingen (184), Hey mann (355), Jany (494), Hirschl (495), Ferrier
(496) und Senator (497) haben vollständige Anästhesie des Trigeminus auf
einer Seite beobachtet. Von Chvostek (498), Genkin (290) vmd Huguenin
(384) sind derartige Eälle mit Sektionsbefund pul)liziert worden.
In den letzten drei Fällen handelte es sich um syphihtische Tumoren
an der Basis cerel)ri. Im ersten Eall (Chvostek) war der Trigemimis un-
mittelbar vor seinem Eintritt in die Fossa Meckelii in eine ovale 1,5 cm lange
und 1 cm breite und fast ebenso dicke gummöse Neubildung umgewandelt, die
auch das Ganghon Gasseri in sich faßte. Im Falle Huguenin s lag hinter der
Sella turcica auf dem Ganghon Gasseri ein bohnengroßes Gumma, w^elches
dasselbe zum Sehw'und gebracht hatte. Bei der Autopsie des Genkinschen
Falles fand man eine gummöse Neubildung, die den Trigeminusstamm be-
drängt hatte. Pick (275) beschrieb eine gummöse Bildung vom Austritt des
rechten Trigeminus mit totaler Degeneration der aufsteigenden Quintuswurzel
(vgl. S. 76).
Besonders liemerkenswert sind diese Fälle dadurch, daß der Quintus
der einzig erkrankte Hirnnerv war, was bekanntlich bei der zerebralen Lues
sehr selten ist, w^eil es sich hier meistens um ein Befallensein mehrerer Hirn-
nerven handelt.
Als Paradigma für die isoherte Tiigeminuslähmung unbekamiter Ätiologie
darf neben den schon frülier mitgeteilten Fällen von Müller und Schmidt
die Heymannsche Beobachtung (355) dienen, die schon S. 112 er-
wähnt ist.
12(5 T)ie iHoli('rt<> Erkraiikiing des Trigemlniis.
Ein 47 jähriger, frülier angeblich stets gesunder Maurer fiel mit dem Hinterkopf
derart auf einen Stein, daß er an der rechten Seite desselben eine bis auf den Knochen
gehende Wunde akquirierte. Etwa acht Tage darauf wurde das Gefühl in der rechten Seite
des Gesichtes dumpf. Beim Essen hatte er durchaus kein Gefühl auf der rechten Seite des
Mundes, so daß dorthin gelangte Speiseteile die größte Schwierigkeit des Kauens und
Schlingens machten. Beim Trinken hatte er das Gefühl des zerbrochenen Glases. Nach
etwa sechs Wochen stellte sich vor dem rechten Auge Nebel ein. Bald darauf wurde das
Auge rot und das Sehen schlechter. Etwa drei Monate nach dem Unfall konnte folgender
Befund erhoben werden: Es bestand absolute Anästhesie der gesamten Oberfläche des Aug-
apfels, der Bindehaut, der Lider und der ganzen rechten Gesichtshälfte. Die Grenzen
der Anästhesie waren in der Mittellinie an Stirn, Nase, Oberlippe, Gaumen und Zunge ganz
seliarf abgeschnitten, während die Grenzlinie an der Unterlippe bis zum Kinn ein Avenig
nach der erkrankten Seite hinüberneigte. Nach unten bildete der Kieferrand, nach oben
das Kopfhaar die ziemlich scharfe Grenze der Anästhesie, die hinter dem Ohr und auf dem
Kopf nicht nachweisbar war. Dabei bestand eine Keratitis neuroparalytica, auf die wir
hier nicht weiter eingehen. Eine Beteiligung irgendeines anderen Nerven an der Lähmung
war mit Bestimmtheit nicht vorhanden. Besonders ist hier hervorzuheben, daß Reize am
Auge (Anblasen, Berührung mit verschiedenen, auch spitzen Gegenständen) nicht mehr
die geringste Reflexwirkung zu erzeugen vermochten. Ganz dasselbe fand in bezug auf die
Tränenabsonderung statt, welche bei diesen Versuchen in keinerlei Verhältnis zur Höhe des
Reizes stand.
Einen ähnliclien Fall einer vollständigen Anästhesie sämtlicher Quintus-
äste linkerseits (ohne nitchweisl)aie Ursache) mit neuroparalytischer Ophthalmie
pnhhzierte Senat oi' (497) und auch Ferrier (496).
In Ja.nys (494) Fall war die linke Gesichtshälfte im Bereich des I. und
II. Astes vollkommen anästlietisch. Es hestand Keratit. neuroparalj^t. o. sin.
Die Hirschische Beobachtung (495) ist wegen der genauen klinischen
Untersuchung mitteilenswert.
Ein 53 jähriger Mann erkrankte ohne bekannte LTrsache. Bei Witterungswechsel
exazerbierten die Schmerzen. Es bestand neben starken neuralgischen Beschwerden Sensi-
bilitätslähmung im ganzen rechten Trigeminus (auch die Portio minor gelähmt), der rechte
Kornealreflex war träge. Der rechte Skleral-, Nasen- und Ohrenreflex fehlte. Es bestand
rechts leichte Konjunktivitis. Die reflektorische Tränensekretion war rechts geringer als
links. Beim Öffnen des Mundes leichte Sublvixation im rechten Kiefergelenk. Die Geschmacks-
empfindung war an der rechten Zungenspitze gestört. Relaxation des Trommelfelles und
stärkere Beweglichkeit desselben, aber keine Herabsetzung der Perzeption fiü- tiefe Töne.
Mangelhafte Streckung des rechten weichen Gaumens (Lähmung des Muse, tensor veli palati).
Der rechte Muse temporalis und masseter boten bei der elektrischen Prüfung Entartungs-
reaktion.
Allmählicher Rückgang der Erscheinungen, und zwar der sensiblen, erst bei weitem
später der motorischen unter Behandlung mit Natr. salicyl. und Phenazetin.
Hirschl glaiil)t, daß in diesem Falle ehie rheumatische Erkrankung
des N. trigeminus an der Hirnbasis vorgelegen habe.
Die sehr interessanten Fälle von Schmidt (80) und C. W. Müller (79)
haben wir schon auf S. 26 mitgeteilt. Letzterer nahm an. daß es sich um <»ine
neuritische Affektion des V. gehandelt habe.
r)()])]ii'Ifs('i(ii.'c 'rrii;cniiiMisläliiiliinji. 127
Sciisi l)i]i i a 1 SS t (iriiiii^cii hei d o p pd isci ü^M'ii A t'l'c k 1 i oiicii des
Tri^M' Uli 11 US.
§ l'iS. Die (1 oppcliseitige Trigeminuslährnung nach ()rga"i)iscli('ii
Aft'cklidiicii ^'clKut zu den seltenen klinischen Vorkonnnnissen. Auch hier hc-
ohachtcn wir uiaiicliiual eine beiderseits totale Jjähmung, wie in (1( m aul' S. '•• 1
iclciieileii 1^'alle Non La ha rri ere (283) und in der Beoliaclil iiiig Leud ets (285).
Ks hesland Anästlicsie beider Gosichtshälf ton und ixd dcrsci ts Kcra-
lili.s iicuropaialy t i ca. Außerdem links Seimervcnatro])hic und Ijähnnin.tr des Olviilo-
inotoiius.
Stdction: Sy])hilit. ])last. Sul).stan/, in der (Jegend iler linken CliiaKinahidflc. Der
linke Trigeniinus atropliisch, namentlich in seinem Ramus oplithalmicns. Das Ganglion scjlist
zeigte nichts Abnormes. Keine Angabe über den rechten Qnintns.
Eine beiderseits inkomi)lette V-Läh.mung veröffentlichte Brist owt
(208) ohne Sektionsbefund.
Hier entstand bei einem 46jährigen Ineti seilen Manne unter Hinterkojjf seh merzen
erst doppeltseitige Ptosis, dann allmählich fast vollständige Lähmung der Augenmuskeln.
Beiderseits Mydriasis mit P^eaktionslosigkeit der Pupillen, Sensibili tätsstöru ngeii im
Bereiche beider Trigemini, epileptisclie Anfälle und Dyspnoe.
Auf der einen S^'ite totale, auf der anderen inkomplette (j)iiiiitus-
lähniung fnulet sich in der auf S. 88 mitgeteilten Beobachtung voii Adani-
kiewicz (289).
Analog der einseitigen Affektion kann man auch hier eine doppelt-
seitig isolieiteTrigeminuslähmung und doppeltseitige Quintusaffektion unter-
scheiden, die sich als Glied der Kette anderer zerebraler und spinaler Symptome
einreiht, wie z. B. die vorhin erwähnte Beoliachtung Bristowes (293), und
die nachher zu erwähnenden Fälle von Cassirer und Giabowei' mit Tabes.
Unter neun Fällen doppelseitiger Trigeminusläsion mit Sektionsbefun.d
war bei fimf Beobachtungen der Sitz des Krankheitsherdes ein zen-
traler, in vier Fällen lag der Angriffspunkt der Krankheit peripher.
Da innerhalb der Brücke die sensililen Kern- und Wurzelgebiete des
Quintus nahe Ijeieinandei' und innerhalb eines relativ kleinen, durch seine
Konfiguration ziemUch abgesonderten, kompakten Gehirnteils liegen, werden an
geeigneter Stelle sitzende Ponsherde und namentlich Tumoren mit Fem-
wärkiuig auch hier am leichtesten eine doppeltseitige Trigeminusaffektion hei-
vorbringe]! können, wie in den folgenden Fälle]', (vgl. S. 110, Fall Wollen lierg).
Macgregor (892). Doppeltseitige Keratitis neuroparalytica nach Trigeminusaffektion.
Es bestand Tuberkulose der Meningen und ein verkäster Tuberkel im Pons, welcher die
Trigeminuskerne beiderseits betroffen hatte.
Macken zie (393) berichtet über folgenden Fall: Ein 17 jähriges Mädchen erki-ankte
mit Kopfschmerzen. Diese dauerten äußerst heftig während der ganzen Krankheit an. Er-
brechen, Konvulsionen usw. Tod nach drei Jahren. Es war Blindheit, Erweiterung der
Pupillen, vollständige Taubheit, Verlust des Geruches, Geschmackes und Anästhesie
der Quinti eingetreten. Die übrige Sensibilität gut erhalten; ausstrahlende Schmerzen
am Rücken, der Brust, dem Magen usw.
Sek_^tion: Ein Tumor nahm die nur wenig vergrößerten Sehhügel und deren Nachbar-
schaft ein, erstreckte sich auch ins Kleinkirn. 8 — 10 Unzen Flüssigkeit in den Ventrikeln,
Schädelknochen sehr verdünnt.
128 Doppp]t.soitige Trigemiiniserkrankung.
In diesem Falle eiitstaiuleii die Trig( lllinl^^:stül•ullgell oft'eiiljMr lediglich
durch Femwirkmig. — Ferner kommen hier diejenigen Krankheiten in Betracht,
die wie die Tabes mit VorHebe ein- mid dopjieltseitige Kernwurzel-
läsiorK^n im Gefolge haben, wie im Falle
Cassirer und Schiff (394). 44jähriger Mann mit Tabes dorsalis. Doppeltseitige
komplette Ophthalmoiilegia interna und exterior. Sensibilitätsstörungen im Trige-
minusgebiet, leichte Störungen im Bereiche des Fazialis und Hypoglossus; Schluck-
beschwerden, Geschmacksstörungen. Atroi^hie der rechten Armmuskulatur; athetoseartige
Bewegungen,
Sektion: Graue Degeneration der Hinterstränge, kleines Spindelzellensarkom des
rechten Vorderhorns im Zervikalmark. Beiderseitige hochgradige Degeneration
der spinalen Trigeminus- und Glossopharyngeuswurzel. Veränderungen im
Glossopharyngeus-Vaguskern. Gefäßveränderungen am Boden der Rautengrube. Degenera-
tion der beiderseitigen Kerne und Wurzeln des Trochlearis und Abduzens. Degeneration
in den Okulomotoriuskerngruppen.
Grabower (395) berichtet über einen 49jährigen Mann mit Tabes dorsalis. Hoch-
gradige bulbäre Störungen, namentlich im Gebiete des Trigeminus, Abduzens,
Okulomotorius, Glossopharyngeus, Akustikus und in der Innervationsbahn der Kehlkojif-
muskeln.
Sektion: An den basalen Hirnarterien zahlreiche gelbe Flecke und Platten. Die
Oeulomotorii, namentlich der rechte, sowie der linke Trigeminus grau ver-
färbt. Typische Degeneration der Hinterstränge, starke Atrophie der Okulomotoriushaupt-
kerne, besonders der rechten, des Abduzens und Trochleariskernes, starke beiderseitige
Degeneration der aufsteigenden Trigeminuswurzel.
§ 129. Ferner ist bekannt, daß bei der Tabes nicht selten die gleichen
Hirnnerven wechselständig bald auf der einen Seite Lähmnngserscheinungen
zeigen, um dann wieder völhg funktionsfähig zu werden, wähnnd auf dem
gleiclien Nerven der anderen Seite Paresen auftreten.
So beobachtete Jendrassik (295) bei einem Tabiker erst rechtsseitige Fazialis-,
sensible Trigeminus- und Okulomotoriuslähmung, die heilte und dann in gleicher Weise auf
der linken Seite sich entwickelte. Merkwürdigerweise fanden sich in den betreffenden Nerven-
kernen keine Verändenmgen.
§ 130. Doppeltseitige periphere Affektionen des Trigeminus werden hau})!-
sächlich durch basale gummöse Meningitis hervorgerufen, so die Fälle von
Labarriere (283, vgl. S. 94) und Leudei (285, vgl. S. 127).
Der Patient Genkins (290), welcher einen 70jährigen Psychopathen betraf mit
konstitutioneller Syphilis, hatte lange an beiderseitiger Trigeminusneuralgie
gelitten.
Es trat plötzlich zur Zeit, wo iiocli keine Anästhesie, sondern eine
Hyperästhesie des linken Trigeminus bestand, ohne äußere Ursache am
linken Auge ein Ulcus corneae auf. das sehr schnell zur Destruktion der Horn-
haut führte. Bei der Obduktion wurde eine Neubildung (syphilitischen Ursprunges) des
Keilbeines gefunden, welche auf den linken Trigeminus gedrückt hatte.
Auch den Fällen von Adamkiewicz (289, vgl. S. 88) und Bristowe (293, vgl.
S. 127) lag Syphilis zugrunde.
§ 127. Nur selten wird ein Tumoi' eine doppeltseitige TrigeminuslähuHing
bewirken, wie im folgenden Falle.
Roth mann (333) bericlitet über eine 36jährige Frau. Anfangs bestand Lähmung
des rechten Abduzens und Ptosis, dann Lähmung des rechten Okulomotorius und Troclilearis,
später Lähmung aller Augenmuskeln links, dann Lähmung des L und IL Trigemin ui -
Anästhesie aus organischer und funktionellor Ursache. 129
astos rechts, Schwellung der rechten Temporalregion und rechts Exophthalmus; beider-
seits Amaurose. Es trat später Schwäche des rechten Fazialis, des rechten Hypoglossus und
Affektion des I. und II. Trige minusastes links ein. Auch der III. Trigeminus-
ast wurde bcidorscits lädiert. Diabetes insipidus. Die Pupillen ad maximum er-
weitert.
Sektion: Karzinom der Basis, welches die Orbitae, Nasenhöhlen, das Jochbein, den
Proc. artic. mandib. rechts zerstört hatte.
Ob die fülgciulc Beobachtung von isolicitci- doppeltseitiger Trigeminus-
lähinung nach Erkältung auf einer doppeltseitigen Neuritis dieses Nerven
beruht, bleibt dahinge^itellt, weil der Sektionsbefund fehlt.
Althaus (401) beobachtete beiderseits vollständige Anästhesie des Gesichts, der
Konjiniktiva des Auges und der Augenlider. Man konnte mit den Fingern unfl scharfen
Instrumenten das Auge berühren, ohne daß Reflexbewegungen oder Tränenfluß erfolgte.
Patient gab an, daß er die Augen gewöhnlich offen halte, wenn er sich das Gesicht wasche
xuid niemals den Kontakt des Seifenwassers mit den Augen fühle.
Hinsichtlich doppeltseitiger Anästhesien in dem Trigeminusbereiche bei
funktionell-nervösen Öehstörungen verweisen wir auf den f(jlgenden Abschnitt.
§ 132. In jedem Falle von Anästhesie der Hornhaut und Konjunktiva
muß man sich die Frage vorlegen, ob dieselbe auf organischen Verände-
rungen beruhe, oder ob sie rein funktionell nervöser Herkunft sei.
Im allgemeinen dürfte sich die Lösung dieser Frage nicht schwierig gestalten.
Das astweise Befallensein, die Ausdehnung des anästhetischen Bezirkes nach
den anatomisch bestimmten Grenzen, sprechen für die organische Läsion.
Ferner erreichen bei funktionellen Erkrankungen die Sensibilitätsstörungen
an Kornea und Konjunktiva meist nicht jenen intensiven Grad, wie nach
organischen Läsionen des I. Quintusastes. Endlich vermißt man selbst bei den
höchsten Graden der hysterischen Anästhesie jene tiefgreifenden Ernährungs-
störungen, welche in Form der sog. K<^ratitis neuroparalytica sich nicht selten
nach organischen Läsionen des I. Trigeminusastes einstellen. Daß aber auch
nur eine mehr oder weniger beträchtliche Verminderung der Hornhaut- resp.
Bindehautempfindhchkeit und keine völlige Anästhesie derselben oft
genug bei den organischen Läsionen gefunden wird, geht aus zahlreichen, hier
mitgeteilten Krankengeschichten hervor.
Als prägnantes Beispiel für die Kombination einer organischen Quintus-
anästhesie mit einer funktionellen fanden wir folgenden Fall Hippels (500).
36 jährige Frau bis zum 1.3. Jahre gesund. Angstempfindungen mit psychischer De-
pression. Im 17. Jahre große seelische Erregung (infolge eines Blutsturzes der Schwester
bekam sie fast in demselben Augenblick auch einen Blutsturz). Im 18. Jahre nervöse Asthe-
nopie. 34 Jahr dauernde plötzlich eingetretene fast totale Amaurose infolge einer Schlitten-
fahrt bei blendendem Schneelicht. Nach der Hochzeit linksseitige Brachialgie mit Analgesie
und Schwere des Armes. Später furchtbare Kopfschmerzen. Nach vielfachen psychischen
Erregungen einmal Blutsturz und nachher große Neigung zu Blutungen. 9 Jahre hindurch
Status id., dann stärkere nervös-asthenopische Beschwerden, die ihre Aufnahme in die Königs-
berger Klinik veranlaßten, woselbst folgender Status erhoben wurde:
Beständig deprimierter Gemütszustand. Bei der geringsten Aufregung sehr heftiges
Herzklopfen, welches auch des Nachts eintrat. Spontane Blutungen aus den Lungen, dem
Uterus, Magen, den Ohren und unter die beiden Konjunktiven. Hartnäckige Obstipation,
Wilbrand-Saenger, Neurologie des Auges. II. Bd. I. Abteilung. 9
130 Anästhesie aus organischer und funktioneller Ursache.
häufiges Erbrechen einer klaren Flüssigkeit. Die inneren Organe waren nicht nachweisbar
affiziert.
Hie und da Retentio urinae.
Häufige Anfälle von sehr heftigem Kopfschmerz bis zur völligen Bewußtlosigkeit,
verbunden mit Konvulsionen. Intelligenz intakt. Totale linksseitige Hemianästhesie
(mit Ausnahme der Adduktorengegend des Oberschenkels und der Fußsohle), an der rechten
Seite sind Stirn, Schläfengegend, Zahnfleisch, Wangenschleimhaut völlig
anästhetisch. Nasenschleimhaut, Ohrmuschel, äußerer Gehörgang, Kon-
junktiva und Kornea zeigen herabgesetzte Empfindlichkeit. Diese partielle Anästhesie
des rechten Trigeminus entwickelte sich unter äußerst heftigen, dem Verlaufe der einzelnen
Äste entsprechenden Schmerzen. Dann traten nach einigen Tagen spontane Blutungen
unter die Conjunctiva bulbi, oder aus dem Ohre auf. Darauf totale Anästhesie im Bereiche
der schmerzhaften Äste, die sich allmählich wieder herstellte. 8 — 10 mal wiederholten sich
diese Erscheinungen (besonders im I. imd II. Ast). Nach jedem Anfall nahm die Empfindlich-
keit mehr ab. Die Temperatur der linken Körperhälfte niedriger als die der rechten. Vorüber-
gehende Parese des linken Beins.
Geruch und Geschmack waren normal.
Nach jeder Ohrblutung Abnahme der Hörschärfe.
,,An den Augen wurde nach vorausgegangenen Schmerzen im Verlaufe des Trigeminus
einige Male eine leichte Trübung der Kornea mit oberflächlicher Abschilferung des
Kornealepithels beobachtet, begleitet von Verkleinerung der vorderen Kammer,
Runzelung der Kornea, Veränderung der Iris mit Eckigwerden der Pupille und Konsistenz-
verminderung des Bulbus. Gleichzeitig injizierten sich die konjunktivalen und subkonjunkti-
valen Gefäße sehr stark, und letztere umgaben die Kornea, besonders an ihrem unteren
Rande als feiner roter Saum, Mitunter kam es sogar zu kleinen umschriebenen Apoplexien
unter die Konjuhktiva, die meist wieder ohne weitere Erscheinungen verschwanden, oft
aber von hochgradiger Lichtscheu und so exzessivem Krämpfe des Orbikularis begleitet
wurden, daß die Lider völlig entropioniert waren. Resorbierten sich die Apoplexien nicht
schnell, so verschorfte das darüberliegende Konjunktival epithel, stieß sich ab, und es
blieben weiße Narben, wie nach einer Ätzung, auf der Konjunktiva zurück. Die Tränen-
sekretion ging während der ganzen Zeit ungestört von statten."
Auch unter einem Heftpflasterkollodiumverband vollzog sich der Prozeß in gleicher
Weise. Laiter Anwendung von Atropin und Druckverband heilte der Defekt des Korneal-
epithels schnell.
Patientin klagte über Empfindlichkeit gegen helles Licht, Unfähigkeit zu lesen und
Handarbeit zu machen. Wahrnehmen einer Wolke vor dem rechten Auge. Fundus oculi
normal. Sehschärfe rechts ^/jg, links ^/jg. Gesichtsfeld anfangs normal; später peripher
eingeschränkt.
Es handelte sich also um eine doppelseitige Gefühlsstöiung im Gesicht
von verschiedenem Charakter. Während links eine totale Hemianästhesie
bestand, welche man im Hinblick auf die sonstigen hysterischen Symptome
(Brachialgie mit Analgesie; Erbrechen, Depression) als auf funktioneller Natur
beruhend ansehen muß, hat sich rechts unter äußerst heftigen Schmerzen zuerst
eine partielle, dann totale Anästhesie des I. und IL Quintusastes eingestellt;
zugleich wurde eine leichte Trübung der Kornea mit oberflächlicher Abschilferung
des Hornhautepithels l)eobachtet. Leider fehlt in diesem Lalle ein durcli die
Sektion geheferter Nachweis für die Art des organischen Prozesses.
Unter Umständen jedoch dürften sich recht große Sclnvierigkeiten in der
Deutung einer doppeltseitigen Anästhesie im Trigeminusgebiet erheben.
Anästhesie aus oijianisc'her und fimktioiK llci- Ursache. 131'
in Fällen luiiiilicli. ^v() dicsclhc ;ils eine Tcilciscjjciimi)^' einer allj^e meinen
kutanen Anästhesie zur Ent\vicklunj^' konniit.
So sahen wir 1889 auf der Abteilung des verstorbenen Herrn Dr. EistJilohr im"
Eppendorfer Krankenhause einen 40jährigen. Seemann, der 1861 eine plötzliche Lähmung
aller vier Extremitäten erlitten hatte, die nach drei Tagen wieder verschwunden war. 1862
wiederholte sich diese Lähmung, welche nach einjähriger Dauer zurückging. 1886 Xeuralgia
sujiraorbit.. allgemeine Mattigkeit, Abnahme des Körpergewichts, eigentümliche Motilitäts-
störungen, Schwanken bei geschlossenen Augen. Sensibilität normal. 1887 wurde eine hoch-
gradige Analgesie der gesamten Hautoberiläche und aller zugänglichen Schleimhäute
(inklusive Konjunktiva) konstatiert. Das Gefühl für feinere Tastempfindungen war ab-
gestumpft, ebenso der Temperatursinn, weniger die faradokutane Sensibilität. Außerdem
sensorische Anästhesie in bezug auf Geschmack, Geruch, Gehör, Gesichtsfeldeinschränkung.
Hochgradige Apathie. 1888 starb Patient. Die genaue mikroskojjische Untersuchung des
peripheren und zentralen Nervensystems ergab ein negatives Resultat.
Kruken berg (501), der unter Eisenlohrs Leitung diesen Fall durch-
forscht hatte, rechnet denselben wegen der heivorragenden Beteiligung der
Psyche zu den Psychosen, speziell zur ]\Ielaneholie.
Es erinnert diese Beobachtung an den Fall Pier d'houys (502) von totaler
Anästhesie des Körpers eines mit Stupor behafteten Melancholischen. Kornea
und Konjunktiva waren auch anästhetiscli.
Wir behandeln gegenwärtig einen 38 jährigen Schlachter mit kompletter Analgesie
der ganzen Hautdecke inkl. der Schleimhäute, der Konjunktiva und Kornea. Bei der LTnter-
suchung wurde nirgends am Körper, auch nicht an der Konjunktiva und Kornea weder
Pinselberülirung, noch Kälte-, noch Wärmeapplikation empfvniden. Patient lag bei der
Untersuchvmg längere Zeit unbekleidet, ohne das geringste Gefühl der Kälte zu haben. Die
Haut- und Sehnenreflexe waren sämtlich vorhanden. Vor allem interessierte uns der Korneal-
reflex. Ließ man dem Patienten die Augen öffnen, und berührte mit einem feinen Gegen-
stande die Kornea in der unteren Hälfte, so trat ein schwacher Blinzelreflex auf. Derselbe
erschien lebhafter bei Berührung der oberen Hälfte. Ließ man den Patient beide Augen
schließen imd berührte plötzlich die Zilien, so trat ein äußerst lebhafter Lidschluß ein. Hier-
bei gab Patient an, eine Berührung nicht gefühlt zu haben.
Jedenfalls erschien es bei diesem schwer belasteten, hysterischen Manne
zweifellos, daß trotz der hochgradigen allgemeinen, ^^^e kornealen und kon-
junktivalen Analgesie der Kornealreflex deutlich erhalten war. Es dürfte daher
die Annahme gerechtfertigt sein, daß hier die Ursache der Anästhesie kortikaler
Natur gewesen, und daß die infrakortikale Bahn des Reflexes freigebheben
war. Interessant in diesem ausgeprägten Falle waren die Klagen des Patienten
über furchtbare Kopf- und Rückenschmerzen trotz seiner allgemeinen Anal-
gesie, die soweit ging, daß man ohne die geringste Schmerzäußerung die Zunge
des Patienten durchstechen konnte. Es dürften sich die Schmerzen als
psychisch bedingte, oder eventuell kortikal lokalisierte Äußerungen der
Hysterie ansprechen lassen.
Unser Fall zeigt auch, wie vorsichtig man bei Hysterischen mit der Be-
urteilung der Reflexe sein soll. Man muß nämlich cheselben bei vollständig
abgelenkter Aufmerksamkeit prüfen.
Was nun die Unterscheidung einer Hemianästhesie des Gesichtes
organiscBen Ursprungs von einer solchen hysterischer Xatur betrifft, so sei
noch darauf hingewiesen, daß bei hj^sterischer Gefühlslähmung die ganze
132 Folgezustände der Hornhautanästhesie.
halbe Gesichtsseite bis zum Kieferwinkel, ja oft bis zum Halse hin anästhetisch
ist, während bei Trigeminuslähmung organischen Ursprungs (mit Befallensein
des III. Astes) die Anästhesie nicht bis zum Kieferwinkel reicht, sondern eine
Partie, entsprechend dem N. auric. magnus freiläßt.
Die Folgezustände der Anästhesie des vorderen Bulbusabschnittes.
a) Die Entwicklung einer Keratitis durch Läsion der Kornea bei
mangelnder Empfindlichkeit derselben.
§ 133. Einige Autoren glauben, daß nach Trigeminuslähmung darum
so häufig Keratitis neuroparalytica zur Entwicklung käme, weil die ihrer Emp-
findlichkeit beraubte Hornhaut nun der Einwirkung von außen kommender
schädlicher Einflüsse und Traumen ausgesetzt wäre, und weil alsdann durch
leichte Epithelabschürfungen mit nachfolgender Infektion leicht ein geschwüriger
Zerfall des Hornhautgewebes eintreten könne.
Über die Berechtigung und Nichtberechtigung dieser Anschauung werden
wir uns eingehend in dem Abschnitte über die trophischen Störungen nach
Trigeminusläsion zu verbreiten haben, und sei einstweilen hier auf jene Dar-
stellung verwiesen.
ß) Der Wegfall des Lidreflexes von der Kornea und Konjunktiva aus.
§ 134. Bei vollständiger Lähmung der Korneal- und Konjunktivaläste des
Trigeminus fällt der direkte reflektorische Lidschlag des auf der Oberfläche der
Konjunktiva und Kornea taktil und chemisch gereizten Auges aus.
Bei der großen Zahl beweisender Fälle begnügen wir uns auf den S. 69
erwähnten Fall von Miliin gens (184) mit angeborener Anästhesie des vorderen
Bulbusabschnittes zu verweisen, sowie auf die folgende Beobachtung Kom-
bergs (397).
Eine 57jährige Frau wurde von Anästhesie des Quintus der linken Seite befallen.
Die Außenfläche des Gesichts und seine Höhlen waren unempfindlich gegen äußere Ver-
letzung und gegen Veränderungen der Temperatur. Der linke Augapfel, dessen Pupille von
demselben Durchmesser wie die des rechten war, vertrug das Einstechen einer Stecknadel;
die Gefäße der Konjunktiva injizierten sich zwar sofort, allein weder Blinzeln noch Tränen-
erguß stellte sich ein. Beim Auflegen eines Stückes Eis auf das Auge merkte die Kranke
nichts vom Temperaturwechsel. Beim Vorhalten von Salmiakgeist vor das linke Nasenloch,
beim Kitzeln und Einbohren eines gekerbten Federrandes, bei Applikation von scharfem
Schnupftabak zeigte sich weder Gefühl, noch Nießen als Reflexaktion. Sehvermögen, Gehör
und Geruch waren auf dieser Seite schwächer als auf der anderen. Die linke Zungenhälfte,
sowie die Schleimhaut der linken Mundhöhle waren der Sensibilität verlustig. Der Geschmack
war beiderseits erhalten und gleich.
Wenn auch l)ei Anästhesie der Hornhaut und Konjunktiva der direkte
Bhnzelreflex nach Berührung des Auges der erkrankten Seite aufgehoben ist,
so geht doch der konsensuelle, durch Reizung des vorderen Bulbus-
abschnittes des Auges der gesunden Seite bewirkte Blinzehvflt^x prompt von
statten. Wir hatten schon früher erwähnt, daß von jedem Auge aus doppelt-
seitig der Blinzelreflex erregt werden kann. Darum ist auch nach Trigenünus-
Reflexlosigkoit der Knnjunktiva und Kornea. 133
lälimuiig die Honiliaut des j^'cläluntcn Auges doch nicht «o ganz scliutzlos,
weil zniiäclist der l^liiizclschlag auf optisclie Eiiuhiicke hin erhalten ist, und
die konsensuell von der Hornhaiit und Bindehaut des gesunden Auges aus-
gelöste Blinzelbewegung kaum einen Mangel an dem für die Keinhaltung und
Befeuchtung der Hornhaut so notwendigen Lidschlage ( rkennen läßt.
Als Beispiel für diese Tatsache wollen wir folgende Beobachtung
Senators (3!)S) hier anführen.
Dieser Autor konstatierte bei einem SBjcährigen Arbeiter mit sensibler Lähnumg der
linken Gesiehtshälfte und Entzündung des linken Auges, welche vor fünf Wochen begonnen
hatte, daß die linke Gesichts- und Zungenhälfte, sodann die linke Kornea und Kon-
junktiva vollständig anästhetisch waren. Berührung des rechten Auges dagegen
rief reflektorisch Lidschlag beiderseits hervor; auch entstand Blinzeln beider
Augen, wenn man den Finger rasch dem Auge näherte. Auch trat spontan
von Zeit zu Zeit beiderseits Lidschlag ein, nicht seltener als bei Gesunden.
Da schon am gesunden menschlichen Auge eine Berühiinig der Kornea
viel leichter und intensiver Bewegungen des Orbikularis auslöst, als Berührung
der Conjunctiva sclerae et palpebrarum, so ist nicht zu vtrwundern, daß bei
organischen Läsionen des Quintus mit herabgesetzter Sensibilität der Kon-
junktivalreflex schon oloschen sein kann, wähieiid der Kornealreflex
noch erhalten ist.
So fehlte im Falle Sternberg (349, siehe S. 108), in welclii m d» r Trige-
minus und das Ganglion Gasseri von einem Karzinom an der Schädelbasis
infiltriert war, der Konjunktivalreflex auf l)eiden Seiten, während der Korneal-
reflex noch vorhanden war.
Im Falle Bärwinkel (280, siehe S. 112) mit Anästhesie aller drei Quintus-
äste, w^obei die Conjunctiva sclerae et palpebrarum totalen Sensibilitätsverlust
aufwies, erfolgte dagegen bei der geringsten Berührung der Kornea sofort eine
Reflexbewegung der Lider. Es dürften hier wohl lediglich die zur Hornhaut
verlaufenden sensiblen Fasern noch leitungsfähig geblieben sein, ebenso wie im
Falle Jaccoud und Dieulafoy (281).
§ 135. Welch wichtiges differentialdiagnostisches Zeichen die Eeflex-
losigkeit der Konjunktiva und Kornea darstellt, geht aus folgender vorzüg-
hchen Beobachtung Eisenlohrs (399) hervor:
Bei einem 37jährigen, an einer Mitralstenose leidenden Arbeiter trat plötzlich unter
heftigem Schwindel und Erbrechen ohne Bewußtseinsverlust ein vollständiges Unvermögen
zu schlucken ein. Die Lippenbewegungen waren gestört. Die Artikulation war unvoll-
kommen. Patient konnte weder blasen noch pfeifen. Die Kraft der rechten Hand war herab-
gesetzt. Beständig wurde eine horizontale Bewegung beider Bulbi von rechts nach links,
verbunden mit einer leichten Rotation nach rechts oben und einer periodischen Kontraktion
der Mm. orbiculares palpebrarum wahrgenommen, wobei die inneren Augenlidränder nach
innen gezogen, die Augen geschlossen wurden. Die Reflexe von der rechten Hälfte
des Gesichts, der Conjunctiva bulbi und Kornea fehlten vollständig, links
waren sie erhalten und lebhaft. Prononciertes Taubheitsgefühl der rechten Gesichtshälfte,
der Konjunktiva und der Zungenhälfte. Temperatur- und Schmerzempfindung deutlich
herabgesetzt. Später zeigte die ganze linke Körperhälfte (Rumpf und Extremitäten) beträcht-
lich veftninderte Empfindlichkeit. Das Schlingvermögen besserte sich rasch. Allmähliche
Abnahme der übrigen Erscheinungen.
134 Keflexlosigkeit der Konjunktiva und Kornea.
In der Epikrise zu diesem interessanten Falle hebt Eisenlohr hervor,
daß die ßeflexlusigkeit der rechten Gesichtshälfte, der Konjunktiva und Kornea
bei gleichseitig angebrachtem, sensiblem Eeize ganz besonders für eine Läsion
der unterhalb des Kems im Pons gelegenen Faserbahnen des Quintus spreche.
Sie beweise, da sie von einer peripheren resp. intrabulbären Läsion des rechten
Fazialis nicht abhängig gemacht werden könne, da andererseits die Konser-
vierung der Keflexe von der anderen Seite her die Destruktion des Eeflex-
zentrums d. h. der Kerne ausschließe, unwiderleghch die direkte Unter-
brechung des sensiblen Teiles der Eeflexbahn zwischen Trigeminus und Faziahs
in der Brücke. Eisenlohr betont noch ferner, daß l)ei der eine zerebrale
Hemiplegie begleitenden Hemianästhesie, die sich auch auf den Trigeminus
derselben Seite erstrecke, der Eeflexmechanismus zwischen Kornea und
Orbicularis palpebr. ungestört sei.
Es ist bekannt, daß bei rein funktionell-nervösen Sensibilitäts-
störungen, also bei der Hysterie, der Korneal- und Konjunktivalreflex
fehlen kann.
Ebenso feststehend ist es, daß sehr häufig rein funktionell-nervöse
Störungen als Parallelverlauf neben organischen Läsionen des zerebrospinalen
Nervensystems gefunden werden. Daher darf man gegebenenfalls nicht immer
bei Sensibilitätsstörungen im Trigeminusgebiet und fehlendem Korneal- oder
Konjunktivalreflex post mortem Veränderungen in den Bahnen und Kernen
des Trigeminus zu finden erwarten. Die folgende Beobachtung Westphals (400)
möge dies bestätigen:
In einem Falle von chronischer Leptomeningitis spinalis mit grauer Degeneration der
Hinterstränge, Atrophie der hinteren Wurzeln, waren die Vorder- und Seitenstränge affiziert,
und Störungen im Bereiche beider Trigemini vorhanden. Die Berührungen beider
Corneae erregten keine Empfindung und nur schwache Reflexe. Die Pupille
rechts weiter als links. Beteiligung des rechten M. rectus intern, und des Muse, levator pal-
pebrae. Durch Zerzupfungspräi^arate konnte weder an den Wurzeln beider Trigemini, noch
an denjenigen der beiden N. oculomotorii etwas Abweichendes nachgewiesen werden, obwohl
letztere nicht ganz rein weiß, sondern etwa wie leicht mazeriert aussahen.
Endhch sei noch des Komas, desjenigen Zustandes von Bewußtseins-
störung gedacht, bei welchem es nicht möghch ist, den Kranken zu erwecken.
Hier können die Conjunctivae und Corneae berührt werden, ohne daß Lid-
schluß erfolgt.
Wir achteten speziell auf dieses Verhalten bei einem 25jährigen Brothändler, welcher
in komatösem Zustande ins Krankenhaus aufgenommen wurde. Weder durch Umwenden,
noch durch Aufrütteln war er zu irgendeiner Lebensäußerung zu bringen. Die Glieder waren
schlaff, gelähmt; die Muskeln hatten den Tonus verloren. Die Sehnen- und Hautreflexe
fehlten; so auch der Kornealreflex. Die Pupillen waren weit und reaktionslos. Die Lider
halbgeöffnet wie in Bd. I Fig. 109, S. 520. Die Atmung erschien frequent, oberflächlich mit
Trachealrasseln vermischt, 2 Stunden später Exitus letalis.
Dies sind die Erscheinungen beim tiefsten Koma. Es kommen Uber-
gangsstufen der Bewußtseinsstörung zum Sopor, Stupor und der Somnolenz
vor; in dem letzteren Zustande ist der Kornealreflex erhalten.
Einfluß des Trigeininus auf die Träneusckretion. 135
y) ])(■! Einflul.') des Tiigc minus auf das Versiegen der Tränen-
s e k (■ e t i ü n .
§ 18t». Wir liatten Ijcreits S. 24 uns niil tlcni X'ersiegeii der Tränen-
sekretion im allgemeinen beschäftigt und haben daselbst schon die Fälle von
Hanke (76), Uhthoff (77), C. W. Müller (79), Schmidt (HO) und die
Krauseschen (81) Beobachtungen nach Exstirpation des Ganglion Gasseri
besprochen. Zur Vervollständigung unserer Betrachtungen seien an der Hand
noch weiterer klinischer Beobachtungen einige erweiternde Zusätze, namentlich
auch im Hinblick auf eine neuerdings erschienene Arbeit G. Kösters (789)
gestattet, die sich mit der Physiologie der Tränenabsonderung eingehend
befaßt.
Bei angeborenen Entwieklungsfehlem im Trige minus verlauf fehlt
die reflektorische Tränensekretion, sobald bei dem beti'efffuden Individuum
eine angeborene Anästhesie der Kornea und Konjunktiva vorhanden ist. Als
Beispiel verweisen wir hier auf die S. 69 erwähnte Beobachtung v. Millingens.
Bei den in der Literatur vorhandenen Fällen mit Lähmung des Trige-
nünus geschieht leider nur sehr selten dem Verhalten der Tränen Er-
wähnung.
Graff (402) berichtet über einen oUjälirigen Mann mit progressiver Paralyse, bei
welchem plötzlich zahlreiche Blutungen der Bindehaut sichtbar wurden, die Tränen-
sekretion in der Folge sistierte, die Hornhäute trocken wurden, aber klar blieben.
Die Autopsie ergab in der einen, der Untersuchung zu Gebote stehenden Hirnhälfte Hämor-
rhagien in der absteigenden kleinen Trigeminuswurzei und im Locus caeruleus.
In Rombergs (397) Beobachtung mit Anästhesie der linken Gesichtshälfte war das
linke Auge absolut gefühllos. Bei Reizung der Hornhaut stellte sich weder Blinzeln noch
Tränenerguß ein.
In der Beobachtung von Althaus (401) mit doppeltseitiger Anästhesie des Gesichts
und des Auges konnte dasselbe mit dem Finger und scharfen Instrumenten berührt werden,
ohne daß reflektorisches Blinzeln und Tränenfluß erfolgte.
Bei Hirschls (403) Patient mit rechtsseitiger Trigeminuslähmung war die Tränen-
sekretion rechts herabgesetzt; die spontane zeigte objektiv keinen Unterschied trotz des
subjektiven Empfindens des Patienten einer rechtsseitig vermehrten Sekretion, was ihm
vielleicht Parästhesien vorgetäuscht haben mochten.
Bei A. V. Hippels Patientin (404) mit totaler Anästhesie des linken Bulbus war die
Tränensekretion ebenfalls absolut aufgehoben. Bei dieser Patientin lief aber neben der durch
organische Läsion bedingten Affektion des linken Trigeminus offenbar auch noch schwere
Hysterie nebenher, und es ist möglich, daß hier eine funktionelle Hemmung der Tränen-
sekretion wie bei der Melancholie vorlag (vgl. S. 30).
§ 137. Die auf den ersten Blick paradoxe Erscheinung des Fortbestehens
reichlicher Tränensekretion bei Anästhesie des vorderen Bulbusabschnittes
nach organischen Trigeminusaffektionen muß hier noch etwas näher besprochen
werden. Zur Erklärmig dieses Verhaltens müssen nach dem jetzigen Stand
unserer Kenntnisse vier Eventualitäten ins Auge gefaßt werden :
1. Die Sekretionsfasern im Quintus sind nicht von dem Krankheits-
herde betroffen worden, wie im Falle T. v. Meyers (334).
^ Vom Krankheitsherde geht zentripetal der Eeiz zum Zentral-
organ nnd reizt zentrifugal die im V verlaufenden exzitoglandulären
136 Einfluß des Trigeminus auf die Tränenseki-etion.
Fasern wie im Falle Wagner (273), in welchem anfangs Hyperästhesie,
später Anästhesie der rechten Gesichtshälfte bestand, und bei dem
häufiges Tränen des rechten Auges beobachtet wurde. (Siehe den
Sektionsbefund S. 94.)
3. Die Tränensekretion erfolgt auf dem Wege des Fazialis, der durch
den Petros. superf. maj. mit dem II. Aste des V in Verbindung steht,
welch letzterer durch den Subcut. malae die Tränendrüse versorgt.
(Siehe Fig. 5, S. 8.)
4. Endlich könnte die Tränensekretion durch dfn Sympathikus erfolgen,
wofür man als klinischen Beweis die folgende, höchst wichtige Be-
obachtung Ducheks (388) anführen kann:
Es fand sich in einem Falle Verminderung der »Sensibilität in der linken Gesichts-
hälfte, ferner Lähmung des linken Okulomotorius und des ganzen Fazialis (inklusive der oberen
Äste), endlich auch des motorischen Trigeminus. Dabei bestand rechtsseitige Körperparese.
Bei der Sektion fand man in der linken Hälfte des Pons einen rundlichen Tumor
(Gumma). Die Hirnsubstanz in der Nähe war breiig erweicht. Die Ursprungsstelle des
Quintus war durch syphilitische Geschwulst beeinträchtigt.
In diesem Falle bestand häufiges Tränen und leichtes Odem der Lider auf der
linken Seite.
Wenn wir auch S. 29 unsere Ansicht dahin präzisiert hatten, daß manche
Erfahrungen und klüiische Beobachtungeii sehr zugunsten des Fazialis zu
verwerten seien, so glaubten wir uns jedoch aus den sich widersprechenden
khnischen Beobachtungen und den Tierexperimenten zur Annahme berechtigt,
daß entweder weitgehende Variationen, oder kombinierte Wirkungen des
Fazialis, Trigeminus und Sympathikus vorkommen möchten.
Auch die neuesten Untersuchungen Kösters (789) haben uns in dieser
Auffassung nicht wankend gemacht, zumal da trotz der eingehenden klinischen
Beschäftigung mit der Fazialislähmung in seiner Arbeit und der auffallend
häufig gefundenen Verminderung der Tränensekretion bei derselben nicht der
Beweis geliefert ist, daß der Fazialis allein der Innervator der Tränendrüse sei.
Vor allem fehlt in den mitgeteilten Krankengeschichten ein Nachweis über
das Verhalten des Trigeminus bei der Fazialislähmung. Gerade in jüngster
Zeit, wo wir genauer auf diesen Punkt geachtet haben, fanden wir in einigen
Fällen Herabsetzung der Empfindlichkeit der betreffenden Gesichtshälfte
und Verminderung des Komealreflexes gegen die gesunde Seite. In zwei anderen
Fällen traten heftige Schmerzen und Parästhesien im Quintusgebiete auf.
Sämtliche Fälle hatten den Charakter der refrigeratorischen Gesichtslähmung
und wurden geheilt.
Köster geht namentlich auf die Jendrassiksche Ansicht ein, daß
bei Tiänenlosigkeit des Auges der Sitz der Lähmung in der Nähe des Ganglion
geniculi liege und bestreitet das von diesem Autor als differentiell wichtig
angenommene Zeichen der Gaumensegelparalyse. Auf Seite 29 haben vdv
eine Beobachtung mitgeteilt, in der es sich wahrscheinlich um eine Läsion
des Fazialis in der Nähe des Ganglion geniculi zufolge einer Schädel-
Einfluß <l(s Trigeminus auf die Träncn.sckiction. 137
basisfraktur gehandelt hat. In (Ueseni FaHe, dessen Abbildung Fig. 10 S. 30
darstellt, war neben einer kompletten Fazialislähmung der gleich-
seitige Akustikus alteriert, das Gaumensegel wurde links schwächer inner-
vitrt, und trotzdem ergossen sieh die Tränen auf l)eiden Si'iteii in gleicher
Weise.
Was nun Küsters Beweisführung für die Annahme des Fazialis als
limervator der Tränendrüse betrifft, so muß zugegeben W( rden, daß die Art,
wie sich (he Tränenstörung bei der Heilung der Fazialislähnnmg wieder zuiiick-
bildet, etwas sehr Bestechendes zugunsten der Fazialistheorie an sich trägt.
Leider ist aber, wie gesagt, der Trigeminus nicht dabei genau geprüft, und
sind die klinischen Beobachtungen über Trigeminuslähmung und Neuralgie
nicht genügend berücksichtigt worden, ebensowenig wie die des Sympathikus.
(Siehe Fall Duchek S. 136.) Bei den so wichtigen Krauseschen Fällen mit
Verminderung der Tränensekretion bei der Exstirpation des Ganglion
Gasseri nimmt Köster zu der gezwungenen Erklärung Krauses, der Zerrnng
des die Tränenfasern führenden X. petros. superfic. major seine Zuflucht, ohne
zu bedenken, daß eine solche Zerrung bei der bekannten hohen Yitahtät der
peripheren Nerven sich bald ausgleichen würde.
Gerade die Kr aus eschen Exstirpationen des Ganglion Gasseri, che in
denselben von S aenger und Krause statuierten pathologischen Yerändeningen
bei der Trigeminusneuralgie, ferner die bei letzterer Affektion nicht selten
auftretende vermehrte Tränensekretion sind Momente, die bei der
Frage nach der Lmervation der Tränendrüse sehr ins Gewicht fallen. Jeden-
falls ist diese verwickelte Frage nach dem bisher vorliegenden spärlichen
Materiale noch nicht spruchreif, und l)edarf dieselbe noch eingehender Unter-
suchungen.
Welche Schwierigkeit die Deutung der Tränensekretion bereitet,
lehrte uns erst in diesen Tagen ein höchst interessanter Fall von nur nachts
vermehrtem Tränenflusse bei Morb. Basedowii, bei dem der Fazialis
ganz intakt war. Er möge daher an dieser Stelle noch erwähnt werden,
wenn er auch in das Kapitel § 32 S. 22 gehört.
Eine 45jährige Frau leidet seit 8 Jahren an der Basedowschen Erkrankung. Beginn
mit Anschwellung des Halses, Herzklopfen, Exophthalmus beiderseits; später starkes Zittern
der Hände, Pulsation der Halsgefäße. Die Periode blieb sieben Monate weg. Zwei Jahre
litt die Frau an Durchfällen, früher war die Patientin gesund.
Gegenwärtig klagt dieselbe über halbseitigen Kopfschmerz rechts (alle 14 Tage), femer
über sehr lästige Tränensekretion nur des Nachts. Sowie sie einschläft, laufen
die Tränen nur aus dem rechten Auge hervor, und zwar so stark, daß Patientin
aufwacht. Am anderen Morgen ist das rechte Auge ,, blutrot". Der Stat. praes. ergab:
Starke Struma, beiderseits Exophthalmus mit beträchtlichem Ödem der oberen Lider.
Puls 112, geringer Tremor nianuum.
Ausgeprägtes Graefesches Phänomen; Stellwagsches Zeichen vorhanden.
NB. Am Tage besteht niemals das Tränen. Dasselbe kommt nur am rechten Auge
vor und meist zur Zeit des rechtsseitigen Kopfschmerzes,
138 Das Wesen trophischer Störungen im allgemeinen.
d) Verhalten der Pui^ille nach Trigeminusläsionen.
§ 138. Wir hatten schon in dem i^hysiologischen Abschnitte bezüghch
der Verengerung der Pupiüe bei Eeizung der Hornhaut S. 60 § 66 und nachher
S. 81 § 84 hervorgehoben, daß sich die Erfahrungen beim Menschen in dieser
Hinsicht mit dem Tierexperimente nicht deckten, und daß die bei Trigeminus-
durchschneidung am Tiere hervorgerufene Verengerung der Pupille in der
menschhchen Pathologie kein Analogon fände. Auch hatten wir dort auf
die einem Tierexperimente gleichzusetzende Krausesche Exstirpation des
Ganglion Gasseri hingewiesen, nach welcher keinerlei Veränderung der Pupille
eingetreten war.
Um nun noch eingehender diese Frage zu prüfen, haben wir die uns
zugänghche Kasuistik, bei welcher überhaupt auf die Pupillenverhältnisse
geachtet worden war, (tabellarisch) zusammengestellt. Auch aus dieser Zu-
sammenstellung geht hervor, daß die zwar häufig vorkommenden Anomahen
von Seiten der Pupillen bei Trigeminusaffektionen nicht von der Quintus-
lähmung als solcher abhängig sind, sondern von der gleichzeitig vorhandenen
Einwirkung anderer pathologischer Zustände, wie Okulomotoriuslähmung,
- Amaurose, Tumor, Tabes usw. hergeleitet werden müssen. Die Tabelle selbst
werden wir im nächsten Bande bei Beschreibung der Pupillen Verhältnisse
bringen.
d) Trophische Störungen.
Der Herpes zoster ophthalmicus.
Über das Wesen der trophischen Störungen im allgemeinen.
§ 139. Bei der Dunkelheit, die über dem Wesen des Her2:)es zoster
ophthalmicus und der Keratitis neuroparalytica liegt, halten wir
es für die Würdigung der zahlreich vorliegenden Theorien für durchaus an-
gebracht, uns in Kürze mit der noch strittigen Frage der trophischen Funk-
tionen des Nervensystems überhaupt zu befassen, d. h. ob es im Körper Er-
nährungsstörungen oder genauer ausgedrückt, Veränderungen im Zusammen-
hange der Teile gebe, die man in ursächliche Beziehung zu liestimmten
Affektionen des Nervensystems bringen könne.
Bomberg hat zuerst den Namen ,,Trophoneurose" bei der Beschreibung
der Hemiatrophia facialis progressiva in Anwendung gebracht.
Samuel (531) war aber derjenige, welcher auf Grund von Experimenten
und künischen Beobachtungen den Nachweis zu erbringen versuchte, daß
es bestimmte trophische Nervenfasern mit besonderen Bahnen gäbe, deren
Funktion in der Regulierung der normalen Gewebsernährung bestehe. Samuel
formulierte seine in zahlreichen Arbeiten eifrigst verfochtene Ansicht dahin,
daß die Bedingungen der Ernährung in den Gewebszellen selbst, die
Regulierung der Ernährung in den trophischen Nerven läge. Er unter-
scheidet zentrifugale trophische Nerven und daneben noch zentripetale
trophische Fasern, welch letztere der Reflexvermittlung dienten. Die trophischen
Das Wesen trophisclu r StiMuiiücn im allficmeiiicn. 139
Faseni kämcii in den peripheren Nerven meistens mit den sensiblen zusammen
vor, jedoch enthalte nicht jeder sensible Nerv trophische Faseni. Letztere
entstaniinteJi den öpinal<j;aii^lien und wären schwer ivizbar. Daher gelinge
es kaum, expei'inientell so starke und latij^dauernde Reize in Anwendung zu
bi'ingen. um trophische St(')rungen heivorzui'ufeii. Hamuel teilt die J^jrnährungs-
stöiungen ein in: 1. neurotische Atrophien, *2. neurotische Hypertrophien und
3. neurotische Dystrophien,
Von den vielfachen, zur Fixierung seiner Ansicht unternomiiienen Ex-
perimenten Samuels interessiert uns besonders, daß er bei Kaninchen durch
elektrische Reizung des Ganglion Gasseri einen Entzündungsprozeß in der
Konjunktiva und Kornea hervorbrachte, welcher nach mehreren Tagen wieder
verschwand. Diese Experimente aber sind unserer Ansicht aus dem Grunde
nicht ganz einwurfsfrei, weil sowohl infektiöse, wie traumatische ]^]inflüsse
nicht auszuschließen waren. Recht eingehend hat sich Samuel mit dem
Herpes zoster befaßt. Aus der zeithchen Differenz des Auftretens, der
In- mid Extensität der Erscheinungen schließt er, daß neben den sensiblen
Fasern im Nerv(>n auch trophische vorhanden seien, die gesondert affiziert
worden wären.
Trotz seiner vielfachen Untersuchungen und Arbeiten hat abei- Samuel
doch nicht mit seiner Annahme des Bestehens isolierter trophischer Nerven
und Zentren durchzudringen vermocht.
§ 140. Eine andere von Charcot (53'2) ausgesprochene Theorie sucht
die trophischen Störungen auf Reiz zustände in den betreffenden Nerven
zurückzufüliren. Charcot bespricht in einer seiner berühmten Vorlesungen
eingehend die trophischen Störungen infolge von Erkrankungen der Nerven.
Er beginnt mit dem Hinweise, daß Erkrankungen der Zerebrospinalachse sich
häufig in den verschiedenen Teilen des Körpers äußern und durch Vermittlung
der Nerven mannigfache Ernährungsstörungen setzen, die einen der inter-
essantesten Abschnitte der Pathologie bilden. Der akute Dekubitus am
Gesäß, welcher sich im Verlauf einer Apoplexie durch Gehirnblutung oder
Gehirnerweichung entwickelt, die Affektionen der Blase, die Gelenk-
veränderungen, die Muskelatrophie, die im Verlaufe chronischer Rücken-
marksaffektionen eintreten, sind markante und bekannte Beispiele hierfür.
Und doch lehre die Physiologie, daß im Normalzustande die Ernährung der
verschiedenen Körperteile nicht wesenthch von einem Einflüsse des Nerven-
systems abhängig sei. So erfreuten sich die Pflanzen und einige niederstehende
Tiere (Protozoen) trotz mangelnden Nervensystems eines sehr regen Lebens.
Auch sage Robin (533), daß die chemischen Vorgänge, welche die Molekular-
erneuerung im lebenden Organismus bedingen, mit anderen Worten die Er-
nährung nicht unter direktem Einfluß des Nervensystems ständen. Er ver-
weist ebenfalls auf die Pflanzen und niederstehenden Tiere. Ein anderer Phy-
siologe füln-te aus, daß das Nervensystem gewissermaßen in einem Tiere
lebe und sich nach Art eines Parasiten entwickle, der auf Kosten einer Pflanze
gedeihe.
140 Das Wesen trophischer Störungen im allgemeinen.
Endlich betont Charcot, daß direkte Argumente aus dem Gebiete
der Experimentalphysiologie gegen die Annahme der trophischen Eigenschaften
des Nervensystems herbeigezogen worden seien. So ^¥äre die allmähhche
Atrophie der Muskehi und Knochen nach Durchschneidung der zu ihnen ver-
laufenden Nerven auf die Untätigkeit zu beziehen, zu welcher jene Teile
infolge der Aufhebung jedes Einflusses von seiten des Nervensystems ver-
urteilt seien.
Charcot gibt auch zu, daß diese passiven Störungen mit den trophischen
Störungen im engeren Sinne nichts gemein hätten. Die letzteren zeigten näm-
lich immer, wenigstens in einem gewissen Zeitpunkt ihrer Entwicklung, das
Gepräge der entzündlichen Eeizung. Gewöhnhch trügen sie gleich bei
ihrer Entstehung die Charaktere der Entzimdung an sich und könnten schheß-
lich zur Verschwärung, Gangrän und Nekrose führen. Außerdem sei ein dem
größeren Teile derselben gemeinsames Merkmal, daß sie sich infolge der ursäch-
lichen Störung in den Nerven oder in den Zentren, hie und da selbst mit merk-
würdiger Geschwindigkeit entwickelten. So sähe man häufig in gewissen
Fällen von Fraktur der Wirbelsäule mit Kompression und Reizung des Rücken-
markes Brandschorfe auf dem Kreuzbein am 2. oder 3. Tag nach der Ver-
letzung auftreten.
Um nun zu beweisen, daß die trophischen Störungen die Folge von
Reizung des Nerven oder des Nervenzentrums seien, bezieht sich Charcot auf
die Experimente von Samuel, Meißner, Schiff u. a., auf die wir später
in dem Kapitel über die Keratitis neuroparalytica genauer eingehen werden.
Charcot resümiert seine Ansicht dahin, daß die Abwesenheit der
Tätigkeit des Nervensystems keinen direkten, unmittelbaren Einfluß auf
die Ernährung der peripheren Teile habe, daß aber die krankhafte Er-
regung, Reizung der Nerven oder der Nervenzentren die verschiedenartigsten
trophischen Störungen hervorzubringen vermöge. Sehr interessant sind seine
hierfür angestellten Betrachtungen betreffs der traumatischen Nerven-
störungen. Dieselben können die Haut, das Unterhautzellgewebe, die Muskeln,
die Gelenke und die Knochen betreffen. Da uns zum Verständnisse des Herpes
zoster diejenigen Affektionen der Haut wichtig sind, welche als Folge von
Nervenverletzungen auftreten, so verweilen wir noch bei den von Mougeot (538)
hierüber gemachten Angaben, die von Charcot zitiert werden.
Mougeot unterscheidet zwei Arten: Die erste Gruppe besteht in Erup-
tionen von verschiedener Form, meist aber vesikulöser oder bullöser Art. In
erster Linie führt er den Zoster an, welchen man in solchen Fällen ziemlich
häufig beobachte, und den man deshalb mit dem Namen ,,traumatischer
Zoster" belegen könne.
Ein Mann hatte während der Junikämpfe von 1848 eine Kugel in die untere äußere
Partie des Oberschenkels bekommen. Einige Zeit nach Heilung der Wunde traten im Unter-
schenkel lebhafte Schmerzen auf, welche beinahe kontinuierlich waren, sich aber anfalls-
weise steigerten. Diese Schmerzen, welche von der Narbe auszugehen schienen, verbreiteten
sich bis auf den Fußrücken und folgten offenbar dem Verlaufe der Nerven. Diese Neuralgie,
Das Wesen tr()i)liischei' Stöiutifien im allpenieiiien. 141
welche allen angewandten Mitteln Widerstaiui «feieistet hatte, war zu wiederholten Malen
während des Aufenthaltes ties Kranken in der Charite von einer Eruption von Herpesblasen
begleitet, welche in (iruppen, die dvu'chaus denen des Herpes zoster glichen, angeordnet waren
und auf der Haut der schnu-rzhaften Bezirke ihren Sitz hatten.
Als /weite (iiii[)pf fühlt «^fiiaiuiter Anten' pcmpliigoide Eruptionen an.
Es Imndle sicli um Pe nipliif:^us blasen, welche sich an verschiedenen Punkten
der Haut, entspicehend der Ausbreitung; der verletzten Nei\cn, rasch ent-
wickehi und von Zeit zu Zeit wieder auftreten.
Drittens iMne Art liöte, welclie an Erostbeulen eriiuieie mit Schwellung
der Haut und des Unterbau tzellgewebes (faux phlegmon).
Viertens die unter dem Namen Glossy skin bekannte Hautaffektion.
Diese Störungen stellten sich in der Eegel nacb Kontusionen, ötich-
verletzungen, unvollständigen Durchschneidungen der Nerven ein,
niemals dagegen Ix'i \-()llständiger Nervendurchtrennung.
§ 141. Einen durchaus entgegengesetzten Standpunkt in der Erklärung
der trophischen Störungen ninnnt Vulpian (539) tin. Derselbe sagt in der
Vorrede der Übersetzung von Weir Mitchells Arbtit (540): Ces alterations
sollt des resultats de troubles de la iiutrition dus ä l'abolition ou ä la dimi-
nutioii de l'action tiophique des centres nerveux sur les differents tissus. Er
meint also, daß durch reflektorische Eeize eine Abschwächung in den
trophischen Zentren stattfinde, deren Wirkung sich ihrerseits wieder in der
Peripherie geltend mache. Namentlich für die bläschenförmigen Aus-
schläge, den Herpes mid für geschwürige Prozesse an der Haut hält er
an dieser Erklärung fest, ebenso vde der bekannte französische Dermatologe
Leloir (541). Letzterer meint, daß die A^ulpiansche Abschwächungstheorie
die Häufigkeit trophischer Störungen nach unvollständigen Nervenver-
letzungen und die Heilung trophischer Störungen durch Eesektion des verletzten
Nerven am besten erkläre.
Für die Annahme, daß die trophischen Störungen auf reflektorischem
Wege zustande kämen, war besonders Weir Mitchell (540) eingetreten,
und später haben Hayeiii u. a. sich dieser Ansicht angeschlossen. In ganz
besonderer Weise hat der Physiologe Gaule (542) sich mit dem Wesen der
trophischen Störungen beschäftigt, worauf wir genauer im Kapitel der Keratit.
neuroparalytica eingehen werden.
Die Ernährungsstörungen ledighch durch vasomotorische Einflüsse
zu erklären, hat man namentlich in früheren Jahren versucht.
Schiff (535) stellte die Theorie der neuroparalytischen Hyperämie,
Brown Sequard (543) die der neuroirritatorischen Anämie auf.
Schiff beobachtete nach Durchschneidung der Vasomotoren eine kon-
stante Temperaturerhöhung, die durch die größere Menge des in dem betreffen-
den Gewebe zirkuHerenden Blutes verursacht wurde. Treffe nun derartige
hyperämische Partien, z. B. die Lungen, die Kornea, che Magenschleimhaut,
ein geringer lokaler Eeiz, so entstünden nutritive Veränderungen, welche einen
leicht entzündlichen Charakter an sich trügen.
142 Das Wesen trophischer Störungen im allgemeinen.
Brown Öequaid behauptete, daß die Ursache der trophischen Störungen
in Gefäßverengerungen liege, welche ihrerseits Folgezustand von Reizung
der Vasomotoren sei.
So führte er den akuten Dekubitus nach Wirbelsäulenver-
letzung auf die durch die permanente Kontraktion der Blutgefäße bedingte
Anämie zurück.
Der Nachweis würde uns hier zu weit führen, daß beide vasomotorischen
Theorien für die Erklärung der trophoneurotischen Erscheinungen nicht ge-
nügen. Im übrigen verweisen wir speziell auf die Betrachtung der vaso-
motorischen Theorie im Kapitel der Keratit. neuroparalytica.
§ 142. Es erübrigt noch auf die 1883 erschienene Arbeit Schwimmers
(544) einzugehen, in welcher derselbe eine von den vorher mitgeteilten Theorien
abweichende Meinung vorträgt. Er sagt, wenn wir die Wirkung der Sekretions-
nerven der Glandula submaxillaris, sowie die Erfahrang nach Ischiadikus- und
Trigeminusdurchschneidung betrachten, ferner die Beobachtung Obolenskys,
einer Atrophie des Hodens nach Durchschneidung des Nerv, spermaticus, end-
lich die Schrumpfung des Hahnenkammes nach Durchschneidung des Gangl.
cervicale supremum (Legros) verwerten, so handle es sich nur um den
Hinweis auf den Einfluß gewisser Nerven auf die Wachstums- und Ernährungs-
verhältnisse, sowie um die Annahme, daß der Sympathikus als ein
hauptsächlicher Faktoi' aller dieser Störungen angesehen
werden könne. Zur Bestätigung für letztere Behauptung diene die W^ahr-
nehmung, daß nach Durchtrennung einzelner Rückenmarkswurzeln von der
Medulla spinalis aus die mit letzterer in Kontakt bleibenden Wurzelenden,
als auch jene Faserbündel, welche durch einzehie GangHen die Verbindung
mit dem Zentrum unterhalten , keine Veränderung in der histologischen
Struktur der durchschnittenen Nerven zeigten, während die peripheren, außer
Verbindung gesetzten Partien, entarteten. Da aber auch die Organteile durch
diese Trennungen die früher erwähnten Veränderungen erlitten , so erhelle
daraus, daß die Medulla, sowie auch die Ganglien des Sympathikus
das supponierte Zentrum der trophischen Nerven sein nrüßten,
ebenso wie dies für die Vasomotoren gelte.
Übrigens haben schon früher viele Autoren vne Longet (545), Peipers
(546), Müller (547), Axmann (548), Pincus (549), Valentin (550), Stil-
lin g (551) und Bidder (552) auf spezifische Beziehungen des Sympathikus
zu den Ernährungsprozessen im Körper, also auf dessen trophische Funktion
hingewiesen.
Nothnagel meint, daß die Reguherung der Ernährung durch (üe Gefäß-
nerven erfolge, welche reflektorisch von den sensiblen Nerven beeinflußt würden.
In älmhchem Sinne sprechen sich Leyden-Goldscheider (553) aus.
§ 143. Gruenhagen (554) hält die Bew^eisgründe für die Annahme
trophischer Störungen auf nervöser Grundlage schwankend und haltlos. Wie
überhaupt dieser Autor sich sehr energisch gegen die Annahme trophischer
Nerven ausspricht. Er behauptet, die von Samuel aufgestellte Lehre von
Das Wesen tiophischer Störungen im allgemeinen 143
(lein Voiiiumlciisciii tiopliiselici' Xci\cii, (Icn-n Reizung Eiitziüidmig, dann
Lähmung und schließlicli Atrophie verursachen solle, entbehre jeder durch
exakte Experimente gesicherten (Jrundlage. Die klinischen Fälle, welche den
Einfluß trophischer Nerven auf das Wachstum de)- K<)]})ergewebe dartun
sollten, bedürften einer Erklärung. Denn man wisse ikjcIi \iel zu wenig von
den Bedingungen, unter welchen die Gewebsbildung erfolge, um sich schon
jetzt gestatten zu köniien, auffälhge Wachstumsmodifikationen dieser oder
jener Gewebsart, sei es auf verminderte, sei es auf gesteigerte Nerventätig-
keit zu beziehen. Die Dunkelheit, welche alle hier in Betraclit konnnenden
Beobachtungen umhülle, Merde durch die Annahme, daß dieselljen auf Wir-
kungen trophischer Nervenkräfte beruhe, nach keiner Eichtung hin aufgehellt,
und die khnische Hypothese könne den zu verlangenden ])ljysiol()gischen Be-
weis niemals ersetzen.
Nicht so skeptisch drückt sich Landois (555) aus, welcher sagt, daß
das noch unbekannte Endorgan der trophischen Nerven in den Geweben selbst
liege, deren normalen Stoffwechsel, sowie ungestörtes Wachstum und intaktes
Bestehen sie beherrschten. Li manchen Geweben sei eine direkte Verknüpfung
mit Nerven bekannt, welche auf ihre Ernährungsvorgänge einwirken könnten.
Anatomisch oder physiologisch kenne man den Zusammenhang der Nerven mit
Hornhautzellen, mit den Pigmentzellen der Froschhaut, den Binde-
gewebskörperchen der Magenserosa des Frosches, den Zellen, welche die
Stomata der Lymphräume umgeben.
Auf die Anschauungen und Schlußfolgerungen, die aus dem Studium
der Hornhautveränderungen nach Trigeminusaffektionen bezüglich der tro-
phischen Nervenstörungen gewonnen wurden, werden wir später bei der Schil-
derung der Keratitis neuroparalj^ica genauer eingehen.
§ 144. Was nun die modernen Theorien vom Aufbau des Nervensystems
betrifft, so vermag weder die Neurontheorie, noch die Apathy-Bethe sehe
Fibrillentheorie das Wesen der trophischen Störungen befriedigend zu
erklären. Nur was die trophischen Veränderungen im ^luskelapparat anbelangt,
hat die Neurontheorie für gewisse Fälle eine Einsicht verschafft. Die
Ganglienzelle im Vorderhorn l)ildet bekanntlich mit ihren peripherischen in
dem Muskel sich aufsplitternden Fortsätzen eine Einheit, ein sog. Neuron.
Erkrankt die Zelle, ^^ie bei der akuten Poliomyelitis, so degeneiiert das
ganze Neuron. Wird der Nervenfortsatz an irgendeiner Stelle durchtrennt,
so entartet der Teil des Neurons, der nicht mit der Zelle in Verbindung steht.
Allerdings haben neuere Untersuchungen gelehrt, daß auch Degenerationen
in der Zelle nachweisbar, und die zentripetalen Erregungen für die nor-
male Funktion der Vorderhornzelle notwendig seien (Marinesco, Gold-
scheider).
Als trophische Zentren der sensiblen Nerven sieht man che Ganglien-
zellen der Spinalganglien an. So wies Joseph (560) nach, daß nach Ex-
stirpation des zweiten Spinalganghons bei einer Katze umschiiebener Haar-
ausfall eintrat.
144 Das Wesen trophischer Störungen im allgemeiner.
Oppenheim (561) nimmt an, daß die Funktion der Spinalganglien
•eine pathologische Umstimmung, eine kiankliafte Reizung erfahren könne : daß
diese nur dann normal funktionierten, wenn sie die ihr von der Peripherie zu-
fließenden Erregungen ungestört nach dem Zentrum fortleiten könnten. Er-
krankungen des Rückenmarks, welclje die Fortleitung der sensiblen Reize
verhindern, bedingten eine Anhäufung von Reizen in den Zellen der Spinal-
ganglien, welche seine trophisehe Funktion krankhaft umstimmten, so daß es
zu einer pathologischen Steigerung der Ernährungsvorgänge in der Peripherie
komme. Ebenso könnten die Affektionen der peripherischen Nerven, welche
nicht mit einer vollkommenen Leitungsunterbrechung einhergehen, Reizzustände
bedingen, die sich auf das trophisehe Zentrum fortpflanzten und dessen Funktion
dahin beeinflußten,, daß es zu Ernährungsstörungen in dem entsprechenden
Nervengebiete komme.
Auch Gowers (562) erklärt als sicherste Tatsache, daß akute Er-
nährungsstörungen die Folge von Reizung der Nervenstämme oder Nerven-
zentren seien, und daß sie sich proportional dem Grade der Reizung verhielten.
So zog Lewaschew durch jeden Nerv, ischiadicus einen Faden und reizte
dabei den einen Nerven von Zeit zu Zeit durch Flüssigkeiten. In dem Beine,
Avelchem der letztere Nerv angehörte, traten viel schneller und intensiver
trophisehe Störungen ein, als in dem anderen.
Nach Gowers könne nur eine Theorie diese Tatsache erklären: Es sei
diejenige, welche annehme, daß die Nervenendigungen mit den Geweben ein
Kontinuum in der Struktur bildeten, daß sie mit denselben eine ähnliche Art
von molekularem Kontakt eingingen, wie er in den Geweben selbst bestehe,
und daß die Ernährung der Gewebsmoleküle durch die der Nerven bestimmt
werde. Der irritative Vorgang steige in den Nerven abwärts, gehe von ihnen
auf die Gewebe über und durchdringe dieselben. Wir könnten auf diese Weise
die in den Muskeln auftretenden Störungen ebenso gut verstehen, wie die in
der Haut und anderen Geweben vorkommenden, welche deutlich unter dem
Einflüsse der sensiblen Nerven stünden.
Was nun die von Alb recht Bethe (563) auf Grund eines gelungenen
Tierexperimentes ausgesprochene Schlußfolgerung betrifft, daß die Ganglien-
zellen mit der eigenthchen nervösen Funktion nichts zu tun hätten, sondern
daß sie nur den Bestand der Nervenfibrillen gewährleisteten, so dürfte diese
modernste Theorie vielleicht dereinst von großer Tragweite für die Erklärung
der trophischen Störungen werden. Weist dieselbe doch den Ganglien über-
haupt nur trophisehe Eigenschaften zu, welche in der Erhaltung des Gleich-
gewichts zwischen Dissimiherungs- und Assimilierungsprozessen gemäß der
Heringschen Theorie von der lebenden Substanz bestehen.
Um Wiederholungen zu vermeiden, werden wir später unsere eigene An-
sicht über das Wesen der trophischen Störungen im allgemeinen nach genauer
Vorführung der experimentellen und klinischen Erfahrungen bei der Be-
schreibung des Herpes zoster ophthalmicus und der Keratitis neuroparalytica
anführen.
Die vasomotorisch-trophisclicn RtiiDiiiiicii im Tri^'fininusgebiet. 145
Die vasomotorisch-trophischen Störungen im Trigeminusgebiet.
§ 145. Zum bfssci'cii Ycistäiidiiis und dci' X'ollstäiidi^kcil liiillici- wollen \\'\r
erst die tu)])liisch-vasomotorischen Störuii^cii im ganzen Ausl»icitungH<4(d)iet
des Quintus einer Betrachtunp; unterziehen, bevor wir uns zui' llcspiechung
der tropliischen Störungen im vorderen Hulbusabschnitt wenden.
Eine das ganze (icbict des 'l'rigeminus und'asscndc tropbiscbe Störung
stellt die sog. He miatropiiia facialis progressiva dar. Diese von Kom-
berg zuerst beschriebene Affektion l)esteht in einer ganz allmählichen, manch-
malniit Schinerzen und Parästhesien einhergehenden Atrophie des Gesichts,
die meist gleichmäßig Haut. Unterhautbindegewebe, Muskeln und Knochen
befällt. Die betroffene Seite sinkt ein, wobei die Haut eine bräunlich-weiße
Verfärbung annimmt. Die Knochen atrophieren; die Zähne fallen aus; die
Haare werden düini und grau. Meist bleibt die Krankheit auf eine Gesiclits-
hälfte beschränkt. [Eulen bürg sah einen doppelseitigen Eall (564).]
Wir beobachten gegenwärtig in der PohkUnik folgenden Eall dieser merk-
würdigen Krankheit (siehe Eig. '23. S. 14(5):
Das jetzt 14jährige Mädchen datiert sein Leiden vom 7. Jahre ab. In diesem Alter
wurde es in der Schule iilötzlich von heftigem Nasenbhiten befallen. Seit jener Zeit soll die
linke Gesichtsseite immer nielu' abgemagert sein. Sie hatte nie Schmerzen und nie
Zuckungen in der Gesichtsmuskulatur. Die Kinderkrankheiten waren bei der Patientin
leicht verlaufen.
Bei der Untersuchung zeigte sich die linke Gesichtshälfte namentlich über dem Unter-
kiefer und seitlich vom Jochbogen stark abgeflacht. Die Haut war etwas gelblich verfärbt,
stark verdünnt und haftete fest dem unterliegenden Knochen an. Das Unterhautfettgewebe
schien ganz geschwunden zu sein. Einen beinahe total atrophischen Eindruck machte der
linke M. temjDoralis. Die Sensibilität war in allen drei Quintusästen für alle Qualitäten intakt.
Störung der Tränen- oder Speichelsekretion wurde nicht beobachtet. Die Zunge war nicht
atrophisch und wurde gerade herausgestreckt. Die Kraft der Kaumuskeln erschien nicht
herabgesetzt. An den Hirnnerven und den Extremitäten wurde keine wesentliche Abweichung
von der Norm wahrgenommen. Kornea, Konjunktiva. Pupillen, Fund, oculi normal.
Bemerkenswert erschien uns in diesem Ealle, daß die
Atrophie über den anatomischen Verbreitungsbezirk des Trige-
minus hinwegschritt, und zwar oben in das Gebiet des Kerv.
occipitalis minor, unten in das des N. auricularis magnus, ein
Umstand, der auch in unserem Ealle zum Zweifel berechtigt, ob es sich bei
dieser Kranklieit um eine wirkliche Trophoneurose des Quintus handelt. Be-
kanntlich ist neuerdings von Möbius eine ganz andere Theorie betreffend
dieses Leidens aufgestellt worden, welches Virchow und Bärwinkel als eine
vom Trigeminus ausgehende Trophoneurose betrachteten. Letztere Annahme
schien durch die anatomische Untersuchung eines von Romberg und später
von Virchow khnisch beobachteten Ealles gestützt; Mendel (565) nämhch fand
bei der Untersuchung des hnken Trigeminus desselben Ealles in sämtlichen
Asten von seinem Ursprung an bis zu seiner Ausbreitung die Endprodukte
einer Neuritis interstitiahs prohferans (Virchow). ^löbius behauptet hin-
gegen, daß es sich in den Eällen von halbseitigem Gesichtsschwunde um die
Wilbrand-Saenger, Neurologie des Auges. II. Bd. I. Abteihing. 'f'
146
Die Hemiatrophia faciei.
Wirkung eines lokalisierten meist von den Tonsillen aus eingedrungenen
Infektionsstoffes handle, und zwar aus dem Grunde, Aveil sich diese dunkle
Krankheit oft an entzündliche Prozesse und Verletzungen der Nachbarschaft
anschlösse (Angina, Zahnabszeß).
Eine andere frühere Hypothese nahm eine primäre lokale Atrophie des
subkutanen Zellgewebes an, infolge deren die elastische Haut die Gefäße kom-
primiere, wodurch dann schließlich die Knochen und Haut selbst atrophisch
würden.
Sehr interessant ist der von Seelig müller beobachtete Fall A'on Hemi-
atrophia facialis nach einer Verletzung des Halssympathikus.
Auch wir möchten daher,
ebenso wie Oppenheim (566) die
Sympathikustheorie der in
Eede stehenden Affektion nicht
so ohne weiteres ablehnen, wie
es Möbius tut.
Anderweitige vasomoto-
rische Störungen bei dieser Er-
krankung fanden wir in folgenden
zwei Fällen:
Graff (40*2) berichtet über
einen 36jährigen Mann, welcher
an progressiver Paralyse auf
luetischer Basis litt und zugleich
die Erscheinungen einer links-
seitigen Hemiatrophia facialis pro-
gressiva darbot. Im Verlaufe der
Erkrankungen traten Blutungen
in die Bindehaut auf und links die
Erscheinung einer Keratitis neuro-
paralytica (keine Sensibilitäts-
störung) mit Ausgang in Phthisis
l)ulbi. Wiederholt stellte sich auch Nasenbluten aus dem hnken Nasengang ein.
Graff führt ferner einen schon früher von uns -erwähnten Fall an, in
welchem bei einem 30jährigen Paralytiker plötzlich zahlreiche Blu-
tungen der Bindehaut sichtbar wurden, die Tränensekretion in der Folge
sistierte, die Hornhäute trocken wurden, aber klar blieben. Die Autopsie
ergab in der einen der Untersuchung zu Gebote stehenden Gehinihälfte
Hämorrhagien in der al)steigenden kleinen Tiigeminuswui'zel und im Locus
caeruleus.
In einer Dissertation hat Max Beei' (567) nachgewiesen, daß unter den
bis jetzt jmblizierten Fällen Aon Hemiatr. facial. ätiologisch die Infektions-
und Erkältungskrankheiten die erste Stelle (44,8%) einnehmen, dann folgen
die Traumen (33,9%) und die Nervenleiden (21,8%); 6,4% sind kongenital
Flg. 2:i.
A. B., 14 jähriges Mädchen mit Hemiatroiihia faciei.
Vasoiiiotorisch-trophischc Störungen bei Triji;cininusaff('ktioncn. 147
nitstiuidcii ; Ixi :iS'\, liinidcltc es sicli um Hautkrankheiten, lieicditäre Be-
lastung war in '27,4:"„ iuiclnveisl)ai'. In '22,:}% waren Sensihilitiitsstörungen
und Neuralgien im Quintu^•gel)iete \(itliiinden.
Aus alledem ist ersiclitücli. dal.) die l'atiiogenese dei' 1 lemia t lopliia faciei
y,iii' Zeil nocli ein Punkel umscliweht . und dalj es fiaglicli ei'sclieint, oh die Er-
niihi'ungsstönnigen im (iesicht hei dieser Kiankhcil mit N'ciiindeiungen im
Quintus üherhaiipl zusanmienhängen.
Daß ahei' 1 i()])hische Störungen hei C^)uintus-]^jikran kuiigen vor-
kounnen, die mit größter Wahrscheinlichkeit auf pathologische Alterationen
in den Bahnen dieses Nerven zurückgeführt werden dürfen, dafür möchten
wir folgende klinische Beobachtungen als Beispiele anfühicn:
§ 146. Eulen hurg (748) stellte eine Patientin vor mit vasomotoiischer
Neurose im Gebiet des Trigennnus. Es bestand vorübergehend hochgradige
Hyperämie und Quaddeleruption, die auch durch Streichen des Gesichts
mit den Händen hervorge)ufen werden konnte.
Blutungen.
§ 147. Li dem Falle T. v. Meyers (334) mit Anästhesie der rechten Ge-
sichtshälfte und Lähmung der Kaumuskulatur floß öfters aus der rechten
Nasenhöhle Blut, die Kapillargefäße der rechten Backe blieben
bis zum Tode injiziert. Die Temperatur der rechten Backe und
Infraorbitalgegend war bis zuletzt 1 — 1,5*' E. wärmer als die der
linken Seite. Die Sekretionen der Nase und Mundhöhle waren nicht be-
einflußt. Kerat, neuroparal. Der Nerv, quintus sowie das GangHon
Gasseri erweicht.
Abercrombie (413) berichtet über einen Kranken mit Anästhesie der
einen Seite des Gesichtes, in der entsprechenden Nasenhöhle und im Auge.
Blutungen von Zeit zu Zeit aus dem linken Nasenlocheund Schmerzen,
von Fieberbewegungen begleitet, in den gefühllosen Teilen. Es stellte sich
häufig Entzündung des linken Auges ein mit Trübung der Hoin-
haut, letztere ulzerierte.
Der Quintus der linken Seite zeigte sich bei der Sektion in der Nähe des
Ganglion Gasseri von äußerst dichter Konsistenz. Hinter dem Ganghon zeigte
er sich in hohem Grade atrophisch, und an seiner Yereinigungsstelle mit dem
Pons Varolii war nichts als ein membranöses Gewebe sichtbar.
Li einer anderen Beobachtung Abercrombies (413) war ein Kranker
von Hemiplegie der Hnken Seite befallen ohne Verlust des Gefühls in Arm
und Bein, während in der linken Gesichtshälfte sowohl Empfindung als Be-
wegung aufgehoben waren. Die Schleimhaut des linken Nasenloches
hatte beständig eine dunkelrote Farbe, und oft fanden Blut-
austritte aus demselben statt. Die Konjunktiva des linken Auges
injizierte sich stark: darauf entstand Trülning und Ulzeration
dei- Hoi'nhaut. und zuletzt gänzlichn Desorganisation des Auges.
10*
148 Vasomotorisch-trophische Störungen bei Trigeminiisaffektionen.
Bei der Sektion fand sich eine Geschwulst in der hnken Hälfte der Varols-
hrücke, welche das austretende fünfte und siebente Kervenpaar gegen den
Schädel gedrückt hatte.
Bei einer lediglich im IL Aste vorhandenen Anästhesie mit zeitweise
eintretenden Schmerzen in der gefühllosen Gesichtshälfte tränte das Auge
oft, die Nase war trocken und ebenso, wie das obere Zahnfleisch
der leidenden Seite sehr zu Blutungen geneigt. Auch gab diese
Kranke Piombergs (311, daselbst S. 257) an, daß die von Anästhesie befallene
Backe bei der Einwirkung der Kälte sogleich blutrot würde, womit die normale
Farbe der gesunden S?ite auffallend kontrastierte.
Auch in dem S. 149 erwähnten Falle von S er res (353) waren Blutungen
des Zahnfleisches auf Seiten der Anästhesie vorhanden.
In der oben erwähnten Beobachtung Graffs (402) mit Hämorrhagie in
der absteigenden Trigeminuswurzel und im Locus caeruleus fanden sich
Blutungen in die Bindehaut der Seite der Trigeminusaffektion,
Auch in den von v. Hippel (404) beschriebenen Fällen sind Blutungen
in die Bindehaut erwähnt.
: .Temperaturerhöhungen usw.
§ 148. In dem Fälle von Long und Egger (336) fand sich Tempe-
raturerhöhung auf der Seite der gelähmten linken Wange. L. Keratitis
neuroparalytica .
In der Beobachtung Huguenins (384, daselbst S. 120) wurde neuro-
paralytische Hyperämieauf selten der Lähmung konstatiert.
Long und Egger (336), Fall IL Anästhesie der linken Gesichtshälfte,
welche in der oberen Kopfhälfte am ausgesprochensten war, Anästhesie der
Schleimliaut l)is zum linken Stimmband (inkl.), links totale Ageusie, rechts
nur auf dem Zungengrund, links Hörschwäche. Von neuroparalytischer Hyper-
ämie oder Keratitis keine Spur, trotz vollständiger Anästhesie der Kornea und
Konjunktiva ; hingegen wurclen öfter auf der linken Gesichts- und Zungenhälfte
vasomotorische Störungen beobachtet: vorübergehende Hyperämie und
konstant tiefere Hauttemperatur.
In einer Beobachtung Ro mbergs (311, daselbst S. 48) hatte die Neuralgie
ihren Sitz im I. Aste des linken Quintus und war von reichhchem Tränenerguß,
vermehrter Wärme und Pulsfrequenz begleitet.
In der S. 149 erwähnten Beobachtung Riglers (428) war die Haut der
anästhetischen Gesichtshälfte auffallend blaß.
In dem Falle Stamms (372, S. 118) war die Mundschleimhaut der rechten
Seite seit dem Eintritt der Anästhesie stets trocken, während die der hnken
Seite feucht erschien.
Nach Homer (418) ist beim Herpes zoster oj^hth. ganz regelmäßig eine
bedeutende Temperaturdifferenz zwischen beiden Seiten nachzuweisen.
Vasomotoj-i.sc'h-tr(i])his('li<' Stru'unycn hei Tiif^cminnsafiVktioiHii. 149
ScllWillid des /:i li iiscli llU'lzeS.
§ 149. Im balle \()ii l.()ii,tj; uimI I'j^'j^ci' (88(), daselbst S. 104) iiiil /ieinlich
kompliziert verteilter Hypästhesie der linken Seite und Atroj)liie der linken
Trigeniinusmuskeln wurde Sclnvniid des Schmelzes der Zähne am linken Ober-
kiefer konstatiert. Links die Konjunktiva stark gerötet, die J\()iiiea, getrübt.
Kei'atitis neur()]»aialytica.
Skorbutartige Zahnlleisch xctiindeiungen mit niutungen.
§ 150. Tn dem Falle von Seiics (ßö'd, daselbst S. 111) mit i'echtsseitiger
Keratitis neuroparalytica und Anästhesie der rechten Gesichtshälfte ent-
zündete sich das Zahnfleisch auf der rechten Seite, zuerst am Oberkiefer, dann
am Unterkiefej'. und (^s entwickelte sich eine skorbutische Affektion, die später
auch auf das linke Zahnfleisch sich ausdehnte, jedoch in geringerem Grade.
Das Zahnfleisch hatte sich an der rechten Seite von den Zahnwurzeln abgelöst.
I)i(> Zähne seilest waren lose. Bei der Sektion fand sich eine Erkrankung des
Ganglion Gasseri. Dasselbe war von graugelber Farbe und an der Stelle, wo
der Ramus ophthalmicus abgeht, gerötet und injiziert. Auch die drei Haupt-
äste nahmen an der Veränderung der Farbe und Struktur teil.
Li der Beobachtung F. v. Meyers (334) mit Anästhesie der rechten
Gesichtshälfte und Lähmung der Kaumuskeln, Keratitis neuroparalytica,
war das Zahnfleisch der rechten Seite in einem Zustande skorbutischer Er-
weichung; aus der rechten Nasenhöhle floß öfters Blut, die Schleimhaut
war exkoiiiert. Sektion. Neuritis und Erweichung des N. trigenünus und des
Ganglion Gasseri.
Trophische Störungen am äußeren Ohre.
§ 151. Eiglei- (428) berichtet ül)er folgenden Fall. Ein Türke stürzte
vom Pferde auf die linke Seite des Kopfes. Links Keratitis neuroparalytica.
Vollstiuidige Anästhesie derhnken Gesichtshälfte im ganzen Gebiete des Quintus.
Die linke Partie der Mundschleimhaut und der Schnei derschen Membran
bluteten bei der geringsten Reizung.
Der Kranke klagte besonders ül)er die ungleiche Farbe seines Gesichtes,
dessen linke Hälfte auffallend blaß und schlaff war, sow'ie.auch über die Un-
empfindlichkeit der linken Mundhälfte und über das stete Wundsein
der linken Ohrmuschel.
Trophische Störungen der anästhetischen Kopfschwarte.
§ 152. Marines CO et Serieux (454) veröffentlichen folgenden inter-
essanten Fall. Eine 40jährige ^lelancholika zog sich durch einen in Selbstmord-
absichtt abgegebenen Revolverschuß eine rechtsseitige Fazialislähmung, eine
Lähmung der beiden oberen Trige minusäste und eine Parese des Nerv.
150 Vasomotorisch-trophische Störungen bei Trigeminusaffektionen.
maxillaris inferior zu. Die Fazialislähmung war eine typisch peripherische
und totale. Die Zunge wich nach links ab, die rechte Hälfte zeigte Atrophie,
Die Anästhesie verschonte nur einen Teil des Gebietes des Nerv, infra-
maxillaris. Alle sensiblen Funktionen waren völlig aufgeholfen; Nadelstiche
nicht schmerzhaft, sondern als ,, Schlag" empfunden, Berülirung wurde über-
haupt nicht, jeder Druck hingegen sofort gefühlt. Spontane Schmerzen
bestanden namentlich im Gebiete des Nerv, supra- und inframaxillaris, das
Korium nicht beschädigt.
Die Haut im anästhetischen Gebiete war glatt, wie infil-
triert und unelastisch; der elektrische Leitungswiderstand er-
heblich erhöht. Die Haut des rechten Lides war auffallend
pigmentarm. Die Wimpern erschienen länger. Das Flaumhaar
der rechten Gesichtshälfte war dichter, die Augenbrauen selbst
dünner, aber nach oben fast bis zur Haargrenze verbreitert.
Die anästhetische Partie der Kopfschwarte war fast haarlos,
aber es kam in Betracht, daß auf derselben zahlreiche Ulzera-
tionen schon längere Zeit bestanden. Das rechte Auge war durch
Ophthabiiie fast zerstört. Die Hauttemperatur der rechten Wange
zeigte sich um 0.7° niedriger als diejenige der linken. Tränen-
und Schweißsekretion sind rechts gesteigert. Schwache Pilo-
karpindosen, welche links unwirksam blieben, steigerten sie
rechts erheblich.
Oberflächliche Exulzeration der Lider und Ödem.
§ 153. Melville Block (791) beobachtete ein angioneurotisches Ödem
der Bindehaut bei einem 32jährigen Manne, einhergehend mit Störungen des
Allgemeinbefindens (Magenbeschwerden). Li drei Tagen war das Ödem wieder
verschwunden.
de Schweinitz (788) sah eine Frau, welche kurze Zeit nach dem Auf-
treten eines Ödems der 01)erlider und der Stirnhälfte von einer heftigen Supra-
orbitalneuralgie der Seite des Ödems befallen wurde.
James Adams (341) beobachtete einen 56jährigen Patienten. Eechts
bestand Ptosis und Lidödem und oberflächliche Exulzeration des
Lides. Eechts Keratitis neuroparalytica. Die rechte Supraorbital-
gegend, sowie die rechte Nasenseite und Nasenschleimhaut waren völlig gefülil-
los. Partielle Anästhesie fand sich außerdem noch in der Submaxillargegend.
Lähmung des HL, IV., V. und VL Gehirnnerven. Sektion. Aneurysma im
Sinus cavernosus.
Im Falle Sachsalber (455) mit doppeltseitiger Trigeminusaffektion luid
doppeltseitiger Keratitis neuroparalytica bestand symmetrisch, ent-
sprechend dem Verbreitungsbezirke des I. Astes, Alopecia areata, ferner doppelt-
seitiger Nasen-, Kachen-, Tul)en- und Paukenhöhlenkatarrh.
Herpes corneae neuralgicus. 151
Alle diese kliiüsclicii Ucohachtuiii^fcii spi-cclicii t'iif die Aiiiiahnie, daß dem
Trige minus trophische l^'unkijoiieii imiewolmeii. Durch welche jjedinginigeii
dieselben in dem spei^iellen Falle in l^jrscheinung treten, ist außerordentlich
schwer zu entscheiden. Geht doch schon aus der Einleitung zu diesem Kapitel
zur Genüge hervor, welch verschiedene Theorien Ijetreffs des Zustandekonmiens
von trophischen Störungen aufgestellt worden sind, als Beweis, daß wir eben
noch vor einem dunklen Gebiete der Pathologie stehen. Es dürften daher solch
apodiktische Aussprüche wie z. B. der Hagelstamms (335) „der Tngemirms
führe keine spezifisch-tiophischen Nervenfasern; auch übten die Zellen des
Gangl. Gasseri keinen direkten trophischen Einfluß auf die peripheren Organe
aus" durchaus verfrüht und nicht gehörig bcgniiidet erscheinen.
Vasomotorisch-trophische Störungen am vorderen Bulbusabschnitt.
a) Heipes corneae neuralgicus [Seh mid t-lii mpier (414)].
§ 154. Klinisch beobachten wir nicht selten gleichzeitig mit heftigen
Schmerzen im Verlaufe des N. supraorbit. und im Auge ein Aufschießen von einer
Anzahl kleiner, wasserheller oder trübgrauer, stecknadelspitz- bis stecknadel-
kopfgroßer Bläschen auf der Hornhaut, Dabei besteht gelegentlich eine ge-
wisse Herabsetzung der Sensibilität der Kornea und Hypotonie des Bulbus.
Diese Bläschen pflegen nach 12 — 18 Stunden fast vollständig verschwunden
zu sein. Das periodische Wiederauftreten, sowie die Schmerzen geben
der Affektion einen neuralgischen Charakter.
Schmidt-Ri mpler (415) beobachtete ein 19jähriges Mädchen, bei welchem monate-
lang täglich nachmittags diese Bläscheneruption auftrat, nachdem 1 bis 2 Stunden vorher
lebhafte Schmerzen in der Stirn und dem Auge bestanden hatten, die auch nach Ausbruch
der Bläschen bis gegen Abend anhielten.
In Ranzohoffs Beobachtung (416) trat die Bläscheneruption mit der Menstruation
ein und war von Lichtscheu, Tränen und Ziliarinjektion, sowie von verengter Pupille, Kopf-
schmerz, Müdigkeit und Appetitlosigkeit begleitet. Einige Tage vor Eintritt der neuen Er-
krankung trat psychische Aufregung, dazu starker Schnupfen, Appetitlosigkeit und ein
Gefühl von Abgeschlagensein auf. Es handelte sich um eine 28jährige Frau, welche seit ihrer
Pubertät an diesem Leiden litt.
In Landesbergs Falle (417) trat bei einem sonst gesunden lojährigen Mädchen
fünfmal in einem halben Jahre, mit den Menses zusammenfallend, eine Eruption kleiner
Bläschen auf einer der beiden Corneae auf. Gewöhnlich heilte die Eruption sehr rasch.
Horst mann (42.'>) beobachtete bei einer 40jährigen, sonst vollständig gesunden
Friseurin das Auftreten einer etwa linsengroßen Blase im Zentrum der rechten Kornea.
Die Patientin führte die Affektion auf eine Verletzung mit einem abgesprungenen Haare
zurück. Es bestand Tränen, perikorneale Injektion und Schmerz in der Supraorbitalgegend.
Die Blase platzte, und nach 2 Tagen war nicht die geringste Abnormität zu finden. Nach
3 Wochen trat wieder Blasenbildung auf demselben Auge ein. Dieser Zustand wiederholte
sich darauf noch achtmal, jedoch begann er jetzt immer mit Schmerzen in der Supra-
orbitalgegend, die Stirnhaut war schwach geschwollen. Das Schmerzgefühl
lokalisierte sich besonders längs des Verlaufes des X. supraorbitalis. Horst mann faßt die
Affektion als eine Neurose, entsprechend dem Herpes zoster frontalis auf. Wir werden später
auf diesen Fall zurückkommen.
152
Herpes corneae neuralgicus.
Auch wir hatten Gelegenlieit, einen selir nervösen älteren Herrn zu beobachten,
bei welchem seit etwa 20 Jahren in Zwischenräinnen von mehreren Wochen bis Monaten unter
heftigen Schmerzen. Tränen, Lichtscheu mid allgemeinem Unbehagen Bläschenkonglomerate,
die wie Trauben aussahen, auf der Hornhaut aufschössen und dem Patienten sehr viel Un-
annehmlichkeiten bereiteten. Aus dem Zustande seines Allgemeinbefindens konnte er immer
das Nahebevorstehen der Bläscheneruption vorhersagen. Als einzigstes Mittel die Beschwerden
Fig. 24.
Nach Kendali: Über Herpes corneae. Zürich.
a) Zweifach natürliche Größe. Gruppe von Herpesbläschen im Zentrinn der Horn-
haut, nach oben kleine, infiltrierte, des Epithels entbehrende Stellen.
b) Herpes corneae catarrhalis. Zweifach natürliche Größe. Herpesbläschen nach innen
und nach innen oben. Oben und außen ein Geschwür mit tiefem oberen Rand, etwas
infiltriert. Die Krankheit besteht seit drei Wochen.
c) Natürliche Größe von a.
d) Ulcus herpeticum. Erkrankinig des Auges seit acht Wochen.
e) Ulcus herpeticum mit Gefäßbildung. Die Krankheit besteht seit 14 Tagen.
des Anfalls rascher zu heben, war das Übergießen der Hornhaut mit einer 6"/q Argentum-
nitricumlösung und sofortiges Neutralisieren derselben mit Kochsalzlösung erprobt worden.
Dadurch wurden die Bläschen zum Platzen gebracht, und waren nach wenigen Tagen die
Reizzustände verschwunden.
ß) Der Herpes febrilis corneae [Homer (418)].
§ 155. Bei fieberhaften Krankheiten schießen oft gleichzeitig mit
Bläschen auf der Haut der Lippen, der Wangen, der Lider unter mehr oder
weniger starker Lichtscheu, Injektion, Tränen und Schmerzhaftigkeit des
Auges, Bläschen auf der Hornhaut auf.
Hinsichtlich der Ätiologie möchten wir hier eines Falles von Sulzer (504) Envälnunig
tun, welcher einen Patienten mit Harnröhrenstriktur und chronischer Zystitis behandelte.
Herpes febiilis corneae. 151?
In dem stark citeilialtiRen Urin fanden sich Sta])iiyl()kokkcn, Pneumokokken und das
Bacterium coli commune. 1 891 wurde eine gewaltsame Dilatation der Haj'nrölire vorgenommen,
worauf eine Eruption von Herpesbläschen an der rechten Hornhaut erfolgte. Die forcierte
Dilatation der Harnröhre wurde im Februar 1898 wiederholt. Einige Stunden nach der
Operation trat heftiger Schüttelfrost auf, die Temperatur stieg auf 41" usw. Als J'atient
nach dreitägiger Bewußtlosigkeit wieder zu sich kam, war das ganze (iesiclit mit Herpes-
bläschen übersät, mit denen sich aucii die Mund- und Bachenschleimhaut bedeckt zeigten.
Beide, Bindehaut und Hornhaut, beteiligten sich an dieser Kruption. Das linke Auge heilte
aus, auf dem rechten Auge kamen mit Regelmäßigkeit alle drei Wochen frische Nach-
schübe von Herpesbläschen in der mittleren H()rniiaiit|)artie. Dieser Zustand dauerte
8 Monate.
Die diese Eru))li()ii he^'leiteiuleii Schnieizeii besclD'äiikeii sich /uweileii
nur auf das Unbehagen, als ob ein Fremdkörper im Auge wäre, zuweilen sind
sie aber unerträglich und nehmen einen neuralgischen Charakter an. Diese
heftigeren Schmerzen will Wangler (42()) schon als Komplikation betrachtet
wissen, weil dieselben bei Fällen, welche gleich anfangs durch einen Schluß-
verband vor sekundärer Infektion geschützt w'orden waren, gewöhnlich nicht
aufzutreten pflegten.
Homer (1. c. [daselbst 331]) sah einmal einen Herpes febrilis auf dem
Augenlid in der Ausdehnung eines Fingernagels, bei welchem merkwürdiger-
weise auch auf der Karunkel ein Herpesbläschen war.
In ihrer anatomischen Erscheinung und in ihrem Verlaufe unterscheiden
sich diese Bläschen in nichts von derjenigen Form, welche wir beim Herpes
zoster frontalis kennen; nur in bezug auf die Veränderung der Druckverhält-
nisse des Bulbus und den Umfang der Homhautanästhesie bieten sie kein
so frappantes Bild wie jener. Wir haben sehr selten Gelegenheit diese Horn-
hautbläschen zu sehen, denn bald nach ihrem Aufschießen platzen sie und
hinterlassen eine epithellose Stelle, welche eine ebenso hartnäcldge als
schmerzhafte Form von Keratitis darstellt. Nach Emmert (419) kann es
bei der Bildung nur eines Bläschens l:)leiben, oder es können sich in der
Nachbarschaft dessellien in der Verteilung, Maulwurfshügeln ähnUch, andere
meist ziemlich rasch nacheinander l)ilden. Naheliegende konfluieren (vgl.
Fig. 24), ihre Ver]:»indungsbrücke ist schmäler als das Bläschen resp. der Substanz-
yerlust sell)st, und es erscheint infolgedessen eingeschnürt. Zu dieser Zeit
können jene baumartig verzweigten Bilder entstehen (vgl. Fig. d) , oder sie
werden unregelmäßig dadurch, daß die einzelnen Substanzverluste durch sich
abstoßende Fetzen am Rande größer werden. Es können auf diese Weise
selbst ausgedehntere flächenhafte Substanzverluste (vgl. Fig. b) zustande
kommen und das ursprüngHche Bild kann verwischt werden. Die Substanz-
verluste haben und behalten in der Mehrzahl der Fälle klaren Grund und
klare Ränder, doch können letztere bei verzögerter Heilung grau w^erden^
aufquellen und durch weitere Veränderungen ein gezacktes Aussehen bekommen
(vgl. Fig. b).
Die Decke der Bläschen wird wahrscheinlich nicht nur vom Epithel,
Sondern auch aus einer Lage oberflächlicher Kornealsubstanz gebildet. Für
diese Annahme spricht der Umstand, daß die Tiefe älterer herpetischer Ge-
154
Herpes febrilis corneae.
schwüle sehr bedeutend ist und unter Umständen bis in die mittleren Schichten
der Kornea reicht. Wir geben hier die Abbildung des einzigen mikroskopischen
Befundes, der bis jetzt von einem herpetischen Substanzverluste der Kornea
gemacht werden konnte, durch Haab (503).
Es handelte sich um einen Fall von Herpeseruption von einem sehr schwachsichtigen
Auge eines Geisteskranken. Unter starken Reizerscheinungen entwickelte sich eine Herpes-
eruption, die im oberen Teile der Kornea ein ganz charakteristisches, sich gabelig teilendes
Geschwür verursacht hatte. Dasselbe zeigte intra vitam ein ganz typisches, reines, nicht
infiziertes Herpesgeschwür.
Während nun die Regeneration eines Epitheldefektes bei normaler Horn-
liaut z. B. nach Trauma, eine sehr schnelle ist, so zeigt sich beim Herpes corneae
E B E^ C E^ H
D C
Fig. 25.
^ach Haab im Lehrbuche der speziellen pathologischen Anatomie von Ziegler. VIII. Auflage.
Jena. G. Fischer 1895.
Herpes febrilis corneae, Ulkus in Reparation begriffen, drei Wochen nach Beginn der
^Erkrankung.
C Kornea.
B Bowmansche Membran.
D Descemetische Membran.
E Kornealepithel.
E^ Epithel, welches die Wände der Ge-
schwürsgrube Ijckleidet.
G Geschwürsgrund infiltriert.
J Infiltrat unter dem Geschwürsgrund.
die Regeneration des Epithels auch bei zarten Defekten meist äußerst ver-
langsamt. Dieses charakteristische langsame Heilungsbestreben hängt wohl
enge mit der bei Herpes in der Regel zu beobachtenden, ganz fehlenden
oder nur mangelhaft entwickelten Vaskularisation zusammen. Ob diese
wiederum der Ausdruck einer vorhandenen vasomotorischen Störung ist,
bleibt dahingestellt.
Auch in dem eben erwähnten Falle Haabs (Fig. 25) ließ die mikroskopische
Untersuchung keine Gefäßbildung in der Hornhaut nachweisen.
Der längere Bestand eines herpetischen Substanzverlustes vermehrt
selbstverständlich die Gefahr einer Infektion von außcni, wonach dann meist
-auch Hypopyon und Iritis sich entwickelt.
Herpos febrilis corneae, 155
Bezüglich der eigcntiiniliclieii l'^onii der iH^rpetischen Geschwüre kommt
Hagenauer (424) zum Schhisse, daß die ..Fuichtnikeratitis" von Hansen-
Grut, — dit^ ..Keiatitis deiidritica" von I*j mmert, Haltenlioff , Hock
u. a., sowie dif .31 alaria-Keratitis" von Kipj) identisch mit (Hescr Kraiik-
heitsform seien. Emmert und HaUcnhot'f betrachten jedocli die Keratitis
dendritica für eine Krankheitsform sui generis.
Bei der Langsamkeit der Epithelregeneration und hei der Gefahr der
Infizdeiung kommt es leicht zu bleibenden Hornhauttrübungen, und dies um
so eher, je tiefgreifender der Substanzverlust der Kornea gewesen. Häufig
findet al)er auch V)ei der Heilung eine Regeneration des Epithels ohne bleibende
Hornhauttrübung statt und namentlich in denjenigen Fällen, bei welchen
die Blasenl)ildung nur eine <)l)erflächliche gewesen war, und die aucli darum
rasch heilen.
Zuweilen wird man erst auf die herpetische Natur eines Kornealgeschwürs
aufmerksam, wenn ein solches bei gleichbleibendem Umfange trotz längerer
Behandlung keine Neigung zur Reparation zeigt.
Nach Hagenauer (424) kann man ganz deutlich durch das genauere
»Studium der vorhandenen Maculae corneae, welche in der Regel noch die be-
kannte buchtige Begrenzung zeigen (vgl. Fig. 24b) die früher stattgehabten
Anfälle von Herpes corneae febrihs konstatieren.
BezügUch der Dauer der Erkrankung ergibt sich analog dem, was auch
Kendali (427) darüber sagt, daß in inkompKzierten Fällen der Patient kaum
vor der vierten Woche aus der Behandlung entlassen werden kann, und daß
in kom})Uzierten oft ebensoviele Monate nicht genügen.
Was die Häufigkeit des Herpes febrilis corneae betrifft, so fand Wangler
(426) unter 24 651 Kranken der Züricher AugenkUnik nur 111 mit Herpes
corneae. Nach Kendali (427) fanden sich unter 26 328 Patienten 115.
Für R. Jocqs (420) ist der Herpes corneae eine Form des Herpes
zoster Ophthal micus, ))ei der die Hauptsymptome fehlen. Nach der Be-
schreilumg zweier Fälle macht cüeser Autor auf die von ihm beobachtete
Hyperästhesie der Kornea, die starke Miosis, gegen welche Atropin fast
unwirksam bleibe, im Gegensatz zur Keratitis neuroparalytica auf-
merksam. Demgegenüber wurde jedocli in 2 Fällen unter den von Kend all (427)
angefülu'ten Beobachtungen eine Anästhesie der Hornhaut gefunden.
Dieselbe war nicht auf die ganze Kornea ausgebreitet, sondern beschränkte sich
nur auf das Gebiet des Epithelverlustes und ging nach der Epithelregeneration
wieder zurück. Wenn aber Galezowski (421) die lokale Anästhesie im Be-
reiche der Herpeseruption als besonders wichtig bezeichnet, so muß hervor-
gehoben werden, daß die Anästhesie der Hornhaut vielmehr den Herpes
zoster Ophthal micus charakterisiert. Als weitere KompUkationen, welche
bei dem letzteren häufig sind, konnte Kendali für den Herpes corneae febrihs
bei drei Fällen eine Verminderung des intraokularen Druckes, bei vieren
Iritis mit Hypopyon, einmal neuralgische Schmerzen im IL Trigeminus-
156 Heipes febrilis corneae.
aste, in 8 Fällen Iritis als alleinige Komplikation, ebenfalls in 8 Fällen Hypo-
pyon als einzige Komplikation konstatieren.
§ 156. Um festzustellen, ob bei Herpes corneae das Entstehen der
Blasen auf nervösem Einflüsse beruht, führte Paris otti (4'22) einen sehr
feinen Seidenfaden durch die Peripherie der Kornea in die vordere Kammer
und führte ihn 2 — 3 nun davon entfernt in demselben Hornhautmeridian wieder
heraus. Die beiden Enden des Fadens Imüpfte er darauf fest zusammen.
Die gleiche Operation wurde darauf am gegenüberliegenden Hornhautrande
ausgeführt. Nach 8 Tagen glaubte Parisotti auf dem eingeschlossenen Horn-
hautstück kleine Bläschen bemerkt zu haben und folgert daraus, daß die
Bläschenbildung nicht eine Folge der fehlenden Lmervation sei, soweit es
wenigstens die sensiblen Nerven angehe. Sei dem, wie es wolle, jedenfalls
liegt die Ähnhchkeit der Kornealaffektionen beim Herpes febrilis resp.
Herp. corneae mit denen des Herpes zoster ophtha! micus, welche
sogar, was die Bläschen anbelangt, von Homer für identisch angesehen wurden,
nahe. Ferner drängen uns die so häufigen starken Eeizerscheinungen am
vorderen Bulbusabschnitte resp. die Trigeminusneuralgie bei Herpes corneae
febrilis, dann die Hyp- und Anästhesie der affizierten Kornealpartie, der so
außerordentlich verlangsamte Heilungsverlauf der kornealen Substanzverluste,
das gleichzeitige Aufschießen von Bläschen auf den Lidern und, wenn auch
selten, auf der Bindehaut, einerseits die Ähnlichkeit mit dem Herpes zoster
ophthalmicus. geradezu auf, und es bleibt darum auch wohl kein Zweifel, daß
die hier beschriebenen krankhaften Augensymptome in ähnlicher Weise wie
beim Herpes zoster ophthalmicus als der Ausdruck einer vasomotorisch-
trophischen Störung im Gebiete des Augenastes des Nerv, trigeminus angesehen
werden müssen
In dieser Hinsicht gibt folgende Beobachtung Fromagets (505) zu
denken.
Eine 20jährige Patientin hatte vor zwei Jahren in der rechten Zervikalgegend
einen Abszeß infolge Vereiterung tuberkulöser Lymphdrüsen. Jetzt zeigen sich auf der
rechten Hornhaut mitte interessante Veränderungen als Narben, Geschwüre und Blasen.
Die Narben rühren von früheren Geschwüren, und diese von vorausgegangenen Blasen her.
Die Blasen sind 3 mm lang, 2 mm breit, haben einen klaren Inhalt, es besteht keine In-
filtration der Hornliaut, in der Umgebung aber ein hoher Grad von Anästhesie. Der
Druck war an diesem Auge erhöht, es bestand Zyklitis, deren Ursache nicht festgestellt
werden konnte. Sorgte man für Herabsetzung des intraokularen Druckes, dann traten die
Blasen nicht wieder auf.
Gerhard (790) hat für den Herpes febrilis, der meist am Lippenrande,
oft aber auch an anderen Stellen des Gesichtes auftritt, folgende Erklärung
abgegeben. Die Nervenzweige des Trigeminus verlaufen mit den im Gesichte
sich verzweigenden Gefäßen durch che engen Knochenkanäle. Während im
Kältestadium des Fieberanfalles eine Kontraktion der Gefäße erfolgt, wird
im Hitzestadium durch die Ausdehnung derselben ein Druck auf die Ni^rvc^n-
äste ausgeübt, welch letzterer reflektorisch die Bläscheneruption hervorruft.
Hei-p^s zoster ophtlialmuiis. 157
y) Ih'V Ht'ipes zost(,'i- opli tlia 1 iiii cus.
§ l")?. 'I)<'i' ll('V|)('S zoster ist vhw (nitzüiidliclic Hautaft'cktiou, welche
iliircli (las Aiiftivlcn noii iUäsclicii ciitsprccliciul den pjiKlaushicitungen eines
sciisihleii Nerven charakterisieil ist. Mine Verbreitung dieser Effloi'eszenzen
im Bereif'lH' des Nei'vus supi'atrochli'aris und su])ra()i'l)italis faßt man gewöhn-
lieh unlcr der lie/eichnung Her})es zostei' frontalis s. opli t li al micus
zusammen. Beim Herpes zoster werden die Lider, sowohl das obere als das
untere, Sitz der Effloreszenzen, wenn dieselben längs des Verlaufs des L und
IL Astes des Nerv, trigeminus auftreten. Erfahrungsgemäß trifft aber die
überwiegende ]\Iehrzalil aller Trigeminusaffektionen den L Ast des Nerv, quintus.
l)a die sämtlichen Verzweigungen des I. Astes: der Nerv, frontalis mit
d.'Ui X. supraorbitalis und supratrochlearis, der Nerv, nasociliaris
mit dem hier allein in Betracht konnnenden Aste, dem Nerv, infratro-
chlearis und Nerv, lacrymalis sich in dem oberen Lide ausl)reiten, so
konmit es auf den Sitz der Effloreszenzen an, um die eine oder die andere Ver-
zweigung als affiziert zu betrachten. Ist wie auf Eig. 28 die Haut der äußeren
Lidkommissur mitbetroffen, so fällt dies einer Erkrankung des Nerv, lacry-
malis zur Last, ist zugleich die Haut des inneren Lidwinkels und der Nasen-
seite mitbetroffen, so ist der Nerv, inf ratrochlearis der Schuldige. Meist
wird jedoch nur der Supratrochlearis und Frontalis, und zwar einseitig
befallen. Unter 20 Fällen der Zusammenstellung Wanglers (426) war nur
einmal der IL Ast befallen. Kendall (427) hat in ihrer Dissertation ebenfalls
einen dahingehörigen Fall beschrieben. Siehe auch den Fall I. V und VI der
Dissertation von Pacton (434) und den Fall Samelsohns S. 159. Bei der
Seltenheit der Fälle ist es wohl gerechtfertigt, kurz noch hier zwei Be-
od)achtungen aus der Augenabteilung des hiesigen Kiankenhauses anzuführen
(Dr. Mannhardt).
L. C, 33 Jahre alt. Kornea frei, linke Stirn, linke Nase, sowie das obere und untere
Augenlid (vgl. Fig. 15, S. 35) mit Bläschen besetzt und gerötet.
B. E., 26 jähriges Dienstmädchen. Seit vier Jahren Anschwellung der rechten Augen-
gegend, bis an die Haargrenze reichend.
Rechts Odem der Lider und der Umgebung bis über die Haargrenze hinaus, in der
Mittellinie wie abgeschnitten. Conjunctiva paljjebrarum hyperämisch. Die Conjunctiva
bulbi zeigt starke Cliemosis. Das Sekret in der Lidspalte enthält reichlich Xerosebazillen,
Staphylo- und Streptokokken.
Auf der ganzen geschwollenen Partie Blasenbildung. Die Stelle entspricht dem Aus-
breitungsgebiete des N. supraorbitalis. Bulbus frei.
Vier Tage später wurde auch der Bezirk des IL Astes des Trigeminus
von der Herpeseruption ergriffen.
In tüesem letzteren Falle war also anfänghch nur der Eamus ophthalmicus
erkrankt, durch einen Nachschub verbreiteten sich aber die Bläschen' auch
auf den IL Ast.
Selten ist auch das Befallenwerden aller sensiblen Äste des Trigeminus,
wie in eiift^r Beobachtung von Moers (430), vgl. Fig. 29, oder der einzelnen
kleineren Aste.
158 Herpes zoster ophthalmicus.
So beschreibt Rossander (431) einen Fall von Herpes zoster ophthalmicus, dem
inneren Aste des N. infraorbitalis allein entsprechend, und Halten hoff (432) einen Herpes
im Bereiche des Nasoziliaris ohne Beteiligung des Frontalis und Lakrymalis.
Im zweiten Falle von Moers (I.e.) bestand ein Herpes doppeltsei tig symmetrisch
an Wange und Kinn, also auf die Partien des III. Astes beschränkt.
Die Bläscheneruption kann auch die Schleimhaut der Nase befallen, wie
in der Beobachtung von Joy Jeffries (506) und in den Fällen 1, 5 und 6 von
Pacton (434), außerdem finden wir auch Angalien über Verstopfung der Nase
wie z. B. in einem Falle von Hutchinson (507).
§ 158. Nicht selten wird die Erkrankung eingeleitet durch allgemeines
Unbehagen, gastrische Störungen und Fiebererregungen, bis dann plötzlich durch
Ausbruch des Herpes die wahre Natur des Leidens hervortritt. Bei anderen
aber entwickelt sich die Krankheit unvermittelt, wie in dem folgenden Falle
aus der Augenabteiluiig des allgemeinen Krankenhauses (Dr. Mannhardt).
M. H., 22 jähriges Dienstmädchen, Seit zwei Tagen, nachdem Patientin vorher ganz
gesund gewesen war, plötzlich heftige, schießende Schmerzen in der Umgebung des linken
Auges und der linken Kopfhälfte. Auf der Stirn und dem linken Oberlide zahlreiche Bläschen.
Unterhalb des Auges finden sich nur einige wenige, isoliert stehende bis nach der Nasen-
spitze hin. Das obere Lid, auf welchem sich einige Effloreszenzen fanden, ist sehr gerötet
und ödematös, das untere nur wenig, so daß das Offnen der Lidspalte kaum mehr gelingt.
Konjunktiva gerötet, Kornea klar.
§ 159. Am häufigsten gehen Schmerzen mit dem Charakter der Neuralgie
mehr oder weniger lange Zeit dem Aufschießen der Bläschen voraus, oder
dieselben setzen gleichzeitig mit der Herpeseruption ein, wie in einem Falle
von Cohn und Jacksch (510). Wenn nun auch in seltenen Fällen beim
Herpes zoster ophthalmicus begleitende Schmerzen nach den Angaben von
Hardy (508) und Bärensprung (509) in der Tat fehlen können, so gehören
dieselben doch zu den konstantesten und quälendsten Symptomen
cheser unangenehmen Krankheit. Nur bei wenigen hören die Schmerzen im
Gebiete des befallenen Nerven mit der Bläscheneruption auf, so z. B. in dem
Falle von Sae misch und Kock (438), bei vielen aber überdauern sie mehr
oder weniger lange die Bläscheneruption. Bei 98 Kranken aus der Zusammen-
stellung Hj'bords (445) w-ar dies 27 mal der Fall. Bei denjenigen Beobach-
tungen aber, bei welchen, wie z. B. im Falle Mackenzie (393), die Bläschen-
eruption von den Schmerzen um drei Monate überdauert wurde, oder wie
im Falle Vernon (433). wo die Neuralgie vor Ausbruch des Herpes einen
Monat dauerte, oder wie in der Beobachtung 2 A'on Pacton (434). bei welcher
(he Neuralgie im Supraorbitalis 25 Jahre laug l)is zum Ausbruche des Herpes
zoster bestanden hatte, darf man wohl annehmen, daß ein Herpes zoster als
Komplikation zu einer vorhanden gewesenen Neuralgie hinzugetreten
war. Die Schmerzen sind oft plötzlichen Exazerbationen unterworfen, sie können
unerträglich werden; sie steigern sich zuweilen nachts und rauben dem Patienten
die Nachtruhe. Die Schmerzen bleiben meist auf das Grebiet des Eamus oph-
thalmicus beschränkt, sie können aber auf die anderen Äste des Trige-
niinus irradiieren, wie z. B. in dem Falle von Cohn und Jacksch (510),
Herpes zoster oplithalinious, 159
bri Avclcliciii iichni der Su])ia()rliit:iliiiiiiiil;j;it' noch rciUciidc Schiiiei'zcii in den
Zälnicn aiil'tiatcn. und der Mund \vcni<i;('i- geöffnet wei'den konnte. In der
Beobachtung 2 von Hutchinson (5U7) gingen der Bläscheneruption und der
Supraorl)itahieuralgie Schmerzen im Okziput und im Halse voraus. Bei einem
anderen Falle dieses Autors war auch di(» Gegend des Processus mastoideus
schmerzhaft, bei einem Falle von Bowater (511) auch das Ohr. Am häufigsten
jedoch beschränken sich die Schnicr/cn auf diejenigen Zweige des Trigeminus,
welche (h'ii Sil/, der Hei'pesriiiittion Itildm.
Sclinieizen im Bulbus finden wir oft angegeben. Dabei ist das Auge
leicht i'cizbar, zeigt Lichtschein und Injektion. Sehr interessant ist in dieser
Hinsicht die folgende Beobaclitung von (Jould (191).
Difser behandelte einen Patienten , dei' nach einer unzweifelhaften Erkältung an
Photophobie mid Tränenlaufen, verbunden mit den heftigsten Schmerzen, erkrankt war
mid außer einer lioeligradigen Hyperämie der Konjunktiva und leichter Verschleierung der
Papille keinerlei Entzündimgserscheinungen darbot. Nach drei Wochen trat eine Iritis
inid am .35. Tage plötzlich eine typische Erviption von Herpes zoster am oberen imd unteren
Lide auf.
Gould glaubt die Ursachen dieser Erscheinungen in einer Trigeniinus-
affektion suchen zu dürfen, in einer peripheren Neuritis, die er als ,,Ophthalmo-
Neuritis" bezeichnen möchte. Die vasomotorischen Beziehungen des Eamus
ophthahnicus sollen hierbei die plötzliche, ausgedehnte und persistierende
Bindehautrötung erklären, entweder mittels direkter Einwirkung auf die
Kapillaren, oder auf dem Wege einer Eeflexneurose. Dieselben Beziehungen
wären auch für die Tränensekretion und Lichtscheu gültig. Der außerordent-
hche und unaufhörliche Schmerz sei eine ganz natürliche Folge. Die Iritis oder
Uveitis sei als ein späterer und sekundärer Zustand zu deuteir, der entw'eder
durch die Fortpflanzung der Entzündung von der nervösen Substanz auf das
Stroma, oder durch vasomotorische Störungen hervorgerufen worden sei.
Die Komplikation der Papillitis und Retinitis könne ebenso erklärt werden.
Sanielsohn (441) beobachtete folgenden hochinteres^santen Fall:
Ein IS jähriges Mädchen stellte sieh wegen eines starken P>eizziistandes ihrer Vjciden
Augen vor. Die Untersuchung ergab eine ganz leichte katarrhalische Affektion beider Con-
junctivae, mit welcher die heftigen subjektiven Beschwerden von Lichtscheu, Kopf- und
Augensehmerzen in keinem richtigen Verhältnisse zu stehen schienen.
Tags darauf hatten die Schmerzen bedeutend zugenommen, die Augen waren außer-
ordentlich lichtscheu und boten das Bild einer tiefen perikornealen Injektion, ohne
daß an der Konica, der Iris, die eine exakt i^eagierende Pupille darbot, oder an den übrigen
Fonngebilden sich die geringste \'eränderung darbot, aus der die perikorneale Injektion ge-
deutet werden könnte.
Am nächsten Tage zeigte sich nebst Steigerung der vorhandenen S\Tnptome, unter
denen jetzt in erster Reihe der heftige Kopfschmerz hervortrat, eine fleckige Röte der Stirn
und beider Lippenpaare, desgleichen eine solche der Infraorbitalregion, bis zur Xase und den
Lippen ausstrahlend. Am nächsten Morgen war das typische Bild eines doppelseitigen Herpes
zoster facialis im Bereiche des I. und IL Astes vorhanden.
Miff dem Ausbruche der Herpeseruption war jede subjektive, wie objektive Reiz-
erscheinrmg von selten des Auges verschwimden.
16Ö
Herpes zoster ophthalmicus.
In direktem Zusammenhang mit dieser Schmerzhaftigkeit des Bulbus
lind der gesteigerten Empfindlichkeit des Trigeminus überhaupt steht die
Lichtscheu, über welche von so vielen Autoren im Beginne des Leidens
berichtet wird. Sie ist eines der häufigsten und charakteristischsten Symptome
beim Herpes zoster ophthalmicus und erklärt sich leicht aus der gesteigerten
Beizung, w^elche im sensiblen Trigeminusgebiete herrscht (vgl. S. 85, § 91).
§ 160. Mit dem Auf-
treten des Herpes rötet
sich die Haut und wird öde-
matös, so daß sie sogar
zur Verwechslung mit
Erysipel führen kann, wie
in einem von Dan los (435)
beobachteten Falle. Hier
schwankte durch mehrere
Tage die Differentialdiagnose
zwischen Herpes und Ery-
sipel, insbesondere wegen
retroaurikularer Drüsen-
schwellung ■ und starkes
Ödem der ganzen Gesichts-
hälfte. Die Diagnose auf
Herpes wurde wesentlich
auf Grund der Erscheinung
gestellt, daß die Zone der
Bläschen von anästhetischen
Stellen durchsetzt war, an
welchen ein Nadelstich kaum
gespürt wairde. Ähnlich ver-
hielt es sich im folgenden
Falle (Abteilung des Herrn
Professor Lenhartz).
Fi-. 26.
H. L.. 43 jähriger Arbeiter. Narbenbildung nach Herpes
zoster ophthahnicus.
H. L., 43 Jahre alt, Arbeiter,
immer gesund gewesen.
Am 7. VI. 1900 fiel Patient
gegen eine Mauei' und trug eine Beule an der rechten Seite des Kopfes davon.
Am 13. VI. Schwellung und Rötung der Umgebung derselben, welche allmählich auf
die ganze rechte Gesichtshälfte übergriff und den Eindruck eines Erysipels machte.
Stat. praesens 15. VI.: Die ganze rechte Gesichtshälfte geschwollen und gerötet.
Die Schwellung schneidet mit scharfem Rande ab. Auf der geschwollenen Haut zahlreiche
gelbe Bläschen mit trübem Inhalte. Das rechte Auge ist durch Ödem der Lider vollständig
geschlossen. An der rechten Seite des Halses ist die Haut sehr stark ödematös gesehwollen.
Die Kopfhaut ist rechts ebenfalls ödematös und mit Bläschen bedeckt. Die Anordnung der
Bläsehen entspricht dem Verlaufe des oberen Trigeminusastes.
Die Pupillenverhältnisse normal.
Herpes zoster oplifhalmious.
161
Die iinfj;etriil)t(' Kornea zeij^t liecabgesetzte l'^mptindlicliUcit.
Die Konjuiiktiva des rechten Au<fes stark injiziert.
Die Seluveliun<f der Haut ist aueli auf die Au<f('nlidcr drs linken Auges übergegangen.
22. VJ. An Stelle der früheren Bläschen l)raun ])ignientierte Narben, siehe Fig. 26.
Der obere rechte Trigeniinusast ist am Augenwinkel stark druekempfindlich. Patient klagt
über starke Schmerzen in der rechten Kopfhaut.
2. \'ir. Die Sensibilität im I. Trigeniinusaste herabgesetzt mit scharfer Trennungs-
iinie in der Mitte.
7. \'II. Klag(>n über halbseitige Schmerzen rechts in der Kopf- luid Stirnliaut. Die
Konjunktiv alinjektion geringer.
12. VII. riiotographie auf-
genommen siehe Fig. 26.
1 8. V 1 1. Die Konj unktivitis
dauert rechts noch fort.
17. VII. Konjunktiva nicht
mehr injiziert.
Zinvcilcii hcstt'lit, wie
im yi\]\v (liiisbci'g (-l'^B)
nur eine fleckweise
Hyperämie ohne Schwel-
lung der Haut in dem
Gebiete, auf welchem dann
die Herpes bläschen auf-
schießen — dabei sind ge-
wöhnlich dieLv mp h d r üs e n
des Ohres geschwollen.
Meist schießen jedoch
auf einer ödematös geröteten
Hautfläche die Bläschen
auf, die teils vereinzelt
stehen, teils sich zu großen
Blasen vereinigen wie in
den Abbildungen Figur 27
und 31. Die Bläschenerup-
tion kann dabei sich auf
einzelne Zweige des Eamus
ophthalmicus beschränken,
oder über alle Aste desselben gleichmäßig verteilt sein, hauptsächlich ist aber
das innere Drittel der Stirn und die darüber liegende Hälfte der behaarten
Kopfhaut l^ef allen. Zuweilen findet man auch die Bläschen reihenweise in
vertikalen Linien oder in Gruppen angeordnet. Vgl. Fig. 31, S. 166. Auch
auf der Nasenschleimhaut finden sich dieselben, wie schon früher hervor-
gehoben wurde.
Häufig hat es bei einer einmaligen Eruption von Bläschen sein Be-
"^\-enden. In anderen Fällen aber schießen schubw^eise che Bläschen auf wie
in dem 'S. 163 erw'ähnten Falle Bowmans und dem folgenden Falle unserer
Beobachtung.
Wnbrand-Saenger, Neurologie des Auges. II. Bd. I. Abteilung. 11
Fig. 27.
Luise P., 6 Jaln-e altes Mädchen. Herpes zoster oph-
thalmicus. Konfluieren der Bläschen.
162 Herpes zoster ophthalmicus.
Luise P., 6 Jahre alt. Kleines, gut genährtes Mädchen (Abteilung des Herrn Pro-
fessor Lenhartz): Fig. 27.
10. VII. 1900. Eltern und Geschwister gesund. Vor Jahresfrist litt das Kind nach
Aussage der Eltern an derselben Stelle genau an dem nämlichen Ausschlag, der es jetzt seit
8 Tagen auf der rechten Stirn befallen hat.
Auf der letzteren, genau mit der Mittellinie abschneidend und die Höhe des äußeren
Augenwinkels nach unten hin nicht überschreitend, Zosterblasen oft von recht beträclit-
licher Größe, welche sich auch auf die behaarte Kopfhaut erstrecken. Die größte Blase hat
eine Ausdehnung von 4 : 1,5 cm. Dieselben sind von einem feinen, zarten Hofe umgeben,
ragen mit ziemlich steil ansteigenden Wänden 2 mm empor und zeigen in der Mitte eine
leichte Delle. Der Inhalt ist trüb serös. Die großen Blasen sind aus kleinen konfluiert. Eine
zirka einpfenniggroße Blase vom Margo supraorbitalis hat ein deutlich hämorrhagisches
Zentrum. Einzelne feine Bläschen finden sich am oberen Augenlide.
Bei Berührung der rechten Hornhaut besteht Anästhesie derselben, ebenso im Gebiete
des N. frontalis dexter. Berührungen werden hier nicht empfunden.
Die Hornhaut ist absolut klar, die Konjunktiva nicht injiziert.
Die Pupillen sind gleich weit, von prompter Reaktion.
Die Bewegungen der Bulbi frei.
Leichtes Ödem des Oberlids.
13. VII. 1900. Nachschübe von neuen Bläschen auf der rechten behaarten Kopf-
häUte, während die Blasen auf der Stirn im Eintrocknen begriffen sind.
16. VII. 1900. Die Anästhesie ist nicht mehr nachweisbar. Keine Schmerzen im Gebiete
des alterierten Nerven.
24. VII. 1900. An Stelle der kleinen Bläschen glänzend weiße, in der Mitte etwas ein-
gesunkene Narbe-n. Der Bezirk der größeren Blasen noch mit Borken bedeckt.
§161. Die Zahl der Eruptionen ist eine sehr wechselnde. Sie kann so
bedeutend sein, daß die einzelnen Bläschengruppen konfluieren (siehe Fig. 27
und 31), oder nur schmale Zwischenräume freibleiben. In anderen Fällen ist
nur Kötung und Schwellung, und ganz vereinzelt ein Bläschen vorhanden, wie
in dem folgenden von uns beobachteten Falle.
Während einer Zeit, in welcher epidemisch Herpes zoster auftrat, bekam eine blühende
45jährige Dame nach einer sehr erhitzenden Radeltour mit kaltem Regen plötzlich heftige
Schmerzen im Gebiete des rechten Frontalis, dann leichte Rötung und Schwellung der Haut.
Auf derselben kam es zur Entwicklung von nur einem Bläschen. Nach 4 — 5 Tagen trat aber
auch auf der rechten Hornhaut eine Bläscheneruption hervor. Die Kornea sowohl, wie das
ganze Gebiet des I. Astes war in der Empfindlichkeit herabgesetzt, wiewohl noch heftige
Schmerzen in der Stirn fortbestanden.
§ 162. Der anfänglich seröse Inhalt der Bläschen trübt sich bald, wird
eitrig und trocknet schließlich zu einer Kruste ein, die ein mehr oder weniger
tiefes Geschwür deckt, wie in der folgenden Beobachtung:
Katharina T., 64 Jahre alt. Fig. 28. Patientin wurde seither wegen Phlegmone am
Beine in der chirurgischen Station behandelt. Vor mehreren Tagen trat plötzlich links Kon-
junktivitis und Bildung eines sehr schmerzhaften Herpes zoster ophth. auf.
16. X. 98. Gegend über dem linken Auge bis zur Haargrenze und darüber hinaus ge-
rötet, geschwollen, schmerzhaft und aus verschiedenen kleinen und großen Pusteln lebhaft
nässend, einzelne Blasen mit hämorrhagischem Inhalt. Lider des linken Auges gerötet und
ödematös. Starke Konjimktivitis links.
Auf dem rechten Auge geringe Konjunktivitis ohne Lidödem.
Nach Erweiterung beider Pupillen durch Atropin ergibt sich, daß die beiden Linsen.
in ihren hinteren Rindenschichten diffus grauweißlich getrübt sind.
Projektion beiderseits richtig S ^- 1 in 2 Motor.
Hcrjic's zoster (iplitlialitiicus.
163
IH. Xf. Das (i('l)ict des linken Xei\'. liiL'fininus { Xei\-. supiaorlntalis) ist noeli sehr
sc'hnierzliaft und gerietet; keine nässenden Stellen mehr vorhanden. Xaclits heftige neur-
algisehc .Sehmerzen. L. Kornea normal. Ks Ix-steht noeh lebhafte Konjunktivitis.
15. XII. Sehmerzen etwas gebessert. Die (hegend des linken Nerv, sninaoihitalis ist
aber noch sehr druekempfindlich.
22. II. 99. Seit mehreren Wochen ist Patientin fast ganz schmerzfrei. Gutes Allgemein-
befintlen. Noch starke Rötung über dem linken Nerv. su])raorbitalis und mäßige Konjunk-
tivitis, Linsen unverändert. (Auf Wiuiseli entlassen.)
Weil nun liciiii Hci]>('S /oslcf der geschwünge Substtur^detVkt in das
Koriuni cindrini^M. so hlcihcn auch meist durch das ganze Lehen hin(hnch
die Nailu'ii siehthai'. im (icgen-
satze zum Herpes irhiihs. denn
bei diesem ist meist innncr (he , -•
Epideiniis nur durch Flüssigkeit
abgehoben, und findet auch dem-
gemäß eine Eestitutiü in integrum
statt. Oft noch spät im Lel:)en
kann man an dem Sitze dieser
Narben, eventuell im Vereine
mit Hornhauttrübungen, nach-
weisen, daß das betreffende In-
dividuum einmal von einem Herpes
zoster ophthalmicus befallen ge-
wesen war. Nicht alle Blasen
hinterlassen jedoch eine Narl^e,
es gibt auch Fälle, ohne daß
solche zurückbleiben, ^^de in den
Beobachtungen von Joy Jeff-
ries (506), Bowman (512) und
Charcot (513). Die Narben sind
anfangs rot, werden aber später
glänzend weiß.
Die Dauer der Eruption be-
trägt ungefähr drei Wochen.
Nach der Eruption bleilit die Haut häufig lange reizbar und kon-
gestiomert.
§ 163. Die kutane Sensibilität ist meist nach der Eruption ver-
mindert oder aufgehoben. Zuweilen besteht auch schon die Abnahme der
Sensibilität vor der Eruption. Nicht selten tritt die SensilnKtätsstörung in
der Form der Anaesthesia dolorosa auf. Wie lange diese Sensibilität^;-
störungen anhalten, läßt sich mit Sicherheit nicht bestimmen, weil die meisten
Menschen nach einigen Wochen sich der Beobachtung entziehen. Homer (418)
konnte noch D/2 ^lonate nach Ablauf des Herpes eine sehr bedeutende Herab-
setzung« der Sensibilität und Vergrößeiimg der Tastkreise an der erkrankt
gewesenen Hautstelle nachweisen. Bowman (512) erzählt, daß bei einem
11*
i /
Fis. 28.
Katharina T.. 64 Jahre alt. Herpes zoster oph-
thalmicus. Krustenbildung.
164
Herpes zoster ophthalmicus.
seiner Patienten noch ein Jahr lang nach der Eruption die Haut der Stirn,
taub und doch schmerzhaft gewesen sei. Michel (638) beobachtete nach
zwei Jahren noch partielle Anästhesie der Kornea.
Kutane Hyperästhesien wurden seltener beobachtet.
§ 164. Nach Homer (418) ist beim Herpes zoster ganz regelmäßig eine
bedeutende Temperaturdifferenz zwischen beiden Seiten nachzuweisen,
welche selbst bis zu 2° gehen kann und ebenfalls eine außerordentlich lange
Dauer besitzt. Homer konnte sie noch l^/g Monate nach dem Ausbruche
nachweisen.
§ 165. Das Lebensalter hat keinen Bezug auf die Frequenz des Herpes
zoster ophthalmicus, wie wir später sehen werden.
Bilaterales Auftreten des Herpes zoster ophthalmicus.
§ 166. Nach Cohn (440) gilt für die Hutchinsonsche Behauptung,
daß der Zoster ophthalmicus nie symmetrisch auftrete (der sich auch
Jacksch (437) in seiner Übersicht
über 50 bis dahin [1870] genau be-
schriebenen Fälle anschUeßt), das-
selbe, wie für seine Behauptung, wo-
nach er nie zweimal auftritt; beide
haben beinahe, aber nicht ganz ab-
solut Gültigkeit. Jorisenne kennt
nach von Kothmund zwei Fälle
doppeltsei tiger Erkrankung, einen von
Lai liier (514) und einen eigenen.
Samelsohn (441) berichtet bei
einem typischen Zoster des ersten
und zweiten Trigeminusastes über
beiderseitige Bläscheneruptionen der
Stirn, Lider, Lifraorbitalgegend und
Lippen bei einem 18 jährig. Mädchen.
Schheßhch erwähnt Schieß (442)
einen ganz ähnlichen Fall, in welchem
^das Ausbreitungsgebiet der Efflores-
zenzen dem eben genannten ent-
sprach. Auch Jaclard (443) hat
einen doppeltseitigen Herpes zoster
ophth. beobachtet, bei welchem auf
dem einen Auge sich eine Keratitis
neuroparalytica entmckelt hatte. — Douglas (444) teilt im ' Gegensatze zu
Hebra, Trousseau, A. Jamisson und den beiden oben genannten Autoren
Hutchinson und Jacksch ebenfalls einen Fall von beiderseitigem Aus-
bruche eines Herpes zoster im Bereiche des sensiblen Verbreitungsbozirks des
N. triffeminus mit.
•r-"
r.
Fig. 29.
Doppeltseitig symmetrischer Herpes zoster oph
thalmicus et facialis nach Moers (430).
Herpcs zoster ophthalmicus.
163
^^
Der 18jährige Patient erkrankte an heftigem Kopfschmerz, Erbrechen und Haut-
ausschlag am Kopfe und Hals. Puls und Temperatur waren normal. Auf begrenzter, ent-
zündeter Basis saßen zahlreiche Bläschen mit klarem Inhalte. Relativ am stärksten war
die linke CJesichtshälfte befallen. Eine .Stelle befand sich an der Nasenwurzel (Margo supraorbi-
talis). eine zweite unter der Orbita, eine dritte
auf der linken Nasenhälfte. einige Stellen im
Schnurrbart, auf der linken Oberlippe, am
oberen Teil des Helix links, aber auch hinten
und imten am Hals zwischen den Rändern des
Sternokleidomastoideus und Trapezius. Rechts
saßen Bläschen an der Regio supraorbitalis,
am Kinn, an der Wange, miter dem Arcus
zygomaticus, an der Schläfe. Nach dem Aus-
bruch der Bläschen verlor sich der Schmerz.
Abheilung nach 8 Tagen.
In der folgenden Beobachtung von
J\l o e r s (480) waren symmetrisch
beide Hälften des ganzen Gesichts be-
fallen.
Patient, ßi^ Ja!"' alt. 21. XI. 65 fing
er an über heftigen Kopfschmerz zu klagen,
zu dem sich Appetitlosigkeit, Übelkeit und
Aufstoßen gesellte. Am folgenden Tage rötete
sich die Haut des Gesichts und fing an zu
brennen. Der Kopfschmerz nahm an Intensität
zu. Die Röte wurde intensiver, und es er-
schienen an verschiedenen Stellen des Gesichts
Gruppen von kleinen mit klarem Inhalte ver-
sehene Bläschen. Am 2. November war fast
das ganze Gesicht Aoller Ausschlag. Es bestand eine auffällige Symmetrie in der Verteilung
des Exanthems (siehe Fig. 29). Am 27. November ließ der Kojsf schmerz nach. Die Bläschen
begannen einzutrocknen. Anfangs Dezember war der Knabe wieder vollständig hergestellt.
Das Brennen des Gesichts verlor sich nur ganz allmählich.
Im zweiten Falle von Moers (430), siehe Fig. 30. waren symmetrisch nur Zweige des
II. und III. Astes befallen.
M
^^v
Fig. 30.
Doppeltseitig sjnnmetrischer Herpes zoster
facialis nach Moers (430).
Das Verhalten der Lider und des Tränenapparates beim Herpes zoster ophthalmicus.
§ lt)7. Das 01»erliu ist oft gesclnvollen, gerötet und zeigt sich als mehr
oder weniger dicker Wulst, der kaum oder gar nicht über die Pupille gehoben
AVerden kann. Das Lidödem steigert sich, wenn die Augen))rauen und die Lid-
haut selbst von Bläschen besetzt sind. Gewöhnlich sitzen die letzteren am
inneren Winkel und an der Augenbraue, wie in der folgenden Beobachtung:
Martha K., 5 Jahre alt. Links Herpes zoster ophth. im Bereiche der linken Nasen-
hälfte, der linken Stirn und behaarten Kopfhaut (siehe Fig. 31). Das linke Oberlid stark
ödematös. Das linke Auge stark lichtscheu mit vermehrter Tränensekretion. Schmerzen
im linken Auge und der linken Stirn. Der Korneal- und Konjunktivalreflex links ganz auf-
gehoben. Rechts deutlich vorhanden.
Längere Zeit nach der Eruption blieb die Hornhaut völlig normal.
Nach achttägigem Bestehen des Herj)es zeigte sich die linke Hornhaut anästhetiscb.
166
Herpes zoster ophthalmicus.
In derselben befinden sich 4 — 5 feinste Pünktchen von grauer Farbe, welche ziemlich ober-
flächlich in verschiedenen Schichten des Hornhautgewebes gelegen sind.
4. XIT. 1899. Bei genauer Betraclitung mit der binokularen Lupe ist ein großer Be-
zirk um die Mitte der Hornhaut graulich getrübt, das Epithel wie mit Fett überzogen.
Unter der Epitheldecke eine gitterwerkartige Trübung von ungleicher Dichte, abwechselnd
mit gesättigteren, rundlichen Trübungen, die bei genauer Einstellung meist in den vorderen
Hornhautschichten liegen, von denen aber eine mit Sicherheit in die tieferen Hornhaut-
schichten lokalisiert werden kann. Bei durchfallendem Lichte mit dem Planspiegel ist keine
Trübung zu gewahren. Anfänglich war die Konjunktiva gereizt und geschwollen. Zur Zeit
tränt noch das Auge. Die Sensibilität der linken Kornea ist stark herabgesetzt. Der Lid-
schlag beiderseits gleichmäßig.
Die linke Pupille ist weiter als
die rechte. Die Reaktion auf
Licht ist ziemlich gleich jjrompt.
{ 7. XII. 1899. Bei durch-
fallendem Lichte auch heute keine
Trübungen der Hornhaut zu er-
kennen. Der größte Teil der
Kornea ist wie mit feinen einzelnen
Stippchen durchsetzt, nur an der
Peripherie ist ,,das Gitterwerk"
zu erkennen. Die Trübungen
haben an Sättigung zugenommen
und machen den Eindruck einer
leichten parenchymatösen
Keratitis. Gefäße sind nicht
zu erkennen.
Der Korneal- und Kon-
junktivalreflex der linken Seite
ist völlig aufgehoben.
18. IIL 1900. Die linke
Pupille ist weiter als die rechte.
Die Reaktion auf Licht ist beider-
seits gleich prompt.
Die Sensibilität ist auf der
linken Kornea entschieden gegen
rechts herabgesetzt. Manchmal
bleibt auch hier der reflektorische
Lidschluß aus.
In der Kornea befinden sich
noch interstitielle, strichförmige
Trübungen. Es besteht noch eine
leichte perikorneale Injektion.
Nur selten sitzen die Bläschen an der äußeren Partie des Oberlides, siehe
Rg. 28. Sitzen dieselben, wie in Fig. 31, an der inneren Nasenhälfte, so zeigt
auch das Unterhd ein leichtes Ödem. Sind aber Bläschen auf dem Unterlide
vorhanden, dann ist auch fast immer die Wange und Nase der gleichen Seite
Sitz der Eruption. Das Ödem erstreckt sich auch leicht auf die Nasenwurzel-
gegend und die Nasenfläche dei- nicht affizierten Seite.
Sitzen die Effloreszenzen nicht direkt auf der Haut des Lides, wie in
Fig. 27, dann ist auch das Ödem des Oberhds ein geringes.
Fig. 31.
Martha K., 5 Jahre alt. Herpes zoster ophthalmicus. Lid
nnd Nasenhaut ödematös. Entwicklung und Konfluieren
der Bläschen in drei vertikal verlaufenden Reihen.
Herpos zoster ophthalmicus. 167
§ IGS. Da der Herpes /osiei- iiieisl mit iieinali^nsclieii Schmerzen im
I. Aste beginnt und sul)jektiv dieselheii auch während der Krankheit fort-
dauern, so ist mit dem Aut'tivteii iU'<. Herpes gewöhnheh eine stärkere
Tränensekretiou \cilmiideii (n^I. S. 7S). Im l*'alle (rinsberg (436) machte
sich eine Störung des Nerveneinfhisses auf die Tränench'üse insofern geltend,
als das Auge der affizierten Seite mancliinal schußweise von Tränen über-
schwemmt wurde.
Die vermehrte Tränensekretion ist hier wohl meist reflektorisch bedingt,
und darum tritt sie auch häufig in denjenigen Fällen von Herpes zoster ophth.
auf, in welchen das Gebiet des Raums lacrymalis freigeldieben war. Ist der
Bezirk dieses Astes aber mitaffiziert, so kann man die oft reichlichen Tränen
wohl als von einem direkten Reiz dieses Nerven abhängig betrachten. 0. Wyss
(515) fand l)ei der mikroskopischen Untersuchung der Tränendrüse in seinem
Falle von Herpes zoster ophtli.: Injektion der Gefäße, zellige Infiltration an
verschiedenen Stellen und kleine Al)szesse im I)riisengewel)e.
Die Beteiligung des Bulbus an der Affektion.
§ 160. Was die Häufigkeit der ^literkiankung des Bulbus bei den Fällen
von Herpes zoster anbelangt, so hat Hybord (445) unter 98 Fällen 44 mal
den Bulbus affiziert gefunden.
Pacton (434) fand unter 126 Fällen 89 mal das Auge affiziert.
Bei Kock (438) stellt sich das Verhältnis wie 80 zu 46.
Hutchinson (446) hatte die Behauptung aufgestellt (das sog. Hutchin-
sons che Gesetz), daß der Bulbus nur dann ergriffen würde, wenn eine
Bläscheneruption auf der Nasenfläche der gleichen Seite eine MitbeteiUgung
des N. nasociliaris anzeige, denn vom Nasoziliaris gehe die Radix longa zum
Ganglion ciHare (vgl. Fig. 18. S. 39) und außerdem 1 — 3 Nervi ciUares longi
zum Bulbus. Ferner gebe der Nasoziliaris in dem Infratrochlearis sensible
Fasern an die Konjunktiva, Karunkel, den Saccus lacrymaUs, das obere Lid,
die Braue und die Nasenwurzel. Sein Ast, der N. ethmoidalis, versorge aber
che Nasenspitze und Nasenflügel außen und innen. Werde also der N. naso-
ciharis vor seiner Teilung in die beiden Äste und vor Abgang der Radix longa
affiziert, so sei anzunehmen, daß Bulbus und Nase der gleichen Seite auch
ergriffen würden.
Zahlreiche spätere Beobachter hatten die Richtigkeit dieses Satzes be-
stätigt, so unter vielen anderen Sattler (447), der in einem Falle den I, Ast
des Trigeminus mit Einschluß des N. nasociharis und Beteihgung des Auges,
in einem zweiten Falle den I. und IL Quintusast mit Ausschluß des Nasoziharis
mrd Freil)leiben des Auges betroffen fand. Ferner Emmert (448), Gosetti
(449) und Pacton (434). Auch zwei von unseren Beobachtungen sprechen
für dieses Gesetz.
Li einer Selbstbeobachtung Samelsohns (441) trat nach starken Reiz-
erscheioangen des rechten Auges eine Herpesldäscheneruption ledighch auf der
rechten Seite der Nasenspitze auf.
168 Herpes zoster ophthalmicus.
Bei einzelnen Beobachtungen kam jedoch das Hutchinsonsche Gesetz
erst im weiteren Verlaufe der Beobachtung zur Geltung.
So berichtet Hutchinson (450) selbst über einen 64jährigen Mann, bei welchem
sich der Herpes auf der Stirn, der oberen Nasenhälfte und auf der Backe entwickelt hatte.
Zunächst Avar das Auge frei geblieben, allein mehrere Wochen später erkrankte er an heftiger
Keratitis und Iritis.
Weitere klinische Beobachtungen haben jedoch gezeigt, daß dieses Gesetz
zwar für die Mehrzahl der Fälle zutrifft, daß es aber durchaus keine absolute
Gültigkeit beanspruchen darf.
So führt z. B. Jacksch (437) zwei Fälle von Bowman an, in welchen das Auge mit-
ergriffen wurde, wiewohl nur der Nervus frontalis befallen war.
Vernons (433) Fall III zeigte trotz fehlendem Herpes im Bereiche des Ramus nasalis
eine Ulzeration der Hornhaut.
Coppez (452) erzählt zwei Fälle, in welchen trotz Hornhautbeteiligung Eruptionen
an der Nasenseite fehlten.
Cohn (440), Fall IV, veröffentlichte eine Beobachtung, bei welcher ein Herpes zoster
sich streng an die Ausbreitung des II. Trigeminusastes hielt, was schon an und für sich selten
ist. Das Merkwürdige in dem Falle lag aber darin, daß sich derselbe mit einer Erkrankung
des vorderen Bulbusabschnittes komplizierte, obgleich überhaujit kein Zweig des ersten Astes,
geschweige denn der Ramus nasociliaris ergriffen war.
Bei den folgenden Fällen war der Nasoziliaris zwar befallen, das Auge
aber frei geblieben.
So beobachtete Douglas (444) einen 18jährigen Patienten, welcher an heftigem
Kojrfweh und Bläschenausschlag am Kopf und Hals erkrankt war. Auf begrenzter ent-
zündeter Basis saßen zahlreiche Bläschen mit klarem Inhalte. Relativ am stärksten war
die linke Gesichtshälfte befallen. Eine Stelle befand sich an der Nasenwurzel (Margo supra-
orbitalis), eine zweite vuiter der Orbita, eine dritte auf der linken Nasenhälfte ohne
Augenko mplikation.
In Jeffries' (451) Beobachtung hatte bei einem 80jährigen Manne die Eruption die
ganze Ausbreitung des T. Astes inne. Die Konjunktiva und Kornea waren nicht mit-
ergriffen.
Auch in der Beobachtung von Moers (430) blieben beide Konjunktiven und Hornhäute
frei (vgl. Fig. 29), wiewohl symmetrisch beide Nasenhälften befallen waren.
Wadsworth (453) will in einem analogen Falle das Freibleiben des Bulbus bei Be-
fallensein des Nasenrückens und der Nasenspitze aus einer von Turner beschriebenen
anormalen Nervenausbreitung erklären. Diese bestand darin, daß der N. frontalis einen
langen zarten Infratrochleariszweig abgab, der sich zum Ramus infratrochlearis des N. naso-
cüiaris gesellte, wodurch die beobachtete Erkrankung der Stirn, des oberen Lides und der
Nase bis zur Spitze ohne Beteiligung des Bulbus erklärt werden konnte. Der Ausschlag
hatte sich eben auf das Ausbreitungsgebiet des Ramus frontalis beschränkt. Da in diesem
Falle durch den erwähnten Zweig jenes Gebiet die Nase einschloß, so wurde diese in Mit-
leidenschaft gezogen. Der Ramus nasociliaris samt Ganglion ciliare war verschont geblieben.
Deshalb blieb auch der Bulbus frei.
Wir glauben nicht, daß alle Abweichungen vom Hutchinsonschen
Gesetze durch eine anormale Nervenausbreitung erklärt werden müssen.
Bevor aber nicht festgestellt worden ist, welche Segmente längs der nervösen
Bahnen des Quintus erkranken kömien, um überhaupt den Herpes zoster zu
erzeugen, muß die gültige Beantwortung dieser Frage in suspenso bleiben.
Herpcs zoster ophthalmicus. 169
Das Verhalten der Konjunktiva beim Herpes zoster ophth.
§ 170. Injektion und ScliAvclIunt^ der Jvoiijunktivii ist die liäufigste Kom-
plikation von Seiten des Uulhiis bei dii'ser Krankheit.
Daß alter trotz Affcditioii des grcißten Ti^ilcs des I.Astes die Konjunktiva
noi'uial 1 »leihen kann, zeigt unser Fa,ll (siehe Fig. 27, S. 161), hei welchem aller-
dings aucii der Nasoziliaris nicht mit hetciligt war.
Häufig ist die Konjunktiva. nur hyperämisch und in gleicher Litensität
gerötet, wie wir dies hei der eini'aclien Quintusneuralgie so häufig zu heohachten
Gelegenheit hahen. Danel»en konnnt aher auch eine wirkliche Konjunktivitis
mit Chemosis und Yeiinehiung d(M' Öekictioii zustande.
In den Fällen, hei welchen die Hornhaut affiziert ist, sehen wir immer
die Bindehaut oder wenigstens die suhkonjunktivalen Gefäße injiziert. Um-
gekehrt konnnt aher Lijektion der Bindehaut ohne Mitergriffensein der Horn-
haut zur Beohachtung, wie in unserem Falle Fig. 28, S. 1G3.
AiK-h Olli vi er (456) beschreibt einen Fall mit gleichzeitigem Auftreten eines Herpcs
zoster ophthalm. und maxillaris super. Trigemini. Die Konjunktiva war gerötet und ge-
schwollen, die Kornea aber frei.
Stoff an (458) erwähnt ebenfalls einen 36 jährigen Patienten, bei welchem das rechte
Auge nur an Konjunktivitis erkrankt war, entsprechend dem stark geschwollenen Lide.
Auch Hyhord (445) konnte bei seiner Zusammenstellung in 18 Fällen
eine Lijektion der Konjunktiva ohne Mitbeteiligung der Hornhaut konstatieren.
Blachez (457) berichtet über einen Fall von Herpes zoster, der die linke Stirnhälfte,
Xasengegend, die Lider und das Auge befallen hatte. Während Chemosis und Kon-
junktivitis gleich i m Beginne konstatiert wurde, stellten sich erst nach Ver-
lauf von 8 Tagen nach der Hauteruption oberflächliche Hornhautulzera-
tionen ein.
Hinsichtlich der Xichterkrankung der Kornea bei cüesen Fällen
muß man jedoch aufs sorgfältigste und womöglich unter Benutzung d-er bin-
okularen Lupe untersuchen, w^eil oft nur ganz leichte, fleckweise Trübungen
des Hornhautgewebes beim Herpes zoster ophth. neben starker Schwellung
der Konjunktiva beobachtet werden.
Die Konjunktivalinjektion geht sehr häufig als Begleiterscheinung der
prä monitorischen Neuralgie dem Auftreten der Bläschen voraus, wie
z. B. im Falle Gins her g (436):
Hier war anfänglich nur fleckweise Hyperämie der Stirnhaut ohne Schwelhmg, aber
mit starker Chemose der Konjunktiva vorhanden. Nach 4 Tagen kam erst die Bläschen-
eruption zustande vmd abermals nach 4 Tagen zeigten sich erst Hornhauttrübungen.
Li diesem Falle leitete also eine starke Konjunktivalaffektion gewisser-
maßen das Auftreten des Herpes zoster ein.
§ 171. Zuweilen beobachtet man auch auf der Konjunktiva selbst das
Auftreten von Herpesbläscheii beim Zoster o])hthalmicus.
Sc^fand Scriven (460) eine Pustel auf der Konjunktiva und leichte Hornhaut-
trübung, Sichel jun. [bei Hybord (445, S. 153)] sah eine am Kornealrande.
170 Herpes zoster ophthalmicus.
Lagarde (459) berichtet über einen Fall von Herpes zoster ophthalmicus, bei welchem
die Augenaffektion im Auftreten dreier Bläschen auf der Conjunctiva bulbi bestand, welche
hier eine anästhetische Stelle hinterließen.
Sehr zahlreich und phlyktänenartig traten die Bläschen in der Beobachtung von
Currie-Ritschie (bei Hybord, 1. c. S. 145) auf.
Pacton (434, Fall V) beobachtete Bläschen auf der Conjunctiva palpebrarum.
Arlt (461) sah einen Patienten, bei welchem neben dem Herpes zoster ophthalmicus
eine Herpeseruption auch am Bulbus sich gezeigt hatte, denn er fand ganz analog den
Narben an der Korneoskleralgrenze auch eine ziemlich tiefgreifende Narbe, deren Grund
bläulich weiß erschien.
§ 172. Zu dieser Beobachtung Arlts ist zu bemerken, daß man auch
zuweilen eine wahre Episkleritis beim Herpes zoster zu sehen bekommt
[vgl. auch Kendali (4'27) S. 29], und daß meist dabei Hornhautaffektionen
vorkommen, welche sich dann mit breiter Basis bis zum Sitze der Episkleritis
am Korneoskleralrande erstrecken. Auch sieht man während des Heilungs-
stadiums dabei im Skleralgewel^e einzelne inselförmig umschriebene, stark
gerötete Stellen, die vielleicht auf in der Konjunktiva vorhanden gewesene
Pustehi hindeuten, deren geschwüriger Zerfall sich l)is auf die Oberfläche der
Sklera erstreckt haben mag.
So beobachteten wir kürzlich einen Herpes zoster ophthalmicus bei einer älteren
Dame, bei welcher die Herpeseruption auf den Ramus frontalis und die behaarte Kopf-
bäUte sich beschränkte, die Nase aber ganz frei geblieben war, und wo trotzdem ein hell-
streifenförmiges, halbdiffuses parenchymatöses Infiltrat mit gestij^pter Kornealoberfläche an
der temporalen Hälfte der linken Kornea beobachtet wurde und vmmittelbar im Anschlüsse
daran die Konjunktiva und das episklerale Gewebe sich stark injiziert und infiltriert hatte,
genau so wie bei einer Episkleritis. Auch hier sah man bei der Heilung fleckweise sehr viel
stärker injizierte inselförmige Partien lange bestehen bleiben, nachdem die vorher gerötet
gewesene Umgebung dieser affizierten Skleralpartie schon lange wieder abgeblaßt war. Die-
selben schienen der Ausdi'uck trophischer Störungen im Konjuuktival- und oberflächlichen
Skleralgewebe gewesen zu sein.
Bei dem Patienten von 0. Wyss (342) zeigte sich als mikroskopischer
Befund die Konjunktiva zelhg infiltriert und in dem suljkonjunkti^-alen Zell-
gewebe mikroskopisch kleine Abszesse.
Kendali (427) fand unter 17 Fällen von Herpes zoster ophth. 3 mal
solche mit Skleritis.
§ 173. Den S e n s i b i 1 i t ä t s s t ö r u n g e n der Konj unkti va nach der Herpes-
eruption ist fast von keinem Autor Aufmerksamkeit geschenkt worden.
Pacton (Fall IV, 1. c.) berichtet über einen Fall von Blachez, bei
welchem die Konjunktiva am Hornhautrande vollständig anästhetisch war,
und bei welchem sich auch an anderen Stellen der Konjunkti^'a hypästhetische
Punkte A'orfanden.
Die Affektion der Hornhaut beim Herpes zoster ophthalmicus.
§ 174. Wie aus den folgenden Zusannnenstellungen hervoi'geht, beteihgt
sich die Hornhaut ungefähr in einem Drittel der Fälle von Herpes zoster
ophthalmicus. So fand:
Herpes zoster oplitlialinicus.
171
Hybord
(445)
ut.tcr 98 Fällen
Aon
H. 'j
CO. 3C.
W angle i-
(426)
,. 20
(■)
Kendall
(427)
,. 19
5!
11
Kock
(438)
,. 80
.,
j;
20
Hutchinson
(446)
„ 18
J>
fr
10
235
"^8:5
')()iii;il die Kornea affiziert
Wmw^^^
Colin (1. c. 159) teilt die Alteration der Hornhaut beim Herpes zoster in
folgende Eubriken ein und bringt dafür klinische Belege;
1. Zosterbläschen,
2. Geschwüi'e: a) ol»erfläeidiclie, b) tiefe, c) Ulcus serpens,
3. die nicht-suppui-ative Keratitis: a) oberflächliche, b) tiefe,
4. die Keratitis neuroparalytica.
Wer viele Fälle von Herpes zoster gesehen hat, wird zugeben niü^iSen,
daß diese Einteilung schon darum etwas gekünstelt ist, weil bei ein und dem-
selben Falle oft oberflächliche Ge-
schwüre mit interstitiellenTrübungen ,
oder Phlyktänen mit punkt- oder
strichförmigen Trübungen in den
oberflächlichen Schichten des Horn-
hautparenchyms, oder interstitielle
Trübungen allein vorkommen, kurz,
von typischen Erkrankungen der
Hornhaut keine Eede sein kann,
und bei den meisten Fällen Kom-
binationen dieser Einteilungsgruppen
beobachtet werden.
Was die Bläschen anbelangt, so
hielt es Homer (418) für zweifellos,
daß auch beim Herpes zoster ophthalmicus die erste Erscheinung eine Eeihe
von wasserhellen Bläschen ebenso, wie bei den eingangs geschilderten Arten
A'on Herpes sei. Diese Ansicht hat jedoch nicht recht Eingang gefunden. Tat-
sache bleilit aber, daß wie beim Herpes corneae nervosus und febrilis auch beim
Herpes zoster ophthalmicus die gleichen Bläschen auf der Hornhaut auftreten
kömien. So bildet Kendall (427) den folgenden Fall ab, Fig. 32:
R., 17 Jahre alt, 1870. Am ersten Tage bestand Schmerz im linken Auge, am folgen-
den auch im Kopfe. Linke Stirn und oberes Augenlid gerötet und geschwollen, und zwar
reicht die Grenze der erkrankten Partie genau nvu- bis zur senkrechten Mittellinie der Stirn und
zu einer durch die nach außen verlängerte Lidspalte gebildeten Linie. Die Röte ist nicht
diffus, sondern besteht aus vielen größeren und kleineren roten Flecken, auf welchen Grujjpen
von mit hellem Serum gefüllten Bläschen sitzen. Am oberen äußern Teile der Stirn sind
dieselben meist zu Borken vertrocknet. Ähnliche Plaques finden sich auch in der behaarten
Kopfhaut bis zur Sagittal-Linie. Das Lid ist ödematös geschwollen, kann höchstens eine
Linie gehoben werden, sein äußerer und innerer Rand ist mit ähnlichen Bläschen bedeckt,
"wie sie sich an der Stirn finden, die Konjunktiva des oberen Lides zeigt dieselben nicht.
Die Conjunctiva bulbi nach außen ödematös geschwollen. Das untere Lid ist von der Krank-
Fig. 32.
Bläschen auf der Hornhaut bei Herpes zoster
ophth. nach Kendall (427).
172 Herpes zoster oj)hthaliniciis.
beit ganz frei, eine Linie nach außen vom unteren Tränenpunkte findet sich ein Bläschen,
gleich denen des oberen Augenlidrandes, der obere, äußere Kdrnealrand zeigt eine Reihe
kleiner Bläschen. Die Temperatur auf dem erkrankten Bezirke ist erhöht.
Außerdem hat noch O. Wyss (342) in seinem Falle zahlreiche Bläschen auf der Horn-
haut und Konjunktiva beobachtet, die sich nachher in kleine Geschwürchen umwandelten
und mikroskopisch untersucht wurden.
Andere wieder beobachteten einzelne oder mehrere Phlyktänen auf der
Hornhaut analog denen, welchen wir so häufig bei skrofulösen Kindern be-
gegnen, so Hutchinson (516), Johnen (517) und Galezowsky (518).
Berlin (46'2) hatte bei einer kleinen Zosterepidemie in einigen Fällen
das Epithel der Hornhaut sackförmig abgehoben gesehen.
Häufig findet man die 01)erfläehe der Hornhaut leicht getrübt, nicht
glatt, ohne daß eigentliche Epitheldefekte nachzuweisen wären. Bei anderen
wieder ist die Oberfläche getrübt und das Epithel w^e mit Nadeln gestippt.
AVieder bei anderen sind größere oberflächliche Epithelverluste vorhanden,
ohne daß uns der Nachweis ihrer Abstammung von Bläschen gelänge.
Hutchinson (1. c.) sah auf der ganzen Kornealoberfläche zerstreut leichte, oberfläch-
liche Ulzerationen, welche auf der unteren Hornhauthälfte tiefer ins Gewebe reichten.
Wangler (426) fand in einem Falle über die ganze Hornhaut verbreitet kleine
oberflächliche, subepithelial gelegene rundliche Trübungen, wie alte Maculae von ver-
schiedener Größe.
Auch sieht man nicht selten die Kornea leicht diffus getrübt und im
Bereiche der Trübung einzelne dichtere rundliche Fleckchen mit verwaschenen
Grenzen.
Dann wieder kombinieren sich oberflächliche mit tieferen Affektionen,
indem wir in verschiedenen Schichten der Hornhaut liegende, strichförmige,
gitterartige oder rundliche Trübungen bemerken, während auf der Oberfläche
seichte oder tiefere Substanzverluste vorhanden sind, entw^eder mit klarem
Grunde, oder im Übergange zum Geschwür.
§ 175. Sehr häufig treten beim Zoster ophth. parenchymatöse Trü-
bungen der Kornea auf, die entweder aus Punkten und namentlich aus Streifen,
welche oft Gitterform zeigen, bestehen, oder keine Struktur zeigen. Diese
Trübungen sind nicht selten einem Wechsel in der Form und der Örtlichkeit
unterworfen, wie in unserem Falle K. S. 165 — 166 und in einer Beobachtung
von Wangler (L c. S. 33). Bei vielen ist das Hornhautepithel über diesen
parenchymatösen Trülnmgen leicht getrübt und wie mit Stecknadeln gestippt,
bei anderen klar. Theoretisch von ganz besonderer Bedeutung ist aber, daß
diese parenchymatösen Infiltrate auftreten können, ohne daß überhaupt eine
oberflächliche Läsion vorhanden gewiesen zu sein braucht. In letzter Zeit
ist von Sulzer (465) gerade dies Verhalten besonders betont worden. Wenn
dem gegenüber Colin (1. c. 163) hervorhebt, ,, freilich beweisen weder die von
Sulzer noch die sonstigen beschriebenen Fälle mehr, als daß der betreffende
Beobachte]- zui' Zeit der Untersuchung keine Zeichen einer stattgehabten ober-
flächlichen Läsion konstatieren konnte", so scheint uns dies doch zu sk(.'i)tisch.
Freilich steht fest, daß geringfügige oberflächliche Hornhautveränderungen
Herpes zostei' (i|)litlialriiiens. 173
^■oll scliAvcivii tictVii Allcratioiicii Jciicr .Mciiil)iaii jjicfolgt werden können, wir
haben aber Fälle von Herpes zoster mit starloi' pincnchymatöser Trübung der
Hornhaut ohne ol>erflächliche Epithelverluste bei J'atienten gesehen, bei denen
jegliche exogene Infektion ausgeschlossen werden konnte.
AiH'b in dem S, iCtCi l*'ig. '^^\ abgebildeten l^\ille K. haben wir fleckweise
intei'stitielle 'l'ridunigen unter unseren Augen auftreten sehen, ohne daß iigend-
Avelcbe oberflächlichen t^ul)stan/iA'erluste, auf die wir extra mit dem Hornhaut-
mikrosko)) gefaiuidet liatten, nach/inveisen gewesen wären.
Hinsichtlich der fleckigen Hornhauttrübungen ist nach Wangler (4'2G)
die Vernuitung wohl gerechtfertigt, daß sie der Ausdruck einer Erkrankung
derjenigen Gewf^bsteile sind, welche erkrankten Nervenfasern benachbart liegen.
Denn wir dih'fen wohl annehmen, daß die beim Herpes zoster bis in die feineren
Verzweigungen des N. trigeminus nachgewiesene Entzündung auch auf einzelne
periphere Astchen sich ausbreitet, und so das anliegende Gewebe mitaffiziert.
§ 17(). Wie bei allen Substanzverlusten der Hornhaut kann sich auch
gelegenthch i'inmal durch Infektion ein Ulcus serpens entwickeln, wie in
einem von Colin (440) aus der Euchsschen Klinik beschriebenen Falle, wobei
es dann auch zur Panophthalmitis kommen kann, wie in den von Coppey
•(464) angeführten Fällen von Hybord, Girand und Galezowsky.
Sehr selten entwickelt sich durch endogene Infektion bei Herpes zoster
ein Abszeß in der Hornhaut, wie in einem von Adler (463) mitgeteilten Fall.
Ferner Fall VIII von Pacton (434) und der ebendasell)st auf S. 34 ange-
führte Fall.
Eine dahin gehörige Beobachtung wurde in der Augenabteilung des AUg. Kranken-
hauses zu Hamburg von Herrn Dr. Mannhardt angestellt.
2. IV. 1895. Ein 60jäliriger Mann, seit drei Wochen krank, hatte nach seiner Angabe
die Kopfrose gehabt.
Status praes.: Die rechte Seite des behaarten Kopfes, die rechte Stirn, das rechte
•obere Lid und die rechte Nasenhälfte waren mit runden Herpesgeschwüren und Borken dicht
besetzt. Heftiges Jucken und starke Schmerzen.
Die Hornhaut zeigt nahe dem Zentrum ein größeres Infiltrat in den tieferen
■Schichten und ein 1,5 mm hohes Hjrpopyon.
Am 13. VI. Iridektomie wegen zentralen Hornhautflecks. Heilungsverlauf gut.
Am 24. IX. immer noch Schmerzanfälle im Bereich des I. Astes, aber nur leicht.
Wie unzweckmäßig eine wie oben angeführte Gruppierung der Horn-
hautaffektion beim Herpes zoster ist, beweist folgende Polemik Colins (1. c.
S. 165) gegen Ginsberg (486) bei Gelegenheit der Beschreibung der Keratitis
n e u r o p ar aly t i c a.
,.Wenn Gins her g behauptet: bei Herpes zoster frontalis wird häufig
die Hilfe des Augenarztes wegen Keratitis neuroparalytica in Anspruch ge-
nommen, so begeht er, wohl um die Seltenheit seiner Aveiteren Komplikation
nüt Okulomotoriusparese noch mehr hervorstechen zu lassen, eine unbewußte
Übertreibung. Denn im Handbuche von Graef e-Sä misch wird von Sä misch
und Michel unter Zoster ophthalmicus eine neuroparalytische Affektion der
Hornhaut überhaupt nicht erwähnt, so daß Hirsch her g (470) seinen 1879
174 Herpes zoster ophthalmicus.
vorgestellten Fall als den ersten mit dieser Komplikation bezeichnete. Aller-
dings übersah er dabei den 1876 veröffentlichten Fall Adlers (463), Von
dem mir leider nicht zugänglichen Falle da Fonsecas (471) abgesehen, habe
ich keine weiteren diesbezüglichen Veröffentlichungen in der Literatur ge-
troffen, so daß, wenn auch andere Beobachtungen über diese Komplikation
wohl gemacht worden sind, sie doch zu den ungewöhnlichsten Vorkommnissen
gehört. Es ist eine auffallende, bisher nicht gewürdigte Tatsache,.
daß, trotzdem die Läsion des Ganglion Gasseri resp. des ersten
Trigeminusastes beide Erkrankungen, den Zoster ophthalmicus
und die Keratitis neuioparalytica zu bedingen vermag, diese
beiden, gegen Ginsberg, sich doch nur äußerst selten miteinander
kombinieren."
Wir können hierin Cohn nicht beipflichten. Denn Ginsberg scheint,
wie auch wir, jede Affektion des Hornhautparenchyms als Keratitis neuro-
paralytica zu l)ezeichnen, Avährend Cohn offen))ar nur diejenigen Fälle hierher
gezählt wissen will, welche, wenn er dies auch nicht ausspricht, einen tiefen,
konkavförmigen Substanzverlust zeigen. Wir erblicken in allen diesen Keratitis-
formen resp. in diesen verschiedenartigen Trübungen mit und ohne Zerfall des
Hornhautgewe'bes nur die Äußerungen einer mehr oder weniger intensiven
Ernährungsstörung des Hornhautgewebes in seinen verschiedenen Schichten
mit oder ohne sekundäre Lifektion, wobei wir als leichteste Affektion die
Bläschenbildung auf der Hornhaut betrachten, als schwerste den totalen nicht
aufzuhaltenden Zerfall des Hornhautgewebes wie in der
Beobachtung Krolls (751), wo bei einem Herpes zoster frontalis am Auge eine Keratitis,,
die mit ganz leichter diffuser Trübung begann, dann trotz beständigen Schlusses des Auges
und Okklusionsverbands ganz rapid zu einem bedeutenden, eitrigen Infiltrat des äußeren
Randes der Kornea führte, das sich ringförmig ausbreitete imd geschwürig zerfiel.
Analoge Fälle beschreiben Hybord (1. c. Observation 1), ferner Eichel
als Fall 98 in der Sammlung Hybords und Giraud-Teulon als Fall 96
ebendaselbst.
Wie und wo Cohn jedoch die Grenze ziehen will zwischen dem den Herpes
zoster oplithalnücus komplizierenden mehr oder weniger tiefen Hornhaut-
zerfall, wie ein solcher in der Zusammenstellung von Hybord durch die
Fälle 50, 60, 75, 76 beobachtet ist, und einer Keratitis neuroparalytica, bleibt
uns unverständlich.
Wir werden uns nachher noch eingehender mit der Keratitis neuro-
paralytica zu beschäftigen haben.
§ 177. Auffällig ist in einzelnen Fällen von Herpes zoster das späte
Auftreten der Keratitis.
So berichtet Blachez (457) über einen Fall von Zoster, der die linke Stirnhälfte,.
Xasengegend, Lider und Auge befallen hatte. Während Chemosis und Konjunktivitis gleich
im Beginne konstatiert wurden, stellten sich erst nach \'erlauf von mindestens acht Tagen
nach der Hauteruption obeiilächliche Hornhautulzcrationen ein.
Horst mann (468) berichtet über einen Fall von einem rechtsseitigen Herpes zoster
frontalis bei einem 30jährigen Individuum. Erst 29 Tage nach dem Auftreten der Efflores-
zenzen im Bereiche des I. Astes zeigte sich ein zirkumskriptes Infiltrat auf der rechten
Herpes zoster ojjlitlialmicus. 175
Hornliaut und zwei kleine Bl.äschen mit trübem Inlialtc am lateralen Rande desselben.
Später Iritis. Xaeh P^ -fahren Maculae corneae mit normaler Emj)tin(liiehkeit.
Schieß-Gemuseiis (472) sah bei einem an Herpes zoster ophthalmieus erkrankten
Patienten sieben Tage nach Ausbruch des Hautausschlags eine diffuse Trübung der bisher
intakten Kornea, welche sich später zu zwei großen zirkumskripten Infiltraten verdichtete.
Letztere vaskularisierten. Ehe es zur Heilung kam, exulzerierte noch eines von denselben.
Die übeifläclilicheii Trübungen können sioli viillijj; wieder verlieren.
Die Geschwüre setzen selbstverständlicli (laueinde 'riiibiin^^en.
Die parenchymatfisen Trübungen könueii xcischwindeti odei- als leichte
Nebel bestehen bleiben.
Daß die meisten Fälle von H. z. o. olnie H()rnliautk()iii])likation ver-
laufen, wurde bereits eingangs erwähnt, jedoch empfiehlt es sich, auch diese
Fälle aufs sorgfältigste mit der binokularen Hornhautlupe zu untersuchen.
Man wird danii bei einem gewissen Prozentsatze doch auch die Ho)nhaut mit
ergriffen finden in der Form leichter rauchgrauer, inselförmiger Trübungen,
die mit dem unbewaffneten Auge und bei seitlicher Beleuchtung gar nicht oder
kaum gesehen werden, und die namentlich dann nicht fehlen werden, wenn
die Bindehaut oder das Ziliargefäßsystem stark injiziert ist.
§ 178. Hinsichthch der Sensibilitätsstörungen der Hornhaut
beim Herpes zoster ophth. darf man wohl annehmen, daß im allgemeinen
die Anästhesie derselben gleichzeitig mit der des Gesichtes auftritt und dann,
wie in den meisten Fällen, nach der Eruption der Bläschen während des Über-
gangs in die Borkenl)ildung.
So war es wenigstens bei einer Beobachtung Blachez' (siehe Hybord 1. c. S. 74).,
Meist besteht eine Hypästhesie, bei einer Reihe von Fällen jedoch auch eine vollständige
Anästhesie. So war z. B. im Falle 19 von Kendali der linke Bulbus vollständig anästhetisch.
Die linke Seite der Stirn war nur in der Empfindung herabgesetzt.
In der Beobachtung IV von Hybord (1. c. S. 25) bestand Anaesthesia dolorosa
des Bulbus. Das Auge war schmerzhaft; die Kornea vollständig unempfindlich und die
benachbarte Konjunktiva war ebenfalls anästhetisch, die Kornea aber klar.
Hier war also trotz vollständiger Anästhesie dieselbe klar gebheben.
In einer Eeihe anderer Fälle tritt die Hornhautanästhesie regionär
auf und ist lediglich über den getrübten Partien vorhanden.
So war in dem Fall VI von Hybord nur die opake Kornealf lache unempfindlich,,
während die der gesunden Partie ihre Sensibilität behalten hatte.
Im Falle I von Wangler besaß die Conjunctiva bnlbi normale Empfindlichkeit,
im unteren äußeren Hornhautquadranten waren acht zerstreute, kleine, rundliche, graue-
Flecke in einem Bereiche vorhanden, in welchem die Unemijfindlichkeit der Hornhaut gerade
am ausgesprochensten war.
Bei einem von Horst mann (468) beobachteten Zoster ophthalmieus traten Hornhaut-
ulzerationen auf. Das zwischen denselben liegende Hornhautgewebe war nicht anästhetisch..
"Wenn daher in einer Eeihe von Fällen das Gebiet der Sensibilitäts-
störung mit dem der Trübungen auf der Hornhaut zusammen-
fällt, so ist doch dieses Verhältnis kein absolutes.
Denn einesteils berichtet Wangler (1. c. S. 33) über einen Fall von Herpes
zoster des I. Astes und einen von Herpes des I. und 11. Astes, bei welchen trotz.
176 Herpes zoster ophthalmicus.
ausgesprochener Anästhesie der Kornea keinerlei Trübungen aufgetreten
waren, andererseits (im Falle III) war die ganze Kornea vollständig an-
ästhetisch, während in der Mitte derselben eine leichte diffuse Trübung be-
stand. Und wiederum in einem Falle von Sae misch (469) war die Hornhaut
empfindlich geblieben, trotz einer vorhandenen parenchymatösen Trübung,
die allerdings später wieder zurückging.
Bei einzelnen Fällen entwickelte sich die Anästhesie der Hornhaut be-
trächtlich später als die Trübungen, so z, B. in der Beobachtung von
Wangler.
Hier fand sich nahe am unteren Rande der Kornea ein vaskularisiertes, rundes Ge-
schwür, nur ganz wenig infiltriert. Die Sensibilität war im Bereiche des Supraorbitalis und
Nasoziliaris vermindert. Dagegen war die vSensibilität der Kornea intakt und ebenso die der
Konjunktiva. 15 Tage später aber waren in dem Zentrum der Hornhaut in den vorderen
Schichten einige kleine, rundliche verwaschene Fleckchen sichtbar. Daselbst besteht jetzt
eine Anästhesie, während die übrige Kornea normal sensibel ist.
Diese Anästhesie der Hornhaut kann ziemlich lange bestehen, wie wir auf S. 163
mitgeteilt haben.
Komplikation des Herpes zoster ophth. mit Erkrankung des Uvealtraktus.
§ 179. Die Pupille ist bei den meisten Fällen von Herpes zoster oph-
thalmicus etwas verengt. Die Reaktion ist träge, die Pupille erweitert sich
auf Atropin. Bei den mit Iritis einhergehenden Fällen ist die Verengerung
selbstverständlich eine noch auffallendere, und es treten dabei durch hintere
Synechien bisweilen dauernde Formveränderungen der Pupille auf. So war
dieselbe in einem Falle von Hutchinson doppelt so weit, als auf dem gesunden
Auge, weil sie durch hintere Synechien fixiert und auch dadurch unbeweglich
war. Bei denjenigen Fällen, bei welchen sonst noch die Pupille mydriatisch
erweitert und ohne Eeaktion angegeben wird, sind offenbar Komplikationen
mit Okulomotoriuslähmung usw. vorhanden gewesen, wie z. B. im
Falle I von Wangler (es bestand Akkommodationslähmung, Mydriasis, Ptosis
und Neuritis optica neben dem Herpes zoster ophth.).
Iritis.
§ 180. Beim Herpes zoster ophthalmicus beobachten wir auch ein isoliertes
Vorkommen von Iritis.
So entzündete sich am vierten Tage nach der Bläscheneruption bei einem
Patienten von Hutchinson (446) die Iris. Es traten hintere Synechien auf,
die jedoch durch Atropin gesprengt wurden.
Überhaupt ist für gewöhnlich die Iritis von mittlerer Intensität, relativ
selten, so daß hintere Synechien zurückbleiben, wie z. B. bei einer Beobachtung
Horst manns (468), wo sie nicht durch Atropin überwältigt werden konnten.
Die Iritis entwickelt sich meist schleichend und verschwindet schnell. Zuweilen
zeigt sich die Iris auch nur etwas verfärbt.
Gewöhnlich konunt die Iritis erst nach der Bläscheneruption zur Ent-
Avicklung. Unter 43 Fällen Hybords ist nur in einem Falle die Iritis und
Herpos zoster opliflialiiiiciis.
177
Keratitis den Hautciscliciiimi^'cii a (»i'a.usgegang(^ii (siehe daselbst den Fall
Joy Jeffrics S. (h). Auf den Fall (ionld (101) mit Anschluß eines Herpes
y;Ost(^r ()])htli. an eine hei'eits seit (bei WOchen bestehende Iritis serosa hatten
wir bereits S. 1 ;")*•' aufnieiksani gemacht.
l'iiii bcsoiidcis bemerkenswerter Fall war der noii Mache k (47G), in
welchem dir Iris in lM)i'm ganz umschriebener Knoten beteiligt war, welche
rasch zeififlen und /u reichlichen IMutungeii in die vordere Kammer Ver-
anlassung gaben.
Bei der mikiosko])ischen Untersuchung seines Falles fand Wyss (342)
das Irisgewehe ansehnlich verdickt und mit Lymphzellen, namentlich in der
Nähe der ^■()l•deren Fläche, infiltriert.
Was das Verhältnis der Iritis zur Keratitis anbelangt, so ist ihr gemein-
schaftliches Vorkonnn(>n sehr häufig, isoliert tritt aber Keratitis bei
Herpes zoster ophth. häufigi'r auf. als Iritis ohne Keratitis, wie aus der folgenden
Statistik eisiclitlicli ist :
Autor
Zahl der
Herpes zoster
ophth. -Fälle
Kerato-
Iritis
Iritis Keratitis
isoliert überhaupt
Iritis
überhaupt
Hybord
Kock
Kendall ....
9J<
80
17
16
10
5
3
:)()
22
14
Gewcihnlich entwickelt sich die Keratitis und dann (He Iritis, es kann
aber auch das Umgekehrte stattfinden, also die Iritis zeitlich vor der
Keratitis hervortreten, wie in einem Falle von Bowman (512). in welchem
am vierten Tage nach der Bläscheneruption eine Iritis konstatiert wurde, und
-erst am 18. Tage ein schwerer Zerfall der Hornhaut begann.
Zuweilen kommt auch mit der Lage der Hornhauttrülning korrespon-
dierend eine partielle Iritis zur Entwicklung.
So hatten wir selbst Gelegenheit, bei einem Herrn einen Herjies zoster oiihthalmicus
zu beobachten mit gitterförmig interstitiellen Hornhauttrübungen in breiter Fläche vom
Hornhautscheitel nach außen bis zur Peripherie sich erstreckend. Gerade unter dieser
teilweise getrübten Hornhautfläche war das Irisgewebe partiell entzündet, verfärbt, und
■der Pupillarrand breit mit der vorderen Linsenfläche verwachsen. Auch bestand längs
<ies getrübten Hornhautsegments, entsprechend der entzündeten Irispartie, Ziliarinjektion.
Hybord (1. c. Fall II) erwähnt eines Falles von Herpe-j zoster ophthalmicus, bei
welchem das Auge während der zwei ersten Wochen nach der Eruption gesund geblieben
war. Erst gegen Ende der vierten Woche, wenige Tage nach einem Nachschub des Herpes,
trat eine Iritis auf.
Analog bezüglich der Keratitis verhielt sich die Kornea in einer Beobachtung Jackschs
<437). Hier trat am 30. November der Herpes auf, am 6. Dezember entwickelten sich von
neuem Bilschen an der Seite der Nase, am 12. des gleichen Monats zeigten sich dann drei
feine Infiltrate der Hornhaut.
Wilbraiul-Saenger, Neurologie des Auges. II. Bd. I. Abteilung.
178 Herpes zoster ophthalmicus.
§ 181. In seltenen Fällen kommt es auch zu Iridozyklitis und
Chorioidealveränderungen. So erwähnt Pacton (1. c. S. 34) zwei Fälle
von Iritis serosa bei Herpes zoster ophthalmicus.
In einem Falle Sattlers (447) bestanden Glaskörpertrübungen neben
Irishyperämie und Hornhautabschilferungen. Bei einer Beobachtung von
Noyes (474) trat nach Iridochorioiditis beiderseitige Erblindung auf. Unter
seinen 80 Fällen von Herpes zoster fand Koch (438) vier solche.
Der Fall XI von Cohn (1. c.) aus der Fuchsschen Klinik zeigte Irido-
zyklitis. Es handelte sich um einen 38jährigen Patiefiten mit rechtsseitigem
Herpes zoster ophthalmicus. Im Verlaufe desselben entwickelte sich eine zarte^
tiefe Keratitis und eine Iridozyklitis mit zahlreichen Präzipitaten. Ebenso
im Falle XII und XIV von Cohn.
Nicht gerade so selten finden wir in den Zusammenstellungen der Kasuistik
Keratitis mit Hypopyon angeführt. Ob die Eiterzellen dabei nun der
Kornea, der Uvea oder beiden entstammen, ist schwer zu sagen. Es
genügt hier darauf hingewiesen zu haben. Bezüglich eines Beispiels ver-
weisen wir auf einen Fall von Dor (478), in welchem Keratitis mit Hypopyon
gefunden wurde.
Beim Herpes zoster ophthalmicus erkranken Kornea und Iris selten,
wenn die Eruption nicht das Gebiet der Äste des Nasoziliaris befallen hat.
Ist jedoch die ganze Seite des Nasenflügels von Bläschen bedeckt, so sind Iris
und Kornea der Gefahr einer schweren Erkrankung ausgesetzt, wiewohl dies
nicht als ein Gesetz hingestellt werden darf, welchem Fehler Hutchinson
(vgl. S. 167), wie dort erwähnt, verfallen war.
Komplikation des Herpes zoster ophthalmicus mit Linsentrübung.
§ 182. CoUins (473) demonstrierte einen Fall von Trigeminuslähmung
mit gleichzeitig einsetzender Linsentrübung derselben Seite. Das andere Auge
blieb in jeder Hinsicht normal.
Das Merkwürdige an dem Falle ist, daß die nicht innervierte und vor
äußeren Schädlichkeiten geschützte Linse erkrankte, während die anästhetische
Kornea 8 Monate hindurch ihre normale Durchsichtigkeit bewahrte.
Vielleicht liegt bei der Seltenheit des Falles nur ein zufälhges Zusammen-
treffen des Beginns der Linsentrübung mit dem Herpes zoster zugrunde.
Die Herabsetzung des intraokularen Drucks.
§ 183. Nach Homer (418) ist ferner eine starke Herabsetzung des.
intraokularen Drucks beim Herpes zoster ophthalmicus zu beobachten, eine
Erscheinung, die von vielen Forschern bestätigt wird.
So berichtet Gold zieher (466) ül)er einen l^'all von Herpes zoster, bei
welchem sich die brechenden ^ledien tiiil)ten und eine Spannung von T — 2
zu konstatieren war.
Herpes zoster ophthalmicus. 179
Jii jener frülier /itiertcii lieohacliiuii«^ Hois t inaiiiis (468) war am
neunten TajT(> der J*jikraiikuii^f der cliarakteristiselie Hautausschlag, fünf Tage
später die Künjunkti\aliiijekti()ii erfolgt. Nach weiteren 10 Tagen, nachdem
die Hyperästhesie dei' Haut heicils einer Anästhesie gewichen war, zeigte
sich eine kleine Hornhauttiiihuiig hei normaler Tension. Dann kamen
Hornhautulzeratioiien. jetzt war auch Hypotonie nachweisbar. Später trat
noch Iritis ]iin/,u. Nach eifolgter Heilung l>liebeii Maculae corneae und
hintere Synechien xuiiick.
Die l-Jcf raktioiiserhöhung im l^\ille Ginsbeig (4BG) ist wohl auf-
zufassen als bedingt durch Krünnnungswechsel der Hornhaut, wie das sonst
bei Kei'atilis iniiticbnial dei' b'all sein soll.
Komplikation mit Erkrankung der Netzhaut und des Nervus opticus.
§ 184. Nach C'ohn (1. c.) entwickelt sich manchmal eine Eiit/iuidung
des Sehnerven, die gewöhnlich zu einei' mehr oder weniger hochgradigen
Atrophie führt. So konstatierte Gould (191) in seinem Falle nur eine leichte
Verschleierung des Optikuseintrittes. Im unten näher angeführten Falle S ul zer s
(465) von rechtsseitiger Zona verschwand eine daV)ei aufgetretene beiderseitige
akute Sehnervenentzündung, ohne Atrophie zu hinterlassen. In Cohns Falle XIII
resultierte ein leichter (Irad von Atro])hie mit S = — ; im Daguenetschen
1 8 "^
(479) Falle folgte einer Neuritis optica mit Schwellung, Exsudation und stark
gesehlängelten Yenen, eine Atrophie mit S = -r; während Bowman dieselbe
6
Entzündung in Amaurose ausgehen sah.
In einem Falle Wanglers (426), der sich durch Akkonnnodationslähnmng.
Miosis, leichte Ptosis und Sehnervenentzündung bei freibleibender Hornhaut
und Iris auszeichnete, befand sich ein vermutlich entzündhcher Herd nach
außen unten in der Ader- oder Netzhaut. Wohl alleinstehend ist der Fall
Haltenhoffs (432), der das Bild reiner Netzhautapoplexien bot: tUffuse
Hämorrhagien des ganzen Fundus mit Ausnahme der Makula, die Papille nur
leicht verwaschen, die Netzhaut nirgends infiltriert noch degeneriert.
In der Beobachtung Sulzers (465) zeigte sich folgender Befund:
Major X., 50 Jahre. 22. Juni 1892. Nach durch zwei Tage anhaltenden Koj^f-
schmerzen entwickelte sich ein intensiver Zosterausschlag auf der rechten Stirn- und Xasen-
hälfte. Nach Verschwinden desselben blieb Unempfindhchkeit der Stirnhaut bei gleichzeitigen
Supraorbitalneuralgien zurück. Die Pupille verhielt sich normal. Im Verlaufe des Zosters
trat eine leichte Sehnervenentzündung rechts auf. die innerhalb dreier Monate mit einem
leichten Grade von Atrophie und einer leichten konzentrischen Einschränkung des Gesichts-
feldes ausheilte. S = — .
8
Hirschberg (470) beobachtete eine neuroparah'tische Zerstörung der
Konieatanit Beteiligung des Sehnerven (Amaurose) und Erkrankung des Uveal-
traktus (Iritis) im Gefolge des Herpes zoster ophthalmicus.
12*
180 Herpes zoster ophtliafmicus.
Die Komplikation des Herpes mit Augenmuskellähmungen.
§ 185. Wenn auch die Komplikation des Herpes mit Aucrenmuskel-
lähmungen selten vorkommt, so ist dieselbe doch, wie wir S. 183 sehen werden,
in gewisser Hinsicht von prinzipieller Bedeutung. Ihr Auftreten steht in keinem
Verhältnis zur Intensität der Schmerzen und ül)erhaupt zur Schwere der
Krankheit.
In den wenigen seither veröffentlichten Beobachtungen handelt es sich
vornehmlich um den N. oculomotorius, seltener um den Abduzens.
Die Okulomotoriuslähmungen sind entweder total oder partiell, sie können
die inneren oder die äußeren vom Okulomotorius versorgten Augenmuskeln,
oder Kom])inationen derselben treffen.
Totale oder fast totale Okulomotoriuslähmungen sind seltener als partielle.
Zu letzterer Gruppe gehört ein Fall Brissauds (614):
Nachdem die Herpeseniption stattgefunden hatte, verschwand die vor dem Anfall
vorhanden gewesene Migräne. Hinzu trat aber eine vollständige Lähmung des Okulo-
motorius derselben Seite, kompliziert durch Dysarthrie.
Im Falle -Ginsbergs (615) erkrankte ein sonst gesunder 65 jähriger Herr ohne be-
kannte Veranlassung an einem Herpes zoster frontalis. Unter den Vorboten waren Tränen-
träufeln und Bindehautinjektion. Vier Tage nach der Eruption entstand noch vor dem gänz-
lichen Erlöschen der Sensibilität Keratitis neuroparalytica. die jedoch während des ganzen
Verlaufes, bis die Hornhaut wieder empfindlich wurde (4 Monate), nicht zur Ulzeration
führte, trotzdem Epitheldefekte vorhanden waren. Am fünften Tage nach der Eruption
zeigte sich Parese des Okulomotorius in fast allen Zweigen; nur die Akkommodation
war stets intakt. Fast gleichzeitig mit dem Wiederauftreten der Sensibilität war auch die
motorische Parese fast gänzlich geschwunden. Es blieb nur leichte Ptosis und geringe
Mydriasis bestehen.
Schlesinger (616) berichtet über eine totale Okulomotoriuslähmung nach links-
seitigem Zoster der Stirn.
Schließlich ist noch der folgende Fall Hutchinsons (017) zu erwähnen:
Bei einem Menschen von 57 Jahren bestand Intermittens einige Zeit vor dem Aus-
bruche des Herpes. Am sechsten Tage nach der Bläscheneruption entwickelte sich auf der-
selben Seite komplette Okulomotoriuslähmung mit Ptosis und Dilatation der
Pupille. Das Auge war sonst frei. Die Eruption der Bläschen war von leichten Schmerzen
begleitet. Es kam rasch zur Heilung der Lähmung.
Bei diesen Fällen verdient die Tatsache hervorgehol)en zu werden, daß
die Augennuiskellähmungen erst mehrere Tage nach der Bläscheneruption zur
Entwicklung gekonnnen waren.
Interessant ist die Beobachtung von Wvss und Schäffei' ((ilH). welche
bei einem Sarcoma melanodes ossis sphenoidei einige Zeit nach dem Eintritte
einer Okulomotoriuslähmung einen Ausschlag auf der linken Wange auf-
treten sahen.
An den paitiellen Okulomotoriuslähmungen iiimnit fast ausnahmslos
der Levator teil. Außei' dem nachher zu erwähnenden Falle Colins (440)
konnte dieser Aulor keinen V:\U von Lähmung äußerer vom Oku-
lomotorius versoigter Augen mus l\el n auffinden, in welclieni
der Levator veischont geblieben wäie. Aielmebi' scheint sieb in fast
Hcijies zf)st(M' ophtliiiliiiiciis. 181
allen (lifscii Fälk'ii Ptosis zu ciit w icki In. So l»cs1iiii(l sie niitiiilicli in di']\
oben zitiei'k'n Beol)aclitini,t!;('n von Okuloniotoiiuslälinmnj^; fciiuT ist sie im
dritten Falle IJrissa uds ((>14) in VeiUindini.y mit Henii})le;j;ie, in einem Falle
Hutchinsons komliiniert mit Mydriasis, im Falle Tardvs (()!!)) /usannnen
mit Akkommodationsparese (., nebliges Sehen"), xon Howard {iVH)) luid von
Wangler (4'2()) als isolierte Erscheinung und in einem zweiten Falle
Wanglers in Verbindung mit Akkonnnodationsparese und Fu})illenl;iliminig
)»eobachtet Avorden.
Michel (621) führt als partielle Okulomotoriuslähmung einen Fall Vernoiis (4.33)
an, in welchem Ptosis, leichter Strabismus divergens und erweiterte Pupille vorhanden
waren.
Hutcliinson (zitiert hei Hy Ixjrd. Fall 82). (iOjährigeJ^'rau. Kornea getrübt. Pupille
anfs Dreifache erweitert, unbeweglich. Ptosis. Herpes zoster ophthalmicus.
Hutchinson (zitiert bei Hybord-, Fall 92). Kleiner Knabe. Herpes über der rechten
Stirn, an der Nasenseite am inneren Winkel. Ptosis des Oberlides.
Bei diesen Fällen mit Ptosis darf man jedcjch nicht vergessen, daß sehr
häufig das Lid nur wegen der durch das Ödem verursachten Schwere (vgl.
S. 165) heral)hängt, ohne daß dabei von einer Lähmung des Levators die Rede
sein könnte.
§ 186. Was die Binnen muskellähmungen anbelangt, so kombiniert
sich manchmal, Avie oben ersichtlich, Akkommodationslähmung oder
Mydriasis oder lieide. mit Lähmungen äußerer ^luskeln (besonders des Le-
vators). manchmal erscheinen beide ohne Lähmungen äußerer Muskehi, manch-
mal tritt die eine oder die andere isoliert auf. So erwähnt v. Hasner (622)
isolierte Akkommodationslähnmng. v. (_)ettingen (623) isolierte Mydriasis
(wie auch im Falle XII von Cohn). Arlt (624) und Berlin (625) je einen Fall
von Akkommodationsparese bei wenig eiAveiterter Pupille, und Höfer (626)
in einem jener seltenen Fälle von Zona gangraenosa ebenfalls ^lydriasis und
Akkommodationslähmung.
Sulzer (627) berichtet über leichte Mydriasis nach vorheriger Miosis in einem Falle
von rechtsseitigem Zoster ophthalmicus, in dem sich folgende Verändeningen etappenweise
entwickelten: erst eine Keratitis interstitialis angeblich ohne oberflächliche Hornhautläsion
mit gleichzeitiger beiderseitiger akuter Neuritis optica, die in Heilung ausging, dann eine
vesikuläre Limbusemjition, die zu einer chronischen Hornhautulzeration sich ausbildete,
und zuletzt eine Iritis.
Cohn (440) be-chreibt aus der Fuchsschen Klinik folgenden Fall (XIV)., bei welchem
die Mydriasis zugleich mit Lähmung anderer vom Okulomotorius versorgter Muskeln
auftrat. Die Lähmung der äußeren Augenmuskeln ging in «inigen Wochen zurück, dagegen
blieb die Mydriasis und die Hornhauthypästhesie noch fast ein halbes Jahr bestehen. Es
entwickelte sich nach starken Kopfschmerzen ein Herpes zoster ophthalmicus der linken
Seite. Anfänglich waren einige Bläschen auf der Hornhaut, leichte Iritis mit einer Synechie
und später Hornhautpräzipitate zu konstatieren.
§ 187. Lähmung des Abduzens im Verlaufe eines Zoster ophthalm. ist
Von Hutchinson (628) und von Gosetti (629) beschrieben worden. Weidner
(343) und Bowman (630) haben je einen weiteren Fall lieobachtet. Ln ersteren
Falle entstand die Diplopie einige Zeit nach dem Auftreten der Zona.
182 Herpes zoster ophthalmicus.
§ 188. Bezüglich der Trochlearislähmung existiert nur ein von Lesser
beolmchteter Fall, Derselbe betraf einen 72jährigen Mann, der zwei Wochen
nach der Eruption von der Lähmung befallen wurde. Schon fünf Tage später
war dieselbe in der Abnahme begriffen.
Bezüglich der Erklärung dieses gemeinschaftlichen Auftretens von Herpes
zoster ophth. mit Augenmuskellähmungen bemerkt Ginsberg (615), daß, wenn,
wie es meist der Fall sei, die primäre Erkrankung ihren Sitz im Ganglion Gasseri
habe, wir zur Annahme gezwungen wären, es handle sich um entzündliche
Prozesse, w^elche sich längs des I. Trigeminusastes fortgepflanzt und den Okulo-
motorius, der dicht vor seinem Eintritt in die Orbita dem Eamus ophthalmicus
sehr nahe liege, in Mitleidenschaft gezogen hätten.
Vernon meint, daß diese Augenmuskellähmungen nicht in unmittelbarem
Konnex mit dem Herpes stünden, sondern daß sie rheumatische Lähmungen
wären, entstanden unter gleichen Einflüssen, wie der Herpes.
Wyss hatte allerdings bei einer Thrombophlebitis in den Muskeln des
Auges kleine Abszesse gefunden und ist geneigt, die Lähmungen auf Ent-
zündung des Muskelgewebes zu beziehen.
§ 189. Fazialislähmungen. Li seinem ausführlichen Aufsatze über
die Fazialislähmungen bei Herpes zoster erklärt Ebstein (631) den Herpes
zoster occipito-collaris als denjenigen Zoster, in dessen Verlaufe Lähmungen
des Faziahs am häufigsten auftreten. Dabei bezeichnet er die Kombination
von Zoster ophthalmicus mit jener Lähmung als ausnahmsweises Vorkommnis.
Cohn konnte außer dem von Ebstein zitierten Falle Letulles und dem von
Tay mitgeteilten Falle nur noch zwei zu Keratitis e lagophthalmo führende
Fälle von Fuchs anfüliren.
Ln Jahre 1885 hatte Voigt (632) besonders auf diese Komplikation
aufmerksam gemacht.
Es waren am 9. September heftige Schmerzen am Hinterhaupt, in der Ohr- und seit-
lichen Gesichtsgegend links aufgetreten, am 10. rote Flecke, am 11. Herpeseruption und
Fazialislähmung. Am 19. September war die Erregbarkeit des Fazialis für beide Stromes-
arten aufgehoben und blieb es längere Zeit; die Herpesbläschen trockneten bis zum 27. Sep-
tember ab. Der Hautausschlag folgte der Verbreitung der sensiblen oberen Halsnerven
(N. occip. magnus) und zum Teile dem III. Aste des Trigeminus, in welchem Nervengebiete
zum Teil auch Sensibilitätsstörungen nachgewiesen wurden.
Voigt nahm in Übereinstimmung mit Kemak an, daß die Fazialis-
lähmung wie der Zoster beide derselben gemeinsamen (Erkältungs-) Ur-
sache, einer neuritischen Erkrankung benachbarter Nerven, zuzuschreiben seien.
Einen analogen Fall will Eulen bürg (633) in der Weise erklären, daß
im Stamme des Fazialis selbst, w^enigstens streckenweise, Fasern verHefen,
deren entzündlicher Eeizzustand den Zoster vermittele. Diese Fasern wären
also als trophische Nerven der Gesichts- und Halshaut anzusprechen.
Nach Ebsteins (1, c) ausführHcher Arbeit sind die Faziahslähmungen
beim Herpes zoster meist verbunden mit sensiblen Störungen, Neuralgien,
Hyperästhesien, Anästhesien im Gebiete des Quintus sowie der betreffenden
Hals- und Nackennerven, ohne daß l)ezüglich der Litensität dieser sensiblen
Herpes zoster ophtlialinieus. 183
■Störungen iiiid dcf Sclnvcrc der Läliiiiuiit;- ir;4cii(lciii \'crliält iiis festzustellen
wäre. Auch die Ausdeliiuiiig des Herpes stehe in keiner Abhängigkeit zur
♦Schwei'e der genannten nervösen Erscheinungen. Derselbe gehe in einzelnen
Fällen der Fazialislähmung voran, in anderen trete er erst später auf. Schon
hieraus gehe Iicinoi', daß ein kausaler Zusammenhang zwischen Herpes und
Fazialislähmung nicht bestehe. Es spreche auch hierfür dei- Umstand, daß
Lähnunig uiul Sitz der Hautaffektion keineswegs innner zusammenfielen. Eb-
stein kommt in seinen l^^rwägungen zum Schlüsse, daß er in Norzugsweise, wenn
auch nicht ausschließHch spezifischen, toxischen, namentlich al)er in Prozessen
infektiöser Na.tur die üi'sache des Herpes zoster sieht; ursächliche Mortiente,
welche neben den \ asomotorischen auch sensible und motorische Nerven —
von letztei'en scheinbar besonders gerne den Fazialis — - schädigen könnten.
Auch Graßmann (684) und Ha mmeischlag (635) beschreiben dahin
gehörige Beobachtungen. Letzterer weist noch auf analoge Erfahrungen von
Politzer hin und neigt ebenfalls der Ansicht zu, daß es sich in diesen Fällen
um eine ghnchzeitige und akut auftretende rheumatische Erkrankung des
Fazialis und Trigeminus handle.
Hervorzuheben wäre noch, daß mit dem Plexus cervicahs meist der
III. Ast des Trigeminus bei diesen Fällen erkrankt, ^\^e sich dies auch wieder
in der Beobachtung Graßmanns zeigte. Auch hier war die Fazialislähmung
eine komplette, und blieben noch beträchtliche Störungen der Hautsensibihtät
im Bereiche des Plexus cervicahs nach Abheilung des Herpes zurück.
EndUch l)eobachtete auch Green ough (636) einen Fall, bei welchem
im Verlaufe eines Herpes cervicahs unmittelbar nach der Bläscheneruption
eine Faziahslähmung aufgetreten war.
Wie man sieht, sind derartige Fälle nicht gar so selten. Klippel und
Agnand (792) stellten neuerdings 17 einschlägige Beobachtungen zusammen.
Auch wir neigen der Ansicht zu, daß bei diesen Zuständen das gleiche ur-
sächliche Moment an benachbarten Nerven die gleiche Erkrankung
hervorbringt, wobei bezüglich des Fazialis die besondere Neigung dieses Nerven,
auf Erkältungseinflüsse zu erkranken, hervorzuheben wäre.
Verlauf des Herpes ophthalmicus.
§ 190. Der Verlauf des Herpes zoster ophthalmicus ist im allgemeinen
ein durchaus günstiger. Nur in denjenigen Fällen, in welchen als ätiologisches
Moment bösartige Tumoren (siehe letzten Abschnitt dieses Kapitels) oder
andere Erkrankungen mit Übergreifen auf den Quintus vorhanden war, wurde
ein tödlicher Ausgang beobachtet.
Vereinzelt steht eine Beobachtung von Jeffries (637) da. Es handelte
sich um eine 80jährige Frau, die nach Ablauf eines Herpes frontahs an Ent-
kräftung angeblich infolge der Schmerzen starb.
§ 191. Was die Dauer des ganzen Prozesses betrifft, so ist dieselbe recht
verschieden. Wie schon erwähnt, gehen dem Ausbruche der Hauteruption
neuralgische Beschwerden im Bereiche des betr. Quintusastes vorauf, die
184 Herpes zoster ophthalmicus.
gewöhnlich '24 bis 36 Stunden andauern. Jedoch sind schon kürzere (1 bis-
2 Stunden) und längere Zeiträume [bis zu 1 Monat Vernon (433)] dieses
neuralgischen Vorstadiums beobachtet worden.
Was die Dauer der Eruption an und für sich betrifft, so gibt sie Michel
(638) auf ungefähr 3 Wochen an. Die Gesamterkrankungsdauer richtet sich
jedoch nach dem ätiologischen Moment und nach den Komplikationen.
§ 192. Die Zahl der Bläscheneruptionen ist sehr wechselnd. Nach
2 bis 3 Tagen troclmet der Bläscheninhalt zu dicken Borken ein, dann fallen
dieselben nach mehreren Tagen ab und hinterlassen zunächst mit einer zarten
Epidermis überkleidete, rot beränderte Substanzverluste, welche später ais-
mehr oder weniger tiefe weiße Narben dauernd sichtbar bleiben. Nicht selten
persistieren hartnäckige Neuralgien im Gebiete der affizierten Hautnerven,
Wie S. 181 erwähnt, beobachteten Arlt (624) und Berlin (625) Ak-
k o m m o d a t i o n s p a r e s e n mi t wenig erwei ter ter Pupille nach abgelaufenem
Herpes. Ebenso können Kornealtrübungen und Synechien zurückbleiben.
§ 193.- Der Herpes kann in jedem Lebensalter vorkommen. Nach
Michel (638) wird am häufigsten das höhere Alter zwischen 60 und 70 Jahren
davon betroffen. Die Frequenzskala geht dann allmählich bis auf das Alter
von 17 Jahren herab.
In der Kindheit ist die Affektion selten. Am häufigsten kommt sie in
vorgerücktem Alter vor. Pacton sah unter den erwähnten 24 Patienten 12^
welche das 50. Lebensjahr überschritten hatten. Ein Fall kam im 16., ein
anderer im 19., zwei Fälle zwischen 20. und 30., fünf zwischen 30. und 40. und
vier zwischen 40. und 50. Lebensjahre vor; Hybord fand ähnliche Zahlen.
Er beobachtete den Herpes ophthalmicus 2 mal im SO. Jahre und 7 mal zwischen
dem 1. vmd 10. Jahre.
§ 194. Das männliche Geschlecht ist vorwiegend beteiligt. Nach
den Zusammenstellungen v(m Jaksch (437) und Kock (438) sind 65,5%
männhchen und 36,5% weiblichen Geschlechts befallen, nach Laqueur (439)
stellt sich das Verhältnis von 32 : 17.
Albert Hybord (445) sah unter 94 Zosterkranken 60 Männer und 34 Per-
sonen weiblichen Geschlechts. Pacton (434) unter 24 Patienten 1(> männliche
und 8 weibhche.
§ 195. Was die Häufigkeit des Vorkonnnens des Zoster ophthalmicus-
betrifft, so beobachtete Galezowski (639) denselben 19 mal unter 36064 Augen-
patienten innerhalb 8 Jahren. Das wären demnach ungefähr 3 Fälle im Jahre.
Sehr richtig bemerkt Pacton hierzu, daß gewiß eine Anzahl von Patienten
mit Zoster ophthalmicus wegen der Leichtigkeit der Augenaffektion einen
Okulisten gar nicht zu Eate ziehen.
§ 196. Rezidivierung. Ein lang unistiittencr Punkt in der Zosterfrage
war die von Hutchi2ison 1866 zuerst aufgestellte Behauptung, der Zoster
ophthalmicus trete nur einmal im Leben auf: also ganz analog gewissen In-
fektionskrankheiten. Jedoch sind seitdem eine Anzahl einwandfreier Fälle
Herpes zoster ophthalniicus. 185
von Rezi(livi(.'nni;^ des Zostcis juilili/icrt worden. l>ct<j;cr sali ciiic zwciiiialige
Eruiitioii an' (U^nisclhcn Aii^iic. ülicr den Frontal- und Xasoziliaiast sieh er-
streckend. Die lö innerliall) einiger ^lonate anfj^eti'etencn Zostereru]itionen
Carrys (641) düit'teii wohl cht r als llckriideszeiizen und nieiit als Ivczidixo
aufzufassen sein. Xiedcn (()4'2) konstatieite al)er ein echtes Kezidiw
Es handelte .sicli um eine traumatisclie Affektion der Halswirbelsäule, die eine Läsion
des Ganglion cervicale supremum und Lähmung des linken Halssympathikus zur Folge hatte.
Sechs Jahre nach der Verletzung trat links ein Zoster ophthahuicus auf, der innerhalb der
nächsten sechs Jahre vieinal lezidivieite.
Kaposi (643). 'J'ilhury Fox (644), Wyss (842) n. a. beobachteten
ebenfalls Zosterrezidive, auf \vek'he wir aber hier nicht nähn- eingehen, da
es sich nicht um den Zoster o])hthalniicus gehandelt hatte.
Es sei nur noch hiei' eine genauere Beobachtung Kopps (645) mitgeteilt,,
in welcher die Affektion im Trigeminusgebiet aufgetreten war.
Bei einem 16jälirigen Bäckerjungen entwickelte sich eine ausgedehnte Bläschen-
eruption, die sich ziemlich exakt auf die linke Hälfte des Gesichts beschränkte. Nur einige
mehr abortive kleine Bläschengruppen zeigten sich jenseits der Mittellinie, jedoch sehr nahe
derselben und standen offenbar mit der Erkrankung der linken Gesichtshälfte in Zusammen-
hang. Der Zoster erstreckte sich ziemlich gleichmäßig auf die Ausbreitung aller drei Aste
des Quintus. Die Bläschen waren in kleineren und größeren (bis zu talergroßen) Gruppen
angeordnet inid konfluierten an einzelnen Stellen, wo man indes noch deutlich die Entstehung
aus ursprünglich diskret stehenden Blä&chen Avahrnehmen konnte. Ihr Inhalt war weißlich
getrübt, die Bläschendecke an den meisten Stellen erhalten. Befallen waren die Stirngegend,
die linke Wange, Xase und Oberlippe, das Kinn und die Haut der Ohrmuschel an ihrer äußeren
\ind inneren Fläche in den oberen Partien. Dabei bestanden lie'tige Neuralgien im Gesicht,
und der Kranke berichtete, daß dies bereits die 16. oder 17. Eruption wäre, die er durch-
mache. Seit seinem 11. .Jahre habe er alle Jahre 3 — 4 Anfälle überstanden, welche sich immer
durch ein leichtes Unwohlsein angekündigt hätten und während der Entwicklung der Bläschen
von heftigen neuralgischen Schmerzen begleitet gewesen waren. Wenn die Bläscheneruption
sich voll entwickelt hatte, schwand der Schmerz spontan. Von den früheren Eruptionen
waren zahlreiche vertiefte Narben zurückgeblieben, und in der Tat machte das Gesicht
linkerseits nach Abheilen der bestehenden Eruption den Eindruck eines blatternarbigen,
während die andere Seite völlig normal erschien. Anamnestisch ist noch zu envähnen, daß
die erste Herpeseruption auf ein Trauma zurückgeführt werden konnte, da er kurz vorher
bei einer Prügelei mit anderen Knaben durch einen Steinwnrf am Kopfe verletzt worden
war. Doch weiß Patient nicht mehr genau den Ort der Verletzung anzugeben, und auch
bei objektiver Untersuchung waren keine Residuen eines früheren Traumas mehr
aufzufinden.
Kopp meint, als Gelegenheitsursachen der rezidivierenden Eruptionen
seien Witterangseinflüsse, insbesondere Temperaturwechsel, nicht ohne Be-
deutung, weil die Eruptionen besonders häufig im Frühjahr und Herijst auf-
zutreten pflegten. Die dahin gehörigen Fälle seien vorläufig nicht leicht zu
erklären. Nur ganz allgemein könne man vielleicht sagen, daß durch (he dem
ersten Zosterausbrache zugrunde liegende, uns unbekannte, vielleicht trau-
matische Ursache, eine verminderte Widerstandsfähigkeit und erhöhte Eeizbar-
keit in einem bestimmten Xervengebiete gesetzt worden sei, infolge deren
dann sohon geringe Reize, welche normalerweise schadlos ertragen würden,,
genügend wären, um die Eruption eines Zosters zu veranlassen.
186 Herpes zoster ophthalmicus.
Die Diagnose des Zoster ophthalmicus.
§ 197. Aus der kliiiisclieii Schilderung geht hervor, daß die Diagnose
meistens keine )3esonderen Schwierigkeiten darbietet. Die Anordnung der
Bläscheneruptionen, welche die Medianhnie wenig oder gar nicht überschreiten,
die Art der Bläschenbildung, die neuralgischen Beschwerden
lassen eine Verwechslung kaum aufkommen, speziell nicht, väe in den älteren
Lehrbüchern steht, mit Erysipel oder mit der Corona veneris.
Unter Umständen könnten dagegen die hämorrhagischen und
gangränösen Zosteren solchen Beobachtern Schwierigkeit machen, denen
diese Form des Herpes nicht bekannt ist. H. v. Hebra hat auch darauf auf-
merksam gemacht, daß neben Bläschengruppen eine oder die andere Stelle
beobachtet werde, an der keine Blasen, sondern nur eine Anzahl vertiefter
bräunhcher, trockener Schorfe sichtbar wurden, welche ihren Ursprung einer
lokalen Nekrose der Haut verdankten.
§ 198. Größere Schwierigkeiten in differentialdiagnostischer Beziehung
dürfte die sog. Forme fvuste des Herjjes ophthalmicus bereiten.
Abadie und Pacton (434) verstehen darunter eine Form, deren Eruption
sich lediglich auf der Kornea manifestiert. Hybord hat einige derartige
Fälle beschrieben. Leon Briere (646) hat unter der Bezeichnung Keratitis
bullosa mit zahlreichen Eezidiven eine dahin gehörige Beobachtung publiziert.
Bei dieser Affektion soll der Beginn ganz plötzlich und meist zu ganz
bestimmter Stunde erfolgen und von hemikranischen Schmerzen, Tränen-
sekretion und lebhafter Lijektion des Augapfels begleitet sein. Dann stelle
sich Odem der Lider und eine ausgesprochene bläschenförmige Eruption ein.
Bemerkenswert sei die Häufigkeit der Eückfälle und die Unregelmäßigkeit der
Intervalle, welche den einen Anfall vom folgenden trenne (Pacton).
Wir möchten hervorheben, daß einerseits der Herpes corneae neur-
al gicus nicht leicht von der Forme f rüste zu trennen ist, daß man anderer-
seits unter Keratitis bullosa eine Blasenbildung auf einer pathologisch
veränderten Hornhautfläche versteht. Meist handelt es sich hier um Leukome
der Kornea oder um Augen, che infolge von Dvucksteigerung oder von
Iridozyklitis erblindet sind. Unter heftigen entzündhchen Eeizsymptomen
entwickeln sich auf der Oberfläche der Hornhaut entweder kleine Bläschen
(Keratitis vesiculosa). oder größere schwappende Blasen, die nach einigen
Tagen platzen (Keratitis bullosa). Diese Blasenlnldung hat eine auffallende
Tendenz unter denselben Beizerscheinungen zu rezidivieren.
Der Herpes zoster ophthalmicus unterscheidet sich nun von diesen Formen
vor allen Dingen dadurch, daß er eine früher gesunde Hornhaut be-
fällt. Fuchs (647) teilt als Beleg für die nervöse Form des Herpes corneae
folgenden Fall mit:
Eine ältere Dame hatte seit 12 Jahren an periodischen Entzündungen der sonst ge-
sunden Augen zu leiden. Die Entzündung trat ein bis zweimal jährlich auf und befiel bald
Herpes zoster oi)htlia|iiii(us. 187
<las eine, hald das andere Auge. Sit- L'iiiü mit hcfti<.'<-n SchimT/.cn. starker l^iclitseheu und
reichlichem TräneiifhdJ einher. In (\vn eisten Ta^^cn fand man nur Ödem der Lider, starke
Ziliarinjektion, und die Hornhaut mit feinsten Krhehunjfen heih'ckt, als ob sie mit Sand
bestreut wäre. Dann entwickelte sieh eine <ir()ße, \\asseiklare Blase auf dei' Hornhaut. Nach
dem l'lat/.en dersell)en j^iniien die entzündlichen Erscheimintien lasch zurück, und der Ej)ithel-
verhist heilte, ohne eiiu- Spur zu hinterlassen.
i\lr),«ilieli('iAV('is(' fjfclu'irt aiicli der fülgciulc von Jocqs (G48) bo^schricheiie
Fall hicilicr. zumal da J. die Ansicht aussprach, daß es sich hier um StöiMuigen
nach ciiuT Läsion des Trigcminiis und spc/idl dv> (langlion ophthalmicum
handle; allerdings sei die Doppelseitigkeit der Erki'ankung sclnvei' zu erklären.
52jähriger Patient, der im Oktober sieh zum ersten Male vorstellte. Er gab an, vor
6 Monaten sei das rechte Auge plötzlich rot und lichtscheu geworden, und einige Tage später
habe unter heftigen Kopfschmerzen dasselbe Leiden aucli das linke Auge befallen. Die Kopf-
schmerzen, die immer mehr an Heftigkeit zunahmen, hätten, ebenso wie die Lichtscheu,
bis jetzt jedweder Behandlung getrotzt. Patient hatte vor etwa zehn Jahren einen Anfall
von akutem Cielenkrheumatismus durchgemacht, ferner hat er fast alle Zähne verloren.
Status bei der ersten Untersuchung: Äußerst heftige Lichtscheu auf beiden
Augen. Im oberen Abschnitt der rechten Hornhaut, in Sichelform parallel zum Limbus
verlaufend, eine Reihe kleiner LTlzerationen. Die linke Hornhaut zeigt zwar keine Geschwüre,
weist aber an der den rechtsseitigen Geschwüren entsprechenden Stelle eine feine oberfläch-
liche Vaskularisation auf. Die Bindehaut beider Oberlider ist vollständig glatt, gesund und
ohne irgendwelche Granulationen. Außer einer ziemlich starken Injektion der Bindehäute
sind die Verhältnisse sonst auf beiden Augen normal. Die Sensibilität der Hornhaut ist
beiderseits nicht beeinträchtigt.
Im weiteren Verlaufe heilten die Geschwüre zu verschiedenen Malen aus, um sich
-aber von neuem wieder zu bilden; auch die Kopfschmerzen ließen zeitweilig nach.
In jüngster Zeit beobachteten ^vir poliklinisch ein 23jähriges Mädchen
mit einer eigentündichen Hautaffektion, die wegen der Schmerzen, der trophi-
schen und vasomotorischen Störungen ebenfalls wohl zu dem eben beschriebenen
Krankheitsbilde gehören mag.
Anamnestisch ist zu bemerken, daß die Patientin vor drei Wochen an Fieber und
Halsschmerzen erkrankt gewesen war. Am fünften Tage stellten sich Schmerzen im
Auge ein.
Drei Tage, bevor wir die Patientin sahen, hatte sie heftige Schmerzen lediglich im
linken Auge. Dieselben waren andauernd, zuweilen durch Exazerbationen gesteigert. Sie
"s^airden hauptsächlich ins rechte Auge selbst und in die Stirn verlegt. Letztere war äußerst
•empfindlich, selbst gegen leise Berührung. Die rechte Supraorbitalgegend war leicht ge-
schwollen. Die Konjunktiva des rechten Auges zeigte eine oberflächliche und eine ziliare
Injektion. Sehr auffallend war eine sektorenför mige 1cm breite konjunktivale
Blutung, die sich vom Kornealrand radiär zum Äquator nach oben innen
erstreckte.
Unter der Westienschen Lupe erschien das Hornhautparenchym leicht
rauchig getrübt; die Oberfläche desselben war aber glatt. Bläschen waren am Hornhaut-
rande nicht vorhanden. Die Iris erschien etwas dunkler, und die Pupille war etwas enger,
als die der linken Seite.
Die Bulbusbewegungen, namentlich nach oben, außen und nach innen riefen Stechen
hervor. Das rechte Auge tränte stark, besonders nachts. Das rechte Nasenloch war
ieuchter als das der linken Seite. Besonders nachts hatte sie das Gefühl des Wundseins
<ler Lider.
Die Kornealempfindlichkeit war im Vergleich zu links gesteigert.
188 Heri^es zoster oi3hthalinicu.s.
Auffallend war, wie im vorhergehenden Falle, die Photophobie.
Das linke Auge schien auch etwas gereizt zu sein. Xacli Ansetzen von Blutegeln um^-
linke Auge verschwanden rasch die geschilderten Symptome.
Dieser Fall zeichnete sich vor allem durch seine ganz außerordentliche
Schnierzhaftigkeit im Bereiche des I. Quintusastes aus. Dabei trat sofort
der Umstand in (hm Vordeigrund, daß es sich um eine lediglich auf die End-
zweige des I. Astes beschränkte, äußerst schmerzhafte Affektion handelte,
deren Charakter durch die Veränderungen in der Konjunktiva (Blutung) und
Kornea (rauchige Trübung) als trophisch-vas(jmotorische Störung im I. Quintus-
aste sich äußerte und somit vielleicht als forme fruste eines Herpes ophth.
gedeutet werden dürfte.
Möglicherweise wäre in diese Kategorie noch der folgende von Herrn
Pjof. Edinger ])eobachtete und uns gütigst zur Verfügung gestellte Fall
einzurechnen:
B. P., 65 Jahre alt, war immer nervo.-; und ängstlich; ein Zustand, welcher zunahm,
je älter er wurde. 1853 Typhus, 1855 ähnliche Affektion. 1868 hartnäckige Bronchitis.
1883 ,, Darmverschlingung". 1887 Muskelrheumatismus. 1888, 1891, 1894 heftige Schmerzen
diu'ch Nierenkonkremente, die zum Teil abgingen. Seit einigen Jahren Schreibkrampf.
Mehrmals Influenza, zuletzt sehr heftig Februar 1891.
Im Juli 1899 reißende Schmerzen im Gebiete des rechten Supraorbitalis, die zuletzt
so zunahmen, daß bei jedem Streichen auf der Stirn Schmerzanfälle eintraten, und dieselbe
beim Waschen nur noch vorsichtig betupft werden durfte. Die Schmerzen hielten relativ mäßig
bis September an, nahmen dann aber sowohl an Heftigkeit, wie an Häufigkeit sehr zu. Mitte
Oktober waren die Anfälle nur etwa über dem rechten Auge lokalisiert. Immerhin konnte
Patient bis Anfang November seinem Berufe nachgehen. Nun aber nahmen die ausschließ-
lich im rechten Oberlid lokalisierten Schmerzen ganz enorm zu. Sie strahlten niemals über
die Stirn aus. Bei der Untersuchung war das rechte Auge fast geschlossen; jeder Versuch,^
es zu öffnen, rief so heftige Schmerzanfälle hervor, daß man davon Abstand nehmen mußte.
Am Tage folgten die Anfälle sicher über 100 mal. Nachts herrschte Ruhe. Unter fort-
gesetztem Instillieren von Kokain und galvanischer Behandlung besserten sich die Anfälle.
Ende Januar zeigte sich nur gelegentlich schmerzhaftes Brennen im Oberlid.
Alle Schmerzanfalle trugen durchaus den Charakter einer echten Neuralgie; es ist
niemals ein organischer Befund daneben erhoben worden. Diese Neuralgie beschränkte sich
ausschließlich auf das Oberlid und ist, obwohl sie zweifellos an eine Supraorbitalneuralgie
sich angeschlossen hatte, lediglich auf die Lidnerven beschränkt geblieben, ebenso Avie im
vorhergehenden Falle.
Das Wesen des Herpes zoster.
§ 198. Da der Herpes ophthalmicus nur eine l)esonders lokalisierte Form
des Herpes zoster überhaupt darstellt, so kann die Pathogenese des ersteren
nur verstanden werden bei einem Eingehen auf die pathologisch -anatomisch
gesicherten Befunde und Darstellungen, welche vom Herpes zoster ül)erhaupt
in der Literatur sich vorfinden. Wir wenden uns daher zunächst zur Schildeiung
des Wesens des Herpes zoster im allgemeinen.
V. Bärensprung (649) kcmstatierte bei Herpes zoster iiitcvt-ostalis
anatomische Läsionen in den seinei' Verbreitung (^ntsi)r('chenden Intciveitebral-
ganglien. Seit dieser Zeit hielt man lange Jahre an der Annahme fest, daß
die wesentliche anatomische Bedingung einer Zostereruption in der Erkrankung
Herpes zoster oijhthalmicus. 189
dt'i" Spiiicilganglicn /ii suchen sei, und /wai entstelle die I5läs('lieneru}»ti(»n in-
folge einer Eeizunu; der in den Spinalganglien geii'genen (laiiglienzellen.
ist)") i)ul>lizierten Cluitcot und Cotard (GöO) einen pathologisch-
anatoniiselien IJefunil l»ei einem Hei[)es xostei' ceivicalis, dahingehend, daß
eine aktive Hyperämie in den (langlien und Nerven zu konstatieren war.
1870 untersuchte WCidner (848) zwei ZosterfäUe mit folgendem Resultat:
,,Die sensible Wurzel des ersten thorakischen Nerven zeigte an der Durch-
trittsstelle durch die l)ui;i matcr eine kleine Einlageriuig. die das Neurilemm
substituierte und sich xon diesem aus in (bis Innere evstre(d<t(', wobei die Nerven-
bündel auseinandergedrängt wurden. Dvii iJefund im /weiten Falle werden
wir später mitteilen.
E. Wagnei' ((>5l) fand l)ei einem Herpes zoster intercostalis eine erheb-
liche Yergrößei'ung und Wulstung der Spinalganglien der Nerven, in deren
Bereich die Zosteicruption lag. Mikroskopisch erschienen diese Ganglien
im höchsten (irade degeneriert. Die Ganglienzellen selbst waren vollkommen
fettig zerfallen.
In diesem bemerkenswerten Falle fand sich außer Kaiies der Brust-
wirbel auch Pachynieningitis simplex et tul»erculosa medullae s})inalis und
Lungentuberkulose.
1881 wurde \"()n Lessev (653) in zwei Fällen xon Herpes zoster ent-
zündHche Lifiltration mit Blutungen in einem ganz zirkumskii])ten Gel)iete des
betr. Ganglion inter^'ertebrale konstatiert.
1883 publizierte Besser (653) einen dritten genau anatomisch untersuchten
Fall von Herpes zoster intercostahs, in welchem er schon makroskopisch Ver-
änderungen des vierten und l>esonders des fünften luterkostalnerven fest-
stellen konnte (auffallend dünn. al)geplattet und von r(")tlichgrauer Färbung).
Die mikroskopische Untersuchung ergab zahlreiche Degenerationen von Fasern
im fimften Interkostalnerven und starke Hyperämie an vielen Stellen der
Bindegewebshüllen des fünften Intervertel)ralganglions. sowie kleine Blutungen
in demselben und Untergang von Ganglier.zellen und Nervenfasern. Besser
hält die Degeneration des Interkostalnerven für sekundär, und zwar al)hängig
von der primären, allerdings ätiologisch unerklärten Erkrankung des Inter-
vertebralganglions .
In demselben Jahre veröffentlichten Bit res und Vaillard (654) eine
anatomische Untersuchung eines Zosterfalles, in welchem sie feststellten, daß
es sich lediglich um neuritische Veränderungen im Nerven gehandelt hatte.
Intervertebralganglion. hintere Wurzel. Bückenmark waien normal.
Sehr interessant sind die Ergebnisse Curschmanns und Eisenlohrs
(655) bei drei Fällen von Herpes zoster. Im ersten Falle fand sich eine evidente
Perineuritis acuta nodosa, während die allerdings zwei Jahre später
vorgenommene Untersuchung normales Verhalten der Spinalganglien und
Nervenwurzeln ergab.
Im «;weiten Falle handelte es sich um zirkumskripte perineuritische
Anschwellungen. Im dritten Falle fand sich weder am Nerven noch am Ganglion^
190 Herpes zoster ophthalmicus.
noch an den hinteren Wurzehi irgend etwas Bemerkenswertes. Jedoch waren
wahrscheinhch die betreffenden Interkostalnerven einer Kompression von
blutig infiltrierten Muskeln ausgesetzt gewesen.
Diese Forscher spreclien cUrekt aus, daß man bisher die Verände-
rungen in den SpinalgangHen zu sehr in den Vordergrund gestellt habe,
und daß man künftig mehr die periphere Neuritis beachten solle, die gewiß
häufig einer etwaigen gleichzeitigen Erkrankung der Spinalganglien koordiniert
sei. Noch schärfer für die rein peripherische Grundlage des Zoster trat
D übler (656) ein. Er fand in zwei Fällen eine bis in die subkutanen Ästchen
verfolgbare Neuritis parenchymatosa et interstitialis der Interkostalnerven,
deren Ausdehnung genau der Hautaffektion entsprach. Befallen wurden
sowohl die Stämme der Interkostalnerven als auch die perforierenden und
(weniger intensiv) die hinteren Aste, sowohl die sensiblen als die motorischen
Endäste. Die Spinalganglien waren intakt bis auf eines, in w^elchem im Bereich
gewisser da§ Ganglion durchsetzender Nervenbündel, entzündliche Verände-
rungen angetroffen wurden; solche fanden sich hier auch in der zugehörigen
sensiblen und motorischen Wurzel. Die neuritischen Veränderungen — De-
generation der Nervenfasern in den verschiedensten Stadien von der einfachen
Zerklüftung des Marks bis zum totalen Schwund der Fasern mit Hinterlassung
der leeren Schwannschen Scheide — betrafen ül:)erall nur einen Teil des
Querschnittes der Nervenäste.
Dem Verfasser scheinen die peripheren Nervenveränderungen beim
Zustandekommen des Herpes zoster eine bedeutendere Eolle zu spielen als
die Spinalganglien, die vielleicht erst sekundär erkranken.
Besonders aber sei hier auf eine gerade in diesen Tagen erschienene,
große Arbeit von Head und Campbell (657) über die Pathologie des Herpes
zoster hingewiesen, welche auf der genauen Untersuchung von 21 Fällen
basiert. Die mit Hilfe der neuesten Untersuchungsmittel gewonnenen Befunde
rechtfertigen nach unserer Ansicht eine genauere Mitteilung der Resultate
dieser Forscher.
Sie fanden als Veränderungen in den Intervertebralganglien:
1. akute Entzündung mit Exsudation kleiner Eundzellen,
2. Extravasate von Blut,
3. Zerstörung von Ganglienzellen und Nervenfasern,
4. Entzündung des Bindegewebes des GangHons.
Die Veränderungen in den hinteren Wurzeln entsprachen denen der
Ganglienzellen. Sie bestanden in einer akuten Degeneration, gefolgt von einer
größeren oder geringeren Sklerosierung. Die vordere Wuizel war in allen
Fällen normal.
In den peripheren Nerven fanden sich je nach der Inteiisitiit der
Läsion des Intervertebralganglions degenerierte Fasern. In zwei Fällen kon-
statierten die beiden Forscher Hämorrhagie und EntzüiKhnig, sowohl in den
Ganglien, wie in den peripheren Nerven.
Herpes zoster ophtlialmicus.
191
Läsioii
Läsioii
Bhitun
Läsioii
Periplierer Nerv
Fig. 33.
VeränderuÄgen der Spinalganglien und peripheren Xerven in Fällen von Herjies zoster nach
Head und Campbell, Brain 1900.
192 Herpes zoster ophthalmicus.
Im Rückenmark zeigten sich leichte Degenerationen in den Hinter-
strängen, die wahrscheinlich am neunten oder zehnten Tage nach der Eruption
der Herpesbläschen auftraten und wieder verschwanden, ohne nachweisbare
Sklerose zu hinterlassen.
§ 199. Die Zahl der Beobachtungen von Herpes zoster ophthal-
micus mit Sektionsbefund ist bis jetzt recht spärlich.
Den ersten Fall veröffentlichte Weidner (343). Es bestand rechterseits Herpes
zoster im I. und II. Aste des Trigeminus. Bei der Sektion fünf Jahre später war derselbe
unmittelbar an der Eintrittsstelle in das Ganglion Gasseri dünner, als der linke und zugleich
wie ausgefasert. Die Zwischenräume zwischen den einzelnen Bündeln waren mit einer rötlich
gelblichen Flüssigkeit ausgefüllt. Die Ganglienzellen, in ziemlich reichlicher Menge vorhanden,
von ungleicher Größe, feinkörnigem Inhalt und mit bald deutlichen, bald undeutlichen
LSsion
r^^^*,^'-«.— Hintere
..2^^-*""* Wurzel
"^^S^^^^S^iCi^i^"^^*^^^^^^^?^ =^ Vordere
^-^^iT^--^^' — " Wurzel
Flg. 34. "^
Veränderungen der Spinalganglien und peripheren Nerven in Fällen von Herpes zoster nach
He ad und Campbell. Brain 1900.
Körnern versehen, enthielten an einem ihrer Pole braungelbes Pigment, welches sich in ein-
zelnen sehr spärlich, in anderen sehr reichlich fand, und waren in zahlreiche Kerne führendes
Bindegewebe eingelagert.
Ein Jahr später publizierte Wyss (342) einen Fall, der am 1'2. Tage der
Erkrankung zur ()l)duktion kam.
Es handelte sich um einen 68 jährigen Mann, bei dem nach vorausgegangenen gastri-
schen Erscheinungen mit leichtem Fieber zuerst ein geringer Herpes labialis aufgetreten war.
Am folgenden Tage Röte um das rechte Auge, die Stirn, die Nase, langsam sich ausbreitend
gegen den Scheitel, die rechte Wange, das rechte Ohr, bis gegen den Unterkieferrand und
nach der linken Gesichtsseite hin. Einige Tage darauf ging der krankhafte Prozeß auch auf
das linke Auge über. Zwei Tage nach Beginn der Rötung erhoben sich rechterseits auf der
nun wieder erblassenden Haut Bläschen und Blasen. Während links die Schwellung und
Rötung der Haut, der Stirn und des Auges wieder verschwand, ohne daß dort Bläschen
entstanden, traten auf der Kornea und Konjunktiva des rechten Auges kleine Bläschen auf,
die platzten. Einige Tage später stellte sich bei dem Patienten Sopor ein. der allmählich
in den Tod überging.
Aus der sehr interessanten Sektion heben wir hervor: Der Rainiis primus N. trigeinini
dext. erschien ganz merklich breiter und dicker, weicher und von graurötlicher Farbe. Im
M. obliq. inf . fanden sich drei hanfkerngroße Abszesse, im M. abducens ein kirschkerngroßer
Abszeß, und das Bindegewebe um denselben eitrig infiltriert. Es bestand eine Thrombo-
Herpes zoster oplitlialmicus.
193
plilebitis V. oplitlialin. sup. Die vorher beschriebene Beschaffenlieit des Ramus I N. trigemini
zeigte sieh auch an der Eintrittsstelle in die Orbita; von da bis zur Austrittsstellc aus dem
Ganglion Gasseri war der Nerv von lilutextravasaten umschlossen. Nicht so der Ram. II
und III, die keine makroskopischen Veränderungen zeigten; ebensowenig war der N. trigem.
hinter dem (Jangilon verändert; nur da, wo derselbe fäcliei-förmig sich ausbreitet, um in das
Ganglion (iasseri einzutreten, war er blutig suffundiert. Das (Janglion erschien äußerlich
ein wenig großer, als dasjenige der anderen Seite, etwas sukkulenter, mehr injiziert; auf
seiner Innenseite lag ein rotes etwa 1 cm breites, anscheinend aus Blutextra vasat bestehendes
Anhängsel. Die eigentliche Gangliensubstanz, die am linken Ganglion gelblichweiß war,
erschien hier hellrot; ebenso war der Ram. I von roter Farbe; der Ram. II und III dagegen
gelblichweiß, wie der motorische Teil des Trigem. dexter. Mikroskopisch fanden sich im
Ganglion CJasseri Hyperämie, beträchtliche zelligeitrige Infiltration der Gangliensubstanz,
so daß die Ganglienzellen weit auseinander gedrängt und zum Teil auch zerstört erschienen.
^^^
>^%^^'*-
"^^'-^i'
Fig. 35. Nach Kaposi, Pathologie und Tiierapie der Hautkrankheiten. 5. Aufl. 8. 351.
Längsschnitt durch das 3. rechtsseitige Lendenspinalganglion in einem Falle von Zoster lumbo-
inguinalis. aa Ganglion. Die schwarzen Punkte innerhalb desselben entsprechen den dunkel
pigmentierten Ganglienzellen, die dunklen Striche den strotzend gefüllten Blutgefäßen.
/ Fettzellen, hh ein- und austretende Nervenbündel, cc Das Ganglion einhüllendes Fettgewebe.
Diese eitrige Infiltration war am reichlichsten im Zentrum, etwas weniger nach der Peripherie
hin entwickelt, zur Abszeßbildung war es nicht gekommen. Die Ganglienzellen zeigten Ver-
änderungen der Gestalt und Degeneration. Vielfach war das Pigment der Ganglienzellen
von den Eiterkörperchen aufgenommen worden. Im I. Aste des Quintus fand sich eine aus-
gesprochene Neuritis (Myelingerinnüng zahlreicher Fasern, Umwandlung des Marks in
glänzende Kugeln. Zelhvucherung im Neurilemm, Hyperämie und Hämorrhagien in die
Nervenbündel).
Wyß (342) gelangt za dem Kesultat, daß der Zoster eine typische Er-
kiankung der Haut darstelle, die bedingt sei durch Entzündung des
Ganglion Gasseri oder eines Spinalganglions und des durch das-
selbe hindurchtretenden Nerven. Ganglion sowohl als Nerv könnten
partiell erkranken; für die Fälle, in denen nicht der ganze Verbreitungsbezirk
eines Nervenstammes in der Haut vom Zoster eingenommen ist, sondern nur
das Bereich eines einzelnen Astes, sei ]>loß eine partielle Erkrankung des Gan-
glions und des Nerven anzunehmen.
Einige Jahre später besprach Sattler (308) in einem Vortrage das
Wesen des Herpes zoster Ophthal micus. Er erwähnte, daß Hebra zuerst
Wilbiand-Saenger, Neurologie des Auges. II. Bd. I. Abteilung. 13
194
Herpes zoster ophthalmicus.
auf das häufige Zusammentreffen mit Augenerkrankungen aufmerksam ge-
macht habe [in etwa 42%]. Im Bereiche des Trigeminus befalle der Zoster
in der Eegel den Eamus ophthalmicus. Sattler konstatierte in einem zur
Obduktion gekommenen Falle graurötliche Erweichung, sowohl des Teils des
Ganglion Gasseri, w-elcher dem ersten Aste des Quintus zugehörte, wie dieses
letzteren selbst, mitsamt seinen Zweigen inklusive das Gangl. ciliare. Die
Degeneration nahm nach der Peripherie zu ab. Es bestand Infiltration der
Iris, der Chorioidea, des Ziliar- und Glaskörpers. Die Kornea war gesund.
Sattler wendet sich gegen die Snellensche, auch von Eriedreich (658)
vertretene Ansicht, daß es sich im vorliegenden Falle nicht um eine Fortpflanzung
einer Neuritis descendens
auf das Auge und die Haut ge-
handelt habe, sondern er nimmt
eine Affektion trophischer Ner-
ven an.
Kaposi (659), der in
seinem bekannten Lehrljuche
der Hautkranldieiten sehr ein-
gehend sich mit dem Herpes
beschäftigt, hat in einem Falle
von Zoster frontalis (Tod in-
folge von Pneumonie), Hämor-
rhagien und Zerstörung im
Ganglion Gasseri [siehe Figur
35], und in einem Falle von
Zoster Iuml)o-inguinalis (Tod
infolge von Harninfiltration im
Perineum) jene bedeutende Er-
krankung in den Spinalganglien
der dem Zoster entsprechenden
Körperhälfte und Nerven nach-
gewiesen, wie solche aus der hier reproduzierten Zeichnung zum Teil erkennt-
lich ist. In seinem Lehrbuche drückt Kaposi seine Ansicht dahin aus, daß
die Erkrankungen der Spinalganglien gewiß nicht in allen Fällen die Ursache
des Zoster abgäben, daß wir dieselbe vielmeln' in einer Affektion im Bereiche
des Nerven, an seinem Ursprünge, oder im Spinalganglion, oder in seinem
weiteren Verlaufe suchen müßten.
Im Herl>st 1900 vei-öffentlichten Head und Campbell (657) einen Fall
von Herpes frontalis mit außerordentlich genauem mikroskopischem Befunde.
Es handelte sich um einen 4.3jähricren Paralytiker, der früher syphilitisch gewesen war.
Der Gang war ataktisch. Die Patellarreflexe fehlten. Die Pupillen waren gleich, reagierten
nicht auf Licht. Die Zunge zitterte beim Herausstrecken. Er produzierte (Jrößenideen,
war schlaflos, schlapp und schmutzig in seinen (iewohnheiten.
Ein halbes Jahr vor dem Exitus trat ein Herpes an der Stirn auf. wcKlier seine größte
Entwicklung zwei Tage später erreichte. Die Kornea blieV) durchaus frei, der Augenhinter-
Fig. .36.
Erkrankung des (langlion Gasseri in einem Falle von
Herpes zoster des III. Trigeminusastes nach Head
und Campbell. Brain 1900.
Horjios zoster oj)]itlialnii(Mi>
195
giiiiul war normal. 1!M> 'ra<j;(> nach dein Aiishiuclic iIcs Hcijh's starh l'aticnt initcr Kon-
vulsionen.
Bei der niikroskopiselien Untersiicliiin^ fand sich im rechten (ian^dion (iasseri eir»
schmales Bündel von ])atli()l()<2;ischem Aussehen. Eine «iewisse Anzahl von Fasern war unter-
gegangen; es war nui- zeifallenes Ciewebe vorhanden; die Blutgefäße waren erweitert. An
einer anderen Stelle fanden sich im (Janglion die llherbleibsel einer Blutung. Daselbst
waren die (Janglienzellen zugrunde gegangen, an tieren Stelle lag eine Anhäufung von roten
Blutki")i|)ercheu. Das linke (langlion (Jasseri schien nicht xciiindeit.
In den rechten Wurzelfascrn konnte man sehr schmale 1^'asern konstatieren, von
denen ein Teil sklerosiert zu sein scliien. Akute J)egeneration war nicht nachweisbar.
Sehe matische Erklärung der Kig. .'Jb.
Dura iiiater
auf der Tiifrainr.xillar-
l'"r(intalschiii(t Oberfläche Liisicm fasrni
Redites (Taujzliou
Motorische Wiuzchi
Linkes Ganglion
Infrainaxillarportion
Fnintalscluiitt Portion des Dorsalfläclie
Araxill. sup.
Fig. 37.
Im Ranius ophthalniicus fanden sich keine Veränderungen.
Im Hirnschenkel und dem Pons schienen Fasern der Pyramidenbahnen leicht akut
degeneriert.
In der Medulla und dem Rückenmark wurde keine Veränderung konstatiert.
§ "200. Aus den mitgeteilten Befunden geht hervor, daß der Herpes
zostei eine akute Erkrankung des Nervensystems darstellt. Head und
Campbell (657) vergleichen dieselbe mit einer akuten Poliomyelitis, deren
mikroskopischer Befund nach ihrer Ansicht dem, welchen sie bei ihren vielen
Herpesfällen konstatiert haben, durchaus ähnhch sein soll. Übrigens stelle
das Spinalganglion das genaue sensible Äquivalent des motorischen Vorder-
horns dar. Über die Natur des Agens, welches füi' diesen Prozeß verantwortlich
zu machten sei , sind wir nach diesen Forschern durchaus noch im unklaren.
Sie konnten mikroskopisch nirgends ein Anzeichen einer bakteriellen Invasion
13*
196 Herpes zoster ophthalmicus.
entdecken. Allerdings haben diese Autoren aus Furcht, das Präparat für andere
Zwecke zu zerstören, keine Kultivierungsversuche angestellt, was wir bei dem
reichhaltigen Materiale sehr bedauern. Nach Ansicht der letztgenannten
Forscher scheint das den Herpes bewirkende Agens eine spezifische ,, Attraktion"
zu dem Spinalganglion zu besitzen, genau so, wie die ebenfalls unbekannte
Ursache der akaten PoHomyelitis zur Substanz des Vorderhorns. He ad und
Campbell haben auch festgestellt, daß unter den Spinalganglien am häufigsten
diejenigen affiziert würden, welche von den Eingeweiden her durch einen
Ast des Sympathikus Erregungen zugeleitet bekämen. Weiterhin sei der Um-
stand sehr zu beachten, daß die Spinalganglien zwei Hauptgruppen von Zellen
enthielten, 1. große granulierte Nervenzellen und 2. kleinere. In manchen
Spinalganglien prävalierten die großen, in anderen die kleinen Zellen. Nach
ihrer Ansicht scheine das toxische Agens, welches den Herpes zoster hervor-
ruft, nicht nur eine Affinität zum Spinalganglion zu besitzen, sondern besonders
zu denjenigen, welche überwiegend die Zellen des kleineren Typus enthalten,
welch letztere ihre Portsätze zu den kurzen Fasern der Hinterstränge senden.
Nun scheinen diese kleinen Zellen wahrscheinlich der Schmerz-
leitung zu dienen. Daher käme also der intensive Schmerz,
welcher eine Zosterattacke begleite.
Das Eesume dieser beiden Autoren geht dahin, daß sie nicht glauben,
die Zostereruption sei die Folge einer Zerstörung spezieller trophischer Nerven,
sondern bestehe in einer intensiven Irritation der Zellen im Gan-
glion, welche gewöhnhch der Funktion des Schmerzes dienen, besonders
desjenigen Schmerzes, der durch viszerale Impulse hervorgebracht werde.
So sehen wir, daß die allerneueste Arbeit eine Stütze für die Bären-
sprungsche Annahme, die Ursache des Zoster hauptsächhch in Verände-
rungen der Spinalganglien zu suchen, geliefert hat. Immerhin sind aber nach
unserer Ansicht die von einem so kompetenten Forscher wie Eisenlohr er-
hobenen Befunde nicht aus der Welt geschafft, daß auch ohne Ganglien-
erkrankung der Zoster auf rein neuritischer Basis entstehen kann.
§ 201. Wie die Hautaffektion dabei zu erklären ist, darüber sind
verschiedene Ansichten zutage gefördert worden, die sich mit denjenigen ülier
die trophischen Störungen (siehe S. 138) im allgemeinen annähernd decken.
Hervorheben müssen wir nur noch, daß Friedreich (658) zur Erklärung der
Herpeseruption eine propagierende Entzündung des Nerven annahm, welche
von der ursprünghchen Stelle des Eeizes innerhalb und längs der Nerven-
verzweigungen bis in die terminalen Ausläufer desselben in die Haut fort-
krieche, auf das Gewebe der Haut übergehe und hier die betreffenden Ent-
zündungen hervorrufe. Friedreich stützte sich auf die von Daniellsen,
Wyß und Haight gefundenen Veränderungen der Hautnerven. Diese An-
sicht findet neuerdings eine Bekräftigung namentlich duicli die auf S. 190
mitgeteilte Dubl ersehe Beobachtung und ist auch schon früluT ihirch Bohn
''fißO) ausdrücklich bestätigt worden.
Herpes zoster oplitliHlinicus. 197
§ 202. Gegell diese Ansicht winde inniici- <^clt('H(l griiiaclit, daß das Fehle n
der iiiotorischen Störung l)eiin Zoster o})hthahiiic\is mit einer Entzündni;g
eines ])eiipheren Nerven, in %veleheni die niotoiisclien Fasern mit den sensiblen
xcrmiseht Nciiaut'eii. nicht in Minklaiig zu hiiiigeii sei, natiiilich abgesehen
von dem I. und Jl. Aste des Trigeniinus, der ja mn; sensible Fasern entliält.
Indessen gibt es aber doch eine Reihe von Herpes zoster-Fällen, in welchen aus-
gesprochene, in der Hegel von Atrophie begleitete motorische Lähmungen
beobachtet wurden, wie dies Ebstein (tKil) in der von uns schon zitierten Arbeit
besonders hervorgehoben hat. In vier Fällen (von Jones, Walter, Joffrey)
handelte es sich um Herpes zoster mit Schmerzen, Atrophie und Bewegungs-
störungen in Nerven, welche zu dem gleichen Nervenplexus, und zwar dem
Plexus brachiaüs gehörten. Hardy sah einen Zoster des Ischiadikus, bei dem
nach der Periode des Schmerzes eine vollkommen amyotrophische Lähmui;g
der Wadenmuskulatur eintrat. In einzelnen Fällen von Herpes zoster be-
>chränkteii sich, wie Ebstein sagt, die Nervenerscheinungen nicht auf den-
^elben Nervenplexus, in welchem das Exanthem sich entwickelte, sondern ver-
breiteten sich in solcher Weise und solcher Ausdehnung, daß an eine Beteihgung
des Zentralnervensystems gedacht werden mußte. Eljenso wie im Bereiche
der Eückenmarksnerveii, können auch im Bereiche der Hirnnerven bei
Herpes zoster Lähmungen auftreten, und zwar handelt es sich hier, so weit
bis jetzt bekannt, teils um Lähmungen im Gebiete der Augennerven, teils
im Gebiete des Nerv, facialis (vgl. S. 182).
Trotz dieser Tatsachen lehrt aber ein genaues Eingehen auf die Fälle,
daß der Sitz der Lähmung und der Hautaffektion sehr oft nicht in das Be-
reich desselben Nerven fallen. Folglich könne der Herpes zoster nicht in direkte
Abhängigkeit zu den motorischen Fasern gebracht werden. Dasselbe kann
man auch von den sensiblen Fasern sagen, weil der Zoster durchaus nicht
selten mit geringfügiger Sensibilitätsstörung zustande kommt, und weil, wie
Ebstein mit Recht hervorhebt, trotz der schwersten Sensibilitätsstörungen,
und besonders trotz der heftigsten Neuralgien, es erfahrungsgemäß meist
nicht zu der Entwicklung eines Herpes zoster zu kommen pflegt. Es besteht
überhaupt keine Kongruenz in der Intensität des Herpes zoster und der den-
selben begleitenden Neuralgien. Ebstein hält es daher für das W^ahrschein-
lichste, vasomotorische Störungen anzunehmen, welche infolge der
Nervenläsion entständen, und wodurch die Anpassungsfähigkeit der Haut-
gefäße verringert würde. In Übereinstimmung mit v. Recklinghausen (662),
welcher gleichfalls diese Ansicht vertritt, nimmt er auf Grund des Entstehens,
sowie des Verlaufs des Herpes zoster an, daß es sich dabei nicht um eine
Lähmung der Gefäßverengerer , sondern um eine Reizung dei Gefäß-
er weit er er handle.
Das klinische Faktum der Seltenheit der motorischen Lähmungen beim
Herpes erklärt Ebstein dadurch, daß die krankmachende Noxe einerseits
nur lok^l die in der Haut verlaufenden Nervenbahnen treffe, andererseits
aber, wenn sie nicht lokal, sondern durch Aufnahme in die Säftema^se auf
198 Herpes zoster ophthalraicus.
den Gesamtorganismus wirke, auf einer größeren Vulnerabilität der vaso-
motorischen und sensiblen Nerven beruhe.
§ 203. Die Ebsteinsche vasomotorische Theorie, die schon viel
früher in anderem Sinne von Eulen bürg (564) und Landois (665) als vaso-
motorische Lähmung (siehe früher) aufgestellt worden war, wurde neuerdings
durch Abadie (663) in einem Vortrag gestützt, den wir deshalb hier ausfiUir-
licher nach einem Eeferate mitteilen, da er auch die von Brissaud vertretene,
interessante Ansicht über den Herpes wiedergibt, die übrigens neuerdings von
Bourneville und Boncour (664) bestritten wird.
Nach Abadie galt bis in die neueste Zeit der Herpes zoster als das
Eesultat einer trophischen Störung, deren Ursache man in krankhaften Ver-
änderungen der zu dem befallenen Hautbezirke hinziehenden sensiblen Nerven
suchen zu müssen glaubte; man faßte diese so ziemlich von allen Ärzten ge-
teilte Anschauung in die Worte zusammen: ,, Herpes zoster ist die auf der
äußeren Haut sichtbare Manifestation einer Neuritis". Erst Brissaud trat
dieser bis dahin ohne Widerspruch gebliebenen Anschauung entgegen, indem
er darauf hinwies, daß der von den Herpesbläschen befallene Hautbezirk sich
nicht immer mit der Endausbreitung der entsprechenden sensiblen Nerven
decke, und wobei er der Hypothese eines medullären Ursprungs dieser Er-
krankung Aufdruck gab. Ausgehend von der entwicklungsgeschichtlichen
Tatsache, daß sich das Rückenmark aus einer Reihe aufeinanderfolgender,
relativ voneinander unabhängiger Segmente, sogenannter Metameren. aufbaut,
suchte Brissaud zu beweisen, daß beim Herpes zoster die Hauteruption nicht
der Ausbreitung der sensil3len Nerven folge, sondern daß dieselbe in dem Be-
zirke, der von der erkrankten Rückenmarksmetamere seine Nerven bezöge,
zum Ausbruch komme; dieser v^on einer Rückenmarksmetamere versorgte
Haut bezirk sei aber oft ein ganz anderer als der. welcher dem Verlauf und der
Ausbreitung der sensiblen Nervenfasern entspreche.
Dieselbe Hypothese des Fortbestehens selbständiger Rückenmarksmeta-
meren im postembryonalen Leben hatte Brissaud auch zur Erklärung ge-
wisser eigentümhcher Sensibilitätsstörungen, die man bei Rückenmarks-
erkrankungen, insbesondere bei der Syringomyelie, beobachtet, verwendet. Die
durch Kreishnien begrenzten anästhetischen Zonen — man hat sie handschuh-,
manschetten-, sockenförmig genannt — lassen sich allerdings nur schwer auf
Störungen, die die peripheren Nerven treffen, zurückf ülu'en : hier hat der
Gedanke, die befallenen Bezirke entsprächen einer in ihrer Funktion l)eein-
trächtigten Rückenmarksmetamere, viel Bestechendes für sich; wolle uian
aber diese ,,Metamerentlieorie" auch auf den Herpes zoster anwenden, so
ginge man, glaubt Abadie, von unrichtigen Anschauungen über das Wesen
dieser Erkrankung aus. Seine Ansicht geht nun dahin, daß, entgegengesetzt
der allgemein herrschenden Auffassung, der Herpes zoster weder auf einer
krankhaften Veränderung der peripheren sensiblen Nerven, noch auf einer
Läsion des' Rückenmarks beruhe, sondern daß er ein/ig und allein in einem
krankliaften Zustande der kleinsten Arterien untl di-r vaso-dilatatorischen
Herpes zoster oplitlialmicus. 199
Nerven, die den von der Hautcniptioii hct'aJIciicii IJc/irk versorgen, seine
Erklärun«^ finde.
Im a-llgeiiieineii Ncrliet'cii die arteriellen (lefäüe \V(Mii}jfteiis eine gewisse
Strecke lang zusammen mit den sensiblen Nerven, und dies sei der Grund,
warum man den Her])es zostei', der in Wirklichkeit seine eigentliche Ursacli(*
in einem anormalen Zusta,nd der Gefäße lial)e, auf nervöse Störungen zurück-
geführt wissen wollte. Da aber nun an bestinnnten Stellen die Gefäß Verzweigungen
sich nicht mit den Endausl)reitungen der sensiblen Nerven decken, so sahen
die, Welche den Herpes zostei' auf nervöser Basis zustande konnnen ließen,
in den von der anatomischen Verteilung der sensiblen Nerven abw^eichenden
Eruptiont'n Unregelmäßigkeiten, wegen welcher, wie erwähnt, Brissaud zu
der Metanierentheorie seine Zuflucht nahm. Diese Theori(^ wäre indessen un-
nötig, und der Beweis, daß sich l)eim Herpes zoster die Hauteruption entlang
der Gefäße und nicht der Nerven ausbreitet, sei nicht schwer zu führen.
Die Eruption bei Herpes ophthalmicus breite sich vertikal über die Stirn
bis in die Nähe der Mittellinie aus, folge also scheinbar dem Nerv, frontahs
und supraorbitalis; manchmal werde auch die Nasengegend derselben Seite,
oder das Auge selbst befallen. Weitgehende, schwer heilbare Hornhaut-
ulzerationen als Folge von Bläschenbildung auf der Hornhaut seien bekanntlich
kein seltenes Vorkomnmis,
Beruhe nun der Herpes zoster ophthalmicus wirklich auf einer einfachen
Entzündung des Nerv, trigeminus, wie solle man sich dann erklären, daß sich
die Erkrankung gerade an der beschriebenen Stelle lokalisiere? Warum werde
bei einer Entzündung, die den Nervenstamm treffe, gerade nur immer ein Ast
dieses Nerven und immer derselbe in Mitleidenschaft gezogen? Warum bleibe
der Hautbezirk, der von den beiden anderen Ästen des Trigeminus, dem Ramus
supramaxillaris und inframaxillaris, versorgt werde, immer von der Bläschen-
bildung verschont ?
Die Hypothese Brissauds, daß Varolsbrücke und das verlängerte Mark
zusammen eine Metamere bildeten, in der der Ursprung des gesamten Trige-
minus und der anderen benachbarten Nerven enthalten sei, passe schlecht
zu der Tatsache, daß die Hauteruption sich auf das Verteilungsgebiet des
Ramus ophthalmicus des Trigeminus beschränke. Zur Unterstützung der
Bris Saud sehen Hypothese habe man einzelne Fälle von Herpes zoster des
Kopfes angefülnt, in denen die Eruption sich weiter als sonst ausdehnte; doch
seien diese Fälle von Herpes zoster cephahcus so außerordentlich selten, daß
sie eigentlich neben dem gewöhnhchen Herpes zoster ophthalmicus. dem wir
so häufig begegneten, gar nicht in Betracht kämen.
Nach Abadies Theorie indessen müsse die Eruption dem Haut-
bezirk entsprechen, der sein Blut von der Arteria supraorbitalis,
frontalis und manchmal auch nasalis beziehe, was übrigens wirkHch
der Fall i>t.
A^adie denkt sich den Vorgang folgendermaßen: Im Schädehnnern
verlaufen Fasern des Nerv, sympathicus, die vom Plexus caroticus
200 Herpes zoster ophthalmicus.
stammen und ihren Ursprung im Ganglion cervicale supremum haben,
zusammen mit dem Stamme des Trigeminus und sind mit demselben ver-
flochten. Diese sympathischen Fasern ziehen nach den von der Arteria
Ophthal mica ausstrahlenden Arterienstämmen, um sich in deren Wandungen
zu verbreiten. Die Endverzweigungen der Arteria ophthalmica sind die
Arteria supraorbitalis, frontalis und nasalis. Ein entzündlicher
Prozeß, der im Schädelinnem den Stamm des Trigeminus oder das Ganglion
Gasseri treffe, werde aber nun notwendigerweise auch die diesen Nerven be-
gleitenden sympathischen Fasern, welche, nur oberflächlich mit genanntem
Nerven vereinigt, ihre eigene, wohl differenzierte Individualität beibehalten
haben, befallen müssen. Die Entzündung der rein sensiblen Elemente habe
Stönmgen im Gefolge, die in Hyperästhesien und Anästhesien ihren Ausdruck
fänden : die entzündliche Heizung der vasodilatatorischen sympathischen Fasern
führe zu einer dauernden, übermäßigen, bis zur Ruptur der Kapillarwände
gehenden Erweiterung der von diesen Fasern versorgten kleineren Arterien.
Auf diese Weise erklärten sich sowohl der Sitz der Eruption, der nicht genau
der Endausbreitung des ersten Trigeminusastes, sondern vielmehr dem Ver-
lauf der denselben begleitenden Arterien entspreche, als auch die trophischen
Störungen, die beim Herpes zoster ophthalmicus nicht bloß im Aufschießen
von Bläschen, sondern auch in einer Schwellung der Haut, die manchmal
sogar ein erysipelartiges Aussehen bekommen könne , beständen. Jetzt sei
auch verständlich, warum der Herpes sich scheinbar nur auf den Verbreitungs-
bezirk des ersten Trigeminusastes beschränke und die von den beiden anderen
Ästen versorgten Gebiete frei lasse. Die vasodilatatorischen Nerven, die die
Arterien dieser Gegend versorgten, hätten nämlich einen anderen Ursprung,
als die der Arteria ophthalmica, sie stammten nicht vom Ganglion cervicale
supremum, sie durchliefen nicht das Schädelinnere und würden von keinem
krankhaften Prozeß, der den Trigeminus befalle, in Mitleidenschaft gezogen.
Die sensiblen Störungen träten beim Herpes zoster in den Hintergrund, und
wenn der Trigeminus an der Bläscheneruption beteiligt sei, so wäre er es nur
durch die ihn begleitenden sympathischen Fasern.
Eine weitere Stütze finde seine Anschauungsweise in dem Verhalten des
Herpes zoster der Brust. Nach seiner Theorie dürfe hier die Bläscheneruption
nach oben den dritten Zwischenrippenraum nicht überschreiten; die die drei
ersten Zwischenrippenräume versorgenden Arterien stammten nämlich nicht
von der Aorta, sondern von der Arteria subclavia; der Ursprung dieser obersten
Zwischenrippenarterien, sowie der dieselben begleitenden vasomotorischen
Nerven, sei also wohl zu unterscheiden von dem der anderen Zwischenrippen-
arterien, die direkt von der Aorta kämen. Wie nun allgemein bekannt, blieben
auch wirklich V)eim Herpes zoster der Brust für gewöhnlich die drei obersten
Zwischenrippenräume von der Eruption verschont.
Diese seine Theorie mache aber uns niclit bloß jene scheinbaren Anomalien
in der Lokalisation der Herpeseruptionen verständlich, Anomalien, für welche
die einen rein nervösen Ursprung des Herpes zoster annehmenden Theorien
Herpes zoster ophthalmicus. 201
eine befriedigende Erkläinug /u j^chcii iiichl iinstaniU' wäicn, sir seien auch
von weit größerer Tragweite, indem sie den scnsil)len Nerven eine ilmen nicht
zugehörige Eollc nehme und den Sym])athikus wieder in seine 1^'chte einsetze.
Der Sympathikus icgele und leite die J'jiniUining in allen doi Bezirken, in
welche sich seine Verzweigungen erstreckten, sei es, daß es sich um Ein-
geweide, sei es, daß es sich um äußere Haut handle.
Abadies Theorie erkläre auch das Zustandekommen gewisser F<nnien
von Herpes zoster oiihflialmicus, von denen Brissaud einzelne Beispiele
erwähnt liabe, und die durch liinzutretende Hemiplegien in ernster Weise
kompliziert würden. Zur Erklärung dieser Vorkommnisse li(d3en alk' nervösen
Theorien im Stiche, während es bei Annahme seinei- 'ÜKorie jeielit ver-
ständlich würde, wie übermäßige Erweiterung gewisser kleiner Hiiiiarterien
zu Rupturen eben dieser Gefäße und zu Blutungen in ihrem Verbreitungs-
bezirke führe.
Einen letzten Beweis für seine Theorie sieht er in der Wirksamkeit des
schwefelsauren Chinins, in regelmäßigen und hohen Dosen dargereicht, bei
Herpes zoster ophthalmicus; Chinin sei aber ein Mittel, dessen wesenthchste
Wirkung in Gefäßverengerung, l)eruhend auf Sympathikusreizung, [gestände.
§ 204. Es sei hier besonders hervorgehoben, daß schon vor 18 Jahren
durch Barth (666) die vasomotorische Theorie eine Zurückweisung erfahren
hat. Nach demselben sei diese Theorie überhaupt nicht imstande, die Er-
scheinungen zu erklären, denn Ischämie der Haut durch Kontraktion der kleinen
Gefäße infolge von Nervenreizung sei nicht leicht zu erzeugen, geschweige
denn für längere Zeit zu halten. Außerdem führe dieselbe nicht zu Nutritions-
störungen der Gewebe, wie Versuche von 0. Weber bewiesen. Auch eine
Erweiterung der Gefäße reiche zur Erklärung der Erscheinungen nicht aus.
Denn eine passive Erweiterung der Gefäße könne, wie die Durchschneidungs-
versuche des Sympathikus bewiesen, allerdings eine dauernde Hyperämie und
diese bei längerer Dauer Hypertrophie oder Atrophie der Gewebe hervorrufen,
niemals aber eine wirkhche Entzündung. Eine aktive Hyperämie aber, welche
das Anfangsstacüum der Entzündung darstelle, sei nur ein sekundäres Phänomen,
bedingt durch Irritation der intervaskulären Elemente (Charcot).
§ '205. Aus alledem dürfte zur Genüge sich das Bedürfnis der ^lehrzahl
der neueren Autoren erklären, eine Störung der sog. trophischen Nerven als
Ursache der Hauteruption des Zosters anzunehmen. Zum näheren Verständnis
des Vorganges weist Lesser (667) auf eine Vermutung hin, die zuerst von
Neisser und Weigert (668) ausgesprochen worden ist. Als wahrscheinliche
Ursache der entzündlichen, eitrigen Affektion beim Zoster wird von ihnen
das durch nervöse Momente bedingte Absterben oberflächlicher Teile
angesehen. Dadurch könnten Infektionsstoffe eindringen, und diese schließhche
Eiterung der Bläschen bedingen. Lesser meint sogar, davon ganz absehen
zu können. Denn das Entstehen zahlreicher kleinster Nekrosen genüge allein
schon für die Erklärung des Zustandekommens der Zostereruption. Jeder
202 Herpes zoster ophthalmicus.
dieser abgestorbenen Teile wirke als Entzündungsreiz auf seine Umgebung,
die nun mit Hyperämie, Exsudation und den übrigen Erscheinungen der
Entzündung auf diesen Reiz antworte. Daß es in der Tat durch nervöse
"Störungen zum Absterben von bestimmten Teilen kommen könne, sei eine
iängst bekannte Tatsache (Decubitus acutus bei gewissen Rückenmarks-
krankheiten, besonders bei schweren Rückenmarksverletzungen). Lesser
fülnt als prägnanten Beweis für seine Ansicht den gangränösen Zoster an.
Die gangränösen Schorfe ließen sich nicht, wie dies Kaposi will, einfach als
Zerwülilung durch Hämorrhagie erklären, denn bei anderen Krankheiten,
Purpura, Skorbut kämen viel umfangreichere Blutungen in die Kutis und
Subkutis vor, die nur in seltenen Fällen zum Absterl^en und zur Ulzeration
führten. Das gleichmäßige Auftreten der Nekrose auf allen Stellen der
Zostereruption weist nach Lesser mit Notwendigkeit auf eine zentrale
Veranlassung hin.
§ 206. Was nun unsere Ansicht lietrifft, so neigen wir trotz der neuesten
Forschungen von He ad und Ca mpbell der Ansicht zu, daß es sich beim Herpes
zoster um einen vorwiegend neuritischen Prozeß handelt, wenn natürlich
auch in vielen Fällen eine Affektion der Spinalganglien dabei gefunden wird.
Gerade die von uns beim Herpes zoster ophthalmicus studierten Verhältnisse
drängen uns zu dieser Auffassung, weil sich der Herpes ophth. häufig mit
Lähmungen motorischer Nerven kombiniert. Der Okulomotorius steht mit
dem Trigeminus direkt im Ganglion ciliare in Konnex; mit dem Abduzens und
Trochlearis dagegen besteht keine Anastomose des Quintus. Im Sinus cavernosus
aber liegen besagte Nerven (siehe Bd. I, S. 423, Fig. 83) ganz in der Nähe des
L Quintusastes, so daß ein neuritisclier oder perineuritischer Prozeß von dem
einen Nerven unmittelbar auf den anderen übergreifen kann, ebenso wie am
Apex orbitae. Die häufige Kombination des Herpes zoster occipito coUaris
mit Fazialislähmung läßt nur die Deutung zu, daß mehrere Nerven unter
dem Einfluß einer gleichen Schädlichkeit neuritisch erkranken, oder daß der
neuritische Prozeß per continuitatem sich auf dem Wege der Anastomosen
zwischen den Nerven sich fortpflanzt.
Auffallend ist allerdings, daß der Zoster sich am häufigsten zu einer
Mononeuritis, sehr selten zu einer Polyneuritis gesellt. Wie aus dem Eisen-
lohrschen Befunde hervorgeht, scheinen perineuritische Formen l)esonders
zum Zoster zu disponieren. Auch die Schmerzhaftigkeit weist mehr auf die
perineuritische, event. interstitielle, als parenchymatöse Erkrankung hin.
Wie nun das Wesen der trophischen Störungen selbst zu erklären sei,
werden wir nach der Besprechung der Keratitis neuroparalytica ausführlicher
darlesren.
Ätiologie des Herpes zoster, 203
Die Ätiologie des Herpes zoster.
§ '201. Wie schon ciwälmt. iiflimni die neuesten Autoreu He ad und
Campbell an. daß der Herpes zoster eine akute Infektionskrankheit
sei, die (in Analoii;()n in der akuten Poliomyelitis habe. Zweifellos </\\)t es eine
große Zahl von Zosterfornien. die infektiöser Matur sind; dies geht auch
aus dem Umstände hervor, daß nicht nur im Verlaufe bekannter Infektions-
krankheiten diese At'fektion auftritt, sondern auch daraus, daß nia-n ein
endemisches und epidemisches Auftreten beobachtet hat.
So beschrieb im vorigen Jahre Reilly (669) eine Serie von 14 Fällen
von Herpes zoster intercostalis. Diese Epidemie war durch Fieber, Frost-
schauer, neuralgische Schmerzen ausgezeichnet. Kaposi (1. c. 360) sagt, daß
die Gürtelkrankheit sich in gewissen Jahreszeiten in größerer Zahl zeige, ge-
wöhnlich zu der Zeit, wo auch Lungenentzündungen, Erysipel und Erytheme
sich in häufigen Fällen i)räsentieren; während in manchen Monaten gar keine
oder nur sporadische Erkrankungen vorkämen. Für diesen Zoster epide-
micus scheine vielleicht tnn miasmatisches Kontagium als Ursache supponierbar.
Hyboi'd (445) gibt an, daß der Zoster am häufigsten im Früliling und Herbst
auftrete, v. Wasielewski (670) hat den Herpes zoster direkt unter die
Infektionskranldieiten eingereiht.
Eine vielfach l)etonte Analogie des Herpes zoster mit den Infektions-
kranldieiten besteht auch darin, daß das Lidividuum fast immer nur einmal
im Leben davon befallen wird, wenn auch vereinzelt Fälle von mehrfachen
Rezidiven l^ekannt geworden sind, wie wir im Kapitel über den Verlauf des
Zoster ophth. gesehen haben. (Vgl. S. 184.)
Xeuerdings sieht man nicht selten einen Herpes bei einer Influenza
auftreten.
So beobachteten auch wir in jüngster Zeit l)ei einer Frau, die unter den
typischen Erscheinungen einer Influenza erkrankt war, einen Herpes zoster.
Jorisenne (671), Abrahamez und Bowman schreiben den Zoster
dem Eheumatismus zu, zumal da die Einwirkung der Kälte als einzige
Gelegenheitsursache in vielen Fällen eruierbar erscheint. Hybord (445) spricht
es di)'ekt aus. daß nach seiner Ansicht die ^lehrzahl der Fälle von Herpes zoster
ophthalmicus durch den Einfluß der Kälte entstanden sei.
§ 208. Wenn somit für eine große, ja vielleicht für die überwiegende
Zahl der Zostererkrankungen als ätiologisches Moment eine infektiöse
Ursache angenommen werden kann, so gibt es gemß auch eine Reihe von Fällen,
in denen die Annahme einer rein toxischen Ursache viel begriüideter und
näher hegend erscheint. So hat man des öfteren Zostereruptionen bei In-
dividuen beobachtet, während sie längere Zeit Arsenik einnahmen. Satt-
ler (308) urd Leudet (801) beobachteten einen Zoster ophthalmicus
nach Koklenoxyd Vergiftung. Ebstein (661) weist darauf hin, daß auch
Autointoxikationen in der Ätiologie des Zosters eine Rolle spielen
204 Ätiologie des Herpes zoster.
können: So habe man vielfach von emem gichtischen Herpes zoster
gesprochen.
Auch ein so hervorragender Beobachter wie Griesinger (672) weist auf
Beziehungen zwischen Herpes und, Stoffwechselkrankheiten hin. Trousseau
(673) beobachtete bei einer gichtischen Dame einen Herpes lumbalis.
Wir selbst sahen bei zwei Herren mit ausgesprochener Gicht einen
Herpes zoster intercostalis; bei einem anderen Gichtiker einen Herpes
frontalis gangränosus, bei zwei Diabetikern einen Herpes zoster
intercostalis und bei einem dritten einen Herpes ophthalmicus.
Wenn es auch sehr schwer ist, einwurfsfrei den Kausalnexus in solchen
Fällen, wo eine sonstige ätiologische Ursache nicht nachweisbar ist, dar-
zutun, da ein Herpes auch ganz spontan auftreten kann, so sind zwei Be-
obachtungen Ebsteins (1. c. S. 533) sehr bemerkenswert, da sie den Ein-
fluß einer toxischen Noxe auf die in Rede stehende Affektion in helles
Licht setzen.
Es handelte sich um zwei Brüder, einen 3jährigen und einen älteren. Beide hatten
Miesmuscheln gegessen. Der jüngere bekam epigastrische Schmerzen und Erbrechen. Am
folgenden Tage entwickelte sich ein Herpes thoracicus sinister mit einigen Bläschen
auf der Hälfte derselben Seite. Der ältere Bruder hatte eine allgemeine Urticaria,
also diejenige Angioneurose der Haut, welche bei dieser Vergiftung am häufigsten
vorkommt.
§ 209. Eins der häufigsten ursächlichen Momente des Herpes zoster
ist das Trauma. So hat Charcot schon im Jahre 1859 einen Fall von rezi-
divierendem Zoster im Bereiche einer Neuralgie des Unterschenkels und Fuß-
rückens veröffentlicht, welche von einer 1848 erlittenen Schußverletzung des
Oberschenkels herrührte.
Seitdem hat man öfter Zoster nach Läsionen peripherer Nerven beobachtet
und beschrieben. So führte v. Bärensprung (649) eine Zostereruption im
Gebiete des I. und IL Quintusastes nach Zahnextraktion an.
Besser (1. c.) beobachtete ebenfalls nach einer Zahnextraktion eine
Bläscheneruption am Kinn und an der Unterhppe, [die er folgendermaßen
erklärt: Durch einen mechanischen oder chemischen Reiz wurde in dem be-
treffenden Ästchen des N. alveolaris inf. ein Entzündungsvorgang hervor-
gerufen, der nun aszendierend auf diesen Nerven selbst überging und Fasern
des N. mentalis ergriff].
Dor (478) berichtet von einem Zoster ophthalmicus nach Verletzung
mit einem Baumzweig; ferner von einem anderen Zosterausbruch, der
einige Tage nach einem Schlage mit einem Holzstück in der Region des
N. infraorbitahs sich eingestellt haben soll. Jeffries (637) pubhzierte eine
Beobachtung bei einem Manne, bei welchem nach einer Verletzung des oberen
Orbitalrandes sich ein Zoster frontalis entwickelt hatte. Auch unser Fall L.
S. 160 gehört hierher. Kurz, es ist zweifellos, daß durch äußere Einwirkungen
auf den Nerven oder dessen InterverteV)ralganglion ein Zoster hervorgerufen
werden kann.
Ätiologie des Herpes zoster. 205
§ 210. Eng an dieses ätiologische Moment dürften sich diejenigen
Herpesausschiägc anschließen, bei welchen ein pathologischer Vorgang, sei
er substantiell alteritTeiul, sei er nur bedrängend, auf Nerv oder Ganglion
eingewirkt hat.
Hier vor alhnn sei auf den interessanten Fall Risenlohrs (siehe S. 189)
hingewiesen.
Gerhardt hob als Entstehungsniögliclikeit des Herpes den Druck durcli
dilatierte Blutgefäße hervor.
Klarer sind die Fälle, in welchen ein Krankheitsprozeß von einem be-
nachbarten Organ auf ein Spinalganglion oder auf einen Nervenstamm
übergriff.
So veröffentlichte Chandelux (676) einen Fall von Zoster des 2. und
3. Interkostahierven bei einem an Phthise verstorbenen Individuum. Bei der
Sektion fanden sicii auf der Seite der Zostereruption zahlreiche pleuritische
Adhäsionen gerade da, wo die erkrankten Ganglien lagen. Dasselbe konstatierte
Bärensprung in einem seiner Fälle.
Auch Erkrankungen der Wirbelsäule spielen in der Ätiologie des
Zosters eine Kolle. So pubUzierte Besser (652) zwei Fälle, in denen die
Zostereruption in unmittelbarer Nähe der erkrankten Partie der Wirbelsäule
aufgetreten war. Nach Ansicht des Autors ist nicht daran zu zweifeln, daß
hier Erkrankungen der Intervertebralganglien vorlagen, die entweder durch
direkte Fortleitung eines entzündlichen Prozesses von dem erkrankten Knochen
her, oder auf mehr mechanischem Wege durch die Verlagerung der Wirbel
entstanden waren.
Zu der Kategorie dieser Beobachtungen gehört auch der Fall Wagners
(651) und ein analoger von Charcot (677). Im ersteren handelte es sich um
Karies, beim letzteren um Karzinom der Wirbelsäule.
Salomon (678) hat eine partielle Zostereruption beschrieben, die durch
Druck einer Knochenauftreibung auf den betreffenden Nervenstamm ver-
ursacht worden ist. Ebenso können Geschwülste oder Kongestionsabszesse
eine Eeizung auf Nerv oder Ganghon ausüben.
So sah Homer (679) im Verlauf eines Orbitaltumors ein pustulöses
Exanthem im Bereiche des N. supraorbitalis; ferner beobachteten Schiffer
und W^yß (680) einen Ausschlag an der linken Gesichtshälfte bei einem Sarcoma
melanodes ossis sphenoidei.
§ 211. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß man bei Zerebral-
affektionen, z. B. bei Hemiplegie Zoster auf der gelähmten Seite beobachtet
hat. So sah Duncan (605) dies bei zw^ei alten Weibern. Die Lähmung
trat mit der Bläscheneruption ein und verschwand gleichzeitig oder vor dem
Ausschlag.
§ 212. Auch hat man bei Spinalaffektionen Zoster beobachtet, wie bei
Tabes, Taboparalyse und bei der Syringomyelie.
§ 213. EndUch konstatierte man bei rein funktionellen Nervenerkran-
kungen, so besonders bei der Hysterie, blasenartige Ausschläge, die man
206 Keratitis neuroparalytica.
als einen atypischen Zoster bezeichnet hat. Erst in a]lerjm:igster Zeit hat
sich Bett mann (802) eingehend mit den Hautaffektionen der Hysterischen
befaßt. Die Art des Auftretens, die Begleiterscheinungen an den betreffenden
Hautstellen, sowie die speziellere Lokalisation legen die Beziehung zur
Hysterie nahe.
Direkt hieran dürfte sich ungezwungen eine von wenigen Autoren (Hardy
und Cazenave) vertretene Behauptung anschließen, daß auch Gemüts-
bewegungen als ätiologisches Moment des Herpes zoster eine Rolle spielen
können .
Die Keratitis neuroparalytica.
§ 214, Nachdem wir auf S. 133- — 145 das Wesen der trophischen Störungen
im allgemeinen behandelt hatten, halten wdr es für notwendig, die Keratitis
neuroparalytica im speziellen um so ausführhcher hier zu bearbeiten, weil
gerade dieses Krankheitsbild am meisten Einblick in das Wesen der trophischen
Störungen überhaupt gewähre, und weil man, trotz des immensen Fleißes so
vieler Forscher auf diesem Gebiete, noch zu keiner übereinstimmenden An-
sicht gelangt ist. Der ganzen Richtung dieses Werkes entsprechend werden
wir dabei die Grundlagen der auf experimentellem Wege gewonnenen Theorien
an der Hand des khnisch kasuistischen Materials eingehend prüfen, um uns
schließlich derjenigen Ansicht zuzuwenden, die wir aus den so gewonnenen
Gesichtspunkten für die w-ahrscheinlichste halten.
§ 215, Wir hatten gesehen, daß beim Herpes zoster ophth. nach An-
gabe der zusammengestellten Beobachtungen rund ein Drittel der Fälle mit
Hornhauterkrankungen kompliziert war. Es tritt nun zunächst die Frage in
den Vordergrund, in welchem Verhältnisse bei den nicht mit Herpes
zoster einhergehenden Trigeminusläsionen auf organischer Basis
Hornhauterkrankungen gefunden werden.
Zur Beantwortung dieser Frage können sell)stverständlich nur die Fälle
mit Sektionsbefund herangezogen werden.
Unter 170 Fällen von Trigeminusläsion mit Sektionsbefund laut Tabelle
S, 231 wurden 64 mit Hornhauterkrankungen verzeichnet, darunter 2 Fälle
mit Keratitis auf beiden Augen. Bei 106 Fällen war nichts vermerkt, oder
die Angaben docli sehr zweifelhaft. Demnach würde also auch bei den Fällen
von Trigeminusläsio]! ohne Herpes zoster ophth. in einem Drittel eine Kom-
plikation mit Keratins neuroparalytica gefunden werden.
§ 216. Auch hinsichtlich der Frage, ob beim Herpes zoster
ophth, die Hornhaut ganz von den gleichen Erkrankungsformen
befallen werde, wie bei den Fällen von Trige minuserkrankung,
welche nicht mit Herpes zoster einhergehen, ist dieselbe zu bejahen.
Gerade hiefür hatten wir in allerjüngster Zeit einen geradezu beweisenden
Fall zu beobachten Gelegeidieit, bei dem das prägnante Bild der Keratitis
Keratitis neiirojiaralytica.
207
neuio})aialvtica mit ausgeprägter Anästlicsic im T. und 11. 'rii^M'mimisaste
ganz besonders liervortrat, während mir wenige, aber zweifellose Heipcsbläsclien
im Gebiete des N. snpraorlälalis vorhanden waren.
E. R., 17 jähriges Dienstmädchen aus Hamburg, will sonst immer gesund gewesen
sein. Vor vier Jahren hatte sie einmal Mandelentzündung, hie und da Anschwellung einer
Lymphdrüse am Halse.
Kurz nach Weihiuvchten 1900 begann tlas reciite Auge zu tränen, jedoch ohne daß
Schmerzen dabei vorhanden gewesen wären. Kinige Wochen s])äter traten Schmelzen in
der rechten Seite des Kopfes,
besonders des Morgens, auf.
Vor einigen Wochen ent-
standen Bläschen auf der Stirn
rechts im Gebiete des Nervus
supraorbitalis, die Stirn wurde
gefühllos, wie tot, die Haut da-
selbst fühlte sich dick an. Kin
paar Wochen s})äter wurde die
rechte Backe in derselben Weise
gefühllos, ebenso die Oberlippe
und die Nase an der rechten
Seite. Die rechte Unterlippe
blieb frei.
Seit 14 Tagen klagt sie
über Schmerzen im rechten Unter-
kiefer, zugleicliDrüsenschwellung.
Sie will früher niemals
eine ähnliche Affektion gehabt
haben.
Herecütär ist dieselbe nicht
belastet.
Status praesens. 16.
III. 1901 : siehe Fig. 38.
Auf der rechten Stirn an
der Haargrenze befinden sich fünf
verschiedene große Borken, ferner
im Kopfhaar im Supraorbitalis -
gebiet drei kleine Borken. Auch
auf der rechten Stirnhälfte sieht
man noch die Reste von drei
ganz kleinen Borken.
Im ersten und zweiten
Aste des Trigeminus ist die Tast-
und Schmerzempfindung aufge-
hoben, ebenso die Temperaturempfindung. Die Störung der Sensibilität am Kopfe geht
ungefähr bis zu einer Linie, die dem Tragus entspricht. Der Fazialis erscheint frei ; an der
Zunge nichts Besonderes.
Das rechte Auge ist tränenreicher als das linke; die Kornea völlig unempfindlich,
es fehlt jegliches Blendungsgefühl. Die Konjunktivalschleimhaut des rechten Unterlides
ist total unempfindlich bis auf einen kleinen Bezirk um den inneren Tränenpunkt. — Die
Conjunctiva bulbi ist stark injiziert und gerötet, ebenso die Conjunctiva palpebrarum. Es
besteht jedoch keine Chemosis (siehe Fig. 39), Die rechte Lidspalte ist enger als die linke
(siehe Fig. 38), die Spannung des rechten Auges geringer als die des linken.
Fi!.
:>,s.
E. R., ITjähriges Mädchen. Rechts Keratitis neuro-
paralytica. Anästhesie im I. und II. Trigeminusaste.
Geringer Herpes zoster frontalis an der Haargrenze
rechterseits.
208 Keratitis neuroparalytica.
Es besteht Keratitis neuro paraMica: Ringsum ist der Rand der Hornhaut in einer
Ausdehnung von 3 — 4 mm zwar noch durchsichtig, so daß man den durch Atropin erweiterten
Pupillenrand gerade noch sehen kann, jedoch ist aber auch hier bei Besichtigung mit dem
Hornhautmikroskop überall eine parenchymatöse Trübung des Hornhautgewebes vorhanden.
Von allen Seiten schicken sich kleine Gefäßchen an, den Sklerokornealrand zu überziehen.
Die ganze zentrale Fläche der Hornhaut (siehe Fig. 38) ist milchig weiß getrübt, der Epithel-
schicht verlustig und schneidet vermittelst eines scharfen, weißlich infiltrierten Randers
scharf gegen die periphere Hornhautzone ab.
Die Fläche dieser der Epithelschicht beraubten Partie ist uneben, aber doch glänzend
und zeigt inselförmig noch dichtere Trübungen.
Auf der peripheren Hornhautzone, und namentlich nach unten, wird durch größere
und kleinere Bläschen ebenfalls eine Unebenheit der Hornhautoberfläche hervorgebracht.
Fig. 39. Fig. 40.
Rechtes Auge:' Keratitis neuropara- Linkes normales Auge von Fall E. R.,
lytica. Fall E. R., Fig. 38. Fig. 38.
Die Augenmuskeln sind frei.
Die rechte Pupille ist maximal durch Atropin erweitert.
Es besteht keine Retractio bulbi, keine Abflachung der Wange, kein halbseitiger
Schweiß.
Die Mundschleimhaut der rechten Seite des Oberkiefers ist total unempfindlich gegen
Nadelstiche, ebenso die Nasenschleimhaut der rechten Seite.
Auffallend ist eine Exkoriation des rechten Nasenloches, aus dem hie und da etwas
Blut fließt, siehe Fig. 38.
Zähne: normal.
Nervensystem sonst normal.
21. III. 1901. Unter der Behandlung des Auges mit Jodoformbestäubung und Schutz-
verband vaskularisierte sich die Hornhaut und nahm der Epitheldefekt eine querovale Form
an, genau, wie wir eine solche bei dem S. 211, Bd. I erwähnten Falle von Keratitis neuro-
paralytica beobachtet hatten.
Die vasomotorische Erregbarkeit auf der Brust haut erhöht. Auf der rechten Stirn
bleibt ein Strich längere Zeit als anämischer Eindi'uck bestehen, als auf der rechten Backe.
Die Sensibilität der Kornea ist für Tast- und Schmerzeindrücke total aufgehoben. Die
Rötung der Konjunktiva zeichnet sich dadurch aus, daß das oberflächliche Gefäßnetz ohne
Koi-atitis nouroparalytica. 209
irLrciKlwcIclic xcrmchitc Koiijuiiktivalsckrctioii und ohne clieiiiotischo Scliwellung stark ge-
füllt ist. Tiefe pcrikoniealc Injektion ist nieht vorhanden.
Die Tränensekretion, anfangs vermehrt, ist heute nach sechstägiger Behandlung mit
Jodofortneinstäuhungen, Atro])in und feuehtwarmem ( )kklusivverl)and beiderseits gleich
\\nt\ nicht vermehrt. Die ])eri])here Hornhautpartie ist sehr viel (hirchsichtiger geworden.
Mild die Stelle des Kpitheldefektes liat .sich in der Richtung von oben nach unten verkleinert
und zeigt nun ein in der Horniiautmitte befindliclies, querliegendes Oval, welches in seinem
Zentrum, dem Hornhautscheitel entsprechend, eine sehr viel dichtere weiße Trübung er-
kemu'n läßt, während deren LTmgel)ung sich schon aufzuhellen beginnt. Der Rand dieser
nekrotischen Partie hat sich in den letzten Tagen verflacht, besteht aber immer noch aus
einem die ganze Partie umgrenzenden helleren Saume.
^ '217. Wit> IxMin Herpos zoster ophth., so handelt es sich auch hier hei
den ohne Herpes Acrlaufeiiden Fällen von Trigeniinusläsion im großen und
gaii/en um lliiehenheiten der Hornhautoberfläche, oberflächliche imd tief-
liegende Trübungen, oberflächliche und tiefgehende Geschwüre mit und ohne
Peiforation, sowie um mannigfache Kond)inationen dieser Zustände bis zum
vollständigen Zeifalle des Hornhautgewebes.
Horiiliautveränderiiiigcn bei Fällen von Trigeniinusläsion ohne
Herpes zoster oplithalniicns.
a) Trübungen der Hornhaut im allgemeinen :
Feri-iei' (496) berichtet über einen Fall von isolierter totaler Trigeminuslälimung. Es
bestand leichte Korneatrübung mit Iritis.
Simon (370). Tumor, >Spindelzellensarkom. Trül)ung der Hf)rnhaut. — (Vgl.
S. 117.)
Oppenhei ni (345). Tuberkel. Trübung der linken Hornhaut in ihrer unteren
Hälfte. (Vgl. S. 108.)
Long und Egger (336). Die Hornhaut getrübt. (Vgl. S. 104.)
Morton (.340). Meningitis basilaris. Die Medien des Auges trüb. (Vgl. S. 107.)
P. Meyer (.3.52). Beginnende Keratitis (!). (Vgl. S. 109.)
b) Oberflächliche Trübungen kombiniert mit parenchymatösen:
Jany (494). Die Kornea bis auf einen ca. ^/^ mm breiten freien Saum am Skleralbord
fast gleichmäßig graulich weiß getrübt, die getrübte Partie ist von dem noch klaren
Randteil durch einen flachen Geschwürsgraben abgegrenzt und an ihrer Oberfläche uneben.
Die vordersten Epitliellagen sind aufgequollen und stellenweise abgestoßen. Bei seitlicher
Beleuchtung und Lupenvergrößerung löst sich die Trübung in eine große Anzahl kleinerer
und größerer graulich-weißer Nester auf, die mehr in den oberflächlichen Schichten der
Kornea liegen, und in einzelne grauen Linien, die mehr den tieferen Lagen angehören.
Eigene Beobachtung: Frau L., 52 Jahre alt. Metastatisches Karzinom an der
Schädelbasis.
Auf der ganzen Oberfläche der Kornea bestand eine leichte Trübung, Schwellung und
Abstippung der Epithelschicht, und daneben, stellenweise über die ganze Hornhautfläche
zerstreut, sehr kleine stecknadelspitzgroße Bläschen unter der Oberfläche des Korneal-
epithels. Nach unten außen befand sich radienförmig eine ^ cm lange strichförmige, ober-
flächliche Trübung, die an einzelnen Stellen sich etwas erweiterte. Die Oberfläche der
Kornea war absolut trocken und mit zähem Schleim bedeckt.
(Diesen Fall, dessen Obduktion wir machen konnten, werden wir später noch aus-
führlich in diesem Kapitel mitteilen.)
Wnbraml-Saenger, Neurologie des Auges. II. Bil. I. Abteilung 14
210 Keratitis neuroparalytica.
c) Oberl'lächliclie Trübung' mit Epithelverlust:
A. V. Hii^pel (500 Fall I). Leichte Trübung der Kornea mit oborflächliclior Ab-
schilferung des Kornealepithels (vgl. S. 129).
Schmidt-Ri mpler (600). Es wurde ein längs der Lidspalte verlaufender Epithel-
verlust von eigentümlich trockenem Aussehen beobachtet, an dessen Ende sich immer von
neuem gelbe Fäden ansetzten, die ziemlich viel Mikrokokken entlüelten. Hypopyon.
Tiitis. Perforation. Irisprolaps. Trigeminuslähmung bei einem nSjährigen Manne mit
Li])penkreb8.
(1) Oberflächliche Trübung mit oberilächlichem Geschwür:
Kutho (764). Auf der rechten Hornhaut, mehr in der unteren Hälfte imd etwas
schläfenwärts gelegenes, ungefähr linsengroßes Geschwür, dessen leicht vertiefter Grund
olierfläohlich getrübt ist. Die Iris ge.-chwollen und stark verfärbt. Das Kammerwasser ist
getrübt. Rechts Trigeminuslähmung nach Schädelbasisfraktur.
Bonnard (675). Teils zentrale Trübungen, teils Geschwüre der Horiiliaui in einigen
Fällen. Neuralgie im f^erciche des Trigeminus.
c) I'arenchvmatöse Trübungen:
Wertheim (681) fand bei einem Falle von Ti'igeminuslähnning i u tralamelläre
Trübungen der Hornhaut. L\ies.
iSeeligmann (682). Hypopyon-Keratitis. Karzinom an der Schädelbasis mit Er-
griffensein des Trigeminus.
i) Parenchymatöse Trübung mit oberilächlichem Substanzverlust:
Blessig (347). Kleiner zentraler Epitheldefekt mit darunter liegender streifiger
Tiiibung des Gewebes (vgl. S. 108).
Luksch (683). Tiefe streifige Keratitis mit kleinem, oberflächlichem Substanzverluste,
bei Trigeminuslähmung nach Gehirntumor.
g) Parenchymatöse Trübung kombiniert mit tiefem Kornealdefekt:
Fedoroff (684). Schuß in die Schläfe am 27. Juli. Am 29. Juli allgemeine Trübung
der Hornhaut. Am 30. Juli Zunahme der Trübung. In ihrem unteren Teile einzelne gelb-
liche Fäden. Das Epithel zerstört. 31. Juli: die untere Hälfte der Hornhaut des rechten
Auges ist gelb gefärbt, beginnende Gescliwürsbildung, in der oberen Hälfte einzelne gelbe
Flecken. 2. August: die Hornhaut des rechten Auges ist durch eitrige Entzündungsprozesse
zerstört. 1. September: Leucoma corneae.
Biuns (685). Multiple Nervenläsion, dabei Quintuslähmung nach Basisfraktur. Die
Hornhaut anästhetisch, durchweg getrübt, zeigte ein liegendes, ovales, typisches Lidspalten-
geschwür, dabei besteht leichtes Hypopyon.
Eigene Beobachtung (vgl. Bd. I, S. 313).
Tumor der Basis in die Orbita hineingewuchert. Anästhesie in allen drei Ästen des
Trigeminus. Links Tränensekretion aufgehoben. Links Ptosis. Linker Bulbus starr. Die
f'onjunctiva sclerae links gerötet und geschwollen, auf der Mitte der Hornhaut zeigte sich
in querovaler Form ein anfänglich seichter, immer tiefer werdender, schließlich bis an die
Descemetis reichender, kraterförmiger Defekt mit schaiien Rändern. Die übrige Kornea
parenchymatös getrübt, l^ieser kraterförmige Defekt war frei von Eiter und Gewebefetzen.
(Fig. 41 und 42.)
Keratitis iicuioparalytica.
211
h) OI)(M'l'liiehli(*li('s Honihauisoschw iir :
Archci' {H8()). Iiini<s 'l'iiLjcMiinusliilinnm<j; iiacii Lucs, liildimy eines nmfangreiclicn
lloinlunitiiesehwürs.
Ba iiibei'ijef ((IST). Ilcclits totale 'riij,'eiiiiiiuslälimuiiti. Jveciits lioinliautgcschwür.
i) (HM'rlliicIilirlicr Siiltshiii/,vnliis( komliiiiicH mit Unrein lloniliaiitseschwür:
Hey luaiin ('.]r->r)) vgl. S. 12"). Die lidiiiiiaiit /ciute mehr am unteren Rande ein (Je-
seliwiir von etwa 2 mm Diiieiunesser nnd OJ} mm Tiefe, mit weißem, nekiotiseliem, liall)moiid-
iormigem oberen llande. mit der Konkavität naeli unten gerielitet. Sieht man die Hoinhaut
von dei' Seite an, so /eiut sieh \dn diesem (Jeschwüre an nach aufwärts ein innner breiter
Fig. 41.
iMsf. 42.
H. M. Links: Lähmung des Fazialis und Trigeminus. Kej-atitis nenroparalvtiea. ()])hthahno-
plegia totalis. Protrnsio l)ulbi. Wahrseheinlieh Tumor an der Fissura snpraorbitalis.
werdender oberflächlieher Substanzverlust der Kornea, der mit scharfem Rande absetzt
und eine vollkommen glatte, durchsichtige Grundfläche besitzt. Der Rand ist scharf, nicht
zackig, durchweg aiis einer Stufe gebildet; die Höhe desselben beträgt etwa ein Drittel der
Hornhautdicke. Zwischen den Lamellen der Hornhaut am unteren Rande ist eine kleine
Menge Eiter angesammelt. Siclitbare Gefäße fehlen auf der Hornliaut überall. Von vorn
betrachtet, erscheint die gesamte Hornhaut etwas i'auehig trüb, indes ist die Iris nocli deutlieh
(hirelizusehen.
k) Tiefes Horiihautgeschwür mit Perforation:
Bell (688). Ulzeration der Hornhaut mit Perforation.
Boucher (689). Furunkel an der Lipjie. Thrombose der Fazialvene. Exophthalmus.
Auf der Höhe der letzteren beiderseits neurojjaralytiüche Keratitis mit nachfolgender
Perforation.
de Schweinitz (690). Lähmung des linken Trigeminus. Liiiks absolute Anästhesie
der Hornhaut und Konjunktiva. Perforation der unteren Hornhauthälfte.
14*
212 Keratitis neuro paralytica.
V. Hippel (500 Fall II). Geschwür mit Perforation. Die infiltrierte Partie im
oberen Abschnitte der Kornea hellte sich wieder auf. Es kam zur Bildung eines
Leucoma adlraerens.
Senator (692). Links Trigeminuslähmung. Kornea in ihrem größten Teile in quer-
ovaler Ausdehnung weiß, undurchsichtig und erweicht; am meisten in ihrem oberen inneren
Quadranten, wo sie durch einen Irisvorfall nach vorn ausgebuchtet ist.
Scheier (693). Kornealgeschwür mit Irisprolaps bei Trigeminusverletzung an der
Schädelbasis.
Nieden (363). 2^/9 Monate nach einem Trauma zeigte sich am linken Auge eine in
der Mitte der Hornhaut gelegene Trübung, die von Tag zu Tag größer wurde und zu einem
tiefen Ulkus mit steilen Rändern führte. Hypopyonbildung mit sekundärer Iritis.
Derselbe (vgl. S. 105). Tenotomie des Internus nach Schädelbasisfraktur. Bei völlig
normaler Heilung der Wunden trat eine Keratitis auf, die aus kleinerem zentralen Epithel-
defekt rasch zu einem großen Ulkus wurde und die ganze Kornea getrübt werden ließ. Drei
Wochen lang griff die Kornealerkrankung langsam mit kleinen Stillständen um sich, ohne
daß irgendwelche Beschwerden dabei stattfanden.
Dreschfeld (294). Purulente Konjunktivitis mit Ulzeration der Hornhaut (vgl. S. 93).
Annan [(482) vgl. S. 123]. Ulzeration der Kornea.
1) Horiiliautabszeß :
Lei tu er (695). Ringförmiger Abszeß der Kornea l)ei Trigeminuslähmung nach
Basisfraktur.
Alexander (696). Die Hornhaut zeigt einen zentral gelegenen gelben Herd, kleines
Hypopyon, welclies immer mehr anstieg bei Trigeminuslähmung zufolge zerebraler Lues.
m) Vollständiger Zerfall der Hornhaut:
Kahler (691). Vollständiger Zerfall der Hornhaut. Panoplitlialniilis. Trigeminus-
läluuung. Tumor bas. cerebr.
Rühle (274). Totaler Zerfall der Hornhaut (Vgl. S. 118 und 123.)
Genkin (290). Totaler Zerfall der Hornhaut. (Vgl. S. 128.)
Graff (402). Vollständiger Zerfall der Hornhaut. (Vgl. S. 146.)
Laqueur (439). Vollständiger Zerfall der Hornhaut bei totaler Trigeminuslähmung.
§ 218. Wenn wir damit klargelegt haben, daß bei den Fällen von Herpes
zoster oplitb. ganz die analogen Komplikationen von selten der Hornhaut
Ijeobachtet werden, wie bei den Trigeminusläsionen ohne Herpes, so wollen
wir noch weiter hinzufügen, daß auch hier wie dort in gleicher Weise daneben
eine Entzündung der Iris zur Beobachtung kommt. Außer vielen in der Literatur
bekannten Fällen wollen wir hier auf die Beobachtung von Pick (275), Nieden
(363) und Ferrier (496) verweisen.
Auch bei einer Keihe von Fällen finden ^vir ausdrücklich eine Herab-
setzung der Spannung des Bulbus ei^wähnt, so in den l^eobachtungen von
Senator (692), Schmid t-Bi mpler (600), A. v. Hippel (500), Jany (494),
Hey mann (vgl. S. 125), Kuthe (764) und Scyd.d (769, Fall II) eii"ie Zahl,
welche gewiß noch bedeutend vermelirt werden könnte, wenn bei Besclireibung
der einzelnen Fälle mehr auf dieses Syni])t()iii geachtet worden wäic. (Vgl.
S. 178 § 183 sowie unsere eigene Beobachtung S. 207.)
Kfiatitis iiciiioparulytK'a. 213
Alis ih'V l'atjillclsti'lluii.i!; de)' j^lciclicii I lonilmii):! ftcktidiicii li-iiii llciprs
/oslci' oplitli.. wi»' lii'i (Icii l'';ill('ti \-()n Trigeniiiiusläsioii. wciclic ohne Herpes
ciniicrucliiii . wollen wir tViiicr ht'weisen, d.iß wcdci- das den Herpes
!((• wi ikcndc kiaii klia fie Agens, noch die si)c/i(dle Erkrankung
(los Ganglion Gasscii allein diese lloi iihautaffektionon zur
Folge hahen, sondern (laß die J*jntst(diuiig einer Keratitis iieuro-
])ai-alytica hei in Jlei [)es zoster ophth. abhängig ist von einei'
kii-kiaiikiing der Nervenelemente des Trigeminus ühcrlia ii j)!.
Die I5(>dingungen. unter welchen aber eine Keratitis rievir()])aralytica zustande
konnnt, Aveiden wir nachher zu untersuchen haben.
§ "il!*. Zunächst wenden wir uns zui' Beantwortung der Frage, oh die
k'.n twMcl<lung der Jveratitis neuro])aialy tica an die Fjrkiankung
h e s t i m 111 1 e 1' Örtlichkeiten im Yerlauf(- des Trigeminus ge-
knüpft ist.
Zu (hesem Zwecke hahen wir sämtliche Fälle von Trigeminusläsion mit
Sektionshefund zusammengestellt, soweit uns die Literatur derselben erreichbar
war., und geben dieselben in der Anordnung wieder, in welcher sie, von der
Peripherie nach dem Zentrum hin fortschreitend, auf mehr oder weniger große
Strecken die Leitung oder den Kern-Wurzelapparat dieses Nerven außer
Funktion gesetzt hatten.
214
Fälle von Triseminusaffektion mit Sektionsbefund.
Übersicht über die Fälle von TrigeiHiiuisläsion mit Sektioiisbefiiiid hin-
sichtlich des Angriffspunktes des Krankheitsherdes und des jeweiligen
Auftretens von Keratitis neuroparalytica.
Sitz dey Herdes in der
Fissura orbitalis
cavernosus.
s u p e r i o i; ii n d im S i n u s
1. V. Oettingen (3.56)
2. Hirschfeld (339)
3. Adams (.341)
4. Rüssel (269)
5. Coupland (282)
6. Coupland (520)
7. Hutchinson (303)
8. Morton (340)
Ruptur der Karotis im Sinus ca-
vernosus.
Aneurysma der Carotis interna
im Sinus cavernosus.
Rechts Thrombose im Sinus ca-
vernosus imd Aneurysma der
Carotis interna.
Die Kornea anästhetisch.
Lid, Nasenflügel und Stirn
vollkommen anästhetiscb.
Recht.Bulbus ganz imemp-
findlich. Rechte Supra-
orbital-Nasengegend und
Schleimhaut völlig gefühl-
los. Partielle Anästhesie
in der Submaxillargegend.
Chrombose des Sinus cavernosus. Die Hornhaut anästhetisch
!
Thrombose des Sinus cavernosus. Die Konjunktiva und ein
Teil des Gesichtes un-
empfindlich.
Die Konjunktiva injiziert
und völlig unempfindlich.
Ebenso war die Sensibili-
tät im Gesicht vmd an den
unteren Extremitäten
herabgesetzt.
Thrombophlebitis beider Sinus
cavernoji.
der iStirn und den Schlä-
fen. Kongestion des Ober-
lides usw.
9. Dinkler (354)
Eine chronische Entzündung um Langdauernder Schmerz in
den Sinus cavernosus hatte Neu-
ritus aller in seiner Wand ver-
laufenden Nerven hervorgerufen
und den Sinus obliteriex't.
DieNervenstämme und die oberen
Augenvenen waren bei ihrem
Durchtritt durch die Fissura
orbit. sup. durch frisches Ex-
sudat fest miteinander ver-
knüpft und so unentwirrbar in
eine Masse verdickt und ver-
flochten, daß es unmöglich war.
die einzelnen Strukturen heraus-
zufinden. Die Vena Ophthalmien
und der Sinus cavernosus waren
stark erweitert. Thrombophle-
bitis des Sinus cavernosus.
Sarkom im Sinus cavernosus.
Totale Anästhesie im Tri-
geminusgebiet.
Keratitis
neuropara-
lytica.
Die Medien
des Auges
trüb.
Fiillo von TriueiiiiniisariVktidii mit Scktionshofimd.
21;
10.
II. .r.
' iii II
;ki
|I!4S) 'l'iiiiHir ii
siipcrior.
(.-.ID)
l>;inl,
[WM)
iMs.-.
.itiUi>
Kin al)ijf(>nm(l{"tcr Tumor ,saß
wie eine lialhe ()ran<f(' auf der
liiikt-n Fissura orhitalis supcrior.
Boido Sehnorven. sowio die Ncr-
vcMi, woU^iic in die Kissnra or-
hitalis snpcrior eintraten, vom
'{'nmor ein<:!;eschlo.ssen.
i^jiii m'iiiiiiir (Irad von
Anästlie,sie im Bereiche
des 1. und Jl. Astes des
Tri,!j;eminus.
Schmerzen in der Nasen-
wurzel. Anästhesie da-
selhst. Prosopalgie links.
Ailffemeine Anästhesie.
Ophthalmoplej^ie und bei-
derseits Anuvurose.
lOine abtichrochene Rappit'iklin,!j;e Nacii der Operation blieb
! war durch die Fissura orhitalis l Anästliesie des linken
j siiperior in die mittlere (Schädel- Auges zurück.
I gnibe gediiingen. |
Wrgleiche aucli Band I, S. 317-.319, .sowie die Fälle Nr. 33 Hulke, Nr. 37 Simon,
Nr. 47 Hitschmann, Nr. 48 v. Graefe, Nr. 49 Goodhart, Nr. 72 Rosenthal.
Hiiz (U'rf Herdes in der Fissura orbitalis und an dem basalen Ver
laufe des Trige minus.
1:5. Bell (321)
Vgl. S. 93.
14. Blessig (347)
Vgl. S. 108.
Tumor, welcher den Sinus caver-
nosus einnahm, und noch bis
zum Proc. clinoid. reichte. Tri-
geminus bis zu seinem Austritt
aus dem Hirn atrophisch.
Die mittlere Schädelgrube von
gummösen Massen ausgefüllt,
die von der Fissura orbit. sup.
hineingewuchert waren.
Anästhesie und Neuralgie
in der linken Gesichts-
hälfte. Lähmung der
linken Kaumuskeln.
Anästhesie im Bereiche des
I. u. II. Trigeminusastes.
15. Hutchinson (594) Taubeneigroßes Aneurysma der ! Klopfendes Gefühl in der
i mittleren linken Schädelgrube ! linken Schläfe. Anästhe-
(i. Ticitcl (324)
Vgl. S. 94.
I mit der Carotis interna komniu-
j nizierend. Der Sack ruht auf
' dem Ganglion.
Tumor. J)er I. Ast des Trige-
minus war durch starke Ver-
engerung der Fissura orbitalis
superior erheblich gequetscht
worden, während der Ramus
supra- und inframaxillaris in
der Geschwulst verschwanden.
sie der linken Stirnhälfte.
Die ganzen Lider, Conjunc-
tiva bulbi und Kornea
vollkommen anästhetisch,
nicht aber die Umgebung.
17. Burrows (.5211
Karzinom der Pituitardrüse, sich Lähmung des V. Paares.
auf die beiden Sinus cavernosi 1 Linke Augenmuskeln ge-
I ausdehnend. lähmt.
18. Long und Egger' Varix des Sinus cavernosus, wel- Links völlige Anästhesie
(336) eher die Augenmuskelnerven und der Lider, der Konjunk-
Vgl. S. 104. das Ganglion Gasseri komi^ri- tiva und Kornea, des Na-
' mierte. , senflügels, der Oberlippe
und des angrenzenden
0 Wangenabschnittes. Die
I Konjunkt. stark gerötet.
Keratitis
neuropara-
ly tica.
Keratitis
neuropara-
lytica.
Kerati tis
neuro para-
ly tica.
Keratitis
neuropara-
lytica.
216
Fälle von Trigeminusaffektion jnit Sektionsbefimd.
Sitz des Herdes im basalen Verlaufe der einzelnen Trige minus äste
bis zum Ganglion Gasseri.
19. Türck (305)
20. Wagner (273)
Vgl. S. 79.
21. Labarriere (283)
Vgl. S. 94.
22. Kleudgen (523)
23. Leudet (285)
Vgl. S. 127.
24. tSeirebrenni-
kowa (328)
Vgl. S. 95.
25. Stamm (372)
Vgl. S. 118.
26. Skac
Vgl. ö
(306)
. 74.
27. Drcsc
Vgl. S.
hiol
93.
d (294)
28. Hirschl (793)
Die Dura mit dem Ramus oph-
tha}, fest verwachsen und der
Nerv an dieser Stelle bedeutend
verschmälert.
Links Gumma zwischen Türken-
sattel und der Spitze des Felsen-
beins. I. Ast des Trigeminus
etwas verdünnt. Der Nerv durch
die Geschwulst beeinträchtigt.
Basale gummöse Meningitis. Der
linke Trigeminus ist atrophisch,
namentlich in seinem Ramus
ophthalmicus. Das Ganglion
selbst zeigt nichts Abnormes.
Zerstöiiing der beiden ersten
Trigeminusäste durch Karzinom
an der Basis cranii.
Basale gummöse Meningitis. Der
linke Trigeminus atrophisch,
namentlich in seinem Ramus
ophthalmicus , das Ganglion
Gasseri normal.
Schmerzen im Gebiete des
rechten Frontalis, später
Anästhesie der rechten
Stirnhälfte.
Links Parese des Trige-
minus.
Links totale Anästhesie im
Trigeminusgebiet, später
etwas geringer. Rechts
totale Anästhesie im Tri-
geminusgebiet.
Anästhesie des Gesichtes.
Linke Gesichtshälfte und
Konjunktiva ödematös.
Ptosis.
Links Anästhesie der Ge-
sichtshälfte und der Kon-
junktiva. Rechts An-
ästhesie der Gesichts-
hälfte.
Astes.
Neuralgie.
Links über dem Tractus opticus Parese des linken Trige-
gleich hinter dem Chiasma eine minus,
gummöse Neubildung.
Tumor, welcher die drei Äste Anästhesie des I. und III.
des Trigeminus betraf, gerade
wo sie aus dem Ganglion aus-
treten. Nur in der Gegend des
Abganges des Ramus ophthal-
micus und auch außen in der
Gegend des Abganges des III.
Astes ließ sich noch deutlich
Nervensubstanz unterscheiden.
Die Dura rings um die Austritts-
stelle der drei Trigeminusäste
beträchtlich verdickt mit ge-
ringer seröser Ausschwitzung.
Die sorgfältig untersuchten drei
Nervenstämme und das Gan-
glion Gasseri waren gesund.
Karzinom an der rechten Hirn-
basis, welches der Dura aufsaß
und bis zum Foramen opticum
reichte. Der Trigeminus in die
Geschwvüstmasse eingebettet.
Karzinom der Schädelbasis, was Abduzenslähinung, AnoS'
sich in die mittlere vordere und mie, völlige Trigeminus
hintere Sc;]iädclgrube ausgedehnt und Hypoglossuslähmung
hatte. I der rechten Seite.
Keratitis
neuropara-
ly tica.
R. Keratit.
neuro para-
1 y ti c a.
L. Keratit.
neuropara-
ly tica.
L. Keratit.
neuro par a-
ly tica.
R. keratit.
neuro par a-
ly tica.
Rechts Anästhesie im Be- \ R
reiche des Trigeminus.
Keiatil.
europara-
ly tica.
R. Keratit.
ncuropara-
ly tica.
Fälle \iiii 'riiLrcinimisafi'cktioii iiiif Scklioiishcf'iiiK].
217
2!». \Vcsl|)li;il (.V.t:
Der rcfliU- Nervus tri^eiiiiiius Jlcclits l'arilstlu'sie uiui i 11. Kciatit.
I)is /.um ({anglion (Jasseri in 1 Ariäsllu-sie iin Bereiclu' ncuropara-
' eine <iujnnu).sc Masse einjisehct- j des reehleii 'Piiireiuiuus. lytioa.
I tet. Das (jtanglion nicht weiter
verändert.
.'50. Miugazzini (-KKi) Fihrosarkoin an der Sella tur- Links taktile, Iheiini.sche
eiea, dem Kliviis und dem linken und algiselie Hyperästhe-
Keilbein. sie der («esiclitsliäjfte.
;}1. Williams (596) Tumor im Keilbein.
:{2. (Jiünwald (:?2())
V'Ld. S. !):?.
3.'5. J)annnr()n 1 -
Maver (279)
Vgl. S. IK}.
34. Hulkc (276)
Vgl. S. 74.
35. Türck (305)
Vgl. S. 74.
36. Bishop (337)
Vgl. 8. 104.
37. Roth manu (333)
Vgl. S. 128.
38. vSimon (370)
Vd. S. 117.
39. Shaw (.397)
Tumor der mittleren
grübe, welcher die j.
Nerven einschloß.
Schädel-
clähmtcn
In den sensiblen Zweigen des
Trigcniinus waren nur Spuren
von Degeneration nachweisbar.
Doppelseitige Ophllialmo-
plegie.
K cra ti t i s
neuropara-
ly tica.
L. Keratit.
neuropara-
ly tica.
Bedeutende Absehwächung
der Sensibilität d. Kornea
Gummöser Tumor in der Gegend | Links Neuralgie des Tri-
des Türkensattels und des Si- geminus.
nus cavernosus.
Tuberkel, welcher den rechten Neuralgie im I. Aste des
Ramus ophthalmicus des Trige- Trigeminns.
minus komprimierte. [
!
Tumor an der inneren Fläche des Links Anästhesie des
Keilbeins, welcher die drei Äste | Kopfs, Gesichts und der
des Trigeminus in ihren je- , Konjunktiva.
weiligen Knochenkanälen kom-
primierte.
Karzinom der Basis, welches die Besonders L, II. und III. ;
Orbitae und Nasenhöhle beider- Ast des Trigeminus ge- 1
seits zerstört hatte. lähmt.
Spindelzellensarkom in der linken Heftige Neuralgien im Be- Links Trü-
Hälfte der Basis cranii, welches reiche des linken Trige- bung der
durch die Fissura orbitalis sup. minus. Hornhaut,
in die Augenhöhle vorgedrungen j
Tumor an der Basis, bis zum {Besonders der I. Ast des
Seitenteil der Augenhöhle aus- Trigeminus gelähmt,
gebreitet.
Sitz des Herdes in den Asten des Trigeminus und im Ganglion
Gasseri,
40. F.V.Meyer (334)
Erweichang des Ganglion und
der drei Äste nach Schußver-
letzung.
Anästhesie der rechten GJe-
sichtshälfte, Lähmung der
Kaumuskeln.
R. Keratit.
neuropara-
lytica.
41. Hansch (307)
Vgl. S. 75.
Tumor des Ganglion Gasseri. Der
III. Ast des Trigeminus ist be-
deutend verdickt und durch das
Foramen ovale eingeschnürt.
Furibunde Neuralgien der
linkenGesichtshälfte, aus-
gehend von der Tiefe der
Nase.
~
218
Fälle von Trieeminusaffektion mit Sektionsbefund.
42. Oppenheim (309)
Vgl. 8. 75.
43. Aberciombi(
(413)
44. Sei- res (.353)
V«l. R. 111.
45. Fenger (323)
Vgl. ^8. 94.
46. Heölop (524)
47. Fischer (525)
48. Hitschmann
(598)
49. A. V. Graefe (599)
50. Goodhart (304)
Vgl. S. 74.
51. Sattler (308)
Vgl. S. 75.
Karzinom an der Schädelbasis.
Die drei Trigemimisäste sind in
den Tumor eingeschlossen.
Die Äste des Trigeminns am
Ganglion Gasseri imd das Ijctz-
tere selbst schwielig verdickt.
Atrophie der Nerven.
Das Ganglion Gasseri sowie die
drei sensiblen Äste angeschwol-
len, gerötet und mit veränderter
Struktur.
Das Ganglion Gasseri und die
drei Äste des Trigeminus dui-ch
einen Tumor verdickt.
Tumor der linken mittleren Schä-
delgrube. Linkes Ganglion Gas-
seri und die linken Augennerven
in dem Tumor aufgegangen.
Neben dem Türkensattel ein
Tumor des Ganglion Gasseri,
die Zweige des Trigeminus ein-
schließend.
Das Ganglion Gasseri, sowie die
durch die Orbitalfissur tretenden
Nerven von gummösen Massen
straff iimscheidet, besonders die
Äste des Trigeminus. Im II.
Aste totale Degeneration.
Sj^philitische Neubildung, welche
in der Gegend des Ganglion
Gasseri am dicksten, sich bis
zum Sinus cavernosus hin er-
streckte und denselben ausfüllte.
Fibröser Tumor am Ganglion Gas-
seri. Der Tumor drückte auch
auf die Nerven am Sinus caver-
nosus.
Degeneration der dem I. Aste des
Trigeminus zugehörigen Partie
des Ganglion Gasseri. An den
von dieser Partie ausgehenden
Nervenfasern läßt sich die De-
generation bis zum Ganglion
ciliare nachweisen.
Links neuralgische Be-
schwerden. Anästhesie
der linken Gesichtshälfte,
der Kornea untl Kon-
junktiva.
Anästliesie d(>r linken Ge-
sichtshälfte.
Anästhesie des rechten
Auges, der Nasen- und
Zungenhälfte. Die innere
Fläche der Augenlider
ebenfalls \inempfindlich.
Anästhesia dolorosa der
rechten Gesichtshälfte.
Links Stirn-Kopfschmerz
und Taubheit der ganzen
linken Gesichtshälfte. An-
ästhesie des linken Auges,
Prominenz des linken Bul-
bus, links Ptosis.
Rechts heftige Schmerzen
in der Kopfhälfte. Das
Gefühl in der rechten Ge-
sichtshälfte abgestumpft.
Rechter Trigeminus ge-
lähmt.
Anästhesie im Bereiche
des rechten Trigeminus.
Anästhesia doloi'osa des
Gesichts. — Ophthalmo-
plegia interior et exterior.
NeuralgischeSchmerzen im
T. Trigeminusaste. Herpcs
zoster oplitlialmicus.
Keratitis
ncurojjara-
ly tica.
Keratitis
neuropara-
ly tica.
Keratitis
neuropara-
ly tica.
(Totaler Ver-
lust d. Aug.)
R. Keratit.
neuropara-
Ivtica.
Fülle von Triyrmimisaffcktioii iiiil Scktioiislx^fmid.
219
32. W.idiicr V-Wi)
m. Wyss (:{42)
54. Kriuk- (ß.")?)
55. Lcudrt (SO!)
56. Ht-ad (1. f. 50i))
57. Hulke (276)
Der I. Ast (Ic^ TriLiciniiiiis imi-
inittclhar an der l*]intrittsst('llc
in das (laniilion (JasscMi, diiinicr
als der linke und ziitileieh wie
ans<;efasert. Die Zwischenriuiine
zwisclici) den XctNcnhündeln
waren niil einer rötlieli-yelb-
üehen Klüssi^keit ansifefüllt. Im
(Jan<fli()n Oasseri el)enfalls Ver-
än(lernn!.jen.
Der l. Ast und das (Jani^lion
(lasseri von jirauicitlieher l*'arhe.
fast ifaUerti^'er Konsistenz und
von Blntextravasaten durch-
setzt. Das (Janglion veryrcißert
sukkulenter und nielir injiziert.
Auf seiner Innenseite ein Blut-
cxtravasat.
Zirkumskripte Ltäsion im Gan-
glion Gasseri. Wurzeldcgenerat.
Degenerative Neuritis im III.
Aste des Trigeminus.
Degenerativer Prozeß im (Jan-
glion Gasseri.
Affektion des Ganglion Gasseri.
In der Wurzel einige schmale
degenerierte Bündel.
I.'C' I
its ll.ri
'\sle.
Z"stei-
HerjK's zoste
)lilh
Her|)es zoster opiithalmie.
Her])es frontalis.
Herpes zoster frontalis.
Von der Hpitze des Felsenbeines Schmerzen in der Schläfe,
ausgehendes Sarkom. Zerstö- ! Sensibilität der linken Ge-
iiing des Ganglion Gasseri, des 1 sichtshälfte abgestumpft.
Sinus cavernosus und der Augen- > Links Lähnuing der Kau-
muskeln. Fazialis, Akustikus u. 1 muskeln.
Hypoglossus mitergriffen. |
L. Keratit.
neuropara-
ly tica.
Sitz des Kiankheitslieides im Ganglion Gasseri.
58. Bezold (:310)
Vgl. S. 75.
59. Westhoff (332)
60. Virchow (350)
61. Ramski II (601)
62. Hugneiiin (384)
Gliom des Ganglion Gasseri von
der Größe einer halben Walnuß.
Gumma des Ganglion Gasseri.
Syphilitische Neubildung, welche
das Ganglion Gasseri umfaßte.
Das linke Ganglion Gasseri in
eine gummöse Masse eingebettet.
Auf dem Ganglion Gasseri ein
bohnengroßes Gumma. Dasselbe
hat den Gasserschen Knoten
zur Atrophie gebracht.
Neuralgie der linken Ge-
; sichtshälfte und Nase.
'Vollständige Lähmung al-
i 1er drei Äste des Trige-
minus.
Das Ganglion war jedoch
I ziemlich unverändert.
Links Anästhesie in allen
Zweigen des I. Trigemi-
nusastes. Tic douloureux
des linken Trigeminus.
Kerati tis
neuropara-
ly tica.
Keratitis
neuropar;'-
Ivtica.
220
Fälle von Trigeminusaffektion mit Sektionsbefund.
63. ürsi (526)
64. ytedmann und
Edes (602)
Fibrom der Dura, das linke Gan- Clefühl von Kälte u. Amei-
glion Gasseri drückend. senkriechen in der linken
Gesichtshälfte. Lähmung
der Portio minor des Tri-
geminus.
Arteriensyphilis. Rechts die Spitze Parese des rechten Trige-
des Schläfenlappens erweicht,mit minus undOkulomotorius.
der Dura verwachsen. Das Gan-
glionGasseri durch Bindegewebs -
Wucherung ohne Atrophie der
i Elemente verdickt.
Ferner gehören hierher die auf S. 68 angeführten 17 Fälle von Exstirpation
des Ganglion Gasseri. Bei 12 derselben war keine Keratitis neuroparal y tica
aufgetreten, bei 5 derselben kam dieselbe zur Entwickhing. Dazu kommen noch
26 Fälle von Friedrich (783), bei welchen an den Augen nie Schädlichkeiten auf-
getreten sind.
Unter 11 Fällen von Entfernung des Ganglion Gasseri von Keen und Spiller
(784), bei welchen viermal das Ganglion zerquetscht, einmal fortkurettiert und
sechsmal exstirpiert Avurde, traten dreimal Hornhautgeschwüre auf, einmal mit
Sehverlust.
Schwarz (785) hat nach Exstirpation des Ganglion Gasseri einmal eine
vorübergehende Keratitis neuropai'alytica beobachtet.
Depage (786) exstirpierte das Ganglion Gasseri nach Krauses Methode.
Nach der ersten Woche begann eine Ulzeration der Hornhaut, welche unter keiner
Behandlung heilen wollte.
In dem Falle von Cöelho (794) trat nach Exstirpation des Ganglion Gasseri
Keratitis neuroparalytica auf.
In der Beobachtung von Avelino Gutierrez (795) bestand vorher Okulo-
motoriuslähmung. Die Operation wurde nach Hossley-Poirier ausgeführt. Es
trat Keratitis neuroparalytica auf.
Gerard-Marchand (796) hatte bei zwei Fällen das Ganglion Gasseri ex-
stirpiert. Ein Fall ging glatt, beim anderen trat Keratitis neuroparalytica auf.
Monari (797) operierte einen Fall, ohne daß Keratitis auftrat.
Laguaite (798) operierte einen Fall nach der Methode Poiriers, es trat
ein ausgedehntes oberflächliches Hornhautulkus auf.
In dem Falle Henles (799) nach Krausescher Operation entwickelte sich
ein Ulcus corneae mit Hypyon.
Keratitis
neuropara-
lytica.
5 Fälle von
Keratitis
neuropara-
lytica.
3 Fälle von
Keratitis
neuropara-
lytica.
Keratitis
neuropara-
lytica.
Keratitis
neurop.
Herd im Ganglion Gasseri und im Stamme des Trige nrinus.
65. Junge (75(
Die Portio major beider Trige- [Beiderseits Herabsetzung
mini fleckweise fettig degene- j der Sensibilität der Horn-
riert. Ebenso die vom Ganglion haut und Fehlen der
Gasseri peripherisch gelegene Kornealreflexe,
intrakranielle Partie des Trige-
minus. Das Ganglion Gasseri
beiderseits an der Oberfläche
bindegewebig verdickt und
Schwund der Ganglienzellen.
66. W al 1 e 11 b c r g (3 1 6) Die Portio major des linken Trige- Neuralgie und Anästhesien
Vgl. S. 77. ! minus durch einen Tumor vor \ in den Gebieten aller drei
' dem Eintritt in die Brücke teils \ Äste des linken Trige-
zerstört, teils komprimiert. Der- | minus inklusive Kornea
selbe setzt sich auf das Ganglion | und Konjunktiva.
Gasseri und den Ursprung des j
III. Astes fort.
Beider-
seits
Keratitis
neuropara-
lytica.
67. Harri es (396)
Sarkom des rechten Ganglion Anästhesie in der rechten
Gasseriund der rechten Brücken- Stirngegend,
gegend. I
Keratitis
neuropara-
lytica.
Fülle von Triiioinimisai'fckt i(M) mit Scklioiislx-fuiu].
221
68. Romberg (.Sl 1)
V«l. S. 70.
m. B(>r;n(l (r)(58)
70. .Stornl)(>rp (349)
V'y:!. S. 108.
71.Hai^elstamm(33r))
Vul. S. 104.
Aneurysma <ler (.'arotis interna.
Das (Janglion Gasseri lag zwi-
sehen den lilättern der liarten
Hirnliant auf der äußeren Seite
des Aneurysma und war, da es
nielit ausweiehen konnte, der
Zerrung durch die Geschwulst
und ihren l'idsationen ausge-
setzt. Der 'rrigeminusstamm
war da, wo er vom Pens abgeht,
erweicht.
Hechts: Stamm und (Janglion
(iasi^eri erweicht. Die Aste des
Trigeminus normal, nur dei'
II. Ast etwas injiziert.
Karzinom des rechten Schläfen-
beins, (ianglion Gasseri und N.
trigeminus von Kichsmasseii in-
filtriert.
Ncnii'aigic im Tiigemimit-
gei)iet.
Anästhesie (
recliten Seite,
Die Sensil)ilität in der
rechten Stirnhälfte herab-
gesetzt. (Jesiclitshaut et-
was hyperalgisch. Recht.
Masseter kontrahieit sich
fast gar nicht.
Das Ganglion Gasseri völlig in iTaktile Sensibilität und
einem Tumor aufgegangen. Der Sehmerzemi)find.ing in d.
Trigeminus bei seinem Austritt ganzen linken Gesichts-
aus dem Pons grau verfärbt. hälfte mit Ausnahme des
I M. auricidaris major aut-
I gehoben. Berührungsge-
fübl an der Kornea und
I Konjanktiva links herab-
gesetzt.
Aste, Ganglion Gasseri und Stanmi des Tviü;e ininus ciloii n kt.
72. Gama (329)
Vgl. S. 95.
Der Stamm des Quintus erweicht, Anästhesie der recliten Ge-
das Ganglion Gasseri verdickt sichtshälfte mit Lähmung
und von speckigem Aussehen, der Kaunuiskeln.
der I. Ast des Trigeminus mit
seinen Zweigen von rötlicher
Farbe, injiziert und fest ad-
härierend an der selmigenSc beide
innerhalb der Augenhöhle.
Bohnengroßer Tumor am Ur-
sprünge des linken Quintus,
welcher das Ganglion Gasseri
durchsetzt und einen Druck auf
den Sinus cavernosus ausgeübt
hatte.
Vgl. Nr. 1—12.
73 a. Homön (803) Von der Dura ausgehende Ge- Schmerz und Kältegefühl Kornea etwas
73. Rosen thal (.373)
Vgl. S. 119.
Neuralgie und Anästhesie
des linken Trigeminus.
schwiüst, die das Ganglion Gas-
seri, den Nerv, trigeminus und
dessen Verzweigungen kompri-
miert.
L. Keratit.
neuropara-
lytica.
m der linken Gesichts- trübe, in
hälfte (inkl. der Kon- deren inne-
junktiva, die keinen Re- remunteren
flex gibt). Linke Gesichts- , Viertel ein
Seite eingefallen. Atrophie i kleines Ge-
des Masseter. j schwur.
222
Fälle von Trigeminusaffektion mit Sektionsbefund.
öitz des Krankheitsherdes im Stamme des Trige minus.
74. Burnett (603)
75. Duchok (527)
76. Gjür (386)
77. Liouville et
Longuet (.530)
78. Chouppo (313)
79. Dun call (605)
80. Genkin (290)
Vgl. 8. 128.
81.
Sabrazes und
Cabannes (315)
Vgl. S. 77.
82. Op])('nh('ini (390)
8.3. Wagner (273)
Vgl. 8. 79.
84. Tooth (.331)
85. EigeneBeobachtung
Rinidzellensarkom auf der rechten
unteren Seite des Zerebellum,
das sich bis zum Pens nacli
vorn erstreckte und alle Hirn-
nerven an ihrer Austrittsstelle
aus dem Gehirn komprimierte.
(]lroßer Tuberkel nach innen vom
lTrs])riinge des Trigemimis.
Hühncreigroßes Spindelzcllen-
sarkom unter dem Tentoriuin
vor dem rechtenKleinliirnlapjjen,
Kompression des rechten Trige-
minus.
Tumor zwischen Titberc. mamill.
dextr. Ghiasma und rechter Op-
tikuswurzel, mehrere kleine Ge-
schwülste an der Basis. Im Hirn
verschiedene Erweichungsherde.
Trigeminusstamm an der Schädel-
basis von einer spitzen Exostose
(lurchbolirt.
Am Ursprung des Trigeminus
und der rechten Ponshälfte ein
bohnengroßes Gumma, von der
Pia ausgehend.
Tvuetischer Tumor, welcher auf
den rechten Trigeminus drückte.
Der linke Trigeminus in eine Ge-
schwulst eingebettet.
Basilare gummöse Meningitis.
Verdickung und Trübung der
Meningen, namentlich in den
Seitenteilen des Pons. Durch
dieses neugebildete Gewebe sind
die Hirnnervenursprünge ver-
dickt und durchwachsen.
Der rechte Trigeminus von einer
gummösen Neubildung umfaßt
und erweicht.
Gumma an der Basis, das den
Stamm des linken Quintus voll-
ständig zerstörte.
Karzinom, das den Stamm völlig
durchsetzte.
Abnahme der Sensibilität
der linken Gesichtshälfte.
Linker Fazialis gelähmt.
Sensibilität der rechten Ge-
sichtshälfte abgestumpft.
Schmerzen der rechten
Gesichtshälfte. Anästhesie
der rechten Gesichts- und
Zungenhälfte. R. Chemo-
sis, Lähmung aller Augen-
muskeln.
Neuralgie des Trigeminus.
Anästhesie dei- rechten Ge-
sichtshälfte.
Patient hat lange an beider-
seitiger Trigeminusneur-
algie gelitten.
Hyperästhesie im Bereiche
des linken Trigeminus.
Parästhesien \ind Hyper-
ästhesien im Qiiintusge-
biet.
Anfangs Hyperästhesie,
später Anästhesie der
rechten Gesichtshälftc.
Links sensible und moto-
rische Zweige des Quintus
gelähmt.
Anästhesie und Hyper-
ästhesie im Gesicht.
R. Keratit.
neuro para-
lytica.
R. Keratit.
neuropara-
1 vtica.
Keratitis
neuropara-
1 y ti c a.
R. Keratit.
neuropara-
1 y ti c a.
Kerati tis
neuropar.
Fälle von Trigeminusaffoktioii mit iSokti(jnsl)cfund.
223
.Si;. K ran sc (:!()!•)
87. riiiiinif (:\2'>)
SS. MCiBiuT ((KMi)
rvimor der Arachnoidca ])ontis 'NciiialLric im (,)iiin1iis.
et cerebelli. Die an der liasis
gelcfienen Hirnnerven sind, so-
weit sie im (ieseh\vulst(;ebiet
liegen, verdrilngt, aber nirgends
y.er'sh'ut.
Der rechte 'i'rigemimis ist, gegen- Im Bereiche des I. und Kcialilis
über dem linken stark vcidickt.
(iunimüse Neuritis.
'i'iimoi' der linken Schädclgndx',
sieh auf den 'riii'keiisatlcl aus-
dehnend und die Hypophysis
einschließend, ('hiasiiui y.usam-
mengedrückt. Okulomotorins,
Troehlearis nicht mehr zu finden.
Aknstik\is und l<^i/,ialis gedrückt.
11. Astes (U^s Tiigenünus
völlige Anästhesie. Voll-
ständige Anilsthesie der
Kornea.
neuropara-
Ivtiea.
Svlimeiy, in der linken (!e- Keiatilis
sichtshidfte. Knty.iiiiilniiL' neu lo pa ra •
der Konjunktiva. Amau-
rose nsw.
\lica.
S9. Monlanh (CHT)
{){). Sonlier (r.OS)
Ol. Rühl(>
Vgl. S.
(274)
llS.
92. Barthol o\v
Vgl. S. 119.
m. Balz (374)
Vcl. S. 118.
XuügrolJer 'Pumoi' an der' Basi^
nahe um obeicn llande def
Felsenbeins. \'.. \ll. und \'lll.
Nerv abge|)la11et .
Sarkom der rechten Ponshälfte
an der' Auslr'ittsstelle des Nerv,
trigeminus, sieh nach dem Klein-
hirn weiter erstreckend.
Konvulsivische l'ewcgnn-
gen des r'(H'hten Auges.
Pr'osopalgie, Krämpfe der'
rechten Gesichtshälfte,
Injektion des rechten
Auges.
Anhaltende Schmerzen in
d. anästhetisehen rechten
(^esichtshälfte. Abnahme
der Empfindung am rech-
ten Oberarm und Ober-
schenkel. Lähmung des
rechten Fazialis und Oku-
lomotorius. R. Konjunk-
tivitis.
<iummüse Neubildung. An der Rechts Prosopalgie, gefolgt
Durchtrittsstelle des Trigeminus
durch die Dura eine feste
speckige Neubildung, in welche
der Trigeminus völlig einge-
bettet erscheint.
von vollständiger An-
ästhesie des rechten Tri-
geminus. R. Paralyse der
Kaumuskeln.
375) [Rechts gelagertes Aneurysma der Rechts Supraorbitalneur
ßasilaris ^4 ^oll im Durchmesser
liet ragend, war rupturiert. Der
Abduzens und Quintus lagen
dicht an und zeigten sich ver-
ändert.
algie. Etwas später Taub-
heitsgefühl der rechten
Nasenhälfte u. Oberlippe.
Neuralgische Schmerzen
im rechten Auge.
Ein Euchondrom war aus der Neuralgie des Trigeminus,
Spalte zwischen Felsenbeinspitze dann das Bild der Bulbär-
und 0- oecipitis herausgewuchert
und umscldoß die Oblongata
von links her. Die andern Ge-
hirnnerven fettig degeneriert ;
weniger stark war der Quintus j
verändert.
paralyse ; er'st ganz z\detzt
hatte sich Qaintus-An-
ästhesie eingestellt.
Kcra t i 1 is
neuro j)ara-
Iv tica.
R. Keratit.
neuropara-
!v tica.
R. Keratit.
neuropara-
lytiea.
224
Fälle von Trigeminusaffektion mit Sektionsbefund.
94. Fiiedreich(326)
Taubeneigroßes Sarkom der Dura Anästhesie des linken Tri-
an der linken Seite der Sella
turcica. Pons und Medulla nach
rechts gedrängt. Atroj^hie des
linken Trigeminus, der gerade
über die Geschwulst hinweg-
läuft.
geminus. Links Blennor-
rhoische Konjunktivitis.
Sitz des Herdes im Stamm und den Wurzeln.
95. Cruveilhier(576)
96. Mohr (577)
97. Carre (.578)
98. Rosen thal (.579)
99. Abercroml)io
(41:5)
100. Pick (275)
Vgl. S. 7().
101. Schuh (;514)
Vgl. S. 77.
Anästhesie der rechten Ge-
sichtshälfte.
Lints Tumor unter dem Ten-
torium mit Druck auf den Pons,
die Oblongata und das Klein-
hirn. Der V.. VIT. und VIIT.
Nerv atrophisch.
Taubeneigroßer Tumor an der Anästhesie der ganzen
linken Basis mit Druck auf den linken Körperseite und des
Pons.den linken Kleinhirnlappen linken Gesichts,
und teilweise auf die Medulla
oblong. V., VII., VIIL, IX., X.
und XI. Nerv links zusammen-
gedrückt.
Tumor an der linken Ponshälfte
mit Einschluß des V. und VI.
Nervs. Das VII. und VIII. Paar
zusammengedrückt .
Auf der linken Hälfte des Pons ein
höckerigei-, nußgioßer Tumor,
sich bis zum Kleinhirnschenkel
ausdehnend. Trigeminus und Fa-
ziaüs link'' zusammengedrückt.
Tumor in der linken Brücken-
hälfte, welcher den austretenden
Trigeminus gegen den Schädel
drückte.
Meningitis syphilit. an der Vorder-
fläche des Pons. Gummabildung
am Austritt des rechten Trige-
minus. Totale Degeneration der
rechten aufsteigenden Trige-
minuswurzel.
Am Pons ein Cholesteatom, wel-
ches den Trigeminus dicht hei
seinem Austritt aas dem Gehirn
ringartig umfaßte und ihn an
der dem Gehirn zugewantlten
Stelle bis auf den dritten Teil
seines Umfanges zusammen-
schnürte.
Abnahme der Sensibilität
auf der linken Gesichts -
hälfte, Linke Gesichts-
hälfte gelähmt.
Schmerzen an denSchläfen,
Anästhesie der Zunge, des
Zahnfleisches und der
Wangen links. Links Fa-
zialislähmung.
Links totale Anästhesie
des Trigeminus.
Rechts: anfangs Hyper-
ästhesie, später Anästhe-
sie des Trigeminus.
Neuralgie des Trigemin.is.
Keratitis
neuropara-
ly tica.
L. Keratit.
neuropara-
ly tica.
R. Keratit.
neuropai'a-
1y tica.
'iillc
)ii 'l'riL'cmimisal'tckl ioii mit ScktionslicfiiiHl.
225
102. Lauten bach(346)
Vgl. S. 107.
Gruinma der linken l'on^liälfte. Anilstluv^ie
Der linke Trigeminiis durch den Stirniiälftc
linksseitigen Ponstumor heein
trächtigt.
iken
103. Rosentlial (101) (Jununata des Pons. Die meisten
Vgl. 8. 109. Basalnerven grau degeneriert.
Der linke Tri^eminns sehr dünn.
104. J)uchek (388)
105. Virehow (609)
Gumma der linken Ponshälfte.
Die Urs])rungsstelle des linken
Trigeminus durch ein Gumma
beeinträchtigt.
Neu rem des linken N. acusticus
unterhalb des linken Kleinhirns.
Abplattung des Pons und des
Trigeminus.
lOG. Bell (321. S. 301) Der Trigeminus in der Nähe
Vgl. 8. 93. i seines Ursprungs weich, von
I gelblicher Färbung und gallerti-
] ger Konsistenz. Diese Des-
organisation erstreckte sich zwei
Linien tief in den Pons hinein.
Anästiiesic der linken Ge-
sichtshälfte, ijinks Kauen
erschwert.
Die Sensibilität im Be-
reiche des linken Trige-
minus herabgesetzt.
iSupraorbitalneuralgie.
Die Konjunktiva und das
Nasenloch anästheti^ch.
Das Zahnflci-ch derselben
Seite schwammio;.
K>»rati tis
n e u r o [) a i- a -
1 vtiea.
Sitz des Herdes im Wurzelgebiet des Tiige minus.
107. Grabower(395)
Vgl. S. 128.
UiS.Wollenberg(26.3)
Vgl. S. 114.
109. Cassirer(610)
und Schiff
110. Dieselben
111. Dieselbon
112. Graft (402)
t
Starke beiderseitige Degeneration
der aufsteigenden Wurzeln.
Störungen im Gebiete des
Trigeminus.
Tumor an der Unterfläche der Totale Anästhesie der
Unken Kleinhirn -Hemisphäre, i linken, fast totale der
der die linke Ponshälfte und
die MeduUa oblongata kompri-
mierte. Degeneration der auf-
steigenden Trigeminuswurzeln.
Geringe Veränderungen im link.
Trigeminus.
rechten Kornea und Kon-
junktiva.
Tabes. Kleines Spindelzellen-
sarkom des rechten Vorderhorns
im Zervikalkanal. Beiderseitige
hochgradige Degeneration der
spinalen Trigeminuswurzel.
Tabes. Degeneration der spinalen
Trigeminuswurzel.
Tabes. Einseitige partielle De-
generation der spinalen Trige-
minus^vurzel.
Sensibilitätsstörungen im
Trigeminusgebiet.
Sensibilitätsstörungen im
Bereiche* der sensiblen
Trigeminusäste.
Keine Sensibilität^ Störun-
gen im Bereiche des Trige-
minus.
Hämorrhagie in die a))steigende Blutungen in die Binde-
Trigeminuswurzel und im Locus ! haut. Die Kornea w'urde
caeruleus.
trockener, blieb aber klar.
Progressive Paralyse.
Wilbrand-Saenger, ^Neurologie ties Auges. II. Bd. I. Abteilung.
15
226
Fälle von Trigeminusaffektion mit Sektionsbefund.
li:^. Westphal (400) Tabes. Beide Trigemini dege-
neriert. Die aufsteigende Wurzel
I des Trigeminus degeneriert, da-
( gegen d. absteigende motorii-che,
sowie deren Ursprung normal.
114. Haase (344)
Vd. 8. lOS.
li;
Annan (482)
Vgl. S. 123.
Herd im Pons. Zerstörung der
großen Trigeminuswurzel und
Degeneration der im I. Aste ver-
I laufenden Nervenfasern weit in
die Peripherie hinein, bei Inte-
: grität sämtlicher Fasern des
1 II. und III. Astes, sowie des
' Ganglion Gasseri.
flaselnußgroßer Tumor an der
fechten Si'ite lies Pons und der
oberen -/s der Medulla oblongata.
Erweichung aller von ihr be-
rührten Stellen und Nerven-
wurzeln nämlich: des Kleinhirn-
hchenkels und des Pons Varoli
I der rechten Seite, der vorderen
Hälfte der MeduVia oblongata,
ihrer Seitenteile und teilweise
der hinteren Teile, docli nicht
bis zur liinteren oberen Fläche
der Wurzeln des V., VII., VITI.
II. IX. Nervenpaares der rechten
Seite. Alle die entsprechenden
Teile der linken Seite waren
i gesund.
Lähmung beider Trigemini.
( Jefiihllosigkeit auf der
ganzen linken Körper-
hälfte und auf der rech-
ten Gesichtshälfte, Rö-
tung des rechten Auges.
Beiderseits
Kerati tis
neuropara-
ly tica.
L. Kerati t.
neuropara-
lytica.
li. Kerati t.
neuropara-
ly tica.
Sitz (los FTcrd
im Ganglion Gasseri, 8tanim und Wurzeln des
Trigeminus sowie im Kern.
IUI. Hagelstamm fPumor dei- Schädelbasis. Das
(33.5) I Ganglion Gasseri vollständig in
Vgl. S. 104. der Geschwulst aufgegangen.
Linker Trigeminus grau verfärbt.
] Die Ganglienzellen im sensiblen
und motorischenTrigeminuskern
links erheblich verändert. Außer-
dem fand sich eine Degeneration
der sensiblen Trigeminuswurzel
und besonders des aufsteigenden
Teiles derselben.
Eerührungsgefühl auf der
Kornea und Konjunktiva
links herabgesetzt. Tak-
tile Sensibilität und
Schmerzempfindung links
aufgehoben mit Ausnahme
des Gebiets, welches der
Nerv, auricularis major
besorgt.
Sitz des Krankheitsherdes im Wiiizel- und Kerngebi(^t,
117. Biavch (.537;
In der rechten Brückenhälfte traf
ein Degenerationsherd die aus-
tretenden P'azialis- und Trige-
minuswurzeln. Die Ganglien-
zellen des Trigeminus waren zum
Teil dcyeneiiert.
Anästhesie der beiden
oberen Äste des rechten
Trigeminus.
Filllo von Triyeininusaffektioii mit Sektionsbofund.
227
US. Beck (:522)
Verl. s. n:}.
119. Biims (58 r
120. Cassiror (CK»)
und Schiff
Myxoj^lioin im i^ci'citlii' des Pons
und (diom d(\-i rechten Sch-
hüeels.
Anästhesie der Bindehaut
bei gleichzeitiger links-
seitiger Anästhesie.
Tuberkuhisor Tumor in der I Vnästhesie der Kornea und
(Jegend de-i Ka/,ialis-Abdu'/,ens- ; Konjuiikliva. besonders
kerns, weUher fast den ganzen ; links bei Krhaltung der
Pons durchsetzte. Km|)findung in den üb-
rigen (Jebieten.
Degeneration des motorischen Störungen im Bereiche des
Kernes des Trigeminus und der sensiblen und motorischen
spinalen Wurzel. (Aleoholismus Trigeminus.
clironicus.)
121. Nothnagel (480) Erweichungsherd in der linken i Die ganze rechte Seite mit
oberen Ponshälfte. Kinschluß de-! Trigeminus
anästhetisch.
122. Hirano (Oll;
12r
i<'ibrosarkom des rechten Crus
cerebelli ad pontem. — Er-
weichung der rechten Hälfte
der MeduUa und Eingedrückt-
sein der rechten Ponshälfte.
Wernicke (612) Tumor im Pons, welcher den
linken Fazialis- und Abduzens-
kern vollständig zerstört liatte.
124. Oppenhei m(277) Tubei'kulöser Tumor, der mit dem
größten Teile seiner Zirkum-
ferenz in der L Ponshälfte saß.
125. Broadbent(327)
Zwei kleine syphiliti^cheTumoren,
einer im Pons , der andere in
der MeduUa oblongata.
126. Macgregor (2H4) Sarkom in der rechten Hälfte
Vgl. S. i 12. des Pons und der Mechdla ob-
longata. ' Der rechte Nervus
trigeminus grau degeneriert.
12-;
P. ^[evcr (355
Vul. S". 109.
Apoplekti^cher Herd in den un-
teren "^/j des Pons. Rechts der
sensible Trigeminuskern noch
erhalten, aber schon in die Peri-
plierie des Herdes hereingezogen.
Wegen der linksseitigen An-
ästhesie müssen wir annehmen,
daß in der Ausdehnung des
Herdes die zentrale Faserung
{ des sensiblen linken Quintusund
die übrigen Gesichtsnerven der
' linken Körperhälfte getroffen
1 worden sind.
128. V.Monakow 'Tumor von Hülmereigröße in der jZerebell. Ataxie. Neigung
Rechts Anästhesie des
Tr igemi nu sgebietes .
Auf der rechten Seite des
Gesichts und Kopfes die
Sensibilität vermindert.
Anästhesie im oberen Aste
des linken Trigeminus.
Anästhesie der rechten Ge-
sichtshälfte.
Keratitis
neuropara-
lytica.
Kerati tis
neuropara-
ly tica.
Die rechte Kornea an- ' R. Kerati t.
ästhetisch. neuro par a-
1 v t i c a.
Linke Gesichts- und Kör-
perhälfte anästhetisch.
Rechts Hyperästhesie de-;
Gesiclits, Konjunktiva u.
Kornea dagegen anästhe-
tiscli.
R. Kerati t.
neuropara-
1 vtica.
(800)
rechten hinteren Schädelgrube.
Die ganze Regio acustica und
Rückenmarks - Kleinhirnpartien
durch Druck zerstört. Akustikus
und Fazialis degeneriert. Ab-
duzens, ükulomotorius usw. ganz
frei.
nach rechts zu fallen,
Halbseitige Blicklähmung
nach rechts. Mit Reiz-
ersc heinungen ver bu ndene
Parese d&s Fazialis und
Trigeminus.
15*
228
Fälle von Trigeminusaffektion mit Sektionsbefiind.
129. Pick (275)
Vgl. S. 76.
im Oppenheim(39]
131. Rosen thal (101)
Vgl. S. 109.
132. Beveridge (582)
133. Sänne (583)
134. Rosenthal (261)
Vgl. S. 124.
135. Rosen thal (579)
136. Romberg (613)
137. Cantani (585)
Gumma im basalen Teile von lAnaesthesia dolorosa im
Pons und Oblongata. Trigeminusgebiet.
138. Lombroso(,586)
139. ({MirdiuT (587)
Enzephalitischer Herd, welcher
wesentlich die linke Brücken-
hälfte einnahm.
Jni Pons mehrere '/um Teil kon-
fluierende Herde. Die meisten
Basalnerven grau degeneriert.
Weicher Ponskrebs. Rechte
Hälfte ganz, linke nur vorn zer-
stört.
Verkäster Tuberkel der linken
Hälfte der oberen tSchichten des
Pons, sich erstreckend über den
linken Hirnschenkel bis hinab
zum Tractus opticus, nach oben
bis zu den Vierhügeln, überall
die Mittellinie nach rechts über-
schreitend. Medulla oblongata,
Kleinhirn u. Ponsnerven intakt.
Im Pons mehrere konfluierende
Herde von gummöser Masse.
Der linke Trigeminus atrophisch,
offenbar infolge der Ponsaffek-
tion.
In der linken Hälfte des Pons
und des Kleinhirnschenkels ein
haselnußgroßer Tumor,
Tumor in der rechten Ponshälfte.
Zwei verkäste, zusammen hasel-
nußgroße Tuberkel in dem vor-
deren Teile der linken Pons-
hälfte, unterhalb des linken
Vierhügels, fast bis zur Brücken-
mitte reichend.
Oberhalb und hinter dem Pons
ein haselnußgroßer Tumor, sich
adsdehnend von der rechten
Seite des Pons bis zur unteren
äußeren Oberfläche des ent-
sprechenden Kleinhirnschenkels.
Zerebellum verweicht.
Tumor an der Basis des Pons
mit Druck auf die Kleinhirn-
schcnkel und den vorderen Lap-
pen des Zerebellums.
140. Kojcw iii kof f jKrwcichungshc'rde hauptsächlich
(piivate Mitteilung) in der linken Hälfte der Brücke.
Links Hyperästhesie im
Trigeminus.
Links Anästhesie der Kon-
junktiva und Kornea.
Anästhesie der rechten Ge-
sichtshälfte und der Ex-
tremitäten.
Sensibilität in beiden Ge-
sichtshälften vermindert,
mehr noch in den Armen.
Anästhesie der
Wange und des
Auges.
linken
linken
Anästhesie links, Lähmung
der linken Kaumuskulatur
u. des Geschmackes link",
Hemiplegia alternans.
Rechts komplette Trige-
minusparese.
Sensibilität der rechten
Gesichtshälfte vermindert.
Lichtscheu des linken
Auges.
Schmerzen in der rechten
Supraorbitalgegend. Voll-
ständige Anästhesie der
link. Körperhälfte. Binde-
haut injiziert.
Die Konjunktiva gefühllos
Hechts y\nästhesie des Ge-
sichts und Auges. Links
vorübergehende u. gering-
gradige Anäst hcsie. Links
Lagophthalmus paralyt.
L. Keratit,
neuropara-
lytica.
Kerati tis
neuropara-
lytica.
L. Keratit.
neuropara -
Ij'tica.
Fülle \()ii 'rriuciniiiiisarfcktioii iiiil ScktiimslicfiiiHl.
229
Ml. Eiichseii (.")SS) .M indcl^jiroiicr 'riil)crk(>llätii:s der Anästhesie des rechten
Medulla oblon^iata in den 1\". ! Arms und der rechten
Wntrike! hincinra'iend. | Gesichtshälfte.
142. Mai rot (022)
Aniisllicsic (\i'v linken Gc-
sichtshiUltc und der linken
Kxtreniitiiten.
14:5. Blessiti (.")2S)
144. Petrina (51.5)
145. Petrina (I.e.)
146. Stunde (529)
'i^inior der reelileii niiickenliii Ute,
am l^oden de-; IV. VontrikeN an
die Oberfläche tretend. Rechts
Kompression des Cnis cerehelli
ad medidlam ol)l()n}i;atani. Crus
eerehii eiweieht.
WaliudJiiroBes Kystosarktim an , Anästhesie des recliten
der Hinterwand des rechten! Trigcminus.
Kelsenheins, den l'ons und den I
unltTcn vorderen Teil des ('ere-
hellniu komprimierend. ■ |
Neuroni de^ link. 'rriifeminus mi( Anfallsweise Puötung des
Kom])ression d. link. F'oushälfte. ( Je^i(■ht-: mit Kopfschmer?,.
S,)|itarer Tuberkel im linken In der linken( Jesichtshälfte
Kleiniiirn-chenkel. Zweierbsen- erhöhte iSensihilität.
große T(d)erke] im Zentrum ilvs i
oberen l'onsteiles. 1
Zwischen Pons und Felsenbein Kopfschmerz, rechte Ge-
am unteren vorderen Rande des j sichtshälfte anästhetivch.
Kleinhirns ein walnußgroßes j
Kystosarkom. Rechte Ponshälf te
atrophisch.
147. Lüderitz (572) Multiple Tuberkel in der Hirn-
' : rinde im Streifen und Sehhügel.
! in der Med<dla und im Pons.
148. Bange (573)
149. Carpani (574)
150. Petrina (515)
151. Bernhardt
Nach außen am linken Corpus
restiforme ein nußgroßer Tu-
berkel, sich in die linke Brücken-
hälfte und den linken Brücken-
arm hineinerstreckend. Nach
außen von diesem Tumor ein
zweiter bohnengroßer.
Am rechten Kleinhirnstiel, nahe
der Brücke ein bohnengroßes
Fibrom. Kleine Narbe im linken
Thalamus opticus.
Taubeneigroßes Neurom de-i i Sensibilität rechts am Ge-
re;'hten Ak'istikus. Erweichung j siclit und den Extremi-
der rechten Kleinhirnliemi^phäre i täten v^ermindert. Exoph-
des rechten Crus cerebelli ad thalmus duplex,
pontcm, der rechten Brücken-
hälfte. Abplattung des rechten
Pediniculus cerebri.
5S0) Die nach der ]\Iedidla oblongata
zu gehende Partie der i-echten
! Ponshälfte, sowie die rechte
oberhalb derPvramidenkreuzung
gelegene Hälfte der MeduUa ob-
longata selbst von gliomatösen
Massen eingenommen. Rechter
vorderer untererKleinhirnlappen
komprimiert.
R. Keratit.
neuropara-
ly tica.
L. Keratit.
neuropara
iy tica.
R. Keratit.
neiiropara-
ly tica.
R. K(>ratit.
neuro para-
ly ti ca.
II. Keratit.
neuropara-
Ivtica.
230
Fälle von Trigeminusaffektiou mit Sektionsbefuiul.
152. Takäcs (584)
15.3. Webber (589)
154. V. Diozda(5yO)
155. Bartholow (5<Jr
Haselnußgroßes Sarkom dei'
Hypophyse. Faustgroßes Sarkom
im Wurm des Kleinhirns, in
beideHemisphären h ineinragend.
Zwei walnußgroße Abszesse im
linken Kleinhirn, die sich aus
einem Gliom entwickelten.
Hyperästhesie im linken
Trigeminusgebiet. Sen«i-
bilit;ät sonst erhalten.
Schmerz in der linken Ge-
sichtshälfte. Anästhesie
der linken Wange und des
linken Auges. Linke Kau-
muskeln gelähmt.
Sarkom der linken Kleinhirn- Ameisenlaufen in der link,
hemisphäre, den IV. Ventrikel Gesichtshälfte,
ausfüllend.
Unterhalb \ind nach vorn von
der rechten Hemisphäre ein
derber Tunior, rechts die Medulla
und den Vagus komprimierend.
Schmerz im Bereiche des
linken Trigeminus. Linke
Gesichtshälfte geschwol-
len und gerötet. Anästhe-
sie links im Gesicht.
Sitz dt'S Kiankheitsherdes im Keingebiet des Trigeminus.
156. Kolisch (389)
157. Gee and Tooth
(408)
Vgl. S. 123.
158. Jolly (330)
Vgl. S. 103.
159. Jannsen (592)
160. Macgregor (.392;
Vgl. S. 127.
161. Schiess- Gem u-
reus (593)
Tuberkel der rechten Brücken- Verminderte Sensibilität
hälfte. Zerstöning beider Ab- des linken Trigeminus.
duzenskerne, des h interen Längs -
bündeis, des rechten Fazialis-
kernes und weniger des
rechten Trigeminuskerns.
Blutung in die Brücke. Dieselbe Rechte Hornhaut u. rechte
hatte den sensiblen und motori- Gesichtshälfte anästhe-
schen Kern desTrigeminus rechts
zerstört.
Gliom am Boden des IV. Ven-
trikels. Die Geschwulst lag
wesentlich links und hatte ihre
stärkste Ausdehnung entspre-
chend dem spinalen Brücken-
abschnitt. Der Trigeminuskern
links zerstört.
Sarkom der rechten Brückenseite.
Ein Teil des sensiblen Trige-
minuskerns zerstört.
Ein bereits verkäster Tuberkel
im Pons. welcher die Trigeminus -
kerne beiderseits betroffen
hatte.
Großer Tuberkelknoti'U in der
Rauteagru be.
tisch.
Anästhesie im Bereiche des
linkenTrigeminus und der
linken Kaumuskulatur.
R. Keratit.
neuropara-
ly tica.
Beider.-eits
Kerati tis
ncuro))ara-
lytica.
Keratitis
ncuroi)ara-
1 Vtica.
Dazu kommen noch 63 Fälle von Exstir])ati(m des Ganglion Gasseri , wobei 15 mal
Keratitis neuropaialytica eingetreten war. Ob jedoch bei dieser Zusammenstellung einzelne
Fälle inehrmals aufgeführt sind, ließ sicli nicht sicher bestimmen , da uns nur Referate zu-
gänglich waren.
rällc voll Tiif^eminusaifcktion mit »Scktioiiöbcfuutl. 231
Wenn sicli auch leider die lädicrU'ii Strecken im Verl.iiifc des l'ri.^e-
iiiiiiiis aus den Aorlie^u-nden Berichten oft nicht so präzise, wie es gerade
AvünschensAvert wäre, ])estiinnien hissen, so wollen wir doch eine Zusammen-
stelhnig des Materials nach (h-n Gruppen üheischriften hier der Ül)er-
sichtHchkeit wegen noch einmal vorführen. Jedenfalls läßt sieh alx'r mit Be-
stimmtheit aus der Suuiine der hier angefülirten Fälle der Satz abstrahieren,
daß klinisch von allen Stellen im Verlaufe des Nervwurzel-
Kei-napparates dr<. Tiige minus aus his jetzt durch Ei'krankun gs-
lieide eine KtM'atitis neuro[)aialytica Iht vorgerufen worden ist.
Es fanden sich :
Angriffspunkt der Zahl der erkrankten darunter mit
Krankheit Fälle Keratitis neurop.
Fissura orhit. sup. u. sin. cavern. 1"2 2
Fissura orhit. und basal. Verlauf des V. (5 4
Basaler Verlauf der einzelnen Äste '23 (2 dop})els.) 11
Äste und Ganglion Gasseri 18 . (>
Ganglion Gasseri 7 3
Ganglion Gasseri und Stannu 7 2
Äste, Ganglion und Stamm 3 2
Stamm allein 21 10
Stamm und Wurzeln 12 4
\\'urzelgebiet allein 11 (2 doppeis.) 4 (1 d(i}i[)els.)
Ganglion, Stannn, Wurzel, Ivern 1 0
Wurzel- imd Kerngebiet 42 (3 doppeis.) 12
Kerngebiet des V. 7 (1 doppeis.) 4 (1 du})pel-^.)
170 64
§ 220. Bevor wir uns nun zur SchikU^rung des Wesens der Keratitis
neuroparalytica und zur Kritik der bis dahin aufgestellten Theorien über das
Zustandekommen diesei- Hornhautaffektion wenden, erscheint es zunächst
angemessen, noch diejenigen Erfahrungen und Ansichten zusammenzustellen,
welche über die physiologischen Ernährungsverhältnisse der Hornhaut im
Normalzustande bis dahin aufgestellt w^orden sind.
Im großen und ganzen kann man die hier hervorgetretenen Anschauungen
in drei Kategorien teilen :
1. in solche, welche als Ernährer des Hornhautgew^ebes lediglich
die Konjunktiva ansehen;
2. in solche, w^elche allein oder ganz vornehmlich dem
Kammer Wasser diese Rolle zuschreiben;
3. endlich in solche, welche dem Kammer wasser und der Kon-
junktiva die Ernährung des Hornhautgewebes unterstellen sollen.
232 Ernährung der Hornhaut im Normalzustande.
Die Ernälii'ung' der Hornhaut im Normalzustände.
1. Die Kolk' der Konjuiiktivi« iiiid Sklera hei der J^rnäliruug.
§ 221. x\acli Pflüge:' (694) Ijestdit ein Saitstiuin, der vom Rande nach
dem Zentrum der Hornhaut gerichtet ist. Die Konjunktiva und Sklera sind
bei der Zufidu' der Ernährungsflüssigkeit zur Hornhaut beteiligt, und zwar die
Konjunktiva für die ol)erflächlichen, die Sklera für die tiefen Schichten. Auch
die pathologischen Beobachtungen sprächen direkt für die Wichtigkeit der
Konjunktiva für die Ernährung der Hornhaut und gegen deren Ernährung von
der vorderen Kammer (Blemiorrhoea neonatorum).
Auch Denissenko (697) glauljt, daß die Ernährung der Hornhaut von
den oberflächlichen und tiefen Gefäßen der Sklera ausgehe, ohne daß jedoch
besondere Gefäße für einen jeden Teil der Hornhaut existierten. Aus den
Skleralgefäßen werde die Ernährungsflüssigkeit durch die Faserbündel und
Skleralspalten bis zur Grenze der Hornhaut geführt, wo sie von den Saft-
kanälchen und Lücken aufgenommen, durch die ganze Dicke der Hornhaut
verteilt und in die Vorderkammer ausgeschieden werde. Der Flüssigkeits-
strom gehe also in der Hornhaut von der Peripherie zum Zentrum, und zwar
von vorn nach hinten.
2. Die Rolle der vorderen Kammer bei der Ernährimg.
§ 222. Nach Knies (698) erfolgt der endliche Abfluß des gesamten aus-
genutzten Ernährungsmaterials von der vorderen Kammer; auch werde die
gesamte Ernährung der Kornea vom Kammerwasser aus besorgt, und hier
geschähe der Abfluß nach dem subkonjunktivalen Gewebe hin. Das hintere
Epithel der Hornhaut sei kein Hindernis, sondern ein Regulator für das Durch-
dringen der Nährflüssigkeit. Ein Teil der im Fontanaschen Räume aus-
tretenden Flüssigkeit folge den wesenthch konzentrischen Spalträumen der
Sklera, um in immer mehr nach außen gelegene Schichten und schließlich in
den Raum der Tenonschen Kapsel und der Sehnervenscheide zu gelangen.
Die Annahme, daß der Humor aqueus der Ernährung der Hornhaut
dienen könne, wurde von Denissenko (697) eingehend bekämpft. Durch
die Descemetische Haut sickere die ül)erschüssige Ernährungsflüssigkeit der
Hornhaut in die vordere Kammer, die gewissermaßen einen erweiterten Alj-
fülu'ungsgang für den Humor aqueus darstelle. Die Stomata der Descemetischen
Haut seien die zur Vorderkanmier führenden Ausführungsgänge für die zur
Ernährung der Hornhaut untauglichen Stoffe.
Nach Leber (699) wird die Hornhaut hauptsächlich durch da,s Rand-
schlingennetz ernährt, zum geringen Teile al)er auch durch das Kainmer-
wasser, welches durch Diffusion in die Hornliaut eindringt. Das tUirch
Diffusion in die hinteren Schichten der Hornhaut gelangte Kammer-
wasser dürfte dann zur Ernährung dieser Schichten beitragen. Die Diffusion
Eniälinin^ der lloriiluuil im Xornial/Jistaiulo. 233
kiiiiii aucli in iiiii.ut'kclirl^cr Iticlit.iiii.u xoii xoni ji:icli liickwärts (Atr()))iii-
iitslillatiioiicii) \()i' sich ;j;('licii. Ijchcr luvi ^czcifj;!, daß das liinicrc PijiiMicl
('S Isis Avclclics dci' j*'ilirali()ii Nun l'^lüssiifkcit im Wcf^c steht.
Auch Haiivicf (700) stiiiinit di'iii hei, (hiß das J'jiiidrin^fcii (U'S Kamiiici-
wassci's in die Siihstaii/ drv lh)nihaiit durch das l'jiidothcl Nciliiudcri, wird.
Ulrich (701) wendet sich ge^cn (he Lehre Lehers, (hiß von ([vr vorcU-reii
Au<^M'nk-uninei' ein Kindringen des liunioi' a(iueus in die Hornhaut nicht statt-
i'iin(h', solange das J'^indothel intalct sei. Durch theoretische Erwägungen ühei-
Osmose. Filtiaiion. lmhil)ition und durch Expei'imente sucht ei- den Nach-
weis zu füliivn, daß tatsächlich Wasscn; aus der vorderen Kannner in
mäßigen INhnigen in die Hornhaut eintritt, um dann stets nach der Peri-
pherie der Hornhaut umzuhiegen, wo es nach der Konjunktiva hin aus-
geschieden werde.
Auch Schöler und Uhthoff (702) stinnnen der Ansi<jht hei, daß (he
l'jrnährung der -Honüiaut unter normalen Verhältnissen vom Kammerwasser
aus stattfindet. Durchschneidung des Halsstranges des Sympathikus mit
und ohne Exzision des ohersten Halslmotens beschleunige die Sekretion des
Kammerwassers; noch mehr tue dies die intrakranielle Durchschneidung des
Trigeminus, und zwar bewiesen partielle Durchschneidungen des letzteren,
daß die betreffenden sekretorischen Fasern im medialen Viertel des Ganglion
Gasseri verliefen.
Nach Lebers neuestem Keferate (703) hat der Plüssigkeitswechsel im
Auge die Aufgabe, den optischen x\pparat unverändert zu erhalten und die
Konstanz der Krümmung, wie die Durchsichtigkeit seiner brechenden Teile
zu sichern. Die Erfüllung dieser Erfordernisse hänge von der stets gleich-
l)k'ilienden Höhe des intraokularen Druckes ab. Die Druckdifferenz zwischen
Lüialt und Umgebung der Gefäße vermittele die Absonderung der den Augen-
druck unterhaltenden Flüssigkeit, die durch die Gefäßwände und das Epithel
des Ziliarkörpers filtriert werde. Leber hält daran fest, daß die Ziliarfortsätze
das eigentliche Sekretionsorgan der intraokularen Flüssigkeit wären und be-
zweifelt, daß die Vorderfläche der Iris sich an der Absonderung beteihge.
Als Eegulator des Augendruckes diene die elastische Spannung der Augen-
kapsel. Die Flüssigkeitsabfuhr des Auges werde durch Filtration in d(^n Circulus
venosus und im Geringen durch die perivaskulären Räume der Zentralgefäße
vermittelt.
Die Hornhaut verdanke die Erhaltung ihrer Integrität, trotz des Fehlens
der Blutgefäße, ihrem starken Anziehungsvermögen für Wasser, von dem sie
das 4 — 5 fache ihres Gewichtes aufnehmen könne. Durch ihre Lage zwischen
dem flüssigkeitsreichen Bindehautsacke und der Vorderkammer sei sie am
wirksamsten gegen Vertrocknung geschützt. Epithel und Endothel wirken
als Schutz gegen zu starke Flüssigkeitsaufnahme. Die Flüssigkeit sei in der
Hornhaut nicht frei, sondern physikalisch absorbiert. Das Er-nährungsbedürfnis
der formgebenden Teile des Auges sei gering, da nur arbeitsleistende Elemente
234 Die rein trophische Theorie.
des Körpers einer steten Stoffzufulir bedürften. Die Gefäßlosif^keit dieser
Teile: der Hornhaut, der Linse, des Glaskörpers sei deshalb kein Mangel, da
ihr geringem Nahrimgsbedürfnis auf dem Wege der Diffusion völlig gedeckt
werde. Die Stoffzufuhr werde durch die Interzellularsubstanz vermittelt; bei
den EpitheHen lägen die Ernährungswege in dem feinen interzellularen Lücken-
system. Die Hornhaut anlangend verwirft Leber die Annahme von Saft-
kanälchen, vielmehr glaubt er, daß die Zufuhr des Ernährungsmaterials ganz
diffus durch die Intrazellularsubstanz wesenthch durch Diffusion erfolge.
EigentHche Nährsubstanzen hätten dieselbe Art der Zufuhr, da die Desceme-
tische Membran für Eiweißkörper durchlässig sei. Die Vermittlung hätten
in erster Linie die Kandgefäße, doch könne eine Beteiligung des Vorderkammer-
wassers nicht in Abrede gestellt werden.
§ 223. Wir gehen nun an die Schilderung der bis dahin über das Wesen
der Keratitis neuroparalytica zur Entwicklung gelangten Theorien.
Indem wir uns dabei in experimentell physiologischer Hinsicht an die verdienst-
volle Zusammenstellung E. v. Hippels (704) anlehnen, wollen wir die für und
wider die einzelnen Hypothesen sprechenden klinischen Erfahrungen in Parallele
zu den einzelnen Angaben der Forscher anfülnen.
Theorien, welche trophische Einflüsse des Nervus trigeminus (im
weitesten Sinne) annehmen.
a) Die rein trophische Theorie (vgl. auch S. 67, § 7.5).
§ 224. Magendie (705), welcher als erster experimentell physiologisch
das Auftreten der Keratitis neuroparalytica bei Durchschneidung des Trige-
niinus nachgewiesen hatte, erkannte dem Trigeminus eine direkt die Er-
nährung der Kornea beeinflussende Einwirkung zu. Es sollten also
im Trigeminus trophische Fasern verlaufen, welche durch die ZiUarnerven
dem Auge zugeführt würden. Wurde nämlich der Trigeminus in der Schädel-
höhle durchschnitten, so trat im Verlaufe von einigen Tagen ein Zerfall der
Hornhaut auf.
Bezüghch des Verlaufes dieser trophischen Fasern will Merkel (70())
die zentrale Wurzel derselben nachgewiesen, und Meißner und Büttner
(siehe später) den Verlauf dieser Fasern als den am meisten nach innen ge-
legenen verfolgt haben.
Nach Magendie und Longet würden jedoch die trophischen Fasern
für den Bulbus erst im Ganglion Gasseri dem Trigeminus zugebracht, da
Durchschneidung des Stammes zentralwärts von diesem Ganglion keine trophi-
schen Störungen zur Folge hätte. Hierbei müßte natürlich an den Sympathikus
gedacht werden, der diese Fasern zufülire.
Bezüglich der Frage, wie man sich diesen Einfluß trophischer Fasern
eigentUch vorstellen solle, wäre folgendes anzuführen:
Die rein (ropliisclic Theorie. 235
W. Kiiliiic (707) sali auf llciziiiijj; dcv I loiiiliaiil iici ach die J loniliaui-
kciijH'iclicn sich ln'wcgcii. J^jS scliicii nun nicht aus^a'schlosscn, daß die üc-
Avcijfuii^' (hcscr Kör])(>rch('n auf (Uc normale Safthcwcgiuiff im Ka-nalsystonc
der Ivoiiica von l^jinfluß sei. Ist sie ahef ahhängi«,' vom Nervensystem, so
luiil:') die Zersiciruiiii; desselhen auch l^jinähiungsstciiunj^fen nach sich ziehen.
(iaule (7()S) betont die sichtbaren Verändeiun^fen aii den Hornhaut-
k()i|ierchen, die ef in neuestef Zeit beobachtet habe, l^jf weist nach, daß die
für die Regeneration des i5erst()rten Hornhautgewebes so wichtigen Hornhaut-
kör})t'rchen nach Trigeminusdurchschneidung nekrotisch würden und /u
Stüi'inigen des Stoffwechsels führten. Die Existenz besonderer tio-
phischer Fasern in dov Hornhaut bestreitet er jedoch, da überhau})t
keine zentrifugalen Fasern zur Hornhaut gelangten (vergleiche hiermit
S. 59, § 65).
('laude IJcMiiard (700) schließt sich in seinen ersten Mitteilungen im
wesentlichen Magendie an. Beide Forscher hoben außeixlem hervor, daß
die Wirkung der Durchschneidung eine verschiedene sei, je nach
der Stelle der Nervenbahn, an der sie vorgenommen werde. Falle
der Schnitt peripher vom Ganghon Gasseri, dann sollten die Symptome
rasch und intensiv auftreten, bei zentraler Lage vom Ganglion langsamer und
schwächer sich zeigen, bei Durchtrennung der Nervenbahn im verlängerten
Marke vollständig fehlen.
Gaule (708) hat diesen Gedanken aufgenonnnen und experimentell
weiter verfolgt. Wenn er nach dem Verfahren Magendies und Claude
Bernards den Trigenünus innerhalb der Schädelhöhle vöUig durchschnitt,
so zeigte sich das darauffolgende Verhalten der Hornhaut sehr verschieden je
nach der Stelle, an w-elcher der Nerv getroffen worden war, ob hinter dem
Ganglion, im Ganglion selbst, oder vor ihm im Gebiete des Ramus ophthal-
micus. Nur wenn der Schnitt im Ganglion oder vor ihm verlief,
erfolgten trophische Veränderungen an der Hornhaut. Dagegen
Ijeraubte die Schnittführung hinter dem Ganglion, also zwischen diesem und
der Brücke die Hornhaut erst des Gefühls und führte dann, wenn das
Auge nicht vor Verletzungen sorgfältig geschützt wairde, zu Entzündungen der
Kornea und Zerstörungen des Auges in der bekannten Weise. 'Die charakteristi-
schen Veränderungen der Kornea aber, die nach den beiden anderen Ver-
letzungen eintraten, kamen nicht zur Erscheinung. Da nun Gaule bei der
mikroskopischen Untersuchung fand, daß der Ramus ophthalmicus
N, Trigemini beim Kaninchen in seinem ganzen Verlaufe fast
bis zum Austritt aus der Schädelhöhle einen außerordentlichen
Reichtum an Ganglienzellen aufweist, so kommt er zu dem Schlüsse,
(laß die Ursache der trophischen Störung in diesen Ganglienzellen liege; sie
träte immer ein, wenn letztere durch den Schnitt getroffen würden. Fünfzehn
dünnten nach der Durchschneidung der GangKen selbst gelänge es, erhebliche
Veränd^-ungen am Epithel der Hornhaut, in den Körper chen der
Grundsubstanz, am Endothel dei' Desce nietischen Membran und
236 Die rein trophische Theorie.
sogar im Kamiiiürwasscr iiaclizuwoiscii. Gaule fand au uiuscliiiclK'iicii
Stellen Nekrose, an anderen vermehrte Neubildung der Zellen.
kuii diesen Befunden ergäbe sieli, daß jene Gewebe in ihrer J'lr-
nährung untei' dem Einflüsse der Ganglienzellen stünden; eist
auf diesem veränderten Boden entwickle sich unter der l^jin-
wirkung äußerer Schädlichkeiten die iieuroparaly tische Horn-
hautentzündung. Anästhetisch wüide die Kornea, wenn uum
nur die Fasern des 'L'rige minus durclischnitte, anästhetisch und
trophisch vi-rändert würde sie, weim man gleichzeitig jene Ganghen verkd.ze,
wie es geschähe, wenn man die Durchschneidung im Ganglion Gasseri a.u^;-
führe. Die Ganglie-nzellen wären es also, welche dem Nerven die
trophischen Eigenschaften mitteilten.
Auch Bernhardt (710) stimmt diesen Angaljen in der Eichtang zu,
wenn er schreibt: Fast alle Autoren, wie Erb, Nothnagel und Gowers
sind darüber einig, daß die sog. neuroparalytische Keratitis bisher nur bei
basalen Läsionen des Nerv, trigeminus beobachtet worden sei, daß aber ihr
Vorkonnnen bei in der Brücke oder noch weiter zentralwärts gelegenen Herden
noch nicht mit genügender Sicherheit nachgewiesen worden wäre.
von Graefe (711) sah sich ebenfalls zur Annahme von direktem (tro-
phischem) Nerveneinflusse veranlaßt. In der mangelhaften Befeuchtung der
Hornhaut, wegen verminderter oder aufgehobener Tränensekretion sucht er
nur einen Beschleunigungsgrund für das Zustandekommen der Entzündung.
§ 225. Nach unseren Zusammenstellungen stehen der Annahme direkter
trophischer Fasern im Trigeminus die klinischen Erfahrungen im allgemeinen
nicht entgegen. Denn die Tatsache, daß nur in V3 der bekannten Fälle von
Trigeminusläsion mit Sektionsbefund Keratitis neuroparalytica zur Entwick-
lung gekommen war, ließe sich mit der Annahme erklären, daß entweder die
trophischen Fasern für widerstandsfähiger gehalten werden nn'ißten, oder
daß dieselben von dem betreffenden Herde nicht getroffen worden wären. Für
die leichtenui Affektionen der Hornhaut müßte man dann annehmen, daß nur
wenige trophische Fasern lädiert worden seien.
Es fragt sich nun, wie verhalten sich zu dieser Lehre die Kr aus eschen
Erfahrungen (vgl. S. 80), die ja als operativer Eingriff dem physiologischen
Experimente am Menschen gleich zu setzen sind. Auch diese ließen sich nüt
Kücksicht auf die Gauleschen Tierversuche wohl erklären. Denn in den
Krauseschen Fällen handelte es sich ja um völUge Ausrottung des Ganglion
Gasseri und des Trigemiimsstammes. Weil dab(>i die Durchtrennung der Trige-
miiuisleitung im Ganglienzellen fieie m Abschnitte (^rfolge, käme es eben
wegen der Erhaltung jeiiei- Ganglienzelh^i zu keinei- trophischen Stöiuiig. 1'jS
fände auch diese Theorie in dem rolgeiiden Falle Krauses (I. c. (')*.<) eine an-
gebliche Stütze. Derselbe hat nach peri])herei- Entfeinung des I. Trigeminus-
astes eine Keratitis neuroparalytica auftreten sehen, woliei der Nervus su})ra-
orbitalis von der Augenbrauengegend her möglichst weit nach hinten bloß-
])ie rein (ro])liis(lie Theorie. 237
}^fclc<4(i und iKU'li (Iciii 'riiicrsclisclicii Wilalucu liUi^rsaiii liciULisgedivlit
^V(J)•(l('ll AV;u'.
Duß dem Trigeminus trophische Funktionen innewohnen, liatten wii'
hci'.'iis auf S. 151 auf (irund einschlägiger kUnischer Beoha-clitungen aus-
g('Spi-()('llCll.
§ 22t). Unter den physiologischen Gegnern des Vorhandenseins
rein trophischer Fasern im Trigeminus äußert sich zunächst E an vier (715)
folgendermaßen : Fortgesetzte Experimente hätten ergeben, daß die Ernährung
der Kornea ihren regelmäßigen Fortgang nähme, auch nachdem alle sich dahin
hegel)enden Nerven durchschnitten worden wären. Es gäbe also keine tro-
phischen Nerven in der Kornea.
Schiff (71G) erklärt die Behauptung Magendies und Claude Ber-
nard s, daß vei'schiedent' Lagen des Sclmittes im Trigeminus verschiedene
Folgen hätten, für unbegründet.
Gegen diese Ansicht und diejenige Gaules, wonach der Herd im Ver-
laufe des Eamus ophthalmicus resp. in den denselben umgebenden Ganglien-
zellenhaufen gelegen sein müsse, sprechen nach unserer Ansicht direkt die
Befunde der nach dem Angriffspunkte des Kranklieitsherdes zusammenge-
stellten Fälle von Läsion des Trigeminus mit Sektionsbefund (siehe S. 225,
Nr. 95—165).
Was nun noch die von Gaule 15 Minuten nach der Durchschneidu]ig
des Trigeminus und jener Ganglien im Hornhautepithel gefundenen und von
ihm für trophische Störungen gehaltenen Grübchen betrifft, so hält auch
Decker (717), welcher diese Grübchen und Einsenkungen mikroskopisch
untersucht hat, dieselben für eine Stütze der trophischen Theorie.
Hanau (718) dagegen hat durch eine Reihe von experimentellen LTnter-
suchungen festgestellt, daß die gleichen Grübchen auch an normalen Augen
stets dann auftreten, wenn längere Zeit hindurch der Lidschlag vermindert
gewesen ist. Dieselben sind demnach keine Folge der Trigeminus-
duichschneidung, sondern der Vertrocknung.
Diese Anschauung Hanaus wurde auch durch Untersuchungen von
E. V. Hippel imd A. Ollendorff bestätigt und unterstützt.
Ollendorff (719), welcher bei seinen Experimenten diese Grübchen oft
gar nicht nachwn isen konnte, sagt darüber, es ginge aus seinen Beobachtungen
hervor, daß dieselben wirkliche Niveaudifferenzen im Gewel)e darstellten.
Beobachte man dieselben weiter, so seien sie nach etwa einer Stunde nach
der Trigeminusdurchschneidung wieder verschwunden. Nur im Zentrum
der Augen sehe man noch einen ovalen Fleck mit trockenem, mattglänzendem
Grunde. Dieser Fleck entspreche ganz der Form und Größe der
Lidspalte, und wenn man das Lid emporhöbe, so könne man sehen, daß
er sich durch einen scharfen Rand von den unter dem Lide feucht
gebliebenen Rand teilen der Hornhaut abhöbe. Da nun gerade der
in der Lidspalte freiliegende Teil der Hornhaut von dieser Veränderung be-
238 Die trophiscli-traumatische Theorie.
troffen würde, 8o könne e;^ nicht zweifelhaft sein, daß h^owohl diesei' Fleck,
als auch die primären Grübchen, aus welchen er hervorgehe, auf Ver-
dunstung zurückzuführen wären, und zwar nicht nur der Flüssigkeit auf
der Hornhaut ober fläche, sondern auch der Flüssigkeit in den obersten
Hornhautschichten. Damit erklärten sich auch einigermaßen die Angaben
Deckers über eine dabei gefundene Versch mälerung von Epithel-
und Grundsubstanz ohne histologische Veränderungen.
b) Die trophisch-traumatische Theorie.
§ 227. Samuel-(531) sieht sich, wie wir auf S. 138 schon erwähnten, auf
Grund zahlreicher Versuche an anderen Körperstellen veranlaßt, ein System
zentripetaler und zentrifugaler ,,trophischer" Nervenfasern anzunehmen, deren
Zentrum er ins Ganglion Gasseri verlegt, und deren Zerstörung das Auge
in einen ,, Zustand verminderter Widerstandsfähigkeit" bringen
solle, derart, daß geringfügige äußere Schädlichkeiten, die ein
normales Auge reizlos vertrage, hier schon die Erkrankung
hervorzurufen imstande wären. Snellens Schutzmittel (Vornähen
des Ohres) solle nur den einen entzündungserregenden Faktor, das Trauma,
fernzuhnlten vermögen.
Büttner (729) fand in einer vor das Auge genähten Glaskapsel ein
Schutzmittel, das in allen Fällen das Entstehen d^r Entzündung zu verhindern
vermöchte. Diese Entdeckung war von großer Wichtigkeit, denn nachdem
man später noch gelernt hatte, die Kapsel durch ein einfaches Drahtnetz
(Pfeifendeckel) zu ersetzen, spitzte sich die Frage nach der Ätiologie der Keratitis
neuroparalytica schließlich dahin zu: ,, welche Schädlichkeiten sind es, die der
Deckel feinzuhalten vermag"? Nach Büttner sind dies ganz geringfügige
Traumen, die für ein normales Auge gar keine Traumen sind, und
die nur das in seiner Widerstandsfähigkeit geschwächte Auge,
in Entzündung zu versetzen vermögen. Der Sensibilitätsstörung
(Snellen, Senftleben) erkennt er gar keine ]3edeutung zu, denn die Traumen
hält er für so gering, daß sie auch von einem gesunden Auge nicht gefüblt
und infolgedessen nicht abgewehrt würden.
Aus zwei Beobachtungen, in welchen nach der Durchschneidung das
Auge gefühllos geworden und doch keine Entzimdung eingetreten war, ferner
die Sektion eine unvollkommene Durchschneidung und Stehenbleiben einiger
medialen und nach unten gelegenen Fasern ergeben hatte (vgl.
S. 234), zieht er den Schluß, daß dies die Fasern seien, deren
Durchtrennung das Auge in einen Zustand verminderter Wider-
standsfähigkeit versetze, und deren Stehenbleib(^n , das Auf-
treten der Entzündung verhüten könne: Vasomotorische Einflüsse
schließt er aus, weil er sich überzeugt hatte, daß das Vornähen der Kapsel
nicht luir die Hoi'nhautaffektion, sondern aucli _;ede ITyperäinie der K(»n-
juidvtiva und liis /u \ciiiindeni voinöciit«.!.
Die trophisch-trauinatische Theorie. 239
Meißnei' (534) vervollständigte Ijüttncrs Angaben noch diircli oinc^
glciclu' Jn'ohiiclitung, ^vi(• die beiden vorerwähnten Fälle, daini aher no(di
(hiivh einen, in welchem die ])uichschnei(hnig veisucht wurde, das Auge
eiiint'indlich hlieh, und die l*jnt/,ün(hing dennoch genau, wie sonst, auftrat.
Die Selciioii Zeigte, daß nur die inneren 1^'asei' hüiid el d u ich iicu ii t
wai'en. Hierin erl)lickt Meißner eine neue Stiit/e für (Ue Annahme, daß
die Faser die direkte Einwirkung aiü' die Ernährung de]- Koi'nea
vermittele, und gibt denselheii im engeren Simit' den Namen ,,trophischt>
Nervenfasern".
Eckhard (730) ti-itt auf (irund ähnlicher Beobachtungen unvollkommener
Durchschneidung, wie che Büttner-Meißnerschen, deren Anschauung bei.
Merkel (TOB) hat durch anatomische Untei'suchungen nachgewiesen,
daß die Vieihügeli)ortion des Trigeminus, die durch Meynert bekannt ge-
woiden war, beim Kaninchen, nicht wie beim Menschen, zunächst in die sen-
sible, sonde]ii in die motorische Wurzel übertritt, weiter peripher aber wenig-
stens sicher zum Teil, diesen Verlauf aufgibt und auf sensibles Gebiet über-
geht. Auf Grund der Beobachtungen von Büttner, Meißner und Schiff,
sowie aus eigenen, wo eine nach der Durchschneidung des Trigeminus ent-
standene Keratitis sich trotz dauernder Unempfindlich keit des Auges zurück-
bildet.e, hält e)' diese Fasergiuppe für die trophische Wujzel des
Trige minus.
Decker (717) bekennt sich auch zur ver mindeiten Widerstands-
fähigkeit der Kornea aus folgenden Gründen:
Das Voniähen einer Drahtkapsel vermochte das Eintreten der Erkraidcuiig
nicht zu verhüten.
Gleiche, auf beide Augen applizierte Traumen, Verachten auf dein un-
empfindlichen stärkere Effekte hervor.
Er beobachtete Fälle unvollkommener Durchschneid ung. die
ähnlich denen von Büttner, Meißnei' und Schiff waren.
Fast unmittelbar nach der Durchschneidung, wo kein Tiauma ein-
gewiikt haben kann, entstünden auf der Hornhaut kleine vertiefte
St(dlen, die nach etwa einer Viertelstunde wieder verschwänden.
Auch Krause (1. c. 69) äußert sich dieser Theorie in gewisser Hinsicht
zustimmend, wenn er sagt: ,,es scheine in seinen Fällen eine geringere
Widerstandsfähigkeit gegen Einflüsse auf der anästhetischen Seite vor-
handen gewesen zu sein.
§ 228. Klinischerseits spricht für, jedenfalls nicht gegen diese Theorie
die folgende Beobachtung Kahlers (731):
Bei einer 56jährigen Frau mit rechtsseitiger Fazialislähmung trat bei geeigneter Be-
handlung und genügendem Schutze des Auges so lange keine Keratitis neuroparal. auf, als
bis (erst nach Monaten) auch der Trigeminus (Tumor des Felsen- und Schläfenbeins) affiziert
\viirde, worauf rasch eine Keratitis neuroparal. und Panophthalmitis eintrat. Erst später,
als schon Phthisis bulbi bestand, entwickelte sich das volle Bild der Trigeminuslähmung.
Kahlei' glaubt denn auch in diesem Falle eine Stütze für die Stich-
haltigkeit der älteren Auffassung l);i der Keratitis neuroparalytica gefunden
240 Die trophiscli-traumatische Theorie.
ZU haben. Er meint nämlich, chiß in solchen Fällen außer den für das Zustande-
kommen der Keratitis unbedingt notwendigen schädlichen äußeren Einflüssen,
eine durch Wegfall oder Beeinträchtigung der Innervation verminderte Wider-
standsfähigkeit des Gewebes angenommen werden müsse.
In der Tat spricht klinischerseits auch bei einer großen Eeihe anderer
Fälle für diese Theorie die Tatsache, daß bei gemeinsamer Lähmung
des Fazialis (Lagophthalmus) und Trige minus sehr häufig eine
Keratitis neuroparalytica gefunden wird.
So berichtet:
Jolly (732). über eine doppeltseitige Fazialislähmung nach Trauma. Links war der
I. und II. Trigeminusast gelähmt. Es trat Keratitis neuroparalytica auf.
Culbertson (733) beobachtete eine junge Dame, die vor 6 Jahren überfahren worden
war mit linksseitiger Fazialis-Trigeminuslähmung und Kerat. neurop.
Lüderitz (572) beobachtete bei einem 534 jährigen Kinde multii)le Tuberkel in der
Hirnrinde, im S'eh- und Streifenhügel, der Medulla oblongata und im Pons. Es bestand rechts
Trigeminus-Faziaiislähmung und Keratitis neuroparalytica.
Bange (573). 4^/2 jähriges Kind. Nach außen am linken Corp. restiforme ein nuß-
großer Tuberkel sich in die linke Brückenhälfte und den linken Brückenarm hineinerstreckend.
Nach außen von diesem Tumor ein zweiter bohnengroßer. Der linke Fazialis, Akufctikus
und Vagus sind in der Geschwulst aufgegangen. Links Fazialislähmung.
Substanzverlust der linken Kornea.
Petrina (515). Taubeneigroßes Neurom des rechten N. acusticus. Erweichung der
rechten Kleinhirnhemisphäre, des rechten Crus cerebelli ad pontem, der rechten Brücken-
hälfte. Abplattung des rechten Peduncul. cerebri. Sensibilität rechts im Gesicht und an
den Extremitäten vermindert, Parese der rechten Körper- und Gesichtshälfte.
Exophthalmus duplex.
Trübung der rechten Kornea.
Laqueur (734) sah eine neuroparaly tische Keratitis mit totaler Anästliesie
der Kornea und Konjunktiva bei einem 31jährigen Manne, der nach einer Angina tonsillaris
mit rechtsseitiger Fazialis-Trigeminuslähmung, dann Abnahme der Muskelkraft der
oberen Extremitäten erkrankt war. Die Affektion begann am dritten Tage nach Auftreten
der Anästhesie und endete mit vollständiger Schmelzung der Hornhaut und großem Iris-
prolaps. Die Fazialisiaaralyse ging gänzlich zurück, auch die Sensibilität stellte sich in
einzelnen Hautpartien wieder her.
Carpani (574). 40jähriger Mann. Im rechten Kleinhirnstiel nahe der Brücke ein
bohnengroßes Fibrom.
Rechts Fazialis- und Abduzens-Lähmung.
Rechts Keratitis neuroparalytica.
Bernhardt (580). Rechts Fazialislähmung. Parese der linken Extremitäten.
Rechts Abduzenslähmung. Links Lähmung des Rectus int. Rechts Keratitis neuro-
paralytica. Die nach der Med. oblong, zu gehende Partie der rechten Ponshälfte, sowie
die rechte oberhalb der Pyramidenkreuzung gelegene Hälfte der Med. oblongata selbst von
gliomatösen Massen eingenommen. Rechts weiter unten der Kleinhirnlappen kompi-miiert.
Von bes(mdereni Interesse ist auch der Fall Koshewnikow (735):
Beiderseits Trigeminuslähmung. Die Keratitis neurop. trat auf dem linken Auge
auf, wiewohl dessen Anästhesie verhältnismäßig schwach ausgeprägt war, während
auf der anderen Seite totale Anästhesie bestand. ,,Daß die linke nicht so sehr
anästhetische Hornhaut an Keratitis neurop. erkrankte, ist wohl darauf zurückzuführen,
daß hier infolge kompletter Fazialislähmung die Lider keinen reflektorischen Schutz ge-
währen konnten."
Die tropliiscli-traumatisclio Tlioorie. 241
In den folgenden klinisclien Beobachtungen t'indin wir hcsoiidcrs lu^r-
vorgehoheii. daß die Hornliautaffektion gciade im Lidspalteiiteilc sich liaupt-
sächhch lokalisiert liatte.
Schmidt-Ri mplcr (727). (W jiUiiii;t>r. an l^ipiK-nkrchs leidender Patient, zeigte
vollkommene Anästhesie des I. und II. Trigeminusastes und Lagopht hal m us. Ks wiirdo
ein längs der Lidspalte verlaufender Epi thel Verlust der Hornhaut von eigentüm-
lichem, trockenem Aussehen ))eohachtet. an dessen Ende sich immer von neuem gelbe Fäden
ansetzten, die ziendich viel Mikrokokken enthielten. Tension verringert. Perforation. Iris-
})rolaps. Heilung.
Oppen hei m (345). Tumor in der linken i'onshälfte. Anästhesie im ohcrcn Aste
des linken Trigeminiis. Trübung der linken Hornhaut in ihici- unteren Haltte.
Doppeltsei tige Fazialislähmung. Vgl. 8. 108.
Fenger (323). 57jährige Frau. Rechts Fazialislähmung. Sensibilität der rechten
Seite des Gesichts sehr abgeschwächt. Die Hornhaut trübe und an ihrem unteren Teile
im Umfange von zwei Linien ulzeriert. Auge durch Perforation verloren. Das rechte Gan-
glion Gasseri sehr vergrößert, verdickt und verhärtet. Die drei Äste des Trigeminus waren
bis zu ihrem Austritt aus dem Keilbein an-vehnlich verdickt. An der hinteren Fläche des
Felsenbeins die Dura sehr verdickt und degeneriert; durch sie hiruhireh nehmen der Fazialis
und Akustikus ihren Verlauf.
Annan (482). Rechts Gesichtslähmung, Gefühllosigkeit auf der rechU^n
Gesichts- und linken Körperhälfte. Das Auge war stets geöffnet. Ulzeration der Horn-
haut. Tumor an der rechten Seite des Pons und den oberen zwei Dritteln der Medulla
oblongata; Erweichung aller von ihm berührten Stellen und Nervenwurzeln.
de Schweinitz (690). Lähmung des linken Fazialis. Links absolute Anästhesie
der Hornhaut und Konjunktiva. Perforation der unteren Hornhauthälfte mit Prolaps der Iris.
Bei den folgenden Beobachtungen von Keratitis neuroparalytica bestand
zwar keine Fa: ialislälnnung, die Affektion trat aber doch im Lidspaltenteile
der Hornhaut auf.
Parisotti (144) sah bei einer schwangeren, heruntergekommenen Frau Keratitis
neuroparalytica auftreten. Die Hornhaut war unempfindlich. Das obere Drittel
derselben war durchsichtig, das mittlere ulzeriert, das untere infiltriert. Die unempfindliche
Hornhaut ulzerierte da, wo sie durch die Lider wenig geschützt war. Das mittlere, ulzerierte
Drittel grenzte sich gegen das obere und untere mit gerader horizontaler Linie, der Lidspalte
entsprechend, ab.
A. V. Hijjpel (500). Linke Gesichtsseite herabgesetzte Empfindlichkeit, linker Bulbus
total anästhetisch. Links totale Lähmung des Okidomotorius. Abduzens und Akustikus.
Cierade in der wegen Ptosis verengten Lidspalte liegt der durch Keratitis neurop.
affizierte Teil der Hornhaut. Perforation der Kornea.
Francke (736). Lues. Rechts totale Trige minusanästhesie. Das rechte Auge
zeigt starke Chemosis, weißer Abszeß der Hornhaut im Lidspalten tei 1 mit grauem
Hofe und oberflächlicher L^lzeration.
Kuthe (764). Rechts komplette Trige minusläh mung. Nachdem das vollkommen
unempfindliche Auge bei vermindertem Lidschlage acht Tage lang unverbunden geblieben
war, zeigten sich die ersten Spuren von Hornhauttrübung im Li dspalten teile.
Bruns (737). Multiple Nervenlähmung nach Basisfraktur. Links Mydriasis und
Ptosis. Später A\airde die linke Hornhaut an ästhetisch, durchweg getrübt, zeigte ein
liegendes, ovales, typisches Lidspaltengeschwür, dabei leichtes Hj-popyon. Links-
seitige totale Trigeminusläh mung.
Rechts Fazialislähmung und Sehstörung.
§ 229. Bei denjenigen khnischen Beobachtungen von Trige minus-
läh mung, bei Welchen trotz bestehendem Lagophthalmus keine
Wilbrand-Saenger, I^eurologie des Auges. II. Bd. I. Abteilung. 16
242 Die trophisch-traumatische Theorie.
Keratitis neuroparalytica zur Entwicklung kam, müßte man hinsichtlich der
Unterordnung dieser Fälle unter die trophisch-traumatische Theorie
annehmen, daß durch die Krankheitsursache zwar die übrigen Fasern des
Trigeminus lädiert worden, die tiophischen al)er intakt geblieben seien.
Fälle von Trige minusläh mung mit Lagophthal mus, ohne daß es
während der Beobachtungszeit zu Erscheinungen von Keratitis
neuroparalytica gekommen war.
Duchek (527). Großer Tuberkel nacii innen vom Ursprung des Trigeminus. Ab-
nahme der Sensibilität der linken Gesichtshälfte. Linker Fazialis gelähmt.
Rechts Bein und Arm paretisch. Pupillen eng. Amblyopie.
Krause (1. c. S. 64). In einem Falle war bei der vorausgegangenen peripheren
Trigeminusresektion der obere Ast des Fazialis durchschnitten worden. Es bestand daher
Lagophthal mus paralyticus. Seit der Exstirpation des Ganglion Gasseri ist jetzt ein
Jahr vergangen. Auch in diesem Falle ist es niemals zu einer Entzündung der Horn-
haut gekommen, obwohl die Lähmung des oberen Fazialis fortbestand.
V. Oettingen (738). Kornea klar, aber anästhetisch. Chemosis der Binde-
haut. Lagophthal mus. Totale Ophthalmoplegie. Die Fazialislähmung unbestimmten
Datums. Pulsierender Exophthalmus.
Berger (739) sah eine Lähmung des rechten Akustikus, Trigeminus und Fazialis
durch Felsenbeinkaries bei einem 7jährigen Skrofulösen ohne Keratitis neuro p.
auftreten.
Scheier (740). Schädelbasisfraktur. Verletzung des rechten Trigeminus und
Fazialis. Obwohl Lagophthal mus bestand, das rechte Auge Tag und Nacht offen blieb
und nicht geschlossen werden konnte, das Auge ganz anästhetisch war, also sämtlichen
Schädlichkeiten, wie Staub usw. ausgesetzt war, ohne daß der Kranke es merkte, trat keine
trophische Störung im Auge ein während der vier Monate nach dem Unfälle, wo die
Lähmung des Trigeminus als eine vollkommene sich erwies.
Tooth (331). Lues. Lähmung der sensiblen und motorischen Zweige des
linken Trigeminus. Auch Abduzens und Fazialis der linken Seite wurden gelähmt.
Im Stamme des linken Trigeminus ein Gumma, das auf den Fazialis und Abduzens
drückte. Der sensible Teil des Trigeminus bis zu seinen letzten Endigungen im Kern
völlig degeneriert.
Fischer (.52.5). Gefühl in der rechten Gesichtshälfte abgestumpft. Rechts
Fazialislähmung. Rechts Abduzenslähmung. Neben dem Türkensattel ein Tumor, das
Ganglion Gasseri und die Zweige des Trigeminus einschließend.
Blessig (528). Lues. Beide Recti externi paretisch. Anästhesie des rechten
Trigeminus. Rechter Fazialis gelähmt. Walnußgroßes Kystosarkom an der Hinter-
wand des rechten Felsenbeins, den Pons und unteren vorderen Teil des rechten Zerebellum
komprimierend.
Stunde (529). Rechts Abduzens, Rectus sup. und infer. paretisch. Rechter P'a-
zialis paretisch. Anästhesie der rechten Gesichtshälfte. Zwischen Pons und
Felsenbein am uftteren vorderen Rande des Kleinhirns ein walnußgroßes Kystosarkom.
Rechte Ponshälfte atrophisch.
Webber (.589). Anästhesie der linken Wange und des link(>n Auges.
Links Lähmung der Kaumuskeln. Lähmung des linken Fazialis. Linke Pupille
kontraliiert. Zwei walnußgroße Abszesse im linken Kleinhirn, die sich aus einem (Jliom
entwickelten.
Die tro])liiscli-tranniatisclie Tlioorio. 243
Rosi'iitlial (57!)). I.,;i li in u iii^ des linken Fazialis. Parosc der rechten Kx-
tremitäten. Anäst liesi c der Zunj^e, des Zahn fleisches und der\Vanj.M' links. Auf
der linken Hälfte des Pons ein höckeriger, nnfJgroßer Tumor, der sicli liis zum Kleitiliirn-
sehenkel ausdehnte und den Trigeminus, Fa/.ialis und Akustikus der linken Seite komprimierte.
("antani (öSf)). Sensibilität der rechten (iesich tsliä If te vermindert, i-echts-
seitige Fazialis- und Exti-emitäten-Lähmung. Zwei verkä-fte Tuberkel im vorderen Teile
der linken Ponshälfte, fast bis zur Brückenmitte reichend.
J^a Utenbach (346). Gumma der linken Ponshälfte. Hirnhäute sehr verdickt. An-
ästhesie der linken S 1 i in häl f (e. Parese des ganzen linken Fazialis. Links
A bdu zensparese.
Brasch (537). In der rechten Jirückenhälfte traf ein Degenerationsherd die aus-
tretenden Fazialis- und Trigeniinuswurzeln. Die Ganglienzellen des Trigeminus
waren zum Teil degeneriert. Anästhesie in beiden oberen Ästen des rechten Trigeminus.
Friedrich (783). Bei einer Kranken, die eine von einer früheren Operation her-
rührende Fazialisparalyse mit unvollkommenem Lidschluß und chronischer Konjunktivitis
hatte, traten trotz dieser mißlichen L^mstände nach der Exstirpation des Ganglion Gasseri
keinerlei Störungen der Hornhaut auf.
Gairdner (.587). Links Fazialisläh mung. Die linke Konjunktiva ist gefühl-
los. Linker Strabismus converg. paral. Tumor an der Basis des Pons mit Druck auf den
Kleinhirnschenkel und den vorderen Lappen des Zerebellums.
§230. Als klinische Stütze für die tiophisch-tiaumatische Theorie
wäre ferner die große Zahl derjenigen Fälle anzuführen, in welchen eine Ptosis
bestand, und bei denen trotz vorhandener Trigeminuslähmung während der
Beobachtungszeit keine Spur von Hornhautaffektion zur Beobachtung ge-
kommen war. Die Erklärung dieser Tatsache im Sinne der trophisch-trau-
matischen Theorie würde darauf Bezug nehmen, daß der natürliche Schutz
der Hornhaut durch das herabhängende, gelähmte Oberlid das Auftreten
einer Keiatitis neuroparalytica verhindert hätte.
Klinische Beobachtungen von Fällen mit Ptosis und Trigeminus-
lähmung derselben Seite, ohne daß es zur Entwicklung von
Keratitis neuroparalytica gekommen wäre.
Orsi (526). Links Lähmung der Portio minor des Trigeminus. Links Okulo-
motoriuslähmung. Fibrom der Dura am Os petrosum, das linke Ganglion Gasseri drückend.
Rechts Fazialislähmung.
Shaw (597). Tumor an der Basis. Der Augenast des Trigeminus war am meisten
durch die Geschwnilst desorganisiert, auch der Okulomotorius war in ihr Gewebe einge-
schlossen. Es bestand Okulomotoriuslähmung mit Ptosis und Trigeminuslähmung.
Hagelstamm (335). Tumor der mittleren Schädelgrube. Der Okulomotorius, Tro-
chlearis und Abduzens links teilweise von der Geschwulst, im rechten etwas graulich gefärbt.
Das Ganglion Gasseri völlig in der Geschwulst aufgegangen. LinksPtosis undAnaesthesia
dolorosa (Anästhesie partiell).
Wollen berg (263). Totale Anästhesie der linken, fast totale der rechten Kornea
und Konjunktiva. Links leichte Ptosis. Degeneration beider aufsteigenden Trigeniinus-
wurzeln. Geringe Veränderungen im linken Okulomotorius, Trigeminus, Abduzens und
im rechten Okulomotorius.
Adamkiewicz (741). Karzinom der Schädelbasis. Totale Trigeminuslähmung
und Lähmung sämtlicher Augenmuskelnerven, sowie Fazialis-, Akustikus- und
Optikuslähmung.
16*
244 Die trophisch-traumatische Theorie.
Zampa (757). Linksseitige Ptosis. Linksseitige Trigeminusanästhesie.
Uhthoff (758). Lues. Trigeminuslähmung aller drei Äste mit Okulo motorius-
lähmung seit zwei Jahren.
Maggio (743). Links Paralyse des Okulo motorius, des Facialis olfactor. und
Akustikus, sowie der sensiblen Portion des Trigeminus.
Oppenheim (309). Karzinom der Schädelbasis, in welchem das Ganglion Gasseri,
die drei Trigeminusäste, der Okulomotorius usw. eingeschlossen sind. Links Ptosis und
Lähmung aller Augenmuskeln. Anästhesie der linken Gesichtshälfte, der Kon-
junktiva und Kornea.
V. Kepinski (348). Geringer Grad von Anästhesie im Bereich des I. und
IL linken Trige minusastes. Links Lähmung sämtlicher Augenmuskeln. Links Ptosis.
Tumor der Schädelbasis mit Durchbruch in die Augenhöhle.
Mingazzini (406). Links Ptosis und Abduzensparese. Links Trigeminus-
lähmung. Fibrosarkom an der Basis usw.
V. Graefe (599). Anästhesie im Bereiche des rechten Trigeminus.
Lähmung des rechten Okulomotorius usw. Basale gummöse Meningitis. Ganglion
Gasseri und III. und IV. Nerv gedrückt.
Duncan (605). Anästhesie der rechten Gesichtshälfte. Rechts Ptosis.
Gumma an der rechten Ponshälfte.
Wagner (273). Parese des linken Trigeminus. Linker Okulomotorius
gelähmt. Links Gumma zwischen Türkensattel und Felsenbeinspitze. I. Ast des Trige-
minus verdünnt.
Duchek (.388). Die Sensibilität der linken Gesichtshälfte vermindert. Links
Fazialis und Okulomotorius gelähmt. Gumma in der linken Ponshälfte. Die Ursprungs-
stelle des linken Trigeminus durch die syphilitische Geschwulst beeinträchtigt.
Tooth (331). Links Ptosis, Lähmung der sensiblen und motorischen Zweige
des Trigeminus links, sowie des Abduzens und Fazialis. Gummata an der Basis, besonders
am Trigeminus. Der Stamm des linken Quintus vollständig zerstört,
Serrebrinnkowa (328). Links Okulomotoriuslähmung. Parese des linken
Trigeminusastes. Gummöse Neubildungen an der Gehirnbasis.
Rosen thal (261). Links Anästhesie der Conj. corneae, Stirn- und Gesichtshälfte.
Links Ptosis. Gummöse Neubildung und Herde im Pons. Vgl. S. 124.
Westphal (400). Störungen im Bereich beider Trigemini. Die Berührung beider
Corneae erregen keine Empfindung; rechts Ptosis. Chronische Leptomeningitis. Graue
Degeneration der Hinterstränge.
Grabower (395). Starke beiderseitige Degeneration der aufsteigenden Trigeminus-
wurzel und Degeneration des linken Trigeminus bei Tabes. Hochgradige Störungen im
Gebiet des Trigeminus und Okulomotorius usw.
Cassirer und Schiff (610). Hochgradige Degeneration der spinalen Trigeminus-
wurzel bei Tabes. Sensibilitätsstörungen im Trigemimisgebiet. Dojjpelseitige komplette
Ophthalmoplegia inferior und exterior. Degeneration in den Okulomotoriuskerngrujipen.
Pick (275). Links totale Lähnuing des Okulomotorius und Abduzens mit Anaesthesia
dolorosa im Trigeminvisgebiet. Gummata im basalen Teile des Pons usw.
Rivington (742). Verletzung, eiterige Meningitis, Anästhesie der linken Ge-
sichtshälfte und Konjunktiva. Links Ptosis.
Coupland (282). Rechts die Konjunktiva und ein Teil des Gesichts unempfind-
lich. Rechts Ptosis. Thrombose des Sinus cavernosus. Vgl. S. 712.
Rüssel (269). Die linke Kornea anästhctiscli. Links Ptosis. Thrombo-
phlebitis im Sinus cavernosus. Vgl. S. 112.
Brasch (537). Rechts Anästhesie in beiden oberen Asten des Trige minus.
Rechts Ptosis. Kern und austretende Wuizeln des Trigeminus degeneriert. Degeneration
des hinteren Teils des Okulomotoriuskerns.
Die trophisc'h-tra\imatisf}ie Theorie. 245
Cou plaiid (.■)20). Rechts vollständige Ptosis, links inkomplette Ptosis. Die
Sensibilität im (Jesieht iinil an den unteren Extremitäten herabgesetzt. Thrombo-
])hlebitis beider .Sinns eaveniosi.
Da m niron t-Mayer (270). Bedeutende Absehw ach ung der Sensibilität der
Konica. Doppel tsei tige Ptosis. Totale Degeneration des Okulomotorius. In den sen-
siblen Zweigen des Trigeminus waren nur Spuren von Degeneration nachweisbar. Vgl. S. 1 1.3.
Stamm (372). Rechts Ptosis. Rechts Anästhesie der Konjunktiva und
unteren Gesichtshälfte. Tumor an der Basis. Vgl. S. 118.
Rothmann (33;>). iicelits Ptosis. Lähmung des 1. und 11. Trigcminus-
astes rechts. Karzinom an der Basis. Vgl. S. 12S.
Hcilop (.■)24). Links Anästhesie des Auges und der Uesichtshälfte. Links
Ptosis. Links (ianglion (Jasseri und Augennniskelnerven in einem Tumor aufgegangen.
Cooper (359). Lues. Lähmung des Okulomotorius. des L Astes des Trige-
minus, des Trochlearis und Abduzens.
§ 281. Bei denjenigen Fällen von Ptosis mit Trigeniinuslähnnuig aber,
lici Avck'hcn trotz des durch das Herabhängen des Lides ausgeübten Schutzes,
der Hornhaut dennoch eine Keratitis neuroparalytica zur EntAvicklung ge-
kommen war, müßte dann, sofern dieselben der trophisch -traumatischen Theorie
untergeordnet werden sollen, eine Erkrankung lediglich der trophischen Fasern
im Trigeminus angenommen werden.
Fälle von Trige minusläh mung, bei welchen trotz einer Ptosis
eine Keratitis nruioparalytica sich gebildet hatte.
Fedorroff (744). Sclniß in die Schläfe. Trotzdem das Auge durch eine Ptosis vor
der Vertrocknung geschützt war, entstand eine rapid verlaufende Keratitis neurop.,
welche rasch zur Einschmelzung der Hornliaut führte. Mit dem Moment der beginnenden
Anästhesie des Bulbus war schon die Hornhaut des Patienten gegen schädliche Rei-
zungen von außen her durch komplette Ptosis geschützt; ferner war das Auge während der
übrigen Tage außerdem noch durch antisej^tische Verbände bedeckt. Man muß noch hinzu-
fügen, daß das Auge während der ganzen Zeit durch die Tränenausscheidung feucht
gewesen Avar.
Dinkler (3.54). Lähmung des rechten Trigeminus, Lähmung des rechten
Okulomotorius. Rechts Keratitis neuroparalytica. Vgl. S. 111.
Stedmann und Edes (602). Patient litt seit zwei Jahren an Parese des rechten
Quintus und Okulomotorius mit Keratitis neuroparal. Lues. (Basilare gummöse
Meningitis.)
Labarriere (283). Links Ptosis und Okulomotoriuslähmung. Anästhesie der
linken Gesichtshälfte. Konjunktiva usw. Links Keratitis neuroparal. Lues. Der linke
Trigeminus namentlich in seinem Ramus ophthalmicus atrophisch. Vgl. S. 94.
James Adams (341). Rechts Ptosis. Die rechte Supraorbitalgegend sowie die
rechte Xasenseite und Xasenschleimhaut waren völlig gefühllos. Rechts Keratitis
neuroparalytica. Aneurysma des Sinus cavernosus. Vgl. S. 107.
Morton (340). Lähmung des III., IV. und VI. Gehirnnerven und teilweise Lähmung
des rechten Ramus ophthalmicus X. trigemini. Die Medien des Auges trübe.
Meningitis basilaris und Ruptur der Carotis int. im Sinus cavernosus. Vgl. S. 107.
Liouville iind Longet (530). Kompression des rechten Okulomotorius durch einen
Tumor. Anästhesie der rechten Gesichts- und Zungenhälfte. Rechts Fazialislähmung.
Lähmung aller Augenmuskeln mit Ptosis. Rechts Keratitis neuroparal.
246
Die trophisch-traumatische Theorie.
PI c hl er (745) fand bei einer Schädelbasisfraktur linksseitige Fazialis- und Trige-
minuslähmung, Ptosis und Keratitis neuroparaly tica bei fast vollständiger Un-
beweglichkeit des Bulbus und Taubheit.
Dreschfeld (294). Paralyse des rechten Okulo motorius. Keratitis neuro-
paraly tica rechts. Tumor an der Basis, welcher den II., III., IV. und VI. und den Ra mus
Ophthal micus des Trige minus komprimiert hatte. Vgl. S. 93.
A. Rosenthal (373). Links Ptosis. Neuralgie und Anästhesie des linken
Trigeminus mit Keratitis neuroparal. Tumor am Ursprünge des linken Quintus mit
Druck auf den Sinus cavernosus und den linksseitigen Okulomotorius.
Bell (321). Links Ptosis, Starrheit des Bulbus, Anästhesie und Neuralgie der
linken Gesichtshälfte. Basaler Tumor, welcher den N. oculomot., Trochlearis, Trigeminus
und Abduzens eingeschlossen und zur Atrophie gebracht hatte. Vgl. S. 93.
Fig. 43.
Fig. 44.
H. M. Links: Lähmung des Fazialis und Trigeminus. Keratitis neuroparaly tica. Ophthalmo-
plegia totalis. Protrusio bulbi. Wahrscheinlich Tumor an der Fissura suj^raorbitalis.
Henry Power (746). Links Lähmung des L , IL, IIL, IV., V., VI., V'IL, VIII. und
XII. Nerven. Links Keratitis neuroparal. Syphilitischer Tumor.
Leudet (285). Links Anästhesie der Gesichtshälfte und Konjunktiva.
Links Lähmung des Okulomotorius. Links Keratitis neuroparal. Basale gummöse
Meningitis. Vgl. S. 127.
Ginsberg (615). Herpes zoster ophtli. Am fünften Tage nach der Emption Parese
des Okulomotorius mit Ptosis. Keratitis neuroparaly tica noch vor dem gänzlichen
Erlöschen der Hornhautsensibilität.
Schech (747). Rechts Okulomotorius- und Abduzenslähnmng. Rechts totale
Anästhesie. Rechts Keratitis neuroparal. Basaler Tumor.
Simon (370). Links Lähmung des Abduzens und Okulomotorius. Heftige
Neuralgien im Bereiche des linken Trigeminus. Trübung der linken Hornhaut.
Basaler Tumor, welcher in die Fissura orbital, super, vorgedrungen war.
Die tropliiscrli-traumatische Theorie. 247
Hi Isc liiiia II 11 (.198). Rechts Ptosis. Rechts '.rri^M' iiii ii iislä h nuiiij,', reclits
Keratitis Jicuro puraly tica. Basale gummöse Meningitis.
Westphal (595). Rechts Trigeminuslähmung und Okiilomotoriusiähmiing mit
Ptosis. Rechts Keratitis neuroparal. Basale g\immöse Meningitis.
ßrvins (737). Rasi-fraktnr. Links Ptosis, links Trige min usiä h nnnig. links
Kerati tis neuroparal.
Lukscli (749). Nach i)ipl(i|)ie mit IMosis trat eine streifige Keratitis mit kleinem
Substanz Verlust hei vollständiger Anästhesie dei' Kornea auf. Parästhesie der linken
(jiesichtshälfte und heftige Neuralgien im III. Ast des Qiiintus.
Soulier (608). Lähmung des rechten Okulomotorius. .Vnhaltenck' Schmerzen in der
anästhetischen rechten Gesichtshälfte. Rechts Keratitis neu roparaly tiea.
Sarkom der rechten Ponshälfte an der Austrittsstelle des N. trigeminus.
Eigene Beobachtung. In dem von uns Band I S. .31.'i näher btvchriehenen Falle,
dessen Abbildung wir in Fig. 43 und 44 geben, mit Ptosis, Fazialis-Trigeminuslähmung
und völliger Anästhesie der Hornhaut bestand in der Mitte der Hornhaut anfänglich
ein oberflächlicher, allmählich kraterförmig bis zur Descemetschen Membran sich erstrecken-
der, quer ovaler Substanzverlust. Die Oberfläche der übrigen Hornhaut war getrübt.
§ *23'2. Unter der gleichen Auffassung, daß nämlich die trophischen
Fasern im Trigeminus lädiert worden wären, und daß deshalb trotz sofortigen
Schutzverbandes dennoch eine Keratitis neuroparalytica zur Entwicklung
gekommen S(»i , würden auch die folgenden Fälle hier hin zu zählen sein.
Schmidt-Rimpler (727) beobachtete einen Fall von Trigeminuslähmung bei
dem trotz Schutzverbandes und Zunähen der Lidspalte eine Keratitis neuropara-
lytica, Perforation imd Irisprolaps erfolgte.
In der Beobachtung Alexanders (696) mit Trigeminuslähmung war trotz
sorgfältigen Verschlusses des Auges durch einen gut schließenden Druckverband ein
Ansteigen der Keratitis zu bemerken.
Kroll (751). Herpes zoster ophth. Anästhesie im Bereiche des I. Trige minus-
astes. Kornea absolut anästhetisch. Trotz Anwendung des Okklusivverbandcs und
trotzdem die Patientin stets im Bette lag und das Auge beständig geschlossen hielt, trat
eine schwere Keratitis neuroparalytica auf.
Galle maerts (752) exstirpierte bei einer 56jährigen Frau wegen heftiger Neuralgie
das Ganglion Gasseri. Das Auge luid die Wunde blieben verbunden. Am 11. Tage bemerkte
man bei der Abnahme des Verbandes Trigeminusparalyse mit einem kleinen Ulcus corneae.
Dieses besserte und verschlimmerte sich abwechselnd. Später L^lcus corneae mit Vaskulari-
sation. Dann und wann kleine Konjunktivalblutungen.
Lor meint, daß die Ulzeration in diesem Falle durch den Druck des
Verbandes hervorgerufen worden sei.
Von diesem Gesichtspunkte aus könnten im Simie der trophisch-trau-
matischen Theorie auch die Fälle von Trigeminuslähmung erklärt werden, bei
welchen trotz der Ptosis Keratitis neuroparalytica aufgetreten war. indem
der leichte durch die Ptosis verursachte Druck auf die Hornhaut schon hin-
reichend gewesen wäre, die Keratitis zu erzeugen.
§ 233. Bezüglich der Unterordnung derjenigen Fälle von Trigeminus-
läsion unter die trophisch-traumatische Theorie, bei welchen trotz erhalten
gebUebener Sensibilität der Kornea eine Keratitis neuroparalytica zur Ent-
^\^cklung gekommen war, müßte man dann amiehmen, daß bei denselben die
trophischen Fasern allein affiziert worden seien, während die sensiblen Fasern
des Trigeminus frei gebheben wären.
248 Die trophisch-traumatische Theorie.
Fälle von Trige minu^^läsion, bei welchen trotz erhalten ge-
bliebener Sensibilität der Kornea eine Keratitis neuioparaly tica
zur Entwicklung kam.
Sae misch (469) beobachtete einen Fall von Trigeminuslähmung, bei welchem trotz
Auftreten einer Keratitis neiiroparal. die Hornhaut empfindlich geblieben war.
Landolt (360). Nach einer Neurotomia optico-ciliaris verschwand die Sensibilität
der Kornea, kehrte aber nach einigen Tagen zurück und es entstand ein Hornhautgeschwür.
Graff (402) berichtet über einen 36jährigen Mann, welcher an progressiver Para-
lyse auf luetischer Basis litt und zugleich die Erscheinungen einer linksseitigen Hemiatrophia
facialis progressiva darbot.. Im Verlauf der Erkrankungen traten Blutungen aus der Binde-
haut auf und links die Erscheinungen einer Keratitis neuroparalytica ohne .Sen-
sibilitätsstörungen.
Auch der Beobachtung Koshewnikows (551) wäre hier Erwähnung zu tun, bei
welcher die Keratitis neuroparalytica auf dem linken Auge auftrat, dessen Anästhesie
verhältnismäßig schwach ausgeprägt war, während auf der rechten Seite totale
Anästhesie bestand. ,,Also genügt der Verlust der Empfindlichkeit nicht, um eine Ent-
zündung des Auges zu erzeugen ^)."
§ 234. Bei den Fällen von Hyperästhesie im Tri ge minus gebiete
und Auftreten einer Keratitis neuroparalytica müßte dann im Sinne der
trophisch-traumatischen Theorie derselbe Herd im Verlaufe des Trigeminus
eine Reizung der sensiblen Bahnen und zugleich eine Lähmung der
trophischen Faserzüge dessell)en l)ewirkt haben.
Fälle von Hyperästhesie im Trige minusgebiet mit Keratitis
neuroparalytica.
Genkin (290) berichtet über einen 70jährigen Psychopathen, welcher lange an
beiderseitiger Trigeminusneuralgie gelitten hatte, daß plötzlich in der Zeit, wo noch
keine Anästhei-ie, sondern eine Hyperästhesie des linken Trigeminus bestand, ohne
äußere Ursache am linken Auge einer Ulcus corneae aufgetreten sei, das sehr rasch zur
Destruktion der Hornhaut fülirte. Bei der Obduktion wurde eine Neubildung syphil. Ur-
sprungs gefunden, die auf den linken Trigeminus drückte.
Poncet (759) beobachtete bei einer Trigeminusneuralgie die Entstehung eines
Hornhautgeschwürs und stellt den Fall den experimentellen Ergebnissen bei Trigeminus-
verletzung gleich.
Simon (370). Heftige Neuralgien im Bereich des linken Trigeminus. Links
Trübung der Hornhaut. Spindelzellensarkom an der linken Hälfte der Basis cranii,
welches durch die Fissura orbital, super, in die linke Augenhöhle vorgedrungen war und
hier die Augenmuskelnerven, s-owie den Sehnerven umschlossen hatte. Vgl. S. 117.
§ 235. Bei denjenigen klinischen Beobachtungen, bei welchen trotz
vollständiger Anästhesie der Hornhaut während der Dauer der Beoliachtungs-
zeit oder bis zum Tode des Ijetreffenden Individuums eine Kei'atitis neuro-
l)aralytica nicht aufgetreten war, würde man ebenfalls nach (Um Sinnt' der
^) Auch auf den FaW Ginsberg 8. 248 dürfte liier noch einmal zu verweisen sein,
bei welchem die Keratitis neuropaialytica noch vor dem Erlöschen der Hornliautsensibilität
aufgetreten war.
Die trophiscli-traiimatische Theorie. 249
trophiHcli-traumatischeii Tlicovic iiniicliiiicn inüssci], daß tj'()))liisc,li(" und soii-
sil)lt' Fascrzüfjfc im Trigeniimis getrennt voiiel'eii und liicf nur die 1^ tzteicn
ai't'iziert wuideii seien.
l^'älle, in welclien tioiz v ol Is t ;i nd i gel' Anästhesie der Koinea
keine Keiiititis nemo}).! ralyti ca zui' J'jIi twi ckl ung gekonnnen ist.
Dciiti (700) beobaclitete durc-h Uängerc Zeit bei einem I7jälui|.'en liauern voll-
kommene Anästhesie im Bereiclie des reehten Trigeniimis infolge (.Jehirntumors, ohne
daß auf der Kornea des betreffenden Auges irgendwelche trophisehe Störungen auf-
getreten Avären.
Long und Egger (.'5.36). Über die ganze linke Ck'sichtshälfte ausgebreitete Sensi-
bilitätsstöning nach Trigeniinusaffektion.
Von neurojiaralytischer Keratitis fand sieh keine Spur trotz vollständiger An-
ästhesie der Kornea und Konjunktiva, hingegen wanden öfters auf der linken (iesichtshälfte
vasomotorische Störungen beobachtet.
Auch Seydcl (7ö9) teilt drei Fälle von Trigeminuslähniung mit, bei welchen die
Hornhautanästhesie über Monate bestand, ohne daß Keratitis neuroparalytica auf-
getreten wäre.
Müller (259). Eine rechtsseitige Hemiplegie und Hemianästhesie war nach einem
apoplektisehen Insult eingetreten. Konjunktiva und Kornea waren vollständig an-
ästhetisch. Keine Keratitis neuro p.
Sc hei er (761). Schädelbasisfraktur. ,, Obwohl Lagophthalmus bestand, das rechte
Auge Tag und Nacht offen stand und nicht geschlossen werden konnte, das Auge ganz
an ästhetisch war, also sämtlichen Schädlichkeiten, wie Staub usw. ausgesetzt blieb, ohne
daß der Kranke es merkte, trat keine trophisehe Störung am Auge ein, während der 4 Monate
nach dem Unfälle, wo die Lähmung des N. trigeminus eine vollkommene war (außer dem
motorischen Aste)."
Berger (739). Lähmung des rechten Akustikus, Trigeminus, Fazialis durch
Felsenbeinkaries bei einem 7 jährigen Skrofulösen ohne Keratitis neurojiaral.
Laplace ^364). lOjähr. Knabe. Eine abgebrochene Rappierklinge war durch die
Fissura orbital, sup. in die mittlere Schädelgnibe gedrungen. Das Auge war unverletzt.
Anästhesie des linken Auges und Abduzenslähmung blieben nach der Operation zu-
rück. Keine Keratitis neurop.
Friedenwald (762) beobachtete bei einer Kompression des Kopfes durch die Puffer
von Eisenbahnwagen eine Lähmung beider Abduzentes verbunden mit einer solchen der
sensiblen Portion des rechten Trigeminus ohne Keratitis neurop.
Denig (763). Verletzung durch stumiife Cilewalt. Links Sensibilitätsstörungen im
Gebiete des Trigeminus mit Abflachung der Wange und vasomotorischen Störungen. Keine
Keratitis neurop.
Thompson (358). Vollständige Lähmung der Augenmuskeln der einen Seite mit
Anästhesie des Bulbus und der Haut im Bereiche des Frontalis bei leichtem Exophthalmus.
Keine Keratitis neuroparal. Heilung.
Anderson und Gunn (823). Lähmung des linken Rectus extern., des linken Qua-
drieeps femoris und der Schulterblattmuskeln. Anästhesie im Bereiche des linken
Trigeminus und Atrophie der motorischen Partien desselben. Keine Keratitis
neuroparalytica.
Adamkiewicz (289). 51 jähriger Offizier. Völlige Anästhesie im Gebiete der beiden
Trigeminifund zwar aller Äste links, und des I. und eines Teils des II. Astes rechts. Keine
Keratitis neurop. Vgl. S. 88.
250 Die trophisch-traumatische Theorie.
Der folgende Fall stellt ein Beispiel für die zahlreichen Beobachtungen
dar, in welchen die Keratitis neuroparalytica überhaupt zur Heilung kam
und nicht zur Zerstörung der Hornhaut gefülirt hatte.
Blessig (347). Während die Anästhesie der Kornea unverändert fort-
bestand, ging die Keratitis neuroparalytica wider Erwarten zurück. Der Epitheldefekt
verkleinerte sich, die Trübung hellte sich zum größten Teile wieder auf und nach Ablauf
von 4 — 5 Wochen vom Beginn der Keratitis an gerechnet, war letztere mit Hinterlassung
eines unbedeutenden Hornhautfleckes geheilt. .Sektion: Die mittlere Schädelgrube von (gum-
mösen Massen ausgefüllt, die durch die Fissura orbitalis hineingewuchert waren. Vgl. S. 108.
Im Sinne der trophisch-traumatischen Theorie müßte man zur Erklärung
derartiger Fälle annehmen, daß die trophischen Fasern im Trigeminus durch
den Herd nur teilweise lädiert und im Verlaufe der Beobachtung wieder teil-
weise oder ganz leitungsfähig geworden wären, ein Umstand, dem dann die
baldige Heilung der Keratitis neuroparalytica zu verdanken gewesen wäre.
Auch die folgende Beobachtung Feuers (772), worin er einen Fall von einseitiger
Trigeminuslähmung mitteilt, bei dem wegen eines nach einer Keratitis neuroparal. zurück-
gebliebenen Leucoma adhaerens erst eine Iridektomie, drei Jahre später eine Graefesche
Extraktion und nachher noch eine Iridektomie und eine Tarsoraphie auf der gelähmten Seite
gemacht worden war, würde hierher gehören. Sämtliche Operationen waren überraschend
schnell geheilt, und hatten somit bewiesen, daß infolge der Trigeminusläsion die Wider-
standsfähigkeit des Auges eigentlich nicht geschwächt war.
Gemäß der trophisch-traumatischen Theorie würde man diesen Fall
■dann so erklären, daß anfänghch eine Affektion der trophischen Fasern im
Trigeminus bestanden habe, wodurch die Keratitis neuroparalytica gesetzt
worden sei. Im weiteren Verlaufe wäre das krankhafte Agens geringer ge-
worden oder geschwunden, wodurch ein Teil der trophischen Fasern sich
wieder erholt und dann auch bei den Operationen die Widerstandsfähigkeit
der Kornea sich wieder normal gezeigt habe.
§ 236. Diejenige Keihe klinischer Beobachtungen, bei welchen erst nach
längerem Bestände der Kornealanästhesie die Keratitis neuropara-
lytica zur Entwicklung gekommen war, würde dann im Sinne der trophisch-
traumatischen Theorie so zu erklären sein, daß durch den krankhaften Prozeß
zunächst die sensiblen Bahnen ergriffen worden seien, und dann erst allmählich
derselbe auch auf die trophischen Bahnen übergetreten wäre.
Fälle mit spätem Auftreten der Keratitis neuroparalytica nach
längere m Bestände der Kornealanästhesie.
Francke (736). Fall I: Im März 1880 Kornea völlig anästhetisch. Im August 1882
neuroparalytische Hornhauterosion trotz lange bestandener Ptosis. Es war also in diesem
Fall zwei Jahre lang vor dem Auftreten der Keratitis neuroparalytica schon Hornhaut-
anästhesie vorhanden.
Fall II: Zwischen der Anästhesie und der neuroparalytischen Keratitis sind fast
2Y2 Jahre verstrichen.
Hirschberg (362). In einem von diesem Autor beobachteten Falle blieb die Horn-
haut 4 Jahre lang klar. (Näheres über diesen Fall siehe Band I, S. 416.)
Die trnpliiscli-traumati.sfhe Theorie. 251
In einem anderen Falle Hirscli hciys betrug das Intervall 10 Monate.
Bei einem dritten Falle betrug das Intervall mir eine Woche.
Jany (404). Hier bestand seit Februar Gefühllcsigkcit, im .ruli trat die Kera-
titis auf.
I'iifahl (7().'>). Bei einer alten h'iau kam eine Keratitis nciit(>|)atal. erst .'5 Jahre nach
Kintritt der Hoi'nhautanästhesie zum Ausbruch.
Xicden (7(50). 2Y2 Monate nacli Kintritt der Trigemiiuislähmung zeigte sicli die
Hornliautaffektion.
§ 237. G('0('ii diese t)0))liiscli-traumatische l'heorie, nach welcher
sich, wie \y\y gesehen haheti, ein großer Teil der klinischen Bcohachtungen,
Wenn ;tuch manchmal gezwungen, erklären läßt, sind jedoch gleichfalls be-
griuuletc ^^ i<lcrsi)riiche erhöhen Avoideii.
Jene zuerst von Büttner und Meißner (vgl. S. 234) vertretene An-
sicht, daß nur die Durclischneidung der medialen Portion des Trigeminus,
welche die trophischen Fasern enthalten solle, die neuroparalytische Keratitis
nacli sich ziehe, konnte schon durch die Sektionsprotokolle von Feuer und
V. Hippel nicht bestätigt werden. Ersterer fand in fünf Fällen, in welchen
Keratitis aufgetreten war, nur die laterale Portion durchschnitten, letzterer
führt zwei Fälle von Keratitis an, wo die medialen Fasern vollständig intakt
gebheben waren. Das gleiche wurde in Fällen Ollendorffs beobachtet.
Auch fünf Fälle Öenftlebens (767). in denen das mediale Faserbündel im
Trigeminus unverletzt geblieben war. und doch die Entzündung jedesmal auf-
trat, sprechen gegen diese Theorie. E. v. Hippel (704) kam nach seinen
Experimenten zur Ansicht, daß eine ver minderte Widerstandsfähigkeit
gegen Traumen nicht bestehe. Der Aiistrocknung sei al)er ein un-
empfindliches Auge mehr ausgesetzt, als ein normales.
Eine ganz besondere Bedeutung gegen diese Theorie beanspruchen
jedoch die Erfahrungen Krauses nach Exstirpation des Ganglion Gasseri.
Zwar gibt Krause an (1. c. S. 69), daß gegenüber entzündungserregenden
Einflüssen eine verminderte Widerstandsfähigkeit auf der operierten
Seite vorhanden zu sein scheine, es trete hier leichter Entzündung der Horn-
haut ein, als auf der gesunden Seite usw. Dem w^iderspricht aber direkt der
Anfang des gleichen Absatzes, wo er sagt ..damit ergeben meine Beobach-
tungen, daß beim Menschen der bloße Ausfall des Trigeminuseinflusses keine
Störungen irgendwelcher Art herbeiführe. Es bedürfe auch trotz
der vollständigen Anästhesie keiner besonderen Schutzmaßregeln, um das Auge
vor der gefürchteten Keratitis zu bewahren."
Auch die auf S. 251 erwähnte Eeihe kHnischer Beobachtungen mit
einer vollständigen Anästhesie der Kornea von langem Bestände,
ohne daß es zur Entwicklung von Keratitis neuroparalytica ge-
kommen war, lassen sich doch nur sehr gezwungen zugunsten der
trophisch -traumatischen Theorie verwerten.
252 Die vasomotorische Theorie.
c) Die vasomotorische Theorie (vgl. 8. 59).
§238. Schiff (716) nahm anfangs eine durch die Durch>chneidung des
Trigeminus bewirkte Lähmung der Gefäßnerven, und infolge davon
Erweiterung der Gefäße selbst und Entzündung an. Die Entzün-
dung sollte ohne jede äußere Veranlassung entstehen können. Später modi-
fizierte er seine Ansicht dahin, daß die neuroparalytische Hyperämie
Vorbedingung sei zur Entstehung der durch äußere Einflüsse
angeregten Entzündung.
Magendies und Cl. Bernards Behauptung, daß verschitdene Lagen
des Schnittes ungleiche Folgen hätten, erklärte er für unbegründet.
Claude Bernard (720) berührte im Jahre 1876 die Frage noch ein-
mal bei Gelegenheit seiner Untersuchungen über Gefäßnerven. Er behauptet,
es handle sich nach der Durchschneidung um eine Lähmung der Vaso-
dilatatoren und ein Überwiegen der Gefäß verengerer (also gerade
das Gegenteil der Schiff sehen Annahmen), Den Einfluß äußerer Keize
leugnet er.
Spalitta (721) exstirpierte an Hunden das Ganglion des Trigeminus
nach kurz voraufgeschickter Zerstörung des oberen Zervikal-
ganglions und bestätigte die früheren Eesultate von Sinitzin. Während
die einfache Zerstöiung des Ganglion Gasseri fast durchweg
Keratitis neuroparalytica im Gefolge habe, bleibe bei der kom-
binierten Operation die Hornhautzerstörung aus oder ginge zu-
rück. Das Bild der hauptsächlichsten Augensymptome sei in beiden Fällen
verschieden. Im ersten Falle: Vortreiben des Bulbus, kurze Erhöhung,
dann starke Verminderung der Spannung, Hornhauttrübung und Zerfall mit
starker, sekundärer Konjunktivitis. Im zweiten Falle: Retraktion des
Bulbus, normale oder leicht herabgesetzte Spannung, keine Hornhautsym-
ptome, oder schnelles Verschwinden derselben, leichte Konjunktivitis bei
etwaigen Hornhauterscheinungen und, wie diese, schnell vorübergehend.
Spalitta ninnnt zur Erklärung ausschheßhch vasomotorische Vorgänge
an. Die Verletzung des Ganglion Gasseri führe starke Gefäßkontraktion,
besonders auch in den perikornealen Bahnen, und damit Nekrose herbei. Die
gefäßerweiternde Wirkung der SympatLikuselurchschneidung wirke antagoni-
stisch. Spalitta ninnnt daher weiter an, daß die Durchschneidung des
Ganglion Gasseri sich als Reiz betätige.
Angelucci (722) wiederholte die Experimente Sinitzins. Er konnte
jedoch dessen Beobachtungen nicht ])estätigen. Ebensowenig verhindere die Ex-
stirpation des Halsganghons die durch Trigeminusdurchschneidung eingeleitete
neuroparalytisclie Keratitis, wie Sinitzin wolle, indem ja auch bei direkter
Durchschnei (hn lg dei' Ziliaincrven die letztere in ihrem klassischen Bilde auf-
trete. Angelucci findet endhch, daß die Unteibindung der Carotis
communis mit der Exstirpation des Halsganglions verbunden
Die vasomotorische Theorie. 253
die Gcf ä B(l ilat a t ioii nciIi i nd cit und zu starker Gefäß Verenge-
rung führt, ohne daß in der Jvoriica K in ä li ni iigss tör ungen auf-
treten.
Ija boid «' und ])u\al (7"28) suchen auf Grund üircr Tierversuche die
Ursache der Augenerkrankung in vasodilatatorischen StörungiMi nach
Lähmung der Sympathikusf asern.
Durdufi (724) ninnnt auf Grund seiner Versuche trophische Nerven
an. Einseitige Durchschneichnig des Vagus (Vagosympatiiikus) führte bei
4 ^lüiiate alten Hunden nach 8 Tagen zur Trübung der Hornhaut auf der-
selben Seite und nach 14 Tagen auch auf der entgegengelegenen. Zugleich
^varen che Lungen solcher Hunde stark hyperämisch, mit Blutungen durcli-
setzt. Die Veränderungen der Hornhaut wurden als abhängig von der Durch-
schneidung des N(»rvus sympathicus, diejenige der Lunge als abhängig von
dem Wegfalle der Vagusinnervation angesehen.
Diese Theorie basiert also auf der Zerstörung der im Trigeminus ver-
laufenden Sympathikusfasern. Über den Verlauf dieser vasomotorischen
Störungen bei Trigeminusläsion haben wir uns auf Seite 7, 37, 43, 47, 57, 59,
60, 71 und 97 genügend ausgesprochen.
Auch der jüngste Experimentator am Trigeminus, OUendorff (719) er-
kennt das Hervortreten der vasomotorischen Störungen an, wenn er sagt:
,,nach der Durchschneidung des Trigeminus traten Symptome auf, welche
tatsächheh auf das Bestehen einer Zirkulationsstörung hinweisen, es sind
dies der erhöhte Eiw^eißgehalt des Kammerwassers, die kurz nach
der Durchschneidung auftretende Hyperämie der Gefäße der Iris
und Bindehaut und die nach der Durchschneidung vorhandene
Herabsetzung des intraokularen Druckes".
Die Veränderung des Kammerw^assers ist auch durch die Versuche
Jesners (725) sicher gestellt. Diese abnorme Beschaffenheit ist jedoch nur
vorübergehend, demi sie hält ungefähr 10 Tage an, und deshalb glaubt Jesner
sie mehr auf eine Reizung, wie sie ja bei der Durchschneidung am peripheren
Stumpfe des Nerven auch zustande kommt, als auf eine Lähmung des Tri-
geminus zurückfüliren zu müssen.
Auch Krause (1. c.) gibt nach Exstirpation des Ganglion Gasseri am
Menschen folgenden Befund an: ,,Die Lidspalte der operierten Seite war in
zwei Fällen auch zwei Jahre nach der Ganghonexstirpation in der Euhe enger
als die der anderen Seite. Li denselben Fällen war der Bulbus leicht zurück-
gesunken und erschien infolgedessen etwas kleiner. Li dem einen dieser Fälle
war die Pupille normal, beim anderen auf der operierten Seite etwas w^eiter
bei normaler Eeaktion."
§ 239. Li der Tat weisen eine ganze Eeihe von Fällen mit Trigeminusläsion
auch Erscheinungen von seiteil des Auges auf, wie ■sxir sie bei der Sympathikus-
lähmungi(vgl. Band I, S. 24) als leichte Ptosis, Verengerung der Pupille, Zurück-
gezogensein des Bulbus kennen gelernt hatten.
254 Die vasomotorische Theorie. j
So berichtet Deiiig (726) über eine Verletzung durch stumpfe Gewalt, welche die
Gegend des linken Scheitelbeins betraf. Es fanden sich links Sensibilitätsstörungen
im Gebiete des Trige minus, Abflachung der Wange, Eingesunkensein des Bulbus
(um 3 mm), verengte Lidspalte, leichte Ptosis, linke Pupille weiter als die
rechte, halbseitiges Schwitzen, Lähmung beider Recti externi. Nach 4 Wochen hatte
sich das Pelzigsein verloren, ebenso das halbseitige Schwitzen und die Pupillendifferenz.
Offenbar handelte es sich um eine Querfraktur beider Pyramidenspitzen, zugleich um eine
Fraktur des rechten Felsenbeins in der Gegend der Paukenhöhle, sowie um eine Alteration
des linken Trigeminus (Blutung und Di-uck).
Kuthe (764) beobachtete einen 41jährigen Mann mit Quetschung des Kopfes am
8. Juni. Lähmung des rechten Abduzens. Rechts Gehör schlecht. Am 16. Juni traten
rechts Spuren einer oberflächlichen Hornhauttrübung auf. Es bestand vollständige Anästhesie
der rechten Kornea.. Auf der Hornhaut entwickelte sich mehr in der unteren Hälfte und
schläfenwärts ein linsengroßes Geschwür, dessen leicht vertiefter Grund oberfläch-
lich getrübt war. Die Iris geschwollen und stark verfärbt. Das Kammerwasser diffus ge-
trübt. Absolute Anästhesie des Trigeminus in allen Zweigen. Die Lidspalte
war rechts enger als links, infolge leichter Ptosis bedingt durch Lähmung
der vom Sympathikus versorgten glatten Muskelfasern im oberen Lide. Der
Augapfel in die Orbita zurückgesunken, seine Spannung deutlich herab-
gesetzt.
Der Lidschluß beiderseits gleich.
Daß vasomotorische Stönmgen im ganzen Trigeminusgebiete vorhanden waren,
bewies das eigentümlich marmorierte Aussehen der rechten Gesichtshälfte nach der L^nter-
suchung. Auch der kleinste Nadelstich bewirkte rechts eine minimale Blutung oder Rötung
der Haut, während er links keine Spur hinterließ.
Rechts Hypoglossus gelähmt.
Ferner gehören hierher:
Zwei Fälle von Hagelstamm (33.5): Tumor im Ganglion Gasseri — links Miosis
und Ptosis sympathica.
Rosenthal (261). Tumor im Ganglion Gasseri und im Stamme des Quintus. Links
Miosis und Ptosis sympathica.
Dammront-Mayer (279). Neuritis. Degeneration in den sensiblen Zweigen des
Trigeminus. — Beiderseits Miosis und Ptosis. Ophthalmoplegie.
Coupland (282). Thrombose des Sinus cavernosus. Rechts Miosis mit Ptosis
sy mpathica.
Nieden (642). Aus der Lage der Verletzungsstelle (Schlag durch einen gefällten
Baum gegen die linke Seite der Halswirbekäule), die fast genau dem anatomischen Sitze
des Ganglion supremum des Halssympathikus entsprach und aus den folgenden Erschei-
nungen: starke Rötung, Temperaturerhöhung und Hyperästhesie der Haut der linken Ge-
sichtshälfte, stark hyperämische Konjunktiva, perikorneale Injektion bei anfänglich klarer
Kornea, Pupille sehr eng, auf Licht reagierend, normale Tension und normaler Augengrund;
dann Anästhesie der Gesichtshaut, Hornhauttrübung mit Facettenbildung, rezidivierender
Herpes zoster — läßt sich nach Nieden zweifellos eine Affektion des Gangl. supremum
cervicale und Lähmung des Halssympathikus der linken Seite annehmen, der sich als Folge-
zustand die Neurose im Gebiet des I. Trigeminusastes angeschlossen hatte.
Seydel (769). Fall I. Status Ende Dezember 1877: Schwächliches Kind. Rechts
Keratitis neuroparalytica bei isolierter Lähmung des rechten Trigeminus. Mäßige Ptosis
des rechten Auges bei gleichzeitigem Höhenstande des Unterlides. Der rechte
Bulbus liegt deutlich tiefer in seiner Höhle als der linke. Rechts völlige An-
ästhesie im Trigeminusgebiet und Lähmung der Kaumuskulatur. Eine Verminderung der
Tränensekretion war mit Sicherheit auszuschließen.
Juni 1898. Verhalten der Pui)illen normal; auch auf Kokain erfolgte rechts j)roin])te
Erweiterung.
])ip vasomotorisolio Tliooric. 255
[''all II. 24. Juiii 1898. Resektion des linken (Jan<;li()n (Jasseri naeh Krause dvireli
M i k u 1 i e z.
2(i. Juni beim Verbandweehsel V^erstärkiing der vorbei- selion dagewesenen
geringen Ptosis und ausgesprocbeiies Zurückgesun kensci n des linken Bulbus.
Pupillen ziemlich eng, aber annähernd gleich weit.
5. Juli. Links beginnende Keratitis neur()|)aralyti(a. l^inke Pupille enger aLs
die rechte. Nach Kokain liitt links keine Mydiiasis ein, rechts prompt. Aus-
gesprochene Herabsetzung der Tension des linken Bulbus. Das linke Auge be-
tt'iligt sich beim Weinen gar nicht. Links vollständige Anästhesie im Trigeminusgebiet und
der Kaumuskulatur.
Fall III. 8. Oktober lS!t,5. Rechts Resektion des (Ganglion Gasseri nach Krause.
19. Oktober. Heginnende Keratitis neuroparalytica. Der rechte Bulbus liegt
tii'fer in seiner Höhle als der linke.
29. Juli 1898. Rechte Lidspalte deutlieh verengt. Ausgesprochene Neigung
zu Blutungen. Die reflektorische Tränenabsonderung ist mit Sicherheit als aufgehoben zu
betrachten. Rechts völlige Anästhesie im Trigeminusgebiet.
Eigene Beobachtung: Auch in dem auf S. 207 von uns beobachteten Falle (siehe
Fig. 38) war die Lidspalte der affizicrten Seite deutlich verengt. Die Pupille
war schon vor unserer Beobachtung artifiziell erweitert worden. Die Tension des Bulbus
war deutlich gegen die gesunde Seite herabgesetzt.
Neben dem oben envälniten Falle Seydels und unserer eigenen Be-
obachtung sind die Fälle von Hey mann (355, vgl. S. 125), Kuthe (764),
Seh midt-Ei mpler (7*27), A. von Hippel (404), Senator (692) und
Jany (494) hier noch anzuführen. [Tgl. dazu S. 178 dieses Bandes.]
Als diagnostisches Hilfsmittel zur Eruierung einer Sympathikuslähmung
am Auge möchten vnv hier nochmals auf die Bd. I S. 558 von uns hervor-
gehobene Yer^vendung der Kokaininstillation hinweisen.
§ 240. Gegen diese rein vasomotorische Theorie der Keratitis
neuroparalytica und als Beweis, daß das Auftreten der Nekrose der Horn-
haut in der Lidspalte beim Tiere nicht durch Zirkulationsverhältnisse be-
dingt sein kann, sondern auf Vertrocknung der Hornhaut zurückgeführt
werden muß, >}rechen die Versuche von Schiff (728) und Magendie (705}
mit gleichzeitiger Durchschneidung eines Pedunculus cerebelli ad pontem, wo-
nach der Bulbus nach unten und vorn gedrelit wurde und dementsprechend
die Affektion im hinteren Teile der Hornhaut auftrat.
Auch Krause (1. c. S. 74) konnte nach der Exstirpation des Ganglion
Gasseri beim Menschen trotz sehr genau durchgeführter Beobachtungen keine
Veränderung der Pupillen und der Gefäße des Auges nachweisen.
Nach Ollendorff (1. c.) ist für die Vertrocknungskeratitis des Kanin-
chens eine weitgehende Beeinflussung des Hornhautprozesses durch jene dabei
auftretenden vasomotorischen Störungen ausgeschlossen. Denn einerseits gehe
aus den Versuchen mit künstlich hergestellter Vertrocknung (Lidhalter, Luxatio
bulbi) hervor, daß das Offenstehen des Auges allein zur Entstehung der Ent-
zündung genüge, andererseits aber sei es überhaupt nicht erklärKch, vne eine
Erweitei'mig der Gefäße mit der damit verbundenen erhöhten Transsudation
in das Gewebe die Vertrocknuncj beschleunigen könne.
256 Die vasomotorisch-traumatische Theorie.
(1) Die vasomotorisch-traumatische Theorie.
§ 241. Schiff (768) bleibt auch in einer 1886 erschienenen Arbeit bei
seiner Anschauung von den vasomotorischen Einflüssen. Nach der
Durchschiieidung des Trigeminus entstehe eine n europaralytische Hyper-
ämie. Diese sei in den ersten 9 — 12 Tagen konstant vorhanden, ihre Ent-
stehung könne durch kein Schutzmittel behindert werden. Nach ungefähr
12 Tagen trete sie nur noch periodisch auf. und zwar würden diese Perioden mit
der Zeit immer kürzer bis schUeßlich die Hyperämie völlig schwinde. Nur
bei Bestehen derselben seien äußere Schädlichkeiten imstande,
ihre Wirksa mkeit geltend zu machen. Diese Reize, die sehr klein
sein könnten, regten dann eine entzündliche Hyperämie an,
die ganz verschieden sei von der neuroparalytischen, denn wäh-
rend jene bei zunehmendem Reize intensiver werde, sei diese
vollständig unabhängig davon. —
Ein weiterer Vertreter dieser Theorie ist Seydel (769).
Derselbe berichtet über 3 Fälle von Trigeminuslähmung mit Keratitis
neuroparalytica vgl. S. 254 und anderseits über 3 Fälle von Trigeminus-
lähmung. bei welchen die Keratitis neuroparalytica ausl^lieb. Zwischen beiden
Gruppen habe der wesentliche Unterschied bestanden, daß bei den letzteren
Symptome einer Erkrankung des Sympathikus vollständig gefehlt
hätten, während bei den ersteren der Sympathikus zweifellos er-
krankt gewesen sei: Retraktion des Bulbus, Verkleinerung der Lidspalte,
Herabsetzung der Tension, Miosis.
Seydel neigt nun der Ansicht zu. daß für die Entwicklung
-der Keratitis neuroparalytica neben der Anästhesie auch auf
Sympathikuslähmung beruhende vasomotorische Störungen von
Bedeutung seien. Lähmung des Sympathikus allein bewirke
jedoch keine Keratitis neuroparalytica. Die Keratitis sei eine Nekrose,
zu der sich erst sekundär entzündliche Erscheinungen gesellten. Sie trete
zunächst im Zentrum der Hornhaut auf, weil hier die Ernährungs-
verhältnisse der Kornea am ungünstigsten wären und bei vaso-
motorischen Störungen nicht ausreichten, um das Gewebe zu erhalten.
Trophische Nervenfasern seien unbekannt und für die Erklärung der Er-
scheinungen nicht erforderlich. Er erinnert an analoge Erkrankungen an
anderen Körperstellen, an den Dekubitus bei Rückenmarksleiden und an das
]\lal perforant du pied.
§ 242. Für diese Theorie sprechen nach unserer Ansicht zunächst die von
uns auf S. 28 d. m. zusammengestellten Fälle von Trigeminusaffektionen,
bei welchen unverkennbare Zeichen von Sympathikiislälnnung gleichzeitig vor-
handen waren.
§ 243. Gegen diese Tlieojie bringt luin Ollciidoiff (719) foigendi' Grüudr
vor: Es sei durchaus nicht auffallend, wenn in den meisten Fällen von
I)i(> icii) 1riUiiiia(iscli(> Tliooric. 257
Trif^ciniiiiisal'icktioii ^'Icicli/ciii,^ J*j)'st'li('iiiiiii<^'cii xoii sciicii des SympaÜiikus
l)( (»hiiclilct Avürdcii. ])ciin hei Erkrankangcii des Trigeiniims seien natürlich
auch (he mit ihm vei-huifcudcii sympathischen Faseni affiziert; dann aher sei
hesondcrs bei (U'n intrakraiiiehen Affektionen d(T Hitz der Läsion (Tuherkulose,
Syphihs, Tumor, Trauiua) wohl niemals so ziikumskiipt, daß nicht auch be-
iiachharte Teile mit reichereii 8yuii)a(hikusgefl( eilten mit ergriffen würden,
l'jhenso könne hei der (iaiiglionrescktion und der intrakraniellen Trigeminus-
(hi)clischneidung niemals eine Verletzung angrenzender Gefäße vermieden
Werden. Aber 8eydel gehe zu weit, wenn er annehme, daß überhaupt nur in
den Fällen mit ausgesprochener Sympathikuslähmung eine Keratitis neuro-
paralytica aufträte, und daß in allen Fällen von Keratitis neuroparalytica der
Sitz der Affektion in das Ganghon sell)st, oder in dessen nächste Nähe zu ver-
legen sei, weil dort die meisten Sympathikusfasern mithetroffen würden.
(Gegen diese letztere Annahme sprechen auch die Fälle unserer Tabelle
Nr. 107 l)is 161 S. 225, in welchen der Sitz des Herdes zentral gelegen war.)
Eine ausgesprochene Lähmung des Trigeminus sei überhaupt nur für eine
un schriebene Anzahl von Fällen nachgewiesen. Vor allem aber wäre keine
befriedigende Erklärung dafür gegeben, wie die Lähmung des Sympathikus mit
der Entstehung der primären Nekrose im Zusammenhange stehe. Zwar sei
es nicht bewiesen, aber wohl möghch, daß die bei der Sympathikuslähmung
auftretende Zirkulationsstörung auch eine Ernährungsstörung für die Horn-
haut bedeute, aber dann müßte doch die Hornhautalfektion in jedem Falle
von Ganglionresektion entstehen, weil die mit dem Trigeminus verlaufenden
sympathischen Fasern für die Gefäße des Auges dabei stets verletzt werden
müßten, und hier die übrigen, für das Zustandekommen der groben Hornhaut-
störungen notwendigen Ausfallserscheinungen, nämhch die Anästhesie und die
mangehide Befeuchtung stets vorhanden wären. Dies ist aber nach den Er-
fahrungen Krauses und unserer Zusammenstellung S. 68 und 220 nicht
der Fall.
Die von Seydel auch als Beweis angeführte Tatsache, daß che primäre
Nekrose sich im Zentrum der Hornhaut lokahsiere, erkläre sich am einfachsten
dadurch, daß dieser Teil am meisten der Vertrocknung und Verletzung
ausyesetzt sei.
Trophisclie Einflüsse ausschließende Tlieorien.
o) Die rein traumatische Theorie.
§ 24:4. Snellen (770) Zt-igte, daß durch Zunähen der Lidspalte die
Entzinidung der Hornhaut verzögert, und durch Vornähen des Ohres vor das
Auge dieselbe in einzelnen Fällen für mehrere Tage verhindert werden könne.
Damit war anscheinend der Beweis gehefert , daß äußere Schädlich-
keiten bei der Entstehung der Krankheit eine wesentliche Ptohe spielten, und
daher stützte auch Snellen auf diese Erfahrung che Theorie, daß che Keratitis
Wnbrand-Saenaer. Jfeuroloeie des Auees. II. Bd. I. Abteiluna. 17
258 Die rein traumatisehe Theorie.
neuioparalytica nichts aii(k'iVh? sei, ala eine trau iiuitisclu' Entzündung,
die dadurch entstünde, daß Verletzungen, Avelche das Auge
träfen, nicht abgewehrt würden, weil das gefühllose Auge sie
nicht niehi' wahizunehmen vermöchte, Verletzungen, die ein
normales Auge ganz in der gleichen Weise schädigen wnirden.
Senftleben (767) hat dann unter Cohnhein)S Leitung versucht, neue
Gesichts})unkte über das Wesen der Krankheit zu gewimien. Sehr wichtig
war die von ihm vorgenommene mikroskopische Untersuchung solcher Horn-
häute, an denen die Keratitis zur Entwicklung gekonnnen war. Er gelangte
dabei zu dem Eesultat, daß es sich tücht um eine eigentliche primäre Ent-
zündung handele, sondern um eine einfache Nekrose, die ihrerseits
erst als Keiz wirke und eine vom Eande der Kornea nach der
Nekrose zu fortschreitende entzündliche Infiltration hervor-
rufe. Des weiteren suchte er zu ergründen, ob man genötigt, beziehungs-
weise berechtigt sei, trophische Nervenbahnen anzunehmen. Sei die
Kornea nach der Trigeminusdurchschneidung wirklich in einem Zustande ver-
minderter Widerstandsfähigkeit, dann müßten — so schloß er — gleiche
auf l)eide Augen wirkende Reize auch intensivere Wirkung auf der
Seite der Durchschneid ung haben. Daß ganz geringfügige Reize, wie
Staub, Härchen usw. nicht in Beti'acht kämen, ergäbe sich daraus, daß der
über dem Auge angebrachte Pfeifendeckel von Draht, der diese Einflüsse
unmöglich verhindern könne, sich in allen Fällen als vollkommen hinreichendes
Schutzmittel l)ewährt habe. Die Versuche zeigten, daß gleiche Reize
der verschiedensten Art stets gleiche Wirkungen auf beiden
Augen hervorbrachten, sofern nur das unempfindliche Auge
nach Einwirkung des Reizes sofort durch den Deckel geschützt
worden war. Auch der Heilungsprozeß sei auf beiden Seiten ein ganz
gleicher gewTsen. Hiernach könne also von einer herabgesetzten Wider-
standsfähigkeit keine Rede sehi.
Ferner sprächen gegen die Büttner - Meißner sehe Auffassung direkt
fünf Fälle, in denen das mediale Faserbündel unverletzt geblieben, und docli
die Entzündung jedesmal aufgetreten war.
Senftleben hält demnach, ebenso wie Snellen die Keratitis neuro-'
paralytica für eine rein traumatische, und zwar müßten ganz erhebliche
Traumen einwirken, die ,,der Pfeifendeckel" fern zu halten ganz besonders
geeignet sei. Daß die Verdunstung auf der Hornhautfläche von
irgendwelcher Bedeutung wäre, hielt er für ausgeschlossen, weil der ,, Pfeifen-
deckel" dieselbe nicht verhindern könne.
Auf der Naturforscherversammlung in Magdeburg (1884) hielt von
Gudden im Anschluß an Betrachtungen über Dekuliitus einen Vortrag übei'
die uns l)eschäftigende Frage. Er leugnet trophische Einfhisse und ninniit
als ätiologisches Moment nur äußere Schädhchkeiten, und zwar traumatische
an, nach folgenden Versuchsresultaten:
Dio roiii tiinmiiitisclu' Theorie. 259
1. J^ci iicuj;cl)(»r('ii('ii Jv;iiiiii('licii AiiIc^Miiijj; ciiici^ AnkyloblcplKtioii;
ciiiifjfc Wochen später 1 )urclis('litiei(lini^f des Ti-i<reiiiiiins. 10 Tage
(liinuit' S|);iltiin^- der Ijidcr — vollkoiiiiiieii klai'e Honiluuit
daiiniter.
'1. Der N. ()])ti('.iis Aviirde mit den Zili;U'iiei'veu diircliseliiiitteii, die
Korm^ii Avmde uiieiii[)lni(llieli, die Lider hlicheii eiiipinidlicli, — es
trat keine l^jtit/ündinij^f ein.
8. DiirchsclnieidiniL!,- des Optikus, dei' Ziliarnerven und ])alpel)rale)i
Aste des OkidouKttorius; — keine Entzündung wegen Ptosis des
Oberlids.
4. Isolierung eines deraitig operierten 'J'ieres in einem glattwandigen
Kasten, — in 6 Tagen keine ]*jntzündung. ])as Auge wurde aber
alle halbe Stunde untersucht und gereinigt. Sobald dies versäumt
wurde, trat die Entzündung sofort ein, zeigte aber bei weiterer
Fortsetzung der Pflege keine Fortschritte.
5. Bei Fazialisdurchschneidung und Exstiipation der Nickhaut wirkt
der Reti'actor bulbi so enorm, daß keine Entzündung entstehen
kami, weil das Auge fast vollständig von den Lidern bedeckt wird.
6. Die unempfindliche Hornhaut ist wahrscheinlich nicht leichter ver-
wundbar als die andere; es ist aber sehr schwer, vollständig gleiche
Reize anzuwenden.
§ 245. Für diese rein traumatische Theorie spiechen aus der mensch-
lichen Pathologie zunächst die Fälle von Lagophthalmus und Trige-
minusläh mung, bei welchen Keratitis neuroparalytica zur Entwicklung
gekommen war, siehe S. 240, und von diesen besonders diejenigen mit Ent-
wicklung des Geschwürs im Lidspaltenteile der Hornhaut, vgl. S. 241.
Ferner würden zur Stütze dieser Theorie die Fälle von Trigeminus-
1 ä h m u n g mit Ptosis herangezogen werden können, bei welchen, angeblich wegen
der Ptosis keine Keratitis neuroparalytica während der Beobachtungszeit zur
Entwicklung gekommen war, siehe S. 243.
Die Kr aus eschen Fälle von Exstirpation des Ganghon Gasseri rait
dauernder Anästhesie der Hornhaut ohne Entwicklung einer Keratitis neuro-
paralytica würden unter Berücksichtigung des folgenden Gesichtspunktes nicht
gegen diese Theorie sprechen:
Der ßjTiergische Lidschluß nämlich tritt auf der operierten Seite ebenso
oft, zumeist mehrere Male in der Minute ein, wie er gewohnheitsgemäß auf
der gesunden Seite durch den Reiz* der Luft und die Verdunstung hervor-
gei'ufen wird. Hierin könnte die Ursache, warum beim Menschen die Horn-
haut sich nicht trübt, nicht vertrocknet, nicht abstirbt, und keine von den
schweren Veränderungen beobachtet wird, wie sie bei den operierten Tieren
einzutreten pflegen, gesucht werden. Zudem schützt ja der Mensch, trotz
des völligen Gefühlsverlustes, seine Sehorgane besser als das Tier, das an alle
Ecken mit den gefühllosen Augen anrennt.
17*
260 Die rein traumatische Theorie.
Füi' ciiicij '.roil (Icijciiigcii l*'ällc von Tri<4('inimis]älniiuii,if aus der iiicusch-
lichen Pathologie, bei welchen, etwa nach intrakraniellen Tumoren, Keratitis
neuroparalytica aufgetreten war, müßte man dann im Sinne dieser Theorie
eine durch die intrakraTiielk^ Ki'ankheit l)e wirkte Herabsetzung der Intelligenz
und der Aufmerksandceit, kurz die Entwicklung einer geistigen Stumpfheit
annehmen, die den Patienten zu gleichgültig gemacht habe, um Gefahren
vom unempfindlichen Auge abzuwenden.
§ 246. Gegen diese Theorie wären zunächst die Experimente La bor des
(771) hier anzuführen.'
Derselbe hat vermittels eines besonderen OperationsA-eifahrens den
Ramus ophthahuicus des Trigeminus innerhalb dei' Schädelhöhk' mit sorg-
fältiger Schonung der übrigen Zweige durchschiütten. AnfängUcli erschien
die Hornhaut anästhetisch, aber normal, die Konjunktiva injiziert; später nach
18 — 24 Tagen trat Hypopyon bei normaler Kornea auf, welche sich erst
später trübte und von innen nach außen perforierte. Dann heilte
das Geschwür mit allmählicher Wiederherstellung der Sensibihtät. Hieraus
sei 2,u schHeßen , daß die Erkrankung der Hornhaut nicht durch die
Sensibilitätsstörung hervorgerufen worden wäre, sondern trst sekundär
entstanden sei; daher bliel)e auch die Snellensche Prophylaxe ohne Nutzen.
Auch Ollendorffs (719) Versuche lieferten den sichersten Beweis gegen
die Senf tlebensche Thtorie. Das Tier wurde mit beiden Hinterfüßen und
dem Vorderfuß der unempfindHchen Seite auf einem großen Brette so an-
gebunden, daß es sich etwas bewegen konnte. Dabei war (S mittels einer
Bauchbinde so aufgehängt, daß es auf dem Brette stand, sich aber nicht ver-
letzen konnte. Auch hier entwickelte sich (ine Keratitis.
Ollendorff kommt bezüghch der traumatischen Theorie zu folgender
These: Die Hornhautentzündung bei Tieren, welche nicht gtg<n äußere Ver-
letzungen geschützt wurden, ist auf traumatische Infektion zurückzu-
führen, voi'züglich mit Sta})liyl()kokken, welche schon normalerweise im Koii-
junktivalsacke stets vorhanden sind.
Von den klinischen Beobachtungen würde mit dieser Theorie jene Eeihe
von Fällen (siehe S. 245 und 247) nicht vereinbar sein, bei welchen nach einer
Trigo-minusläsion tiolz dt r gleichzeitig vorhandenem Ptosis oder des sorg-
fältigsten Schutzes des Auges eluich einen Okklusivverband, demioch ehe« Kera-
titis neui'0])aralytica aufgetreteii war; ferner die Fälle von Trigeminusläsie>n.
bei wedche]! tie)tz ve)rliandener Hyperästhesie de'S Auge-s e'ine Keratitis neuro-
paralytica sicli entwickelt hatte' (siehe S. 248). ferner dei' Fall xnw Altha.us,
sie'he S. 129.
Endlich sei eh'S folge-nden Einwurfs von Seydel gedaclit : ..Waiinu läl.it
die Hornhaut in eäne-r großen Anzahl von Fälleai (vgl. unseje' Zusannuen-
stellung S. 249) tre)tz vejllstiineliger Anästhesie lange Zeit nicht die» geringste
Verändeiung erkeuneii? Oft lie ge'ii .Table' zwischen dem Eintritt der Trige-
minuslähmung und der Entwdcklung der Keratitis neuroparalytica, wie in
Die xerotische Theorie. 261
den l''iill('ii \(>ii Nicdcii 1111(1 l''i;i II kc." (Vcrj^lticlic iiucli die \()ii uns auf
8. 'i.JO /,usiMiiiii('ii;4('stcllU'ii Ijcohachtuiigcii.)
Aiißcrdcin müßte jede insensible Hoiiiliant iiiilir aiin;ilienid ^leiclieii
äuüereii nediii<j;uii<;en Avenigstens ungefähr in deinselheii Zeitahsclinit le xoiii
Eintritt der Sensil)ilitätsst()np.ig ad) ei'kranK'en. In der Tal liestelit alier Iderin
eine gi'oße \'arial»ilit!it.
Wie sei ferner mit der ti'a u nia t isclien Tlieoiie die Tatsache in JOin-
klang /ai bringen, daß die Keratitis /iUin Htillstantle kommen körnie und bis
/,ii einem gt'wissen Grade der Heihnig fähig sei, trotz Fortl)estehens de)' 8ei)si-
bili(ätsst()rmig?
1) Die xerotische Theorie.
v^ '247. !)' i seinen Versuchen mit- Trigeniinusdmcjischneidung am Jvaniii-
chen bestätigte Feuer (77'2) die von Snellen und Seuftleben gemachten lie-
obachtungen, daß durch Anbringen eines Drahtdeckels über (U-m x\uge (U'r
()|)eri(rten Seite die Keratitis neuropaialytica hintangehalteii wercU'U könne.
Den (irund daNon findet er jedoch darin, daß schon bei einer mäßig(!n
Exkuision dieses ])eckels das Ober- und l'ntcilid über die Kornea
hin gezogen, die Kornea also untei' dem DeckiT stets von den ljid<'rn
bestrichen, deinnach gereinigt und liefeuchtet weide. — folgendes
5-ind die j^iiidresultatt' seiner ]^jX})erimente :
1. J)ie Trigemiimsdurchschneidung schädigt nicht in dir(d\ter Weise
tlie Ernährung der Kornea.; sie bewirkt also weder unmittelbar die
Entzüniluiig der Kornea, noch versetzt sie das Auge in einen Zu-
stand vernünderter Widerstandsfähigkeit gegen äußere Einflüsse.
2. Die nach Trige minusd urchschneidung eintretende Kera-
titis hat ihren (Irund ausschließlich in der Sistierung
des Jjidschlages. Der in der Lidspalte liegende Teil der
Kornea erfährt eine Vertrocknung des Gewebes. Diesc^r
nekrotische Teil wirkt nun als Reiz, infolgedessen eine
reaktive Entzündung des ihn umgebenden Gewebes
eintritt, welche die Ausstoßung des nekrotischen Teils
bezweckt.
8. Die Verminderte Tränensekretion beschleunigt und befördert die
Bildung der Xerose, die aber auch ohne dieselbe eintreten müsse.
4. Ein vor das Auge genähter Dralitdeck(d oder Korkring und dergl.
ist, solange man das Tier frei damit herundaufen läßt, imstande
die Keratitis neuroparalytica (x-rotica) hintanzuhalten, weil solche
Vorrichtungen die Lider öfters über die Kornea hinziehen und auf
(liest' Weise die Etablierung einer Xerose verhindern.
5. Auch die Vernähung der Lidspalte schützt das Tier gegen die
Keratitis neuroparalytica.
g6. Stöße sind nicht imstande, einer der Keratitis neuroparalytica
analoge Hornhautaffektion hervorzurufi'U.
262 Die xerotische Theorie.
E. V. Hippel (704) kommt zu dem Schlüsse, daß durch die Ver-
dunstungstheorie sich das Auftreten der Entzündung in allen Fällen er-
klären lasse. Das Ausbleiben derselben in einigen Fällen hänge
wahrscheinlich einerseits ab von Bedingungen, welche die Ver-
dunstung weniger begünstigten, andrerseits von stärkerer Se-
kretion der Augen.
Auch Ollendorff (719) huldigt der Vertrocknungstheorie und stellt
folgende These auf: Bei Tieren, welche nach Trigeminusdurchschneidung
gegen äußere Verletzungen geschützt worden sind, tritt die Hornhautent-
zündung sekundär, als Keaktion auf eine Vertroclmung der in der Lidspalte
freiliegenden Hornhautpartie auf. Die dabei auf der Kornea in geringer
Zahl gefundenen Bakterien sind für die Entstehung der Entzündung jeden-
falls ohne besondere Bedeutung, wenigstens steht es auf Grund experimen-
teller Versuche mit künstlich hergestellter Vertrocknung fest, daß letztere
allein eine Entzündung hervorrufen kann.
Für die Entstehung einer Vertrocknungskeratitis , nach Lähmung des
Trigeminus, sei das menschliche Auge weit weniger disponiert als das der
Tiere, weil beim Menschen infolge des gemeinsamen Gesichtsfeldes stets ein
gemeinsamer Lidschlag auf beiden Seiten erfolge, also das unempfindliche
Auge durch' den vom normalen her ausgelösten Lidschlag mitgeschützt würde.
Damit sei jedoch für das menschliche Auge die Vertrocknung als Ursache
der Entzündung keineswegs noch unbedingt ausgeschlossen, wenigstens wären
dabei folgende Momente noch wohl zu berücksichtigen:
1. Zunächst sei die reflektorische Tränensekretion auch beim Menschen
an dem unempfindlichen Auge sicherlich herabgesetzt;
2. dann sei wohl zu beachten, daß der Lidschlag, wenn er als Keflex
vom normalen Auge aus auf beiden Seiten erfolge, immerhin doch
an Frequenz vermindert sei; denn unter normalen Verhältnissen
werde durch jeden Keiz, der eines der beiden Augen treffe, beider-
seits Lidschlag ausgelöst, während nach einseitiger Lähnumg des
Trigeminus von dem unempfindlichen Auge her ein reflektorischer
Lidschlag nicht mehr erfolge.
Für das normal mit Tränenflüssigkeit befeuchtete Auge sei diese Ver-
langsamung des Lidschlages jedenfalls ohne Bedeutung; man müsse auch
annehmen, daß diese Störung in der Lidbewegung allein nicht immer genüge,
um selbst an dem unempfindlichen Auge mit verminderter Tränensekretion
eine Vertrocknungskeratitis hervorzurufen. Dagegen spreche vor allen Dingen
das seltene Auftreten der Keratitis beim Menschen nach Affektion oder Re-
sektion der Nerven oder des Ganglion. — Aber die Frequenz des Lid-
schlages sei im allgemeinen normalerweise so verschieden, daß
bei einem Menschen mit schon vorher sehr seltenem Lidschlag
nach einseitiger Lähmung des Trigeminus der Lidschlag nun so
selten werden könne, daß bei gleichzeitigem Versiegen des
Tränensekrets das Auge der Veitrocknungskeratitis verfalle,
Die xerotische Theorie. 263
während bei ciiKMii anderen Menschen mit voi'hei' frequentem
Lidschhif^e keine \'er iiockn ung und daher auch keine Entzündung
aufzuti-eten hrauclp'. 'J)ahei Sf.'i daran /u ei'innevn, daß das Auge
a näsl hei'isch sei, die a. ul'tictende Ti^ockeiiheit desselben also nicht
von ilini euipi'unden werde und es sich dabei' auch nicht dagegen
zu schützen suche.
Iii(b\i(bielle Verschiedenbeit-en, Welche l'iir (be Entstehung der Vel'-
trocknung xoii I>(Mleutung sein könnten, lägen feiner in der verschiedenen
Weite der Lidspalt(» und in dem stäi-k(M-en oder geringeren Vorti-eten
des Bulbus.
Jedenfalls sei also auch Ijezüglich der Vertrocknung ein prinzipieller
Gegensatz zwischen Tier und Mensch nicht zu konstatieren, sondern man
könne nur sagen, daß beim Tier nach einseitiger Trigeminusläh mung
ohne Schutz des betreffenden Auges stets eine Hornhautent-
zündung auftreten müsse, nämlich entweder durch Infektion
nach stattgefundener Verletzung, oder durch Vertrocknung,
während beim Menschen, wenn Trauma und Infektion vermieden
Avürden, das Auftreten der Entzündung von präexistenten Ver-
hältnissen abhängig sei.
(Gleichwohl aber glaul)t Ollendorff nicht, daß beim Menschen die
Vertrocknung häufig die Ursache der Entzündung sei, denn es liege bei der
bestehenden Anästhesie des Auges viel näher, an eine im Anschlüsse an eine
Verletzung auftretende infektiöse Keratitis zu denken. Denn das Auge sei
infolge seiner Unempfindlichkeit den vielfachsten Insulten ausgesetzt, welche
sich der Patient, der sich seines Leidens nicht jederzeit bew^ußt sei, selbst
beibringe, z. B. die Möglichkeit einer Verletzung der Hornhaut
beim Waschen des Gesichts (vgl. Fall Althaus S. 129) usw. Der Kon-
junktivalsack berge dann stets genug pathogene Bakterien, um
eine Infektion zustande zu bringen. —
§ 248. Die Vertrocknungstlieorie hat wohl zur Zeit die meisten Anhänger
unter den Experimentatoren, und es ist in der Tat kein Zweifel, daß bei ein-
zelnen Fällen aus der menschlichen Pathologie nach Trigeminuslähmung die Ver-
trocknung eine gewisse Eolle beim Zustandekommen einer Homhautaffektion
spielt, so vielleicht in den c.uf S. 240 erwähnten Fällen mit Lagophthalmus
und den S. 241 erw^ähnten Fällen von Trigeminuslähmung, bei welchen das
Geschwür im Lidspaltnrteile entstanden war.
Auch könnten diejenigen Fälle von Tiigeminuslähmung für diese Theorie
sprechen, welche zugleich mit einer Ptosi« verliefen, und bei welchen keine
Keratitis neuroparalytica zur Ent.vicldung gekommen war (vgl. S. 243).
Niclit gegen diese Theorie sprechen ferner die Fälle von Trigeminus-
lähnurng, in welchen trotz vollständiger Anästhesie der Hornhaut keine Kera-
titis neuroparalytica sich ent^^^ckelt hatte (vgl. S. 249).
264 Die xerotische Theorie.
Ebenso sprechen nicht. Liegen diese Theorie die Fälle mit spätem Auf-
treten der Keratitis neuro})aralytica, nachdem schon lange Zeit eine Anästhesie
der Hornhaut hestaiiden hatte (vgl. S. 250).
Im ersteren Falle darf man annehmen, daß das sorgfältige Fernhalter
aller schädlichen äußeren Einflüsse von der Hornhaut die Entwicklung einer
Keratitis neuroparalytica verhindert hätte, während hei den letzteren Fällen
schließlich diese Sorgfalt für dii' Dauer der Zeit nicht ausgereicht habe, um
eine Hornhauterkrankung zu verhüten.
Es ist nicht schwer zu erkennen, daß der schwache Punkt cU r Vertrock-
nungstheorie in der Erklärung des Auftretens der Keratitis neuroparalytica
beim Menschen beruht; und so klingt denn schon die folgende Motivierung
OUendorffs ziemUch gesucht, wo er sagt: ,,Wenn in einigen Fällen von
Ganglionsekretion, oder bei einer intrakraniellen Lähmung des Trigeminus,
trotz eines Schutzverbandes und prophylaktischer Atropininjektionen frühzeitig
eine Entzündung der Horidiaut auftrat, so ist wohl auch hier eine primäre
Verletzung mit sekundärer Infektion anzunehmen, denn gerade bei dem zur
Atropineinträufelung notwendigem öfteren Verbandwechsel ist eine Verletzung
des unempfindHchen Auges leicht möglich. Ebenso kann auch dadurch, daß
das Auge unter dem Verbände geöffnet wird, und die Hornhaut sich an dem-
selben reibt, ein oberflächlicher Defekt der Kornea zustande kommen."
§ 249. Feuer (772) achtet offenbar als natürliche Konsequenz seiner
Theorie die Keratitis e lagophthalmo gleich der Keratitis neuroparalytica.
E. Bock mann (753) ist derselben Ansicht.
BezügUch der Dif feien tialthagnose zwischen Keratitis e lagophthalmo
und Keratitis neuroparalytica sagt jedocli Fuchs in seinem Lehrbuch
S. 185 folgendes:
Die Verwechslung der drei Keratitisformen: Keratitis e lagoph-
thalmo, Keratitis neuroparalytica und Keratomalazie wurde dadurch
begünstigt, daß dieselben verschiedene gemeinschaftliche Züge aufweisen. Zu
diesen gehört die Trockenheit, welche die Augen zeigen, sowie die im
Verhältnis zur schweren Keratitis sehr geringen Reizerscheinungen,
also das Fehlen stärkerer Tränensekretion, das Fehlen des Blepharospasmus
und oft auch der Schmerzen. Die Trockenheit eles Auges ist aber bei
diesen drei Keratitisformen auf ganz verschiedene Momente zurückzuführen:
a) Bei der Keratitis e lagophthalmo l)esteht »ine wiik-
liche Austrocknung der Hornhautoberfläche durch Wr-
dunstung. Sie betrifft mir die l)loßliegenden Teile der Hnii-
haut und kann durch Verschluß der Lider beseitigt werden.
Die Austi'ockmmg ist hier die einzige Ursache aller weiteicn
Veränderungen.
b) Bei der Keratomalazie ist die Hornhaut nicht wirklich
aufgetrocknet, sondern sie sieht nur so aus, weil an iiirer
üb( rfläche die Tränenflüssigkeit nicht haftet. Dieses trockene
Die xerotische Theorie. 265
Aussclicii ist iiiicli Ndjluindcii. wenn da.s Auj^^c in Triiiicii
s('liA\inii)il (k|c)' I)( ständig geschlossen ^41 liiilten \\ir(l; sell)st-
M jsliindlicli \('11m;i,!j; iiiicli d.is V( ihindeii des Auges nicht;;
gegen {\\i':M' Alt \()n Tidclcenheil . Sie ist he(hngl (hiich
eine t'eltige ^h't ;| IMOlphose der Mpil hel/elleli. Welch let/lej'e
intnige (hi\()ii (hii(di (he Triinenflii^sigkeil ididit heiM 1/1
wi'vdi ".
c) liei Keiiiliiis neuiopa lii i_y t i c;i heshii) wedi i- \\irkh(die
Ausljocknung der lloinhaui, Avie hei de ]• l\(iiililis e 'ag-
ophthahiio noch the eigeiiti'unliidie ledige IJeschaft'enheit, d( )•
Oherfhudie. wie h( i Jveraionialazie ; das Auge siehl \iehnelir
111 r lidckeii aus, weil trotz dei- starken Riitzi'uidung der
licndiaul (1( )■ Tränenfluß fehlt, den wir sonst, unti r diesen
Umständen y.w S( hen gcAvolnit siid. bis ist ehen die Sekretion
der Tränendriise \-erniiiJ(lert oder aufgeholien. Da hei ist
j( doch die Ix'feuchtung des Auges ganz hinreichend, wie dies
ja auch nach der Exstirpation di r Tränendrüse (h r l*'all ist.
§ '25(1. (4egeii die Verd uns tungstheoiie s[)i-( cheii zunächst nun
folgende Experimente :
Senftleben (778) sperrte die Kamnchen mit dem Halse in (in rundes
Loch einer Holzkistenwand so, daß jede Verschiebung der Kopfhaut bei den
Versuchen des Tieres, den Kopf zurückzuziehen, verhindert wurde. Er ließ
auf diese Weise Tiere 14 Tage lang und länger in dieser Kiste sitzen; (he
Kornea der operierten Seite hli( h aber absolut klar, nicht die geringste Trübung
stellte sich ein. Sobald sich aber die Tiere danach frei in der Kiste bewegen
konnten, trat sofort in gewöhidicher Weise Nekrose auf, die schon nach 6 bis
8 Tagen eikennbar war.
Ferner wickelte er die Tiere so ein, daß nur d('r Ko})f frei blieb und jede
Bewegung unmöglich gemacht war. Ließ er die Tiere auf diese Weise so auf
der Seite liegen, daß das Auge der operiert(:'n Seite nach oben kam. dann
wurde die V(>rdunstung durch nichts gehindert, und dennoch kam
es nie zu iigend welcher Nekrose, seilest wenn die Tiere kuraresiert waren,
somit alle Tätigkeit des Eetractor bulbi, so^vie überhaupt der Augenmuskeln
ausgeschlossen war. und die reichlicher als sonst auftretende Tränenflüssigkeit
durcli Eli' ßpapiei' ab.-oibii-jt wurd«'.
Wird nach Gudden (774) und Hanau (754) zugleich nnt der Trige-
minusdurchschneidurg die Palpebra tertia entfernt, so tritt keine Keratitis
auf, während Balogh (755), welcher dabei die Nickhaut an die Nasenhaut
annähte, erst dann eine Keratitis beobachtete, wenn eine eitrige Entzündung
der Nickliaut auftrat und der Eiter die Kornea benetzte.
Die Exstirpation der Tränendrüse bewirkt selbst bei gleichz(4tigem
]>urchschneiden des Nerv, faciahs keine Veränderung an der Hornhaut
(Sn eilen). Nach E. v. Hippel (1. c.) rufe jedoch die Tränendrüsenexstir-
pation deshalb keine Vertrockiumg hervor, weil das Auge empfindlich bleibe,
266 Die xerotische Theorie.
und der reflektorische Lidsebluß erhalten sei. Die Fazialisdurch schnei düng
führe aber deshalb zu keiner Vertroclmung der Hornhaut, weil sich die Tränen
in dem abstehenden Unterlide sammelten.
Gegen diese Angabe V.Hippels kann nun ein Fall von doppeltseitiger
Keratitis neuroparalytica von Junge (756) ins Feld geführt werden,
bt'i welchem Kötung der Bindehaut und starkes Tränen vorhanden war
und bei der Schlaffheit des Unterhdes eine Ansammlung von Tränenflüssigkeit
im Bindehautsacke stattfand. In diesem Falle war also trotz dieser reichlichen
Tränensekretion und der Ansammlung von Tränen im Bindehautsacke Keratitis
neuroparalytica aufgetreten.
Was diesen letzten Punkt anbelangt, so stimmt auch ein Fall von doppelt-
seitiger Keratitis neuroparalytica, den Althaus (401, vgl. S. 129)
beobachtet hatte, mit (Heser Annahme v. Hippels nicht überein. Denn lu'i
diesem Patienten war ,,eine pathologische Hypersekretion des Kon-
junktivalschleims vorhanden, durch welche das Auge feucht er-
halten wurde".
Auch bei dem auf 8. 207 von uns beschriebenen Falle von Keratitis
neuro})aralytica schwamm die infolge von Ptosis sympathica schon, an und
für sich verengte Lidspalte (vgl. Fig. 38) zu einer Zeit noch in Tränen, wo
die Mitte der Kornea in großem Umfange vom Epithel schon entblößt war.
Übrigens sei an dieser Stelle hervorgehoben, daß der allgemeinen Er-
fahrung entsprechend beim Versiegen der Tränensekretion schon die normale
Absonderung der gewöhnhchen Konjunktivalflüssigkeit genügt, um die Kornea
vor Vertrocknung zu bewahren.
Ferner sprechen gegen die Vertrocknungstheorie eine Eeihe gewichtiger
Beobachtungen aus der menschlichen Pathologie, so vor allen Dingen
jener Eeihe von Fällen (vgl. S. 245) mit Trigeminuslähmung, bei welchen
trotz des Schutzes der Kornea vor Vertrocknung durch eine dabei bestehende
Ptosis , eine Keratitis neuroparalytica dennoch zur Entwicklung gekommen
w^ar. Femer, sich daran anschheßend, die auf S. 247 erwähnte Reihe von
Beobachtungen, bei welchen trotz der sorgfältigsten Pflege des Auges mit
Schutzverband usw., dennoch das Auf treten der Keratitis neuroparalytica nicht
abgewendet werden konnte.
Ferner wäre mit dieser Theorie nur sehr gezwungen jene Reihe von
Idinischen Beobachtungen zu erklären, bei welchen trotz erhalten gebliebener
Homhautsensibilität dennoch eine Keratitis neuroparalytica sich entwickelt
hatte, und noch schwieriger diejenigen, bei welchen unter vorlumdener Hyper-
ästhesie der Hornhaut eine Keratitis aufgetreten war (vgl. S. 248).
Außerdem wird von dem Falle Graff (402) berichtet, daß die Hurn-
haut zwar trocken gewesen sei, aljer keine Keratitis sich entwickelt habe.
Auch jene Reihe von Fällen S. 242 mit Trigenünuslähnuing und Lag-
ophthalmus ohne Keratitis neuroparalytica gehört hierher, bei welchem der
reflektorische Tjidscblag, sowohl duieli die Lähmung des Trigmiinus,
als die des FaziaHs gänzlich aufgehört hatte, und auch die Tränen-
Die xerotisclie Theorie. 267
sekivfioii. die jii teils dein Trij^riiiiuus, teils dem l'^azialis zugeFchrieben
wird (siehe S. (> — 8), docji <^:\\)/. odef l'jist *^anz; \ve<^f;j;ei'itlleii war. ]'\'riiei- ist
es eine lotfisclie Foi'denni^f. daß liei (i(dtuiij; der Vertroclanui^sliieorie daiiii
aiM'li an der 0 heit'läche iU'V lloiiiliaul zuerst und am intensivKton sich
der ivraiikheitsvorgaug offeiiharcii müsse. Wenn dies luui auch für die ^n-oßu
Mehrzahl dei' ]^'i'illo von iMM'atitis neuroparalytica zutrifft, so Aviders[)rcchen
dem iedocli diejeiiip^en Beol)achtu]ijj;en, h(>i welchen (vgl. 8. 210) pai"eiicl)_yinatöse
Ti idtini.Ljcn aufij;eii'et('n waren hei normaler I [(»rnhautohei'fläche, odei' eine
.\hsz(d,>hil(huig in dei' Tiefe dei' Jvornea (siehe S. 212) ziii' ]<intwi('klun<j; <^'e-
kounuen war.
§ 251. Fei'Jier macht Seydel mit- luclit j^'e^n'ii die Verl rocknungstheorie
.geltend, (hiß Patienten mit d oppeltseitigei' Hornhautanästliesie aucji
am meisten der öefalii' dei' Jveratitis neuroparalytica ausgesetzt sein müßten,
AV( gen des Verlustes des konsensuelh'U Lidschlages vom Tiigemimis Ik i'. In
der Tat zeigten auch die folgenden Fälle von doppeltseitiger Trige minus -
lähmung doppeltseitig eine Keratitis neuroparalytica:
C. W. Müller (79, Fall 2).
v. Graefe (775).
Cienkin (290) vgl. S. 12S.
Althaus (401) vgl. 8. 129..
Williams (596).
Feuer (77t)).
Junge (756) vgl. S. 220.
L endet (285) vgl. S. 127.
Westphal (400) vgl S. 226.
Ma Gregor (392) vgl. S. 127.
Labarriere (283) vgl. S. 94.
Bei dem Falle Sachsalbers (712) mit doppeltseitiger Keratitis neuro-
paralytica glaubte dieser Autor aus dem Umstände, daß der Lidschlag y oll-
kommen erhalten und die Tränensekretion vermindert war, eine Schädigung
von den in der Bahn des Trigeminus verlaufenden trophischen Fasern an-
nehmen zu dürfen.
Bouchers (787) Beobachtung mit doppeltseitiger Keratitis neuropara-
lytica dürfte, weil es sich um eine phlegmonöse Entzündung der GesichtsnerA en
handelte, nicht hierherzuzählen sein.
Dagegen trat in den folgenden Fällen von doppeltseitiger Hornhaut-
anästhesie nach Trigeminuslähmung keine Keratitis neuroparal. auf.
Roth mann (333) vgl. S. 128.
Grabower (395) vgL S. 128.
Mackenzie (393) vgl. 8. 127.
Wollen her g (263) vgl. S. 110.
Adamkiewicz (289) vgl. 8. 88.
Bristowe (293) vgl. 8. 127.
Seydel (7ti9) [Fall IV].
268 Die mykotische Theorie.
g) Dil' niykotisclic TJu'Oiii'.
§ 25'2. Eberlh (777) iiiiiiint ciuo Vfidunstiui^f an. h(_'ibri<^a'füliit (lurcli
Offrji^-itelu'ii tlcs Au^ct^. Diese bewirke aber nicht an und für sich die ^veitereu
Erscheinungen, sondern sie ermögliche den Mikroorganismen in
die Kornea einzudringen und hier eine Entzündungsform anzu-
regen, die ganz der ernsten Hornhautdiphtherie im klinischen, sowie im mikro-
skopische]! Verhalten gleichen solle.
Nach Balogh -(755) macht die Trigeminusdurchschneidung das Auge
gefühllos. Dadurch könne leicht ein traumatischer Epithelverlust
entstehen, di'i' den Mikioorganis nien den Eingang ernir)gliclie,
und diese seien dann die eigentlichen Erreger der auftretenden
Entzündung. Durch vorsichtiges Vernähen der Lidspalte will er die Affektion
auf die Dauer Acrhindert haben, was Snellen liekanntlich niclit ge-
lungen war.
Panas (778) glaiibl, daß es bei der K-ralitis neuroparalylica aus
irgendeiner Ursache zu einer Schädigung des Trigeminus komme,
welche den Boden für eine Infektion pathogener ^likroljen
abgebe.
Schmidt-Ri mpJer (727) beschreibt einen Fall von Keratitis neuro paral. bei
einem 68jährigen Patienten, der vollkommene Anästhesie des I. und IL Trigeminusastea
und Lagophthalmus hatte. Es wurde ein längs der Lidspalte laufender Epithelverlust von
eigentümlich trockenem Ausgehen beobachtet, an dessen Ende sich immer von neuem
gelbe Fäden ansetzten, die ziemlich viel Mikrokokken enthielten. Hypopyon-
Iritis; Tension etwas verringert. Trotz Schluß Verbandes und Zunähen der Lids})alte erfolgte
Perforation und Irisprolaps, alsdann Heilung mit Pupillenverschluß.
Tui'nei' (779) ist bei Tierversuchen, die er in Gemeinschaft mit Eerrier
unternommen hatte, und bei denen der Trigeminus in seinen verschiedenen
Abschnitten bis in die zentralen Wurzelgebiete hinein zerstöit worden war,
zu anderen Ergebnissen gelangt. Trotz der vollkonnnenen x\nästhesie der
Hornhaut stellte sich doch nur zweimal unter 18 Versuchen infolge von sep-
tischer Infektion Zerstörung d(U' Hoi'nhaut und Pa.nophthalmitis ein; zweimal
wurde außerdi^m im Bereiche dei' Lidspalte eine leichte, nicht fortschi-^itende
Korn<:'altrübung bt'ol)ac]itet. Die übrigen Tiere zeigten keine Veränderungen,
sie blieben bis zu 4 Monaten unter Aufsicht. Wurde die Hornhaut absichtlich
gereizt, so traten vorübergehende Entzündungen auf, die aber wieder zur
Heilung gelangten. Auf Grund dieser Ergebnisse seiner Tierversuche glaubt
Turner nicht, daß die Durchschneidung des I. Astes oder des Ganglion Gasseri
einen neuroparalytischen Einfluß auf die Hornhaut ausübe, und führt die in
seltenen Fällen btobachteten Störungen auf eine entzmulliche Eeizung zurück,
welche in septischer Infektion begründet sei.
§ 253. Es unterliegt keiiiem Zweifel, daß ein Teil der Eälle von Keratitis
neuiopaialytica und namentlich diejenigen Beobachtungen, in welchen nn
rascher Zerfall des Hornhautgewebes resp. eine Besserung nach Anwendung
7^i<' mykolischn Theorie. 269
(l('>iiil'i/i{ icinli T Millcl jl'';ill l\i()ll| (7.")l) Icoiisliiticil winde, ;iiil' (■\();:;('nci' lii-
fclclioll licl'lllicll.
h'cnii'f liaticii wir schon fiiilici- S. '21'2 licrvoi'pjoliohcn, daß wir die seltene
lüldiinj^- tictVf I I(niiliiiu1al)s/('ssc hei iiila kt;'i' I loinliaiitobeifläclic. und Korneal-
aiiästlicsic nach Tii^cnHnusliihniiin«^ als (he \'\)\<^v cincf c nd <)<4('1i<mi Intrktioti
ansehen. Alle Fälle von Keratitis neiiioparalytica abei', wie es die niy kotisclie
Theoi'ie will, als Vol^czastand eine Infcdction ansc^hen /u sollen, scheint uns
doch 'allzuweit idxi' das Ziel hinauszuschiid.M'ii. So ist deiui auch di<' Zahl
der Oe^nef dieser 'riieoiie eine sehr f^noße.
Feuer (77'2) kann nach seinen n( t^ativen anatomischen Befunden die
iMvkotische kjinwand( run^f nicht als ein ursächliches Moment betrachten.
Nach 1^'rancke (78(5) ist. den Bakterien nur eine unte)'<^fe()rdnete Holle
hei dem Fntstehen der Keratitis neuroparalytica einzuräumen.
F. V. Hippel (704) kommt zu dem Schlüsse, daß die Mikroorf^niiiismen
kein regelmäßiger Befund sind und daher als ätiologisches Moment nicht in
Betracht kommen können.
Neufrdings hat E. v. Hippel (780) zu einem bei einem Menschen be-
obachteten Falle, wegen des dal)ei aufgetretenen stärkeren eitrigen Cha,rakfcers
des Prozesses, eine Beteiligung v'on Mikroorganismen doch als sein' wahr-
scheinlich hingestellt.
Wie wir schon früher hervorgehoben haben, sind aber bei diesen Fällen
die Mikioorganismen als sekundäre Ursache anzusehen. Denn die unvei'sehrte
F])itheldecke der Hornhaut bietet keinen Angriffspunkt fiii' (dctogene In-
fektion. Sonst müßte ja das stetige Vorkommen von pathogenen ^Vfikroorga-
lusnun im normalen Konjunktivalsack, unter welchen Axenfeld (781) Xerose-
hazillen, Staphylokokken und Pneumokokken besondeis hei Noihebt,
stets eine Infektion hervorrufen.
Es muß also jedenfalls durch andere Momente zunächst erst (ine Alte-
ration der schützenden Epithehh cke hervorgebracht sein, wodurch den Mikro-
organismen eine Eingangspforte gegeben ist. Diese Gelegenheit ist aber durch
die Anästliesie der Lider und der Hornhaut, durch Vertrocknung dersell)en
und l'jinwirkung von Ti'auma wenigstens beim Tiere leicht gegeben. Dabei
wird noch durch das Fehlen des Lidschlags und der icf lektorischen Tränen -
S(dcietion die Infektion begünstigt, weil das Al)kehren und Abspülen der Horn-
haut dabei in Wegfall konnnt, ein Umstand, wtdcher die Ansiedlung von
Mikroorganismen an der Koinea begünstigt.
Jedenfalls ist für das häufige Vorkommen von eitrigei' Keratitis nach
Trigeniinusdurchschneidung beim Tier die nicht abzuwendende In-
fektionsgefahi- als ganz hervorragender Faktoi- anzusehen.
Xacli Olleiidorff (719) ist noch außerdem zu beachten, daß bei der
Keratitis nach Tiigeminusdurchschneidung die Bakterien stets nui' auf
der Oberfläche, niemals aber im nekrotischen Bezirke selbst zu
finden sind.
270 Die mykotische Theorie.
Ix'i dem Mens eben liegen dagegen die Verhältnisse ganz anders: Wenn
Ollendorff nagt (1. c. 506) ,, jedoch entspricht bei der ül)erwiegenden Mehr-
zahl der klinischen Fälle das ganze Bild und der Verlauf so vollkommen dem-
jenigen der infektiösen Keratitis, d. b. dem einfachen Ulcus corneae, daß die
Annahme einer Infektion für diese Fälle durchaus gerechtfertigt erscheint", so
können wir nach unseren Erfahrungen diesem Urteile nicht beipfUchten,
Zumal jener S. 210 erwähnte, von uns beobachtete Fall von Trigeminus-
lähmung mit Ptosis, bei welchem sich ein bis zur Bescemeti reichender, quer-
ovaler, in der Hornhautmitte gelegener Substanzverlust entwickelt hatte,
zeigte auch nicht die geringste Ähnlichkeit mit einem Ulcus corneae.
§ 253. Leider liegen mikroskopische Untersuchungen von mensch-
lichen Bulbis mit neuroparalytischer Keratitis bis jetzt nur in drei Fällen vor.
Von diesen ist der von Tr eitel (324) l)escbriebene mit positivem Befunde
ein einfaches Ulcus corneae, welches l)ei gleichzeitig eitriger Phleg-
mone mit Gesichtserysipel (!) aufgetreten war.
Der zweite von de Schweinitz (690) beschriebene Fall entspricht in
seinem pathologisch-anatomischen Befände ebenfalls einer infektiösen, eitrigen
Keratitis mit Perforation der Hornluiut, doch fehlt hier die Angabe über
den Bakterienbefund.
In dem dritten Falle E. v. Hippels (780) unteischeidet sich das patho-
logisch-anatomische Bild in nichts von demjenigen beim Kaninchen nach
Trigeminusdurchschneidung. v. Hippel konnte jedoch in den Präparaten
nirgends Bakterien nachweisen, vermutete aber, daß gleichwohl eine ober-
flächliche Ansiedlung von Mikroorganismen stattgefunden habe, und daß
diese nachher aligespült worden seien.
Die Frage, ob die reaktive Infiltration der Kornea nach Trige-
minusdurchschneidung nicht als iino Folge der Vertrocknungsnekrose
aufgefaßt werden könne, und die gefundenen Bakterien nur als akzidentell
anzusehen wären, hatte Senf t leben für das Trauma., und Feuer für die
Vertrocknung ohne weiteres zugegeben.
Leber (782) nimmt als Ursache dieser Art von Entzündung an, daß
in den abgestorbenen Teilen Zersetzungsprodukte auftreten, welche in das
gesunde Gewelie diffundieren und dadurch eine Leukozytenauswanderung aus
den Gefäßen hervorbringen.
§ 254. Nachdem wir die experimentellen und klinischen Erfahrungen,
sowie die aus denselben hervorgegangenen Theorien über das Weseii der
Keratitis neuroparalytica ausführhch mitgeteilt und besprochen haben,
fassen wir noch einmal die aus der Pathogenese des Herpes zoster ophtha 1-
micus, sowie die aus den ohne Herpeseruptionen verlaufenen Fällen von
Trigeniinusläsion gewonnenen Gesichtspunkte kurz zusammen, um auf dieser
Basis diejenigen Anschauungen zu entwickeln, welche wir den kiaiikhaften
Ersclieiiiuiigen im Tiigeniinusgebi(!te, sofern sie das Auge l)etreffen. zugrunde
legen.
Unsere Ansicht vom Wesen der Keratitis neuroparalytica. 271
Wie wir sflioii S. '2<)'2 licrx ()i;j,cli()l)cii luihcii, IuiikIcH es sich heim Herpes
zoster opliilialniicus voiwief^a'iul iiiii einen ueiiri tischen l'njzeß, dei' sich
mit Vorliehe im Fi'ontalzweige des 1. Trigeminusastes etabliert, sich aJn^r
auch nicht selten his ins Ganglion Gasseri erstreckt. Die Frage nun, oh das
die Neuritis auslösende Agens infektiöse)', toxischer oder rein trau-
matisch-alterierender Natur sei, richtet sich nach dem einzelnen Falle, wie
dies ja unmittelbar aus dem Kapitel über die Ätiologie des Zoster sich ergibt
(8. 203).
Die charakteristische Erscheinung des Herpes zoster ophthal-
micus ist eine Bläscheneruption auf der äußeren Haut, der Konjunktiva
und Koinea. Da- nun die Conjunctiva hulbi die vordere Fläche des Augapfels
ül)erzieht und sich als Epithelschicht über die Hornhaut verbreitet, so ist
aus dieser Kontinuität der Bindehaut auch leicht zu entnehmen, warum so
häufig kiankhafte Prozesse derselben am Hornhautrande nicht Halt machen,
sondern sich auf die Oberfläche der Kornea fortsetzen. Da ferner die Kon-
junktiva entwicldungsgeschichthch aus demsel})en Keimblatte wie die äußere
Haut entsteht, so ist es leicht verständlich, daß unter Nerveneinfluß be-
wirkte Bläschenbildungen auf der Gesichtshaut auch in gleicher Weise auf
der Konjunktiva und der Kornealfläche hervortreten. Wie die Zosterbläschen
aber nicht allein eine Abhebung der Epithelschicht der Gesichtshaut, sondern
auch nicht selten einen mehr oder weniger tiefen Substanzverlust in der
Kutis erzeugen, so sehen wir betreffendenfalls bei dieser Krankheit die
oberen Schichten des Parenchyms der Binde- und Hornhaut fast
immer, und die tieferen sehr häufig in Form von Trübungen, oder mehr
oder weniger umfangreichem Epithelverlust mit leichtem oder tiefgreifendem
Zerfalle der Hornhautsubstanz, in Mitleidenschaft gezogen.
Ganz dieselben Hornhautveränderungen kann man aber in gleicher
Weise bei einer großen Anzahl derjenigen Fälle von Trigeminusläsion beobachten,
welche ohne Herpeseruption einhergehen, eine Tatsache, die wir schon auf
S. 174 und 209 näher beleuchtet haben.
Die Bläscheneruption beim Herpes zoster ophthalmicus ist
nun nach unserer Ansicht die Folge eines durch den neuritischen
oder perineuritischen Prozeß auf den Nerven ausgeübten Reizes,
was schon aus der Hyperästhesie und den heftigen Schmerzen
hervorgeht, welche dem Ausbruche der Bläschen voraufgehen,
oder doch die Eruption derselben einzuleiten pflegen.
Wenn nun die Hornhautveränderungen bei den Fällen von Trige-
minusaffektion mit Herpes zoster und ohne einen solchen ganz die gleichen
sind, und die Ursache des Herpes zoster auf einer Reizung des zugehörigen
Nerven beruht, so darf man auch bei den ohne Herpes verlaufenden
Fällen von Quintusläsion annehmen, daß ebenfalls hier ein Reiz-
zustand im Nerven bestehe, der durch irgendeinen pathologischen
Prozeß Ijedingt und unterhalten werde. Für diesen Analogie-
schluß diü'fte auch der Umstand sprechen, daß zwischen den Schulfällen
272 Unsere Ansicht vom Wesen der Keratitis neuroparalytica.
A'uii Herpes Zoster ()})hthtiliiiiciis uihI den ohne Her})es eiiiliergelieiideii
organischen Trigeniinusläsionen zahlreiche Übergänge existieren, wie
z. B, in unserem nachlier zu scliihlernde]! Falle L., bei welchem eine
Trigeminusläsion ohne Herpes zoster bestand, ab; r die Keratitis neuro-
paralytica mit Bläschenbildung (durch die Westiensche Lupe konsta-
tiert) einherging. Andererseits kommen Fälle zur Beobachtung mit beträcht-
licher Anästhesie im Quintusgebiete, mit großem Substanzverluste der Horn-
haut und ganz spärlicher Herpesbläschenentwicklung, wie in unserem
Falle E. R. S. 207. .
Daß die trophischen Störungen gerade in der Kornea besonders
evident zutage treten, dihfte in der Durchsichtigkeit und Gefäßlosigkeit
dieses Organs begründet sein, bei dem dann auch die geringste Alteration,
zumal unter Anwendung des Hornhautmikroskopes, leicht zu konstatieren ist.
§ 255. Mit den trophisch-vasomotorischen Störungen bei Alteration des
Trigeminus hatten wir uns früher (S. 145) schon eingehend beschäftigt;
nicht genügend haben wir aber dort hervorgehol)en, wie häufig sich öde ma-
töse Veränderungen zu Alterationen in den peripheren Nerven
hinzugesellen. Weir Mitchell (804) hat in 106 Fällen Ödem als
Vorläufer oder Begleiter einer Neuralgie auftreten sehen. Namenthcb nach
Neivenverletzungen beobachtet man häufig Ödeme in den betreffenden
Teilen. So sahen wir in zwei Fällen nach Verletzungen des Medianus hart-
näcldge Ödeme der Finger. In dem einen derselben trat erst Heilung nach
Freilegung des Nerven von dem ihn bedrängenden Sarkomgewebe ein, Herbert
Majo (805) fand bei einer Verletzung des Quintus die entsprechende Gesichts-
hälfte kurz darauf ödematös geschwollen, bei gleichzeitiger Anästhesie dei'
Haut und Zugrundegehen der Kornea auf derselben Seite. Es muß jeden-
falls in solchen Falken in Betracht gezogen werden, daß die Hoi'nhaut-
tiübung die Folge eines trophopathischen Ödems darstellen kann.
Daß die trophische Störung bei der Keratitis neuroparalytica
aucli in Form von Bläschen auftritt, haben wir schon mehrfach tn'wähnt.
Endlicli ist festgestellt, daß, ebenso wie nach zentralen Nerven-
erkrankungen, auch nach Entzündung und Verletzung peripherer Nei'ven
Nekrosen, Gangrän und Geschwüre eintreten können. Schon fiiiher
erwähnten wir des gangränösen Herpes zostei'. Weir ^Mitchell (804)
sah ebenso wie Gubler (806) u. a. Ulzerationen der Haut nach Verletzung
von Nerven auftreten. Wir selbst J)eobacliteten einen hierhergehörigen Fall
im Jahiv 1893.
Ein 12jähriffer Knabe fiel mit der linken Hand so in eine Glasscheibe, daß der
N. medianiis beinahe vöUijif durchtrennt war. Die Wunde wurde ohne BeriUk'^ichtigung
des Nerven zugenäht und heilte. In der f\)lf,'e entwickelte sich eine Atrophie mit Ent-
artungsreaktion der vom Medianus versoi-gtcn Handmiiskeln. J)ie Finger konnten nicht
gebeugt werden, sie waren bläidichrot und kühler als die Finger der rechten Hand. An
den Kuppen des 2., 3. und 4. Fingcjs bcliinden sich runde Geschwüre. Dr. Cordua
legte den Medianus frei luid exzidierte die verdickte, den Nerven bedrängende Narbe,
so daß der Medianus befreit wurde. Die Wunde vernarbte. Es trat allmählich völlige Heilung
ünsoro Ansiclii vom Wesen der Keratilis neuroparalytica. 273
der ( le.-riiw iire ein, die 1 la ndiiiiiskeln erlanuleii ihr normales N'oliimen und ihre elektrische
lOrre^^harkeit w iedei'.
Audi Lei oi )• (S()7) teilte rini^c n-olKicliliiiiocti iiiil. hei (Iciicii er in don
pcri plu'icii I'jIkIch solclicf X('tA('n/,\V!M\u;(', die cf ;uis der Umgebung von
dnicli ( i:iMoi:iii uiid audcic L'l/ciatioiicn A-ciiindciteii ILiutpiirticii cntnoirnncii
liatlc. die XciNcnf asern wesentlich ii iiigc waiidid t Fand, wäliicnd
die /eil I la I pa !' I icii iiiid die (laiiglicii sicli als \- (') 1 1 i g iiilalvt ci'-
wii'scii. WViiM ;icli aus dieser /jusa,nnneii.st,e!lting eigehcM liat, daß die drei
l'oiiiicii i\rr liopliisclien Störung: Odem, Hläschenbild ung und Nekrose
i'csp. ( I ('S(di w ii r als l*\>lg(' aoü pcii plici'en Xer\C!ist(")r(ingen sich mani-
l'csticien, so Aveisti diese 'ratsache aus (](')■ Nei'venpailiologie (Uu'auf hin, daß
die ang(d'ülnt(-n tro})hischen Störungen durch Eiivtankung aucli des ])eri-
])hcren 'l.'eils des Trigcuiinus in gleichei Weise auf der iloiiihaiit heixor-
gerufen Weiden ktiiniten.
§ '25(). Von allen Theorien nun ül)er die trophischen Störungen im all-
gemeinen (S. loS) halten wii' die Charcotschr Annahme im diejenige, welche
am klarsten u^.^^] ungezwungensten alle die trophischen Hornliautverändt'rungen
erklärt, welche wir in dem Sammelnamen einer Keratitis neuropai'alytica
zusammenzufassen pflegen. Darum führen auch wir die Keratitis neuro-
paralytica auf Rei zz ustäiide im Tri Ji'ei» i " usgebiete zurück.
Wie ans unseren Zusammenstellungen zahlreicher klinischer Beobach-
tungen, aus dem Studium des Angriffspunktes der ki'ankmachenden Ursache
und aus der Art dei'selben hervorgeht, darf man mit ziemlicher Sicherheit
die Behauptung aufstellen, daß das Auftreten der Keratitis neuroparah'tica
nicht an bestimmte Örtlichkeiten im Verlaufe des Trigeminus (entgegen-
gesetzt der früheren Anschauung siehe S. 234) geknüpft ist.
Anders verhält es sich jedoch mit dem Wesen des Krankheitsherdes
selbst lind der Art seiner pathologischen Einwirkung auf den Qaintus, indem
es bezüglich des eventuellen Hervortretens einer Keratitis neuroparalytica
voi" allem auf das ^Moment der Reizeinwirkung selbst an einer beliebigen
Stelle im Verlaufe des Trigeminus, in zweiter Linie aber auch auf die Qualität
(Tumor, Al)szeß, Entzündung usav.) der krankmachenden Ursache ankommt.
Nur in diesem Sinne lassen sich unserer Ansicht nach die vielfach zitierteji
Krauseschen Befunde nach Exstirpation des Ganglion Gasseri deuten,
die ja firr die Physiologie des Trigeminus so außerordentlich klärend gewirkt
haben. Zunächst ist mit der positiven Tatsache, daß nach so vielen, durch-
aus gelungenen Ganglionexstirpationen keine Keratitis neuroparalytica zur
EntAA-icklung gekommen war, die Amiahme rein trophischer Nerven-
fasern nicht vereinbar. Wie aber steht es mit den nach Krause operierten
Fällen, liei welchen doch eine neuroparaly tische Hornhautentzündung zu-
stande gekommen war? Hierbei ist der Umstand im Auge zu behalten,
daß die Krausesche Ganglienexstirpation eine außerordentlich schwierige
Operation darstellt. l)ei der es zu erheblichen Zerrungen und Rei-
zungen iler Trige minusäste kommen kann. Erklärt <loch Ki'ause
Wilbrand-Saenger, Neurologie des Auges, II. Bd. I. Abteilung. 18
274 Unsere Ansiflit vom Wesen der Keratitis neuro ]')aralytica.
selbst (li(' Veriiiinderuni;- dei' Träneiisekretion in einem seiner Fälle durcli
Zerrung des N. petros. superf. major (eine Ansicht, die wir übrigens nicht
teilen). Beweisender wäre der Fall Krauses, ])ei dem nach peripherer
Entfernung des I. Trigeminusastes eine Keratitis' neuroparalytica vielleicht
dadurch eintrat, daß der N. supraorbitahs möglichst weit hinten bloßgelegt
und nach dem Thierschschen Verfahren herausgedreht wurde, wobei
natürlich ein großer Reiz des zentralen Stumpfes gesetzt werden mußte. Hat
doch auch Spalitta (721) darauf hingewiesen, daß die Operation am Ganghon
Gasseri sich als Reiz betätigen könne.
Ferner kann, wie schon erwähnt, in der ^• ollständigen Unterbrechung
der Trigeminusleitung, sei es im Ganglion, sei es im Stamme, nicht die Ursache
für das Auftreten der Keratitis neuroparalytica gelegen sein, denn sonst müßte
sie in jedem nach Krause operierten Falle eintreten.
Als weitere Schlußfolgerung aus den Krauseschen Operationen ohne
Keratitis neuroparalytica darf man annehmen, daß die trophischen Störungen
an der Kornea nicht als eine etwaige Hemmung an ein Nervenzentrum ge-
knüpfter Funktionen aufzufassen sind, sondern vielmehr als eine Reizung,
Kornea
Oi p Kernwiirzel-
<^^cS^ region des
Trigenüiiiis
l
Aiiftriffspuiikt de« Krankheitsherdes
Fig. 45.
die sich in Schmerzen und dystrophischen Prozessen neben Lähnmngszu-
ständen zu äußern pflegt. So kann ein im Verlaufe der Trigeminusbahn vor-
handener Krankheitsherd einen Reizzustand nach der Peripherie hin
unterhalten, zentralwärts aber die Leitung behindern, ja völlig
unterbrechen.
§ 257. Gehen wir auf diesen wichtigen Punkt genauer ein, so sehen wir.
daß klinisch verschiedene Modalitäten für das Zustandekommen der
in Rede stehenden Erscheinungen möglich sind, die wir uns an dei' Hand des
fidgeiiden einfachen Schemas Fig. 45 veranschaulichen wollen, wol)ci die
Trigeminusleitung von der Kornea l^is zum Kerne a—ß im Sinne des I. Astes
gedacht werden muß:
a) Der Kraiddieitsherd ^ bedingt einen Reizzustand im peripheren
Stücke a der Trigeminusbahn, wodurch eine Keratitis neuro-
paralytica hervorgerufen wird. Die Leitung a — ß ist aber durcli
iXi^ii Krankheitsherd nicht unterbrochen. Sensible Störung(Mi
treten darum entweder gar nicht, odci' '\\\ der Foini \'on
Hyperästhesie oder Neuralgie auf.
Klinisch l)eobachten wir:
1. Fälle ^•on Trigcuiiiuisläsiou, bi'i welchen trotz et hiilleii ge bl ie[)eHei-
Sensibilität der Kornea eine Keratitis neuroparalytica. zur
Unsere Ansichl xoin Wesen der Keratitis neuroparalytica. 275
l^liitAvickliiii.i;' Ix'iiiii. \Vrii,l('i('Iic die J''ällc xoii SacJuiscli, Liindült,
(li;ifl' S. 2r)()!
Mitic 1 1 y pci'äsilicsic dci' Jvoiiica mit Jvcr;iti tis iicui'opiU'iily tica.
Vcioiciclic die l'iillc (Ich kill. I'oiieci uinl Simon S. 248!
li) her l\.r;i!d\li('i(sli('i(l iiiit'>'tiiält einen lleizzustand in zeiidijxdiiler
llicliliiiii;' im liezitlce ß der Tiifreminusläsion, während die taktilen
l'jiii(liii(d\e von der Jvornea nicht nach dem Zentrum hin gehingen,
Aveil die Ijeitunii,' ;in dem Sitze des Krankheitsherdes unterijroelieu ist.
Es handelt sich (Uum nm den klinischen Symptomenkom})lex der
Anaesthesia dolorosa ohne Keratitis n(nu'oparalytica. Vgl.
die Fälle Oppenheim S. 75, Goodhart S. 74, Wallenberg
S. 77. Pick S. 70 mid Morton S. 119!
c) IJei denjenigen Fällen jedoch, bei welchen zu dem oben erwähnten
Symptomen k()m})lexe der Anaesthesia dolorosa sich eine Kera-
titis neuroparalytica hin^jUgesellthat, wie in den Beobachtung(ni
von Fenger (S. 94), Bell und Eosenthai (S. 119), mußte der
Kranldieitsherd so gewirkt haben, daß derselbe zwar die Trige-
minusleitung an irgendeiner Stelle ganz aufgehoben, jedoch sowolil
zentrifugal in der Pachtung a, als zentripetal in der Eichtung ß
einen Eeizzustand unterhalten hatte. (Selbstverständlich nur solange
die Eeizfähigkeit der peripheren Nerven noch erhalten geblieben war.)
d) Wenn die taktilen Eeize von der Kornea nicht mehr nach dem
Trigeminuskern gelangen, weil die zentripetale Leitung am Sitze
des Ki'ankheitsherdes gänzlich unterbrochen ist, und am Krank-
heitsherde keinerlei Eeizsymptome weder in zentripetaler noch
peripherer Eichtung ausgelöst w^erden, dann entsteht eine einfache
Anästhesie der Kornea ohne Keratitis neuroparalytica.
Hierfür sind die Krauseschen Exstirpatiorien ohne Keratitis
neuroparalytica das klassische Beispiel, sowie eine große Eeihe
der in den Tabellen aufgeführten Fälle S. 214 u. f.
e) Wird dagegen vom Krankheitsherd ein Eeizzustand im peripheren
Ende des Trigeminus a unterhalten, so kann eine Keratitis neuro-
paralytica entstehen. Der dadurch in der Hornha.ut gesetzte Eeiz-
zustand wird jedoch dann nicht als Hyperästhesie empfunden,
wenn der Krankheitsherd zugleich die Leitung nach dem Zentrum
hin unterbrochen hat. Dahin gehören die zahlreichen Fälle von
Keratitis neuroparalytica mit Anästhesie der Hornhaut,
siehe die Tabelle S. 214 u. f.
f) Ist aber die Leitung in dem Sitze des Kranklieitsherdes dabei
nicht unterbrochen, so tritt eine meist heftige Neuralgie auf,
wie in den Fällen S. 74 Hulke, Hutchinson, Türk, Skae;
S. 75 Hansch, Bezold; S. 76 Eomberg, Freud, Chouppe;
• S. 77 Schuh, Sabrazes und der noch nicht erwähnte Fall von
Worms (Eumpf, D. syph. Erkr. d. Nervens. S. 482):
18*
27ß Unsere Ansicht vom Wesen der Keratitis neuroparalytica.
39jähriger luetischer Soldat. Linksseitige heftige Trigeminusneuralgie im ganzen
Quintiisgebiet, ohne weitere Komplikation. Heilung durch antiluetischc Kur. Zwei Monate
darauf epileptische Anfälle, Koma, rechtsseitige Kontraktur der Extremitäten. Sektion:
Außer frischen meningitischen Veränderungen fand sich ein älterer Prozeß am Ganglion
Gasseri. Das Ganglion war komprimiert und eingehüllt in eine speckige Masse mit frischer
eitriger Umgebung.
g) Das späte Auftreten einer Kei'atitis neiiruparalytica nach längerem
Bestände der Kornealanästhesie, wie in den Fällen von Francke,
Hirschberg, Jany, Pufalil und Nieden (vgl. B. 250) ließe
sicli nach unserer Ansicht dadurch erklären , daß sich in
dem degenerierten Nerven neue Fasern regeneriert haben,
die nachher von ihrer pathologisch veränderten Umgebung gereizt
wurden, oder es waren noch einige leitende Fasern erhalten
geblieben, die dann später einer Heizung verfielen. So sahen
vdr in unserem Falle L., trotz langen Bestandes des metastatischen
Karzinoms an der Schädelbasis, in dem Tumor nelien den Eesten
untergegangener Fasern des Quintus (siehe Fig. 47) noch leidlich
oder absolut gut erhaltene Fasern. Klinisch fand dieser Umstand
vielleicht seinen Ausdruck in der nur regionären Anästhesie der
Kornea. Überhaupt möcliten wir besonders auf die Notwendig-
keit hinweisen, die Sensibilitätsprüfungen sehr genau und
öfter anzustellen, man wird dann manchmal noch insulares Er-
haltensein einiger Gefülüsqualitäten konstatieren in Fällen, wo bei
einer flüchtigeren Untersuchung ein totaler Sensibilitätsverlust
notiert worden war. So konstatierten wir in unserem Falle E. R.
Fig. 38 S. 207 bei der hochgradigen Anästhesie des vorderen Bulbus-
abschnittes eine empfindliche Zone am unteren Augenlid in der
Nähe des Tränenpunktes.
§ 258. Um nicht mißverstanden zu werden, möchten wir noch einmal
besonders hervorheben, daß die tropbischen Störungen auch durch die Reizung
der zentralen Abschnitte des Nervensystems zustande konnnen können.
Sehen wir doch aus unserer Zusammenstellung (S, 231) das für das Zu-
standekommen der Keratitis neuroparalytica bedeutsame Faktum hervor-
treten, daß als häufigster Angriffspunkt des krankhaften Prozesses gerade
das Kern- und Wurzelgebiet des Trigeminus bei Ponsaffektionen zu be-
zeichnen ist.
Es braucht nicht l)esonders erwiesen zu Werden, daß die häufigste schwere
trophische Störung, dei- Dtdmbitus ani Kreuzbein, meist als Folge einer spi-
nalen Erkrankung eintritt. Aber auch hier sehen wir nicht selten, daß es sich
nicht um eine totale Zerstörung im Zentralorgan handelt, sondern oft um
])artielle schwere Tjäsionen mit meist noch erhaltenem Nervengewebe.
So sahen wir z. B. eine außerordentlich schwere symmetrische Gangrän bei einer
traumatischen Hämatomyelie eintreten, bei der es sich nur um partielle Erweichungen
und Hämorrhagien in die graue Substanz speziell der Hinterhörner gehandelt hatte.
Auch in den beiden von Head und Campbell bescbiielx'uen luikro-
skopiscbeii Belinideii (vgl. S. UM und U)5, Fig. 3(j und 37) wai' die Alteration
Unsere Ansicht \^um Wesen der Keratitis neuroparalytica. 277
des G;ui,!^di(iii (liiss.'ii ciiic / i riai niski'i p t c Xiicli Aiuilo^ic dieses Befundes
l)eti;tclil('ii aiicli wii' die Miii;iliruiii;ssl()riiii^f hc/ÜLdieli dcf Ivcrndiiis neuro-
para ly t icii lud 1 1 i'i pes zosi-ci' als a-hliäimi.^ \()\i dci- \()riicliiiili(di(ii Hcizuiijjf
ilt'i die licl ivlfcüdc l\(»iiir;i IrcL^Moti iniiciNiciciidcti l''as('i'ii (\i'<. Trigciniiius.
!< •l')\K Ziii llidx'iäi'tij^unjj, iniscici' Aiisiidil \V(ill"ii wir /uiiächst eine eigene
l')C(di;i(di1iiii,Li, \(iii Keratitis neu ropiu a lyiicii iiiii Scktionsbef und hici-
cinscdiiiltcii, l)(\i»i- wii- zur Uc-cdirciliuii^ des Verlaufes der Jveratitis
ueuropaiidytica uns weiideii.
Friui Luise 1^., 52 Jahre ;ill, machte lSi).'5 eine Ojiciatioii (Imcli ( lv\s t i rpa t Ion
(Icf reeliteii Mamma und Ausräumun<f der AchseUiöhle). .Seit (l.iesor Zeit gesund
l)is Anfaiifr August 1900. Damals kam allmiihlieh eine reelitsseitige Fazialislähmung
zur Entwiekhini;. Kurze Zeit daiauf stellten sieh auch neu lalgisehe Beschwerden
iui HH'hten Trigeminus ein, welehe bis zur Zeit des Aufnalimestatus noch fortbestanden.
Anamnestisch war nichts von Bedeutung zu eruieren, da Patientin immer gesund
ge\ve.-en sein will. Sie hatte vor ihrer Aufnahme auf die Abteilung des Herrn Dr. Grisson
im hiesigen Freimaurerkrankenhause, der uns die Patientin zu untersuchen und zu })eobaehten
gestattete, 6 — 8 Flaschen Jodkaliiuu ohne P^rfolg genommen.
Status (9. November 1900). Die Patientin klagt ü})er Schmerzen in der rechten
Seite des Kopfes, welche nach dem Ohr durchziehen. Auf dem letzteren hört Patientin
schlechter als auf dem linken.
Rechts besteht Lagoplit lial mus. Heim Versuche dieses Auge zu scliließen, flielit
der Bulbus nach oben.
Seit 7 Wochen besteht Do]»pel tselien infolge von rechtsseitiger Abduzens-
parese.
Die Pujjillen sind gleich, reagieren gut auf Licht. (Die rechte vielleicht ctwaa
weniger.) Der Korncalreflex fehlt. Fundus oculi ganz normal.
Die Conjunctiva sclerae et palpebrae erscheint etwas gerötet.
Die Sensibilität ist in allen drei Asten des Trigemimis erloschen.
Es besteht eine totale periphere Fazialislähmung.
Auffallend war, daß auf dem rechten Auge das Blendungsgefühl fehlte.
Am 13. November nahmen wir einen genaueren Status auf:
In allen drei Ästen des rechten Trigeminusgebietes besteht sowohl für Pinsel-
berührungen wie für Nadelstiche eine völlige Ijnempfindlichkeit. Der Temperatur-
sinn ist ebenfalls herabgesetzt. Sehr bemerkenswert ist die Empfindung der
Patientin, als ob das rechte Auge ,, fröre", ,,als ob sie Zug kriegte" und das Auge
,, eisig" sei. Zu kauen vermag die Patientin ganz gut. Die Gesichtshaut zeigt rechts
keine Veränderung gegen links. Es sind an der Haut keinerlei trophische oder vaso-
motorische Störungen zu konstatieren.
Die Augenbewegungen sind nach allen Richtungen hin frei; nur der rechte Ab-
duzens ist gelähmt.
Es besteht eine rechtsseitige totale Fazialislähmung (Lagophthalmus, Be-
teiligung des Geschmackes an der Zungenspitze, Zungengrund rechts tiefer; Gaumensegel
bleibt rechts zurück). Beim Weinen ist das rechte Auge tränenlos. Berührt oder reizt
man die Kornea oder die Konjunktiva, tritt weder Tränensekretion noch reflektori-
scher Lidschluß auf.
Auf der ganzen Oberfläche der Hornhaut besteht eine leichte Trübung, Schwellung
und Abstippung der Epithelschicht. Stellenweise, und über die ganze Kornealf lache zerstreut,
sieht man sehr kleine, steeknadelspitzgroße Bläschen unter der Oberfläche des Horn-
luiutejiithels. Nach unten außen befindet sich radienförmig eine ^y', ^""1 lange, strichförmige,
oberfläclüiche Trübung, die an einzelnen Stellen zu punktförmiger Trübung sich erweitert.
Die Oberfläche der Kornea ist trocken, oder mit zähem Schleim bedeckt.
278 Unsere Ansicht vom Wesen der Keratitis neuroiiaralytica.
Die Kornea und Conjunctiva bulbi zeigt regionäre Anästhesie in folgender
Anordnung :
Die ganze mediane Fläche der Bindehaut zwischen Kaninkel und Korneahvand völlig
anästhetisch. Auch setzt sich das Gebiet vollständiger Anästliei-ic ungefähr bis zum vertikalen
Meridian der Kornea fort. Der laterale Abschnitt der Hornhaut, sowie der laterale Teil der
Bindehaut ist hy per ästhetisch.
Die Pupillen sind gleichucit und reagieren in gleicher Weise deutlich auf Licht
und bei Konvergenz.
Der Augenhintergrund ist beiderseits normal.
Der intraokulare Druck errcheint rechts deutlich gegen links herabgesetzt.
Ohne das geringste Blendungsgefühl kann Patientin bei erweiterter Pujjille,
und trotz ihrer Kornealaffektion ruhig in die helle Lampe sehen.
Der Geruch ist auf dem rechten Nasenloch deutlich herabgesetzt gegen links. (Mangel
der Befeuchtung der Nasenschleimbaut durch Tränenflüssigkeit.)
Der Gesch mack ist im vorderen Drittel der rechten Zungenhälfte zweifellos gestört;
an den übrigen Partien der Zunge erhalten.
Das Sensorium ist frei. Patientin macht einen lebhaften, ja vergnügten Eindruck,
klagt heilte gar nicht.
Was die übrige Untersuchung der Patientin betrifft, so finden sich keine wesentlichen
Veränderungen. Der Urin ist frei von Eiweiß und Zucker.
Am 26. Oktober starkes Erbrechen. Ende Oktober heftige Schmerzen im rechten
Quintusgebiete.
Anfang November. Mehrmaliges Erbrechen des Morgens. Sehr starke Schmerzen
in der rechten Kopfseite.
L5. November. Die ganze Nacht Erlirechcn.
Ende November. Patientin ist benommen; reagiert kaum auf Anruf. Puls sehr
schlecht.
12. Dezember. Trachealrasseln. Am folgenden Tag Exitus.
Sektion am 14. Dezember. Mäßig abgemagerte Leiche. An der Kalotte keine
Verändern ngen. Dura glatt an der Innenfläche. An der Basis des Gehirns ein .3..5 cm langer
und 3 cm breiter, mit unregelmäßiger Oberfläche versehener, derber Tumor zwischen der
medialen Fläche der unteren inneren Seite des Temporallappens und der lateralen Seite
der Brücke vor der Vorderfläche des Kleinhirns, woselbst der Flocculus von der Geschwulst
vollständig bedeckt ist (siehe Fig. 46). Mit dem Tumor im Zusammenhange stehen Gefäße,
welche direkt von der A. basilaris seitlich abgehen. Dieselben verlaufen scheinbar gerades-
wegs in die Geschwvxlst hinein.
Der N. abducens ist mit dem Tumor verwachsen und zeigt in der Mitte seines Ver-
laufes zwischen Geschwulst und Ursprungsstelle an der Brücke eine kolbige Verdickung,
die das Doppelte seines Umfanges beträgt.
Der N. trigeminus ist vollständig bedeckt vom Tumor, der ihn total umwachsen
hat, und zwar direkt nach seinem Austritte aus dem Pons.
Der Fazialis und Akustikus scheinen ebenfalls vom Tumor umwachsen.
Wenn man den letzteren etwas lüftet, so sieht man die laterale Seite des Pons stark
eingedrückt und in der Form verändert. Die rechte vordere Partie der Felsenbeinpyramide
ist durch den Tumor so erweicht, daß sich sehr leicht ein stark walnußgroßes Stück heraus-
schlagen ließ. Das Ganglion Gasseri konnte nicht herauspräpariert werden.
Der Trigeminus war vollständig in der Geschwulst aufgegangen.
Die Pia war leicht abziehbar, nirgends getrübt. Auf der Oberfläche des Gehirns,
sowie auf sämtlichen Durchschnitten waren keine wesentlichen Veränderungen zu konsta-
tieren. Nirgends fand sich eine Geschwulstmetastase: weder im Hirnstamm, noch Pons, noch
in der Medulla oblongata. Im Pons erschien die Partie, die infolge des außen anliegenden
Tumors komprimiert war, bjutrciclicr, was sich nacli der l'\)riii()Ihärtung duicli dunklere
Verfärbung kund tat.
Unsere Ansicht vom Wesen der Keratitis ncmopaialytica.
279
Was die ül)rige .Sektion hetiift't, so fand sich aiiBci- kleinen (Icsehwidstnietastasen
an der Lcherolicrflächc und. einem sul)serösen Utenismyoiii nielils Px-merkcnswertes.
I )(■!■ 'ruiiKir w iiide xdisiclitiu losgelöst, in M ii 1 1 ci scher l''liissi<_'keit jrcliärtet, in Zelloidin
eingehitU't und dann in Serienselinitte zerlegt.
Fig. 4>i.
L. L. Trigeminuslähmung mit Keratitis neuroparalytica. Karzinomatöser Tumor rechts an
der Hirnbasis zwischen Temporallappen, Pons, Medulla oblongata imd Kleinhirn.
Es zeigte sich, daß der größte Teil des Trigeminus völlig untergegangen, aber noch
eine Anzahl Fasern übrig geblieben war, die zum Teil noch gut erhalten, zum Teil ver-
schieden stark degeneriert erschienen, wie aus den Abbildungen Fig. 47 und 48 ersicht-
lich ist.
Besondeis deutlich liel.? siih diese Tatsache mittels der Weigertschen Hämatoxylin-
f ärbung .nachweisen. An manchen Stellen waren die Markscheiden stark aufgequollen ;
an anderen unter körnigem Zerfall untergegangen (siehe Fig. 48). An einigen Stellen fand
280
Unsere Ansicht vom Wesen der Keratitis neuroparalytica.
man nur Schollen und Kcirner, welche die übrig gebliebene Seh wann. sehe Scheide aus-
füllten.
Als tehr interessant und aucli häufig zeigte s-ich uns das Bild, worin die Karzinomzellen
lÄ
Fig. 47.
L. L. Trigeminuslähmung mit Keratitis
neuroparalytica. Erhaltene Nervenfasern
des Quintusstammes im karzinomatösen
Gewebe. Leitz, Nr. 7, Ocul. 1. Hämato-
xylinfärbung nach Weigert.
Fig. 48.
L. L. Teilweis erhaltene, teilweis de-
generierte Stammfasern des Quintus im
karzinomatösen Gewebe. Leitz, Nr. 7,
Ocul. 1. Hämatoxylinfärbung nach
Weigert.
die einzelnen Nervenfaf-ern in i^arallele Züge zerlegt und, so die reinen Zerzupfungsbilder eines
Nerven zuAvege gebracht hatten (s. Fig. 47, 48 und 49). Die Nervenfasern waren daselbst
ganz erhalten und zeigten an manchen Stellen oft gar
keine Degeneration. Sie waren eben nur auseinander-
gedrängt und mehr oder weniger in ihrer Form beein-
trächtigt, so daß sie stellenweise wie abgeknickt er-
schienen.
In der Nähe der Stellen, wo sich Myelinkugeln
und Tropfen vorfanden, zeigten sich zahlreiche Körn-
chenzellen in dem Tumor, in welchem neben zahlreichen
Hämorrhagien auch eine Hyperplasie des Bindegewebes
mit Kernwucherungen auffiel.
Makroskopisch fanden sich in dem Tumor an drei
verschiedenen Stellen Nervenfasern. Ungefähr durch die
Mitte ging der größte Zug in einer Flucht, nur nicht in
einer Ebene gelegen. Dies waren die Beste desTrigeminus.
An der Peripherie fanden sich noch an zwei ver-
schiedenen Stellen erhaltene und teilweise degenerierte
Nervenzüge, die wahrscheinlich dem Fazialis und. Ab-
(Uizcns angehörten.
Was den Tumor selbst betrifft, so hanflelte es
sich nm ein einfaches Zylinderzellenkarzinom mit reich-
licher Entwicklung von Zellnestcrn. Es war jedenfalls
eine Metastase des früher exzidierten Mammakarzinoms.
Dieser Fall liefert einen guten Beweis für
inisere Anschamuig betr. (\v)^ Zustatidclconiinens
einer Keratitis n(Hir()])aiaiyti('a. Die niikioslcopiselie Untersiielning zei!j;t(\
(biß ixot'A des klinischen Syiii})t()iiicii]<(iiii|)h>.\cs der totalen Trigeniinus-
Mg. 4H.
L. L. Zerfaserung desNerven durch
Karzinomgewebe. Die reiserähn-
lichen dunklen Züge sind die ein-
zelnen auseinandergezerrtenTrige-
minusstammf asern im karzinoma-
tösenGewebe. Mikrophotographie.
Leitz, 3, Ocul. 8. Hämatoxy-
linfärbung nach Weigert.
Der X'iTlauf der Krratitis lu-uroparalytiea. 281
liiliimiii'^- eine gaii/c AiiZiilil xoii Ti iuciiiinusfastTii iiiclil degeneriert (vgl.
J^'ig. 47). Jilro leltuiigs- 1111(1 n'i/iiiigsl'äliig gehliehiui Wiir. ein ITmstaii'l, auf
Avelclicii schon klinisch (he ;inl' der Koi'nea und Konjuiiktix ;i NoriiniHleiien livper-
äslhctischcn Zonen hinweisen niiil.iten. Diese eihiilten ue hl i e he ii en
Trige niiniisfaS(M'n aus deui I. Aste scdieii av i i' iiiin als den Tiägei-
des Eci/es !Ui . d ei' s clili eßli ( h zur En t wi ck 1 u n g d er Ivera titis neuro-
pa r;i I y I i c;i führen iiiiil.Ke. I>ei- Heiz selhsl iiher winde her\ orgenil'en
teils (hirc!i »he mechanische Ausei]i;iiiderzerriing i\i-r eiMzehi( n .\ei\ cnriisern.
teils durch die 1 )ruckAviikin)g der ]vai'ziii()Ui/ellen auf die noch eilialteiien,
teils durch den Degeiieralionsx'orgaiig in den noch vorhandenen Xeivenfasern.
Jedenfa.lls geht aus unseren Präparaten auch die hohe Mt;ilital der peripheren
Ner\-i'iifaser Geschwülsten gegenüher hervor.
Der Verlauf der Keratitis neuroparalytica.
§ 2()0. "Die Schwere der nicht durch Inhdction nach J*'pith(ddef(d\ten
k()nii)li/ierten Keiatitis neuroparalytica ist ahhängig von der Intensität der
Eeizung und der Zahl der gereizten Fasern im betreffenden Nervenahschnittc.
Diese iH'dingungt'n konnten wir l)esonders deutlich in unserem vorhin
aiisführlicliei- mitgeteilten Falle L. studieren. Es handelte sich hei dieser
Beobachtung um eine mächtige Reizeinwirkung in Form eines karzinomatösen
Tumors, der den gi'ößten Teil des Trigemirms zerstört hatte. Nur wenige
Fasern waren dort noch erhalten geblieben. Dabei waren sit^ auseinander-
gedrängt und verliefen zum Teil isoliert, sowie mehr oder minder bedrängt
durch die dazwischen gewachsenen Zellen (siehe Fig. 47). Dementsprechend
konnte die Keratitis neuroparalytica in diesem Falle auch nur mit mäßiger
Intensität in die Erscheinung treten, eben weil nur eine geringe Menge
gereizte!' I.eitungsf asern noch übrig geblieben war.
§ 261. Im allgemeinen ist die Keratitis neuroparalytica eine Zeitlang
progressiv, verhält sich dann stationär und geht schließlich mit oder ohne
Narbenbildung in Heilung über. Dies ist namentlich der Fall, wenn die
Reizungen am betroffenen Nervenabschnitte aufhören, sei es nun, daß
die pathogenetischen Prozesse sich zurückbilden, sei es, daß dieselben eine
völlige Zerstörung des Nerven resp. seiner die Hornhaut versorgenden Pasern
herbeiführen, oder daß der Nerv total entartet, weil er vcm seinem trophischen
Zentrum durch den Krankheitsherd getremit wurde ^). Unterstützt wird
die Regeneration der Kornea durch die vasomotorische Reizung (neuro-
paralytische Hyperämie), indem daduich für den lokalen Stoffwechsel
gimstigere Bedingungen geschaffen werden. Verzögert , ja vielleicht un-
möglich gemacht, wird aber die Regeneration, wenn eine Infektion der
Hornhaut, sei sie exogen oder endogen erfolgt ist. Einsehr lange be-
stehender Reizzustand bietet natürlich l)ei vorhandenem Epithelverlust den im
^) Auf diese Weise erklärte sich auch der ungestörte Heilungsverlauf durch operative
Eingriffe Jiesetzter Kornealwunden bei vollkommener Anästhesie der Hornhaut, wie in dem
Falle von Feuer 8. 2.')0 und dem von Millincen S. 00.
282 Der Verlauf der Keratitis neuroparalytica.
Koiijunktividi^ackt" Ijt'inahe stets vüihaudenen InfektionseiTcgern leicht Gelecjeii-
heit, die rein trophische HtöruDg in eine eclite, zum Verfall der Hornhaut führende
Entzündung umzuwandeln (vgl. H. 218 Nr. 45, Fall Fenger, Fall Kahler (691)
und Fall Laqueur (734). So kann liei einem Epithelverlust der Horn-
haut (entweder durch Platzen von Her[)esl)läsclK-n, oder durch flächenhafte
Ahstoßung der Epithelschicht) durch ektogene Infektion ein echtes Ulcus
sei'pens entstehen. Durch endogene Infektion vermag sich ein Hornhaut-
abszeß mit Hypopyon resp. Iritis und Iridochorioiditis zu [)il(!en,
ja es kann schließlich selbst zu einer Panoi)hthal mitis kommen, wie im
Falle Kahler (691). Wieder in anderen Fällen, wie z. B. in der Beobachtung
Culbertsons (733) kam es zu einem vollständigen Leukom der Horn-
liaut. In dem Falle Hippels entwickelte sich ein Leucoma adhaerens.
In der Beobaclitung Janys (494) trat nach fünf Monaten eine Ijedeutende
Klärung der Kornea ein und in Niedens Falle (766) mit ulzeröser Zei'störung
der Hoinhaut. Hypopyonl^ildung und sekundärer Iritis mit spontaner Per-
foration des Geschwürs, wurde schließlich ein so günstiger Ausgang erzielt, daß
nur ein stecknadelkopfgroßes Leukom zurückgeblieben war. In der Beobach-
tung Sachsalbers (712) gelangte eine doppeltseitige Keratitis neuroparalytica
imierhalb zweier Monate mit Hinterlassung einiger Trübungen zur Heilung.
Natürlich wird die Kornea um so leichter ulzerös erkranken, wenn, wie
in jenem S. 239 erwähnten Falle K ahlers zu einem bestehenden Lagophthalmus
noch eine Pieizung des Trigeminus hinzutritt, oder wenn zu einer vorhandenen
Keratitis neuroparalytica noch ein Lagophthalmus hinzukommt (vgl. 8. 242).
Die durch den Lagophthalmus begünstigte Verletzungsmöglichkeit der
Kornea, die durch Verdunstung geschaffene Trockenheit, welche durch die
verminderte TVänensekretion vermehrt wird, l^efördert selbstverständlich
dabei den Zerfall der trophisch schon veränderten Hornhaut. Dies beweist
besonders auch das gegenteilige Verhalten derjenigen Fälle, bei welchen vor
dem Auftreten der Trigeminusläsion schon eine Ptosis vorhanden gewesen
war (vgl. S. 245). Letztere fungiert dann gewissermaßen als eine Schutz-
vorrichtung, die aber niemals bei vorhandene niReizzustande der Kovneal-
nervenfasern den Ausbruch einer Keratitis neuroparalytica \erhindern ka]ni,
A\ie dies ja zahlreiche Fälle unserer Zusammenstellung (vgl. S. 245) beweisen.
In der Hauptsache kommt es eben, wie oben schon gesagt wurde, hin-
sichtlich des Ausganges der Kornealaffektion, auf die In- und Extensität
des iri'itativen Prozesses an, und ob es gelingt, eine Infektion fern
zu halten. Ist aber eine solche erfolgt, dami macht sich auch eine Einstäubung
von Jodoform hinsichtlich der Besserung bald bemerklich, wie in einer Be-
obachtung Krolls (751).
Der Grund, w^eshalb die Trü'.ning resp. der Epithelverlust im Zentrum
der Hornhaut am längsten und tiefsten l)estehen bleibt, liegt darin, daß die
Pei'ipheri(^ der Kornea, die jii iiiich geti-ül)t ist, ihirch den aoiii Biinde aus bei
der neuroparalytischen Hyperämie verstäikicn Säftestrom lelntiv schneller
von Zellen gereinigt und besser ernährt wird, als das Zentiiiiii der Hornhaut.
DoT' Verlauf dor Keratitis neiinipaialytica. 283
Pic Tl'Ül)ling(^]l S('ll)sl. licsIchiMi y.iiiii Teil ;ilis WiUl(lciZ( Hell , ZUtll Teil ;iiis
/('il';ills])io(lul\l('ii der 1 lonilnuM hiiiicllcii und sclilicßlicli aus iicii^chiMctciu
I )iii(l("4c\\('l)i'. I'iiiic \(")|lin(' AiiIIk lliiii.u' wild (laiiii crfolerc]), \\('iiti die Waiidcr-
/(■llcii wieder l)eseiii,!j;i> sind und \ ielleiclil- niii ^venilJ; xorhaiidene Zei i'allspvo-
dukte aul'j^X'SogeJi Avui'deti. ( iescliwüii^e Prozesse iiiii(.cr]a.ssen stets diiicli iieu-
^ebildctcs J-)iii(le<j;e\vel)e eine nielir oder min'dei- ^L^ioßc Triilmn<^f ').
§ 2f)'2. Nicht seilen heohacliteii wir /ii,!j,leicli mit tli'V l'x'SSe r iin .i,' dei'
Kt'iatitis iieiii()})ara.lyti('a eine Ahnalinie dei' Auästhesic de!' Honiliaui.
l>eide l^^iseliciiiunifeii diivfen ahei' niclit als AoiieinaDdci' abliäri^ifT botvaclitct
werden, sie sind (d)en parallel iKdieneinaiider \-eiiant'ende Symploine einer
IxNssei'iiiig des (iiuudleideiis. ] )t'nn bessert sich das kraukiiiacheiuk' Agcjis,
dann Veniiindert und \crliei(, sich schließlich d(^y Pi(>izzustand im Tri,Lfeniinus
und lieilt damit auch die Jveiatitis neiiioparalytica. Zugleich aber Avird der
Trigi'niinus ^on dem seine Leitung bedrängenden Drucke nielir und mehr betVeit,
und Avird aucli dementsprechend die Empfindlichkeit der von ihm veisorgten
Gel)iete wieder zunehmen, sofern keine Fasern dauernd untergegangen waren.
So kann entweder die Keratitis heilen und die Empfindlichkeit der vorher
anästhetisch gewesenen Hornhaut sich völlig wieder restituieren, oder die
Keratitis heilt, die Hornhaut bleibt aber dauernd unempthidlich, oder es tritt
wie in der folgenck'U
Beobaclitung ßl essigs (347) der Fall ein, daß ,während alle krankhaften Erscheinungen
zunahmen und. die Anästhesie unverändert fortbestand, die Keratitis wider Erwarten zurück-
ging, der Epitheldefekt sich verkleinerte, die Trübimg sich zum größten Teile wieder auf-
hellte und. nach Ablauf von 4 — 5 Wochen, vom Beginn der Keratitis an gereclinet, letztere
mit Hinterlassung eines unbedeutenden Hornliaiitfleckes geheilt war. Es war ein ziemlich
scliarf begrenzter Tumor in den Weichteilen der Orbita vorhanden. Die rechte juittlerc
Schädelgrube war von einer hirnmarkähnlichen Masse eingenommen, die scheinbar durch
die Fissura orbitalis superior und. das Foramen opticum hierher eingedrungen war.
§ 263. Das Eezidiv einer Keratitis neuroparalytica, wie im II. Ealle
Kuthes (674), bei welchem das Auge nach Al>heilen der Keratitis über ein
Jahr lang gesund geblieben war, und alsdann Mieder eine Entzündung der
Hornhaut und Anästhesie desselben mit Abduzenslähmung konstatiert wurde,
ist wohl auf ein Wiederaufflackern der Grundursache, vielleicht auf einen basal
meningitischen Prozeß (Schädelbruch) zurückzufüliren.
§ 264. Als Begleiterscheinungen der Keratitis neuroparalytica treten
hin und A\ieder Symptome der Sy mpathikusaffektion auf, wie Enge der
Lidspalte, Zurückgesunkensein des Bulbus und Pupillenenge, und zwar dann,
wenn der Kranldieitsherd in der Bahn des Trigeminus so gelegen ist, daß
sympathische Fasern mit getroffen werden können (vgl. S. 254).
Bezüghch des Auftretens einer Keratitis neuroparalytica ist die Sym-
pathikusaffektion aber ohne Bedeutung, wie ja die ziemlich zahlreichen Fälle
^) Wenn auch die Hauptveränderungen bei der Keratitis neuroparah'tica im Scheitel
der Hornhaut auftreten, so ist doch dies Verhalten durchaus kein gesetzmäßiges, wie aus
den Fällen 8. 241 und unserer Beobachtung S. 277 hervorgeht. Der Sitz partieller Korneal-
affektionen liei der Keratitis neuroparalytica ist eben von dem Innervationsgebiete der an
irgendeiner Stelle gereizten Trigeminusfasern resp. Zellen abhängig.
284 Die doppeltseitige Keratitis neuroparalytica.
von Sympathikuslähmung beweisen. 8ü\veit uns die Literatur bekannt ist,
und nach unserer eigenen Erfalnung. wurde !jei letzterem Zustand niemals
eine Hornhautaffektion l)cobachtet, die als die Folge einer iscdici'icn Synii)a,tlii-
kuslähmung hätte angesehen werden können (vgl. 8. 554 und 555 Bd. I).
§ 265. Von der Vermehrung resp. Vei'imnderung (vgl. B. 135) der
Träncnsekretion bei den TrigeminusKisiunen und in s})('eie l)ei der Keratitis
neuroparalytica- gilt ungefähr dasselbe, was wir an der Hand des Schemas
i'ig. 45 S. 274 für die iVnästhesie der Kornea neben der Keratitis neuropara-
lytica entwckelt hatten.
Ist, wie anfänghch in unserem Falle E. K. Ö. 207 die Tränensekretio)i
vermehrt, so besteht ein Keizzustand in denjenigen Fasern, welche die Tränen-
sekretion vernütteln. Dieser .Reizzustand wird an dem Angriffspunkte des
Krankheitsherdes erzeugt und von da weiter geführt. Die verschiedenen
Kond^inationen nun von Vermehrung oder Verminderung der Tränensekretion
mit Anästhesie resp. Hyperästhesie des vorderen Bulbusabschnittes und
Keratitis neuroparalytica, sowie ohne solche, ergeben sich aus der Analogie
desseji, was wir bereits S. 274 unter Hinweis auf das Schema Fig. 45 angeführt
hatten.
Die doppeltseitige Keratitis neuroparalytica.
§ 266. Einer Jjesonderen Erwähnung bedaif noch die bei den Fähen
von doppeltseitiger Trigenrinusläsion beiderseits auftretende Keratitis neuro-
paralytica. Wie aus der folgenden Zusammenstellung hervorgeht, ist die
Häufigkeit ihres Vorkommens gerade keine sehr große.
Im Falle Müllers (808) handelte es sich um eine kachektisch-anämische Frau von
51 Jahren. Totale Ijähmung des linken Trigeminus mit Ausnahme zweier kleiner Aste des
III. Astes, weiter des motorischen Teiles des Trigeminus. Neuroparaly tische Keratitis
und Otitis. Später trat auch auf der rechten Seite eine K. neuroparalytica auf. Monate
nachher Sensibilitätsstörungen nur im II. und III. Aste rechts. Ätiologie unbekannt (ent-
zündliche Exsudation, Schwellung und. Drucklähmung).
Sachsalber (712) beobachtete bei einem 11 jährigen Mädchen eine doppeltseitige
Keratitis neuroparalytica, die innerhalb zweier Monate mit Hinterlassung • einiger
Trübungen zur Heilung kam. Außer dem I. Aste waren noch vereinzelte Zweige des II. und
III. Astes lädiert, und zwar war die Läsion eine ganz symmetrische. Es gelang aus den
Kornealgeschwüren eine dem Pseudodiphtheriebazillus nahestehende Bakterienspezies zu
züchten.
Vossius(809) beschreibt eine doppeltseitige symmetrische Kornealtrübung
bei einem 35 jährigen Epileptiker. Nur im Bereiche der Trübung bestand vollständige An-
ästhesie der Hornhaut.
Boucher (810) beobachtete eine doppeltseitige Keiatitis neuro])aialy tica
bei einem Soldaten, der infolge eines Furunkels an der Oberlippe eine doppeltseitige Phlebitis
der Vena facialis akquiriert hatte. Darauf Somnolenz und Delirium. Anschwellung des
Gesichtes und doi^peltseitiger Exophthalmus. Die Corneae perforierten, dann trat Heilung ein.
Williams (596) beobachtete bei einem Tumor im Keilbeinkörper eine doppeltseitige
Ophthalmoplegie mit doppeltseitiger Keratitis neuroparalytica.
In der Beobachtiuig Junges (756) fehlten beidei'seits die Kornealreflexe, luid war
die Sensibilität der Hornhaut herabgesetzt. Es bestand beiderseits Keratitis neuro-
l);u mIv 1 ica. Die i'mtio inijor beider Trigciuiiii war felderweisc fettig degeneriert; ebenso
die vojii Ganglion (.Jasseri ])ci ij)hejisch gelegene intrakranielle Partie des Trigeminus. Das
Die (loppcKscitiL'c Keratitis nc'urojjaralytica. 285
(!anjf]i()n (Jasscri. hcidcr'scits an dci- ( )lK'rH;itl:c liiiidc^cw cliii;' xcrdickt, zeigte Scliwiind der
(jlaiiglit'ii/.rllcn.
Ju (lein auf S. l'iT iiiil;j,(tcilt('ii l'':illc M acfi;i'('gors (392) liiuidcltc es
sicli um rille Tuhi'ik-iilosc der Meningen und einen heivits ver'lvästen Tulieilcel
im I'dus. A\elcliei- die Ttie,-eminns]\eine hetrorien liati-e. Kliniscli fand sicdi
liehen eiiief Staunngspa pi lle eine d ()|)|)(d tsoitige Keratiti« neuroparal.
Aul' S. '.>4 ei'uäliiiteii Avii- die 1 5e(dtacliiun}.^- Fj a l)a.i'idei'PS (283) und
auf S. 127 diejenige» Leudets (285). In beiden l^^älien von Keratitis neiiio-
paralytica (lu])lex liand(dte es sicdi um basaU» gunnnöse Meningitis.
Ol) (Wv auf S. 51 und 52 eiAviiliideii Fälle von C'ii'incione (142) und
Pa-risoiii (144) hierbei' gehören, Lissen \\ii' (hihingestellt.
Bei den S. ir>4 ei'wäbnten Fälleji \o\\ d oppeltseitige m KeijH'S zoster
fiontalis Mar in der Beobachtung von Jaclar'd (443) nur auf dem einen Auge
Keratitis neuroparalytica aufgetreten.
Wenn man von den beiden eben erwähnten Fällen und denjenigen ]\[ü11(m-s ,
Sa clis albers, Vossius' und Bouchers vorläufig wegen des Mangels einer
durch die Sekretion gesicherten Deutung al)sieht, so bleiben sechs Fälle
von doppeltseitiger neuroparaly tischer Keratitis übrig, von denen
es sich l)ei fünfen übereinstimmend um tumorartige Prozesse gehandelt hat.
Im Falle Williams fand sich ein Tumor im Keilbein, der von der einen
Schläfengrube in die andere übei'ging, bei Macgregor eine Meningealtuber-
kulose und ein tuberkulöser Tumor im Pons; in den Fällen von Labari'iere,
Leudet und Junge handelte es sich um eine basale gummöse ^feningitis.
Allen diesen Fällen gemeinsam ist der Sitz an der Himbasis. Am
häufigsten wird namentlich bei der Syphilis die Gegend des Chiasma, der
intrapedunkuläre Eaum befallen. Jedoch ist die Wucherung selten auf beiden
Seiten gleichmäßig; meist findet sich an einer odei- der anderen Stelle die
Neubildung stärker ausgeprägt. Letztere kann den Quintusstamm z. B. ganz
umhüllen, aber auch ganz durchwuchern, so daß man denselben (wie in unserem
Falle S. 277) nicht mehr frei präparieren kann. Wenn durch Kompression
und Narbenzug der Quintus leidet, so kann auch allmäldich eine Ati()])hie
eintreten, die sich dann khnisch durch Sensibilitätsverlust im Gesicht liemerklich
machen A\-ird.
Von der Existenz, der Intensität und der Dauer der auf den Trigcminus
einwirkenden Eeizzustände 'ward es nun abhängig sein, ob gleichzeitig auf beiden
Hornhäuten, oder nacheinander, oder überhaupt imr auf einem Auge trotz
doppeltseitiger Affektion des Trigemiims eine Keratitis neuroparalytica zur
Ent^^-icklung kommt.
Beachtenswert ist das beiderseitige Auftreten einer Keratitis neuio-
paralytica im Falle Westphals (400). Hier handelte es sich um eine Tabes.
Die makroskopische Schilderung der Befunde scheint auf eine Neuritis hin-
zudeuten, ,,denn der rechte Olmlomotorius, beide Trigemim und der linke
Abduzens Zeigten eine auffallende Verkleinerung des Volums, sind dabei von
durchscheinend l)laßuiauer Färbung und hiebt ödematös". Die Triüieminus-
286 Die doppelt seitige Keratitis ncuroparalytica.
stamme waren leider nicht mikroskopisch untersucht worden. Die aufsteigende
sensible Wurzel war degeneriert. Die absteigende und motorische Quintus-
wurzel wurde normal gefunden.
§ 2()7. Sehr interessant ist es, der Frage nachzugehen, welche Affek-
tionen die größte Rolle bei dem Zustandekommen der Keratitis neuro-
paralytica spielen.
Unter 58 Fällen von Keratitis neuroparalytica mit Sektionsbefund (dazu
noch sechs mit doppeltseitiger) unserer Tabelle S. 214 finden wir in 31 als
Ursache Tumoren, iii 8 Fällen tumorartige Gebilde: als 4 mal solitäre Tuberkel
und 4 mal solitäre Gummata, in 13 syphilitische Neubildungen und Wuche-
rungen.
1 mal Tlirombose des Sinus cavernosus,
1 mal ^Meningitis,
3 mal Ei'weichuug,
3 mal Neuritis,
2 mal Apoplexie,
1 mal multiple Tuljeikel,
1 mal Throml)ophlel)itis angegeben.
Dazu komuien nocli 29 Fälle von Keratitis neuroparalytica nach
Trauma,
und zwar 22 auf Schädelbasisfraktur,
4 auf Schuß v^erletzungen des Schädels,
3 auf Stichverletzungen des Schädels.
Die TrigeniiimsaflFektionen (Keratitis neuroparalytica) nach Trauma.
§ 268. Wenn auch die Zahl der Fälle von Keratitis neuroparalytica
bei Gehirntumoren die größere ist, weil el)en Trigeminusaffektionen nach
Gehirntumoren nicht so sehr selten sind, so überragt doch das Trauma als
ätiologisches Moment der Keratitis neuroparalytica alle übrigen Krankheiten
um ein bedeutendes.
So verteilen sich 36 Fälle traumatischer Trige minusläsion in folgender
Weise :
Schädelbasisfrakturen: 27 Fälle, darunter 22 mit Kei'. neuro., 5 ohne K.
Schußverletzungen: 2 ,, ,,4 ,, ,, „ 1 ,, ,,
Stichverletzungen: 4 ,, ,,3 ,, ,, ,, 1 ,, ,,
36 Fälle 29 mit Ker. neuro. 7 ohne K.
§ 267. Ijt'i den Schädell)a,sisfraktiiren [Bergmann (846)] wii'd der Nerv
durch mannigfache Umstände geivizt und gelähmt. Trifft aber die Bi'uchlinie
das Loch oder den Kanal, durch welchen der Nerv die Schädelhöhle verläßt, so
wird dersellx' da bei entweder zerrissen, oder ein abgespi'engtes Bruchfragment
durchtrennt, drückt oder quetscht ihn. Dieselben Lälinmngen des Nerven
können aber auch ohne Fiaktur zustande kommen, sei es, daß derselbe allein
Triiicniiinisliisioii (Keratitis iioiirojinialytica) nafh Schädelbasisfraktur. 287
am Itiiiidc seines Tiajektes aliTei Ut , oder sein /eniraler l iispniii.ii; im (leliini
eine X'eilet/.iin.u' ert'äliil, odei' eudücli ein Mxtia.Viisal iimeilialli der Scliädel-
iKÜde oder i\ri< .l\n(")('lierii('ii Kanals, den er dnrchläui't, ilm diückt.
Außer dei' sot'oit odei' selii' hald naidi der Verletzung folgende]! l'aialyse
dei' llirnneiven. gibt es noch eine /weile Ijälimungsforni, Avelclie sicli erst im
Verlaufe der Krankheit einstellt, und Avelclie abhängig ist xow einer längs des
Nervenstannnes sich M'I breitenden Pjntziüidung. (lerade diese Neui'itis
ascendens ist es, welche die l'lid/ündirng xon außen nach iinieii leitet mid
(hulurch die ^leningitis basilaris liervorruft; dieser Vorgang ist für die l'^nt-
stehung eine)- Ke)'atitis neuroparalytica, aus den früher angeführten
({runden von ganz besouden^r Bedeutung. Bezüglich di-v näheren Ausfülniing
dieser Verhältnisse verweisen wir auf Bd. I, S. 424.
l'erner darf man wohl annehmen, daß auch durch basale Blutungen
Heizungen im Trigeminus her\-orgerufen werden keimien, indem die üi'gani-
sationsvorgänge des Blutes zu Reizungen und Zei'i'ungen des Nerven an dei-
Basis Vera.nlassung geben und dadurch leichte neuritische Zustände erzeugen
können. Ebenso köiuite durch die Erschütterung Ixnm Trauma, eine Neuritis
im Stannn entstehen.
Bei der Wichtigkeit der in Eede stehenden Quintusaffektionen werden
wir die einzelnen in der Literatur vorhandenen Beobachtmigen mit kurz
slvizzierter Krankengeschichte hier anfülrren.
a) Fälle von Trigeminiisläsion bei Schädelbasisfraktur.
1. Bruns (685) berichtet über eine multiple Hirnnervenläsion nach Basisfraktur. Es
bestand eine rechtsseitige Fazialislähmung; auch war der Kranke ,,am recliten Auge ungefähr
blind". Ferner wurde eine linksseitige Mydriasis und Ptosis festgestellt, später trat eine
linksseitige neuroparaly tische Keratitis auf. Der rechte Sehnerv war normal.
Auch fand sich eine linksseitige Trochlearis-, Abduzens- und Trige minuslähmung, sowie
eine rechtsseitige geringe Lähmung des Nervus abduzens.
2. Den ig (726). Verletzung durch stumpfe Gewalt in der Gegend des linken
Scheitelbeins. Es fanden sich links Sensibilitätsstörungen im Gebiete des
Trigeminus, Abflachung der Wange, Eingesunkensein des Bulbus (um 3 mm), verengte
Lidspalte, leichte Ptosis, Pupille weiter als die rechte, halbseitiges Schwitzen, Lähmung
Ijcider Recti externi. Nach vier Wochen hatte sich das Pelzigsein verloren, ebenso das
halbseitige Schwitzen und die Pupillendifferenz.
Offenbar handelte es sich um eine Querfraktur beider Pyramidenspitzen, zugleich um
eine Fraktur des rechten Felsenbeins in der Gegend der Paukenhöhle, sowie um eine Alteration
des linken Trigeminus (Blut, Druck). Denig meint, daß der Trigeminus an und
für sich (nicht seine sympathischen Fasern) die halbseitige Gesichtsatrophie, sowie den
Exophthalmus verschuldet habe.
3. Friedenwald (762) beobachtete bei einer Kompression des Kopfes durch die
Puffer von Eisenbahnwagen eine Lähmung beider Abduzentes, verbunden mit einer solchen
der sensiblen Partien des rechten Trigeminus und einer Fissur des Trommelfells.
Die Lähmung des linken Abduzens zeigte sich am 5. Tage, diejenige des rechten am Ende
der dritten Woche. Es wird eine Transversalfissur der Basis angenommen, die sich auf die
beiden Felsenbeine erstreckte, und in deren Verlauf eine Entzündung der Meningen auftrat.
Die linksseitige Lälunnng verschwand nach sechs Wochen, die rechtsseitige dauerte etwas
länger.
288 Trigeminusläsion (Keratitis nouro])aral3'tica) nach .Schädelbasisfraktur.
4. Cul bcrtssoii {7X'>). Die Patientin wurde von einem Wagen überfahren, und zwar
ging ein Kh(I über den Processus niastoideiis des linken Schläfenbeins, denselben zer-
trümmernd. Es trat eine linksseitige Lähmung des Gesichts, sowie der Zunge, ferner eine
Keratitis neuroparaly tica links auf. Die Äste des Fazialis, welche den Gaumenmuskel
versorgen, soAvie der Akustikus waren intakt.
5. Ferrier (496). 48 jähriger Eisenbahnschaffner. Sturz von einem Eisenbahnwagen.
Vj Stunde lang bewußtlos. Seit jener Zeit Schmerzanfälle der rechten Kopf- und Gesichts-
seite. Später Anaesthesia dolorosa. Behinderung der Kinnbewegungen. In der Tiefe des
Auges traten anfallsweise Schmerzen von brennendem Cüiarakter auf. Absolute Anästhes-ie
der rechten Hornhaut und Konjunktiva mit leichter Kornealtrübung dieses Auges.
6. Hirschberg" (470). Infolge einer durch eine Verletzung entstandenen, bis auf
den Knochen eingezogenen, linienförmigen Narbe vom lateralen Winkel des Unterlids War eine
Unempfindlichkeit der Kornea, Verfärbung der Iris, herabgesetzte Tension, diffus bläuliche
Trübung im hintersten Teile des Glaskörjiers aufgetreten bei gleichzeitiger Hemmungs-
bewegung des Auges nach allen Richtungen. Zehn Monate nach der Verletzung zeigte hieb
die erste Andeutung einer neuroparaly tischen Störung der Hornhaut.
7. Kuthe (674). 41 jähriger Heizer. Quetschung des Kopfes zwischen einem Wagen
und einer Mauer. Blutung aus beiden Ohren und dem rechten Nasenloch. Lähmung des
rechten Abduzens. Außerdem litt Patient an sehr heftigen Kopfschmerzen, die drei bis
vier Tage anhielten. Am acliten Tage nach dem Unfälle traten rechts Spuren von ober-
fläc^hlicher Hornhauttrübung auf. Die nähere ll^ntersuehung ergab vollständige Unempfind-
lichkeit der rechten Hornhaut und des rechten Trigeminus. Rechts ausgesprochene Kera-
titis neuroparaly tica.
8. Nieden(843). Quetschung des Kopfes. Dreitägige Bewußtlosigkeit. Blutaustritt
aus Nase, Mund imd Ohren. Rechts Taubheit, links Lähmung des Abduzens, Fazialis und
Trigeminus. 2'^/^ Monate nach jener Verletzung zeigte sich erst am linken Auge Keratitis
neuroparaly tica.
9. Jolly (732). 44jähriger Arbeiter war vom Schwungrad der Maschine erfaßt uiul
auf einen Kohlenhaufeh geworfen worden. Beiderseits Fazialislähmung. Der linke Trige-
minus gelähmt. Links Keratitis neuroparalj^tica mit Hinterlassung eines großen
Leukoms. Anästhesie im I. und II. Trigeminusaste.
10. Hauptmann (844). Hufschlag gegen die linke Wange. 43jähriger Patient. Bald
nach der Heilung Anästhesie der linken Gesichtshäjfte. die zu Keratitis neuropara-
ly tica führte. Einen Monat später trat links Abduzenslähmung, drei Wochen danach
totale Okulomotorius- und Trochlearislähmung und zuletzt wieder nach einem Monat Fazialis-
lähmung ein. Erklärt wird die etappenweise Lähmung des III.— VII. Nerven durch eine
vom Türkensattel durch den Sinus cavernosus, durch das Felsenbein gehende Basisfraktur mit
Kom])ression des Nerven durch reichliche Kallusbildung an der Bruchstelle.
11. Hirschberg (470). Ein lOjähriger Knabe wurde durch einen Hufschlag eines
Pferdes ins Gesicht getroffen und hatte danach an Nasenbluten und großer Apathie ge-
litten. In der zweiten Woche nach der Verletzung begann ein Ulzerationsprozeß auf der
rechten Hornhaut, bei welchem abgesehen von ausgeprägter Perikornealinjektion, die gewöhn-
lichen Reizsyjnptome, namentlich Tränen und Lichtscheu fehlten. Es bestand vollständige
Anästhesie in allen Zweigen des rechten Trigeminus. Auch das Kauen war recht erhebhch
behindert. Die Verschwärung der Hornhaut wurde nach der Perforation zum Still-
stand und zur Heilung gebracht. Zwei Monate später stellte sich in beschiänkter Weise
im Bereiche des Supraorbitalis und Mentalis die allgemeine Tastempfindlichkeit wieder her.
12. Maissurianz (845). Der 13jährige Knabe war so gestürzt, daß der Kopf zwischen
dem gepflasterten Boden und einen Warenballen zu liegen kam. Die B(»sinnungslosigkeit
dauerte nur kurze Zeit; die reichhclie Blutung aus dem linken Ohr, der Nase, das blutige
Erbrechen, die vollständige ijähmung des linken Nerven Akustikus, Fazialis, Abduzens, Olfak-
torius und eines Teiles des linUeu Nervus ti'igeminus wiesen mit Entscliicdenheit auf
Trigeminusläsion (Keratitis iioiir()j)araiytica) nach Schädelbasisfraktur. 289
•eine in diagonaler Richtung von hinten links nach vorne rechts und zur Mitte verlaufende
ßruchlinie durch ciie Paukenliöhle, den Nervus auditorius intenuis, durch die Spitze der
Felsenheinin'raniide, (hirch die Sella turcica und die linke horizontale Siebbeinplatte hin.
i;{. Morabito (811). Keratitis ncuroparalytica durch Läsion des Trigeininus.
Fall von der Trepjx' mit Fraktur der Schädelbasis. Jjinksseitige Trigeniinuslähnumg mit
folLtcnder schwerer Keratitis, Hypopyon, l'hthisis bulbi.
14. Pichl(>r (74r>) fand bei einer Schädelbasisfraktur linksseitige Fazialis- und Trige-
minuslähmung, Ptosis. Keratitis ncuroparalytica. fast vollständige Unbeweglich-
keit und Taubheit. Ucclits war die Beweglichkeit des Bulbus nach oben, unten und medial
eingeschränkt. Die Pupillenreaktion fehlte und das Auge war erblindet.
15. Lcitnci- ((iOö) berichtet: :i2jähriger Patient erlitt am Hinterhaujjte durch ein
herunterfallendes Beil einen stumpfen Schlag. Nach 11 Tagen fand sich am rechten Auge:
Ptosis, Exophthalmus, ringförmiger Abszeß der Kornea, totale Ophthalmoplegie und
Parese des V. und V^ll. Nerven. Leitner erklärt den Fall als eine durch Contrecoup ent-
standene Basalfraktur mit intrakranieller Blutung.
16. Baudry (8.S9) veröffentlicht ebenfalls einen Fall von Keratitis neuropara-
Ijtica nach Trauma.
17. In einem der Fälle von Rivington (742) (Verletzung über dem äußeren Ende
der linken Augenbraue durch einen Schlag mit einem Zinngefäße) war am 15. Tage nach
der Verletzung plötzlich ein epileptiformer Anfall aufgetreten, später rechtsseitige Hemi-
plegie, anfangs links-, später rechtsseitige Konxiilsionen, Augen nach links gewendet, An-
ästhesie der rechten Gresichtshälfte und Konjunktiva, linksseitige Ptosis. Die Trepanation
in der Wunde führte zur Entfernung von Knochenstückchen der Tabula externa und interna.
Die Sektion ergab die Dura normal, eitriges Serum zwischen dieser und Pia, letztere,
sowie das Gehirn links stark hyperä misch.
18. Rigler (428) erzählt, daß er an einem 25jährigen Türken, welcher acht Monate
zuvor infolge eines Sturzes vom Pferde auf die linke Seite des Kopfes mehrere Stunden das
Bewußtsein verloren und dann an Schläfrigkeit, Kopfschmerzen und einer Kornealaffek-
tion gelitten hatte, ein halbes Jahr später eine vollständige Anästhesie des linken Trigeminus,
sowie Geschmacksverlust der vorderen zwei Dritteile der linken Zunge konstatiert habe.
19. 20, 21. Auch in den Fällen von Lee (840), Richard (841) und Eulenburg (842)
trat infolge eines Traumas eine Keratitis ncuroparalytica auf. Im letzteren Falle
war bloß der I. Ast affiziert, und bestand neben einer Leitungsunterbrechung im Supra-
orbitalis eine Neuralgie der übrigen Zweige.
22. Hey mann (3.55). 47 jähriger Maurer. Sturz auf den Hinterkopf mit bis auf den
Knochen gehender Wunde. Acht Tage darauf erlosch das Gefühl in der rechten Gresichtshälfte.
Nach sechs Wochen Beginn der Keratitis ncuroparalytica am rechten Auge, bei isoliert
gebliebener traumatischer Trigeminusläsion.
23. Scheier (693). Sturz auf den Kopf mit Basisfraktur und Lähnmng des rechten
Trigeminus und Fazialis. Obwohl Lagophthalmus bestand, und das Auge vollständig an-
ästhetisch war, trat keine Keratitis ncuroparalytica auf.
24. Molter (367). 40 jahriger Patient. Ein schwerer Zedernblock war ihm auf die
rechte Seite des Kopfes gefallen. Seit dieser Zeit Wahnideen (5. März). Am 25. Mai wegen
Augenleidens in die Augenklinik aufgenommen. Rechts : Fazialis. Akustikus und Hypoglossus
gelähmt; ferner rechts Ptosis, Anästhesie der Kornea und Konjunktiva (vom übrigen Trige-
minusgebiet nichts envähnt) und Keratitis ncuroparalytica. Vermindening des intraokularen
Druckes. Einige hintere Synechien gegenüber dem Hornhautgeschwür. Pupille eng, aber
noch auf Licht reagierend.
25. Schmidt - Rimpler (848). 20jähriger Mann, durch einen Ballen zu Boden
geworfen und mit der rechten Kopfseite gegen die Erde gepreßt. Fünf Tage bewußtlos.
Blutung aus Mund und Nase. Rechts Fazialislähmung und Ptosis. Bindehaut chemotiscb.
Keratitis ncuroparalytica. Beweglichkeit des Bulbus aufgehoben. 14 Tage später
plötzlich pulsierender Exophthalmus.
Wilbrand-Saenger, Xeiirologie des Auges. II. Bd. I. Abteilung. 19
290 Die Keratitis neuroparalytica nach Schußverletzungen.
26. Hirschberg (362). Ein Stück Holz wurde mit großer Gewalt gegen die linke
Kopfhälfte eines Menschen geschleudert. Sieben Stunden bewußtlos. Das Sehvermögen
der linken Seite erloschen. Links Ptosis. Der Augapfel der rechten Seite konnte nach
keiner Richtung weiter als 1- — 2 mm gedreht Averden. Die Hornhaut war anfangs klar, aber
vollkommen unempfindlich. Später trat Keratitis neuroparalytica auf. Der M. rectum
externus und internus funktionierten wieder gut. Auch die Amblyopie des rechten Auges
ging wieder zurück, während das linke amaurotisch blieb.
27. Rusk (849). Schlag gegen die rechte Kopfseite durch eine Segelstange. Hirn-
erschütterung. Blutung aus dem rechten Ohr. Zwei Tage darauf rechts Tavibheit, rechts
Ophthalmoi^legia inter. und exterior. Leichte Fazialisparese. Einige Tage später klagte
Patient über ein Gefühl von Taubheit in der linken Gesichtshälfte, und ließ sich
große Empfindlichkeit derselben gegen Berührung konstatieren. Eitriger Ausfluß aus dem
Ohr. Bald darauf Keratitis neuroparalytica. Y^ Stunde später pulsierender Ex-
ophthalmus. Unterbindung der Karotis.
b) Schußverletzuiigeii.
§ 270. Bei den Schuß- und Stichverletzungen sind die zur Eeizung des
Trige minus fülirenden Momente durch die mechanische Wirkung des Geschosses
und die Infektionsgefahr noch erheblicher als bei den Basisfrakturen.
1. Marinesco und Serieux (714). Eine 40jährige Melancholische zog sich durch
einen in Selbstmordabsicht abgegebenen Revolverschuß eine rechtsseitige Fazialislähmung,
eine Lähmung der beiden oberen Trigeminusäste und eine Parese des N. maxillaris infer.
zu. Alle sensiblen Funktionen des Trigeminus aufgehoben. Rechts Keratitis neuro-
paralytica. Das rechte Auge ist durch die Ophthalmie fast ganz zerstört.
2. Fedoroff (744). Bei einem 29jährigen Manne, der sich einen Revolverschuß in
die rechte Schläfe beigebracht hatte, bestand am Tage nach der Verletzung rechts Lähmung
des ersten Zweiges des Trigeminus und Levator palpebr. super., links Hämophthalmus;
außerdem Paralyse des Nerv, facial. dexter. Trotzdem das rechte Auge durch die Ptosis
vor Vertrocknung geschützt war, entstand eine rapid verlaufende Keratitis neuropara-
lytica, die in wenigen Tagen zur Zerstörung der Hornhaut führte.
3. Scheier (693). Schußöffnung am äußeren Ende des rechten Arcus superciliaris
1 cm oberhalb des Margo supraorbit. Rechts totale Amaurose. Patient bei Bewußtsein.
Rechts Exophthalmus. Der rechte Bulbus, die rechte Stirn und Backe ganz gefühllos. Nach
sieben Wochen entlassen. Auch der rechte Olfaktorius gelähmt. 16 Tage nach dem Unfall
entstand eine Keratitis neuroparalytica auf dem rechten Auge.
,,Man muß annehmen, daß die Kugel von der rechten Seite kommend, durch die
äußere Orbitalwand hindurch in die Orbita getreten und durch den N. opticus und die
Lamina papyracea des Siebbeins gegangen ist. Höchst wahrscheinlich ist dabei eine Fractura
basis cranii entstanden, ausgehend, vom Siebbein und über die Fissura sphenoid. mit einer
oder mehreren Bruchlinien in die mittlere Schädelgrube ausstrahlend. Dadurch kann
der rechte N. olfactorius verletzt und der N. trigeminus vom Ganglion Gasseri abge-
rissen sein."
4. F. V. Meyer (334). Ein schwangeres Frauenzimmer wurde durch einen Pistolen-
schuß in der rechten Seite des Halses verwundet. Ein paar Tage darauf trat Anästhesie
der rechten Gesichtshälfte ein, sowie Lähmung der Augennuiskeln und Keratitis neuro-
paralytica, welche eine große Narbe der Hornhaut hinterließ. Vier Wochen später
Parese der unteren rechten Extremitäten. Nach der Entbindung zeigte sich folgender Status:
Spondylarthrokaze der Halswirbel, Immobilität des Halses, Neigung des Kopfes nach der
linken Seite. Lähmung des linken Armes und rechten Beins. Anästhesie der rechten Ge-
sichtshälfte und ihrer Höhlen, LTnempfindlichkeit im vorderen Teile der rechten Zungen-
hälfte. Gänzlicher Geschmacksmangel an der Spitze und in der Mitte der rechten Zungen-
Die Keratitis neuroparalytica nach Schußverletzungen. 291
hälfte. Rechts Lähmung der Kaumuskeln. Am rechten Auge große Korncalnarbe, die Iris
unverändert, die Pupille verengt, doch beweglich. Das Zahnfleisch der rechten Seite war
in einem Zustand skorbutischer Erweichung. Aus der rechten Nasenhöhle floß öfters Blut;
die Schleimhaut war exkoriiert. Die Kai)illargefäße der rechten Backe blieben bis zum
Tode injiziert. Die Ti-mperatur der rechten Backen- und Infraorbitalgegend war bis zuletzt
I— l,;")** R wärmer als dit' der linken Seite. Die Sekretionen des Augt's, der Nase, der Mund-
höhle waren nicht Ijeeinträchtigt. Lähmung des rechten Abduzens. Gegen Ende des
vierten Monats nach der Verwundung kehrte schwache Kontraktion in den
Kaumuskeln und etwas Empfindung in der rechten Gesichtshälfte zurück.
Die Parese der oberen Rumpfgliedei' ließ nach. Tod an Lungenentzündung.
Sektion: An der vorderen Seite des rechten Felsenbeins fand sich neben dem Ganglion
petrosum die Pistolenkugel vor, von einem Balge umschlossen und mittels eines Stückes
grauer Substanz am Felsenbein adhärierend. Die Portio minor und major des rechten
Trigeniinus war dünner, ebenso das Ganglion Gasseii. Der Umfang der drei Äste und des
N. abducens in einem Zustande von Erweichung und gelber Farbe; desgleichen der mittlere
Lappen des großen Gehirns. Die übrigen Gehirnnerven waren normal, ebenso der Fazialis
und Glossoi)haryngeus. Die Spitze der Pyramide des Os ])etrosum war in der Gegend des
C'analis earoticus kariös. Das Foramen lacerum anterius war von Karies umgelx>n. Auch
fanden sieh Erosionen und Rauhigkeiten am Klivus und Türkensattel des Keilbeins vor.
Berard(568). 64 jähriger Mann. Selbstmordversuch. Pistolenschuß. Lähmung des
rechten Fazialis und des rechten Abduzens. Es zeigte sich Anästhesie in der ganzen rechten
Seite des Gesichts und seiner Höhlen und des Kopfes bis zum Scheitel. Die Sensibilität
der Konjunktiva gestört. Der Geruch nicht verändert. Die Beweglichkeit der Zunge normal.
Die rechte Hälfte der Zunge, der Wangenschleinihaut, des Gaumensegels gefühllos. Der
Geschmack erhalten. Am achten Tage Verschlimmerung, heftige Schmerzen. Linker Arm
und linkes Bein der Sensibilität und Motilität verlustig. Tod.
Sektion: Der rechte Quintus war injiziert und so erweicht, daß er sich auf der oberen
Fläche des Felsenbeins leicht zerreißen ließ. Das Ganglion Gasseri nahm an der Injektion
und Erweichung teil. Die Aste des Trigeminus verhielten sich normal; nur der IL Ast etwas
injiziert. Der Abduzens ein wenig gerötet, in der Gegend des Proc. clinoid. post. weicher
als auf der anderen Seite. Der Fazialis in seiner Bahn durch den Canalis Fallop. ganz
zerstört.
c) Stichverletzungeii.
§ 271. 1. Vergleiche auch den Fall Majo (805), vgl. S. 272 mit Keratitis neuro-
paralytica.
2. Cant (813). 16 jähriger Knabe. Der Trigeminus war allem Anscheine nach durch
eine Sichel innerhalb des Schädels zwischen dem Gehirn und dem Ganglion Gasseri direkt
verletzt worden. Die typische Keratitis nahm zuerst zu, besserte sich aber nach
Wochen in dem Maße, wie die Funktionen des Trigeminus allmählich, wenn auch unvoll-
ständig sich wieder herstellten.
3. La place ^364). 10 jähriger Knabe; eine abgebrochene Rappierklinge war durch
die Fissura orbitalis super, in die mittlere Schädelgrube eingedrungen. Auge verletzt. An-
ästhesie des linken Auges und Abduzeiislähmung blieben nach der Operation zurück.
4. Nieden (843). Stich. Hirnverletzung in der motorischen Zone des linken Scheitel-
lappens. Vorübergehend rechtsseitige Hemiplegie ohne Anästhesie; ferner linksseitige Ab-
duzenslähmung (bleibend). Auf die linksseitige Trigeminuslähmung wurde man erst auf-
merksam, als nach Richtigstellung des stark adduzierten Bulbus durch Tenotomie des Internus
und Vorlagerung des Externus, sechs Tage nach der Operation, bei völlig normaler Heilung
der Wunden eine Keratitis sich einstellte, die aus einem kleinen Epitheldefekt rasch ein
großes Ulkus entstehen und die ganze Kornea getrübt werden ließ.
19*
292 Die Keratitis neuroparalytica bei Tumoren und tumorartigen Gebilden.
Die Keratitis iieiiroparalytica beiTumoren und tumorartigeii Gebilden.
§ 27"2. Die Wirkungsweise eines Tumors bestellt vor allem in der
Kompression, und zwar unterscheidet man eine allge meine und eine lokale
kompressive Wirkung.
Die allgemeine kompressive Wirkung besitzt nach Wernicke (813)
die Eigentümlichkeit, daß sie sich am meisten an denjenigen Stellen bemerklieb
macht, welche fixiert sind und eine Verschiebung nicht gestatten, oder der
harten Schädelkapsel dicht anliegen. Dies sind in erster Linie die basalen
Hirnnerven.
So können Tumoren im Stirnhirn durch Fernwirkung eine Kompression
lesp. Reizung basaler Hirnnerven erzeugen, wie in dem Bd. I S. 446 mitge-
teilten interessanten Falle von
Bruns, bei welchem eine Hyperästhesie im linken Nerv, supraorbitalis, neben Lähmung
des Okulomotorius und des Abduzens klinisch beobachtet wurde.
Auch Gowers (825) sah durch einen Tumor im Stirnlappen und Corpus striatum
klinisch Erscheinungen von seiten des Trigeminus hervortreten.
In der Beobachtung Koesters (265) und derjenigen Schechs (747) entwickelte
sich sogar nach einem Tumor im Frontallappen — Keratitis neuroparah'tica.
Bartholow (591) berichtet über einen Fall von Neuralgie und Anästhesie des Trige-
minus. Es fand sich ein Tumor in der rechten Hemisphäre.
In Wollenbergs (410) Beobachtung hatte ein Tumor im Hinterhauptslappen links
Trigeminusanästhesie erzeugt.
Die multiple Nervenlähmung der linken Seite, darunter auch die des Quintus im Falle
Power (746) wurde durch Gummata in beiden Hemisphären des Großhirns hervorgerufen.
Ausfallserscheinungen im Trebiete des Trigeminus bilden ein häufiges
Symptom der Kleinhirntumoren. In einem Falle konnte Oppenheim
feststellen, daß sich die Gefühllosigkeit zunächst nur auf Konjunktiva und
Kornea beschränkte.
Am meisten kommt jedoch bei unseren Fällen die lokale kompressive
Wirkung bei den Geschwülsten in Betracht, wobei es zunächst nicht so sehr
auf die Konsistenz des Tumors resp. des tumorartigen Gebildes, als auf die
Wachstumsrichtung desselben ankommt.
Wie aus der Tabelle S. 224 bis 232 hervorgeht, stellen die Ponstumoren
ein sehr bedeutendes Kontingent zur Masse der Fälle von Trigeminuslähmung
überhaupt, sei es nun, daß dieselben in der Brücke selbst, oder neben derselben
ihren Sitz hatten. Für die Entwicklung der sohtären Tuberkel ist, wie wii'
8. 296 sehen werden, die Brücke und das Kleinhirn geradezu eine Prädi-
lektionsstelle.
Bei der reinen kompressiven Einwirkung spielt jedoch, w'w wir gesehen
haben, für das Zustandekommen der Keratitis neuroparalytica, ein besonderes
irritatives Moment noch eine große Eolle. Denn ein gleichmäßiges
langsames Wachstum kann trotz bedeutender Kompression ohne alle
Reizwirkung verlaufen, wie wir im Bd. I S. 442 auseinandergesetzt haben.
Wir erwähnten als Beispiel eine eigene Beobachtung, bei welcher der Trige-
minusstamm um einen eigroßen, in der Entwicklung gegen den Pons hin
Die Keratitis neuroparalytica bei Tumoren und tuniorartigen Gebilden. 293
begriffenen Tunioi' sich lieiuiii^'esclilungeii liatle uml dahei gedeliiit inul stark
zeifasert erschien, ohne in \']\() eiitspreclieiide Sj'mptoine dargeboten zu haben.
In diesem reizlosen Veihahcn seilen Avii' (hn (Trund, warum eben Trigeminus-
läsionen l)ei Kiankheitserrt gon, welche so)ist Reizzustände bedingen, ohne
Keratitis neuiujiaialytica \('ilauf n.
Beträchtliche iiiitative W'ii k-imgen (auf die fs ja hinsichtlieh einer zu
erwai'tenden Kei'atitis in ui(){)aialytica hau})tsächlich ankonnnt) beobachtet
man jedoch, wenn, das Volumen des Tumors starken Schwankungen unter-
woii'en ist. sei es durch wechsehide, also rasch eintretende und lasch wieder
abnehmende Blutfüllung, sei es durch eine ebenso flüchtige, umschriebene
Entzündung, oder häufig auftretende und schnell \Aaeder verschwindende Ödeme
in der Nähe der (Teschwulst, sei es endlich durch scluibweises Wachsen des
Tumors. Die gefäßreichen Neubildungen besitzen daher in besnndei's hohem
Grade irritative Eigenschaften.
Ferner muß die Zerstörung, die durch Erweichung in dei- Umgebung
der Geschwülste und beim Karzinom z. B. direkt durch die Art des Wachs-
tums dieser (Teschwulst erfolgt, natürlich auch immer reizende Momente ent-
halten, und es wird im allgemeinen hiei' (he Zerstörung des Gewebes auf Rei-
zungen folgen.
Auch viele in der Nähe der Nerven entspringende sog, paraneurale Ge-
schwülste rufen entweder durch Übergreifen auf die Nerven selbst, oder durch
das Hineinwachsen derselben zwischen die einzelnen Nervenbünden, durch das
Aufs})littern der Fasern usw\ die schwersten Reizerscheinungen hervor.
§ 273. D)ingt eine Geschwulst vom Gehirn aus an die Meningen heran,
so erzeugt sie in der Regel eine lokale chronische Meningitis, ein gleichfalls
auf den Nerven reizend einwirkendes Moment. Auch echte Neuritiden
kommen ebenfalls vor, wohl aber nur bei tuberkulösen und gummösen
Prozessen. Der Tuberkel wirkt infolge seiner Infektiosität entzündungs-
erregend. Sehr häufig tritt daium neljen dem Solitärtuberkel auch eine tubei-
kulöse Meningitis auf.
Hierher gehören die folgenden Fälle :
Türek (305). 16jähriges Mädchen. Schmerzen im Gebiete des rechten
Frontalis. .Sohiefstelhing der Augen, rechts Ptosis, Anästhesie in der rechten .Stirnhälfte.
Xach 2\ o Jahren aufgenommen, bot sie außerdem eine intensive unvollkommene Lähmung
des rechten Okulomotorius, des Abduzens und Amaurosie des rechten Auges bis zu der noch
erhaltenen Lichtempfindlichkeit dar. Später Keratitis neuroparalytica rechts. Die
Schmerzen wiederholten sieh häufig mit ungleicher Heftigkeit. Es trat Periostitis
an verschiedenen Körperstellen auf. Die Kranke starb 2^ '„ Jahre nach Beginn der Krankjieit
an Tuberkulose.
Sektion: Die Dura mater an der rechten Seite des Keilbeinkörpers mit dem rechten
Okulomotorius und Ramus Ophthal. Trigemini fest verwachsen, und beide an dieser Stelle
bedeutend verschmälert. Der rechte Abduzens unmittelbar nach seinem Eintritt in das
für ihn bestimmte Loch der Dura mater bis auf einige zurückgebliebene fibröse Fäden völlig
unterg^angen. Die obere Wand des rechten Sehlochs, sowie seine seitlichen Ränder etwa
um das Dreifache verdickt, der rechte Sehnerv von hier aus nach rückwärts, sowie die größere
294 Die Keratitis neuroparalytica bei Tumoren und tumorartigen Gebilden.
Hälfte des Chia&ma atrophisch. Es hatte sich in diesem Falle die Entzündung des Periosts
auf die nahe gelegenen Nerven fortgepflanzt.
Nothnagel (814): Bei einem jungen tuberkulösen Mädchen entwickelte sich
nach vorausgegangenen reißenden Schmerzen in der linken Gesichts- und
Kopfnackenhälfte, sowie Ohrenfluß, eine linksseitige neuroparaly tische Keratitis,
eine Lähmung des linken Abduzens, überhaupt aller linksseitigen Nerven, mit Ausnahme
des Olfaktorius, Okulomotorius und Trochlearis. Es wurde eine partielle linksseitige tuber-
kulöse Basilarmeningitis angenommen, auch mit Rücksicht darauf, daß die ophthalmosko-
pische Untersuchung beiderseits Neuroretinitis ergab.
Auch Prisleau (815) berichtet über eine tuberkulöse Meningitis mit Epithel-
abschilferung der Hornhaut, Herabsetzung des intraokxilaren Druckes und Störungen
der Hornhautsensibilität.
Schließlich können Hiinnerven sehr erheblich auch durch die Verschiebung
der Gehirnteile mitleiden, selbst bei entfernter sitzenden Tumoren. Sie können
gegen die scharfe Kante ihrer Eintrittspforte in die Dura oder gegen einschnü-
rende Gefäße gedrückt und dadurch irritiert werden.
§ 274. Die Heizung der Trigeminusbahn durch einen Tumor oder tumor-
ähnliche Gebilde äußert sich klinisch in Schmerzen, Neuralgien, Parästhesien,
Hyperästhesien im Quintusgebiet und durch Auftreten einer Keratitis neuro-
paralytica. Dabei ist es einerlei, ob die nervösen Elemente in dem Nerven
selbst, oder seine Wurzeln resp. Ganglienzellen in der Medulla diesen
Reiz erfahren.
Die Läh mungszustände des Nerven mischffn sich entweder mit den
Reizzuständen desselben, oder folgen ihnen nach, daher klinisch neben der
Keratitis neuroparalytica, Anästhesie, Hyperästhesie, Neurdlgie und An-
aesthesia dolorosa beobachtet werden.
So fanden wnr unter 39 Fällen mit Keratitis neuroparalytica bei 117 Fällen
von Tumoren mit Sektionsbefund ^)
19 mal Anästhesie im Trige minusgebiete vermerkt,
4 mal Anästhesie und Neuralgie gleichzeitig bestehend (vgl. auch
S. 119),
2 mal Anästhesie und Hyperästhesie (vgl. auch S. 116),
4 mal Neuralgie allein (vgl. auch S. 117).
Bei 10 Fällen war auf die Gefühlsstörung von Seiten des Trigeminus keine
Rücksicht genommen.
§ 275. Von großem Interesse erscheint die Frage, welche Art von Ge-
schwülsten des Trigeniinus beim Zustandekommen der Keratitis neuropara-
lytica die größte Rolle spielt.
Wenn wir uns auch im voraus sagen mußten, daß nur neue Beobachtungs-
reihen, nach den in dieser Arbeit gegebenen Gesichtspunkten untersucht und
geordnet, erst wirklich zuverlässige Daten hinsichtlich des Wesens und der
Entstehung der Keratitis neuroparalytica liefern würden, so lassen wir doch
des Überbhckes halber eine derartige Zusammenstellung hier folgen:
^) Die Fälle von Gehirntumoren mit Fernwirkung auf den Trigeminus sind in der
S. 295 beginnenden Tabelle nicht aufgefülirt.
Die Keratitis neuroparalytica hei 'rmnoreii und tuniorartigen Gebilden. 295
l*'älle von Trigeniitiusaf fektion bei Tumoren mit Scktionsbefund.
a) Karzinom«:
1. Adamkiewiez (741), HighmorsluWiie und Schädelbasis ... 0
2. Beveiidge (r)82), Pons 0.
'5. Burrows (;^21), lieide Sinus taveiiK).--i 0
4. Dreschfeld (294), Basis und Stamm des Trigeniinus .... mit Kerat. neuroparal.
5. EigencBeobachtung(S. 277), Stamm d.Trigeminusu. Ganglion ,, ,, ,,
6. Hirschl (793), Bas-is
7. Hughes Hemming, Basis ,. ,, ,,
8. Kleudgen (523), Basis und Äste 0
9. Norris (371), Sella turcica 0
10. Oppenheimer (309), Basis und Äste des Trigeuiiiuis ... 0
11. Roth mann (333), Basis und Fissura orbitalis 0
12. Selig mann (682), Basis mit Kerat. neuroparal.
13. Stern berg (349), Ganglion Gasseri und Stamm des Trigeininus 0
b) Sarkome:
1. Bruns (368), Stirnhirn (Rundzellen) 0
2. Blessig (528), Felsenbein (Zystosarkom) 0
3. Burnett (603), Zerebellum (Rundzellen) mit Kerat. neuroparal.
4. V. Drozda (590), Zerebellum und IV. Ventrikel 0
5. Dinkler (354), Sinus cavernosus 0
6. Friedrich (326). Basis und Pons 0
7. Gjör (386), Tentorium cerebelli (Spindelzellensarkom) ... 0
8. Hirano (611), Crus cereb. ad pont. (Fibrosarkom) mit Kerat. neuroparal.
9. Harri es (396). Ganglion Gasseri und Pons ,.
10. Jannssen (592), Pons
11. Koester (265), Frontallappen.'!" ,, ,,
12. Mingazzini (406), Basis (Fibrosarkom) 0
13. Macgregor (264), Pons mit Kerat. neuroparal.
14. Stunde (529), Pons (Zystosarkom) 0
15. Soulier (608), Pons und Stamm mit Kerat. neuroparal.
16. Simon (370), Basis u. Fissura orbit. suj). (Spindelzellensarkom) ,. ,, ,,
17. Takacz (584), Kleinhirn und Basis 0
c) Fibrome:
1. Bishop (337), Schädelbasis 0
2. Carpani (574), Crus cerebelli ad pont mit Kerat. neuroparal,
3. Goodhart (304), Ganglion Gasseri 0
4. Orsi (526), Ganglion Gasseri 0
d) Gliome:
1. Beck (322), Pons und Sehhügel (Myxogliom) 0
2. Bernhardt (580). Pons und Medulla mit Kerat. neuroparal.
3. Bezold (310), Ganglion Gasseri 0
4. Gowers (825), Stirnlappen und Corpus striat 0
5. JoJIy (330), Pons 0
•6. Schech (747). Stirnhirnlappen (Giiosarkom) mit Kerat. neuroparal.
296 Die Keratitis neuroparalytica bei Tumoren und tumorartigen Gebilden.
c) Neuron! :
1. Petrina (515), Pons mit Erweichung mit Kerat. neuroparaL
2. Virchow (609), Pons und Stamm 0
f) Cholesteatom:
1. Schuh (314), Pons und Stamm 0
g) Enchoiidroui:
1. Bälz (374), Medulla oblongata 0
h) solitärer Tuberkel:
1. Bruns (581), Pons ü
2. Bange (573), Pons mit Kerat. neuroparaL
3. Cantani (585), Pons 0
4. Duchek (527), Stamm 0
5. Kolisch (389), Pons 0
6. Lüderitz (572), Pons, Seh- und Streifenhügel mit Kerat. neuroparaL
7. Oppenheim (277), Pons
8. Petrina (515), Pons 0
9. Sänne (583), Pons 0
10. Schieß - Gemuseus (593), Rautengrube mit Kerat. neuroparaL
11. Türck (305), I. Ast des Trigeminus 0
i) solitäres Ouinina:
1. Lautenbach (346), Pons 0
2. Broadbent (327), Pons 0
3. Dune an (605), Pons und Stamm des Ventrikels 0
4. Duchek (388), Pons 0
5. Genkin (290), Stamm des Ventrikels mit Kerat. neuroparaL
6. Huguenin (384), Ganglion Gasseri 0
7. Hulke (276), Basis 0
8. Koester (265), Frontallappen 0
9. Rosenthal (101), Pons 0
10. Serrebrennikowa (328), Bai is 0
11. Tooth (331), Stamm 0
12. Westhoff (332), Ganglion Gasseri mit Kerat. neuroimraL
13. Wagner (273), Basis 0
Bei den beiden folgenden Fällen war nebenher auch noch basilare gummöse
M e n i n g i ti s vorhanden .
14. Power (746), Großhirnhemisphäre mit Kerat. neuroparaL
15. Pick (275), Pons 0
16. Walter (836), beide Orbitae mit Kerat. neuroparaL
17. Balfouri) Basis 0
18. Worms siehe S. 276 0
k) Aneurysmata.
1. Seh midt - Ri mpler (848), Carotis intern, im Sinus cavernosus mit Kerat. neuroparaL
2. V. Laugenbeck - Hiischberg (847), Art. carotis, sin. cavern. 0
1) Edinbourgh med. joiirn. 1875. Oct. S. 289.
Die Keratitis neuroparalytioa bei Tumoren uik] tuniorartigen Gebilden. 297
o. Bartliolo« (51)1), A. d. Art. ba^ilaris 0
4. Hutchinson (•'J94), Sinus cavernosus, Karotis 0
5. Hirschfeld (J^oO), Simis cavernosus. Karotis 0
6. Long und Egger (336), Sinus cavernosus, Karotis mit Kerat. neuroparal.
7. Bromberg (311), Sinus cavernosus, Karotis 0
8. Morton (340). Sinus cavernosus. Karotis mit Kerat. neuroparal.
I) Exostosen:
1. Chouppe (313), Exostose, welclie auf den V. Stamm drückt 0
2. Travers (824), Exostose 0
Bei den folgenden Fällen wnv die Art des Tumors nicht angegeben:
1. Abcrcrombie (413), Pons mit Kerat. neuroparal.
2. Annan (482), Pons mit Erweichung
3. Bell (321), Schädelbasis und Sinus cavernosus
4. Bell (321), Schädelbasis 0
5. Bartholow (591), rechte Hemisphäre 0
6. Cruveilhier (576), Druck auf den Pons 0
7. Carr6 (578), Basis, Druck auf den Pons 0
8. Denti (760), ? 0
9. Fenger (323), Ganglion Gasseri und Aste mit Kerat. neuroparal.
10. Fischer (525), Ganglion Gasseri und Basis 0
11. Gairdner (587), Basis und Pons 0
12. Grünwald (320), Basis und Stamm des Ventrikels .... mit Kerat. neuroparal.
13. Hansch (307). Ganglion Gasseri 0
14. Hagelstamm (335), Ganglion Gasseri u. Stamm d. Ventrikels 0
15. Heslop (524), Ganglion Gasseri 0
16. Krause (369), Pons 0
17. Kahler (691), Felsen- und Schläfenbein mit Kerat. neuroparal.
18. V. Kepinski (348), Fissura orbitalis sup 0
19. Liouville et Longuet (530), Basis mit Kerat. neuroparal.
20. Lombroso (586), Pons ., ., ,,
21. Lyell (519), Fissura orbitalis 0
22. Meißner (606). Basis mit Kerat. neuroparal.
23. Montault (607), Basis
24. Mohr (577), Basis ., ., ;,
25. V. Monakow (800), hintere Schädelgnibe 0
26. Marrot (522), Pons 0
27. Romberg (613), Pons 0
28. Rosenthal (373), Ganglion und Fissura orbitalis sup. . . . mit Kerat. neuroparel.
29. Rosenthal (579). Pons O
30. Stamm (372), Aste des Ventrikels 0
31. Shaw (.597), Basis . 0
32. Treitel (324), Fissura orbitalis sup mit Kerat. neuroparal..
33. Williams (596), Keilbein ,
34. Wollenberg (316). Stamm 0
3.5. Wollenberg (263), Basis und Pons 0
36. Wernicke (612), Pons 0
37. Sabrazes und Cabannes (315) 0
298 Die Keratitis neuroparalytica bei der Syphilis.
Die Keratitis neuroparalytica bei der Syphilis
(v,?!. auch Bd. I S. 308).
§ 27fi. Den zweiten Rang unter den Krankheiten, bei welchen wir Kera-
titis neuroparalytica auftreten sehen, nimmt die Syphilis ein. Das reizende
Moment wird hier besonders durch die basalen gummösen Wucherungen gegeben.
Dieselljen dringen von den Meningen in die Nervensubstanz ein. Meist
ist das Epi - und Perineurium verdickt und kleinzellig infiltriert, und von hier
aus schreitet die gummöse Neubildung längs der endoneuralen Septen, oder längs
der Gefäße in das Innere fort. Häufig verbreitet sich auch die syphilitische
Wucherung auf und in der anliegenden Hirnsubstanz und bewirkt daselbst
Erweichungszustände.
Außer dem Optikus, Okulomotorius und Abduzens wird bei den
syphilitisclien Affektionen am häufigsten der Trige minus an der Basis be-
fallen. Oppenheim, Brasch und Pick haben nachgewiesen, daß die Er-
krankung sich auch bis in die spinale Trigeminuswurzel erstrecken kann.
Welch bedeutende, w^echselnde Reizwirkung ^) gerade das gummöse
Gewebe auszuüben imstande ist, hat Oppenheim (816) bei Besprechung
der Variabilität und Flüchtigkeit der syphilitischen Symptome mit folgenden
Worten charakterisiert. ,,Will man diesen regen Wechsel der Erscheinungen
verstehen, so braucht man nur einen Blick auf die pathologisch-anatomischen
Veränderungen zu werfen. Dieses schnellebige Granulationsgewebe wuchert und
stirbt al) in rascher Folge und steter Wiederholung, und der Nerv, der von
demselben umstrickt \vird, ist deshalb einem so wechselnden Drucke aus-
gesetzt, wie bei keiner anderen Erkrankung." Später hat Oppenheim dann
noch besonders die Schwellungsfähigkeit des Geschwulstgewebes und die
Veränderungen am Gefäßapparate zur Erklärung herangezogen.
F'älle von Trige minusaffektion bei basaler gummöser Meningitis
mit Sektionsbefund.
1. Hitschmann ([598], vgl. 8. 218), mit Kerat. neuroparal. und Anästhesie des
Trigeminus.
2. Leudet (285), mit Kerat. neuroparal. und Anästhesie des Trigeminus.
3. Labarriere ([283], vgl. 8. 216), mit Kerat. neuroparal. und Anästhesie des
Trigeminus.
4. Pick (275), mit Kerat. neuroparal. und Anaesthesia dolorosa.
5. Ramskill (601), mit Kerat. neuroparal. und Neuralgie im Quintushiigel.
6. Rühle ([274], vgl. 8. 223), mit Kerat. neuroparal.; anfangs Neuralgie, später
Anästhesie.
7. Stedtman und Edes ([602], 8. 220), mit Kerat. neuroparal. und Anästhesie.
8. W es t p h a 1 ( [595], vgl. 8. 217) mit Kerat. neuroparal. ; Parästhesie und Anästhesie.
9. Wagner ([273], vgl. 8. 222), mit Kerat. neuroparal.; anfangs Hyperästhesie,
s^päter Anästheiie.
10. ([347], vgl. 8. 108), mit Kerat. neuroparal. und Anästhesie.
') Xc. rclj^k:: des Trigeminus werden nach Lang (Vorles. über Path. u. Therap. der
Syphilis 8. 611) am allerhäufigsten bei Syphilis beobachtet. Siehe die daselbst angeführten
JFälle von Huguenin, Rumpf, Piegey und Lang.
Dil' Kfiatilis luMiroparalytica hei (k-r Sypliilis. 299
11. riitlioff ([.S^.")), \^\. S. Of)). mit Kc'iat. neiiroparal. und Anästhesie.
12, V. (iraefe (599), nvit Anäf^tlu-sie.
1.'). Oppenheim (390), mit Parästhesie und Hyperästlieirie.
14. Rosen thal ([101], vgl. S. 109). mit Anästhesie.
IT). Tooth (3.31), mit Anästhes-ie.
16. Zimmermann (828), ?
17. Lehnten bach ([346], vui. S. 107), mit Anästhe^-ie.
18. ("hvostek (498). ?
19. Dixon (826), ?
20. Es mark (827) ?
21. Friedreich (326), Schmerzen im Bereich des linken Trigeminus.
22. Virchow (350), Parästhesie der linken Wange.
])ir solitären Gummata hatten wir schon auf S. 2*.)(j untci i) Er-
wähnung c;(4an.
Trigc niinusläsion duich Hä morrhagien und Erweicliung'-n hei
Arteriensyphilis mit Sektions bef und.
1. Charcot und Gombault (829), mit Neuralgie im Trigeminutgebiet.
2. Graff (402), mit Kerat. neuroparal., ohne Sensibilitätsstörungen.
3. Mott and Colli ns (830), mit Anästhesie.
4. P. Meyer (352), mit Kerat. neuroparal. und Hyperästhesie im Trigeminusgebiet
mit Ausnahme der Konjunktiva und Kornea.
5. Schlesinger (831), Fall VII, mit Anästhesie.
6. Derselbe (831), Fall VIII, mit Parästhesie.
Dagegen scheint hei den nicht auf syphiUtischer Basis entstandenen
Apoplexien Keratitis niclit vorzukommen.
So weisen die Fälle von
Pierret (8.55), Blutung in die innere Kapsel,
Broadbeat (492), Blutung in den Lingenkern und die äußere Kapsel,
Charcot et Bouchard (856), Blutung in die Stammganglien und die angrenzende
Marksubstanz,
Crichton Brown (857), Blutung in den Pens,
Müller (858), Blutung in den Linsenkern und die anliegende Markmasfe,
Gee and Tooth (408), Blutung in den Pons
meist halbseitige Körperanästhesie mit Beteiligung des gleichseitigen Trige-
minusgebietes ohne Keratitis neuroparalytica auf.
Fälle von Trige minusläsion hei Syphilis ohne Sektionsbefund.
1. Hanke (76), mit Kerat. neuroparal. und Anästhe.'^ie.
2. Koenigstein (109), mit Kerat. neuroparal. und Anästhesie.
3. Maggio (743) und Anästhesie.
4. Romberg (838) und Neuralgie.
5. Tresilian ([832], vgl. Bd. I, S. 312), mit Anästhesie.
6. Thompson (358), mit Anästhesie.
7. Cooper ([.3,59], vgl. Bd. I, S. 318).
8. de Luca ([833], vgl. Bd. I, S. 318), mit heftigen Neuralgien.
9. Hunter (8.34), mit langedauernder Hornhautanästhesie.
10. Jany (494), mit Kerat. neuroparal. und Anästhesie.
11. Panas (778), zwei Fälle mit Kerat. neuroparal., ?
lg. Power ([746], vgl. Bd. I, S. 320) mit Anästhesie.
12a.Wunderlich. Volkmanns klin. Vorträge 1895. Nr. 93.
12b.Rumpf, Die syphil. Erkrankungen d. Nervensystems. Bergmann. S. 521.
300 Die Keratitis neuroparalytica bei der Sjqihilis.
13. Rochon Duvigneaud (835), drei Fälle (vgl. Bd. I, S. 318).
14. Wertheim (681), mit Kerat. neuroimral., ?
15. Arches (686), mit Kerat. neuroparal. und Anästhesie.
16. Alexander (696), mit Kerat. neuroparal. mit Anästhesie.
17. Anderson und Gunn (764) mit Anästhesie.
18. Bri stowe (293) mit Anästhesie dopj^eltseitig.
19. Francke ([292], Fall 2), mit Kerat. neuroparal. und Anästhesie. '
Fassen wir dies(^ Angaben zusammen, so finden wii' unter <55 Füllen von
Trigeminnsläsion nach Lues \m 25 Fällen eine Keratitis neuroi3aralytica,
und zwar lieferte: •
die basale gummöse Meningitis (m. 8ektionsbef.) 22 Fälle darunter 11 m.Ker.neur.
solitäre Gummata 18 ,, ,, 4 ,, ,, ,,
Arteriensyphilis G ., ,, 2 ,, ., ,,
Fälle V. luetischer Trigeminuserkrank. (o. Sektb. 19 ,, ,, 8,, ,, ,,
65 25
Wenn nun Fromaget (837) angibt, die Keratitis neuroparalytica
kolnme im Vergleich zu anderen Äußerungen der Lues am Auge selten vor,
so mag er darin recht behalten; bei der luetischen Trige minusaffektion
dagegen sehen wir dieselbe fast in der Hälfte der Fälle zur Entwicklung
kommen. Jedenfalls entnehmen w^ir auch aus dieser Zusammenstellung, daß die-
jenige pathologische Affektion am häufigsten eine Keratitis neuroparalytica
im Gefolge hat, welche am geeignetsten erscheint, eine staike E ei z Wirkung
auf den Trigeminus auszuüben.
§ 277. Es erübrigt noch über die Bezeichnung Keratitis einige Worte
zu sagen. Viele haben an derselben Anstoß genommen and behauptet, eine
Keratitis neuroparalytica gäbe es überhaupt nicht. Es ist nach unserer
Ansicht müßig, bei dem noch immer schwankenden pathologisch-anatomischen
Begriff der Entzündung daiüber streiten zu wollen, zumal da es sich um ein
gefäßloses Gewebe, die Hornhaut, handelt. Hält man an der Entzündungs-
lehre Cohnhei ms fest, der das Wesen der Entzündung lediglich in den Ge-
fäßveränderungen sieht und zum Beweise, daß die Regeneration mit der
eigenthchen Entzündung nichts zu tun habe, gerade das Verhalten der Horn-
haut nach Verletzungen anfühlt (welches er eben nicht zur Entzündung
rechnet), so könnte man allerdings gewisse Foimen der Keratitis neuropara-
lytica als nicht entzündliche ausscheiden, zumal diejenigen, bei welchen es sich
um radiär verlaufende Striche liandelt; dieselben könnten als Ausdruck einer
infolge Herabsetzung des intraokularen Drackes bedingten Fältelung der Des-
cemetschen Membran aufgefaßt werden [Seh mid t - Ei mpler (817)]. Wie
will man aber das trophopathische Hoinhautödem und die Bläschenbildung der
Kornea von einem entzündlichen unterscheiden? zumal, da man hier auf
die sog. entziüidhchen Eeizsymptome : Schmerz, Lichtscheu, Tränenfluß,
wegen der vorhandenen Trigeminuslähmung, nicht rekurrieren kann. Es emp-
fiehlt sich daher bis auf weiteres ruhig bei der Bezeichnung Keratitis neuro-
paralytica zu bleiben, zumal da in der Nervenpathologie das die Entzündung
Die Keratitis neuroparalytica bei der Syjjliilis. 301
lvriiiiz('i('liii(ii(](' Aiiliaiit,M'\V()i( ,,-itis" in ]'';ill(ii i^chiimclit wiid. in mtIcIich nach
)■( in patliolo^Mscli-iinatoniischoni Standpunkte es sich niclit iini eine icijit' Ent-
7Ün(hniii liandcM. So sehen w\v (He Bezeichinm«^' Neuritis ganz gewöhnUch hei
y^uständeii im (Ichiaiicli. wo ohne Dctciliginig dv<, ( n-fäßapparates inir ein icin
<l(^genefati'\'er Zeit'all i\vr Nei'A'eiifaseni vorluuuh'n ist. Passell)e tritt in dem
lientc nocli vielfach diskutierten Begiiffe der ^fvelitis in (he Erscheinung. Sagt
doch Seh maus (818) in seinem ^•ol■züghchen. jetzt erscliienenen Werke, daß vor
allem die in der ganzen Pathologie sich so vicdfach geltend machende Un-
gewißheil und l'nsicherheit des Entzündungshegriffes so differente Anschau-
ungen auch ül)ei' die Entzündungen des Rückenmarkes veranlaßt hahe. Am
meisten entspräche es wohl dem gegenwiirtig ühlichen Sprachgehrauche, wenn,
man die Px^zeichnung ..Entzündung" hloß für solche Zustände in Anwendung
brächte, hei welchen hestinnnte Erscheinungen von Seiten des Zirkulations-
iippai'ate^ an dem (jesamthihh^ dei' Eikrankung einen wesentlichen Anteil
nehmen. Neben der Zirkulationsstörung weise aber eine genaue, namentlich
mikroskopische Untersuchung der entzündeten Teile noch andei'weitige Vor-
gänge an denselben nach ; auch die Zellen und die Zwischensubstanz des Ge-
webes selbst ließen solche erkennen. So die Schleimliautkatarihe. die V(jr-
gänge der parenchymatösen Degeneration, der trüben Schwcdlung und Ver-
fettung. Diese degenerativen Prozesse könnten selbst so sein- in den Vordergrund
treten, daß ihnen gegenüber die Zirkulationsstörung sich kaum mehr bemerklich
mache. Solche Formen leiten unmerküch zu jenen über, bei welchen es sich
um rein degenerative Prozesse, ohne gleichzeitige Alteration am Gefäßapparat
handelt. Seh maus hebt noch besonders hervor, daß es Organe gibt, an
welchen wir von vornherein nicht das Gesamtbild der entzündlichen Zirku-
lationsstörung erwarten dürfen, weil denselben ein Gefäßapparat fehlt. Das
trifft zu für die Kornea und den Korpel. Bei allen frischen Entzündungen der
genamiten Teile vermisse man naturgemäß die Hyperämie, während eine
zelhge Infiltration derselben von den Gefäßen der Umgebung her sich oft in
starkem Grade ausbilde.
von Kahlden, dessen Anschauung sich mit derjenigen Zieglers deckt,
meint, daß ,.bei jeder Entzündung zuerst eine degenerative Gewebsläsion
aufträte, an welche sich Alterationen der Gefäßwände anschlössen, denen
ihrerseits Exsudationsvorgänge nachfolgten.
Zum Schlüsse sei noch darauf hingewiesen, daß diejenigen, welche sich
gegen die Bezeichnung Keratitis neuroparalytica aussprachen, einer Zeit
angehörten, in welcher die neueren Untersuchungen über die Vorgänge
bei der Entzündung gefäßloser Gewebe (Herzklappen, Kornea) noch nicht
angestellt waren [Eberth (819), Goecke (820), Veraguth (821)]. Diese
mit Hilfe der modernen Technik angestellten Untersuchungen ergaben, daß
im Entzündungsbezirk, entfernt von den benachbarten Gefäßen, ausgedehnte
Wucherung der fixen Gewebszellen eingetreten sein können, ehe auch nur
ein eiiiaiges ausgewandertes weißes Blutkörperchen ihn erreicht hat. [Baum-
garten (822).]
302 Schlußdiagnostische Bemerkungen.
Kurz wir können ruhig bei der alten Bezeichnung Keratitis neuropara-
lytica bleiben, zumal da die moderne pathologisch-anatomische Auffassung
der Entzündung dieser Bezeichnung Berechtigung verleiht.
Schlußdiagnostische Bemerkungen.
§ 278. Am Schlüsse dieses Kapitels, welches die sämtlichen Beziehungen
des Trigeminus zum Auge enthält, dürfte es angemessen sein, auf die diagnosti-
sche Seite noch einmal einzugehen.
Nur wenige uild seltene Affektionen des Großhirns führen zu klinischen
Äußerungen im Trigeniinusgebiet.
Durch einen Herd irn unteren Drittel der vorderen Zentralwindung kann
es zu Störungen der motorischen Portion kommen.
Wie wir auf S. 124 ausgeführt haben, kommt Anästhesie der Kon-
junktiva und Kornea als Teilerscheinung einer zerebral bedingten Hemian-
ästhesie vor. Eine genaue Unterscheidung zwischen der organischen Hemian-
ästhesie gegenüber der hysterischen ist kaum möglich, v. Monakow (859)
gibt als Unterscheidungsmerkmal an, daß bei der organischen gewöhnlich
das stereognostische Vermögen und der Muskelsinn, bei der hysterischen das
Schmerzgefühl, die elektrokutane Sensibihtät und der Drucksinn geschädigt
würden. Ferner seien die organisch bedingten Störungen gröber und konstanter;
nach Sehr ad er fülrlt sich die betroffene Körperhälfte kühler an als die ge-
sunde. Wir haben schon erwähnt, daß wir die von Grasset angegebene
Tatsache des Fernbleibens der Kornea bei der Hemianästhesie nicht bestätigen
konnten, v. Monakow (859) erklärt dies damit, daß die Kornea auch durch
das Ganglion ophthalmicum innerviert w^erde. Auch seien die reflektorischen
Trigeminusverbindungen der Kornea sehr mächtig entwickelt. Nach Claude-
Bernard soll die Hornhaut ihre Empfindung verlieren, wenn jenes Ganglion
zerstört werde, während die Konjuiiktiva dieselbe behalte. Jedenfalls sei
die Kornea nicht vom Trigeminus allein abhängig.
§ 279. Eine komplette Hemianästhesie mit Einschluß des
Gesichtes tritt ein bei Unterbrechung der sensiblen Bahn, 1, in der Kinde
des unteren Scheitelläppchens und der Zentralwindungen. Natürlich
muß der Herd um so größer sein, je näher er an dem Kortex liegt, um durch
Zerstörung aller Projektionsfasern eine Hemianästhesie hervorzurufen ; 2. in
dem Carrefour sensitive (im hintersten Abschnitt der inneren Kapsel,
3. in der Schleife von dem oberen Abschnitt des verlängerten Markes an
bis zur Haubenregion im Zwischenhirn.
Bei den Hirnschenkelaffektionen brauchen keine Sensibilitäts-
störungen aufzutreten; ist dies jedoch der Fall, so hat die Läsion wahrschein-
lich auch die Haubengegend mitergriffen. In dem berülimten Weberschen
Fall (s. Bd. I S. 3G2) bestand eine Gefülilsabstumpfung auf der gelähmten Seite.
In § 125 S, 122 haben wir das Verhalten der Trigeminusaffektionen
zu den gleichzeitig vorhandenen Sensibilitätsstörungen besprochen. Die ge-
Schlußdiagnostisfhe Bemerkungen. 303
k)('uzt(' Anästhesie faDdcii Avi)- hei Poiisaffektioiieii (Fall Oppeiiliei ni,
Stuart (^ooper, Annan, Jjinehei-, Rülile, Eemak, Gee und Tooth
u. a. m.).
Wir iialxii sciioii JierAMDj^fehohen, daß Ini den Ponsaffektioneii die mit
d( ni Sitz des Herdes tf lei clisei tige Quintuslähmung die iiäufii^'ere ist.
§ 280. Das hauptsäclilicliste Unterscheidnnj^snieiknial einer zentralen
V(m einei' pei'ipheriMi Quintusläsion liegt in dem Veilialten der Eeflexe.
Eisenloh 1' hat darauf hingewiesen, daß aus dei- Kefk-xlosigkeit dei' G(^siehts-
hälfte, der Kornea und der Konjunktiva der Schluß herechtigt sei, daß die
unterhalb des Kernes belegenen Quintusl)ahnen betroffen seien. Eine scheinbare
Ausnahme scheint die von Oppenheim S. 110 gemachte Beobachtung der
Areflexi(^ der Kornea und Konjunktiva bei Kleinhirn tu moren darzubieten.
Jedoch legt unser Fall (S. 110) nahe, daß dieses Symptom auch peripherer
Natur ist.
§ 281. Was nun den peripheren Verlauf des Trigeminus betrifft, so
hatten wir auf 8. 104 uns schon mit den Folgezuständen des Befallenseins
der einzehien Abschnitte des peripheren Verlaufes beschäftigt.
§ 282, Die vollständige Quintuslähmung (vgl. S. 102) hat Störungen
der Sensil)ilität im ganzen Ausbreitungsgebiete des Nerven, sowie Lähmung
der Kaumuskulatur und nicht selten auch sekretorische, trophische und vaso-
motorische Störungen zur Folge.
Vollständige Quintuslähmungen kommen am häufigsten duich. krankhafte
Affektionen an der Hirnbasis vor: so durch Meningitis syphilitica oder
tuberculosa, Geschwülste, Aneurysmen, Blutextravasate, Abszesse, Periostitis,
Karies der Schädelknochen. Ferner auf trau matische m Wege (durch Stich-
verletzung des Nerven, durch Schädelbasisbrüche, Schüsse in den Nerv). End-
lich durch neuritische Erkrankung.
§ 283. Wie man aus dem Befallensein einzelner Trigeminusäste den Sitz
des Krankheitsherdes diagnostizieren kann, ergibt unsere Zusammenstellung
S. 105, aus welcher hervorgeht, daß der frülier aufgestellte Satz, je meh)' die
Anästhesie auf einzelne Zweige des Trigeminus beschränkt sei, um so peri-
pherer der Sitz der Krankheit gesucht werden müsse, nur sehr relative Geltung
beansprucht.
Bezüghell der Läsiun des I. Astes in der Fissura orbitalis superior ver-
gleiche S. 105 und 106. sowie Bd. I S. 314.
§ 284. Auf die Kornea und Konjunktiva beschränkte Anästhesie
fanden wir bei Läsion des 1. Trigelninusastes, bei entzibidlichen Veränderungen
des GangHon Gasseri und Ganghon ciliare, bei einem Brückenherd, bei einem
Tumor, der die hnke Seite des Pons und der Medulla oblong, komprimiert hatte,
und bei Kleinhirntumoren (Oppenheim, vgl. S. 110).
Lediglich Anästhesie der Kornea kommt sowohl durch periphere,
wie durch zentrale Affektionen zustande. So hat eine hämorrhagische Zyste
im hnken Temporosphenoidallappen, ein Sarkom im Pons, eine Thrombophle-
bitis im Sinus cavernosus, ein entzündlicher Pi-ozeß im ivtiolndbären Gewebe
304 Schlußdiagnostische Bemerkungen.
und ein nemitischer Prozeß in den sensiblen Quintuszweigen diese Erscheinung
zur Folge gehabt.
Eine nur auf die Bindehaut beschränkte Anästhesie fand sich bei
einem Stirnhirntumor und einer Thrombose des Sinus cavernosus.
§ 285. Ganz isolierte Quintuserkrankungen (vgL S. 125) sind selten.
Trauma, basale Svphihs und neuritische Erkrankung kennt man als Ursache.
§ 286. Auch die doppeltseitigen Trigeminuserkrankiingen (vgl. S. 127)
treten nicht häufig auf. Ponstumoren, tabische Affektionen geben zu doppel-
seitiger Kernwurzelläsion die Veranlassung. Doppeltseitig pe]ipher befällt am
häufigsten die basale gummöse Meningitis den Quintus; viel seltener ein Tumor
(Karzinom). Doppeltseitige Neuritis soll auch vorkommen.
Wie man differentialdiagnostisch eine funktionelle Hörn- und Binde -
hautanästhesie von einer organisch bedingten unterscheidet, sei bei der
Wichtigkeit des Gegenstandes noch einmal hervorgehoben.
Bei funktionellen Erkrankungen (Hysterie) erivicht die Sensibilitäts-
störung nicht jenen intensiven G r a d , Avie nach organischer Läsion. Es kommt
nicht zu tiefgreifenden Ernährungsstörungen, nicht zur Keratitis neuroparalytica.
Für eine organische Läsion spricht das astweise Befallensein, die Aus-
dehnung des anästhetischen Bezirkes nach den anatomisch bestimmten Grenzen.
Die Hemianästhesie des Gesichts organischen L^rsprungs unterscheidet
sich dadurch von einerhysterischen Gesichtshemianästhesie, daß die Anästhesie
bei der erstereii nicht bis znm Kieferwinkel reicht, sondern eine dem N. auric.
ma.gn. entsprechende Fläche freiläßt.
§ 287. Bezügüch der kongenitalen Defekte im Trige minus-
gebiet müssen wir hier noch einige Worte über den differentiell-diagnostischen
Wert der Keratitis neuroparalytica zwischen den obenerwähnten Fällen und
denjeiügen Lähmungszuständen des Quintus anfügen, welche in frühester Kind-
heit akquiriert worden waren. Wir hatten gesehen, daß eine große Anzahl von
Fällen von Trigeminusläsion (siehe auch die Fälle von Exstirpation des Ganglion
Gasseri S. 220) mit vollständiger Anästhesie der Kornea das ganze
Leben hindurch bestehen konnten, ohne daß es zur Entwicklung von Keia-
titis neuroparalytica gekommen wäre. Für die Fälle ^on kongenitaler
Aplasie im Gebiete des Eamus ophthalmicus N. Trigemini liegt daher kein
prinzipieller Grund vor, daß nach der Geburt eine Keratitis neuroparalytica
zur Entwicklung kommen müsse. Kommt aher eine in frülier Kindheit zu-
stande (vgl. die Beobachtungen van Millingens und Bernhardts S. 69
und 70), so spricht eben dieses Auftreten für eine akquirierte Krankheit
des Trigeminus und nicht füi' eine Aplasie im Quintusgebiete. Li der Tat
lag ja auch bei dem Falle Bernhardts eine organische Läsion (EnzephaUtis
usw.) zugrunde. Der Fall van Millingens kam nicht zur Sektion, Diese
Frage steht in Analogie zu der im I. Bande, S. 117. eröiterten Frage, ob an-
geborene Aplasie oder infantiler Kernschwund im Gebiete der Augen-
muskelkerne vorhanden sei.
Verhalten des Trii'ciiiiiuis Ix'i den veixliiedeiien Erkrankuntien des Nervenf^vstcms. 305
Das Verh.alteii des Ti ig<Mninus bei den verschiedenen Erkrankungen
des Nervensystems.
§ 28S. Zum Seliliissc sei noch in kiiizfii Zügen auf das Verhalten des
Trigeminus bei den verschiedenen P^rk ran klingen des Nervensystems hinge-
wiesen, um wenigstens hei der Stellung einer Diagnose die gesamten in Frage
kommenden Momente gegenwärtig zu haben.
Der oben erwähnte Westphalsche (S. 2'26) und der (iraffsche Fall
(146) Zeigen, daß hei der Tal)es im Gebiete des Trigeminus Alterationen mit
Keratitis neuroparalytica vorkonnnen.
Nach Chvostek (S52) können Erscheinungen von weiten des sensiblen
Trigeminus in Form von Neuralgien, verschiedenen Parästhesien (vgl. S. 72
Fall Pel) und Anästhesien sowohl als Frühsymptom der Tabes, als auch während
des späteren Verlaufes derselben auftreten. Sie erfuhren, nachdem Duchenne
iiuf sie aufmerksam gemacht, von Bourdon, Westphal u. a. und durch
Oppenheim (S5B) eingehende Würdigung. Als anatomisches Substiat für
<lie hier in Betracht kommenden Störungen ergal)en die T'ntersuchungeii
Atrophie der aufsteigenden Wurzel, Atrophie des sensiblen Kernes (Oppen-
heim), und Degeneration der absteigenden Wurzel (Pioß).
Parästhesien, Kribbeln, Stechen, Gefülil von Geschwollensein im Gesicht,
nm das A uge herum, auch in der Mundhöhle, auf der Zunge, wo die Empfindung
der Trockenheit und des Brennens voi'waltet, findet man öfters in den Kranken
geschichten von Tabikern erwähnt. Nach Goldscheide)' und Leyden (850)
Ixommt eine Art von Gürtelgefülil auch im Gesicht vor. Letzteres kann von
einem starken Gefühl des Abgestorbenseins eingenommen sein, so daß
die Patienten die Empfindung liaben, als besäßen sie nur die hintere Hälfte
des Kopfes. Von Charcot wurde zuerst hierauf mit der charakteristischen
Bezeichnung ,, Tabesmaske" aufmerksam gemacht.
Bekamit ist das häufige Auftreten der Migraine ophthalmique bei
<ler Tabes. Wir beobachteten diese Affektion als erstes, jahrelang dem
Ausbruch der Tabes vorhergehendes Symptom bei einem unserer Patienten,
der in der Krankheit und im Jünghngsalter niemals an Migräne gelitten hatte.
Auf S. 128 haben wir schon die Fälle zitiert, in welchen bei der Tabes
doppelseitige Kern^^'urzelstörungen im Quintusgebiet aufgetreten waren,
€assirer und Schiff (394), Grabower (395), Jendrassik (295).
Auch die Beobachtung A. Meyers (851) mit Ophthalmoplegie bei Tabes mit
Parese des linken oberen Fazialis und leicliier Störung im linken Trigeminus dürfte
liierher gehören.
Sehr selten kommt es im Gel)iete des motorischen Trigeminus zu
tiner Parese. Peterson und Schnitze haben je einen solchen Fall von
Lähmung und Atrophie der Kaumuskeln bei der Tabes beschrieben.
^ei der hereditären Ataxie kommen Quintusstörungen
nicht vor.
Wilbrand-Saenger. Neurologie des Auges. IL Bd. I. Abteilung. 20
306 Verhalten des Trigeniinus bei den verschiedenen Erkrankungen des Nervensystems.
§ 289, Bei der multiplen Sklerose können natürlich Störungen im
Trigeminusgebiet auftreten je nach dem Sitz der sklerotischen Plaques im
Zentralorgan oder im Trigeminusstamme selbst.
Guttmann (258) teilt einen Fall von einer vollständigen Anästhesie der ganzen'
linken Körperhälfte, Unempfindlichkeit der linken Kornea, Verlust des Seh-
vermögens des linken Auges mit weißer Verfärbung der Papille mit, bei Lähmung des linkea
Abduzens, des Fazialis und Hypoglossus. Später machte auch auf der rechten Seite sich
eine Schwäche der Muskelwirkung der Extremitäten bemerkbar. Die makroskojDische und.
mikroskopische Diagnose lautete auf multiple Sklerose.
Charcot und, Gambaul t (829) berichten über einen 40jährigen Patienten, der vor
vielen Jahren Lues akcpiiriert hatte. Es bestand links Mydriasis, totale Okulomotoriuslähmung^
rechts, Lähmung des linken und rechten Abduzens, des rechten Fazialis und Neuralgie
des Tri ge minus. Doppeltseitige Neuritis optica. Die linke untere Extremität war komplett
gelähmt. Die Reflexbewegungen waren gesteigert.
Sektion: Seröse Durchtränkung der Arachnoidea, die Windungen etwas abgeplattet.
Der rechte Tractus opt. ist schmäler, grau, halbtransparent.
Der Hirnschenkel hat einen grauen Plac[ue. Der Okulomotorius atrophisch und de-
generiert. Im linken Pedunkulus linsengroßer Plaque. Der rechte Tri geminu^svind Fazialis
grauer als der linke. Die beiden Abduzentes grau und atrophisch. Die Pia ist leicht
verdickt.
Bei der Syringomyelie treten Bulbärsy mptome nicht selten auf.
Dieselben zeichnen sich durch die Einseitigkeit des Auftretens aus und be-
stehen manchmal in Sensiltilitätsstörungen im Quintusgebiet.
Bei der Bulbärparalyse sind objektive Störungen der Sensibilität in
der Regel nicht zu konstatieren. Nur De j er ine gibt leichte Störungen des.
Gefühls der Wangenschleimhaut an. Dagegen ist der motorische Anteil des.
Quintus meist beteiligt, die Kaumuskeln werden schlaff und atrophisch , so
daß das Kauen mühsam, ja unmöglich wird.
Wie es sich bei den Fällen von Kernaffektion mit Ophthalmoplegie
verhält, geht aus den Bd. I S. 206 geschilderten Beobachtungen von Hirsch -
borg, Eisenlohr, Cassirer und Schiff, dem Falle von Mauthner Bd. i
S. 209 und den Fällen von Duboys und Brasch S. 210 hervor.
Dazu würden noch die folgenden Beobachtungen kommen:
V. Bamberger (687). 53jährige Frau, welche unter heftigen rechtsseitigem
Kopfschmerzen zuerst von einer rechtsseitigen Fazialisparese befallen wurde. Dann
entwickelte sich eine rechtsseitige Keratitis neuroparaly tica, später vollständige
Lähmung aller Augenmuskeln, Anästhesie des rechten Auges, wie überhaupt
Lähmung des sensiblen und motorischen Teils des N. Trigeminus. Auf dem
linken Auge war der Augenspiegelbefund normal. Syphilis war ausgeschlossen. Am
wahrscheinlichsten erscheint Bamberger eine Erkrankung der Nervenkerne an der Basis
des Gehirns.
Schlesinger (854) beschreibt einige -bulbäre Symptomenkom])lexe mit akutem untl
subakutem Beginn.
Fall I: 64 jähriger Mann, vor drei Jahren apoplektiformer Insult, hochgradige Parese
des rechten sensiblen Trigeminus mit Keratitis neuroparaly tica, Parese des
] echten Mundfazialis und des Gaumensegels; allgemeine Arteriosklerose.
Fall II: 28jähriger Mann,- rechts Parese des sensiblen Trigeminus, Muni'-
fazialis, Gaumensegels und des Rekurrens.
Femer die auf S. 228, Nr. 140 erwähnte Beobachtung Kojewnikoffs.
Verhalten des Trigeniinus bei flon verschiedenen Erkrankungen des Nervensystems. 307
Bei (Ifi akuten Bulbäipaialyse fiinlct imtii im Trigeminusgebiet
Paiästliesieii, seltener ausgesprochene Anästhesien in der ganzen Ausbreitung
(l(^s Trigeniinus, oder nur auf einen Ast beschränkt.
Bei der Myasthenia paralytica weiden nach Oppenheim objektive
Sensibilitätsstörungen vermißt. Wir haboi jedoch solclie im Trigeminusgebiet
i]i einem Falle beobachtet, ebenso wie Senatoi' und Ballet.
Bei der Pseudobulbärparalyse kommt es nur zu einer Parese der
Kaumuskeln.
Was die Poliencephalitis supei'ior acuta betrifft, so ist im allge-
meinen die Sensibilität nicht gestört. Nur der Lidreflex ist häufig abgeschwächt,
auf beiden Seiten ungleich, oder es kann derselbe ganz fehlen.
20*
Alphabetisches Saeh-Register.
A.
Abduzenslähmung: 21, 75, 76, 77, 93,
94, 105, 106, 107, 109, 111, 112, 113,
116, 118, 122, 124, 128, 150, 180, 181,
216, 242, 243, 244, 245, 278, 287, 288,
291, 292, 293, 294, 306;
kongenitale 70;
doppeltseitige 95, 242.
Abszeß: im Poiis und Medulla oblongata
123;
der Kornea 212, 289.
Adaptation der Netzhaut: 101.
Ageusie: 148.
Akkommodationsbeschränkung: bei
Zaluileiden 69, 78.
Akkommodationslähmung: 106;
bei Herpes zoster 179, 181.
Akkommodationsmuskel: Schwäche
desselben 100.
Akkommodative Asthenopie: 82;
bei sympathischer Neurose 98.
Akustikuslähmung: 93, 111, 127, 219,
223, 288, 289.
Akute multiple Neuritis: 117.
Akzessoriuslähmung: 111.
Alopecia areata bei Trigeminusaffektion:
150.
Amaurose: 75, 110, 113, 127, 223;
bei Herpes zoster 179;
hysterische 129;
bei Syphilis 95;
nach Trauma 290;
auf den Supraorbitalrand 91;
bei Thrombose des Sinus cavernosus 85;
bei Trigeminusneuralgie 92;
bei Tumor 94;
nach Zahnreiz 89, 91.
Amblyopie: 242;
nach basaler Lues 95;
sympathische 100.
Anämie: neuro-irritatorischc 141.
Anaesthesia: congenita im Trigeminus-
gebiet 69, 132;
dolorosa 74, 76, 104, 119, 163, 218, 243,
288;
totalis bei Melancholie 131.
Anästhesie: komplette des Trigeminus 126;
der Kornea und Konjunktiva 106, 109,
110, 111, 112, 114, 148, 214, 219, 302;
bei Glaukom 115;
bei Herpes corneae febrilis 155;
gekreuzte 123;
im Ramus ophthalmicus 105;
im Trigeminusgebiet 75, 108, 118, 127,
130, 150;
Differentialdiagnose von funktionellen
Sensibilitätsstörungen 129;
der Gesichtshälfte 95, 133, 148, 149;
der Körperhälfte 106, 107;
der Zungenhälfte 111.
Aneurysma: der Arteria basilaris bei Tri-
geminuserkrankung 120, 223;
der Carotis interna 76, 104, 107, 117,
150, 214, 215, 221, 296;
in der mittleren Schädelgrube 106.
Apoplexie: mit Keratitis neiu-oparalytica
286.
Areflexie: der Kornea und Konjunktiva 110.
Arteria: basilaris — Aneurysma derselben
223;
ophtlialmica — Aneurysma derselben 85;
supraorbitalis-f rontalis-nasalis in ihrer Be-
ziehung zum Herpes zoster ophthal-
micus 200.
Arteriensyphilis: mit Quintuslähmung
299.
Astenopie: durch Akkommodationsüberan-
strengung 82; durch Schwielen 82;
nervöse 100.
Äste des Trigeminus: Sitz des Krankheits-
herdes 215, 216, 217, 218, 219.
Atmungsunterbrechung: bei Trige-
minusreizung 65.
Ataxie: des Armes 110.
Alphabetisches Sach-Register.
309
Aufsteigende: 'l'iigeiniiuiswur/.el-Degene-
ratioii Sl, i»;").
Augen imiskelkriiinpfe: 1;$:}, 223;
bei Ziiliiileiden 72, 73.
Augen niuskeilähniung:
assoziierte kongenitale 70;
bei Erktjinkung der Fissura orbitali«
sn|ieii()i' 215;
mit Herpes zoster 180.
Augen.seh merzen 223.
It.
Basale gummöse Meningitis: 94, 117,
222, 224.
Basedowsche: Krankheit 137;
einseitiges Tränen bei derselben 137;
vermehrte Tränensekretion dabei 22;
Verminderung der Hornhautsensibilität23.
Bewegungsbeschränkung: des Auges
nach verschiedenen Richtungen 119.
Bindehaut: siehe Konjunktiva.
Bläschenbildung: bei Herpes corneae
febrilis 153;
bei Herpes corneae neuralgicus 151;
bei Hei'pes zoster 159, 161;
bei peripheren Nervenstörungen 273.
Blässe der Haut bei Trigeminusaffektionen:
148.
Blendung: 100;
bei Erkrankung des vorderen Bulbus-
abschnittes 85;
bei Keratitis neuroparalytica 87.
Blendungsgefühl: 101;
Wegfall desselben bei Trigeminuslähmung
87;
Zustandekommen desselben 85, 86, 87.
Blindheit: siehe Amaurose.
Blutungen: in den Pons 123;
in den Thalamus opticus 125;
in den Linsenkern 125;
in die Bindehaut bei Hysterischen 129;
in die Bindehaut als vasomotorische
Störung 146;
bei Supraorbitalneuralgie 187;
aus der Nasenhöhle bei Trigeminusaffek-
tion 147;
des Zahnfleisches bei Trigeminusaffektion
148, 149.
Botnlismus: Versiegen der Tränensekre-
tion bei demselben 30.
Bulbärparalyse: 118, 223, 306, 307.
Bulbus: Eingesunkensein desselben 254;
Schmerzen in demselben 159;
vorderer Abschnitt desselben: vasomo-
torisch-tr()|)hisehe Störungen 151;
Anästhesie derselben i;}2;
Empf indungsqualitätcn desselben 57 ;
Reizung desselben 59.
Bulbusaffektionen: Zahl der Erkran-
kungen bei Herpes zoster ophthal-
micus 167.
Bulbusbewegungen: horizontale Zuk-
kungen nach rechts 133.
C.
Carotis interna: Aneurysma 76, 104, 107,
117, 150, 214, 215, 221;
Ruptur im Sinus cavernosus 214.
Carrefour sensitive: 124.
Cavum Meckelii: 36.
Chemosis conjunctivae: bei Trigeminus-
läsion 113, 157, 222, 241, 289.
Chiasma: Erkrankungen, luetische 94, 95,
222, 223;
Tumor 74, 93.
Cholesteatom: des Trigeminus 117, 224,
296.
Chorda tympani: 8.
Chorioidea: Verlauf der Nerven in der-
selben 39.
Corrugator supercilii: Krampf des-
selben 21.
D.
Degeneration: aller Augenmuskelnerven
113;
des Abduzens 112;
der aufsteigenden Trigeminuswurzel 111,
224;
des Fazialis, Hypoglossus, Vagus und
Glossopharyngeus 119;
des Trigeminus 212, 217;
der spinalen Trigeminus- u. Glosso-
pharyngeuswurzel 128.
Dekubitus: akuter nach Wirbelsäulenver-
letzung 142, 276.
Diabetes insipidus 93.
Diplobacillus conjunctivalis bei Supra-
orbitalneuralgie 82.
310
Alphabetisches Sach-Regi&ter.
Diplopie: 122, 124.
Doppel tseitiges Auftreten des Herpes
zoster ophthalmicus 164.
Doppeltseitige: komplette Ophthalmo-
plegia interior et exterior 128;
Kemwurzelläsion des Trigemimi-i 128;
Ptosis 113;
Trigeminuslähmung 1 27 ;
Trigeminusneuralgie 118.
Doppeltsehen: 122. 124.
Druck intraokularer: Herabsetzung bei
Herpes zoster ophthalmicus 178;
»Steigerung nach Trigeminusreizen 62. 77,
78;
Sympathikuswirkung auf denselben 63.
Druckpunkte: 84.
Dysarthrie: bei Herpes zoster 180.
E.
Einseitige: Anästhesie der Kornea und
Konjunktiva 111.
Einseitiges Tränen bei Basedow 137.
Enchondrom: bei Trigeminuserkrankung
223, 296;
zwischen Felsenbeinspitze und Hinter-
hauptbein 119.
Encephalitis pontis: 123.
Endkörperchen: der Konjunktival- und
Kornealnerven 41.
Enophthalmus: 106.
Entzündung: .sympathische 102.
Enukleation: bei sympathischer Neurose 99.
Epiphora ataxique 20.
Episkleritis: bei Herpes zoster ophthal-
micus 170.
Epithel Verlust: der Kornea 101, 241;
bei Forme fruste des Herpes zoster oph-
thalmicus 187.
Erholungsausdehnung des Gesichts-
feldes 100, 101.
Ermüdbarkeit: allzuleichte beim Sehen
100.
Erweichung: des Hirnschenkels 112;
als Ur.sache der Keratitis neuroparalytica
286, 287;
des Thalamus 112, 123;
des Nervus Trigeminus 221.
Erysipel: Verwechslung mit Herpes zoster
160, 186.
E X o p h t h al m u s : 74, 2 1 8, 229, 249, 289, 290 ;
Exophthalmus: bei Basedow 137;
bei Karzinom der Orbita 129;
nach Fortkriechen einer Periostitis der
Zähne 90;
pulsierender 85, 289;
nach Thrombose der Fazialvene 211.
Exostose: an der Schädelbasis 117;
durchbohrt den Trigeminusstamm 222;
bei Trigeminuslähmung 297.
F.
Faux phlegmon: 141.
Fazialis:
Beziehung zum Trigeminus 69;
Degeneration desselben 112.
Einfluß desselben auf die Tränensekretion
7, 9. 16, 27. 29. 136. 137.
Fazialislähmung: 108. 112. 122. 136. 137,
149. 219, 222. 223. 224. 227. 228, 240,
241, 242, 243. 244. 287, 288. 289, 290,
291, 306;
bei basalem Tumor 93;
bei Karzinom der Schädelbasis 129;
komplette 7, 28;
doppeltseitige 24;
nach Trauma 240. 241;
bei Gehirnlues 95;
bei Gliom 97;
bei Herpes zoster ophthalmicus 182;
bei Tabes 128;
kongenitale im Verein mit dem Abduzens
und Trigeminus 70 und Trigeminus-
lähmung ohne Keratitis neuropara-
lytica 241. 242, 243;
und Trigeminuslähmung bei Keratitis
neuroparalytica 240. 241 ;
Tränen bei deiselben 32;
Weinen bei denselben 32;
einseitiges bei derselben 24;
Versiegen der Tränen bei derselben 24.
Fibrillentheorie: 143.
Fibrom der Dura: 220;
bsi Trigeminuslähmung 295.
Fibrosarkom: mit Trigeminuserkrankung
217.
Fissura orbitalis superior: 36:
Kompression des Trigeminus 114. 215;
Erkrankung 214, 248;
Tumor in denselben 94;
Durchgang des Ramus()|)hthalmicus Nervi
trigemini 37.
Alphabetisches Sach-Register.
311
J'M uclit bf'wcgungfn des Kopfes In-i Tri-
gi'ininusrt'i/jiiig: M.
P'oramon rotundum: 36;
ovale 30.
Forme fruste des Her|K's zoster oi)litlial-
mious: 180, 187.
Fossa lacrymalis: 1, 2.
Furchenkeratitis: 155.
G.
^Ganglienzellen: im Verlaufe des I. Astes
des Trigeniinus 23.").
Ganglion cervicale supremum: Duroh-
schneidung desselben 142.
■Ganglion ciliare: 5;
Abnormität der sensiblen Wurzel 4.5;
akzessorisches 44, 45;
Anatomie desselben 43;
doppeltes 44;
Beziehungen zum Nervus oculomotorius
49;
Entzündung desselben 111;
Klinisches über dasselbe 52;
Physiologie desselben 49;
Radix brevis 46;
Radix longa 43, 44;
-Radix sympathica 43;
als Reflexzentrum der Pupille 51;
spinale Natur desselben 48;
sympathische Na'unr desselben 47, 50:
Sympathikusfasern in demselben 37. 38.
46;
bei Wirbeltieren 45.
Ganglion Gasseri: 8, 36, 219, 226;
Anatomie desselben 52;
Erkrankungen desselben 95, 111, 114, 118.
147, 149, 194, 217, 218. 219. 220, 221 :
Neuritis desselben 75;
Tumor desselben 74, 75, 79. 133;
Exstirpation desselben 27, 60. 61, 02. 137,
220, 230;
mit Konjunktivalblutungen 247;
Auftreten von Keratitis neuroparalytica
nach Erkrankung desselben 68;
bei Herpes zoster ophthalmicus 152.
Ganglion geniculi 130.
Ganglion oculomotorii: 47.
Ganglion oticum: 48.
Ganglion sphenopalatinum: 48.
Ganglion supramaxillare: 48.
Gangrän: nach Entzündung {)eripherer
Nerven 272.
Gangränöser Zoster: 180.
Gaumensegel parese: 130, 137.
Gehörstürung: HO.
Gekreuzte Anästhesie: des Gesichts und
der Extremitäten 122.
Geschmackslähmung: an der Zungen-
spitze b?i Fazialislähnunig 28;
bei Trigeminuslähmung 291.
Gesch \vürsl)ildung: nach Kntziuidung
peri|)herer Nerven 272.
Glandulae acinosae subconj uncti-
vales: 2.
Glandula lacrymalis: inferior 1;
superior I.
Glandula palpebralis: 12.
Glanz und Trockenheit der Mund-
schleimhaut hin Trigeminusaffektion
118.
Glaucoma sympathicum 99;
bei Trigeminusreizen 77, 78.
Gliom: des Ganglion Gasseri 117;
bei Trigeminuslähmung 295;
des Pons 103.
Glossopharyngeuslähmung: 111.
Glossy skin. 72, 141.
v. Graefes Phänomen: bei Basedow 137.
Gravidität: vermehrte Tränensekretion 38.
Großhirnerkrankung: mit Trigeminus-
affektion 302.
Gumma: an der Basis cerebri 104;
im Frontallappen 112, 114;
des Ganglion Gasseri 104, 120;
der Orbita 108;
der Ponshälfte 107;
solitäres bei Quintusaffektion 296;
im Trigeminus 118. 12.5. 222, 223;
der mittleren Schädelgrube 109;
am Türkensattel 107.
H.
Haarausfall: Ijei Trophoneurose 99.
Hals.: Bläscheneruption beim Herpes zoster
ophthalmicus 159.
Halssympathikus: 7.
Hämorrhagie: in die absteigende Trige-
minus wurzel 225;
im Pons 109.
Hardersche Drüse: 2.
312
Alphabetisches Sach-Register.
Haut Veränderungen: bei Trigeminus-
affektion 150.
Hemianästhesie: 112, 122, 124, 302;
gekreuzte s. alternierende 123;
des Gesichts 131 ;
totale 130.
Hemianopsia: temporalis bei basalem
Tumor 93.
Hemiatrophia: facialis progressiva 145,146.
Hemiparesis dextra: 122.
Hemiplegie: 105, 108,- 112, 147.
Hereditäre Ataxie: bei Quintusaffektion
305.
Herpes corneae febrilis: 152, 156.
Herpes corneae neuralgicus: 186;
Periodizität desselben 151.
Herpes zoster: der Brust 200;
cervicalis 189.
Herpes zoster ophtha! micus: 107, 138,
148, 155, 157;
Abadies Theorie 198;
mit Abduzenslähmung 180, 181;
mit Akkommodationslähmung 179, 181,
184;
Ätiologie desselben 203;
mit Amaurose 179;
mit Augenmuskellähmungen 180;
Bedeutung der vasodilatatorlschen Fasern
dabei 200;
Beziehung zu den Endverzweigungen der
Arteria ophthalmica 200;
Bläschenanzahl bei demselben 184;
charakteristische Erscheinungen desselben
271;
Verhalten der Konjimktiva bei demselben
169;
Verhalten der Kornea bei demselben 170,
171;
Dauer desselben 183, 184;
Diagnose desselben 186;
Differentialdiagnose von Erysipel 160;
doppeltseitige Affektion 159;
Dysarthrie bei demselben 180;
Epidemisches Auftreten 203;
Episkleritis bei demselben 170;
Exkoriation des Narsenlochs bei dem-
selben 207;
Fälle mit Sektionsbefund 189, 192;
Fazialislähmung bei demselben 182;
gangränöser 182, 18();
Geschlechtseinfluß auf das Auftreten des-
selben 184;
Herpes zoster ophthalmicus: bei Gicht
204;
hämorrhagischer 186;
Häufigkeit desselben 184;
Hautaffektion bei demselben 196;
Herabsetzung des intraokularen Druck»
178, 179, 254;
mit Hyioopyonkeratitis 178;
bei Hysterie 205;
bei Influenza 203;
bei Intermittens 180;
interstitielle Hornhauttrübungen bei dem-
selben 177;
Iridochorioiditis bei demselben 178;
Iridozyklitis bei demselben 178, 186;
Iritis bei demselben 177;
serosa 177;
mit Kerato-Iritis 177;
Keratitis neuroparalytica bei demselbeui
174, 177, 179, 207;
bei Kohlenoxydgasvergiftung 75, 203;
Krankheitsdauer desselben 184;
bei den verschiedenen Lebensaltern 184;.
mit Linsentrübung 178;
mit Lymphdrüsenschwellung 160;
mikroskopischer Befund bei demselben
189, 192, 193, 194, 218, 219;
mit Miosis 179;
motorische (Störungen bei demselben 197,
202;
nach Muschelgift 204;
mit Mydriasis 180;
Nachschübe bei demselben 157;
Netzhautblutungen bei demselben 179;
Netzhauterkrankungen bei demselben 1 79;
Neuritis bei demselben 189, 190;
mit Okulomotoriuslähmung 179, 181;
mit Optikuserkrankung 179, 181;
bei Pachymeningitis 189;
bei Paralyse 194;
infolge von Perineuritis 189;
mit Photophobie 73;
mit Pupillenlähmung 181;
mit Ptosis 179, 180, 181;
Rezidivierung bei demselben 184;
Refraktionserhöhung bei demsi-lk-n 1711;
bei Rheumatismus 203;
Reizerscheinungen am Auge dabei 159;
Schmerzanfällc bei demselben 158;
mit Sympathikuslähmung 105;
bei Syriiigomyelie 205;
bei Tabes 205;
Al|»lial)('tisches Sach- Register,
313
Herpes zo^steI• oplit lial mieiis: hei Tabo-
paralyse 20;");
nach Trauma 204;
mit Trochlearislähmung 182;
vasomotorische fStörungen bei (lemsi'lbcn
73, 197, 198;
Verlauf desselben 183;
Vertcihmg der Effloreszenzen 157;
Wrwechslung mit Keratitis bullosa 18();
Wesen desselben 188;
Zahl der Bläschen 184;
nach Zahnextraktion 204.
Hinterhörner: Blutung und Erweichung
27Ü.
Hinterstrang - Degeneration: mit Tri-
geminusaffektion 134.
Hirnschenkelaffektion: 302.
Hornhaut: Abszeß bei Trigeminusläsion
212;
Komplikationen bei Herpes zoster oph-
thalmicus 206;
Neuralgie, rezidivierende 84;
Trübungen 163;
verschiedene Formen mit Substanzverlust
209-213;
bei Herpes zoster wie bei den Fällen von
Trigeminusläsion ohne Herpes zoster
213;
interstitielle bei Herpes zoster 177;
Zellen, Zusammenhang der Nerven mit
denselben 143.
Hutchinsonsches Gesetz bei Herpes zoster
ophthalmicus 167.
Hydrocephalus internus 111.
Hypästhesie: der Kornea 11.5;
im Trige minusgebiet 115.
Hyperämie: der Iris und Bindehaut nach
Durchschneiduiig des Trigeminus 253 ;
neiu'oparalytische 141.
Hyperästhesie: im Trigeminusgebiet 77,
94, 116, 120, 222, 228;
bei Keratitis neuroparalytica 248.
Hypoglossus: 95, 111;
Lähmung 216;
bei Lues 95, 289, 306;
Ixn Karzinom der .Schädelbasis 129.
Hypopyon: bei Herpes cornea febrilis 154;
bei Zoster ophthalmicus 178.
Hypotonie: bei Herpes zoster ophthalmicus
179;
mit starker Tränensekretion 23.
Hysterie: Absonderung blutiger Tränen 31;
Hysterie: mit atypischem Zoster 206;
Cefühlslähmung 131;
mit Her})es 205;
Orbikulariskrampf 21, 22;
Schmerz im Augapfel bei derselben 84;
vermehrte Tränensekretion 20.
I.
Impressio Trigemini 36.
Infektion: bei Keratitis neuroparalytica
281.
Influenza: mit Herpes zoster 203.
Intermittens: mit Herpes zoster 180.
Internuskontraktur: 106.
Intraokularer Druck: Herabsetzung 178,
179, 253, 289;
bei Herj^es corneae febrilis 1.55, 1.56;
nach Trigeminusreizen 62;
Sympathikuswirkung auf denselben 63.
Iridochorioiditis: bei Herpes zoster 178,
179;
mit sympathischer Neurose 99.
Iridozyklitis: bei Herpes zoster 178, 186;
traumatica 101.
Iris: Hyperämie bei Trigeminusaffektion 75;
Nerven derselben 40, 41.
Iritis: bei Herpes corneae febrilis 1.54, 155;
bei Herpes zoster 168, 176, 177, 179;
mit Knötchen bei Herpes zoster 177;
spätes Airftreten derselben bei Herpes
zoster ophthalmicus 177;
Verhältnis zur Keratitis bei Herpes zostei
ophthalmicus 177.
i s ol i e r t e A n ä s t h e s i e : der Konjunkti va 112;
der Kornea 112, 113.
isoliertes Erhaltensein der Sensibilität
der Kornea bei totaler Anaesthesia
Trigemini 112.
isolierte Erkrankung: des Trigeminus 12.5.
K.
Kälteparästhesie: 116.
Kammerwasser: Eiweißgehalt bei Durch-
schneidung des Trigeminus 253.
Karzinom: bei Trigeminuslähminig 295;
der Orbita 104;
der Schädelbasis 100, 104, 107, 216, 217,
218;
314
Alphabetisches Sach-Register.
Karzinom: der Schädelbasis mit Keratitis
neuroparalytica 208, 209;
der Sella turcica 117;
des Schläfenbeins 221.
Kataraktbildung: bei Herpes zoster 178.
Kaubeschwerden: bei Trigeminusaffek-
tion 95.
Kaumuskellähmung: bei Trigeminus-
läsion 104, 108, 116, 119, 147, 149,
215, 217, 219, 221, 223, 228, 230.
Keratalgia traumatica: 83.
Keratitis bullosa: 186.
Keratitis e lagophthalmo: Differen-
tialdiagnose von Keratitis neuro-
paralytica 264.
Keratitis neuroparalytica: 25, 60, 64,
74, 79, 93, 94, 104, 105, 107, 108,
111, 112, 118, 121, 123, 124, 126,
127, 130, 133, 138, 146, 148, 149,
150, 155, 179, 206;
bei basalem Tumor 94;
über die Bezeichnung „Keratitis" 300;
Bläscheneruption dabei 272;
Blendungsgefülil dabei 87;
nach Karzinom der Schädelbasis 208;
kongenitale 70;
Differentialdiagnose von Keratitis e lag-
ophthalmo und Keratomalazie 264;
doppeltseitige 150, 267;
endogene und exogene Infektion 281;
nach Exstirpation des Ganglion Gasseri
68, 220;
bei Gehirnsyphilis 95;
als Hornhautabszeß 212;
Form desselben 208, 209;
Krankheiten, welche dieselbe erzeugen 286;
Sitz im Lidspaltenteil 241;
bei Herpes zoster ophthalmicus 174, 179;
mit Hyperästhesie i.Trigeminusgebiet 248;
mit Hypopyon 210, 211;
mit Iritis 209, 212;
die mykotische Theorie derselben 263;
mit Pano])hthalmitis 239;
Rezidiv derselben 283;
die Reiztheorie derselben 270;
bei Schuß Verletzung 210;
bei erhaltener Sensibilität der Kcnnea 248;
sj)ätes Auftreten derselben bei lange be-
stehender Kornealanästhesie 250;
Sympathikuseinwirkung bei ihrem Zu-
standekommen 257 ;
bei Syphilis 211, 298, 299, 300;
Keratitis neuroparalytica: bei Tabes
285;
dieTränensekretion bei derselben 209,284:
die traumatische Theorie 257;
die trophische Theorie 234;
die trophisch- traumatische Theorie 238;
durch Tumoren 295, 296, 297;
die vasomotorische Theorie 252;
Verlauf derselben 281;
vollständiger Zerfall der Kornea 212;
Zunähen der Lidspalte als Schutz 257;
die xerotische Theorie 261.
Keratitis dendritica: 155.
Keratitis parenchymatosa: bei Herpes
zoster 166.
Keratomalazie: Differentialdiagnose von
Keratitis neuroparalytica 264.
Kerngebiet: des Trigeminus erkrankt 226,
227, 228, 229, 230.
Kleinhirntumoren: mit Kornealanästhe-
sie 292.
Kohlenoxydgasvergiftung: mit Herpes
zoster ophthalmicus 75.
Koma: Fehlen des Lidreflexes 134.
Kompression: des Trigeminus durch Klein-
hirntumor 110;
des Hirnschenkels 113.
Kongenitale: Bildungsfehler des Trige-
minusgebiet 69, 304;
Anästhesie im Trigeminusgebiet 132.
Konjugierte Abweichung der Bulbi 95.
Konjunktiva: Absonderung derselben 6;
Anästhesie derselben kongenitale 69;
erworbene 75, 94, 133. 135, 214, 225, 226,
228, 302, 303;
bei basaler Lues 95;
bei funktionellen Störungen 129, 130;
bei Melancholie 131;
Blutuing bei Trigeminusläsionl 87, 225, 247 ;
Hyperämie bei Herpes zoster ophthalmicus
' 73, 159;
bei Reizung der Konjunktiva und Kornea
59, 71;
bei Trigeminusaffektionen 75, 223, 226;
bei Trigeminusdurchschneidung 253;
Reflexe 133;
diagnostische Bedeutung derselben 133;
Fehlen bt'i funktionell nervösen Störungen
134:
beim Her2)es zoster 165, l(i6;
sensible Nerven derselben 41, 58;
Sensibilität derselben 57;
Alphabetisches Sach-Register.
315
Koii j u nktiva: 'J'rockfiihcit ln-iiii 'J'yphus
2!t;
Vorhalten Uciiii Herpes zoster o])hthal-
micus 169.
Konjunktivitis bii 'rri<;eininusaffektionen
22:J, 224.
Konzent ri.sche: Clesiclvtsfekleinseliränkung
100.
Kopfschwarte: trophische .Störungen bei
Trigeminusaffektion 149.
Kornea: Anästhesie derselben 75, 94, 105,
10(), 135, 1<)2, 214. 223. 225, 22(i. 228,
302, 303;
bei basak'r Lues 95;
bei Basedow 23;
kongenitale Anästhesie 69;
nach Exstirpatioii des Ganglion Gasseri
67, 68;
bei funktionell nervösen «Störungen 129,
130;
ohne Entwicklung von Keratitis neuro-
paralytica 249, 250;
bei Kleinhirntumoren 292;
bei Melancholie 131;
bei Ponstumor 93;
Ernährungsverhältnisse derselben im Nor-
malzustande 231, 232;
Grübchen im Epithel nach Durchschnei-
dung des Trigeminus 237;
Fremdkörper in derselben 101 ;
Nerven derselben 40. 42. 43:
Hauptgeflecht 42;
Subepit helialgeflecht 42 ;
Intraepithelialgef lecht 42 ;
Reflexe: kon-sensuelle 133;
Wegfall derselben 133;
diagnostische Bedeutung derselben 133;
Fehlen derselben bei kongenitalenAplasien
71;
beim Koma 134;
bei funktionell-nervösen Störungen 134;
bei Herpes zoster ophthalmicus 165. 166;
bei Trigeminuslähmung 220.
Reizung derselben mit Verengerung der
Pupille 60:
Richtung des .Saftstroms in derselben 232;
.Sensibilität derselben 57;
Drucksinn 58;
Temperatursinn 58;
Ortsinn 58:
Erhaltung derselben bei Keratitis neuro-
paralytica 248;
Kornea: Trockenheit derselbrn bei Trige-
minusläsionen 241, 255;
Trübungen derselben bei Herpes zoster
177;
hA Trigemiiuisläsionen ohne Herpes
zoster 208;
ITlkus 106, 111;
bei Herpes zoster 187, 188;
b.'i Trigeminusläsion ohne Herpes zoster
211;
Verhalten derselben bei Herpes zoster 170;
Bläschen bildung 17! ;
Geschw ürbildung 171, 1 72 :
Sensibilitätsstörung 175;
verminderte Widerstandsfähigkeit bei
Trigeminusduiehschneidung 238;
Wärmeempfindungsvermögen denselben
58, 59.
K rampf bewegungen: der Zunge 110.
Lagophthal mus: kongenitaler 70;
bei Fazialislähmung 28, 31;
mit Trigeminuslähmung ohne Auftreten
von Keratitis neuro paral^'tica 241, 242,
243.
Lepra: Versiegen der Tränen dabei 29.
Lepto meningi tis: chronica 245;
spinalis 134;
mit Trigeminusaffektion 134.
Leucoma corneae: 116;
nach Keratitis neuroparalytica 210.
Levator palpebr. sup. : Krampf durch
Trigeminusreizung 81 ;
nach Zahnreizen 81;
siehe auch Ptosis.
Lichtempfindung: Herabsetzung 107.
Lichtscheu: bei Herpes corneae febrilis
152;
bei Herpes corneae neuralgicus 152;
bei Herpes zoster ophthalmicus 159, 160;
bei Hysterie 130;
bei sympathischer Neurose 99;
vermehrte 101.
Lider: Exulzeration derselben bei Trige-
minusaffektion 150;
Verhalten bei Herpes zoster ophthalmicus
165.
Lidödem: 107. 136. 1.37;
bei Herpes zoster ophthalmicus 165.
316
Alphabetisches Sach-Register.
Lidreflexe: bei angeboreneiAnästhesie 132;
beim Koma 132, 133, 134, 135;
nach Trigeminusreizung 64.
Lidschluß: unvollständiger durch Ver-
kürzung der Lider 32.
Li dspalten teil: Sitz der Hornhautaffek-
tion bei Keratitis neuroparalytica 241.
Linsentrübung: bei Herpes zoster ophth.
178.
Lymphdrüsenanschwellung: bei Herpes
zoster 160, 161.
M.
Malaria: Keratitis 155.
Mas seter: Lähmung 104.
Melancholie: mit totaler Anästhesie 131;
Keratitis neuroparalytica bei derselben
290;
Versiegen der Tränen bei derselben 29, 30.
Meningitis: basilaris gummosa 25, 95, 298;
als Erzeuger der Keratitis neuroparalytica
286;
tuberculosa 293, 294.
Migräne: bei rezidiv. Okulomotoriusläh-
mung 73.
Mikuliczsche Krankheit 30.
Miosis: 113, 119, 254, 255;
bei Herpes zoster oishthalmicus 179;
nach Trigeminusdurchschneidung 62.
Multiple Neuritis: Trigeminusneuralgie
dabei 76, 117.
Multiple Sklerose: 124, .305 mit Quintvis-
affektion.
Multiple Nervenläsion: mit Keratitis
neuroparalytica 210;
an der Basis cerebri 107, 108, 187.
Musculus: levator labii sujx alaeque na^ i
13, 21;
obliq. infer. Abszesse in demselben bei
Herpes zoster ophthalmicus 192;
orbicularis oculi, Tränen bei Lähmung
desselben 31 ;
orbicularis palpebr. Krampf bei Tabes 72;
palpebralis sup. et inf. 13;
rectus externus. Abszeß in demselben bei
Herpes zoster ophthalmicus 192;
rectus inferior 242;
rectus super. 242;
triangularis menti 14;
zygomaticus minor 13.
Myasthenia: paralytica mit Trigeminus-
affektion 307.
Mykotische: Theorie bei Entstehung der
Keratitis neuroparalytica 263.
Mydriasis: 89, 127, 129, 180, 181, 287.
Myxogliom: des Pons 113, 124.
N.
Narbenbildung: bei Herpes zoster 163.
Nase: Rötung der Schleimhaut bei Trige-
minusaffektion 147.
Nasenkatarrh: bei Trigeminusaffektion
150.
Nasenschleimhaut: Herpesbläschen auf
derselben 158.
Nasensekretion: gesteigert bei Trige-
minusläsion 75.
Nasoziliarast: Bedeutung der Erkrankung
desselben bei Herpes zoster ophthal-
micus 167.
Nebelsehen: 100.
Nekrosen: nach Entzündung peripherer
Nerven 272, 273.
Nervenendigungen: freie in der Kon-
junktiva und Kornea 41.
Nervus: abducens 49;
auricularis magnus 145;
ciliares breves 43;
ciliares longi 38;
Ganglien derselben 38;
Verlauf 39;
frontalis: 4, 37;
bei Herpes zoster erkrankt 157;
inf ratrochlearis : 41;
bei Herpes zoster 157;
lacrymalis: 2, 4, 6, 7. 8, 37. 38;
bei Herpes zoster 157;
laryngeus, Reflex vom Trigeminus 65. 69;
maxillaris inferior 149;
naeociliaris: 4, 37, 38;
bei Herpes zoster 157;
orbitalis 4;
opticus: gummöse Neuritis 95;
bei Herpes zoster kranker Trigem. 179;
petrosus superfic. major. 8, 9;
subcutaneus malae 3, 6, 8. 9;
supraorbitalis: 4, 37;
bei Herpes zoster 157:
supratrochlearis 37, 41, 157;
trochlearis 4;
zygomaticus malae 4.
Al])liahetisches 8ach-Registcr.
317
Nc'tzliaiit: Apopk'xii" Ix'i Herpi-s zoster
oi)hthalmiciis 179;
: iil)ii()niiale.s Verhalten derselben 101;
Erkrankung bei Herpes zoster 179.
Keuralgie: des Trigeniinus 71, 72, 222, 224;
im T. Aste des Trigeniiniis 148. 150;
bei Herpes corneae febrilis 151;
bei Herpes zoster ophthalnücns 158;
Fälle mit Sektionsbefund 214, 215, 216,
217, 218, 219, 220, 221;
des Trigeminus, aus der Tiefe der Nase
ausgehend 117;
mit Tertiant\i)us 118.
Neuritis: des Trigeminus 129, 145;
des I. Trigeminusastes 74, 107, 149, 193;
als Ursache: des Herpes zoster ophthal-
micus 189, 190;
der Keratitis neuroparal^-tica 286;
multiple mit Trigeminusneuralgie 76;
optica: bei Herpes zoster 179, 181;
bei Gehirnsj'philis 95;
der durch den Sinus cavernosus verlaufen-
den Nerven 118.
Neuroirri tatorische Anämie: 141.
Neurom: bei Trigeminuslähmung 296.
Neurontheorie: 143.
Neuroparalytische Hyperämie: 120,
141, 252, 281;
Ophthalmie, siehe Keratitis neuropara-
lytica.
Neurose: spnpathische 100, 101.
Neurotomia optico-ciliaris 105, 248.
Nieskrampf: bei Trigeminuserkrankung 88.
Nystagmus: 110.
0.
Obliteration: des Orbitalraums 113;
des Sinus cavernosus 106.
Odem: angioneurotisches 150;
der Lider und Stirn bei Supraorbitalneur-
algie 150;
bei Herpes corneae neuralgicus 151;
bei peripheren Nervenstörungen 273;
bei Supraorbitalneuralgie 187;
der Lider bei Herpes zoster ophth. 165;
trophopathisches bei Keratitis neurojjara-
htica 272;
Ohr: trophische Störung bei Trigeminus-
affektion 149.
Ohrblutung: bei einer Hysterika 130.
Ok ulo mol ori us: 106.
Okulomotoriuslähmung: 74, 79, 93, 94,
95, 108, 127, 136, 220, 223, 244, 245.
246. 247, 288, 290, 292. 293, 306;
bei Anerrysma im Siiuis cavernosus 150;
bei basaler Lues 94, 95;
durch Gummata 76;
bei Herpes zoste" oplithalmicus J80, 202;
rezidivierende mit Migräne 73;
bei Tabes 128;
durch Tumor 75, 128.
Okziput: Bläscheneruption bei Herpes
zoster 159.
Olfaktorius: Erweichung desselben 112.
Olfaktoriuslähmung: 95, 110, 111, 288,
290;
bei ba aler Lues 95.
Ophthalmia catarrhalis neurotica 73.
Ophthalmoplegie: 74, 78, 105. 107. 222.
243, 245, 254. 289, 290, 306;
doppeltseitige 25, 217;
exterior 77, 115;
exterior et inferior 218;
bei Erkrankung der Fissura orbital, sup.
215.
Optikus: Atrophie 21, 94, 95, 108, 111, 179.
243;
bei zerebraler Lues 94;
bei Herpes zoster 179;
bei Syphilis 95;
durch Tumor 222.
Orbiculus ciliaris: Nerven desselben 40.
Orbikulariskrampf : 133;
bei Entzündung des vorderen Bulbusab-
schnittes 79, 80;
bei einer Hvsterika 1.30.
P.
Pachy meningitis: 74;
mit Trigeminuserkrankung, als L'rsache
des Herpes zoster 189.
Palpebralpunkt: 85.
PanOphthalmitis: bei Herpes zoster 173;
nach Keratitis neuroparah-tica 212, 2.39.
Papilla optica: bei Herjjes zoster ophthal-
micus 159;
weiße Verfärbung 124.
Papillitis: 113;
als Reflexneurose bei Herpes zo.ster oph-
thalmicus 159.
318
Alphabetisches Sach-Register.
Parästhesie: im Trigeminusgebiet 222.
Paralyse: 146, 225, 194 mit Herpes zoster;
Versiegen der Tränensekretion bei der-
selben 135.
Parese sämtlicher Okulomotoriiisäste 106.
Patellarreflexe: Fehlen derselben 110.
Paukenhöhlenkatarrh: nach Trige-
minusatfektion 150.
Pemphigusblasen: 141.
Perikorneale: Injektion bei Herpes zoster
ophthalmiciis 159.
Perineuritis: nodosa als Ursache von
Herpes zoster 189.
Periostitis: der Zähne, Fortkriechen der
Entzündung in die Augenhöhle 90.
Phlyktäne: 116.
Photophobie: mit heftigen Schmerzen im
gesunden Auge 101 ;
bei forme fruste des Herpes zoster oph-
thalmicus 188;
bei Supraorbitalneuralgie 188.
Photopsien: 100.
Plexus caroticus: Ursprungsstelle der
sympathischen Fasern 37.
Poliencephalitis sup. : mit Trigeminus-
lähmung 307.
Poliomyelitis acuta: 143.
Ponsaffektion: 94, 108, 136, 148, 224.
Prominenz des Bulbus 112, 113.
Prosopalgie: 22.3.
Protrusio bulbi: 107.
Pseudobulbärparalyse: mit Trigeminus-
affektion 307.
Ptosis: 21, 47, 75, 105, 106, 107, 109, 110,
112, 113, 116, 118, 119, 124, 218, 241,
245, 287, 298;
bei basaler gummöser Meningitis 94;
kongenitale 70;
bei Herpes zoster 179, 180, 181;
sympathica 254, 255;
und Trigeminuslähmung ohne Keratitis
neuroparalytica 243, 244;
und Trigeminuslähmung mit Keratitis
neuroparalytica 245, 246;
bei Tumor cerebri 128;
nach Zahnreizen 81.
Pulsation: des Bulbus 113.
Pulsfrequenz: vermehrt bei Trigeminus-
affektion 148.
Pulsierender Exophthalmus 114.
Pupille: bei Herpes zoster ophthalmicus
176;
Pupille: Miosis nach Trigeminusdurch-
schneidung 62;
Sympathikuseinwirkung auf dieselbe 63;
Verengerung derselben bei Reizung der
Hornhaut 60;
Verhalten bei Trigeminusläsion 138;
weit und starr 105, 106.
Pupillen -Differenz: 110, 112;
Erweiterung, reflektorische 61;
Verengerung bei Trigeminusreiz 138;
krankhaft erweitert 89;
Lähmung bei Herpes zoster 181;
Reaktion, Fehlen derselben 289;
Starre bei basaler Lues 94, 95.
Q.
Quaddeleruption: als vasomotorische
Neurose im Trigeminusgebiet 147.
B.
Rachenkatarrh nach Trigeminusaffektion
150.
Ramus lacry mo-palpebralis 4.
Ramus ophthalmicus: N. Trigemini,
Erkrankung bei Tumor 93.
Ramus ophthalmicus: Neuritis des-
selben 95, 149, 193;
bei Aneurysma der Carotis interna 76;
Ganglienzellen in seinem Verlaufe 235;
Quetschung durch einen Tumor 84.
Reaktionslosigkeit der Pupillen 127.
Rectus externus gelähmt 108;
internus gelähmt 108.
Reflexamaurose: 88.
Reflexbahn: sensible für den Blinzelreflex
134.
Reflexe: von der Kornea und Konjunktiva
59, 303.
Refraktionserhöhung: bei Herpes zoster
ophthalmicus 179.
Regionäre Anästhesie der Kornea 115.
Reiztheoric: bei Entstehung der Keratitis
neuroparalytica 270, 273.
Retinitis: durch vasomotorische Störungen
bei Herpes zoster ophthalmicus 159.
Retrobulbäre Neuritis. Schmerz bei der-
selben 84.
Alpliabctischcs Sa(h-I?r<.'ist<'r.
319
Rezidiv: bei Keratitis iu'iir()|)ajalytica 283.
Kozidivierende: Hornlia\iteiosioiun 83;
Okuloniotoiiiislälniunif^ 120.
Rezidi vitMunji: bei Herjies zoster o])litlial-
iiiiciis 184.
Rheii mati Sinus: Ix'i Herjies zoster 2<t3;
bei Trigeiiiin\i,'-(rkrankun<!en 126.
Rnndzellensarko ni im Stirnhirn 116.
S.
Saftstrom in der Hornhaut 232.
Sarkom des Keilbein.s 112;
mit Trigeminiiserkrankunij; 219, 220, 222,
223, 224, 295;
im Rons 112, 114;
in der Medulla oblon<:ata 112.
Schädelbasisfraktur: 136;
mit Keratitis neurojmralytica 286, 287.
288, 289;
mit Fazialislähmung 29;
mit G'ehörlähniung 29.
Schlaflosigkeit: 116.
Schluchzen: 4.
S c h 1 u c k b e s c h \\ e r d c n : 1 28.
Schluckreflex: bei Trigeminusreizung 66.
Schmerz: im Auge 85;
in der Gesicht^hälfte 116;
bei Reizung des vorderen Bulbus-
abschnittes 81, 82;
bei retrobulbären Xeuritiden 84;
bei Herpes zoster ophthalmicus 158.
Schmerzlose Exenteratio orbitae bei Tri-
geminusläsion 121.
Schmerzpunkte: 84.
Schußverletzung: mit Trigeminusaffek-
tion und Keratitis neuroparalytica 286.
Schweißsekretion: gesteigert bei Tri-
geminusaffektion 1.50.
Schwindel: 107.
Schwitzen: 254.
Sehnervenatrophie: 112, 117.
Sehstörungen: bei Trigeminusaffektion 88.
Sensibilitätsstörungen: der Konjunk-
tiva bei Herpes zoster ophthalmicus
170.
Sensibilität: der Kornea bei Keratitis neu-
roparalytica erhalten 248;
kutane bei Herpes zoster 163;
Störungen im Trigeminusgebiet 128.
Sinus cavernosus: Amauro e bei Throm-
bose S5;
Aneurysma 150, 245;
Erkrankung mit Trigeminuslähmung 106,
214, 215;
durch Syphilis 74;
durch chronische Entzündung 74, 118;
durch Thrombose 244, 254.
Sinusthrombose: 107. 112. 118. 244,
254.
Skleritis: bei Herpes zoster ophthalmicus
170.
Skorbutartige: Veränderungen des Zahn-
fleisches bei Trigeminusläsion 149.
Solitärtuberkel: 111, 117.
Spannungsveränderung: des Bulbus bei
Keratitis neuroparalytica 212.
Speichelfluß: vermehrter bei Trigeminu; -
reizung 66.
Spinalganglien: als trophische Zentren
143.
Spindclzellensarkom: an der Ba: is
cerebri 117;
mit Trigeminuserkrankiing 217.
Sprachstörung: 113.
Stammerkrankung: des Trigeminus 222,
223, 224, 225, 226.
Staphylokokken: bei Herj^es zoster oph-
thalmicus 157.
Stauungspapille: 110, 111, 112.
Stellwagsches Zeichen: bei Basedow 137.
Stichverletzung: des Auges 105;
des Schädels mit Keratitis neuroparaly-
tica 286.
Streptokokken: bei Herpes zoster oph-
thalmicus 157.
Supraorbi talgegend: Odem bei Neural-
gie 187.
Supraorbitalneuralgie: 84, 131,223,225,
228;
abhängig vom Diplobacillusconjunctivalis
82;
mit Blutung in die Bindehaut 187.
Symmetrische Gangrän: 276.
Symmetrisches Auftreten: des Herpes
. zoster ophthalmicus 164.
Sympathikus: 7, 9, 17;
Antagonist des Trigeminus 63;
Beziehung zur Pupille 63;
Durchschneidung, gefäßerweiternde Wir-
kung 60;
als Erreger der Tränensekretion 28;
320
Alphabetisches Sach-Register.
S ympathikiu : Fasern, Lähmung des-
selben 253, 256;
Fasern im I. Trigeminusaste 37;
im Schädelinnern, Verlauf desselben 199;
als Sekretionsnerv der Tränen 136, 137;
Läsion 253, 256;
Symptome nach Trigeminusläsion 253,
254, 255;
Lähmung 253, 254, 255, 283, 287;
nach Trarma 185;
bei Herpes zoster ojjhthalmicus 185;
bei Keratitis neuroj^aralytica 257.
Sympathischer: Blepharospasmus 110.
-Sympathische: Entzündung 98, 102;
Neurose 98, 100, 101;
Reizung 96, 97, 99, 102.
Sy mpathisiertes Auge 98.
Syphilom des Rons 124.
Syphilis: basale gummöse Meningitis 25,
95. 119, 293, 298;
Abduzenslähmung bei derselben 95;
Fazialislähmung 95;
Hypoglossuslähmung 95;
Okulomotoriuslähmung 76, 95;
Olfaktoriuslähmung 95;
Optikv.slähmung 95;
Pupillenstarre 95;
Trigeminusaffektion bei derselben 74, 76,
79, 94, 95, 211, 212, 216, 217, 218, 220,
222, 223, 298;
Trochlearislähmung 95.
Syringo myelie: mit Herpes zoster 205;
mit Trigeminusaffektion 306.
T.
Tabes: 128;
mit Blepharospasmus und Trigeminus-
neuralgie 81;
mit Konjunktivalinjektion bei Trige-
minusreizen 72;
mit Herpes zoster 205;
mit Trigeminusaffektionen 128, 225, 226,
.305;
mit Keratitis neuroparalytica 285. •
Taboparalyse: mit Herpes zoster 205.
Taubheit: 112, 127.
T e m p e r a t u r : 1 )iff erenz bei Herpes zoster
164;
Erhöhung als vasomotorische Störung des
Trigemiiuis 148;
Temperatur: Erniedrigu ng bei Trige-
minusaffektion 1.30, 150.
Tenonsche Kapsel: 38.
Theorien: über das Wesen der Keratitis
neuroparalytica 234. ■
Thrombophlebitis: des Sinus cavernosus
114;
mit Herpes zoster 182.
Thrombose: der Basilararterie 124;
der Karotis 109;
des Sinus cavernosus 114, 286.
Tic douloureux: 80, 120, 219.
Totale Ophthalmoplegie: 113.
Tractus opticuserkrankung: 95. 216.
Tränen: blutige 31;
im Schlaf 11;
beim Lachen 15;
beim Erbrechen 15;
bei Gähnen 15, 16;
gehinderte Abfuhr dert-elben 31.
Tränenableitung: 2, 17.
Tränenapparat: Verhalten beim Herpe?
zoster ophthalmicus 165.
Tränendrüse: 1;
Anschwellung derselben 23;
Sekretionsnerven derselben 6;
Fazialis als Innervator 27, 29;
Sympathikus als Innervator 28, 29;
Trigeminus als Innervator 28, 29, hl;
symmetrische Erkrankung 30.
Tränenfluß: reflektorischer vom Tri-
geminus aus 10;
vom Optikus 1 1 ;
bei Syphilis 94;
bei Verlängerung der Plica semilunaris 33.
Tränenflüssigkeit: Bestandteile 5;
Menge 5;
Vermehrung durch Jaborandi 6.
Tränennasengang: 2.
Tränenpunkt: spastische Verengerung
desselben 32, 33.
Tränensekret: abnorme Bestandteile 30.
Tränensekrctioii: abhängig vom Fa-
zialis 136;
vom Symj>athikus 136;
vom Trigeminus 28;
kongenitales Fehlen 24;
paradoxe bei Anästhesie des Bulbus
135;
Reflexzentrum derselben 9, 10, 16;
vermehrte 7, 20, 148;
bei Basedow 22, I.S7;
Alphabetisches Sachregister.
321
Tränensekretion: bei forme fruste des
Herpes zoster ophthalmicus 187;
bei Herpes zoster ophthahniciis 159,
167;
bei Herpcs corneae fcbrilis 152;
bei Herpcs corneae ncuralgicns 152;
mit Hypotonie 23;
bei Hysterie 21;
bei Nacht 137;
bei Erkrankungen der Nasensclileim-
haut 23;
bei Reizungen des vorderen Bulbusab-
schnittes 78;
Versiegen derselben 24, 14i>;
bei Botulismus 30;
bei Keratitis neuroparalytica 284;
bei Lepra 29;
bei Melancholie 29;
aus psychischen und reflektorischen Ur-
sachen 25;
bei Trigeminusaffektionen 129, 135;
bei Typhus 29;
bei Vernarbung der Konjunktiva 24;
bei Xerosis conjunctivae 24.
Trauma: als Erzeuger der Keratitis neuro-
paralytica 286.
bei Herpes zoster 204.
Traumatische rezidivierende Homhaut-
neuralgie 84.
Traumatische Theorie: bei der Kera-
titis neuroparalytica 257.
Tri ge minus: als Antagonist des Sympa-
thikus 63;
I. Ast, anatomischer Verbreitungsbezirk
36;
Endäste desselben 37;
Erkrankung 128, 289;
II. Ast, Neuritis 25;
Sympathikusfasern in demselben 37;
Parästhesien 108;
totale Anästhesie 26;
Erkrankung 128;
III. Ast, Erkrankung desselben 75, 88,
182, 183;
Äste, basaler Verlauf der einzelnen 216;
Äste, Erkrankung 128, 215, 216, 217, 218,
219;
Äste, Ganglion und Stamm gleichzeitig
erkrankt 221;
Anaesthesia dolorosa 76;
Beziehungen zum Fazialis 69;
kongenitale Bildungsfehler 69, 70;
Wilbrand -Saenger, Neurologie des Auges. II
Trigcminus: doppeltseitige Läsion 129,
134, 150;
Durchschneidung mit Hyperämie der Kon-
junktiva und Iris 253;
Erweichung desselben 221 ;
Fissura orl^italis erkrankt mit Trigeminus-
läsion 214, 215;
Hautveränderung bei Erkrankung des-
selben 150;
Hyperästhesie seines Gebiets 77, 222;
isolierte Lälnining desselben 26, 103,
129;
Kerngebiet desselben 55, 56, 230;
Kernwurzelgebieterkrankungen 226, 227,
228, 229, 230;
Lähmung 124;
komplette 102, .303;
kongenitale 70;
doppeltseitige 304;
motorische 136;
beim Tumor 93, 94, 292, 293, 294,
295, 296;
isolierte 26, 129;
bei Karzinom der Schädelbasis 129;
bei Syphilis 74, 94, 95, 298;
doppeltseitige 267;
bei Lagophthalmus ohne Keratitis neuro-
paralytica 241, 242, 243;
mit Fazialislähmung und Keratitis neuro-
jDaralytica 240, 241 ;
Fälle mit Keratitis neuroparalytica 209
bis 212;
mit Ptosis ohne Keratitis neuroparalytica
243, 244;
und Symptome von Symjjathikuslähmung
253, 254, 255;
mit Ptosis und Keratitis neuroparalytica
245, 246;
bei Fernwirkung durch Tumoren 292;
bei Schädelbasisfraktur 287;
bei Schußverletzungen 290;
bei Stichverletzungen 291;
bei Großhirnerkrankung 302;
bei funktionellen Störungen 304;
kongenitale 304;
bei Tabes 305;
bei Syringomyelie 306;
bei Bulbärparalyse 306, 307;
bei Ophthalmoplegie 306;
bei Myasthenia paralytica 307;
bei Pseudobulbärparalyse 307;
bei Poliencephalitis superior 307;
Bd. I. Abteilung. 21
322
Alphabetisches Sachregister.
Trigeminus: bei Erkrankung des Sinus
cavernosus 214, 215;
bei basalen Krankheitsherden 215;
Lidulzeration bei Läsion desselben 150;
Mitbewegung bei Kaubewegungen 69;
motorische Fasern desselben 57;
Neuralgie 25, 117;
bei Tumor 77, 94;
Fälle mit Sektionsbefund 73, 74;
durch Cholesteatom 77;
bei Aneurysma der . Carotis interna 76;
bei Exostose der Schädelbasis 76;
mit Sekt ionsbef und 75;
mit Amblyopie 92;
wechselnd mit Anästhesie 119;
bei multipler Neuritis 76;
vermehrter Tränenfluß 79;
Neuritis desselben 76, 145;
Pachymeningitis als Erkrankungsursache
74;
Parästhesien bei Erkrankung desselben
222;
Pupüle-Verhalten bei Läsion desselben
138;
Reflexe: bei Reizung des vorderen Bulbus-
abschnittes 59;
bei Tränensekretion 10, 28, 29;
Schluckreflexe 66;
Schmeckreflexe 66;
vermehrter SiJeichelfluß 66;
Reizung: reflektorischer Lidschluß 64;
Atmungsunterbrechung 65;
Pupillenverengerung 81;
Vermehrung des intraokularen Druckes 62 ;
bei organischen Läsionen 71;
skorbutartige Veränderungen bei Er-
krankung desselben 149;
sekretorische Fasern für die Tränendrüse
37;
sekundäre Trigeminusbahn 56;
Rindenfeld desselben 56;
sensible Portion desselben 56;
Stammerkrankungen desselben 108, 222,
223, 224, 225;
Anatomie des Stammes und der Äste
desselben 33;
trophische Fasern in demselben 67;
Störungen 138;
Trophoneurose 145:
Vasokonstriktoren in demselben 62;
vasodilatatorische Fasern desselben 28.
59, 62;
Trigeminus: vasomotorische Störungen
147, 148;
Wurzel: trophische 239;
Atrophie 149;
absteigende Blutung in dieselbe 146;
aufsteigende Wurzel 36, 55;
motorische Wurzel 55;
absteigende 55;
zerebrale 55;
spinale 56;
Degeneration derselben 224;
Blutung um das Wurzelgebiet 225;
sensible 36.
Trochlearisjähmung: 93, 95, 106, 128,
223, 245, 287, 288;
bei Herpes zoster ophthalmicus 182;
bei Aneurysma im Sinus cavernosus 150;
bei Syphilis 95.
Trophische: Fasern im Trigeminus 57,
67, 234;
Nerven als Ursache des Zoster 201;
Störungen, Wesen derselben im all-
gemeinen 138;
am Ohre 149;
Theorie der Keratitis neuroparalytica
234;
Wurzel des Trigeminus 229.
Trophisch - traumatische Theorie: der
Keratitis neuroparalytica 238.
Trophisch - vasomotorische Störungen
im Trigeminusgebiet 145.
Trophoneurose; im Trigeminusgebiet 145;
mit Haarausfall 99;
mit Verfärbung der Zilien 99.
Trophopathisches Ödem bei Keratitis
neuroparalytica 272.
Trübung: der Kornea bei Trigeminusläsion
108;
im Glaskörper 105.
Tubenkatarrh: nach Trigeminusaf f ektion
150.
Tuberkel: mit Trigeminuslähmung 111,
123, 127, 217, 222, 286, 296.
Tumor: Erkrankung des Trigeminus durch
denselben 210, 216, 217, 218. 219, 220,
221, 222, 223, 224;
Fernwirkung mit Quintuslähnuing 292;
mit Keratitis neuroparalytica 292, 295,
296, 297;
an der Basis mit Quintusaffektion 75, 94,
129, 212;
in der Fissura orbitalis 215;
Alpliabetisclies Saoliregister.
323
Tunior: am Ganglion Gasseri 74, 104. l.'}3;
(k-s Koilbeins 118, 128;
dos Kleinhirns 111;
der mittleren Sclicädelgrube 104;
des Pons 108, 111, 114, 148;
beider Seldui.;el 127.
Typhus: Trockenheit der Konjiinkt Iva bei
demselben 29.
u.
Ulcus corneae 123;
bei Herpes corneae febrilis l,'i4;
bei Tumor des Keilbeins 128.
Ulcus serpens: 116.
Ulzeration der Lider 107.
Unbeweglichkeit: des Bulbus 107, 112;
der divergierenden Augen 113;
der Pupille 116.
Unterbrechung der Trigeminusleitung im
Sinus cavernosus 108.
V.
Vaguslähmung: 111.
Vasokonstriktoren im Trigeminus 62.
Vasodilatatoren: Nervenfasern im Tri-
geminus 62, 73;
Lähmung derselben 253.
Vasomotoren: 141, 142.
vasomotorisch-trophische Störungen im
Trigeminusgebiet 71, 145.
vasomotorische Theorie der Keratitis
neuroparalytica 252.
vasomotorisch-traumatische Theorie 256.
Vena ophthalmica superior: Thrombo-
phlebitis derselben 193.
Verdickung des III. Trigeminusastes 117.
Verlust des Geruchs und Geschmacks 117,
127;
der Kopfhaare 100.
Verminderung: der zentralen Sehschärfe
100.
Versiegen der Tränen: 24;
bei Fazialislähnumg 24;
bei Trigeminuslähmung 26.
Vertro«knungstheorie: bei Entstehung
der Keratitis neuroparalytica 261.
V o r d e r (»r B u 1 b u s a b s c h n i 1 1 : Affektionen
desselben 101;
Pvoizzustände bei Trigeminusläsion 71;
vasomotorische Störungen in demselben
71.
Voidcrc Ka nnnei-: Rolle derselben bei der
Erweichung der Hornhaut 232.
w.
Wange: Abflachung derselben bei Trige-
miiuislähmung 249;
Anästhesie derselben 108.
Weinen: einseitiges 7;
bei Fazialislähmung 24, 29;
nach psychischen Affekten 11.
Widerstandsfähigkeit: verminderte des
Kornealgewebes bezüglich der Kera-
titis neuroparalytica 238.
Wurzelgebiet: des Trigeminus erkrankt
225, 226, 227, 228, 229, 230.
X.
Xerose: Bazillen bei Herpes zoster oph-
thalmicus 157;
der Bindehaut, Mangel der Tränensekre-
tion 24.
Xerosis der Hornhaut 255.
xerotische Theorie bei Entstehung der
Keratitis neuroparalytica 261.
Z.
Zähne: Lockerung derselben 111.
Zahnextraktion: Herpes danach 204.
Zahnfleisch: Anästhesie bei Trigemmus-
affektion 224;
Blutungen als vai-omotorihche Störung bei
Trigemmusaffektion 148;
Erkrankung bei Trigeminusaffektion 149;
Lockerung bei Trigeminusaffektion 111,
225, 291.
Zahn leiden: mit Akkommodationsbe-
schränkung 69;
Augenmuskelkrämjife dabei 72, 73;
21*
324
Alphabetisches Sachregister.
Zahnleiden: mit Exophthalmus 90;
Levatorkrampf bei demselben 8 1 ;
Ptosis nach demselben 81.
Zahnreize: mit Sehstörung 88, 89;
mit Steigerung des intraokularen Drucks
78.
Zahnschmelz: Schwund desselben bei
Trigeminusläsion 149.
Zentrale Kornealtrübung: mit An-
ästhesie 115.
Zervikalganglion: 'Bedeutung für das
Auftreten von Keratitis neuropara-
lytica 2ö2.
Ziliarkörper: Nerven derselben 41.
Ziliarmuskel: Spasmus desselben 100.
Ziliarnerven: kurze 37, 38, 40;
Ziliarnerven: Verlauf nach vorn 39;
Ganglien derselben 38;
verschiedene Fasern derselben 57;
sensible 57;
vasomotorische 57.
Ziliarnerventheorie: bezüglich der sym-
pathischen Ophthalmie 97, 102.
Zilien Verfärbung: bei sympathischer Neu-
rose 99.
Zoster: epidemicus 203;
gangraenosus 202;
traumaticus 140.
Zuckungen im Fazialis HO.
Zunge: Lähmung 118;
Atrophie der Hälfte 110.
Zyste: im Temporo-sphenoidallappen 113.
Date Due
Demco 293-5
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