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C. A. Böttiger's
kleine Schriften
archäologischen und antiquarischen
Inhalts,
gesammelt and herausgegeben
Julius Siliig.
Erster Band.
Mit sechs Knpfertafeln.
Dresden nnd Leipzig,
Arnoldiscbe Buchhandlnng.
18 3 7.
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C. A. Böttiger's
leine Sclirifte
archäologischen und antiquarischen
Inhalts,
gesammelt und heran s gegebcD
n
Julius Sillig.
Erster Band.
Mit sechs Kupfertafeln,
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Dresden und Leipzig,
Arnoldische Buchhandlung,
18 3 7,
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Seiner Königlichen Hoheit
dem
durchlauchtigsten Fürsten und Herrn
Herrn Karl Friedrich,
Grofsherzo^e von Sachsen - Weimar and Eisenach etc. elc. etc.
Darchhiuchtigster Grofsherzog,
Gnädigster Fürst und Herr!
JJiw. Königlichen Hoheit den ehrerbietigsten und
tiefo-efühhesten Dank für so ^^ele Beweise Fürstlicher
Hiild und Gnade öffentlich abstatten zu können,
war einer der letzten Wünsche, die der nun ver-
ewigte Verfasser gegenwärtiger Sammlung erfüllt zu
sehen verlangte. Was ihm zu thun nicht mehr ver-
gönnt war, glaubte der Unterzeichnete, dem die
Besorgung seines literarischen Nachlasses zufiel, nicht
versäumen zu dürfen, und in dieser Beziehung
wagte ich , Ew. Königl. Hoheit um die Erlaubnifs
zu ersuchen, Ihren erlauchten Nanien der Sammlung
der vermischten Schriften eines Gelehrten vorzusetzen,
der die Zeit, die er einst in Weimar verlebte, stets
mit freudiger Rührung zu den glücklichsten seines
Lebens rechnete. Dort fand er Anregung und Muth,
den bedeutendsten und werthvollsten Theil dieser
Sammlung auszuarbeiten, dort ward ihm das Glück
zu Tlieil, den Männern nahe zu stehen, die, unter Ew»
König). Hoheit erlauchter Vorfahren schirmender Ob-
hut vereinigt, das Gröfste schufen, was Teutschhuid
je in Kunst und Poesie gesehen ; und das ehrenvolle
Anerkenntnifs, das Ew. Königl. Hoheit noch nach
langen Jahren dem treuen und segensreichen Wir-
ken Böttiger's angedeihen liefsen, bezeugt, dafs das,
was er in und für Weimar leistete, nicht dem Augen-
blicke verfallen war. Nirgends könnte sich daher
auch diese Sammlung heimischer fühlen als in der
Nähe des Fürsten, in dessen Staaten Böttiger einst
den für eigene Geistesentwickelung einflufsreichsten
Theil seiner Tage verlebt hatte, und den er selbst in
die Hallen griechischer und römischer Bildung ein-
führen durfte»
Ew« KönigL Hoheit
Dresden, alleruutertliäuigstei-
den 12. Mai 1837. J u l i u s S i 1 l i g.
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Vorrede des Herausgebers.
s\\s Bölfiger im Jahre 1835 starb, halte er, woran er selbst wohl
kaum mehr dachte , das füiifzi'rjiihrige Jubelfest seiner schriflstel-
lerischen LanCbahn heii,aiiü,en, indem er im Jahre 1785 seine erste
SchriCt nnter seinem Namen dnu-ken liefs. Was er in dieser lan-
gen Zeit, aljg-esehe» von selbstständigen Büchern, theils als Beitrag
zu Zeilschriften und Werken Anderer, theils in Flngschriften von
geringerem Umfange ans der reichen Fundgrube seines vielver-
breitetpri Wissens miliheilte, konnte verhältnifsmäfsig «nr Wenigen
bekannt werden; noch weit Wenigere dürften sich rühmen, eine
nur irgend bedeutende Anzahl jener zerstreuten Aufsätze als Eigen-
thum zu besitzen. Kein Wunder, dafs das Verlangen nach einer
Sammlung von Böltiger's kleinen Schriften antiquarischen und ar-
chäologischen Inhalts sich schon seit längerer Zeit kund ihat, ein
Verlangen, das ebensowohl Diejenigen aussprachen, die Böttiger's
Gelehrsamkeit und Combiiiatioiisgabe nur aus seineu gröfseren
Werken kannten, als besonders Die, denen einzelne kleine Auf-
sätze der genannten Art zu Gesicht gekommen waren. Lange
ging Bulliger, theils aus ungeheucheller Bescheidenheit, theils wohl
ahnend , dafs er sein Versprechen zu halten nicht im Stande sein
würde, auf die Erfüllung jenes Wunsches nicht ein, bis er end-
lich , mehr dem Drängen seiner Freunde nachgebend , als eigener
innerer Auffordernng folgend, sich zur Herausgabe seiner kleinen
Sfhrifteu eutschlofs und den Unterzeichneten als Theilnehraer des müh-
Till
saracii Werkes naniile (Amallliea Bd. 3. S. 434.). Die iiotliii-sleu
Vorbcreiliingeii zur Besorgnnjj; beider Saiuiiilungon , der teutsiliea
sowohl als der latciiiisclieii , die den Aiifaii;^ inaclicn solheii, wiir-
den golrolVen ; aber eine bald cinlreleiidc Krankheit von längerer
Daner Uitg nicht wenig' dazu bei , den Eifer ßötliger's für die
ganze Sache, der ohnediefs nie sehr grofs gewesen war, bedeutend
ftbznktihlen , nnd so wie er siili nicht zn der ihm doch näher lie-
genden Forlselznng- der Knnstiuythologie cntschliefscn konnte, so
ga!) er im Laufe der nächsten Jahre den Vorsatz , seine kleinen
Schriften selbst herauszugeben, völlig wieder auf. Eine s|)ütere
Erneuerung des früheren Gedankens hatte keinen glücklicheren Er-
folg, nnd so war die Holfnung, Bötliger's vermischie Aufsätze von
ihm gesammelt nnd herausgegeben zu erhalten , bei dem zuneh-
menden Alfer und der dasselbe in gleichem Schritte begleitenden
Kränklichkeit des trelTlicIien IMannes völlig zu iiichle geworden.
Als aber sein Tod erfolgt war, ghinbte der Unlerzeichuele in dem
bestimmten Auftrage seiues verewigten Freundes, der noch wenige
Wochen vor seinem Tode ihn au seine früiiere Zusage erinnert
halte, in dem Wunsche der Erben und dem allgemeiueu Verlan-
gen eine Aufforderung zu finden, die ihn des Verfassers Stelle einneh-
men hiefs, nnd wie er die erfolgte Herausgabe der lateinischen klei-
nen Schriften nnd des zweiteu Bandes der Kunstmjthologie übernom-
men hatte, so wollte er auch die der tcutschcn Aufsätze nicht von
sich weisen, ob er gleich die bedeutenden Schwierigkeiten des
letzteren Geschäftes wohl ahnte. Nach ununterbrochener, ange-
strengtester Arbeit sieht er sich jetzt im Stande, den Freundeu des
Alterthnmes die von ihnen längst gewünschte Sammlung zn überge-
ben , und hat nun Reclienschaft abzulegen über die Art , wie er
sie!» dem ihm gewordenen Auftrage unterziehen zu müssen glaubte,
das Urtheii über dea Erfolg seiner Bemühiingcu wohlwollenden
Richtern überlassend.
Vor allem Anderen war es mein Geschäft, mir ein möglichst
vollständiges nnd genaues Verzeichnifs aller eingedruckten Abhand-
lungen Böltiger's zu verschaffen. Wer das Schicksal kennt, das na-
mtMillich Zeitöchrifleu in unserer Zeit haben, wird eine absolute Voll-
ständigkeit in solcher Hinsicht kaum verlangen, die anonymen oder
Pseudonymen Aufsätze, die eiu Schriftsteller geliefert, nicht einmal
in Anschlag zu bringen. Einigen Vorschub bei jener Arbeit lei-
siele mir Hr. Dr. Espe In Leipzig-, der, früher, wie ich wufsfo,
lait einem ,,Golelirteu Dresden" beschäftigt, Manches, Avie nadir-
lich, auch für den Artikel „Bödiger^' vorhereitet hatte nnd mir
mit grofser Gefälligkeit seine daranf sich beziehenden Papiere über-
liefs. Ihm verdanke ic'i thcils die Art der Anordnung der Biblio-
graphie, (heils die Kenntnifs einiger mir früher unbekannten Zeit-
schriften und Sanuuelwerke ähnlichen Inhalts. Habe ich mir nun
auch alle mögliche Mülie gegeben , die Schriften , woran Biiftli'or
Theil genommen , sämmllich kennen zu lernen , so bescheide ich
mich doch gern des Ruhmes der Vollständigkeit, und nicht ein-
mal das , was ich gegeben habe , wäre ich zu geben im Stande
gewesen, wenn ich eicht die reiche Zeitscliriiten -Sammlung der
hiesigen Schmidt'scheu Leihbibliothek hätte bonnizen können. Des-
senungeachtet hielt ich es für uiinmgänglich uöl'iig, die von mir
zusammengestellte Bibliographie Büttiger's unverkürzt mitzutheilen,
theils nra anch von dieser Seite einen Beilrag zur Kenntnifs des
literarischen Lebens des Mannes zu geben, theils um die Freunde
der Literatur zu veranlassen, reichlich da nachzutragen, wo ich
Lücken lassen mufste, (deswegen habe ich die Bibliographie so-
gleich dem ersten Bande einverleibt, um fremde nnd eigene Nach-
träge im letzten fuigea lassen zu können), theils endlich um den
Lesern gegenwärtiger Sammlimg das Urtheil über die Art der Aus-
wahl frei zu lassen. Bibliographische Notizen glaubte ich der
Kürze wegen nur da hinznfügen zu müssen, wo sie unentbehrlich
schienen und wo ihr Mang-I leiciit zu Irrthümern oder Mifsver-
ständnissen Veranlassung geben konnte. Vorzüglich aber habe ich
bei den einzeln gedruckten kleinen Schriften und Progrannnen die
Saminehverke und Journale augegeben, in die sie oft ohne Bütti-
ger's Vorwissen übergingen.
Was nun die Grundsätze anlangt, die ich bei der Auswahl
der aufzunehmenden Abhandln ngeu zu befolgen hatte, so hatte schon
Bütliger die Ansicht festgestellt, dafs nnr Aufsätze von wirklich
wissenschaftlichem Werfhe der Sammlung einzuverleiben , dabei
aber die in der Amalthea befindlichen Abhandlungen anszuschlie-
fsen seien, wovon der Grnnd leicht einzusehen. Möglichste Voll-
ständigkeit nun in Beziehung auf die übrigen zu erreichen , war
mein aucii von dem \erlogcr durch den Ankauf mehrerer noch im
Buchhandel beüudliclicn Schrilteii bereitwillig unterstützter Wnnscb,
und soj^eicli im ersten Bande finden die Leser zwei Seliriflen, die
llillivia und die Fnrienmaskc , weli-lie nur auf diese Arl in die
gej^enwiirtii'e Saninilnn<>, üI)er!ii'lKMi loninU'n. Von den eini;"edinck-
tea Aljliandlnn^ea naiirn ieli alle auf, wciclie norli jclzt ihre Be-
dentini^- nii-lit verloren Italien ; aiis<»esrlilo.ssen Mieben zncrst alle
diejenii^en, die Bulliger schon seihst in S|);l(eren selhstslärnliiijen
Werken verarbeitet hatte, (z. B. mehrere A\ifsiUze im VVeimar'sehen
Mudejonrnal , im Gothaischen Hofkalender, die sämmllich in die
Saluna nl)cri>eg;angen sind,) zweitens solche, die, ohne hedenlende
wissensehafiliche Ausbeule zu lieben, in ihrer ganzen Tendenz ver-
altet erschienen (wie die Abhandlung-: Alceste, mehr Wahrheit als
Fabel). Sehr Weniges daher, was schon früher gedruckt war, wer-
den die Leser hier vermissen, und <len von einem Jeden sich leicht
zu ersetzenden Verlust glaiilie ich auf das Vollständigste dadurch
vergütet zu haben, dafs einige angedruckte Abhandlungen, wie
hier im ersten Bande über das Sclavencostnm in der fabula palliata,
neu hinzugekommen sind. Auch erscheinen früher schon gedruckte
Aufsätze hier mit späteren Nachträgen und Anmerkungen bereichert,
die doppeller Art sind. Entweder n:iiiilich rühren sie von Bötliger
selbst her, oder von Anderen; und hierher gehören vorzüglich die
treiriichen Bemerkungen, die Bast seinen franzosischen Ueherselz-
nngen einiger Bölliger'.scheu Anfsülze beigefügt hatte und die ich
liier in der Lebersetzung mittheile. Leber diese Bereicherungen
aller Arl giebt das jedesmalige Inhaltsverzeichiiifs genügenden Auf-
schlnfs, über dessen Rnb;ik, anli<|narische Analecten , hier sogleich
dasNöthige zu bemerken ist. Wer Biitliger's Journalaiifsiilze, Theater-
recensioneii und dergleichen nur mit einiger Aufmerksamkeit gelesen
Jiat, weil's, dafs er jerlc Gelegeniieit, wo sie sich nur immer darbot, er-
griff, um Einiges aus dem Allerlliume dem Uebrigen beizumischen.
'Deswegen die ganzen Aufsälze abdrucken zu lassen, wäre lächerlich
gewesen und nach reiflicher üeberlegung schien es mir das Zwcck-
inäfsigsti', bei der Blalt für Blatt anzuslellenden Vergleichung der
Zeitschrillen, in die BüKiger gearbeitet, genau auf Alles zn achten,
was sich an einzelnen Bemerkungen ans dem Kreise des Aller-
thnms fand. Der Eifolg dieser mühseligen Arbeit liegt in eben
jenen antiquarischen Analeclen vor, die ich nach den Abhandlun-
gen der Bände geordnet habe, so dafs jeder Band einen Theil
derselben als Zunaljc erhallen wird. Die mit einem Sternchen be-
zfifbuetcn Iwiben sieh handscliiifllicli in Bödiger's Nacblafs vorgc-
limden.
Was endlich die Aiiotdiiting^ der Aufsätze betrifft, so waren
es drei Wege, die icli einschlagen konnte, und zwar, dafs ich cnt-
\\eder die rein chronologische F'olge der Aiifsälze in buntei'
Reihe festhielt, oder, was Böttiger seihst vorzuziehen schieii, jedem
Bande einige Aufsätze aus jedem Zweige der antiquarischen Stu-
dien , die er behandelt hatte, einverleibte, oder die ganze Masse
des Aufzunehmenden in gewisse Haupttheile sonderte und diese
nach einander erscheinen liefs. Bei den Uirbequemlichkeiten der
beiden ersten ^Methoden glaubte ich, nach dem Beispiele vieler an-
derer Herausgeber fremder oder eigener Schriften die dritte anneh-
men zu müssen, und es regelt sich wie von selbst die Anordnung der
Aufsätze in solche, die zur Mythologie der Griechen und Römer,
zu dem Theaterweseu der Alten, zur eigentlichen Archäologie und
zur Kenntnifs des Lebens und der Sitten des Allerthums gehören.
Einige Aufsätze bildeten die x\blheilnng, der ich den Titel „anti-
quarische Scherze" geben zu können glaubte ; den Schlufs des
Ganzen macht eine Sammlung von Abhandlungen vermischten In-
halts.
Bei'm Beginne der Arbeit balle ich mir vorgenommen, zu ei-
nigen Untersuchungen Nachträge zu liefern, die die Geschichte der
Böttigcr'schen Forschungen bis auf den heuligen Tag durchführen
sollten. Noch habe ich diese Absiebt nicht aufgegeben ; ob ich
dazu kommen werde, hängt von der Bogenzahl ab, die Bötliger's
Aufsätze selbst füllen werden , und ob meine durch anstrengende
Berufsgeschäfte sehr in Anspruch gt>nounnene Zeit mir noch er-
lauben wird, der Arbeit , die ich zur Aufgabe meines Lebens ge-
macht habe, ich meine die gröfsere Bearbeitung der Natur-
geschichte des Plinius, einige Stunden abziimüfsigen. Etwas
nnr einigermafsen Vollständiges in dieser Beziehung für sämml-
liche Aufsätze zu liefern , überstiege das Mafs meiner Kräfte und
Kenntnisse; dazu gehörte ein Mann, der gerade dieselben Stu-
dien in demselben Umfange getrieben hätte wie Böttiger, man
müfste denn annehmen, dafs die bluse Nennung und iheilweise
Mittbeilung der die Abhandlungen bebandelnden Recensioneu aus-
reichte. Hier und da, wozu sich viele Gelegenheit gefunden halle,
einzelne Bemerkungen liinzuzufügcn , schien mir zu wohlfeil ; die
Wülfsche Üehersetzmig «les iioltilas adspergerc ist zu heffeml,
als dafs man sitli von solLheni Bej^innon iiielit ziirückgesclireckt
fiilileii sollte. Maiiclieii Dank glaiilio irli mir bei verstiiiidigen Le-
sern des Bnclies zu verdienen , wenn iel» zum Selilufs des Ganzen
Piegister über die drei Bilude liefere, aus deuea die Sammluug
hesleben wird.
I
Verzeichnifs
von
C. A. Böttiger's sämmtlichen Schriften *),
Schriften :
1. Ind. reriim et verl). ad Fr. VoIü,. R e i z i I C h r e s t o m. g- r a o c.
]ioet. et pros, Lips. 1770. 8.
2. Bcutleii comuieut. in Plialar. epistolas cniu praef.
Lips. 1780. 8.
3. Rede bei dem Antritte des Rectorats a. d. Schu-
le zu Giiliei). Leipzig. 1785.
4. Progr. Pauca de iulerpret. epist. Cic. ad diverses et lectione sta-
taria. Lips, 1785.
5. Nneliriclil von der 3Ietliode bei einigen Lelirslun-
den auf dem L y c e u m z n Guben, Giib. 1785. 4.
6. EinladuMgsscIirirt den A eitern unserer Schüler auf
dem L Y c e H ui zu G u b e n. Pfiirten. 1 786.
7. Progr. de i n t e r p r e t a 1 i o n e Terentii. Giib. 1786. 4.
8. Progr. Vom dem Mifsb rauche der teutsclseii Le-
etüre auf g r 0 f s e n Schulen, Gymnasien und eini-
gen Mitteln d a g e g e n. Guben. 1787. 4.
9. Prog. Ueber die b efs t e n Mi ttel , d i e S tudir s uch t
derer, die zum Sludiren keinen Beruf haben, zu hemmen.
Leipzig. 1789.
10. Progr." Explicatio loci Virg. A c n. VIII. 208 — 303
Pföd. 1789. 4.
11. Progr. (^uam vim ad religionis cnltnin habuerit
II 0 m e r i I e c t i o a p u d G r a e c o s , pueromm inslitulionem
ab iioc poeta auspicari solitos. Gorlit. 1789, 4.
12. A r i s 1 0 p h a n e s i m p u o i t u s D e o r u m g e n t i 1 i u m i r r i-
sor. Lips. 1790. 8.
'']) Die mit einem Sternclien Q*") hezeiclmeten Aufsätze sind anonym
oder mit den Anfangsbuchstaben des ^'erfassers erschienen.
13. (*) Ronuin Factiiin. Coiisiil Pt Sfiialns Civilalis Bndissoiisis
LpfloiÜMis oninis onliiiis et loii S. Hiulissao 1790. fül. —
Inest de seliolis piihlicis i>enio senili rite aLTOiuiiiodainlIs.
14.. Rede über die E r w a it 11 ngc n, die sich das P » h ii-
kiiin von einem S tli nl in a n n e hei'ni Antritte sei-
nes Amtes macht nud machen kann. Bndiss. 1790.
15. C 0 m i t i h n s de Einsiede! et de I^ a n <^ e n a n C 0 ni i t i a
majora a. d. 22. Ahü,-. 1790. IJudissae hahenlihns itym-
nasii nihis pietas. Bndiss. 1790. l'ol. — Ahi;edriickt in
Mitscherlich's eclogae recenliornm carm. lal. p, 198.
16. Piohisio ad loc. Phitarchi in vita Caf. Major, p. 347. s^j. (ed.
Frft.) Bud. 1790. — ah^edrnckt in Ruperli's nnd Schlicht-
horst's N. Ma-azin f. Schnllehrer. Bd. 1. 1792. p. 34 — 60.
17. Tiv ifx°M^^°'"' ^h ■röv nöcf^ov celebrat pielas gyrnuasii. Bndiss.
1790. 4.
18. (* C A. B.) üeher die gegenwärtige Beschaffenheit
der S c h u I p f 0 r t e. Leipzig. 1791. 8.
19. Prol. ad loc. Ciceronis in Catil IM. 8. 9. Bndiss. 1791.
4 — Ahgedrnckt in Ruperli's niid SchlicIilhorst'sMaü,. f. Sciml-
h-hrer B. 2. Sl. 2. 1791 p. 413—432.
20. Prol. de pnerilis aetatis pndicitia non praecepto-
rnni sed parcntum studio cnstodienda. Bnd. 1791.4.
21. Amicissimo S c h m a 1 z i 0 Schmal ziam duiciss. dextro
amore repertani grat. Bndiss. 1791. — Abgedruckt
in Milscherlich's eclog. p. 206.
22. Prentzelio fpiintpiaginta ahhinc aiiuis Bndissam comniigran-
ti. a. d. 30. Jnnii 1791. 4. nnd abgedruckt im Lansitzer Ma-
gazin. 1791. S. 265. nnd Milscherlich's eclog. p 212.
23. A I) s ch i cd sr ed e in der Iclzten Lehrslnnde im Budissi-
ner Gyninasinm. Bnd. 1791.
24. Oratio Schoiarnm in vicinitate Acad. coustitutarum
V i n d i c i a e. Vimar. 1791.
25 Progr. De s 0 m n i 0 A n « i b a I i s ap. Liv. XXI. 12. Vira.
1792. 4.
26. Piol. I. De Herodoti historia ad carminis epici
indolem propins accedente. Vimar. 1792. 4. —
Prol. 11. 1793. 4. — Abgedr, in Ruperti's uud Schlichthorst's
N. Magaz. Bd. 2. St. 2.'
27. Erklärende Anmerkungen zu den a u s c r w ä h 1 1 e n
Oden und Liedern vom H 0 r a z. ( Zur Brannscb w.
Eucvdopädie Th. 11. Brannschw. 1793. — Tb. 1. von Kop-
pen 1791.
28. Frider. Theoph. Becbero — puellara bymeuaeo sibi jungenti.
Vimar.' 1793. 8.
29 S c b n a u s s i 0 — semisaecularirt solemuia gratulatur. Wi-
mar. 1793. 8.
30. (*) Hnfc! audio siio — piiellain hyuienaeis sibi jiingcnli —
paraiiyiiiphiis \ iiuaiiciisis. 1793. 8.
31. Lei» er den Rani» der Cassandra auf einem No-
I a iii sehen G e f ä l's e, eine artliäol. Voiles. Nebst 3 KpfsU
(V. li Mever) Weimar 1794. 4.
32. ProyT. de oria,iiiibns lirociiiii a p n d Romanos.
Viniiir. 1794. 4. — Excerp. in Degen's Bibl. kl. Schrift Bd.
1. Sl. 2.
33. Progr. de personis scenicis, vnlffo larvis, ad loc.
Terenlii Phorm. I 4, 32. Vim. 1794. 4.
34. P. Terenlii Afri Comoediae. Novae edillonis speci-
men proposnit B. Lips. 1795, 8.
35. Pronr. Quid Sit docere fabiilam? P. 1. Vim. 1795,
P. 2. 1796. 4.
3G. Znsland der neuesten l^ileratnr, der Künste und
Wissenschaften in Frankreich, in Ansz. u. Erläu-
lernn-en. Bd. 1. Berl. 1795, Bd. 2. 1796. 8.
37. Verzierung g y m n a s t i s c h er üeb n n gsji I ;i ( z e durch
Kunstwerke in aiilikoii) Geschniacke. Weimar. 1795. 8. —
Abuedrnckt ans dem Journal d. Luxus u. d. Moden, 1795.
April. S. 153 — 185.
38. l eher Actlillieit n. Vateihind antiker Onvxka-
meeu von a n f se r o rden I li c h e r Gröfse, Leipzig.
1796. 8.
39. (*) Denkschrift auf Bode, nebst Alihildung des dem-
selben zu Weimar errichteten Monuments. Weimar. 1796. 4.
40. (*) Entwicklung des 1 f f I a nd ' seh c u Spiels in
l-i Voi-;ti'llungen auf dem Weimar'schen 'i'ht'iil«>r. Leipzin'.
1796. 8. ■
41. (i r i cc li i s c ii e Vasen g e m ;i I il e mit arcbiioloii,is(hen nnd
.iilistisciieu Erläulcrungen und Oroinalku[ifern. B. 1. H 1,
Weimar, 1797. Hft. 2. 1798. Ilfi. 3. Magdeb. 1800. 8*.
42. Prol. de actoribns primär um, secundarnm et (er-
tiariim partium in fabulis Graecis. Vim. 1797. 4.
43. Prol. (^naluor aetales rei scenicae apud Graecos,
priniis liiieis designalae. Vim. 1798. 4.
44. (*) Die Dresdener Aiilikengalerie mit Fackelbeleuchtung ge-
sehen; 0. 0. 1798. 8.
45. II i t h Y i a oder die Hexe, ein archäol. Fragui. nach Lessing.
Weiu.ar. 1799. 8.
46. (* C. A. B.) Meinen Freunden. Innen: Die Nenjahrs-
lampe. 0. J. n. 0. (Weimar. 1800.) 12. m. Tilelk.
47. Pro), De um ex macbina in re scenica illustrans.
Vim. 1800. 4. — Excerp. in Beckii Connnentat. soc. philol.
Lips. Vol. I. P. 1. (1801.) p. 19 — 23.
48. (*) loanni Godofr. Herdero — novos praesulis hocores
2,iatula(unis cocliis Gviunasii Vimariensis. Viinar. 1801. f.
— Lateiiiisdies Gedicht.
49. Arcüiiolojifi sehe Hefte od. Abbildungen ii. Eiläiiloiiiu-
jrpii des klassistlica Altcrtbiiins aus alleu zum Theil iiocli
unbekannten Denkniäleio, Leraiisi^eg, v, — u. H. Meyer.
Weimar. 1801. 4.
50. (*) Die Spitzbube 11 rotte. (TeutscLcs Gedicht) 1801. o.
0, 8. in. Yisn,
51. Archäoloüiscb es Museum zur Erläuternug der Ab-
bildan/^en ans den« klassischen AlterlLume. Th, 1. Hft. 1.
(Ariadue) Weimar. 1801. 8.
52. Die Furienmaske im Trauerspiele und auf den Bild-
werken der alten Grieclien. M. 3 Kupfero. Weimar. 1801.
8. — lu's Französische übersetzt v. 1, F. Winckler. Paris.
1802.
53. Prol. 1. de Medea Euripidis cum priscae arlis
operibus comparata. Vira. 1802. Prol. 2. 1803. 4.
_ Abaedr. in MattLiae Miscell. philol. Yol. I, P. J. (1803.)
u. P. in. 1804.)
54-. (*) Der Freudenbecher bei'ni Run dg es äuge in
FroLcndoif. (Teniscbes Gedicht) 18G2. o. 0. ni, K.
55, Sabina oder Morgensccuen im Putzzimmer einer reichen
Römerin, ein Beitrag zur riciitigcn Beurlheilung des Privat-
lebens der Römer u. zum besseren Ycrstündiiifs der römischen
Schriftsleiler. Mit 13 Kupferlafelu. — Vorher einzeln zmu
Theil im Journal des Luxus u. der Moden. — Neue veri>.
u. vorm. Auflage Th. 1. 2. Leipzig. 180G. — In's Franzö-
sische übersetzt, Paris. 1803, 8.
5ö Abschiedsrede im gr. Hörsaale d. Weimar'sch. Gymna-
siums, d. 23. Rlärz 1804. gehalKMi. Weimar 1804. 8.
57. (*) Unserm Vater Adelung bci'm Eintritte in seineu
75, Sommer. (Teutschcs Gedicht) 1805. o. 0, 8.
58. (*) Die durch die Schntzpocken Genesenen an
Fräulein Friedericke von Bülow. (Teutsches Gedicht) 1805.
o. 0. 8.
59 Andeutungen zu 24 Vorträgen über die Archäolo-
o i e. Abth. 1. Allg. Uebersichten o. Geschichte der Plastik
b. d. Griechen. Dresden. 1806, 8.
60 Herzog B e r u h a r d v. ^^ e i m a r , z. Erläuterung einer
auf"efundenen gleidizeiligeu geschnitzten Kunsltafel von seinem
Bilde Weimar. 1806. 8. — Auch im n. teutschen Mercur,
1806*, B. 1. S. 3-37.
61 B c s c li r e i b u n g d e s dem General v o n C h r i s t i a n i
von Pettrich gefertigten n. v. Günther u, Seiffert in Kupfer
gestochenen Denkmals 1806.
XVII
G2. (*) Fr. VoKl-ra. Rcinl.nnlo — Xcolon. D.osd. 1807. 8.
C3. (*) Gniliniiiae sii;u> — quo die nulierct Rcgtilae —
Tpc'!ii)opae,ü,-nion. 18Ö7. 4,
64. U e b e r Museen und Antigens a ni m 1 n n gen, eine ar-
di:ioloi;isi-lie Vorlesung-. Leipzig-, 1808. 8. — Abgedr. in der
Bihliotliek für bildende nnd redende Kiinsle. B. 4,
65. Fr. Volckm. Rei n hardo — gpuelliliacon. 1808. 4.
66. (*) Stimme eines Greises au die Bürger Dresdens. Dresden.
1809. 8.
67. Fr. Volckm. Reinhardo — genclbliacon. Dresd, 1809. 8.
68. Explicalio a n t i q u i a n a g- 1 v p li i in M n s e o Napoleon.
Lii)s. 1809. 8. c. %. — Änch in Weiske's Ausgabe des
Dionysius Longiniis.
69. F 0 r t n u a e r e d u c i (in rediln reg% Saxon ) d. 23. Dccbr.
1809. Dresd. 4.
70. Die A 1 d 0 b r a n d i n i s c h e Hochzeit, eine arcliäolog-,
Aiisdeuinng. Nebst einer Ali'inndliiiig über das Geniälile, von
Seiten der Kunst betrachtet, von II. Meyer. Dresd. 1810.4.
mit 1 Kupfert.
71. Döringio sno — in nuptias filiae Secundillae Fride-
ricae Erotopacgniou. Dresd, 1810. 12.
72. F r, V 0 1 c k m. Reinhardo — genetliliacon. Dresd. 1810. 8.
73. I p s i s N a t a 1 i b u s F r i d e r i c i A n g u s t i. Dresd. 1 810. 4,
74. Id e en zur Arch äolo gi e d er flia lerei. Th. 1. Dresd,
1811. 8
75. Archäologische Aehrenlese. Samml. 1. Dresd. ISll.
mit 7 Kupferpl. Fol.
76. Kunstmythologie, Absch. 1 — 3. Dresd. 1811. 8. (Als
Manuscript für die Zuhörer gedruckt.)
77. (*) Fr. Volckm. R,einhardo — genethliacon. Dresd. 1811. 8.
78. Vota natalitia Frid. Aug. P. P. Dresd. 1811. 4.
79. loan. Nath. Petze Id, Med. Hippocratico, uatiirac et artis
indagatori sagacissimo, seni annis meiitisque veiierabili gr.i-
tu lalur. Dresd. 1812.
80. (*) Dem treiriichen Jubelarzte — Petzold (Tenlsches Son-
net) 0. 0, 1812. fol.
81. Saluti Con?eryalrici Fr. Volckm. Reinhardo — sole-
rion et genelhiiacon. Dresd. 1812. 4.
82. (*) An meine g: e i s f 1 i c h e n Mitbürger, in den S t n n
den nach D. Reinhard' s Beerdigung- geschrieben
Dresd. 1812.
83. (*) Lateinische Votivtafel auf den Minister von Hopflgarfen,
Dresden 1812. (Abgedruckt in Beckii Acta Seminar. Lips,
Vol. II. P. l p. 533. sq.)
84. Dr. Fr. Volckm, Reinhard, literariscli gezcich-
BüUiget's Kleine Schriften I. B
XYIll
net, gemalt Ton Cliarpontler. Dresd. 1813. inlt 2 Knufeil.
— 2. Aufl. 1816. 4.
85. Diis manibtis C. M. AVielaiidi Pin|)eiii|)li(on. Dresden,
1813. — Aiuli in dem Morjrenl)Ia«e 1813. Nr. 42.
86. Die Moskauer Kanoucusäule oder der Siogesobclisk mit Abi».
Alteidmrn-, 1814.
87. Vortrag über die Dresdener Antikengaleiie. Dresden, 1814. 4.
[88. Carmen in rcdiln Reg. Saxon, Frid. Aug. Dresd.
1815.4.'?]
89. Dorinüio suo soteria — instaurata — decanlat B. 1815.4.
90. (*) Das Bad der Wiedergebnrt. Puiiidgcsang. o. 0. 1815. fol. ol»l.
91. Ammonio S. V. nalalilia riuiiiquagesima celebranli Xcuio-
1 u Hl misit. Dresd. 1816. Pol. oblong.
92. (*)Der scbinmmerude Araor im Antiitensaale an Adelaide Gräfin
Bombelies, (Zwei lenlscbe Sonnelte) o. 0. 1816. 4. —
aucli in Kind's Harfe Bd. 6. S. 323.
93. Ipsis natalibiis B,cg. Saxon. Frid. Ang. P. P. sacra
auuiversaria LXVI. celebranlis d. 23. Decbr. 1816. Dresd. 4,
— Mit beigefügter (enlsrhcr Uebersolzung als Beilage zur
Abendzeitung' 1817, Nr. 9.
94. T i 1 1 m a n u 0 — in sacris seraisaccularibus — sotcrion. Dresd.
1817. 8.
95. Worte, auf der Anhübe der Landstrafse nach Gorbitz ge-
sprochen an Werucr's Sarge. Dresden, 1817.
96. Trink Spruch am Hochzeittage unserer Augusta,
(Teutsches Sonnett). o. 0. 1817. 8.''
97. (*) Tri u k s prü che am jM^rtcufeste unserer Freundin Doris
Amnion, o. ü. 1817, 8.
98. Cbr. Frid. Ammoni — geuii natalis sacra auuiversaria cele-
branli. Dresd. 1818. 12,
99. Rede zur Einweihung des A n g u s t u s - 0 b e li s k e s
auf dem Keulenberg, den 18. Splb. 1818. Dresd. 8.
100. Worte der Bruderliebe am Sarge des ersten Hofmarschals
Fi^'iherrn zu Racknilz. (Dresden) 1818. 4.
101. Carmen saeculare Frider. Ang. Reg, Jnbil. Dresden,
1818. — Abgedruckt in The Classical jouru. Lond. 1819. Nr.
37. p. 82,
102. Kr auzson nette meiner geliebten Nichte Euiilie
Eisenstnck. (o. 0.) 1819. ^^8.
103. Andeutungen am Grabe Gerb. v. Kugel chen's, am
Abend des 30. März 1820 ausgesprochen. Dresden. (1820.) 8.
104. (*) Skolie zum Bergfest am 1, des Wonnemonds 1821.
0. 0. fol. obl.
105. Vater- und Mutter- Zu ruf an Euiilie Adler und Carl
Böltiger. Dresden, 1821. 8. (drei Sonnette.)
106. Amalthea oder Museum der Kuustinvthologie und bilden-
XIX
den Aherllininsknutle. Bnml I. Leipzig-, 1821. iin'lCKiiiif B
2. 1822. uiil 4 Knpf. B. 3. 1825. mit 8 Kiipf. niul 1 Sfeindr. 8.
107. Der IländezolJ, aii die dianiatisclie Muse bezahlt. Leip-
zig-, 1822. — atK-l) in Fr. Kiiul's Muse, ß. 3. (1822.)
108. A in m 0 n i siio xeuioltiui. Drcsd. 1823. 8.
109. MitD. Bnrkh. Willi. Seiler, Erkiäning der Muskeln und
der Basrehicfs an F. Matthäi's Pferdemodeilen. Dresden 1823
4. mit 3 Kupfert,
110. Einige Aiidentuiigen zn Moritz Pictzsch's acht Umrissen zu
Sohiller's Fridolin. Stuttgart und Tübingen, 1824. Querfol.
111. Andeutungen zu Moritz Retzscli's secbszelin Umrissen zu
Schiller's Kampf mit dem Dracheu. Stuttgart und Tübin-
gen, 1825. Querfol.
112. De ludo musico — in Odeo Dresdensi — edito brevis
narralio. Griniae, 1825. fol. — Auch abgedruckt in : Anto-
logia Ilaliana. 1826. Nr. 60.
113. Ein Lied in alter Melodie zum doppelten Myr-
tenkränze. Dresden, 1825. 8.
114. Ideen zur K n n s tmy Ib o logie. Band 1. Stammbaum
der Rfcligionen des Ahertlmms. Einleitung zur vorhomeri-
schen Mythologie der Giiechon. Dresden und Leipzii;- 1826.
mit 5 Kupfert. 8. (Band 2. ebend.1836. 8. mit 2 K^pf. nacli
seinem Tode herausgegeben.)
115. Dresda Ingens, cum funns adventaret bcatissimae Reti-
nae. 1827. — Auch als Beilage zur Abendzeitung. 1827
Nr. 270.
116. Lateinisches Hochzeitsgedicht auf D. Iledenns.
Dresden, 1827.
117. Hendecasjllabi sodalitati coitionem, cui ab Albi no-
men haesit — iuanguranti. 1828. 8.
118. Audeulnngen zu Moritz Rotzsch's Galerie zu Shakespeare's
dramatischen Werken. Li^^fernng 1. und II. Leipzi« nnd
London, 1828 und 1833. fol. °
119. Arch äo logie nud Kunst. Im Vereine mit mehreren
Freunden. B. 1. St. 1. Breslau, 1828. 8. mit 4 Bildtafeln,
(eine Fortsetzung der Amalthea.)
120. Meiner holden, lieblichen, lieben Fräulein Thekla von
S Chi i eben. Dresden, 1828. 8.
121. Hercules in bivio e Prodici fabula et moniimcntis pri-
scae artis illustratus. Lips. 1829. 8. c. tab. aen.
122. Mit I, G. V. Quandt, über Preisaufgaben für bildende
Künstler. Dresden, 1829.
123. In Ängusti Herderi — imagineni. Dresd. 1831. fol.
124. Minkae versiculos nubenti miltit amicus septuagenarins «e-
nex B. ^ 1832, kl. Folio.
B'
125. Virgini Iccllssimae Mari an ae Reh borg iinpllas cclcbran-
li. 1832. 4.
126. Fr. Giiil. Dorinsilo — post c)niii(a tlcconnaüa in cathe-
dra rcclricc pcracla i;rali!!a(iir I]. Dicsil. 1832. 8.
127. Reim spiel zum 18. Dcceiiil)er 1832.
128. Worte am Grabe () c r Frau v. d. Recke, Dresden,
1833. 8.
129. Friderici Au gast i et Mariae Bavaricae pompa
iiuptialis numo au. ar. ae. cuso expressa. Dresdae 1833.
fol, — Dazu die leulsche Uebersefznn^- besonders aus<^eg;ebeu :
Fr. Augusts und Maria von B a i e r n Brautzug.
Dresden, 1833. 8.
130. I. A. Gnil. Heden 0 deceni lustra arti salulari — couse-
crata gratulalur B. 1833. fol.
131. (*) Au Joh. Nicol. Bisch o ff s Grabe. Diesdeu, 1833.
8.
132. Worte am Sarge meiner lieben Pflegetochter Augusta
Töpel. Dresden 1834. 8.
133. S 0 d a 1 i t i 0 ad a I m a e P o r t a e a n n i v e r s a r i a — c c-
lebrauda Lipsiae congrcgalo, hanc sjmbolam — olfert B.
1834.
134. C h r i s t i a n 0 I a c o b o E i s e n s t u c k i o doctoris houores
seuiisoculares gralulatur B. 1835. 8.
135. Trinksprufh beim Absehiedsinalil aia 7. Juli 1835 bei Sr.
Excellenz dem Herrn Staatsministcr D. IVIiiller. 8.
136. Opuscula et carmina latina. Dresdae, 1836. 8. c. tabulis
aeneis et effigie b. auctoris. (Nach des Verfassers Tode her-
ausgegeben.)
Aufsurdem :
137. (*) Teutsches Ho cb zeitgedichf, o. 0. u. Z. 8.
138. An Herrn Ritter v. Speck, Baron roa Sternburg
(teutschc Elegie) o. 0. u. Z. fol.
Eingedruckte Gedichte, Abhandlungen n. s. w,
1. in lohanni Gotthold Böhniero Consuli — secunduni Consula-
tuni — gratulabanlur G^iunasii Collegae. Budiss. 1791. f,
— Lateinisches Gedicht.
2. in der L a u s i t z e r Monatsschrift: Ueber das B.anzeuer
Backwerk; 1793. St. 9. S. 154—167. St. 10. S. 199 —
201.
3. in Wieland's teutschera Älerknr, deu er Tonl797 — 1809
fast allein herausgab uud zu welchem Wieland blos den Namen
lieh *).
*) Die literarischen Dnrdifliige, die mit dem Jabre 1797 anfangen,
sind sämmtlich von Bötti^er, obgleich nur zum Theil mit dem
a. AIceste, mehr Wahrheit als Fabel; 1792. St. 2. S. 113—130.
b. Cyklopen; Ariuiaspen ; Sitte der Alten, sich den Körper zu malen
und zu punktiren; eb. St. 6. S. 139 — 16-i.
c. Washington, Neu- Rom in Amerika; 1793. St. 11. S. 217 — 231.
d. Der alte TJiomas Parr; eb. St. J2.
e. Die Kevolutionsdamen im neuen Paris und alten Rom; 1794. St. I.
S. 69 — 88.
f. Herzog- iMarlborongh und Herzogin Sarah; eb. St. 6. S. 205 — 210.
g. Zur Holzsparkunst der alten Römer; eb. St. 7. S. 283—305.
h. Zustand der Künste und Wissenschaften in Frankreicli unter Robes-
pierre; 1795. St. 1. S. 77 — 102. St. 2. S, 168—192.
i. Was thun die Teutschen für die Telegraphie? eb. St. 2. S. 203 —
213.
k. Die Atliener und Pariser; eb. St. 3. S. 315 — 323.
1. Ueber das Wort Maske und über die Abbildung der Masken auf
alten Gemmen; eb. St. 4. S. 337 — 3.j7.
m. Ueber die Fortdauer der Schröder'sclien Theaterunternehmung in
Hamburg; eb. St. 11. S. 300- 312. und 1796. St. 1. S. 97 — 102.
n. Waren die Frauen in Athen Zuschauerinnen bei den dramatisclien
Vorstellungen; 1796. St. 1. S. 23 — 47.
0, Ueber die Erlindung des NilpapjTS und seine Verbreitung in Gi'ie-
chenland; eb. St. 2. S. 133 — 147. St. 3. S. 310 — 328.
p, Ueber v. Birkenstock's Denkschrifit auf den Erzherzog Alexander
Leopold; eb. S. 336 — 338.
q, Auszüge und Bemerkungen aus Ed. Gibbon's hinterl. Werken; eb,
St. 8. S. 337 — 372.
r. Einige Anekdoten, den grofsen Baco betreffend ; eb. St. 9, S. 98 —
108.
s. Literarische Anzeige einer teutschen üebersetzung des Vitruvius;
eb. S. 108-111.
t. Englische Hexameter; eb. St. 10. S. 121 — 133.
u. Neuestes Werk der Frau v. Stael; eb. St. 12. S. 415-420.
V. Waren die Atlienerinnen wirklich vom Theater ausgeschlossen?
1797. St. 3. S. 224 — 233.
w. Nachschrift zu dem Auszug ans I. Bi'yant's Beweis der Nichtexistenz
des alten Troja; eb. S. 261 — 264.
X. Ueber Retifs neuesten Roman: le coeur humain devoile; eb. S.
264 — 267.
y. Aussichten zu einer teutschen üebersetzung des persischen Geschicht-
sclireibers Miiciiond; eb, St. 4. S. 370—378.
Anfangsbuclistaben seines Namens unterzeichnet j desgleichen die
Anmerkungen zu den Correspondenzen, Vor- und Nachworte und
Anmerkungen zu vielen Aufsätzen, kleinere Anhänge, Ankiin-
digungen.
xxn
z. Ueber Aiitikennarligrabiingen in Rom; eb. St. 8. S. 331—333.
aa. Ueber Abbe Delille und die Prachtausgabe seiner Georgica; eb. S.
339 — 355.
ab. Wie nrtlieilt das Ausland über teutsche Literatur? eb. St. 9. S.
34 — 37. vergl. St. 12. S. 232 — 235.
ac. Ueber Colquhuon's Werk : Die Polizei in London 1798. St. 1. S.
18 — 39.
ad. O Bernstorff; eb. S. 75 — 81.
ae. Und wie wird alles diefs (italienische Kunstwerke) in Paris auf-
gelioben werden? eb, St. 2. S. 144 — 200.
af. Mechanographische Gemälde ; eb. St. 6. S. 155 — 167.
ag. Italienisclie Kunstplünderungen. — Das Museum Borgianum in Vel-
letri. — Herr Koliler in Petersburg. — Joseph Eckliel. — Die Flax-
juann'schen Kupterwerke — eb. St. 7. S. 258 — 271.
aL. Ueber Ossian und den Charakter der schottischen Hochländer ; eb. St.
8. S. 343 — 346.
ai. Künste; eb. S. 387 — 397.
ak. Anekdoten und Charakterzüge; eb. St. 11. S. 268—278.
al. Neubeck's Gesundbrunnen, eine typograpliische TVIerkwürdigkeit ; eb.
St. 11. S. 296 — 298.
am. Kunstnachrichten; 1799. St. 3. S. 250 — 257.
an. Reinhard's Lamltagspredigt; eb. S. 284 — 286.
ao. Zweite mechanographische Ausstellung in der Leipziger Ostermesse
1799; eb. St. 5. S. 54 — 62.
ap. Reiniiard's Predigt bei'm Schlüsse des kursächsischen Landtages ; eb,
S. 91—93.
aq. Ueber Mionnet's Münzen- u. Gemmenpasten; eb. St. 6. S, 170 — 172.
ar, Vetterlein's Chrestomathie teutscher Gedichte ; eb. St. 7, S. 232 — 237.
as. Hanseatisches Magazin ; eb. St. 8. S. 373 — 379.
at. Neueste und wichtigste Ersciieinung im Faclie der Geschichte; eb.
St. 10. S. 179 — 187,
au. Tragische Masken und Tempel der Alten, eine archäologische Paral-
lele; eb. St. 11. S. 217 — 237.
av. Nekrolog von CJir. Traug. Weinlig ; eb. St. 12. S, 359 — 366,
aw. Neue Preisaufgabe in den Propyläen an die Künstler Teutschlands,
— Nene Münzpasten des Bürgers Mionnet in Paris; 1800. St, 1.
S. 33 — 57. und St. 6. S. 148 — 150.
ax. Racemationen zur Gartenkunst der alten Griechen ; eb. St 2. (Gar-
ten des Alkinous) S. 130 — 149, und St. 3. (Grotte der Kalypso)
S. 181 — 205.
ay. Merkwürdige Preisaufgabe; eb. St. 2. S. 158.
az. Der Geruch, ein Kennzeichen des Metalls; eb. S, 222 — 228.
ba. Uebcisetzuiig von Platou's Republik; eb. S, 228 — 234.
bb. Nachschrift über Uarruel und Consorten ; eb. St. 4, S. 285 — 293.
bc. Auch Etwas über Keledonen; eb, St. 5, .S. 56 — 64.
bd. Ueber Veit Hans Schnor; eb. St. 6. S. 149 — 153.
be. Nachsduift zu Baczko's Beitrag zur Erklärung alter Kunstwerke;
eb. St. 8. S. 316—320.
bf. Rode's Vitruv ; eb. S. 320 — 323.
bg. Wilhelm Tischbein; eb. St. 9. S. 61—76.
bh. Nekrolog von Geifsler; eb. S. 77 — 79.
bi. Die Allgemeine Zeitung; eb. St. 11. S. 232 — 236.
bk. Zweckuiäfsige Praclitausgaben von Virgil und Rammler; eb. St, 12,
S, 303 — 312.
bl. Die beruhigte Erde; 1801. St. 1. S. 1—16.
bni. Die Seepost durch Flaschen und Töpfe; — der Flufsstier; eb, S.
56 — 70.
bn. Wozu dient das KuJihorn bei'ra Fischerger'dthe im Homer? eb. St,
2. S. 137 - lU.
bo. Kupfer zn Rode's Vitruv und Leben des Herrn v. Erdmannsdorf;
eb. St. 3. S. 229 — 237.
bp, Vollendete Ausgabe von Sal. Gefsner's Werken; eb. St, i. S. 31S —
319.
bq. Mounier's Schrift über den Einflufs der Philosophen und Freimaurer
auf die französische Moral; eb. St, 6. S. 133 — 158.
br. Uebersetzungsprobeu aus dem Plautinischen Trinummus; eb. St. 7,
S. 218 — 223.
bs, Nekrolog des Grafen von Veitheim und des Prof. Büttner; eb. St.
10 S. 154—158.
bt. Nachschrift — über Millin's archäologische Vorlesungen in Paris ; eb.
St. 4. S. 223-225,
bu, Scintillationen ; eb. St. 12. S. 282 — 300.
bv, Schlosser und Schlüssel des Alterthums ; 1802. St. 1. 8. 21 — 38,
bw. Nachschrift zu — Urne, über die neueröifneten Schätze der National-
bibliothek in Paris; eb, St. 3. S. 225 — 228.
bx. Nachsclirift zu — Müller, über dje Geberde des Händefaltens ; eb,
8t. 4. S. 301.
by. Das Schwert der tragischen Muse; eb. S. 302 — 308.
bz, Ueber die Musik der Indier; eb. St. 6. S, 130 — 135.
ca. Der Improvisator Pietro Scotes aus Verona; eb. S. 135 — 149.
cb. Nachschrift zu — Graf Franz Szecsenyi; eb. St. 7. S. 215 — 218.
cc. Üeber Babylonische Keilschrift; eb. St. 10, S. 85 — 89.
cd. Alex. Laborde's Prachtwerk über eine alte spanische Mosaik;
eb. St. 12. S. '301 — 307.
ce. Vorwort zu — Neumann, der gute Mensch und grofse Künstler;
1803. St. 2. S. 107—109.
cf. Vorwort zur Probe einer italienischen Uebei's.von Göthe's Hen'maon
und Dorothea; eb. St. 4. S. 252—254.
cg. Archäologische Werke, 1804. St. 2. S. 146 — 150.
eh. Religion und Geduld; eb. St. 9. S. 3 — 6.
ci. Nachschrift zu — G. Bartholdy, das Löwenthor zu Mycenä; 1805.
St. 1. S. 18 — 30,
XXIV
ck, Dr. Reiiiliard's Landtagspredigt; e?), S. 72—79.
cl. Heniia[)liroditeii ; elj. St. 3. S. 21Ö — 221.
cm. Gall's Vorlesungen-, eb. St. 8. S. 311 — 314.
eil. Bemerkungen über einen Aufsatz in der Berliner 3IonatäSchrift ; eb.
S. 315—317.
CO. Gedäditnifstafel auf Herzog Ernst H.; eb. St. 9. S. 1—6.
<;p. Herzog Bernhard von M'eimar ; iSOG. St. 1. S. 3 — 3S.
cq. Alexander v. Humbold; eb. St. 8. 249 — 254.
er. Nacliscluift zu — Bartlioldy, über die Pnyx zu Athen; eb. St. 9.
S. 10.
CS. Nachschrift zu — Zimmermann, über Verelirung der Cybele; eb.
St. 10 S. 129 — 131»
Ct. Nekrolog I. Chr. Adelungs; eb. S. 138—140.
cu. Üeber Leisewitz; eb. S. 12. S. 294 — 298.
CY. Vorwort zu — Adelung's Kurfürst August; 180G. St. 1. S. 3 —
12.
cw. Denkstein auf K. H. von Seibt; eb. St. 3. S. 175 — 186.
ex. Üeber WinUer in Paris; eb. St. 4. S. 229 — 232.
cy. Andenken an Sophie von la Roche; St. 5. S. 3 — 5.
cz. Ueber die neugriechische Literatur; St, 8. S. 250 —255.
da. Nachschrift zu — Schadow, über Nationalpliysiognomie ; eb, St. 9.
S. 15 16.
db. Nekrolog Jer. Jakob Oberlin's; eb. S. 44 — 53.
de. Ueber Campe's teutsclies Wörterbucli; eb. St. 10. .S, 112 — 117.
dd. Göttinger Nekrolog; eb. St. 11. S. 243—247.
de. Ueber eine neue Uebersetzung von MUton's verlorenem Paradies ; eb.
St. 12. S. 282—285.
df. Johannes v. Müller; 1808. St. 1. S. 5 — 13.
dg. Nachschrift zu — Lenz, über den Siegelstein eines römisclien Augen-
arztes; eb. St. 9. S. 33 — 40.
dh, Nekrolog von C L. Fernow; eb. St. 12. S. 273- 302.
di. Nekrolog: der Barde Rinyalph; 1809. St. 2. S. 130 — 136.
dk, Vorwort zu — Nitzsch , über Schröckh's Studienweise und Maxi-
men ; eb. St. 4. S. 228 — 232.
dl, Vorwort zu — > Kolbe, über Wortmengerei ; eb. St. 5. S, 38 —
42.
dm, Vorwort zu — Craus, über Glauben an VervolUvommnung und gei-
stige Fortdauer; eb, St. 7. S. 176 — 179.
dn Nekrolog von Karl Gotthold Lenz; eb. S. 201 — 207.
do. Nachricht an das theilnelimende Publikum (über ^Vieland's Genesung) ;
eb St. 10. S. 127—131.
dp. Die allgemeine musikalische Zeitung; eb. St. 11. S, 189 —
196.
dq. Nekrolog von Ernst August Schmid; 1810. St. 1. S. 73.-78.
dr. Vorwort zu — Fragment aus Seume's Selbstbiographie; eb. St. 12.
S. 245-— 247.
xxr
4. in tlor B rann seil w ciger Monatschrift: zwei llieolo-
ülstlie Giilaclileii üher das Wiedererwacheii der ScLeiutodleu;
1792. St. 7. S. 334—349.
5. in U e r 1 11 e li ' s Journal des L n x ii s n ii d der Moden,
das er von 1795 — 1803 allein berausnah : *)
a. L'eber die Prachtgefäfse der Alten; 1792. Iiini. S, 281 — 310.
b. Das Colossaldecret des Pariser Nationalconvents ; 1794. lanuar, S.
21 — 36.
c. Totale Mnsikieform in Paris; eb, 58 — 62.
d. Ueber einige englisclie, französische und teutsclie neue Knpferwer-
ke, oder chalkograpliisclier Luxus in England, Frankreich und
Teutscldand; eb. Februar. S. 99 — 109.
e. IMifs IMorrit, die kunstreichste Stickerin in England; eb. luni, S,
273 — 79.
f. Flora in Papiennosaik der Mrs. Delany; eb. luli S. 314 — 319.
g. Geschiciite der Enkaustik der Alten und der neueren Versuche, sie
\Yieder herzustellen; I. eb. October S. 455 — 476. II. November. S.
504 — 528. III. Decbr. S. 563—583
h. Das Spinnfest zu Nuneliani ; eb. Octbr. S. 476 — 483.
i. Glückwunsch- Vasen. Zur Erklärung des Titelkupfers. 1795. la-
nuar. S. 1 — 12.
k. Tischbein's Vasen, Lady Hamilton Attitüden und Rehberg; eb.
Februar. S. 58 — 85.
1» Artistischer Lebenslauf des Malers David zu Paris ; eb. März. S.
108 — 126.
m. Die neue Reitbahn in Dessau , ein Muster artistischer und histori-
scher Decorationen; eb. April. S. 158 — 185.
n. Der Tempel der i\Iusen oder die neueste und grÖHste Bücherbude
in der Welt; eb. luni. S. 273 — 282.
o. Pariser Architectur und Verzierungskünste; eb. S. 282 — 294.
p, Fiorentinische Alabastriten ; eb, luli. S. 319 — 326,
q. Neue englische Carrikaturen ; eb. S. 331 — 339.
r. Buchdruckerschule für IMädchen in Paris; eb. August. S. 353 —
362.
6. Kalender der Musen und Grazien; eb. Debr. 570 — 576.
t. Venus und die Grazien; 1796. lanuar. S. 3 — 18. Bereits umge-
arbeitet in Sabina I. 174, flgd.
u. Gemalte und geschriebene Neujahrsgeschenke der alten Römer; eb,
S. 18-26.
V. die Wachsfrüchte des Alterthums ; ein arcliäologisclier Versuch; eb.
Februar S. 75 — 87. S. Sabina I. 257. ligd.
*) Aufser den hier aufgefülirten und mit seinem Namen bezeichneten
Aufsätzen sehr Vieles anonym, was sich zwar als von ihm Iierrüh-
rend deutlich verrätb, aber freilich nicht besonders angeführt wer-
den konnte.
X.XTX
w. üeber eine Kolossalstatue auf dem Pantheon zu Paris nebst Be-
merkungen über das Kolossale in der Kunst; eb, März. S, 117 —
J37. April. S. 190—197.
X. liin "Wort über moderne und modernisirte Kunstallegorie-, eb. Mai.
S. 230 — 243.
y. Morgenbesuche im Ankleidezimmer einer alten Römerin. Erster
Besuch; tb. luli. S. 329 — 347. s. Sabina I. 1 — 3. Zweiter Be-
such; eb. Aug. S. 385 — 401. s. Sabina I. 113 — 137. Dritter Be-
such; eb. Septbr. S. 437 — 451. s. Sabina I. 285 — 306. Vierter
Besuch; eb. October, S. 489-502. s. Sabina II. 81—98. Fünf-
ter Besuch; eb. November. S. 537 — 553. s. Sabina II. 121 —146.
z. V. Racknitz, Aussichten zur Zimmerverzierung, eb. August. S, 401
— 413.
aa. Reichardt's teutsche Lieder geselliger Freude; eb. Septbr. S. 474
—478.
ab. Ueber die aus Rom zur Entführung ausgezeichneten , aber noch
nicht entführten Kunstwerke ; eb. Nov. S. 500 — 568.
ac. Movgenaiisgang einer alten Römerin; eb. Decbr. S, 585 — 598, s.
Sabina II. 173 — 193.
ad, 'Neueste teutsclie Kunstliteratur; eb. S. 610 — 614.
ae. Der SaturnaUenschmaus ; eine Carnevalsscene des alten Roms;
1797. Februar. S. 53-65. März. S. 101 — 110.
af. Ostrakographisclie Hefte, Ein archäologisclies Kunstwerk ; eb, Mai,
213 — 227. — Ist die Ankündigung der Vasöngßji)älde.
ag. Ueber die Begrürsung: ich empfehle mich Ihnen; eb. August. S.
387 — 394.
ah. Ueber zwei neue dramatische Darstellungen von IfFland; eb. Sep-
tember. S. 457 — 463. November S. 560 — 565.
ai. Toilette und Salbenbüchschen der Römerin Asteria, in Rom 1794.
gefunden; eb. October. S. 485 — 502. s. Sabina I. S. 64 — 110.
ak. Ein antiker Küclienzettel aus Rom; eb. Decbr. 6. 587 — 599,
al. Theaterresonanz ; eb. S. 607 — 609.
am. Der Fuchs und die Hähne; 1798. lanuar S. 3 — 12.
an. Schaugerüste und Verzierungen bei'm Leichenbegängnisse Fried-
rich Wilhelm's II. im Schlosse und in der Domkirche zu Berlin;
eb. Februar. S. 57 — 76.
ao. v. Racknitz, Darstellungen des Geschmacks der vorzüglichsten Vol-
ker; eb. luli. S. 406 — 411.
ap. Ueber die Stecknadeln; eb. August. S. 463. flgd.
aq. Wo steckten die Griechinnen und Römerinnen ilire Schlüssel und
Schnupftücher hin? eb. November. S. 606 — 621.
ar, Nachricht von dem Weimarischen Hoftheater; eb. S. 640 — 651.
as, Taschenkalender und Alraanache auf's Jahr 1799; eb. Decbr. S.
669 — 673.
at. Friede und üeberflufs; 1799. lanuar. S. 3 — 12.
au. Ueber die erste Aufführung der Piccolomini auf dem M'^eimarischen
Hoftheatcv, eb. Februar S. 89 — 97.
xxrii
av. lieber die spate Efsstnncle ; eh. April. S, 174 — 184.
aw, V. Racknitz, Geschuiackdarstellungen , viertes Heft ; eb. August. S.
402 — 404.
ax, Mozart's Denkmal ; eb. November. 582 — 585.
ay. Die Neujahrslampe aus dem Alterthume-, 1800. lanuar, S. 3 — 25.
az. lieber die Stelzenschuhe der allen Griechinnen; eb. Februar; S,
53 — 73,
ba. Seenen aus Wieland's Oberon; 1801. lanuar. S. 43 — 46.
bb. Ueber ein Gemälde von Hartmann ; eb. April. S. 206 — 209.
bc. Mad. Unzelmann auf dem Weimarisclien Hoftheater; eb. October.
S. 565 — 570.
bd. Preisausstellung in Weimar; eb. S. 570 — 572.
be. Die Brüder des Terenz mit Masken aufgeführt auf dem Hofthea-
ter zu Weimar; eb. November. S. 614 — 623.
bf. Ueber Orcliestik; Nachschrift; 1802. lanuar S. 7 — 9.
bg". Ariadne und Bacchus, eine Pantomime nacli Xenophon ; eb. S, 9 —
20. (Später in's Lateinische übersetzt und mit einigen Anmerk-
ungen bereichert in Bornemann's Ausgabe von Xeuophontis Convi-
viiim. Lips. 1824. 8.)
bh, WafTentänze der Griechen; allgemeine Ideen darüber; eb, Mai, S.
259 — 262.
bi. Der Veronesische Improvisator Scotes ; eb. luli. S. 394 — 397.
bk, Ueber den Gebraucli der Blumen zum Kopfputz; eb, August. S,
436 — 439.
bl. Naclistiche Flaxmannisclier Umrisse ; Frick's Schlofs Marienburg in
Preufsen; eb. Decemb. S. 683 — 691.
bni. Die heilbringenden Götter; 1803. lanuar, S, 3 — 31.
bn. Künste; eb. Novbr. S, 590 — 598.
bo. Die 'Nyogel- Schimäre. Ein Neujahrs -Räthsel, 1804. Januar, S.
3—17.
bp. Nachschrift zu Faust's vier Eriindungen; eb. S. 34 — 36.
bq. Originalzeichnungen italienischer Meister von Langer; eb, Juni. 6,
281 — 285.
br. Iffland in Dresden; 1805. April. S. 224—239.
bs. Letzte Probe der neuen Modentypen von ünger; eb.IuIi,S, 467— 469,
bt. Der grofse aMaskenball in Berlin; eb. S. 469 — 472.
bu. Kaiser Napoleon in Dresden; 1807. Septbr. S, 588 — 591.
6. in Knrt Sprengel's Beiträgen zur Geschichte der
Medizin:
a, Aelteste Spuren der Wolfswuth in der griechischen Mythologie 1795»
B. 1. St. 2. S. 1 — 45.
b. Der Aeskulapiusdienst auf der Tiberinsel; eb. S. 163 — 202.
7. in Gentz's neuer teutscher Monatsschrift:
a. über Taubstummen -Institute und üue Reformen in Frankreich;
1795. Februar S, 125 — 137.
XX vm
b. Bauer in seinem Familiensitz zu Kiimiard ; eb. März. S. 241 —
248.
c. Revolutionsgericlite zu Atlien und Paris ; eb. April. S. 331 — 338,
<]. Neue amerikanische Briefe; eb. Juli, S. 241 — 2G6. Septbr, S. 30
— 38. Decbr. S. 209 — 229.
e. Neueste Kunst- und NaturalieneroberungenJ eb. October, S. 158
— 171.
f. Sir William Jones; 1796, März,
8. in Michael Moiitaigne's Godankea und Mcinunj^eii. lu's
Teutsclie iiljcrselzt. Bd. 6. Berlin 1795. 8, — J. J, E. Bo-
de's literariscücs Leben. S, I — CXLIY.
9. im Gothaischen Ho fknl en d er :
a. Zerbrechliche Lieljesbriefclien. 1795. S.U. — s. Sabinall. S. 64 — 70.
b. Neueste Glasmalerei in England, eb, S. 15.
c. Die Jungfernprobe in Lannvium; eb. S. 34.
d. Das Fächerschränkchen, worinnen die Fächer aller Zeiten und Vol-
ker zu schauen; 1796. S. 9 - 19. — s. Sabina II. S. 217 — 246.
e. Der vergötterte Filtrirtopf; eb. S. 49 — 58.
f. Römische Damentoilette, Erster Blick. 1797. S. 44 — 61. — s»
Sabina I. 114 — 172.
g. Stierkämpfe, Ein Sieg des Alterthums über die Modernen; 1804,
S. 40 — 72.
10. in W i e 1 a u d ' s Attischem Museum:
Attische Mythen und Spricliwörter. Erster Abschnitt. Pallas Musica
und Apollo, der Marsyastödter, B. 1. Heft 2. 1796. S. 279 — 358.
Jl. in Henning's Genius der Zeit. Allona 1797. 8. —
(Den Aufsatz verni;i^- ich nicht zu neuueu, weil ich das Buch
nirgends aufgefunden habe.)
12. im Jonrnal London und Paris, das B. von 1798 — 1805
allein herausgab, und worin alle Kupfercrklärungeu von ihm
sind (s. Kuustmjthologie I. Yorw. S. XI.) Da aber die anti-
cnarischen Notizen darin so verflochten sind, dafs sie olme
Mittheilnng- der Bilder und des ganzen Anfsatzes nicht ver-
ständlich sind, die volle Wiederholung derselben aber in jeder
Beziehung unthnnlich schien, so habe ich von diesen nichts
aufnelimen können. Viele dieser Aufsätze und Erklärungen
sind in's Englische übersetzt in Philippe's uionlhlj magazine
seit 1798.
Die Familie des Tiberius auf einem Onyxcameo der kaiserlichen
Bibliothek zu Paris; 1807. St. 8. S. 296 — 319. 0"'« Lateinische
übersetzt von Beck in Acta seminarü philol. Lij)s. T, I. p. 294
— 302. mit einigen unbedeutenden Bemerkungen des Herausgebers.)
XXIX
13. iiiilerJenaisclien allgemeinen Literatur- Zeit-
11 n g sehr -siele anonjnie Ptcccnsionen ; aufscrdeni :
a. Mosaik, von Alexander Delaborcle i J, 1799 unweit Sevilla in Spa-
nien gefunden J 1801. Bd. 3. Programm.
b. Plan der Ruinen von Eleusis; 1802. Bd. 3. desgl.
c. üeber die Siegesgöttin als Bild und Reicliskleinodj 1803. Bd. 2*
desgl.
d. Die Choeplioren auf Büscli's Eluendenkmal } eb. Bd. 3. desgl»
e. Eros und Anteros ; eb. Bd, 4. desgl.
14. in J. Clir, Fr. Guts Mntli's Bibliothek der pädago-
gischen Literatur: Anrede am Schlufs des Valediclions-
Acls im Gymnasium zu Weimar; Bd. 2. St, 2, (1802) S»
209 — 216.
15. in A s c h e n b e r g ' s T a s c h e n b u c li f il r d i e Gegenden
am Niederrhein: das Menschenleben, eine Galerie, 1804.
S. 9 — 65.
16. in Weyland's kl. Abentenern z n Was s er nnd 2 q
Lande;
a. Reise nach Königshayn i Th. 3. S. 1 — 24.
b. Schreiben über die Trinksitte der Ceylonesen und der alten Grie-
chen; Th. 4. S. 241 — 252.
17. in Merkel's Freimüthigera : *)
a. Knnstmerkwürdigkeiten der Leipziger Jubilatomesse im Landschafts-
fache; 1804. Nr. 144. 147. 153.
b. An den Herausgeber (über Adelung's Uebersetzung des Calpurniusj)
eb. Nr. 180.
c. Indische Grottentempel, in 24 Ansichten, von Thomas Daniell; eb,
Nr. 186.
d. Herzog August von Sachsen -Gotha, von Grassi in Lebensgröfse
gemalt; eb. Nr. 188.
e. Denkmünze auf Herder; eb. Nr, 189.
f. Hirt's arcliäologisches Bilderbuclij 1805, Nr. 110. 113. und 147.
g. Laokoon's Köpfe; eb. Nr. 140.
li, Notte Romane vom Grafen Verri ; eb. Nr. 145,
i. Zuschrift an den Herausgeber des Freimüthigen über Dr, Gallj
eb. Nr. 148. 149. 150. 151. 152,
Von den einzelnen Aufsätzen sind einige nur mit B. unterzeich-
net, aber zu deutlich von Böttiger's Hand, als daCs ich sie nicht
hätte aufführen sollen. Dasselbe hätte ich vielleicht bei mehreren
anderen thun können, die die Chiffre r, fiiluen,
XXX
k. Ilomerisclie Aebrenlese zur Gall'sdien Scliädellehre; eb. Nr. 152.
(niclit fortgesetzt).
1. Miliin''s IVIonuniens ineditsj eb. Nr. 154,
ni. Alcxander's Sarkopliag iju britiscben Museum; eb. Nr. 155,
n. Musee Napoleon, von den Brüdern Pirane-si ; eb. Nr. 178. 179. 183.
o. Veith's Landschaften, — und Gypsköpfe zu Dr. Gall's Schädellehre ;
eb. Nr. 187.
p. Sal. Gefsner's Gouachegemälde und Luviszeichnungen, radirt durch
Kolbe; eb. Nr. 193.
q. Gedäclitnifsmünze auf Gröning; eb. Nr. 194.
r. Professor Grassi's Kunstwerkstätte; eb. Nr. 202. 203. ^
s, Homer in Zeichnungen nach Antiken J sechstes Heft; eb. Nr. 206.
t. Canova's Denkmal auf die Erzherzogin Christina in der Augustiner-
kirche in Wien ; eb. Nr. 215. 217.
u. Echtheit des Macpherson'schen Ossian ; eb. Nr. 220. 222. 223.
V. Fac - Simiies ; eb. Nr, 229. 230.
w. Der Kaiser Alexander in Dresden] eb, Nr, 232.
X. Aus Dresden; eb. Nr. 240.
y. Kaiser Alexander; eb. Nr. 241,
z. General Zieten; eb, Nr. 242.
aa. Politisciie Fabel von Gleim ; eb. Nr. 242,
ab. Vorschlag zur angenehmen Winterunterhaltung ; eb. Nr. 243.
ac. Denkmal auf Lapochinj eb. Nr. 246.
ad. Haselmeyer's anatomiscli-keroplastisclie Kunstwerke ; 1806. Nr. 11.
ae. Fiorillo's Versuch einer Geschichte der bildenden Künste in Rufs-
land; eb. Nr. 15.
af. Journal für teutsche Frauen; eb. Nr. 23.
ag. Erinnerung an Bernhard von Weimar; eb. Nr. 40.
ah. Neues attisches Museum ; eb. Nr. 46.
ai. Die Schriften des Prinzen von Ligne; eb. Nr. 47.
ak. Jörden's Lexikon teutscher Dichter und Prosaisten; eb, Nr. 55.
al. GeCsner's Gouachegemälde und Laviszeichuungen, radirt von Kol-
be; eb, Nr. 56.
am. Ueber Schiller's Denkmal und Todtenfeier; eb. Nr. 61.
an. Aus Dresden; eb. Nr. 63.
ao. Asiatisches Magazin ; eb, 64,
ap. Ueber die Aufführung der Oper Sofonisbe in Dresden ; eb, Nr.
64. 65.
aq. Briefe zwischen Gleim, Willielm Heinse und Johannes v. Müller;
eb. Nr. 72. 73.
ar. Myron und der athletische Kreis; eb, Nr. 85. 88. 90. 95. »7. 98.
as. Der General- Superintendent Kindervater; eb. Nr. 102,
at. Rheinansichten; eb. Nr. 106.
au. Millin^s dictionnaire des beaux arts ; eb. Nr. 107.
av, Carsten's Leben von Fernow; eb. Nr. 108,
aw. Aus Dresden; Nr. 112. 113.
XXXI
ax. PraclitaiisgaT)« des Wölfischen Homer; eL. Nr. 115,
ay, Schlesisclie Ansichten nach Nathe und : Malerische Ansichten durch
das Riesengebirge von Nathe; eb. Nr. 116.
az. AnssteUungen auf der Dresdener Eildergalerie ; eb. Nr. 117, 118,
119.
ba. Decorationsknnst und Costüme; eb. Nr, 120,
bb. Botanik in Dresden; eb. Nr. 128.
Lc. Römische Studien von Fernow; eb. Nr. 130.
bd. Becker's Augusteum ; eb. Nr. 131.
be. Hamburgs Arnienanstalten ; eb, Nr. 157. 158.
bf. Bemerkungen ; eb. Nr. 172.
bg. Ernst Matthäi's Basrelief im Mengsischen Museum in Dresden
aufgestellt; eb. Nr. 177.
bh. Aus Dresden (^über Schenan); eb. Nr. 177.
bi. Annalen der gesammten Numismatik von Schlichtegroll ; eb, Nr,
178.
bk. Darstellende Kunst ; eb Nr. 18-i.
bl. Die Juden; eb. Nr. 185.
bm. Literatur; — Adelung's Tod; eb. Nr. 186.
bn. Bemerkung; eb, Nr. 187.
bo. Höhere Critik in der Philologie ; eb. Nr. 193.
bp. Ceber Herrn Hofr. Hirt's Critik von BÖttiger's archäologischen
Andeutungen; eb. li>6, 196.
bq. Italienisclie Literatur; eb. Nr. 200.
br. Topograpliische Literatur; eb. Nr. 201.
18, in der A bendz ei I u n g- (frühere Zei(schrift):
a. Ueber Iffland als Essigkrämer; 1805. Nr. 30. 31. 32, 33, (s, Abend-
zeitung 1817. Nr. 73,;)
b. Uliich's Büste des Kaisers Alexander. 1806. Nr. 5.
19. in der Zeitung- für die elegante Welt: *)
a. An meine Landsmänninnen ; 1806. Nr. 71.
b. Annalen des naturhistoriscJien Museums in Paris ; eb. Nr. 140,
c. Denon's neueste Siegesmedaillen, eb. Nr. 142.
d. S. Gefsner's Gouachegemälde ; eb. Nr. 145.
e. Chalkographisches Denkmal auf Klopstock ; eb. Nr. 154. 155, 156.
f. Chalkographisches Denkmal auf Schiller; 1807. Nr. 96,
Auch in dieser Zeitschrift stehen mehrere Aufsätze , artistischen und
literarischen Inhalts , Anzeigen neuer Kupferwerke u. dergl., die,
nur mit B. unterzeichnet, oftenbar Böttiger zum Verfasser haben.
Dennocli glaubte ich aus guten Gründen auch hier niclit von dem
einmal von mir befolgten Grundsatze, nur mit dem vollen Namen
unterzeichnete Aufsätze aufzunehmen, abweichen zu dürfen.
XXXII
g. MelÜng's malerische Reise von Konstantinopel u. dem Bosplionis; eb.
99. 100.
Ii. Rühmliches nnd empfchlungswiirdiges Unternehmen zweier kattioli-
schcr Geistlicher; eh. Nr. l-i5.
i. Blicke auf die neuesten Kunsterzeugnisse; eb, Nr. 167. 186. 207.
k. Paris; 1808. Nr. 8.
1, Blicke auf die neuesten Kupferstiche und Kunstwerke ; eb. Nr.
18. 19. 43. 45.
m. Fellenberg's Experimental Farm in Hofwyl bei Bern; eb. Nr. 41.
n. AVinckelmann's Werke ; eb. Nr. 62.
o. Fellenberg's ökonomische Musterscliule in Hofwjl; eb. Nr. 75.
p. Ernst AVagner's Kunstplan; eb. Nr. 77.
q. Die Dresdener Ausstellung von 1808 und Prof, Seydelmann''s Kopie
der ]\Iadonna von Rapiiael ; eb. Nr. 78. 79.
r. Fortgang der Agrikulturanstalt in Hofwyl; eb. Nr. 94.
6, Die Bibeliibeisetzung der Herren Carl und Leander van Efs; eb.
Nr. 100.
t. Neues Vasenwerk in Paris ; eb, Nr. 111, 112.
u, Fellenberg in Hofwyl; eb, Nr. 138.
v. Römische Altertlilimer in Baiern ; eb. Nr. 141.
w. Altteutsclier Bilderwitz von echtem Schrot und Korn; eb, Nr. 158.
X. Theatercostumes ; eb. Nr. 175.
y. Der zweite Heft von IMelling's malerischen Reisen ; eb, Nr, 177,
z, Professor Adrian Zingg und Joh, Adolph Denstadt J eb, Nr. 180,
aa. Ansichten von Dresden; eb, Nr. 198.
'ab. Sammlungen zur Kenntnifs unserer Nationaldichter; eb. Nr. 214.
ac. Der scliöne Jüngling Antinous, aus alten Denkmälern dargestellt ; eb.
Nr. 232.
ad. C. L. Fernow; eb. Nr. 234,
ae. Engelhard t's tägliche Denkwürdigkeiten aus der sächsisclien Ge-
scliichte; 1809. Nr, 4.
af. Holzschnitte alter tentscher Meister; eb. Nr. 21.
ag. Zwei türkische Gesandtschaftberichte über Wien und Berlin ; eb.
Nr. 67.
ah. Flemming's Lehrinstitnt für Blinde ; eb. Nr. 78.
ai. Ueber ein Monument, das Winckelmann errichtet werden soll;
eb. Nr. 80.
ak. Versucli, Kunstwerke zweckmäfsig zusammenzustellen; eb. Nr. 81.
82.
al. Adclung's Mithridates; eb. Nr, 83, 84,
am. üeber Landscliaftsmalerei in Dresden und einige Landschaftsge-
mälde des Malers C. Kaaz ; eb. Nr. 98.
an. Adrian Zingg's Zeichenbuch; eb. Nr. 114.
ao. Fuefsly's sämmtliche Werke, zweiter Heft; eb. Nr. 117.
ap. Costumes des könixl. Nationaltheaters in Berlin ; eb. Nr. 128.
aq. Sclurin, ein morgenländisclies Gedicht; eb. Nr. 135,
xxxm
ar. Tl)aranf1's Naturtempel; eh. Nr. 137. 138,
as. Becker's Aiigiisteum ; eh. Nr. 149. 154.
at. Schone Baukunst; Gewölbe tragende Fig-urenj eh, Nr. 162,
au. Artistische Blnmenlese ; eb. Nr, 177.
av. Verfall der Religiosität; eb. Nr. 189.
aw. Des Grafen von Hofmannsegg portugiesische Flora ; eb. Nr. 196.
ax. Neueste Werke zur Arcliäologie der Baukunst; eb. Nr. 205. 2G6.
ay. Neue Knpferblätter ; eb. Nr. 232.
az. Wachsportiaits, Schwefelpasten bei Rebenstein in Dresden; eb. Nr.
234.
ba. Fleniming's Blindeninstitut in Dresden ; eb. Nr. 237.
Lb. Gerhard von Kügelchen's neueste Kunstunternehmungen ; 1810, Nr. 18,
bc. Die Göttin Roma; eb. Nr. 19.
bd. Die Züricher Neujahrsgeschenke an die Kinder; eb. Nr. 44, 46.
he. Eine Reliquie von Klopstock; eb. Nr. 51.
bf. Furioso und die Seiltänzer zu Cyzicus; eb. Nr. 78. 79,
hg. Denkmal auf Kant und Herder ; eb. Nr. 87,
bh. Melling's malerische Reise von Constantinopel; eb. Nr, 91,
bi. Becker's Augusteum; siebentes Heft; eb. Nr. 93.
bk. Winckelmann oder Wiiikelmann? eb, Nr. 118.
bl. Das Vasenwerk des Dubois-Maisonneuvc ; eb, Nr. 145. 146,
bm. Die Herren Carl und Leander van Efs; eb. Nr. 158.
bn. Blick auf neue Zeitschriften und Journale; eb, Nr. 189, 198, 199.
1)0. Seroux d'Agincourt's GescMcIite der Kunst des Mittelalters; eb, Nr,
209.
bp. Denkmale auf die Königin Louise ^eb. ]^r. 214,
bq. Nacldese über Seumej eb, N. 242.
Lr. Selbstgeständnisse und Autobiographieen } eb, Nr, 247,
bs. Der arme Heinrich ; eb, Nr. 252,
bt. Winckelmann's Werke, vierter Band; 1811. eb. Nr. 27.
bu. An den Herausgeber d. Zeit. f. d, eleg. Welt ; eb, Nr. 45,
bv. Erinnerungen wegen der neuesten ürtheile über das Institut zu IfTer-
ten; eb. Nr. 48.
bw. Bilder zu Wieland'"«, GÖthe's und Scliiller''s Gedichten J eb, Nr, 78.
80. 82.
bx. Demetrius Poliorcetes und die Flötenspielerin Lamia ; eb. Nr. 94.
by, S. Gefsner"s Gouachegemälde, von Kolbe radirt ; eb. Nr, 95.
bz. Die Begeisterung (zur Erklärung der beiliegenden KupfertafeQj
eb. Nr. 109.
ca. Versuche über einige Gemälde der Dresdener Gemäldesammlung ;
eb. Nr. 113.
cb. Galerie häuslicher Denkmale; eb. Nr. 128»
cc. Zum Befsten unserer Muttersprache; eb, Nf> 131»
cd. Degen's Prachtausgabe der Pharsalia von Lucan ; eb, Nr» 149,
ce. iMalerische Ansichten auf einer Reise durcli die Levante; eb, Nr.
156.
Löiügcr's kleine Schriften I, C
cf. Riiproclit's Diclitiinpon fler Britten; el». Nr. 210.
cg. Zwei Voiiesungiii in tl<'r künigl. Akademie der Wissenschaften in
Miniclien; eb. Nr. 218. 219.
eh. Becker's Aiigiisteum; eb. Nr. 228.
ci. Pandora; eb. Nr. 234.
ck. Geschichte der Künste in Sachsen; eb. Nr. 237.
cl. Weidner's musikalisch -declainatorische Academie; 1812. Nr. 5.
cm. Weibliclie Cieniaütüt; el). Nr. 40.
cn. (iraf Carl von Harrach; eb. Nr. 68.
Co. Becker's Angiistenm; eb. Nr. 71. 72.
cp. d'Agiiicoiivt's Geschichte der Kirnst drs Mittelalters; eb. Nr. S4. 8.1^
cq. Die Geberden des Armes; eb. Nr. 9G. 97. 98. (jücht fortgesetzt).
er. Joseph Scluister; eb, Nr. 155.
CS. Fragmente zn des Ritters und Professors Heyne erster Jiigendge-
scliiclite und Aiifentlialte in Sachsen; eb. Nr. 226. 227. 240. 241» —
1813. Nr. 1. 2.
ct. Diis manibiis Chr. Mart, "Wiolandi Propcmpticon; eb. Nr. 42»
CIL Julius Weidiier; eb. Nr. 116.
cv. Ein prophetischer Drnckfelder; 1817. Nr. 213.
cw. üeber Kind's Nachtlager von Granada; 1818. Nr, 61.
ex. Zur Erinnerung an Abraham Gottl. Werner; 1819. Nr. 48» — 53.
cy. Belebte Schattenspiele; 1820. Nr. 41.
cz. D. Blessig bei D. Reiske in Leipzig; eb. Nr. 50.
da. Zacharias Werner^s goldene Schreibfeder, als Weihgeschenk der Jung-
frau zu Maria- Zell vermaclit; 1823. Nr. 52, 53. 54.
db, üeber Lebesnier's plastisclie Darstellungen in Dresd^^n, und über die
Frage: Ob die Künstler im Alterthum die Anatomie kannten? eb.
Nv. 248. tigd. (Nur Einleitung zu D. Seiler's Abliandlung.")
de. Eine Aufgabe zum Sjivester.abend; 1824 Nr. 4 — 8»
cid. Auf D. Ammon's Geburtstag; eb. Nr. 20.
de. ZweiungedruckteBriefe Joh. Winckelmann'sJ eb.Nr.24., vergl. Nr, 36.
df. Die doppelte Silenuslampe; eb. Nr. 79 — 81., vergl, Amalthea, Bd,
3. S. 183.
dg. Der Teutschc im Hafen von Marseille ; eb. Nr. 205. 206.
dh. Trugen die griecliischen Machtliaber Purpurmäntel? eb. Nr, 258.
di. Unserem Kind ; 1825. Nr. 58.
dk. Blick auf die Bibelgesellscliaften ; eb. Nr. 80 — 82,
dl. Der antike Bullenbeifser, als Wächter vor meiner Schlafstätte; eb.Nr. 112.
dm. Auch ein Selam ; eb. Nr. 118. 119»
dn. Einleitung und einige Bemerkungen zur Beschreibung einer Fahrt auf
dem Bodensee-, eb. Nr. 133 — 143.
do. Erste Kunde über des grofsen Unbekannten Tales of the Crusadefs»
eb. Nr. 138.
dp. Zur Erklärung des Amazonenbildes; 1826. Nr. 56. 57.
dq. Amor und Psyche, eine russische Epiphanie; eb. Nr, 64. 65,
dr, Friedricli Weinbrenner j eb, Nr, 69, 74 — 77,
ds. Joli. Andreas ütlie, k. sächs. Hoforgelbaiier ; eh. Nr. 80,
dt. Trinkspriiche, gesprochen — zu Älarienbad; eb, Nr. 182»
du. Inspector Lolirmann in Paris; eb. Nr, 187,
dv. An E. Gehe; eb, Nr. 190.
dw. Ein Wort über den Grieclienverein im Künigreicli Sachsen; eb, Nr.
224.
dx. Jens Baggesen's Adam und Eva ; eb, Nr. 230,
dy, kleinem ehrwürdigen Freunde Niemeyer J 1827. Nr. 81,
dz. Trinksprüche , in Marienbad ausgesprochen ; eb. Nr. 212. 228.
ea. Vorwort zu einer Beschreibung der Feierliclikeitenbei der Sr. Maj. dem
Könige v. Saclisen zu Budissin geleisteten Huldigung; eb. Nr. 224.
eb. Wettkämpfe der teutschen Sprache mit der englischen; 1828. Nr.
23. 24,
ec. Eberto suo — liliolnm recens natum ulnis amplexanti; 1829, Nr. 9.
ed. Ammonio suo — diem natalem sexagesimum tertiuju celebranti; eb,
Nr. 24.
ee. Lessing's Erinnerungsfeier; eb. Nr. 27.
ef. Den Lebensgefährtinnen; Trinkspruch; eb. Nr. 197,
eg. Was können vvir noch Alles von den Griechen lernen; eb. Nr, 197«
— 109.
eil, Trinksprüclie auf der Pfarrei bei Auschowitz ; eb. Nr, 235,
ei. Neue Liclitpunkte der teutschen Journalistik; eb, Nr. 236*
ek. Chr. Fried. Ammonio — genethliacon ; 1830. Nr, 30. 31,
el, Rehberg's säniintliclie Schriften ; vierter Band ; eb, Nr, 75,
em. Ammoni suo vota uatalitia ; 1831. Nr. 29.
en. Ueber die indisclie Personiücation der Cholera; 1832, Nr, 109.
110.
eo, 'Iwavvj; agip^ovTJ SactrovjKw ; eb. Nr. 160,
20. in der Bibliothek der red enden nnd bildenden
Künste auf 1807 5 über Museen und Autikeusaiumluu^eu ;
vergl, Schriften, Nr. 64.
21. in dem Morgeublatt für gebildete Stände: *)
a. An die Leser des Morgenblattes; 1801. Nr. 3. 4,
b. Taschenbuch der Reisen von Zimmermann; eb. Nr. 23,
c. Das Anerbieten des Herrn v, Högfelmüller bei seiner orientalischen
Reise; eb. Nr, 32.
d. Die Murrhinischen Gefafse; eb, Nr, 87. 88,
e. Erneuerung der Badeanstalten des AlterthunisJ eb, Nr, 304»
f. Adelung's MithridatesJ eb. 1808. Nr, 6, 7,
g. Baron v. Schönaich ; eb. Nr. 17,
]i. Klopstock; eb. Nr. 36.
i. Anerbieten einer teutschen Künstlerin in Paris ', eb, Nr, 94.
*3 Auch von dem Morgenblatte gilt, was ich zur Zeitung f. d,
elegante Welt bemerkt habe.
XXXVI
k. Dil' oI)erIa«sitziscIie Gesellscliaft in Görlitz; eb. Nr. 227. 228.
1, Ludwig Fernow; eb. Nr. 303,
m. Wiiickelinaim's Merke, herausgegeben von Fernow; eb. Nr. 307.
n. Besuchten im alten Athen die Frauen das Theater? eb. Nr. 309 —
311.
o. Die teutsclien Städte; 1809. Nr. 4.
p. Galerie für Decorationsinalerei und Costnmes ; eb. Nr. 49. oO»
q. In obituni viri incoinparabilis Joanais Müllori hendecasyllabi ; eb. 152.
Beilage, Nachtrag dazu Nr. 167.
r. Philologische Trostgründe in scliliinmen Zeiten; eb. Nr. 184.
s. Ariosto's Leben von Fernow; eb. Nr. 210.
t. Die allgemeine musikalische Zeitung; eb. Nr. 232.
«. Nekrolog — Graf Berchtold; eb. Nr. 248.
V. Zoega's Nachlafs; eb. Nr. 255.
w. Indische ]\I\ tliologie ; eb. Nr. 294.
X. Neue kritisclie Ausgabe von Winckelmann's Geschiclite der Knnstj
eb. Nr. 300.
y. \\'iclitiges Werk über die alte Münzkunde von Dominio Sestini;
1810. Nr. 39. 40.
z. Lasset die Kindlein zu mir kommen ; eb, Nr. 103.
aa. Die Dioskuren erscheinen dem Orestes ; eb. Ni". 104,
ab. Mytliologische Arabesken ; eb. Nr. 160. 161.
ac. Das unterirdische Todtenreich an der Tiber; eb. Nr. 208, 209,
ad. Karl Ludwig Katz ; eb. Nr. 257.
ae. Die A])otlieose des Kaisers Titus ; eb. Nr. 272, 273.
af. Allgemeine ^Mythologie ; eb. Nr. 280.
ag. Reinhard's Geständnisse ; eb. Nr. 297,
ah. Verbrennen oder Beerdigen? eb. Nr. 301. 304. 309.
ai. "Worte für die Zeit von Dr. Reinhard; 1811, Nr. 18. 19,
ak. Die Blumen; eb. Nr. 27.
al. Die Geburtstags -Lampe; eb, Nr. 78. 79.
am. Sickler's Kai te und Paiitogramm von den Umgebungen Roms ; eb.
Nr. 281. 282.
an. Barth's Glückwunsch an die neue Universität Breslau auf unver-
brennbarem Papier; eb..Nr. 285. 286.
ao. Neue Kunstblätter im Verlage des Wiener Industrie -Comptoirs;
1812. Nr. 6. 8.
ap. Kupfer zu Klopstock's Messiade ; eb. Nr. 81,
aq. Diis Manibus Wielandi, 1813. Nr. 45., vergl. Schriften Nr. 85. und
Ztg. f. d, eleg. Welt, 1813. Nr. 42.
ar. Willielm Gottlieb Becker; eine biograpliische Skizze; eb. Nr. 150
— 153,
as. Besuch bei'm k, k. Rath Joseph Barth in Wien, d, 17. Aug.
1811.; 1815. Nr. 83. 84.
at. Ueber Lord Elgin's griechische Kunstsammlungen j eb, Nr. 147 —
150, 287.
an. Eine neue Morgengabe für's Morgenblatt; eb. Nr. 27Ä.
av. Die Frau, die Erlinderin und Bewahrerin der BekleidungskanstJ
J816. Nr. 211. 212,
aw. Liisch und Ebeling; 1817. Nr. 198. 199. 200.
ax. Bemerkungen über die englischen Pferderennen; 1820. Nr. 36.
22. im AI li^c meinen literarischen Aiizoip,er: I.i|»-
pcrt's Dactviiotlick und Jlionuct's Miinzpasten ; 1808. Nr. 59.
S. 467 — 472.
23. in AVeisko's Ausgabe des Dionjsins Long,inus de suMiini-
tate ; Lips. 1809. — Explicatio aiiliquaria auaglvplii in Mu-
soo Napolcoueo; vergl. Sebriften. Nr. 68.
24. Zwei Souelte in: Xenieii. Unserer Therese bei ihrec
Wiedererscheinung. Dresden, 1809. 4. ni. K.
25. in der Allgemeinen Zcitang lieferte Bütfigor fortwäh-
rend die Blicke auf die neuesten Erzeugnisse, auf die üüh-
niiscliea Bäder, die IMiinzberichte , englische Miszelleu , die
Correspondenzartikel aus Dresden , Nekrologe u. s. w., Alles
ohue seines Namens Unterschrift.
26. im Taschenbach Minerva.
a. lieber die Allegorie des Titelkupfers; 1809. S. 1—12.
b. Die Isis -Vesper. Nach einem Herkulanisclien Gemälde; eb. S. 93
— 137, (Ins Lateinische übersetzt in Beck's Acta seminarii K.
Lips. 1. p. 265 — 283, mit einigen imbedeutenden Bemei'kungeu des
Herausgebers.)
c. Der gebändigte Lowe} eine Erklärung des Titelkupfers; 1810, S.
1 — 16.
d. Galerie zu Schiller's Gedichten J — Scenen aus Doji Carlos ; eb. S.
20— 40.
e. Minerva bändigt durch f^eberredung den Kriugsgott; zur Erklärung
der Allegorie des Titelkupfers; 1811. S. 3 — 20.
f. Galerie zu Schiller's Gedichten; — Scenen aus WaHensteinJ eb. S.
23—64.
g. Galerie zu Schiller's Gedichten ; — Scenen aus der Jungfrau von Or-
leans; 1812. S. 1—51.
h. Die Schicksalswage; zur Erklärung der Allegorie des Titelkupfers;
1S13, S. 1 — 12.
i. Galerie zu Schiller's Gedichten ; — Scenen aus Maria Stuart ; eb. S.
13 — 72.
k, Galerie zu Schiller's Gedichten; — Scenen aus der Braut von Mes-
sina; 1814. S. 1 — 60.
1, Klopstock im Sommer 1795 ; ein Bruchstück aus meinem Tage-
biiche; eb. S. 313 — 353.
ni, Minerva scJiirmt die Genien des europäischen Vöikervereins ; zur
Erklärung des Titelkupfers; 1815. S. 1 — 16.
n. Galerie zu Schiller's Gedichten} Scenen aus Wilhelm Teil; eb. S.
17 — 76.
SSB%
0. Salto mortale otlov der Sturz in den Abgrund ; zur ErUäning des
Titelkiipfers; 1816. S. 1—24.
p. Galerie zu Scliiller's Gedichten ; — Sconen aus den Räubern ; eb.
S. 25 — 74.
q. Skizzen zu KlopstocVs Portiait; eb. S. 319 — 334.
r, Neunzelin ungedruckte Kpigrainuie von Klopstock ; eb, S. 335 — 354.
s. Genua unter seinen Kindern ; zur Erklärung des Titelkupfers ; 1817.
S. 1 — 20.
t. Galerie zu Scliiller's Gedichten} — die Verschwörung des Fiesco ;
eb. S. 21—56.
u. Canova's Denkmal auf die Erzlierzogin Christina in der Augustiner-
Kirche zn Wien; eb. S. 411 — 434,
V. Die Cherubs\Yache ; zur FIrklärung des Titelkupfers; 1818. S, 1—16.
w, Galerie zu Schiller's Gedichten; — Demetrius; eb, S, 17 — 54.
X, Friedricli Ludwig Schröder in Hamburg im Sommer 1795.; eb. S.
271 — 312.
y, Kabale und Liebe; zur Erklärung des Titelkupfers; 1819. S, 1 — 24.
z. Galerie zu Schiller's Gedichten ; — Kabale und Liebe; eb. S. 25 — SO,
aa. Kufslands Zukunft; die Vision; eb. S. 51 — 68.
ab Schiller's Empfang in den Räumen des Lichts; 1S20, S, 1 — 26.
ac, Galerie zu Scliiller's Gedichten ; — Phädra ; Macbeth ', Turandot ; eb.
S. 27 — 90.
27. im Kriegskalender für gebildete Leser aller
Stände, zweiter Jahrgang. Leipzig, 1810. 12. — (♦; Na-
poleon und AYieiand. S. I — 32.
28. in der Urania:
a, Erklärung der Kupfer; I8l0. S, V — XXXXVI.
l). Ganjmed's Entzückung zu den Lichtregionen; 1817. S, XV —
XXIL
c. Der Liebeszauber; zur Erklärung eines antiken VasengeraäldesJ
1820, S. 475 — 504.
d. Sabina an der Küste von Neapel ; 1823. S. 1 —42.
e. Erklärung der Kupfer; 1824. (ohne Seitenzahl).
29. in Fansi's giiteni Ptath an die Franen über das
Gebäre u; — Ilaunover. 1811. — Schreiben über das Ge-
bären bei den Allen.
30. im A 1 m a n a c h für W e i n t r i n k e r , Jahrgang 1. Leipzig.
1812. 12. Der den Jupiter (ragende Hercules. Ein Bei-
Irng zur ?,Iellijologic der Grieelien. S. 1. IF. (Lateinisch in
Becldi acla seminarii R. Lips, L p, 285. mit einigen Bemerk-
ungen des Heransgebers.)
31. inSchlegel's te ii ts cliem Muse um. B. 1. Heft 1. "Wien.
1814. — Bniclistiicke aus Cli. M. NVielaud's Denkwürdigkeiten
im Jahre 1797.
32. in den (eutsciien Blilllern:
a. Zur Erklärung des Titclkupfcrs. 1814. Bd. 3, S. III — IX,
b. Ueber «He Entwürfe zu Deiikma'en auf die Völkersclilaclit bei Leii>-
zi-. Zur ErkUirim- (k-s 'l'itdkiij)(ers. 1814. Bd. 4. S. VIII — XX»
33. in 3Io r.i> «ns(er ii's !) ö rp t' s t-lio ii Bei träfen: Jahr»,
1814. S. 44G-44S. ßri.-f von HR. B. iu Dr.
34. in Fr. Kiiid's Harte:
a. Die dreihundertjälirige Kirclilioflinde am Grabeshügel meines IVüli
vollendeten Freundes Carl Bertucli, ver|)ilauzt im Herbst 1Ö15. —
Bd. 4. S. 319 — 333.
b. Der sclihiminernde Amor im Antikensaale an Adelaide Gräliu Bom-
belle«; B. 6. 8,323 — 325.
35. in dem auf -seine Veraalassuni;- seit 1816. dem Morgenljl;rf(e
be!i'Cü:ebeiicn K ii n s t b I a ( t c :
a. Die Aldobrandinisclie Hochzeit; 1816. Nr. 1.
b. Modern- Antiken oder archäologische üeberblicke -in Beziehung atil'
das Neueste; eb. Nr, 2.
c. Der äginetische Styl ; eb. Nr. 3.
d. Gedächtnifsmünze auf die Wiedervereinigung S. M. des Königs von
Sachsen mit seinen Unterthanen ; eb. Nr. 5.
e. Neuestes lithographisches Unternehmen in München; eb. Nr. 6.
f. Das Labyrinth ; eb. Nr. 7,
g'. Die Doppelköpfe oder der Janns; eb. Nr. 16.
h. Wilhelm Tischbein's Gemälde für's Hamburger Stadthans; eb. Nr. 17.
i. lieber ein Relief vom Apollo -Tempel zu Phigalia ; 1817. Nr. 5,
k. üeber eine Gedächtnifsmünze auf's Reformationsjubiläum; eb,
Nr, 8.
1. Einige neue Erscheinungen in der Kunstwelt; 1819. Nr. 14.
•m. Blicke auf Italien ; eb. Nr. 15. 18.
n, Preisaufgaben der Akademie der schonen Künste in Mailand für
1820; eb. Nr. 16.
0. Besuch in Herrn Ackermann's Kunstmagazin in London; 1820, Nr.
6 — 8.
p. Denkmünzen in Baiern ; eb. Nr. 13.
q. Die Familie der Niobe im Giebelfelde des neuen Beiliner Theaters;
1821. Nr, 95.
r, Dr, Nöliden's Werk über Da Vinci's Abendmahl; eb. Nr. 96.
s. Litiiograpliirte Portraits; eb. Nr. 100.
t. Salzburger Mosaik - Fufsboden ; eb. Nr, 105,
u. Dresden. — 1822, Nr, 67.
36. in Colburn's New 3Ioiitlily Magazine viele Aufsätze seit 1817
aus (eutscben Jouriialanisälzen übertrageu,
37. in S c li in e i f s e r 's Lehrbuch der reinen M a t h e s i s
Erster Theil, Die Arithiuelik. Erster Jahrnang. Berlin,
1817. lieber die Rechentafeln der Alten. Vorrede, S. 141.
— 148.
38. in der Abendzeitung:
a. Chronik der königlichen Schaubühne zu Di'esden ; 1817, Nr. 4 — 6.
b. Ipsis natalibns Saxoniae FiiJcricl Aiignstl etc.; eb. Beil. zu Nr. 10,
c. Nt'iijaliis-Xeiiie; der Bleistift; eb. Nr. 18»
(1. Chronik «ler künigl. Schaubühne zu Dresd. ; eb. Nr. 20,
e. — — — — _ _ _ __ 22. 23.
f. _ _ __ _ _ _ _ _ 29.
g. — — — — — _ _ _ 31,
h. Desdeinona's Liedchen; eb, Nr. 41.
i. Chronik der künigl, Schaubühne zu Dresd. 5 eb, Nr, 41, 42,
Ic. _« _ _ _ _____ 43.
1. — _ _ — _____ 49. so.
n, — — — — _____ 57.
o. — — — — _- _ _ — 60.
q. — — — — _ _ _ _ 70.
r. — — — — _____ 72.
s. — — — — _ _ — _ 73. 74,
t. — — — — _ _ _ — 77.
u. Sonnett bei den Exequien für Anton Graf von Appony ; eb, Nr. 78,
V. Chronik der königl. Scliaubüline zu Dresd. ; eb. Nr. 81. 82.
\y. üebcr Declaniatorien ; eb. Nr. 83. 84.
X. Konig Yngnrd ; Trauerspiel von Wüllner ; eb. Nr. 85. 86.
y. Chronik der königl. Schaubühne zu Dresd.; eb. Nr. 93 — 98.
z. — — — — ____ 104.
aa. — — — — ____ 137. 133,
ab. üeber Solbrig's Declainatorium ; eb. Nr. 141.
ac. Nachriclit von des Eildhauers Kühn in Dresden neuester Arbeit J eb.
Nr. 149.
ad. Blicke auf die sächsisclie Schweiz ; eb. Nr. 158. 160. 164. 107.
ae. Werner's Todteufeier am Abend des 2. Juli 1817; eb. Nr. 161
163.
af. Clu'onik der königl, Schaubüline zu Dresd. ; eb. Nr. 178.
ag. ___ _ ____ 188 — 190,
ab, üeber den Brand des Berliner Nationaltheaters; eb. Nr. 190.
ai. Chronik der künigl. Scliaubühue zu Dresd. ; eb. Nr. 190. 191.
al. — — — — ____ 204. 205.
am. _. __ _ ____ 209, 210.
an. — — — — — — — Beilage zu Nr. 216.
ao. — — — — _ _ _ Nr. 217. 218,
ap. — — — — _ _ _ _ 219, 220.
aq. — — — — — — — Beilage zu Nr. 226,
ar. — — — — _ _ _ Nr. 233.
as. — — — — ____ 234 — 236.
at. üeber Moreto's Donna Diana ; eb. Nr. 235.
au. Chronik der königl. fschaubühau zu Dresd.; eb. Nr. 243 — 246.
XLI
av, Clironik der königl. Scliaubiiline zu Dresd. ; eb, Nr. 252,
a\v. Zwei Bemerkungen ; elj. 259.
ax, Beiirtlieilungen neuer Schriften ; eb. Nr. 278.
ay. Chronik der königl. Schaubühne zu Dresd,; eb. Nr. 281 — 285.
az. — — — — ____ 295. 296.
ba. — — — — — ____ 30.5.
bb. — — — — ____ 307. 308.
bc. — — — — ____ 311. 312.
bd. — — — — — — 1818. — 11. 12.
be. — — — — — — eb. — 29. 30.
bf. Blicke auf die neuesten Erzeugnisse der bildenden Kunst in Dresd. J
eb. Beilage zu Nr, 34.
bg. Chronik der königl. Schaubühne zu Dresd. , eb. Nr. 37. 38.
bh. — — — — _ — _ _ 44.
bi. — _ — _ — — _ _ 49.
l>k. — — — — _______ 55. 56.
bl. - - _- _ _____ 61.
bm. — — — — _ — _ -_ 63. 64.
bn. Frühe Ostern ; eb. Nr. 72.
bo. Chronik der königl. Schaubühne zu Di'esd. J eb. Nr. 111, 112.
bp. — — — — — _ -_ _ 143. 144.
bq. Joseph Friedricli Freiherr zu Racknitz; Andeutungen über dessen
Verdienste um Künste und ^Vissenschaften ; eb. Nr. 149. 150,
br. Chronik der königl. SchaubüJine zu Dresd. j eb. Nr. 159. 160, jvergl.
Nr. 184.
bs, Chronik der kÖnigl, Schaubühne zu Dresd.} eb. Nr. 166.
bt. — — — — — — . _ _ 169. 170.
bn. — — — — ____»« 178.
bv. — — -- — — __«_ 185 — 188.
bw. — — — — — — ___ 197. 198.
bx, Panorama; eb. Nr, 204.
by. Das Erosfest, ein Festaulzug in Berlin} eb. Nr. 217.
bz. Chronik der königl, Schaubühne zu Dresd,; eb. Nr. 218.
ca. — — — — ___ — 219, 220,
cb. Portrait des Papstes Pius VII.} eb, Nr, 232.
CO. Allerlei; eb. Nr. 263.
cd. Chronik der königl. Schaubühne zu Dresd. } eb. Nr, 266,
ce. Das Gemälde von Di-esden} eb. Nr. 269.
cf. Morgenländisches Kleeblatt} eb. Nr, 276.
cg. Chronik der königl. Schaubüluie zu Dresd,} eb. Nr. 281 — 283.
eh. Sai)[)ho-, eb. Nr. 284,
ci, Nekrolog; eb Nr. 286.
ck. Lord Byrons Aufenthalt auf der Insel Mitylene ; eb. Nr. 291. 292,
cl, Chronik der königl. Schaubühne zu Dresd. ; eb. Nr. 291, 292.
cm. Antiquarisches Mifsverständnifs; eb. Nr. 300.
•cn, Chronik der königl. Schaubühne zu Dresd. ; eb. Nr. 301. 302.
CO. Chronik der königl. Schaiibülme zu Dresd.; eb. Nr. 303. 304,
cp. — — — — ____ 305. 300.
cq. Nekrolog von Joliann August Eaitli; 1819. Nr. 5. 6.
er. Cosdhnes und tlicatralisclie Cliarakterdarstcllungen ; ob. Nr. 10.
CS. Nekrolog des Bischofs Schneider; eb. Nr. II.
ct. Vermeinter Druckfehler; eb. Nr, 14.
eil, Chronik der königl. Schaubüline zu Dresd. ; eb. Nr. 19, 20.
ev. — — — — _ _ _ _ 21.
cw. — — — — — — — — 25. '
cy- Antikenfiseherei in der Tiber; eb. Nr. 28.
cz. Fromme AViinsche; eb. Nr. 31.
da. Ein Doppelvers; eb. Nr. 32.
db. .Scliiller's Wallenstein ; eb. Nr. 38.
de. Chronik der königl. Schaubühne zu Dresd.; eb. Nr. 41.
il<l, _- _ — _ _ _ — _ 47. 48.
de. — — — — ^ — _ _ 55. 50.
df. "Die Denkmünze der königl. sächsischen Stände auf die Vermäidungs-
jubelfeier am 17, Januar 1819; eb. Nr. 56.
dg. Zwei Preise für die Zeitsclirift Hesperus ; eb. Nr. 65,
dh, Säcularmünze auf die Hamburger Bank; eb. Nr. 69. 70.
di. Chronik der königl. Schaubühne zu Dresd.; eb. Nr. 71. 72.
dk. — — — — — _ _ — 74.
dl. — — ■— — _—___- 77. 78.
dm. — — — — — — ^ _ 79. SO.
dn. — — — — _ — — ._ 87. 88.
do. Preisaufgabe der Münchener Akademie der Wissenschaften; eb. Nr. 95.
dp. Des Grafen von Hofmannsegg portugiesische Flma J eb, Nr. 98.
dq. Bild auf Kotzebne's Ermordung; eb. Nr. 103.
di\ Der Vampyr, eine Erzählung von Lord Byron; eb, Nr. 105 — 107.
vergl. Nr. 123.
ds. Chronik der königl. Schaubühne zu Dresd. eb. Nr. 107. 108.
dt. Tableaux; eb. Nr. 126.
du. Chronik der kÖnigl. Schaubühne zu Dresd,; eb, Nr, 127 — 129,
dv, — — — — — __— _ 130—132,
dw. — — — — ______ 139.
dx. Friederike Schirmer als Gabriele im Naclitlager v. Grauada ; eb. Nr. 151,
dy. Chronik der königl, Schaubühne zu Dresd, ; eb, Nr, 151 — 153,
dz. — — — — -.____ 157. 158.
ea. Die Mumiin ; eb. Nr. 100,
eb. Cluonik der königl, Schaubühne zu Dresd, ; eb, Nr. 161. 162,
ec. — — — — _____ 167 — 169.
ed. — — — _ _ _ _ 170—172.
ee. — — — — — — — — 175-177.
ef. — — — — ____ 183 — 185,
eg. Sliakespeare und Lucien Bonaparte; eb. Nr. 192,
eil. Monnment auf Winckelinann ; eb. Nr. 196.
ei. Sophie Scliröder ; eb. Nr. 200.
ek, Chronik der königl, Schaubühne zu Dresd. ; eb. Nr. 201. 202.
el. — __ _ ____ 203. 204.
eni. — — — — — — — — 209. 210.
en. — — — — — — — — 211. 212.
eo, — — — — —_.— _> 213 — 215,
ep. Naclirnf an die Gräün Fries in Wien; eb. Nr. 215.
eq. Rudolph Ackermann in London ; eb. Nr. 234.
er. Clironik der königl. Schaubühne zu Dresd. ; eb. Nr. 239. 240.
es. Cum Carolina xYustriaca Dresdani intraret; eb, Nr. 242,
et. Sieber's Mumienbilder und ägyptische Merkwürdigkeiten} eb. Nr.
243. 244.
eu. Der Thüringer Verein zur Förderung der Alterthuinsknnde" ; eb, Nr.
255.
er. üeber die Pflege des Weins bei den alten Römern} eb. Nr, 259,
260.
ew. Mumienalterthümer; eb. Nr. 263. 264.
ex. Chronik der königl. Schaubühne zu Dresd. ; eb. Nr. 271 — 274.
ey. Neue Berliner Tlieater-Costümes J eb. Nr. 277. 278.
ez, Chronik der königl. Schaubühne zu Dresd. J eb. Nr, 281, 282.
Ib. — — — -— — _-— _ 293.
fc. _— — — — __ — 297. 298.
fd. — — — — — ___ 299. — 301,
fe. — — — -— — — — _ 303.
ff. — — — — — — — _ 305.
fg. .___— — _-— __ 306.
fh.' Ueber Lord Byron nnd seinen Don luan ; 1820, Nr. 3. 4.
fi. Chronili der königl. Schaubüline zu Dresd,; eb, Nr. 18 — 21*
fk. — — — — — — — «. 25. 26.
fl. — — — — — — — . _ 26 — 28.
fm. _ _ — — _ _ _ _ 31. 32.
fn. — — — — _ — — — 32. 33.
fo. — — — — _ _ — — 35 _ 38,
fp. üeber Shakespeare's Hamlet nach Schlegel; eb. Nr. 30.
fq. Clironik der königl. Schaubühne zu Dresd. ; eb. Nr. 39. 40.
fr. — — — — _^ — __ _ 43.
fs^. -. — — — _ — _ — 44.
ft. — — — — _— ^_ 49 — 53.
fu. Klang-figuren^ Meteoriten 5 eb. Nr, 51. 52.
ly. Chronik der königl, Schaubühne zu Dresd,} eb, Nr. 57. 58.
fw. — — — — — — — — 66-68.
fx. Dramatische Parallelen} eb. Nr. 71. 84.
fy. Chronik der königl, Schaubühne zu Dresd,} eb, Nr, 71. 72.
iz, — — _ __ _ — _ — 75 — 78.
ga. Nekrolog von Lipsiiis , el). Nr. 77. 78.
gb. Clironik der königl. Scliaubüline zu DresJ. ; eh. Nr. 81. 82.
gc. Was sagt das Ausland von uns? eb. Nr. 87. 88. 95. 96,
gd. Clironik der königl. Schaubühne zu Dresd. ; eb. Nr. 96. 97.
ge. — — — — —__ — 101. 102.
gf. ^ — — — — __ — 105 — 107,
gg. Der indianische Equilibrist ans Madras; eb. Nr. 117—122.
gh. Briefe aus Carlsbad; eb. Nr. 139. 1-M). 150. 151. 157. 163, 177.
178.
gi. Chronik der königl, Schaubühne zu Dresd,; eb, Nr. 173. 174.
gk, — — — — —.__-__ 179. ISO.
gl. — — — — ____ 181. 182.
gm. — — — — — — — _ 185 — 187,
gn. — — -=- — — — — _ 187. 188.
go. — — — — — — __ 213—215.
gp. — — — — __— —_ 239 — 242.
gr. Ein Excerpt; eb. Nr. 245.
gs. Chronik der königl, Schaubühne zu Dresd.; eb. Nr. 255. 256.
gt____ _ _— __ 256. 257.
gu. — _— — —__>_ 257. 258.
gv. — — — — — __ — 265. 266.
gw. — — — — -_——-_ 284. 285.
gx.
iSH,
gy. Cenotaphium auf Joh. Winckelmann in Triest; eb. Nr, 289, 290.
gz. Charaktere aus Shal^espeare ; eb. Nr. 295. 310,
ha. Englische Gerichtspllege; eb. Nr. 296.
hb. Clironik der königl. Schaubühne zu Dresd. ; eb. Nr. 301. 302.
bc. Was ti-eibt unser Landsmann Rudolph Ackermann in London ; eb,
Nr. 311. 312.
lid. Chronik der königl, Schaubühne zu Dresd.; 1821. Nr, 2. 3, 4,
l,e. »_ _ — — _ eb. Nr. 12. 13.
hf." _ — — — — — 13. 14.
hg. - - - — _ - _ - 31. 32.
l,h. — — — — _-_— — 33.
Li. _ _ — — _ — »- _ 35.
I,U. __— — — ^— _ 37 — 39.
1,1. - - - — - 46. 47.
hm. Ueber den Cliemiker Accum ; eb. Nr. 47.
hn. Chronik der königl. Schaubühne zu Dresd, ; eb. Nr. 48, 49,
ho, Erklärung; eb. Nr. 70.
hp. Vier Juden -Conterfeis in der Vorhalle eines Königs -Grabes bei
Theben in Oberägypten; eb. Nr. 77. 78.
hq. Anna Boleyn als Trauerspiel; eb. Nr. 85. 86.
hr. Chronik der königl. Schaubühne zu Dresd,; eb. Nr. 89—92.
lis, — — — — __ — — _ 92. 93,
XLV
lit. Belzoni in Paris; eb, Nr. 9G.
liH. Clironik der königl. Schaubüline zu Dresd. } eb. Nr. 97. 98.
hv. Anna Boleyn ; eb. Nr. 102.
luv. Chronik der königi. Schaubühne zu Dresd. ; eb. Nr. 106. 107.
Jix. ___ — ____ 107, 108.
liy. ___- _ _____ 109. 110.
hz. Das Bergfest an der Saale und Elbe ; eb« Nr. 112.
ia. Dramatische Sujets; eb. Nr. 114.
ib, Clironik der königl. Schaubüline zu Dresd.; eb. Nr. 114. llS.
ic. Ueber Wolkenbeschwörung; eb. Nr. 117.
id. Chronili der königl. Schaubühne zu Dresd.; eb. Nr. 118.
ie. — —— — ___— 121. 122.
if. — — — — — _ _ _ 122. 123.
ig. Kunst und Alterthum ; eb. Nr. 124. 132. 146. 149. 173. 179. 180.
191. 192. 237. 287.
ih. Vorwort zu Johann von Schorerl, einer biographischen Skizze ; eb,
Nr. 131.
ii. Chronik der königl. Schaubühne zu Dresd. ; eb. Nr. 139. 140.
ik. __— — __— _ 157—159.
il. — — — _ ____ 163. 164.
im. ___ _ __— _ 164 — 166.
in. — —— — ____ 169. 170.
io. Adelung's Grab; eb. Nr. 175.
ip. Chronik der königl, Schaubühne zu Dresd.; eb. Nr. 187 — 189.
iq, Nachricht; eb. Nr. 193.
ir. Chronik der königl. Schaubühne zu Dresd. ; eb. Nr. 196. 197.
is. — — — — ____ 199. 200.
it. Kunstansichten; eb. Nr. 200. 204. 222, 294.
iu. Clironik der königl, Schaubüline zu Dresd,; eb, Nr. 211.
iv. _ _ _ _ _ _ _ _ 213. 214.
iw. — — — — _____ 217. 218,
iz. — — — — ____ 229. 230.
ta. — — — — _— — _ 235—237.
kb. Dramatische Anregungen; eb. Nr. 244. 251.
kc« Der Verkündiger; eb. Nr. 248.
kd. Nekrolog, Lud. Heinr. Chr. Geyer; eb. 259.
ke. Chronik der königl, Schaubühne zu Dresd. ; eb» Nr. 283. 284.
kf. — __ — ___--_ 287 — 289,
kg, — — — — _ _ _ _ 293. 294«
kh. Vorschlag zu einem hundertjährigen Jubiläum; eb. Nr. 307.
ki. Chronik der königl. Schaubühne zu Dresd.; 1822, Nr. 6. 7,
kk. Auf Agnes Böhme, die wunderbar Gerettete; eb. Nr. 14.
kl. Chronik der königl. Schaubühne zu Dresd. ; eb. Nr. 15, 16,
km« Der Sclüeier der Königin Maria Stuart j eb. Nr. 24.
XLVI
kn, Ueber die Dresdener Sclianbülme ; eb» Nr. 26 — 30,
ko. — — — — — — 3G — 3«.
kp. Clironik der Lüiiigl. ScIiauLüline zu Dresd.; eb. Nr, 50. 51»
kq. Maskerade und Maskenball in Dresden; eb. Nr. 52. 53.^
'.r. Chronik der künigl. Schaubiihne zu Dresden; eb. Nr. 58. 59.
ks. Die gebratenen und docli wieder auf lebenden Ochsen; eb. Nr. 68. 09.
kt. Chronik der konigl. Schaubiihne zn Dresd, j eb. Nr. 72. 73.
kv. — — — — — — — — 95. 96,
kw. — — — — — — _ _ 96 — 98,
kx. — — — — — — — _ 98. 99.
kz. _— — — _____ J03. 104,
la. — — — — _____ 105,
Ib. In exsequias Joannis Cantu , cantoris Itali; eb. Nr, 116,
Ic. Der pädagogische Spiegel; eb. Nr. J66. 167.
Id. Als Vater Blumeril)ach in unserem Liederkreise war; eb. Nr. 236.
le. Der Professor - Titel ; eb. Nr. 240. 241. 257,
If, Amor, der Nachtigallenfiitterer; eb. Nr. 255.
lg. Die Angeketteten ; eb, Nr. 256.
Ih. Chronik der königi. Schaubühne zu Dresden ', eb, Nr. 266 — 268.
Ü, Dank; eb. Nr. 271.
Ik, Chronik der königi. Schaubühne zu Dresden; eb. Nr. 290 — 292,
11. Leipzig in Haut -Relief; eb. Nr. 301.
Im. Auf Veranlassung des Theaterbrandes in München ; 1823. Nr. 42,
In, Calendis ÄLijis; eb. Nr. 104.
lo. An Efslair; eb. Nr, 105.
Ip, Aus dem Briefe eines Reisenden in Aegypten und Nubien; eb. Nr,
175.
Iq. Die Basilica des H. Paulus aufser den Mauern Roms ; eb, Nr. 195,
Ir. Das indianische Gauklerpaar; eb. Nr. 229. 230.
Is. Das Erbtheil der Tugend ; eb. Nr. 240.
lt. Die Glocken auf dem Anneuthurm; eb. Nr. 250,
lu. Zur Romanze Diogenes; eb, Nr. 300,
Iv. Allen im Jahre 1823. verlieiratheten Männern; eb, Nr. 311, 313,
Iw. Erklärung; 1824. Nr, 38. u. 45.
Ix, Der IMinister Ilaus v. Tliümmel; eb, Nr. 65»
ly. Vorschläge; eb. Nr. 75.
Iz. Kaufmann's Chordaulodion ; eb, Nr, 101.
ma. Walter Scott's Stegi-eifgedicht auf den Bauchi'cdner Alexander} eb,
Nr. 129,
mb, Vorwort zu Leutzen's Bemerkungen auf einer Reise von Cairo durch
die arabische Wüste; eb. Nr. 140. (vergl. 1825, Nr. 10, 52.;
mc. Auf der Bastei; ob, Nr. 185,
md. Dem mir durcli genufsreiclie Lehrstunden u nvergefsIicLen Grafen
Moritz Hohentlial, an seiner Gruft; eb. Nr, 190.
me. Die Katzenminnie, ein antlqtiarisclies ImpromtiiJ eb. Nr. 244,
mf. Zur Vergleicliung; eb, Nr. 274,
mg. Erklärung-; eb. Nr. 306.
mli. Scluiar und Petro ; 1825. Nr. 18.
mi. Natnrliistorisclie Merkwürdigkeit; eb. Nr. 91.
mk. Versiculi Ulrici cippo inscrii)ti; eb. Nr. 130.
ml. Akrobatisch oder aerobatisch? eb. Nr. 146.
mm. Aus Breitbaupt's ßesclireibung von Freiberg; eb. Nr- 168.
mn. Calendis Octobribus cum pruina noctu laesisset iivas; eb. Ni'.237.
mo. Cum Semlero — funus duceretur; eb. Nr. 306.
mp. Anzeige; 1826. Nr. 248,
mq. Ueber Baggesen's neuestes Epos, eine Ankündigung; eb. Nr. 254,257,
mr. Trinkspriiclie bei'm Abschiedsmahle im Kreise der Freunde in Ma-
rienbad; eb. Nr. 259.
ms. Eberto bibliotliecario Regio postridie nuptias maritus senex; eb. Nr. 281,
mt. Ammonio genethliacon adjecto libro nuper a se editoj 1827, Nr. 16.
mu. 'Tyisia; Svuia/xa'^ eb. Nr. 24.
mv. A. H. Niemeyerus semisaecularia sacra celebratj eb, Nr. 93,; nebst
Bericlitigung in Nr. 95.
mw. Auf Professor Cbladni; eb. Nr, 101«
mx. Erinnerungsringe; eb. Nr, 119,
my. Katafalk; eb. Nr. 142.
mz. Die Wolkenpost; eb. Nr. 184.
na, Dresda pia morigera; eb. Nr. 257.
nb. Ammonis, Viri Summi, genio natali libamentum offertB. ; 1826, Nr. 15.
nc. 'Ef vioS^aXs; roZ IsgoZ •7r;]yavoy 'sjvof ; eb. Nr. 101,
nd. Cum nuntius allatus esset, Carolum Augustum — obiisse; eb, Nr. 149.
ne. Trinksprüclie in Klinger's Saale in Jlarienbad; eb. Nr, 192.
nf. Andeutung; eb, Nr. 274,
ng. In discessum hiemis cum subito candicarent caementitü aediüciorum
parietes; 1829. Nr. 44.
nh. Jernes cantilena; eb. Nr. 70. '
ni. Briefe aus ]\Iarienbad; eb, Nr, 196. 197.
nk, C. F, G. de Gersdorf — suspiria pia; eb, Nr. 225.
nl, Putiatino, seni mirabilij 1830. Nr, 13,
nm. üiXsucr/Kov cum — Joannes civiura — nianipulis — obequitaret;
eb, Nr. 231.
nn, Trinkspruch, dem Staatsrathe von Fischer — dargebracht; eb, Nr,
269,
HO, 'Iwcrvys) ftpj^ovr/ T^ff Sacffoyiaf Tc TirapTOV iraTfi 5 1831, Nr, 84.
np, Lindenavii genio natali conservatori J eb, Nr, 186,
nq. In obitum Gruneri; eb. Nr. 242,
nr, Anzeige', eb. Nr, 244.
ns. Am Tage des H. Epimachus ; eb, Nr. 298.
nt. Dem Hen-n Professor und Ritter von SeelusJ 1832, Nr. 32.
XLTIII
nu. Die ferali qua Gotliii exsefiuiae ad tiimbain Grandiicalera duce-
bantur; eb. Nr. 76,
nv. 'IwrtVVjf ixfp^ovri ry,; STttc-Coviaf , tv-iroiili; gjj^ J^^^ J93
nw. Breucri sui genio natali J 1833. Nr. 53.
nx. Erklärung; eb, Nr. 128.
ny. Natalitia Lindenavianaj eb. Nr. 139.
nz. Manibiis viri inconiparabilis Lodovici Rreueri; 1834, Nr. 3.
oa, Ainmonio — libatio natalitia; eb, Nr. 15,
ob. Ad Biiluinm architectum teinpli Beatac Virginia J eb. Nr. 53.
oc. Lindcnavio, patrono optimo; eb, Nr. 139,
od. Ankündigung; 1835. Nr, 171,
oe, Friderico Jacobsio Musarum corculo; eb. Nr. 210.
39. In der Penelope von Th. Hell für 1818. —Die webende
Peiielope , S. V — XII,
40. (*) in : Der S j 1 v e s t e r a b e n d im Liederkreise 1818. 0,
0. 16. — Teufsche Gedichte: Die Hexen nnfs. S. 20 — 23.
Leberblümchen S. 46, Sommerblume S, 62. flgd.
41. in der Literary Gazette seit 1818 viele Aufsätze ans
tcnlschen Journalaiifsätzen übertra2:en.
42. in: Au bin Lonis Miliin, geschildert von T. W. Kraft;
Leipzig 1819. 8, — Sldzzen zn IMllliu's Schilderung; S.
69 — 108.
43. im Taschenbuch zum geselligen Vergnügen für
Jjiebende. Dresden 1819. 16. — Anakreou's Taube;
tculschcs Gedicht. S. 15 — 19.
44. in den Schriften der mineralogischen Gesellschaft
in Dresden; — lieber Werner's Umgang mit seineu Sehü-
lern, B. 2. 1819. S. 305 — 325.
45. in dem der Abendzeitung beigegebeuen Wegweiser,
der vom 4. April 1832 an den Titel Literarisches No-
tizen!) 1 a tt führt :
a. Blicke auf die neueste teutsche Literatur; 1819. Nr. 1. 2, 8. 17.
b. Blicke auf die Producte der bildenden Kunst; eb. Nr. 24.
c. Die Lehre der Situationszeiclinung von Lehmann. — Schönschrei-
bekunst, Landschaftenzeichenkunst 1820. eb, Nr. 14.
d. Dramaturgisclie Apliorisnien von Schmidt; eb. Nr. 34,
e. Die Ausstellung der Dresdener Kunstakademie; eb. Nr. 41,
f. Rom, Römer und Könierinnen, von WiUielm Müller; eb, Nr. 46,
g. Reformationsalmanacli von Möller ; eb, Nr. 50.
h. AVicland's Briefe an Sophie von la Roche; 1821, Nr. 7,
i. Der Verkündiger; eb. Nr. 11. 17. 23. 35. 96.
k. Der Kaufmann von Venedig von Shakespeare; eb, Ni". 13,
XLIX
1. Italienische Literatur; eb. Nr. 16.
ni. Ueber L. Robert's : Blind und laliin; eb. N 21.
n. Lieben, Lust und Leben der Teutschen des 16. Jahrhunderts in
den Begebenheiten des scJilesischen Ritters Hans v. Schweinigen'
eb. Nr. 23,
o. Zauper's Grundzüge zu einer teutschen theoretisch -praktiscJien
Poetik; eb. Nr. 28.
p. Dramaturgie; eb. Nr. 31.
q. Chronik der königlichen Schaubühne zu Dresden; eb. Nr 39 40
r. Die zwei Marien von Jacobs; eb, Nr. 47.
s. D, Struve's Brunnengarten ; eb. Nr. 49,
t. Vorwort zu den Briefen eines Vorurtheilsvollen über die Boisse-
ree'sche Gemälde-Sammlung; eb. Nr. 57.
u. Matthisson's Gedichte; eb. Nr, 59.
V. Weitzel , aus meinem Leben und meiner Zeit ; eb. Nr. 62,
w. Posa, ein Trauerspiel von G. Döring; eb, Nr, 84,
X. "Walter Scott's Romane; eb. Nr. 86.
y. Roclilitz's jährliche Mittheilungen ; eb. Nr. 90,
z. Blicke auf Aneignungen ausländischer Literatur; eb. Nr. 93.
aa. Blicke auf das Kalenderwesen; 1822. Nr. 1.
ab. Literarische Spaziergänge ; eb, Nr. 25, 26.
ac. Blicke auf die neuesten Biographieen; eb. Nr. 46.
ad. Hermann's Elementarbucli der mittleren Geschichte, — Zauper\s
Studien über Göthe; eb. Nr. 52,
ae. Blicke auf die neuesten Werke in der Geschiclite; eb. Nr. 57,
af. Walter Scott's Braut, übersetzt von Lindau; eb, Nr. 59.
ag. V. Miltitz, Orangenblüthen ; eb. Nr, 65.
all. Walter Scott's Ilerz von Mid-Lothian, übersetzt von Lindau; eb,
Nr 79.
ai. Blicke auf die neuesten ReisebeschreibnngenJ eb, Nr, 83.
ak. Etwas über die BlitzröJiren ; eb. Nr. 87»
al. Blicke auf neue AVerke einlieimischer Schriftsteller; eb, Nr, 93. 94,
am. Blicke auf die neuesten Tasclienbücher; eb. Nr. 99. 100,
an. Das Vergifsmeinniclit aus London; eb, Nr, 104,
ao. Jährliche Mittlieilungen von Rochlitz ; 1823. Nr, 3.
ap. Bracebridge-Hall, von W, Irving; eb. Nr. 7.
aq. Gegensatz des Antiken und Modernen in seiner bildlichen Dar=
stellbarkeit; eb. Nr. 15.
ar. Todtenverbraucli für anatomische Säle; eb. Nr. 17,
as. Des Horatius Oden, übersetzt von Günther; eb, Nr, 21,
at, Memnon's Dreiklang von Hammer ; eb, Nr, 26,
au. Neugriechische Lieder; eb. Nr. 27.
av. Das jüngstentdeckte Gemälde aus den Königsgräbern zu Theben;
eb. Nr. 29.
aw. Ein Amulet und eine Charade ; eb, Nr, 31«
ax. Die Silenuslampe; eb, Nr. 33.
Böiiiger's hleiue Schriften 1. D
ay. Das Gegenstück zur Witwe von Ephesus; 1823. Nr. 38.
az. Blicke auf die neuesten topograpliisclien Werke; eb. Nr. 42,
f»a. Liiidau's Vergifsmeinniclit ; eb. Nr. 48.
bb. Euryanthe von Savoyen; eb. Nr. 50.
bc. Katzenberger's Badereise, von J. Paul; eb. Nr. 55.
Ld. Holilfeldt's Harfenklänge; eb. Nr, 56.
be. Nacliweisungen über die neuesten Schriften im Fache der Biogra-
phie; eb. Nr. 57. 69. 70.
bf. Schottisclie Erzäldungen, von Cunningham; eb. Ni\ 58.
bg. Penelope, von Theodor Hell; eb. Nr. 89.
Lh. Moliammed oder die Eroberung von Mekka; eb. Nr. 92.
bi. Der Hiinmelsgarten , von Harniscli; eb. Nr. 94,
bk, Tasclienbuch für die vaterländisclie Geschichte; eb« Nr, 95,
bl. Blicke auf neue Biograpliieen, 1824. Nr. 10. 11,
bm. Doblado's Briefe über und aus Spanien; eb. Nr. 19.
bn. Blicke auf einheimische ScJiriftsteüer; eb. Nr. 24. 29. 63.
bo. Für Freunde der Tonkunst, von Friedrich Rochlitz ; 1. Band;
eb. Nr. 33.
bp. Teutsclie Gelehrsamkeit nnd Literatur im Spiegel des Auslandes. —
Ein Wort über die Ausspraclie des Altgriechischen ; eb, Nr. 37.
bq. Strafsenbesserung; eb. Nr, 47.
br. Lord Byron ; eb. Nr. 86.
bs, Neugriechen; eb. Nr. 91.
bt. Das neue Vergifsmeinnicht bei Ackermann in London; eb. Nr, 95«
bn. Geographisch -liistorisclie Taschenbücher ; eb. Nr. 103.
bv. Blicke auf Reisebeschreibungen ; 1825. Nr. 7, 13, 18. 19.
bw. Blicke auf einheimische Schriftsteller; eb, Nr. 24,
bx. Miscellan- Anzeigen ; eb, Nr. 30.
by. So wird Sliakespeare übersetzt! eb. Nr. 39,
bz. Die sieben A\'underwerke im Theater von Gropius ; eb. Nr. 49.
ca. Die Bergstadt Freiberg, von Breithaupt; eb. Nr. 56.
cb. Lebensbeschreibung T. G. Werner's von Dr. Friscli ; eb. Nr. 64,
cc. Ebert's Culturperioden und UeberUefeinngen ; eb. Nr, 78,
cd. Uebersetzungen; eb. Nr. 91,
ce. Forget me not; eb. Nr. 99.
cf. lieber CHope's) Anastasius; 1826. Nr. 3,
cg. Weiner's Jubelfest; eb. Nr. 5.
eh. Gesammelte Werke in wolilfeilen Ausgaben; Nr. 9. 10»
ci. Blätter aus Karl Bertliold's Tagebucli; eb. Nr, 27.
ck. ßrönstedt's Reise durch Griechenland; eb. Nr. 33,
cl, Uebersetzungen und Vervielfältigungen; eb, Nr. 36.
cm. Hippolyt Boratynski, von A. Bronikowski; eb, Nr. 38, 41.
cn, Oberon , Kcinig der Elfen ; eb. Nr, 53,
CO. Buntes Leben, von Hell; eb. Nr. 70.
cp. Teutscher Regcntenalmanacli, von Voigt; eb. Nr. 87,
cq. Englische Taschenbücher; eb. Nr. 102.
LI
er. Niemeyer's Deportationsreise; 1827. Nr. 10.
CS. V. Horinayr's Tasclienbiich der vaterländischen GescJiichtej eb,
Nr. 29.
ct. Briefe aus Marienbad; eb. Nr. 61. 68. 70.
cn. Briefe von Bonstetten an Matthisson ; eb. Nr. 82.
cv. Taschenbuch für Teutschlands Kunstfreunde; eb. Nr. 85.
cw. Navarino; eb. Nr. 96.
ex. Richter's Reisen zu Wasser und zu Lande ; eb. Nr. 97.
cy. Dietrich's Opfer der Verehrung bei'm Tode Friedricli Angust's*
eb. Nr, 99.
cz. Carne's Reise über Cypern und Rhodus nachMorea; eb. Nr. 101.
da. V. Horniayr's Taschenbuch für die vaterländische Geschiclite; eb.
Nr. 103.
db. Teutscher Regentenalmanach, von Voigt; 1828. Nr. 3,
de. Arcliiv der Naturgeschiclite ; eb. Nr. 7.
dd. Blicke auf die neuesten Geschichtswerke; eb. Nr. 11« 12»
de. Tausend und ein Tag; eb. Nr. 20.
df. Van der Velde's Lebenslauf und Briefe; eb. Nr, 21.
dg. Neuer Nekrolog der Teutschen; eb. Nr. 23,
dl«. Huber's Skizzen aus Spanien; eb. Nr. 49,
di. Ecksteines numismatische Bruchstricke; eb. Nr. 52.
dk, Lindau , Leben und Sitten in Persien; eb. Nr. 78.
dl. Erzählungen von Fr, Jacobs, 6tes Bändchen; eb. Nr. 79,
dm. Ueber das Silphium von Kyrene; eb. Nr. SJ. 94. 96.
du, Walsli's Reise von Konstantinopel — über das Balkangebirge- eb,
Nr. 93.
do. Rochlitz, für niüfsige Stunden; eb. Nr. 98.
dp. Vaterländische Altertliumsforschung ; 1829. Nr. 1.
dq. Der Jesuit von Spindler. — Berichtigungen; eb. Nr, 5,
dr. Andeutungen ; eb. Nr. 8.
ds. Frankreichs Religions- und Bürgerkriege, von Herrmann; eb.
Nr. 12.
dt, Andeutung; eb, Nr. 16.
du. Blicke auf die neuesten Briefsammlungen berühmter Männer; eb,
Nr. 21. 23.
dv. Andeutungen aus dem Orient; eb. Nr. 28,
dw. Toniasini, Spaziergang durch Kalabrien und Apulien, — Reise des
Generals Lafayette ; eb. Nr. 31.
dx. Andeutungen zur Biographie; eb, Nr, 34»
,dy, üeber MüUner's frühesten Roman; eb. Nr, 52,
dz. Vergleichungen. l. Die Cravate; eb, Nr. 74. IL Der Ka»nm
als Haarputz; eb. Nr, 78. 79. IIL Die BriUenträger. 1850. Nr.
4, 5. 6. 10.
ea. Nostitz und Jänkendorf , Beschreibung des Sönnensteihs. } 1 1829.
eb. Genthe, Gesclüchte der macaronisclien Poesie; J Nr, 86,
ec. Kurze Anzeigen; eb. Nr. 100.
D*
e«l. riiiistllclie Romane; 1829. Nr. 102.
ee. Neuer Nekrolog der Teiilsclien; 1830. Nr. 9.
ef. Nene Reise um «lie AVeit von O. v. Kot/ebue; eh. Nr, 12,
eg. Erinnerungen an wichtige Werke; eb. Nr. 12.
eh. Andeutungen; eb. Nr. 15. 19. 30. 33. 34.
ei. Norica, von August Hagen; eb. Nr. 16.
ek, SchöIl's europäische Staatengeschiclite; eb. Nr. 27.'
el. Ribliothek der wichtigsten neueren Geschichtswerke des Auslandes;
eb. Nr. 30.
em. Andeutungen ans der ?>dkunde; — Monograpliie ; eb. Nr. 40.
•n, Rufsland, geschildert durch sicli selbst, von Musäus ; eb. Nr, 63,
eo, Jahrbücher der Literatur; eb. Nr. 70.
ep. Bilder des Orients, von H. Stieglitz; eb. Nr. 74,
eq. Stimmen aus der Schweiz; eb. Nr. 76.
er. Der Heynische Virgil. — Berichtigung; eb. Nr. 92.
es. v. Bohlen's altes Indien; — Clark, über den Eintlufs des Klima
auf clironisciie Krankheiten; — Andeutungen; eb. Nr. 97.
et. Allgemeine Scliriftenkunde der gesammten AVappenwissenscIiaft, von
Bernd; 1831. Nr. 10.
eu. Blick auf politische Schriften; eb. Nr, 12.
ev. Blick auf Encyclopädieen ; eb. Nr. 13.
ew» Universalphilosophische Vorlesungen von Krug; eb. Nr. 16, *,
ex. Raumer's Briefe aus Paris; eb. Nr. 19.
ey. Deinhardstein, Skizzen einer Reise; eb. Nr, 46,
ez. Andeutungen; eb, Nr. 50. 87. 89. 102.
fa, Uebersiciiten; eb. Nr. 78.
ib. Das neueste englisclie Vademecum; eb. Nr, 87.
fc. Polens Scliicksal , von Krug ; eb. Nr. 89.
fd. Neue Ausgabe von Klopstock's Oden ; eb. Nr. 92,
fe. Raumer's historisclies Taschenbuch; eb. Nr. 98.
ff. Andeutungen; 1832. Nr. 3.
fg. Andeutungen; literarisches Notizenblatt 1832. Nr. 7. 14. 21. 55.
fh. Andeutungen über die neuesten Heldenlieder in der österreichi-
schen Monarchie J eb. Nr. 31.
11. MüUer's Wörterbuch der richtigen Aussprache ausländischer Ei-
gennamen ; eb. Nr. 35.
fk. Literatur der Sternkunde; eb. Nr. 36.
il. Raumer''s historisclies Tasclienbuch ; eb. Nr, 57. 58,
fm. Marineskizzen und Harzsagen; eb. Nr. 62»
fn. Jugend- und Sittenspiegel J eb. Nr. 75,
fo. Herrmann's Lehrbuch der allgemeinen Weltgeschichte ; 1833. Nr. II.
fp. Teutsche Ausgaben italienischer Klassiker; eb, Nr. 15.
fq. Göthe's und Zelter's Briefwechsel, 1, und 2. Band; eb. Nr. 102.
fr. Blicke auf die monatliche Journalliteratur; 1834. Nr. 1,
fe. Geschichtlich -geographische Taschenbücher; eb. Nr. 8.
ft. Göthe's und Zelter's Briefwechsel; 3. und 4. Band; eb, Nr. 9.
fii. Fr. Thierscli, über Griechenland; eb. Nr. 18.
fv. Haininor'i; Giil und Biilbiilj eb. Nr. 22.
f»-. Knebel, der Uebersetzer ; eb. Nr. 34.
fx, üeber Götlie; eb. Nr. 73.
f). Blicke auf die Literatur der Briefe; 1835. Nr. 2.
fz. Blick auf das Einbeimische; eb. Nr. 8.
46. in der VVi en er Zei t sehr if t für Kunst, Literatur
II n d 31 0 d e :
a. lieber das antike Costünie in Grillparzer's Sappho; 1820. Nr 130.
131.
b. üeber die lierrschende Mode der gewürfelten Stoffe; 1821. Nr,
139. 140. 141.
c. Die Phiderärmel ; 1830. Nr. 136. 137.
47. im I i t e r a r i s c h c n W 0 c h e n h I a 1 1 : Besnch auf der Biblio-
thek zu Wolfen büttel; 1820. August. Nr. 38. und ßeilage.
48. im (Wiener) Conversationsblatt:
a. Kunstansichten; 1821. Nr. 72. 85.
b. Venus im Staatskleide thronend; eb. Nr. 82.
49. in Fr. Kind 's Mnse:
a. An den Herausgeber der Musej 1821, Bd. 4, Heft 2. S. 139 —
148.
b. Meinem edeln Freunde, D. Weigel in Dresden} 1822, Bd. 1.
Hft. 1. S. 102 — 107.
c. An Tiedge, zum Wiegenband ; eb. S. 108 — 111.
d. Auf den Abgufs eines Minervenvogels, der auf einem Menschen-
kopf steht; 1822. Bd. 3. Hft. 1. S. 99 — 106.
e. Der Händezoll, an die dramatische Muse bezalütj 1822. Bd. 3,
Hft. 2. S, 1 — 40.
f. Denkmal der Freundschaft, dem — Dr. Blumenbach — darge-
bracht; 1822. Bd. 4. Hft. 1. S. 71 — 94.
50. zn Klinge mann 's Theateralmanacli f. 1822 : üeber
das heulige Beifallklatscheu im Theater. S. 166 — 181.
51. in dem der Abendzeitung beigegebeneu und von ibm re-
digirten artistischeu Notizenblatte:
a. Kunstnachricliten aus Dresden. — Kunstliteratur; 1822. Nr. 1.
b, Kunstnachrichten aus Dresden. — Kunstliteratur; eb. Nr. 2.
c, Kunstnachrichten aus Dresden. — Klenze's Wiederherstellung
des toskanisdien Tempels. — Cicognara's Kunstbibliothek; eb.
Nr. 3.
d. Kunstnacliricliten aus Dresden. — Fortsetzung von Tischbein'»
Homer, nach Antiken gezeichnet, — Ankündigung; eb, Nr. 4«
8. Kunstnachrichten aus Dresden; eb, Nr, 5,
f. Kunstnachi'ichten aus Dresdent — Klenze's Tempel des Jupiter .
zu Agrigentj eb. Nr. 6.
g. Kiinstnacliricliten ans Dresden, — Lübeck mit seinen Umgebun-
gen; 1822. Nr. 7.
h. KiinstnacliricJiten aus Dresden. — Bildergalerie von Belvedere,
von Carl Haas. — Ankündigung; eb. Nr. 8.
i. Knnstnacliricliten aus Dresden ; eb. Nr. 9.
k. Kunstscliau auf der Leipziger Ostermesse; eb. Nr. 10. 11. 12. 13.
h Kunstnachrichten aus Dresden. — Sappho undAlkäos; eb. Nr. 11,
in. Kunstnachrichten aus Dresden. — Bemerkung; eb, Nr. 12,
n. Bemerkung ; eb. Nr. 13.
o, Kunstnachrichten aus Dresden. — Das Todtengericht auf einer
ägyptischen Papyrusrolle; eb. Nr. 14.
p. Kunstnachricliten aus Dresden; eb. Nr. 15.
q, Kunstnachrichten aus Dresden. — Neue Berliner Theatercostümej
eb. Nr. 16,
r. Das Stereorama des Montblanc -Gebirges; eb. Nr. 17.
s. Das Panorama von Dresden. — Anzeigen ; eb, Nr, 18.
t. Kunstnaclirichten aus Dresden; eb, Nr, 20.
11. Denkmünzen; eb. Nr. 22.
V, Anatomische Vorlesungen für Künstler. — Scenen- und Convcr-
sationsmaier. — Berliner Theatercostüme ; eb. Nr. 23.
W. Kunstnachrichten aus Dresden. — Lithographirte Blätter von
Kunike in Wien, — Jean Paul's Portrait. — Kunstliteratur; eb:
Nr. 24.
X, Kunstnachrichten aus Dresden. — Neue Denkmünzen aus der
Loos'schen Anstalt in Berlin. — Die Darstellung des Christus-
kindes im Tempel nach J, van Eyck, von Strixner lithographirt ;
1823, Nr. 1.
y. Kunstnachrichten aus Dresden. — v. Klenze's griechische Orna-
mente der Glyptik, Plastik und Malerei; eb. Nr. 2.
z. Kirclien, Paläste und Klöster in Italien. — Die Kirche der heil,
Elisabetli zu Marburg, von G, Moller. — Des Regisseurs Hel-
wig Portrait ; eb. Nr, 3.
aa. Neueste lithographische Portraits der Herren Gröger und Alden-
rath in Hamburg. — Kunst und Alterthum von Götlie ; eb. Nr. 5.
ab. Gedäclitaifsmüiize auf den Staatskanzler Fürsten Hardenberg. —
Sechszehn Ansichten der freien Hansestadt Bremen; eb. Nr. 6.
ac. Kunstnaclirichten aus Dresden. — Preisvertheilungsrede des Gra-
fen Czernin, — Heilige iFamilie, von Gleditsch gestochen. —
Anzeige; eb. Nr. 7,
ad. Blick auf die Künstler in Rom, — Ackermann in London. —
Verkündigung; eb. Nr. 8.
ae. Kunstnachricliten aus Dresden. — Britische Akademie in Rom. —
Schlofs Marienburg; eb. Nr. 9.
af. Bemerkung. — Ankündigungen; eb. Nr. 10,
ag. Erinnerungen, — Lithographie; eb. Nr, II.
ah. Amadeas Wenzel Böhm. — Artistisches Allerlei; eb, Nr. 12.
ai. Bilder des grieclilschen Alterthums von Horner, — Der Dom
von Mcifscn. — Älaria von Weber's Portrait; 1823. Nr. 13.
ak. Kunstnachricliten aus Diesden. — Vierundzwanzig Ansichten von
den IVIonti di Biianza im Mailändisclien. — Ankündigungen; eb.
Nr. 14.
al. Kunstnacliricbten aus Dresden; eb. Nr. 15.
am, Kunstnacliricbten aus Dresden, — Fr, Bürde's Pferdeabbildun-
gen ; eb. Nr. 16.
an. Kunstnachrichten aus Dresden; eb, Nr. 17.
ao. Portraits in Kupfersticlien ; eb. Nr, 17. 18.
ap. Kimstnachrichten aus Dresden. — Miscellen ; eb. Nr. 18.
aq. Einlieiiiiische Kunstnacbrichten. — Werner's Denkstein in der
Domkirche zu Freiberg, — Litliographie ; eb, Nr, 19.
ar. Altgriechische Vasen ; eb. Ni'. 20.
as. Altgxiechische Vasen in Millingen's inedited iiionuments ; eb. Nr. 21.
at. Actausstellungen des Lebesnier. — Gargiulo's Werk über die
Vasenformen; eb. Nr, 22,
au. Neueste Prospecte der Schweizer- und italienischen Seen. — Die
Katharinenkirche zu Oppenheim; eb, Nr. 23.
av. Seroux d'Agincourt's Werk vollendet. — Portraits-Ankündigung;
eb. Nr. 2*.
aw. Kunstnacliricbten aus Dresden. — Denkmünzen auf die Vermähl-
ung des Kronprinzen von Preufsen; 1824. Nr, 1.
ax. Kunstnachrichten aus Dresden. — Die Darstellung nach Fra
Bartolomeo von Rahl. — Anzeigen; eb. Nr. 2.
ay. Theatercostümes und Theaterdecorationen ; eb. Nr. 3.
az. Lebende Bilder nach Lalla Book. — Ideenmagazin für Tischler
und Ebenisten. — Ergänzungen antiker Gebäude von Weinbren-
ner. — Ankündigung; eb. Nr. 4.
ba. Dresdener Kunstnachricliten. — Die Wolfssclilncht aus dem Frei-
schützen. — Ankündigung; eb. Ni'. 5.
Lb. Morgenstern, über Rafael's Transfiguration. — Homer, nach An-
tiken gezeichnet. — Die Basilica Pauli in Rom. — Gutensohn's
und Knappe's Denkmale dqr christlichen Religion *, eb. Nr. 6.
bc. Dresdener Kunstnacliricbten. — Vorläufige Anzeige von Minutoli's
Reise nach Aeg-ypten. — Artistisclie Miszellen; eb. Nr. 7.
bd. Des Grafen de Laborde Vasenwerk und des Marchese Haus Sclirift
über Vasen. — Wilbrand's und Ritgen's Gemälde der organischen
Natur. — Ankündigung; eb. Nr. 8,
be. Artistische Literatur. — Ankündigung; eb, Nr, 9.
bf. Blicke auf den Kunsthandel in der Ostermesse 1824, — Marmor
und Granit für Sculpturarbeiten; eb, Nr, 10.
bg. Dresdener Kunstnachrichten; eb. Nr. 11,
bh. Die St. Katharinenkirche zu Oppenheim, — Die korsunschen
Thüren in der Kathedralkirclie zu Nowgorod; eb. Nr. 12.
bi, Sammlung von Originalgemäldeii und Sculptiiren der Familie von
der Kopp in Mitan; 182». Nr. 13.
bk. Ein neues englisches Miinzwerk von seltener Schönheit ; eb. Nr, 14.
bl. Die Dresdener Kunstausstellung; eb. Nr. 15,
bm. Portrait der schonen Viola; eb. Nr. 15,
bn. Portraits, Neues und Altes. — Bilder des griechischen Alterthums. —
Erinnerung; eb, Nr. 16.
bo. Das Stereorania des iMontblane- Gebirges; eb. Nr. 17.
bp. Das Panorama von Dresden. — Anzeigen; eb. Nr. 18.
bq, Nürnbergs teutseher Kunstsinn. — Artistisches Allerlei; eb. Nr. 19.
bi\ Gerhard von Kiigelchen's Küustlerleben , von Hasse. • — Maria
von Weber's Büste, von Ernst Matthäy; eb. Nr. 20.
bs, Denkmäler alter und neuer Baukunst, — Artistisclies Allerlei, —
Ankündigung; eb. Nr. 21.
bt. Copie nach dem grofsen Altargemaide in der katholischen Hof-
kirche; eb. Nr. 22.
bu. Die alten Kunstdenkmäler Wiens. — Anzeige; eb. Nr. 24.
bv. Job, Christian Kiengel ; 1825. Nr. 1.
bw. Die Toppiche nach Rafaers Cartons ; eb, Nr. 2. 3. 4.
bx. Schiller's Kampf mit dem Drachen. — Abbildungen zu H, Meyer's
Kunstgeschichte. — Anzeigen; eb. Nr. 3.
by, Select Coins of Magna Graecia and Sicily. — Berliner Theater-
eostums. — Zimmermann's Nacldafs. — Anzeigen; eb. Nr, 5.
bz. Blicke auf einheimische Künstler. — Artistisclies Allerlei; eb.
Nr. 6.
ca. Blicke auf einheimische Künstler. — Des Hauptmanns von Gore
Werk über Pompeji. — Ankündigung; eb. Nr. 7.
ob. Einheimische Nachrichten. — Klein's Tiffon und der Molossus in
der Antike; eb. Nr. 8.
cc. Blicke auf einheimische Künstler. — Noch ein Wort über die
Derschau'sclie Kunstsammlung und Auction in Nürnberg. —
Nachtiag zu den Bemerkungen über Glasmalerei; eb. Nr, 9.
cd. Kunstschau auf der Leipziger Jubilatemesse ; eb, Nr. 10. 11. 12.
ce. Professor Retzscli's neuestes Unternehmen; eb. Nr, 10.
cf. Römische Alterthümer in Teutschland; eb, Nr, 11. 12. — An-
zeige; eb. Nr. 11.
cg. Einheimische Nachrichten; eb, Nr. 12.
ch. Einheimische Nachrichten. — Dr, Münter's Sinnbilder der Christen.
— Allerlei; eb. Nr, 13,
ci, Hieroglyphenkunde. — Die St, Katharinenkirche in Oppenheim. —
Allerlei ; eb. Nr. 14.
ck. Ueuther's Decorationen. — Allerlei; eb. Nr. 15.
cl. Wittenbergs Denkmäler. — Ankündigungen ; eb. Nr, 16,
cm. Die Altertliümer der Stadt Görlitz; eb. Nr, 17.
cn. Jubelfeier in Weimar ; eb. Nr, 18.
CO. Fleischmann's Ecce homoj eb, Nr. 19.
cp, Vogel's Pliiloso|>liie , gostoclien von Anton Krüger. — Denkmünze
auf die Frau Grofslierzoi^in Louise von Saclisen- Weimar. — An-
kündigung; 1825. Nr. 20.
cq. Abbildungen für archäologische Studien. — Lithographirte Por-
traits. — Ankündigung; eb. Nr. 21.
er, Werke hiesiger Maler. — Literatur über Rafael. — Ankün-
digungen; eb. Nr. 22.
CS, Werke Jiiesiger Maler. — Dr. SeiJer's Naturlehre des IMenscIien
für Künstler und Kunstfreunde. — Des Grafen Foibin Reise nach
dem Morgenlande. — v. Derschauische Kunstversteigerung in
Nürnberg. — Anzeige; eb. Nr. 23.
■ct. Cicognara sulla scultura. Volumi sette. — Allerlei; eb. Nr, 24,
cu. Allerlei. — Ankündigung; 1826. Nr, 2,
cv. Blicke auf einheimische Künstler. — Watt's Holzschnitte. — Dr.
Münter's Sinnbilder der Ciiristen; eb. Nr, 3. 4.
c\v. Portraits. — Allerlei. — Ankündigungen; eb. Nr. 4.
ex, Denkmünzen, welche aus der Loosischen Anstalt in Berlin her-
vorgegangen sind, — Rafael's Portrait der Johanna von Arrago-
nien, — Allerlei ; eb. Nr. 5.
cy. Professor Seyffahrt's Entzilferung der UgyptiscbenHieroglypIien, —
Allerlei; eb. Nr. 6.
<z, Zusatz zu Hirt's Aufsatz über die Sixtinische Madonna. — Schwech-
ten's Dom zu Meifsenj eb. Nr. 7.
da. Zusatz zu Hirt's Aufsatz über Johanna von Arragonien ; eb, Nr, 8;
db. Jean Paul Richter's Portrait; eb, Nr, 9.
de. Die St. Katimrinenkirche zu Oppenheim. — Verzeichnisse zu den
einheimischen Museen; eb. Nr. 10. 11.
dd. Abendunterhaltungen von Herrn v. Quandt.— Anzeigen; eb. Nr. H.
de. Kunstliteratur; eb. Nr. 12.
df. Allerlei; eb. Nr. 12.
dg. Umrisse nach Hamlet von Retzscb. — Professor Vogel's Portrait-
sammlung; eb, Nr. 13.
dh. Kunstausstellungen; eb. Nr. 13. 14.
di. Nürnberger Kunstangelegenheiten. — Nachricht; eb. Nr. 15,
dk. Portraits. -^ Erste Lieferung der lithograpliirten Gemäldeo-alerie
des Königs von Spanien. — Anzeigen ; eb. Nr. 16.
dl. Blicke auf die Ausstellung der k. s. Akademie der Künste in
Dresden; eb. Nr. 17. 18.
dm. Ins[)ector Arnold's Altargemälde. — H. Hase, Uebersichtstafeln zur
Geschichte der neueren Kunst ; eb, Nr. 18,
dn, Grabmal Herzog Heinrich's IV, zu Breslau, herausgegeben vom
Prof. Büsching; eb, Nr. 19.
do. Jos. Führig's Vaterunser — Allerlei, was verdient bekannt zu
werden, — Anzeigen ; eb, Nr. 20.
dp. Glasmalerei in Dresden. — Medaillen auf Gonsaivi und Götbe, —
Allerlei in Beziehung auf Kunst; eb. Nr. 21.
LVIII
dq. Praclitwerk des Barons Otto von Stackeiberg in Rom; 1826. Nr. 22.
dr. Scliiavoni's Hininielfalirt der Jiinyfraii, nacli Tizian. — Anzeige;
eb. Nr. 23.
ds, Dorow's Werk über die römischen Altertliiimer in der NeuwieJer
Sammlung. — Anzeigen; 1827. Nr. 1.
dt, Dr. Panofka's Vasenwerk ; eb. Nr. 2.
du. Prof. DaliPs neueste Laudscliaften. — Verfälschung der Münzen;
eb. Nr. 5.
dv. Denkmünzen. — Kunstnachrichten; eb. Nr. 6.
dw. Noch eine Sixtinische Madonna von Rafael. — Gemäldesamm-
lung des Grafen von Ingenheim. — Anzeige; eb. Nr. 7.
dx. Blicke auf die Ateliers und Kunstleistungen Dresdener Künstler. —
Maxim, v, Speck's Gemäldesammlung. — Allerlei; eb. Nr. 8.
dy, Ramberg. — Abbildungen von Prof. Rauch's Scnlpturen; eb. Nr. 9.
dz. Prospecte und Ansicliten. — Gedäclitnifsmünze auf die kaiserliche
Bibliothek in Wien; eb. Nr. 10.
ea. Blick auf die Leipziger Ostermesse; eb. Nr. 11. 12.
eb. Neue Medaillen ans D. Loos's Anstalt; eb. Nr. 11. 12.
ec. Stieglitz, Gescliichte der Baukunst. — Ankündigung; eb, Nr. 12.
ed. Kunstliteratur. — Nachrichten von der Blücher'schen Kunstauction
in Dresden; eb. Nr. 13.
ee. Polygnot's zweites Gemälde aus der Lesche zu Delphi. — An-
zeige ; eb. Nr. 15.
ef. Die Ausstellung der Dresdener Akademie. — Merkwürdige Ver-
steigerungen. — Allerlei; eb. Nr. 16.
e», Nachrichten aus Dresden. — Denkmünzen, — Ankündigungen;
eb. Nr. 17.
eb, Dresdener Kunstausstellung. — Auctionsanzeigen ; eb. Nr. 18.
ei. Dresdener Kunstausstellung. Nachtrag. — Hamburger Stein-
drücke; eb. Nr. 19.
ek. Horner's Bilder des griechischen Alterthums. — Denkmünze. —
Ankündigungen; eb. Nr. 20.
el. Prof. Gerhard's antike Bildwerke. — Steindrücke. — Ackermann's
Forget me not; eb. Nr. 21.
em. Bürger's Lenore in zwölf Umrissen von Ruhl. — Malerisches
Denkmal auf Friedrich August. — Denkmünze auf die Petersbur-
ger Akademie der Wissenschaften; eb. Nr. 22.
en. Architektonische Altertliümer von Gellnhausen. — Hölzel's Abbild-
ungen der Sclilosserwaaren. — Anzeigen; eb, Nr, 23.
eo, Ueber den Zweck dieser Notizenblätter. — Denk- und Preismün-
zen. — AlierleL — Ankündigungen; eb. Nr. 24.
ej). Rafaefs Schatten. — Einheimisches. — Anzeige; 1828. Nr. 1,
cq, Tliürmer's Ansichten von Athen. — Fund eines neuen Marmor-
bruches in Ungarn für Bildliauer. — Darmstädter Zinkographie
zum Befsten der Alterthumskunde; eb. Nr. 2.
er. Inghiiami's Gallgria Onaerica. — v. Wessenberg's christliche Bil-
LIX
der. — Blicke auf die neuesten Kunsterscheiaungen In Frankfurt
a. M.J 1828. Nr. 3.
es. Neue Schweizer- uad italienisclie Ansichten von Wetzel. —
Teutschlands Kaisermünzen des Mittelalters von Götz. — LoQsi-
sche Denkmünzen auf berühmte und verdiente Teutsche. — An-
zeige ; eb. Nr. 4,
et. Der Fünfgurt, Huldigungskupferstich auf das Jubiläum des Grofs-
Jierzogs von Weimar; eb. Nr. 5.
eu. Noch ein Wort über Palmaroli in Dresden, — Steindruck in Eng-
land. — Anzeige; eb, Nr. 6.
ev. König Ludwig, der Wiedererwecker teutscher Kunst, — Einhei-
mische Kunstnachrichten; eb. Nr. 7.
ew, Kunst- Allei'Iei, — Anzeige; eb, Nr. 8.
ex, Einheimisclies, — MoUer's Denkmäler der teutsclien Baukunst;
eb. Nr. 9.
ey. Zeugnifs für Palmaroli. — ■ Blicke auf den Kunsthandel in der
Leipziger Ostermesse; eb, Nr. 10. 11. 12,
ez« Anzeige von Dresdener Kunstsaclienj eb. Nr. 11.
fa. Zur Medaillenkunde, — Dresdener Kunstanzeige j eb, Nr, 12.
fb. Die Kunstschätze in Obrzistwy. — Nürnberger Kunstsachen j eb,
Nr. 13.
fc. Anzeige; eb. Nr. 14.
fd. Göthe's Portrait von Stieler. — Vorwort über die diefsjährige
Kunstausstellung; eb. Nr, 15,
fe. Die vom Domherrn v. Ampach in Naumburg veranstaltete Ge-
mäldeausstellung. • — Einheimisches; eb, Nr. 16.
ff. Zahn's Ornamente von Pompeji. — Beurtheilungen ; eb. Nr. 17.
fg. Bauer's Gemmen- und Medaillenpasten. — Anzeige; eb, Nr. 18,
fli. Einheimisches. — Taschenbucli -Kupfer, — Die Basiliken in Rom,
— Ethnographische Denkmäler. — Anzeige} eb. Nr. 19,
fi. Die St. Katharinenkirche in Oppenlieim; eb. Nr. 20.
fk, Elbprospecte, — Die neuesten Denkmünzen. — umrisse zu Gö-
the's Herrmann und Dorothea. — Anzeigen; eb, Nr. 21.
fl. Einheimisches. — Witscliel's Morgen- und Abendopfer. — Ferdi-
nand Ruschweih; eb, Nr. 22.
fin, Leipzig und seine Umgebungen. — Zahn's Ornamente, IL Heft. —
Literatur; eb, Nr. 23.
fn. Dalp's Ritterburgen und Bergschlösser der Schweiz. — Esquisses
des drames de Shakespeare, — Joseph Rebell, — Einheimisches i
eb. Nr. 24.
fo. Eiidieimisches. — Literatur; 1829. Nr, 1.
fp, Herder'sche Kunsthandlung in Freiburg im Breisgau, — Einhei-
misches. — Anzeige ; eb, Nr. 2.
fq, Dr. Dorow's Kunstsammlungen und Ankündigungen. — Anzeige}
eb. Nr. 3.
fr. Archäologische Correspondenzanstalt in Rom, — Werke zur Bau-
LX
kuiist und Alterthuniskunde. — Denkmünze, — Anzeige; 1829.
^Y. 4.
fs. Kinlieimisches; eb. Nr. 5.
ft. Einheimisches — Pariser Steindruck der Rafael'schen Madonna
in der Stiftskirche zu Kouen. — Litliograpliirte Kircliengesänge
mit Einfassungen von Arabeskcnbildern; eh. Nr. 6,
fu. Crescenz Jak. Seydehnann. — Der Glasmaler Viertel. — Beab-
sichtigte Stiftung für Künstler; eb. Nr. 7.
fv. Blicke auf die Ateliers und Kunstleistnngen Dresdener Künstler. —
Maxim, v. Speck's Gemäldesammlung. — Allerlei; eb. Nr. 8.
fw. Kunstnachrichten aus Dresden. — Britische Akademie in Rom. —
Schlofs Marienburg; eb. Nr. 9.
fx. Bemerkung über perspectivische Darstellung auf Münzen. — An-
kündigungen-, eb. Nr. 10,
fy, Kunstliandel und Kunstschau während der Leipziger Ostermesse;
eb. Nr. 11. 12.
fo. Schirmende Fürsorge wegen Erhaltung alter Kunst- und Baudenk-
maler; eb. Nr. 11.
ga, Kunde aus dem Meifsener Oberlande. — Denkmünzen. — Ankün-
digung; eb. Nr. 12.
gb, Prof. Dahfs neueste Landscliaftsgemälde, — Henriette Sonntag als
Agathe im Freischütz. — Mazeppa unter den Wildfängen in den
Steppen der Ukraine. — Umrisse nach Tliorwaldsen's Werken. —
Allerlei. — Anzeige einer Gemäldeversteigerung; eb. Nr. 13.
gc Einheimisches, — Farben; eb. Nr. 15.
ed. Prof. Vogel's Portraitsammlung. — Ernst Oelime's Reichenbach-
j^lp^ — ZöUner's Cliristus von Carlo Dolce, — Denkmünze auf
Hahnemann. — Anzeige; eb, Nr. 16.
ge. Blicke auf die gegenwärtige Kunstausstellung; eb. Nr. 17, 19. 20.
gf. Wanderungen einzelner Bildwerke, — Blumenmalerei in colorirten
Bildtafeln; eb. Nr. 17.
gg. Nekrolog. — Allerlei. — Anzeigen ; Nr. 18.
g]i. Bildliche Erinnerungen an den Reichstag zu Worms und an die
Augsburger Confession. — Anzeige; eb. Nr. 19.
gi. Allerlei. — Anzeigen; eb. Nr. 20.
gk. Baron v. Stackelberg's malerische Prospecte von Griechenland. —
Anzeige; eb. Nr. 21.
gl. Kupfer- und Staldsticlie in den Taschenbuchern. — Loosische
Denkmünzen; eb. Nr. 22.
gm. Litliographie; eb. Nr. 23. 24.
gn. Malerisclie Ansichten von Prag in 7 colorirten Blättern ; eb. Nr. 24.
go. Der säclisische Kunstverein in Dresden, — Des Bildhauer's Mack
Arbeiten in Conturen ; 1830. Nr, 1.
gp. Einheimisches; eb. Nr. 2.
gq, Lebenszeichen der archäologisclien Correspondenzgesellschaft in
Rom, — Einheimisches. — Fortgesetzte Kunstwerke; eb. Nr. 3.
LXI
gr. Kinheiinisclies ; 1830. Nr 4.
gs. Prof. Blasins HÖl'ers neueste Versuclie im Holzschnitt. — Die v,
Canicofsclie Gemäldeversteigerung. — Ikonologie. — Anzeige; eh.
Nr. 5.
gt. Das Mantnanische Gefdfs, — EinlieimiscJies ; el). Nr. 6.
gu. Ernst Stölzel. — Gedäclitnifsmünze auf «lie Jubelfeier der Augs-
burgisclien Confession ; eh. Nr. 7.
gv. Vogel's Altarbild. — Wilhelm Zahn's neueste Werke. — Leipziger
Stein drücke; eh, Nr. 8,
gw. Kunstschau anf der Leipziger Jubilatemesse ; eh. Nr. 9, 10.
gx. Francesco Inghirami's Galeria Omerica, — Raoul-Rochette's Mo-
nuniens inedits. — J. Fr. Baumann; eb, Nr. 11.
gy. Zur Medaillenkunde. — Luther in Leben nnd That, ein Bilder-
buch. — Trangott Leberecht Pochmann; eb, Nr. 12.
gz. Allerlei; eb. Nr. 13.
ha. Hirt's Bemerkungen über die Dresdener Gemäldegalerie und das
Antikenmuseum. — Periorama von Teplitz ; eb. Nr. 14.
hb. Einheimisciies. — Ankündigung; eb. Nr. 15.
hc. Einheimisches. — Das königl. Museum in Berlin. — Entwürfe
nnd Studien eines niederländischen Meisters aus dem fünfzehnten
Jahrhundert; eb. Nr. 16.
hd. Einheimisches; eb. Nr. 17.
he. Dresdener Kunstausstellung. — Fülirig's Genovefa ; eb. Nr. 18,
hf. Zur Medaillenkunde; eb. Nr. 18. 19.
hg. F. nnd G. Riepenhausen und ihre neuesten Werke. — Allerlei;
eb. Nr. 19.
hb. Wichtige Ergebnisse der Ausgrabungen des Prinzen Canino in
der Ebene bei'm alten Velinum ; eb. Nr, 20, 21.
hi. Malerisclie Darstellung von Prag. — Ankündigung; eb. Nr. 20.
lik. Der verteutschte Lanzi. — Die AViener Aglaja; eb. Nr. 21.
hl. Vorwort zu Hirt's Gegenbemerkung über seine Kunstbemerkun-
gen. — Anzeige; eb. Nr. 22.
Lm. Einheimisciies. — Miszellen. — Anzeigen; eb, Nr. 23.
hn, Versammlungen des säclisisclien Kunstvereins, — Der Lithograpli
Ludwig Zöllner. — Lithographirte Karten und Tabellen; eb,
Nr. 24.
lio, lieber den Doppelgänger der Dresdener Sixtinischen Madonna in
Ronen. — Radirungen von Ludwig Richter. — Die Sclilacht bei
Bauzen, ein Bataillenstück. — Anzeige; 1831, Nr. 1.
hp. Eine nnvergleichliche Handzeichnung Rafael's. — Artistisches Sur-
rogat für die Neujahrwünsche. — Gedächtnifsmünze ; eb. Nr. 2.
hq, Sonntagsversammlung des Kunstvereins in Dresden, — Der Dom
zu Magdeburg. — Anzeige; eb, Nr. 3.
hr, Einheimisciies, — Der Ritter Giuseppe Longhi, — Anzeigen} eb.
Nr. 4.
lis. Einlieiinisclies. — Die Litliochromie. — Allerlei. — Anzeige;
1831. Nr. 6.
ht. Einlieiinisclies. — Denkmünzen. — Holbein's Todtentanz. — An-
zeige; eb. Nr, 7«
l»u. Atlas der Sdilachten. — Gescliiclite des Reiclies Gottes in Mil-
dern. — Besclireibung der Müncbener Glyptotbek. — Allerlei ; eb.
Nr. 8.
hv. Blicke auf die Leipziger Ostermesse; eb. Nr. 9. 10, 11. 12.
liw, Leipziger Verein des Kunstliandels ; eb. Nr. 9.
lix. Copmann's Erfindung, die Pastellfarben zu iixiren« — Anzeige;
eb. Nr. 10.
by. Die Bilderchronik des sächsischen Kunstvereins; eb. Nr. 12,
hz» Marmorvase im gi'ofsen Garten. — Thorwaldsen^s Statue der Hoff-
nung, zum Denkmal auf die Frau v. Humbold aufgestellt. — An-
zeige; eb. Nr. 13.
ia. Kunstausstellung in Dresden. — Grofse Portraitsammlung. — Li-
thographirtes Portrait von Ihre K, H. der Prinzessin Amalia Au-
gusta; eb. Nr. 14.
ib. Ausstellung, — Denkmünze. — Allerlei; eb, Nr. IS,
ic. Ansstellung. — Gedächtnifsmünzen; eb, Nr. 16,
id. Ausstellung, — Notizen ; eb. Nr. 18.
ie. Die Dresdener Bildergalerie. — Der Professoren Enslen und Sac-
chetti Dioramen, — Prof. Oesterley's Umrisse zu Wilhelm Teil, —
Anzeige; eb. Nr. 19.
if. Herrmann's Jupiterstatue. — Zur Literatur und Kunst. — Noti-
zen; eb, Ni-, 20.
ig. Costüme. — Ueber die neueste Bereiclierung der Vasensammlung
im k. Museum in Berlin; eb. Nr 21.
ih. Yerzeichnifs der in Teutschland erscheinenden Kunstsaclien in
Monatslieften. — Denkmal auf die Sclilacht bei Breitenfeld, —
Ludwig Zöllner in Dresden. — Ankündigung; eb. Nr. 22.
ii. Holzschnitte, ~ Anzeige; eb, Nr, 23.
ik. Einheimisches. — Portraits; eb, Nr. 24.
il. Bildliche Neujahrsgeschenke in Böhmen.— Erhaltung alter Kunst-
denkmäler in Sachsen; 1832. Nr. 1.
im, Säclisisches Künstler- Lexikon, — D, Lucanus, über Restaurirung
der Gemälde; eb, Nr. 2.
in. James Millingen P^sq. — Ankündigung; eb, Nr. 3,
io Versammlungen zur Beschauung und Beurtheilung der Kunstge-
genstände. — Kupfer zu Taschenbüchern, — Spekter'scher Stein-
druck in Hamburg; eb, Nr. 4.
ip. Prof. Dahl's neueste Landschaftsgemälde. — Allerlei ; eb, Nr. 5.
iq. Italienische Kunstliteratur. — Verzeichnisse, •— Ankündigung; eb.
Nr. 6.
ir. Göthe's Apotheose auf einer Denkmünze. — Karl y. Kügelchen;
eb. Nr, 7,
is. Einheimisclies. — Prof. Julius Sclinon's Carton; 1832. Nr. 8.
it. Einheimisches. — Denkmäler der griecliisclien und teutschen Bau-
liunst. — Denkmünzen. — Kunstvereine und Ausstellungen; eb.
Nr. 9.
in. Der Todtentanz auf dem Dresdener Kirchhofe za Neustadt; «b.
Nr. 10.
iv, Alterthümliche Bildwerke; eb. Nr. 11.
iw. Einheimisches. — Notizen. — Anzeige; eb. Nr. 12.
ix. Der Kunstliandel in der Leipziger Ostermesse; eb. Nr. 13. 14,
iy. Englische Spottbilder; eb. Nr. 13.
iz. Kunstnachricliten. — Ankündigung ; eb. Nr. 14.
ka. Die Kunstausstellung in Dresden. — Allerlei; eb. Nr. 15,
kb. Denkmäler der alten Kunst. — Köhler, über die Fischereien der
Alten im schwarzen Meere. — Künstliclie Eisenarbeiten. — Das
Verzeichnifs der v. Ampach'schen Kunstschätze. — Allerlei J eb»
Nr. 16.
kc. Dresdener Ausstellung. — Portraits von Göthe. — Anzeigen J eb,
Nr. 17.
kd. Thorwaldsen's "Werke. — Anzeigen ; eb. Nr. 19.
ke. Heinrich Meyer in Weimar. — Denkmal auf Justus Moser J eb,
Nr. 20.
kf. Kunstausstellungen und Kunstvereine; eb. Nr. 20. 22.
kg. Klng's Fahrt des Aeneas an die Küste von Latium. — Teutscher
Rittersaal von Keibisch. — Nekrolog. — Denkmünzen; eb. Nr. 21.
kh. Am Grabe Heinrich Meyer's. — Erklärung der Hogarth'schen
.Si)ottbilder von J. Pierre Lyser. — Monument auf Guttenberg;
eb. Nr. 22.
ki. Der Sonntag in sechs Kupfertafeln von Berthold. — Portrait von
Fr. K. v. Strombeck. — Denkmäler. — Mancherlei; eb. Nr. 23.
kk. Stölzel's Krönung der Jungfrau. — Einheimisches. — Ludwig
Richter's malerische Ansichten ; eb. Nr. 24.
kl. Der St. Stephansthurm nnd seine alten Kunstdenkmale von Tschiscli-
ka. — Ludwig Grüner. — Allerlei. — Die gräflicli Einsiedel'sche
Kupferstichsammlung; 1833. Nr. I.
km Sir Humphry Davy's Betraclitungen auf einer Reise. — Dauer
der Gypsabgüsse ; eb. Nr. 2.
kn. Münzkunde. — Portrait des Prinzen Mitregenten von Zöllner»
eb. Nr. 3.
ko. Antike bemalte Thongefäfse. — Der kreuztragende Heiland von
Eicimer; eb. Nr. 4,
kp. Thätiger Eifer des Kunst- und Gewerbevereins in Königsberg. —
Stahlstich; eb. Nr. 5.
kq, Dominico Rosetti's Montiment auf Winckelmann in Triest. — ■ Die
sieben Schwaben. — Allerlei; eb. Nr. 6.
kr. Die Schlofskirche zu AVechselburg, dem ehemaligen Kloster Zschil-
len, — Kunst in Polen. — Paul Gerhard's Bilduifsj eb. Nr, 7,
LXIV
ks. Erste Kimstaiisstellung in Hannover. — üebcr Wien und IMiin-
clien. — Litliograitliiito llandzoiclmungen aus der .SainnUiing; des
J'^rzherzogs Carl von Oesterreicli; 1833. Nr. 8.
kt. Blicke anf den Kunsthandol in der Leii)ziger Osterniesse; eh,
Nr. 9. 11.
kn. Das Geistreicliste, was die letzte Messe braclite. — Merkwürdige
Erscheinung; eb. Nr. 9.
kv. König's Denkmünze auf die Vermahlung des Prinzen Friedrich,
Mitregenten von Sachsen. — Dresdener Kunstsachen. — Nach-
richt; eb. Nr. 10.
kw. Vaterläiidisclie Alterthnmskunde; eb, Nr. 12,
kx. Andeutungen zur neuesten Kunstliteratur. — Overbeck's 'Vinzug
Christi in Jerusalem , von Otto Speckter. — Köhler, über einige
noch unerklärte Masken auf geschnittenen Steinen; eb. Nr. 13»
ky. Blicke auf die neuesten Werke über die alte Kunst, — Das rö-
mische Leben ; eb, Nr. 14,
kz. Einheimisches ; eb. Nr. 15.
la, Dreifsig Erinnerungsbidtter. — v. Amnion's Portrait. — Vermischtes.
— Liederl)nch für teutsche Künstler; eb. Nr, 16.
Ib. Einlieimisches; eb. Nr. 17,
Ic. Vermisclites ; eb. Nr. 18.
Id. Mannichfaltiges. — Anzeige; eb. Nr. 19.
le. 25 Ansicliten der St. Gottliards-Strafse. — Litliograpliie von Giere
nach einem Gemälde von F. und J. Riepenhauseri. — Das Sittliclie
der bildenden Kunst bei den Grieclien, von D, Grüneisen, —
Neueste Kupferstichauctionen ; eb. Nr. 20.
If. Archäologische Studien, — Einlieimisches, — Anzeige; eb» Nr.
21.
lg, Monumens inedits, von Raoul-Rochette ; eb. Nr. 22. 23.
Ih, Lithographieen und Holzschnitte, — Versciiiedenes ; eb. Nr. 22,
li. Professor Thürmer. — Ankündigung; eb. Nr. 23.
Ik, Kunstausstellung in Königsberg — Neue Kupferstiche, — Vita
di Rafaele da Urbino. — Anzeige ; eb. Nr. 24.
11. Neue Kupferstiche. — Weitbrecht's vier Jahreszeiten ; 1834. Nr. 1.
Im. Dr. MüUer's Beiträge zur teutschen Kunst- und Geschiclitskunde,
— Andreas Ilofer, von Scholler, — Die Magazine mit Holz-
schnitten. — Notiz; eb. Nr. 2.
In. Blick anf ein englisches Kunstatelier; eb. Nr, 3.
lo. Geliert's Portrait, — Auctionen. — Anzeige; eb, Nr. 4.
Ip. Besuch in den Werkstätten einheimischer Künstler. — Ephraim .
Gottlieb Krüger. — Allerlei; eb. Nr, 5.
Iq, Besuch in den Werkstätten einheimischer Künstler. — Ankündig-
ung des Kupferstichs von Correggio's heiligejii Franziscus in der
Dresdener Gemäldegalerie; eb. Nr. 6.
Ir, Dodwell's cyklopische Mauern. — Finden's Bibellandschaften, —
Besuch in den Werkstätten einheimischer Künstler; eb. Nr. 7,
Is. Besuch in dea Werkstätten u. s. w. ; 1834. Nr. 8.
It. Anwendung der HolzscJineidekunst auf wohlfeile und geschmack-
volle Ünterhaltungsschriften ; eb. Nr. 9.
lu. Einheiinisdies. — Prof. Hartmann's Bemerkungen über die königU
Akademie der Künste; eb, Nr. 10.
Iv. Kunstsdiau auf der Leipziger Ostermesse; eb. Nr. 11. 12,
Iw. Der Triumph des Stahlstiches) eb. Nr. 11.
Lx. Die erste Lieferung von der Fortsetzung des grofsen Münchener
Galeriewerkes ; eb. Nr. 12.
Ij-, Prof. Rietschcrs Relief- Cyclus in dem Fronton des Angusteums
in Leipzig. — Landschaften und Prospecte. — Lange's Monu-
mente der gothischen Baukunst zwischen Mainz und Cüln; eb.
Nn 13,
Iz. Petzl's neuestes Bild, — Tresor glyptique et nuniismatioue. —
Anzeige ; eb, Nr. 14.
ma. Die Dresdener Kunstausstellung. — Semper, über vielfarbige Ar-
chitectur und Sculptur bei den Alten. — Allerlei. — Anzeige;
eb. Nr. 15.
tiib. Lithographie, — Prof» Höfers Holzschnittschule. — Allerlei; eb.
Nr. 16.
mc. Archäologisches Institut in Rom. — Galerie der Vasen im kÖnigl,
IVFuseum in Berlin. — Jäck's Schriftmüster der Bamberger Biblio"
thek. -T- Benedetti's Portrait des Kaisers Franz; eb. Nr. 17.
hid. P^inheimisches; eb. Nl". 18.
me. Gräfin Julie von Kglofstein. — Römische Scenen; eb. Nr. 120»
mf. Das Volksfest von Nürnberg. — Einlieimisches ; eb. Nr. 21.
mg. Prachtgefäfse und Pokale. — Ottfried und Eduard ^Uillei'. Schnaase.
i — Abbildung des geschnitzten AltärschteinCs in der Domkii'che
zu Schleswig; eb. Nr. 22,
!iih. Ein Wort, das Gothe gesagt hat. — D. Grote's Blattei- zlil' .Mnnz^
künde, — Galerie ausgezeichneter Aerzie von Dr. AVejland in
Paris. — Retzsch's Umrisse nach Gölhe's Faust; eb» Nr, 23,
hü. R. Weigel's Kunstcatalog, — Anzeigen ; eb. Nr. 24%
mk, Denkmalkunde, — Antiken- Cabinet des Grafen Pourtales in Pa-
ris. — Kunstliteratur ; l835, Nr. 1,
hil, Creuzbauer^s Verlag; eb. Nr, 2,
mm. Münzkunde. — Numismatische Anzeige eines Werkes über die
lötnischen Gröfsbronzen. — M, K. KlUg. — Anzeige ; eb. Nn 3.
mn. Thorwaldsen. — Kunstvereine. — Notiz} eb. Nr, 4.
mo. Herzogliche Gemäldegalerie in Gotha. — Einheimisches. ■^ An-
zeige ; eb, Nr. 5.
mp. Schinkel's architektonische Entwürfe.^— Einlieimisßhes ; eb, Nr G.
niq. Ottfr. Müller's Handbuch der Archäologie — Die vertieft ge-
schnittenen Steine der königl. preul's. Gemmensammlung. — Pi-
lot)'s neues Galeriewerk in München. — Anzeige; eb. Nr. 7.
mr. Neueste Werke über die Baukunst/ — Einheimisches; eb, Nr, 8.
Bötliger's hleiiie Scliriftcn I. E
LXVl
ms. KinlK'iijiisclies. — Ansichten und Prospecte. — Gelliard's arcliäo-
lopisclie Vorlesungen. — Levezow's Abliandlnngen. — Anzeige;
eh. Nr. 9.
mt. Kiinstvereine ; eb. Nr. 10.
mu. Knnstbericlit von der Leipziger Ostermesse. — Notiz; eb. Nr, 11,
mv Ilolbein's Todtentanz. — Notizen ; eb. Nr. 12.
mw. C. F. Kolhe. — Kinheiinisclies. — Allerlei ; eb. Nr. 13.
mx. Ferdinand Pettrich. — Fr. Hanfstängel. — Schnitters colossaler
Helm als Denkmal auf den General Lecoq. — Schuster's grofse
Reliefcharte von Mitteleuropa; eb. Nr. 14.
my. Die akademische Gemäldeansstellung in Dresden. — Kinlieimi-
sclies; eb. Nr. 15.
mz. Vorlegeblätter für Verziernngskünstler. — Scliinkers Meiibelent-
würfe. — Kalisch; eb. Nr. 16,
na. Einlieimisclies; eb. Nr. 17.
nb. Das Monument bei Tejditz; eb. Nr. 18.
nc. Klemm's germanische Altertliumsknnde; eb, Nr. 19.
nd. Galeriewerke. — Kunstliteratni-, — Naclirichten; eb. Nr. 20«
ne. Das Königsmonument in Miinclien; eb. Nr. 21.
52. iJ» «ler Leipziger IM o d e z e i l ii ii a,- :
Brief an den Herausgeber der Leipziger Allgemeinen Modezeitung.
1824. Nr. 55. 56,, 57.
53. in dorn dem Mo rgen hla tte für gebildcle Leser beii;eü,oI)e-
iieii Literafinhlatle :
a. Blicke auf merkwürdige Erscheinungen in der Literatur; 1824,
Nr. 1. 3.
b. Noch ein Wort über die tausend und eine Naclit und einige an-
dere Saclien ; eb. Nr. 18.
c. Blicke auf Historiographie; eb. Nr. 19. 20.
54. in (lern der A b e n d z o i t ii n «^ beigoi!,ehenen E I n h e i m i s c li e n :
a. Numismatik. — Nichtakademisclie Vorlesungen; 1825. Nr. 3.
b. Das Kthnorama;'l82G. Nr. 1.
c. Don Gutiere; eb. Nr. 2. 3.
d. Einheimische Literatur; eb. Nr. 21. 23,
e. Ueber das Vergnügen der Schlittenfahrt, zum Fest eriioben; 1827
Nr. 3.
f. Fridericum Augustum, Patrem Patriae palma coelesti donatum;
eb. Nr, 9.
g. Neuer Metaligufs der Glocken in Meifsen; eb. Nr, 14.
li. Der Tasclienspieler, Uebersetzung eines Briefes des Alcipliron }
1828. Nr» 2.
55. in F. A. Ebert's üeberliefer ungen (1826):
a. üeber J. D. Michaelis Lehren und Leben in Göttingen; Bd, I.
Hft. 2, S. 49-57.
b. Cicalataj eb. S, 57 — 75.
LXVII
c. Erinnerungen an das Üterarisclie Berlin; eb, S, 97 — 117, und
B«l. 2. Hft. 1. S. 33 — 46.
d. Literarisciies Leben an der Universität Kiel, beobachtet auf einer
Reise dahin von Hamburg im J. 1797; eb. S. 130 — 160.
56. in : Funken, a n s H y iii e n s F a c k c i !>° c z ü ii d e t , unserer
Antonia Hasse, Dresden 1827, 16. Die Hvacinllie S. 3 — 8.
u. Frau Schindler S. 28. (Tentsehc Gcdiehle).
57. in Jahn 's Jahrbüchern für Philologie und Päda-
gogik, Bd. 9. 1829. S. 211—219. — Ueber die ueu-
euldecktCH Grotlengeaiäldn von Tarquinii.
58. in : Spruch- u n d L i e d e r k r a n z zum AlbrechlDürre rs-
Fesle i» Dresden. Dresd. 1828. 8.: Rede S. 9—18. uud
Aufruf zur Stiftung eines Kunstvereins S. 36 — 39.
59. in Nostitz uud Jünkendorf s Beschreibung der Heil-
nud Yerpflegungsanstalt Sonnenstein. Dresd. 1829. 8. —
Ueber eine Stelle iu Piuel's Nosographie; Th. 1. S. 307. ff.
60. in der AI Ige me ine n Schul zei tu ug (zweite Abtheilung) :
a. De loco Horatiano a Groebelio tentato und Epistola ad Groebeliuin
missa. 1829. Nr. 56.
b. Genethliacon ad amicum coelibem. eb. Nr. 73.
61. in der Leipziger Literatur -Zeitung: De Lobekii
Aglaophanio narratio, 1830. Nr. 134.
62. in Bra n's Mi nerva: Vorwort zu: die Stimme der Todten;
1835, Dccember. S. 369.
63. in Christian Gottfr. Schülz's Leben, Charakter nud
Verdieust, von F. K. J. Schütz sind Briefe vou Böttiger
abgedruckt Bd. 1, S. 14 — 32.
Vor red en :
1, zu Wansey, Tagebuch einer Reise durch die vereinigten
Staaten von Nordamerika, ans dem Englischen. Berlin 1797. 8,
2, zu (Feruow's) Sitten- nnd Culturgemäldc von Rom. Go-
tha 1812. 12.
3, zu Bibliotheca lo. Christophori Adelungii. Dresd. 1807. 8.
4» und Anmerkungen zu Elise v. d. Recke, Tagebuch
einer Reise u. s. w. B. 1. — 4. Berlin 1815.
5. zu Catalogus Bibliothecae Fr. Volcm. Reinhardi. Dresd. 1816. 8.
, 6. zn der Denkschrift über Lord Elgin's Erwerbun-
gen in Griechenland. Nach der zweiten englischen Ausgabe
bearbeitet" mit Bemerkungen der Weimar'schen Kunstfreunde.
Leipzig und Altenbnrg. 1817, m. l Kupf.
7. und Aunierkungen zu Winckelmaiin's letzter Lebeuswoche
von D. Dom. v. Roselti, Dresden 1818.
8. zu Pandurus Hari oder Denkwürdigkeiten eiues Hindu. A.
d. E. B. 1 — 3. Bresl. 1826.
9. Vorwort zur praktischen Anleitung zur Redekunst; Dresd.
1829.
10. Vorwort zur praklisclcn Anleitung- zur Dichllvunsl; Dresd.
1820.
11. Einleitung- zu Cleveland , nalürl. Solm Cromwell's, frei über-
setzt von St. Nellv. Th. 1 — 3. Leipzig 1832.
12. zu Ca(aIo2,ns libroruiu quos collegit. A. Tli. GeLhardtius,
Dresd. 1833. 8.
B ö 1 1 i g- e r g a h heraus:
1. (*) Das Journal des Luxus und der Mode, 1796 —
1804, obgleicl» Uertuch als Redacteur fortwährend geuannt
■wurde.
2. (*) Den neuen teutschen Merknr 1797 — 1809, unter
AV i e 1 a n d ' s Namen,
3. (*) Dresdener L and wchrb lütter Nr, 1 — 15. Dresd.
1814. n. 1815. 8,
4. (*) mit Vorrede: Briefe ans Rom i. d. J. 1808—10.
üb. die Verfolgung, Gefangennehmung u. Entfernung des Pap-
stes Pins VII. von Friederike Brun. Dresd. 1816. 2le
Auflage mit Pius VI. Bildnifs. 1820.
5. Das artistische Noiizeublatt, welches seit 1822 — 1835 der
Dresdener Abendzeitung beigegeben wurde.
6« mit Th. Hell: K. F. van derVelde's Schriften, 3te
Auflage nebst Lebenslauf und Briefen. Bd. 1 — 25, Dresd.
1825 — 27.
•Anonym: s, oben Allgemeine Zeitung-; aufscrdem
Recensionen in der Allgemeinen und der Leipziger Lileralur- Zei-
tung, in der neuen aligemeinen teutschen Bibliothek, in der Go-
thaischen Gelehrten -Zeitung, in der Leipziger Zeitung s. 1831,
iu dem literarischen Conversalionsblatt, im Couversations-Lexikou,
in den teutschen Blättern. Einzelne Artikel sollen auch in der En-
C)klop;idie von Ersch und Gruber sich finden, und vieles von lo-
calem und tempoiärcm Interesse in dem Dresdener Anzeiger theils
mit seinem INamcu , theils ohne densclbeu.
•>^^Q^B><
Inhalts verzeichnifs des ersten Bandes.
1^'
Seite.
Vorrede des Herausgebers ♦♦,.. «..;.♦« "VIT.
Verzeichnifs von C, A, Böttiger's sämmtlichen Scliriften ^ , , XIIL
Erste Abtheilung.
Zar Mythologie der Griechen und Römer.
Seite.
I. Pallas Miisica und Apollo, der Marsyastödter ; aus Wie-
land's attischem Museum. Bd. 1. 1796. Heft 2. S. 279.— 38o. 3
II. Ilithyia oder die Hexe; ein archäologisches Fragment nach
Lessing. "Weimar. 1799. C^^azu Tafel I.) 61
HI. Dife heilbringenden Götter; aus dem Journal des Luxus und
der Moden, 1803. Januar. S. 3 — 31. (Dazu Tafel II.) . 93
IV. Der Aesculapiusdienst auf der Tiberinsel-, aus K. Sprengel's
Beiträgen zur Geschichte der Medizin, Bd. 1« St, 2. S,
163 — 202 ♦ . 112
V. Aelteste Spuren der Wolfswuth in der griechischen Mytho-
logie j aus K. Sprengel's Beiti'ägen zur Geschichte der Me-
dizin. Bd. 1. St. 2. S. 1 — 45 , . . ♦ 135
VI. Eros und Anteros; aus der allgemeinen Literatur -Zeitung.
1803. Bd. 4. Programm . . . ^ . . 159
\U, Cyclopen und Arimaspen ; Sitte der Alten , sich den Körper
zu malen und zu punktiren ; aus Wieland's teutschem Mer-
kur. 1792. St. 6. S. 139 — 164 164
yill. Die Jungfernprobe in der Drachenhöhle zu LanuviumJ aus
- dem Gothaischen Hofkalender 1795. S. 34. IF. 178
IX. üeber die Keledonen ; aus Wieland's neuem teutschen Äler-
kur. 1800. St. 5. S. 56 — 64 183
I.XX
Zweite Abtheiliing,
Zum BühneiiwescD der Gricehen und Römer,
Seite.
I. Die Furienmaske ira Tranerspiel und auf den Bildwerken
der alten Griechen, 'VVeiinar. 1801. 8. (Dazu Tafel IH —
VI.) 189
II. Das Schwert der tragisclien Muse; aus M'ieland's teutscheni
Merkur. 1802. St. 4. S. 302—308 277
III. Tragische Masken und Tempel der Alten ; eine archäologi-
sche Parallele; aus AVieland's teutschem Merkur. 1799. St.
11. S. 217 — 237 281
IV. lieber die Sclaventracht der fabula palliata; ungedruckt,
aus einem Briefe an einen Freund vom Jalire 1834 . . , 292
V. Waren die Frauen in Athen Zuschauerinnen bei den drama-
tischen Vorstellungen? Erste Abhandlung aus Wieland's
teutschem Merkur. 1796. St. 1. S. 23 — 47 ♦ . 295
Zweite Abhandlung. Waren die Athenerinnen wirklich vom
Theater ausgeschlossen? Aus Wieland's teutschem Merkur.
1797. St. 3. S. 224 — 233 308
Dritte Abhandlung; aus dem Morgenblatt für gebildete
Stände. 1808. Nr. 309—311 313
VI. Der Händezoll, an die dramatische Muse bezahlt J aus Fr.
Kind's Muse. 1822. Bd. 3. Hft. 2. S. 1 — 40 321
Zugabe zur zweiten Abtheilung.
Ueber die Aufführung des Ion auf dem Hoftlieater zu Weimar.
Nebst Vorbemerkung des Herausgebers ,,.♦... 328
Dritte Abtheilung.
Antiquarisclie Scherze,
I. Ueber das Bauzener Backwerk; aus der Lausitzer Monats-
schrift. 1793. St. 9. S. 1S4 — 167. St. 10. S. 199 — 201. . 349
II. Der vergötterte Filtrirtopf; ans dem Gothaischen Hofkalen-
der 1796 S. 49—58 360
III, Der den Jupiter tragende Hercules; aus dem Almanach für ,
Weintrinker. 1812. S. 1—40. In's Lateinische übersetzt in
Beckii Acta Semrnarü R. Lipsiensis. I. p. 285, mit einigen
hier aufgenommenen Bemerkungen Beck's 36^
Anhang zum ersten Bande. I
Antiquarische Analecten. Erste Sammlung Nr. 1 — 33. * . , . 384
Erste A b t h c i 1 u n g.
Zur Mythologie der Griechen und RiJmer.
Pallas Musica
lind
Apollo, der M a r s j a s t ö d t e r.
Einleitung.
T ¥ as der alte Hecatilns gleich in der Einleitung- seiner Ge-
scludilssamuilnni>- von allen Fabeleien der Hellenen urtliciUe: Viel
und lächerlich sind die Erz ilh 1 u ngon der Hellenen,
wie sie mir vorkonnnen, *) — das gilt gewifs am meisten
von den Mjlhen, die, auf attischem Boden entsprossen oder ver-
pflanzt, von altischen Diclitern und Gescliichtsammlcru gopilegt, auf
allen Seiten in die üppigsten Schöl'slingc des Witzes und Spottes
ausrankten. Und docli sind sie auch von mehr als einer Seite
"wichtig und bemerkensvverth. In ihren Forthildiingeu und Aus-
schmückungen hat sich der Charakter des leichtsinnigsten und lan-
uenhaftestcn , aber aiu'h des witzigsten nnd lieuenswürdigsten alier
Völker des AllcrÜuims, der Athener, eben so deutlich und scliaif
abgedruckt, als in einem Lustspiele des Aristophanes , in einem
Dialoge des Philo, oder in einer Strafrede des Demosthenes. Auch
ßie gehören in ein attisches Musen ui.
Eine eigenthümliche Pflanze des attischen Bodens war auch
das Drama in seinen drei Haupfgattungen, Dnrch die Athenischen
Tragiker, Satyriker und Comiker erhielten die frühern Slamni-
iiberlieferungen aus dem heroischen Mylhenkreise , und besonders
jene atiischen Localsagen und einheimischen Fabeln, die einst
Philochorus sammelte, eine ganz neue Ausbildung ujid eine
oft von den frühern Erzählungen sosehr abweichende Umgestalt-
ung, dafs es sich wohl der Mühe verlohnt, diesen dramalischeu
Fabelkreis mit den gröfsern und kleinern Ueberresten der altischen
Schaubühne noch einmal genau zu vergleichen und so nach und
nach Materialien zur schwersten, aber auch lehrreichsten aller Mj-
thologieen, einer dramatischen Mythologie der A t h e n e r,
und, da von ihnen die ganze Schrifistellerwelt des Alterthnms ab-
Ling, der Griechen und lliimer überhaupt vorzubereiten.
In Athen blühten auch die vorzüglichsten und tonangebenden
KuuslHchulen, besonders in Absicht auf Bilöliauer- und Bild^iiifser-
0 Beim Denietrius, de Elocut, s. XII, p, 8« ed. Schneid.
1*
kniisl. DtT allisclio Künstler vorAibeltole wiodor nach soliior Art
«Ich SlnfT, wie er ihn vom draraalischen Dichter aiii' der Schnii-
hühno hchaiidelt sah. So wird der attische dramatische ■VTvthos
gewöhnlich auch Künstlermythos fiir's f:,aiize Altcrlhiim, Ei» weites,
noch nicht hinh'inglich hcarhcileles Feld für deu Bearheiler atlisclior
Mvthon 1
Yoii einer andern Seite liebten die Athener aucli die Yolks-
wcisheit in Sprichwörtern mehr als irgend ein anderer Stamm der
Hellenen. Mehr als die Hälfte der S|»richw(»rterchiliaden, die neuere
Sammler nach und nach aufgeschichtet hahen , sind blos im Munde
<ler Auiker gän^- und gebe gewesen nnd erhielten auch nur in
ihrem Munde den Zusatz von Reiz nnd den nie stumpf werdenden
Stachel, den mau im Alterthum durch attisches Salz anzudeu-
ten pllegte. Eine kluge Auswahl einiger der pikantesten und
"witzigsten dürfte Yielleicht auch zu einer Aufnahme im attischen
Museum geeignet sein. Die Engländer *) und Italiener **) haben
heut' zu Tage selir charakteristische Sammlungen der Art. Wer
kennt nicht die sprich wörlliche Weisheit der Araber und i'ibrigen
Orieiitalen, wovon uns vor Kurzem aus S ch u 1 ten's Nachlafs eine
so lockende Probe bekannt geworden ist. Warum sollte man es
nicht auch mit den alten Allienern versuchen?
Yon beiden, den altischen Mythen sowohl, als den attischen
Sprichwörtern , sollen nach und nach in dieser Zeitschrift einzelne
Versuche geliefert werden. Ich nenne es Versuche, da sie bei
der Art, "wie sie ohne alle vorherige Zuhereilungen nnd Samm-
lungen niedergeschrieben werden, für jetzt noch auf Vollständigkeit
und höhere Vollendung Verzicht thun müssen. Auch konnte ich
dabei noch keinen verbesserten Plutarch und Alhenäus be-
nutzen. Zu beiden öifnen sich uns für die Zukunft fröhlichere Aus-
sichten. Wenn nur in der Hauptsache uidit fehlgegiillVn wurde.
Die berichtigende nnd ergänzende Nachlese hört vielleicht auch in
diesen Kleinigkeiten nur erst mit dem Tage auf, wo Solon zu
lernen aufhörte.
*") Sclion hatte der alte Füller in seinen Worthics of England die
Sprichwortweislieit dieses Landes selir fein nach den Grafscliaiten
geordnet. Vermehrte Auszüge daraus hat Francis Grose in sei-
nem Provincial Glossary with a CoUection of Local
Proverbs. London 1790. in gr. 8. gegeben.
•*) Scielta de Pvoverbi e Sentenze Italiani da G. VerrinJ,
Ven. J672, in 8. Wo haben wir teutsche Sammlitngon dieser Art
aufzuweisen?
Die Erfindung der Flute und die Bestrafung
des Marsyas«
Jr alias Atlieno, so erzillih ciii bekannfcr gTiecLlsdior Mjdios,
l'aiid einst auf ihren \Yan(Ieriiiigcu die Knotlieiirülire voin Ful'se
i'jties Hirsches und wurde dadurcli auf deu sinnreichen Gedauken
fioltracht, diesen Hölilnni!,en einen lehendigen Odern, einen ninsi-
ciilischen Wohllaut einzublasen. So erfand sie die ersten Flöten.
Blit einer jedem Virtuosen verzeihlichen Eitelkeit liefs sie sich hald
darauf im goldenen Speisesaal, wo die ülvm^ier täulich heim Jupitec
sclimaul'sten , vor allen Göflein und Gödinneii hören und bemci kte
zu ihrem Yerdnifs, dafs ihr statt des gehoirten Beilalls vimi der
Juno und Venus nichts als ein spöuisclies l.,achelu , eine Löhnibcli
Hufi^e werfe ne Lippe zu Theil wurde. An einen Waudspieü,el aiia
Metall war damals noch nicht zu denken. Sie ninfste also zur
Kothliilfe der arcadischeii Schäferwelt, zu einem spieg-elhellen (^uell
am Gebirge Ida, ihre Zuflucht nehmen. In diesen blickend, blies
sie noch einmal in ihre Flöten und bemerkte nun erst mit Eislau-
neu , wie sehr die aufgeblasenen Bansbacken beim Spiel sie ver-
Läfslichlen. Eine so schmähliche Verzerrung ihres Gesichls erirn«»-
selbst die männlichste aller Göltinnon nicht mit Gelassenheit. Sie
warf die Flöten im höchsten Unwillen von sich und belegte den
der es je wagen würde, sie wieder aufzunehmen, mit dem härte-
sten Fluche. Marsyas, ein phrygiseher AValdmensch, fand sie und
brachte es durch Ueburtg zu einer so grofsen Vollkommenheit dar-
in, dafs er es wagte, den Gott der Musik, den Apollo selbst,
zu einem Wettkampf herauszufordern. Die 3Iusen safsen als Kampf-
richterinncu. Anfänglich übertäubte wirklich der stärkere Fiöten-
loH die sauflklingeude Lyra des Gottes, und Marsyas war iui
BcgriiF, den Sieg zu erringen. Da stürzte Apollo seine Cither,
ßpielte und sang dazu. Diel's konnte ihm der Waldmensch mit
jseineu Flöten nicht nachlhuu. Die Musen entschieden für den
Apoll , der den Ueberwundenen mit Haut und Leben dafür be-
zahlen und so den Fluch der Minerva iu seine schrecklichste
Erfüllung geheu liefs. *)
Dieser, durch witzige Zusätze und Veränderungen aller Art
mannigfaltig ausgeschmückte Mythos des griechischen Alterthums
ist auf die verschiedenste Weise gedeutet und ausgelegt worden.
Mau bat besonders im Alterthum schon die Geschichte des Marsras
als ein Sinnbild der strengen und uuerbittlicheu Straf« erechtigkeit
angesehen. Bildsäulen des abgestraften Marsyas befanden sich auf
^en öifenllichen Gerichtsplätzeu, und was unsere neue Symbolen-
sprache durch die personificirte Gerechtigkeit, als eine Göttin
*) Hygin's Fabeln. CLXV. 8.278 ff. ed; Star.
()
inll Wage und Schwert ausilrtkkt, hezeldinelcn die simireiclieii
Allen iliMcli die Ahhildirn^- dieses vom Apollo so hart bosliaften
Frevels. ^ ) Aher, ahgesi-hen von jeder allegorischen Aiisdenlnng, *)
imifs doch dieser Erzählung eine alle historische Ueherlieferuiig
oder eine wirkliche Geschiclite zum Grunde liegen, «nd ßuruey
hat vollkommen Recht, weiiu er iu seiner Geschichte der
]\Tusilc hei Gelegenheit dieser Fahel den Ausspruch tliut, es ver-
rathe einen wahrhaft golhischeu und barbarischen Geschmack, diese
Fal)eln als alle Weihermährehen zu verachten, da gerade in ihnen
die kiistliclislen Ueherreslo der frühesten Cullurgcschiclite aufl)e-
hallen wiiieii. **)
Aber welcher von den nianniehfaltigen historischeu Deut-
nngen, die uns die Sammler derselben iu so gesegnetem Ueber-
flusse niiltheiien, "**) sollen Avir den Vorzug geben? Nach der
Analogie ähnlicher Fabeln zu echliefsen, dürfte »ins diejenige der
AYahrheit am nächsten bringen, die in dieser Erzählung die früheste
Geschichte der FliHeuspielcrknnst entdeckt, f) Die von der Minerva
weggcwoiieneu Fluten und der vom Apollo besiegle Fliitenspieler
Maisyas bezeichneten dann -wohl überhaupt den Vorzug, den iu
gewissen Zeitallern und unter gewissen griechischen Volksstäminen,
von welchen diese I\Ivlheu zunächst ausgegangen sind, die Ci-
tharCdik, die Kunst zur Lyra zu singen, vor der Anletik
oder der Flülenspielerkunst erhalten hat. Und gerade durch die
sorgTdltigere Aufspürung und Enthüllung dieser ältesten Stamm-
Bageu und Ueherlieferungen dürfte bei diesem Versuche noch am
ersten etwas zn gewinnen sein.
Werfen wir zuvörderst einen Blick auf die älteste Instrumen-
talmusik der Griechen, und entlehnen aus den mühsamen und noch
immer nicht geschlosseneu Forschungen über die Musik der Al-
ten-j-f) so viel, als zu unserer Absicht nothwendig ist. Das heroi-
sche Zeitalter der Grieclien, so wie es uns Houjcr schildert, kannte
nur ein äiifserst einfaches, besaitetes Instrument, das nach seiner
verschiedenen Form bald Cilher, bald Lyra genannt, bald der Er-
lindung des Apollo, bald dem Knabenspiel des Mercur zugeschrieben
wurde. Die Tone, welche die iülesteu Sänger den zwischen zwei
*) Auch neuerer Künstler zum Theil. IMan kennt das schöne GemalJe
von Andr. Sa coli i zu Rom, das Strange in Kupfer gestochen
hat, wo Apollo den Säniier Pasqualini krönt, wälirend Marsyas
liintea seine Strafe erduldet, nüt der Unterschrift: Apollo incorona
il merito e punisce T arrogauza.
**) eil. Eurnev, C4eneral llistoiy of :\rnsic T. I. p. 265.
***) Banier, Entretien VIF. P. I. p. 222 f,
f) Z. B. des Paduanischen Professors Liceti in seinen nierogly[)hicis
(Padiia 1653. fol.) c. 109. vergi. Forkel's allgemeine Ge-
schichte der ?.fnsik Kap. IV. S. 208.
ff) Caspar Bartholin in seinen Collectancen de tibiis vetenim. Bnr-
ney untl Forkel unter den neuesten.
^
7
HöintTU aiifgespannkMi Dariiishifcii enllockleii, waren gewifs sehr
eiiir>i(l> 1111(1 iiiigckünslelt, I»i;icli(eu i>I)er auf die tlanialijj,(?n , iiocli
diiicli keine veiieiiieiteii Genüsse verwolinfeii NaUirnienscIicu bei
aller ilirer Einfacliheit die anl'iailendsleii Wirkungen hervor. Mau
erinnere sich nur, welelie Eindrücke die schoKische Sackpfeife auf
die Bewohner der Südseeinseln, oder die Gnitarre eines Missio-
iiairs auf die noidauierikanischeu Wilden machen konnte, *) und
man wird nicht länger zweifeln, dafs die einfachsten Tone auf
rohe, aber gnt oraanisirte Menschen die aufserordentlichslen Wirk-
ungen hervorbringen können. Mochte also auch ein Hirt, das
lieifst nach der alten Mvthensprachc der Pan, von der Nainr selbst
geleilet, die Hirtenpfeife mit sieben Röhren, die Sjrinx, im älte-
sten Hirtenlande der Pelasger, in Arcadieu, erfunden haben;
luoclite über Aegjpten nnd Phönizien die einfacbe Lotospfeife auch
zu den Griechen gekommen «ein ♦ die Flöte selbst blieb melirero
Jahrhunderte hindurch ein von den europaischen nnd ionischen Grie-
chen völlig ungebrauchtes Instrument, so wahrscheinlich es auch
ist, dafs von PhÖnicien und Oberasien her, wo gewisse blasende
Instrumente sich in das früheste vorgriechische Alterthuni ver-
lieren , der Gebrauch der Flöten auch frühzeitig nach Phrjgien und
von da in einige Küstenländer Kleinasiens gekommen sein müsse.
Merkwürdig ist es, dafs die Homerischen Heldengesänge in der
ganzen lliade der Flöten überhaupt nur zweimal, das eine Mal
ganz bestimmt nur bei den pluygischen Trojanern, in der üdjsscc
aber, deren Handlung blos auf das westliche europäische Griecheu-
land eingeschränkt ist, gar nicht erwähnen. ^^) Orpheus und Chiron
oder mit andern Worten die Priester-, Barden- und Hel-
deuschulen des heroischen Griechenlands, sangen ihre Weih-
nngen nnd Lieder nie anders als zu besaiteten Instrumenten. Aber
nun zog auf einmal Bacchus im indischen Triumphgepränge über
den Tmolus nnd das phrvgischo Asien herab au die Küsten tles
Hellesponts , von avo er nach Thracien , das damals auch Mace-
donien und Thessalien nmfafste, nnd bis zur Hauptstadt Boeoliens,
nach Theben, vordrang, welches von nun an der Sitz des mit hei-
liger Wnth gefeierten Bacchusdienstes oder, in der Sprache der
Griechen , der Geburtsort des Thebauischen Bacchus wiu'de. Es
läfst sich ans mehrevu durch die spätem Fabeleien noch nicht gana
verwischten Spuren ziemlich überzeugend darthun, dafs dieser neue,
mit allem asiatischen Pomp nmrauschte Bacchusdienst in den thra-
cischen und griechischen Küstenländern mit den uralten, einhei-
mischen Religionsgebräuchen einen hartnäckigen Kampf auf Leben
tiud Tod gekäm])ft, nnd endlich nur durch die überall beim Bac-
chusdienst losgelassenen nnd des lästigen Hanszwanges herzlich
iuüden "Weiber, durch die bekannten Bacchantinnen, gesiegt habe.
*) de Panw, Kecherches siir le« Grecs T, II. p. 120. f.
Die Geschiclileii dos (liracischen Lyciirficns und des von den Milna-
«Icii zt'rii.ssei)cn l'ciitliciis slelieii iiiclit umsonst im Dionysischen
Fahelkreise. Zu (Ipu alten R».'lij2;ionsgeljränclien , die dnrcli diese
Fliitli ans Osten auf immer bedeckt und bPüraben wurden, ii,e-
hiii'ten ancli die Orpliisclicn AVeilie;esäiige und Initiationen , heilii^e
JSpröfslinöe eines Stammes, der ans Aegvplen nnd Phünicien bis
jiach Giiechenlnnd seine Wurzeln e:etrieljen hatte. So «ie luin in
diesen AVeihnn^en kein anderes Inslrnment gespielt worden war,
ah ein besaitetes, so mnfste auch diefs jetzt vor den Cvinheln,
Trommeln nnd Pfeifen oder, wenn ich mich so ausdrucken darf, vor
der lärmenden Janilscharenmnsik der Bacchischen Orgien verstnm-
nien. Orpheus wird von d e n Mil n ad e n z err i s sen, und
Beine, filles Beseelte und Unbeseelte entzückende Ci t he r in den
(h r a ei sehe n E b ru s g'c werfen, auf dem sie, leise Klagetone
jlchzf'ud , bis zum Meere, ja bis nach Leshos hin schwimmt, wo
sie einst nach Jahrliunderten wieder von den Lesbischen Lvrikern,
▼on AlcäiiS nnd Sappho , wieder erweckt werden wiid. ^") Wer
fuüh uichl das TrclFende in dieser Deutung- der Ovidischen Fabel? *)
— Beim Weibergeschrei nnd dem wilden
Ltärm der schallenden Flöten und vou Crolalen und
Trommeln
Und berecvntischera Hörn er starben die Tune der Lyra,
Acli jetzt färbten sich schon im Blut des verstumnieten Sängers
Steine, vom Schwärm der IVIänaden geworfen. — Vom Haupte
getrennet
Lag sein Leichnam araUfer; das Haupt und die Lyra trug Hebrus,
Wundervoll klagte die Lyra, und wundervoll seufzten des Ufers
Klagetöne darein. —
In Böolien und zu Theben lernte man also schon durch die
Bacchusfeierlichkeiten und Orgien die phryg-ische Flöte kennen,
und irre ich nicht, so sclireiht sich vou dieser Zeit die Liebhabe-
rei der Böotier zur Anlelik her, die freilich in der Folge durch
die benachbarten Pythischen Spiele, durch die Verfassung des Tlie-
banischen Staats nnd durch die Natur seihst, die in Böotien das
gesuchteste Flöteurohr wachsen liefs, mächtig begünstigt und be-
fördert wurde.
Auf einer andern Seite lernten die durch Kunstfleifs , Colonle-
cnpllauznngen und Seehaudel injiner mächtiger gewordenen nnd
alle Mnsenkünste zfirilich in ihrer Milte pllogoiuleu Jonier zuerst
den Gebrauch der Doppelflöte von ihren knegerischeu Nach-
barn , den Lydiern, kennen. Denn was die Griechen früher schon
von Phrvgien aus dinch die Bacchusfeier oder auch durch die Er-
findungen ihrer Hirten kennen gelernt hatten, war sicherlich nichts
als die einfache Schalmei und das mit wi-nigen OefTnnngen versehene
*3 Ovid's Verwandlungen XI, 15 — 53,
PfcifcLen aus Biulisbaum oder der KtiierSlire eines Tliieres, dem
iiiaii erst in der Folge znr Yerstärkiins: des Sclialles ein gerades
oder krnniuigeliogenes Mnndsliiek aufschraubte. Aber die Lydier
biitleu zuerst die Doppelflöte selbst bei ibren Heeren und kriegeri-
scbcii Ünteruebmungeu eingeführt. Denn von solchen Doppelflötea
ist oüeubar die so sehr uiifsverstandene Stelle beim Herodot zu
erklären, wo er erzählt, der kriegerische Halyattes habe Slreif-
züge in's Gebiet der Milesier gelhau , wobei die Truppen nach
dem Schalle sowohl anderer Instrumente, als auch der m ä u n-
lichen und weiblichen Flöte marschirt wären. ^"^) *) Bei
den erlindungsreicbeu loniern veranlafste diese P\'ldmusik ihrer
Feinde die Erfindung- einer eigenen Diclitungsart, die mau iu spä-
tem Zeiten Elegie genannt bat.
Bisher war Alles im prächtigtönenden , immer ■wiederkehren-
den Umfang- des Hexameters gesungen worden. In Hexametern
hatten die Barden ihre Kriegsgesänge und Heldenlieder nach dem
eanftern Einklänge der Lyra angestimmt. Aber nun führten die
ionischeu Sänger, um mich des ,schöueu Bildes eines unserer scharf-
sinnigsten Kunstkenner zn bedienen, diesem Helden manne eine
Heldenjungfrau zu, den Pentameter, **) Gewifs, dieser
Wechselgesaug- des mäuulichcn Hexameters mit dem weiblicbeo
Pentameter konnte nur durch das ueuerfundene Accouipagnement
der mäuulichen und weiblichen Flöte, die zugleich von einem Flö-
tens])ieler geblasen wurden, da erfunden werden, wo man die
weibliche Discantilöte mit der gröbern, männlichen Bafsilöte zn gaf-
teu gelernt hatte. Auch stimmt damit der früheste Gebrauch dieses
Wecbselliedes bei den Milesiern und übrigen Jonieru vollkommen
iibereiu. Der Umfang- eines einzigen Hexameters war zu einem
ganzen Satz , au tapfere AVaflenbrüder zur Belebung- und Ent-
ilammuug des sinkenden Mulhs gerichtet, zu einengend und kurz.
Aber in ein Distichon , aus Hexameter und Pentameter bestehend,
Jiefs sich jeder Spruch zur Befeuerung des Helden- und Tliaten-
eifers füglich einschliefseu. Und wirklich sind die ältesten noch
vorhandenen Biuchslücke iu diesem Svibennuifse Kriegs- und
Schlachtgesäuge von zwei ionischen Sängern, dem Calliuus
und Tvrtäus, zur Ermunterung schlalfge wordener Krieger ge-
sungen.
Ist's doch keinem Manne vergönnt, zu enfweichen dem Tode,
Leitet' er sein Geschlecht seihst von Unsterblichen ab.
Oft entflieht zwar einer der Schlacht und dem klirrenden AVurfspiefs,
Kommt nach Haus, und daheim greift ihn das Todesgeschick. ***)
*) Herodot I, 17.
'^) II er der 's Terpsichore Tb. IT. S. 450.
***) Callinns beim StoT.äns, Senn. XLIX. Es ist bekannt, dafs Jo-
a eil i m C a m e r a r i u s durch eine Uebersetziing dieser Verse die
christlichen Fürsten zum Türkenkriegr aufmunterte.
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Bald stlmnile eirli bei der immer mohr zunelmenden Er-
srlilairiiiiü,' lind Verweii'lilicliimij; der loiiicr aucli diese Heldener-
■\veckiiiii;' in die emplindsaniern Ermniiteriini^en zum Lel)ensi>enurs
und in weieliero Klai>-en um. Die Doppelllöten wurden die Gel'älir-
linncn des in Umarmung" der Gelieblen zniveh rächten Festes und
der iiäolillichen Klage an der Tliüre des Blädcliens. So schuf der
louier Mimnormus eine neue Gattung-, als er seiner geliebten
Flotenspielerin Naiino die ersten Liebcselegieeu sang, und in den
noch Yorliandenen Bruclistiicken die Aveichüclisten Klagen über die
Kürze des Lebens und der Freude ansliauchte. Er Avurde das
Muster einer Dichtungsart, die spiiter Pliiietas und Calliniaclnis,
und unter den Römern die uns wohlbekannten Elegiker ausbilde-
ten. — Erst spät brachte Simonides aus Ceos durch seine
Wehklagen und Trauerlieder, wozu er sich häufig auch dieses
Svibenmafscs bedient zu haben scheint, die Benennung Elegie,
das heifst, wörtlich übersetzt, Wehklage, in Umlauf unter den
Griechen, die in spätem Zeiten der Name der ganzen Gattung
geworden ist. Zu diesem Allen mufs man sich die DoppelHöte als
das begleitende Instrument hinzudenken. ^) Sie bleibt auch , als
schon längst die Poesie von der sie hebenden und unterstützenden
Musik getrennt war, noch immer das bezeichnende Attribut dieser
Dichtnngsart, wenn sie dem röuiischeu Dichter im Costum einer
Muse erscheint.
Sehr merkwürdig ist es , dafs kaum 50 Jahre vor dem Si-
monides die Amphictyonen durch die Erneuerung der Pvlkischeu
Spiele zu Delphi (Ol. 40, 3.) auch der Aulelik eine öifeniliche
Sanction und Mitbewerbung um die heiligen Kampfpreise ertheil-
ten. Nach dem Pausanias *) fügten die Amphiciyonen dem sclion
längst gebräuchlidieu W'eUkampfe in der Citharödik auch Kämpfe im
Accompagnement der Fliilen zum Gesang (Aulödie) und im hiasen
Flötenspiel (Vuletik) hinzu, hoben aber die erstem, in der Au-
lödie, schon bei der zweiten Pythiade wieder auf, weil die Ge-
sänge, zu welchen die Flöten gespielt Avurden, einen zu traurigen,
zur Feierlichkeit der Versammlung nicht passenden Inhalt hatlen.
Denn man b e g I e i t e 1 e m i t d e n Flöten nur E 1 e g i e e n
und Klagelieder. ^^) Um so gröfser Avar der Beifall, den
ein gewisser Sacadas aus Argos im Solospiel auf der Flöte
mehrere Pvlhiadfu nacheinander erhielt, und mau kann mit Recht
annehmen, dafs durch diese Kämpfer im Pythischen Flölenspiel **)
diefs Instrument überhaupt in den griechischen Freistaaten, beson-
ders aber im benachbarten Theben, immer mehr Liebhaber und
Virtuosen erhallen liahe.
*) Pausanias \. 7. p. 813. f.
**) Sie liiefsen mit ihroin l)estimmten Namen Pytliaulae, Pytliische Flö-
tenspieler. S. Sanmaise ad Script. H. A. T. FI. p. 824.
11
In Atlieii halte Tlicspis um tlie ölste Olympiade die ersten
rpox'lmäfsiü.eru Yersiiclie zu dramatischen Schauspielen gemacht.
Bei diesen sowohl, ais den dilliyrambischen Clioi;i,esäi)j2,en, konnten
die sanften Ttine der Lyra nicht dnrclid ringen , nnd so wnrde der
Gebrauch der Flötenspieler zu den Chören (choraulao) auch in
Athen allgemein , wie A\'ir theils aus den zaldreicheii Zeugnisse«
der Athenischen Schriftsteller, theils aus den Steinschriften, welche
nenere Reisende in Altica gefunden und uus niitgetlieilt liahen, ^^^)
mit Zuverlüssigkeit wissen. Allein nicht immer i'aiul die Flüten-
S[)ielerknnst gleich grofse Begünsligung und UuterstiKzung hei den
Athenern, die auch hierin dem Hange zur Yeräudeilichkeit, der
ein Hauptzng im Charakter dieses eben so geistreichen als leicht-
isinnigen Volkes ist , uicht widerstehen konnten. Man mufs daher
g-ewisse Zeilalter sorgfältig unterscheiden. Nur dadurch lassen sich
einige verwirrende Widersprüche völlig aufheben und altische
Mythen, die allein dieser Wechsellanne von Gunst nnd Ungunst
ihre Entstehung verdanken , his auf ihren Ursprung veifolgen.
Um die Epochen der Flötenspielerkunst in Allien fester be-
stimmen zu können, sei es mir erlaubt, eine Stelle aus Plnt-
arch's Abhandlung über die Musik anzuführeu, der wir
bei allen ihren zum Theil unauflöslichen Schwierigkeiten doch auch
manche sehr willkommene Aufklärung verdanken. „Bis anf die
Zeiten des Mclanippides, des Dithyrambendichters," heifst es
hier, „wurden die Flölens])icler von den Dichtern selbst bezahlt,
woraus erhellet, dafs man die Chorgesänge und Lieder selbst als
das Erste nnd Wichtigste bei der Sache ansah , die Flötenspieler
aber den Dichtern, die diese Chorsänge ölfentlich aufführten, unter-
geordnet waren. Von jener Zeit au aber hörte auch diese gute
Einrichtung auf. '^ *) Bis zur 80steu Olympiade oder ungefähr
30 Jahre nach dem Einfalle des Xcrxes in Griechenland — denn
in diese Zeit fällt der ji'ingere Mclanippides, **) anf welchen ich
diese Stelle an« liebsten beziehen mödite — bestand also das befste
Vernehmen zwischen den Dichtern und ihren Gehilfen, den Flöten-
spielern, nnd gerade in diesen Zeitpunkt fällt auch die hohe
Achtung, in w^elcher das Flötenspiel in Athen stand. Danials ge-
hörte es, nach dem ausdrücklichen Zeugnisse des Aristoteles,
zur liberalen Erziehung in Atlien , dafs der Athenische Knabe auch
die Flöle zu blasen lernte. Als aber das einfache, uuverkünstelle
Flötenspiel durch die musicalischen und draiualischen Wettstreite
imujer mehr Manieren und künstliche Mannigfalligkeit erhielt; als
fremde und einheimische Flötenspieler die Sache zn einer Kunst
machlcn , anf die mau sein ganzes Leben verwenden mufste, nnd
sirh des Beifalls, den die durch die künstlichsten Verfeinerungen
*) Phitarch, über die Musik T. If. p. 1141. C. ed. Frf.
*3 ^. tf. J. Vofs, de poetis Graecis c. IV. p. 29,
12
gekitzelten ZiiliOrer ibiien znklalstliten , seihst gP^eu tllo witzigsten
Dichter lind Tonangeher in Athen liherholien ; da entslaiid auf
einmal eine gewisse Ahneigniig und Gleichgilligkeit gegen eine
Kunst, in der man zwar grofse Virtuosen noch immer hewunderte
und hei offentliciien Spieleu reichlich helohnle, sich aher docli, he-
eouders von Seiten der Philosophen und dramafischen Dichter,
ernsthaften Tadel oder Instige Spöttereien häufig- gegen sie erlauhte,
und sie überhaupt nicht mehr zu den Künsten rechnete , ohne
deren Erlernung' ein junger Athener keine Ansprüche anf den Na-
men eines feineu nnd gehildeten Mannes machen konnte. *) I\Ian
kann einer allgemein heglanbigteu Uehcriiefernng- zu Folg'c diese
Epoche füglich mit den Knahenjahreu des Alcihiades, also mit der
84stcn Olympiade, ansetzen, und die vom Melanippides his hierher
verflossenen 20 Jahre als den Zwischenraum annehmen, ayo sich
diese Kälte und Ahneigung durch allerlei Ereignisse in den Ge-
niüthern gleichsam vorbereitete.
Und so ständen wir endlich auf dem Punkte, von wo aus
der dem Flütenspiel so gehässige Mythus von der Minerva, die
einst die gefundene Flöte unwillig- wegwarf, und vom Apollo , der
den Erlinder der DoppelÜöten lebendig- schinden liefs , auf einmal
als ein attisches Nationalmährchen erscheinet, das zwar allerdings
auf einige alte Ueberlieferungcn gegründet, aber auf Unkosten
der benachbarten Thebaner von attischen Wilzlingen und Dichtern
immer mehr ansg'cpntzt und verschönert, und endlich, da die Athe-
nischen Schiiftsleller, Dichter nnd Mvthologen sich fast allein unter
allen Griechen erhalten und fortgepflanzt haben , als eine allge-
meine Nationalsage geglaubt worden ist. Es kann diese Unter-
suchung überhaupt als ein Beitrag- zu der Athenischen Glaubwür-
digkeit in historischeu Uel)crliefer!mgen angesehen werden. Sie
kann aber auch als ein Belog- , wie die sonderbarsten Mythen oft
nur aus den Gesinnungen und Sitten eines einzigen Yolksslamines
unier den Hellenen zu erklären sind, dem Geschichts- nnd Aller-
Ihumsforschcr zu allerlei andern Betrachtungen und Fabelenlhüll-
ungen Anlafs geben.
Die Thebaner hatten , wie schon oben bemerkt worden ist,
weit früher a?s irgend ein Volk in Griechenland das Flötenspiel
zu einer hohen Vollkommenheit gebracht. Denn was Strabo in
einem seiner scharfsinnigsten Excurse über die Einführung fremder
Religionen in Griechenland überhaupt bemerkt hat, dafs die Grie-
chen fast alle ihre musicalischen Instrumente über Thracien aus
Kleinasien erhalten halten, **) das gilt vorzüglich von der fiühen
*) S. die Ilanptstellen beim Aristoteles, Rhetor. VIII, 6 oder nach
Reizens Ausgabe S. 9i — 99, und Problem. XIX, 15. T. II. \u
941. E. F.
**) Strabo X. p. 722. A.
13
Bckannfschaft der Thebaner mit der plirjglsclien FIö(e, durch die
schon bcriilirte VerpÜanziing des Bacchusdienstes ans Vonlcrasieu
nach Büotien. In den Sümpfen nnd Seen dieses Landes wuchs
ein Rolir, dessen Tauglichkeit für die Flöten im ganzen Aherllmui
gekannt uud gepriesen war. INicIits war berühmter als die Flüten-
röhre, die, um mit dem Thebaner Pindar zu reden, *) an der
r ei ge n u m t an z ten Stadt der Charitinnen (Orchomenos)
im H c i I i g t h u m e des C e p h i s s o s wohnen, der Tänzer
ewige Gefährten. Wir iiaben beim Tlieophrast noch die
gnuzc Zubereitung dieses, nur in einem kleinen Bezirk und bei
den fast regelmäfsig alle 9 Jahre zurückkehrenden Leberschwenim-
ungeu des Cephissns **) nur selten wachsenden Rohres, bei wel-
chem selbst die Zeit, wenn es geschniKen wurde, nicht gleichgilti^
war.***) Und so Hudet man auch hier die Bemerkung bestätigt, f)
die wir bei nnsern Wanderungen durch jene klassischen Gegen-
den so oft zu machen Gelegenheit haben, dafs man dort immer der
Natur treu blieb und durch die kluge Benutzung dpr Geschenke,
die sie in jeder Gegend anders darbot, zwar nur eine einseilige,
aber eben darum auch vollendelere Kunslausbildung erhielt. Das
. Fltitenspiel war Thebanische ]Nationalsilte. Die Gesetzgeber der
Thebaner halten, wie Plutarch ff) bemerkt, die unbändige
Hefligkeit im Charakter dieses Volks dadurch uiäfsigen wollen,
dafs sie ihm im Spiel und Ernst von früher Jugend an das Flö-
lenspiel zum Gesetz machten, nnd Allen, die sich darin aus-
zeiclineleu , besondere Ehrenbezeigungen und den Vorsitz zuer-
kannten. Und ein späterer Sophist, Dio C h r yso s t omu s, fff)
führt in einer Wehklage über den Verfall des einst so bliihcuden
Griechenlands ausdrücklich den Umstand an: „Anch die Thebaner
werden zürnen , dafs der Vorzug herabgewürdigt werde, der ihnen
vor allen übrigen Griechen im Flötenspiel zuerkannt wurde. Auf
ihn bildeten sie sich einst so viel ein, dafs, nachdem ilire Sladt in
einen Schutthaufen verwandelt worden war, in Avelchem wir sie,
das kleine Cadmea ausgenommen , auch jetzt noch erblicken —
(unter dem Trajan im 2ten Jahrhunderte) — sie alles Uebrige,
Tempel, Gedächtnifssäulen und Inschriften nuter den Trümmern
lieaeu liefseu und nur eine Bildsäule des Hermes aufsuchten uud
*) Pythische Siegshymnen XIT, 45.
**) I)a , wo er sich in den Kopaischen See ergofs , und diese Gegen-
den des Sees , der daher auch der CepMssische hiefs , erweiterte»
S. K ö p p e n zu Homer II. X , 709.
***) Theophrast, Histor. Plantar. IV, 12, p. 469. ed. Stapel. Mit
Stapel's Collectaneen und Saumaise ad Solin. p. 82. a.
^) Vergl, de Pauw, Recherches snr les Grecs T. II. p. 125.
tt) Plutarch im Leben des Pelopidas c. 19. T, II. p. 233. ed.
Hutt.
ttt;) Orat, VII. p. 123. B. C. edit. Morell,
wieder aufrlililetcn , au welcher über ihr FlOtcnspiel die Inschrift
zu leseil war:
Hellas gewährt in der Fltttenkunst dir, o Tlieben, dou Vorrang.
(lii dir, Proiioiuos, ehrt Tliehen den Mcisler der Kunst.) *)
Und so stellt diese Bihlsäule noch jetzt niiüen unter den Ruinen
des verschülleten Marktplatzes allein da." Die Namen eines An-
tige nid es, Ismen ias, Dorion und so vieler anderer Theba-
nischen Flötenspieler sind im ganzen Alterlhnme ])criilimt, Theba-
niscbe Pfeiler wanderten in alle Theile Griechenlands aus, und
wie einst in einem- greisen Theile des nördlichen Deutschlands die
Benennung Präger Studenten eine herumziehende Mnsicanten-
(ruppc bezeichnete, so Avaren im alten Griechenlande Thebaner
nnd Flötenspieler fast gleiehbedeuicnde Ansdrüeke.
Die armen Thebaner halten an den Athenern sehr mnthwilligc
und schaJenfrohe Nachbarn , die es auch durch unaulliöi liehe Spöt-
tereien und witzige Einfälle wirklich beim ganzi'u übrigen Grie-
chenlande nach und nach dahin zu bringen wiifsicn , dafs im
Lande der feisten Schöpse und in Böolicn geboren zu sein , für
völlig einerlei in der Sprache der Griechen galt» Man mnfs es iu
der That blos dieser nachbarlichen Spoltsucht und dem unbegränz-
ten ]Vationalsfolze der Athener zuschreiben, dafs die Böofier und
Thebaner bis auf den hentigen Tag in der Geschichte Griechen-
fands so unverantwortlich zniückgesetzt werden und es kaum durch
iliren Pelopidas nnd Epaminoiulas erzwingen können, auch nur
überhaupt nnler die historischwichtigen Völker des Allerthums ge-
zählt zu werden» So wie nun alle übrigen Einrichtungen nnd
Lebensweisen der Thebaner dem überlliefsenden Witz ihrer mu(h-
willigen Nachbarn besländig ausgesetzt Maren, >'^ii) so fehlte es
insbesondere nie au spitzigen Neckereien, wenn von jenem Haupt-
zweige des Thebauischen Kunstlleifses, dem Flötenspiel, die Rede
war. ^■^') Man hielt die Flötenspieler, besonders seitdem Anti-
genides ihnen einen eigenen Prunkanzng gegeben hafte, **) für
windige , putzsüchtige Thoren und eitele Gecken, die nichts könu-
ten, als aufgeblasene BrK-ken machen, und die ihr Bifschon Ver-
stand längst ansgej)lifren hätten. Und so führten sie die atiischen
Comödiendichter häufig in ihre Lustspiele ein. AVie viele Belege
hierzu liefsen sich nicht ans dem einzigen Aristophanes auf-
stellen*? Zuweileu sind es nur Anspielungen, die aber den Zu-
schauern iu Athen sogleich verständlich waren, und gewifs mit
einem schallenden Gelächter des ganzen Theaters aufgenommen
wurden. Man denke sich z. B. den bemaulkorbten Flötenspieler,
als Rahen ausstaffirt, im Lustspiele, die Vögel, ***) durch
*> Rrgänrt aus der Anthologie Analect. T. III, p. 19i. CCXII.
^) S. Suidas, s. v. Antigenides.
'^) Aristophanes in den Vögeln V. 859 — 861,
15
wplcbc htclicrliche Crtniradir »ler Diclilcr die mnsicallschen Maul-
kürbe , tue Bidi die Flötenspieler uinzusclinallen pllegtcn , in iluer
Hiifslichkeit darstellen Avollle. Nocli stärker ist eine Stelle iu den
Aclianieru eben dieses Lnsfspleldicliters. Dicäopoüs, der Held
des S(ücks, hat einen SepuratlVieden für sieh nnd sein Hans mit
den Lacedäujoiiieni geschlossen nnd den Platz vor seiner Wohiinng'
zn einem Markte für allerlei Spelsevorrüthe geinaeht. Da crseiiciut
nnter Andern anch ein Böotier , mit einem grofsen Sack voll Le-
bensmittel anf dem Rücken, nehst einem Sklaven, Isinenins, der
allerlei Zngemüfse trägt. Hinler ihm tritt eine Bande Thebani-
scher Pfeifer. Der Böotier, sich die Schulter befühlend, fängt
zuerst au :
Das weifs Heraeies, wie mich diese Schwiele schmerzt!
Hier leg' den Polei sachte hin , Ismejiias.
[ Lud ihr Thebanischen Pfeifer da, so viel
Als ener sind , blas't einem Hnnd in's h, . . L. . ,
iDaranf springt Dicfiopolis hjeflig ans seinem Hanse heraus :
j« So macht, zum Geier, ein Ende — werd' ich mir
; Die W espen nicht vom Halse schafl'en können '?
Wer führt die ganze Pfeiferschaft des Chaeris hier
[ Mir vor die Thüj-, Dafs sie der Henker hole ! *)
•] Doch genug von dergleichen Proben des Athenischen Witzes !
Man denke sich nun bei dieser gegenseitigen Slimiuiing einen
prahlenden Thehaner, der den Athenern vorerzälilte, dai's Athens
CAvig- Avaliende Schntzgöltin, Pallas Athene, selbst die Erfinderin
'der Flöte gewesen sei^ und der dieser Erzählung noch durch eine
alte Heldensage mehr Glanz und Glaubwürdigkeit zu gebou suchte,
war es möglich, dafs die Athener diefs so gleicbgiliig binuehmen
und ihre heilige Jungfrau auf der Akropolis zum Flötenblasen,
einem Gewerbe, das in Athen, so wie iu ganz Griechenlarul , nur
fVIädchen von sehr zweideutigem Rufe trieben , so schimpflich her-
abwürdigen lassen konnten?
Wirklich erzählten die Thebauer, einer alten Ueberlieferuns:
m Folge, Minerva habe die Flöte in ihrem Geburtslande, T^Ibven,
lamals erfunden, als Perseus unter ihrem göttlicheu Geleite das
»efährliche Abenteuer mit der Medusa bestand. Denn als die au-
lern zwei Gorgonen, Stheuo und Eurjale, den Tod ihrer Scliwe-
1er, Medusa, bejammerten, da zischten die Schlangen in ihren
laaren. Minerva vernahm diefs Naiterngeziscn und faud es so
usdrncksvoll , dafs sie auf einer Robrpfeife vom libyschen See
Triton eine Melodie blies, die mau von dieser Zeit au die viel-
löpfige nannte. So besingt der Thehaner Piudar **) diese
*) Aristoplianes in den Acharnern V. 680 — 866. nach Wie-
land's üebersetzung im T. Merkur. 1794. St. X. S. 129.
3 Pin dar' s Pytbische Siegesbymnen , XII, mit den Schollen.
X6
Gcschlchle iu einer Sicgosliymne; die er fluf «Ion Flßtenspleler
Midas von Aiiriü^eiit v('rfeilii.'t liat, niid in ilir eiiUieclven wir oLjie
Mülie eine Tlu-Iianische Fabel mit einer Aveit altern Uclterliefernno-
zusiiiuiiieni>,escliniolzen. ^') L rul was antworteten die Athener hier-
auf? Freilicii , 6au,ten sie, erfand unsere heili^^e Jnngfran, durch
einen Zufall fi^eleitet, die erste Flöte. Aber .sie halte nicht so
Itald die häfsliche Verzerrunij ihres g,(itllichen Antlitzes, die aufge-
blasenen Backen nnd den ganzen Uebelsland entdeckt, der vom
Spiel dieser Ungliicksllöte unzertrennlich ist, als sie, die AVeise
und des Wohlslnudes Kundige , das Erfundene, so weit es auf sie
ankam, wieder vernichtete, die Flöte voll Verachtung von sich
schleuderte und Jeden vciiluchte, der sie wieder aufheben würde.
So fabelten die sinnreichen Athener und rächten sich dadurch an
einem Künstlertalent ihrei- Nachbarn , das sie selbst zu erreichen,
weder Fähigkeiten noch Beharrlichkeit genug besafsen. Darum,
sagt Aristoteles in einer Stelle, wo er die Nachtheile des Flö-
tenspiels weitläufig auseinandersetzt: *) ,, Darum ist auch der My-
thos von den Flöten von nnsern Alten sehr sinnreich ersonnen
worden. Sie sagen, Athene habe die von ihr erfundenen Flöten
weggeworfen. Wobei sich freilich auch die Ursache wohl hören
Icäfst, dafs es die Göttin deswegen gethan habe, weil sie sich über
die nuförmlichen Baushacken entsetzte. Noch wahrscheinlicher aber
liefse sich eine zweite Ursache anführen , weil der Unterricht im
Flötenspiel den Verstand ganz ungebildet läfst. Nun ist ja aber
Athene die Göttin des Verstandes und des Kunstgenies. "
Wahrscheinlich waren es besonders die dramatischen Dichter,
die durch ihre Comödien nnd Satyrenspiele diesem Spotlmythos
immer mehr Ausbreitung und Beglaubigung verschafften. Je au-
mafscnder und stolzer die Pfeifer besonders nach jener Trennung'
unter dem Melanippides wurden, die ich oben erwalint habe, desto
erwünschter war den Dichtern jede Gelegenheit, diesen Künstler-
stolz, der sich nur allzugern mit den Dichtern zur heiligen Zunft
des Dionysos rechnete, durch ihre beifsenden Einfälle zu demüihi-
gen. Wir finden hierüber eine merkwürdige Stelle in den Tisch-
gesprächen des Athenäns, worin selbst einige Bruchstücke
dichterischer Ausfälle gegen die Flötenspieler mit Beziehung auf
die Fabel von Minervens Flölenwurf vorkommen.
„Der eine,'' so erzählt Athenäns, **) „sprach von den Flöten,
dafs Melanippid es in seinem Marsyas sehr fein das
Flötenspiel durchgezogen habe, weil er von der Minerva anführe:
Minerva warf aus ihrer heil'gen Hand
Die Flöto weg nud rief: Pfui, fort aus meinen Angcnl
*) Rhetor. Vfll. 6.
"') Athenäns XIV. 2. p. 616. E. F. 617. A — C.
17
Ihr lu"ifslichcii Gesielitsverderbcilnneu !
Itli sollt' um eiicb zur Fratze werden'? wie"?
AYorauf ein amleier ilun wideispracli und eine Stelle des
Telestes roii Selimis aiiiulirte, der in seiner Arg:o den Mela-
iiippides widerlegt. Die Pieile ist von der Minerva: ^')
Traun, es warf die klnji,e Giittiu nie das kluge Flölenspiel,
Den verliafsten Aühliik sehenend, ans den Händen in's Gebüsdi,
Dafs dem melodieenreielieu Walddiircliselimetder , MarsvJis,
Dem beliaarlen Nvm|>hensohne , diefs ein Ehrendenkmal sei.
Denn wozu der Seliönheit Stachel in Athenens Heldenbrnst,
Da (He Klotho kinderlose, hehre Jnngfrauschaft ihr gab?
Darum kümmert sie des Mundes ungestaller Auhlick nicht.
Und kni'z darauf setzt er hinzu:
Diese Lüge floh durch Hellas, ausgeschwatzt vom Dichterchor,
Die, im Reigen uuerfahreu , iins're Kunst verlästerten.
In einer folgenden Stelle preis't er das Flötens[)iel, wie folgi:
Der ehrwürdigen Göttin Hauch, getragen von der
Slurndjeilügelten Schnelligkeit ihrer Siralileuliände,
Ueltergab dem jubelnden Gott (Bromius, Bacchus) die gött-
lichste der Künste.
P ratin as von riilins, \\'o er von den Flötenspielern und
bezahlteu Chortänzern auf dem Orchester spricht, berichtet, dafs es
hei Vielen üiiwilleu errege, zu sehen, dafs die Flötenspieler sich
nicht mehr nach den Chorgesäugen richteten", wie es sonst väter-
liche Sitte gewesen, sondern dafs die Chöre nun so singen müfs-
ien, wie es den Flölcnspielern bellt be.
So weit, dem Haupiiuhalte nach, die merkwürdige Stelle beim
Athenäus, Avobei dem Leser der Lmstaiid nicht enlgangen sein
wird, dafs gerade I\Ielanippides , Dichter eines satirischen Schan-
Bpiels, Marsyas mit Namen, als der erste Gewährsuiaun der Fa-
bel von der 3Iinerva aufgeführt wird. Sollte uns diefs nicht zn
der 3Iuthmafsuiig berechtigen, dafs, da uuter ihm, nach einer
welter oben angeführten Stelle Plufarch's, die Pfeifer sich zuerst
der Vorschrift der Dichter entzogen , worüber auch hier beim
Athenäus Pratinas so biltere Klagen führt, er auch einer der ersten
gewesen sei, der die alte Ücberlieferung von der Athene, der Er-
finderin der Flölen , so gehässig verändert und in eine Satire auf
die Flötenspieler verwandelt habe? Und so liefse sich gewisser-
niafseu sogar der Zeitpunkt beslimmen , wann diefs attische Na-
lioualmährchen eigentlich entstanden sei. AA enigsfejis dürfte es selir
schwer fallen, eine Erwähnung dieses Mährchens bei einem frühem
Schriflsfeller aufzufinden.
Eiu aller iMylhos erzählt viel von einem Weltkampfo des
Apollo mit dem Erlinder der Flöten , dem phrygischeu ^[arsyas.
Es- ist hei der sich auf jede Veranlassung ins L'nendliche ans-
splunenden Fabelsucht der Griechen für uus fast unmöglich, alle
Böiiigev's lilcinc Schilfen I, o
18
Wldorsimulio und Ritnicion Al)i1nilcrnn2,on in der Uebcrliefonin:^- von
ilieseni \Ve((k?»iii^fc helViedigcnd zu eiklärcu. Nur so viel i!,laul)0
ich durch jdle Y('isclileicruni;cn und Ausscliuiüfkunjicu liiiidiiicli
2ioiulicli dt'Utlirh zu eiitdi-rkeu : Die Do|tpt'lllö(c war oine uralte,
ursprüngücl» plirvüische Erlinduu^' und wurde einem {gewissen
Marsyas zngesflirioben , einem erlinderiselien , kluj2,en Kopfe, der,
wie Diodor von Sicilien seinem altern Gewillirsniann naeli-
scbrcibl, *) zuerst die Tiine der Hi r teu |»f e if e mit Röh-
ren (Svriux) auf zwei Flöten ühertmii:, die, zugleich
e,ehlasen , mittels der au der Seite angeln achten Löcher eben so
viele Töne weit richliii;er und becpieiuer heivorhrachten als die
Sjrinx. Der Gebianch dieser Doppelllölen wurde bei den alten
enthusiastischen Festen der Cybele, wo die Musik den heiligen
Wahnsinn entflammte, allgemein, Diefs heifst, roythiseb ausge-
drückt , beim Diodor : Marsyas war ein treuer Gefährte
der Cybele. Bald vernn'schte sich der bacchisehe Wahnsinn mit
«len Rasereien in den Processionen der Cvbele. Nun kam auch
die DoppelHöte in die bacchischeu Orgien. Das heifst, wie es
selbst Strabo erklärt: **) Marsyas kam i n' s Gefolge
des Bacchus, Avurde mit den 8atvm und Silcnen vermischt
und bekam mit ihnen einerlei Geschäfte. Der Bacchnsdienst breitet
sich über Griechenland aus und mit ihm die Kenntnifs der Dop-
pelflöte. Die altgläubige Lyra widersetzt sich den Neuerungen mit
derDoppelflöle, oder, mythisch ausgedrückt, Apollo, der Erfinder und
Vorsteher der Cither und Citherspieler , beginnt einen hartnäckigen
W^'ttkampf mit Marsyas, dem Re]»räsentanten des Flötenspiols. *^')
Apollo siegt, das heifst, lange Zeit wnrde die Flöte noch fiir oin
barbarisches Instrument gehalten und ihr der Zutritt zu üpferfesten
und Hyuinengesang versagt. Nur in den Weinlesefesten , in den
Bacchanalien, und den dabei angestellten Chören behanplele sie
ihr angestammtes Recht. Als aber bei der Wiederherstellnng der
Pythischen Kampfspiele die Flöte selbst eine dem Apollo geiälline
Wettkämpferin wurde, da beklagte er, wie Diodor es ausdrntkf,
das dem Marsyas zugefügte Unrecht, oder, wie eine andere beim
Tansanias uns aufbehaltene Sage ***) es ausdrückte, der Argiver
Sacadas, der in den drei ersten Pythiaden den Sieg auf der
Flöte davon trag , söhnte den Apollo mit den Flöten ans , auf
T»elche er seit dem Kampfe mit dem Marsjas einen tödllichcn Hafs
geworfen halte.
*3 III. 58, T. I. p. 227. Wessel.
*) Strabo X. p. 720. C.
*3 Pausania» II. p. J62 Knhn , vergl. Menioires de TAcadenue des
B. L. et .1. Inscript, T, XXXII. p, M4,
19
Dem iihorwiindeiipn Marsyas zog Apollo die Flaut ab, die
man nach dem Zeiiji,nisse des Herodot und Xenoplion *) in der
phrygisclien Sfadt Celäjul noch viele Jalirlmnderle lang aufwies,
nnd die Locaifal>el daiüber mit allerlei Zusätzen anssclimüektc.
Hier A^ermiselitc siel» olTenljar eine unilte plirjgiselie Sage, zu der
■wir den Sciiliissol verloren liaben , mit griecliischon Zusfitzcn aller
Diclüer und Pricsler, die der.i Flötenspiol nicht hold waren. Alter
irre iih mich nicht, so haben auch später die Athener reichlich da-
zu beigetragen, diesem alten IMjlhos die der Flütenkiinst gehiissi"-
Ste Wendung nnd Ausschmückung zn gehen. Sehr v.iiikouinien
"war ihren dramalischen Dichtern die Dunkelheit nnd Vcrwirrnn*»'
die sich schon damals im Gesclilechtsregister des Marsyas befand.
Nun konnten diejenigen, die satirische Dramen dichteten, den ehr-
lichen Marsyas sogleich in einen Satyr nmschafFcn und seinem
VVettkanipfe nach Belieben einen lächerlichen tragikomischen An-
strich gehen, ^"') Ein witziger Kopf gerieth auf den Einfall , die
Erzählung von der Minerva, die aus Unwillen die Flöten wegwiift,
mit den) Schicksale des Marsyas in Verbindung zu setzen. So
bildete sieb die Sage: Minerva verfl nebte ihre Flöten,
lind dieser Finch traf den Marsyas, Schade nur, dafa
alle diese satirischen Dramen, sowohl von der höhern nnd
ällern tragischen , als auch von der niedrigem nnd nencrn komi-
scheu Gattung, bis auf wenige Bruchstücke nnd Titel**) völlig ver-
loren gegangen sind. Dafs aber diese Vermnlhnng nicht ohne
Grund sei , liefse sich in Emangelnng anderer Beweise schon aus
einer Stelle Plutarch's darlhun. Sie befindet sich in seinem
moralischen Aufsatze über die Mäfsignng des Zorns. ***)
„Man darf sich," beifst es hier, „nur selbst im widernatürlichen und
leidenschaftlichen Zustande des Zorns ansehen, um diesen AlFeet
in seiner Häfslichkeit zu erkennen. Die Dichter erzählen i m
Scherze, dafs Minerva, wie sie auf den Flöten blies, vom Satyr
gewarnt worden sei, aber nicht darauf geachtet habe. Der Satyr
ruft ihr zu :
Dir steht dicfs übel an. Weg mit den Flöten !
Weit besser ist's , dn greifst zu Schild und Speer,
Und fliehst der Backen Mifsc:eberdnnn-. —
. *) Herodot VIT, 26. Xenophon, de Expedit. Cyri I, 2. 8. nnd die
übrigen Stellen Ijei Sau mal se ad Solin, p» 585, a, und Peri-
zon ad Aelian. V. H. XHT, 21.
. *'^ Buhle, de fabula satirica Graecornm. Gott. 1787. 4. Hatten wir
wenigstens nur das satirisclie Drama des Irophon, die flöten-
' spielenden Satyrn, noch, das wir aus einem Fragment beim
Clemens von Alexandrien kennen. Stroiiiat. I. pag. 280, D, Sylb,
vergl. Eichstädt's gelehrte Schrift de dramate Graecoruni comico
satirico p. 38.
***) Plutarch T. II. p, 456, 8, vergl. Kngel's Mimik' Tli, 1. S,
210, f.
2
20
Als sie aber liioranf ihre Coslalt in oiiiom Flnssc orldii'kt
liahc , habe sie voll liilleni Liiwülens die Flö(on wruitowoilen.
Und doch halle diese Verhäfslichii])!^- noch einen Ersatz itii \Yühl-
Klaii,"- der Flülcji gehabt. " Der dranialisehe Dichler, auf weh heu
PJiiiiirch hier aiisi)ielt , halle also <len IVfinsyas selb.st (denn dieser
wird oflenhar hier durch den Salvr i;cinein() in seiner Dich(nn°-
schon früher mit der Minerva znsaiiinienü,ehr.icht und es so noch
be^roifiicl.ier ii^eniacht , wie dieser dann die von der GöKin wei>e-
woii'enca Flöten sich selbst aiiniafsen und mit einer fremden Kr-
findnn^ prahlen konnte. Ein anderer liefs vielleicht in einem älm-
lichen komisch-satirischen Stücke den Marsyas jenen Rie-
menverband erfinden, den in der Folge alle Flötenspieler, wenn
sie als Virtuosen auftraten, sich nm den 3Tnnd und die }Ja-
ckeu befestigten, um den Odem beim Blasen besser beherrschen
und gleichmäfsiger vertheilen zu können. Auch dieser Eilindnnjj^
rühmte er sich üej^en den Apoll, und dieser branchte es zn einem
Torwand, warum er den jMarsyas so hart ziichti2,e, weil er so
mit verstopftem Maule gef^en den göttlichen Gesang-, womit Apoll
die Lyra begleitete, zu kämpfen sich erdreistet hätte. Ich schliefse
diefs aus einer Stelle der riutarchisclieu Tischgespräche. *)
Auch ist mir höchst wahrscheinlich, dafs die sonderbare Benennung
Kappzaum, womit wir diesen Riemenverband bei den attischen
Schriftstellern bezeichnet finden, eigentlich nur ein Spottname ge-
wesen sei, womit die Athener diese, auf alten Dciikujälern noc'i
sichtbare, häfslich ausstehende Mund -oder Lippenbinde (diefs
war ihr eigentlicher Name) der Thcbauischeu Kuuslpfeifer be-
zeichneten. ^*^')
Ganz vorzüglich aber gefielen sich die Dichter in ihren sati-
rischen Burleskeu dann, wenn sie die Bestrafung- des armen Mar-
syas auf's Theater brachten. Um die unmenschliche Harte der
an ihm vollzogeneu Strafe zu rechtfertigen , machten sie aus
jenem verständigen, eründnngsreichen Phrygier, wie ihn die ältere
Fabel vorstellte, einen lächeilichen Grofssprecher und Prahler; da-
durch fanden sie die erwnnsciite Gelegenheit, in diesem hochfah-
renden, trotzigen Tone die Unsitte der damals lebenden Pfeifer
und F^iötenspieler, die uns gerade als solche unnütze Gesellen von
den Alten gesclrildert werden , nach dem Leben abzubilden. **)
Ein sjiäterer, xiber gelehiler römischer Schriftsteller, Apule-
jns, ***) hat uns noch ein feines Piöbchen dieser Grofsspreche-
reien des dramatischen Marsyas aufitewahit, das allem Ansehen
nach aus einem verloren gegangenen satirischen Drama der Athener
*) Sympos. Vir. S. T. II. p. 713. C.
**) Ovid im Feptkalender VI, 706. Jamque inter Nymphas arte super-
bus erat.
***) In seiucu Bl um enstücisen oder Floridis. I. p, 405, 406, edit.
^'ulcan.
21
enik'lint isf. Was aber meine Bcliauphing,- lüchr als alles Uebilge
l>t'Slä!i.i;1, ist (Ut soiKlL'ibare Zii'^atz bei der Bestraiuuij des Mars vas,
dafs A|)üilü den Marsyas iiiclu seihst gesell nii den , sondern die.
Executioii einem oder ancb wolil melirern Scytbeii aufge-
traj,eti habe. Die allere Fabel weiCs von diesem VorneliHijuiin des
zürnenden Gottes nielits. Ijeini Apollodor und Diodor von Sieilieii
vollstreckt der Gott mit eigenen Händen das Lrllieil. Afier Ily-
siiins saii,t in der ziiui Anfang ani^efübrten Fabil ansiinitklii-b, er
liabe iba einem Seyllien übergeben, nm ibm die Haut Glied vor
Glied abznziebn. Bekanntliob sind last alle P'abeln Hvitin's blose
lubaltsanzeioen grieeliischer Selianspiele , nnd sebon dle-se einzige
Naelirieht miil'sle nns auf die ^erm^I!llnng bringen, dafs Ilvgin bei
seinen Leberlieferiingen griecbisclic Dramatiker vor Augen gehabt
liabe. ISun ist Jedem, der uiclit ganz fremd in den allisthen
Aiterlliiimern ist, biuiänglicb bekannt, dafs die Albencr eine Rolle
ölfenlliciier Selaven hielten, die, wo es niilhig war, auch die
Dienste unserer heutigen Stadtknechte, Biillel nad Scharfrichter ver-
rlehtelen nnd , weil sie mit Kijcher nnd Bogen bewaifnet gingen
nnd eine ausländische, fremde Tracht hatten, gemeinhin Bogen-
schützen oder Scythen genannt wurden. *) Sie kommen
beim Arislophanes sehr häniig vor, besonders in einer komisfheu
Stelle in dou Thesmophoriaznsen , wo der verkappte Mnesilochus
Ton einem solchen Scythen au einen Pfahl gebunden oder , nach
Hnserer Art zn reden , gekrenziget A\ird. Kurz darauf ruft der
Delinquent mit Stöhnen und Aechzeu seine Leiden aus:
Hier stellt der Scylhe mir als Wäcliler,
Ich aber bin , der Bosheit zum Gelächter,
Zum Frafs der Rahen aufgeknüpft. **)
Was war nun natürlicher, als dafs der komisch satirische
Dichter in seiner auf Athen berechneten Burleske den Apollo wie
einen Athenischen Prylanen handeln nnd den Frevler IMarsyas den
Peinigern, das heifst hier, den Scvlhen, überantworten licfs"?
Und so wäre denn nicht allein die Ursache gefunden, wie hier die
Scvthen zum Apollo an den Quellen des Mäanders in Phrygien
kommen , was selbst einigen gelehrten Alterthumsforschera ein
Räihsel geblieben ist; ***) sondern wir fänden ancb in der Er-
■wähnung dieser Scylhen den nnzweidenligsten Beweis, dafs dieser
Mythos von den attischen Dichtern nach Belieben verändeit nnd
tiavestirt wurde. Die Execntion oder Abiiäuiung des Marsvas war
*) S. die alten Scliolien zu Aristo pha ne s , Acliarnev Y. 54, vunl
die gelehrten Collectaueeu des M e u r s i u s in Ceranüco gemino c,
XVI. p. 5:i.
**) Aristophanes, Thesmophoriazusen V. 938. ff. 1035 ff. Vergl.
A c h a r 11 e r y . 707,
***) S. Sanmaise ad Solin, p, 581. a, D. und Alb. Ruben's in
J. F. Ciroaov'& Annicrkiingen zum Seueca, do fra H, 5, p. 8.
2-i
wiilirscliciiilicli mit so mniichcrloi Possen und GrimnRseii auf dem
allisclien Theater voibiiiulcn , dafs sie iini>;cf;ilir mit dem Uarle-
(juin, cocu bat tu und anderu deri>,k'idien Posscnsceneii auf
iloii ucuern Theateni sich einerlei Wirkunii; und Beifall bei der
lieber lachenden als donkendeu Majorität der Znschanor zn i-cwiir-
tii2,ea halte. Viellcielil bezieht sich eine Ausjiieliinii,- beim PJato
auf eil» den Atlicnera damals wohlbekanntes Släck der Art, Avo
er den lehrbegicriii,('n Ctesi|i|»!!S saii,en läfst ; ich übernebe mich
den fremden Lehrmeistern mit Haut nnd Haar und lasse mir allen-
falls auch die Haut von ihnen abziehen, wenn sich nnr die lianze
Geschichte nicht, wie beim Marsyas, in einen Schlauch aus Men-
schenleder, sondern in Erwerb der A'ersprocheueu Vollkommenheit
auflös't. *) In einem ernsilichern Sinne kommt diese neue Wend-
ung der Fabel des Marsyas in einem Traumgcsichte des Tyrannen
Apollodorus zu Cassandrea vor, der sich in seinen än<>,stiü,endea
Tranmerscheinuni!,en von Scylhen «eschnnden erblickte. **) Jndefs
verfnhren einiji,e Dichter wohl auch etwas glimpflicher mit nnserm
Marsyas. Bei ihnen war von der schrecklichen Hanlabzichung
nicht die Rede; sondern wie sie den Midas, nicht ohne eine hand-
greifliche Anspielung- auf die oft geschmacklosen und dicköhiigea
Kampfrichter bei den Athenischen Schauspielen , mit langen Ohreil
begabten, ^^) so dichteten sie auch vom Marsyas, dafs ihn der
Gott zwar an den Banm gebunden, aber, statt ihm etwas vom
Kör])er abzunehmen, noch am Hintertheile ein Sanschwäuzchen au-
gesetzt habe. ***) Eine olFenhare Travestirung der gewöhulichea
Satyrgestalt I
Dichter nnd Bildner standen zn Athen im schönsten Bnnde
mit einander. Was der Dichter besungen hatte, verkörperte der
Bildhauer und Blaler in die edelsten Formen seiner schaffenden
Kunst, Bei einer so bekannten atiischen Nationalfabel, als die
Erlindnng der Flöten durch die IMinerva nnd der nngiiickliche
Wettstreit des Marsyas sein raufsten , läfst es sich also schon im
Voraus annehmen, dafs sie von attischen Künstlern auch zum Ge-
genstände manches Kunstwerks gewählt worden sei. Wir treffen
in der Kunde alter Denkmale auf eine ]\Iinerva Mnsica, die
gewifs nicht blos darum diesen Zunamen erhielt, weil ihr die
Mnsen oft zu Begleiterinnen gegeben winden, wie in ihrem Tempel
zn Allea, -f) nnd wie in mehreren noch Aorhandenen Slatnen-
Bammlungen, wo die Minerveu- und Museubilder neben cioaadcr
*) Plato im Entliydemus p. 285. D. oder T, III, p. 33. Bipont.
**) Pliitarch, de scra iiuininis vindicta T. II. p, 555. A. oder p. 39.
ed. W'yttonb.
***') Die pcschriclicneu Scliolieu zum Fiilgcntius bei Munker aJ Hjgin.
]i. 27!). cd. Slavercn.
t) Pausaiiias VitI, i7. p. 695.
ii3
gefunden nnd ansge2,rnl>en VMirdcn, *) sondern anch Wegen einer
noch genauem Beziclniiig anf dit* Tonluuist sellisf. Diese liegt
Si'Uun in jener Eildsiiiile des Bildlianers Deinelrins , der das Gor-
gonenliaiijit anf der Aegide der Giillin so künstlieh gebildet liatte,
dafs die Seldangenliaare angcnelini erklangen , so oft die Citlier
vor der Bildsäule gespielt wurde. Ich zweifle aber gar iiielit,
dafs man aneh in Bezieliiiiig anf die Erllndnng der Flöten der
Minerva den Beinamen Mnsica gegeben habe, da er ganz ei-
gentlich in die Dlinervensladt zn Hanse gehörte. ^^^) Pausanias
bemerkte in der Akropolis zu Alben seihst eine Grnppe, wo
Pallas den Marsvas schlagend yorgeslellt war, weil er die Flöten
aiifi^ehoben hatte, die die Göllin anf inmier weggeworfen wissen
wollte. **) Kein aller Dichter oder Mylhograph erzählt diese
Züchtigung-, und doch war sie im Geiste der Athener nnd gewifs
aus einem bekannten satirischen Drama geschöpft. Auch anf deu
noch vorhandenen alten Kunstwerken erblicken wir die Erfindung-
der Flöten zum Theil ganz so vorgestellt , w ie sie iu den saliri-
8chen Dramen zn Alben ausgebildet worden war. So sah man
Äiif einem Basrelief, das sich zn Rom im Hause des Oltavio
Capranica befand, die Minerva auf der Doppelflöte spielen, wäh-
rend auf der andern Seile ein Satyr lauschte, «ra sich des Fundes
zu bemächtigen , w enn sie die Flöten weggeworfen hätte. ***y
Auf einer Schwefelpasle der Sloschischen Sammlung halte der Sleiu-
Bchneider den Moment sehr glücklich gewählt, wo der Salyr die
weggeworfenen Flöten schon aufgehoben hat und blüs't, während
sich Minerva mit Verachtung-, die Finger au den Mund hallend,
wegbegiebf. f) Auf einer andern allen Paste im Cabinet von
Charles Townley in London besieht die Göllin mit forschen-
dem Blick die eben erfundeneu Flölen , die sie in den Händen
hält. If) Diefs scheint unter den Vorstellungen dieser Fabel die
gewöhnlichste gewesen zu sein. Denn sie kommt auch auf einer
Sloschischen Paste üf) nnd auf einem Basrelief in der Villa
Belvedere zu Frascali vor. f If-i") Die merkwürdigste Vorstellung
bleibt indessen gewifs diejenige, Avelche Francisco Bartoli
von einem Frescogemälde in den Bädern des Tilns eopirte und
in Af^uarell abmalte. Wiuckelmann lint sie aus der im Vaticaii
*3 Galleria Giustiniani T. II. tav, 140. Pitture d' Ercolano T. V. tav.
2. mit den Anmerkungen der Herausgeber, besonders aber Vis-
conti zum Museo Pio Clement. T, I, p 13,
**) Tansanias I, 24. p. 56.
***) Beschrieben von Winckelmann, Description des pierres gravees
d. B. de Stoscli p. 65. nnd in seinen 3Ionumeuti anticiü p. 20.
f) Tassie^s Catalogue n. 1717, p. 113. f.
ff) Tassie's Catalogne n. 1774, p. 137.
fff ) Description des pierr. gr. du Cabinet de Stoscli n. 211. p. 6S.
ttti") Nach Winc kelniann's Angabe, Monum. Ant. p. 20.
24
bofiiulliclien Sainmlnng dio.spr Gcmäldo in seine fllomimenli
aiitirlii ineilili (No. 18.) aui'i;eiiotninen. IMiiicrva, die aiiföcr dem
Helm niif dem Ku|!fe völliu iiiiliewairnet ist, silzt auf eiiieiu Throne
und lifiit die cri'uiideiicn l^'liilen so in den Hunden , dafs sie die in
der einen Hand befindliehu lioeli anfliebt (W i n clvc 1 ni a nn sag(, sie
sei im I>ei>rift', sie w egzn werten , ) die andere aber vor sieb anf
den Sebools K\:^f, Jlir zn Fiilseu liegt, mit der Rechten auf eine
Urue ge.';Jiitzt, eine ]Najade — dafs sie diefs sei, zeigt aneh auf
dem (jleniable ihr slahlgriiues Gewand --^ und scheint mit der
Linlven der GüUin zu winken. Auf beiden Seilen stehen noch
zwei andere weiljliehe Figuren , mit dem dicblerisehcn E|dieH ge-
kräuzt. Die eine zeigt mit dem Finger auf's Gesicht, die andere
mit der gesenkten Hand auf die iSvniiibe, Yt inckoiniann giebt
sich viele, vielleicht vergeblicbo Miihc, «liescn Figuren beslinunle
Name» zu golien. Die Idee des Malers ist indefs auf keine Weise
zu verkennen. Sieh, sagt die eine Figur, die mit dem Zeigcüu-
ger auf ihr eigenes Gesicht deutet, hier Avarst du beim Blasen
sehr bäfslich. Wirf die liäfsliche Pfeife dieser Nymphe in den
Scboofsl diefs scheint die andi^c andeuten zu Avollen, Aber wer
ist die Nymphe? Die Alheuiscbe Fabel verptlanzte die Szene aus
Lvbien an den Mäander, Avie auch ans einer Stelle des Propcrz
bekannt ist. Aliein die Flnfsgölter werden nicht als Najaden ab-
gebildet. Könnte sie also nicht nach der Erzählung, der Hvgin
folgt, den Quell am Berge Ida bezeichnen? Dafs übrigens dem
Maler mtdir um die Ausführung seiner Idee als um chronologische
Richtigkeit zu thuu gx'wesen sei, erbellet aus den an den Lücliera
der Pfeile augebrachleu Pllückchen, die erst spät dazu erfunden
AYurden, um durch das YorscbieboH derselben dieselbe Flöte in
Tcrschiedtno Tonarten umzuslimmen. *)
Aber noch weit häuiiger bildeten diaAtheniensischen Künstler
und ihre Schulen die Geschichte des Marsvas mit allen den Zu-
sätzen und Ausschmückungen ab, die allische Dichter uacli und
nach hinzugefügt halten. Der alle Pol yg notus hatte in jener
berüiimten Gemäldegalerie des Delphischen Tempels von jener Be-
strafung noch nichts gewufst. **) Er malle blos den Marsvas, wie
ev den\ jungen Olympus das Flötenspiel Jehrt. Und doch wäre
diese Bestrafung, wenn sie sdioa damals für einen Gegenstaud
der bildenden Kunst gegolten hätte, ein sehr schickliches Seiten-
stück zu dem ebenfiills dort aogeführteu und vom Polvguot gemalten
*) Diese Pllöcke oder Wirbel von Elfenbein oder Hörn finden sich
auf vielen alten Donkmälern. S. Bartholin, de tibiis c. 5. pag.
57. seq Am bcfsten hat sie Caylus erläutert, Recneil d'Aiitiqiiites
Tom. III, p. 206. — 208. Vergleiche Burney, History of Miisic.
T. I. p. 521.
**) Paugaaiaa X. 30. p. 873.
Ji5
Tliamvris gewesen. Diese ältere Vorstelhing finden wir anch auf
einem Herculanischen Geniühle ansgefi'ihrt , wo aucli noch «ai'
iiiclils Safyrartigos an Marsvas zu erblicken ist. *) Aber als Sa-
tyr, also schon mit einem Zusätze ans der attischen Dichterscliule,
ersciieiut er auf einem anderen Herculanischen Gemälde, wo er
gleichl'alis als Lelinneister des Oivunms vorneslellt ist. **) Nun
komuieu die zahlreichen Vorstellungen der Bestrafung selbst. Iii
einigen ist Apollo noch der eigenhändige Vollstrecker der Strafe,
wie in einer Gruppe zn Dresden, welche aus dem Paläste Chi"!
daliin gekommen ist. ***) In dieser Hinsicht konnte Apollo den
Beinamen des Peinigers (Tortor) bekommen nnd in Bildsäulen
mit den Attributen des, seine blutige Ftache selbst vollziehendeu
Gottes Yorgesl'.'llt werden, ^^ii) Hierher gehören auch die im
Aherthum so häuiigeu einzelnen Sialnen des an die Fichte oder
Pappel — denn selbst hierüber war die Tradition verschieden —
angebundenen, entweder schon wirklich geschundenen oder sein
Uitheii noch erwartenden J)Iarsjas. Aber am häufigsten war
Apollo in der vornehmen Stellung eines, Befehl ertheilendeu Pry-
tanen entwedin- iu gröfsern Basreliefs oder Gemälden mit einem
zahlreichen Gefolge nrngcben, oder wenigstens in Gesellschaft
einiger oder auch nur eines einzigen Gerichtsknechfs, Scythen,
vorgestellt, wiihrend iMarsyas schon an den Baum gebunden da
steht. Hier ist die Einmischung der attischen Localsilte überall
nuverkennhar. Da, wo mehrere Gerichtsknechte dem Apollo zu
Befehl stehen , ist der eine gewöhnlich mit dem Anbinden des
Verbrechers beschäftigt, während ein anderer das Messer zur Exe-
ciition schleift und mit drohendem Blicke anf das Sculachtoj)fer
hinaufsieht. Dieser schleifende Scythe war eine Lieblingsfigur der
allen Künstler iu dieser Gruppe nud ist für die Kunstgeschichto
bekanntlich auch dadurch sehr merkwürdig, dafs eine der Haupt-
statuen, die aus dem Altcrthum übrig geblieben sind, der berülimte
Schleifer oder Arotino von Florenz, oftenbar nichts xinderes als
der schleifende Scythe in einer Gruppe des Marsyas gewesen ist.
Den befstcu Commeular giebt der jüngere Philostratns iu
seinen Gemälden, wo dieser schleifende Scythe nach dem
Leben geschildert wird, f) ^"^'^^^^ Aufser einem sehr merkwür-
digen Herculanischen Gemälde , worauf diese ganze Geschichte
abgebildet ist, ff) verdient kciue Uieher gehörige Antike ein
:*3 Pitture T. 1. tav. 9.
i**') Pitture T, III. tav. 19, vergl. Heyne, antiquarische Aufsätze Th.
^ .: II. S. G9.
***) Marbres de Dresde. 65. Eine weniger als mittelmäfsige Abl)ilflnng:
eines der befsten Kunstwerke dieser Sammlung, von weldier wir
\ eigentlich noch gar keine Abbildungen besitzen!
,»*J-^ Philostratns der Jüngere, Icon. 2, \k 865.
^. tt) Pitture T. II 1^ 19.
26
grOfscrcs Stn<Hmn als das geldirtc BafiroUcf aus der Villa Bor-
g-hese, (Ici^.sen Beknniitiiiaclniiiij; wir W i n i- k e I in an ii venlan-
koii. *) Apollo, von den KainpiVieliterinnen, den Mnsen, nnd den
iibrijjcn Göttern Mnijj,eben , sitzt auf einem Thron und stützt seinen
Fnfs auf einen riii)poij,rvph , wodureli, wie Visconti sehr scharf-
sinnij^ bemerkt hat, **) aiit alten Denkmälern besonders der
Pyt bische Apoll bezeichnet wird. Hier erblickt man drei Sty-
Ihen , die durch ihre Mützen nnd iiir übriges barbarisches Kostüm
sogleich zu erkennen sind. Der mittelste ist der mit Trotz an
den Delinquenten hinauf blickende Schleifer. Der FInfsgott zu
den Füfsen des Gebundenen ist der bfi Celänä, dem nachmaligen
Apamea, entspringende Marsyas , wie auch die Münzen dieser
Stadt hinlänglich bewiesen. ***) Auch auf geschnittenen Stei-
nen f) und IMünzeu der Alexandriner ff) erblicket man diesen
schleifenden Scythen bei der Bestrafung des Marsyas sehr häufig;
es würde aber io der That ein sehr undankbares Geschäft sein,
die sonderbaren MifsgrifTe der neuern Alterthumserklärer, die sich
"wegen dieser Zusaninienstellung der Scythen mit dem Apoll in
keiner geringen Verlegenheit befanden, der Reihe nach herzn-
erzählen.
Nach diesem Allen wird sich eine im Alterthnm oft wieder-
erzählte Anekdote aus der Jugendgeschichte des Alcibiades leicht
beurtheilcn und anf ihren wahren Gehalt zurückbringen lassen.
Ich will sie zuvörderst mit den Worten Plutarch's erzählen , der
sie in seiner Biographie des Alcibiades am weitläufigsten an-
führt, ftt) „Als er," so heifst es hier, „die Jahre erreicht hatte,
wo der jugendliche Unterricht anfängt, bewies er allen Lehrern
die gebührende Achtung und Folgsamkeit, nur mit dem Flöten-
spiel wollte er nichts zu thun haben , weil diefs ein unedles , dem
freien Manne unanständiges Geschäft sei. Denn wenn man mit
dem Plectrnm die Lyra schlage, so thne diefs weder dem Auslände,
noch dem Ansehen eines Mannes \on guter Geburt den geringsten
Eintrag; das Blasen der Flöten hingegen verstelle die Menschen
so sehr, dafs ihn selbst seine Bekannten in seiner Veruustalt-
nug kaum erkeuueu würden. Ferner ertöne die Lyra nur im
♦
*) Monumenti antichi inerliti n. 42. p, 49. ff,
**) Museo Pio-Clement. T. IV. p. 23. f.
***) S. EklieTs Doctrina nuinonim vet. T. III. p. 139. 140.
f) Winckelmanns Descript. du Cab. de St, n. 1140 — 44. p. 193.
f. Den merkwürdigen Onyx n. 1142. hat Raspe, Tassie's cata-
logne. PI. XXXII. n, 3026. nebst einigen andern ähnlichen Gem-
men abgebildet,
ft^ Pellerin, Reciieil de Med. III. p. 288.
ff-j-) Plutarcli im Leben des Alcibiades c. 2. T. II. p. 3. 4. ed.
Hütten. Schade nur, dafs der aiiekdotenreiche Biograph in diesem
ganzen Leben fast keine einzige Quelle antulu't, woraus erschöpfte»
27
Elnlvlaiiire mit «lom Gesänge des Spielenden , die Flöle liinj^cgen
vciscliliefse und Acrslopfe die Slimme und Rede des Flölenspieiers
völlig-, Lal'st also, setzte er hinzu, die T lieb au er flöten,
so viel sie wollen. Zum Sprechen sind sie so zu dumm.
Wir Athener aber li a b e n die Pallas Athene zur
5 t a ni nun u 1 1 e r und den Apoll zu ni S c h ii t z g o 1 1 u n-
6 e r e r Vorväter. Jene w a r t" d i e Flöten weg, und die-
ser zog dem Flötenspieler die Haut ab. So erklärte
sich der jnnge AIcibiadcs halb im Scherze und halb im Ernste
über das Flölenspiel, nnd verleidete dadurch sich und Andern diese
Kunst, Denn bald sprachen alle seine Gespielen davon, dafs
AIcibiades ans guten Gründen das Flötenspiel verabscheue nnd
Alle, die sich damit abgäben, verspotte. Seit dieser Zeit hielt
man es nicht mehr für eine freie Knust. Die Flöte wurde
e i n G e g e n s t a u d des allgemeinen Spottes." So weit
Plntarch. Der gelehrte Grammatiker Gellius erzählt diese Anek-
dote gleichfalls aus den Denkwürdigkeiten der Pamphila, einer
Schriftstellerin im Zeitalter Nero's. *5 Nach diesem Excerpt liefs
Pericles , der Vormund des AIcibiades , den berühmtesten aller
Thcbanischen Virtuosen, den Antigenides selbst, kommen und
hat ihn, dem AIcibiades Unterricht zu erthcilen , der aber beim
Erblicken der anfgeblasenen Backen die Flöten mit Füfsen trat.
Auch die Pamphila hatte bemerkt, dafs seit dieser Zeit das
F 1 ö t e n s p i e 1 nicht mehr z n m Schulunterricht in
Atlien gerechnet worden sei. So viel ist aus dem wie-
derholten Zeugnisse mehrerer alten Schriftsteller **) und selbst des
Plato, der den Socrates zum AIcibiades sagen läfst: du wolltest
die Flöte nicht blasen lernen, ganz unleugbar, dafs der Scherz
des AIcibiades anch das Seinige zur Herabsetzung des Flötenspiels
heigetragen haben könne. Der schönste, reichste und witzigste
Knabe seiner Zeit, im Hause des allmächtigen Pericles erzogen,
war AIcibiades allerdings schon in diesem Aller ganz dazn ge-
macht, in Sachen des Geschmacks unter seinen Gespielen und
durch diese selbst bei den Erwachsenen den Ton anzugeben.
Dazu findet sich in der Jiigendgeschichte dieses liebenswürdigsten
nnd geistreichsten aller Wüstlinge , in dem man den Charakter
des ganzen Volks gleichsam in einem Miniatnrgemälde abgebildet
] findet, noch eine Menge anderer Belege. Allein auch so würde
eine so schnelle Veränderung in den Gesiniiungeu eines Volks,
das gerade um diese Zeit nach dem ausdrücklichen Zeugnisse des
*') A. Gellius XV. IV.
**) Diese Stelle findet man vollstänrlig in P. Faber's Agonistico I.
4. und in A. Leopaidus Emendationibus II, 13. Lampad. Grut.
T. 111. p. 33. ü". gesammelt.
!
28
Xenoplion *) die KiinslfertigUnileu der Flötenspieler leideiisclinft-
licli |je\MiiHler(e, kiuim ji,eileiikljai- sein, wenn iiiclit die SpoKlust
der komisclien und satirischen Dichter zn yleiciier Zeit, wie oben
gezeigt worden, auch das lhii<'0 dazu heigetra£,en häUe, und zu-
gleich die aiigeerhte G<!ringschälzang und Ahneignue,- der Athener
gegen ihre Nachhani , die Böotier und Thehaner, die das Flöten-
ßjjiel zur einzigen Kunst und ziim Broterwerb niaclilcn, in's Spiel
gekommeu wäre. Das Fliilenspiel wurde nun wirklich als Hand-
werk A'oni Schnlunlerricht immer mehr ausgeschlossen, und die
Philosophen bewiesen die Unslatlhalligkeit desselhcn in ilireu
Schulen. ^'X) Aber merkwürdig- bleibt jene Anekdote schou
daruui , weil in der Rede des jungen AIcihiades Alles zusammen-
gesetzt ist, was attisches Nalionalvorurlheil gegen die Kunst ihrer
Nachl)arn einzuwenden pflegte, und weil man in ihr den deullich-
Slen Fingerzeig findet, wie sich aus jenen Yorurtheilen die Alytheu
von der Minerva, der Flöten wächteriu, und dem Apollq, dem
Bestraler des Marsjas, entwickelten.
Weitere A u s f ü h r u u g e ii.
I.
üeber die 3Iarsyasstatuen.
Blaii fand in der Geschichte des Marsyas ein treffendes Bifd des
gestraften üeherinutlis. Nun ist aber diese "ß^'i das Ilaiiptverbrecheii
in repiiblicanisclieu Staaten , und so konnte das Bild ilirer Bestrafung
iiberlianpt Symbol der Gereclitigiceit werden. Wegen dieser Beziehung-
Stand daher wahrsclieinUch in den meisten Städten auf dem Forum , wo
die Gerichte gelialten wurden , eine Gruppe des Apollo und jMarsyas.
Wir wissen diel's aus einer Stelle des Servius zum Viigil, Aeneid. IV.
58 , der aber die Kunstallegorie nur Iialb fafste : 3Iarsyas per civitates
in foro positus libertatis indicium est. Der 3Iarsyas auf dem römi-
schen Forum ist den Lesern der Horazischen Satiren durch die witzige
Wendung bekannt, wodurch Horaz , der Dichter, die grinsende Miene
dieser Statue auf den verliafsten Weclisler Novius deutet ( 1 Serm. 6,
120. mit Wieland's Anmerkung Th. I. S. 229. ), die Juvenal C^^- -'~)
sogar sprieliwörtlicli braucht. Vergl. Martial II, 6i. Noch bevUliintev
wurde diese Bildsäule durch die Ausschweifungen der Julia, August's
Toclitur, wie sie Seaeca und Plinius erzälden. S. Lipsius, Lect. Antiqu.
III. Opp. T. I» p. 388 f. — Ob der geschundene Marsyas auch als
"j Xenoi>Iion's Deidvwiirdigkeiten IV, 4. 16. p. 257. ed. Sdineid.
29
Gliodermann zum anatomisclien Stndiiim in der Myologie und Angio-
lo«ie in den Zeicimenschulen der Künstler habe dienen können, soll
andei'swo weitläuüger untersucht werden,
II.
üeber die Homerischen Stellen, wo von den
Flöten die Rede ist.
Agamemnon hört des Nachts das Getümmel des trojanischen Lagers
«nd staunt
Ueber der Flöten und Pfeifen Getön. —
II. X, 13. K-jX!j~.-j cvqlyyM-j r i^o-'/fj. Dabei machen die vollständi-
gem Schollen bei Villoison S. 243. die Bemerkung, dafs nur hier
und noch einmal im I8ten Euch die Pfeifen und Flöten vorkämen, und
dafs diese Instrumente nur den Barbaren bekannt ge-
wesen wären. Wenn also im iSten Buch V. 495. bei einer Braut-
hcinüuhrung Jünglinge unter dem Klange von Flöten und Cithern tanzen,
so folgt daraus nur soviel , dafs in ionischen Städten bei solchen Feier-
liclikeiten auch nach der Flöte getanzt wurde. So wie aber die Römer
lange Zeit sich blos mit lictrurisclien Pfeifei'n behauen, so erliielten
wahrscheinlich die lonier ihre Flötenspieler bei Hoclizeiten von
den benachbarten Lydiern. In der Parallelstelle im Schiide des Ilercides
y. 281. ff. unter den Hesiodisclien Gedichten marschiren die Tänzer im
Tact vorwärts, indem ein jeder seinen Pfeifer vor sich her gehen hat,
sind aber von denen, die nach der Cither tanzen, ganz verschieden.
Indefs beweis't schon der Gebrauch des AVorts /.wwä^siv, dafs diefs He-
siodische Gedicht in ein weit späteres Zeitalter fällt. Kurz , die zweite
Stelle im Homer kann wenigstens nicht für einen Beweis gelten, dafs
die Landsleute des Dichters in lonien die Flöte schon als ein gewöhn-
liches Instrument gebraucht hätten , so wie überhaupt die ganze Be-
schreibung des Acliiileischen Schildes der höhei'n Kritik noch manchen
Stoff zum Zweifel und zur Prüfung darbieten möchte. Schon den Alten
fiel die Erwähnung der Flöte liier auf. Man höre nur , was der zweite
Venezianische Scholiast bei Villoison S, 431. darüber bemerkt: „die
Flöte ist phrygisclien Ursprungs, Wollte also hier vielleicht der Dicliter
ein Bild des friedlichen Tiojas entwerfen? Denn die Trojaner be-
dienten sich bei iJiren Wachfeuern der Flöten. Bei den Hellenen
aber ist di'e Flöte nirgends anzutreffen." Ein Anderer, ein
gewisser Agallias aus Corcyra, ein Freund des Grammatikers Aristoplia-
nes, half sich aus dieser Verlegenheit dadurch, dafs er annalini , die
friedliche Stadt sei Athen , wo Pallas Athene die Flöte zuerst zur
Hochzeitfeier (sv yifxoi:;) erfunden habe. S. die Schollen des Pseu-
dodidymus S, 720. ed. Barn. — In der Odyssee ist nirgends eine
Spur von der Flöte , man niülste denn X, 10. mit Rochefort a-^j? für
a'jXM erklären wollen, S. Villoison zu Longus roijx. p. 304. Diese
Untersuchung ist übrigens reicli an weitern Folgerungen, So läfst sich
z, B, daraus gleich eine wichtige Folge lür das eigentliche Zeitalter
30
der Homeridisclien Hymne auf den ITermos zielien, da in ihr die Musen
im Olynip die Flöton spieU-ii. V. 450. IfJ-iqUii; ß^^if^o; ct-jkSJv. So
setzt untAcfälir Aristoplianes in den Frösclien 312. Cliortänze und
Flölensj)iel zusammen. Aber wer sollte diefs in einer so viel altern
Hymne erwarten? IMicli wundert es, dafs Vols, der so viele Neu-
erungen in Sachen und Worten l)ei diesen Hymnen aulTiilirt (mytholo-
gische Briefe Th. I. S. 100, ff,) nicht aucJi diese bemerkte.
III.
Orpheus,
Nur auf diese Weise läfst sich vielleiclit nocli etwas von dem Or-
phisclien Fabelgewebe in seine Grundfäden airflösen, die durcli die
Bemiihnngen der Nenern noch immer mehr verwickelt und versclilungen
worden sind, wie ganz neuerlich noch durch das gepriesene Werk des
französisclien Astionomen Dnpuis: Origine de tous les cultes, worin
der wahre Satz, dafs die Griechen ihre ältesten Mysterien von den
Aeayptern erhielten, zu den unwalirsclieinlichsten Hypothesen gemifs-
braucht wird. Man denke sich also den Orpheus nur als einen Collectiv-
nanien aller Vorsteher jener frühesten Mysterien , die ihre Weiliegesänge
mit der Cither begleiteten, und die Beliauptung des scliarfsinnigen Ari-
stoteles beim Cicero N. D. I. 38., dafs nie ein Orpheus gelebt
habe, verliert auf einmal ihr paradoxes Ansehn. Der Streit des neuen
geheimen Bacchiisdienstes mit den altem Geheimnissen, die ihm un-
terlagen, erklärt die Fabel vom Tode des Orpheus, die von den spätem
Orpheotelesten und Dichtem um die Wette ausgesclmiückt wurde. Jene
hatten in ihren Logen also auch schon einen (frs cli la genen Meisteri
diese mischten bald das spätere Nationallaster, die Päderastie, hinein,
weil doch eine Ursache vorlianden sein mufste, warum die Mänaden
den Orpheus zerrissen hätten. So läfst sicli leicht die ganze Fabel ent-
wickeln. Der Sabazische Bacchusdienst entsprang aus dem Dienste der
phrygischen Cybele, eine Bemerkung, die, seit Heyne diefs in der
Vorlesung de religionibus et sacris cum furore peractis in Comment,
Sog. Gott. T. VIII. aus dem Strabo so deutlich gezeigt hat. Niemanden
mehr fremd sein kann. S. die Bruchstücke aus einer Pindarisclien Di-
thyrambe, die über diese Saclie viel Licht verbreiten, in Seh neide r's
Fragm. Find. p. 51. If. Cybele war die Göttin ^ KgioraXwv , tut«-
VMV t' '«X*) » '^^^ ''^ PfsMOf aCkixv Eu aSsv. Homerid. Hymn. XVIf,
3. Mit dem Bacchusdienst ging also auch die Flöte zu den Griechen
jil,er^ — Sehr schön ist die Allegorie eines spätem Aeolischen Dich-
ters : die Lyra des Ori)liens schwamm auf dem Hebrus bis in's Meer
und von da bis nach Lesbos. S. die Hauptstelle in der Elegie des
.Phanocles beim Stobäus LXII, p. 399. und in Ruhnken's Epistola
Critica II. p. 302. ed. nov. nebst Pliilos tratus in Ileroicis p. 713,,
wo Olearius die Worte rljv 'Ofipswj nicht durch y.tffciA/\.> sondern
durch Au'pav hätte ergänzen sollen, wie aus dem Pliatiocles und ans
Ovid's Metamorphosen deutlich wird. Die Geschichte der frühesten
lyrischen DicTitkiinst der Grieclicn auf Lesbos ist ilie passenJste Er_
Klärung: dieser Allegorie, die schon Phanocles so schön deutet, wenn
er singt : 'Ex utivov ywoXira/ ts h«/ t/xs^rif mSa^iffrvg NiJfTov ( nämlich
Lesbos ) «x^' * '"■«ffsiMv t' iffTiv aoiloTarv) , vergi. die merkwürdige
Stelle des Nicomachus in den Script. Mnsicis libr. II. p. 29. ed.
Meibom., wo ansdriiclvlich gesagt wird, Terpander von Artissa habe
diese Lyra des Orpheus gefunden und für die seinige ausgegeben. Und
wirklicli fängt mit Terpander's Barbitou oder tTTTaxof'öov die erste ly-
rische iVfusikschule auf Lesbos an. Auf äiinliche Weise ist wold auch
die alte Sage der Sicyonier beim Pausanias II, 7. p. 128 entstanden,
dafs die Pfeifen des Marsyas in den Mäander und von da iiber's Meer
zu ilinen geschwommen wären. Diefs kann schwerlich etwas Anderes
bedeuten, als dafs im uralten Sicyon sich schon vor langen Zeiten ein-
mal ein phrygisciier Flötenspieler habe hören lassen. — Uebrigens
wäre es wold der Miilie werth, alle zerstreuten Spuren von Widerstand,
den der neue Baccluisdieust überall in den hellenisclien Städten fand,
sorgfiiltiger aufzusuchen. Z. B. beim Pausanias II, 20. p. 155., wo
Persous von Argos den Bacchus und seine Mänaden schlägt. 3Ianches
würde sich aus des'Nonnus seltsam verdrehten Dionysiacis herausiin-
den lassen. In des St. Croix Collectaneen: Versuch über die
alten Mysterien, S, 275, ff» würde man vergeblich nach so etwas
suclien»
IV.
Lydische Doppelflöte,
Die Stelle beim Herodot I, 17. von Halyattes Kriegsmnsik hat frei-
lich ganz verschiedene Auslegungen gefunden. Ks heifst ^cr^ «tsJsto —
CtÖ aCkov äväfvj/ou k«( ywoctKi^lov. Schon Wesseling hat bemerkt,
dafs femininae tibicinae, die Aulus Gellius I, 11. aus der hier ange-
führten weiblichen Flöte herausgefunden hat , nicht in den Worten des
Herodot anzutreten sind. Es läfst sich aber im Ganzen gar keine
andere vernünftige Erklärung denken als die , welclie auch L a r c h e r
zu dieser Stelle giebt in den Anmerkungen zu seiner Uebersetzung
T. I. p. 192.: Je crois, que notre auteur entend par cette expression les
flutes egales et inegales dont il est fait mention dans les didascalies de
Terence, ou bien les ilutes Lydiennes dont le son etait le grave , et les
Plirygiennes , qui avaient le son aigu. Das letztere ist zwar ein falsclier
Zusatz. Denn im lydisclien Heere denkt Niemand an iduygische Pfei-
fen. Aber dafs die männliche Flöte eine tibia dextra, die weibliche eine
tibia sinistra gewesen sei, wie man es in der Kunstsprache des Alter-
thums ausgedrückt haben würde, sclieint mir keinem Zweifel unterwor-
fen. So viel geht auch aus den gelehrten, aber höclist verworrenen
Erklärungen des Saumaise, ad Solin. p. 86. ff. und Script. H. A.
T. II. p, 826. b. unleugbar hervor, dafs die mit der linken Hand ge-
haltene Flöte den Discant zur rechten oder männlichen Flöte ge-
spielt habe. Und mehr bedarf es ^}iey nicht zvj meiner Absicht» —
32
BelcanTitlicli stammten <1ie Tynliener oiler Etnirier von den Lydiern ab,
tind es verdiente daher wohl, bemerkt zu werden, dafs wir nach Pas-
seri in seiner Aldiandliing' de Mnsica vetenim Ktniscornm zum zwei-
ten Tlicil seiner Pictiuae Etriiscorum in vasculis p. LXXVill. b. nnd
nacli Bnonarota in seinen gclelirten Erklärungen zu Demi)ster's
I^Ururia IJegalis T. II. Append. p. 68. wohl selbst noch diese lydischen
DoppeUlöten' auf alten Denkmälern selten könnten, wenn nur nicht be-
wiesen wlii'e, dafs die Vasen, auf welclien sich die Abbildungen befin-
den, niclit etrurisclie, sondern griechisclie Kunstwerke aus Grofsgricclien-
land sind. Denn so gewifs es auch ist, dafs die Etrurier sehr geübte
Flöteiibläser geiiabt haben müssen , die auch die Römer in der Folge
von ihnen erhielten (s. Strabo V. p. 336. C. und Heyne, Etrusca an-
lifjnitas a conimentiliis interpretamentis liberata in den Novis Commen-
tariis Societ. Reg. Gott. Tom A'Jf, p. 43.), so sehr beurkundet sich
doch auch durch forlgesetzte Forschung der Altertlnimskenner die schon
von Gay Ins gemachte Bemerkung Recueil d'Antifjuites T. II. p. 98,
dafs sicli die Flöte sehr selten auf echten etrurischen Denkmälern
finde,
Ursprung der Elegie ans dem FlötenÜede,
Ich fühle selbst sehr wohl, wie mifslich jeder Versuch sein mufs,
eine so alte und verwickelte Streitfrage zu lösen, von welcher schon
Horaz sein bekanntes Grammatici certant et adJiuc sub judice lis est
aussprach. Die gröfste Verwirrung, wie mich dünkt, ist dadurch ent-
standen, dafs man die Frage nicht recht gestellt hat, i Man hätte immer
erst fragen sollen, wie wohl der Pentameter erfunden worden sei, ehe
man sich mit Untersuchungen über den Ursprung der Elegie einlief«,
und man hätte erst von Flötenliedern überhaupt sprechen sollen,
ehe man das weit spater bestimmte Wort Elegie rückwärts anwendete.
Die Vermuthung, dafs die Erlindung des Pentameters der Bekanntschaft
der lonier mit der kriegerischen Doppelflöte der Lydier zuzuschreiben
sei, verdient wenigstens eine genauere Prüfung, und der Umstand, dafs
die ältesten Dichter, die sich des Pentameters bedienten, Callinns
und Tyrtäus, gei-ade nur Kriegsgosänge in diesem Sylbenmafse san-
gen, scheint diese Muthmafsung allerdings zu begünstigen. Alles, was
sich aus den wenigen Bruchstücken des Callinns beim Strabo und
Stobäus herausbringen läfst, beweis't unleugbar, dafs es Kriegslieder
gewesen sein müssen. Siehe die Stellen bei Souchay, sur les poetes
elegiaqaes in den Memoii'es de l'Acad. d. Inscript. T. VII. p. 304. ff,
und die Neuern, die von Burmann, dem Jüngern, zu Valois Emen-
dat. IV, 14. p. 116. und in Fabricius, Eibl. Graeca T. I. p. 726«
not. dd. ed. llarles angefülirt werden. JNun ist aber die älteste Tradi-
tion, dafs Callinns (jAer um's Jahr 680. a. Chr. lebte) die Elegie erfun-
den liabe, z. ß. bei Terentianus Maurus de metris p, 14, :
33
Pentametinim dubitant qui primus finxerit auctor;
Qiiidam non dnbitant dicere Callinoum,
bei ihrer Allgemeinheit (s. die Ausleger zu Callimachus T. I.
p. 439. ed. Ern.) nicht zu verwerfen und mit meiner Hypothese sehr gut
übereinstimmend — dafs Tyrtäus ein Milesier gewesen sei, der sich
nur in der Mutterstadt Athen aufliielt, als ihn die Lacedämonier für
sich abforderten, darf ich gegen die unlialtbare Behauptung des Cor-
sini, Fast. Att. P. III. p. 33, jetzt für erwiesen annehmen. Aber we-
niger bekannt ist es vielleicht, was ich doch aus mehreren Gründen
für höchst wahrscheinlich halte, dafs sich das ganze, durch die sonder-
barsten Fabeleien entstellte >'erdienst dieses Kriegsliedersängers am
Ende darauf zurückführen läfst, dafs er ein guter Flötenspieler war,
der in seinem Vaterlande Milet die lydischen Märsche nacli dem Accom-
pagnement der' Doppelfiöte gelernt hatte xind nach dem Geiste des da-
maligen Zeitalters, wo die Musik vom Gesang noch nicht geh-ennt war,
in dem dazu gehörigen Sylbenmafse, das man späterhin Elegie nannte,
Kriegsgesänge dichtete, die, wie die Marseiller Hymnen unserer
Tage, durcli Tact und Gesang bei den Spartanern Wunder tliaten. Diefs
sind vielleicht eben die s/^paTvjjK« und tvi-^Xta gewesen, die nach der
merkwürdigen Stelle beim Athenäus XIV, 7 p. 630. F. die Spartaner
seit den ältesten Zeiten kannten. So war auch der Dicliter Alcman,
dessen Lieder die Spartaner so hoch schätzten, zugleich Flötenspieler
nnd ein Lydier von Geburt. S. Bürette, Memoires de TAcad.
d'Inscript. T. XIII. p. 198. ff. Dahin gehören aucli die üeberlieferun-
gen beim PoUux IV, 106., dafs Tyrtäus der eigentliche Stifter der
Chorgesänge nach den verschiedenen Altern sei, die man gewölinlich
dem Lycurgus zusclireibt. Und sollte nicht selbst die gewifs sehr alte
Art, den Pentameter so zu scandiren, dafs sich der .Schlufs in zwei
Anapästen endigt, Qs die Scholien zum Hephästio n S. 94.) theils
auf den kriegerischen Ursprung des Pentametei's überhaupt, theils auf
die Stellen anwendbar sein, wo von den Lacedämoniern gesagt wird,
sie wären nach Anapästen in's Treffen marschirt. S. Valois zum
Ammian S. 314. ed. Gronov. mit den zum Theil gegründeten Gegen-
bemerkungen in Klotzens CoUectaneen S. 123. Denn was neuerlich
Hermann aus andei'n Gründen gegen diese Scansion sehr schai-f-
sinnig erinnert liat de metiis poetarum Graecorum et Latinorum II, 33.
p. 283«, kann nach der spätem Ausbildung dieses Sylbenmafses gar
wohl mit jener Scansion durch Anapästen bestellen. Selbst die berüch-
tigte Fabel, dafs Tyrtäus ein Schulmeister gewesen sei, offenbar ein
Athenisclies Nationalmälirchen , aus 3Iifsgunst gegen die Spartaner erson-
nen, liefse sich nun, da Tyrtäus wirklich ein x^J^^iSaffKaXo; gewesen sein
könnte, elier erklären. Kurz die Materie verdient nach Allem, was von
Sevin bis de Pauw hierüber gesammelt und gemuthmafst worden ist,
noch eine weitere Prüfung, zu welcher Klotz freilich niclit berufen war,
der sich sogar einbilden konnte, dafs die noch vorhandenen Fragmente
ursprünglich gerade in dem Dialekte und in der Form, worin sie
Böitiget's kleine Schriften I, 3
34
Lykurg, tlt-r Redner, seinen Athenern vordeclamirte, gedichtet und von
den Spartanern gesungen worden sein konnten. Wir wollen wenigstens
so viel fest halten , Tyrtäus brachte seine kriegerischen Pentameter ans
lonien und war wahrscheinlich selbst Flötenspieler. An die Lyra,
mit welcher ihn noch ganz neuerlich Hart mann vor den Laconiern
hermarscliiren läfst, ([s. Versuch einer Cul turg eschich te Grie-
chenlands Th. 1. S. S960 ist hier durchaus nicht zu denken. Diefs
war nach dem ausdrücklichen Zeugnisse der Alten (s. Bürette, Memoir.
de l'Acad. d. Inscript. T» X. p. 291. f.) aucji der Colophonier Mim-
nermus, der im Geiste seines weiclilichern Zeitalters zuerst seiner
Doppelllüte und seinem Pentameter sanftere Empfindungen einlianchte,
der Flütensi>ielerin Nanno Liebes- und Heldenelegieen vorsang und da-
her allgemein im Alterlhum für den Stifter der zärtlichen und sanft-
klagenden Elegie gelialten wurde. Man erinnere sich nur an die Stelle
des Hermesianax (in Ruhnken's Epist. Grit. II. p. 291. ed. nov.)
M/z/vs^/xc^ TS Tov Y)l-jv of tv^STO , ToXXov oc-^arXigf
^Hy^cv , v.cx) yuaXaKoü irvivi-i* airo xsvTa/xsTf oy,
Koci'tro fji.sv Navvoüf. —
Mit dem Mimnermus läXst sich daher die zweite Periode des
Pentameters annehmen, den dann auch die Lyrilver, besonders A r Chi-
le chus, zu allerlei Gegenständen gebraucht zu Iiaben sclieinen. Dafs
aber zu des Arcliilochus Zeiten das Flötenspiel noch nicht so gewöhn-
lich und einheimisch in Griechenland gewesen sei , als man sich vorstellt,
beweis't das für* die Geschichte der Auletilc sehr interessante Fragment
dieses Dichters beim Athenäus X. p. 447. B. nach T o u p's glücklicher
Verbesserung, Emend. ad Suid. T. II. p. 230. Lips. Mit dem Gebrauch,
den Simonides in seinen Klageliedern, Nänien und Inscliriften davon
machte, würde ich die dritte und letzte Periode anfangen und erst in
diefs Zeitalter das Wort sAsysTov selbst versetzen. Denn dafs Plutarcl»
unjd Andere diefs Wort von weit frühern Flötenlicdern gebrauchen, kann
kein Beweis gegen den Ursprung desselben sein. Die richtige Ableitung
dieses Wortes (t s Xlysiv, s, Euripides, I^thig. in Taur. 146.) be-
rechtigt den Iloraz vollkommen zum Beiwort miserabiles elegi (vergU
Lennep's Etym. p. 264., wo doch Lennep die Sache richtiger ansah als
sein Herausgeber Schadius) und konnte ilm leicht vorfdluen, in der
bekannten Stelle de art. poet. 75.
Versibus impariter junctis querimonia primum,
Post etiam inclusa est voti sententia compos,
die Geschichte dieses Sylbenmafses umzukehren, was doch in Beziehung
auf die fröldichern Elegieen des Philetas und Callimachus , die allerdings
weit jünger als Simonides Klagelieder waren und hier vorzüglicli dem
römisclien Kunstrichfer vor Augen schwebten, auch nicht ganz unrichtig
ist. Viellciclit wählte Simonides , der als lyrisclier und melischer Dicliter
auch die Citjiarödik schätzte, das ionische Hötenlied jnit dem Pentameter
vorzüglich zu seinen Threnödicen, weil die Doppelllöte bei Leichenfeierlich-
keiten schon allgemein gebräuclUich war und also zu dieser Dichtungsart
35
am leichtesten accompagniren konnte. Allein er nannte wahrscheinlich
nicJit blos die Klagelieder, wo Hexameter und Pentameter mit einander
abwecliseln , sondern aucli die lyrischen Anapästen und jedes Melos
traurigen Inlialts Elegie, und der Sophist, der die Briefe des Phala-
ris schrieb, könnte doch wohl, trotz Bentley's bitterer Bemerkungen
Dissert. ad Piialarid. P. 430. ff. Lips. hierin nicht Unrecht geJiaht
haben, wenn er ein lyrisches Trauerlied des Stesichorus eine Elegie
nannte. S. Epist. XX. Denn dafs t'AEyo« wirklich nur überhaupt Kla~
gelieder bedeuten, ohne Hinsicht auf Hexameter und Pentameter ist
aus mehrern Stellen der Alten eine bekannte Saclie, z. B. Euripides in
den Trojanerinnen V. 119. nach Tyrwhitt's Verbesserung. Iphig. in
Taur. 1091. Helen. 185. Aristophanes in den Vögeln V. 217, Apol-
lonins Rhodius U, 784. Nur als Simonides gerade das aus einem
Hexameter und Pentameter bestehende Distichon am liebsten zu seinen
Grabschriften und Todtenepigrammen brauchte, nannte man ein solclies
kleines Gedicht i>^sys7s-j , und da diese am häufigsten auf Denkmälern
gesellen und gelesen wurden, fing man an, die ganze Gattiuig des
Sylbenmafses , das seitdem beständig zu Inschriften gebraucht und das
eigenthümliclie Sylbenmafs der epigrammatischen Gattung bei den Gi'ie-
chen wurde, Elegie zu nennen und der Elegie überhaupt die Flöten
zuzutheilen. S. die Hauptstelle beimPlütarch de Musica p. 1132. C.
VI.
lieber eine Stelle des Pausanias.
Die Stelle des Pausanias X, 7. p. 814. ist zu wichtig, um nicht
auch Wer ganz eingerückt zu werden. „Schon in der zweiten Pythiade,'*
sagt P., „wurde derjenige Wettkampf, wo Lieder zur Flöte gesungen
wurden ( a'jXc;.5i«) von den Amphictyonen wieder abgeschafl't, weil die
Lieder selbst ilires traurigen Inhalts wegen zum Feste nicht pafsten
(xaTayvsvTjg ovy. ihoii ro ai^cvc/xoc dip-^/j-ov.) Denn diefs ganze FlÖ»
, tenspiel war so beschauen, dafs die traurigsten Gesänge, Elegieeu und
Welüdagen (sA.ay«''« y.xl Sq^-joi) dazu gesungen wurden." Nun beruft
sich Pausanias auf die Inschrift eines Dreifufses , den der Aulöde Echem-
brotus, als Sieger in dieser ersten Pytlüade, dem Apollo geweiht habe»
Da heifst es ausdrücklich: er habe gesiegt, singend den Hellenen
lyrische und elegische Lieder» «siäwv Ekkijui /xiksa mx] sXe-
yov;. Da nun dieser Dreifufs schon in der 49. Olympiade geweiht und
beschiieben worden sein müfste, Simonides aber erst in der 55. Olym-
piade geboren wurde, so würde diese Stelle schon allein meine obige
Muthmafsung wegen des spätem Ursprungs des Wortes Elegie völlig
vernichten, wenn nicht die Unächtheit dieser Inschrift schon dadiuxh,
dafs sie nicht einmal in ein Metrum gefafst ist, von selbst in die Augen
spränge, so wie es durchaus mit diesen alten Dreifufsepigrammen eine
sehr mifsliche Sache ist. S. Wolfs Proleg. ad Hom. p. LV. f. Der
spätere Concipient dieses Epigranuns bediente sich freilich einer Freilieit,
ilie die Grammatilser eine Prolepsis zn nennen belieben , die aber immer
3*
ein Spraclirinarliionisinns Mcibt, Auf ehen «liose Weise miisson nielircre
Stellen in IMiitarrir.s Ahliandlung über die Musik verstanden werden,
«lie dem Akademiker Bürette viel Mühe gemacht haben.
VII.
Ansehn der Flötenspieler,
Die Steinscliriften, wo der siegende Clioregus aiifser den Namen
des Didascalos und Chorsängers auch den Flötenspieler ausdrücklich
vereinigte , der zu den cyclischen oder dramatitsclien Cliöi en gehlasen
hatte, sind aus Spon's Yoyage literaire en Grece T. II. und aus di»n
Erläuterungen, die Van Dale, Dissert, ad Mann. Antiqu. VIII, 5.
p. 671. ff. und später Corsini darüber gegeben haben, hinlänglich be-
kannt. Eine solche didascaliscJie Steinschrift hiefs , wie aus der Ver-
gleichung des Plutarch in vita Tliemist. c. 5- T, I. p. 283. Hütten und
Aristoteles, Rlietor. VIII, 6. T. II. p. 572- F. erhellt, x/v.t^ , und darauf
gesetzt zu werden, war, besomlers für einen Ausländer eine grofse
Khre. Und doch findet sich, dafs die meisten Flötenspieler, deren in
diesen Steinschriften Erwähnung geschieht , Böotier und Acarnanier waren,
als Kephisidotus , Theon aus Theben, Nicocles aus Acarnanien u. s. w.
Eben diefs machte, wie auch Wolf in Prolegomenis ad Demosthenis
Leptineam p. XCIII. schon bemerkt hat, das x°?^7^^^ aCXvjral; avS^ä^^«
so kostspielig, da sich diese Ausländer wacker bezalilen liefsen. In den
frühern Zeiten hatte sich kein Athenienser geschämt, selbst als Flöten-
spieler aufzutreten, wie diefs Aristoteles am angeführten Orte aus der
didascalischen Steinschrift des Plianippus beweis't (wo olme Zweifel
Van Dalen's Vorschlag L. T. S. 683., 'H^aic-ri'St sc. tribui zu lesen,
selbst vor dem Reizischen Yivhctvrih-^; den Vorzug verdienet.) Als
aber die Sache immer künstlicher wurde , und die Flötenspieler in wahre
aywviffrcKi übergingen, da hielt man, sagt Aristoteles, diese Kunst dem
freien Mann (gentleman hat es Twining, Notes on the Translation
of Aiistotle's Treatise on Poetij S. 178. richtig gegeben, wo die Sache
fein beurtheilt wird), der auf diese künstlichen Modulationen nicht seine
ganze Zeit verwenden wollte, für unanständig. Diesen Kunstgesang
nennt Aristoteles noch in einer zweiten Stelle, die mit der in der Rhe-
torik genau verglichen zu werden verdient, ayoivtcnKiZs o5s(v, pro-
Wem. S. XIX, 15. T. II. p. 941, E.
Vffl,
Nacbbarliche Verhältnisse der Athener gegen die
Böotier und Thebaner.
Man denke sich ein Land von so verschiedenen Himmelsstrichen und
Naturproducten, in so mancherlei Mundarten und Provinzialzungen sich
ausdrückend, und in so viele kleine Staaten und Regieningsformen zer-
theilt, als das alte Griechenland war, und man wird schon aus der Ana-
logie den Schlufs xu machen geneigt sein, dafs es mit dem freundnach-
37
bailiclieii Beu(-hmen dieser kleinen Freistaaten untl Gemeinheiten nn-
möt;licli gut bestt^llt sein konnte. Wirklich ündet man aiicli, aul'ser den
kleinen Fürstenthiimern und Kei)ubliken im obern Italien vom I5ten
Jahrhundert a)i , kaum ein Land in der Geschichte, wo sich die Nach-
barn der kleinsten Gebiete, die oft kaum einige Meilen im Umfang hat-
ten, so nnaufliörlich bekriegt, angefeindet und ausgespottet hätten, als
das alte Griechenland. Ein Gesiciitspunkt, welclier bei der Benrtheilunä
der alten griechisclien Geschichte noch immer, wie mich diinkt, zu sehr
übersehen worden ist, und wozu doch mehrere Sajnmler, besonders
Meursius in seinen für den Kenner höchst brauclibaren CoUectaneen,
überall die brauclibarsten Materialien vorbereitet liaben. Besonders aber
waren die Athener in der Selbstgenügsamkeit ihres Nationalstolzes und
im UeberstrÖmen iiirer muthwilligen Witzergiefsungen sehr scidimme
NacJibarn. liire Dichter und Schöngeister hatten gleichsam eine eigne
Meritentafel für jedes hellenische Volk und Völklein und immer ein
Dutzend Sprichwörter und Anspielungen in Bereitschaft, womit sie bald
die bäuerische Sprache und die vom Atticismus mehr oder weniger ab-
weichenden Idiome, bald die einheimischen Sitten, Nationalfeste und
Gebräuclie, bald die eigentliümlichen Landesprodukte und Industriear-
tikel jedes Volkes aus dem viellvöpligen , panhellenischen Staatenverein
ihren stets lachenden, stets nach frischen Lächerlichkeiten haschenden
Mitbürgern preiszugeben wufsten. Wie viele Belege liierzu liefseir sich
nicht aus dem einzigen Athenäus zusammenbringen! Ich will hier nur
eine Stelle aus einem Sciniftstelter anführen , den man von jeher mit Reclit
für einen der scharfsinnigsten Kunstrichter und Beurtheiler seiner Nation
gehalten hat, aus dem Dionys von Halicarnafs. Die Stelle enthält
einen wahren Geniemesser, aber, wold gemerkt, derjenige, der ilin
giebt, empling ilin sicherlich aus attischen Händen, nur dafs er ihn mit
vielem Verstände anzulegen versteht. „Lafst uns," sagt Dionys in sei-
ner Rhetorik c. 5. T. V. p. 402. Reisk , „einmal die Hellenen vor-
nehmen. Die Hellenen sind alle aus einem Stamme entsprossen und
machen einen Staatenverein aus. Aber der Hellene, der Athener, ist
leidenschaftlich, redselig, voll allerlei Weisheit. Der lonier ist auch
Hellene, aber der ist weichlich und schlaff. Der Hellene, der Böotier,
ist einfältig; die Thessalier, auch Hellenen, doppelseitig und verschmitzt.
Scharfsinnige Beobachter, die diese Nationaleigenheiten bemerkten, ha-
ben daher wohl gar den Namen des Volks zu einer Art von Spottnamen
gemacht, ohne zu bedenken, dafs nicht das Volk selbst, sondern nur
die herrsclienden Züge im Volkscharakter diesen Schimpf verdienen."
So weit der Grieche.
Wer erinnert sich dabei nicht aus seiner Jugend gewisser einst wold-
beliebter Reimlein, als
Frankfurter Gold, Augsburger Witz, Nürnberger Vers t and
(oder nach einer andern bösartigen Lesart, Tand)
Gehn durch's ganze, heilige römisclie Land.
Wirklich waren Athenische Redseligkeit, ionische Weichlichkeit,
böotische Dummheit und thessalische List, wie ans jeder alten Sprich-
38
wörtersammlnng bekannt ist, jedem Griechen l)estänJlg' auf der Zunge.
Aber seihst auf dieser nocb sehr geinäfsigten Meritentafel sind die
Atbener, wie wir sehen, bei "Weitem am befsten angesetzt und doch
verbreiteten s i e gerade von Atlien aus alle diese ürtheile und Vorur-
theile über die gesammte Schriflstellerwelt des Altertinnns. Denn was
Alexandrien die letzten 3 Jahrhinulerte vor Christi Geburt war, war die
nachstvorhergehenden 3 Jahrhunderte Athen, und so sehen wir, wenn
mir der Ausdruck erlaubt ist , durch die Brillen dieser zwei tonangeben-
den Städte das ganze Alterthnm. Merkwürdig ist der Ausdruck, womit
Dionys das liarte Urtheil über die Bootier ausspricht: Ek>.>j-j Boiviri;,
tvi)Sy^;. Bekanntlich liegt selbst in diesem "Worte ein Atticismus. Denn
die Athener nannten jede ehrliche Haut, die, nacli unserer Art zu
reden, das Pulver eben niclit erfunden hatte, mit einer mildernden
Bosheit gutartig, tjv)5>jf. S. zu Tlnicydides III, 83. ro tvi^Ssg
KcxTiyskacSh i)<pavt(7Syj , avo "Wasse und Ducker T. 11. p. 560. Bip.
den Sprachgebrauch erläutert haben, und voi'züglich Ruhnken zu Tim.
GIoss. p. 131. f. ed. nov.
Der Spott der Atliener über ilire ehrlichen Nachbarn läfst sich fiig-
licli auf folgende Hauptpunkte zurückführen, a) Die Bbotier bewohnten
gröfstentheils ein reicldich bewässertes , fruclitJjares und fettes Marsch-
land und hatten daher einen gesegneten Ueberilufs an fetten Gerichten
und Leckereien , wobei sie sicli in ihrer Art trefflich wolil sein liefsen.
Natürlicli blickten die Bewoliner des steinigen , gröfstentlieils magern und
"unbewässerten Attika mit sclielen Augen von ihrer Saturei und ihrem Wolfs-
bohnenfrafs QSv/xov und ~iqi-i-o'i , die tägliche Fi'itteruiig des ärmern
Theils der Einwohner von Athen) auf die Fleisclitöpfe und Aalpasteten
der Tliebaner und macliten es nun wie die Römer mit den feisten
Umbriern jenseits der Apenninen, oder, um mich eines Beispiels zu
bedienen, welches näher in unserm Gesichtskreise liegt, wie die Berliner
und Dresdener (die geistigsten Esser Deutschlands nach dem Aus-
spruche eines Kenners , Reise eines Liefländers Th. VI. S. 189.),
wenn sie auf das Wohlleljen der Wiener und Hamburger zu sprechen
kommen. Sie erzälüten "Wundergeschichten von der unersättUclien Ge-
fräfsigkeit und Bauclidienerschaft der Böotier und bewiesen oft nüt
nücliternen 3Iagen, dafs ein solciies Wohlleben nur für die Tliiere ge-
höre, die Minerva und Venus nie ausstehen konnten. Das Si)richwort:
eine bootische Sau, v; Bo/wt/«, war jedem attischen Buben ge-
läiifig. — Hatte ja doch schon Homer II. \, 710. die Böotier ein
fettes '\'^olk genannt. — Ich werde bei einer schicklichem Gelegen-
heit auf diesen Brotneid der Athener zurückkommen, t) Die Luft in
Böotien war aus den e^jen angefiilnten Gründen feucJiter und nebliger
als in dem höliern und trockiiern Attika. Die Lehre vom EinÜufs des
Klinia's hatte seit des Ilippocrates Zeiten in Atlien die eifrigsten Bekenner
und Anliänger. Plato und Aristoteles liatten darüber die scharfsinnigsten
Hjpotlic)>en aufgestellt Cs» tUe Stellen bei Bartbelemy, Voyage d.
jeuu, Anach, T. lY« p. 77, ed. Paris.), denen DuBos, Hume und
39
Falkoner auf vei'scIiieJeiien Wegen kaum etwas Wiclidges lilnziifügen
konnten. Da safs nun der Attikcr ganz eigentlich auf seinem Stecken-
pferde und lachte und demonstrirte um die Anette, dafs in der dicken
böotischen Luft der Geist notlmendig der Fleischmasse unterliegen
müsse, dafs Böotien wohl das Vaterland handiester Soldaten, (j., B.
Diodor. von Sicilien XI, 82. T. I. p. 467. lo-AoZat o\ Borwro/ yi«Ti
ä'XAwv) wohlgemästeter Athleten und quiekender Pfeifer, aber nicht die
Wiege geistreiclier Denker und Scliriftsteller sein könne. Man kann, um
hier nicht die Beispiele zu häufen, schon mit der einzigen, offenbar
einem Athenischen Philosophen nacligeschriebenen Stelle beim Cicero de
fato 0, 4. p. 20. ed. Brem. zufrieden sein: Inter locorum naturas,
quantum intersit videmus — in aliis esse pituitosos (\m Griechischen
stand höchst walirscheinlicli nof Jä^ovtej , s. He m s t erhuy s ad Luciani
Coli. Selecta p. 25 — 28.) et quasi redundantes, in aliis exsiccatos atque
aridos, — Athenis tenue coelum, ex quo acutiores etiam putantur
Attici ; crassum Tliebis , itaque pingues Thebani et valentes ,d. h. „wie
grofs ist der ünterscliied im Klijna! In dieser Gegend sind die Men-
schen schwammig und mit Säften überfüllt, in einer andern tiockner,
nerviger Natur. In Athen ist die Luft fein, daher sind auch die Attilcer
feiner organisirt. Zu Theben ist die Luft dick, und deswegen hält man
auch die Tliebaner für dickköpfig und faustgerecht." Und wer kennt
nicht das Horazisclie : Boeotum in crasso jurares aere natum. Auch
in dieser Beziehung warf der Attiker nur allzugern mit seiner böotischen
Sau um sich herum. Höchst naiv ist in dieser Rücksiclit der Einfall des
Thebanischen Lyrikers Olymp. VI, p. 147., diefs Sprichwort dadurch zu
entwaffnen, dafs er es selbst braucht und dem Aeneas, dem Vorsteher des
Chors, zuruft: „Auf, treibe deine Genossen, vom Preis der jungfräu-
lichen Here zu erschallen und zu prüfen , ob wir in Wahrheit dem alteu
Schimpf, böotische Sauen, entgehn." (Bei Eber, wie es Ge-
dike S, 53. übersetzt, denkt man nur an den Erymanthischea oder
Calydonischen Eber. Man mufs hier dem Dichter keine falsclie Deli-
katesse leihen^. iDiefs ging so weit, dafs man endlich die Nationalbe-
nennung Böotier selbst, wie gleich anfänglich Dionys bemerkt, in einen
Schimpf- und Spottnamen umscliuf, und sie besonders gern als einen
etymologischen Beweis für die Dickliäutigkeit und Dicköhrigkeit dieses
VoUves anlülirte, und diefs war eben c) der dritte Hauptvorwurf, da
man den Böotiern und Tliebanern zwar allenfalls das Verdienst zuge-
stand, dafs sie gut pfeifen und flöten könnten, ihnen aber übrigens allen
Tact für Eurijythmie und Wohlredenheit, alle Fähigkeit, Witz zu spre-
chen und Witz zu verstehen, geradezu absprach. Alan kennt ja die
Stelle des Nepos in Alcib. c.II.: Omnes Boeotii magis firmitati corporis,
quam ingenii acumini inserviunt. Es war ein gewöhnliches Sprich-
wort BoiwTiov oJ?, ein böotisches Ohr, welches mit dem berühmten
Ohrenpaar des phrygischen Königs völlig in eine Classe gesetzt wurde.
In der SjuichwÖrtersanindung , die der Jesuit Andreas Schottus
4«
herausgegeben hat, wird Lemerkt, es werde von Blödsinnigen, »iri twv
sxXuTwv , gebraucht , Diog. Cent. III. 46. p. 102., und dabei auf eine
Anekdote aus den noch ungedruckten Sprichwörtern des Apostolius ver-
wiesen, die ich aus L a nil> in's Anmerkungen zuniHoraz P. II. p. 389. ed.
Frf. ganz hersetzen will : Antagoras (soll walusclieinlich Antimachus
heifsen) habe den Böotiern seine Tliebaide vorgelesen und, als Niemand
auch nur einen Laut von Beifall hören liefs , das Buch zugemacht und aus-
gerufen : Nun, ihr li e i f s t mit Recht B ö o t i e r ! denn i li r habt
Ochsenohren! itnaiwg •/.«Xs7c"5s Bcjwtcj* ßowv yk^ wra syire.
Es war in Athen schon schimpflich, wenn einer nur von Böotien ab-
stammte, ßoivjTto; «vl/.a^av, (s. Hemsterliuys zu Lucianos Vocalen-
gerichte c. 7. T. 1. p. 90.) und man begreift nun ungefäiir, wie eine
Rede des Demostlienes auf das Zwerchfell der Athener wirken mufste,
worin einem Gegner seines Clienten , der durchaus niclit Böotus hei-
fsen wollte, auf den Kopf be\\iesen wird, er könne und dürfe gar nicht
anders lieifsen. S. Demosthenes Rede an den Böotus über
seinen Namen, besonders S. 1004, 19. 1095, 28. ed. Reisk.
Indessen liefsen es die Thebaner auf ihrer Seite gewifs auch nicht
an Spöttereien über die hochfahrenden Atliener fehlen, wie unter Anderm
die Anekdote von ihrem Betragen gegen den Dichter, auf welclien sie
am meisten stolz zu sein Ursache hatten , gegen den P i n d a r , hinläng-
lich beweis't. Pindar hatte in einer seiner Dithyramben Athen die
präclitigsten Lobsprüche ausgetheilt, die diese Stadt durch die Gründ-
ung der hellenischen Freiheit im Siege bei Aitemisium so sehr verdient
zu haben schien, und wäre die Nachricht gegründet, die Polybius von
dem feigen Sicherheitsrathe dieses Dicliters erzählt IV. p. 31. (worüber
ihn doch schon Schweighäuser T. VI. p. 52. zum Theil sehr gut
gerechtfertigt liat), so würde sich diefs zugleich ans einer Politik des
Dicliters erklären lassen. Kurz der Dichter vergafs sich in seiner Be-
geisterung so weit, Athen nicht blos das hochbesungene Boll-
werk von Hellas Qaoilt^oi , rij; 'EXXäScf i'^sic/j.»'^ zu nennen, son-
dern diese trockne Hungerleiderstadt, wie sie die Thebaner bei ihren
fetten Schmausen wohl häutig nennen mochten, mit dem Beinamen: die
Fette (XiTftfai, wahrscheinlich um ilirer Siege und Oelbäume willen,
s. die Schollen zu Aristophanes , Nubes 298.) zu begrüfsen. Man kann
sich vorstellen, mit welchem Jubel die ruhmsüchtigen Atliener gerade diefs
Lob aus dem Munde eines Thebaners vernahmen , da Aristophanes >1ele
Jahre darauf noch in seinen Acharnern versichert, dafs man das Volk
zu Atlien um einen Finger herumwickeln könne, wenn man Athen
nui- die fette Stadt nenne, Acliarn. 637. oder nach Wieland's
üebersetzung im T. Merk. 1794. IX. S. 39. Um so heftiger zürnten nun
aber auch die Thebaner ihrem Landsmanne. Er mufste nach der ge-
wöhnlichen Tradition im Pausan. I, 7. p. 20. und in den sogenanntea
Briefen des Aescliines, deren Verfertigung ungefähr auch in das Zeit-
alter des Pausanias fallen mag C Kp. IV. p. 669. T. III. Reisk.) eine
grofsa Geldbufse in »einem >'aterlaude erlegen und erhielt in Theben
41
nie eine Bildsaule, da hingegen die Athener ihm nicht allein die Straf-
gelder doppelt zurückzahlten, sonderu auch vor der Stoa eine sehr zier-
liclie und bedeutungsvolle Bildsäule gleich neben dem Harmodius und
Aristogiton erricliten liefsen. Wenn auch, wie es allerdings selir walir-
scheinlich ist, liierzii noch eine 3Ienge späterer Zusätze und Aussclimück-
ungen gekommen sind (die wichtigste Stelle unter allen ist die beim
Plutarch , de glor. Athen, p. 350. A., woraus Schneider das Fragment
beträchtlich hätte ergänzen können, s. Frag. Pind. p. 50. f.), so bleibt
doch die Hauptsache walir und beweiset melir als irgend etwas die nach-
barliche Eifersucht beider Völker, die endlicli so weit ging, dafs sie sich
sogar um den, beiden Völkern charakteristischen Gebrauch der Buchstaben
ff und T anfeindeten und wechselseitig verspotteten.
Die alten Attiker nämlich konnten, so wie die lonier, das t,
besonders das verdoppelte in ihrer Aussprache nicht recht vertragen.
Sie bedienten sich dafür lieber des zischenden Buchstabens o". Die Trau-
erspieldicliter setzten sogar in diesen zischenden Laut eine Art von
tragischem Nachdruck, und dem Euripides wurde vorgeworfen, dafs er
diesen Schlangenlaut über alle Gebühr in seinen Trauerspielen gehäuft
hätte , weswegen der ComÖdiendichter Plato einmal Jemand sagen liefs :
du rettest uns vom Sigma des Euripides, scwcaq Jk tuuv
ctyij.ä-viv E'jf/in'äoü. S. die Schollen zu Euripides, Medea 476.
Dagegen waren die Böotier und Thebaner in iluer dorischen, weichen
und platten Aussprache abgesagte Feinde dieses zischenden o" und gin-
gen darin so weit, - dafs sie ganze Gesänge verfertigten, worin
kein einziges c vorkam (y'Sai iciyuai'). Die Saclie stand mit ihrer
Flötenspielerei in der genauesten Verbindung. Wir linden darüber eine
merkwürdige Stelle beim Athenaus XI, 4. p. 467. B. „Aristoxenus
versichert in mehrern Stellen , dafs die Tonlcünstler den Buclistaben S
80 viel als mögUch vermeiden, weil er ein hartmäuliger und zur
Flöte unschicklicher Buchstabe sei," &'« rh av-Xv^qöcro^ov sJvoct k«/
aviTTtTYjhsiov avXtZ (Villebrune T. IV. p. 224. hat es übersetzt: c'est
une lettre dure, dont le siflement ne s'accorde pas avec Taccompagne-
ment). Pindar selbst nannte daher in einer seiner Dithyramben , worin
er die musicalisclien Lieder der altern und neuern Zeit mit einander
verglich, (s. die gelelirte Anmerkung Sylburg's zum Dionys. de stru-
ctur. orat. p. 100. ed. Vpton. und Sehne ider's Fragmente des Pin-
dar S. 52.) diesen verhafsten Buchstaben: das f alschgem ünzt e S,
"Eav nißbaXov. Athenäus X. p. 455. C. und die übrigen Stellen über
den Sigmahafs beim Brodäus, Miscell. III, 14. T. IL Lamp. Grat.
p. 467. Klopstock, der es in seinen grammatischen Ge-
sprächen S. 30. das unreine San übersetzt hat, sah liierbei weniger
auf die eigentliche etymologische Bedeutung als auf den ganzen Sinn.
Freilich bequemten sicli die spätem Attiker in Vielem selbst zur weichern
Aussprache und zogen das T dem S vor, untl der grofse Pericles ver-
mied, indem er immer vor einem Spiegel deklamirte und sah, was jeder
Buchstabe dem Munde für eine Faltung gebe, das böse S, so viel er
42
konnte, weil es ein iinscliickliclici' und platter Biichsta1>o sei (t«? av^t-
-z-^ y.txi itXar-jv sagt der Grammatiker Aelius Dionysius in einem
interessanten Excerpt beim Eustathius ad 11, K. p. 813.); allein die
Thebaner, die allerdings das S anch in solchen Worten mit T umtauscliten,
wo es die Athener nie tliaten, galten darum den attisdien Spöttern doch
als "Wort- und Sprachverderbei' , wie wir aus einem Bruciistiicke des
Komikers Strattis, eines Dichters, der nicht lange nach dem Aristo-
phanes diclitete, beim Athen aus sehen XIV, 4. p. G21. F. f. Es
hebt so an:
Unwissend seid ihr, Bürger der Tliebanerstadt!
Hierauf werden den Thebanern mehrere Provinzialismen vorgeworfen,
unter Anderm aber aucli gesagt, dafs sie rüv.« aussprächen, wenn sie
cCk«, Feigen, sagen sollten. Vergl. üemsterliuYS zum Lucian, lud.
Vocal. c. 8. p. 93.
Was AVunder also, wenn die Aftiker ancl» die Localsagen von den
Thebanisclien Heroen und den Thebaiiisclien Fabelkreis auf ihre AVeise
verdrehten und durch gehifssige Zusätze entstellten ? Ich werde im näch-
sten Stücke des Museums vielleicht Gelegenheit haben, zu erzählen, wie
muthwillig sich der attische Witz an dem Nationalheros der Thebaner,
dem Hercules, vergriÜen habe. Jetzt will ich nur noch auf die Ge-
schichte des Lajus, des Gemahls der Jokasta, aufmerksam macJien. Die-
ser, sagten die attischen Dichter, lehrte durch seine unzüchtige Liebe
zum Chysippus zuerst den Thebanern das Laster der Päderastie. Er
schändete die Rechte der Gastfreundschaft, da er einst beim Pelops ein-
gekehrt war, mifsbrauchte den Sohn des Pelops, Chysippus, und ent-
führte ihn. Der Knabe tödtete sich dann aus Scliam und Verzweiflung
selbst. S. Athenäus XIII, p. 602. F. f. Daher, setzten die Athener wei-
ter liinzn , entspannen sich auch die sauberen Verbindungen der Lieb-
haber und Geliebten zum Krieg, die ihr Thebaner die heilige Seh aar
nennt. S. Aelian V. H. XIII, 5. So wufste die attische Verleumdung
das edelste und tapferste Institut der Thebaner, durch welclie ihr Heer
unter dem Pelopidas und Epaminondas die Bewunflerung aller Hellenen
sich erworben hatte, zu verunglimpfen. Plutarch, selbst ein Böotier,
erklärt zwar diese Erzählung für ein bloses Diclitergeschwätz in vita Pe-
lopid. 0. 19. T. II. p. 2ö3. Hütten und weifs uns durch seine genaue
Beschreibung der heiligen Schaar Hochaclitung gegen diese ge^vifs sehr
zweckmäfsige Einrichtung der TJiebanischen Gesetzgeber einzuHöfsen,
vergl. Gillie's History of Greece T. IV. p. 123. ed. Basil. Aber des-
senungeachtet blieb dieser Schimpf, den Aelian ausdrücklich der Erfin-
dung des Euripides zusciireibt, de Anim. VI. 15. p. 32-J. Gronov., anf
immer eine Sciiril'tstellersage, die man in allen Schriften der Alten wie-
derfindet. S. die Erklärer zum Aelian V. H. XIII. 5. und Staveren
zu den Mythographen S. 440. f. Ja die Saclie wurde, wie aus einem
merkwürdigen Fragment des Pisander in den Scholien zu Euripides Phoe-
niss. 1746. zu ersehen ist, noch immer weiter ausgesponnen und alle
fragischen ünlalle, die über die Familie des Oedipus ergingen , wnrden
43
dem Zorn der Juno, der Vorsteherin der gesotzniäfsigen Gesclileclitslielje,
über diesen Frevel des Lajus zugeschrieben. Es würde niclit schwer
sein, diesen Faden nocli weiter zu verfolgen und zu zeigen, wie die
ganze Fabel vom Räthsel der S^ilij-nx, das kein einheimischer Tliebaner
lösen könnte, auf das attische >'onirtheil sich gründete, dafs die The-
baner viel zu dumpf- und stumpfsinnig wären, um einen fremden y^Kpog
oder Räthsel zu lü:^en, da docli gerade die Rätlisel und Cliaraden eine
Lieblingsunterlialtung der Tliebaner ausmachten. Aehnliche Verdrehungen
und Verunglimpfungen würden sich in der Fabel des Cadmus, des Ti-
resias u. s. w. in Menge auflinden, und viele Umstände aus dem be-
rühmten tragischen FabelLreis der Oedipodia (s. Schütz, de fabulae
Oedipodiae veritate excurs. I. ad Aeschyl. S. c. Th.) besser aufklären
lassen, als es bisher geschehen ist. Aber es sei jetzt an einem Ver-
suche genug!
IX.
Anfeindungen und Ausfülle gegen die
F 1 ö t e n s 1) i e 1 e r.
' Das musiklustige Theben hatte einen alten Nationalniythos, dafs die
Harmonia, die Tocliter des Mars und der Venus, bei ihnen geboren
und für alle Zeiten einlieimisch sei. S. die bis jetzt nicht genug ver-
standene Stelle im Plutarch, in Pelop. c. XIX. p. 254. Hu tt. Sie
vermählten sie mit ilirem Stammvater, dem Cadmus, und diese Hocli_
zeit und die Geschenke , welche die Götter bei dieser Gelegenheit über-
brachten, sind ein hervorstehender Punkt des Tlicbanisclien Mythen-
kreises und wahrsclieinlicli selbst der Gegenstand der berülimten Aldro-
vandinischen Hochzeit. S. Heine, antiquarische Aufsätze Th.
I. S. 36. f. und zum Apoll odor S. 537. f. Ganz Thf^ben war gleicli-
sam ein Tempel der Harmonie und wirklicli drehte sich auch die ganze
Geschichte der Stadt um Musik herum. Amphion erbaute sie durch die
Zaubertöne seiner LjTa , und ist eine alte Sage gegründet, so liefs
Alexander, als er das eroberte Theben zerstörte, bei Flötenmusik — •
ein fürchterliciier Spott! — die Mauer der Erde gleich machen. We-
nigstens bezieht man das Sinngedicht des Honest us, Analect. U. S.
290, VI. darauf:
'Earyjv tv (pi^fjiiyyt , xätj^^ei^Si^v hs ffvv a'jXtu
Qyjß'') ' (piü MoJ(r>)j sy^xaAiy af/^ovr/jj.
Mich erbaute die Cither und mich zerstörte die Flöte,
Mich , die TJiebanische Stadt , iMuse , wie wecliselt dein Loos !
Daraus erklärt sich auch im gleicli folgenden Epigramm die der mauer-
erbauenden Cither entgegengesetzte traurige Flöte, aj'Xoj SJcr/^oycof.
Natürlich überströmten die Pfeifer und Flötenbläser aus dieser mu-
sicalischen Stadt ganz Grieclienland und besonders Athen, wo es im
Odeum bei den Panatheneeu imd in den cyclisclien und dramatischen
Chören so viel für sie zu verdienen gab. Es konnte nicht fehlen, dafs
44
die melir ocltr wenif^'er gereizten enten KiJi>le bei den Alheneiu iliien
Unwillen auf inandieilei Weise aiilsei- und iunerlialb der Scliaiibiiline
an ilinen auslielsen. Nur einige Beispiele zur Probe. Antisthenes, so
erzälilt Plütarch in Pericl. c. 1. T. I. p. 379. llutt., horte den be-
rülmiten Isnienias aus Tlieben einen trefilichen Mann (^circiha'ioj)
nennen, „Ach!" sagte der Philosopli, „das ist ein elender Wiclit!
Denn sonst wäre er kein so trelfUcher Flötenbläser. " Kin Vers gegen
die Flötenbläser, den wir beim Athenäus iiiulen VIII, 4. S. 337. F.^
enthält eine sehr boshafte und , wie es scheint, oft wiederholte Be-
merkung über die Albernheit dieser Menschen:
Siehe den Pfeifer! Es blies ein Gott ihm den denkenden Geist ein.
Aber dem Blasenden fliegt llatternd der Geist in die Luft,
Diefs Distichon befindet sicli auch in der Anthologie, Analect. III. p. 235.
CCCXCV. Es hat aber Brunck die alte Lesart oCn ^vsificrav beibehal-
ten , da doch nur durcli die V^erbesserung des Casaubonus S. 588, i9.
ein richtiger Gegensatz lierauskomnit. Denn was Villebrune T. III. p.
252. dagegen einwendet, dafs äXXi hier so viel bedeute als inio, vero,
ist eine blose Ausilucht, weil der 3Iann sich's einmal fast zum Gesetz
gemacht hat, keine, sei es auch die leichteste i\Iut!unafsung seines gro-
fsen Vorgängers ungetadelt zu lassen.
Es ging übrigens den Flötenspielern in Atlien ungefähr eben so wie
den gjinnas tischen Hebungen der Athleten, die, so lange man sie noch
nicht zu einer Art von Virtuosität gebracht hatte, die zu erstreben das
ganze Leben eines Menschen erforderte, in Athen und in ganz Griechen-
land im giüfsten Ansehn standen, durch die Gesetzgeber in den Lehr-
und Erziehungsplan der Jugend eingetlochten und mit ungemessenen
Lobsprüclien erhoben, in der Folge aber als eine illiberale (selbst auch
als eine Thebanisc h e} Kunst verworfen und von Dichtej-n und Phi-
losophen heftig getadelt wurden. S. die gründliche Vorlesung von Mei-
ners de graecorum gjmnasiorura utilitate et damnis, Comment. Got-
ting. Class. Phil. Tom. XI. p. 260. If. Freilich mochten die Flöten-
spieler durch ihre übermäfsige Eitelkeit und schnöde Verachtung der
übrigen Musenkünste zum Sprichwort: «vX/jtjw afxovciij Qs. Lucian de
Astron c. 2. T. II. p. 460.) Anlafs geben. Sie strotzten oft von Eigen-
dünkel und blälieten sich in ihren schleppenden Purpurgewändern (sjrma)
auf dem Theater, worauf Horaz zielt A. P. 214,
— luxuriam addidit arti
Tibicen, traxitque vagus per pulpita vestem,
und Anekdoten, wie sie selbst der ernsthafte Aristoteles, Poetic. c. XXVI.
p. 212. Harles. erzählt, wo der accompagnirende Flötenspieler auf dem
Theater, indem vom Sclieibenwerfen die Rede war, sich wie ein Kreisel
lierumdrehte , oder , wenn vom Verschlingen der Scylla gesproclien wur-
de gegen den Vortänzer wirklich die Miene eines Vcrsclilingenden
45
machte, (vergl. T w 5 n i n g's scharfsinnige Anmerknngen, Notes p. 545. f.)
beweisen nur allziidentlich, dafs diese Herren oft grofse Blüfsen gaben
nnd Alles, was man A irtiiosenlaiine nennt, nicht selten mit den lächer-
lichsten Sonderbarkeiten gatteten. Aber darum bleibt es doch auch auf
der andern Seite ausgemacht, dafs sicli die Athenischen Witzlinge gar
kein Gewissen daraus macliten, dieser verliafsten Thebauischen Pfeifer-
brut, so oft sie sie durch die lächerlichsten Uebertreibnngen absichtlich
zur Schau stellen konnten, noch weit gröfsere Ungereimtheiten anzudicli--
ten, als sie schon so hatten.
X.
Lybische Pfeife, den Griechen noch früher als
die phrygische Flöte bekannt.
Folgendes kann ich, als Resultat einer mühsamen Forschung, hier
nur mit AVenigem zusammenfassen» Es ist gewifs, dafs die Hellenen
noch auf einem andern Wege, als der über Phrygien ist, die frühe Be-
kanntschaft von einer Art von Schalmei oder Querpfeife gemacJit haben,
«nd dafs sich darauf eigentlich die früheste Sage von der Erfindung der
Flöte durch die Minerva gründet. Die erste Bekanntschaft mit der
Minerva erhielten die Attiker aus Aegj^pten durch afrikanische Colonisten,
Diefs stimmt mit der Aussage des Herodot überein und mufs -bei dem
ganzen Mythenkyklos der Pallas Athene zum Grunde gelegt werden.
Aus Lybien, ich denke durch phönizische Kaufleute und Handelsverkehr,
(man erinnere sich nur an die (pMTtyys; , ytyyqxi und andere phöni-
zische Benennungen der Pfeifen und folge dem merkwürdigen Abschnitte
beim Pollux IV, 154 — 156., aus dem man die lybischen, phönizischen
Pfeifen am befsten kennen lernt) kam auch die Kenntnifs der Lotos-
schalmei und des Pfeifcliens aus den Knochenröhren der Gazellen und
Rehe, deren sich die Mohren noch jetzt bedienen, sehr früh zu den
Griechen. Die Stellen hat Spanheim mit gelehrtem Fleifse zusammen-
getragen zum Callimachus, Hymn. in Dian. 243 — 245. p. 344. fF,
Da nun die Pfeifen und die Minerva aus einem Lande nacli Hellas ge-
kommen waren, so war nichts natürlicher, als dafs man nach der Ideen-
yerbindung der alten Welt diefs als Ursache und Wirkung zusammen-
dachte, und wie in einer sehr ähnlichen Combination Pallas die Erfin-
derin des Oelbaums, Neptun der Schöpfer des Pferdes wurde, so sagte
man hier, Pallas erfand die Pfeife. Diese Erfindung kann, wie die
Athene Onka durch den phönizischen Cadmus, bald nach Böotien
und wurde von dem natüi'lichen , musicalischen Talent der Einwohner
begierig aufgenommen. Daher schrieb der Älauritaner Juba, Athen. V,
25. p. 182, D. , die Gazellenpfeife sei eine Thebanische Erfind-
ung. Aber hier ist immer nur von einer Pfeife, von dem //ovoH«Aa/xof,
die Rede, und diese blieb auch in den ältesten Pythisclien Spielen, bis
sie Teleplion aus Megara abschaffte, S. Plutarch de musica p. 1138,
Eine der Grazien, die das Bild des Delischen Apollo in der linken
46
Hand tnig:, Iiielt diese Pfeife in der Hand, Plntarch p. 1136. A. Pln-
taicli nennt sie cvqi-j^. Aber man mnfs dabei niclit an die sieben-
röhrige Panpfeife denken, sondern das Wort in seiner ursprüngliclien
Bedentnng von der einröhrig:en lybisclien Pfeife anneimien,
Hierdnrch werden auch, wenn ich nicht irre, auf einmal alle die Scliwie-
rigkeiten gelös't, aus welchen sich selbst der scharfsinnige Twining
in einer gelelirten Abliandlnng über die Syrinx, Notes on Aristotle p.
144 — 148. nicht wohl herauswickehi konnte. Die Thebaner verbesserten
diese Pfeife durch allerlei niitzliche liriindungen. Sie fafsten die knö-
cherne Rülire von Aufsen mit Metall ein, Pollu.v IV, 76., und bedienten
sich nun auch ihres einlieiinischen Rohrs zu iilinlicher Absicht. Erst
lange nachher, als die Doppelllöte allgemein üblich geworden war, be-
diente man sich des Rohrs blos zu Mundstücken (;'A.wTr/8£?), deren man
mehrei'e, wie noch jetzt beim Fagott gewöhnlich ist, in einer eignen
Kapsel bei sich führte (J'>.wttoxs/vcs7ov). Die metallene Röhre lief um
ein Beträchtliclies in das aufgesteckte Mundstück vom Rohr hinein, und
hierin ist A\ in ekel mann zu berichtigen, der in einer Anmerkung zu
seiner Geschichte der Kunst All, 3. T. 11. p. 104. ed. Fea. aus neuer-
licli in Herculanum und bei Cortona aufgefundenen Pfeifenreliquien be-
hauptet, es habe in jeder Rohrpfeife eine metalleue Röhre gesteckt, die
so lang gewesen, als das Scliilfrolir selbst war.
So weit ist Alles in Ordnung. Aber mit dieser ni-alten Tradition,
dafs Pallas die Pfeife in Lybien erfunden habe, wurde nun blos um
eines einzigen Wortes willen von den Thebanern noch eine andere Er-
dichtung verbunden. Bei den Pythischen Musikfesten hatte man seit al-
ten Zeiten eine Melodie, die man die vielköpfige (vi/xo; iroXtxt^oiXo?) •
nannte, Sie war phrygisclien Ursprungs , ob man sich gleich über ihren
Erlinder, ob es der ältere oder jüngere Olympus, oder Hyagnis gewe-
sen sei, nicht vereinigen konnte. Nur so viel liifst sich aus der Nach-
richt lierausbringen, die wir dem Plutarcli hierüber verdanken de inu-
sica p. 1133. D. E. , und wie konnte auch Plutarch liierüber mehr geben,
da die Sache selbst zu seiner Zeit längst untergegangen war, und er
uns also seine Collectaneen aus altern Scliriftstellern so roh, als er sie
zusammengeschrieben hatte, wieder ausschüttete. An den Ursprung die-
ser Benennung' übt der Scholiast zu Pindar T. II. p. 245. Beck, seinen
ganzen etymologischen Scharfsinn, Die walirscheinlicliste Erklärung
scheint mir diejenige, wo y-t^J^otka.] für Präludien oder Vorsi)ieIe ange-
nommen werden, so dafs diese vieUvöpiige Melodie viele Eingänge,
neqooii-i.toc f gehabt liätte. Diefs sclieiat mir auch darum wahrscheinlich,
weil beim Hesychius T. II. c. 998. diese 3Ielodie auch der Citlier
zugesclirieben wird. Aus dieser vielköpiigen Melodie ging nun die eben
angeführte viellvöpfige Fabel liervor, die Pindar noch in seiner zwölften
Pythischen Siegeshymne verewigt liat. Sie ist in dem etymologisirenden
Geschmack der Fabeln gediclitet, die die Myrmidonier aus Ameisen, die
Menschen aus Steinen, das Lyngurium aus dem Urin des Luxes u. s. w.
entstehen lassen. Eine reiche , aber eben nicht empfehliuigswüi'dige Quelle
47
des grieclnschen MyUienwitzes, wozu schon Melman, de cansis narra-
tioniim de miitatis forinis p. 47. ff. mehrere zum Theil sehr lächerliche
Belege gesammelt hat»
XT.
lieber ein Fragment beim Athenäus.
Daß diefs in unsern Ausgaben des Atlienäus niclit einmal in Verse
abgesetzte Fragment aus trochaicis tetrametris catalecticls bestanden
habe , giebt wohl einem Jedem der erste Blick. V i 1 1 e,b r u n e T. V. p.
196. scheint es indefs nicht gefühlt zu Iiaben, wie denn überhaupt die
Metrik nicht seine grofste Stärke ist. Er übersetzt dalier aucJi den An-
fang ganz ohne Sinn : je presume , qu'un homme sage fera assez de re-
flexions, pour ne pas croire que la deesse Minerve ait jettö loin d'elle
cet Instrument, und sagt in der Anmerkung, die Leser würden wohl
selbst die kleinen Veränderungen entdecken, die er sich hier im Original
erlaubt habe. Aber offenbar war beim Melanippides in der gleich vor-
hergehenden Stelle von der Flöte, vom avkog , die Rede, und darauf
bezieht sich nun im ersten Verse der Anfang, cv ffo(pov coipoLV XaßcvffKv
v.r.X, Ein Leser hatte sich zur Erklärung o^J'avov an die Seite ge-
schrieben , und so ist diefs AVort zu noch grofserer Verwirrung des Me-
h'ums unter die übrigen Verse gerathen. Nur als Probe, dafs die Verse
wirklich in Trochäen zerfallen, keineswegs aber als Verbesserung, zu
welcher ich mich viel zu scliwacli fühle, setze ich. den Anfang dieser
Stelle so ab:
''Ov ffoipov cro(paV Xocßovffav Cfvt STrsAiro/a«; vco^
Ar«v 'A5«vav £V h^vfjio7<jtv ovgsciv te avsy.ioi(;
AuJ^^ov a'ffj^Of o(pSaX/J.c7<Tiv iy.(pcßy^£^s7T0lV ßaXuv
XII.
Kunstgriffe des Apollo beim Wettkampfe
mit dem Marsyas»
lieber die Art des Wettkampfes und die verschiedenen Kunstgrifle,
die von beiden Seiten angewendet wurden, herrscht in den Berichten
der alten Schriftsteller so viel Widerspruch und Dunkelheit, dafs ich
nach einer langen Prüfung aller Stellen, die im Alterthum über diesen
W^ettkampf vorkommen, doch ausrufen mufs, wie der Alte im Terenz:
fecistis pi'obe! iiuilto iucertior sum, quam ante. Die ürsaclie dieser Ab-
weichungen und Verirrungen liegt wold vorzüglich darin, dafs man
in die Gescliiclite dieses Wettkampfes Alles zu bringen versucht hat, was
sich die griechischen Flötenspieler und Citharöden, die sich immer mit
einem waliren Secten- und Facultätenhafs angefeindet und verfolgt zu
haben scheinen, über die Naclitheile und Vortheile ihrer Kunst wech-
selseitig vorwarfen. Recht deutlich wird diefs, wenn man die Erzählung
dieses Wettkampfa beim Diodor von Sicilien aus diesem Gesichtspunkte
48
ansieht, III, 59. Apollo spielt hier znerst ohne Gesang auf der Cither.
Er ist, wie es <lie Alten nannten, -k^iXoxi^af icr*)?. Marsyas hlUs't anf
seiner Doppelllöte und entzückt die Nysäer, die Kampfrichter, dnrch
diese hellen Töne weit mehr als Apollo durch den sanftem Laut der
Citlier. So \iel wäre also entschieden, Instrument gegen Instrument
gehalten , siegt die Doppelfiöte. Nun beginnt Apollo zum zweiten Male
mit Gesang und Spiel. Dieser Zauber ist gröfser als Alles, was die
Flöten bewiikten. Marsyas wendet sich an die Zuhörer und sucht ihnen
begreiflich zu machen, dafs hier sehr ungleiclie Partie sei, weil nur die
Kunst, das Instrument zu spielen, nicht die Stimme in Anschlag ge-
bracht werden dürfe. Man hört liier die Flötenspieler, wie sie gewöhn-
lich den Citharoden antworteten. „Nein," sagt Apollo, „ dir geschieht
nicht Unrecht. Ich tliue nicht mehr, als du auch thust. Du brauclist
den Mund zum Blasen, ich zum Singen. Du brauchst die Finger zum
Spielen. Ich auch. Willst du , ohne den Mund zu brauchen , blos mit
den Fingern spielen, so bin ich ein Aelinliches zu thun bereit." Die
Kampfrichter finden, dafs Apollo Recht habe, und der Wettkampf hebt
von Neuem an. Wer hört hier nicht in der spitzfindigen Antwort des
Apollo die gewöhnliche Ausflucht des Citharoden, wenn der Flötenspieler
den hegleitenden Gesang nicht gelten lassen wollte? Natürlicli mufs nun
Marsyas unterliegen, wie denn auch immer der Citherspieler mit Gesang
über den blosen Flötenspieler den Vorrang behaujjtete. Eine sonderbare
List wodurch Apollo den Marsyas besiegt habe, finden wir beim Apollodor
I 4. 2. „Als Marsyas beim ersten Kampf den ^'orzug zu haben schien,
drehte Apollo seine Cither um und forderte seinen Gegner auf,
ein Gleiches zu thun , da aber dieser es nicht nachthun konnte , mufste
er sich für überwunden erklären." T>)v y.tBä^av CT^t-^'as ij/wvi'^sTO 6
'AtsXXiuv. Hygin, Fab. 165. p. 179. Stav. folgt eben dieser Sage:
Cum j am Marsyas inde victor discederet, Apollo citharam yersabat, idem-
que sonus erat, quod Marsya tibiis facere non potuit. IVIit ihm stim-
men auch die handschriftlichen Schollen des Fulgentius überein , die
Munker bei dieser Stelle anführt: Apollo — versa cithara cantare
coepit, Quod cum Marsyas versis tibiis agere non valeret, eum ad
arborem i'eligavit. Dafs .Saumaise's Erklärung ad Solin. p. 84., nach
welcher Apollo blos die Tonweise verändert haben soll, welches Marsyas
nicht nachzuthun vermochte, weil man damals für jede einzelne Ton-
weise auch besondere Flöten hatte — den Ausdruck STq^Q^nv r-^v m^-
^ccqav nicht erscliöpfe, hat Heyne ad Apollod. p. 47. richtig bemerkt,
die Sache selbst aber unerklärt gelassen. Wie wenn man sich die Saclie
so dächte? Ein geschickter Citherspieler konnte auch auf umgedrehter
Cither spielen , es war gewissermafsen ein mechanisches Kunststück , so
wie es heut' zu Tage Violinenspieler giebt, die die Violine auf dem
Rücken spielen können. Die gewöhnliche Stellung der Cither war, wie
wir sie anfallen Denkmälern so oft erblicken, dafs der Steg d^yiv)
gegen das Gesicht aufrecht gekehrt war. Dann nüite der untere Theil
des Instruments, wo sich die zwei Hörner (-^hX^'S t x«f«T«) vereinigten,
49
auf dem Ellbogen <les linken Arms ; Jenn an ein Instrument mit einem
baucliigen Resonanzboden, mit einer Testudo, >)X*'®''' » (s- V'ofs, de vi-
ribus rhytlimi p 79.) ist liier nocli nicht zu denken. Diefs konnte anch
nur entweder sitzend (s, Bürette, Memoires de Literature T. IV. p.
125. qd. Amstel. ) oder, indem man es auf etwas aufstützte, gespielt
werden, und eben diefs nennt der Verfasser der Homerischen Hymne
auf den Merkur, obgleich dort wirkltcli von einer Testudo die Rede ist,
V. 418. 433. 499. v.i'5af(v Xaßuy sV ai^iffri§x X^'?^^ Und t-rwXiviov
y.tüa^i^iiv. Indefs selie ich niclit ein, warum der fertige Citherspieler
nicht auch das Instrument zuweilen so gehalten haben könne, dafs er
den untern Theil an die Brust stützte und den obern gegen den Vor-
derarm gekehrt liielt , ungefähr wie wir unsere Violine spielen. Diefs
würde o-rosCps/v t>)v vuSa^a-j heifsen können und wäre wohl auch hier
im "VVettkampfe mit dem IMarsyas der Fall gewesen. Dann neigt sich das
Instrument unter dem Ellbogen des linken Arms , der steif ausgestreckt
vorn herumgieifen und die Cither beim Steg halten mufs , und so folgte
daraus, dafs auch OtwAsvicv y.i3ci§t^ii'j gesagt Averden könne. Darum
di'u'fte es nicht zu billigen sein , dafs 1 1 g e n in seiner neuen Ausgabe
dieser Hymnen V. 510. die alte Lesart gegen Krnesti und Wolf in
ExwXsv/ov verändert hat. Apollo spielt jetzt als ein kunstfertiger Virtuos
(SsSawf) die Cither auf einmal auf eine andere Art. Dagegen hatte
Ilgen ganz Recht, das erste Mal V. 433. iicwksviev beizubehalten, wo
es Wolf um der Gleichförmigkeit willen auch in ütwAsv/ov veränderte,
■s. die Anmerkungen S. 455. Man denke sich nur, dafs von zwei
verschiedenen Arten, die Cither zu halten, die Rede sei, und Alles ist
deutlich. Bei beiden Arten fand übrigens nocIi das Zusammeuspieleu der
linken und rechten Hand, das intus und foris canere , statt, welches
Asconius zur ersten Verrinischen Rede T. 1. p. 459. ed G r a e v, so
deutlich erklärt hat: Cum canant citharistae, utriusque manus funguntuv
ofücio : dextra plectro utitur (^oder vor der Erfindung des Plectrnms,
auch die Finger, womit man die Saiten auf dieser Seite rifs, ^Äkksiv^
dem Kfsxsiv mit dem Plectium entgegengesetzt (^s. Valckenaer S'.u
Eurip. Phönissen 1399.), während man sie mit der linken Hand griff und
stimmte , et hoc est foris canere ; sinistra digitis chordas carpit , et lioc
est intus canere. Man vergleiche auch die Stelle beim Pliilostrat, Icon.
I, 10, p. 779., wo von dem Spiele beider Hände die Rede ist, wo ich
aber selbst nach den neuesten Bemerkungen von Heyne, Prolus. ll.
p. 8. die cf-Sig irgoßakcn; der Finger der linken Hand noch nicht ganz
verstelle,
Xllt.
Satyrisirung des Marsyas lind libei* eine SteUe
aus Plato's Symposion,
In der Stelle des Satyi'endichters ^lelanippides beim Athcnäa»
XlV, 2. p. 616, F. heifst Marsyas ausdrücklich ^h? i das ursprüngliche,
Xiöitigei-'s Kleine Schrifien I, 4
50
mir im Tonisnuis in (Phi verwandelte ( s. rlie pcU'lnte Reiiierkiing: des
Fösiiis im Oecon. Hiiip. s v. (fi)^i» S. 653.^ M'ort für wilde
AVald inen sehen, wie es schon beim Homer von den Centaiiren, doch
olme alle Beziehung auf die weit spätere Doppelfiestalt gebraucht wird,
dann aber häulig einen Satyr bezeichnet, z. B. beim Kuripides im
Cyclops V. 620. Hesychins T. I. c. 1713. ^^<}»; roii; Sarufi^xetj,
denn so niufs dort oline Zweifel gelesen werden. Von nun an heifst
Marsyas überall, oft sogar ohne Zusatz seines Kigenriamens , der Satyr.
S, Staveren zum Ilygin S. 279. Heyne, aiitiqu. Aufs. II. S, G9. —
Die ältere Fabel dachte sich im Marsyas blos einen plirygischen Weisen,
der in den geheimen Dienst derCybele eingeweilit war. S. Diodor II T,
.'.8. In den attischen Dramen wurde es wahrsclieinlich zuerst Mode, den
Marsyas im Gefolge des Bacchus mit den übrigen SatyTn und Silenen
aufzurühren, ilin zu bescliwänzen und die ganze bocksfiifsige Satyr-
gestalt auf ilin überzutragen. Ueberhanpt ist der Kinllufs des attischen
und hier besonders des satyrischen Drama auf die Ausbildung der gan-
zen Faltel von den Satyrn und Silenen selbst in den neuesten scharf-
sinnigen Untersuchungen von Vofs, mythologische Briefe Th. II, Brief
XXX — XXXIII. noch immer niclit hinlänglich erwogen worden. Nur
von diesen Dramen nahmen Athenisclie Künstler , Dichter und Pl^ilosophen
ihre Vorstellungen. Man sehe die auffallenden .Stellen in Xenophon's Gast-
mahl c.4.p. 139. ed. Ba eh., wo bei <7«TUfJMoTf offenbar h^ä/^affi zu verste-
hen ist. Als man endlich durch diese satyrisehen Dramen das Heer der
Silenen und Satyrn in's Uneiulliche vermehrt und gleiclisam den Begriff
festgesetzt hatte, Silenen sind die alten, Satyrn die jungen
Bacchustrabanten (s. die Hauptstelle beim Pausanias I, 23.
p. 54.); da kehrte man in Absicht auf den .Alarsyas, den man sich jetzt
als einen alten abgefeimten Horcher bei jMinervcns Flötenspiel am Mä-
ander dachte, zur Benennung des Herodot zurück, der ihn in der be-
kannten Stelle VII, 26. einen Silen nennt. So spricht Pausanias von
der merkwürdigen Gruppe in der Acropolis zu Athen, wo Pallas vorge-
stellt war, wie sie den Marsyas defswegen schlug, dafs er ihr die Flöten
weggestohlen habe, es sei die 'ASvjva rov is(X>)vov Ma^cvav -KoitovcM
I, 24. p. 56. Melirere Stellen giebt C a s a u b o n u s , de ])oesi satyrica
I, 2. p. 51. ed. Ramb. Besonders nannte man die hermenartigen 3Iar-
syasstaluen, die schon zu den Zeiten des Plato in Athen sehr häufig
gewesen zu sein sclieinen, vorzugsweise Silenen, wie aus der berühm-
ten Stelle in Plato's Gastmahl, c. 32. p. 102. ed. Wolf. T. x. p. 256.
Bip. , sehr deutlich erliellet. Diese Stelle hat man, wie mich dünkt,
nicht immer aus dem riclitigen artistischen Gesichtspunkt aufgefafst. Man
brauchte die Hermen unter Anderm auch, wie unsere Uhrgehäuse, dazu,
nm kleinere Bildwerke (.sigilla, Bronzen, wie sie in grofser Zahl in
Pompeji und Herculanum gefunden wurden,) hineinzusetzen. Nun hat-
ten aber die eigentlichen Hermen oder Mercuriussäulen schon ilir be-
.slimmtes , bedeutendes und passendes Local in den Gymnasien und
öffentlichen Plätzen. Die Grieclien hatten auch in dieser Rücksicht einen
51
Sinn für SchickUclikeit nnJ Anständigkeit, den wir kanin bei der streng-
sten Aufmerksamkeit errathen. Bei der nngeheuern Menge von Statuen
und Bildwerken, wovon ganz Grieclienland voll war, hatte doch jede
Gottheit , jede mytliische Darstelhmg ihren angewiesenen Kreis , ihren
bestimmten Platz, wo sie hingeliörte, und wo sie auch nur mit Schick-
lichkeit aufgestellt werden konnte. Nur erst daufi , als die Räuber und
Zerstörer der alten Welt , die geschmacklosen Römer, die ausgeplünder-
ten Kunstschätze Griechenlands nacli Rom und Italien sclileppten und
alle Winkel damit vollpfropften , ging diefs Gefühl für Schickliclüceit ver-
loren und keine Statue, kein Bildwerk stand mehr an seinem Platz.
Eigentliche Hermen in eingeschlossenen Sälen und Privatiiäusern belei-
digten das Kunstgefülil der Athener. Zu dieser Privatbestimmung ent-
standen die neuen Compositionen , Hermathenen, Hermeraklen
u. s. w. Nun war für die Idee eines schmalen Wandschrankes nichts
passender als die Figur eines Marsyas, der mit beiden Händen gebun-
den und angeschnürt an einem Baume stehend gedacht wurde. So ent-
stand die Vorstellung, auf einen sogenannten Hermentronk die Büste
eines 3Iarsyas zu setzen, die man auf beiden Seiten öffnen und als
Schrank brauchen konnte. Wenn also Plato die SsiX-^vsvf sv rc7; 'E^)-
fxiy'k-offi.'ict; y.!xSi)!xsvD-j; auftuhrt, so steht das Wort i^/AoyXvCpiJav
niclit tür jede Werkstatt jedes Bildhauers, sondern bestimmt für dieje-
nige , wo Statuen mit Hermenpostamenten gemacht wurden. Diesen
hing man dann die DoppelHöte oder die Pansdöte (aus einem jMifsver-
ständnisse des Worts cu^ny:; ) an und nannte sie bestimmt Silene. —
Meine Muthmafsung wird durch ein kleines Gediclit des spätem Epi-
grammendichters Alcäus bestätigt, welches offenbar auf eine solche Sile-
nusherme gemacht ist, Analect. T. I. p. 488. X. „In deinen Händen,'*
singt der Dichter, „wird nicht melir das Kunstwerk der tritonischen
Athene blühen.
Man denke sich liier nur die Gestalt einer Marsyaslierme , und man sielit
die unauflöslichen Fesseln, womit seine Hände angescMossen liegen,
XIV.
lieber die Backenriemen der alten
Flötenspieler.
„Marsyas," sagt Pliitarch über die Mäfsigttng- des Zorns T»
It. p. 456. C, „ mäfsigte mit einem Kappzaum und mit der Gewalt eines
Gebisses den herausstürzenden Athem, er überputzte imd verbarg di«
Aufgedunsenheit seines Gesichts,
„Mit dem schimmernden Gold umschlang er die ringsitmbehaarten
Schlaf und den blasenden Mund mit rückwärts gebundenen Riemen."
Im Griechisclien heifsen die beiden Verse:
Xfuffv-j h aiyX-^fvri av>'/\2iA0€Zv KjxWtioiffEKx^
4*
52
Im Texte lies Plutarch selbst lese ich, bis mich Wyttenbach eines
Bessern licichrt haben winl, •JVEfisrrc/xi'wv ßia. Man ist gewohnt, «liefs
Distichon nach einer Aussage <les Tzetzes (s. Langbi-in zum Longin
S. 20. (j. eilit. Toll ) «lern Simonides zuzuschreiben. Kin älterer Dicliter
ist es gewifs. Er kennt die Sache, aber noch nicht den Ausdruck, den,
wie ich glaube, die spottsüclitigen Attiker erst später dazu erfunden
hatten. <I'cf/3s(« , denn so mufs es nacli der Bemerkung des Hero-
dian beim Sclioliasten des Aristophanes in den Vögeln 862 geschrieben
und accentuirt werden, bezeichnet eigentlich den ledernen Kiemen, der
den Thieren iini's Maul gebunden wird, wenn sie niclit fressen oder
beifsen sollen. S, Schefl'er, de re vehiculari vcterum I, 13. p. 178.
Weil nun die lederne Binde, womit die Flötenspieler seit den ältesten
Zeiten sich die Backen vei-walirten , so da(s vorn an der Lrppen nnr
eine kleine Oeffnung übrig blieb, worein man die ]\Tund.stücke der Flöten
stecken konnte, einem solchen Kappzaum sehr ähnlicli sahen, so
nannte man diesen Backen- uml Li[)penverband auch so. In der Stelle
des alten Dichters, die aus dem Plutarch angetiihrt wurde, heifsen sie
noch mit dem allgemeinen Namen ii*ä-rrfi; , Riemen , womit die Alten
aucli die Kampfriemen bei den Faustkämpfen , die Schuhriemen , die
Peitschen und jedes andere Lederweik Ix-zeiclineten. Die eigentliche
Benenming war wohl crc/^if , Maulbinde, o<ler x*'^^"^»?? » Lippenbinde,
wie wir aus einer Glosse des Hesychius scldiefsen dürfen T. H. c. 1519.
Cpof/ßs;ä V] ocJAijTrx.v) ctc/jh; . Ksytrat bi y.m i •^uXlzyi^. Die Bedeut-
ung des Wortes c-^c/^'s für die Maulbinde der Pfeifer hat schon San-
maiso ad Solin. p, 585. b. A. aMS einem sehr glücklich emendirten
Fragment des Lucilius «rläutert: Trulleu' pro Storni de huic ingens de
naribus pendet. Die Rede ist von einem Sanfer. Ihm hängt, sagt
der alte Satydker, der grofse Krug immer wie ein Beifskorb
von der Nase lierab, vergl. Lucilii reliquiae edit. Dous. p. 357., wo
der Sinn aus Turnebus richtig gefafst, aber das verdorbene postomis
nicht verbessert ist. Von crc/xtg als 3IaulverI)and der Pfeiler kommt
£ir/<7Tc//i'^6iv als Kunstausdiuck der Flöten,spieler von diesem Geräthe.
So kommt es beim Plutarch vor. S. Svmpos. VII, 8. p. 713. C. und
vielleiclit braucht es auch Athenaus mit Hinsicht auf diese Bedeutung in
der AntVihrung eines Bonmots des Hyperides XHI, p, 591. F. Die daraus
abgeleitete bekannte Bedeutung für y-Araffiyä^siv ist von den biblischen
Philologen weiUäuÜTg erläutert werden. S. Eisner, Obser. Sacr. T. If.
p, 322. und Wetstein zu Tit. I. 11. — Die eigentliche Absicht dieses
Verbandes war, wie der Scholiast des Aristophanes zu den
Wespen 580. selir riclitig bemerkt, hauptsäclilich diese, damit der
Athem beim Blasen nicht auf einmal zn stark würde und das Hervor-
bringen der sanften Töne hindere: otw? av cJ/a/xiT^cv tö -rvst/x« xt/x-
wc/usvcv yjbiloi'j T>)v ^wv^y tou avXov -Trcii^c*;. Man mufs hierbei nur
nicht vergessen, dafs die Alten Flöten von ganz verschiedener Länge
liatten. Die ganz langen Flöten, die nur in den Theatern und bei
oUcntlichcn Gelegenheiten , Opfern und dergl. gebrauclit w urden mufsteii
53
natürllcli aucli mit gtärk*roi' Anstrengung und AnscIehnuTig der blnsenilen
Gesiclitstlieile gespielt werden, und da war also auch nur dieser Ver-
band nötliig. Daher iindet man nie, dafs die Flötenmädchen, die nur
in Privathiiusern aufspielten, und überhaupt die Flötenspieler bei allen
Gelegenheiten, wo es keiner Anstrengung bedurfte, sich dieses Verbandes
bedient hätten, und darum linden wir auch die Sache so wenig auf
alten Denkmälern, Basreliefs u. s. vr. ausgedrückt. Doch finden wir
sie auf einer altgriecliisclien Vase Xs. Burney, history of Music. p,
521.) abgebildet, und Andreas Schottus hat zuerst in seinen An-
merkungen ad Adagia Graecoruin p. 272. f. aus der Velserisclien
Sammlung einen ächten Marsyaskopf mit dieser Binde gegeben. Da, wo
die Riemen über die Lii)pen gingen, waren sie walu'scheinlich mit Me-
tall beschlagen , und daraus erkläre und verbessere ich eine Glosse des
Hesychius T. J, c, 1-iOO. : 'Exi'j^aXy.ov , to cts/jux tuJw avkiZv • htk tjjv
(fo^ßsiäv oio-ji] iKKTro/Mbct, An die Mundstücke der Flöten (j'XwTn'Sg;)
ist liier nicht zu denken; diese könnten auch nacl» der Sprache nicht
ffTÖ//a Twv aJXwv heifsen. Alle Schwierigkeit wird gehoben, wenn wir
aukijT'Mv statt d'jkvyj lesen. Irgend ein attischer Dicliter hatte den
Mund eines so verbundenen Flötenspielers mit Erz beschlagen,
ix/p^ixX/'.ov, genannt, und diefs wird nun durcli die angeführte Glosse
erklärt. Nun vei-stelit man auch, was das scliimmernde Gold im
Fragment des Simonides, das gleich anfänglich angefüiirt wurde, sagen
will. Natürlich hatte der prachtliebende Flötenspieler diefs Beschläge
von schimmerndem Golde.
Vielleiclit läfst sich selbst die Stelle des Dichters noch auffinden,
woraus der spottende Gebrauch des Wortes (fo^ßsia abzuleiten ist. Zu
den verloren gegangenen (satyrisclien ?) Dramen des Aeschylus gehörte
ein Stück, das die Alten liäuüg unter dem Titel Lycurgus oder die
Lycnrgie anführen. Was in den Bacchantinnen des Euripides Paiitheus
ist, war beim Aescliylus der thracische Lycurg, und Euripides sclieint
den ganzen Gang seines Stücks aus diesem Drama des Aescliylus, mit
welchem es auch schon von den Alten in Parallele gestellt wird (s. Lon-
gin XV, 13. p. 113. Toll.), entlehnt zu haben. Der ergrimmte Lycurg
machte dort dem Bacchus eben die Vorwürfe der weibischen Weiclilichkeit,
die wir im Euripides finden. Den Anfang dieser Tirade hat uns Ari-
stophanes in einer komischen Parodie erlialten in Thesmophor. 13i, ff.,
wo er den Mnesilochus den mit weibischer üeppigkeit geputzten Dich-
ter Agathen so anreden läfst :
Woher, du Weibling, mit dem langen Frauenrock?
Tlohoi-rog o yv^vi;; rif xarj « ; ti{ vf aroky)',
Ein Vers, der künftig sicher unter die Fragmente des Aeschylus
gesetzt werden kann. Im Gefolge des Bacchus befand sich , wie es
scheint, Marsyas mit einer Bande von Musikanten, und trug, wie gu-
\yÖLnlich, die Lippenriemen vorgebunden. Lykurg, der diefs ganze
Pfeifer- und Baccliantengetiiinmel strafend durchmustert, ruft dem
Marsyas zu:
— und du mit dieser Halfter um das Maul?
Hier ist der Beweis dazu. Die gelehrten Scholien des Aristophanes
zn den Rittern 1147. erklären den vieldeutigen Gebrauch des Wortes
>«^/-<of » welches bald eine Halfter, bald ein Fischreils, bald ein Gefäfs,
worein die Richter ihre Steinclien warfen, bezeichnet. Hierauf wird auch
bemerkt: AiV^yXof £v AvxoJ^J'w aXX-^yo^inwi rcui öts'ywcvf y.i)[xovg
i(^>]'/is hioi ro'jTMV '
— Txal ToujSä v.-/)uouj ffrc/aaTOf.
Diefs Fragment, welclies ich weder in der Stanleyischen Fragmen-
tensamnilung , noch im Harlesichen Fabricius T. H. p. 180. bestimmt
angegeben linde, kann auf nichts Anderes als auf die Marsyasmaske
auf dem Theater bezogen werden und zeigt , in der Gesinnung des Spre-
clienden gedacht, offenbar Spott an. Was x^M^f eigentlich bei dem
Pferde sei, lernen wir aus Xenophon's Be rei ter kun s t Kap. V, 3«
p. 116. Zeun. Eine Vergleicliung des Pollux VIII, 17., der es ein
jjaXv.avv ^S/jtcüsj nennt, maclit die Aehnlichkeit mit dem Pfeifeiverbande
noch deutliclier. Yergl. Scheffer, de rer. veliic. I, 16. p. 166. Die
witzige Vergleichung des Aeschylus fand Beifall, und das Volk nannte
das, was der Dichter eine Halfter genannt hatte, mit einem ähnlichen
Wort einen Maulkorb. Die früheste Stelle , wo diefs Wort in dieser
Bedeutung vorkommt, das bekannte Fragment des Sophocles beim Ci-
cero und Longin (s. Fragmente des Sophocles T. IV. p. 693.
Brunck. ) beweis't offenbar, dafs man mit seinem Gebrauch einen lä-
cherliclien Nebenbcgrilf verband , und die Stellen des Aristophanes , Vesp,
579., Aves 861., wo es auch vorkommt, liaben beide gleichfalls einen
.Anstrich von Burleske, besonders der Rabe mit der Lippenbinde Kcja^
ifxici(pcgßiiof^i-jo5 (denn so wollte auch Brunck sciireiben. T. IIL
p. 173. in notis); daher führte es Pollux X, 153. in einer von Hemster-
huys glücklicli ergänzten Stelle als eine Merkwürdigkeit an, dafs sich
auch der Alexandriner Callimachus dieses attischen Spottwortes
bedient habe. Hemsterhuys, aus dem diefs, Wort nun auch in die Calli-
macliischen Fragmente gekommen ist, n. CCCCXXVI. p. 572. Ern., fülilte
diese Schwierigkeit, olme sie lösen zu können. Endlich läfst sich meine
Muthmafsung auch dadurch bestätigen, dafs eben dieser Verband, sobald
er von den Trompetern in den Olympischen Spielen gebraucht wird , nie
ipoqßiia^ sondern äväSsi}'/.«« heifst. Denn hier ist man nicht in den
Grenzen von Attika, S. Pollux IV^, 92. und Küster zum Hesychius
T. L c. 319.
Ich kann übrigens diefs Wort nicht verlassen, ohne mich eines
Compagnons zu erinnern, den auch Pollux X, 153. neben ihn gestellt
hat. Die Athener nannten die eigene Art von Bescimhung, womit der
Flötenspieler auf dem Tlieater das Zeichen ziun Anfange des Gesangs
und den Tact trat, was später die Römer scabilla nannten, v.qoxjir'k^ia,
wörtÜcli : B 0 d e n t r a m p 1 e r. Ich habe an einem andern Orte weit-
55
läiidg bewiesen, dafs cUefs Wort urspriinglicli Jjöotisch sei, mir dafs die
Böotier auch hier das stärkere Z in T verwandelten und Kpouirsri*
auss[)rachen. S. Quid sit docere labulam , Prolus. II, p, 7. Die Böo-
tier brauchten in ihren Marschen und Sumpfgegenden hohe hölzerne
Sabots, welche vom Klange, den sie auf dein Trockenen machten, Bo-
dentrampler genannt wurden. Ks läfst sich bei der mehrmals be-
rührten Eleganz der Tliebanischen Flötenspieler kaum denken , dafs sie
mit solclien Bauerschulien aufs Theater getreten wären. Wold aber sieht
es der DenJtart des attischen Zuschauerpublicums sehr ähnlich , dafs sie
diese holien Flötenspielerscliuhe spottweise Bodentrampier genannt haben
könnten, da uns Pollux VII, 87. ein Fragment des Cratinus erlialten
hat, worin die geliebten Naclibarn jenseits des Citliäron ausdriicküch
büotische Tr ampelthier e, y-^ovv6^o(pö^Qi , genannt werden.
XV.
M i d a s.
Die änfserst verwickelte Fabel des Midas hat gcAvifs durch die Sa-
tyrendramen zu Athen auch eine Menge Zusätze und Ausschmückungen
erhalten, die jetzt, wo uns diese Quelle fast ganz versiegt ist, kaum in
einzelnen Spuren noch sichtbar sind. Hätten wir doch die ^arv^i-/iix
des Dercyllus noch, die ganz eigentlich dem Fabelkreis der Satyren-
dichter gewidmet gewesen zu sein scheinen , und worin auch , aus
einem Citat beim Verfasser der Abhandlung von den Flüssen
T. II. Op. Plut. p. 2154. C. zu scidiefsen, die Fabel vom Midas weit-
läufig beliandelt worden war! Man mufs vielleicht zwei Fabelkreise in
der Fabel des Midas annehmen, um sich nur einigermafsen herauszu-
wickeln. Die eine ältere ist auf Geschiclite gegründet und hat es mit
«lern durcli seine Bergwerke und seinen HandelsverkeJir reichen König von
Phrygien zu tliun. Hier mufs man fiir's Erste festsetzen, dafs Midas
ein allgemeiner Name der Könige von Phrygien in einem gewissen Zeit-
räume gewesen sei, was schon Bon hier, Recherclies sur Herodote eh.
VIII. p. 78. tf. hinlänglich bewiesen hat In die Regierung eines solchen
Midas fällt die merkwürdige Zusammensclimelzung des Bacchus- und
Cybelendienstes in Plirygien, Nun tritt der Name Midas in den Dionj-
sischen Mythencyclus ein. Der reiche phrygische König Q die wahre
Ursache dieses Reichthums hat schon Goguet, de TOrigine des Loix T.
II. p. 306 (ed. Paris in i.") und nach ihm Gatterer und andere ent-
wickelt) nahm den Baccliusdienst willig in sein Reich auf. Hierher ge-
hört die Geschichte mit dem Silenus, die Verwandlung alles Berührten
in Gold, der Pactolus u, s. w. Der zweite jüngere Fabelkieis ver-
wandelt den Aufnehmer und Beschützer des Bacchusdienstes in einen
Begleiter, iroc^äfftrog , 3t<xffwry)i; y des Baechus selbst. Hier unter den
Silenen und Satyrn wird er selbst Satyr und bekommt als solcher Sa-
tyrohren; iJ-iTtiy^i Toü Tuüv '^arvqujv yivovi o MiSaj, wf £0-/)Xou t*
WT«, sagte Philostrat US, de V. A. T. VI, 27. p. 267. einer alten
Ueberlieferung nach. liier tritt nun die lächerliche Verbildung und Tra-
66
vestirung durch das attlsclie satyiische Drama ein, das den alten phry-
gisclien Fabeln von der Onipliale , vom Lityerses , dem Sohne des Mi,
das , und vom Midas selbst so gern eine burleske Gestalt gab. Diesem
mischt sich die Vorstellung von der phrygiscli-lydischen Weichlichkeit
f>ei , worüber wir in Absicht auf den IMidas noch ein merkwürdiges
Fragment des Geschichtschreibers Xanthus beim Athenäus XI, 3. p,
516, B, besitzen. Der weicldiche Midas imd der wildstruppige Marsyas
sind gleichsam die beiden entgegengesetzten Endpunkte im Gefolge des
Bacchus. Der barbarische Phrygier erscheint nun auch als ein schlafter
( s. Philostrat's Icon. I, 22. p. 796.), unverständiger Klügling und er-
kennt in einem Wettkatnpfe des Apollo mit dem Pan (diefs ist nichts
Anderes als der alte Streit der Lyra mit den Flöten, wobei das Wort
Syrinx In der Jüngern Bedeutung für die Panspfeife mifsverstanden wird)
dem letztern den Prt-is zu. Zur Belolmung erhielt er die berüchtigten
Eselsohren, Die spitzigen SatjTohren konnte die attische Bühne leicht
in Eselsohren umwandeln. In einem merkwürdigen Fragment des Kri-
tobulus hatMidas mir Satyrhornchen oder ein cOa;' ■/igf>a(r*J)ir,&y, beimPlu-
tarch im Gastmalil T. 11. p. 150. E. Eine phrygische Localsage von
einem plauderhaften Rohre (s. Melmann, de causis narrationum do
mut. form. p. 57.) gab einem andern Dieliter den Stoff zu der bekann-
ten Barbiergeschiclite. Dafs -Alidas seiir häuiig in dem satyrischen Drama
paradirt Jiabe, beweisen schon einzelne Titel derselben, und Stellen,
wie die des Telestes beim Athenäus S. 617. B. im Fragment des Sosi-
bischen Lityerses S. 134. f. ed Eichst, u. s. w , lassen- auf die mannig-
faltigste Ausbildung schliefsen. Was aber meine besondere Muthmafsung
anlangt, dafs es mit dieser Bestrafung des 3Iidas durch Eselsohren von
einem attischen Dichter auf ein parteiisclies Urtheil der fünf Kampf-
richter, die einem der Mettkäii>pfeuden dramatischen Dichter allezeit
den IVeis zuerkannten, abgeselien gewesen nein könne, so habe ich
freilich bis jetzt keine Stelle gefiHidcn, die diels ausdrücklich bewiese»
Bedenkt n>an aber, dafs die Mwiasohren von den früliern Griechen bis
auf den rün>is<;Iien Persius herab immer nur von unberufenen und dick-
öhrigen Kunstriditern gebraudit wurden , dafs die Ürtheile der erwähnten
Athenisdien Kampfrichter nicht immer so ausüelen, wie damals, als
Cimon und seine Collegen zu aufserordentliclien Kampfriciitern ernannt
wurden, sondern dafs oft aus Parteilichkeit (s die merkwürdige Para-
base des Aristophanes in den Kittern 504. If.) oder gar aus träger
Vergelsliclikeit (Aristophanes in Eccles. 1116. iL) Midasurtheile änfserst
häufig waren (vergl. de Pauw, Recherches sur les Grecs T. II. p. 143.
Bartl»elemy, Voyage du jeun. An. T. VlI. p. 258.); so wird man
die iSlutliiiiafsung schon waiirscheinliclier linden. Freilich mufste es sehr
versteckt geschelien, weil der dramatische Dichter, der sich eine solche
Anspielung erlauben wollte, ja selbst wieder in den Händen dei- Kampf-
richter war, die leicht, wie in unsern Tagen die Recensenten, aus
esprit de eovps die Beleidigungen, die man ijuen Amtsbrüdern zufügte,
räfhüii konnten. Allein man denke weh doch die Rachbegierde eines
57
gereizten Dichters, Ein freilich sehr dimlcles Kpigratnm des
Jiiba auf einen sclilechten Acteiir beim Athenäus VIII, 6. lu 343. F. darf
bei einer weitern Ausführung- nicht übersehen werden , die aber erst dann
stattiinden kann, wenn die ganze Materie über die TiVTs xfirai noch
kritischer und vollständiger untersiicht ist, als es von B arthelemy in der
bekannten Abliandiiuig in Jen Memoires de l'Acad. d. Inscript. T. XXXIX,
p. 175. f., die auch Brunck zum Aiistophanes T, II, p, 62. blos citirt,
nur beiiäuiig geschehen konnte,
XVI.
Minerva Musica,
Vom Bildhauer Demetrius sagt Plinius in seinem Knnstkatalog
XXXIV, 8. s. 19, 15.: Idem et Minervam (sc. fecit), quae Musica ap-i
pellatur, quoniam dracones in Gorgone ejus ad ictus citliarae tinnitu
resonant. Das Altertluim hatte viele solche Spielereien, die man bei
Juni HS, de Pictura Veterum leicht zusammenlesen kann. Die Gorgo ist
hier natürlich der Medusenkopf auf dem Brustharnisch (der späteren
Aegide) der Pallas, Man erinnert sich dabei aus dem Vorigen an den
Thebaaisclien oder vielmehr Pytliischen vo/xo; TroXuxs'yaXoj , der aus der
Nachbildiuig des Gorgonischen Schlangengezisches entstanden sein sollte.
Als Gegenstück zu diesem Einklänge kann das Mälirchen von der Sym-
pathie stehn, die man im Alterthum zu Celänä an der dort aufgehangenen
Marsyashaut bemerkt haben wollte. Blies man vor ilir die phrygische
Tonweise, so bewegte sie sich; blies man aber eine Hymne auf
den Apollo, so war sie still und fühllos. Aelian V. H. XIII, 21. Die
Küster- und PfaflenpoUtik sah sich in jedem Zeitalter und in jedem
Lande ähnlich. Aber niclit blos darum bekam Pallas den Beinamen Mu-
sica. Es ist höchst walirscheinlich, dafs er auch in einer Anekdote
vorkommt, die uns Cestius beim altem Seneca, Suasor. I, 1. p. 6, T.
III. ed. Amstelod. aufbewahrt hat. Die schmeichelnden Athener gingen
bei den ausgelassenen Bewillkommnungsfeierlichkeiten , womit sie den
Triumvir Antonius empüngen, so weit, dafs sie ihm ihre Schutzgöttin
Minerva feierlich zur Gemaldin antrugen, Antonius nahm sie beim
Wort und verlangte tausend Talente zur Aussteuer. (^Ueber die Ge-
schichte selbst vergl. Fabricius zum Dio Cassius T, I. p. 556, 5.)
Hier heifst es nun in den Handschriften und alten Ausgaben, die
Schottas und Opsoböus verglichen, dixerant (sc. Athenienses) de-
spondere ipsos in matrimonium Minervam Musam, P. Faber, Semestr«
II, 15. strich das Musam ganz weg, Schottus setzte suam dafür, und
so ist's auch im Texte der Gi'onovischen Ausgabe abgedruckt. Allein
nichts ist wahrscheinlicher als die Muthmafsung des Johann Groot,
die Lipsius, Excurs, B. ad Tacit. Anal. I. p,578. Em, angeführt hat,
. Dieser las: Minervam Musicam, Der gepriesene Athenerfreund Anto-
nius war auch ein vorzüglicher <^vyiq Movamai; im alten, weitläufigen
Sinne des Worts , und so pafate die Pallas Musica ganz eigentlich zu
einem ßolclien Manne. Aber eben diefs bewels't auch, dafs dieser Bei-
name damals sehr gewüJinlich gewesen sein uiuls.
XYII.
Apollo Tortor.
Zu den merkwürdigem Statuen, die auf diese SelbstvolIstrecXung
des Urtheils Beziehung liaben, gehört eine bekannte Bihlsäule aus der
Galeria Giustiniani T, I. n. 59. (^auch schon in Sandrart und Mont-
faucon, aber im letzten, wie gewolinlich, sehr schlecht abgebildet).
Der mit Lorbeeren bekränzte Apollo hält in der linken Hand die gräfs-
liche Maske des Marsyas empor, an welcher nocli die abgestreifte Haut
des Körpers Jiängt, die über einen Tlieil des Vorderarms geworfen ist.
In der recliten Hand Jiält er nach einer neueren Ergänzung das Messer,
Ich glaube, dieser Bildsäule gebülut ganz eigentlich der Beiname des
Apollo Tortor und erläutert dadurch eine dunkle Stelle beim Sueton
Im Leben des August c. 70. Ks ist dort die Rede von der berüclitigten
caena iMbsy-äStog ^ bei welcher August als Apollo iigurirt hatte. Den
folgenden Tag habe das Volk ihm zugerufen, allerdings sei der
Kaiser Apollo, aber der .Scharfrichter Apollo: Caesarem esse
plane Apollinem, sed Tortoiem, und nun setzt Sueton zur Erläuterung
hinzu : quo cognomine is deus quadam in parte urbis colebatur. Die
Erklärer erinnern sich dabei aus dem Martial H, 17. einer Gasse, wo
die Flagella tortorum verkauft wurden; ein Artikel, der im s cla ven-
reiche n Rom lleifsig gesucht Averden mufste. Dahin geliöre dieser
Apollo Tortor. Burmann bemerkt, dafs er bei keinem .Schriftsteller
über das alte Rom eine Spur von diesem Apollo gefunden Jiabe. Die
ganze .Sache wird aber auf einmal deutlich, wenn man bedenkt, dafs
die oben beschriebene Bildsäule des Apollo mit der Haut und dein
Kopfe des Marsyas diesen passenden Zunamen führte. Der Zuruf des
Volks erhält dadurch einen weit schärfern Stachel. Freilicli bist du
ein Apollo, aber niclit der von Actium oder auf dem Palatinischen
Berge, mit der Cither und den übrigen der Gottlieit würdigen Attributen
(denn auf den Apollo Actiacus oder auf dessen Naclibild , den Palatinus,
mufs es bestimmt bezogen werden, nicht im Allgemeinen auf den
Verderbenabwender und Heilbringer , wie Oudendorp meint S. 28'i.)
isondern der Menschenschinder, wie wir ihn täglich neben dem
Marsyas oder mit Abstrafung desselben bescliäftigt erblicken. Zum
Uebertlufs erinnere man sich dabei nur noch, dafs, wie wir ans
dem .Servius zu Virgifs Eclog. IV, 10. wissen (Augusto simulachrum
factum est cum Apollinis conjunctis insignibus), sich August ölfent-
üch als einen Sohn und Repräsentanten des Ai)olIo darstellen liefs,
wovon auch eine Menge auf ihn geschlagener Münzen mit dem Bilde des
friedlichen Apollo hinlängliches Zeugnifs ablegen, (s. Ekhel's doctiina
nummoruin veterum. Vol. VI. p. 81. und den dort angeführten Erizzo)
59
woraus auch tier Augur Apollo hv'im Horaz Oil. I, 2. erst »eine volle
Beziehung erhalt, ^
XVIII.
lieber eine Stelle des Jüngern
Philostrat US.
Die Stelle des Philostratus verdient ans mehreren Rücksicliten ganz
liier zu stehen. Marsyas steht schon an der Fichte, wo er die Voll-
streckung des Urtheils erwartet. ^Tvey.XiXTH h's t; tov ßaqßixqov
toCtov , T^v ivifxvjv ryji; jxcKy_(xiqtxg xapuvKvou/usvov £5 «i/tÖv. Statt
uTrouXtirrj/ wollte Saumaise lesen Oxo/jX^tts« , welches zwar den stie-
ren, wilden Blieb selir gut anzeigen würde, (s. d'Orville zum Chari-
ten S. 509. Lips. ) hier aber docli nicht so gut ist als das äclite Philo-
stratische OrcuAiTTSi sc. Tviv Siofj oder so etwas, wodurch der heim-
tückische Blick, das «X?^'^°'' Umv des Thersites, so malerisch ausge-
drückt wird. Aber unbegreiflich ist es, wie Olearius •jraqotv.tvovfAivov
stehen lassen konnte, das doch offenbar in xagaKovtu/xsvov (von irctqa~
Hovao/^oit^ schleifen,) veiwandelt wei'den mufs, worauf schon die
Randanmerkung der Morelü'schen Ausgabe führte. Die Stelle mufs also
so übersetzt werden: Marsyas blickt verstohlen und tückisch
auf diesen Barbaren (nämlich den ScyÜien, den der Autor als
*S>57>fT>)f auf dem Gemälde vor Augen hat), welcher die Schärfe
des Messers sclion für ihn wetzt, Sielist du, wie die
Hände auf den Schleifstein und das Eisen gerichtet
sind, er selbst aber gegen den Mar syas. aufblick t, mit
feurigen Augen und von einander gespreizten Haaren
u. s. w. Das ix-ir'ißXs-rst ist in dem Florentinischen Sclileifer (Mus.
Florent. T. III. tab.95. 96.) so charakteristisch ausgedrückt, dafs
man in der That sehr verblendet sein mufs, um wie Gori S. 99. den
horchenden Milichus , den Sclaven des Scävinus, darin zu linden.
Hütte der griechische Bildhauer nicht aus guten Gründen das Nackte
dem Bekleideten auch hier vorgezogen und dem Scythen die ausländi-
sche Fufsbekleidung (^braccae) und das Wams gegeben, das wir auf
Basreliefs und Gemmen gewöhnlich in den Vorstellungen dieser Ge-
schichte erblicken, und das auch der Maler des Stücks, das Philostrat
schildert, gewählt haben mufste, weil der Ausleger ihn ausdrücklich
ßaqßaqo-j nennt, so wäre wohl auch noch vor Agostino und Stosch
nie ein Zweifel über die Deutung des Arrotiuo entstanden.
XIX.
Die hierher gehörigen Stellen des Plato und Aristoteles sind theils
schon oben angeführt w orden , tlieils lindet man sie sehr sorglältig ge-
sammelt von Barthelemy, Voyage d. jeunc Anach. T. III. p. 242. if.
60
ed. Paris. Die richtigsten Gesiclitspunkte , oiis welchen dieser Streit
der altern und neuern IVIusik bei Jen Grieclien angeselien werden niufs,
hat Twining zu Aristoteles Poetik S. 179. sehr gut angegeben. Man
hielt die immer höher steigende Verfeinerung und Verbesserung der
Musik , nach welcher sie freilich nur von eigentlirJien Virtuosen getrieben
werden konnte, für verderbliche Neuerungen und Abweichungen von der
alten einfachen Manier, wo Alles auf wenige, leiclit zu erlernende Ton-
weisen und festgesetzte Stanzen ankam. „So," sagt Twining, „liören
wir bei uns oft den alten Styl des Corelli und Geminiani den irrgläu-
bigen Neueningen des Haydn uiul Boccherini entgegensetzen und vor-
ziehen." Kennern der Geschichte der Musik werden noch eine Menge
anderer Beispiele aus den neuern Zeiten beifallen, die eben diefs be-
weisen. Aber einen eigenen Commentar verdient in dieser Rücksicht das
merkwürdige Bruchstück des alten Comödienschreibers Phe^ecrates
beim Plutarch, de musica p. 1141. D — F., wo die Musik, als eine
Frau, die am ganzen Kör4,)er gemifsliandelt und geschlagen worden ist,
auf's Tlieater kommt und die Bosewicliter ([d. h. die künstlichem Vir-
tuosen) alle namentlich aufführt, die sie so übel behandelt hätten.
61
II.
I 1 i t h y i a
oder
die Hexe,
ein archäolpgisclies Fragment nach Lessing»
Lieber ein Wort, das Lessine: gesagt ha(, sind schon viele Worte
gesagt, luolir als zu viel i!,escliriel>eii und gewechselt worden. Die
Buchhalter unserer Literatur konnten sie vor einem Dutzend Jahren
au den Fingern herzählen und die Klcinineister lächelten , dafa
luan ülj»r ein Wort eines Mannes , der lieher eine Fabel als ein
Epos dichtete und nnr die Kritik seiner eigenen reinen Vernunft
kannte und befolgte, so viel Schreibens und Aufliebcns mache.
Freilich kann auch diese Bewunderung übertrieben werden. Denn
"wer könnte sich z. B. des Lächelns enthalten , wenn er einen un-
serer Kuustrichter in vollem Ernste versichern hörte, das Inter-
essanteste und Gründlichste in Lessing's Schriften sei nur
ein Wink, das Reifste und Vollendetste nur Bruchstück
eines Brnclistücks. Wer mag es aber auf der andern Seite in
Abrede stellen , dafs manche einzelne Gedanken des grofsen Man-
nes, oft nnr im Vorbeigehen mit fahrlässiger Hand ausgesfrenet,
ganze Bücher voll schimmernder Paradoxe oder geschraubter Kunst-
urtheile aufwiegen"? Ein Manu, dem Lessing einst selbst schrieb
es gebe so viele Dinge, wobei der Gedanke: was wird Der dazu
sagen? immer einer seiner ersten sei *) , hat für Jünglinge des
nenuzehufeu Jahrhunderts Funken ans seinen Schriften geschla-
gen **), die nur des empfänglichem Zunders bedürfen, um über-
all heilige Flammen in reinen Gemülhern zu entzünden.
Ein Schatz der fruchtharsfen Winke und Andeutungen für
Allerlhümer und Kunstgeschichte liegt in seinen Kollektaueen
verborgen, die wir E s ch e nb n rg's sammelndem und ergänzeudea
Fleifse verdanken. Weit entfernt , die von dem bedachtsam wäh-
lenden Herausgeber aufgenommenen Artikel zum Theil für gering-
fügig und des Aufbewahrens unwerth zu hallen, wird Jeder, der
Lessing's Namen nicht blos auf der Zunge trägt, vielmehr wün-
schen, dafs Fülleborn zu dem versprochenen Nachtrag zu
Lessing's Kolleklaneeu in den Papieren des Verstorbenen
*) Schriften XXIX. 490.
*) Briefe zur Beförderung der Humanit'ät IX, Samml,
S. 62. ff»
Ö2
noch manclics Goldlvorin-lion rtnffindon nnd nns nill e1»on «lor Gc-
wisseiiliarii.i!,Iveit iniltlioiloii iiiöü,*», dt'r Lessing's Freunde stliori so
\iele und i^rofse Verplliclitmi^eii liahon.
Lessiiiü,- wollte und koniile in diesen Kolleklaneen keine Ans-
fnlirnni>en igelten. Es wai(!n sclinell hini'ele<;(e Eiinnornngsniigel
— ein witzii^er Sciuiftsleller unserer Tag^e würde es Pranumera-
liousselioiiic auf künflige Al)liandhinü,en nennen — die der oft eil- ■
fertijfc Manu hei seinen nach allen Seiten hin j^ericlitelen Forscli-
nnjj;en nur im Yorülier^ehen einselilni^, um einst mit mehrerer
Mnfse i!,anze Reihen von Ideen daran zu knüpfen, die er im Drange
der Zeit und Umstände jetzt nielit entwickeln konnte. Mancher
Artikel ist, wie auch der Heransü,eher im Vorherichte erinnert,
olFenhar Anlage zu einer ganzen Ahhandliing, manchi-r gieht sogar
diesen Zweck ausdrücklich an. Wie viele einzelne l^lnt würfe der
Art mögen auf den Papieren, die er seihst mit Sihvllenhlättern
vergleicht *), auf immer vertlogen sein!
llithvia oder die Hexe; (so heifst es in seinen Kol-
lektaneen Th. I. S. 40G. ) unter diesem Titel gedenke ich
d i e E r k 1 ä r II n g c i n e s S t e i n e s h e i in S t e p h a n o n i n s h e r-
ans zugehen, de4i anch Maffei seinem Geminen-
worke ein verleiht hat, und den sie beide für eine
Agrippina erkennen. — Aber es ist anch hier nur heim
guten Willen gehlichen. Alles , -was Lessing seihst hinzusetzt,
heschäftigt sich hlos mit einer Berichtigung von Winckelmann,
und der verdienstvolle Herausgeher läfst es zwar auch in den
Ausführungen zu dieser Stelle weder an vielseitiger Belesenheit,
noch an deutendem Scharfsinn fehlen, gesteht aher am Ende doch
ganz olFenherzig, dafs er sich seihst nicht zu errathen getraue,
wofür Lessing die Figur auf jenem Steine genommen habe , und
wie er dazu gekommen sei , auf Veranlassung desselben eine
Abhandlung über die Hexe llilhyia schreiben zu wollen.
Es sei mir erlaubt, Lessing's Gedanken in dieser kleineu
Einladungsschrift eine weitere Ausführung zu geben und zu ver-
suchen, oh nicht eine -sehr trellende Deutung des Steines ganz im
Sinne jener Ankündigung möglich sei. Es ist ja hier nicht von
der Ergänznng eines Torso , oder von der Nachbildung einer Si-
gismonda des Corregio <lie Rede **)! Es gilt nur einem kleine«
archäologischen Versuch über einen Gegenstand , den Lessing selbst
kaum andeutete und in der Folge vielleicht absichtlich fallen liefs.
Ich heschilftigte mich in einigen Unterrichtsstunden bis jetzt mit
Anordnung und Auslegung aller Mvthen , wovon ich in Kurzem
eine etwas befriedigendere Probe zu geben gesonnen bin. Für die
mir theuern Jünglinge, die diesen Stunden gern beiwohnten, ist
*) S. Fülleborn's Vorrefle zu Lessing's Lehen. 3 Th. S. X\IV.
**3 S. öogarth illustrated by Jolin Irdaiid T. I. [>. LWXVI.
03
«Heser Versuch, so wie jeilo Eiiiljidiiiiirssclirift znn.lclist Lostiniint«
AVünligt sie aiifser diesen noch Jemand eines prüfenden Blickes,
der ist aueli schon für solche Lnleisnchnni!,en j»ewounen nnd schreckt
mich gewifs nicht dnrch sein tnrpe est difliciles liahere nng-ag.
Andern hleil»e es immer ein flio<>endes Avisen-Blalt, das nnr den
Tai;- einer kleinen Schnlfeierliciikeit ansMi-t und dann so schnell
als mö^nlicli den Weg- alles Pajiieres Avandelt.
ich gehe znerst die Beschreihnng der Gemme beim Maffei *),
■weiche in Lessing- die Idee zu einer antiquarischen Hexennnler-
snchung weckte. Eine Frau, in ein langes, eng an den Leib
anschliefsendes hochgegnrteles Gewand mit lief herahgehenden eng
schliefsendt'n Aermeln gekleidet, sitzt auf einem einfachen antiken
Sessel mit vorwärts gehogenem Kopfe nnd Oberleihe, die Iliinde
fest gefallet in einander gelegt, den linken Fnfs halb an der
Erde, und das rechte Knie über das linke geschlagen, wodurch
der rechte Fnfs eine höhere scliwchende Lage erhält. Seihst der
scharfsinnige I\Iaffei, der sich in so vielen seiner archäologischen
«nd antir|narisclien Schriften weit liher seine dentnngsreichcn , mit
leerem Citalenprnnk nur allzu freigebigen Landslente erhebt, konnte
hier der Aersuchnng nicht widerstehen, dem Bilde einen Namen
ans der riimisciiCH Geschiclile und eben dadurch eine Wichtigkeit
in den Augen solcher Liebhirfjer zu geben, die lieber den Kopf
einer Antike als ihren bestimmten Namen missen nnd jeder un-
bekannten Büste einen schallenden Namen ans ihrem Orsini, jedem
rohen Künslleieinfall auf einem halbvollendeten Sarkophag oder einem
ranipanischen Geläfse eine Stelle aus dem Pausanias oder Hvgin
nnlerzulegen wissen. ,, Pietro Stefanonio," sagt Maffei in seiner
Erklärung (S. 25.) : „erkannte schon in diesem schön geschnittenen
Steine die Agrippina. Ihr Gewand scheint mir die Stola der rö-
mischen Matronen zu sein, und da ihr das Obergewand (die palla)
fehlt, die man gewöhnlich darüber anzulegen pHegte , so schien
mir der Künstler durch diese einfache Bekleidung ihre häusliche
Eingezogenheit audeufeu zu wollen. Ihre ernste und nachdenkende
Stellung (l'atto grave e pensoso) sch(;int uns den Kummer ihres
Gemüihs anzuzeigen , da sie durch die List des Piso ihren Ge-
maiil ermordet, sich selbst aber dem Hafs des Tiberius nnd der
alten Livia preisgegeben sieht. Oder erblicken wir hier sie viel-
leicht niedergedrückt von der Grausamkeit der Regenten, die ihr
sogar die uöthigsten Nahrungsmittel versagten , so dafs sie dem
sclinwihlichen Ilnngertode während ihrer langen und jammervollen
Verbannung auf der Insel Paudataria nahe war."- So weit Mali'ei.
Sie haben, setzt nun Lessing in seinen Kollektaneen hinzu, die
Geberde, in der sie da sitzt, gar nicht gekannt, nnd es ist mehr
als lächerlich , wenn Maffei darin eine ernsthafte und tiefsinnige
*) Gemme antiche figurata Vol. I. tav, 19,
64
Geberde entdecken will, die ihre Sorgen nnd Betnilmifs über die
Ermordung ibros Gemabls zu erkennen geben soll. Darin pflicbtet
ancb Escbenbnrg seinem Frennde bei, dem sie Rübe und Festig-
keit, aber auch beitern Bedacbt nnd Khigbeit nnszndriicken sclieinf.
Lessing wollte die Erklärnng- dieses Steines Ilitbyia über-
scbreiben. Nichts ist also gewisser, als dafs er seine gute Ur-
sache haben mnfste, die daranf abgebildete Figur selbst für die
Göttin dieses Namens zu hallen und den Beleg zn dieser Er-
klärung gerade in ihrer Stellung zu finden. \A'ir niiH'lil<'n diese
scbwerlieb erratben , ohne vorher eine genauere Bekanntschaft mit
der Gottheit errichtet zu haben, welche das Allertbniu unter dem
Namen llitbvia kannte und verehrte. Dort müssen wir sie selbst
jiufsucbeu. Denn Acrgeblich würden wir hoffen, sie aus den ge-
wöhnlichen Hilfsmitteln unserer mythologischen Handbücher ken-
nen zu lernen. Hier führt noch immer der Einäugige den Blin-
den, nnd die Unterlassungs- und Begehungssünden des Lilie
Giraldo nnd Natal de Comte, die jenen selbstforschenden
Männern nach der damaligen Lage der Literatur nicht ohne Un-
gerechtigkeit angerechnet werden können, haben sich bis in's zehnte
und zwölfte Glied in ununterbrochenpr Stammfolge fortgepflanzt, *)
Selbst über die Ableitung des Wortes Bitlma sind die altern
und nenern Wortforscher ganz entgegengesetzter Meinung, Die
*) Was würde dem gepriesenen Banier übrig bleiben, wenn Gy-
raldus und Natalis Conies iJir Eigenthiim zurückforderten?
Zwar haben ihm Scblegefs nnd Schrolch's tentsclier Fteifs
für den damaligen Stand dieses Studiums in Teutscliland er-
spriefsliclie Dienste geleistet. Aber wer mag sich jetzt noch durch
diese Unterhaltungen nnterhalten lassen? Die neueren und neuesten
mythologischen Versuche lernt man aus Gur litt's Einleitung in
das Studium der schön. Künste I. Abth. S. 64. f. kennen. H e y n e's
fruchtbare Winke über Localmythen und Stammsagen hat Her-
mann viel zu ängstlich durchgeführt und schon bei der Mytho-
logie der Lyriker aus begi-eiflichen Ursachen nicht beachtet. Nocli
enthalten Heyne's Noten zum Apollodor und seine mannigfal-
tigen archäologischen Aufsätze einen Scliatz von nicht verarbeiteten
Ideen , die aber olme sorgfältiges Quellenstudium bei Naclibetern
nur Mifsgriffe veranlassen könnten. Zu solchem Mifsbrauch würde
Vofs nicht schweigen. — Alles, was über die Ilithyia aus damals
zugänglichen Quellen geschöpft werden konnte, findet man schon
in Giraldi, Hist. deorum gentil. p. 501., wozu der belesene
M e z i r i a k in seinen Commentaires sur les Epities d'Ovide T.
IL p. 116. — 120. nur Zusätze liefern konnte. Einige Trennung
der confusen Masse hat schon G roddeck in Comment. de Hymn.
Homer. Keliq. p. 78, versucht.
65
Orieufalislen finden ohne Miilie den Anklang- dioser Lflnie In oinoin
Wnizelworfe, das nns «ontilos AVcgs znr Gcliäreiin fi'ihit *).
Allein so Wcni»- icb »llle oriönlalisclien AljleiinnjiX'U «vvtliolooisclior
Namen (t. B* der Artemis nns dem Persischen, der Athene
ans ddm AecrYpiischcn , der Venns ans dem riiünizisihen ) nnbe-
dingt verweribn mochte; so rafhsani finde ich es doch, zn jenen
Aldeidingen der l'remden semitischen SjumcIipm erst dann nnsere
Znfliicht zn neiimen , wenn die älteste griechische keino hefiieili-
genden Anfschliisse gewährt, nnd zngleicii die frühesten Urkniiden
liistorischer Uebcriiet'erniig von einer ans dem Orient eingewander-
ten Gottheit linverdäclitige Spnren eniiiallen. Keines von beidcm
moclite bei deni Worte llilhTia znireften, dessen ällcie Form
E 1 e n t h 0 rein griechisch ist nnd die K o m ni e n d e bezeich-
net **), Sie kam einst der schon mehrere Tage dnrch die Eifer-
*) Diese Ableitung haben sclion Bochart, D. Ileinse und John
Seiden, de diis Syris Syiitagm. II. 2. p. 161. ed. Lond. mit
vielem Schal isinn ansgesclnni'ickt. Selbst Wcsseliiig- zum Diodor.
T. I. p; 389. versagte ihr seinen Beifall niclit.
**) Alle Franeunamen auf ^ deuten auf den ältesten äolisch pelas-
gischen Dialect. Beispiele giebt Valckenaer zu Enripidis Pliö-
nissen S. 168. und Fischer, Animadv. ad Weller. P. I. p. 382i
edit. ndviss. So ist auch ^EktvSw der ursprüngliche, 'EAsu-
Sviä oder 'EiXttBvtx die abgeleitete, ElX-^Svi» die rein ionische
Form, üeberall bezeichnet es die Kommende, nicht die Er-
barmende, wie Everard Scheid zu Lennep's Etymolo-
gicon p. 257. nach einer gezwungenen Ableitung muthmafst. Sehr
h'effend erklärt diefs Wort der allegorisirende Phurnutns c. 34.
p. 232. ed. Gab, ob er gleicli die astrologische Deutelei vom
Mondumlauf (sie sei a-rauffr«? sikov/xsvvj,') vorausoestellt hat.
vcv(7«i. Vergl. Etym. M. s. ükuSviai. Die ältere Form 'EksvSw
wurde in |*indar's 01ympii?n VI, 12. in der frühem Ausgäbe durch
die spätere ElkilSuay verdrängt. Aber sie erscheint auch noch
in dem Epigrairiin des Antipater, Analect. T. II. p. 119. XXXMil.
als Geburtshelferin einer Hündin — Soyj h' l-ri^t-jffvj 'EXei5w
und des l->-^^yJo; 'EÄst-^oCf wird noch bei dem spatern Pahhis
Silentiarius Anal. III. p. 102, LXXXIII. Erwähnung gethan; Eben
diefs Wort wollte Niclas Rigault dem Artemidor II, 35. j».
125. zurückgeben, wo die langbekleideten Dianen arigelVihrt wer-
den, die Ephesische, die von Pergä und i^ Xsyo/u60>) Tra^i Av-
v/ioi; 'EkivSs^oc. Artemidor schrieb höclist wahrscheinlich 'EAst/-
Bcvffix. So las auch Claus er im Phurnutus , öder vieliliehr
Comutus, de nat. deor. 34. p. 233., wo jetzt nur 'EkfvSd) .steht^
in der lat. Uebersetzung.
Bot üget's kleine Schriften I; t
6Ü
suclit ilor Ilora in lioftiiniiijslosoii Geliiiitsselimorzeii liiiigelialteiieu
Lato oder J^atoiia zu Hilfe. Sie komiiit iiocli , dreimal j»prii-
leii , giiädij«' den Kreisenden. Und wh' niil<l und trosireieli niufste
selion lU'v Name der Ciöltin den duldenden Gel»arerinneu sein!
Ein zwiefaelies Lehen und Sterben liejit anf der AVagseliale eines
eutsflieidenden Aiiiienbliiks. Die erfl(>iiele, lösende Geliurlsliell'erin
kommt. Alles ist er(|niekl, entbunden, «terettet.
Die Ilanplslelle ülier diese «^ötllielie debiirlslielferin ist beim
Tansanias in seiner Besebreibnnir der Sebens\vnrdiii,keilen Alliens
(I, 18. p. 64. ed. luv.) „Unweit der Ka|»elle des Sarajtis ist
der llilhyia ein Tempel erbant, die, von den Ilvperboreern kom-
mend, der kreisenden Lato in Delos Hille leistete. Von ilinen,
wie die Delier sai^en , lernten »lie iibrii!,en (irieclien den INanien
dieser Gottin kennen. Die Delier o]»fern noeb jetzt der llillivia nnd
singen ilir die Ilvnine des üleii. Djigegen gl.inben die Creleiiser,
llilhvia sei in der Gegend von Knosos zn Anuiisos geboren und eine
Tocbter der Hera." Der sagenknndige Reisebeselireiber maelit uns
liier mit einer doppelten Slauimsage bekannt. Wir erhalten dadureh
eine doppelle llilhyia, nnd je sorgfälliger wir beide von einander
unterscheiden, desto leichter vverden wir dcu verwinlen Fabel-
knaul entwickeln kiinnen.
Zeus und Hera , die Stainnigötter der crefensischen oiler
Olympischen Götter- Dvnastie , mit deren ßewaftnnng in Erz eine
zweite Epoche der griechischen IMviliologie beginnt, werden zu-
gleich nach uralten cretensischeii l^ocalsagen als Stifter und Re-
präsentanten der Ehe (hier noch zwisehen Bruder und Schwester)
angesehn. Die Ehe der Stanimgötler wird in mystischen Ge-
bräuchen *) , das Vorbild der ent^ilderten pelasgischen Stänune,
nnd Hera ( hera , die Herrin, die Fran ) auf alle folgenden
Jahrhunderte die Vorsteherin und Schnizfraii aller elieligen Pllichlen
und Anllritte im häuslichen Leben. In deji Jahren mannbarer
Reife wird das ßan«! , welches das ganze Alterilmm mit dem ihm
ehrwürdigen Bilde eines Zweigespanns des jungen Stiers mit seiner
Ferse vergleicht, zwischen Jüngling und JMäddien geknüpft, und
ie uumiltelbare Folge zeigt sich nach 10 3Iondwechseln in der
*) Diese Mysterien der El\e nannte der Grieche nXcg , ein Wort, das
mit seiner gair/.en Familie ganz eigentlich bei den Hochzeiten zu
Hanse gehört. S, Rnhnlcen zu Tiniaei Gloss. p. 225. Die mysti-
schen Gehräiiche waren niclits als eine mimisclie Darstellung, wie Zens
die Hera gefreiet liabe. Daher der oft niifsverstandene Vers des
Theocrit zu erklären ist XV, 64. iravT« y.vaTiit; 'uravrt, y.al w;
Zsuf ftytvysS' "JI51AV. Jede Hochzeitfeier war ein ^'ö; yöt/Aoi;.
S. Valckenaer zu Adoniaz. S, 367. und die Hanptstelle beim
Diodor V, 72 p. 38«.
07
froliHclieu Entbindung dor jnngon Gatlln. Beide Vorliiilhilsse drückte
die Bildersprache jener Menschen, die Ursachen und Wirkniiii,en
am leichtesten in Staninilafein und Tiieo^onieen versinnhiideten,
durch die vom Zeus und der Hera erzeugten Tiichter ans, Hebe,
die reife Jungfrau, und Ilithjia, die Gebürerin (vergl. Hesiod.,
Theog. 921. Pmd., Neni. Yll, 3. Apollodor. I, 3. 1. Diodor. V,
72.), In dem grodenreichen *) Crela lebte selbst jene hohe Göt-
(erfaniiüe nur troglodjtisch in Hiiblen nnd Fcisenschluchten. In
einer solchen Höhle wurde selbst Zeus geboren nnd aufgesäugt.
In Höhlen zeugte auch Hera ihre Kinder, und sie waren die Am-
inenstubeu der Vorvvelt» So niufs luim sic!i die Grotte in Greta
erklären, von welcher in der Odyssee die Rede ist.
Dort in Amnisos Strom, wo der Eileilhjia Geklüft
ist **).
Von nun an erscheint die gebnrtshelfende Göttin immer im Gefolge
ihrer Mutter, der ehrwürdigen Hera. Sie nnr sendet oder ver-
weigert den Beistand ihrer Tochter. Sie ist nach einer noch ein-
fachem Darstellung selbst die an's Licht bringende Helferin, die
gütige, belebende Luciua ***).
Von Medien her über die asiatischen Küsten des schwarzen
Meeres herab halte sich schon sehr früh der Dienst einer Gollheit
selbst in Kleinasien verbreitet, die man als Symbol der gebärenden
und allernährendeu Kraft in der Natur ansah. Der Mond ist ihr Sinn-
bild am Himmel, denn er empfängt die Sonnenstrahlen nnd fördert
die Erzeugung nnd das W^achsthum auf Erden. Die Kuh ist ihr
sinnlichstes, gemeinfafslichstes Gegenbild auf der Erde. Diese
ganze Symbolik finden wir noch jetzt bei den Hindus an den
*) Man erinnere sich nur, "dafs Ci'eta die Wiege der grieclnsdien
Bergbaukimde und Metallurgie gewesen ist, dafs die ältesten Berg-
leute, die Kureten, und die ältesten Wati'enschmiede , die Tel-
cbinen, von Greta kamen, und dafs uns daher die vielen Grotten
daselbst immer als Stollen und Gruben erscheinen müssen. Der
Labyrinth zu Knosos war nichts Anderes als ein grofses Seifen-
werk, das später, wie andere Lautumieen der alten Welt, wohl
auch zu Gefängnissen gebraucht wurde.
**) Odyssee XIX, 188, — eSt , rs CTcioi EiXstSvttji. Strabo X, p.
730. A. nennt es t» ryj; BikviSui»; h^ov. Es ist also gewifs, dafs
man in dieser Grotte die Ilithyia selbst verehrte. Heilige Ge-
burtsgrotten kommen häufig vor. Man vergleiche z. B. Pausan.
VIII, 36. p. 462. Strabo XIV. p 948. A.
***) Ovid,, Fast. II, 449. Wer kennt nicht das Juno Lucina fer opem!
aus dem Terenz. Vergl. Bayle, s. v. Junon. not. G. ^- Aber
auch die Juno zu Argos, die älteste neben der zu Samos , hiefs
E<X£('5i'(« , wie wir aus Hesychius Glossen s, v. ersehen,
68
heiligen Gewässern dos Gjingos wictler. In Scylliion >viirde sie die
Sliergölliii , die la ii r i s i-he. In Klpiiia«?ien , uo sie sieh zugleich
mit dem Dienste der ]»lirvgisi!if'ii C^hele verband, die giof?e
Mutter mit den vielen Bnistcn. Ihr H;ni])(si'(z war Ejjliesns. I\Iit
dem spälern Dienste dos heiligen eretcnsisihcn Zwillingspaars, der
Kinder der Lalona, versihniolzen , wnnie die Artemis der (irieclien,
die Diana der Rümer darans. Gerade die Einriiliiiing- dieses neneu
Dienstes des Apollo und der Artemis fand an der Küsle aoii Klein-
asien liei den Pries!« in der ä!(ern Golllieilen , der selion friiher
anch dort eingewandi'ilen Olympier, nnd den Dienern so vieler
Loealgötter den harlniUKigslen Widerstand, Eine Piicsleirolonie
der neuen Glitt er ans Lvcien ■ — dt-nn von dorther kam
Latona mit ihren Zwillingen an die ionische Kiiste — Üiidilele
sich iu den "wohlgeli'gcnen ^Millolpnnkt der grierhischen Inselgnip-
peu , nach Delos. Ölen — jnit difseni Namen peisonifieiile man
die ganze in Dolos einwandernde Piicsterrolonie — sliflele hier
die Gehnitsfeier der nenen Giiller in mimischen Tänzen und
Hymnen, Die Drangsale, die der neuen Pieligion des heiligen
Zwillingspaars so eben begegnet waren , Avnrden hier dnrch die
Irrsale der kreisenden Latona vorgestellt. „Endlich findet sie in
dem aus dem Meere hervoi gegangenen Delos eine ruhige Gehiirts-
slälte. Der Gehärendtn Icislele nicht die Junonische Gehnrts-
helfcrin , denn diese wurde von ihier eilcrsiaiiligcn ]Mi:ller znriick-
gehallen , sondern eine hilfreiche Hvpeihoreerin Beislaud. '' Diefs
ist die Uilhvia des Olcn. Eine eigene von ihm verfeiligle Hymne
verkündete iiire Wohllhat und sliflete auf Delos ihre YereliMing.
Und wer ist nun diese yon den Hyperboreern Kommende?
Hyperboreer sind in diesem ganzen Mvllicnkreisc die Kiislenbe-
wohner des schwarzen IMeeres *). Von dorther war die nralle
Verehrung der grofsen Göttin mit den vielen Briislen liher Klein-
asien ausgegangen. Hvperiioreische IMädchen , A m a z o n e n , hallen
ihren Dienst zuerst zu Ephesus verherrlicht. Die Hypciboreerin
ist also keine andere als die grofse Gehinisgötlin seihst, die
nachmalige Diana von Ephesus. Auch sie ist die lichlhiingende
Lucina im Himmel und auf Erden. Sehen wir nun, ob alle übrigen
Kennzeichen, die uns von dieser zweiten llifhvia übrig gebliehen
sind, zusauiraeutreflen. Töute uns Spütgebo reuen doch auch nur
*) Ich kenne die westlichen Hyperboreer, wovon neuerlich Vofs,
nijtholop.. Briefe I, 148. ff., gehandelt hat. Aber eben so alt wa-
ren die östlichen. Man erlanbe mir, diefs sowolil, als alles Vor-
hergehende über die Begriindung des Dienstes des Apollo und der
Artemis hier als erwiesen voranszusetzen. Die Beweisführung
erfolgt gewifs an einem schicklichem Orte init der gröfsten Aus-
führlichkeit.
69
fiii Jeiser Nadihall jenes Hvinmis , der ihr auf Dolos g^smi;^eii
AV'iinle *) ■? Der Zaiilior des j>enohiiteii Klanges haiiiile uns «laiiit
vielleitlit die YiyI:i,('.s(aUe(e mid liefs uns die Figur der Gülliu
weiiigsicns in nt'lilii;er Ferne erljüoken.
Und noch klinj;t er in einigen Ueherroslen , die uns der for-
seheiide Tansanias anlhewahrfe. ,, Ölen ," sa-xt er in der yelehrtea
Abschweiinnj? üher dio Aljolaninuini'- des Eros (IX, 27. p. 82.):
,, nennt die llilhvia in dem Ilvmnns anf sie die Mnder des Eros."
Biels i'iihrt uns oilV-nhar anf jf ne un(er dein Namen der Orpliischen
bekannte Kosniogonie, wo Eros, in der geheimen Sprache der
Orphiker Phanes genannt, der Erslgeborene der Natur, alles Le-
bendige in ihr Iiervorbringt , ordnet und verbindet. Die llithvia
wäre also dem allen Ilynincnsänger so viel als die grofse
Mutter gewesen '^*). Noch in einer andern Stelle sagt Tansanias
(Vlll,21. p. 409.), „Oien habe diellilhyia in seiner Hyaine anf sie
die gute Spinnerin (yXjvov) genannt und dadurch angezeigt,
dafs sie älter als die Schicksalsgiillin und der Kronos sei." Auch
hier Aväre also die allerzengende IMnlter zu verstehn, welche iu
der alten Homerischen Hymne so angcinfen wird ***; ;
Die dn Kimler und Früchte erzengst im Ueberßnfs, hehre
Göttin ! Dir nur gcbüiin's , das Leben zu geben , zu nehmen I
Wie viel Anfschinfs über spätere mylhologische Dichtungen, be-
sonders iu der lyrischen Poesie der Griechen , würden uns jene
durch Allerlhnm und Religiosität ehrwürdigen liturgischen Hymnen
des Ölen und Pamphus geben, wenn sie anf dem Strome der Zeit
auch bis zu uns herabgeschwomnieu wären I Nur erst jetzt, da
wir wissen , dafs Ölen in jenem Hymnus die Geburlsvorsteberin
auch zur Spinnerin oder Pvegenlin des Lebens und der Schicksale
erklärt habe, verstehen wir es, warum Pindar eiuigenuil die Ili-
*) lßlksi9vi:y}i hqou /^s'Xoj nennt ihn Callimachus in Del. 257., wo
Ernesti die Stelle ganz mifsversteht, Man sang ihr diesen Hymnus
Avahrscheinlicli auch an andern Orten, wie z. B, zu Olympia,
Pausan. VI, 20. p. 203., wo, beiläufig zu erinnern, der 5w<ri'xaX{f,
der anf der andern Seite der Göttin nur von einer einzige^ Ver-
schleierten verehrt Avurde, gewil's nichts Anderes als ein phaUisches
Bild von Priapus gewesen ist.
**) Eschenbaoh's Epigenes oder Tiedemann's älteste
Philosophen Griechenlands sind Jedem zugänglich, der
die Beweise liierzu fordert. Ich erinnere hier nur nocli, dafs dio
B^t/j-oig ( (J. li. die Ilecate, Ilithyia) sChwäroto yovixi aus der
Anrufung in den Orpliischen Argonauticis V, 17. lüerlier gehören,
***) Hymn. XXXIIf, 5.
Bv. C£3 5' tvTTAthbi TS Hai tvy.a^rrot rskiücvffif
70
ihy'ui iii'it den Paicoii vorbindet, ein siiinreielier Bund, den wir
auch beim Euiijjidts , Diilo und selbst ia der üiifeililiiigle der
Grieiben wieder anlrelFen *), Auch lassen sich nun verschiedene
*) Wenn Pindar die Geburt des Jarnos besingt, so sagt er: der
Evadne, seiner Mutter, stellte der goldgelockte Apollo die llitliyia
Kur Seite und die Parzen, Olymp VI, 72; und wenn er den Soge-
nes aus Aegina verherrliclien will , so beginnt er die 7te Nemeische
Hymne mit einer Anrufung der llitliyia, der Tafsä^oj Mo/jav
ßa2v(p^ivjiv. Unter den vielen Gründen, die dort in den Sclio-
Jien wegen dieser Anrufung der llitliyia gegeben werden, scheint
mir dieser der haltbarste: Sri sh '/url'^iMV (so, nicht £v 2'. mufs
gelesen werden) h-' '^"^ S^w/Ivs' <'s$)2v E'jXg<5u('af. Man erinnere
sich nur an die Mysterien der Heoato zu Aegina beim Pausanias
n, 30. p. 291 ). So läfst Euripides, Iphig. in Taur. 205. die
Ipliigenia klagen: Aoj^s/« (so mufs gelesen werden, niclit ^e-
y c/av ) ffTSfftäv Traiösi'av "Slolqoii avvrnvovut Six (nicht 4^sa( ,
wie in den gewöhnlichen Ausgaben). „Von jener Nacht an,"
klagt das unglückliche Mädchen, „bereiteten mir die Parcen mit
der geburtslielfenden Göttin (evv 5sij Ao^"'«?) eine harte Jugend ! '*
Melirere Stellen giebt Span heim zu Callimachus in Dian, 22.
p. 185. f. und Arnaud, de diis -rat^ih^yoig o. XXII, p. 149. und
gelbst das bekannte Homerische sxiKXwSsiv von den Schicksals-
göttinnen (s Ga taker zu Antonin IV, 2G.) stammt von der
ältesten Vorstellung, dafs die Mören bei der Gebarerin unter-
dessen spönnen, bis das Kind ankäme. Wenn Diotima in Plato's
Symposion die geistige Erzeugung oder die Bestrebungen der
Seele nach Schönheit mit der pbjsisclien vergleicht (T. X. p. 238.
Bip. c. 25. p, 82. Wolf.), so sagt sie, die MsTj« y.at BlXiiüvtoc
dieser geistigen Entbindung ist die x.aXXcvv). ]\Ian sieht, dafs Plato
den alten, von Oleu gefeierten Bund der Parcen und der Ilithyia
im Sinne hat. Daher das alte Opferritual , welches die Braut vor
der Hodizeit (•^?ö ziXua) erfüllen mufste. Sie opfert der Hera,
der Artomis und den Parcen, Pollux III, 38., denn hier tritt nur
um des Kuiihemismus willen die spätere Artemis an die Stelle der
frühern Ilithyia, Daher erscheinen die Parcen, die schon die
Brautjungfern beim urbildliolien 't^^og yäjxog des Zeus und der
Ilera gewesen waren , ( s. Aristoph., Av. 1733. ) auch auf allen
Hochzeiten. S. zu CatuU 64, 305, Parcen erscheinen aber auch
bei der Geburt des Bacchus und anderer Götterkinder. Vergl.
Visconti zun\ Pio-Clement. T. IV, p. 99. b. und so hätten die
günstigen und ungünstigen Feen, die wir so oft in den Feen-
mährchen der Neuern in der Geburtsstuude erscheinen sehen,
schon in den Mörou und Parcen der alten Welt ihr AVesen ge-
trieben.
71
ahe Uebcrliefeniiigen , die» mau unter (loiii liior nu'hr als iii'endwo
Tersi'iiliiiigeneii Faheli'cwine nur allziiloiclit ül)ersielit, ans dieser
Nachriclit von Olon's IlitliM'a Ijcfriedigoiid ei klären. Denn oh.jjlcicii
nach der später allgemein anfgenoninienen Verweeliselnng der jnng'-
fränliclien Diana mit der allen ehrwiinliiien MuKer niid Hehamnie
der Lebendigen zn Epliesiis, (roiz aller daraus entstellenden Un-
seliickliclikeilen und üngereimllieilen *) , die ewige, keuselie Jung-
frau nun selbst an den Stuhl der Gebäreriiinen gerufen und als
Lucina Pliospboros verehrt wurde; so erhielt sich doch noch die
Sage, Diana sei früher in Ortygia, Apollo in Delos geboren. So
ruft der Sänger des ersten Homeiischen Hymnus auf den Delischeii
Apollo, sich plölzlich an die Lalona wendend **) :
Sei mir gegiürsf, Lntona , dir si)rorsten trelTlirhe Kinder,
Dir Apollo, der Herrscher, und Artemis, kundig der Pleile,
In Orlvgia diese, und jener im steinigen Delos.
Nun ist aber diefs Ortygia am frühesten in einem heiligen Haine
am Flusse Cenchreos unweit E|»hesus zu suchen, von wo aus erst
die Benennung Ortjgia auch nach Delos und auf mehrere Plätze
und Inseln verpllanzt worden ist, wo man gleichfalls die Geburt
der Latona feierte ***) ; und so ist schon hier eine unverkennbare
*) Die ilir der spottende Luciau nicht geschenkt und mancher rüstige
Apologet unter den Kirchenvätern bitt«r genug vorgeworfen !ial.
S. Lucian's Göttergespräclie WI, 2. p. 245. und XXVJ, 2. p. 287.
nnd Hemsterhnys an beiden Orten.
**) V. 16. Ich begreife nicht, warum Groddeck, Comment. de Hjmn.
Homer. Reliqu. p, 76. so hartnäckig darauf besteht, diese An-
rede an die Latona als ein fremdes Flickwerk abzusondern,
worin ihm Matthiä und llgen gefolgt sind. Die allerdings
etwas auffallend eintretende Begrüfsung der Latona mnfs aus der
Art, wie diese Hymnen gesungen und getanzt wurden, erklärt
weiden. Man konnte den Apollo niclit preisen, ohne der Mutter
ein besonderes Trfooi'/^iov zu geben. Der Umstand vom doppel-
ten Geburtsort, den wir mit eben dem \>rse auch in den Orpiii-
schen Hymnen wiederiiiiden , war wichtig genug, um besonders
erwähnt zu werden, und kömmt in keiner der Stellen vor, die
nun als Tautologieen angetührt werden,
**) Ueber das ursprüngliche Ortygia bei Epliesus läfst die Hauptstelle
beim Strabo XIV, 948. A, keinen Zweifel übrig. Hier war der
uralte Geburtsort der Artemis. Später wanderte diese Benennung
nicht nur nach Delos ( s. SpanJieim zu CalÜm. in DeL 37. p
409.), sondern auch nach Syracus und mehrere andere Orte. Man
sehe das Excerpt aus dem Ariston in den Scholien des Pindar
ad Nemea p. 663. ed. Heyn, nnd das merkwürdige, aber sehr
verdorbene Fragment des Nicander in den Scholien des Apollonius
72
Spnr entdeckt , dafs nmn die Göltiii von Eplicsus als cisf^cborcne,
filtere Schwester des Apollo hctiaclitete. Laii^e iiiuhlicr kiim erst
Delos in den Alleinlicsilz , die imitlcilielic Insel Jn-ider Kinder
Latoncns zu sein *) Aiicin die S;i_<;c iäfst siili noch wcilor '\er-
Ibliroit. Diana, si\ixi die Fahel (heim A))o!l()dor I, 4. 1), sprang
zuerst ans dtin yciiouffie der l.atoiia nnd leistete nnn an( der Stelle
ihrer nach iiniiier kreisenden Muller bei der Enlhindung des Ai)ü11q
Hehanmicndiensle **). Ihre Gehnrt, sini;t Callimachns iii seinem
Ilvniniis auf diese Giillin (Y. 24.) , kostete der ^Inlter keine Sclinicr-
zeii. Damm gehen ihr die Parcen das Geschäft, die Ilclfeiin der
Qchäretideii zu sein. Man lächle immer liher die Ungereimtheit
dieser Faheleien. Dem sorgi'älligen Forscher enthiillcn sie docli
Spuren der ältesten UeherlielL'rung, AVer llndet nicht in der zu
. Ephesus IVnher gehoreuen und nun der Mutler beispringenden Scliwe-
sler die livperboreische llithvifi <les Ölen wieder, nnd in den
Schicksalsgollinncn, die der schmerzlos Geboienen das rettende
Entbindnngsgesdiäft zntheijeJi , die unzertrennlichen Gefährtinnen
der llithyia?
Rhod. i, 419. Schon die Alten haben diese Ortygien häniig ver-
wechselt ; selbst Pindar bezieht auf die Syraciisanische Ortygia,
was blos von der Ephesischen gesagt werden kann. Um so ver-
zeihlicher ist es, Menn neuere Erklärer, wie z. B. Ilgen ad
Hyninos Homericos p. 193., uiels gleichfalls vei-wechselten.
*) Zwar hcliaiipteteji die Ephesier nocJi im röpiischen Senat vor dem
Tiberius ihr altes Anrecht: Npn, ut vulgiis crederet , Dianain
atque Apollinem Delo genitos , beim Tacitus , Ann. 111,61., allein
die heilige Delos hatte sich schpn längst in den Alleinbesitz, bei-
der Götter ÜVIntterboden zu sein, zu setzen gewufst. Schon Al-
cäns und Pindar erkannten sie dafür. S. Spanlieim zu Callim,
in Del. 2^0. p. 544.
**) Freilich nalim diefs dci" spätere Grieche blos für ein witziges
Bild der schon im neugeborenen Kinde wirkenden Gottheit. So
stiehlt Mercur in der \Mege, so scliiefst ApoUo noch auf dem
Anne der Mutter tödtende Pfeile. Allein der Keim zu dieser
Diclitnng lag offenbar tiefer in der alten Sage von der Jiyper-
boreischen llithyia. Eine nocli spätere Allegorie liefs die Minerva
ihrer Schwester eine Vorlesung über die Hebainmenkunst halten.
S. des Sophisten Aristides Hynmos anf die Minerva T. I. p. 25.
?d. Cant. und ein nocii späterer Sophist, der Libanivis, Iäfst die
Artemis l^ch^ ^msig vorausspringen, x^esxTfs'xs« 'A^n/xii rov
^AvckXwyq^^ ^m ja der Mutter noch bei der Geburt des Bruders
Handleiitnng zn thun, Declam, XXXIF. T, 11. p. 662. A. edit.
Morell.
73
Hoiner scheint zwar als louicv nur die Jiinoni'sdic IHlbyla ge^
kaiint zu haben ; indcfs ist doch das Bild von dem Geschofs Ili^
thj'icns, womit die Goltin die Gcbäreiinnen dnrchbolirt, von einem
Bihlwerk oder einer VorsteMnri<;- entlehnt, welche uns mehr auf die
fernhertreffende Hecate oder die «gewaltige asiatische Göltiii, dereu
Dienst sich sjiiUer in Ejjhesns canceulrirte, zurückführt *_). Auch
llilhvia wurde, wenn wir die Spuren heim Pausaiiias verfolgen,
mit Fackeln und andern drohenden Werkzeugen in den Händen
abgebildet **) , und die schon iu den Homerischen Gesängen all-
gemein angenommene Yorstellungsart , dafs Artemis die Frauen
*) Das /ßsXo; o^i), To, TS Tqoiiisi "EiksiSviai H. XI. 269. ist kei^
neswegs ein IjIos bildlkhev Ausdvvick, wie Koppen in seinen An-?
pierkungen Th J. S, S.l. Th. IIJ. S. 5. diese und ähnliclie
Ausdrücko zu erklären sucht, Eustathius war av»f richtigerm
Wege, wen» er unter Andorm zu jener Stelle bemerkt, man gebe
der ll'tliyia ein cr-JiixxTiy.djnqov o^yaviv rt tvjXs/SoAov. Diefs ist
niclits Audeves als die i)X«y.äT/} oder ar^^aKTOj, die allen alten Got-i
tinneu in die Hände gegeben wurde, so wie der «s? den Göttern,
ein Rohrstäbchen, bald zum Spinnen, bald zum Schiefsen als Pfeil
geschickt. Diefs Fernhertreffen gab eben dieser Göttin den Na-
^nen 'E^y-ärvi, der aber, von dem beliebtem Artemis verdrängt,
in der Folge nur in der mystischen und zauberischen Bezeichnung
jener Göttin beibehaUen wurde,
**) In einer lualten Capelle der Ilithyia zu Aegion in Achaja stand
ihre Statne aus Pentelisdiem Marmor, ohne Zweifel nacli einem
hölzernen Bilde gearbeitet, t«Tj x^?'''*' "^^ /'*''' *^ ^'■'■^" iy-nroiron^
r^ hs dvs'x^it S«5«. Pausan. VII, 23. p. 322. Die Fackel wird
uns bei der Epliesisclien Mondgöttin nicht befremden, und wir wer-?
den der Deutungen, die dort Pausanias versucht, nicht bedürfen.
Aber in der andern ausgestreckten Hand hatte sich gewifs auch
ein Pfeil oder ein anderes Gescliofs befunden, das nur bei dey
Nachbildung verloren gegangen war. Denn wozu die blos aus-
gestreckte Hand? Ich erinnere hierbei an einen Relief in Terra
Cotta in Passeri's Lueernis lictilibus T. I. tab. XCIV. , wo
offenbar die Ilithyia mit ausgestreckten Händen zwei Fackeln tra-
gend gebildet ist. Das Merkwürdigste an jener Figur ist ein Zie-
genfell, das ihr über die Schultern hängt, Passeri verwechselt
diefs mit der Nebris und tappt aucli hier, wie immer, im Fin-
stern. Allein der Künstkr wollte ohne Zweifel die Vereinigung
der Juno Sospita Lanuvina, die, wie Cicero sagt, Div. 1. 29., cum
pelle caprina gebildet wurde O'ergl. Museum Pio- Clement. T. II.
t. 21. und Visconti p. 4l.) mit der Ilithyia unter dem geniein-
bchaftUchcu Namen Luciua a,azeigen.
74
mit ihren Pfeile» todle, entwickelt sich leichter ans jenem Bilde
der mit verderblichen» Gesehofs gerüsteten llithjia als aus der so
oft wiederholten Deulnng' des Mondeinünsses anf die Gesundheit
der Weiher *). Daher lassen auch noch die spätem E[)ij»ranimen-
dichler der Griechen die in Gehiirlsnülhen heispiingende Jägeriu
Artemis ihre Geschosse wohlliedächliü," vorher in den Schoofs der sie
begieilenden Njmplien lei-en **), Die Schmcrzenssjuiflii'erin darf
nicht mit Pfeilen erscheinen.
Merkwürdi»- ist der Umstand, dafs Homer, der sonst überall
nur eine llilhyia zu kennen scheint, doch in einer Stelle von ihr
in der Mehrzahl spricht***), und zwar gerade da, wo er die bren-
*) Die Ideenfolge, die icli an einem andern Orte weiter ausführen
werde, war ungefalir folgende. Jeder Iieftige Schmerz ist ein un-
siclitbarer Pfeil der zürnenden Gottheit. Der schneidende Ge-
burtsschmerz (c5uv>) ab cSw, pvmgo, s. Hemsterhuys zu
Lennep's Etym. p. 639.) ist ein Pfeil der Ilithyia. Da diese mit
der Kpliesischen Göttin oder der Hecate eins ist, und diese mit
der Artemis oder spätem Jagdgöttin wieder allgemein verwechselt
wird; so sclireibt man nun auch ihr Pfeile zu, womit sie vorzüg-
lich die schwangern Mädchen, die ihre Jungfrauscliaft nicht be-
wahrt haben, tödtet. Daher heifst sie Xjwv •y'JvAljiv, Hias XXI.
480, Daher fürchten eigentlich auch nur die jvmgen Weiber, die
zum ersten Mal gebären, (puerperae, s. Bartholin, de puerper.
vet. p 31.) ihren Zorn. Tlieocrit. XXVII, 28. Menander beim
Sclioliasten des Tlieocrit II, G6. Man gelit nun nocli weiter, und
schreibt alle heilige Krankheiten und sclinelle Todesfälle der
Weiber der Diana zu, z. B. die fallende Sucht (Ekat-^^ i-mßs'jXaif
Hippocrates, de morbo sacro p. 303, 17. Foes., welches Coray
zu Tlieophrast's Cliarakteren S. 256 sehr glücklich in i-irtßokdg
verbessert), womit sich nun, bei der Unkunde des w^ahren Ur-
sprungs, immer mehr der Glaube an den Einllufs des Mondes
auf die Frauen und ihre Menstruationen CDea Mena, quam prae-
fecerunt menstruis feniinarum, Augustin, de Civ. D. VI, 11.)
verbindet. Dalier die XiX-'^v^ßkyjToi, A^TS/xids/^AyjToi bei Macro-
bius I, 17. p. 295. Vergl. Phurnutus, de nat. Deor. c. 34. p. 233»
Gal.
**) So in dem zierlichen Gediclit der Nossis, Analect. T. 1. p. 194,
III, Artemis soll der gel)ärenden Alcetis erscheinen. Vorher aber,
bittet die Dichterin, to5« fj.iv i; y.6kirov; «;'•/ ä-itcSov y^K^irwj.
Vergl. Jacobs in den Anmerkungen, S. 4J4. So hilft sie einer
Gebärenden im Epigramm des Piiädimus T. I. p 261. 111. «tsj
***) Diefs iiel aueli schon den Allen auf, daher in den Schollen des
75
jieiiden Schmerzen eiuer frischen Wiiude , die Agamemnon empfing,
mit den schneidenden Gebnrtsschmerzen vergleicht.
Wie der Gebäreriu Seele (?) der Pfeil des Schmerzes durch-
dringet,
Herb und scharf, der gesandt hartringenden Eileithjieu,
Sie der Hera Töchter, von bitteren Wehen begleitet;
Also fafste der Schmerz den Heldenrauth As,"aniemnon's.
Ilias, nach Vofs XI, 269—72.
Wollte der Sänger vielleicht eben dadnrch, dafs er hier mehrerer
erwähnt, die Vereinigung mehrerer Gottheiten unter demselben
Namen bezeichnen? Da müfste man den alten Aöden weit liefere
Einsichten und Plane zutrauen , als sie wirklich hatten. Wir kön-
nen nur soviel darauf antworten: Der Sänger, der uns hier
mehrere Uithjien als Tochter der Hera vorführt, kannte schon
mehrere *). Sollen wir nach eiuer gewissen Analogie schliefsen,
so nahm man derer zwei an , wie es auch anfänglich nur zwei
Villoison S, 273. ein SixXiJ gesetzt wird. Aus jenen Schollen läfst
sich zuglcicli eine verdorbene Stelle beim Pausanias VIII, 21. p.
409. errathen. Die Schollen sagen : ■rrXyjSvvTty.wg 'EikuSuioi; X&~
ysi. äfj^/aoy Ss «'jTtuii OVTS cvs/zar« TroigahihwJt, Hieraus
dürfte sich mm die Stelle beim Pausanias so verbessern lassen.
Die Clitorier haben drei Capellen, die dritte den Ilithyien. Ho-
mer liat weder ihren Namen noch ilire Zahl angegeben. Der Ly-
ceische Ölen aber, der noch älter als Homer ist, hat den Deliern
sowohl andere Hymnen als auch eine auf eine Ilithyia gemacht
u. s. w. Die griechischen Worte würden also so zu lesen sein,
TfiVov hi tariv ^tXsiSvtOJv (^so, nicht ^IXst^via;^ schrieb Pausa-
nias, und dieselbe Mehrzalil nuifs ihm noch einmal wieder gege-
ben werden I, 44. p. 170, wo Facius unbedenldicli die Angabe
beider Handschriften in den Text aufnelimen sollte). "Oyuvjf j; /xs«
ovofxa (diefs steckt in dem allein übrig gebliebenen si'vai, dem zu
Gefallen K ü li n eine Aveit wortreichere Ergänzung vornahm)
T, X,
*) Woraus aber freilicli nun auch der zweite Satz folgt, nämlich, dafs
die Sänger, die in andern Stellen XVJ, 187. XIX, 104. Odyss. XIX,
188, nur eine Ilithyia kennen, von jenen verschieden sein müssen,
eine Folgerung, die beim jetzigen Stand der Homerischen Kritik
Niemand befremden wird. Man erinnert sich hier vielleicht von
selbst an die noch neuerlich von Ilgen in seinem Tempelar-
chiv so scharfsinnig beleuchteten Elohimurkunden in den Mosai-
schen Scliriften.
7#
Cliaritinnen und zwei Hören im Dieiislc der Hera gab *). Man
iiaiialo sie später überliaiijtl GeburtsgöUinnou , Genctyllidcs **)
011(1 dabei kann wolil gar auch die Yorptclliiiig slattgeiiuidea
haben, dafs diese llilbjion ans abvvelclu'iidiMi IMvilicn eii(s|)rai)gen
und ans versthiedeiien Gegenden zusaniaiciigeküinnicn wären.
öibon ia den äUcsica Liedein des Olea auf Delos waren
walirscbeinlich die Scbwierigkeilen sebr stark gcscbildert, niiler
welcben Latona anf I)elos cntbundeu uurde, und die erst durch
*) Darauf führen auch die Worte des Cornutus, de nat deor, c. 34.
p. 233.: -jrXsi'suj ö' ^ikti$i,i<xt iraf.aSi'Sovraj naS ov Xiycv y.on
irX&io-j; 'EfwT£f, Bekanntlich giebt es, die spätem Amorinos aus-
genommen, die nichts als Genien sind, (s. Visconti zu Pio-
Clement T, V. p. 23 ) nur einen Eros und Anteros, die nach dem
merkwürdigen Relief zu Klis beim Pausan. VI, 23. p. 219. einan-
der immer entgegengesetzt gedacht wurden. So gab es wohl auch
eine günstige und eine ungünstige Ilitliyia. Die günstige hieis
mit ihrem besondi rn Namen 'Ex(Xwcra/^i>>), die Lösende. Denn
so sagt Hesyclüus s. v. 'Eir/Xvcra/xsvvj, /j.ti^ r-ixv }*jiXii£tviOJv. Die-
selbe heifst Qucli 'Hx(;v>), die Sänftig ende, in einemEpigramm
des Krinagoros, Analect. T. II p. 143, XIII. Denn dafs sie in der Folge
zur Familie desAeskulap gekommeu ist (_s. Jacobs, Animadv. T.III,
389.), darf uns niclit irre inachen. So stellen auch 'Agrs^tf und
^IlTTiiv/j beim Pausanias II, 27. p. 280, beisammon. Vergl, Span-
lieim zu Calliin, in Dian, 236. p. 238, In der Folge veruiehrte
sich ilire Zahl \vie bei den Ciiaritinnen und Hören wahrscheinlich
auf drei. Dann gTvb es wold zwei gute Ilitliyien, Wenigstens
giebt eine Inschrift bei Muratori XXXVIil, 5. APTE.MIZIN
nPAlAlS XAPISTIIPION, al^o zwei gütige Dianen als Ent-
binderinnen. Vergl. D'Oryille, Observ. IVliscell. Novae T, I. P.
JII. p. 153. Wq die spätern Qriechen Ä^JTtixihs; in die Mehrzalil
setzten, nannten die Römer Junones, So erkläre ich die zu Brixen
\ind Cremona gefundenen Inschriften: IVNONIDVS beim Mura-
tori X>'Ii, 1 — 6, gämmtlich aus Weihungen für glücklich ent-
bundene AÜiüei-. ^'ergl. XCill, 4. iMATRONlS JVNONIBVS. Hier-
her gehörten auch vielleicht die drei Dir Nixii vor der Captüle der
Minerva im Capitolium. S. Festus, s. v. Nixi dii p. 279 Dac.
•*) Die Ilauptstellen sind bei.m Pausania$ I, 1, P. 6, und Ilesychius
S. V. V&ytrsjki; T. I. C. 815. So ehrwürdig diese Benennung
den Römern war — denn Horaz begrüfst im Carmen Säculare
selbst die Diana Lucim\ damit V. 16. (mit Bentley's Anmerk-
ung) — so vertiächtig war der Nebenbegrilf, den sie durch die
Ausschweifungen der attischen Frauen in Atiien erhielt. S. Geg-
ner zu Luciau T. Ilf. p. 131,
77
«lie Dazwischüiikiuift «1er hyperliorefseheii Illlliyla geholten wiirdienj
^ 011 iiiiii an lic'S(li;ifli;i,(eM sicli aiuli alle spiUeren Hvninonsänj^er
mit «liesoni Geycuslande , und die liron der Lalo iielist ilireiii Ge-
biirlskampl'e durften in den Lobliedern anf die Dejisclien Goltlieiteil
iiie fclilen. An Yeranlassnngen dazu konnte es bei den heiligen
\^'all^abr(en , wolihe fast alle griecliistbe Staaten zu gesetzten
Zeiten naeii Dolos scliiekten , nitlit felilen. Denn man liefs sieh
von den beiiiliinlesten Diiblern zn dieser feierlichen Si'iidnng be-
sondere Hymnen vi'rferligen , nnd diese wnrden von den Chören
der Jünglinge nnd Jniigfranen, die sieh bei diesen Wallfalirten
befanden , nnfcr Reilienfänzen nnd RInsik abgesungen *). Auch
läfst sieh mit vieler Walirscheinliehkeit vernuilben, dafs an dem
Hanplfestc, womit jälirlieb zn Delos die Geburt der Götter gefeiert
wurde, sehon in den frühesten Zeiten Wetlkämpfe der grieebiselieii
Aüdcu oder Improvisatoren ans verseliiedenen Gegenden stallfaii-
den *^). Bei einem solchen nujöicalischen Wettkampfe entstand
*') Noch sind einige Fragmente Pindar's vorliändeh aus seinen!
ir^oa-i-'^hiov anf Delos, das er den Ceern zu ilirer Theorie, so hiefs
bekanntlich die heilige Wallfahrt verfertigt liattei S. Fiagnit Pind.
p. 43. ed. Heyn., wo Schneider ähnliclie Beisi)iele des Eume-
lus von Corinth und Pronomns von Theben anführt. Jeder be-
tiihmte Dichter verfertigte aiicli solche Hymnen. Mart vergleiche
die gelelirt ausgefiilirten .Saimnhingen in Bart lie lern y's Voyage
du jeun. Anacii. T. VIII. p. 212. Der reiclie Hymnus des Calli-
machus auf Delos niufg gleiclisam als ein kilnstreiches Mosaik aus
hundert Bruchstücken solcher Prosödieen, Proöniien und Hymnen
angeselien werden. Diefs war der Geist der Alexandrinischen
Verskünstlei'.
**') Jährlicli im Frühlinge (wie Fr er et iit den Memoires de rAcad«
d. Insciipt T. XXVf. p. 211. aus dem Dionysius Periegeta ge-
zeigt hat^ brachten die umliegenden Cycladen ihre Cliöre. Alle
4 Jahre aber war eine feierliche Tetraeteris. S. Corsini, Fast*
Att. T. II. p, 326. Bei diesen waren nun seit den ältesten Zei-
ten Wettkämpfe der Dichter gewölmlich. Darauf bezieht sich ohne
Zweifel das so vielfach bestrittene und gedeutete Fragment des
Hesiodus, das Eustathius und die Scliolien des Pindar, Nem. IT.
p. 076. Heyn. anliilii;en: 'E» AijXix itots irpouTov s-yuj rnx] 0/-t>j-
foj aoihoi Mek^/cx/Aiv i\i vsaqol^ vfAVclq ooi'i\/cxvTBs aeih-i]\> vt. t. Xt
Die Verse tragen selbst in den wenigen Worten die Zeichen ihres
spätem Ursprungs an der Stirn, gründen sich aber doch auf eine
alte UeberlieferuHg, die, wie ich in meiner Abliandhmg über den
Ursprung d(a' Musen zeigen werde, noch immer eine merkwür-
dige Spur der zwei wetteifernden Sängerschulen, der asceäisclien,
78
wahrscliclnllcli die Iljmno niif den Dcliselien Apollo , die jetzt noch
unter den Hvmncn der Iloinerideii yewölinlich die erste Stelle ein-
niinnit "). Ancli in ihm spielt unsere liilliyia eine Avii'lili<;,e Rolle.
Nenn Tilge nnd nenn ]\äclite Avird Latona mit lioffnnnoslosen
Wehen gef|nält. Alle älteren Tilaninnen , Diana, Rhea, Theniis
nnd Amphitrite, sind nm sie versammelt nnd können nicht helfen.
Denn die eifersiiehtige Jnno hält Ililhyien im Olvmp ziirüek. Iris
-ftird von den Göttinnen zn ihr abgesandt, nm sie durch Ver-
sprechnngeu einer schönen Halsschnnr znr Hillleisfnng' zn bewe-
o-en. Listig rnft Iris sie ans dem Gemache der IMntter. Geschenke
Lengen auch der Ünsterldichen Sinn. Sie kömmt. Lato stemmt
sich mit beiden Knieen gegen die Erde und hält mit beiden Armen
einen Palnibanm umklammert **), Da entspringt Apollo dem
die sicli zn Thespiä tmd Delphi bildete, und deren Repräsentant
«nter dem Collectivnainen Hesiodus begritfen wird, und der ionischen,
der der Homeriden, enthält» In diesem Sinne hatte der beriicli-
tigte öj'dv des Hesiodus nnd Homerus (s. die Collectaneen in
Fabric., Bibl. Gr. T. II. p. 370. Harles) gewifs auch eimnal
in Delos stattgefunden.
*) Dem eigentlichen Homer wird blos auf das Zeugnifs des Thucydi-
des jetzt nach Rulinkenius, Ep. I. p. 7. und Wolf, Proleg.
p. CVI. diesen Hymnus wohl Niemand mehr geradezu zuschrei-
ben wollen.
**3 Schon Joh. Zach. Platner, de arte obstetiicia veterum in
Opusc. T. II. p. 59. macht die richtige Bemerkung da, wo er
von den Hebammengöttinnen spricht: A rero non alienura est ex
istarum dearum numero plures fuisse arte obstetricia clavas et
novo aliquo invento excellentes feminas, quae ex illorum
temporum consuetudine post obitum — in numerum dearum re-
ceptae fiierunt. Eine solche Erfindung liefse sich denn auch leicht
liier annehmen. Als Latona nicht gebären konnte, gab ihr eine
kluge Frau den Rath , sich mit Knieen und Armen aus aller Kraft
zu stemmen u, s. w. So hätten wir hier die ältesten Vorbereit-
nngen zum Hebammenstuhl, den schon die Alten sehr gut ge-
kannt haben. Man könnte diefs noch durch den besondern Bei-
namen der Ilithyia sv yivact beim Pausanias VIII, 48. p. 498. zu
beweisen suchen, der sich offenbar auf diese von der Ilithyia
zuerst gelehrte Stellung der Kreisenden beziehen nnifste, so wenig
Befriedigendes Pausanias dort darüber zu sagen weifs ; vergl.
Winckelmann, Storia dclle Arti. T. I. p. 81. Fea. Allein alle
dergleichen Muthmalsungen sind doch am Ende nur Spiele des
Witzes, Blüthen olme Fruchtknoten, Sie belustigen, ohne zu
belehren !
79
Schoofse der Miider. Es larhelt die Erde zn ihren Füfsen und
die Götliniicn erlielifii den lieiliitoii Jubel. (V. 91 — 118.)
Seilen hlieb es lioi eiiici- «'iiizigen Diclitnni»', wo einmal der
Ton dazu in einem allen I^iedc angestimmt war. Was Lalonea
auf Delos zuerst l)eii,e,»uet sein sollte , trugen die Säuger der älte-
sten Torhomeiisclien Heraclcen auf die Eulbinduiig der Alnnene
über. Noih sind in unserer Ilias anseliulirhe IJrucLslücke eines
uralten Gedirlits auf den Hercules eingewebt *) , und gliickliclier
AVeise bat sieb gerade ancb der Tbeil erhalten , worin der alt«
Sänger die Eifeisuilit der Juno elicu so viel Unheil bei der Enf-
hiu<lnng der Aleinene zn Theben slii'len läfst, als sie bei Aj)ollo's
Geburt auf Delos angerichtet hatte. Agamemnon en(scliuldiü,l sich
zu Anfang des neunzehnten Gesanges mit dem Beispiele des Zeus
der einst auch durch die List der Hera beihört worden sei. Er
hatte ,es ilir durch einen Schwur hethenert, der Erstgeborene seines
Geschlechts unter den Persiden solle herrschen.
Hera voll Ungestüms enfschwang sich den Höh'n des Olvmjios
" Und zur aciiaiischen Argos gelaugte sie, wo ihr bekannt war
Slhcnelos edles AVeib, des perseiadischen Königs.
Jene trug ein Knäbleiu, und jetzt war der siebente Monat.
Diefs nun zog sie an's Licht nnzeilig annocli , und hemmte
Dort der Alcmene Geburt, die Kileiibvicn entfernend
Ilias XIX, 114—119. nach Vofs. '
Die Gehnrtsschmerzen waren nämlich , wie ans dem Vorlier"clien-
deu deutlich wiid, bei der Alcmene schon eingeliolen. Hera
hemmte sie dadurch, dafs sie die Ankunft der helfenden Iliihvia
Terzögerle, Diese zwar schon nach der Sage von der Enlbindiino-
der Lato g"l)ilde(e, aber immer noch ganz einCacbe D.irslellun'>s-
■weise wurde nun in spälern Heracleen und Thebanischen Ueber-
lieferungen immer mehr erweitert und ansgescbniückt, Hallen wir
den allen Panvasis, den IN vmphis , oder auch nur den Pisander
*) Es verdiente wohl eine eigene Bearbeitung, die Fragmente dieser
in der Ilias zerstreuten Heraclea besonders zusammenzustellen.
Einige fast nur noch hiev vorkommende Erzählungen z. B. der
Sturm, den Juno erregte, und ihre Bestrafung vom Jupiter XJV
250. XV, 18. ff. oder der Streit bei Pylos, wo Pluto und die Juno
verwundet wurden V, 395. XI, 689., sind sogleich als Bruchstücke
der Art zn erkennen, wie sie auch Panyasis benutzt Iiatte. S.
Clemens Alex, in Tl^er^. p, 23 B. Sylb. Auch was mit Her-
cules Gebuit und Tod (s. XVIII, 119.) vorgegangen ist, wird
ans einer solchen Heraclea erwähnt. Bei einigen Stellen hatte
auch Heyne diese Fragmente schon angedeutet, S. Hermann'»
Mythologie, S. 147. in der Anmerk.
80
von Cftmiros noch *) ; so würde sich durch diefs Zieii2,0nVerLör
die allinälige Eiitwickoliina, dieser Ftihel von der Kicliel his zilm
•weilastenden Baum oeiuächlich veifoliieii lassen; Jelxl müssen wir
nur mit einer s}>äteii Nachlese, die wir ans Ovid's und Antoni»)4i9
Lih<'ralis Vcrwandhiii'^en darüher halten können , vorlieh nehmen.
ISicander halte im zwcileii Buch seiner Verwaadhiniien die
Verwandinnji,- der Galanlhis in ein ^^ iesel erzaJilt , wclrlie Anto-
niniis Liheralis (f. 29, p. 125. Li|)s, ) hach seiner gewühnlicheii
Manier in einen Ansziij!, hiaciile. Calinthias (oder Acalanthis) war
eine Freundin nnd Gesjuelin der Alcmone zu Tliehen. Als nun
AlcniPiiei: die Gehurt des Hercules dräiii^le, honinilen die Parccii
und Ililhvia **) die Gehäieudc in ihien \Vclie:i, um der Hern
p;efäili2,' zu sein. Sie s a f s e » nnd hielten ihre Hände
fest in einander geschlungen. GalinlhiaS licsorgte , Alc-
luenc mochte vor Schmerzen ihren A'^erstand verlieren, niid lief
heraus, um den Farcen nnd der Bilhyia zu melden, dafs nach
dem Balhschlusse des Zens der Alcmene ein Knahe gehören wäre.
Ihre Zanhereieu wären also gelös't. ***) Ilierühcr er-
*) S. Heyne zu ÄpoUodor. S, 326.
**^ McTfoi« y.»] 'Eikii^itoc sagt Liberalis. Man könnte daraus sclilie-
fsen, dafs abo eigentlicli die 3IeLrzahl EiÄsi'^L/aj, die selbst in
der Hüuievischen Erzählung hier vorkömmt , eigentlich nur die
Ilithj ia mit den Parcen bezeichne.
**♦) Die Worte im Griechischen sind ohne allen Sinn: <"' S's initvwv
Ttfia) y.ctrtxXiXvyrect. Weder B erkel noch V erhe y k haben et-
Vas dabei angemerkt. Ich muthmafste (pa^j/J-avsTai , wozu das ei-
gentlicli ton Lösung des Zaubers gebräuchliche y.arakvi7Sai gut
passen würde. So verbiildet Plato de Leg. XI^ T. IX; p. 162.
163. ed. Bip. die (jpaiouay.ila; und y.anxlicn; , und diese Zauber-
frauen hiefsen ausdrücklich bei den Tbebanern (f «f/aay.i'Ss,-, Pau-
saii. LX, 11. p. 3-i Nur ist nicht wohl al)znsehen, wie diefa
Wort von dem Absclneiber in ri/xei] hätte verdorben werden kön-
nen; Ich schlage daher vor, Xv/a«/ zu lesen. Hesychius und Sui-
das erklären es durch ßAÖ:ßat, (pSoj»«! und es wird bekanntlich
ganz besonders von körperzerstörenden Schmerzen gesagt , als beim
Kuripides in den Ileracliden 471. von der Witterung, £t/ Xt/^v
reC ffwuare; beim Lncian, Gymnas. c. 26. T. H. p. 908. nnd
selbst von den Bezauberungen eines Gauklers oder Magiis beim
Apollodor. p. 107. Ileyii. Das unbekanntere At'/^ai konnte leiclit
in T//wtrt/ übergehen. Vergh Hemsterhuys zri Lennep's Etym. S.
518. — So glaube idi auch, dafs einige Zeilen weiter, statt
rvji TtxkivSiähog ft(ps('>.5VTC ryj-J xcfsmv gelesen werden mufs
81
scbraken die Parcen und Jicfsen ihre Hände sinken. Sonicich
endeten die Wehen der Alinione niid Hercnles wurde geboren.
Man rnnfs damit die Erzähliniij,- Yer<i,leithen , die Ovid , höchst
>\ahrscheiiilieh aus dem Nicander selbst, doch mit Beiinlznn"- an-
derer Quellen , der Alcmene in den Mund legt. (Met. IX. 279. ff.)
Möge deine Geburt glücklicher sein als die meinige , sagte Alc-
mene der Jole,
Dir wenigstens gönne die Gottheit
Heil und kürzere Frist , wenn du znr Reife gelanget,
Rufst du der bangen Geburt vorstehende Eileilhjia,
Die mir hart sich bewies aus Gefälligkeit gegen die Juno. —
Sieben Nächte hindurch und gleichviel Tage *)
gemartert,
Ruft' ich, müde der Qual und den Arm' ausstreckend znm
Himmel,
Laut die Luciua mit Schrein, und die Zwilliu gsmächte
des Kreisens **),
p^ofsiay. Denn was soll das heifsen : sie naiimen der Galanthis
ihre Jangfranscliaft, wie es auch Schneider in seinem Wörter-
buche s, V. verstanden hat? Gewifs die Parcen nnd die GeLurts-
göttia miifsten hier die berühmte Lncinam sine conciibitu geübt
haben, von welcher uns neuere Scribenten so seltsame Dinge zu
erzählen wissen. Auch fordern die folgenden Worte : ort Sv^rv) räy
Ssag s5>)T«'T>jr£, offenbar ein Wort im Vorhergehenden, das Jubel,
Freude bezeichnet. Nimmt man nun in Ovid's ErzälJung die
Worte zu Hilfe: Numine decepto risisse Galanthida fama est,
so wird man das von mir vorgescldagene x^?^'*'-' noch passender
finden, welclies, wie Musgrave zu Euripides, Herc. Für, 1025.
durch viele Beispiele bewiesen hat, selir oft Jubel, Gesang mit
Tanz bedeutet.
*) Latona bringt £vv^//a^ krJ svvsx vvKrag in Wehen zu nach der
HoHierisclien Hymne V, 91 , Alcmene nur sieben. Aber dort wurde
auch Apollo, hier mir Hercules geboren. Man beobachte diese
absichtliche Abstufung, so wie auch in beiden Fällen die ungleiche
Zahl nicht ohne Bedeutung ist.
**) Lucinam NLvosque pares. Vofs giebt diesen diis Nixis , die N.
Heinse zu dieser Stelle trefflich erläutert hat, eine neue witzige
Deutung, indem er pares, wofür Burmann lares zu lesen vorschlug,
durch Zwillingsgescliwister übersetzt. Auch liat pares diese Be-
deutung unbezweifelt in andern Stellen. Indefs konnte sich diefs
Beiwort auch auf einen andern Glauben beziehen, der, wie ich
höre, nocli unter unsern Hebammen gefunden wird, näjnlich dafs
nur Wehen in gleiclier Zald wirksam wären , und dann wäre doch
Böltiget's kleine Schriften I. Q
82
Zwnr kam Jone «lom Paif. Docli zuvor inirsloitol bosclilofs sie,
Darzubieten mein Haii]»t der Unheil sinnenden Jnno.
Als ineiii winselmies iStölinon sie liüife, setzte sie dort sieh
Auf den Aliar an der Pi'orte, das linke Knie von des
r e e li t e ii
Bii»e gedrückt, nnd mit fest in einander gefalteten Fingern
Hielt sie zniüek die Geburt ; ancli leise Besebwörungen sprach
Und die Besehwörnngen hemmten die kaum begonnene Arbeit.
Galanthis , die in 0\id's Erzülilnngen nur die SlrlJe eines treuen
Kammermädeliens Terlrill, merkt, indem sie fleilsig ab- nnd zu-
gebt nnd die fremde Figur draiifsen in der verdiiehtigen Stellung
eieht, Uurath.
— — Da oft sie hinaus- und hineingeht,
Schauet sie ;iiif dem Allar an der Tliür da sitzen die Göttin,
Hallend die Hand auf den Knieen mit lest gehaltenen Fingern.
Wer du auch seist, Giiiek wünsche der Herrscherin , sprach sie.
Befreit ist
Argo's Tochter, Ahmen', und geniefst des erfleheten Söhnleins.
Plötzlich sprang sie empor nnd entband, die gefügeten Hände
Losend , die Göttin der Webn ; da lös'le mich selbst die Eut-
binduug.
Vofs, Verwaudlungen nach Ovid, Th. U. S. 145. ff.
In beiden Stellen iiiidet sich ein noch mehr als einfacher
Zauber erwähnt, durch welchen lliihyia (mit ihren Gfliiliinnen nach
dem Nicander) die Enthindung der Alcmene gefesstit hielt. Sie
hatte die Kuiee über einander geschlagen und die Hände in ein-
ander gefaltet. Den ersten Zauber erwähnt nur Ovid — dextro
a poplite laevum pressa geun — ; des zweiten gedenkt auch An-
toniuus Liberalis. Vielleicht machten auch beide zusammen erst
das vollkommene Zauberband , den K«Ta5j!r/vttv , w ie es die Griechen
nannten, ans, und Antoninus Liheralis setzte die nbergeschlageneu
Kniee als bekannt voraus. Vielleicht kannte man mehrere Ver-
stärkungen des Zaubers, so wie man die Sache höher treiben
wollte oder nicht. Als Plinins sein grofses Werk zusammenschrieb,
war der ganze Hexenplunder völlig in's System gebracht. „Neben
Schwängern," so heilst es dort, „oder wenn sonst Jemand operirt
wird, zu sitzen und die Finger wechselseitig in einander zu fü-
wohl nixuspares, die alte Lesart, vorzuziehen. Ich wage als
Laie nidit, hierüber zu entscheiden, und überlasse diese mäeu-
tische Slieitfrage dem D. Oslander in Göttingen für sein Maga-
zin der Entbiiidungskunst.
83
gen, ist ein Zauber, Man saj^t, diofs sei zuerst bei der Nieder-
kunft der AU'inene mit dem Hi-icules an den Taj^- 2,ckoninien. Noch
srliiinimer ist's, vv<'nn man dii^ (so gcfallcleii) Hände nm ein oder
beide Kniee sciiliefst. Ferner wenn man das eine ßein über das
andere sehläot, so dafs Knie auf Knie lieii;f. Darnm b/iben unsere
Vorfahren «liese Attid'ide in allen Versaninilnngen in Krieg' und
Frieden nnlcrsagt, weil sie alle Gescliäflft liindore. Aach verboten
sie, dafs Jemand liei 0|»feni oder Geliibden sich so zeige. '•' *)
Ein Theil di(!ser Stelinng, die liber einander geschlagenen Beine im
Sitzen , wnrde also iiberlianpt fi'ir nngesittet nnd nnauständig über-
all, wo man öllentlich erschien, angesehen. Dariiber weiter nnten
noch ein Wort. Jetzt diiifen wir nnsere Ilithjia schon nicht auf
halbem Wege stehen lassen
Man sielil , dals Piinins selbst den Stammbanm dieser Hexen-
sille selir hoch hinanffnlirt und ihren Ursprung in der Gebart des
Hercnles Jindet. Eine alte Thebaniscbe Volkssage mufs also der
so zaubernden liithjia nofhwendig znm Grnnde liegen, der viel-
leicht wieder <'ine alle Abbildung, ein aller Gebranch zum Belege
diente. Was sonst iiur Mnlbmafisuug wäre, wird zur Gewifsheit
durch die Aussage des Pansanias, wo er das vorgebliche Haus
des Ampbiinio zu Theben beschreibt, ., Hier sind auch auf Stein
in halliei lialtener (sx) tJxou) Arbeit Weiber zu sehen, deren Ab-
bildung durch die Länge der Zeit sehr undeutlich geworden ist.
Die Thebaner nennen sie Hexen ((pap/txam'öa?) , die von der
Hera, wie mau sagt, geschickt wurden, um die Wehen der
Alcmene zu hemmen. **) Und diese hintertrieben also ihre Ent-
bindung, Aber der Hisloris, der Tochter des Tiresias, fiel eine
List gegen die Hexen bei, dafs sie in Jubel ausrief: Alcmene
habe geboren. So gingen jene getäuscht davon und Alcmene
wurde entbunden." (IX. IL p. 34.) Nun wird Alles begreiflich.
Ein altes halbveiwischtes Bildwerk kam den fabelnden Thebaner»
zu Hilfe, worauf Ilithjia und die Farcen als Hexen ausgehauen
*) Ich schreibe die Worte selbst her, da niclit jeder Leser seinen
Plinhis nachzuschlagen Lust oder Zeit haben möchte. Adsidere
gravidis, vel cum remedium alicui adliibeatur, digitis pectinatim
inter se implexis veneüchim est, idque compertum tradunt Alcmena
Herculem pariente, Piiiis, si circa unum ambove genua. Item
poplites alternis genibus iin])oni. Ideo lioc in conciliis ducum
potestatujnve fieri vetnere majores, vehit omnem actum impedi-
entia, Vetuere et sacris votisve simili modo Interesse. H. N.
XXVIII, 6. s. 17.
**) Vielleicht wählte Pansanias nicht ohne ürsaclie das Wort By-irohic^
bei dieser Erzählung.
6 *
84
elclion roIIUmi. Was «Icn Tliniciorn Oi|»Iions, den Atliciioin Bacls,
de» Ai\i^'iv<Mii Mi'laiiipiis war, liids «Icii Tlu-banerii Tin'sias. Es
sind (iosaiiiinll)t'ii(Miiiiinii,('n f>anzi'r rropliclcnsclinlcn und VVahrsa-
geiraiiulirii. Kliiü,e r'raiien und Proplicliiuicii hicfscn den Thoba-
HCrn Töchler desTiresias, IMaiilo, Daplim.' (Diodor. IV. GG. p.Sll.)
Histoiis u. s. w., laiiler hi'dcnloiide iSaiiwii ans i\Qr Sailie stdlist.
Eine solche kluno Wis serin halt' anth der AUniciie i'.ns der
Noih, indem sie diirrli iliren vorfileiiden Jiihel den Zauber liis'le *).
Ein anderer alter Vülksj-lanhe, der das Wiesel ein durih das
Maul «icliärendcs böses Lngeziefer nannte, wurde damit zusam-
mcngesdunolzen **), die Freundin Alcmenens wurde in ein Wie-
*) Die grieclilschcn Worte sind <rc(f(<r,a« tirE/c/v — cXoXuJai. Das
letztere Wort geliört ganz eigentlicli in die Litanei der alten Grie-
clien hei FreatlcnlV'sten , wo die Männer 'ä>.<tXä , die Weiher oXoXu
rieten, so wie in den Bacchischen Festen tXaXsy. Datier wird
cXoXu^SiV dnrcliaus von dem heiligen JnlK'lrnf der Weither schon heim
Homer, It. 6. 302. gehranclit, wozu Strunze eine eigene Di.sserta-
tion de uliilatn in sacris Minervae gesclirieben hat. So viet ist aus
Wesseling zuDiodor. T. If. p.90. und Ilemster huys zuLucian
T. I. p. 6. allgemein beliannt, dafs es nur von Weihern und hei
guten Sciiriftsteltern nur von frohem Jubel gebraucht wurde.
Es wird jedocli ganz eigentlich von den Weihern gesagt, die den
Kreisenden beistehen und nun, so wie das Kind die Erde be-
rührt liatte, ein lautes Jnbelgeschrei erhoben. Die Stellen in der
Homerischen ITvmne in A|)oll. Del. 119., beim Callimachus in
Del. 258. und Tlieocrit. XVIf, 64. lassen darüber tceinen Zweifei
übrig. Vielleicht entstand die ganze Sitte dieses Rufs, wozu wir
in den Keligionsgebräuchen melirei-er halbwilden Nationen in Asien
und Nor<iamerika noch die Parallele linden, zuerst an der Seite
der Gehärerinnen und ging dann erst auf andere religiöse Ver-
anlassungen über. Wahrscheinlich wurden die drei Sylben wie ein
Canon gesungen. Aber aucl» so mag es an die lärmenden Opfer-
liturgieen der Wilden erinnern. Die spätem Griechen verglichen
die Stiunne die Frosches, womit er sein Weibchen loclit, mit
diesem cXoXv. S. Aelian, H. An. IX, 13.
**) Aelian, H. An. XII, 5. p. 663 ed. Gron. sagt: die Tliebaner ehrten
das Wiesel als Amme des Hercules. Diefs sei aber so zu ver-
stellen , dafs ein solclies Thier durch sein Vorüberlaufen die Ent-
bindung der Alcmene befördert habe, nxSyj/xtvyjg i-r whlut AXk-
/w»)vij; .— Tijvös •KCKpuhoa/xslv , k«< Totif twv uiöivwv kvffat ie-
c/xffiig, Hai v(yoiXS(7'j rov 'Hf axXt« Kai ti^irtiv ^5>}. Warum könnte
sich nicht auch die Sage auf ein wirkliches Ereignifs gründen.
Eine Scliwergcbärende erschrickt durch das unvermutiiete Vorüber-
85
Sficliei) — Galanlliis oder Galiiilhias sind mir die Tliebaiilschcii
Vorkleineniniisformeii von dein Woile, welihes im Griecliisclieu ein
AYiesel bczeitiiiiot — nach nnd n;uli v( iwaiidclt und ihr Andenken
auf ewii^e Zeiten seihst in die Li(iii.ü,ie des Hercules verweht.
Blicken wir nun noch ciiinial auf die («oninienahhilduiiü;, deren
Uoirifs nach Maffei dieser Einladuni;ssrliril't vor^,esetzt worden
ist. *) — Hexen, saj^t Pansanias, heniuifen durch ihren Zauber
tlie Enihindung der Alcuiene. Ilillijia, erzählt uns Ovid , safs
mit i^ofalletcn Händen nnd iil)crj;osclilai;('nen Knieen im Vorhofe
lind kuii|if(e dadurch den ma;2,ischeii Nestel, wodurch die schon
eiiigetrelcnen Wehen sieben Tage zurückgehalten wurden. Seit
der Entbindung der Alcmene, versichert uns Plinius, war jene
Stellung als ein schädlicher Zauber verrufen. Niemand durfte bei
üftentlicben Verhandlungen mit übergeschlagenen Kniecu sitzen. **)
laufen eines Thiers , und diefs befördert die entscheidenden Wehen.
Diefs setzt der fabelnde Wunderglaube mit einer andern Sage,
die llitliyia habe auf Befelil der Hera einen Zauber geknin)ft, in
Verbindung, und so bildet sich endlich die Metamorphose der
wissenden Tochter des Tiresias, der Historis, sage femrae, in
ein Wiesel, über deren Fortpflanzung und Gebären man die son-
derbarsten Fabeln ])atte (Plinius XXlV, 4., vergl. Perizon zu
Aelian, V. H. XIV, 4. Camus, Notes sur fbistoire des animaux
d'Aristot. p. 120.) und die überhaupt in\ Hexenkatechismus des
Alterthums (Aelian, Hist. An. IX, 55. XV, 11. Plinius XXIX, 4.
6. 16. und in mehr als 20 andern .Stellen) eine so grofse Rolle
spielte, dafs ihr bloses Vorüberlaufen alle Geschäfte hemmen
konnte. S. Aristoph., 'ExjtXijff. 787. Eine Hauptstelle ist beim
Artemidor 111,28. p. 175 f., woraus man sieht, iji welcher üblen
Achtung das geschäftige Thier im Alterthum stand. Wahrschein-
lich kam es von jener alten Sage , dafs das Wiesel durcli sein liin-
nnd Herlaufen den Ausschlag bei der Geburt des Hercules gegeben
habe , dafs es überhaupt, wie aus dem Artemidor erhellet , für ein
cvi^ßoXov &'jchiov gehalten wurde. — Man gedachte seiner, wie
Antoninus Liberalis bemerkt, vor jedem Opfer des Hercules bei
den Thebanern , und so entstand die Ueberlieferung , die Thebaner
verehrten das Wiesel, wie schon Aeban, Hist. An. XTI, 5. sich
ausdrückt, und die Kirchenväter, z. B, Clemens von Alexaadrien
im ITfOT^. p. 25. C, anzumerken nicht vergessen haben. Vergl.
Vofs, de Idololat. 111, 75. p. 1136.
*) Hier Tafel 1.
**) Die Stelle des Plinius ist schon oben angeführt worden. Die
Stellen aus dem Plutarch giebt Winckehnann in seinen
86
In der Tliiil ist es aiicli Miifseisf aiiffalN-nd, dafs wii' auf alleii
Dj'nkniäK'in diese Slell(iii;i- mit vüllijs; üljcr i eiiiaiitlcr j^eselilage-
neii Kiiiecn, wo die Kniekehle des einen Fnfses anf dem
Knioe des andern liegt , nur selten antrelFen *) , nnd es
Anmerkungen zur Geschiclite der Kunst S. 61. oder in
der rörnioclieu Ausgabe von Fea. T, I. p. 333,
*) Es versteilt sich, dafs man Vorstelhingcn , wo diese -Haltung der
Fiifse durch die Handlung selbst notliwendig gemacht wiid, z. B,
in den Reliefs , wo Eurjclea dem Ulysses die Fiifse wäscht , in
Winckeiinann's Monument, iuedit. f. 101., vergl. die Gemme in
Tischbein's Homer in Bildern Taf. 22. und in den Grnjipos,
wo Satyrn mit Nympiien ringen, wie im Mnseo Pio-CIement. T,
I, p. 50, gar niclit hit-ilier reclinen kann. Wo aber sonst diese
Attitinle auf Heliffs und geschnittenen Steinen vorkommt, da ist
immer tiefes iSaciidenken oder hoher Schmerz ausgedriickt, und
dann wird es von selbst begreiflich, warum der Ki'mstler gerade
diese Stellung wäidte, welche ein gewisses Vergessen aller Dinge
aulser uns und eine Niclitachtiing des Ueblichcn voraussetzt.
Diefs, glaube ich, läfst sich auf alle die antiken Vorstellungen
anwenden, die Fea zum Winckelmann, Storia delle Arti T. I.
p, 333. not. B. selir lieifsig gesammelt hat. Man darf z. B, nur
den Jupiter in den Admirandis t. IG. oder den Homer im Museo
Capitolin. T. IV. t. 27 mit übergeschlagenen Knieen ansehen,
um sogleich die besondern ^lotive zu entdecken, die der Künstler
gerade Jiier ausdrücken wollte Eben diefs ist der Fall in der
sitzenden Clio in den Piiture d'Ercolano T. H, t. 2,, welche Fea
nicht angeführt hat, oder in der berühmten weiblichen Figur auf
einem Amethyst in der vormaligen königlichen Sammlung zu Paris,
die schon Montfaucon, Antiqu, Expl. Suppl. T. III. pl. 13,
n. 1. und nach ihm Mariette undAndeie gegeben haben. Sie ist
in Nachdenken über das Orakel versuidven, welches ihr so eben
der kleine Gott auf der Säule oben vorgesprochen Jiat. Sonst
bindet man diese Stellung fast gar nicht. So sucht man sie z, B.
anf melir als 300 Vasengemälden, wo mehr als eben so viele sitzende
Figiuen vorkommen , vergeblich. Dafür halfen sich die alten
Künstler mit einer Stellung, die uns fast ganz fremd ist, näm-
lich dem Aufsetzen des einen Fufses auf einen Stein oder auf
einen andern Auftiitt, wodurch der Körper einen sehr ausdrucks-
vollen Gegensatz von Anstrengung und Abspannung erhält. Eine
andere Ursache, warum man der übergeschlagenen Kniee sehr
wohl enlübrigt sein konnte, waren die Fufsschemel, die fast den
ineisten sitzenden Siatuen von einiger Wurde untergesciioben wer-
den. U-gtuigeus nmfs mau durchaus übergeschlagene Kniee, von
87
ist daher kaiiiii zu bezweifeln , dafs die Küiisller mit Rocht
Bedeuken (riiü,eii, einer Figur im hieilieiideii Hilde die Altilnde zu
geben, die selbst seiiiiell vdrüberüeliend im Leben den Wolilslaiid
zu beleidigen seliitMi, Eine noch giiifsere Sellenlieil dürfte die
Hallung der Hände auf den Rnii-cn lüil engverseliriinlvlen Fingern
sein, wovon mir wenigslens bis jtMzt noch jiirgfuds weiter <'in
Beispiel auf alten Bildwerken vorgekommen ist *}. Beide
welchen hier nur die Rede sein kann , und übergeschlagene Füfse,
wo nur die Füfse iinterlialb der AVaden über einander gelegt werden,
von einander unterscheiden. Letztere sind als Zeichen der Ruhe,
wie sclion Lessing in seiner Abhandlung: wie die Alten den
Tod gebildet haben, selu' häufig. W'inckelmann hat am an-
geführten Orte sie ganz verwecliselt, und dagegen erklärt sich nun
anch Lessing in den CollectaJie en urtter dem Worte Ilithyia.
[Im n. t. Merkur 1802, St. 4. S. 301. giebt B. zu, dafs das
Händefalten auch zur Bezeichnung der entgegengesetzten Ge-
müthsstimmung, des Entzückens so wie der Trauer, angewendet
wird. S. Winckelmaun zu den Monuinenti inediti p. 202. Als
Zeiclien des Entzückens kommt es in diesen Monumenten bei der
Electia vor No. 151. , als Zeichen ruhiger Betiachtung auf dem
Votivschilde , welclies Mi Hin (Magazin encyclop. Annee VI. No.
15.) so befriedigend erklärt hat. — S 299. erklärt er die Stelle des
Petronius 17. p. 57. Burm. manibus inter se constrictis, wenn
anders diefs die walire Lesart sei , von einer ganz andern Sitte , die
Gelenke knacken zu lassen, Zusatz de^ Herausgebers.]
*) Denn als Ausdruck des tiefsten Schmerzes finden wir die Stellung,
wo Personen die über einander gescldagenen Kniee mit gefaltefen
Händen umscliränkeu , allerdings bei alten Schriftstellern. K«Ss-
ffSsi? ili '/cvu , sagt Plut. in C. Graccho c. IG. T. V. p. 247. Apu-
lejus malt sie sehr trelfend zu Anfang des 3ten Buchs seiner
Verwandlungen p, 13. ed. Pric. : Gomplicitis pedibus, ac palnuilis
inter alternas digitorum vicissitudines super genua connexis , sie
grahatum cossim insidens, ubertim flebaiu. Der belesene Price
erinnert-dort in den Anmerk. S. 133. an eine Stelle in dt.'S Basi-
lius Homilien , wo der heilige Vater die über Mifswachs trauernden
Landleute schildert: Ta7s ä^jov^ai^ bttihk^-^uv^oc , x«) tck; X"?"?
■naroc Tcüv yovärwj 0'u/a7rXs:;avrs? * tovto h'i raiv ttev^ouvtwv
cy/iiJ-A. Man mufs aber hierbei wohl bemerken, dafs diese nie-
derkauernde Stellung (diefs drückt eben Apulejus durch sein
cossim aus) zugleich mit einem Beugen des Kopfes bis auf die
Kniee verbunden war. So sitzen die Grazien im leeren Kasten
des Simonides heim Theocrit. XVI, 11. n^l^x?»''? «" J'ovärEcrtft
v.oiqv) ixi[xvo-jTt ß<xXovff(M , und in dieser Attitüde ersclieiut das
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Halinngeii vcreini'rt gie1>t die sitzende weibliche Figur auf unserer
Gt'iiimo. Es ist Ilitliyiii, die Hexe, schrieb Lessing in seinen
Colk'clanePM , und der Loser ni;ig entscheiden , ob ich die Belege
dazn richtig gcliinden und den Beweis daraus überzeugcad ge-
führt habe.
Aber ist diefs auch die alte Ililhjia, die wir hier erblicken"?
Sie hat docli in der Tliat nichts weniger als ein hexenarliges
Anselin , und wenn sie bezauberte, so tliat sie es vielleicht nur
mit jener Magie, die, in den Gürtel dei' holden Göttin von Paphos
gebannt, alle schonen Frauen und Mädchen zu natürlichen Zau-
berinnen macht. Wie hätte man sie auch y-owst für eine Agripjjina
nehmen können'? Lessing würde diefs Alles gern zugeben und
danun doch eine llithjia , zur Gestalt einer romiseheu
Matrone veredelt, darin finden können. Wer mit der allraäligeu
Verschönerung vieler ihrem Ursprünge nach sehr rohen und un-
förmlichen Göttergeslalten in der alten Welt nur etwas bekannt
ist und besonders die römische Kniisiperiode unter Adrian und
seinen nächsten Nadifolgern stndirt hat, wo allen steifen und
freindarligen Formen die damals herrschende V^ eichheit der Alex-
andrinischen Manier eingellöfst wurde, den wird es nicht be-
frentden , auch aus den alten steifen Hecate- und Ililhjienbildern,
wie sie Pansanias noch erblickte *} , eine römische Matrone her-
vorgehen zu sehen. Die steifen ägyptischen Isisbilder und die
mumienarligen E])hesisclien Göttinnen haben unter den Händen der
sjiätern giiecliischen Künstler bei den Ptömeru gleiches Schicksal
gehabt **). Jrre ich nicht, so findet sich die alte llithjiengestalt
lioclibetrlibte Mädclien im Apulejiis IV, p. 80., quae inter gemia
sua (leposito capite sine modo llebat. Auf dem Gemälde des
Ccbcs ]). 8'i. ed. ScliweigU. ersclieint die personiiicirte Traurigkeit
v) r'^v KstpaXvjv sTTi To7g yövtxffi sj^olkt« , AuVi]. Vergl. Horaz II.
Serjn. 8. 58. Ovid. II. Fast. 756.
*) Die Ilitliyia zu Aegion besclireiljt Pansanias VII, 23. p. 322. so,
dafs mau sogleich die Nachldlrhuig einer alten, engeingewickelten
lüphesisclien Göttin daran erblickt. Sie ist vom Kopf bis auf die
Fiifse mit einem zarten Gewände bedeckt, wovon nur das Gesiclit
niid die änl'sersten Arme und FüTse hervorgelien. Der Pentelische
Marmor, ans welclieju das Gesiclit und die Extremitäten gemacht
waren, heweis't Iiinlänglicli , dafs sie nach einem altern Bilde
verf^cliöiiert worden war. Das Bild zn Ilermione, welclies nur die
IMicsterin ^elien durfte, Pausan, II, 35, p. 316, hatte vielleicht
nocii deutlicliere Spuren seines Ursprungs.
**) Man veigleiche einige der ältesten Isisliguren bei Cajlus, z. B.
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nocb in der Abbildung, die Petaiit von der Götlia Postverla
anf dem Relief eines allen Gediicbtnifssteines gegebeu bat, und
welfbe ich daher dem Umrisse unserer Gemme zngesellt habe.
Die Ueherschrift ist ein Ex - Voto - Täfelchen , das ein gewisser
Antiiins dem Mercur, dem Gott, der Seelen in's Leben ruft und
aus dem Leben heimleilet, nnd der Poslverta zum Andenken seiner
glücklich eiiibundenen Frau gesetzt bat *). Die Poslverta ist nach
der Han[)(stt'lle des Yairo beim Gellius (XM, 16.) eine der zwei
Carmenten und die Gölliu der schweren Geburten, wo das Kind
eine veikdirte Lage hat, und die Fiifse zuerst eiulreteu **),
Recueil T. II. pl. 2, 1. mit den bis zur Weichlichkeit verfeinerten
Isisbildern aus dem Zeitalter Adrian's , wovon die schönste sich in
der Villa Albani ans Bigio gearbeitet befand, nnd von Fea zu
Winckelmann, Storia delle Arti T. I. tab. X. abgebildet worden ist.
Vergl. Mus. Capitol. T. III. t. 81. Eben so ging es mit dem
Hieroglyplienbilde der Epliesisclien Diana. Welch ein Abstand z\vi-
schen den altern mit Brüsten und Thierköpfen besäeten Bildern
bei Menetrier, oder auch nur der spätem Dresdener, und
den bis zur Zierlichkeit ausgearbeiteten Floientinischen bei Gori,
Mus. Florent. T. I. tab. 20. oder dem räthselliaften , aber noch
immer selbst im zarten Gewände den Schnitt der Ephesischen
Dianenbilder behaltenden Bilde, das Visconti fiir einen Apollo za
halten geneigt ist, im Museo Pio-Clement. T. III. tab, 39?
*) Gruter in Inscript. p. L. 9. fülii-t die Inschrift aus einem Steine
mit dem Relief an, der sich damals zu Rheims befand, aber in
Langres gefunden worden war. Da ist aber die blose Inschrift
ohne die Abbildung. Diese hatte schon der Pariser Parlaments-
rath Panl Petant in seiner Sammlung: antiquariae snpellectilis
portiuncula (nachgestochen im S allen gre's Tliesanr, Antiqu,
T. II.) c. 1013. Thes. Sallengr. gegeben und daraus Casp. Bar-
tholin in seinem Commentar zu seines Vaters antiquitatibus
puerperii (Amstelod. 1676.) p, 17. wieder nachstechen lassen.
**
') Die Dunkelheiten der ältesten italienischen Mythen, worüber
Heyne, Excurs, VII. ad Aeneid. VII. p. 144. ff. mehrere feine
Bemerkungen gemaclit hat, -erstrecken sich auch auf diese Göttin
Postverta. Vergleicht man die Stellen des Ovid, Fast. I, 633. (mit
N. Heinse's Anmerkung) mit Gellius XVI, 16. und Macrob. I,
7. p. 237., so geht soviel daraus hei-vor, dafs schon die älteste
Colonie, die vorgeblich unter dem Evander aus Arcadien einwan-
derte, den Glauben an zwei prophetische Göttinnen, die Ver-
gangenheit und Zukunft sängen, Camesae, Camesenae, Car-
mentes genannt C^ergl. 11 c y ii o zu Virgil T. 111. p. 140.), woraus
90
Diese erscheint auf jenem Relief als eine Büste, «lie aus einem
Cyliiidcr liervorgehf. Nun ist aber diese cyliiidrisclic Form <«,orade
die ältesle Bildunji,- der Epliesisclicii Gültin , die daher mehrere
Archäologen, wie z, B. Caylus, lieher j^ar von Aegvplcn ah-
slammen liefsen *). So dachte sich also der Römer seine alte
Ilithvia , die schon mit der Mutier Evander's au die Ufer der Tiber
gekommen sein sollte. Aber auch die späfesfe, bis zu einer Ma-
trone verschönerte AhbiichiniJ," auf den Gemmen hat wenigstens noch
das lange knappanlicgcnde Gewand zum Abzeichen behalten.
Man kann freilich noch mehr fragen und es sehr sonderbar
finden, dafs gerade der hemmenden Gehurlsgöllin mit ihren bindenden
Zauberknoten die Ehre widerfuhr, in einen Stein geschnitten zu
werden. AVer mag aber den Aberglauben, der von jeher in den
Kopfeil bedrängter Gebärerinuen und geschwälziger Hebammen so
uiancheu Hexentaud und Zauheruufug ausbrütete **), iu alle seine
die Camonae entstanden sind, welclie die spätem Dichter gerade
weg für die 3Iiisen setzten, in jene Gegenden biachte, und dafs
die eine Piosa oder Porrima oder Antevorta, die zweite Post-
vorta geheifsen habe. Diese wurden mm aber als Parcen oder
Feen vorzüglich bei der Geburt der Kinder beschäftigt gedacht,
gie beförderten oder binderten die Geburt (^Varro Ijeim Gellius:
hujns periculi, ubi pueri conveisi in pedes in utero retineri so-
lent, deprecandi gratia aiae statutae sunt Roniae duabns Car-
nientibus, quaruni altera Postverta nominata est, Prosa altera a
recti perversique partns et potestate et nomine j und sangen, wie
die Mören , das Schicksal. Nichts war natUrÜciier, als dafs nun
eben diese Gottinnen auch mit den Ilitliyien verwechselt und ihnen
ahnlich gebildet wurden.
*3 Aber unter einer ganz falschen Voraussetzung. S. Meyer in
der Götting. Bibliothek der Literat, und Kunst.
St. X. p. 26. If.
**) Man denke nur, wie uns Socrates in seinen berüliinten Anspiel-
ungen auf die Hebamnienkunst seiner Mutter die griecliisclien
Hebammen schildert in Theaeteto T. II. p. C3, ed. Bipont.
hihoZ>7at (pcnQixay.ioe y.ix] sTtJ-äa?. Wie fruchtbar ist das Register
der Gebuits-, Sänge- und Wiegengöttinnen, die uns Arnobius
und Augnstin aufgezeichnet haben, und die Bajle in seinem
Dictionnahe s. v. Junon. not. G. A. uns so gewis.«enliaft wieder
zuzählet! Vieles findet man sclion bei ^leursius und Bartbo-
lin, de puerperis gesammelt, wozu sicli noch naiuiiafte Beiträge
liefern liefsen. Ich erinnere hier nur an den uralten Aberglauben .
von dein GricksliUlcben, welches manclie Kinder mit auf «lie
91
Srliliipfwiiikel und Irrgäiige verfolgen! WohlthiUljj^e Feen nnd
verderbliche Sclireckgestaltfii timschwebcn — die Sage aller Völker
luid Zeilalter sliiniiit darin üherein — die schieksalsschwaii2:pre
Gebiirtsstuiide des Menschen, und von jeher suchte man sich daü,e_2;en
durch Anmiete und zauherstiHende Mittel zu schützen. Vielleicht
war also auch unsere Gemme zu einem ähnlichen Aninlet bestimmt!
Hactenus histoiiae I miiciite ich wohl mit dem Aslrolöü,en des
Properz in jener antiquarischen Eleii;ie a^isrnfen , die nus aucli von
der hellenden Lucina ein so tröstliches Wort zn sagen weifs (IV,
1. ). Nur einer Frage wünschte ich noch zu begegnen, die ge-
wii's mancliem meiner Leser bei der Betrachtung unserer Zauber-
llgnr auf der Lippe schwebte. Wenn diefs Zusammenfalten der
Finger im ganzen Aiterthum so verrufen und als magischer Kno-
ten von der schlimmsten Vorbedeutung war, wie kommt es, dafs
eben diese Haltung der Hände und Finger durch's Christenlhuni
geheiligt wurde nnd zwei so gefaltete Hände allgemein das Zeichen
der Andacht und des inbrünsligen Gebets geworden sind? W^er
mag besser darauf antworten als der grofse Cerinionienmeister
des Christtauismus , der heilige Vater zu Rom selbst I Denn so
schreibt der Papst Nicolaus L an die zum Christenlhum bekehrten
Bnlgaren im Jahre 860. , nachdem er versichert hat , dafs diefs
Händefalten kein Befehl der Kirche, aber doch eine feine änfser-
liche Zuüht sei : „ Im Evangelium werden die Bösen an Händen
und Fiifsen gebunden. Was tliuu nun die, welche ihre Hände
vor dem Herrn binden, Anderes, dafs sie Gott damit gleich-
sam zurufen: Heir, befiehl nicht, dafs mir die Hände gebunden
werden , nnd dafs mau mich in die äufserste Finsternifs werfe.
Denn siehe, ich habe mir die Hände selbst gebunden und bin
bereit, mich stäupen zu lassen *)." Die ganze Stelle ist in mehr
Welt bringen, dessen schon Plinius gedenkt und welches noch in
dem französischen Sprichwort : etre ne coiöe fortdauert. Von eigenen
Schreckgestalten und Gespenstern, welche die Gebärenden sehen,
weifs uns Psellns, de operat. daemonum p. 118. edit. Kilon.
Manches zu erzählen, wo das (päc/xot 5>jXu//of(f)ov r^ Xsy^o7 vag-
ivsx^o(Ty)(rAv noch immer an die alte Ilithyia erinnert. In einer
Sammlung von populär superstitions , die Francis Grose sei-
nem 1790. zu London herausgekommenen Provincial Glossary bei-
gefügt hat, finde ich S. 44. aucli Folgendes angemerkt: It is
customary for women to olFer to sit crofs-legged to. procure luck
at Cards for their friends. Sitting crofs-legged with tJie fingera
fnterlaced was always esteemed a magical posture.
*) Ich verdanke diese Stelle dem Aringhi, Roma subterranea VI,
2G. CT. II. p. 578. ed. Rom. 1651. ^, in dessen biUleireicliem
92
als ciaer Rücksicht merkwürdig. Denn ersdich schon wir daraus,
dafs j^egen das Ende des ncnnlen Jahrhnnderls die Sitte des Hän-
dcfaltens noch so wenig allgemein war, dafs selbst der Papst
darüber sein Gutachten ausstollen niufste *). Wir erfahren aber
auch zugleich den wahren Sinn dieser Sitte. Es Avar ein armes
Sünderbekenntnifs voll Demnlh und orientiilischer Uutcrtbänigkeiti
Werke, so wie in Bosins, ich vergeblich nach einer Figur eines
Beters nüt gefalteten Händen gesucht habe.
*) Die Christen behielten die alte Art zu beten ^palinas snpinas,
5^£(fuJv uTT/cIff/xaT«, Aescliyl., Prom. V. 1034. mit Stanley's
Anm. ^ anfangs bei, veränderten aber, als die Staurodulie einrifs,
diese Haltung in so fern, dafs sie nun die Arme ziigleicli weit
ausspreizten, um so die Gestalt des Kreuzes darzustellen. So
liefs sich Constantin auf Münzen und anderm Bildwerk vorstellen
TW x**^?^ sKTiTtt/xivcf. Eusebius in Tit. Const. IV, 15. mit V a-
lois Anmerk. S, 242. Paris. Diese Stellung ist im Mittelalter
und bis tief herab in's zwölfte Jalirh\indert die allgemeinste. Yergl.
Bonaroti, sopra alc. frammenti anticbi di vitro p. 121. und
die zahlreichen Stellen, die Bingham, Orig. Eccles. T. V. p.
267. Rech'enberg, de X^'?"?<^"? orantium (_ Lips. 1678.), Cal-
vör, Rituale sacrum T. II. p 582. ed. Jenens. und vor Allen Hil-
debrand in seinem Rituali orantium c. 9. gesammelt haben. Nun
legte man aucli die Arme kreuzweis über einander. Dann hob man
blos die über einander gelegten lialbliolilen Hände. Endlich kam
es zu unserm jetzt üblichen Händefalten, welclies offenbar mit
der Sitte der Orientalen , die Hände mittels der langen , in ein-
ander passenden Rockärmel zum Zeichen der Unterthänigkeit zu
fesseln, oder mit den Strait Coats in den Tollhäusern, einerlei
Absicht und Bedeutung hat.
III.
, 'Xyiiiot , nrqLaßicroi [xomcxgwv
fJiSTa vtv vixtot[xi.
Die heilbringenden Götter.
Eine Neujalirsgabe.
IVfartialis VI, 70.
Si nostri bene computentur anni,
Et quantum tetricae tiilere Febres,
Aiit languor gravis, ant mali dolores
A Vita meliere sepaientnr;
Infantes sumiis et senes videmur.
Freund, berechnen wir unser Alter richtig:,
Wird, was .Mattigkeit, Schmerz nnd Fieber wegnimmt,
Von dem gliickliclieu Leben abgezogen.
Dann sind wir, wenn wir Greise scheinen, Kinder.
iTiit Recht Ijeriihrle in einem der zlerlichsleii pantomimisrhen
Tänze, welche im verllossenen Winter zum \Vie(ler»renesiinosfeste
eines a:eliel)(en Oheims die ki)nia,liche Familie in Berlin aaiTührte,
die allbelebeude und allverschönendc Minerva mit ihrem symboli-
schen Sclimelteilingssfahe vor Allem zuerst die göttliche Gruppe
des Aescnlapius und seiner Tochter Hyj>iea. Der grämliche Gott,
der über Alles kriUelt und knnstrichtet, und der selbst bei der
holdeslen aller Unsterblichen , der Göttin vonPaphos, wenigstens am
niedlichen PaiilölTelchen , noch etwas auszusetzen fand, mit einem
Wort Gott IMomus mit der grünen Brille auf der Nase, mag im-
merhin gleich au dieser Gruppe seine auliquarische Zweifel- und
Tadelsucht geübt und es wohl gar für einen lächerlichen üebel-
stand , ja selbst für einen irländischen Bullen erklärt haben , dafs
die Gotlheilen , welche sich gerade bei der Wiederherstellung- eines
geliebten Kranken aln thätigslen und lebendigsten bewiesen
hallen, hier an seinem Geuesungsfeste, nachdem ihnen sogar schon
auf einem eigenen Altare die Opferflamme gezündet worden war,
erst noch beseelt uud bethäligt werden mufsten. „ Die Gruppe des
Aeseulap uud der Hygiea ,'^ sagt Hirt, der gelehrte Erlinder
94
dieser panfomlmischen Ziisammonstellnng *), ,,war dnich das Fest
selbst molivirt und oIkmi so das Daiikojifer , welches vor dieselben
gobraclit ward.'' Er hätte hiiiziisefzen können: und mit v.elcheii
glückliehein Vorbedenlnniien hätte das Fest l)eginneii können als
unter dem Vortritt dieser hcilbrinirenden Gottheiten, Acscnlap's, des
Helfers, nnd IIv» iea , der Milden ?
So "laiibte wenigstens der Sclireiber dieses Blattes, der mehr
als eine Veranlassnn«;- hat , den Jahreskreis mit einem Wort nnd
Bild der befsten Yorbedenhuii^ nnd Glii('ksHiinsehll^^■ anznireten,
kein vielsagenderes und kräftigeres Svmliol zur fröhlichen Bewill- ,
kommnnng seiner ihm theuren Frcniide wählen zn können als jene ]
ehrwürdigen, mit (ansend Zungen und Hymnen **) ge])riesenen '
Gottheiten , in Avelchen die Griechen und Römer die Vorsteher und
*) S. Dädalus und seine Statuen, ein pantomimischer Tanz, lierans-
gegeben von Hirt (^Berlin , Sander 1802, in gT. 4. mit 12 co-
lorirten Kupfertafeln) S. 17. Gewifs verdiente das hier aufge-
stellte Muster, die "Wunder der Pantomime ans dem Scliattcn-
reiche der alten griecliischen Heroenfabeln wieder liervorznrufen,
bäuligere Nacliahmung, wobei die von Hirt dort ertheilten Winke
Vlber Kostümes und Anordnung solclier Ballette sehr unterrichtend
sein könnten. Da es bei solchen Carnavalslustbarkciten rdcht so-
woiil auf eine regelinäfsig durchzulührende Handlung, wie in
Amor imd Psyche, Theseus und Ariadne, ankommt (^denn diese
Gattung geliÖrt aufs Theater) , sondern nur von Processionen
die Rede sein kann, die sich am Knde in einige Tänze ver-
scldingen, so erinnere ich noch zum üeberflufs, dafs die Argo-
nauten in Lemnos, Jason mit der frommen Hypsipyle voran, ein
sehr passendes Sujet für eine edle, so vvie die zwölf Arbeiten des
Hercules für eine burleske Processiou darbieten können.
**} In der Liturgie der Griechen gab es auch alte und neue Gesang-
bücher, wie bei uns. „Aesculap," sagt einmal Lucian (Lob-
rede auf den Demosthenes c. 27.) „läfst sicli's gefallen,
wenn ihm in Ermangelung eines neumodischen Liedes ein altes
kräftiges Lied vom Trözenier A 1 i s o d e m , oder vom S o p li o c 1 e s
gesungen wird. " Wahrsclieinlich wissen es selbst in Cassel Man-
che, die sich zum neuen Jalire Glück wünschen, nicht, dafs in
dem dortigen ]Museinn Fridcricianum eine Marmortafel mit einem
gi'iechischen Loblied auf den Aesculap und seine Familie auflje-
wahrt wird, welclie zwei hessische Regimenter als gute Beute mit
aus Athen brachten, Landgraf Carl hatte diese Regimenter 1687
an die Venetianer zum Krieg in Morea abgelassen. Denn die
Venetianer kauften damals mit Zechinen, was 100 Jalire später
die Briten mit Guineen!
95
Anssponder der holdesfcii allor Hininielsgaben , der Gesundheit,
aijl)PK'leu iiiid voihciilicIiltMi. Unseio Leser erblicken anf dem Ti-
lelkupfcr *) eine durch Fonii niid Material sehr nierkwiirdige Vor-
stelhii)"- des niiti»eii Gottes, das heifst (selbst der wahreu
Ableilniig des Wortes nach) des Aesculapiiis **) , niid seiner
froninien, die Menschen beglückenden Tochter, der Gesnndheit
oder, was nach dem Griechischen einerlei ist, der HYgiea.
Und diese IVeiindliche Grnppe, was kann sie nns Anderes zuwinken
und znrnfen wollen als das, was auch schon der humane Grieche
nnd Römer zum vollgiltigen Abscliiedsgrufs zu sagen pflo»te:
Bleibe gesund ***y. Denn was ist ohne Gesundheit im Him-
uiel und anf Erden geniefsbar und wünschenswerlh'? Nichts wäre
daher tliörichter als das Aowiinschen eines langen Lebens, wenn
nicht diefs zugleich auch, wenigstens in der natürlichen Ordnung
tler Dinge, lange Gesundheit voraussetzte. Nicht Lehen, sonderu
Gesundsein heifst leben , sagt schon der alle Epigranimendichtc)' f),
«nd Montaigne bemerkt mit Reclit , dafs man bei einem Menschen,
dem man eine Grabschiift zu setzen Willens sei, nie fragen solle:
*) Hier Tafel II.
**) Die Griechen hatten selbst schon die Wurzeln ilirer meisten GÖt-
ternameu verloren. So kann man sich kainn etwas Kindischeres
denken als die Ableitnngen des Wortes Asklepios, wie im
Griechischen Aescnlap ausgesprochen wird, im grofsen EtjTnolo-
gicum, oder bei Tzetzes zum Lycopluon 1054. Das Wort lieifst
eigentlich der Schmerzenlindernde, ^/tjo? , (] s. Gesner in einer
Vorlesung zn jener Casseler Inschrift in Comment. Societ. Got-
ting. T. II, p. 289.) Esmnn. Denn aus Aegyi^ten brachten phÖ-
nizisclie Kanffalirer mit der Heilandssclilange auch den Esmun
(den ägyptischen Aesculap , s. Jablonsky, Panth. Aegypt. T.
III. }). 193. 'J nach Epidaurus. Dafs das Wort ein Zwitter und in
den letzten drei Sylben griechisch sei, bewies einst schon Demo-
sthenes durch eine richtigere Betonung in der Aussprache, wurde
aber wegen dieser Pedanterei vom souveränen Athenischen Pöbel
wacker ausgelacht. S. Plutarch in vitis X. Rhetor. T. IV. P. I.
p. 390, Wyttenb.
***) Vale, vylaivs. Man war äufserst pünktlich, diefsen Grufs nicht
bei der ersten Begiüfsung, sondern beim Abschied auszusprechen,
und Lucian mufste wegen einer solchen Verwechselung sich durch
eine eigene Sclmtzschrift vertheidigen. S. in der deutschen lieber-
Setzung Th. V. S. 231. mit Wieland's Anmerkung.
t) Non est vivere, sed v alere, vita. Martial VI, 70.
96
wie nlt ward or"? sondern nnr: wie lange war er gesnnd? Ein
alter Sophist, der bcriilimle Prodicus, nannte das Fener die befste
Universalwürze. Darüber inai^ er sieb denn in niisern Italiener-
kellera von einem unserer Sebiuecker eiu belehrendes Cüllcji,iuni 4
lesen lassen. Gewifs mit j^röfserm Rechte kann mau die Gesund- i
hcit eine solche Universal würze nennen, ohne welche das Süfseste
bittere Galle, das Wohlschmeckendste widria; und ekelhaft Avird,
Denn selbst deu Genüssen, sag;! Plutarch in einer der sachreichsten
Diätetiken des Alterthunis , gewährt die Gesundlieit, wie die Mee-
resstille den Eisvöoelu, eine sichere und schöne Geburtsstunde
und Wochenstnbe. *)
Doch ich sehe schon, dafs meinen Freunden mit diesen alt-
Täterischen und halbverrosteten Waid- und Denksprücheu wohl
eben so wenig gedient ist, als der hüpfenden Tänzerin beim
Larventanz oder auf der Maskerade mit dem warnenden Zeige-
finger, den der verminnmte Arzt mit der Knotenperücke, au ihr
vorüberstreicbeiid , sich au die lange , rothe Polichinellnase legt.
Aber schon bei deu lieben Alten Ihat Jeder am neuen Jahre zum
guten Anfange etwas von seinem Licblingsgeschäfte. Das meinige
waren von jeher die Alterlhümer. Warum sollte ich also nicht heute
davon auch eiu Wörtcheu fallen lassen? Es sei also gewagt!
Wem CS nicht zusagt, der kann sich ja den ganzen verhafsten
Plunder mit denselben zwei Fingerspitzen, mit welchen er sich
eine Prise Taback nimmt, oder sich ein Fädchen vom Rockärniel
ablies't, sogleich vom Halse schaffen. AYie leicht ist diefs Büch-
lein wieder zusammengeschlagen! Ist doch überhaupt bei der jetzigen
Ueberfracht von Lesereien auch für Sehende nichts bequemer, als
so mit den Fingerspitzen zu lesen!
Form und Stolf des hier nachgebildeten Originals sind sehr
merkwürdig. Man fand bei den Nachgrabungen von Portici ein bron-
zenes Täfelcheu in derselben Gröfse, wie es hier abgebildet ist, iu
welchem die, zwei Figureu gerade iu der Gröfse, wie sie hier vor-
*) Siebenzelinhnndert Jahre vor Tissot schrieb sclion Plutarch über
die Gesundheit der Gelehrten, denn so sollte eigentlich
die Sciirift, aus welcher obige Stelle ausgezogen ist (T. I. P. IL
p. 497. Wytt, ) betitelt sein. Die sachreiche Schrift läfst tiefe
Blicke in die Lebensordnung der Alten tluin (unter Anderm in
Absicht auf Declaniation , worüber uns Hofmedicus ßallhorn in
Hannover neuerlich viel LeluTcicIies zu sagen wufste : über Decla-
mation in medicinischer und diätetischer Hinsiclit, Hannover 1802. )
und verdiente vor vielen andern eine witzige Uebersetzung , wobei
die Parallele mit iinserm Zeitalter nicht vergessen würde. Nur
dürfte sich kein Klopffechter der Erregungstlieorie daran vergreifen !
97
c:es(ellt werden , eingegraben traren. Das Merkwürdigste dabei i«U
die Kunst, womit die Köpfe, Arme nnd Füfse, kii.z aUos Nackende
der Figuren, so wie anch die Lorbeerzweige, die sie in der Hand
halten, nnd die Lanbgewinde, Avelcbe das ganze Biblehen einfas-
sen, in Sillter eingelegt sind. Nichts war gewöhnlicher im Alter-
Ihnra als dieses Damasceuireii in Metallen oder die IMarqncterie
in Holz nnd Marmor *). Die Art, wie man sie zur Bezeiclwiuni?
der Figuren auf unserer Kupfertafel anwendete , ist zugleich im
Kleinen eine Nachahmung eiues bei alten Bildwerken sehr oft vor-
kommenden Schmuckes. Man gab Statuen aus Metall oder einem
dunkeln Holze Kopf, Hände nnd Fiifse aus blendendem Elfenbein
oder parischcm Marmor. Was also in jenen gröfsern Bildsäulen
aus Elfenbein oder Marmor verfertigt wurde, ist auf dieser kleinen
Tafel durch eingelegte Silberblättchen ausgedrückt.
Was hat es aber mit dem Gölte selbst, der seinen Namen
sogar jetzt noch jedem facultätsmäfsig" gestempelten Quacksalber
nnd Stümper in der heiligen Heilkunde zum Schanddeckel seiner
Pfuschereien borgen mufs , im griechischen Allcrlhnme für eine
Bewandtuifs gehabt? nnd was bedeutet eigentlich die doppelte
Schlange auf unserem Bilde, die um den Stab herumgewundene
in der Hand des Aesculap und die zweite, mit dem sclilaueu Köpf-
chen hervorragende, in den Händen der Hjgiea? Hier nur einige
"Winke über den Ursprung und die Verbindung dieses für uns so
*) Die Griechen und ihre Erben in der Sache sowohl, als in den
Benennungen, die Römer, nennen alle diese eingelegten Arbeiten
in Metall, Stein und Holz emblemata, an dessen Statt der Mi~
mensclireiber Sjrus auch einmal das Wort inserta brauclite. Selbst
eingesetzte Stickereien hiefsen emblemata. S. Saumaise zu
Script. Hist. Aug. T. II. p. 695. Die ganze Planier gehört zu
den 3Iosaikarbeiten und wird daher auch mit diesen zugleich ge-
nannt, z. B. beim Varro, de R. R. II I, 2. 4. Was das Einsetzen
und Einlöthen des einen Metalls in das andere zur Zierde anlangt,
wolün die hier abgebildete Platte geliört, so findet man sehr fiei-
fsige CoUectaneen darüber in dem letzten Theile der Herculani-
schen Alterthümer oder der Lucerne e Candelabri. Die Kunst
scheint besonders auf Ausschmückung der Waffen, vorzüglich der
Schilde, angewandt worden zu sein. Man hat dergleichen Arbeiten
oft für Zeichen eines gesunkenen Geschmacks gehalten und
Werke mit solcher Arbeit tief herabgesetzt (so z. B. Tychsen
bei Gelegenheit eines nüt Gold eingelegten Schildes in der .Samm-
lung des Herzogs von Medina Celi, Bibliothek der alt. Literatur
nnd Kunst I, 97). Allein die Sache ist sehr alt. Pausanias führt
schon viele Bildwei-ke der Art an,
Bölligci'« kleine Schriften I. 7
98
befreindciKlon Sclilan^onsymbols mit doii Gosnndlieils- niid Hell-
o-öUern »los dassisclioii Altertlmins. Die AiiHluliriinu, an eiiieni
»iiderii Orte. Die ^aiize Yorslelliniii,- von diescc lK'illjriii<;enden
Schlange f»Teift, beim Lielilc betraclifet, so vielfach in die liildun»-
der JiUesIcii Reli^ionsho;j:,rilfe ein , dal's sie iinstreilig- zu den frnrht-
barslen Gi'iindid(!Cii der Thierverj^iitlornno- oder des IVüheslen F e-
t i s c h i s m n s <>ezähll weiden nuils*). \\ er hat nicht anl" i>,anz alten
Gemälden oder Kn[)fersliehen «len Evangelisten Johannes mit dem
ihm i;ewi)hulich zniielheillen AUrihute des Ahendniahlkekhes •»e-
sehen? Die ersten Christen im dritten nnd in den l'olüenden Jahr-
hunderten gaben diesem Kelche noch eine hesondere liezeichnnng'.
Eine Schlange hebt sich ans ihm gerade so empor, wie wir es
hier an der Schale der Hygi(?a erhiicken **). Fragt man: wie
kommt diese hierher? so ist der hihellesle Ansleger, der die
so"enannte typische Theologie noch nicht zu voreilig in die (heo-
logiscbe PInnderkammer verwiesen hat***), sogleich mit der Antwort
fertig. Es ist, versicInMt er uns, eine Anspielung auf jene eherne
Schlange, durch deren Anhlick das Volk Gottes einst in der Wüste
"■eheilt wurde, und deren Gegenhild der Gekreuzigte auf Golgatha
war. Wir fragen weiter : wie soll jnan sich aber jene heiihringende
eherne Schlange in der Wusle seihst eiklären? Hier verstummt
die gemeine Deufungsknust , der ja bei der Schlange sogleich vom
Teufel trilumen mufs. Denn die rahhinischeu Mährchen dariiher
will sich doch iNieuiand gern für haare Wahrheiten verkaufen las-
sen f). Doch wird eine uiihciangene, vorurlheilsfieie Forschung
auch hier leicht Ralh zu schallen wissen. Durch diese finden wir
*) Schon des Brosses ging in seiner scharfsinnigen und hier im-
mer nocli zum Grund zn legenden Schrift: über den Dienst
der Fetischengötter S. 55. d. Uebers. von der Beinoilvung
ans, dafs dpr älteste Tliierdienst fast überall der Schlangendienst
gewesen sei.
**) Man findet unter Anderin diese Vorstellung auf Glas gemalt. S,
Buonarotti, Osservatione sopra alcuni frammenti di vasi antichi
di vetro C^Iorenz 1716. Fol.) P- 13.
**) Da der Orient von jeher Symbole und Hieroglyphen zur HülU
seiner Lehrbegrilfe machte, und sich daraus die ganze allegori.sche
Auslcgnngsweise der spätem Juden entwickelte; so bleibt die so-
genannte Typilv stets ein treffliciies Hilfsmittel zur walnen Kin-
siclit in die elirwürdigen Sagen der Vorwelt und zur Aufklärung
der heiligen Urkunden. Nur mufs man freilich erst mit der jüdi-
schen und clnistlidien Mythologie auf's Reine sein!
f) Der Liebliabor solcher Mäluchen findet sie im Uebermafse in einer
99
es höchst wahrscheinlich, dafs jene eherne Schlaiij^e, die, sicli iiin
einen ßalken hcrumwiiideiid , doii Isiaelifen zinn Heil anf'^csfollt
wurde, und die Schhii)i!,e tun den Aescul;ij>itiss(ab völlio;^ einerlei,
heides die herülinite iiiiyptisclie Knc|»liscli!anii,e sei , deren Verehrung
in den frühesten Local-Felischismns nnd Dienst einiger ägyptischer
Districte oder Nome eingreift. Moses mufsle die von dem iigvpli-
schen Tliierdienst nnr langsam zn eiilwiüiiionden und zu einem
geistigern Sahüismns zu erziehenden Israeliton durch diefs alte
gewählte Schlangeiihiid beruhigen *) , und so kam es denn
nach nnd nach gar unter die Vorbilder des jiidiseheu Messias nnd
veranlafste in den ersten christlichen Jahrlinndfilen so^-ar eine
eigene gnostische Secte der Ophiten oder Seh la ngenbriid e r **).
Die Schlange über dem Kelche dos Johannes aber ist ganz «ewifs
die Schlange der römischen Göttin Salus oder der griechischen
Hygiea nnd, wie hundert andere hoidnisclio Symbole und aber-
gläubische Gebräuche, bald durch BJinfait des gemeinen JMannes
bald durcii schlau nachgebende Priesterpolilik christianisirt***). Mit
eigenen Schrift des jungem Buxtorf, Historia serpentis aenei
c. V. p. 580, Opp.
*) Sclion der fieimiithige Brite John Marsh am hatte in seinem
Canone CJuonico p. 149. (einem Werke der gelehrtesten Unbefan-
genlieit, das seinem Zeitalter weit vorauseilte,) den wahren Punct
getroffen, wurde aber dari'iher von den rüstigen Orthodoxen seiner
und der folgenden Zeit scluecklich angefeindet. Der streitbare
Deyling in Leipzig schrieb eine eigene Observation gegen diese
Ketzei'ei. Wie ist die Binde gefallen!
**) Ans den Zaubersteinen oder Abraxas der Basilidianer nnd anderer
Gnostiker lafst sich eine eigene Geschiclite dieses christlichen
Sclüangendienstes sclu'eiben. Sie ist zum Tlieil schon sehr gelehrt
in Mosheim's Geschichte der Schlangenbr iid er der
ersten Kirche in seinem Versuclie einer nnparteiisclien Kir-
cliengeschiclite Th. I. S. 109. ff. ausgeführt.
***) Wie viele Zusätze liefsen sich niclit zu Mid dieton's Vergleich-
ung der alten und neuen Ceremonien und zu seinem noch leben-
diger geschriebenen Brief aus Rom machen. Damals hatte der
Ritter Hamilton noch niclit Isernia besucht, und Knight noch
nicht sein berüclitigtes Bucli ou the Worsliip of Priapue geschrie-
ben. Gewöhnlicli macliten sich sonst die Protestanten bei solchen
Parallelen nur über die Papisten lustig. Allein wie viel ist selbst
in der Lutherischen Litingie noch pur heidnisch. So läfst sich's
z. B. durch eine historische Deduction darthun , dafs unsere Pri-
vatbeicbte und die Altarknat/en beim Aljeudmahle iu gerader
7*
100
eiiiPin Rololien Blick in die alte Welt werden wir mich die Aescu-
laitiiis!^clilaiig:c mit .'dlcti iliron ü,TlpcliiPclicii und römischen Aus-
schniiickiingcn an ihre Avahre Stelle zu setzen Avisseu und uns
durch keine Klügeleien älterer und neoerer Schlangcndeuter *)
iire machen lassen.
Die Sfaiit Eiiidaurus an der östlichen Küste des Peloponnes,
so A\le die p;anze untere Küste dieser Halbinsel wurde scium in
sehr frühen Zeilen, die ühcr die historischen Uel(erliefernnü,en der
Griechen hinausgehen, von phiinizischen Kanffahrern hesncht, die
sich auch dort ansiedelten und, wie nherall, auch hier die
rohen Landeseingehorenen durch allerlei Gaukeleien an sich
fesselten, Sie verpflanzten also zuerst die uralten ägyptischen
Sclilangenheschwörerkünste hierher, so wie anch die in Aegypten
einheimische gutartige Backenschlangc (Colnher Aescnlapii, Liun.),
womit von jeher in jenem fruchtl»aren Mntterlaiule des Ahergiauhens
die Gauklerknnste der frommen Einfalt spotteten , und die uns der
beredte D e u o n noch in seinem neuesten Prachtwerke beschrieben
und abgebildet hat **) Dieser Knuph- oder Knephsclilange, so
heifst sie auf Kopiisch, hauchte der listig speculiieude Phiinizier
eine heilende Wunderkraft, oder einen guten, schmerzlindernden
Geist ( Agalhodänion ) ein, und die Eingeborenen nannten ihn den
sanften Esmnii, Asklepios, Aesculap. Die Gattung dieser Schlange
vermehrte sieli in dem ihr angewiesenen heiligen Bezirk und wurde,
dem ausdrücklichen Zeugnisse des Aelian in seinem zoologischen
Allerlei zu Folge, anch eigentlich nur in Epidaurns gefunden"**).
Linie aus den nralten phönizischen Mysterien auf der Insel Samo-
thrake abstainmeii!
"*) Am vollständigsten liefert diese Meinungen Kurt Sprengel,
GescJiichte der Medizin 1, 190 — 192. Nene Ausg. Am wei-
testen verirrte sich Caylus, der in seinem Recueil T. II. p. 277.
in der Aesoulapiasscblange das Bild des gewundenen Destillir-
kolbens findet !
"•"^ Voyage dans la hasse et la haute EgJiite p. 88. 89. und die Figur
dieser Backenscldange planclie 104. Fig. 1. Der Hals des TJderes
bläs't sicli, \^ie Denen als Augenzeuge berichtet, um eine Hand
breit auX. Diefs also giebt dem Kopfe das Ansehen eines gedun-
senen Backens. Uebrigens mufs man sich in der Erzählung der
dort angeführten Gaukelei niclit an den Namen Psylli stofsen.
So etwas giebt ein antiquarisclies Ansehn nnd ist in der vorneh-
men Manier des Franzose n! Üeber die Schlangenart seihst vergl,
Schneider, Ampliibiornm pliysiologiao spücimen I. p, 79.
*^*) Alles, was hier von d«r phönizischen Abstammung des Epidauri-
101
JJald formie ßlch anf gut AogyptiscU eine eigene Joiiglenr- oiler
l'ries(erklasse um diese medizinische Wahrsagerschlange lienim,
die Asklepiadeii , die, während der zischende, mit Ilonigkuchcu
gefiKferle öchlangengolt bei den in den Tempelhallen schiafendeu
Kranken die Rnnde machfe und durch Glauben Wunder that,
nach und nach wirklich durch Beobaehlnng gn(e Empiriker wur-
den und die in ihren Weihlafeln anlgeschriehenen Ftoceple ge-
hcinniifsvoll nur anf ihre Familie nnd die, welche ihr dnrch einen
leierlichen Eid einverleibt worden waren, fortpflanzten, *), Aber
die Schlange war und blieb das sichtbare Zeichen der güttlicheu
Heilkraft, und wo die Multerloge in Epidaurns eine Tochterloge
stiftete, z. B. in Rom auf der Tiberiusel, da schickfeu sie statt
jfder andern Coustitntiousacte einen hoirnnngsvollen Sprüfsling aus
der Familie ihrer Backenschlangen hin. Der verschonende , ideali-
sirendc Bildnngstrieb des Griechen formte nach und nach seine
Thiergötter in reinmenschliche Gestalten. Ans dem indischen Stier-
kopf des Bacchns bildete er die lieblichste Jünglingsfiille. Aus der
phönizischen Herme oder Wegsäule mit dem Phallns wurde der
nuintereMercur oder auch wohl der bocksfüfsige Pan , der wenig-
stens die halbe Thierheit noch an sich trägt. Oft wurde auch
nur dem Svmbol eine höhere menschliche Gestalt hinzngefiigt.
Der von vielen kriegliebenden Völkern als Avahrer Fetisch ange-
beteten Lanze stellte man einen Gewappneten zur Seite: der thra-
zische Mars erscheint. Um die göttliche Heilschlange recht zu
ihrem Yorlheile zu zeigeu und sie durch Berührung nicht zu reizen,
hielt man ihr einen astigen Stab vor, um welchen sie sich mit
sicherer Haltung emporschlingen konnte. Denn es ist bekannt, dafs
es für die kirren Schlangen keine gröfsere Freude giebt, als wenn
man ihnen einen Stab oder ein Stämmchen Aorhält , an w elcheiu
sie sich hinaufwickeln kijuuen **), Bei festlichen Gelegenheiten
sehen Gottes und der Sei Jangengaukelei gesagt wird, läfst sich
aus der Hauptstelle beim Pausanias VII, 23. erweisen. Die wei-
tern Belege liabe ich in einer Abhandlung: niedizinisehe
Seil 1 angengaukelei betitelt, in Sprengel's Beiti', II, 163. ff»
gegeben. Herrjnann hat in seiner sachreichen Mythologie der
Griechen II, 179 tF. Gebrauch von jenen Bemerkungen gemacht.
Schade nur, dafs das Buch ohne alle Citate geschrieben und mit
der Kalenderfabel gleichsam behaftet ist.
*) Der Asklepiadenorden hatte (wie vielleicht ursprünglich ancli die
Freimaurerei) nur zwei Grade. Der IMeistereid ist das berühmte,
noch vorhandene Jusjurandum Ilippocratis mit unecliten Zusätzen.
Bleib om hat in seinem gelehrten Commentar davon niclits geahnet,
*) Dafs sich lüeraus ebie gewisse sehr famose Verwandlung- der Stäbe
102^
lilclt also der Hieroplunit oder oberste der Asklepiadcii unstreitig
den Si'lilangengott, an ciiioii solelieii Slal) ü,c\vmiden, dem versam-
inellen Volke zur gläiihij^en Ansfliauuog und Aiil)etiin<r vor*). Nun
war auch für den Bildner die Form einer menscliliclien Darslelluni^
gel'inidHn, IMan steüle zum Scl:laii»enstab den Oberpriester mit
dem elir\vürdij>,en Bart **) und dem anstäiidiü,- drapirten Mantel und
nannte nun diesen Priester selbst den Aesculap. Der walire Aes-
culap, die Seblanne, sank nach und nach, wo man den wahren
Urs|)nmg- dieser Bildnerei anfser Acht liels, zum blosen Neben-
•werlvo oder Altribulc herab. Doch war es selbst in den Sternen
j^eselirieben , dafs die Fi<j;ur nur um der Stlilan<»e Avillen da sei.
Denn dort lieiCst das Steinbild «Ics Acsculap noch immer nur der
Schlani;enhalter (Ojihiuchos).
Aber, wie kam nun dieser phönizische S(liiangenn;o(t zu der
Ehre, von den Grieehen zum Sohn des Ai)olIo iiemacht zu wer-
den? Nicht blos der tempelriinbcrisclic Diciivsiiis von Syriens
lachte über den bärlir;en Solin des glatt wangigen Apollo! — Die
Sache läfst sich am leij-iitesteu durch folgende Verbindung der Um-
stände erklären. Lange vor des Oberpriestcrs OJen Einwanderung'
vonDelos, dem griechischen Geburtslaude des lydischen Zwillings-
in Sclilangen ganz natürlich erklären lasse ,~ bedarf wohl nicht
erst eines besondern Fingerzeigs.
*) Bekanntlich wnrden zu Epidaurus feierliche Pythische Spiele dem
Aesculap zn Einen {^efciert, die dann nach Cos, l'frgamus, Ancjra
und dahin, wo sonst nocli greise Aescnlapinstonipel angebaut wor-
den waren, mit dem Dienste des Gottes wanderten. S. Spren-
gel's Geschichte der Medizin I, 180. tf. Nun kommt bei
der Erwähnung des Aescr.lapinsfestes anf <ler iKsel Cos ausdrück-
lich ein Aufnehmen des Stabs (^aväX-^-^tg qäßhov') als
der Hf.nptact Ties jälirliclien Festes in dem Bnche des Psendo-
Hii>pocrates an die Abderiten T, 11, p. 904. ed. V. der Lind, vor»
Hier hätten wir also das Aufheben der Hostie in der Messe in
einer ganz alten Gestalt; nur dafs hier der iuwolinende Gott eine
Schlange am Stabe ist. Man vergleiche Ez. Spanheim's ersten Brief
ad Morellium in Liebe, Gotha nnmaria p. 485.
"'*) b'inen zwei Schuh langen Bart des Aesculap zu Tithorea fiihrt
Pausanias an X, 32. p 270., wenn die Lesart richtig jst. ]\Tan
hat in diesem Barte sogar ott einen Familienzng des Jupiter lin-
den wollen. Aber der Tyi'ann Dionysius wufste am befstcn , wozu
er gut sei. Indefs giebt es doch auch nnbärtige Aesculapbilder.
S. Visconti zum Pio-CIement. T, III. p. 8. Diefs sind aber
nur Portrait/igurcn junger Aerzte.
103
paars, Apollo iiiid Diana, war in der Korvkiselicu Grotte am Par-
iiafs eine weit nml breit von den iimwolineadeu Pelasgern Tcr-
ehrle und befragte Oralu*lscblaiia,e , eiu Pytliou , den man be-
fragte *). Nicht obiie bhitige Fehde setzten sich die DeiiscUeja
Jongleurs und Orakelpiiester in Besitz des Delphischen Orakels.
Dicls heifst in der damaligen Bildeisprache : Apollo bekämpfte und
erschufs den Python. Zum Andenken wurden die Pylhischen Spiele
eingesetzt; also ein wahres KircJiweihfi'Sl der Heiligthünjer von
Delphi. Doch blieb des alten OrakeldracLeii Andenken in vielen
Sagen und Bildwerken. Er windet sieh uiu den mystischen Dreifufs
auf 3Iiiiizen und Reliefs und erscheint fast in allen älteru Vor-
stellnugen des Delphischon Gottes **). Nun war das Hauptgeschäft
des DelphischenOrakels in jenen halbrohen Heroeazeiteii , Heilmittel
gegen Seuchen und Krankheiten, die eine zürnende Gottheit zu-
schicke, anzugeben. Apollo war und hiefs Arzt-Prophet, Was
Wunder, dafs man die Epidanrische Heilschlange mit dem Pythl-
schen Orakeltlracheu nach und nach in Verbindung setzte ***) und
den Asklepiadeu , die kein geringes Interesse dabei hatten , ihren
Scblangengott iu einen hellenischen Stammbaum einzupfropfen, gern
Glauben beimafs, wenn sie eine alte tUessalische Wundersage von
einem der todlen Mutter noch ausgeschnittenen Knäblein zur Wiege
ihres Aesculap oder Päou -}-) listig umbildeten?
*) S. StiaTjo IX. p. 642. A. -rvSe^rSoii heifst befragen. Der Drache
Liefs Delphynes oder Delpliyua und Lewaclite C^o drückte die
spätere Sage die Sache aus) die Orakelgrotte. Apollod. I, 4. 1»
Aber Hygin, Fab. 140. p. 264. Stav. sagt ausdrücklicli : Hie draco
ante Apollinem responsa dare solitus erat.
**) Ein merkwürdiges Intaglio bei Caylus, Recueil T. VI. pl. 67, 4.
verbindet folgende sehr sprechende Symbole der drei grofsen Ora-
kel. Um eine Säule windet sich ein Drache: Delphisches Orakel.
Oben sitzt eine Taube: Dodonäisches Orakel. (S. Heyne, Kx-
cursus 11. ad Iliad. XVI. p. 288.) Unten steht der 'Widder: Am-
mons-Orakel. Hierher geliört auch ursprünglich das zu einem
malus genius Brurt unigeschaffene Relief in von Fredenheim's
Monunientis ex Museo Regis Sueciae n, 15.
**) Apollo überliefs gleiclisam die Privatkuren dem Aesculap C den
Tempelärzten, die nun die alte Inciibation aus dem Orakel des
Troi)]ionius in die Aesculaptempel verpilanzten) und behielt sich
nur die Pestkrankheiten und Epidemieen \or, Vergl. Sprengel's
Geschichte der Medizin 1, 128. ff. Neue Ausg. Beim Euri-
pides , Alcest. 969. belelirt Apollo die Asklepiaden, In Aristophanes
Plutus schickt er den Bliiiden in's Asklepion von Atlien»
i) Vom Päon, der beim Homer ganz verschieden ist vom Apollo,
104
Wie kam aber der biiiligc S('lilanj?en2:o<t zu einer so schönen
TocLtcr, als Hviiioa auf unserer heillinniiCnJen Knpfertafel und in
luindeit andern Denkmälern ersclioinf? Der neneste seliarfsiniiiire
Ccscliiclitselireil)er der Medizin erklärt sie durchaus nur für eine
epüterc Allegorie, übergeht al)er die nächste Yeranlassuuj»: da-
zu. — Man sehe nur auf die Scldange über der Schale der Göt-
tin. Diefs khige Thier lös't auch hier das ganze Rällisel. Man
Miiterliielt nämlich in den Teinpelgrotten der Minerva auf der Burg
zu Athen einen heiligen Drachen und nannte ihn den Tenipel-
wächfer *). Auch er war ursj)rüiiglicli ein Orakeldrache und gab
«lieh in der Folge, als Diener der Minerva, zu deren Fiifsen ihn
auch Phidias abgebildet hatte, wenigstens monatlich einmal noch
<?in feierliches Angnrium; Je nachdem er den ihm vorgeworfenen
Honigkuchen begierig frafs oder verschmähte, war auch die Vor-
bedeutung glücklich oder unglücklich. Besonders wurde auf Ge-
sundheit oder Krankheit daraus geschlossen nnd der Houigteig, die
Maza, die man gewohnlich in einer Schale angefeuchtet ihm vor-
setzte, hiefs daher selbst die Gesundheit (Hjgiea)**), Bald
(s. Heyne, Observat. ad Iliad. V, 401. p. 81.) lernen die
ägyptischen Aerzte ihre Heilkunde. Odyss. IV. 232. Päon
liiefs also der pliönizische Heilgott. S. die Sage der Berytier
beim Photiiis, Cod. CCLH. p. 573, Hoesch. So heifst Aescidap
z. B. in der Hymne auf dem Casseler Marmor und bei Reine-
ßius, Inscript. Cl. I. N. 206. S. Spanlieim zu Aristoplianes, Fla-
tus 635. Spät erst ging diese Benennung auf den Apollo über.
*) Dieser Drache war offenbar der älteste Fetisch der ürbewohner
von Attica. Der ägjptisclie Cecrops knüpfte weislich den Dienst
seiner Neith oder Athen, Athene, daran. Das Tliier spukt dann
in allen attisclien Tempelmythen, besondere in der Fabel von der
Tocliter des Erechtlieas und vom göttlichen Bastard Ion. Die
fieifsigsten CoUectaneen über diesen o(pii c}y.ov§i; hat schon Me-
ursins in seiner Cecropia c, XX. T. IV, p. 936. Gronov. Vergl.
zu Hesyclüus T. II. c 726, 19.
**) Die Hauptstelle ist bei Hesycliius s. v. vyUiot T. II. c. 1442., vergl.
mit Atlienäus III, 82. p. 445. Schweigh. Die sogenannte Maza
war eigentlich ein Ueberrest der ältesten, noch sehr dürftigen
Brotbcreitung, des puls der Römer, s. Heyne, Opusc, 1,371.,
und dann war es nichts als geröstete, eingeteigte Gerste, wie
Sprengel, Apologie des Hipp o erat es II, 361. sehr gut
gezeigt hat. .Später wurde es eine delicatere Polenta, feines
Mehl , mit Honig und Oel geknetet. Man warf endlich aucji die-
sem Drachen , besonders wenn es ein feierliches Augurium galt,
walue Popana, Honigkuchen, vor.
105
wnrde das GesiindheUsorakel , das eJgenlllch nnr der Tempeldrache
dnreli seinen Frafs ei theilte *) , der Minerva selbst zngesc'hneben,
die lum auch den Zunamen Hygiea erhielt und als solche, toiu
Drachen liehkosend umsclilnnueu, noch jetzt auf Denkmälern des
Altertliiims vorkommt **). Hier ist also die Avahre Gebnrlsslätte
der GöKin Hygiea. AVie kam sie nun aber zu der Ehre , mit dem
Aesculap so innig- verbunden nnd znsammengepaart zu ^TCiden 1
Diefs ist aus einer Yermischuni»- der alten samotbrazischen oder
cabirischen Mysterien mit den Geheimnissen der Asklepiaden za
Epijlaurus zn erklären. Beide waren ursprünglich pböniziscb, beide
hatten es mit helfenden Göttern zu thiin. Nun waren eigent-
lich die zxsei Hauptcabiren in den samotbrazischen Geheimnissen
Axiokersos und Axiokersa , ölann und Weib , d. h. die durch den
ganzen Orient laufenden Symbole der erzeugenden und gebärenden
Kraft. Unwissenheit machte aus jenen Natursymbolen in der pro-
fanen Auslegung; die Dioscureu Castor und Pollnx, die doch selbst
als solche die helfenden Schntzgütler der Seelente blieben, für
welche ursprünglich die phönizisch-samothrazischen Mysterien ge-
stiftet waren ***)i aber bei den Asklepiaden wurde nun auch ein
,*) Die Hanptstelle ist beim Herodot VIII, 41. mit Valckenaer's
Annierk. p. 638. Aus jener Stelle erhellet, dafs monatlich ein
feierliches Augiirium mit diesem Frafs gehalten wurde. Aber aus
Phitarch's Leben des Themistocles sieht man, dafs ihm täglich
Futter gestreut wurde,
**) Die erhabenste Vorstellung ist die auf einer Ära eines Vatica-
nischen Candelabers Ln Museo Pio - Clementino T. IV. tav. VI,
Vli., wo Visconti p. 8. die Vorstellung sehr riclitig gedeutet liat.
Sehr viele geschnittene Steine, die man gewöhnlich auf die Dea
Salus bezieht, gehören zu dieser Minerva. Uebrigens sollte man doch
auch die Aesculapische Hygiea da, wo sie uns noch in schönen
Bildwerken erschejjit (z. B. an der Haupttreppe des Charlotten-
burger Schlosses bei Berlin) nie Tochter, stets Gemahlin (_c;'jk-
kiv-Tqo-j nennt sie der Orphische Hymnus LXV7, 7.) des Gottes
nennen. Die zierlichste Gruppe ist die zu Palästrina gefundene
im Pio-Clemcntino T. II. tav. III., nach welcher Hirt seine gleich
zu Anfang angeiTihrte Gruppe beim pantomimischen Tanze ge-
bildet hat, unstreitig eine Copie des scliönen Bildes, das Pausanias
II, 23. p. 264. zn Argos fand. Visconti p. 8. spricht auch dort
von einer Tochter des Aesculap, wovon aber im Pausanias keine
Sylbe vorkommt.
***) Es lassen sich hier nur die obersten Resultate andeuten. Die
ganze Forschung über die cabirischen Gelieimnisse gehört zur
vevwickeltesten, aber auch fruchtbarsten des grieclüschen Alter-
106«
helfendes Gotferpaar daraus, nnd hier zwar mit Beibelialtung des
Gcschlechlsiinterseliieds, der milde Asklepios und die liolde Hy-Aiea,
die daher eben so oft die Geiualiliii , als die Tochter des Gottes
genannt wird. Als zu den Zeiten der Ptolemäer die jii!:vptischeu
Gottheiten auf's Neue in die griechische Welt eindrangen, traten
oft Osiris nnd Isis an ihre Stelle, beide aber mit derselben heil-
bringenden Kraft, beide als gleichbedeutend und im mystischen
Sinne eins mit Asklepios und Hygi'ea. Zu allen diesen Räthseln
verloren die Griechen bald selbst (Icn Schlüssel, und so umringten
nach und nach die Asklepiadcji ihren Gott mit einer ganzen Fa- |
luilie, die doch schon durch die Bedeutung ihrer Namen hinläng- ]
lieh anzeigte, dals ans blosen Zunamen in den Anrufungen und
Hymnen neue personilizirte Wesen entstanden sind *).
So erklärt sich nun die Schale mit der Schlange bei unserer
Göttin als ein alles Hcilsorakel, welches bei den Riinieru ids das
Augurinm Salutis noch unter den Kaisern mit aufserordentlicher
Feierlichkeit mehrmals aufgefrischt und wiederholt wurde **). In
tliums, worüber, einige gute Winke von Fr er et abgerechnet,
selbst St. Croix in seinem Versuch über die Mysterien
«Inrcli ßeimiscliung <ler knretiscben und dactylischen Jongleurs
Alles \erwirite. YieUeidit ist in der reuen Ausgabe, die wir
schon aus Fragmenten kennen, Alles licliter und besser getrennt.
Das Fragment des Varro über di"; grofsen Götter de L. L,
IV, 10. ist das Ende des Fadens: , durch welchen der ganze Knaul
abgewickelt werden kann. Aus diesen Mysterien kam der älteste
Titan Hercules, aus ihnen der dienende Cadmilus, Mercur
(in den ^Mysterien blieb er der kleine Telesphorns und ging als
solcher aiuh zu den Asklepiaden über) zu den Griechen. Aus
ihnen mufs man nun auch die Zusammeapaarung der Athenischen
Ilygiea mit dem Epidaurisdien Aesculap zu erklären wissen. Man
setze nur hübsch den verhüllten kleinen Telesphorns, wie auf der
hundertmal nacligebildeten Gemme beim M äff ei, Gemme antiche
T. II- tab. 53, daicwischen, und die cabirisclie Giuppe ist in ihrer
vollen Integrität.
*) Epione, die Mutter, Hygica, Panacea, Jaso, die Töchter,
lieber diefs Alles ündet man in Meibom's gelehrtem Commentar
ad Jusjurand. Hippocrat. c. VI. p. 55. ff. und in Job. Gottl.
Scliwarz, und Schläger's Abhandlung de Diis servatoribus
die Hülle und Fülle.
**) Die Hanptstelle beim Dio XXXVJI, 24, p. 127. Die Sache wird
durch ein Bruchstück eines alten Frescogemäldes , dus Cardinal
von Kohan 1722. aus Rom mit nach Paris brachte und dem Her-
zog von Orleans zum Geschenk maclite, sehr schön erläutert. Ein
107
der Schale ist der mit Honig geknetete Teig, die Maza. Neben
diesem Heilszeichen hält aber Hjgiea hier noch einen Lorbeer-
zweig in der Iland , iu Avelchem bekanntlich das Alterlhum auch
alle Prophetengaben und Heilkriifle hnndertfiiltig eingeschlossen
uäbnte. *).
Und dieser Apollinische Lorbeerzweig ist es eben, dnrch welchen
das vorsiebende Bild seine volle Bestiinmnng zu einem Heil- und
Segenswunsch füi's neue Jahr erhält. Man steckte im Alterlhum am
ersten Jannar fnih beim Anbruch des Tages Lorbeerzweige und Lor-
beerkränze Jiu die Hausthüren**), so Avie unsere christlichen Vorfahren
am Pfingslfeste sogenannte Maien oder Birken vor die Häuser und
Kirchen pllanzten , und man schickte Lorbeerzweige zugleich mit
Datteln und Feigen den voruehmsteu Amtspersonen in's Haas ***),
Kupfersticli davon befindet sich in der Histoire de l'Academie des
Inscriptions T. V. p. 297. Vergl. meine Erläuterungen darüber in
Sprengel's Beiträgen zur Geschichte der Medizin
U, 199.
*) Wer liat nicht von der Heilkraft und Prophetengabp des Lorbeers
bei den Alten gehört, der, wie Murray in Apparat, medicam.
T. IV. p. 531. sehr gut bemerkt, jetzt eher noch i.u Brühen, als
zu Arzneien gebraucht wird und gleiclisam nur noch eine poeti-
sche und symbolische Existenz hat. Job. Gerb. Wagner hat
in einer eigenen zu Helmstädt gehaltenen Disputation: Laurus ex
omni antiquitate eruta schon alles Hierhergehörige gesammelt.
Die Hauptstellen gab auch Boden von Stapel zu Theophrast's
Botanik p. 186. Er hat seine Reputation den Weihwedelu und
Reinigungsgebräuchen des Alterthums zu danken, die stets mit
einem LorbeerzAveige verrichtet wurden. (S, Lomeier, de
lusnat. c. 24. p, 299.) Sühnende Bespritzungen und Reinigungen
waren das Hauptrecept der alten Orakelmedizin, Daher kam er
nun auch in die besondere Obhut des Aesculapius, so dafs er
selbst Asklepias Iiiefs. S. Dioscorides III, 106. und Hesychius T
I, c. 573. Auf der oben angefüluten Gemme beim Maifei schwebt
über den drei Heilgöttern ein grofser Lorbeerkranz.
**) Wir haben nocli eine rhetorische Declamation des Sopliisten Li-
Lanius über die Neujahrsfeier seiner Zeit (in der Mitte des 4ten
Jahrhunderts), wo es ausdrücklich heifst: „Beim Anbruch des
Tages und letzten Halmschrei sclunücken sie mit Lorbeerzweigen
und andern Kränzen die Thore und Vorliallen." Kalendar, De-
script» T. I. p. 179,
***) In den griechischen Geoponikern XT, 2. p. 791., wo dem Lorbeer
eine grofse Lobrede gehalten wird , lindet man ausdrücklich des
Ij06
Ersfpics unsfreitlg zur Versclioncliung aller bösen Geister, die nach
ciiH'in alten Yolksitlatiben gejicn den Lorbeer eine ganz besondere
Aiilijialhie liabcn sollen *). Letzleres als eine ü,liieklielie Yor-
bcdeutnn;^' des Sieiies und der Gesnndlieit. Es kann nicht fehlen,
diil's nicht auch meinen lieben Freunden, einem jeden sein eigener
Kobolt und Qunlgeist au die Ferse gebannt sein sollte, da ja nach
einem alten Sprichwort es überall so viele Götter und Teni'el giebt,
als Menschen die Frucht der Erde geniefsen. AVelcher Geister-
besi'hwörer könnte aber alle diese Asmodis bei ihren Psamen neu-
jienl Uns genüge es, diefs unschuldige Lorbeerzweigleiu als einen
kräftig scheuchenden Talisman gegen alle aiimafseiide Geschmack-
losigkeit und insonderheit gegen die transcendentale \ entriloquenz
einer gewissen Schule miinniglich zn empfehlen, wodurch Mancher
glaubend gemacht Avird, etwas, das auf Erden gesprochen ist,
käme vom Himmel, und Jacob -Böhmische Bauchorgelei sei eiu
Sphärengesang. In zweiler Rücksicht sei unser Lorheerzweig eiu
deiifungsvolles Svmbol der Gesundheit, ein valere aude (wage,
ü: e s u u d zu sein!), wie es der edle Lichtenberg sieh selbst zu-
rief**), und ^vie es in einem Zeitalter, avo für die hvpochondrischen
Rlänuleiu in den obern Ständen eigene Motionssägen , Stnbenpferde
lind Gesnudheitsnachtstühle ***), für die kränkelnden und nerven-
siechen IMägdlein aber eiu eigenes Hüpfseil erfunden Avcrdcu mufs-
Uinstandes erwähnt, dafs man am ersten Januar den obersten
Gewalten Lorbeerzweige und Feigen zngescliickt habe. Isiclas
hat dort in den Anmerkungen diese Sitte sehr gut erläutert.
"') Daher hat ihn auch Baidinger in seinem scherzliaften Pro-
gramm : Alexipharmaca contra diabolum, Gotting. 1778. aufziii'iiliren
nicht vergessen. So trägt der Abergläubische in Theophrast's
Characteren p. 89. ed. Coray den ganzen Tag em Lorbeerblatt
im Munde; und daher auch das Spricliwort von einem, der schufs-
und stichfest gegen alle böse Geister war: er trägt einen Stock
von Lorbeer. S. Nicias zu den Geoponikern S. 792.
**) Vermisclite Schriften Th. 1, S. 47.
***) Ausfiilniiche Auskunft über diese Nothanker der scliiflbrücJn'gen
Gesundheit giebt ein in der Baumgärtner'sclien Bucldiandlung in
Leipzig publizirtes Werk: über Hartleibigkeit und die
Mittel, sie zu verhüten, 32 S. in*, mit 2 KuplV-rtafeln. Wer
täglich nüt der dort abgebildeten Motionssäge im "Winter seinen
llolzbedarf verarbeitet und auf dem elastischen IVIotionssluhl sich
zweimal wacker durchschüttelt, verderbt sicher allen Aerzten und
Apothekern ihr Spiel!
109
te *), der vcrTV'ciclilichtcn Menschheit nicht oft geimg znopriifen
wenlen kann. Doim was schon der "weise Lacher, Deiiiocrif, oiii-
inal sehr wilzii!,- saiile, der Körper hahe 2,e,a,en die ihn lyraiinisi-
rende Seele ste(s einen Iiijnrienprocefs zn füiiren, gilt wohl je(zf,
wo in den ohern Ständen die liehe Sonne völlig contrehand und
die verkehrteste Lehensordnung- in Permanenz eiklärt ist, zwie-
fältig , ja hnndcr(fäl(ig. üebrigens ist in politischer nnd liferari-
scIier Hinsicht jetzt jede Nacht (die Tage sind unn einmal nicht
mehr an der Tagesordnung nud man zählt blos, wie die tonanüc-
beuden Engländer, die Zeit nach Nächten, sevennight, forlnighf
n. s. vv.) von so viel xiberraKchenden Erscheinungen und Wunder-
gehnrten schwanger, dafs man mit doppeltem Rechte das Wort
', jenes grofsen Thehanischen Feldherrn kurz vor dem entscheiden-
den Treffen bei Lenctra, er wnndere sich, wie jetzt wo
Alles von Erwartung gespannt sei, Jemand Zeit habe, sich
hinzulegen nnd zu sterben '^*), auf uns anwenden und sa-
gen dürfen: Aver hätte jetzt Zeit, krank zn sein?
Vordem, als noch der salbungsvolle, alte Predigerstvl etwas
galt, schlofs jeder Kanzelvortrag mit einem erbaulichen Vers ans
dem Gesangbuche nnd weckte mit seinem lieblichen Tonfall nnd
Reimgeklingol gewöhnlich die sanficnfschlummerfe christliche Ge-
meinde, die Hogarth in seiner unübertroffenen Sleeping Con-
gregation so meisterhaft portraitirt hat. Diesem alten löblichen
Brauch zn Folge sei denn auch unsere antiquarische Honiilie die
im Vertrauen gesagt, blos zu Nutz nnd Frommen derjenigen mei-
ner Freunde geschrieben wurde, die durch hartnäckige Nacht-
wachen den Schlaf verscheucht haben und nun täglich beten:
unser Bifschen Schlaf gieb uns heute! — mit einem Lobsesan"-
auf die Göttin Gesundheit geschlossen , den schon das Altcrlhuui
*) Es ist ein Schvviingseil mit zwei ITandliaben, lang genng mn
einen freien Kreis nm die ganze Gestalt des Mädchens zn be-
sclireiben. IVIan Iiält es mit den beiden Handhaben, und es wird
unter den Füfsen von vorn nach hinten zu, wälirend man Iiüpft
weggezogen, und indem der Körper wieder auf den Boden kommt
wird der Schwung des Seils um Rücken, Kopf und Brust fort-
gesetzt. Diese skipping ropes beschreibt Hüttner iu seinen
englischen Miscellen IX, 2. S. 77. If. und bemerkt, dafs sie
als Notlibelielf gegen die jetzt immer häufiger werdenden ver-
kümmerten Gestalten der englischen Mädchen ein .allge-
meines Meuble gewoi'den wären.
**) S. Plutarch's oben angeführte Diätetik oder de sanitate tuend»
c. 23. T. r. P. ir. p. 535» Wytt., wo p. 532. auch der Ausspruch
Demorrit's zn finden ist,
110
unter Bcine liebsten Scolien zälilte *), Denken wir uns also ein-
mal auf einige Angenhlicke in jenes herrliche Theater von Epi-
daiirns enlriiekt, das der ho(liü,ei)riesene Meister der Svnnnetric , der
Miciiel Ani2,elo der Griechen, gleich grofs als Bildliauer, Maler
und Architect, mit einem Wort der nnsttirbliche Polykletos, einst
erbaut halle, und auf dessen sehr wohlerhaltenen Ruinen noch vor
16 Jahren der gelehrte Viiloison auf seiner griechischen Reise sich
in das klassische Alterthnni zurückversetzt wähnle **). Denken
wir uns, dafs hier in der Mitte der zum grofsea Aesculapiusfeste
versammelfeii Griechen auf der Bühne selbst der Giittin Hvgiea,
die so eben in feierlichem Pomp mit Aesculap und allen heilenden
Genien erschienen ist ***), von einem AVechselclior tanzender
Jünglinge und Jungfrauen folgende Antiphone, diircli die TiJne der
Doppelilöte und Cither begleitet, mit allgemeiner Rührung- abge-
sungen werde:
Chor der Jünglinge,
Gesundheit, der Seligen Hoch würdigste!
Gern wohnt' ich bei dir
Für's übrige Leben,
Du (heiltest dann freundlich das Obdach mit mir!
Wo ist des Reichthums Anmuth, wo der Kinder,
Der Herrschaft Anmuth , die ihr Königsscepter
Den Giittern gleich hält, wo der Liebe Reiz,
Die in den fei iige wohnen Netzen Aphrodileus
Wir heimlich umstellen?
*) Er wurde dem Sicyonier Aripliron zugeschrieben und eröffnete
immer die Liturgie des Aesculapius, wie ans Lucian erhellet,
wefswegen er auch Andern, dem LicjMunius z. B., zngesclirieljen
wurde. Man findet ihn aus dein Athenäus auch in den Analectis
I, 159. XXIII. aligednickt. Zuerst hatte ihn Cliidius erläutert und
übersetzt: Bibliothek der Literatur und Kunst III, 50., dann Ja-
cobs, Aniniadv, Vol. I. P. l. p. 309. und zu gleiciier Zeit II-
gen, Carniiua Convivalia Graecorum n. XXVII. p. 120. ff.
**) S. Viiloison, Proleg. in Homerum p. LIII. : „inaxima illius pars
integra manet, ut vuMy.w.kiov plus quam fpiinquaginta gradus. "
***) Wir wissen aus dem Pausanias, dafs die iTiipävitai oder Kr-
scheinnngen des Gottes immer sehr feierlich vorgestellt wor-
den sind.
*1I
Chor der Jungfrauen.
Oller ist irgend ein andres Ergolzen,
Oder Äufadinien von Arijcit TCrliebn,
Sel'ge Gesundheif, so Ijlülu't mit dir
Alles — ein Frühling- voll Hnidiunen glänzt.
Niemand ist selig, den du nicht beglückst I
m
IV.
Der Aesculapiusdienst auf der Tiberinsel.
Medizinische Schlangengaukelei,
l-u der bekannlen Stelle , -wo Horaz ilon Spli((emcIi(orn in Rom
eine echt evaiinelisehe Moral predigte (Senn. 1, 3,), licifst es
unter Andeim :
Cur in anucornni vitlis tani ceruis acutum,
Quam au taquila aut serpeus Epidaurius?
W i e 1 a n d übersetzt es :
— — Wie? du hast
für deine Fehler immer trübe Augen,
und nur für Andrer ihre siehst du schärfer
als Falk' und S c h 1 a u g e?
Bei dieser Uebersetzung ist aber gerade das sehr wesentliche
Beiwort Epidaurins ganz übergangen, und also auch hier, wie in
vielen andern Fällen, dem Horaz etwas geuommen "worden, Avas
er selbst nicht gern missen würde.
Aber was will diefs Beiwort hier sagen? Sollte es wirklicli
ein bloses Epitbetou ornans sein, wodurch nach Dicbtergebrauch
der BegrilF einer scharfsichtigen Schlange nur genauer localisirt
würde? Allerdings gab es in der Gegend von Epidaurns an der
Küste des Peloponues eine besondere Art von VVunderscblangen,
die in dem ungefähr eine Stunde von Epidanrus gelegenen Aes-
culapiustempel eine sehr ansehnliche Rolle spielten und als Re-
präsentanten des heilbringenden Gottes selbst heilig verehrt wur-
den *). Der Drache selbst hat schon im Griechischen seinen
*') Pansanias 11, 28. p. 171. bemerkt, dafs diese rothlich gelbe,
zahme Draclienart nur bei Epidaurns angetroffen werde: r^ysiptt
is i-i-'jV') cripaj VI Tulv 'ExiSau^i'wv yyj. Man nannte sie ihres
dicken Kopfes wegen Backenschlangen, o$>'J ■Kctqn»;, S. Aelian,
de anhn. VIII, 12. p. 4ü3. ed. Gronov., wo es ausdrücklicli von
ihr Jieifst, sie sei h'jujtij tö o///^« , und die neuen Naturforsclier
Laben daher eine eigene Gattung angnis Aescnlapius gemaclit,
was jedoch, so wie die ganze Herpetologie des AUerthiims Q&*
Beckmann zu Aristoteles, mirab. auscult. p. 318. 351. ^ noch
vieler Berichtigungen bedarf. Vergl. Schneider'« ampbibiorum
113
Namen vom ScIien *). Warum soihe also niclit tler Saliiiker
diese beslimmtere Art von srliarfsiclilin-cn mediziiiisclien Drachen
spnchwörllicli zum Bilde des Si'liarfljlifks iu der Beiirtlieiliiog
fremder klänge! nud Gebrechen machen?
„ Zumal, '• selzen fast alle neuere Erklärer des Diclifers hinzu,
„da es ja hekannt ist, dafs die Römer A. U. C. 462., um einer
mörderischen Seuche in Rom und iu den unilieüoinlcn Gegenden **)
Einhalt zu thnn, nadi dem Aussprudle der Sil)yllinischeu Bücher
deu Aesculapinsdienst aus ehen diesem Epidaiirus nach Rom ver-
pflanzt und dem hei dieser Gelegenheit auf der Tiherinsel ausge-
stii'ü,eiieu Epidaurischen Drachen eine Kapelle nud gottesdiensiliche
Yerehrunü;eu gestiftet haben." Mit dieser schon von den alten
physiologiae Specimen I, p. 79. Der Drache, den Schulz, hi-
storia medicinae, p, 136. ans Nessel'^ Catalogo bibliothecae Vindo-
bonensis selu" fehlerhaft hat in Kmifer stechen lassen , Iiat durch-
aus niclits von diesen cliarakteristischen Kennzeiclien. Es ist der
xs^äcTV); liy.i^jaio;. S. Fabricins zu Sext. Empir. adv. Gramm.
I, 10. p 264. , wo er viel richtiger und mit Hörnern abgebildet
ist. Aber seine wahre Gestalt ist ohne Zweifel noch auf vielen
Aesculapius -Münzen (z. B. der Draclie Glycon , s. Span heim,
de Pr, et Us. Numism. T. I. p. 213. und Rasche, Lexicon univers,
rei num. T. II. p. I. c. 1493.) und den Abraxagemmen, wo eine
Schlange mit einem dicken , menschenäluiliclien Kopfe abgebildet
ist, mit der Beischrift x'^c-jß , (;s. Fabretti, Inscript. c. VII,
und meluere von den Cmiphisgemmen in Tassie's Catalogue n,
566—69. p. 52.]) wo der menschliche Kopf, wofür ihn auch
Raspe dort erklärt, nichts Anderes als der dicke Kopf der
Backenschlange ist, zu sehen, nur dafs man sich von den vielen
Windungen, die als eine blose Aussclimückung der Bilder-,
Stein- und Stempelsclmeider zu betrachten sind, nicht iiTC ma-
chen lassen mufs.
*) Dracones, sagt Festus s. v. p. 124, dicti «to reu t>Q<xv.u-j, q,iod
est videre. Clarissimam enim dicuntur habere oculorum aciem
— ideoque Aesculapio attribuuntur. Vergl. Laurent ins, de
var. sacr. Gentil. T. YII. , Thesaul-. Gronov. p. 169. B, und Len-
nep's Etymolog, p. 243,
**) S. Livius X, 47., wo von der Seuche selbst die Rede ist. Aber
die Geschichte der Abliolung des Aesculapius in Drachengestalt
aus Epidanrns ist mit dem II. Buche des Livius verloren ge-
gangen, und wir müssen uns mit den Auszügen genügen lassen,
die ^ alerius jVIaximus I, 8. 2. nacli seiner Art ziemlich weitläufig
daraus geliefert hat. Vergl. Ovid's ]\letam, XV, 537—659. mit
Lenz, Anmerkungen Th. il. S, 399. ff.
Eöltiger'ä hleiiic Schriften I, o
iU
Sciloliasloi» (los Crnciiiius goc;el)oneii Erkläiniia, *) hahon sich
bis jelzt alle Comiiit.'iifaforeii dos Horaz bofrieclinj , oline zu be-
denken, (lafs ddicli sie iiocli niclils von der wirklirlicii Diinkollioif
anf£>eki.irt \\ird, die ein Jeder bei genauerer Prülimi!; dieser Stelle
leicht fiilileu niiirs.
Sollte niclit in diesem ser|)ens Epidaurins unseres Satirikers
sell>st ei» fiiner, abi-r den Zeil_:ieiiossei) des Dichters leicht be-
merkbarer satirischer Zi!_^ verborgcu liegeu"? Horaz thcilt gern,
"wie alle gute Satiriker , auch im Vorbeigehen einen Seitenhieb aus,
besonders, wenn vom religiöseu Aberglauben seiner Zeitgenossen
die Rede ist**), gegen den er seine Angriffe aus mehreren leicht zu
erratheudi'U Gniudeu nicht gern geradezu richten mochte. Irre ich
mich iiiclif, so fand er auch hier eine ungesuclite Gelegenheit , auf
einea damals in Rom unter dem gemeinern Haufen häufig vor-
kommenden Aberglauben einen Seitenblick zu werfen , der seinen
anfgeklärlen Lesern gewifs ein Lächeln abgewinnen mnfste.
Ich vermuthe nämlich, dafs der Dichter in dieser ganzen
Vergleichuna," anf einen, nnter dem vornehmern und geringern
Pühel in Rom damals üblichen Aberglauben, den Tempelschlaf
oder die Inrubalion in den Hallen der Aescnlapiuskapelle auf der
Tiberinsel , anspielt. AVeil nun wirklich dabei der Glaube herrschte,
Aescnlap erscheine in der Gestalt seines Lieblingsdrachen und gebe
über die hier liegenden Kranken prophetische Anzeichen, so würde
dergestalt diese dunkle Anspielung erst ihre volle Beziehung und
Deutung erhalten : T a d e 1 s ü c h t i g e r , warum d u r c h s c h a n e st
du die moralischen Schwächen ti u d Gebrechen dei-
ner Bekannten mit einem so ficbarfen Späherblick,
als die E p i d a u r i s c b e A e s c u I a p i u s s c h 1 a n g e d r a u f s e n
auf der T i b e r i n s e 1 die physischen Anliegen der
dort liegenden T e m p e 1 k r a n k e n und das Schicksal
der sie Befragenden?
Wäre diese Erklärung richtig, so gäbe diefs zugleich einen
neuen Beweis, wie zuweilen ein merkwürdiger Umstand für die
*) P. 333. edit. Cruquii Antv. 1578. Diesem haben es Lambin
und alle Uebrigen bis auf Pere Sana den, Remarques T. \\
p. 109. nacherzählt.
^**) Man erinnere sich zum Beispiel nur an die launigen Seitenans-
fdllc, die Horaz in mehrern seiner Satii'en auf die damals
selbst von aufgeklärt sein wollenden Römern und Römerinnen an-
genommenen Satzungen des Jndenthums macht, z. B. Serm. I, 4.
139. I, 9. 69., wo die in neuen Zeiten so oft mifsverstandenen
tricesinia sabbata gewifs auf die damaligen Römer einen sehr lä-
cherlichen Eindruck machen mufste.
115
Kennlnifs des Alfertlmnis nur iiocli aus einer einzigen Stelle eines
nheii Schriftstellers aii%es|>iiit werden kiinite. Denn für die so
dnnkle Gesehiclite der Arzneikunde und Cliirnrgie in den frühem
Zeitaltern Roms wäre der Umstand , dafs die älteste griechisthe
Hellart durch die Incnhation in den Tempeln des Aescnlap anch in
Rom von der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts an bis zu
den spätem Zeiten der Kaiser iierah beständig- gebraucht worden
sei, allerdings von einigem Belang.
Aber wodurch liel'se sich nun diese Erklärung" rechtfertigen '?
Sind wiiklich mehrere Spuren vorhanden, die uns zu dieser Muth-
uiafsung' Ijerechtigen? Denn ohne diese wäre tlie hier gegebene
Auslegung doch kaum etwas mehr als ein luftiges Hirngespinnst,
bei dessen Anhörung ein rüstiger Criticus der Aorigen Zeiten in
seiner Kraflsprache wohl gar von einem Recepte aus Anticjra zu
sprechen sich bewogen fände.
Es ist für's Erste wohl aufser allen Zweifel gesetzt, dafs jener
sonderbareu Wunderlegende von der Abholung des Aesculapius zu
Epidaurus und der Niederlassung eines heiligen Drachen auf der
ihm geweiheten Tiberinsel folgende Thatsache zum Grunde liegt:
Römische Abgesandte gingen nach Epidanrns , dem Hauptsitze des
uraltlMi griechischeu Aescnlapinsdieustes, um sich dort mit der Heilart
der Asklepiaden oder Tempelärzle bekannt zu machen. Von dort
aus hallen sich die Asklepiaden und Tempellazareihe über ganz
Griechenland schon längst ausgebreitet, und der Asklepiadenordcn
fand daher nm so weniger Bedenken , auch diesen Fremdlingen von
der Tiber in ihrem Gesuche zu willfahren. Sie liefsen einige aus
ihrer Mitte in Gesellschaft der Römer abreisen und gaben ihnen
als sinnliches Zeichen des mit ihnen abscliiirendeu und in Rom
sich niederlassenden Gottes eine zum heiligen Gaukelspiel schon
völlig abgerichtete Epidaurische Tempelschlange mit, auf die, als
auf den sichtbaren Stell veitretcr des Gottes , fieilich die ganze Auf-
merksamkeit des wnndersüchtigeu Pöbels allein gerichtet sein mufste.
Als das rönsische Schilf mit dieser heiligen Fracht die untere Küste
Italiens vorbeigeschiift und in dem Hafen zu Antinni angekommen
"war, schickte vermutlilich Ogulnins einige Gesandte und Piiester
voraus, die auf einem der gesündesten nnd luftigsten Plätze um
Rom, der Tiberinsel, Alles zum Enrpfang des Gottes, d.h. der heil-
igen Schlange, zubereiteten. Nach diesen Anstallen kam die Schlange
selbst an ; die mit ihr gekommenen Asklepiadeu verschrieben den
Kranken im Namen des durch die Schlange versinulichteu Gottes
allerlei Recepte, und iWv Glaube an übernatürliche, unmittelbare
Hilfe, die so oft geholfen hat, half auch hier *),
') Kpidaurus, als die Mutterloge des über ganz Griechenland a«s-
8 *
116
Nt'limoii wir iimi dicso Eiklüruiig einer durch sji.'ilere Sagen
80 selir voriinslalltlcii Beü,)'ijenln'it als die riclilijje an, wie diefs
audi Andere sclion vor mir j2,ctlian hjil)eii *) , so folgt sclion daraus,
dafs sich Ton nun an auf der zum Aesculajiidsdienst fj,anz bequem
cinj>criclitelen Tilieriiisel immer eine gewisse religiöse Krankeiipilep^e
uach griechischer ^^ eise crliallen und auch dann noch, als die
aus Grieclieiiland seÜtst ahslammcnden Asklepiadeii längst ansge-
.sforhon waicn, durch ihre in ehen diesen Künsten unten ichteten
Nachfolger fortgepllan:'.! iiabe **),
gebleiteten Asklepiadenovdens , verdiente wold in der Geschichte
der ältesten Medizin eine weitläntigere Beschreibung, als sie
Le Clerc, Scliulze, Hist. niediciii, p. J20. und selbst
Sprengel, Geh eh. der Arzneik. I, 128. f, ihren Absichten
geinäfs geben konnten. Kpidaiirns mit seinem ganzen Gebiete
war li eiliges Land, '«?«? wie es daher anch auf Münzen
genannt wird Qs. Ekhel, Num. Vet. Tab. IX. und p. 137.) und
unverletzlich S. die merkwürdige Stelle in Plutarch's Vit. Pericl.
c. 35. Tom, 1. p 426. ed. Hütten. Die über eine Stunde von
def Stadt e?itl'ernt liegenden Tempelgebäude, Hallen, Bäder,
Gymnasien, Priesterwohnungen u, s. w. müssen selbst nach dem
Pausanias einen weiten Raum eingenommen liaben» Ihre Ruinen
hat Des Monceaux in den Voyages de Com. de Bniyn. T. V.
p. 469. zuerst beschrieben, neuerlich aber v. Villoison als kri-
tischer Augenzeuge geprüft, wovon wir vorläufig in seinen Pro-
legomcnis ad Homerum p L. — LH. interessante Nachricliten er-
Jialten. Von hier aus ward also eine Filialloge der Asklepiaden in
Rom errichtet, von der freilich die weit später lebenden römischen
Geschiciitsclirciber die genauem Umstände nicht mehr wissen
konnten. Indessen verdient doch der weitläulige AVunderbericht
des Valerius ÜMaximns, aus diesem Gesichtspunkte noch besonders
geprüft zu werden. Man findet dort deutlich eine ixiCpävnix des
Gottes in Dracliengestalt. Die periti cultus sind die Asklepiaden.
Vergl. Pausanias 111, 3. p. 270., wo eine merkwürdige Parallelge-
scliichte vorkommt.
*) Scbulz, Histor. medicin. Period. II. c. G. p. 430., wo er es auch
sein- wahrscheinlich lindet. „Aesculapio Romanos, perinde ut
Graeci suo, fui.sse usos, ab eoque morborum auxilia petiisse:
quae rpioniam ipse putatitius deus per se dare non poterat,
dedisse sacerdotes habitu velatos medico consequitur ; u t
adeo illud a Plinio traditum Graecanicae medicinae
a p u d R o ni a n 0 s p r i n c i i> i u m h a u d o m n i n o s i t adeo
r, ertum, ut non autiqjiiorem in ipsa urbe sedem
illius i ntelligamu s.
**) Diefs braucliten niclit gerade wieder geborene Griechen zu sein,
1:7
Stliou der Umsfaiul, dafs inüu die damals noch p,ar iiiclit
aiiEfpbaufe und iVei licgoiule Tiberinsel zum Tempelsilze des hciU
hringenden Gottes ans Epidannis einweihefe, zei^^t sebr denllitli,
dafs man auch hier eben die Kraiikenaiislallen und InciibatioiiL'u
mit dem Acscnlapiiisdienst verbinden woütc, um welcher willen bei
den Grieclieii überall die«>»> Tempel in einer "ewisson Entfernung-
von den Städten ani^eleiit waren *). Wenn Plinins diese Ahson-
dernng- voti der Stadt der Veraehlnn«»' znscliieibt, mit welcher die
alte römische Orfliodoxie den griccliisciion Wiinderarzt angesehen
habe **) , so macht er, wie so oft, nnr den streng; nioialisirendeii
Declamafor, dem Alles, was die Römer für die ü,ri!Hlii.s(he Arz-
uciknnih; tliateii , als eine straOtare Nenernnf;,- erscheint. Andere
Schriftsteller sagen ausdriicklicb , dafs man diesen Ort aus medizi-
nischen Gründen ge wühlt habe ***).
und dadurch würde der Zweifel widerlegt, den man aus der Stelle
des Pliniiis XXIX. 1. s. 6. dagegen erregen könnte, wo gesagt
whd, die gTiecliische Medizin sei erst nach 600 Jahren (nänilicli
durch den Archagathus) nach Rom gekommen.
•) Sprengel's Geschichte der Arzneikunde, Th. I. S. IJO.
**) Plin. XXIX, 1. s. 8. Artem (sc. medicam) antiqui damnabant.
— Ideo templuni Aesculapii, etiam cum reciperetur is dens , extra
urbem fecisse, iterumque ( i. e. atque adeo^ in iiisula tra-
dnntur. Plinius dachte dabei an die damals unter den Kaisern
so gewöhnlichen deportationes in insulas. Eine sehr witzige de-
clamatorische Floskel !
***) Beim Plutarcli, in quaest. Rom. p. 283. D. wird auch gefragt,
warum man in Rom den Aesculapiustempel aufserhalb der Stailt
errichtet habe, und die Antwort ist: iringav an r«; c:;^j ök\-
EXX-r^vsj SV roTTOtg Xrt^aoo7f y.on O-^'ijXcTf sir/iottüf /üju/xavj:
T« 'Ac-i'AjjxiiTat s'xovci. Etwas anders erklärt es Festus s. v.
in insula p. 188. „In insula Aesculapio facta aedes fuit, quod
aegroti a medicis aqua maxime sustententur. Ich würde diefs ni<.'it
sowohl auf die Hydroposie als auf die Psvchrolusie und die Badt-r
im hiefsenden Wasser, die hier die Priester den Kranken als hei-
lige Reinigungen und Sühnungen vorschrieben , beztelien. — Es
waren übrigens in der Folge gewifs einige Mallen und mehrere
zur Hauptkapelle gehörige Gebäude hier eingericiitet. Ich schlielse
diefs aus einer Stelle des Dio XLVII, 2. p. 492. 93., wo unter
niehi'ern AVunderzeichen , die sich im Consulat des Hirtius und
Pansa A. ü. C. 711. zutrugen, auch geuieldet wird: s" tcTi;
'ATx.XvjTTiei'cjj ijitXiuffAi ig rvyj äy.^oiv ttoXXa] vivicr^dipi^aa'j. T«
118
Froilicli kommen nun iti einer Rellie von melircroii liniulert
Jahren keine aiisdriicklirlKMi Zonsnisse davon vor, da^ in diesem
Tempel eine be.sondero Kiankcnpilege dureli Priester slallyeliindeii
habe. Allein diels .Slillselnveigen beweiset liiielislens nur so viel,
dafs diese Anstalt nie ein i^rofses Ansehn gehabt habe nnd von
den klütern nnd vornehmem Riunern, die wir doch allein als
Sehriflslellcr kennen, nie fiir etwas mehr als das, was es
war, filr Pfallenbelrnji,' nnd Blendwerk des leichlglänbi^en Pöbels,
ji,ehallen worden sei. Mit einem Worte, die Sache des nrs|jning-
lich Ircniden GoKcs J^ehorte nicht znr römischen Staalsreli^iinn. Man
würdigte sie also anch nnr dann einer besonderen Aufincrksamkcif,
wenn sie, wie ich weiter nnlen bemerken weide, mit dieser in
eine besondere- Yerbindnng gebracht werden konnte.
Dafs aber nnler den ersten römischen Kaisern nnd kanm 60
Jahre, nachdem Horaz seine Satiren geschrieben hatte, hier ein
Tenipelshojiilal nnd Lazarclh fiir ganz nnbeniidelle Kranke gewesen
sei, beweis't eine sehr merkwürdige Stelle Sueton's im Leben des
Clandins, wo erzählt wird, der Kaiser habe dnrcli ein Gesetz allen
Sciaven die Freiheit gegeben, die ihre Herren in diefs Tempel-
lazarelh geschickt hätten, weil sie sich selbst mit der Kranlceu-
pllege dieser Sciaven nicht abgeben wollten *)
A(y/tX>)ir(E7a bezeichnen hier niclit, wie der Uebersetzer geglaubt
hat, festnin Aesculapii, sondern nach der riclitigsten Schreibart
(s. D'Orville, Sicula c. XI. p. 190.^, in der IVIelir-
zahl die sämmtliclien Teinpelgebäude, an deren Fastigiiun sich
die Bienentrauhe ansetzte. Es ist aber liierbei auch diefs noch
merkwürdig, dafs die zwei Kapellen des Jupiter Lycaonius nnd
Fannus, die sich nach der Aussage der Alten zugleich mit auf
dieser Insel befunden haben (. s. Victor, de Reg. Yoc. Rom. p«
25.: Insula in qua aedes Jovis Fauni .et Aesculapii,
und Adler's B es clir ei bu n g der Stadt Rom S. 348. ") ilneu
Ursprung walusclieinlieli auch dem Glauben an göttliclie Heilkräfte
nnd Träume zu danken hatten. Bei dem Beinamen Lycaojiius,
den hier der Ju])iter führte, erinnern wir uns an die Bemerkungen,
die über die Verehrung des .lupiter Lycäns und die Luperealien
der Römer zu einer andern Zeit gemaclit worden sind. Fannus
aber wurde seit den ältesten Zeiten in Italien dui'ch Incubationen
nnd nächtliche Traumerforschungen verehrt. S, zu Virgifs Aen,
VII, 85.
*) Sneton, Claud. c. 25. „Quum quidam aegra et adfecta mancipia
in insula Aesculapii taedio medendi exponerent, omnes, qni
exponerentur , liberos esse jussit, nee redirc in ditionem domini,
si convaluissent." Vergl. Reimarus zum Dio LX, 29. p. 967.
Eine neue gltiiizeiido Periode für die heilige Ar^neikuiide ia
den Aescnlapiii.slemnoln beginnt unter der Regierung des Kaisers
Antoninns Pins niul seines nächsten Nachfolgers. In diesem Zeit-
alter, wo alle altf^n Prieslerkiinste und alle Arien von Divinationeii
und Orakeln dnrcli die gntniüthige Schwäche nnd Leichlgliinhigkeit
des Regenten so grofse Anfnmnlernng erhielten *) , lebte anch
der veraltete Asklej)iadenorden mit erneuerter Jugendkraft wieder
auf. **). Zu Kos, Pergauuis und in mehreren Hauptstädten von
55. , wo doch der Umstand mit der Tibeiinsel niclit berührt ist,
sondern es nur heifst -^cXkot lovXovi; a^qMvrclvron; ävt ruiv om/wy
t^ißakXcv. Das convaluissent des Sueton lafst keinen Zweite!
übrig, dafs hier von einer Art von Genesungsanstalt die Rede sei.
*) S. Henke, allgemeine Geschichte der christl. Kirche, Th, 1.
S, 76. nnd die treffende Schilderung in Wieland's Einleitung
zur Üebersetzung des Lucian, Th. 1. S. XXX. fl'. — Die näciiste
Veranlassung der Vorliebe des Kaisers Antoninns Pius für alle
Wahrsagerkünste und besonders fiir die Aesculapischeii Gesund-
heitsorakel lag wahrscheinlich in der eigentlichen Vaterstadt des
Kaisers, in Lamiviuni, wo ein bekanntes, unten weitläuliger zu
beschreibendes Schlangenorakel der Juno Sisi)ita oder H)giea war.
Nun hatte der Kaiser besonderes Wolilgefallen an seiner Vaterstadt
(s. Gataker, ad Antonin., de rebus suis I, 16. p. 40.), hielt
sich oft dort auf, reparirte die dortigen Tempel (^opera ejus templa
Lanuvina sunt restituta sagt Capitolin in vit. Ant. c. 8.) und ehrte
ohne Zweifel selbst jene Gesundheitsschlange sehr liocli. Man weifs,
wie weit damals die Sclimeichelei gegen die Liebliabereien der
Kaiser in Rom und in den Provinzen ging. Das Lanuvinische Ge-
sundheitsorakel ward nun für die Priester und Gaukler des Aes-
culap in Rom und durch alle Provinzen des Reiclis , wo alte
Tempel des Gottes waren, eine Stimme der Wiederbelebung und
des Erwacliens aus einer langen Erstarrung.
**) Darum findet sich auch gerade in diesem Zeitalter wieder eine so
grofse Menge von Aerzten, die sich Asklepiades nannten. S.
Asclepiadis Bitliyni fragmenta ed. Gumpert (Jen. 1794. c. I. p.
6. If. ) Der Orden war gewifs nie ganz ausgestorben, da die
Tempel des Aesculapius nie ohne Priester und Teinpelärzte ge-
blieben waren. Er war aber nur theils durch die allgemeine Auf-
nahme der rationellen Medizin, tlieils durch die seit den Zeiten
der Ptolemäer über die ganze alte Welt und besonders auch über
Italien verbreiteten Krankenkuren nnd Divinationen in den Tem-
peln der Isis und des Serapis (^s. die vollständigsten Collectaneen
hierüber in Sciiläger's commentatio de diis hominibusque .ser-
120
Klein.'islon strttmfo Alles zu «1o« Festen und Tempeln dos Lilf-
roicheti Godes , der die wankende Gesiiiiillieit des Behenseliers der
röniisclien Weit einii;« Male rcflit wniuleihar l>efesti<!,et hatte *).
Die Hallen nnd Krankenliäuspr ne!»en den Aesenlapiusienipeln wur-
den aufs iSeue mit Gebreelilifhon und Kranken aller Art anü,e-
füllt **). Der Belniü,ci" Alexander konnte mit seinem Wnnder-
draelion nnd plnnij)en GankeLspiel nielit blos die j^edankenlüs gaf-
fenden Asiaten , sondern auch römische Senatoren und Staatsmänner
täuschen ***).
Bei dieser entschiedenen Yorliehe des Kaisers für den Aescu-
yatoribus, Helmstadt. 1737. c. XV. p. 41. ft'O zurückgedrängt
worden.
*) Antoninns Pins bedurfte, wie sein Nachfolger Marc. Aurel in
jener berühmten Schilderung von ilmi, tw-j il; Uvr. I, 16. p. 5.
ed. Gatak. ar.sclrücklich bezeugt, seiner Mäl'sigkeit wegen durch-
aus keiner gewöhnlichen medizinisclien Hilfe, sij hXiyiCTot. twv
iarqiy.OJ-j sy_^->)i,s >) (fKxqiJ.iy.'ji-^ v.a.) iiziB-/\jj.o.rwj sktc?. Allein Vil-
loison, Proleg. ad Hom p, LI. bemerkt mit Reclit, dafs er
sich um so Jüiuhger den heiligen Betrügereien und Blendwerken
der Aesculapinspriester preisgegeben haben möge. In den Samm-
lungen alter Inschriften iinden sich mehrere Ex-voto-Tafeln , die
auf die wunderbare Genesung dieses Kaisers Bezieluing liaben,
z. B. Inscript. Donian, Gl. I. n. 84, Aescvlapio Sancto. Serva-
TORi. ET Hygieae. Sacrum Pro. Salvte. Aktonini. Ayg. Pii.
Vergl. Gruter,, Inscript. LXVIII, 5.
**) Von der Regierung dieses Kaisers an wurden zuPergamus, Tral-
les , Kos und an vielen andern Orten die von Epidaurus abstam-
menden ( s. Pansan. II, 26. p. 171. rix. 'Aay.kyjTix sO^iVui« rä
iiriCpavstTTaT« s5 'ETr(&«uf ou ) Asklepienfesto, Processionon und
Tempelincubationen selir berühmt und durcli Gedächtnifsmünzen,
deren sich nocli eine grofse Zahl in den Münzkabineten lindet,
verherrliciiet, S. Spanlieim in zwei an Morelli geschriebenen
numismatischen Briefen, die Liebe seiner Gotha nnniaria hat bei-
drucken lassen, besonders p. 499. if. und Ekhel, in Doctrina
numorum veternm P. I. T. IV. s v. Asciepia. p. 435. und Soteria
p. 'i54. Dafs Alles damals von Kranken in den Hallen der Aescu-
lai)iustempel angefüllt gewesen sei, ei'sieht man aus mehreren
Stellen des Ph il o s tratu s' in vita Apoll. Tyan. und den Ijei fei-
erlichen Gelegenheiten zu Perganms gesproclienen Reden des Ari-
stides bei Sprengel, Geschichte der Arzneikunde, I, 122. If.
***) Lucian's Alexander oder Pseudomantis Op. T. IL p. 207,
ff, ed. Wetsten.
r 121
lapJiiisdiejist nud «lle hoili2;e Medizin, die sich besonders anch
an dem »Slaininsitzo derselben zn Epidaurns dnrch Erweiterungeo
nnd Aussc!iniückiuij;"en der dortigen Tenipelgehändc sehr niild-
tluilig" erwies *), konnten die Tiberinsel nud die darauf vorhandenen
Tenipelgebände niolit leer ansgelien. Die alte "VVnnderlegendo \oa
der Ankunft des Gottes in der Gestalt eines Drachezi ^vnrde dem
Kaiser zu Gefallen anfs Neue in Uuihuif gesetzt , und dieser liefs
sie dureli einige grofse Gedächtuifsniiinzen , die noch jetzt die Zierde
der IMiiuzkabinete uiacheu , verherrlichen **). Prefsliafle und ge-
brechliche Menschen kamen haufenweise zu dem gepriesenen Ge-
snndheilsteni])el und verkündigten die durch göttliche Erscheinungen
lind Träume empfangenen Heihingsrailtel nach einer bei diesen
Tempeln von Allers her gebräuchlichen Sitte auf ehernen Tafeln,
die in den Hallen und \oriiüfen anfgehangeu wurden, und von
denen sich noch bis jetzt einige erhalten haben ***),
*) S. Pansan. H, 27. p. 174.
**) Span he im hat sie mit besonderem Fleifse erläutert. Praest. et
Us. Nuiinsm. T. I. p 217 f. Man erblickt hier die aus dem Schiffe
sicli hervorwip.dentle Aesculapinsschlange, die der aus dem Strome
mit halbem Leibe hervorragende Tibergott feierlicli bewillkommt.
Aber das in: Hintergrunde auf einem Berge stehende Gebäude
kann nicht, wie es doch auch Ras die seinen Vorgängern nach-
betet, (s. Lexicon Univers. Rei Num. T. I. c. 152.) den Tempel
auf der üachen Tiberinsel vorstellen. Weit richtiger sclieint daher
die Erklärung Hardouin's zum Piinins XXIX, 1. T. II. p. 505, 6.
zu sein, welcher jenes Gebäude fiir den kaiserlichen Palast auf
dem Palatiaischen Berge gehalten wissen will. Der an dem Ge-
bäude hervonagende Lorbeerbaum, das Zeichen des Kaiserpalastes,
\md mehrere Umstände maclien diefs wahrscheinlich, wenn auch
die dort gegebene Deutung der Unterschrift der Münze, wo aus
dem so leicht verständlichen Aescülapiüs die Worte herausge-
künstelt werden : Anguis Epidaurius Senatus Consulto Valetudini
Levandae Antonini Pii Hiatus Urbem Subit, in das Kapitel der
Hardouinischen Träumereien gehören.
***) Der gelelrrte Arzt Hier. Mercnrialis machte zuerst eine im
Palast des Cardinais Maffei befindliche Inschrift bekannt: de
Art. Gymnast. 1,1. p. 3. ed. Amstelod., die nun am richtigsten in
der Graeviusischen Ausgabe des Gruterus p. LXXI. abgebildet
ist. Hier wird von 4 Wunderkuren berichtet, die der ijii Tranme
erscheinende und Mittel vorschreibende Gott an zwei Blinden, an
Einem, der Seitenstechen, und Einem, der Blutspeieji hatte,
if^it^ecSiv ToC S>)//ou , wie es dort heilst, verrichtet habe. Hun-
122
Tiefer herab lassen sich zwar keine bestiuinifeii Zeiiniilsse
anlulireii , dafs diefs Tenn»ellazaietli diiri-li Priester des AesctiJapiiis
besorgt worden sei ; allein es ist doeli ans den ilirisllirhen ^lar-
t>Tolo2,ieen erweislich, dafs anf der Tiherinsel , die nnn immer unter
dem Namen insnla Lycaonia vorkommt, ein Krankenhaus ( noso-
coininm ) j>ewesen sei. Diese Krankenpfleüe kan> nun, wi*» iiber-
all im römischen Reiche, als das Cluislcnllinni lierrscliend wnr-
de*), in die Hände der Geistlichen nnd Mönche. Noch in unseren
Tagen werden auf der Insel San Bartolomeo (so heifst jetzt
die Tiherinsel von der daranf stehenden Kirche) in einem Hospi-
tale der harmherzigen Brüder , S. Giovanni Colabita genannt,
ungefähr 60 Betten für ganz nnhenn'tlelle, mit schweren Gebrcchea
behaftete Kranke unterhalten **).
So viel als knrze Geschichte der von Griechenland ahstam-
inenden heiligen Krankenpllege anf der Tiberinsel. Ai>er bedienten
sich nnn anch die Priesterärzte bei dieser Anstalt forldauernd eines
heiligen Drachen, nnd kann Floraz in der Stelle, von welcher wir
ansgingen , wirklich daranf zielen? Wir wollen versuchen, in wie
weit sich anch diefs dnrcli Znsammenstelinng mehrerer Anzeigen
und Mnthmafsnngen wahrscheinlich machen lasse.
So wie der Schlangengott, der in einem Epidanrischen Dra-
chen leibhaftig erscheinende Aesculap , an die Tiherinsel ange-
d er t mark, de incrementis artis niedicae per expositionem aegro-
torum in vias publicas et templa, Lips. 1749. hat sie gelehrt er-
läutert und es selir wahrsclieinlich gemacht, dafs diese ^'otivta-
fei im Aesculapiustenipel auf der Tiberinsel im Zeitalter Auto-
nin's , dessen Wnuderglauben mau dadurch schmeiclielte, aufge-
hangen worden wäre. Man vergleiche Sprengel's einsichtsvolles
Urtlieil in der Gesch. der Arzneik. I, 134. Auf diese Votiv-
tafel gründet aucli Freinsheim seine Erzälilung in Suppleinentis
Livii XI, 14. T. 111, p. 198. edit. Drakenb. : „Templuni (Aescu-
lapii in insula) niov iusiguilius donariis, et honiiuum, qui reine-
diis salutaribus ab eo nunüne se adjutos ferebant, praedicatione
nobilitatum est."
*) Man denke an die Parabolanen zu Alexaudi ien. S. Sprengel's
Gesch. der Arzneik. II, 1G7. 1C8. So sind auf den Inseln des
Archipelagus die IVIönche des heiligen Cosmas uud Damiauus noch
jetzt Aerzte und Nachfolger der Asklepiaden, Villoison, Proleg.
ad Hom. p. XLVllI.
■♦) La Lande oder Volkmann, Nacluichten von Italien, Tli. II.
S. 536. f.
123
schwömmen war, verschwand er *). Dlefs dente ich nach der
bckaniitoii Vorstellung;, die das Alterlhnm vom Verschwinden nnd von
den ErscheinuiigPii, iViCpavsi'ai;, der Götter hatte, anfPriestergelieini-
iiisse, bei welchen nnn der Drache nur im Bezirke des iiinern
Heilinthiims zii nöthigen Visionen, Orakeln u. s, w, sichtbar wnrde,
übrigens aber den Blicken der Profanen anf immer verschwunden
nnd entzogen war **). — Ware die Erkhirniig- einer Stelle des
Plinins, wie sie bei einigen neuem Topographen Roms zn fin-
i den ist ***), richtig", so könnten wir ein ausdrückliches Zenguifs
*) Plutarch in Quaest. Rom. p. 268. D. erwähnt ausdrück-
licli : hg<xy.ovTog narx t>)v v>)fl"ov ocTroßävrog not] «(pcxviaSivrogm
Diefs drückte Ovid, Metam. XV, 742. so ans: Phoebeius aiiguis
— linem, specie coeleste resumta, luctibus imposuit. Eben
diefs Avill der spätere Dicliter Claudian sagen, de laiid, Stilich.
111,173. oder XXIV, 173.: Iiisula Paeonium texit Tiberina Di'aco-
neiii, was Gesner ganz recht erklärt: texit, intelligi vult ex
liistoria evanuisse draconem in insula, quae inde Aesculapii dicta
est.
**) Eben so erkläre ich das Verschmnden in einem merkwürdigen
Fragmente eines alten Schriftstellers beim Isidor, Orig. IV, 3.,
wo von dem Ursprünge der Medizin die Rede ist : Postqiiam ful-
minis ictu Aesculapius interiit — ars simul cum auetore defecit,
latuitque per annos pene quingentos, usque ad tempus
Persarum regis. Tunc eam ad lucem revocavit Hippocrates.
Wer sieht niclit , dafs jenes Verschwinden nnd Verborgensein der
Kunst den Zeitraum bezeicJmet, wo die Medizin nur als Fami-
lien- und Ordensgelieimnifs der Asklepiaden in den Hallen der
Tempel verschlossen war, bis Hippocrates, selbst Asklepiade,
ein Verräther am Orden wurde und das , Avas geheime und münd-
iiclie Tradition gewesen war, nun aufschreiben und durch seine
Schüler bekannt machen liefs? Doch hiervon spreche ich einmal
weitläufiger in meiner Geschichte des Ordens der Askle-
piaden,
***) Bor rieh ins, Romae facies c. 16. p. 169. f. So heifst es in
Volkmann II, 535.: „Die Priester erhielten den gemeinen Mann
einige Hundert Jalu'e in dem Wahne, dafs die Schlange noch lebte,"
Die Stelle des Plinins, die zu diesem fleifsig fortgepllanzten
Mifsverständnisse Anlafs gegeben hat, steht XXIX, 4. s. 22. Es
ist von allerlei Schlangen -Merkwürdigkeiten die Rede: Anguis
Aesculapius Epidauro Romam advectus est : vulgoque pascitur et
in domibus. Diefs letztere, das auf die bekannte Liebhaberei der
alten Römer geht, sich Schlangen als Hans- und Lieblingsthiere
124
des Plinins zar Besliltlinin?: tlos Salzes aiifüliron, dafs oiiip
solche Schlange noch eiiiiiic Hundert Jahre nachher in diesem
Tempel vorhanden gewesen sei. Aher im IMinins seiijsl sieht
eben so wenig eine Silbe, als dafs an den Wanden dieses
Tempels ein Antidoten gegen das Gift angesilirieben gewesen
sei *). Was Plinius indessen nicht sagt, stebt doch ganz klar
in einem Fragment des allen Grammatikers, dem wir noch so
Aiele Winke über das Innere des riimiseiien Religionswosens zn
danken haben, des Festns**), nnd da es dnrrb so viele Zeug-
nisse der Antoien , IMi'inzen nnd alk'i; Denkmale bewiesen i';t, dafs
eine zabme ^^ nndeisehlange gleichsam zn den nnentbehiüchen
Tempeünventarien des Aesenlapinsdiensles überall, wo dieser ein-
geliiiirt war, geliört habe ***), so lilfst sich schon ans der Ana-
logie beinahe mit Sicherheit schlicfsen, dafs der heilige Drache
ancb hier nicht gefehlt haben könne.
Denn da der AVnnderglanbe der Kranken, die in den Tem-
pelhallen anf eine nächtliche Erscheiunng ( 5^p>),u»T(V/xc;) des Gottes
zu halten, (s. Casanbonus zu Sueton's Vit. Tib. 72. und L u-
dolph, Comm. ad bist. Aethiop. \k IGG.) liabeu lunige aus dem
Zusamnienhange lierausgerissen , und das vulgoijue pascitur noch
auf die Epidaurische Wunderscldauge bezogen.
*) Das einst berühmte Antidoton , welches Galen, de antidotis II,
14. p. 922. in 16 Versenvaus dem Eudemus citirt, und welches
am Eingange des Aesculapinstempel zu Kos angesciuieben gewesen
sein soll, liat Plinius XX, 24. s. 100. so angeführt: composi-
tioneni , iucisam lapide versibus in linüue aedis Aesculapii. Diefs
haben 3Iehiere , z B. auch La Lande, vom Aesculapinstempel
zu Ilom erklärt, was doch dem Plinius, der hier aus einem
Griechen cornjülirte , gexnl's nicht in den Sinn kam.
**) In der schon weiter oben angeführten Stelle s. v. in insula
heifst es nach den Worten : in insula Aesculapio facta aedes fuit
ferner: ejusdem (^sc. dei ) esse tutelae draconem, qnod
vigilantisbimum sit animal, fjuae res ad tuendam valetudineiu
aegroti maxime apta e.-^t. Canes adliibentur ejus templo, fpiod is
uberibus canis sit nutritus. Der Autor, den hier Festus excer-
pirte, vielleicht Varro, sah doch hierbei oli'enbar auf die zu seiner
Zeit und von jelier gewöhnliclien Tempelthiere beim Aesculapius
auf der Tiberinsel,
***) Man sehe aufser den von Fabricius in bibliograph. aiitiqu, p.
313. angeführten die weitläuiige Compilatiou des Lami, so]>ra i
serpenti sacri in der Saggi di Dis.-Arlazioni di Corloiia, T. IV.
p. 54. ff.
125
warteten *), (iiiieh etwas Si eist ha res gestärkt und ihre Phan-
tasie dadimh zum SouiiiaiulMilisnnis hegelstert werden niufste, so
war geiaile dieser Teinpeidiarhe ein sehr bequemes Werkzeug
für das Gaukelspiel der Piii.'ster, die ihn nun nach Willkür er-
scheinen , den Kranken die Auiien und Ohren lecken und andere
dergleichen üleud werke machen liel'st'n, durch weiche wenigstens eben
so gilt , als in unsern Tagen durch die berüchliglen magnetischen
Maiiijnilalioneu , wnndersüchiige Kranke desorganisirt und , weil
der Glaube Alles thut, zuvM'ilen auch wohl geheilt weiden konn-
ten **}, Nichts ist merkwürdiger in vieler Rücksicht als eine
Stelle des Aristo|)haues iu der Komödie, dereu gaiizo Verwickelung-
auf einer Incubation im Tempel des Aesculap uuweit Athen be-
ruhte, im Plutus. Der Si lave Carion erzählt, wie es des Nachts
in der Halle des Tempels, wo mehrere Kranke die Hilfe dea
Gottes erwarteten, zugegangen sei. Er habe, nachdem alle
Lichter ausgelöscht worden seien, uud der Priester ihnen
sämnillich geboten babe, die Erschtinnng des Gottes in ehrfurchtsvoller
Stille alizuwatleii , der Begierde niciit widerstehen können , dem
Brcitoj>f eines allen Mütterchens, das auch mit hier lag, zuzuspre-
chen. Als diese, führt er fort, durcli das Geräusch geweckt, zur
Verlheiilignirg des Bi-eitopfes ihre ilarid ausstreckte, da zischt*
ich und zwickte sie in i t d e ii Z ä !i n e n , als w ä r' i c h
die heilige B a c k e n s eh 1 a n g e. Sie aber zog die Hand
eilig zurück und verkioch sich vor Furcht hinter
ihre Decke ***). Diefs Aheuleiier eirdigt sich dann mit einer
•wirklichen Erscheinung- des Aesculap, in Gefolge seiner Töchter.
*) Sprengel, Geschichte der Arzneik. I, 129. not, 34.
**) Die Parallele zw isdien jeuein Somnanihiilismns in den Aesculapius-
tenipeln und dem Mesineii.'-fJien j\iagneti:;mus ist zu auffallend, als
dals sie in nnseien Tagen hätte übersehen werden können. Siehe
K i n d e r l i n g's S o in n a m b n 1 i s ni u s unserer Zeit, mit der
Incubation verglichen, Diesd. 1788. Schade, dafs die aus
Meibom, de incubatione. Heimst. 1659. genommenen Materialien
nicht noch mit meluerem Scharfsinn behandelt worden sind. So
bätte zum Beispiel das meikwärdige Kapitel im TranmbncJie des
Aitemidor IV', 24. p. 214 if., wo di'rTraumphilosopIi die Selbst-
verschreibungen der Incnbanten verlacht — ov 'y-''? ''■« oi^w/xiv«
yi^A'-jpovaiVf ocXX oc« av avroi xXdcujrrtv, besonders eine Yergleich-
ung mit den Vorschriften der Clairvoyans verdient.
**♦■
) Aristophanes in Plut. 682 — 692. Die Hauptstelle — c-uf/^af s-ycL
üöir; ikit h i ij.-/)'j , cL-; ttcx^skt; wv 'nP's'» wobei Bergler's An-
merkung verglichen zu werden verdient.
126
So sehr min auch, hier Erdichtung mit Wahrheil vorinischt sein
inaj!;, so zuverlässig,' können wir doch ans dieser Slelle auf die
Rolle scliliefseu, die diese heiligen Schlauü,eu gcwülmliili in den
Aescnlapiusteni|»t'ln zu spielen hallen. AVic unenll»elirlicli sie hei
allen deri>leichen Gaukelspielen waren , ersieht mau auch deudicli
aus der Geschichte jenes Lüi>enpropheten Alexander, dessen Be-
triiü,"ereieu Lucian in einer eij^enen Schrift so meislerhalt ii,eschil-
dert hat. Er kaufte sich eiue ij;rofse zahme Schlan;;t', wie sie in der
Geü,end von Pella in Blacedonieu häulii'- i;i'fun(k'n wurden. Diese
stellte den leihhalten , aus einem Ei wiedergehorenen Aesculapius
vor, dessen Priester, der \Yunderthäter Alexander , den sich hinzu
drän"»enden Gliiuhiiien eine Audienz ertheilte, ohne den 8chlanii,en-
gott seine Künste machen zu lassen *). Daraus erklären sich aher
auch so viele Basreliefs, Gemmen und aiulere Kunslweike, die
wir hier und da noch heut' zu Tage in Antikensanimlun<>eu liu-
deu , wo Genesene diese hilfreiche Schlange nehen dem Aescu-
lap und der Hvgiea oder auch allein zur Dankbarkeit ahbiidea
liefseu **).
*) Lucian im Alexander oder Pseudomantis c. 15. T. II. p. 225.
c. 26. p. 234. u. s. w. oder in Wieland's üebersetznng Tli.IlF.
S. 183. If. Die PelläiscJie Schlangenart scheint mir übrigens mit
der Epidaurischen ganz einerlei zu sein, wie anch Casaubonus
schon zu Sueton's Tiber. 72. angemerkt hat.
**) Z. B. in Gruter's Inscript. LXVIII, 4. Ein selir merkwürdiges
Basrelief, das Tournelort in dtr Kirche zu Metclinus auf der In-
sel Samos eingemauert fand und in seinen Reisen abgebildet liat,
(_Voyage du Levant T, I. p. 167. edit. Anist. 1718. in 4.) erhält
hierdurch mancherlei Aufklärungen, die ihm Tournefort selbst
nicht geben konnte. Um einen Kranken, der im Bette liegt, sitzen
und stellen mehrere Personen. An seinen Füfsen windet sicli eine
grofse Schlange hervor. Vor dem Bette stellt ein Dreifufs mit Arz-
neien, worunter eine Zirbelnufs, nux pinea , (^ein Hanptstück in
der mateiia medica der Alten, s. D ios cori d. I, 87. und Foes. in
Oecon. Hipp. s. v. CT^oßtkij , das Aesculap selbst einem Kranken
empfahl, s. die Votivtafel bei Gruter p. LXXI. v.inxou? ar^s-
ßtkov^ vergl. Sprengel, Geschichte der Medizin I, 185. N, Ausg.)
sogleich in's Auge fällt. Ich linrle in dieser Vorstellung eine Votiv-
tafel, die ein Wiedergenesener dem Aesculap, der ihm im Traume
ein Kecept verschrieben hatte, zum Andenken an diese wunderbare
Hilfe weiliete. So ist auch hier die Schlange sichtbarer Stellver-
treter des heUendeu Gottes, wie auf einer Münze des Nero, wo
eine weibliche Figur, auf dem Bette liegend, eine Schlange
füttert. Man hält diese Figur fälschlich für eine Isis oder Hy-
127
Indefs erlaiihe ioli mir hierlioi noch eine andere Muthmafsang.
W:iii! «lipse itogiiiiidct , so li;il(o das Aosculapinsorakol und die
lu'iliiie Sclilaiiii,o auf der TüitMinsel auch in der Sfaatsrelij^ion der
lloiiier zu «ewisseii Zt'ileii keine uanz unitedouleiide Rolle gespieJt.
Jeder, der nur einii;e alle Kunstwerke j^esehen , oder auch nur
die dahin !2,eliöri,i!,eu Münz- und Kupl'erhiicher einmal durchgehlältert
hat, kennt die auf Gemmen, Münzen und Reliefs so hänlio- vor-
kemmcnde Vorstellung, wo eine weihliche Figur aus einer Sehale
eine StLIange füllerf , die entweder auf einem Altare vor ihr sieb
erhellt, oder zu ihren Fiifseii sich aufrichtet, oder von ihr seihst
in der einen Hand gehalten wird. Die Alterthumskenner und
Numismatiker sind längst darin üherein gekommen, dafs diefs
die Göttin Hygiea oder Salus, wie sie die Römer nannten,
die hilfreiche Tochter des Aesculap, bezeichne, und dafs das hil-
deude Alterthum unter dieser, der lieblichen Schlangeuwindung
lind schönen weihlichen Figur wegen , dem Künstler so ange-
nehmen Yorslellu iig jeden Wunsch oder Dan k f ü r G e-
nesiing und ^^ o h I s e i n allegorisirt habe. Dicst^ Allcüorie
jist indessen ihres häutigen Gebrauchs wegen so vieldeulig und
vieliimfassend geworden, dafs nach Allem, was die Gelehrten zum
Theil seihst in eigeiieu weitläufigen Abhandlungen darüber *) aii-
giea ; da es vielmehr wahrscheinlich eine Votlviniinze für die ge-
nesene Poppäa ist. S. JMediob. p. 91. 93. Ekhel Catal. T. II,
p. 558. N. 10.
*) Bekannt sind die Abhandlungen des Claude de Boze, snr le
cnlte, fjue les anciens ont rendu a la Deesse Sante. Paris 1705.
8. und des William jMusgrave, dissert. de dea Salute, in qua
illius synibola, teinpla, statuae, numi, inscriptiones exhibentur
atqne ilUistrantur. Oxon. 1716. und Londini 1717. 4. Die Ab-
handlung des de Boze, welcher diese ganze Schlangenvereju-ung
und Wahrsagerei noch nach der alten Manier von der Satans-
schlange im Paradiese ableitet, hat Wolter eck in seinen Electis
rei niimariae p. 23. seq. in's Lateinische übersetzt und in Auszug
gebracht. Manclies sehr Brauchbare lindet man auch in des Alt-
dorfer Polyhistors, Job. Gottl. Schwarz, dissertat. de Aesculapio
et Hygiea, diis salutiferis. Alt. 1742. 4. Aber die Materie ist bei
Weitem noch nicht erschöpft. Die zahlreichen Münzen, (s. Rasche,
Lexicon rei univers. numar. T. IV. P. I. p. 1611—1672.) Gemmen
(s. Winckelmann, Description des pierres gravees du Bar. de
. Stosch n. 1417—1432. p. 224. f. und Raspe in Tassie's Cata-
logue n. 4117 — 4176. p. 258. ff.) und Inschriften sind bei AVeitem
noch nicht genug geordnet und nach ihren ganz verscliiedenen
Beziehungen zusammengestellti
128
gemerkt haLcn , noch immer sehr Vieles darin verworren und un-
entwickoU ij,eblieheu ist. Es ist liier nicht der Ort, wo alle diese
Dniikellieileii durch i»enaiiere üii(ersiK"luin.'>cn aiifa^cliellt wenleii
köiiiileii. Was ich am meisten hierbei vermisse, ist eine befrie-
digende Antwort auf die Frage, die doch einem Jeden, der diese
Vorstelhing so anfserordentlich oft auf alten Mtinzen und Geunneu
eil)lickt, zuerst heifallen m«ifs: woher kam es, dafs man
gerade die Dea Salus immer so vorstellte, dafs sie
eine Schlange füttert? und warum machte man ge-
rade diese Handlung- zum all g e m c i n beliebten S y ui-
b 0 1 der Genesung-, der Gesundheit, des allgemeinen
"Wohlbefindens"? — Die gewöhnliche und gleichsam herkömm-
liche Art, diese Frage zu beantworten, indem mau sagt, die
Schlange sei nun einmal, der ihr angedichlek'n oder wirklich bei-
wohnenden Heilkräfte und prophetischen Instincte wegen, die un-
zertrennliche Gefährtin des Aescnlap und seiner Tochter, ist viel
zn oberliächlich und berührt die eigentliche Schwierigkeit gar nicht.
Die Sache aber wird auf einmal dentlich , wenn man anuininit, dafs
diese Schlangenfütternng' nichts minderes als eine Art von medicinischer
Wahrsagerei sein könne, wo man ans dem Fressen oderlNichtfressen
der Schlange anf die Genesnng oder Yerschlimmerung des Kranken,
oder auch wohl anf Glück und Wohlstand eines ganzen Staats
Schlüsse machte, und in der Folge diesen Actus der Schlangeu-
befragnng znni aligemeiuon Symbol eines Gelübdes für die Ge-
sundheit einer geliebten Person, oder bei Münzen, die der Staat
priiiien liefs, für das Wohlsein des Regenten und der salns publica i
überhanpt erhob. Natürlich folgte hieraus auch, dafs die dabei abge-
bildete weibliche Figur selten, oder vielleicht nie, die Göttiu Salns
selbst sein könne, sondern gewöhnlich nur eine Priesferin, Jung-
frau u. s, w., die eigentlich im Tempel diese Ceremonie verrichtete,
vorstelle. Das Fressen oder Nichlfressen der Tempelthiere war,
wie bekannt, ein Hauptpunkt bei allen alten Angtuieu und Walir-
sagerküiisten. So also auch bei den heiligen Schlangen. „Die
Epiroten," erzahlt Aelian *) , „unterhielten in einem dem Apollo
geheiligten Haine Schlangen , Abkömmlinge des Pythischen Dra-
chen. An einem jährlichen Festtage ging die Priesterin, welche
eine Jungfrau sein nnifste , ganz entkleidet **) hinein und
brachte dem Drachen Speise. Blickte nun jeuer die Priesteriu mit
*) De Anim, XI, 2. p. 609. GronOV.
**) Entkleidet war sie vielleicht in eben der Absicht, wclclie Aelian
in andern Stellen XII, 39. p. 7J6. VI, 17. p. 327. andeutet, und
in welclier noch lieut' /u Tage die Neger in Guinea ilire Weiber
und Töchter ihrer Fetisciien-Schlange , der serpens boa , darbieten.
229
Sanftmnfh an nnd {^eiiofs er geni von dem mit Honig- gekne-
teten Mehlleige *) , so bedeiUete diefs ein friichtbates nnd gesundes
Jahr ( fj£-/i'Ma-j y.a] srof avoffov ). Sali Cr iiliCr grimmig aus und
verscliinälile er die Speise, so folgerte man daraus eine sehr schlimme
Vorhedeulmig. " Noch inleressan(er war in dieser Rücksicht das
jährliche Gesiindheits- und Fruchtharkeitsopfer , das beim Tempel
der Jnuo Sospita zu Lanuvinm , einer alten Stadt in Lalinm , dem
lieilige» Drachen von nnhelleckten Jungfrauen dargebracht «erden
niufsle, nnd welches als eine berüchtigte Juugferiiprohe dama-
liger Zeit noch unter dem Augustus jährlich die ganze schöne
"NVelt aus Rom nach Lanuvinm zog **). Auch hier entschied das
Fressen des Drachen nicht bios über die Keuschheit der Jungfrauen
denn diefs war eigentlich blos ein zufälliger Unisland dabei , son-
dern auch über die Fruchtbarkeit und die gesunde AYitternng des
ganzen Jahres ***). In Aegypten hatte man mit einer Art zahmer
S. Barbot's Descrlption of Guinea p. 341. nnd die scharfsinnige
Abliandlung des de Brosses über den Dienst der Feti-
schen-Götter C^Tebers. Berl. 1785.) S. 28. ff.
*) Aelian nennt das, was die Schlangen bekommen, /:^SiX('y//«ra,
d. Ii. Honigkuchen, /vcsXiTTCjroj , ^yie aus der Stelle des Pliilo-
stratus, ^'it. A. T. YIII, 19. p. 3C3. erliellet. Gewöhnlich heifsen
sie aucli f^ä^ai , melle soporatae offae, Virg. Aen. YII, 420. Es
war also ein feiner Teig von Gerstenmehl, mit Honig durchkne-
tet. S. Sprengel's Apologie des Hippokrates Th. II.
S, 361.
**) Die zwei Hanptstellen über diese jalirliche Schlangenbefragung zu
Lanuvium sind beim Properz IV, 8. 3 — 16. und Aelian, de anim»
XI, 16. p. 627. Diefs Frühlingsfest liatte ursprünglich keine an^
dere Absicht als die prophetische Schlange wegen der Frnchtbar-
keit des Jalires zu befragen. Da diefs aber unter Aufsicht einer
Priesterin (^is^six rov csßo/j.&vou g!^ Aft/asus-i'uj [k Aavohßio^]
Sf«v.:vrof, Plut in Parall. Gr. et Rom. XXIV^, p. 233. Frf ) dnrch
reine Jungfrauen geschehen mufste, so wurde das Fest zugleich
als eine Art von Ordaliura, als Jungfrauenprobe, dergleichen das
Alterthum viele kannte, s. Fabricius, Bibliogr. Ant, p. 607»
s. Y, Parthenoma ntia, angesehen und zog eben dadurch so
viele Zuschauer aus Rom und der ganzen Gegend herbei. S.
Volpi in der Fortsetzung des Cörradini, Latium vetus profa-
nnm T. V. libr. VIII, 4. p, 55. ff. und einen Aufsatz von mir:
die Jungfernprobe zu Lanuvium im Gothaischen
Taschenkalender 1795»
♦**) Proi)erz am angeführten Orte V. 14. Clamant agxicolaej feitilis
anmia eritl
Böttiger'i Kleine SchTiftelit. ö
Scilla 11 j>on, «lie die Sjiracho «los Aberglaubens gute Genion
CAyaSchal/xcvni) naiiiilo *), plion die Art von Wahrsaoorei **), und
icb zwcilln iiiclil , diils sieb davon nocb oine Mongo anderer Spu-
ren, besonders im Orient, wob<'r alle diese Walirsagerkünsfe ab-
slannnten , jnii'Hiiden lassen ***), so wie man aiirb anfser dem
Fressen «1er Srlilan^e noch eine andere Art von Scblaniiendivinalion
bei der Opfeillamme liafle, die bänfi«;,- anfallen gesclinidenen Sleinon
Torkomnit und gewübnlicb gar niclit verstanden worden ist f).
♦) Siehe den Excurs am Ende der Abhandlung,
**) Hierlier rechne ich auch die bei den attisclien Geschicbtssclireihem
so bekannte lieilige Schlange im Parthenon zu Athen, S. Menr-
sius in Cecrop. c. XX. und Wesseling zum llerodot S, 638,
34. Auch sie war zu Walusagereien und Augnrien ttestinunt. S.
Her od et VIII, 41, und man erinnert sich hierbei, dafs die Mi-
nerva auch Hygiea, Minerva medica, war. S. Sprengel's Gesch.
der Arzneik, I, 75. und Zorn's Minervam medicam.
***) Man kennt die Schlangenbesclnvörer, D"^\yn ; , ans den Scliriften
der Ebräer. Diefs geschah eben so oft der Wahrsagerei wegen,
S. Bochart, Hieroz. II, 3. 6. nnd die fieifsigen Collectaneen in
Warnekrofs, Ebr. Altertli. S. 542, Neue Ausg.
•J-) Man findet auf vielen alten Gemmen einen Opfei-priester , oder
auch ein Mädclien, die eine Scidange an die vom Altare auflo-
dernde Opferüanime halten. Älerkwürdige Gemmen der Art findet
man in Gori, Museum Florentinum Tom. I, tah. LXVIII. 6. 7.
Tom. II. Tab. LXXIir. 4. Vergl. Tassie's Catalogne n. 4161— 4167.
Winckelmann, der in seiner Description de pier. grav. du B.
de Stosch n. 1423. p. 225. einen Carniol aus der Stoschischen
Sammlung mit eben dieser Vorstellung erläutert, sagt geradezu,
diels sei ein Oj)fer dos Aesculap, wo ihm eine Sclüange auf dem
angezündeten Altare geopfert werde. Raspe, der seinen Vor-
gänger so gern abschreibt, erklärt es frisch weg auf melireren
Gemmen so : a man , a woman sacrificing a sei-pent a1 a lighted
altar. Wenn der gelehrte Chr. Gottl, Schwarz eine älinliclie
Gemme aus der Esc henbac bischen Sammlung, v,o bei einem
ländlichen Bacclnisopfer gleichfalls ein alter Mann eine Schlange
an die Opferflamme liält , in den Miscellaneis pofitioris humanita-
tis c, III. p. 82, f. erklären will, so verfällt er gar auf die Bac-
chantinnen, die zuweilen geröstete Scidangen gefressen hätten.
Wer fühlt nicht das Ungereimte dieser Erklärungen 1 Nie wurden
Sc]dang»-n geoi)fert oder verbrannt, da man ihnen selbst vielmehr
opferte und Altäre anzündete. Etwas \ernünftiger ist daher schon
Gori's Erkläning ad Mus. Florent, T. 1, p. 136,, die Aescula-
131
Das Lftniivische Sthlangenauguniim ist anf inelirereii löini-
schen Familienmünzcii gerade so abgebildet *) wie die sogenannte
Dea Salus auf vielen spiUein Kaisennüiizen iiud gesclinittenen
Steinen. Audi war nach einer ricb(igen Bemerkung nielirerer
Altertbuinsforsiber die Juno Sospita oder Sispila niobis Anderes
als die Hvgiea der Griecben und die Dea Salus der Römer selbst.
Es ist ferner auffallend, dafs diese weiblicbe Figur, die einen
Draciien füttert , als Symbol der salus publica und der Genesung
der Kaiser, eigentlicb nur anf römischen Münzen vorkommt **).
Sollte uns nun diefs Alles nicht zu dem höchst wahrscheinlichen
Schlüsse berechtigen , dafs man in Rom selbst auch einen solchen
heiligen Drachen gehabt und zu ähnlichen Wahrsagerkiinsten ge-
braucht habe? War nun aber anf der Tibcrinsel im Tempel des
Aesculapius wirklieb eine beilige Schlange vorhanden , wie ich im
Vorhergehenden zu erweisen gesucht habe, was war natürlicher,
als dafs man sich ihrer auch bei jenen Augurieu bediente?
Und hierdurch würde sich nun anf einmal jenes räthselhafte
' nnd bis jetzt so wenig verstandene augurinm Salufis bei den Rö-
mern aufklären, von welchem die Alten als von einer sehr alten
und feierlichen Vorbedeutung zum Wohle des Staats so oft, aber
immer so verworren nnd dunkel sprechen, dafs man selbst durch
die Hauptstelle darüber beim Dio Cassius nur wenig Licht er-
hält ***). Irre ich nicht, so gab eben jenes augurinm Salntis der
piussclilange sei deswegen an's Opferfeuer gehalten worden , ut
creinatae victimae nidore exsatiiraretnr. Allein der wahre Aii(_
schhifs liegt ohne Zweifel in einer besondern Wahrsagerei, wo
man ans der Abneigung oder Zuneigung der Schlange gegen oder
für das Opfer (nvfo//avT£('«, Kaxvo/aavrg/«) allerlei Vorbedeut-
ungen schlofs.
*) In den Münzen der gens Mettia, Papia et Roscia n. s. w. , die
bekanntlich aus Lanuvium abstammten , beim Vaillant, Bog er,
Morelli, Thes. Fam. Rom. T I. p. 364. Siehe Bnrmannum
Secundum ad Propert. p. 855. 856. Daher aucli die Menge der
Schlangenmünzen unter dem Kaiser Antoninus Pins, der aus La-
nuvium abstammte, wie schon im Vorhergehenden bemerkt wor-
den ist.
**) S. die Belege zu allem diesen in Ra sehe's Lex. univ. R. Num,
s. V. salns. T. IV. P. L c. 1609. ff.
***) Aus der Stelle des Dio XXXVII, 24. p. 127. läfst sich nur so viel
schÜefsen, dafs man dieses Anguriiun alljährlich zu der Zeit, wo
keine Armee im Felde stand, mit grofser Andacht, um von den
Göttern das Heil des Volkes z\\ erflehen, (ffwTvj^ii'av xa^i tsS
9*
132
bildenden Knnst die Idee znr fllleo-oriscben Vorstellung Öffentlicber
Geliil)de für das Wohlsein des Renenten nnd des Slaales, und so
litte es wohl keine» Zweifel -weiter, dafs nicht jene nnter gewis-
sen Unisländeu heilsame Cerenionie fiir das Wohl nnd die Gesnnd-
beit des Staates in einer Fiilternn,:;' der Tenipelsehlaniie, die auf
der Tiherinsel nnferhalten wmdo nnd der Ciötliu Salns, Ilygiea,
60 gnt geweiht war als den» Aesenlapins , heslanden hahe *). So
bade also jene in>Mliiiiiische Sehlange aneh znni Blendwerke der
römischen Staalsreligion ihren Beitrag geliefert, nnd eine IMenge
Münzen nnd Denkmäler **) vom Angnst bis znm Gallien herab
erhielten dadnrcb ihre völlige Aufklärung nnd Bedeutsamkeit.
Siicv TT^offaiTfTv) hening-. Die Anspielen inufsten daher vorher
erforscht werden, sonst liatte es seine volle Heiligkeit niclit (ad-
dubitatnm sagt Cicero, de Divin. I, 47 , cu y.aSa^iv Dio ). "Wäh-
rend der Bür{>erkriege war es 44 Jahre unterblieben. Augnst liefs
es wieder begehen, (Sueton in Ang. 31.^ so wie Claudius nach
einer abermaligen Unterlassung von 25 Jahren. (Tacit., Ann. XIT,
23.) Augnrium hiefs es entweder, weil wirklich zu seiner Feier ancli
die Vögel befragt werden mufsten, oder weil überhan])t alle Di-
vinationen und Orakel ^Tirgil, Aen. Hl, 89.) so genannt wurden.
S. Burmann zu Sueton's August S. 4G0. Diefs ist Alles, was
wir eigentlich von diesem Gebrauclie wissen, und was seit Poli-
zian, Miscell. c. Xlll. alle Antiquarien einander nacherzählt haben.
Man sieht hieraus, dafs die Hanptfrage, wie denn aber eigent-
lich und bei welcher Gottlieit diese Befragung stattgefun-
den habe, dadurch noch immer nicht beantwortet sei.
*) Daher nennt sie auch Dio 'Tyiuag o<ävir/^(v , und wenn Ca-
s au b onus zu Sueton's August c. 31, und nach ihm Davies zu
Cicero, de Divinat. p. 123. den Dio deswegen hofmeistern und
lieber to rjjf c-mjtvj^i'ä; otd:'jic/j.cK übersetzen möchten, so bewei-
,seu sie allerdings dadurch , dafs sie sich niclit an die Dea Salus
erinnerten, der diese gan/.e Cerenionie geweiht sein mufste. Doch
.scheint Casaubonus diefs selbst in der Folge eingeselien zu
haben. S. seine Anmerkungen zu den Script. Ilist. Aug. T. II,
j). 198. Hack. Aucl» der gelehrte Zorn bemerkt in seiner Gliick-
wünschungsrede zum neuen lahre de Salutis angurio apud Ro-
manos in seinen Opusc. Sacris T. II. p. 42., dafs hier von der
Dea Salus die Rede sein müsse, was Schläger, de diis ho-
minibus(pie servatorihus §. 17. p, 51. aus einer Münze des Galli-
enus zu beweisen sucht.
**) Hieraus erklärt sich ein merkwürdiges Bruclistück eines alten
Frescogemäldes , w^lclies der Cardinal von Rolian im Jahre 1722
aus Koni nach Paris gebi-acht und dem damaligen Herzog von
133
• Excurs über die ägyptische Schlau j» enverehrnag.
(Zu S. 130O
Es liefse sicli eine eigene, nicht uninteressante Geschichte der ägyp-
tischen Schhingenkünstler nnd Ophiolatrie sclireiben. Sclion Moses be-
diente sich ilirer, als klügerer Tliauniatnrg. Die zahme Schlange Cneph,
Xvoy/3, der 'AyaSoäixi'/^wy der Phönizier und Aegypter beim Philo aus
Bjblos in Enseb. Praep. Evang. I, 10. p. 41., die so oft auf Münzen
(des Nero, s. Zoega tab. XII. Ekliel's Doctrin. nnm. Part. I. Tom. IV.
p. 35.) und spätem Abraxagemmen vorkommt, ist selir alt. Diese leicht
abzuriclitende Scidangenart kam von den phönizisclien Kaiifleuten zu-
gleicli mit dem Aescula pi usd ien s t selbst ( Pausai». VH, 23.
p. 523. und .Scliulz, liist. medicin. p. 116.) nacli Epidaurus , wo die
Pliönizier in frühesten Zeiten eine Factorei hatten, und ist folglich die
wahre Aesculapiusschlange, der o'cp/; -ra^isiaj, wie auch aus den Scholien
. des Aristophanes ad Plut. 690, : i^^T« y-»\ to TOfaÜTOj« ij'&o; ««/ £v t^
'AXs^avöf 81« , zu ersehen ist. Sie wurde in Aegypten als Gesundheit
Orleans zum Geschenke gemacht hatte. Es ist in der Histoire de
TAcademie des Inscriptions et bell. Lettr. T, V. p. 297, ff, ab-
gebildet und erläutert. IMoreau de Mautour, der eine Abhand-
lung darüber vorgelesen hatte, bemerkte sehr richtig, dafs sich
die ganze Vorstellung auf die Verehrung des Aesculap bei den
Römern beziehe, aber die genauere Bestimmung konnte er darum
nicht angeben, weil ihm die wahre Beschallenheit des augurii
Salutis völlig unbekannt war. Die Göttin Roma sitzt, wie ge-
wölmlicli, auf einem Haufen von erbeuteten Spolien, und ilir legt
eine Schlange, die vor ihr sich auf dem Boden erhebt, einen
Lorbeerkranz in den Sclioofs. Die zunächst stellende Figur, die
der französische Antiquar für eine Hygiea ansieht, ist offenbar
der Consul paludatus (im FekUierrnmantel und in völliger Rüstung,
wie dieser vom Capitol zur Armee oder in die Provinz ging, s.
zu Cicero ad Div. XV, 17, und J. Fr. Gronov ad Liv. XXXXI,
10.), der in der Hand eine Scliale hält, womit eben das augurium
Salutis gehalten worden war. Hierdurch wird auch eine Stelle des
Cicero in der Rede pro Muraena deutlich, die schon Pitiscus
angefülirt hat, wo von diesem Augurium als einer Sache des
Consuls die Rede ist. Vergl. den Festixs s. v. maximum prae-
torem p. 232., wo aus den Auguralbeschlüssen bemerkt wird: quod
in Salutis augurio praetores majores — non ad aetatem, sed
ad vim imperii pertineant. Die Prätores majores waren eben die
Consuls. Uebrigens vergleiclie man in Absicht auf das Denkmal
selbst das Basrelief, ein Opfer der Hygiea vorstellend, im Museo
Capitolino T. IV. tab. XL II.
134
und heilbringende Wahrsagerin verelirt (s. Jablonsky, Pantlieon
T. I. p. 84 — 90.) und in der Folge dem medizinischen Gaukels[>iel der
Isis einverleibt. Eine merkwürdige Stelle über ihre Tempelverehrung
steht beim Aelian, de Anim. XI, 17. p. 629., nur dafs der Ort, wo sie
Tempeldiener, r^ä-rs^av y.a^i xfarvjf« gehabt haben soll, nicht MsAiVs)
geheifsen haben kann, sondern MstvjXij , wie schon Wesseling zum
Herodot S. 138, 7. bemerkt Jiat. S, Steph. Eyzant. s. v. MinjX,;,
Diefs lag nicht weit von Alexandrien, wo ja nach dem Scholiasten des
Aristophanes diese Schlangenbrut xu Hause war» Ihre Verehrung ver-
mischte sich in der Folge sogar mit dem Christenthume und die gno-
stischen Oi>hiten oder Sc h langeub rüder brauchten sie selbst beim
heiligen Abendmahle. S. Mosheim's Geschichte der Schlangen-
brüder der ersten Kirche im Versuch der iinpart. Kirchenge-
schichte TJi. I. S. 109. f., wo noch Vieles, aus diesem Gesichtspunkte
betrachtet, zu berichtigen und aus den Talismanen und gemmis Abraxis
des 2ten und 3ten Jahrhunderts zu erläutern wäre. Noch jetzt ist zu
Achmin in Oberägypten an der östlichen Seite des Nils diese Scldaugen-
wahrsagerei, wie neuere Reisende berichten, ganz in der alten Form
gewöhnlich. Eine "Wunderschlange wohnte im Grabe des selig gepriesenen
Scheik Haridi und mufste, wenn sie Kuren verrichten sollte, von einer
reinen Jungfrau, die in ihrem schönsten Schmuck sich ihr näherte, ge-
liebkoset werden. Siehe eine weitläulige Erzählung hiervon im Universal
Magazine 1792. Becembr. p, 432. Vol. XGI.
13j
V.
Aelteöte Spuren der Wolfswuth in der
griechischen Mythologie.
Ätliuu iiit Alterüiiime war eine Ait des ideellen Walinsioiies, da
Mcnsclien auf eiue gewisse Zell in TLieie verwandelt zu sein
j^laubcu *), liinlanglicli bekannt, und da der Fall vorziinlicli ult
voikani, dafs sich Wahnsinnigo der Art einljildeleu , sie wären
Wölfe oder Hunde, so erhielt selbst die Krankheit de» Nanieii
der L} ka u t h r Ol» i e oder Kjuauthropie ( Xumav^^ wir/« , nw
avSfvwxi'a). Die merkwürdigsle Stelle darüber lindet sieh in dem
Fragmente eines grieehisehen Arztes aus dem Zeitalter des Marc
Aurel, des Marcel Ins aus Sida iu Pam|ihylicn, welches Pro-
fessor S ch neide r aus deuiAetius aufs Neue herausgegtdu'n
hat **), Man sieht daraus, dafs die mit diesem Wahnsinne Be-
hafteteu, besonders bei der Annäherung des Frühlings, im Monat
Februar, einen unwiderstehlichen Trieb in sich empfanden, es in
Allem den Wölfen oder Hunden gleich zu tliun und sich die Nacht
über iu einsamen Bei!,räbuifsplätzeu aufzuhallen ***). Aus eiuem
*) Schilderung dieses Wahnsinns in Th. Arnold's Beobacht-
ungen über die Natur, Arten und Verliütung des
Wahnsinns, übers, von Ackermann 1. Th. S. 130. ff.
**) Marcelli Sidetae fragraentuni ts^jJ XvnavSgw-ircu in Schnei-
der's Ausgabe des Plutarch, de puer. educat, (Argent. 1775.)
p. 109. Suidas s. v. Mäj.v.sXXof sagt ausdrücklich, dafs sich ia
dem lieroischen Lelirgediclit des 3Iarcellus in 42 Büchern über die
Aizneikunde aucli eiue Nachricht über die Lj kantlnopie befunden
habe. Diese hat, wie Cocclii in Chirurgicis Graecorum ( Flo-
rent. 1754. fol.) p. 54. sehr scharfsinnig bemerkt, Oribasius
in seinem grofsen Werke von 70 Büchern an den Kaiser Julian
zuerst excerpirt, woraus es denn noch mehr abgekürzt in die
noch vorhandene Synopsis des Oribasius, in den Aetius und
Paulus von Aegina gekommen ist. S. auch Fabricii biblioth.
Graec. T. 1, p. 15. ed. Harles und Sprengel's Geschichte
der Arzneikunde, Th. II. S. 172. f,
***) Mty^^it; -/iixiqoig TT i ^> ( rät /.tvyj/aaT« /xJikiirM hia.rqißo-J'it,
\n der Synopsis des Oribasius und im Aetius steht zwar eine ganz
136
spulem arabisclicii Sclirifistollor, aus Massiidi's golJeiier Wiese,
führt der nclchrle Rh' i s k e vier Stellen aii , woraus zu ersehen
ist, (lafs die Art von ]MeIaiu'hi)lie , die die Griechen y.v>avS-^MirUv
iiaimleu, einmal iui ötea Jahrhuuderle «ach der jj,e\vöhiiiiciieii Zeit-
rechininü,' nobst den Pocken und Glasern unter den Arabern ende-
misch ii;e\vesen sein müsse *). In den dunklen Zeiten des Mittel-
alters lludet man fast iu allen Chroniken und Topographieeu bar-
barischer YölkerschaHen, besonders der nördlichem Gebenden, auch
dieser Krankheit erwähnt, die aber hier die Faibe des Zeitalters
Iräi^t und als ein Teufelsspiel und Blendwerk des leidigen Safanas
abi:,eui;tlt wird. **), Und selbst in den neuen Zeiten nehmen bis
auf Becker's und Tliomasen's Entzauberungen herab die
Bär- oder Welirwülfe in den Hexenprocessen und Teufels-
g.iukoleieu eiueu so bedeuteuden Plutz ein ***^, dafs sich knuia
andei-e Lesart, nämlich ~'^ jx-j'/^ixcirci Siatvsi'youffi, sie eröffnen
die Gräber. Allein diefs wird bei den Griechen elier von den
Toixßwq-öy^Qii oderBegräbnifsdieben gesagt und pafst weit weniger
als die beim Paulus von Ä.egina III. p. 30. b. (edit. Aldiii. 1528.)
und in der Mediceischen Ilaiidsclnift bei Cocchi vorkommende
alte, echte Lesart: viqi t« /^v^/x.xt« SiaT^/ySou?« , sie lialten
sich unter ß egräbnifsplä tz en auf, wo die ^Verrückten von
jeher gern herum spukten. S. I\I e a d , med. sacr. p. 79.
*) Reisk'e, miscell. med, e monument. Arab, p. 9.
**) Vorzüglich sind Preufsen, Liefland und Littliauen deswegen in
einem sehr bösen Gerüche. In Liefland und Curland sollte diefs
Unwesen besonders unter dem leibeigenen Gesinde grassiren. In Preu-
fsen liefsen die Heermeister solche arme Wahnsinnige liäutig verbren-
nen. Die preufsisclien Chroniken sind alle voll davon. Wer Lust hat,
lüerüber nachzulesen, lindet alle diese Wundersagen beisammen in dem
Geuei-alrepertorium des nordischen Unsinns, Olaus Magnus, de
gentibiis Septentrion. Will, 45 — 47. p. 642. seq. (edit. Rom. 1555.^,
wo sich der fromme Bischof über den Unglawben des Plinins är-
gert, der davon nicht» wissen will. Wie viel vernünftiger urtlieilt
der wackere Cambden in seiner Britannia p. 770. (edit. Lond.
1700.3, wo er von den Irländern spriclit, die vordem auch in
diesem Verdachte waren: Quod vero nonnulli liomines quosdam
in hoc tractn quotannis in lupos converti aflirmant, 'fabulosum
sane existimo, nisi forte illa exuberantis atrae bilis malitia, quae
A-jx.avSfüuri'« medicis dicitur, corripiantnr, quae ejnsmodi phan-
tasmata ciet, ut sese in lupos transformatos imaginentur. Neo
ego alind de Lycaonibus illis in Livonia transnnitatis opinari ausim.
Vergl. Keysler's Antiqu. Septentr. V, p. 494. f.
**•*) Ich berufe mich hier nur auf des bekannten Del Rio dihquisilio-
137
zweifeln läfst , es müsse in den damaligen Zeiten dieser Wahnsinn
zuweilen recht opideniisch gewesen sein nnd eben durch die
Menge der Ungliickliciien , die damit behaftet waren , den Hexen-
und Zaiiberghiuben mächtig befördert haben.
Doch die Untersuchung, was hierbei historische Thatsache
nnd was nur Zusatz nnd Ausschmückung des so gern vergrüfsern-
den nnd vcrviolfähigenden Aberglaubens sei, liegt aufser den Grun-
zen einer antiquarischen Abhandlung. Selbst eine sorgfällige Ver-
gleichiiug aller der Stellen bei alten griechischen nnd römischen
Schriftslellern , wo dieses Wahnsinnes oder des damit TCrbundenen
Aberglaubens von Wehrwölfen gedacht wird , ist jetzt nicht mein
Zweck *). Man darf allenfalls nur die Hauptstelle im Satiricon
des Petrouins **) einmal mit Andacht lesen, nnd man weifs
Alles, was das Alterthum darüber gefabelt und mit mehr oder
nes magicas II, 18. p. 220. seq. (edit. Colon. 1657.), wo der be-
rufene Hexeninqiiisitor seine ganze Belesenheit aufbietet, um die-
sen Unsinn zu vertlieicligen. Wie viel billiger ist doch schon der
eluliche Johann Wcilier, der in seinem bekannten BucJie : de
praestigiis daenionum , zwar den Teufel niclit ganz aus dem Spiele
lassen möchte, aber doch sclion in einem eigenen Kapitel von der
Lycantliropie, als einer Kranl<lieit , handelt und die Stellen der
alten vernünftigen Aerzte nicht übersieht. S. IV, 23. p. 474. edit»
Basil. 1577. .So hält es auch der Rostocker beiülmite Jurist, Johann
Georg Godelmann in seinem Tractate : de lamiis Libr. 11. c. 3,
p. 36. seq. (Noiimb. 1676. 8.) für ein bloses Phantasiespiel me-
lancholisclier, aber docli vom Teufel geplagter Mensclien. Merk-
würdig ist, was er, als Augenzeuge, von den liefländischen Bau-
ern dort erzählt.
*) Man findet sie fast alle beisammen in de la Cerda ad Virgil«
Eclog. VIII, 97. und bei Passeratius zum Properz IV, 5, 14.
"*) Petron. c. 62. p. 312 — 14. ed. Burm, Die Stelle ist freilich nur
aus dem fragmento Ti'aguriano, wo der geübte Sittenmaler seiner
Zeit ein paar Freigelassene, also Menschen aus der niedrigsten
Classe sich gegenseitig mit Gespenstermährchen bewirthen läfst.
Allein sie ist doch für die Geschichte dieses Aberglaubens selir
charakteristisch. Das Wort versipellis , welches dort von dem Sol-
daten gesagt vird, der sich in einen Wehrwolf verwandelte, kommt
schon beim Lucilius und Plautus in dieser Bedeutung vor
und zeugt von dem Alterthume eines Volksglaubens , dem Plinius
die Entstehung dieses Schimpfwortes zuschreibt VIII, 32. S 34.
Das Wort versipellis wird in den alten Glossen durch kvaäv2gvjicos
gegeben, S.Saumaise zu TertulUan, de pallio p. 200.
138
wt'iilj^er gii'Heii Failteii aus-^eniaU bat. Die bt-kaunteii Üsel&mt'-
tanioipliosoii lieiiu L ii c i a u und A [ni I c j u 9 •> 1 iiiiideii sirli , alt,
alte Volksinäliichcii, auf eben diesen Glauljeii, und es dar! diiifh-
ans Itei einem allen Dieliler keine Hexensnpjje i^ekoelit vsoideii,
'wobei nicbt die Felzen von einem Webiwolle, wie z. li.
in virnm soliti viiidis midare feriuos
anibigni prosocta ln])I *),
dem riiilienmnfs Saft nnd Kraft gäben. Meine Absidit ist jetzt
nur auf die Beantworlnnij; der Fraye gerichtet: wo findet sieb
nberliain)t die älteste S|inr des Aberglaubens von Webrwölfen ?
und liifst sieb da, wo sieb uns diese Spur zeigt, wirklieb an eine
Art von Wabnsinn denken , dureb welebe der im Altertbiime so
.allgemein verbreitete Glaube an Wolfs- und Tliicrmetamorpbosen
zuerst veranlafst worden sein konnte"? Wenn ancb die Ausbeute
fiir die antiqnilates morbornm selbst nur ganz gering sein sollte,
so ergeben sieb docb \ielleiebt andere niebt ganz uninteressante
'Resultate daraus zur Auflvlärung gewisser Mjlheu und Yorstellungs-
-arleu des Altertbums.
Die früheste Tbiermetaniorpbosc, deren überhaupt in den
^Verwandlungen des Altertiiums Erwähnung geschieht, nnd die auch
'Ovid allen übrigen vorangehen läfst , ist die des arkadischen Kii-
iiigs Lvkaon in einen Wolf. Und hier, glaube ich, entdecken
wir auch die früheste Spur der Lvkanthropie, die, in der Folge in
•so mancherlei Traditionen und Wundergeschichten eingekleidet,
sich docb immer wieder auf diesen arcadiscben Ursprung zurück-
'fübren läfst. Der arcadiscbe Mvtlios von Lykaou erscheint bei
'genauer Untersuchung sehr vieldeutig und gleichsam als Aggregat
'mehrerer Volksüberliefernngen , die endlich in eine Fabel zusam-
'inenireschmolzcn Avurdeu. Ein alter König von Arcadien, dessen
Geschlechtstafel sehr verschieden angegeben wird **) , bat von
•Miebreren Weibern 50 Söhne, deren Gleichnamigkeit mit den vor-
züglichsten Bergen und Plätzen Arcadieus sehr deutlich verrätb,
*) Ovid, Metam. VII, 270. Aebnliche Höllensiippen werden beim
Lucan. VI, 670 — 85. und in der Medea des Seneca p. 706.
if. gekocht. la Steeven's Ausgabe des Shakspeare sind sie
zu dem bekannten Ilexenapparat im Macbeth Auiz. III, Sc, 5. mit
vieler Gelehrsamkeit verglichen worden.
'*) Arn gewöhnlichsten heifst er ein Sohn des Pelasgus, (Apol-
lüdor 111, 8. 1- und daselbst Heyne S, 658.) oder ein Sohn des
Mercurius, Scliol. ad Tlieocrit. I, 12-4. Nie an der nennt ihn
beim Antonirius Liberalis c. 31. einen i.\-.t!,-x^£-wv. So verlor »ich
aläO seine Abstammung ganz in die dunkle Urwelt.
139
dafs es hier nur um einen j^eo^rapliiseben Sfainiubaum aus einer
Wurzel zu tliun war. Zu iinn kommt Zeus als Gast in der
Gestalt eines armen Mannos, und der frevelnde L\kaon, so
sagt die spätere Fabel beim Ovid *), setzt ibm »ekochtes Men-
schenlleiscli vor. Voll Grimm über diese Bosbeit stöfst der Gott
den Tiscb um, auf welchem das scliändliclie Mabl zubereitet war
— die Nadnvelt zeiii,te noch den Platz, wo diefs geseliehen sei,
und nannte ihn T^x-xs^ov; — schlug njit seiuem Donnerkeil darein,
verbrannte die Wohnung des Frevlers und verwandelte ihn in eiueii
scbeufslichen Wolf. Ganz anders lautete die frühere Tradition,
wie wir sie noch beim Apoll od or aufgezeichnet linden '*), Du
theilt nur Lykaon das Schicksal seiner ausgearteten Söhne, die
dem verkappten Zeus unter dem Opferlleiscbe auch etwas von
einem geschlacbteten Menschen vorsetzen , und Avird mit ihnen
zugleich vom Blitze erschlagen. Ein Zusatz zu dieser Tradition
Lifst den Lvkaon mit allen seinen Söhnen, den einzigen Nj-
ctimus ausgenommen, in Wölfe verwandelt werden ***). Aber
mit einer Wolfsverwandlung endigt sich das Tranerspiel doch fast
überall , die Erzählung mag auch übrigens noch so verschieden
sein.
Es hat natürlich nicht an allerlei moralischen Deutungen die-
ser AVolfsmefamorphose gefehlt. „Die Lni Wandlung eines gott-
losen und möiderischen Menschen" sagtD. l^enz, „in einen Wolf
führt auf eine moralische Absiclit dieser Fabel, den rohen Menschen vor
Frevel und Verachtung der Götter zu warnen f)." Rector Mell-
maun, der übrigens mit Recht auf diese moralischen Erklärungen
kein i>rofses Gewicht legen will, möchte doch auch hier die mo-
*) Metam. I, 214. tf.
**) Apollo d. III, 8. I.
***) Apollodor weifs in der angefülirten Stelle gar nichts von der Ver-
wandlung in Wölfe. Er läfst nur den Jupiter so baldige Blitze
schleudern, dafs endlich die Erde selbst ihre Hände aufhebt und
vorbittet ; offenbar eine Anspielung auf vulkanische Ausbiiiclie in
Arcadien, deren Andenken sich in dieser Einkleidung erhalten lial.
Aber Lykophron V, 481, neiuit das ganze Geschlecht A.yx«i-
VD/xi^ipov;, wobei die Scliolien anmerken, Ztü; — sv/oüj tävAi--
xaovs; Tai'Swv tl; Xuv.su; Msrt^aXay, und diefs erstrecken Andere
wieder auf die ganze Nacbkomniensclialt des Lykaon, Vergl. den
Nicolaus Damasc. beim Suidas, s. v. Ai>xawv,
•{■) Lenz, Anmerkungen zu Ovid's Metamorphosen in der Schul-
encyclop. T. III. P. I. p. 68.
140
ralische Tendenz nicht ganz ableugnen ; nur erinnert er zugleich,
dafs sich die Fabel wohl auch zum Theil ans dem Namen Ly-
kaou entsponnen haben könne *). Prof. Schneider, der die
Thiei verwandhingen nach seiner scliarlsinnigen Hypollip.so als ein
von den Priestern und Dichtern angevvandles Versinnliclinng.sniiltel
der Pvtbagorilischen Metemjisvcliose zur AVarnung vor groben La-
stern betrachtet w issen will **) , findet natiirlich in diesem alten
Mythos, wo die Seele eines Mörders und Schänders der heiligsten
Gastrechte in einen räuberischen Wolt" verpllanzt wird, eine neue,
sehr scheinbare Bestätigung seiner Erklärnngsart. Und wer wollte
leugnen, dafs schon die alten Dichter selbst bei der Erzählung
lind Ausschmückung dieser Fabel wirklich au so eine moralische
Belehrung gedacht haben I Die Vi orte Ovid's am Schlüsse der
lürzählung:
— nunc qiioqne sanguine gandet,
fit Inpus, et veteris servat vestigia l'ormac:
Idem ociili lucent, eadcm feritatis imago.
lassen ül»er die Absicht des Dichters nnd die Art, Avie er die
Fabel selbst gedeutet wissen wollte, nicht den geringsten Zweifel
übrig.
Wie nun aber, wenn dieser Lykaon, dessen Abstammung,
Nachkomineiischait nnd ganze Geschlechtsfafcl so vielen Zweifeln
iinterwoifen ist, überhaupt nur eine persoiiilicirte Eigenheit der
Jiltesten Einwohner von Areadien ausdrücken sollte, nach welcher
bei ihnen eine Art von Wahnsinn, die sich bei einem isolirtea
halbwilden Hirtenieben, bei schlechten Nahnmgsniitleln und in
einem ungesunden Klima leichter entwickeln koiinio, gleichsam
endemisch geworden wäre"? Wie, wenn die sogenannte l^ykaiithro-
pie in einigen Familien gleichsam erblich gewesen nnd , da man
solche Menschen Av/iäcva; nannte, nun auch als Nalionalinylhos
auf einen alten König, der auch so geheifsen halten sollte, über-
getragen worden wäre? — AYirklich linden wir im Allerthnme
eine I\Ienge Sjmren , dafs der Glaube au Wehrwölfe recht eigentlich
in Areadien zu Hanse gewesen sei und die Sage veranlafst habe,
die Lykantliropie sei dort sehr gewiüinlich und werde in einigen
Familien durch Anwendung gewisser gftiMischer Mittel nnd Zaiilter-
kräuter vom Vater auf den Sohn und Enkel foi(ge|i(Ianzt. AVir
■wollen zuvörderst einige Zeugnisse der Alten hierüber hören.
*) Coinmentatio de cansis et auctoribus narrationum de mntatis
forrais (_Lips. 1786,) \>. 15.
**) In der Berliner Monatsschrift vom Jahre 1784. März.
s. 197. tr.
m
141
Die Hnn])ls(elle ist lieiin Plinliis *), vio uns der nnerinu-
«leto C'ouipilafor zwei Fiaj-nienle aus »Tiecliischen längst Yerloren
!^oi>;angoiien Scluiflsldloni orliallcn liat. "Evaiitlies, ein nani-
hal'ler griochisclier Siliriftslellor , heritlitct , dafs er bei arcadisrhea
Schriflstfllern **) die Nacljrieht iiefiinden liahe , es werde ans dem
Gesclilechfe des Anthns dnrch's Loos einer bestimmt nnd an
einen arcadisehen See gebracht, wo er seine Kleidnng an eine
Eiche anfhäiige , über den See schwimme nnd, in einen Wolf ver-
wanik'll, 9 Jahre lang in Einöden berumin-e und mit andern
Wölfen sein Wesen treibe. Habe er nnn binnen der Zeit sich
an keinen Menschen vergrüFen , so schwimme er nach 9 Jahren
wieder über den See nnd bekomme seine Gestalt wieder, nur dafs
er nm 9 Jahre älter sei. Anch diefs wird dabei erzählt, dafs er
sein voriges Kleid wiederfinde. — So erzählt Ag ri o j» a s, der
Nachrichten von den Siegern zu Olympia gesammelt hat, dafs
Demänetns aus Parrhasia bei einem Opfer, wo damals die
lArcadier dem Jn])iter Lycäns noch Menschenlleiscb darbrach-
ten, von dem Flcisciie eines geopfeifen Knaben genossen nnd
sich in einen Wolf verwandelt habe; doch sei er im zehnten Jahre
wieder zur menschlichen Gestalt zunickgeführt und Sieger im
Fauslkampfe zu Olympia gewordeu.
So weit die Collectaneen des Plinins, der freilich anch bei
dieser Gelegenheit nicht ermangelt, seinen Unwillen über die grie-
chische Leichfglänbigkeit ausbrechen zn lassen ***) , uns aber doch
einige branchbare historische Angaben aufbewahrt hat. Das Erste,
■was wir aus dem Zeugnisse des E v a n t b e s lernen , ist , dafs,
■wenn bei dieser Fabel eine wirkliche Krankheit zum Grunde Hegt,
diese in gewissen Familien erblich gewesen sein müsse. Es ist
von einer gens Anthi die Rede, ans welcher immer einer damit
befallen gewesen sei. Denn das Uebrige vom Loos u. s. w. ist
natürlich nur fabelhafte Ausschmückuug. Gerade dieser Umstand
*) Vlir, 22. S. 34. Eine sclir corninipirte Stelle! Es -war aber hier
nur um den Sinn im Allgemeinen zn thun,
**) Wahrscbeinlicli Evanthes aus Milet (^Diog. Laert. 1,29.),
dessen /au5ixi in den gelehrten Scliolien des Apolionius I,
1065. angeführt werden. Vergl. J. G. Vofs, de liistor. Graecis
III, p. 364, und Ilardouin, in Ind. anctorum, s. v. Evanth,
***) Mirum est, quo procedat Graeca credulitas. NuIUnn tarn impu-
dens mendaciuni est, ut teste careat Und doch dinlte unter die-
sen unverscliäniten Lügen eine Walirheit verborgen sein!
142
ist Imlofs morkwnnlig- und l)el der Lvkaiitliropic, als einem forl-
erhondcn Ueltol , srhoa läng.st booltaclilol worden *).
Ft'incr lüliit Ulis die Erzäldniiü- von dem Olvm|ilonika D e-
111 a r (• Im s , denn so sollle wohl eigciitlirli slalt Dciuäiiotns
Itciiii P I i n i II s ^»'k'seii weiden, deren auch Paiisauias **) 2,6-
deiikt , auf eine sehr alte SaüC vom l rsprun^e dieser Wolisver-
wandliinji", die Faiisanias in seiner Tonogiaphie aoh Arc.i-
dien etwas weitläiifiiicr anfiüut. Nachdem er die' Fabel von
Lvkaoirs Verwandlung; auf die c,evvöhiilii'he Weise erzählt und
ohne Bedenken schon darum für !i;lanh\M'ir(iii>' erklärt hat, weil
damals die Gölter mit den IMcnschen noch in weit genauerer Ver-
Itinduna; gestanden hätten, und also anch Jupiter wohl einmal
beim Lvkaon eingekehrt sein könne, so eifert er doch gegen
die unverschämten Fahelschniiedc, die auf solche Wahrheiten
ihre Erdichtungen gegründet hätten. „So sagen sie," fährt er fort,
„dafs nach den Zeiten des Lvkaon anch beim Opfer des Ju-
piter Lvcäns ans einem Älenschen ein AYolf geworden sei.
i)och nicht auf seine ganze Lebenszeit. Denn wofern er sich nur
in diesen» Znstande der Thieiheit des iMenschenileisehes enthalten
babe , sei er im zehnten Jahre wieder ein Mensch geworden^
Habe er aber davon genossen, so sei er auf immer ein Wolf
geblieben ***). " Alles , was sich aus dieser verw orrenen Sage
mit Grund schliefsen läfst, ist nngefähr Folgendes: dem Jupiter
L V c ä n s opferten die Arcadier einst , w ie alle «ilte Völker auf
*3 Der P I i n i u s des 13ten Jahrhunderts , der gelehrte Dominicaner
Vincentins von Beauvais, beschreibt die Krankheit nach dem
Isidor folgen derma fsen : Est et qiiaedam nielancoliae species,
quam qni patitur galli canisve similitudinem habere sibi videtiir,
unde ut gallus clamat, vel ut canis latrat. Nocte ad monumenta
egreditur, ibique usque ad diem moratur — talis nunqnam sanatiir,
haec passio a parentibus liaeredi tatur. Speculum Sa-
pientiae XV, 59«
**) Paus an. VI, 8. p. 471.
***) Pansan. VIIT, 2. p. 601. Wie bekannt diese Sage vom Opfer des
Jupiter Lycäus gewesen sei, beweiset unter Anderm anch eine
Anspielung beim Plato, de Rep. VIII, p. 565. D. oder T. YII.
p. 228. ed. Bipont. , wo die Tyrannen mit diesen Wolfmensclien
vergliclien werden, und der //iii'oj öj vEfi ro i-j 'A^xäSi'« to
ToC Aio; Tcv Avutxiov U^ov XlysTat , kurz so angeführt wird :
0 yivcäfxsvog rov ävSowxi'voi; crxXayj^voü , av akkcig aXXwv n-
^iiwv »vaf iyKoiTC(i*si*tyiJiiVQU , «väy>t>j 5^ tcutw Xukw yivis^oci.
143
oJner gewissen Binfc dor Halbcnldir, Menschenopfer, Nun vor-
ln'oitete sieh der Glaiiho, dafs derjciiii^e , weh-lier an diesem schänd-
liolion Opfernialdc Tlieil nälinie , in einen Wolf verwandelt nnd
nnr dann von dieser Strafe befreiet werde, wenn er sich in dem
lieilin-en Cvcins von dreimal drei Jahren alles Menschenlleisches
enthalten hahe. Einii^e Spnren der Lvkanlhropie sind anf jeden
Fall anch hier nnverkennhar. Der Kirchenvater Ang-nstin *)
hat nns in seinem Werke de civitate dei noch ein Fragment des
Varro anfhewahrt , worin alle diese Fabeln von den dnrch's
Loos zur Lykanlhropie bestimmten Arcadiern nnd dem ülvmpi-
seben Sieger Dem änetns gerade so erzählt werden, als heim
PJinins, wo aber der Schlnfs besonders merkwürdig ist; „Ehen
defswegen, glanbt Varro, habe Pan nnd Jupiter in Arcadien
den Zunamen Lycäus erhalten, weil diese Verwandlung- der
Menschen in Wölfe die Veranlassung- dazu geworden sei. Au'xo?
heifst der Wolf, und davon komme Xw.alog her. Auch mochten
wohl die römischen Luperealien aus eben diesem geheimen Ur-
sprünge abstammen **)." Diese letztere Mnthmafsung ist in der
Th.it sehr scharfsinnig. Wir werden in der Folge noch einmal
darauf zurückkommen. Zum Beweis aber, wie allgemein die Ar-
cadier dieser Ljkanthropie im Alterthunte bezüehliget werden , mag'
hier auch noch die Stelle aus einer Plautinischen Coniödie einen
Platz finden, welche hinlänglich beweiset, wie ausgebreitet dieser
Volksglaube gewesen sein müsse. „Es ist wahr," sagte der über
die doppelte Erscheinung des Sosias erstaunte Amphifruo,
„es ist wahr, was ich erst von den Arcadiern erzählen hörte,
dafs die Familie des Anthus sich in Wölfe verwandelt habe und
in diesem thierischen Znstande von Niemand erkannt worden
sei ***)•''
*) Aiignstin., de Civ. D. XVIII, 17, T. IT, p. 589. edit. Frft. Sie
ist ohne Zweifel aus des Varro gelelirtem Werke, «las er dem
Julius Caesar, dem damaligen Pontifex Maximus, zuschrieb,
antiquitates rernm divinannii , genonunen und wahrscheinlich selbst
vom Plinius excerpirt worden,
**) Nee idem (^sc. ^"arro ) i)ropter alind arbitratnr ab liistoricis in
Arcadia tale nomen aflictum Pani Lycaeo et Jovi Lycaeo, nisi
propter hanc in lupos hominum mntationem, qnod eam nisi vi di-
vina üeri non putarent. Lupus enini graece Xuxos dicitnr, unde
A-jy.txicv nomen apparet inflexnm, Romanos etiam Liiporcos ex
illorum mysterioriim veluti semine dieit exortos. Varronis fragin.
edit. Bipont. p. 362. Aus dem Augustin hat es Tsidor. , Orig.
VIII, 9, abgescluieben.
***) Die ganze Stelle ist zwar nicht vom Plautus, aber doch gewifs
144
Aber vohor kam es denn, ilafs gerade in Arcadieu sich ans
üem eiilfernlestcii Altcrtliiiiue so viele S|tiireii einer Kranklieit zei-
f^eo , von der die iil>rii!,eii Grieclien weiiijjf oder j>ar nielils Jiownfst
zu haben stiieinen? — Folgende Bemerkiiiii>ea werden vielleiebt
das jianze Rätbsel ziemlich befriedii^end auflösen können. Die
Arcatlier erhielten sich als ein TImmI jener Pelasger, die die
nrsprüi>g;lich ältesten Bewohner Griechenlands waren, in ihrer luit-
telländischen Wald- und Berugei'end *) am län<;sten unverniischt
und ohne Zusatz fremder Cultur und Yerfeinernnu,-, die das iibri<j,e
Griechenland mit seinen hundert Küsten, IMeerbnsen und Inseln
60 wiiliy nnd so früh durch fremde, von Kleinasien, Pliönizien
und Aeij^vpten berüberströraende Colonisten aufnahm und bei sich
cedeihen liefs **). In den ältesten arcadischen Volkssagen findet
sich daher die früheste Geschichte aller Ürbewoluier Griechenlands
znsanimengefafsl ***). Die Arcadier , das heifst hier überhaupt,
Pelasger, wachsen, nach dem bekannten Kinderbegriff der Ur-
welt, aus Baumstämmen und aus der Erde empor. Pelasgus, ihr
ältester F'ürst — wer fühlt aber nicht, dafs hier nur der Name
des ganzen Stammes auf eine einzige Person übergetragen sei"?
— lehrte die rohen Menschen , nach dem Pausanias f ) , zuerst
Hütten bauen , sich aus borstigen Scinveinefellen eine Kutte machen
und statt der ungesunden Kräuter und Wurzeln die schraackhafferii
Kastanien nnd Bucheckern geniefsen , woraus die bei spätem
Schriftstellern so bekannte ßocXcxv>](pxyix der Arcadier entstanden
von einer alten Hand in Amphitr. IV, 4. 1. Statt des sinnlosen
Atticos homincs in der Gronovischen Ausgabe lese ich mit Har-
douin ad Plin. VIII. Kinendat. LXVIII. ]). 490. anticos i. e. ab
Anto s. Antlio oriundos.
*) 'AfKaSs?, sagt Pausanias VIIl, 1, p, 598., to svrog o/x.oüjrv «xo-
kXsis/vCevoj SaXäffd-yj -TfavTctj^sSsv. Daher erliielten sicli die ältesten
Bewohner so lange unverniischt und nannten sich «'JtÖj^Sovs;,
Nach dem Stral)0 VIII, p. 595, "^A homl x«koiiiTixroc s"5v>j itvxt
T« ApKaSiX« TUJV Ekkvjvwv,
**) Herder's Ideen zur Geschichte der Menschheit, Tli. III, S.
170—174.
♦**) Arcades ex antiquissimis Graeciae popnlis e Pelasgica stirpe super-
stites. — Traxernnt itaqiie ad se siljiipie vindicarunt omnes fabulas
generis Pelasgici tanqnam silji proprias. Habiierunt apud se generis
huniani origines, artium rudimenta, religionnm a Jove ductarum
elementa etc. Hejnius ad Apollod» p. 655. s,
t) VIII, 1. p. 599,
145
ist *). Man sieht liier dio ersten Fortsclirlde der Cnltur eines
sieh ans der roheslen Wildheit nach nnd nach entwickelnden Vol-
kes. Mit der Zeit dämmerten in diesem Znstande der Halbcnltnr
auch einige Be»nlTe üher Verehrnng- der Gölter, Tempel und
Ojjferdienst. Daher wiid Jnpiter in Arcadien geJioren **) , nnd das
Tlieater der Kindeistreiche des Mercnr liegt, nach der bekann-
ten Homer ischen Hymne , in einer arcadischeii Grotte ***). Sagen,
die sich eigentlich anf den ganzen pelasgischen Stamm beziehen,
sind in diesen Uebcriiefernngen von Jnpiter nnd Mercnr nnr auf
das Land und die Völkerschaft eingeschränkt worden, die die
pelasgische Bevölkerung- nnd Abkunft noch nach Jahrhunderlen nn-
verfiilscht bei sich erhielten. Arcadien war ein Land voll Wälder,
Sümpfe nnd Viehweiden f), die Einwohner Hirten , die unauf-
*) S. die Scholien znm Apoll oni u s , Argon. IV, 165. Gognet,
de rOrigine des Loix T. I, p. 72. (ed. Paris. 1758.) Gesner
'zum Claudian S. 578. f.
**) Origen. contra Cels. lib. III. 43. p. 475. Ced. de la Rue.)
***) Diese Hymne auf den Mcrcur ist für den pelasgischen Mythen-
Cychis äufserst merkwürdig. Sie darf nicht lange vor das Zeital-
ter des Aeschylus gesetzt wei'den und bedarf vor allen andern
einer kritisclien Bearbeitung. Möchte uns doch Herr H. R. Yofs
bald seine versprochene Uebersetzung nebst dem Commentar dazu
schenken.
•f) Sümpfe und stehende Gewässer in den tiefen Thälern, ßäna^nec
oder ^iosSna nach der alten pelasgischen Ausspraclie, die sich
später noch in Macedonien erhielt, (s. Strabo VIII. p. 596. B. und
zum Hesychius T. 1. c. 1582, 17.) machten durch ihre be-
ständigen Ausdünstungen die Luft feucht und kalt, nach dem aus-
drücklichen Zeugnisse des Aristoteles, Problem. XXVI, 61.
T. II. p. 806. (ed. Du Val.), wo doch die Worte : Sri ij 'Apv.aS/«
o/jioia ytviToct Te7f iXwhsai , olfenbar aus einer Randanmerknng
in den Text gekommen sind. Die alte Sage, dafs Arcadien einst
olme Flüsse und Quellen gewesen sei und daher auch die ältesten
Bewohner "A^y^vs; nnd 'AT/5«v>)Sf geheifsen liätten, Q s. zu Cal-
limachns, Hymn. in lov. 14. If) stimmt damit völlig ubcrein.
Denn erst hei mehrerer Cultur des Landes wui'den die Flüsse ein-
gedämmt, Kanäle gegraben und frische Quellen entdeckt. Man
vergleiche Barthelemy, Voyage d. j. Anachars. T. V. p. 214.
ed. Paris. Eine dort übersehene Hauptstelle ist beim Phi lo-
st ratus V. A. T. VIII, 7. s. 12. p. 346. s. Olear., wo aucli die
Bewohner nach ihrem raulien Lande in Schaf-, Ziegen-, Rinder-
nnd Pferdehirten getheilt werden und das Zeugnifs erhalten:
ay^omeTaroi «vSjiiirwv £(ff( k«« ffviC^sjf. Vieles hierher Geliö-
Bot t iget'* kleine Schriften I. 10
146
liiirlirli mit tloii Ptiiiilifliit'ron dci? Mä ii a 1 o s, E r y m a ii I li o s , CyI-
1 r 11 0 II. s. \v. zu käiii|)f«'n lialtcn. llir eincntliclicr Scliiilzii,oU
Fan, der Scliiilz[ia(ioii der Zici^ciiliiilcn i'Oii.oii dif i;iiil)eiiscli«;n
Wulfe, war iirs|iriiii_ü,licli seihst ein zum Fetisch erhoheiior, dann
diiirh die Kunst vernieiisrhlichter Ziei;,enhock. Das Klima und
der Boden des Landes seihst waren diimals noeli aufseist rauh
nnd nnireundlieh , die Nahriiitü,smiltel hart und iiüverdaiilit'h,
di(> Relinioiishei^riiri! Iviiidisch , roh und mit den , allen wilden
Völkern so ei<;enen \ oislelluiigen von Zauhermilleln , Hexerei und
fioetio verweht. Noeh jetzt herrseht unter Jäi;ern und Seh;il'ern
der .stärkste Al)erü,laii!ie ; und, wiihreiid Aufkl;iiiiii_^' iiher auffal-
lendere Natiirerseheiiiuni'en und jihvsisehe Heilkr;ifte seihst bis zu
den niedriü,sten Stiindeii liindiircli i>ednini>en ist, hieihen hei die-
sen Mensehenklassen tiel'^cwurzelte Voriirlheile nnd Clauhen an
svnipathetisihe Kuren, GesjienslereisclH'inunjj^en und l)ezaiil)eriiii<>en
in ihren allen IVeehfen. Ans diesem Allen mnfs es uns nun schon
sehr walnscheinlieh werden, dals ein so rohes Hirten- und Jä!>er-
volk , als die alten l'elasi!,er in Arcadien waren, unter diesen Vor-
anssetziinii;en des Klima nnd der Lebensart eben so leicht einer
solchen Art von Wahnsinn, wie wir unter der Lykanthropie ver-
stehen, eniiifäni-iich sein mnfste, als jene soythischen Völkerschaf-
ten, die llerodot unter dem iNamen der Neiirier versteht, nnd
die Ovid mit dem all_ü,cmeineii Namen der Hyperboreer be-
zeichnet*). So wie es nun durch die Forschuiii>en neuer Aer-
dienst voller Gelehrten aufser allen Zweifel i>eselzt ist, dafs die be-
riichtii!,te Av ei bische Krankheit (S-zikita volco;) der Scvlhen
beim Herodot nnd Ilippokrates nichts Anderes als eine an-
dere Moditication eben dieses Wahnsinnes unter den nomadischen,
halbwilden Scvthen "ewesen sei , die sich in ihrer sonderbaren
Melancholie einbildeten, sie wären ans Männern Weiber ü,ew()r-
den**); so darf uns die L)kanthro]»ie unter ähnlichen Umständen
rige hat auch v. Breitenbauch gesammelt in seiner Ge-
schichte von Arcadien (Frf. 1791.) Th. 1. S. 58. if.
*") Herodot YI. 105.: 'isivgot y.ivhvvivsv(7i ycy^Tn; thcci. Ihre
^aclibarn erzählen : Cc; b'rsog ixdcTou ä'xa? '^^'•' NsJf tuv iV.acroj
Xvy.oi; yrjirat /j/zs^a^ cXi'y«?, iibi vid. V a Icke n a e r. j). 328. 43...
Der liypothcseiirciche Peilen tier, der in seiner Histoire des
Celles T. I. |). 305. diefs von einer Pelzbekleidung in Wolfslellen
erklären wollte, ist von Larcher in den Anmerkungen zu dieser
Stelle T. 111. p. 4-i4. nacli Gebülu* zurecht gewiesen worden» Ans
dieser Sage ninls nun aucli die Stelle beim Ovid, JVIetam. XV.
359. ei Klärt werden, wo von den Scytliiern angefiihrt wird, sie
verwanilelten sich in N iigel,
**) Herodot I, 105. IV, 07. Hi j) p ok r a t es, de aeribus, aqnis
147
aucli bei den alten Aroadiorn im Gerinoslen niclit Wunder neh-
men. Gerade diese Di5;j(osi(ion znr Melancholie und jene sonder-
liaren Verii rangen einci' versehrohenen Einl)iltlim2skrart machten in
der Folge unter den cnilivirten Arcadiern die Erlernung der Mu-
sik zu einem nnendieluliclien Bediirfnifs und wichtigen Bestand-
theile des Jugcndniiterriehts. Man weifs , wie viel sich das AUer-
thnin hei der Knr tiefsinniger nnd verrückter Menschen von den
AVanilerkräflen der IMnsik zu versprechen pllegic*), und man wird
])un die Stelle des Polyhius, wo er die musikalische Liebhaberei
seiner Landsleule, der Arcadier, ansdriicklich als ein Bediirfnifs
et locis T. I. p, 333. s. edit. Mackii. Es ist bekannt, dafs,
nachdem man diese weibisclie Krankheit bei vornehmen Scythen
bald mit Bon hier für Päderastie, bald für Hämorrhoiden oder
sonst etwas ausgegeben liatte, Heyne in einer eigenen Abhand-
lung de maribus inter Scythas morbo effeminatis in den Com-
ment. Gotting. vom Jahre 1778. Ciass Philolog. T. I. j). 28.
dieses XJebel durch ^ergieichiing der Hermaphroditen in Florida
nnd anderer ähnlicher ^'eiTÜclciingen ans neuen Reisebesclireibem
zuerst richtig erklärt hat, Vergl. Sprengel's Apologie des
Hippokrates Th. H. S. 611. ff. Die von Heyne und Spren-
gel gesammelten Beispiele könnten aus Reisebeschreibnngen noch
sehr vermehrt werden. So fand Gmelin zu Tomsk in Sibirien
einen bartlosen alten Kerl, der vollkommen aussah wie ein altes
Weib und sich auch so betrug. Gmelin's Reisen, TId, f. S.
320. So erzäJdt Scliäffer in Witwer's Archiv für die
Geschichte der Arzneikunde, St. 1. S. 217, und nun auch
in seinen Reisen Th. I. S. 136. von einem Wahnsinnigen im
Bicetre zu Paris, der sicli seit 20 Jaliren einbildete, ein Weib zu
sein, in weiblichen Kleidern ging und nur dem schön that, der
ihn mit JMadame anredete. Ein walues Gegenstück zu den Scy-
then, die Longin yvvaiy.i^svrxg nennt,
*) Browne's medicina musica und der scharfsinnige Aufsatz eines
Engländers in Marpnrg's histor. krit. Beitr. B. II. S. 16. ff,
sind bekannt. JMan sehe die ziemlich vollständige Literatur über
die Musik als Heilmittel , die iMusikdirector F o r k e 1 aus dem
Realkatalog der Göttingischen Bibliothek gegeben hat , in seiner
Allg. Geschichte der Musik Th. I. S. 114. Noch immer
verdient dieser auch für die Aufklärung so mancher Dunkelheiten
des Alterthums, z. B. des ägyptischen Sistrums, der Oi'gien u, s.
w., wichtige Punkt eine neue Behandlung eines philosophischen
Arztes. Beispiele, wie Herder (_Geist der Ebr. Poesie,
B. II. .S. 266.^ erzählt, setzen die Sache selbst aufser Zweifel.
Aber es ist viel historisclie Kritik dabei nöthig, in welcher Rück-
sicht mich nach Allem, was ich darüber gelesen habe, f'm Auf-
10*
148
ihres Klimas oiKläil, weil hesser verstehen köniion*). Ehe»
diese Eii4»iäii.i;liilikeit (Vir philzliehe Eiiidnu-ke des 8elireckens und
einer wahnsinnii!,on (lesjK'iisterfiircht bradile hei den areadiselieu
Hirten zuerst die somlerhare Vorstelliini»- von den Panischen
Schrecknissen**), nüchdiclien Tiiniiilten in den ^^ ähiern niid Ge-
birge« und dem niierkliü baren Ansreifse» ganzer Heerden am
bellen Mittage***) hervor, welclie in der Folge aus dem arcadi-
satz in den Philosophical Transactions No. 243. p. 297. nocli im-
mer am meisten befriedigt hat. Gerade diesen Aufsatz scheint
Ferkel in der ang. St. niclit gekannt zu Iiaben.
*) Die Stelle des Arcadiers Polj bius ist für unsere Absiclit in
mehr als einer Kiicksicht merkwürdig, IV', 20. 21. T II. p. 52 —
57. edit. Schweigliaeus. Kr rülimt es als eine sehr weise Einricht-
ung der ersten arcadisclien Gesetzgeher, dafs sie durcli Unter-
richt in der IMusik und Orcliestik die rohen Sitten der Arcadier
gemildert liätten. Da sie, sagt er (c. 21. p. 56.), auf die duich
keine Sclaven erleichterte (ajrsvj-yuw) rauhe und liarte Lebens-
art der Arcadier und auf iluen mürrisclien Nationalcharakter
(ctvaryjntcxv rdv »jSdv) Rücksicht nahmen, der durch den Eindnfs
der kalt-feuchten und sti'cngen Witterung in dieseui Lande sehr
befördert wird , — und also die Wildlieit und Rauliigkeit der Ar-
cadier mäfsigen wollten, so haben sie Alles zu iluer Humanisirung
aufgeboten, iraw i//>jj^av>)(ravTO , uirsvhcvTSq ro rij? \{-!/j^>5c art-
^aixyov i^yi/xi^cZv y.u] Tr^atvnv, Vergk For k el's G e SC h ich t e
der Musik, Th. I. S. 268. if.
**) Um dieses sonderbare Pliänomen, das sich in der arcadischen
Hirtenwelt zuerst entwickelt hat, sich einigermafsen begreiflicher
zu machen, mufs man sich an die durcii Klima und Lebensart
hervorgebrachte, zu der lächerliclisten Gespenster- und Zanber-
furcht antreibende Schreckhaftigkeit der Samojeden , Kamt-
schadalen, Jakuten und anderer sibirischer Völkersciiaften bei Pal-
las, Reisen Th. III. S. 76. und den berüclitigten Scanto oder
Spavento der sicilianisclien Hirten, über den der italienische Phy-
siker Boccone eine eigene Abhandlung geschrieben hat, s.
Swieburne's Reisen durch beide Sicilien, Th. II. S.
458., erinnern, und die einst in Arcadiens Wäldern so oft gehör-
ten Orakelstimuien des Pan (Pausan. VIII, 37. p, 677. Stat.
JII. Theb. 480. — rusticus accola — Pana nocturna exaudit in
umbra) und die von den Hirten am Mänalos vernommenen Sclial-
meientöne des Pan (Pausan. 1. c. 36. p. 674.) leicht zu erklä-
ren wissen.
***) Das i)lötzliclie Sclieu werden einer ganzen Heerde, durch Insekten,
(^Vofs zu Virgirs Georgika S. 180. f.) und andere Objecte ver-
anlafst, scluieb der Arcadier einem vorüberwandelnden Schrecken-
149
sehen Hirten- iintl J;i:;eri!,laiihen auch in die Krioi>sgeschichte der
allen Welt üheryiiii^ und zum. Theil noch in den Köpfen abergläu-
bischer Menschen unter den Namen des wülhenden Heeres und
des wilden Jägers herninspnkt. Auch haben uns die allen Gram-
matiker und Etymologen noch ein Wort anfl»e\vahrt , welches die
Arcadier eigentliiiMilich von einer ans dem Uebermafse des Zorns
entstandenen Tolllieit braucliten , und das die übrigen Griechen auf
eine Benennung- der Furien übertrugen*).
Sollten uns nun alle diese angeführten Umstände wirklich zu
dem Schlüsse berechtigen , dafs einmal in den früheren Zeiten der
Rohheit oder Halbcnltur der Arcadier , vielleicht damals , als sie,
nach Heyne's richtiger Erklärung-, noch wirkliche v^oaaXi^vocy
Menschen vor dem Monde, waren**), die Ljkanthropie
bilde, dem Montivag-us Pan, zu. Eine merkwürdige Stelle beim
Va 1er ins Fl accus, Argon. III. 56.: Ludus et ille deo (sc.
Pani) pavidnm praesepibus anfert. Cum pecus, et profugi sternunt
dumeta iuvenci S. des Longus xoz/xsv. H- p. ^3. edit. Villois.
und an mehreren Stellen, womit die Tlieologen weit befriedigen-
der als durch so manche ungereimte Hypothese den bekannten
Auftritt mit den Gergesener Siiuen hatten erklären können. Dieses
arcadisclie Pangescheuche spielte in dem Volksglauben der Athe-
ner während des persischen Ueberfalls seine Rolle. S. Valcke-
naer zu Herodot S. 486, 18. und du Soul zu Lud an T. I.
p. 272, 70. und tlalier und aus jener plötzliclien Furclit der Heer-
den entspann sich nun später (um die Zeit des Herodot VII,
19. p. 513) der Begriif der Panischen Schrecken, mit welcheR
grofse Heere zuweilen befallen werden, roc Ksvi toü voXsfxov.
S, zum Polyän S. 15. edit. Masvic, zum Diodor T. II. p.
227, 9. und zum Herodot S. 370, 56. Diefs ist die xavo; rpo/asf«
fxäari^, wie sieder Verfasser des Rhesus Y. 36. nennt. Das
Ganze verdient wolil eine eigene Abhandlung, zu der ich hier
nur die ersten Grundziige liefern konnte.
*) Etymolog. M. 'EfwvJsry y.ark 'ApnäSaf ro o^y'iisffScxt. Vergl.
Hemsterhuys zu Lennep's Etymolog. L. Gi'. s. v. ^E^ivvv;
p. 290. Hierher gejiört vielleicht auch noch der Quell 'AXuo-irof
in Arcadien. Paus. VIII, 19. p. 637.
**) Die Arcades, astris lunaque i)riores (^Stat. IV. Theb, 175.) hat
Heyne, nachdem er in einer eigenen Proinsion Opusc. Acad. T.
IL j). 332, seq. allerlei Muthmafsungen darüber vorgetragen, in
seinen Anmerkungen zum Apollodor S. 250. richtig von dem
Symbol der Argiver, caput feminae cornutum, erklärt, so dafs die
ganze Wundersage auf dem Satz beruht: Die Arcadier sind
älter als die Argiver. Vergl. Lenz zu Ovid's Fast, I.
295. in der Schulencyclopädie, T. VI. p- 43,
150
entleiuiscli uulor oiiioni Volke gewesen sei» müsse, «las so viel mit
Wulfen zu kämpfen und zu sehaireii lialieii iiinfsle *) ; so liefsc
sieb vielleiclit aiicli die Geseliiclite des L>kaoii und des 3Tensclien-
opfers , nin dessentwillen er und seine .Sühne in Wölfe verwandelt
worden sein solllen , nanz naliirlieli anf fol_ü,ende AVeise erklären.
Die Unitliickliclien , die von diesem Walinsinn ergriü'en wurden
und in diesem Znsfande jj;e\vifs viel Lnlieil unter ihrer Familie und
Nachliaiseliaft aniieliteten **) , konnten nach den Vorslelinngen
des Allerthums nicht anders von diesem Zorngeriehte der («ölter
gelöset werden als durch wirksame Sühnopfer und Lnstrationen,
Man gali also den einheimischen Nationalgotlheilen , Zeus und
Pan, eine besondere dahin abzielende lienennnng von den Wöl-
fen, man nannte sie Af/.ai'cv; , die Wolfsgötter***), und
opferte ihnen das wirksamste Sühnopfer, das das rohe Allerthiim
in solchen Fällen nur darbringen konnte, einen unschuldigen Kna-
lien. Den Stifter und üpferpriesler dieser grausamen , aber im
Altertlmm wenig befremdenden Sühnungsfeier nennen die alten
Yolkssagpu Lvkaon. Es ist merkwürdig, dafs Pausanias,
der diese Sag«*n anf's Sorgfältigste gesammelt batf), von diesem
Lykaon ausdrücklich Folgendes berichtet: ,, Lvkaon, der Sohn
Pelasgus, erbaute die Stadt Lvkosura auf dem Berge Lv-
käos und gab dem Zens selbst den Beinamen Ljkäos, dem
er auch heilige Spiele, die Lykäa, stiftete. Er brachte auf dem
Altar dieses Zeus ein Kind dar, opferte es und gofs sein Blut
als Libation auf dem Altar aus. Darum soll er nun selbst ein
Wolf "eworden sein." So weit der "liechische Reisebescbreiber
*) iMan erinnere sicli liierJjei nur, wie wichtig und fabelreich der
Wolf allen luiciiUivirten Hiitenvolkern gewesen ist, und welche
Rolte er in der Fabel Aesop's so gut, als in der grofseu TJiier-
epopöe des Heinrich von Alk mar, in den Bukoliken der Grie-
chen und Kümer sowohl, als in den Sielankis der Polen, in den
ersisclien >'olksÜederu und in der nordisciien Edda spielt.
•*) Icli erinnere hier zum üeberfiufs nur an das alte, bekannte fran-
zösische Buch: la bete bigonrne, qui avait la gaUpode, das auch
unter dem Namen : Historie der seltsamen Einbildun-
gen des Herrn Oufle, eine erbauüche Sonntagslectüre unse-
rer Grofsväter war. Es liegt dabei eine wahre Gescidchte eines
Lykanthropen in Frankreich zum Grunde.
***) So gab es aucli einen Apollo kv/.alo; «nd Xtnoxrcvcf. S.
Bergt er zum Alciphron I. 26. p. 109. f. Die Hauptstelle über
den Jupiter A-uy.a7o; ist beim Pausanias Vill, 38. p, 678. f.
Vergl. Span heim zum Caliimachus S. 31. ed. Ernest.
f) VIII, 2. p. 600.
lül
und Aiitlf|nar, desson Eiziililiiiif^ vo)lkumiut-n zu unserer ErkliU-
iina,' pafst, Aveim iiian mir anniiiiiul, dafs mau in späteru
Zeiten, als man die .^lonsclieiiopfer, die wolil einst nnter
allen Nationen verbreitet nud mit der MenschenlVesserei anfs
Genaueste verixinden i>evvesen sind *), immer mehr veraliselieneu
lernte, die Absieht des Oj)l'ers zniti Erl'olj;- machte und den
Lvkaon , der dieses 8iihno;>fer zur YVhwendunii,' der Ljkanthro-
pie dargebracht halte, nun selbst als ein warnendes Straf"exem|(el
in einen Wolf verwandelt werden liefs. Aullallend aber ist hierbei
noch die Tradilion, dafs Alle, die an diesem Menschenopi'er auch
in der Folge noch Theil genommen bättea, immer wieder in Wolle
verwandelt worden wären Schon hieraus wird es wahrscheinlich,
was die geheimnifsvolle Art, mit der raiisanias in einer andein
Stelle von diesen noch fortdanernden üptein , di(! dem Jupiter
Lykäos an einem, den Profanen völlig nnzngaiiglicheji Orte jülir-
licli dargebracht wurden, redet, für eijien Sinn habe. ,,Auf dem
lycäischen Berge bei Lykosura, " sagt er**), „wo Jupiter Lv-
cäus, und zwar auf einer Ebene Kretea, erzogen wurde, und
wo er noch jetzt in einem Tempel verehrt wird, ist auch ein hei-
liger Hain desselben Jupiter J^ycäns. Kein IMensch darf in den-
selben hlueintreten. Wer dieses Gesetz nicht befolgt und hinein tritt,
der mnfs auf ein Jahr lang ans der Gesellschaft der Lebendigen
entflielien. Man erzählt auch noch Folgendes: Alles, was in den
Hain kommt, sowohl Thiere als Menschen, wirft keinen Schatten
von sich. Flieht irgend ein Thier in diesen Hain , so wird der
**
*) S. Meiners's zweite Vorlesung, de hmnanis sacriiiciis non
volnntariis in den Coniment, Gottiiig, 1787. Cl. Philolog. p,
73. f. , wo die Beispiele der griecliisclien Aathropotliysie zur Ver-
söhnung- der Götter viel richtiger zusammengestellt sind als in
des gelehrten, aber hypothesenreichen Bryant Inquiries rela-
ting to various parts of ancient history, wovon die Abliandlung
über die Menschenopfer besonders übersetzt und zu Gut-
tingen 1774. 8, herausgekommen ist.
) Paus an. , VIII. 38. p, 679,: Ts>£vöf sVt/v sv ocunZ kvHi>,hv
Aio;' s'ffohog äs ovn i'criv ig avro ävSQÜinroig' VTSothivra hi tov
VC//OU y.ix] iffskSiMTX , (xvocynij TTola« CK'jTOv svtavTov irpöffw /xi)
ßiiüvai, —— 'Et< tovtov ßüi/ji.ov riZ Xuvta/u) Ai'i ^Jouc/v gv
ö:T?c^^-/)ru), TToXvT^OiyiJi.ovi^aoit 5s ov fjioi toc ig tvjv Sva'iccv v^hu
vj-j. iX^TJi &£ wg sx^i , Kfti w; iVj^sv s$ äoj^i^,-. Das Letztere
ist eine Formel, deren sich Herodot Öfters bedient, wenn er
sich entscliuldigt , dafs er die Mysterien der gottesdienstlichen
Gebräuche nicht angebe, z. B, Clio, c. 140. k«; ajA'pi /xsv rtf
vc/xw TouTw sy_tTV} , ug y.x) öt^yv^v tvc/^/c^i^.
152
J;ii«;er es l»is diiliin iiiolit vcrf oli^oii , soinloni iliiMifsoii blelluMi und
liL'iin AiiMicIf «Ics Tliit'is keinen Srliallcn dosselhon walii iieinnen.
]ii Svene zwar, in einem J^ande, welches an Aellii()|)ien <i,ienzf,
werfen Bannie nnd Tliiere zn der Zeit, wenn die Sonne in den
Wendekreis des Krelises frilt, keinen Seliatlen ; aber liier, im
Hain des Jnpiler l^ydins , felill der Schalten das •j.anze Jalir hin-
dnrch, — Am Allare des Jn|iiler, der auf der Spitze des Ber-
•!;cs steht, w^erden {•eheimnirsvolle verhor^cne Opfer gebracht. Icli
wünsche nicht, luich hier auf die w<'ilere Untersnchung dieser Op-
fer oiazniassen ; es mag- sich damit verhallen, wie es will, niid
wie es sich von Anfanj»- an verhalten iiat. " Man sieht, Pausa-
nias's Abscheu vor Menschenopfern ist zu i^rofs, als dafs er sich
überwinden könnte, sie hier umsliuidlich zu beschreiben. Uebri-
geus rührte wohl der Mangel des Schattens in diesem Hain voa
der undurchdrinnlichcn Dichtigkeit des Lanbgewölbes her, welches
die heiligen Eichen büdelen, und die Strafe, welcher derjenige un-
terworfen wurde, der in den Hain trat, stimmt mit der Umwand-
lung in Wolfsgcstalt nlierein, wovon P I i n i u s *) redet. Nur
dafs der Cvcliis nicht dieselbe Daner hat, nach welchem der Bu-
msende wieder in die menschliche Gesellschaft und iu das Land der
Lebendigen zurückkehren durfte.
Bei den Römern scheint auch dieser Theil des griechischen
Gottesdienstes Eingang gefunden zu haben, und die Luperca-
I i a, die noch zu Cäsar's Zeilen und weit später gefeiert wurden,
sind wa'irscheinlich eine Modificalion der XynatMv der Arcadier.
Diefs bezeugt PIntarch**) nach dem Zengnifs einiger Schrift-
steller, die vor ihm lebten, ausdrücklich. Und noch deutlicher be-
hauptet es Livius, der den Arcadier E van der diese Spiele
uach Rom bringen läfnt***) und versichert, dafs der nions Palaliuus
von der Sladt Pa lau ti H m in Arcadien (nordwärts von Megalopolis)
seinen Namen habe. Auch slimmten dergleicheji Feste zu den
Zelten der römischen Barbarei, da es nur zwei Stände gab, den
Staud der Ackerleute und Hirten und den Kriegerstaud , -}•) mit
dem Maugel der Cullur bei der Nation eben sowohl als mit der
*) Lib. VIII. 22. s. 34.
**) Caesar p, 736. ed. Xylandr. ''JIv /Vsv yag ■^ rwv AouTsp.«-
Xoctov hyj , K««' T< y.oc] -tt^ocvjxej rolg 'Af Ka5(Ko7j Avutxtotg.
♦**) Liv. lib. I. c. S. Ibi Evandrum, qui ex eo genere Arcadiim
jnultis ante tempestatibus ea tenuerat loca, solemne allatum ex
Arcadia instituisse, «t midi juvenes Ljcaeum Pana venerautes,
per lusmn et lasciviam curi'erent.
•f) Dionys. Ilalicain. lib. II. p. 98. ed, Sylburg,
153
Roliheit der Arcndier ühoiein. Ich hoffe also, keincsweges einen
zu voreiligen Sehliifs zu machen , wenn ich hehanpte, dafs diese
römischen Lnpercalia ein den arcadischen Avxäi'oi? illmliches Sühn-
nngsfest im Monat der Sühnnngen nnd Lnstralionen (Febrnarins
von febrnare, sühnen) ankündigen nnd also nrsprüngiich dnrch die
endemische Krankheit der Arcadier, die Lykanthropie, yeraulafst
worden waren *) ; eine Abslammung, die der gelehrte römische
Polyhistor Varro, selbst andentete, Aveun er nach der schon oben
aogefniirteu Anssage des Kirchenvaters Angnslin behauptete^
die Lnperci der Römer wären ans jenen arcadischen geheimen Ce-
remouieen entsprossen (Lupercos ex illornm mysteriorum veint se-
niiue exortos).
Sowohl in Rücksicht auf den ideellen Wahnsinn , von dessen
ältesten Spnren bei den Griechen bisher die Rede gewesen ist,
als in Betracht der Snhnnngen nnd heiligen Reinignngen , dnrch
welche das natürlichste Heilmittel wenigstens das Ansehen einer
übernatürlichen Wirkung erhielt, verdient die Geschichte der
avgivischcn Frauen hier eine Erwähnung, die sich einst einbil-
deten , in Kühe verwandelt zu sein, auf den Aeiltern hernmiiefen,
sich wie Kühe geberdelen nnd brüllten und endlich von dem pro-
phetischen Wunderdoctor und Thaumatnrgen l\Ielampus nach
*) Die gelehrteste Untersuchung üt>er dieses uralte , über Roms Er-
bauung hinausgehende Fest linden wir beim Pinta roh in Ro-
mulo c. 21. T. I. p. 70, sq. ed. Hütten. Als Reinignngsfest,
nixSäßffiov , ii«l es in den Sühnmonat oder Februar. Darin kom-
men Alle überein, Aulfallcnd ist es aber, dafs die griechischen
Aerzte, deren Zeugiiifs icli gleicli antanglich angeführt habe, die
periodische Rückkehr der Lykantliropie gerade in den Febrnar
setzen. Beim Ziegenopfer der Panspiiester auf dem Palatinischen
Berge wurde zweien patricischen Jünglingen , die dabei gegenwär-
tig sein mufsten, Opferblut an die Stirn gestrichen und dann mit
Milch wieder abgewischt. Diese symbolische Handlung, deren
Deutung PI utarch selbst SujToiraffroy (schwer zu errathen) nennt,
bezog sich oifenbar auf das alte Mensclienopfer in Arcadien, an
tlessen Statt nun blos zwei Knaben mit dem Opferblute bestri-
chen wurden. So bedeuteten bei einer andern Art von Men-
schenopfer die Oscilla die zu opfernden Mensclien. Macrobius
I, 7. p. 154. ed. Gronov. Die Nacktheit und Fellbekleidnng der
Lupercen deutet auf die Rohheit des Zeitalters, wo dieses Opfer
erdacht wurde. Selbst das tolle Herumspringen dieser heiligen
Brüderschaft könnte auf eine Kur der Lykanthropie bezogen wer-
den, wiewohl diefs sowohl, als das Hauen mit der Ziegenfell-
Peitsche (amiculo lunonis, Fest, s. v. Februarius p. 145. ed. Da-
cier.) mir nur ein altrömischer Zusatz zu diesem arcadischen
Feste zu sein scheint.
154
allerlei gehdinnifsvolloii Süliinin^sopferii niid Reiiiiü,iin.i»eii «liirth
das drastische Millcl eines luäflii'cn Ilelleltoiisiiiiis zu iliicni B(!-
wiislsein zurüekgelnaoht wurden *). Dafs aneli dieser AN alin-
siun , den man analogiseli die Boantlirojne nennen k'ünn(e,
zu Argos ein eingewiirzehes, endeinisclies Lcliel j^owesen sein
müsse, heweis't die bciüliinfe Fabel von der ar<:iviscli('ii I o , bei
deren späterhin so inannichfalti^- aus^esehinückler Kuh -IMefanior-
phose doch «j^ewifs ursprünglich nichts Anderes zum Grunde liegt
als ein ähnlicher Wahnsinn einer argivisohen Königstochter **).
*y Proetides iinplerunt falsis mugitibus agros. Vir gib Eclog. VI,
48. Heyne sagt hierbei: i)riinuni exeniplum morbi hysterici.
Allein der fnror uterinus ging hier doch wirklidi in Lykanthropi»
über, für welclie auch schon Polizian, JMiscelb c. 50. p. 63. ed.
Basil, diesen Zufall richtig erklärt. Zur Seniiotik der Kranklieit
geliÖrt ein merkwürdiges Fragment des II e s i o d u s beim K u s t a-
thius ad Odyss, O. p. 174G. 9., wo vom Zorne des Bacchus ge-
gen die Pröticlen die Rede ist: y.al «y«? c(f)fj y.sCpa.XCjffi y.aroi
yiyvpi »hh'J sx,^vsv , 'AXC^)^:; ya^ XC"^* vävroc Y.a.r'v^cy^\.'' (so
enifindirt Heyne zum Apollodor S. 279.) h St -j^ y^aTrai ''E^-
Qsov £vt Y.i(poiXCJv- Wahrsclieinlich warf sich die Kranklieit nach
der sehr veriüinftigeii Heilart des llelampus, der iVeilich nocli
nicht die Kratze inoculiren, aber sie doeli durch andere Mittel be-
fördern konnte, auf die Haut. Daliin fübrt der iSchnppengrind
(y.vvcg)i der Aussatz und die Alopecie. Dieses Fragment verdient
die besondere Erläuterung des würdigen Herausgebers dieses Ma-
gazins, da ich als Nichtarzt darüber nicht intlieilen kann. Dafs
Melainpus aufser dem von ilnn zuerst gebrauchten Melampo-
dion, veratium album, (s. Schulze, de elleborismis veterum (Hai.
1717.) p. 6. se<j. u. Sprengefs Geschichte der Arznei-
kunde, Th. 1. S. 90. 11.) auch auf die Phantasie durch ma-
gische Entzauberungsmittel gewirkt habe, beweis't schon der
Brunnen Clitorius in Arcadien (^s. z»i Ovid*s Metam. XV,
325 If.) und die ausdrückliche Angabe im Fragment des Di-
pliilus beim Clemens von Alexandrien, Stromat. Vfl. p. 713.
C. ed. Sylb Die Bumanie selbst war ansteckend, weil nach dem
Apollodor II, 3.2, auch die Uf)rigen Argiverinnen rasend wur-
den. Doch weicht die Kurnietiiode, die Apollodor anführt,
sehr von der übrigen ab. Die Iv^c^tiLtoit» tmv vsav/iiv, die Me-
lampus mitnahm, mögen wohl auch gute Dienste geleistet liaben.
Auch kommt eine Art von 'raranteltanz dort vor. — Mit dem
Melampus verdient der Arcadier Bacis verglichen zu werden, der
die wahnsinnigen Lacedämonierinnen entsühnte. S. die Scholiea
zu Aristophanis Vögeln 963. und Perizon zum Aelian V.
H. XII. SO.
**) Die Geschichte der lo ist ein Inbegi-iff sehr ungleicliartiger Fa-
15S
Es kann kaum fehlen, dafs man nicht bei der Verfolgung
dieser Spur noch auf manche andere Thiernietainorphosen in der
Mythologie sfofsen sollte, die ans dieser Hypothese einige Anf-
kliirnng erhalten könnten *). Die Verwandlnng des M i 1 a u i o n
lind der Atalanta in Löwen ist nrspriinglich ein arcadischer
Mythos nnd konnte wenigstens dort, wo der Glanbe an die Ly-
kanthropie ähnlichen Verwandinngen einen höhern Grad von Wahr-
scheinlithkeit gab, leichter Eingang finden **). Aber sollte nicht
selbst in den Löwen vor dem Wagen der Cybele und in den
Tigern und Panthern vor dem Wagen des Bacchus aufser der
bekannten Allegorie noch eine wirkliche Thatsache liegen? —
Man kennt die Bacchuswuth der Miinaden und Bacchantinnen, die
durch den Genufs des ungemischten Weins in jenen Gegenden
eine für uns unglaubliche Exaltation erhielten ***). Konnten sich
beln und Volkssagen. S. Schütz, Excurs. IV. ad Aeschyli
Prometh. Vinct. So wahrscheinlich für die eine Classe von Fa-
beln die Heynisclie Deutung zum ApoUodor S. 250. von dem hal-
ben Monde, dem ältesten Symbol der Argiver, auch sein mag, so
kann docli aucJi bei einer andern Classe die wahre Geschichte ei-
nes wahnsinnig gewordenen Mädcliens zum Grunde liegen. Dahin
führt die Bremse, olffToo;, von der sie gestochen wird, ([zu Vir-
gil's Georg. III, 152.) das CDac/xoc , das sie toll macht, u. s. w.
*") Der gelelute Ai'zt Mercurialis maclite schon auf mehrere
Mythen eine Anwendung von der Lykanthropie in Var. Lect, VI,
20. Doch habe icli ihn bei der Seltenheit der Ausgabe, wo die
letzten Büclier dieser Variarnm Lectionum beigedruckt sind, nicht
nachschlagen können.
**) Die vollständigsten CoUectaneen über diese Fabel giebt Fischer
zum Paläph. c. 14. p. 68. edit. noviss.
♦**) Aelian hat in seinen CoUectaneen oder Variis historiis III, 62. ein
eigenes Kapitel -^sgi nvwv ixvivojjLtvMV 7uvamcuv , aus welchem
man sieht, dafs ein gewisser Wahnsinn bei den Frauen von La-
cedämon, Chios, Böotien u. s. w. zuweilen epidemisch gewesen
sei. Diese Epidemieen der grivcliischen Frauen sind eben so auf-
fallend, als überhaupt ihre zügellose Ausgelassenheit in den Or-
gien des Bacchus und ihre blutdürstige Grausamkeit, Herodot
V, 87. Vieles erklärt sich schon aus ihrer eingekerkerten Lage
in den Gynäceen und aus der erniedrigenden Sclaverei, in der
sie von dem männlichen Geschleclit gehalten wurden. S. Mei-
ner's verm. phil. Scliriften, Th. 1. S. 66. ff., wozu einige
Lustspiele des Aristo phanes, besonders die Ekklesiazusen und
Thesmoplioriazusen, den vollständigsten Beleg geben. Allein Al-
les läfst sich niclit daraus verstehen. Auch waren die Weiber in
den frühem Zeiten weniger eingescliränkt. S. L e n z, G e s c h i c h t e
der Weiber im heroischen Zeitalter, Hannover 1790. 8.
156
die toUeu Bacchus -Dicneiiiiiipn in dicscin bis ziiui AVabiisinu gc-
tiicbeiien Taumel nicht wirklich vor den AVagoii eines Piieslers
epaiiiieii, der den Bacchus vorstellte, und sicli im ganzen Ernste
eiiihildcn, sie wären wirklich Tiger oder Panier? — In einem
solchen Paroxysmus handelten und wiltheten sie auch wie jene
Bestien, und die Geschichte des von ihnen zerrissenen Orjihcns
und Penthens konnte sich wirklich anfeine Thalsache griimien.
Endlich weifs mau aus der leidigen Hexenperiode unserer vaterlän-
dischen Geschichte, dafs, wo sich einmal ein solcher Glaube fest-
setzte, er für den Verstand der armen Hexen ansteckend wurde,
nnd dafs mau durch den Gebrauch des Bilsensamens und anderer
betäubender Mittel sich und Andere wirklich in Extasen zu ver-
setzen wufste, wo man die Bilder der kranken Phantasie für haare
"Wirklichkeit hielt. *). Stofsen uns also in den Fabeln des Alter-
Viel treifender ist die Bemerknng von Pauw's in seinen Re-
clierclies pliilosopLiques siir les Grecs T. I. p. 196 — 204. über'
den Einflufs des hitzigen, unverdünnten Weines auf die griechi-
schen Frauen, die ihn so gierig tranken. Er tindet noch eben
so jetzt bei den Neugriechinnen statt, wie mir LecJie va-
lier, der wälirend seines Aufenthalts in dortigen Gegenden diefs
liäulig beobachtete, versicliert hat. Nur Iiierdurcli wird Vieles be-
greiflich, was uns die Alten von den Mänaden und Baccliantin-
nen erzälilen. Nymphomanie, hysterische Zufälle, Wahnsinn wa-
ren oft im Gefolge dieses Genusses. ]Man vergleiche ancli die fei-
nen Bemerkungen des Barons von Riedesel in seinem zweiten
Sendschreiben über Grofsgriechenland und Sicilien.
S. 253. ff. bei Gelegenheit des Taranteltanzes, und Pallas, über
die hysterisclie Wutli der katscliinzisclien ^lädchen zur Zeit, wenn
ihre Reinigung eintreten will, Reise Th» III. S. 307.
*) Die merkwürdige Stelle des neapolitanischen Pliysikers Joh. Bap-
tista Porta in magia naturali II, 21. p. 192. ed. Lugd., wo von
Salben aus aconitum, Solanum somniferum, elaeoselinum u. s. w,
die Rede ist, fiiint sclion Sprengel an, Gesch. der Arz-
neikunde. Tli. III. S. 281. f. Noch interessantere Bemerk-
ungen über diese Hexensalbea hat Möhsen, Geschichte der
Wissenschaften in der M. Brand. S. 439. ff. Am weit-
läutigsten lindet man aber diese ganze Procedur mit diesen Hexen-
salben in Rüling's Auszügen einiger merkwürdigen
Hexen processe aus der Mitte des 17ten Jalirhun-
derts (Hannover 1786). Vergl. Meiners, über den thieri-
sclien 3Iagne tisni US, (^Lemgo 17S8.) S. 123. Pallas fiilirt
in seinen Reisen älmliche Salben und Betäubungen von den sibi-
rischen Schamanen an, und so machen es aucli die nordameri-
kanischen Zauberer.
157
tliniiis Ziuibpr und Zaiiliprinhen auf, die sich iiodÄiulerc in fremde
Tliicr^estahon zu verliiillpii wiifsU'ii, so dürfte man auch hier auf
iilmlichcu Zauherfnig- schlit Ison. So möchte vielleicht eine Stelle
von den Tolchinen, jenen cietcnsischen Goefon, heim Diodor von
Siciücn zu versichen sein *). Und wer erinnert sich hierbei nicht
sogleich au den Feenpalast der Urgrofsmama aller Anuiden uudUr-
ganden, der schlauen Circe"?
Rings auch waren iimlier Bergwölf und mähnige Löwen,
Welclie sie selbst umscliiif, da scliädliche Säfte sie darbot**).
So viel man auch physische und moralische Allegoiieen in
diefs berüchtigte Zauhermührchen zu legen bemüht gewesen ist,
so ausgemacht ist es, dafs der alte Sänger auch hier einer dun-
keln Üeberlieferung von irgend einer histoiischen Thalsache folgen
innfste, und da begreife ich immer noch nicht, auf welchem Wege
man die Sache natürlicher erklären könnte als auf dem hier ange-
deuteten***).
Selbst die alte indiscli-ägypliscbc oder Pylhagoriiische Seelen-
wanderungsit'hre könnte vielleicht durch diese sonderbare Yerirrnn"-
des menschlichen YerstJindes iii jenen frühem Zeiten f ) , wo nicht
*) V , 33. T. I. p. 374, wo es heifst : sie wirkten mit magischen
Zauberkräften, iXXärrsiv hs y.a] rag Ihiai; /^spCf)«^. Schon Heyne
hat diese telpinischen Zaubermetamorpliosen mit den Ekstasen und
Betrügereien der asiatisclien und amerikaniscJien Jongleurs und
Zauberer verglichen, vita antiquissimonim liominum Graeciae ex
barbarorum populorum comparatioue illustrata, Prolus. II. in Opusc.
Acad. T. III. p. 36.
**) Odyssee, .übers, v, Yofs X, 212.
***) Homer sagt ausdrücklich avi/xi^ys (päqixixv.oi Xvy^L Man ver-
gleiche den Commentar des Spondanus zu dieser Stelle T.
IT. p, 138 ed. Bas K)83., der freilich hier nichts als Teufeleien
sieht, aber docli einige merkwürdige und durch unverdächtige
Aussagen bestätigte Beispiele von ähnliclien betäubenden Mitteln,
mit welciien Buhlerinnen ihre Liebliaber in Pferde und Esel ver-
wandelt haben wollten, anführt. So erklärt diese Fabel auch
Möhsen, Gesciüchte der Wissensch. in der M. Brand, S, 441.
not. q.
f) Es darf hierbei nur der Umstand nicht übersehen werden, dafs
sich Spuren eines Glaubens an Seelenwanderung bei so vielen
ganz rohen Nationen finden. H. Meiners, Geschichte al-
ler Religionen XXI, 8., wo bei einigen walu-scheinlich die
Vorstellung zum Grunde lag, dafs man ja schon bei lebendigem
Leibe zuweilen in TJiiere überginge.
158
ihre Entsfehnng — denn diese ist sieher ans einer ganz andern
Qiicllo abzuleiCen — doch ihre Bestätigung nnd Erläuternng em-
pfangen haben.
Doch ich fülile, wie verführerisch es ist, einer Hypothese
an der etwas wahr sein kann, Alles unterlegen zu wollen,
was auch nur die entfernteste Beziehung darauf haben könnte. Es
mag also hohe Zeit sein, dafs der Wolf in der Fabel auch mir
erscheine nnd, was einst die unvermeidliche Folge seiner uner-
warteten Erscheinung war, mir zu verstummen gebiete.
159
VI.
Eros und A ii t e r o s .
Äihon (He Griechen bildefen einen Eros nnd Anferos, einen
Amor lüul Gegen-Amor. Docli gern wird der "cwifzigfe Alter-
tliiiMisibrscher seine Unwissenlieit geslelien , wenn er gefragt wird,
Aver bei den Gjiedien dem Eros zuerst einen Anteros enlgegenbil-
dele. Wissen wir doch nicht einmal den arfisliscben Stammbaum
(den mytbülogiscben uiag der Sagenklitterer Pansanias verantwor-
ten IX, 27. p. 82) nnd den frübeslen Bildner des Eros anzn-
geben. Nur so viel scheint nicht unwahrscheinlich, dafs dersel-
ben Liebhalierei, der die Homerischen Gesänge sechs nni'chte Verse
verdanken (llias XI , 6 — 9. 130. 676), auch die ältesten Ab-
bildungen des Eros entsprolsten. Die Knaben- nnd Jünglings-
lifhe der Griechen, die sich einer allen Sage nach zuerst von
Bootien aus verbreitete, (s. oben S. 42; führte in mehr als einer Be-
deutung den Eros zuerst vom Helicon in die Akademie (Worte
Plutarch's in E5>wr. 18. T. IV. P. I. p. 61. Wjtt.) und gab,
Avie auch schon Winckelniann in einem noch nngedrnckten Briefe
niullimafsle, dem Eros in Bildwerken zuerst die zarte Jiinglingsge-
stalt. Denn soviel ist bekannt , dafs die ältesten geschnitteneu
Steine und andere üeberreste ans der frühesten Kunst der Grie-
chen dem Eros nur die Gestalt eines reifenden Jünglings, nicht die
eines Kindes oder kleinen Knaben gaben. S. Storia delle
Arti T. II. p. 121, ed. Fea. Doch hier gilt es ja nur der
Frage, wer diesem Amor zuerst einen Gegen-Amor zugesellte, nnd
von welchen Vorstellungen man dabei ausging. Aus einer ge-
nauen Aergleichnng der Stellen, die von diesem Anteros sprechen,
geht deuilich hervor, dafs die Allen unter ihm keinen befreunden-
den, Liebe mit Gegenliebe vergeltenden Genius, sondern einen
rachenhenden , oder wenigstens kampflustigen Gegner des Eros zu
denken gewohnt waren. Verschmähete Liebe war also die Mutter
des Anteros, und als Eros in den Ringschulen und Gjmnasieu
scl!)St Ailäre nnd Bildnisse erhielt, wurde Anteros auch hier als
sein harlankämpfender Widersacher vorgestellt. Die schwärmeri-
scho Leidenschaftlichkeit, womit der Grieche besonders die Kna-
Jjcnliebe betrieb, endete da, wo sie kein Gehör fand, oft mit Ver-
zweiflung und Selbstmord. Man erinnere sich z. B. nur an die
Geschichti' beim ]\Ia\imns Tvrius, Diss. XXVI, p. 28. Reisk.,
wo sich eine ganze Reihe Lokrer um eines spröden Knaben
160
willen erliiiiint. Auch hier waltet dem Griwlicn seine lioilii>;c Ne-
niesis, mn" «''ifs er ilire fiiiclill>are Ge.slalt nach jciiciii zarten
Kunst -Eiipheiuisiiins, der durch alle seine Bildweikc i;<'ht, am
liebstea in ein Gegenhild des Amor einkleidete. In Athen sah
man, wie Pausanias berichtet I, 30. p. 118., einen Altar des
Anleros zum Andenken eines verschniähcten und hei einem freiwil-
ligen Sprung von der Athenischen Bnri«- umgekommenen Lieliha-
bers, den aber der strafende Genius (äXacrTwp nennt iiin Tansanias)
an dem fühllosen Knaben Timagoras fürchterlich lachte. Die Ge-
sciiichte wurde in der Folge mannigfaltig ausgeschmückt und zu
einem Roman ansgesponnen, wovon uns in einem Brnchslück Ae-
lian's beim Suidas (s, v. Mikiro; T. II. p. 526.) die Grundfädeii
erhalten worden sind. Auf einen ähnlichen Vorfall bezog sich
höchstwahrscheinlich auch der Altar des Anleros im Gymnasium
zu Elis beim Pausanias VI , 23. p. 218. Vielleicht besitzen wir
die Sage selbst noch in einer Tbeocritischen (der Kiilik noch gar
sehr bedürftigen) Idylle. Die Erzählung vom Tode des Jünglings,
der fiihllos bei der Leiche des an seiner Thüre aufgehangenen
Liebhabers vorüber streicht und nun im Gymnasium von einer
Statue des Amor ersdilagen wird, deutet ganz auf nnscrn Anferos.
Später ging von der belobteren Knabenliebe der sirafende Anteros
auch zu der Geschlechtsliehe über und rächte an spröden Mäd-
chen den Selbstmord empfindsamer Liebhaber. Wer kennt nicht
den armen Iphis und die stolze Anaxarete ans Ovid's Metamor-
phosen. Dafs der dort berührte dens ultor XIV, 750, nicht Ve-
nus, sondern Anleros sei, beweis'! die Stelle Plutarch's im E^wr«
c. 20. p. 72. Wytt. , wo die veisteinle Guckeriu (i^ -rajaKux-
rovffoc) in Cypern als ein Beleg für den 'E^w; y.oXacry^g rujv Oxs^-
ij{J)«vwv ) ausdrücklich angeführt wird. Mehrere Beweise für die-
sen rächenden Eros liefsen sich aus Parthenius Erolicis, Pausanias
u. s. w. mit leichter Mühe sammeln. Es ist längst bemerkt wor-
den, und schon Cicero hat es laut genug gesagt (Tusc. IV, 33.,
vergl. Meiners, kl. Schriften I, 82.), dafs aus den Gymnasien
und Palästren der Eros , welchem am Ende selbst der göllliche
Plato fast ausschliefslich zu huldigen und dem nur die Schönheit
in seinem eigenen Geschlechte begehrnngswürdig scheint, am
häufigsten hervorging. Die Gymnasien waren und blieben die
Säugammen und Kupplerinnen dieser unnatürlichen, aber unglaub-
lich verbreiteten und in ihrem tausendfachen Eintlufs auf die grie-
chische Kunstwelt noch immer nicht hinlänglich gewürdigten Kua-
bcnliebe. Dorthin ging trotz aller Solonischen Strafgesetze (s.
Petit, de Leg. Att. p. 383. Wess.) der entzündbare Athener gerade
so auf verliebte jAbenteuer aus, als unsere heuligen Grofsstädter
in die Schauspielsäle. S. Aristoph. Pac. 70 L, Vasp. 1020. Lu-
ciau, Amor. c. 9. T. II. p. 406. Was Wunder, dafs also auch
161
Eros iilclit Mos in der Acadomic zu Allion , sondorn fast in allen
Gyinnasit'ii "riccliisclior SlJuKe iimli und iiat'li neben den zwei an-
dern p,vninAstisclien GöUeni, dein Hermes nnd Herakles, Bildsäulen
und Denkmäler bekam , ja dafs man soi^ar eine eii;ene ZwiKer-
seliöpfiinu,- beliehle «ud neben den Ilernieiaklen, Hermatlienen und
Heiinapbrodilen aiicii Hermeroten bildete. Die beriilinilen des
Tanriscns (Plin. XXXYJ, 5. S. 10,) geborten iiewifs nrs])riin,!>lich
iiicbt in eine römisebe Villa oder Bibliolhek, wobin Visconti im
Museo Pio-CIeuien t. T. \L p. 21. diese Doppelbilder ver-
setzt, sondern in ein <>,nechisebes Gymnasinm. INicbfs Avar natür-
licber, als dafs die stets rege, fortbildende Kiinstlerphan(;isie die
Sfliönen Epbrbcn, die dort kämpften , selbst in Bildnisse des Eros
einkleidete , so wie ^vir es vom jnngeu AIcibiades dnrcb ansdrüek-
liclie Zenii,nisse des Altertbnms Avissen. Man wollte nnn auch die
ganze Grnj)pe zweier ringenden Knaben znm Eros -ideal veredeln.
Da miifste Eros einen Conipagnon bekommen , und dieser biefs
nnn ganz natürlich Anteros. Zwar ist er hier nicht der rächende
Diener der Venus Pthamunsia, aber er ist doch immer im Kamjife,
im Gegensatze begriiTen, Aviderstreitend, nicht wiederliebend. So ent-
stand die- Vorstellung des Eros nnd Anteros , die Tansanias auf
einem Marmorrelief in einem Gymnasium zu Elis erblickte, das
Rlalko hiefs. Die Stelle, welche durch Aufnahme einer sinnlosen
Lesart zweier Handschriften in der Facinfsischen Ausgabe VI, 23.
p. 219. durchaus unverständlich geworden ist, dürfte vielleicht am
leichtesten so verbessert w erden : s<yrt raiviujv iraXaKrr^mw'j civdi-iBffro?
(statt des ganz unbegreiflichen evTwv iraXcxK^rgwv /j.ia;) tuVoj "Epwr«
ej<^wy £x£;fyacr//svov vlcx] tcv y.(xXo'j/jisvov ' AvTij wra. Bekanntlich wur-
den die siegenden Athleten mit Kränzen geschmückt, von welchen
Purpurbäuder in zierlichen Schlingungen herabhingen. S, Gerda
zu Virgil, Aeu. V. 269. Diese Festons hiefsen rouvtixt oder 1 e-
mnisci. Nichts ist gewöhnlicher bei gymnastischen Siegern als
diefs rctiviottf AvahilaSAt, ToctvioZv, S. Wesseliug zuDiodorT. H.
p. 258. u. Rnhnkn zu Tim. p. 246. ed. uov. Pausanias selbst
spricht an 5 bis G Stellen von dieser Sitte. Nun hing man aber
auch diese Kranzschleifen nnd Bänder häufig in Tempeln, Gymna-
sien nnd andern öüentlichen Plätzen auf. So die nxivioci , Avelche
von einem W^eihgeschenk auf das Haupt des Timoleon fallen, beim
Plutarch in Timol. 8. T. U. p. 125, II u 1 1. Vergl. den Zug des
Geizhalses beim Theophrast, Ch. XXII. Was war also natürlicher,
als dafs das Relief, welches zu Elis die Amorineu im Kampfe vor-
stellt, besonders von verliebten Athleten dazu erwählt wurde, mit
solchen palästrischcu Kränzen von allen Seiten behangen zu wer-
den? Und so wäre auch unsere Verbesserung im Pausanias ge-
rechtfertigt, der, fast auf jeder Seite noch inmier durch Lücken und
Verstüninitdungen entstellt, der Wiedergeburt, die ihm jetzt in Pa-
ris zu Ti)cil wird, sehnsuchtsvoll entgegenblickt. Liebrigens war
Eöuigcr'« kleine Schriften I, J 1
102
Eros wirUlicli im Knni[»fo mll dorn Antcros abnchildct. Denn Vixn-
Siuiiiis setzt aiisdrücklkli liinzu : Antcros suclic dem Eros
c i II e n r a 1 in z w e i i;,- a u s de r H and z u wind e n. Es ist
merkwürdig-, dafs sich dieses Relief in einer vollkommen gehenen
Abbildnng- bis anf die nenern Zeiten erhallen hat. Im Landhaiisc
des Dnc d'Albret zn Pontoisc befand sich ein trelflich erhaltenes
Marniorrelief, welches den Antcros vorstellt, wie er mit giilfster
Anstrengung- dem Eros die Siegespalme zu entrclfscn sucht. Man
llndet es in einer später hinzugekommenen Hilfslafcl zum Mont-
fancon, Ant. Expl. T. I. P. I. nach CXXII. ahgehildet. Dafs
es üheihaupt eine Liehlingsidec der Alten gewesen sei, beweisen
die geschnittenen Steine, anf welchen dieser Kampf so oft wieder-
holt wird, dafs man mit Sicherheit anf die Allgemeinheit dieser Al-
legorie schliefsen kann. Schon Beger gab in seinem Thesau-
rus Brandcnb. T. I. p. 35. einen Jaspis - Intaglio mit dieser
Vorstellung. Doch man blieb hierbei nicht stehen. Man hat, ent-
■wcder weil man den Sinn der Allegorie nicht ganz fafsle, oder
auch blos um der angenehmen Abwechslung- willen, den Kampf des
Eros und Antcros späterhin am häuligsteu so vorgestellt, dafs beide
GiUter mit einander ringen, während die Palme an einer gymna-
stischen Hermensänle angelehnt steht. Aiifser den in Winckel-
mann's Oatalogne du Cabinet de S losch p, 131. Nr,
676 — 682. angeführten Steinen nnd Pasten, avovou die drei vor-
züglichsten schon im Museo Floren tin. T. I. lab. LXXVI ,
1 — 3. in Kupfer gestochen sind, fiudet man noch einige andere
in England belindliche iu Tassie's Catalogne Nr. 6943. if.
"Wenn aber Raspe in seinen Erklärungen zum Tassie auch die
so oft anf geschnittenen Sieijien vorkommeiulen Hahnenkämpfe,
wobei zwei Amorinos, einer auf Seiten des siegenden, der andere
auf Seiten des besiegten Kampfhahnes, ihre Rolle spielen, (s. Mus.
Florent. T. I. tab. LXXM, 8. n. Lippert, Dactyliolh, I,
821.) aus dem Fragment des Aelian beim Suidas erklären will,
wo der Liebhaber, den einst Anteros rächte, mit zwei Slreilhähncu
erscheint, so ist diefs wohl etwas zu weit gesucht nnd von der
muthwilligen Deutung, Avelche die Alten in diese Hahnenbilder zn
legen wufslen, zn entfernt. Wohl aber möchte eine zierliche Mar-
jnorgrnppe Aon zwei Genien , wovon der eine den andern in den
Arm heilst, welche vor einigen Jahren in Frankreich zu Vicnne im
Departement de l'Isere gefunden und von Gibelin als eine Vor-..
Stellung des guten und bösen Genius gedentel wurde, (s. Decade
philosophiq u e Nr. 21. an. X. p. 143., wo anch ein Kupfer-
slich belindlich ist) am sichei-sten von unserem Auleros nnd Eros
gedeutet weiden. Gewifs aber ist vom Anteros in einem zierlichen
griechischen Sinngedicht ('ASa^'r. CCLXVII. T. III. p. 205.) die
Hede. Nemesis hat ihn zum Gegner nnd Zuchlmeister dos Eros
gebildel. Nur hat freilich der Epigrammatist die siumeiche Grup-
163
pp, niif wolclic jonos Gcdichtclien pfcniaclil ist, niclit ganz versfan-
ilen lind auf Aiifacliiiiij» licflinor Liebesfliumiieu im kalten Biison
hezogoii, -was blos die Bestral'iinq; des ül)ennü(ln_i>eii GoKos vor-
ßU'llle. Auch das näclislfüli>,eiide einzelne Disdehoii (Ep. CCLXVIII,)
bezielit sich anf rev Avr'io-^ ''F.(iMzcc^ d. h, 'Avrijiwra. Indefs erkhirt
sicli nun ancli ans jenem W'ifzspiel des giieeliisclien Sinngeditlifs
der Uebergang- in die \ors(cIlmigsart der Neuem, bei welchen An-
leros iinr Gegenliebe und ervviederte Zärllichkeif bezeichnet. In
dieser \üilig" modernen Bedentnni^ naiimen es anch schon Boc-
caccio, Lilio Giraldo (Op. T. I. p. 394. Bas.) und zu-
letzt iiocli M a n s o , m y t h o I o g. Versuche S. 339. Diefs
kömmt von der gewöhnlichen Erklärung' der bekannten Stelle Ovid's,
Avo Venus ge min omni inater Amor um genannt und diefs
Zwillingspaar Eros und Anteros g-enannt wird. Allein diefs ist in
der alten Vorstellungsarf, die auch schon der Bildhauer Scojjas be-
folgte, der Pothos und Hinieros. Der wahre Anteros rächt
und bestreitet nur den Eros. Ihn ruft, Avie schon Servius sehr
1 iclitig- bemerkt, die verschmähte Dido als einen Gott für die i n i-
tj u 0 foedere amantes an, Aen. IV, 520. Den Begrilf der
Gegenliebe, den wir gewöhnlich damit verbinden, drückt die alle
Kunst stets durch die berühmte Gruppe von Amor und Psyche ans.
Sollte es aber gar dem Liebe lösenden Amor gelten , iu dessen
Dienst Ovid seine berühmten Re media dichtete, so war es der
Genius mit der umgekehrten Fackel, der Amor Lethaeus, des-
sen Bildnifs iu Rom in der Kapelle der Venus Erycina zu sehen
war (Ovid, Rem. Am. 549.), welchen Lessing:, wie bekannt, viel
zu eng blos Auf den Geuius des Todes bcscliräuktc.
W
164
VII.
Cyclopen. Arimaspen.
Sitte der Alten, sicli den Körper zu lualen und zu
l)unctiren.
Jr nsl in allen Erdstricljcn und nnter den ineislen Nationen, die
«1er stolzere Enropäer Hilde zu nennen |tlIoi;t, ist es Sille, slatt
der bei uns üblichen Kleidung den Körper mit allerlei üelen und
Salben einznschniiercn oder mit bunlfarbii^en Linien nach eigener
Phantasie auszuschmücken und anfzn]inlzen. So all-gemein ancli
diese Sitle ist, in welcher sich die entlei niesten und unnleichardg-
Bten Völkerstämme oft ähnlich sind, so wenig läl'sl sich doch über-
all auf gleiche Ursachen und Veraulassnngen schliefisen. Wenn
sich der Hottentoft am Caj», wie Sparmann versichert *), blos darum
in eine rufsige Feltkrnsle einwickelt, weil er sich sonst selbst nackt
und nngeputzt erscheinen würde, so überzieht sich der Grönländer
ans keiner andern Absicht mit einem Fischlbranfirnifs, als weil
diefs die Wärme zusammenhält und ihn gegen die Kälte seines
Klimas schützt. Der scharfsinnige Herr von Pauw, der in allem
diesen Einsalben und Bemalen nichts als die Nothwehr gegen den
Stich lästiger Insekten erblickt, würde gevvifs viel zu thnn haben,
wenn er alle Berichte der Reisenden von dieser Sitte ans dieser
einzigen Ürsaehe erklären sollte *'). Aber so mannigfaltig auch die
Ursachen sein mögen, die diese Gemeinsitte der rohern Menschheit
unter den verschiedensten Himmelsstrichen hervorbrachten, so sind
doch die Veränderungen und Abstufungen , in welchen wir sie bei
verschiedenen Völkern erblicken , noch viel mannigfaltiger. Sie
lassen sich indefs bei genauerer Untersucbnng füglich alle auf 3
Stufen zn; ückbringen. Die niedrigste ist das einfache Beschmieren
Reise nach dem Vorgebirge der guten Hoffnung S. 175 : „der ein-
geschmierte Hottentotte glaubt, er selie nicht so nackt und dabei
völliger aus. Eine ungesclnnierte Haut scheint wie ungeputzte
Schuhe, eine Nachläfsigkeit, einen Mangel an Putz zu veiTathen."
Reclierches pliilosoplnques sur les Americains. T. I. p. 232 secj.
Das Einseitige dieser Hypothese liat schon Prof, Schneider in sei-
nen Anmerkungen zum Ulloa II, 290» hinlänglich gezeigt, obgleich
nicht zu leugnen ist, dafs Sthutz gegen die Insekten mehr als irgend
ein anderer Grund für die AUgemeinlieit dieser Sitte angefülirt zu
werden verdient. Am richtigsten hat Robertson die Ursachen an-
gegeben : History of America T. H. p. 151. Man vergleiche aber
anch Heyne zu Virgil's Georg, II, 115, der neuen Ausgabe.
165
und Einsalben, um sich dadnrch in dem Znslantk* der völligen Nacktheit
geueii die AnjirilFe des Klimas und der Insekten zu bewahren. Aber
bald misclit sich die Putzsucht in's Spiel, die deu Wilde» am Oro-
iioko oft eben so viele Stunden niilerhäll *) als den ihm an Gei-
stesschwäche so ähnlichen Elegant im Palais Ro^-al. Diese lelirt
nun , jene Salben und Schmieren küit.sillcher aufzutragen , sie mit
abstechenden und grellen Farben zu vermischen und in seltsam
verschlungoneu Iirwegen über die braungelbe , olivenfarbene oder
kupferrodie Haut zu ziehen. Diefs wäre die zweite Stufe. Be-
quemlichkeit uiul kriegerische Galanterie lassen bald auf Mittel den-
ken, diese Ilantgcmälde dauerhafter und unauslöschlicher zu macheu.
Hier wäre also der Ursprung aller jener sclimerzliaflkünsllicheii
Operationen, des Pnnclirens, Einschneidens, Tältowirens, Matachi-
rens und wie die Kunstgrüfe sonst heifscn mögen, die uns in dem
mit fürchterlichen Spirallinien durchfurchten Gesicht des Neuseelän-
ders oder der zerfetzten Larve eines Abiponers auch noch in den
verschönernden Kupferstichen an den Ausruf jener englischen Dame
erinnern: sind das deine Bastarde, Mutter Natur I Meine Altsicht
ist jetzt nicht, meinen Lesern eine Prozession solcher verstümmel-
ter und vernnehrter Menschengesichter vorzuführen. Man ist nicht
immer aufgelegt, eine Versuchung des heiligen Antonius lange zu
betrachten, und Aväre sie auch das IMeisterstück eines Calot; und
mau könnte selbst bei der befsteu Disposition zu einem Maskeü-
ball die Faschingsmummerei, die uns die Natur hier an ihren Söh-
nen zidiereitet hat, verdriefslich und langweilig linden. Ich bleibe
also für jetzt nur bei der Frage stehen: war die Sitte, Gesicht
und Körper mit allerlei Farben anzumalen, auch nnter den Völkern des
Aherthiims gewöhnlich, und, "weun sie diefs, wie sich's in voraus
vermuthcn und auch durch ein sehr weitläufiges Zengenverhör alter
römischer und griechischer Schriftsteller darthnn liefse, wirklich
war**), lassen sich nicht in deu historischen Ueberlieferungeu und
*) Gnmilla, Histoire de I'Oronoqae Tom. I. 191. „Bei meliren»
Stämmen dieser Indianer lassen sich die Männer stundcHlang von
ihren Weibern malen und einsalben. So lange der ganze Körper
noch nicht gemalt ist, gelit der Indianer nicht aus seiner Hütte und
entschuldigt sich damit, dafs er noch niclit angekleidet sei." Diese
Galanterie erstreckt sicli bei Einigen, wie Robinson S. 426 aus
dem Herrera anmerkt, bis auf Taschenspiegel aus polirten Stei-
nen, die sie bei sich herumtragen. Tout comme chez nous.
**) Die Sitte, sich zu bemalen und zu punctiren, war mehr oder we-
niger allen alten Völkern in ihrem frühesten Zustande gemein.
Der gelehrte Cluver glaubt daher gar, die Sitte müsse schon vor
dem Babylonischen Tliurmbau da gewesen und bei der Völkerzer-
streuung in alle Welt auch nach Amerika mit ausgewandert sein.
ICü
in «leii Gebiäiu'lien der Giiechon und Römer noch jetzt verscliicdcne
bis jotzt nii lit l»enrlifclc Spuren dieser Sitte entdecken , wodurch
irgend eine Dniikelhoit in der Gescliicbte anfi!,x'kl;irt oder ein niifs-
verstcindeiier Ritns jener Völker riclifi2,er !!,cdenlet werden kiiiiiilc'?
Unter inanclieni minder Bedentenilen dürften vielleicht folgende
Spuren der Anfmerksanikeit nicht ganz uuwiirdij«' scheinen.
Zu den heriichfiiiton Mifssjebnrlen und Ünü,elienerH der alten
Dichterwelt gehören auch, wie bekannt, die Cydopen. Annenoin-
luen , was li-iclit mit einem scheinbaren Aufwand von Gelelirsaiu-
k(^it bewiesen werden könnte, hier aber als erwiesen voraas_ü;esetzt
werden mnfs , dafs diese Pataii,onen der alten Welt, diese rohen
Söhne der Natur, die in den Alientenern des vieli^e wanderten Ulys-
ses beim Honier eine so merkwürdige Rolle spielen , nicht blose
Hirngcspinnsto Homerischer Phantasie, sondern wirklich die Urbe-
wohner Sicilieus, rohe Troglodvteu an der höhlenvollea Küste dic-
De Germ, antiqii. I, 16. p. 129. Folgendes lafst sich mit einiger
Gewifsheit hierüber festsetzen: 1) die gesitteten asiatisclien und
europäischen Nationen legten zwar diese rohe Sitte nach tmd nach
alle ab, doch pflanzte sich ihr Andenken noch bei gewissen Reli-
gionsgebrauchen fort, wo man sich auch spaterJiin noch Figuren
einbrennen und pnnctiren liefs. So die Aegypter bei iln-en Klage-
festen. Sielie von Schmidt, de sacertotibus et sacrificiis Aegyptiorum
(Tubing. 1768) S. 174. So noch in spätem Zeiten die clirist-
liclien Pilger im gelobten Lande. S. du Soul ad Lncian. de dea
SjTJa c. 59. 2) Bei allen nördlichen und südlichen Nationen (Gel-
ten, Scythen, Aethiopiern, Arabern nacli der Nomenklatur der Al-
ten) blieb diese Sitte unverändert. Von den celtischen Völker-
schaften, Iberiern, Britanniern, Scoten, liat Pelloutier, Iiistoire des
Celtes T. I. p. 289 — 295 Alles gesammelt; die von den Meisten
übersehene Hauptstelle ist beim Herodian T. II. p. 762 seq. edit.
Irmisch. Die picti Geloni und Agathyrsi sind aus dem Virgil be-
kannt. Vergleiclie Gesner zum Claudian III. 312. Weniger be-
merkt ist diese Sitte bei den südlichen Völkern. Herodot, IV, 191,
Plinins XXXIII, 7. S. 136. Ein merkwürdiger Beweis für das
Punctiren bei den alten Aetliiopiern findet sicli beim Petron c
102 p. 479, wo die frontes cicatricibus scissae von Heyne bei
Blumenbach, de generis humani nativa varietate p. 97. gewifs selir
richtig von den alten Negersclaven erklärt werden. 3) Was Kiein
in seinem Versucli über die Malerei der Alten mit vielem Scharf-
sinn zu erweisen gesucht liat, dafs sie, im liintei'sten Indien er-
zeugt, nach und nacli zu den Vorderasiaten und Europäern ge-
kommen sei, liefse sich selir leicht auch von dieser Ilautmalerei
bis zu einer gewissen Evidenz darthun. Aber Indien war ja auch
die Wiege des Menschengeschlechts.
167
scr Insel gewesen sind; so entsteht nati'iilicli die Frage: woher die
60 einstimmige Sage von ihrer Moiislrosilät, woher das Mührchen
von den) einzigen rnnden Ange auf der Stirne, womit sie die Fa-
bel so freigehig ansriistef? Es ist sonderbar, dafs Homer eigeut-
licli nie in jener Erzählnng von den Cjelopen nnd dem Riesen
Polypheni ansdriicklich sagt, sie hätten nnr ein einziges Auge ge-
liabt , sondern diefs nnr ans dem Znsjunmenhange der Geschiclite
schliofsen läfst *) nnd eben dadnrcb zn verstehen giebt, es sei
diefs eine zn seiner Zeit schon allgemein angenommene nnd be-
glanbigto Sage gewesen. Man kann diefs also niilit als einen
Idosen Einfall des ionischen Sängers betrachten , womit er die
Karrikatnr des nnfiirnilichen Unholds nnr habe vollenden wollen **).
Die ganze Beschreibnng der Cydopen nnd des Hirtenlebens des
Polypheni ist so getren nach der Natnr kopirt, dafs wir sie nn-
inöglicb für bloses Pbantasiewerk halten können ***). Und so miifs
anch das einzige grofse Ange seinen Grnnd in der Natnr gehabt
liaben. Anch bierzn ninfste der Dichter in den Erzählnngen phö-
iiizischer Seefahrer und irrender Abenteurer, deren Aussagen er
offenbar seine ganze Westwelt nacligebildet hat, eine Veranlassnng
finden. Wie unn, wenn Homer wirklich von einem solchen Ange
auf der Slirn gehört hätte, nnd diefs nichts Anderes als ein ge-
maltes gewesen wäre? Oder wäre die Vermnthnng so nnwalu-
seheinlich , dafs sich die rohen , nackten Kiistenbewohner Siciliens
eben so wie ihre Halbbrüder, die vorgeblichen Riesen in Patago-
iiien oder die Abiponcr und Neuseeländer, noch beut' zu Tage f)
*) Odyss. IX, 333,
**^ Homer wollte durch das eine Auge des Cydopen weder eine bur-
leske Iläfsliclikeit zeichnen, nocli einen moralischen Satz allegori-
siren. Selbst tler häfsliche Thersites ist nach der Absiclit des
Dichters nicht lächeiliche Karrikatnr. Diefs sagte schon Lessing,
und es ist neuerlich mehrmals wiederholt worden. Niclit einmal
die weit häfslichere Schilderung beim TheokritXl, 30 darf so er-
klärt werden. S. Ilindenburg's treffende Bemerkungen im teutsclien
Museum 1779, II, 254 ff. Die moralische Briiiie, die z. B. Uar-
duin zum Plinius T. I. p. 370 sehr reichlich darüber giefst, ist
vollends ganz nngeniefsbar.
'**) Dalier auch Plato die Homerischen Cydopen zur Krläutwung sei-
ner Hypothese von den verschiedenen Stufen der menschliclien
Kultur nach der Deukalionischen Fluth aufstellte. Man sehe dia
merkwürdige Stelle beim Strabo XIII. p. 885 B. D. Vergleiclie
Goguet, über den Ursprung der Gesetze, Tbl. I. S. XXll. der
Vorrede.
•J-) Von den Teluiclhets oder Patagonen heifst es in Th. Falkncr's
Beschreibung von Patagonien Kap. V. S. 160. : „Sie malen iliie
168
(josli'lit und Kiiri)or mit allcilcl Fijfiiren bonalt nnrl j>P'''T1c milfon
an der Slirii olneii lirofson rnnden F^eck an^ohraclit liätlcn , den
der hier landende Frenidlinij,- in der Ferne leicht für ein grofses
Ange ansehen nnd daher diesen IMenschen den Namen der Cvelo-
pen (I{iindäii!;i^en) !;ehon konnte"? Späterhin p,lanh(c man wciiij^-
stens, dnrch eine soiclie Malerei im Gesichte die echte Cvdopcn-
ivestalt vollkommen nachmachen zn können. Diefs beweist eine
Sielle des Cailimachns in seinem Ilvmuns auf die Diana *), wo er
ihre Unersciirockenheit heim Anblicke der furchtbaren Cyelopen
riilimt nnd nus i;ele:;ent!ich einen sehr interessanten Blick in die
Kinderstuben des Olymp thnn läfst. Die kleinen Göttermiidchcn
sind da auch zuweilen nngezoiJ,en. In solchen Füllen thnt, wie
unsere Grofsmiitter noch recht i^ut wnfsten , ein wohlberufster Knecht
Ptuprecht j^ute Dienste. Zn einer solchen Mnmmerei waren im
Olviup die Cyclopcn gerade die rechten Leute. Zuweilen liefs sich
aber auch IMercur erbitten, statt ihrer den Mnthwillen der jMädchea
zu bestrafen.
Wenn leiclitfertigen Sinnes ein Mädchen die I\Iiitter verachtet,
Ruft mit droliender Stimme die Mutter: Herein, ihr Cyclopen!
Arges, Steropes, kommt ! Da springt ans dem Hintergebände
Hermes liervor, mit benifstem Gesiclit, ein sclieufslicher Popanz.
Aber die Kleine bebt zitternd zuriick, verschliefst sich mit beiden
Händen die Augen und lilillt sich im schirmenden Busen der INIutter.
Aber, könnte man mir einwenden, wenn die Fabel von den
einängigen Cyclopen aus einem gemalten Fleck an der Stirne die-
ser Menschen entstanden sein sollte, so Aväre es doch weit naliir-
licher gewesen, zn sagen, sie hätten drei Augen gehabt, als nur von
dem einzigen gemalten so viel Wesens zn machen. Ich antworte:
diefs scheint auch in der That aufünglicli der Fall gewesen zu
Gesicliter anfs Häfsllcbste, bald roth, bald schwarz, nnd bilden
sich dabei ein, sie ei'liielten dadurch eine besondere Scliönbeit."
Noch merkwürdiger ist die Stelle in Dobrizlioffei-'s Gescliichte der
Abiponer Tb. II, S, 34. „Auf der Stirn lassen sie sich ein Ki'euz,
an den beiden Augenwinkeln zwei gegen die Oliren hingezogene
Linien (,o(p^vs £$ wrs; Ttraraz irsg] Si^n^'o'J w? //i« fxxy.Qtx , Jn
der Beschreibung des Cyclopen beim Tbeokrit XI, 32), oherbalb
der Nasenwurzel aber, zwischen den zwei Augenbrauen, vier
Feuerstriebe, welclie wie ein Rost gegittert sind." Die dabei be-
findliche Kupfertafel zeigt walire Cyclopengesichter. Audi die Ein-
wohner der ^Marquesasinseln punctiren sich rautenförmige Figuren
im Gesiebte ein, Sielie Forster's Bemerkungen während einer
Reise um die Welt. S. 208,
*; V. C6 — 71.
160
soin. Doi' alle Silioliast des Virj^il veisidicrt ausiliiHklii-li , dafs
zwar die IMcislon dein Poivpliein mir ciu Auge zuschrieben , dafs
iliiu aber auch Andere zwei, Andere p\r drei Angen andichteten *).
Und gerade diese Yorslellnngsarf mit drei Augen finden wir nnn auch
noch auf den alten Kunstwerken , wo zuweilen Polvjihem als
schmachtender Liebhaber der Nvm|ihe Galalea vorgestellt wird. Ein
Relief in der Villa Albani bei Winckelniann **) giebt ihm aufser
den zwei natürlichen Augen noch ein drittes, über der Nasenwur-
zel auf der Slirn, und mit eben so vielen Augen erscheint er auch
auf einem sehr gerüiunten Ilerkulanischen Gemälde ♦**). So hätte
also die nrsprüngliche Sage von den Cyclopen wirklich drei Augen
gehabt iiud erst später wäre durch die Liebe zum AVunderbaren,
vielleicht auch durch den Namen Cjclopen f) selbst die Wunder-
gescliichte von den einäugigen Menschen in Umlauf gekommen.
Und so hätten wir hier wirklich eine Spur jener allgemeinen Sitte,
sich zu bemalen, in der ältesten Fabelgeschichte aufgefunden. In-
dessen lassen sich wohl auch noch ganz andere Erklärungen hier-
von haben. Nur müssen sie wahrscheinlicher ausfallen als die
Blnlhinafsuug des Abbe Banier. Er läfst die Cyclopen ein kleines
mclallenes Schildclien an der Stirn tragen. Diefs dnrcbbobrt er den
Augen gegenüber mit einem Loche, und diefs Loch — ist das
*) Serv. ad Virgil. Aen. III, 636. Multi Polyphemum diciint habuisse
unuin oculiim, alii diio, alii tres; sed totiuu fabulosiuu est,
**) Monumenti antichi T. XXXVI. p. 43.
***) Pitture T. I. tav. X« Natürlich mufste diese ältere Vorstelbings-
art des Cyclopen den alten Künstlern auch schon darum selir
willkoniinen sein , weil sich ein drittes Auge an der Stirn noch
immer eher bildlich darstellen liefs als eine einzige grofse Scheibe
über der Nasenwurzel ohne Aiigenöffnungen auf beiden Seiten,
Ancli Pliilostratus giebt nns in der Auslegung seiner vorgeblichen
Neapolitanischen Bildergalerie einen Polypliem znm Befsten. Icon,
II, 18, p. 8i0. Aber da ist er ganz der scheufsliche, einäugige
Unhold, wie uns ilm Enripides in seinem Cyclopen burlesk genug
vorstellt. Ein neuer Beweis, wenn es nacli Caylus's sinnreichen
Bemerkungen (^Histoire de Tacademie des inscriptions et belles
lettres. T. XXIX, p. 154) eines neuen bedürfte, dafs dieses ganze
Werk Nichts als ein Gewebe sophistischer Kunst und Art sei. Der
wahre Künstler hätte dem Polyphem gewifs auch hier drei Augen
gegeben.
t) Hierauf scheint auch die Stelle beim Hesiodus in der Tlieogonie
V. 144 zu führen. Die Römer verstümmelten das Wort in ihrer
Ausspraclie in Codes. IMan selie den Varro de L. L. p. 94 cdit.
Bipont. und V^alckenaer's gelehrte Anmerkung zum Ammonius. S«
198.
170
Cyclopcnniii^e •). Wahrbafllg diose Wrmiilluing Ist so wilzig^, dafs
icli in VerRiKliiiiii^ gcradie, ihr «'iiio andere eiifi^Oi^onziiselzoi),
die, auf der Wai«e der Walirscheiiilltlikeit altn-ewoncn , Aveiii,iJ,steus
nicht leichter befunden werden dürfte als die scliüne Schihlhypo-
Ihese. Wer erinnert sich niclit jener hen'ihmten Schönlicilsplläsfer-
chen, welche die allniäciitij'e Göttin Mode ans ihrem phantastischen
Füllhorn auf die Stirnen nud Wangen nnserer Grofslaiiten und Ur-
j;rofsmütfer so reichlicJi ansznslrencn ]>flea,te, welche, Mie nns Ad-
dison in seinem Zusehancr so komisch zu erzählen weifs, einst in
England den Whigs nnd Torys znm Unterscheidungszeichen dien-
ten und in noch frühem Zeiten unter der praohtliehenden Elisa-
beth, so wie die Reifiöcke, von den geschniackvollsleu Sintzern
getragen wurden *? Pope hat sie in seinem Lockenrauhc verewigt,
nnd eifrige Kanzelzoloteu zogen mit Slrafprcdigten gegen sie zu
Felde. Diese Sitte der schwarzen , rosenfariienen und orangen
Schminkpflästerchcu ist ohne Zweifel sehr alt. So war jene Büchse
mit Schönheitsessenz, die nach der Fabel beim Apulejns die arme
Psyche ihrer strengen Gebieterin sogar aus der Unterwelt heryor-
holen nnifste, zuverlässig nichts Anderes nh eine Monchendose ,
wie sie noch auf den Putztischen unserer Grofsmütter paradirte;
nnd im alten Rom ^varen diese Ptlästerchen, die mau von ihrer
länglichen Form nnd einer gewissen Aehnlichkeit mit der INlilr
Milzpflästerchcn (splenia) nannte, etwas sehr Alltägliches nnd für
gewisse Leute, deren Slirne eben nicht auf die rühmlichste AVeise
mit einer Inschrift geschmückt war, etwas sehr Bequemes **).
Was hindert uns, nm nun doch auch zur Geschichte der Erfindun-
gen und Moden ein antiquarisches Schärflein beizutragen , unsere
Cjclopen mit ihrem gemalten runden Fleck über den Nasenwurzeln
als die echten Erfinder aller iü älteren und neueren Zeiten so
Banier's Erläuterungen der Götterlelire Th. V. Seite 253. Auch
Rammler liat neuerlich diese Hypothese aufgenommen.
Zu den Galanterieen des nnverscJiämten Regulus rechnet der jün-
gere l'liniiis in seinen Briefen VI. 2, dafs er als Sachwalter vor
Gericht bald über dem rechten, bald über dem linken Auge ein
weifses Scliminkpllaster getragen habe. In Martiafs Sinngedichten
finden wir häutige Anspielungen auf diese fliode, die damals in
Korn sehr licrrschend gewesen sein mufs. Ein Glücksritter, der
als Sclave gebrandmarkt worden war, blähte sicli im Theater durch
den ü])pigsten Aufzug, II, 29.
Et numerosa linuut stellantem splenia frontem«
Ignoras quis sit? splenia tolle, leges.
Man vergleiche luerzu Rader's Anmerkungen S. 203. und Alberti
zum Ilesychius T. II, C 1250.
171
künstlich geljraiichlon und miTsbrauchteu Schmink- und Schünlieits-
jjlläslerchen anzusehen '?
Was ich bis jefzt von den Cyclopeii zn erweisen gesneht
Ijabo, liefso sich vielleicht noch auf ein anderes Volk des Alter-
thnnis anwenden. Den Arimaspcn, eioeni alten, Ifiiigst verscholle-
nen Fabelvolko im nordöstlichen Europa , die nach dem Ilerodot
eine »nnuterbrochene, blutii!,e Fehde mit den berüchtigten Hippo-
f!,rvpheü unterhielten und alle anch nnr ein einziges Auge auf der
Stirn halten, würde vielleicht als den wahrscheiidicheu Stammvätern
der sich noch jetzt bemalenden Tungusen und Ostiaken zu ihren
leiblichen Augen und einer historisch beglaubigten Stelle auf der
alten Yölkerliste auf eben die Weise zu verhelfen sein, auf welche
wir die Cyclopen von einem Theile der ihnen angedichteten Häfs-
lichkeit und Monstrosität zu befreien gesucht hal)en. Da man sich
das Dasein dieses Volkes, "welches auch Strabo als eines der Haupt-
volker des nördlichen Europa zugleich mit den Sarraaten und Hv-
perboreern anführt *), geradezu wegzuleugnen nicht getraute , so
verfiel man schon im Alterthume auf allerlei Vermuthuugeu , das
Fabelhafte von dem einzigen Aug^e auf eine venniuftig-e Weise zu
erklären. Das meiste Glück hat bis auf unsere Zeiten die Erklär-
ung- des Scholiasten Eustathius gemacht **). Nach ihm waren
i die Arimaspen eine Nation fertiger Bogenschützen, die, um desto
gewisser zu zielen , immer das eine Auge zudrückten und so den
benachbarten Nationen und durchreisenden Fremden als einäugige
Menschen erschienen. Aber, läfst sich mit Recht hier fragen, wa-
ren nicht alle scythischcn Völker geübte Bogenschützen? Man weifs
j.a, dafs, nach der gewöhnlichen Ableitung-, seljjst der Name Scvthe
oder Schule so viel als Schütze bedeuten soll. Alle zielten, alle
drückten hierbei das eine Auge zn. Wie hätte also die Bencnn-
nng- Einäugige, welche nach der vom Herodotus selbst aunjewahr-
ten Sage das Wort Arimaspu im Scjthischeu bedeuteu soll ***),
*) XI. p. 774 B.
**) In seinem Coimnentar zn dem geographischen Gedichte des Dio-
nysius V. 31. In neuern Zeiten liat Muretus diese Erklärung wie-
der vorgeti-agen Yar. Lect. XII. 8. p. 1089. T. II. Lanip. Grnt.
Auch der gelelirte Th. S. Beyer liat ihr, so viel ich mich erin-
nern kann, in seinen memoriis Petropolitanis nichts ErhehÜches
entgegenzusetzen gewufst. Noch vor Kui-zem hat sie auch Lar-
cher in seinen geograplüschen Index zum Herodot T. VII. p. iO
aufgenommen. Man vergleiclie aucli Wachter's Glossarium s, v.
spaehen. p. 1547.
'***j Ilerodot IV, 13. 14. Man vergleiclie den Alberti zum Ilesychius
T. I. c. 53 , 4. Doch verdienen auch die scharfsinnigen Bemerk-
ungen , die Beer in seiner Besclireibung des alten Scythiens in
172
von eluer Eiji^enscliaft, die allen scjlblsdion Y()lker.scliaf<eu zukam,
doch nur einer ciiizi:j,eii erilicilt werden küniion"? Hierzu koiuint
iiocli, dafs in dem Yor::,ebli(Iieii Gedichte des Arisleas aus Prokou-
nes, weleliea Herodotus und Piiiiins als den ciuzi<!,'eu Gewälirsiuanii
dieser Sai>c anführen, nicht von Eiu;iui;iü;eii im i!,c\vi'dinliehen Sinne
des Wortes (l)ori!;nc) , sondern von einem eiuziü^en Auge auf der
Stirn, ger.ide so >vie bei den Cyclopou, die Rede ist *), welches,
wie man leicht einsieht, zu der Erklärunü^ von zielenden Bogen-
schützen ii'ar nicht passen will. Veriileieht man nun die ausdrück-
lichen Zeugnisse alter Schriflsteller, die den Bewohnern jener Ge-
genden, wohin das Alterdium die Arimaspen versetzte, den Ge-
brauch, sich das Gesicht zu bemalen, zuschreiben **), nud hält maii
damit die Aussage neuerer Reisebeschreiber und Geographen zu-
sammen, die von den wilden Völkerstämmeu im nördlichen Asien,
wahrscheinlichen Abkömmlingen jener scvlhischen Völker, eben diefs
berichten ***), so wird man vielleicht meine Yermulhung nicht
ganz nnwahrscheinlich linden, dafs auch die Sage von dem einzi-
gen Auge der Arimaspen aus der Gewohnheit jenes Volkes , sich
Slirn und Gesicht mit allerlei Figuren zu bemalen, entstanden sein
könne. Was anfänglich bioser Irrllium aus Unwissenheit Avar, wur-
de vielleicht absichtlich von der pliffigen Krämerpolitik der grie-
chischen Kolonisten am Duieper und schwarzen Meere vergröfsert.
Sie kannten und nutzten vielleicht die Goldminen jener Gebirge,
die sie nun mit furchtbaren Ungeheuern, mit Greifen und Arimas-
pen bevölkerten, um forschender Neugierde jeden Zugang dazu zu
versperren -J-). Und was endlich der Kaufmann durch seine Be-
Bavimgarten's Sammlung von Erläuternngsschriften zur Allg. W. G.
Tii. in. S. 35 , 36. gegen diese gangbare Etymologie gemacht
bat, wolil erwogen zu werden. Er konnte nur Stralenberg's ta-
biilam polyglottam brauchen. Jetzt würde ims Prof. Rüdiger in
Halle, mit Hilfe des neuen Petersburgischen Universal - Glossa-
riums, gewifs weit gewissere Belelirungen ertlieilen können.
'*) In dem Fragment des Aristeas beim Tzetzes, Cliil. VII. l-i*. lieifst
es ausdrücklich: o$)5«X/x5v S' t'v* tnoitTTog «x*"-' X"?'^"'''' /^^^wxwi
^airyjffi Aaffjov. — Hiermit stimmt fast wörtlich die fabeliiafte
Erzählung des Megasthenes beim Strabo XV. p. 1038. A. von den
einäugigen Menschen in Indien iiberein. Die hieraus abzuleiten-
den Schlüsse ergeben sich von selljst.
**) Plinius H. N. XXII. 1. s. Vergleiclie damit Sextus Empiricus
III. 202. S. 177. und daselbst die Anmerkung des I. A. Fabricius. 'j
***) Stralenberg's nörd - und östliclie Theile von Europa S. 166. 438.
und die Citate in Meiners, Grundrifs der Gescliichte der Mensch-
heit, S. 121. not, 1,
f) Diese eigennützige Kaufmannspolitik hat in älteren und neueren
Zeiten die lüdkuiide und Naturgeschichte mit den lächerlichsten
1/3
gierdcn nicltt ansiiilileü koiiiUo, das volleiulele der faljelsüchtlge VViin-
dcri>;laiil)e dos Giieolien. Elicn so selljsfgeniigsaiii und ebeu so un-
wissend in der Gi'0!>,rapliie nördlich gelc^eiipr Länder als so manches
Mili;"!ied einer bei liliniten Academie im mittäglichen Europa, wenn von
pavs du Nord die Rede ist, schinckte er heifshangerig die nnverdaulich-
stcji WnndiM'tiOScIiiciitenhinnntor, die ilini ein miifsiger Ahentenrer von
nordischen Uniiehenern , von einäniiicen Nationen, IMenschen mit
nngehcnern, rückwäitsgekehrten Fnfsblältern (wahrscheinlich Schritt-
sciinhlänfern) n. s. w. nach Herzenslnst vorlog *) ; eine Leicht-
gläubigkeit, die nns am so weniger wandern darf, wenn wir be-
ilenken, dafs anch nnsere Grofsväter noch Pigafetta's 12Fnfs hohe
Piilagonen nnd Coniniersons Qninios oder Zwergnationen, die bart-
losen Amerikaner, die geschürzten Iloltentoflinnen, die geschwänz-
ten Menschen auf Borneo nnd Nikobar, nnd wie die ^Viinderge-
scliöiife alle heilst-n mögen , die nnr ein Robinet in seinem nnna-
türlichen Nalnrsvsleni in Ernste anfslellen konnte, mit grofser An-
dacht und Fe^(gläubigkeil im Tlieatro mnndi und dergleichen Bü-
chern betraclileton und bewunderten.
Aber, entstand diese fabelhafte Ueberliefernug von den ein-
äugigen Cyclopcu und Aiimaspeu wirklich aus augemalten oder
Legenden angefüllt. Man erinnere sich nur an die Fabeln vom
Seewurm, vom Spermaceti, von der Coclienille, dem Tliee u, s.w.,
die nocli zu Aiifang dieses Jahrhunderts überall gäng und gebe
waren. So ging es mit den Goldniinen auf den Riphäischen Ge-
birgen, den vasis miirrliiuis , dem Seidenbau, dem Zimnit u. s. w.
im Altertliuin. Man sehe über dergleichen phönizische und grie-
chisclie Kaufmannslegenden I. M. Gesneri Praelectiones de navi-
gat. Plioen. I. p. 448 ad caicem Orphei, Beckmann in seiner Ab-
handlung: de Iiistoria naturali veterum p. 143. und zum Antigonns
Carj'stius c. 49. p. 87. Auch linden sich in Robertson's neuesten
historischen Untersuchungen über die Kenntnisse der Alten von
Indien mehrere schöne Winke darüber. Die spätem Griechen
lachten selbst über diese Wundergescliichten , womit man ganze
Bücher antullte (Gell. IX, 4) und Lucian schrieb hauptsächlich in
dieser Hinsicht seine wahren Geschichten.
Aristoteles, der in seinen naturhistorischen Schriften ohne den
geringsten polemischen Anstrich dergleichen Mährclien blos durch
die einfaclie Darstellung der Sache, wie sie ist, zu Hunderten wi-
derlegt, spottet in einem Fragment beim Athenäus I, 6. p. 6, D.
über seine Landsleute , die Tage lang die Taschenspielerkünste
eines Gauklers angaifen oder den vom Phasis und Borjstlienes zurück-
gekommenen Kaufleuten zuhören können, ¥i.xrxT^tßcv<Tiv ö'Ajjv
174
ein2:c1>rnnnlcn Flecken auf der Sllrno; ^K\c kommt os, ilafs von
allen ••riocliisclien und lömisclion Sclirif(s(»'llern , dio uns so Man-
ches von jenen Wiiii(lcri»escliö|(ren zu cizälileii wissen, aiicli nicht
ein einziii,er anf diese Erklliiinii; selbst gekommen ist i — Aller-
din,:^s scheint dieses <»änzliclie S(i!lscli\vei_ü,cn meiner Erklilrnngsart
selir uni^ünsfii^. Aher es sciieint ancli nnr. Alles, was daraus
f()l.ü;t, ist: dem geliildeten Griechen und Römer war jene Si((e völlij«-
fremd und nnr als ein lächerlicher Gehranch entfernter harharischcr
Nationen dnrch Ilöiensagen bekannt. Sie lai»' also viel zu weit
aufser seinem Gesichtskreise , als dafs es ihm der Mühe gelohnt
hätte, ein Problem für Menschen- und Völkergeschichte damit zu
lösen, Avas ihm bei seinen dunklen Vorstellungen über verschieden-
artige Menschenracen und ihre mannigfaltige Entstehung- vielleicht
gar nicht einmal problematisch zu sein dünkte. Frühzeitig, Avie
wir wissen, entfaltete sich unter dem milden ionischen Himmel,
im insel- und küsteiireichen Arclii|)elagus die schöne Blülhcnkimspo
griechischer Kultur. Früh gewöhnte sich das Auge des Grieciien an
reine Formen in Menschen- und Göttergebilden. Durch seine
Gymnastik, durch öfTenlliche Bäder und dnrch seine ganze Bildnngs-
und Erziehungsweise lernte er nackte, unverschleierte Schönheit mit
allen seinen Sinnen umfassen und sie den bauschenden Gewändern
und Kleiderwulsten .asiatischer Weichlichkeit entgegensetzen *).
Unter diesen Umständen mufste er auch natürlich jedes Be-
malen, Pnnctiren und Bezeichnen für das, was es ist, ansehen, für
eine widernatiirliche Verunstaltung und Scliändimg des Körpers.
In der That brannte man auch gewöhnlich nnr Kriegsgefangenen
und, da auch diese barbarische Sitte aufhörte, nur Verbrechern, vor-
züglich aber entlaufenen Sclaven, gewisse dauerhafte Kennzeichen
oder Buchstaben anf die Stirn, die Hände oder den Rücken ein,
und ein Gebraudmarkter wurde bei Griechen und Römern ein
Schimpfwort (Sligmatias), womit man nur den verworfensten Scla-
ven belegte. Ein auffallendes Beispiel , wie wenig die Griechen
diese Sitte von einer andern als schimpflichen Seite zu betrachten'
gewohnt waren, giebt uns die seltsame Art, auf welche sie sich
dieaen Gebrauch bei einem ihnen benachbarten Volke, den Thra-
ziern, zu erklären sachten. Bei allen den wilden und kriegerischen
Völkerschaften vom Hämus bis an die norischen und rhätischen Alpen,
die man iraAlterthum unter dem allgemeinen Namen der Thrazier und
illjrier begriff, war die Sitte des Hantbemalens und Punctirens all-
gemein angenommen. Vorzüglich pflegten die eigentlichen soge-
nannten Thrazier ihre Weiber und Töchter vielleicht ans eben dem
Grunde tättowiren zu lassen, aus welchem die mannbaren oltahei-
tlscben Mädchen sich dieser sehmerzbaften Operation unterwerfen.
*) Man sehe die merkwürdige Stelle beim Plato, de Republ, V. p. 9j
VII. Bip.
175
WeiiiüStcns bcrlclifot der als Aii2;cnzoii«c weit richtiger als seine
spälerii LandslQiilc iiicrühcr iirllicilcnde Hcrodot *) atisdnieklicb,
man liabo diese Brandmale und Narben für ein Ebienzeiohen nnd
ibre Menge für einen Beweis der A'orncbmern Abstamnumg- gebal-
(en. Aber der spfilere Grieolie fand diefs so Iböricht nnd nnbe-
greifüeb, dafs er lieber zu einem frommen Mäbreben seine Zu-
jlnebt nabra und das Ganze in das verscbönernde Gewand einer
Fjibel einkleidete. Man wnfste die Erziibinngcn von dem tragi-
selien Ende des ürpiiens auf eine ganz unerwartete Weise zu die-
ser Aifsicbt zu benutzen. Deji IMord dieses benibmleu Ebeslands-
luärt^rers, wo die eiconiseben Mütter
Unter dem Götterfest, im nächtlichen Tanmel des Bacchus,
Weit den zerrissenen Jüngling nmlier durch die Felder verstreuten **),
räelilen die tbraziscbcn Männer an ihren tollen Weibern durch jene
scbiuijiflicben Brandmale, und diese empfindliche Ziicbliguug dauerte
bis auf die späteste Nachkommenschaft fort. So lautete die allge-
meine Sage unter den Griechen, die scll)st Pliitarcb in seiner mo-
ralischen Bufsermahniing von der strafenden Langrnulb der Götter
zwar mit Mifsbilligung der Sache selbst, aber doch ohne das ge-
ringste I\Iifs(rauen in ihre Wahrheit, anführt ***),
Nach diesem Allen wird es Niemand wunderbar finden, wenn
ich behauple, dafs es den Griechen bei ihrer völligen Unbekanut-
scbaft mit der Allgemeinheit und dem Ursprung jener Sitte kaimi
in den Sinn kommen konnte, das Wunderbare, das ancli sie in
den einäugigen Cyclopeu und Arimaspeu finden mufsten, gerade hier-
aus zu erklären.
Es würde leicht sein, diese Spuren ancb noch in andere Ge-
filde des Alterlbnms zu verfolgen. Jener vom weichlichen Orient
auch über die Griechen uud Ptömer verbreitete nnd bis zum üppig-
sten Sinnenkitzel verfeinerte Gebrauch, mit wohlriechenden und bal-
samischen Essenzen jeden Theil des Körpers bis auf die Augen-
brauen ujul Fufszehen einzusalben , jene Verschönerungsmittel der
rolhen, weifsen nnd schwarzen Schminke bei den putzsüchligen Grie-
chinnen, über welche die witzigsten Schriftsteller jenes Volkes den
beifsendsteu Spott ausgegossen und sogar die sträfliche Vorliebe für
ihr eigenes Geschlecht damit entschuldigt haben, würden vielleicht
*) V, 6.
**) Vofs, Virgirs Georg. IV, 520.
_***) Wyttenbach hat in seinem Commentar zu diesem Buclie des Pbi-
tarcli, de sera numinis vindicta p. 67 f. alle Stellen der Alten ge-
sammelt, die liiervon liandeln, auch ilas mei-kwüidige Fragment
des Dichters Phanokles. Man vergleiche auch Valois zum Diodor
T, II. p. 596.
176
zum Tliell lliit'ii Ursprunij; !»is zu «Ten Sall»nna,on und IMaloreion
der rohen Monsdilioit in Ohorasieii und Indien liiiiaiiHiiliiTii kiiii-
nen. Das Henna auf den Näselnder arabischen Bednininncn und die
OrkaneUe (aneliusa) auf den Wanden der Giicchinnon sind i^cwifs
eines Ursj>run«cs. Die rotlianüesdiehcnea Gesithfer des Land-
nianns zur Weinlese und an den IJacchnsfesten , woraus spälerhiii
die theatralischen Masken enlslanden sind, der mit Zinnober im-
mer aufs Frische überpinselte Jupiter auf dem Capilol und der als
sein lebendii^es Ebenbild »leichfalls gefirnift^te triumphirende Feld-
herr in Rom *), sowie alle übrigen rothuemalten Bildsiiulen von
Holz und Thon im frühern Allerlhnm , würden uns höchst wahr-
scheinlich auf eben dieseSitle zurückführen **). Die Bemerkung- end-
lich, dafs farbiii' gestreifte und a.oi.'itterte StolTe zu Kleidern von (]('n
Griechen und Römern zwar wohl gekannt, aber von ihnen fast
nie, oder doch nur mit ausdrücklicher Bezeichnung- der Weichlich-
keit und Ausartung-, getragen, übrigens aber immer nur als Eigen-
heit der celtischeu und barbarischen \ölkcr in Europa und Asien
betrachtet worden sind, könnte uns wohl gar auf die nnsern modi-
schen Damen gewifs unerwartete Vermuthung bringen , dafs diese
gestreiften Muster eigentlich nichts als Nachahmungen der gestreif-
ten Ilantmalereien roher Barbaren und eben daher auch wegen
ihres buntschcikigen Ansehens den au reinere Formen und Far-
henmassen gewöhnten Griechen und Römern stets anstöfsig gewe-
sen, auch, wie die Betrachtung aller Kunstwerke, besonders der
Ilerkulanischen Gemälde hinlänglich beweist, nie von den Künst-
leru zur Draperie gebraucht worden sind ♦**). Aber ich fühle bei
*) Die Hanptstelle ist beim Plinius H. N. XXXIII, 7. s, 36.
**) Teil weifs \\olil, dafs man gewöLinlicli diese Sitte hios als ein
Mittel gegen die Fäulnifs, oder auch nur als Töpfeiglasur betracli-
tet. Man sehe Winckebnann's Gescidchte der Kunst, S. 20. "Wien.
Ausg. und an mehiern Stellen. Aber so gern ich auch zugeben
will, dafs diefs beim Priap und andern diis rusticis wirklicli zu-
weilen der Fall gewesen ist, so wenig kann icli mich doch davon
überzeugen, dafs diefs aufstellen beim Pansanias und Atlienüns pafst,
die ich mir in einer andern kleinen Abliandlmig über den walir-
sclieinliclisten Uisprnng der Masken zu prüfen vorgenommen Jiabe,
♦**) Man denke nur an die virgata sagula der celtischen und germa-
nischen Völker. Es ist auffallend, dafs die schottischen Hochlän-
der, die Abkömudinge der Caledonier und Picten, von deren strei-
figem Hantgemälde uns die Römer soviel zu erzählen wissen, noch
jetzt allgemein in ihren Plaids diese buntgestreiften Muster haben.
Man seile die 8. Knpfertafel in Pennaut's Reisen dnicli Scliott-
land, I. Th. S. 358 imd das Journal der IVIoden 1792, Febr. S. 98.
Auch mufs ich zur Verhütung alles Irrtlmms anmerken, dafs ver-
177
diesem Allen sehr lebhaft, dafs das kleinllolie Delail, in welches
ich mich znr Bestätignng dieser Mntliniafsnngeii einlassen müfste,
nur sehr Wenigen interessauf, den Meisten aber äufserst langwei-1
lig' scheinen würde.
sicolor in der Garderobe der römisclien Damen mir farbige Klei-
der C'iabits de couleur), besonders purpurfarbene ausdrückte nnd
dafs man die Bordüren und Franzen der Kleider (clavi limbi
maeandri, cirri, fimbriae_) nicht hierher redmen könne.
Böttigei'i kleine Schriften I. 12
178
VIII.
Die Juiigfernprobe in der Drachenhöhle
zu Lamivium,
J-Veisendft, welche die verödeten Gegenden nm Rom , die Canipa-
gna di Roma, nnd die Meilen Aveit darauf zerstreuten Trümmern
einer gor.iineren Untersucliung werlh hallen, liiulen hinler Larizzia,
üstlieh von Rom, in der Entfeiiiimg von ungefähr drei deiitscheu
Meilen, die Ruine» eines verfallenen Tempels nnd einiger an-
derer Gebäude, welche von den dortigen Altertliumsforscliern fiic
die Ueherreste des in der Vorzeit so berühmten und von den Rü-
niern selbst wegen seiner ehrwürdigen Religionsgebränchc mit gro-
fsen Vorrechten begabten Tempels der Lannvinischen Juno, die sich
auch Sospita oder die Heilgeberin nannte, ausgegeben werden.
An dieser Stalte stand ehemals die alle Stadt Lanuvinm , jetzt
durch eine Verwechslung mit einer benachbarten Stadt Civita
Lavlnia genannt. Hier wurde noch in den blühendsten Zeilen
des alten Roms alljährig im Frühlinge eine höchst sonderbare geist-
liche Farce gespielt, die sowohl der Plumpheit des Betrugs, als
auch der frömmelnden oder spöttelnden Neugierde der zahlreichen
Zuschauer wegen mit den katholischen Andächteleien und Wallfahr-
ten zu einem wunderthätigen Gnadeubilde und so manchem andern
noch jetzt getriebenen religiösen Marionellenspiel in jenen Gegen-
den *) die auffallendste Aehnlichkeit hatte. Es war eigentlich ein
ländliches Frühlingsfest zu Ehren der Schutzpalronin jener Gegend,
der nrallen Lannvinischen Juno, die mit ihrem Ziegenfell über dem
Kopf und ihren hervorstehenden Hackenschnhen schon zu den Zei-
ten des Cicero einen sehr bizarren Aufzug machte und unter die
antirpiarischen Merkwürdigkeiten gerechnet wurde. Der leibhafte
Stellvertreter nnd Repräsentant dieser hochverehrten Himmelsköni-
gin war eine grofse, heilige Schlange. In einem ehrwürdigen,
dunkeln Hain neben dem Tempel befand sich eine tiefe , dem lü-
sternen Blick der Neugierde auf immer verschlossene Grolle, nnd
in diesem schauerlich düslern Heiligthum hatte die Schlange oder
der heilige Drache seine Wohnung. Die ganze Gegend verehrte
ihn als den Genias und Schutzgeist des Ortes, und der Pöbel, dem
♦) Man denke an dns Sühn- nnd Befruchtnngsfest der Madonna zn
Tivoli, das Moritz so lebendig schildert. Reisen in Italien
Th, U. 130 If.
179
«lieser geweihte Drache morkwüidiger war als das berüucheHc nml
TCraltcte Idol der Jmio seÜisf, wufste tausend Wnndergeschichten
und Proheii seiner hohen Pjophcfeiigabe zu erzählen. Die Pric-
steriii der Juno war auch zugleich verordnete und berufene Dra-
chenwärlcrin, und es läfst sich ans einigen alteo, in dieser Gegend
gefundeneu Inschrlftoii *) mit Recht Aerninlhen , dafs eine ganze
Schlangenfamilie hier gewolint niid auch inännlidie Diener und
Aufwärter gehabt liabe. Dieser Schutz- und Wunderdracho nun
mufste alle Jahre im Friihliiige seine jiüllliche Spüikraft auf eine
ganz eigene Weise honrknnden, und diese sonderbare Probe war
es eben, die nicht blos aus deu bcnaciibarten Dürfen und Flecken^ '
sondern auch aus der in der Ferne auf ihren sieben Hügeln thro-
nenden Kaiserstadt, ans Rom selbst, auf diesen Tag eine uniiber-
sehliche Menge von Znschaiieru nnd Zuschauerinnen herbeizog. Die
unbellecklc Jiingfrausfhaft dei- J^annvinischen Mädchen wurde bei
diesei' Gclfgenheit auf eine sehr harte Probe gestellt, u:ul diese
J nn g f e r ii |i r obe miiclite den inleressantesten Punct des Festes.
Ein alter giiechischer Sophist, Aclian, hat uns in seiner Compila-
tion über die Thiergeschichte dieses ganze Gaiikeli^piel mit sehr erust-
liafler Miene beschrieben **), und sieht man es gbich dieser Beschreib-
ung sehr deutlich au, dal's es dem wundersiichtigen Oberpiiester —
denn diefs warAclian nach glaubwürdigen Nachrichten — sehr darum
zu thun gewesen sei, diesen Pfaffenbetrug anfs Allerwuudersamste
auszuschmücken, so ist doch der ganze Hergang der Sache gewifs
nicht erdichtet, da sie auch durch andere glaubwürdige Augenzeu-
gen bestätigt und selbst durch noch vorhandene Denkmünzen nud
Inschriften ganz unbezweifelt erwiesen ist. Ja vielleicht läfst sich
diesem heiligen Gaukelspiel noch eine weit ernsthaftere Ansicht ab-
gewinnen, als man sonst bei diesen Priestertäuschuugeu zu lindea
gewohnt ist.
Eine bestimmte Zahl reifer, mannbarer Jnugfraueu aus Lanu-
vium wurde von der Oberpriesterin und den dazu bestimmten Auf-
sehern auserkoren , um dem heiligen Drachen au diesem hohen
Feste die geweihten Honigkuchen selbst in die düstere, unterirdi-
sche Schlangenhöhle zu überbringen. Wahrscheinlich war schon
die durch die Piiester einige Tage vorher angestellte Wahl der
Jungfrauen nicht ohne Feierlichkeiten , vielleicht selbst nicht ohne
Ränke nnd listige Ersclileichungeu. Vielleicht entschied auch das
Loos. War nun die feierliche Stunde gekommen, und loderte das
Opferfeuer hoch auf dem Altare im Vorhofe der Heil- und Scgen-
bringerin Juno, da traten die auserwählten Jungfrauen, mit Blumen
") S. Muratori, Thes. inscript. T. I. p, XVI. 4. Doai Cl. I. n. 59.
*) Aelian's Thiergeschichte XI, 6. S. 627. Genev. Ausg.
12*
180
bokrJinzt, im lang horal)fTiefsontlcn Matroncngewanile, züclillo- nicder-
gcseiiklcii Blickes, mit feiorlicli langsamen Sclirilten , als Kane-
p boren des heiligen Drailien ans dem Tempel hervor nnd nä-
iierlcn sich, unter Anfiihrnng der Piiesleiin, vor den Augen «ler
glänbigen Menge, die mit banger Erwarlnng der Enfsclieidiing die-
ser bedenklichen Probe entgegensah, -während sich die jnngen Her-
ren und Damen ans der Residenz, die in ihren gallischen Cabrio-
lets gerade noch zu rechter Zeit angekommen waren, um sich ihre
witzigen Bemerkungen über dieses fromme Gaukf^lspiel in's Ohr zu
flüstern, eine Menge anlivestalischer Einfälle niiltheilten. Am Eingange
der GroMe wurden den schönen Speiseträgerinnen die Augen verbun-
den. Wehe der Armen unter ihnen, die zu früh von der verbote-
nen Frucht gekostet und ihren Jungferngürfel im Verborgenen ge-
lös't hatte. Fürchterlich tünte ihr das Zischen des Drachen. Strafe
der zürnenden Gottheit nnd die schmilhlichste Beschimpfung wartete
auf sie. Kaum betraten sie den Eingang der Grotte, so fühlten sie
sich, wie durch eine unsiclitbarc Kraft, forlgezogen nnd kamen, ohne
zu wissen, wie, an'sLager des furciitbaren Drachen. Zitternd hielt eine
Jede die in Honig getränkten Opferknchen vor sich hin. AVaren
es nnn reine und unbefleckte Jungfrauen, so verzehrte der besänf-
ligte Drache die Kuchen sogleich aus ihrer Hand; wo nicht, so
wiifste der nie zu tänsciiende Jnngferninslinkt des heiligen Thieres
die Verbrecherin sogleich herauszufinden. Er versciimähte nicht
nur die ihm von nnreiiieii Händen dargebotene Speise, sondern eic
liefs auch der Frevlerin seinen ganzen Zorn fühlen. Er umwickelte
und bifs sie. Beschimpfung und Ehrlosigkeit war ihre Strafe. Heilige
Ameisen trugen den zerbröckelten Kuchen aus der entweihten Grot-
te. Das Fest war nnterbrochen. Alles trauerte. Indefs liefseii
es die Mädchen, die sich nicht ganz rein wufslen, wohl selten auf
diese gefährliche Probe ankommen. Gewöhnlich war der Drache
sehr gnädig und zufrieden. Die reinerfundenen Jungfrauen kamen
glorreich ans der Höhle zurück und sprangen unter dem lauten
Jubel der Anwesenden ihren ängstlich harrenden Aeltern an den
Hals. Der gute Appetit des Drachen war zugleich die fröhlichste
Vorbedeutung. Der hocherfreute Landmanu getröstete sich nun der
Holfnnngen eines fruchtbaren Jahres. Die Lull erscliallle von Freu-
dengeschrei und Glückwünschen. Die gepriesenen Heldinnen des
Festes, die Jungfrauen selbst, wurden vielleicht mit eben so vieler
Feierlichkeit in ihr mütterliches Hans zurückbegleitet und empfin-
gen vielleicht eben so schnell den Lohn ihrer erprobten Keuschheit
durch eine baldige Hochzeit als einst die belobten und ])riesterlich
eingesegneten Rosenmädchen in Salencj- und Wörlitz. Dann
hätte wirklich der Zweck das Büttel geheiligt nnd wäre aus einem
sumpfigen, ungesunden Boden eine zarte Blume emporgesprofst.
Das Gaukelspiel selbst bedarf wohl übrigens keiner mühsamen
Enthüllung. Das Fressen oder Nichtfressen der heiligen Schlange
181
war eigenlUfli die Hauptsache beiui gauzcu Feste. Mau weifs,
vie viele Vorbeileuliingeii iiiul Wahrzeiclieu das Allerdmin aus dem
Uiiistaude zu ziehen wufs(e, ob die heiligea Tempelthiere die
ihueu vorgehaltene Speise hegierii!: frafsen oder unwillii»- verschuiiih-
len. So empfing Gernianiciis ein luitriiglicLes Anzeichen seines
Todes, als der heilige Stier zu IMeniphis das ihm vorgehaltene Futter
zu nehmen sich weigerte. Besonders war dids der Fall mit den
geweihten Schlaugen und Drachen in den Tempeln, die die Priester
zu allerlei jirophetischen Blendwerken und Gaukelspielen abzurich-
ten und uach ihrer Willkür zu zähmen verstanden. Kirgends wa-
ren diese zahmeu Schlangen häufiger als in den Tempeln des Aes-
culapius und der Heilsgöttin oder Salus, wohin auch die Lauu-
vinische Juno als eine Heilbringerin , Sospita, gehört. Daher
nennt die Naturgeschichte noch jetzt eine Art leicht zu zähmender
nnd zu allerlei Betrügereien abzulichtender Schlangen Serpens
Aesculapius, die Aesculapins- Schlange. Es bedarf nun keiner Er-
innerung, dafs die Priester eine Menge Büttel in den Händen hat-
ten , deu Appetit der Drachen nach ihrer Willkür zu bestimmen
«nd die mit verbundenen Augen in die Grotte eingeführten und mit
Maschinen hinabgelassenen Mädchen nach dem, was sie schon vor-
her von ihnen wufsten oder muthmafsten, ihrer bewahrten oder ver-
letzten Jungfrauschaft wegen auszuzeichnen, Dafs aber wirklich
uur die rein befundenen Jungfrauen unverletzt in die Arme ihrer
■wartenden Aeltern zurüdcltehrteu, sagt nicht allein der Dichter Pro-
perz, der in einer eigenen Elegie (der 8ten des 4ten Buches)
diese Lanuvinische Juugferuprobe besungen und von dem Betragen
seiner Galanterie dabei Rechenschaft gegeben hat , sondern es
wird diefs auch vom Aelian ausdrücklich versichert. Die Sache
mufs überhaupt viel Aufsehen gemacht und, weil es in der Nach-
barschaft von Rom geschah, in der Agenda der Müfsiggänger und
Pilastertreter dieser grofsen Stadt ihre eigene Rubrik gehabt ha-
ben. Merkwürdig ist es auch, dafs drei römische Geschlechter, die
Geus Mettia, Papia und Roscia, zum Andenken ihrer Ab-
Btammung aus Lanuvium selbst auf ihren Familienmünzen diese
Jungfernprobe abgebildet und ihr dadurch auch für die Nachwelt ein
dauerhaftes Denkmal gestiftet haben *). Vielleicht dürfte es Man-
chem nicht unangenehm sein , die Kehrseite einer solchen Münze
betrachten nnd beim Anblicke des bejahrten Drachen, wie ihn Pro-
perz nennt, sich in die Lage des verschleierten IMädchens, die dem
züngelnden Ungeheuer deu Honigkuchen zuträgt, versetzen zu kön-
nen **). Vielleicht lassen sich auch noch einige andere alte Deuk-
•) S. Rasche, Lexicon universae rei mimariae T. III. P, I. c. 649.
und T. II. P. II. c. 1164. T. IV. P. I. c. 1780.
**) S. Vaillant, Thesaur. Familiär. Numi Familiär, tab. CXXII. s.
Fumilia Roscia.
182
male, die man gewöhnlicli mir auf die Göltln Salus übeiliaupl be-
zieht, auf diese in Rom so hekaimfc Diachenvereliiunjj; zu Lann-
vium deuten. Wir wissen, d;ifs Marc Anlonin, wie man ilin uann-
te, in einer Villa unweit Lannvium j^eboreu war und daher diese
Stadt für sein Vaterland ansah. Nun lindet sieh auf vcrsi'hiedcneu
Münzen , die unter diesem Kaiser geschlagen sind , eine wcibliehe
Figur, die ein grofser Drache von nuten umwickelt hält. Sollte
CS wohl zu viel gewagt sein, zu bcliaui)ten, dafs diese sonst nicht
weiter vorkommende Schlangculicbkosung sich auf eben diese Jung-
fernprobe zu Lannvium beziehe und wohl gar die Strafe andeute,
die den in der Probe nicht Bestandenen angedroht wurde? Auf
jeden Fall würde ich ein altes Inlaglio auf einem Onyx daraus
erklären, der sich nach des vormaligen gelehrten Antiquars Lorenz
Beger Beschreibung *) in der von Bartoli erkauften kur-
fürstlichen königlichen Dacljliothek zu Berlin befand, mm aber, wie
so viele andere Kunstwerke jenes Kabineis, völlig verschollen und
ungekannt ist. Das Allcrlhnm kannte mehrere, zum Theil noch
seltsamere und abenteuerlichere Jungfernproben, mit denen wir unsere
schönen Leserinnen ein ander Mal ans den griechischen Erotikerii
bekannt zu machen gedenken. Die Nntzanweniiung aber können
wir billig ersparen. Sie macht sich von selbst und ist schon von
dem schalkhaften Dichter , dem wir einen Theil der Nachrichten
hiervon abgeborgt haben, vom Properz, gemacht worden, wenn er
bei der Grausen erw^eckendcn Schilderung dieser Lanuvinischen
Schlangenhühle ausruft :
Ihr IVIädclien, ermangelt nicht, vor diesem Lanuvisclien Drachen,
So oft ihr sclilafen geht, ein dreifach Kreuz zu machen **).
Dem Himmel sei Dank, dafs die Drachen und Lindwürmer längst
schon abgedankt und nur noch in alten Ritlerromanen und Heili-
genlegenden anzutreftcn sind. . Sic niüfsten in unseren Tagen
ihre Ungezogenheit mit dem schmählichsten Hungertode büfsen.
W^elche schöne Hand würde dieses unartige Vieh auch noch mit
Honigkuchen mästen wollen!
♦) In Beger's Thesaur. Brandenb. T. I. p. 67. In Tassie's Catalogiie
sucht man S. 2Sä ff. vergeblich nach diescju oder einem ihm älm-
liehen Stein.
*♦) Virgo, tale itcr orane cave!
183
IX.
ü e b e r die K e 1 c cl o n e n.
/Vlies kommt darauf an , den ^Ijlhos der I\ nx von vorn hereiu
ricliliij- aufzufassen. Die Eiie war dem Giieclieu ein Sacni-
lucut, vorgesli'llt durch die erste E!ic des Zews uud der Here. Eiuc
Kn|»|)leiiu, dieJvHx, verführt den Zeus zum Liebeshamlel mit der lo.
Zur Strafe wird sie vom derGatlerköiiiyiii in einen Vogel verwandelt,
dem noch immer die Kraft beiwohnt, zu kuijpeln, Liehe einzuflöfseii
und die Haine mit buhlerischen Trieben zu belhöreu *). Nun sollte
die Colchische Medea mit Liebe zum Fremdling Jason bethört wer-
den. Eine alte Sage erzählte also, die Aphrodite habe dem Jason
den Zaubervogel Ivnx verehrt **) und ihn gelehrt, wie er ihn auf
ein Zauberrad legen und gegen die 3Iedea gebrt'uichen müsse. Von
nun an tritt also dieser Zaubervogel in den Zauber- Apparat der
griechischen Liebesbesehwörungen ein. Sein Stammbaum wird er-
weitert. Die lynx, keifst es, war eigentlich eine Tochter der
Suada, wie sie der Römer, oder der Pitho, wie sie der Grieche
nannte ***). Auch die bildende Kunst bemächtigte sich dieses Yo-
*) "Wir würden diefs Alles ausführliclier wissen, wenn wir die A'rtx
des Callimaclius , wo er auch von der lyux liandeltc, nocli lesen
könnten. Jetzt müssen wir aus dem trüben Bäolilein des Siiidas P. II,
p. 159. und den Scholien zu Pindar's Nemüen IV, 56. und Theo-
kiit IT, 17. unsern Durst so gut, als wir können, löschen. Ich würde
bei Suidas ä7rofV£cu5>) statt äxs>.i£*di5>) zu lesen vorschlagen, wenn
nicht der Gewälusmann, aus welchem der Lexicograph seine Weis-
heit scliöpfte, wirklich auf die steinernen lynxbilder alter Denk-
mäler gesehen haben konnte.
**^ Die Hauptstelle ist in Pindar's Argonauticis oder Pyth. IV, 380.
und den gelehrten Scholien dazu. Hieraus läfst sich nun auch die
Kunst des ApoUonius und der andern Argonautendichter beuitheileu,
die jene rohere Fabel von der lynx, die Aphrodite dem Jason ge-
schenkt habe , in eine Uebenedung der Aphrodite und eüien Lie-
bespfeil des von seiner ?»Iutter aufgemunterten Eros uiubüdeten.
''**) Daher nennt Pindar, Pyth. IV. 390. diese lynx in einer kühnen
Metapher /xäcrtya IlsiSov;. Man vergesse nur nicht, dafs die
Pitho eigentlich in's Gefolge der Heiratlisstifterin Ilere, der
Juno pronuba, gehörte und von der ersten zugleich mit den Clia-
ritinnen erst zur Venus überging. Nun gab es aber aufser den
erlaubten Ueberreduugsküusten der Liebe , die durch die Piiho
184
gels als eines Sjmliols der Ueberrediingskünstc zur Liebe und
zwar fiir's Erste nur zur Ueherredniiij; biiljlerisclier Liebe. Noch
sind gescbuittene Sloine vorbaiideii, die niis auf die friibesle Quelle
dieser Künstler- Allegorie zunukfiiliren. Jason steht vor einer Säu-
le, am welflie sich der Colchische Drache windet. Auf der Säule
steht der Wendehals, der Vogel lynx *). Hierdurch ward gleich-
sam die Form bestimmt, wie diese lynx \ou den Küustlern gestellt
werden könnte. Wenn daher auf einem sjuiteren Kunstwerke, einem
Relief im Besitze des Herzogs von Carafa Noja zu Neapel, der
Gedanke ausgcfiilirt werden soll, Paris belbörte die Helena, ihren
Gemahl zu verlassen und dem Buhlen über's IVIcer zu folgen, so
wird die Göttin Pitho auf einer Säule über dem Haupte der Hele-
na sitzend und ihr gehedertes Töchterchen, den Vogel lynx, mit
der Rechten streichelnd abgebildet **). Natürlich blieb man aber
auch hierbei noch nicht stehen. Man gab nnn diesen Wundervo-
gel auch Jünglingen (md Mädchen in die Hand, wenn man den
Zauber des Lieblings recht sinnlich ausdrücken wollte ***). So
erscheint er aufgeschnittenen Steinen und besonders auf alten Vaseu-
versinnbildet werden, auch Philtra und Zaiiberheschwörungen in und
aufser der Ehe. Diese }-jyyt; wurden Töcliter der Pitho, waren
aber der Matrone Juno, wie billig, aufs Aeufserste verhafst,
•) Der Stein ist abgebildet im Museo Florent. T. II. tab. 39, 4. Der
unten stehende "Widder läfst keinen Zweifel übrig, dafs Jason liier
gemeint sei. Win ekel mann, Cabinet du B. de Stoscli. Class.
III. p. 324, 61. fand die richtige Deutung. Die Vorstellung ist
öfter nacJigealimt worden und in diesen Nachalimungen noch vor-
handen. Vergl. Lippert's Dactjliothek II, 97. 70. Tassie's
Catalogue n, 8G34 — 39.
**) Die Abbildung dieses in vieler Rücksicht merkwürdigen Reliefs
finden wir bei Winckelmann, in Monumenti inediti n. 115.
Winckelmann, dem hier niclits als die Tauben der Venus beifallen
will, erinnerte sich nicht, was er anderswo selbst über die lynx
gesagt hatte. Aus dem nun einmal festgesetzten Gebrauch, die
lynx auf eine Säule zu stellen , wo unten die verliebte Scene ge-
spielt wird, erkläre ich nun ancli eine der schönsten Yasenzeich-
nnngen in Tischbein's Engravings T. III. t. 39, wo Jason der
Rledea gegenüber steht, Eros aber, au eine Säule geleimt, auf die
Medea zielt. Auf dem älteren Gemälde, das hier der Vasenzeich-
ner copirte, stand sicherlich oben auf der Säule die lynx, die aber
der Kopist als eine ihm unverständliclie Nebenfigur (wie diefs nur
zu oft auf diesen Vasen der Fall sein mag) wegliefs.
***) Eines der merkwürdigsten Vasengemälde, wo die lyivx zweimal
ersclieint, einmal über dem Brautsessel der Brautwerberin (■w^o-
f*vif7rgtJi), (las andere Mal der ursprünglichen Bildungsweise nach
anfeiner Säule, von einem Genius gehalten, ist in der Hancar-
185
zeitlimingen weit öfter, als man diefs vennuthen sollle, wobei aT»er
freilich die Erklärer bald au eine besondere Art der Vogel wabr-
saij:erei, bald aa die ältesten Spuren der Falkenjagd , bald an al-
les Andere eher dachten *) als an den geheiuinifs vollen Wende-
hals. Man ging noch weiter. Was seinem Ursprnnge nach nnr be-
Ihörenden Liebeszauber bezeichnet hatte, wurde nun für jeden Zau-
ber der Musenkünste, für jeden süfsbethörenden Reiz der Dichtkunst
und Tonkunst gesetzt **). Man nannte die lynx in dieser letzten
Beziehung auch Keledou, und so erschien sie auf dem Grab-
mal des Sophokles und am Tempel des Pythischeu Apollo. Es
waren wahre Wendehälse oder lyngeu, die hier abgebildet wur-
den, nur dafs man den Namen , der fast unwillkürlich an verliebte
Zauberspiele erinnerte, lieber mit dem edlern, einem Worte, das
die Nachtigall bedeutet, fein nachgebildeten Ausdrucke bezeichnete ***).
Es ist merkwürdig, dafs wir noch ein Monument auf einen alten
Schauspieler finden, wo der Wendehals im magischen Kreisel die
V in e' sehen Sammlung T. II. t. 25, Wie sie auf der Säule er»-
sclieint, ist sie auch durch den umgediehten Hals als torquilla oder
tortecollo, wie es die Italiener nennen, hezeicimet. Auf Blumen
sitzend linden wir denselben Vogel in Tischbein's Engravings T.
II. t. 59., fliegend T. III. t. 30, vergl. T. IV, 55. 59. Am häufig-
sten hält der Jüngling dem MädcJien gegenüber die lynx in der
Hand, als in Tisclibein's Sammlung T. III, 33, (eine der schön-
sten und bedeutendsten A'asen^ und T. IV. 39.
*) .So erklärt Caylus in seinem Recueil d'Antiquites ein nackendes
Mädchen, dem der Steinschneider sehr bedeutend eine lynx in die
Hand gab, T. I. pl. 46. für eine Pietas, Auf einer Vase, wo der
Jüngling einen wahren Wendehals Cer hat den Kopf umgedreht)
in der Hand trägt, T. II. pl. 26, 3. findet Caylus p. 82. die äl-
testen Spuren der Falkenjagd. Man vergl. T. III. pl. 23, 2. 3,
wo er zwei Jünglinge mit Zauberstäben, uui den Kreisel zu trei-
ben, nnd zwei Wendeliälsen auf der Hand, für' Vogeldeuter hält
p. 91. Vergl. T. IV. pl. 44, 2. pl. 45, 3.
**) Der metaphorische Gebrauch des Wortes *vy^ für jeden Liebreiz
in der Sprache, den schon Ernesti zu den Memorabilien so gut
erläutert hat (vergl. zu Hesych. T. II, c. 84, 24 ), läfst gar nicht
zweifeln, dafs man auch in Bildwerken nacli und nach weiter <ia-
nüt gegangen sei; und so bezeichneten die lyngen im Tempel zu
Delphi so gut wie jene magisch belebten im Palast der persischen
Konige beim Philostratus V. A. T. I, 25. p. 34. gewifs ganz an-
dere Liebreize als die nur im Gebiete der Aphrodite und des ver-
liebtmachenden Hexenspuks zu finden sem möchten.
***) Meluere griechische Schriftsteller bedienen sich des Worts Kar*-
ni^XiiffSai von dem Gebrauch der lynx. S. Suidas s. v. 'vy^,
K>)Xv)5ä'v ist also nur die alte participiale Form, die auf 1i,y^ bezo-
186
Hannd'üllc spielt nnd gcwifs nur eine svinLolischc ßedcnliin^ haben
kann *). Nun erst läfst es sich ganz hogreil'cn , warum der alte
Biograph des Sophokles das für eine Schwalbe anscIien konnte, —
denn die Schwalbe dürfte sich schvveilich doit ans dem Texte ver-
treiben lassen, in welchen siesicli nach einem längst verjähilen r«ee!i(e
eingenistet hat — was doch eine wirkliche Ivnx vorstellen seilte.
Höchstwahrscheinlich entstand nun eben ans einer Vermisch-
ung dieser Zaubervögel, die eigentlich nicht durch Gesang, son-
dern durch die drehende Bewegung des Halses **) und das wun-
derbare Vorstrecken der Zunge den Zauber verrichten sollten , mit
den musikliebenden Acheloiden oder den jungfräulichen Sirenen
Hcsperiens, über welche Vofs in seinen mythologischen Briefen
so viel Trelfendes zn sagen weifs, die Wundergeslall der h a r-
p V j enfüfs igen Nachtigallen, wie sieLvcophron nennt, der
bekannten Sirenengestalten mit dem Oberlheil eines musicalischen
Mädchens und eines Vogels aus dem Geschlechle dei- Spechte ***).
Mau schmolz damit gleichsam die doppelte Ueberredungsknnsl (Pi-
Iho) des Gesanges und körperlichen Liel)reizes in ein allegorisches
Zwitters^eschöpf zusammen, das doch die veredelnde Kunst auch
wohl nur, wie auf der Vase , die Ar dito so seltsam commcntirle,
iu die reinere Urform einer Citherspielerin zurückbrachte.
gen werden mufs. Dafs man diese Vögel ancli aus edeln Steinen
mit eingelegtem Golde verfertigte und so den Göttern aiifliing,
beweist das Epigramm in den Analekten T. IJI. p, 152. CXI II.
Pietro Santi Bar toll giebt es in seinen Sepnlciis tab. XIY.
nacb der Uebersetzung von Düker im Xllten Tlieil des Gronovi-
scben Thesaurus. Audi Caylus beruft sich darauf T. I. p. 203.
Bald sollte ich glauben, dafs in dem Monument, das uns Winckel-
mann aus der Villa Alljaui gegeben hat, s, Monumenti inediti n. 194,
der dort auf einem Kästclien neben dem Troclius sitzende Vogel
eigentlich darin sitzen und eine wahre '-^y- vorstellen solle.
Nicht des Schwänzchens, ein Vorgeben, das aus der Verwechshing
des yjyy.ko; oder csiTc^vy^; , 'ler unter dem Namen xivai'bsicv
(s. Hesych. s. v.) gleiclifalls zu Zaubereien gehraiicht wurde, ent-
standen zu sein scheint. Diefs haben schon Munker zum An ■
toninus Liberalis und Js. Vofs zum Mela liinlänglich erwiesen.
Vergl.Notes sur riiistoire d'Aristote in Camiis's Ausgabe S. 808.
Eine Sirene und Keledon oder Ijnx neben einander selten wir auf
der uralten Vase in Hancarville T, I. tab. 99. Zur Einsiclit,
wie sich diese Zwittergestalt erst nach und nach ausgehildct liabe,
dient vorzüglich aucli die Abbildung in der T isch bein'schen
Sammlung T. I. t. 26. Kine besondere Vermiscining des ägypti-
schen Geschmacks mit der Sirenenhildung erscliciut in Caylus,
Recueil T. III. pl. 11, 1. Die Figur ist auch darum merk-
würdig, weil man daraus sieht, wie sie walirscheinlich an eine
Decke aufgehangen wurde.
Zweite Abtheilung.
Zum Bühnenwesen der Griechen und Römer.
><^0^*<
I.
Die F u r i e n m a s k e
im Trauerspiele und auf den Bildwerken
der alten Griechen.
Icli darf behaupten, dafs die alten Künstler nie eine Fnrie
gebildet haben.
Lessing, Laokoon, S. 30.
.rlLeschTlus IiaKe im dritten Stück seiner Tetralogie, die schon
das Alterthuin unter der Benennung' Orestias hewnnderte, in
den Eimienidon, Alles anfgeboten, was frühere Volkssagen, eine
schon vorhandene Bildersprache nnd seine kühnanfstrehende, mit
Ung-ehenrcm eigener Schöpfung- sich gern umringende Phanta-
sie zur Ausstattung jener furchlharen Strafgüllinncu nur immer
darbot. Das Uuteruehnien war gewagt und eines Dichters voll-
kommen würdig, hei dessen Erscheinung noch in der Unterwelt
Aristophaues ein schwarzes Lamm zu schlachten befiehlt, wie
man es sonst nur den brausenden Orkanen opferte. Der gemeine
Athener wagte es kaum , jene furchtbaren Göttinnen mit ihrem
eigentlichen Namen zu nennen. Er bezeichnete sie blos mit
der Benennung: die Ehrwürdigen. Nun brachte der
kühne Trauerspieldichter iu der Tragödie , die er nach ihrem
mildern Namen Eumeniden benannte , eine Schaar von fünfzig 2,
dergleichen Plagegeistern, als handelnden Chor, auf die
Bühne *) und verhreitete Furcht und Entsetzen über alle An-
wesende durch ein so ungewohntes Schauspiel. Eiue alte üeber-
lieferung versichert, dafs das souveraine Volk von Athen, so
sehr es sich auch sonst nach der Stufe seiner damaligen Aus-
bildung noch für Alles iuteressiren mochte, was die Sinne
durch Pomp, abenteuerliche Mifsgcstallen und gewaltsame Ein-
.*) S. Anmerkung no. I,
190
drücke crscliülterte *), Jennoch diese ungelieure Srlucckens-
schöpfnng etwas zu sUirk für seine Nerven gefunden nnd ein
Gesetz gegeben habe, welches die Ueberzahl der Chorfignranten
auf 15 einschränkte **). Aehnliche Auftritte , als jene erste
Anffiihrnng der Ennienideu veranhifste, wären dadurch freilich
anf alle Zukunft verhütet worden.
Doch mag es mit dieser Sage, die wenigstens in ihrer spä-
3. teren Ausschmückung- offenbare Spuren der Cnechthcit au sich
trägt ***), beschaffen sein, wie es will, so viel ist gewifs, dafs
•) Daher die vielen Maschinerieen und Decorationen, durcli deren
seltsamen Gehrauch Aeschylns so viel wirkte ; ralg e-^/iCt v^og
suTck^^^iv T£faTuj5>) v.£xe>jTa/ sagt der alte Biograph. Vergl. Vofs,
mythologische Briefe II, 130. 164. Die alten Komiker, unter dem
Scheine, als machten sie diese Wundergescliöpfe iluer tragischen
Halhbrluler in iliren Travestirungen lächerlich, fröiinten doch selbst
wieder dieser Schaulust der Athener. Man denke an die Wolken, die
Frösche, die Wespen des Aristophanes.
»*) So viel läfst sicli nur aus den Worten de? Pollux IV, 110. lier-
ausbringen, verglichen mit den Scliolien des Aristophanes zu Equit.
586. Av. 298.
***) Pollux am ang. O. sagt, die Zalil des Chors sei durch ein Ge-
setz herabgesetzt worden, weil die Zuschauer aufser sich vor
Schrecken gewesen wären, toü xXvjSsuf sKirTojSsvTOj. Nun hat
der alte Biograph des Aeschylus, und dieser auch nur allein, noch
den wunderbaien Zusatz, Einige erzälilten, das Schrecken sei
•o grofs gewesen, dafs Kinder ihren Geist aufgegeben und W^ei-
ber Fehlgeburten gemacht hätten. Ich Iiabe sclion an einem an-
dern Orte (N. T. Merkur 1796. I, 37 f.) die ünstatthaftigkeit die-,
ser Sage daraus erwiesen, dafs im alten Athen die W^ eiber nie
Zuscliaueiinnen im Theater gewesen wären. Auch seitdem ist
mir noch keine Stelle vorgekommen, die dieser Behauptung wi-
derspräche. Offenbar liegt eine komische Hyperbel, wie z. B. in
den griechisclien Ei)igrammen, wo Einer beim Anblick eines schlech-
ten Arztes sogleicli seinen Geist aufgiebt, zum Grunde. Einer
ähnliclien Hyperbel verdankt der Spruch des Gorgias seinen Ur-
sprung: Mars selbst habe dem Aeschylus seine Sieben gegen The-
ben dictirt. S. Plutarch in Sympos. VII, 10. p. 336. Durch sol-
che in Uebertreibungen sich gefallende Rlietoricationen ist eine
zahllose Menge historischer Mälnclien in unsere grieciiische und
römische Weltgescliiclite gekommen, womit das merkwürdige, einer
neuen Umarbeitung nicht unwerthe Buch: Farfalloni degli anticlii
istorici, Venet. 1636, (worin 100 solcher Windbeuteleien alter Hi-
storiker mit vielem Witz aufgedeckt sind) beträchtlich Lereicliert
werden könnte. Uebrigens kann dieses Mälirclien zum Beweis die-
nen, wie die gröfste Ungereimtheit in unangetasteter üeberliefer-
J
191
der tragische Dichter durch eine solche Anfli.'iufiing des Schreck-
lichen, das er mehr dem Auge .ils dem Verstände des Zuschauers 4,
TOI führte, maiirlierlei, dem ersleii Scheine nach nicht nngegrüiide-
touAiilafs ^iiiii Tadel gogcl»«']) hat, den schon Aristoteles in seiner
Puelili ausspricht, weiiu er sagt : ,, Schrecken durch Decorationen
Lervorznhringen, zeigt von geringen» Kunstgeschmack und blo8
von der Verscliwenduiig des Theaterunternehmers" *).
IN'enere Knnstrichter haben sich auch bei jener Stelle des Ari-
stoteles sogleich an diesen unholden Chor der Holden (Eumeni-
den) in unserm Trauerspiele erinnert und ihre 3Iifsbilligung
eines solchen Mifshrauchs des Theaters -Apparats ohne alle
Sciiojinng geäufsert **).
3Iau kann freilich den ehrwiirdlgen Vater des allen Trauer-
spiels anch Avegen dieser übertiiebeueu Häufung des Schrecklichen
in Decorationen und Geistcrerscheinnngeu theils durch den Ge- 5,
schniack seines Zeitalters, theils durch dio Eigentbiimlichkeiten sei-
nes Geistes, der zur Erreichung des Erhabenen auch die äufseru
Mittel nicht verschmähte, ungefähr eben so entschuldigen, als nian
CS in neueren Zeilen mit Shakespeare's älinliclieu Verirrungen ge-
macht hat***). Ja es liefse sich vielleicht noch eiu anderer, bis
jetzt Avenig betretener Weg ausfindig macheu, auf welchem alle
hier so mächtig anfgethiirmleu Schrecknisse und Scheusale noch
eine ganz eigenthiimlirhe Beziehung und Milderung durch den
Zeitpunkt erhiellcu , in welchem der Dichter dieses Stück zur
Ijesoudern Belehrung und Erbauung seiner Athener zum ersten
Mal aufführen liefs -f). Allein diefs ist nicht der Zweck dieser
ung bis auf die neuesten Zeiten fortgepflanzt werden konnte.
Woran zu ihrer Zeit weder Perizon ad Aelian. V, H. Y. 19,
IX, 29,, noch Bergler zu Aristoph. Plut. 423, beide scharfsin-
nige jVIäiiuer in der historischen Kritik, nicht dachten be-
merkte auch Rochefort niclit in seiner Abhandlung sur Tobjet de
la tiagedie chez les Grecs in denMemoires de l'Acad. des Inscript.
T. XXXIX. p. 146. nnd in der neuen Ausgabe von Bruniov
Theatre des Grecs T. IL p. 253. und sowohl Bartheleniy in
seiner Voyage d. j. Anach. Yll, 209, als die Verfasser der Athe-
nian letters beteten die alte Sage treulich nach. S. Athenien-
sische Briefe. TJi. I. S. 539. mit Jacob s's berichtigender
Bemerkung.
*) Aristoteles, Poetik c, 14. p. 98. Harl. c. 15, pi 230. Vol. V.
Op. ed. Buhle.
**3 Z. B, Twining, Notes p. 316, vorzüglich Jacobs, Charak-
tere der vornehmsten Dichter II, 2. S. 424.
***) S. Eschenburg, über Shakespeare S. 133. Vergl. War-
ton, on English Poetry T. III. p. 334.
t) S. Anmerkung no. U,
192
kleinen Abhnmllnng. Meine Ahsiclit ist vielmehr hier, ein Ver-
spreclieii zn erfüllen, welches ich jüngst den meinem Unlerrichte
anvertrauten Jünglingen tliat, als wir heim g;emi'inschaftlichcu
piirchlesen der Eunieniden c:anz natürlich auf die Frage geleitet
wurden, wie denn nun eigentlich der alte Tragiker diese schreck-
baren Fnrienniasken ausgestattet und den starrenden Blicken sei-
ner Zuschauer vorgeführt habe. Schon damals machte ich mich
zu einem Versuch anheischig, in welchem diese Frage, so weit sie
sieh aus Angaben des Dichters sowohl als anderer alten Schrift-
steller muthniafslich beantworten lafst, etwas genauer erwogen wer-
den sollte. Meinen jungen Freunden sei also auch diese Unter-
suchung gewidmet. Den ehrwüidigen Göttinnen durfte in Athen
6. nur von den Händen freigeborener Jünglinge ein Opferkuchen ge-
backen werden. So wollte es die heilige bedeutungsvolle Sitte der
Vater *). Warum sollten wir uns nicht noch jetzt mit der bild-
lichen Darstellung jener Göttinnen auf einige Augenblicke beschüf-
tigen können, in deren dichterischer Entwickelung und stufenwei-
ser Veredlung dem aufmerksamen Beobachter ein neuer Beweis der
7. schönen hellenischen Cultnr selbst unter einer düsteru Hülle sich
offenbart **).
Denn auch au der grausenden Furienmaske zeigte die sanft-
mildernde, still besänftigende Kunst der Griechen nach und nach
Der ganze Scblufs der Eumeniden nnifs , was bis jetzt keiner der
Erklärer des Aescbybis bemerkt hat, aus einer jährlicli einmal ge-
feierten Procession, die den Ehrwürdigen zu Kliren in Atlien ge-
halten wurde , erläutert werden. Denn darum dichtet eben der
Tragiker, dafs IMinerva selbst das erste Schaugepränge der Art
veranstaltet liabe. Die merkwürdigste Stelle darüber kommt beim
Philo vor, qnod omnis probus über p. 886. B. Hoesch. Da
heifst es nun aucli ausdrücklich unter Anderm: die heiligen Ku-
chen, rcc 'jrgo; ry)v eoprJjv vijxixoirix ^ (keine Procession war ohne
dergleichen Tcirav« c//$)«Xwt«, s. Perizon zu Aelian V. H. XI, 5,
denn sie geborten unerläfslich zum Voropfer, irpöQ-jfxx^ backen
die angesehensten unter den Jünglingen und reclmen sicli diesen Dienst
zur Ehre an, rüjv i(pv\ßwv ol hoy.i(xwT(XTci ciroizotcZai vqoq euSc-
?j'«f Kot} Tt/J^yj;, oiriQ eittJ, ry)v VTVj^i-ciotv riSefxsvot, Die Stelle hat
auch schon Casaubonns ad Athen. IV, 21. p. 305. zu dieser
Absiclit angeführt. Die ganze Procession mufs aufserst feierlicli
gewesen sein, da aus den ersten Magistraturen 10 sacrificnli,
isqoTcoio'i, dazu gewählt wurden, worunter sich einst auch Demo-
sthenes befand in Midiana p. 552. 6. 570, 7. S. die Hauptstelle
darüber aus einem verloren gegangenen Grammatiker, im Etjmo-
log. M. s. V. hqoTfcio; P- 468. in ün.
S. Anmerkung, no. III.
193
ilue Kraft. Auch hierin kann der feine Sinn der Hellenen nns
zum Muster und Beispiel dienen. Und so mag auch diese Un-
tersuchung- in zwei Haiipttheile zerfallen, wovon der crstere sich
mit der Furieumaske beschäftigt, wie sie Aesciijlus für seine
Tragödie schuf nnd die späteren Dichter in mehr oder weniger
bestimmten Umrissen nachbildeten , der zweite aber an einigen
nns noch übriggebliebenen Kunstdcnkniälern zeigt, wie der ver-
feinerte Kunstsinn des griechisclien Bildhauers und Millers anch
hier die Klippen der Häfslichkeit und der Verzerrung glücklich
zu vermeiden wufste.
Vorausgesetzt, was sich mit ziemlicher Gcwifsheit anneh-
men nnd woraus sich Vieles vom Totaleindruck einer Aeschy-
leischen Darstellung erklären läfst, dafs die ganze Tetralogie,
die schon Aristophanes unter der Benennang der Orestias citirt,
an einem Tage des grofseu Dioiiysienfcstes in ununterbroche-
ner Aufeinanderfolge auf einmal vorgestellt worden ist; *) so war
es von der dramatischen Kunst des Dichters zn erwarten, dafs 8.
er schon am Ende der Choephorcn, als dos nächslvorhergehen-
den Stückes, die Zuschauer auf die Erscheinung der Plage-
göttinnen, die er im folgenden Stücke wirklich vor ihre Augen
zu bringen beschlossen hatte, durch einige Andeutungen vor-
bereitete. Diefs ist auch wirklich dort der Fall, Denn nach-
dem Orestes nach vollbrachtem Mutterniorde sich gereciitfertigt
und zur freiwilligen Verbannung wegen seiner Blutschuld an-
geschickt hat, erblickt er zum ersten Mal die Furien, obgleich
*) Da es gewifs ist, dafs Aeschyhis stets mit vollen Teti'alogieen ge-
gen seinen Nebenbuhler auftrat (erst Sophocies concurrirte mit
einzelnen Stücken) , so ist es auch mehr als wahrscheinlich, dafs
diese Tetralogieeu gleich hinter einander oder st; yui'av a^ioiaTiv,
wie Aristoteles es nennt, Poetic. c. 25. p, 265, ed. Buhle,
gespielt wurden, wie auch Barthelemy die Sache verstan-
den zu haben scheint, in den Memoires de l'Acad. d. Inscript.
T. XXXIX, p. 181. Twining, Notes on Aristotle p. 475.
räumt zu viel ein, wenn er zngiebt, dafs eine solche Tetia-
logie durch die vier verschiedenen Feste, wo jährlich Theater-
spiele statthatten, durchgegangen sei. Das Höchste, was man zu-
geben kann, ist, dafs die theatralischen Vorstellungen an jedem
einzelnen Feste mehrere Tage hinter einander gedauert haben.
Vergl. Tyrwhitt in notis ad Aristotelem p. 192. Aber auch dann
würde die Tetralogie jedes Dichters doch nicht getrennt worden sein,
nnd eben dadurch erldelt die letzte von ihnen die schöne, bezieh-
ungsvolle, tröstende Auflösung, worülier H. Suvern neuerlich
mehrere sehr feine Bemerkungen gemacht hat: Heber Schiller'«
Wallensteln in Hinsicht auf griechisclie Tragödie S, 222, ff,
Böttiger'i kleine Schriften I. 13
194
jetzt nur uocfa dem slarrendeu Auge des AValinsiuns allein sicht-
bar, die grauseu Fuiieogestalten (V, 1045 fF.)
Seht, Mägde, jene, die Gorgonen gleich,
9, Schwarz eingehüllt, mit Scldangemvindnngen
ümiiocliten sind! Ich Aveile länger niclit. —
Das sind gewifs der Mutter grimme Hunde.
Der Chor sncht ilim zuzureden und seinen Sclireckeu blos auf
das Entsetzen vor der frischen Ulutschuld zu schreiben. Allein
er schreit auf's Neue: (V. 1054.)
Apollo, Herrscher! sieh, es wächst die Zalil,
Und ihrem Aug'' entträufelt sclieufslich Blut!
Wir sind hierdurch auf häfsliche Gorgonenn^estalteu , schwarz,
mit Schlangen nmwnnden, in Schaaren sich häufend, mit bluti-
gen Blicken, vorhereitet, nnd so verkündet sie nnn auch die
mit Entsetzen erfüllte, auf allen Vieren ans dem Heilig-
(lunne des Pjtliischen Gottes hervorkriceheude Priestorin gleich
an Anfange des ncueu Stückes , der Eumeuiden selbst. AVas
müssen das für gräfsliche Unholdinnen sein, über deren
schlafende Gestalten die alte, vieieifahrene Pytliia so zu-
sammensinkt und in solcher Positur sieh in die Tcnipelbalien
10. heransschk'ppt? *) Alan könnte hier dem Dichter den Vor-
Dieser Ausdruck des Schreckens gehört zu den Stellen unseres
Tragikers, wo, wie Twining, Notes p. 469., bemerkt, die Er-
habenlicit des Aeschylus nalie an's Lächerliche streift. In der That
üufsert Rali)li in Butler's lludibras sein Entsetzen einmal gerade
auf diese Weise. Wir würden nach unseren Begriffen im hohen
Trauerspiele eine auf allen Vieren kriechende Oberpriesterin unter
keiner Bedingiing ertragen. Audi fehlte es schon hei den Alten
niclit an lächerlichen Anspielungen auf diese von Aeschylus und
Euripides beliebte Stellung. RIan denke nur an das r£rparzohy,lcv
«ffrav«/ ii^ Aristoplianes, Pac. 8GC, wo es eine sehr verdächtige Stell-
ung eines jungen JVIädchens bezeichnet, (vergl. T. II. zu Lucian,
Dial, Mort. VII. T. I. p, 307.) oder an die abgeschmackte vier-
füfsige Kriegslist des Dolon im Ti'auerspiele Rhesus V. 209. ff.,
die schon Valckenaer in Diatribe ad Eurip Trag. p. 102. mit
der List des Dorcon in Longus I. p. 14, Villois. vergleicht.
Allein so molivirt, wie diese. Scene liier ist, muTste sie alle
Zuschauer mit einem geJieimen Scliauder erfüllen und konnte
eben so wenig lächerlich werden als jenes Fortkriechen auf
Händen nnd Füfsen des geblendeten Polymnestor in Euripides,
Hecuba V. 1033., raTfäxcScf ßäfffj Syj^o; cgscri^ov ri$i/ASvc;
tv) x^''?"^ *"•"' »'•«~"x'''''5 (nach Porson's und liermann's
Lesart.)
195
T^■urf macLen, dafs er diircli diese Toransgeschickteu Schilder-
ungoii, ^vo der enipürten Plifintasie der Zuschauer ein uaendli-
clier Spielrauui gelassen wurde, demEiadrueke der Wirkhclilieit,
die kurz darauf eiutritl, nolhwendig' nur schaden konnte, da die-
ser hinter den Schreckeiisphantoruen, die ans dem freieu Spiel
einer so auf^cregfon Einbildungskraft entstanden , unendlich
■weit znrückhleiheQ inufste *). Allein man mufs hierbei den 11,
Umstand niclit -aus der Acht lassen , dafs durch die Aufführ-
ung der Furien eine neue, vorher noch nicht gesehene Cha-
ractennaske der tragischen Bühne aufgestellt wurde, und dafs
also hier die Vorbereitung der Zuschauer auf das , was ihren
Augen bald wirklich vorgeführt werden sollte, ganz in der
Regel war, Vfas über die erzählenden Prologe des Eu-
ripideischen Trauerspiels erinnert worden ist, läfst sich mit
geringer Abänderung auf anscreu Fall anwenden. Hierzu
kommt, d;ifs der alte Tragiker im Voraus seiner Sache gewifs
war und wohl wnfsfe, dafs seine Furienschaaren seli)st von
der gereizten Phantasie seiner Zaschauer nicht gransender ge-
malt werden koiuittn, als seine Knust sie in der Wirklichkeit
darstellte. Die Pjilaa hat den Anblick des bluttriefenden Mör-
ders geschildert. Nun fährt sie fort:
Vor ihm (dem Orestes) cntsclilammert safs auf dem Gestühl 12,
Der AVeiber eine wunderbare Scliaar.
Niclit "Weiber, nein, Gorgonen nenn' icli sie.
Doch auch den Gorgobildein sind sie ungleich
_ ^ _ _ _ **:)
*) Ganz anders wii'kt eine solclie vorbereitende Schilderung' irii cpi-
sclien Gedicht, wo der Pliantasie nie durch die wirkliebe Bescliau-
ung Glänzen gesetzt werden. Im Drama tonnen dergleichen Vor-
bereitungen uns höchstens nur in den Kaum einliihren, in welchem
bald etwas Wichtiges vor dem Auge der Zuschauer geschehen soll,
und docli kann selbst hier die einti'etende "vVirklicbkeit das lieb-
licliste Pliantasiespiel vernichten, z. B. in Scinller's Piccolo-
mini, wo Thekla.dea astronomischen Saal beschreibt, der uns
dann lue wiiklicli gezeigt werden soll. Aeschyius verstand übrigen3
sehr wohl, was nur angedeutet werden konnte und der Einbildungs-
kraft des Znschauers auszubilden völlig überlassen werden mufste,
T« -Jiro (Tx.>)v^j, wie es Philostratns V. A. T. VI, 11. p. 244 und
Vit. Sophist. 1. 9. p. 492. an ihm rülmit. Er hätte den Ajax
scliwerlich auf der Bülme selbst sich entleiben lassen , ^ie Sopho-
des es später noch thnt, worüber ihn Süvern in seiner Prohision
de Sophociis Ajace Flagellifero (Thoruni ISOO.) p. VIII, noch
immer nicht belricdigend genug gerechtfertigt liat.
**) Wakefield, Schütz imd Hermann (^in seiner, durch viele
glückliche Verbesserungen wiclitigen Ausgabe der Enmeniden.
13 *
196
13 S'*^ sali ich einst im Bild des Pliinens Kost
Entführen. Doch sind diese iiiigellos,
Sind schwarz, vom Kopf zum Fiifs ein gräfslicli Scheusal.
Mit fernabwehrendem Geschnaube schnarcht
Die Schaar, dem Aug' entquillt verhafstes Gift.
In solcliem Aufzug ziemt sich's niclit, der Götter
Und nicht der Menschen Wolinungen zu nah'n,
Solch ein Gezücht sah ich noch nie —
Dlefs ist die einzige Stelle, woraus wir uilt einiger Sicherheit
auf das schliefscn köiineu, was einst die Zcilgenosseii des
Dichters mit solchem Schreckcu erfüllt haljen soll. Yerfolgeii
wir die Züge iui Einzelnen , ans welchen der Dichter diese
fnrclitbaren Forienuiasken zn««aniiuengeselzt hat. Nnr dann
erst dürfte der Vcrsucli, uns jetzt noch ein ähnliches Bild voa
ihnen zu entwerfen, nicht ganz mifslingen.
Nicht Weiber, nein, Gorgonen nenn' ich sie.
So wurden sie auch schon oben am Ende der Choephoren
14. angekündigt. Wahrscheinlich erldickte man wirklich im Hei-
ligtiiume des Pjthiscben Gottes zu DelpLi furchtbare Gorgo-
uengestiilten im Bildwerk *). Von ihnen, als einer bekann-
Leipzig 1799.) fühlten, dafs in der folgesden Zeile nicht melir
von den Goi'gonen die Rede sein kann. Sie nahmen also den
Fall an (der wohl in diesem Stücke noch mehrmals angenommen
werden mufs), dafs sclion frül» ein Vers, der die Harpj ien nament-
lich aussprach, verloren gegangen sein müsse. Darauf deuten auch
die griechischen Scholien zu dieser Stelle: äxX' 'Aoirviocg otCrag
>i£yw. £?5ov yag »vTcug sv y!^ix<pyj -jcTiqwra;. Die erste Hälfte die-
ser Paraphrase beziclit sich offenbar auf Etwas, was jetzt im Texte
nicht mehr gefunden wird. Mit bioser Interpretation, womit sich
Vofs, mytholog. Br. Th. I. S. 207 zu helfen sucht, wenn er
sagt: ,,Aeschylus hat die aus schönen Jungfrauen zu gorgonischen
ünholdinnen gewordenen Harpyien selbst Gorgonen genannt," dürfte
hier schwerlich durchzukommen sein. Wo hat je ein alter Schrift-
steller die Gorgonen für Ilarpyien gesetzt? Die Gorgaden oder
Gorgiden, die Vofs dort aus dem Sopliocles und Hesychius auf-
ruft, gehören wie die Gorgonen selbst in die Sippschaft des Phor-
cyn und beweisen also keinesweges, dafs man Gorgonen auch für
alle andern unholden Fabelwesen gebraucht hätte.
Zwar sagt uns der Reisebeschreiber Pausanias niclits davon. Aber
was mochte aucli im zweiten Jalirhunderte nacli Chr. G. von allen
den Herrlichkeiten noch zu selien sein, die in dem glücklicheren
197
(eil Vorstellung, küiiiite also auch Lier die erschrockene
Pvlliia den ersten Vergleicliungspnnkt entlehnen. Also Gor-
gouenköpfe , Gorgoinosken {yc^yovücc , yctjyua) müssen wir
uns zueist anf dem Rumpfe dieser weiblichen Fnriengestalten
denken. Das Erste, woran wir so/bleich erinnert werden,
wenn von Gorgoneuköpfen die Rede ist, sind die Schlangen-
haare, und da ein erfahrener Riiderhcschauer ans dem Aller-
Ihume selbst versichert, dafs Aeschylus den Furien neben
den Ilaaren auch Schlangen auf deu Kojtf gegeben habe, *) 15,
so dürfte der Lnisland wohl für ganz ausgemacht angenom-
men werden , dafs ein Tbeil ibrer Aehnlicbkeit mit den Gor-
gonen in diesen» struppigen Schlangeugekräusel um den Kopf
zu suchen sei ♦*). Aber auch nur ein Theil, Die Gorgouen-
Zeitalter des Aescliylus und Euripides dort aufbewahrt wurden!
Und im Zeitalter des Euri[)ides gab es dort wirklich Gorgonen-
bilder. „Steht wirklich Pliohiis Tempel auf der Erde Nabelpunkt?"
so fragt das Gefolge der Creusa, die Weiber aus Athen, den Tem-
pelhüter Ion im Ion des Euripides V. 223. „,,Ja,"" antwortet
Ion, „,,ja mit heiligen Kranzgewinden ist er verhüllt, und rings-
um sind Gorgonen, ajx^] Si Tcjiyofs?." " Diefs kann wolil
nicht blos allegorisch gedeutet werden. Wirkliche GorgonenkÖpfe
umringten das Heiligthum, als echte Tempelcheruben. Mark-
land in den Anmerkungen fragt bei den vorhergehenden Bild-
werken freilich nicht mit unrecht : worin waren sie denn gebildet?
Er Iiatte sie in seinen Exercit, für Sculptur gehalten. Jetzt er-
klärt er sich für Malerei. Ich würde am liebsten an Tapeten-
stickerei denken. Die übrigen Bildwerke, besonders die Giganto-
machie , erinnern lebhaft an den Peplus zu Athen. Der ganze
Tempel war reich an Teppichen der Art. S. Vasengemälde III.
110.
*) W^o Pausanias vom Areopagus spricht I. 28. pag. 108., erwähnt
er auch der durch die Eumeniden des Aeschylus so hoch verherr-
lichten Kapelle, der tfc/^va) 2iai, und setzt hinzu: ir^wTc; e(^iffi'j
**} Daher die Benennung der Furien Y. 125. havy) hgaxcitvif, die dann auch
Euripides, Orest. 282. vom Aeschylus entlehnt hat. — Hieraus folgt
auch, dafs die sogenannten Orphischen Hymnen später als Aeschy-
lus anzunehmen sind. Denn in diesen heifsen schon die Eumeniden
c(pioirköy.afxot , Hynm. LXVIII. 16. LXIX, 10. Euripides nennt
daher die Furien in einer etwas harten Metapher selbst ahcv
Igäy.ccivag Iphig, T. 286. In dem Fragment des vorgeblichen Epi-
menides, das uns die Schollen des Sophocles zum Oedip. (fei. 42.
erhalten haben, heifst der zweite Vers: MoT^at t' «Savarci K«i
'Ef«vvu!5 ««cXiSwfc», Ks dürfte schwer sein, das Beiwort der
198
maskoii oJer Mrduscnki'jpfo zeichnen sich im frühesten Al-
terthunie noch durch eine andere Eigenschaft aus, die zu
ilirer Verhäfslichuijg uiächtig: hcitragen mnfsle und liier am we-
16. nii-sten zu üboisehcn sein diiifio. Sic werden mit einem nn-
förmlichen, brcifi^cquelsehtcii Gesichte, vorhängondcr Zunue *)
und gTinzeudem Zäliucflplschen gebildet **). .Sollte Aeschyhis
seine Furien nicht auch mit dieser reichlichen Zugabe vou
Hilfslicbkeit ausgestattet haben"? Mir ist es mehr als wahr-
scheinlich, dafs auch sie die Zunge gorgonenaiti«? heraiis-
Furien, die Vielspendenden, mit ilirem Wesen zusam-
menzureimen. V.'alü-sclioinlich Iiiefs es aber aloXilurjoi , ^as zu
dem Nacken mit Scalangenliaaren ganz wolil passen uürde! Uebii-
gens sind die ^Veilige&änge und Hymnen des Epimenides , wo sie
das Altertliiini citirt, gewifs nicht viel älter als die mit ihnen ver-
wandten Orpliischen Hymnen. Ks ist Alles eine Fabrik.
*) Sielie Anmerkung IV.
••) P^ine der deiitlicbsten Vorstellungen, wie man sicli im früheren
AlterUiiime die Gorgonen daclite , hat sich auf einem Polyclnom
einer Vasenabbildung in der H ancarv ille'schen Sammlung er-
halten, T. IV. tav. 126. Sie stellt aus einer alten Perseide die
Scene vor, wo Perseus in Gegenwart seiner Scbutzgottin, der Mi-
nerva, vom Ceplieus die Andromeda, die bräutlicli geschmückt auf
einem Felsen sitzend vorgestellt wird, zugetlieilt bekommt. Aiif
der andern Seite, wo Neptun herbeiscbreitet, eUen die zwei übrig
gebbebenen Gorgonen mit brei':gequetscbten Gesiclitern und mit
Jjerausgestreckter Zunge liiifslicJi grinzend davon. In einer kurz-
aufgescJiIirzten 'i'unica gleichen sie übrigens VVeibern, bis auf die
Flügel, womit sie sehr reicblich ausgestattet sind, und die bäfs-
licbe Gesichtsmaske, Nocli grausender liatte sie der alte Dicliter
vorgestellt, dem Apollodor in seiner Nachricht von den Gorgonen
n, 4. 2. gefolgt ist. Dort sind ilire Köpfe mit sclmppigen Dra-
chen umwunden, sie haben Hauzälme wie die Eber, eherne HÜndc
und goldene Flügel. Vergl. S winden, in Obs. Miscell. Nov.
Vol. I. T. JII. pag. 93. ]\Iir scheint der Dichter, den Apollodor
vor Augen hatte, einem alten in verscliiedenen Metalien eingeleg-
ten Kunstwerke (sie waren im Alterthume sehr häufig, s. die ge-
lehrte Sammlung zu Lucerne d'Ercolano p. 264. If.) gefolgt zu
sein (wie dem auf dem Kasten des Cypselus beim Pausanias V.
18. p. 80.), woraus sich eben die verschiedenen Metalle in den
Händen, Flügeln u. s. w. erklären liefsen. Geflügelt und mit
Scldangenliaaren kennt sie .^uch schon Acscbylus, Prom. Vinct. 797.:
y.cxräirrigoi öj;.aHoi/Tc/^i«XX6< l't^yovs;. Uebrigeuä gehürlc dieTc^yi
•clbät All den auf dem Theater der Alten nicht selten vorkom-
menden Ungeheuern. S. Pollux IV, li.i>
199
gestreckt, and dafs mir dadurch elulge sehr siarke Slellcu lu 17,
diesem Trauerspiele ihren vollen Aufschliifs erhiülen *^.
Docli aucli Goi'gonenbiUIern sind sie luigleich —
Sie sah ich einst iui Bild des Phineus Kost
Entführen. —
Oi;5' avrs To<^yEioi(Tiv imairw ruxotf —
E?öoy •jtot' ^5>) ^i'vewj ysy^otij./ji.svocg
AsTttvov (pe^ovffotg, —
Es fragt sicij, wo hier das Harpyienartige ia der Gestalt dev
vom Aeschylus costüiairtcii Fiiiieii zu suchen sei. Ohne mich
hier in das Labyrinth von Deutungen zu verirren, Vielehe über
diese beri'icJitigien Ungeheuer anf den verschiedensten Wegen
versucht worden sind **) , glaube ich so viel ,behanpteo zu
dürfen, dafs, da hier nur von der tlltesteu Vorstellung dersel- 18.
hen aus der Geschichte des Aigonautenzugs, wie sie dem blin-
den Phineus die Speisen rauben, die Rede ist, und ein
*) S. die Anmerkung No. V,
**) Das Wort "Agirvict selbst giebt die doppelte Idee theils der
Seh neilig keit, \md , dahin gehören alle Vorstellungen von
Sturimvinden, Wirbeln, Wasserhosen, die unstreitig bei mehreren,
besonders Homerischen Stellen zum Grunde liegen, wie auch Ja-
cobs noch neuerlich sehr fein bemerkt hat, Animadv. ad Analect.
Vol, 11. P. 11. p. 390. und darum hiefs ein Hund des Aktäon
beim Aeschylus Harpyie C». PoIIux V, 47), theils des Rauhens
mit Klauen, Krallen (ajiraYv) heifst daher auch ein eiserner
Reellen, s. zu Eurip., Cyclops 33.) und daraufscheint es beson-
ders bei den Harpyien in der Gesciüchte des Phineus angelegt
zu sein. So heifsen zwei gefräfsige Kerls beim Aristophanes in
Pace 810.: Tigyovig o^o(pöiyoi — , a^xu.«*', so die Schmarozer
beim Lucian, Thn. c. 18. T. I. p. 128. und Plutarch, Syinp. VIF,
6. p. 317. Hutt. ; so die räuberischen Buhlerinnen in des Anaxi-
lausNeottis beiniAthenäusXIII, l.p. 558. A. : im^va a^-rviOJv ytv^,
Vergl. Plutarch, de sanitate tuenda T. VII, p. 398., wo die hefti-
gen Begierden mit den Harpyien verglichen werden. Ist irgend
eine Deutung des hypothesenreiclien Le Clerc zum Hesiodus
witzig gewesen, so ist es die, wo er in den Harpyien, die des
Phineus Mahlzeit wegfressen , verderbliche Heuschrecken findet.
Wahrscheinlicli verglich sie Sopliocles in seinem satkischen Dra-
ma Phineus selbst mit Heusclirecken. S. das Lexicon zum So-
pliocles in Brunck's Ausgabe T, IV. p. 730. s. v. /xatTTan«?,
Selbst Des Brosses, der sie übrigens von Seeräubern erklärt,
kann dieser Auslegung seinen Beifall nicht versagen. Memoirea
de TAcad. des Inscript. T. XXXV. p, S3G.
200
Ilaiiptpiiiilit, worin sie mil den Fnrien AeliiiHchkoil haben
kiiriiiteii, «lie ßi'lliiji,elnng- durch aiisilnickliche Vcrnoiiiiinii vvcg-
19. füllt , man nur an ihre scliarfcu Klauen oder Krallen denken
könne, womit der Dichlor auch seine Furien ansfreriistet hat-
te *). Der Krallen der Harpvien gedenken die Dichter früher
als ilvres Alles vernnreinigenden Gestankes **). Davon ha-
ben sie den Namen. Damit r^'^uliten sie die Speisen des Phi-
neus. Zwar sind uns von dieser Rauhscene eben so wenig
als A'on der Gestalt dieser Cngcheuer überhaupt nnbezweifelte
Denkmäler ans dem Allertimme übrig geblieben ***). Doch
hat die bekannte Sciiilderung Virgil's (Aeu. III, 216 ft.) :
Jiingfraiinliaft der Vögel Gesicht, sclienselig des Bauches
Ekler Ergüls, auch die Hände gekrallt und vom Hunger das
Antlitz
Immer gebleicht —
(Nach V 0 f s.)
20. das eben nicht geschmeichelte Portrait dieses Ranbgeschmeises
nnsireilig nach damals wirklich vorhandenen Kunstwerken co-
pirt, nnd wir können uns darauf verlassen, dafs die ge-
krallten Hä n d e in der Zusammensetzung dieser häfslichen
Zwittergestalt ein Hanptslüek ausgemacht haben. So läfst
Nounus in seinen Dionysiacis (XLIV. j). 1154.) die Fnrien
ausdrücklich mit nnheilstiftenden Klauen (äfp^sxftv.ci; hvjx^^-
et) eifion Zauber im Hause des Pentheus eingraben. Hat
nun unser Tragiker wirklich diese Krallen auch bei seinen
Funen nachahmen wollen, so durfte er, da sie ül)erhaupt
nach Sitte der Tragödie in gröfseren Dimensionen ausstaftirt
wurden, nur die Handschuhe, die in der Garderobe des allen
Trauejspiels ausdrücklich erwähnt werden , zn dieser Absicht
21. besonders einrichten und verlängern lassen f). Findet man
*) Der belesene, aber unkritische La Cerda ündet freilich zum Vir-
gil, Aen. III, 2I-i. niclit woniger als 6 Vergleichungspunkte, wo-
durch er beweist, dafs Harpvien und Furien ganz einerlei gewe-
sen wären. Allein fast Alles zerfällt bei der Berlihrung der Kri-
tik. So sollen z. B. die Furien in der Hymne des Orplieus
, LXIX, 9. ßXoavQCvvyttxi , die schrecklich Bekrallten, heifsen ,
was, wenn aucli die Stelle nicht corruuipirt wäre und ß'kocvqoil^
vvyiai gelesen werden müfste, doch in dieser Bedeutung gegen
alle Analogie der Sprache sein würde.
=**) Diefs hat Vofs, mytholog. Br. I, 217, selir gut von einander
gcsrliiedcn,
***) S. Anmerknng VI.
f) Die Bemerkung des Casaubonus zum Athenäus XII. 2. p. 829,
dafs die älteren Grieclicn und Römer keine Handschuhe gekannt
201
\m\i'Ss diese Vernintbniig zu gesucht und durch den Verfolg-
des Trauerspiels nicht hinliüiglich iiiiterslützt, so darf man
aiuli nur an das durch Alter und wüthende Leidenschaft zu-
sauiHiengescIiruinpfle, widrige Ansehen der Furien dahei den-
ken. Denn dafs man mit den Harpyien besonders auch den
Begriff einer widrigen Magerkeit und Dürrleihigkeit rerhun-
den habe, beweisen unter Anderem ein scherzhaftes Sinnge-
dicht des Nicarcbus *) und die pallida seniper ora fame Vir-
gil's (Aeo. III, 2170-
hätten , auf welche sich unsere Antiquarier gewöhnlich berufen,
wenn sie die klassische Garderobe durchmustern, leidet doch einige
Einscliränkiing-. Da die Vergröfserung der tragischen Schauspieler
durch Kotliurnen und liohe Masken eine sehr ungereimte Sache
gewesen sein niüfsto , wenn niclit in eben dem V'erhältnisse auch
alle übrigen Gliedmafsen stärker und länger geworden wären, so
hatte mau bei der tragischen Theaterkleidung fast für alle Theile
des Körpers falsche Ansätze und Ergänzungen, und unter diesen
auch armyerlängernde Handschuhe. Man lindet den ganzen Plun-
der in einer merkwürdigen Stelle des Lucian , Inp. Tragoed. 41.
T. II. p. 688. beieinander: „Glaubst du (nach Wieland's Ueber-
setzung II, 407.), dafs das Göttliclie ia den Larven, Kothurnen,
Sclileppmänteln ^xoSvjjs/j ^irwvoc; , davon weiter unten!),
Purpurröcken, HandscJiuhen, Bauchkissen, (ventralia, s. Fer-
rari, de Re Vest. P. I. libr. I,c. 12.) Leibchen und allem üebri-
gen, was zur Ausstaffirung eines tragischen Gottes gehört, sitze ?'*
Lucian bedient sich hier desselben Wortes (xs'P'Ss?), welches Xe-
nophon, K. n. VIII, 8. p. 569. Schnei d. von den Winterliandschuhen
der weichliclien Perser braucht (vergl, Pollux II, 151. VII, 62), und
welches wolil von der KÖf>) oder den langen Aermeln, worein man
aus Respect die Hand stecken mufste, (^s. zu Xenoph. , Hell. p„
55. M 0 r.) zu unterscheiden ist. Dasselbe Wort scheint in Cliry-
sostomus's Homilien gestanden zu haben, aber aus ünkunde der
Abschreiber in das bekanntere ytloag verwandelt worden zu sein.
Chrjrsostomus eifert gegen die Toilette der heiligen Jungfrauen,
Hom. VIII. in Timoth. pr. T. VI. p. 457. D. : rxg x*~?**'« ^«^«vs^
Ol Tf aywSoi , Evhthuanovstv , wctts vo/xi^siv v^oi'Tstpvv.iyoci /jtaA.Xou
«'Jt«7?. Wer sieht nicht, dafs liier y^stnihcx; gelesen werden mufs?
Die Hände zieht Niemand an. Noch einige andei'e Stellen aua
dem Suidas giebt Cup er ad Apotheosin Hom, p, 180. 181.
*) Nicarch, Analect. T. II. p. 357. XXXVL sdiimpft auf ein Gericht
magerer Drosseln (macri turdi, Horaz I. Senn. 5, 72.), das ihm
ärger im Halse stecken geblieben sei als die Pfeile der Stynipha-
liden. unter anderen Elirentiteln , die er diesen „Flederjnäuseu
auf den Wiesen", wie er sie auch nennt, zutheilt, ist auch "Aj>-
202
22, •— aber flu gellos zu scbaun
^ Sind diese, — axrapci' yb //>jv ihs7v
ÄVTOCI,
Die Furieu des AescLjliis bedürfen der Flügel iiidil. Als
alle, müciitige , sclbstslündijc Glitliiiiion sclircifen sie auf
Scliwuunsoljjcu über Land und IMeor und uiilerscheideu sitli
dadurch eben von jeuen beflüi^ellea Ungelieuern , in vvelchea
keine güftlicbe Natur webt und lebt *). Es lassen sich ,al-
Jeidings auch andere Gründe denken, die unserem Tragiiver,
als einem einsichtsvollen Tlieatcriueister, die Vermeidung al-
les unnölhigen Fl ligel Werks hei der Ausschuiückniig seiner
Furien anralheii konnlon. Die Thealeiujaschiiierie seihst
scheint dieser ganzen Beilügelniig nicht selir günstig gewesen
zu sein **), Allein, ganz abgesehen von diesen aus der thea-
tralischen Vorstellung entspringenden Schwierigkeiten, muffte
dem Dichter Alles daran gelegen sein, den -weitausschreilen-
den, ehernen Fnfstritt seiner Strafgöttinnen so furchtbar als
23, möglich zu machen ***). Darum giebt er ihnou die Jä-
ger - Kothurnen und beschwingt durch diese Läufersciiuhc
ihre unaufhaltsam einhcrrauscheuden Tritte f). Sie seihst
zielen in mehreren Stellen dieses Trauerspiels auf diesen ge-
*) Alles, was Vofs im ersten Tlieil seiner my tliologisclien
Briefe mit gröfster Evidenz hierüber erinnert hat, wird hier als
bekannt vorausgesetzt.
**) S. Anmerkung Yll»
***) Ans dieser vom Aeschylus, wie es sclieint, zuerst gegebenen Vorstell-
ungsart konunen nun auch die malerischen Beiworte des Sophocles
'EfivvCj TftvjTrs&aj im Ajax 837., wo die Schoben es erklären: ri?
«v.oTmsTwf tV/fJs-«?, '\\'äs aber ganz eigentlich von den weiten Lutt-
scliritten, womit sie den lUörder verfolgen, zu verstehen ist. In der
Klectra lieifst sie: a hct\Jo7g y-gv-TTO/J-iva Xiy^ctg ^«kviiwovi 'E^tv-
vv; V. 488. Eustatliius zur Ilias p. 7G3, 30. erklärt beide Bei-
wörter nach dem vollständigeren Scholiasten des Sophocles. Da
heifst es sehr gut: tävvVoSs; oim to oIo-j /jcay.pocxaXsj xa) cLryj
irkocTu T^; htocßäctwg v.txz raj^ü v.a) S'jy.lvijrov , nicht a>'.>'.iv>;rcv,
wie auch schon Küster zu Suidas T. I. p. G4. verbessert hat.
Hieraus müssen nun aucli mehrere alte Vasenzeichnungen erklärt
weiden, wo eine geUügelte, gewaltig ausschreitende Figur einen
Jüngling .droliend verfolgt, z. B. bei Hancarville T. I.
tab. 84. Es ist die Iloi'v>j varBgcTrovg, die aber freilicli liier schon
die der Kunst oft unentbehrliclien Flügel erhalten hatte.
f) Die Beweise zu den Kothurnen der Eumeniden aus Parallelstellen
der Alten weiter unten.
203
waltigen, jedem l)luti'i;,eu Verbrecher Sdirz und Verderben dro-
liendeii Liiftscliritt. \Venn sie den Orestes, der sich zur Bild-
säule der Miner vft auf die Burg- von Athen geflüchtet hat,
seine blutige Spur verfolgend, eingeholt uud sieb iu der Halle
mit grauseudem Gelüuiuiel ausgebreitet habeu, so sagt der
Chor (V. 242,) :
Von inannersclilaffeiider Ermüdung keucht 24t*
Hleiu Eingeweide. Flügellosen Flugs
Kam über alle Länder, alle See'n,
Den Frevler hetzend, ich mit Schiffes Eil,-
üiid io dem grausenden Fesselgesaug , wo die Furien den
Reigen um ihn schlingen (-^/xvs; 5g<r/x/oj) , heilst es unter An-
dcrm (V. 357 11". nach Herniauu's Ansgahc) :
Furchtbar ans den Hölien stürmend, *
Tret' ich mit des Fufses scliweren Lasten
Nieder, dem enteilenden Verbrecher
Sturz bereitend, namenlose Qual,
Und so llefsen sich mit leichler Mühe mehrere Stellen auf-
führen, "WO sich die Furie als eine gewtUtige, ihre Beute nie
verfehleude Springerin ankündigt *), Man begreilt von selbst, 25,
wie wenig der leichte Flügelschlag diesem ehernen, zennal-
mendcu Fnfsiritt der Rachegöltinnen angemessen wäre. Eine
andere Frage ist es freilich , ob die späteren Tragiker nicht
von dieser Vorstellung abgewichen und mit der Ertheilung der
Flügel auch bei den Furien freigebiger gewesen sind **),
"") Damit ist der Begriff häufig verbunden, dafs sie aus dem Hinter-
halte hervorspringt. Sehr stark ist die Stelle beim Sophocles,
Antig. 107-1. , wo Tiresias dem Ki'eon die Rache der Götter an-
droht: Tcutäv CS Xwp>jTij^s; varsgo(p2ig3t Kayjuai-j A?öoü v.oCl
^sww 'EffvyJs; u. s, w. üeberhaupt aber verdient wohl bemerkt
zu werden, dafs alle die Beiworte, wo die Fnrien Itziü^I-kovi;.
vffTsgö-xQv^, ■üCTiQOTzoivoi; u. s. w. genannt werden, (s. Wytten-
bach zuPlutarch, de S. N, V. p. 17. und Mitscherlich zu Horaz
T. II. p. 51.) gerade auf diese Vorstellung fülnen. Auch quer-
feldein kommt sie dem Frevler nach dem scliönen Fragment des
Aeschylus in Stob., Eclog, T. I. p. 120, Heer.: 'E?^; 5' h-xYilfi
**) Die Stellen, wo ^lu'ipide's den Furien Flügel giebt, Tphig. in T,
289, u. Orest. 275., sind nur Visionen des Wahnsinnigen, nicht auf
dem Theater selbst dargestellte Erscheinungen, Nur die bildende
Kunst realisirte erst die symljolische ßeJlügelung. In der Orpiii-
schen H)mnc LXVIII. 5, lieifsen sie freilicli aucli sclion cüv'
204
Sind Bcliwarz, vom Kopf zum Fiifs ein gräfslich Scheusal.
— fjiikoiivoit S' iig TO Trav ßbsXvy.T^oirot.
Dafs die Eumcniden als Töchter der Nachl, als Hun-
de des stjgiscLeu Zeus, als E i n w o h n e r 1 n n e ii
des schwarzen Hades, seihst auch ganz sclnvarz er-
scheinen, ist in der Ordnung;-, mufs alter nach den damaligen
BegrilFen von dem, was ühlich und schicklich war, auf der
Bühne einen sehr widervväiligen und auffallenden Eindruck
gemacht hahen. So wie Licht und Finsternifs, Tag und
Nacht die zwei gröfsten Gegensätze in der physischen Welt-
vorstellung sind und sich als fruchtbare Tnuzipien in den
26. frühesten Religionsgehräuchen und Meinungen aller Volker
des Alterthnms durch Symbole der Freude und des Schmer-
zes, des Heils und Unheils oiFenbaren; so sind auch ihre
Repräsentanten im weiten Farbenreiche, die glänzend-
weifse nud d u nk el sc h v/arze Farbe, stets als Abzeichen
der Freude und Trauer angesehen worden. Nur ein niird-
liches, haJhfarbeuloses Klima konnte das Angc mit den dun-
keln Farben zum täglichen Gebrauch in der Kleidung aus-
söhnen. Nur ein Volk, das auf seiner uebeircichen Insel oft
unter 365 Tagen nur hundert Sonnentage zählt und da, wo
es im städtischen Gewühl am häufigsten sich Iteisammen Hn-
' det, von schwärzendem Sieinkolilendampf eingehüllt ist, konnte
die düstere schwarze Farlte mit sparsamer Klugheit zur ge-
wöhnlicheu IModefarbe stempeln. Nur eiue gemifsdeulele Re-
ligion , die auf Grüften und Todtengebeiueu iiue Tempel er-
baute und die Phantasie ihrer Verehrer mit den düstersten
Schreckbildern oriciitalisciier Ascetik umschlcierte, konnte die
schwarze Faibe in ihrer Liturgie heiligen. Im ganzen Al-
terthnme war und blieb Schwarz die trauernde Todteufar-
27. be *), und es wurde für eine Sache der schlimmsten Vorbe-
offiatg ßcvXaiffi ßqorwv ■nTorfjixivixi aiit. Diefs konnte aber auch
blos nietaphoriscli verstanden werden. Vergl. Vofs, mythol,
Briefe I. 207. II, 12.
Die Collectaneen bei Ferrari, Lipsius in Electis , Kirch-
mann u. s. w. sind bekannt. Nur denke man bei diesem Allen
nicht an scliwarzgefä rb te Kleider. In den früheren Zeiten
Griechenlands und Roms kannte man allein das Rothfärben,
Darauf schränkte sich alle Färberei ein. Nach Alexander's Zei-
ten lernten die Grieclien die Färbekunst der Asiaten genauer ken-
nen. S. Goguet, Orig. d. Loix T. I. p. 123. II. p. 95. ed. in
4., wo doch noch Vieles zu berichtigen wäre. Alles Schwarz
in den Kleidern kam von der natiirliclien Farbe der Schafe, die
wie die PoUentinischen beim Martial XIV, 157. liigentes vellere
205
dentnog nud der Entweihung des Tempel- und Opfeidienstes,
iu so fern er den ohereu, himmlischen Mäclrien gebührte, über-
all angeschen, wenn sich in die Bekleidung der Anwesenden
oder atich nnr iu «lie Ausschmückung der Gerälhsciiaflen ir-
gend etwas Schwarzes einmischte *). Audi die Schaubühne
"war ein Tempel des Dionysos und auch da erglänzte der
Chor und die Actcuis in den reichsten und buntesten Gewän-
dern , deren Form und Farbe Aeschylns, der Schöpfer des
theatralischen Kostüms, von den stattlichen Festgewändern bei
den prächtigen Einweihungsfeslen der Ceres entlehnt haben
soll **), Wenn daher hier der tragische Dichter seine Rache- 28.
güttinuen in schwarzen Gewändern auftreten liefs ***), so
, lanas hatten. Da diese oft nur dunkelbraun ist, so gilt daher
pnlhis, (pati; , auch für Schwarz, wenn von schwarzen Kleidern
die Rede ist, (^atov Ss xai /alXav , sagt Pollux Tlt, 56. äkki^kcii;
scrh sy^vf. — Die ganze Sitte der schwarzen Trauer lernt man
ans der Alceste des Euripides am befsten.
*) Cicero in Vatin. c 12.: Qua mente fecisti, nt in epulo cum toga
pulla accmnheres? Plato verlangt in seiner Gesetzgebung bei
allen Feierlichkeiten weifse Gewänder.
**) Athenäus I, 18. p. 21. E. : ^A/Vx'-^'^=f — s^svfEv rJjy ri)? ffroX^j
£'jxfs'ffi(av y-ix] ci/xvinjTa, jjv ^/jXacavTs; ci ii^o(päyraf y.oi] 5a-
ioZxo' «/x(J)/ivv^vra/. Die Hierophanten und Oberpriester bei den
Mysterien hatten prächtig gesticlcte Q^mmto) nnd gefärbte Talare.
Die Stellen hat Meursius in Eleusin. c. 12. sclion gesammelt.
Dieser Wink verdient iiberhanj)t weiter verfolgt zu werden. Das
damals noch sehr arme Athen (s* Meurs. , de fortuna Attica
c. 2. und Meiners, Geschichte des Luxus der Äthe-
nienser S. 24.) bewies wohl auch noch in seinen Processionen
nnd Theorieen damals sehr viele Frugalität. Woher sollte also
Aeschylus bei der prächtigen Kostümirung seiner tragischen Cliöre
das jVIuster nehmen? Nur den Mysterien der Ceres, die durch
Eumolpus aus den luxuriösen asiatischen und thracischen Weih-
ungen nach Eleusis verpflanzt worden waren, boten in den Prunk-
gewändern der Hierophanten scliickUche Vorbilder dar. Gewifs war
auch sonst ^Manches in den Maschinerieen und Decorationen aus
jenen Weihungshallen entlehnt, und daher eben die so vielfach
gedeutete Sage, Aeschylus sei wegen profanirter, dem Auge des
Publikums blosgesteUter Mysterien vom Yolke beinahe gesteinigt
und aiü" Leben und Tod angeklagt worden u. s. w. S. Fabriz,
Biblioth. Gr. T. II., p. 170. f. Harles.
***) *«/cy_/rwv£,- in den Choephoren 1049. xaXXs-.V.wv ^IxXwv i/xoi-
pot Eumenid. 362. Vergl. im Agamemnon 470. , daher o'^^^c,« fxs-
>.afx.Trs-K>.uij '£f jvvJwv beim Antipater aus Sidon, Analect, T. II. p,
27. LXXVII, mit Jacobs'a Anmerk.
206
imifste dlcfs nach den Begriffen seines Zoifahers diese Figu-
ren uodi weit fransender nnd znrücksclirerlvcnder maciien,
ftls wenn etwa in einer unserer Opern die Begleiterinnen der
personiticirteu Nacht scliwarzgekieidt-t ersclieinen. Darauf den-
tea anch mehrere Stellen nnscrcs Trai!ersi»iels , wo diese
schwarze Furieiitracht als ein Schcnsal für GilUer nnd IMen-
Kchen, das diese Uiiliüldiniicn von aller ßenihinng nnd An-
29. näheruiig zn ihnen anssdiiiofsc, in den stärksten Ansdiücken
vorgestellt wird *). Das Gewand selbst bestand, M'ie sich aus
Zeugnissen anderer Schriftsfeiler, die weiter unten angeführt
Averden sollen, mit GewifsLeit schliefsen läfst, nnr ans einem
ziemlich enganschliefsenden, Ins anf die Knöchel lierabgehen-
den Untergewand. Da dicfs nach damaliger Sitte fast gar
nichts VOQ den Armen und Schultern bedeckte, so würde diese
Nacktheit von dem Uebrigen sonderbar abgestochen haben,
■wenn , nicht anch diese ges eh würzt gewesen wären. Es
ist mir also schon hierans sehr wahrscheinlich , dafs die Fu-
rien des Aeschyhis überall schwarz bemalt waren **), eine
Verranthnng, die dnrcii ein altes Yasengemillde , wo eine sol-
che Fnrie ans dem Boden hervorsteigt, zur völligen Gewifs-
heit erhoben wird ***).
*) Z. B. gleich zum Anfange V. 56. sagt die Pytliia : „in solchem
Aufzug ziemt sich's niclit, der Götter und nicht der Menschen
Wohnungen zu nalm!" Darum (Y. 70 ff.) lieifsen sie „die ab-
■ , schcuwönrgen, alten Jungfern (uaTäxTuc-ro/ y.ögai , - y^ctloct) , mit
wclclien sich kein Gott, Lein JMensch, kein Thier vermischt."
Darum treibt sie Ai>ollo mit solcliem Schimpf aus seinem Tempel
V. l72. ff. Daliev sagen sie selbst im fiirclitbaren Fesselgesang
(3-11 If.) : „Wir dürfen nicht die Unsterblichen berühren, und Nie-
mand siJeist mit uns, cChs ri; icri Si^vSniVvjj» /aa-ä-.«j(voj."
**) Darum nennt sie auch Orestes beim liluripides, Orest. 408. Mvy.r)
'7rfoj(p«f£7; Kc'jaV ""d Y. 321, //gXayj^^jaraj. Ueber das Bemalen
vergleiche Anmerkung VHI.
'^*') Bei Ilancarville T. II. tab. 41, Orestes sitzt mit den Händen
auf den Rücken gebunden auf einem Altare, den Kopf zwisclien
den Knieen. Eine ganz schwarze Furie steigt unter dem Altar
aus der Ei'de hervor und hält eine züngelnde Schlange aufwärts
gegen den geängsteten Verbrecher. Auch die Tunika der Furie
ist schwarz und mit besonderen Linien angedeutet, Auf der an-
dern Seite steht Pylades, und weiter Iiinten kommt Elektra mit
dem ]\IeneIau3. So lie.'sen sicli allenfalls die Figuren aus des Eu-
ripides Orestes deuten. Allein nirgends sitzt in den noch vorhan-
denen Trauerspielen der Alten Orestes gefesselt auf einem Altare,
Wie wenn die ganze Scene gar nicht den Orestes, sondern den Alk-
207
— Dem Aug' entquillt verhafstes Gift. 3(),
Dafs diefs der wahre Sinn des Wortes ßU sei, Jjcwols't
die Farallelstelle iu den Choeplioren Y. 1055. , wo es aiis-
driidilich von den Fnrien Leifst: Sic tranfcln ans den Anisen
böses Blnt. (Yergl. \yakefield, Delect. Trage ed. II. p.
209.). Es fraut sicli liier nur , o!j diefs wirklich auf der
Maske der Fnrien ausgedrückt werden konnte. In alle Mas-
ken waren Löcher für die Aug:en geschnitleu, und luan wollte
zuweilen durch diese OefTuuiimeu die blitzenden Angen der
Acteuis erblickt haben *). Allein es wäre lächerlich, anzu- 31,
nehmen , dafs man ans diesen OelFnnngen wirkliches Blut
habe hervorqucllon lassen. Blan niufs also entweder die ganze
Stelle I)los für ein tragisches Phantasma nehmen, zu weichem
sich die erhitzte Phantasie der Zuschauer die Wirklichkeit
denken möchte **) , oder man luiifs sich vorstellen , dafs an
die Wangen der schwarzen Furienmasken Avirkiich etwas
mäon nacli dem verloren gegangenen Stücke des Eiiripides vor-
stellte? Selbst nach den wenigen daraus noch vorhandenen Fra"-
menten würde sich Vieles in diesen Figuren besser auslegen
lassen,
*") Cicero, de Orat. IT, 46. ex persona ardere oculi hominis vi-
dentur. Vergl. die Pioliision de persoms scenicis p. I-t. , wo ich
auch das Ilerkulanische Gemälde Pitture T. lY, t. 34. schon an-
geführt iiabe, das diefs erläutert. Man seiie auch die zwei Hi-
strioneu- Statuen im Pio Clement, T. III. t. 28. 29,
**) So wie in den Visionen des Wahnsinns Orestes beim Euripides
Iphig. in T. 288. aus den Gewändern der Furien Feuer und Blut
hervorgdien sieht und sie im Orest. 256. die alf^arw-roS; k«?
. SpaxovTcGäeij y-i^ag nennt, wo die alten Scholien bemerken, man
I müsse diefs metaphorisch verstehen, so konnte man auch diese
und andere Stellen im Aeschylus dadurcli befriedigend erklären
dafs man sagte, man habe diefs der Einbildungskraft der Zu-
schauer hinzuzudenken überlassen. V/ie oft diefs in der alten Tra-
gödie der Fall sei, wcifs Jeder, der nur einige Bekanntschaft mit
ihnen Jiat. Das auffallendste Beispiel giebt der blutbespritzte Dolch
des Orestes. Nach melirercn Stellen unseres Tragikers klebt fri-
sches Blut an seinen Händen und dem frischgezückten (viocvalsg
s. Schütz zu V, 42.) Dolche. Wer diefs buchstäblich verstehen
wollte, müfste auch bei der Blutwäsche der Lady 3Iacbeth (womit
schon Rochefort, Theatie des Grecs T. II. p. 220. dieses dem
Orestes anklebende Blut verglichen hat) fragen, wo denn das Blut
an ihren Händen sei.
208
Meniup:e oder niidere rothe Farbe gespritzt war, um das her-
Torqucllciule Blut 60 siiiDikh als uiügliib vorziiliildeii. Und
waiuiu sollte der Tragiker bei seiner iiianniclifaliigeii Zuriist-
ung für's Aiii!:e (o\i.ig, wie es Aristoteles nennt) niclit anch
auf diesen Ellect mit gearlieitet liabeu. Ileifst es doch iu
den Lebensnachrii'hten , die uns Siiidas vom Aeschjlus anflie-
32. wahrt bat, ausdrücklich, er habe fürchtcrlicbe, augonjalle Mas-
ken (TT^ocMTTil» Ssivi , v.£x?'5'Miv« ) erfundeu. Und manche
Stelle im Verfolg des Trauerspiels würde durch diese blut-
triefeudeu Augeu noch anschaulicher geworden sein *).
Stellen wir nun die Hauptzüge, die aus den Worten des
Tragikers selbst hervorgehen, noch einmal unter einen Ge-
sichtspunkt zusammen, so erblicken Avir seine Furien mit
Gor g 0 n 8 nm ask en, schlangenhaarig, mit hiifslichem, breit-
gedrückten Gesiebte und mit vorgestreckter Zunge, bar-
pvien artig mit verlängerten dürren Armen und krallenar-
tigen Fingern, unbe 11 ü ge It, aber zu gewaltigen Lnft-
schritten gerüstet, schwarz vom Kopfe bis auf die
Füfse, im Gewände der iSacht, mit schwarzgemalter Haut
und Maske, auf der schwarzen Maske um die Augen herum
blutige Flecken. Gewifs ein Bild voll Graus und Entsetzen,
Minerva konnte mit Recht sagen :
(V. 403.) 0-J6' cvv ßqcrüoiq s[j.(psgs~g /t/oj$)cy//affi,
Ilir gleicht der menschliclien Gestaltung niclit,
und Apollo sagte nur, was wahr ist, wenn er diesen Unhol-
den zurief :
(V. 631.) w iretvrojuKjy) y.vuihtxk«, <TTvyyj SstJuv,
verliafstes Vieii, den Göttern ekle Scheu!
(wobei anch noch die Stelle V. 185. S. verglichen zu Aver-
den verdient.)
Es kann indefs nicht geleugnet werden , dafs nach allen
diesen Angaben, die Avir dem Dichter selbst verdanken, noch
33. Blanehes im Kostüm seiner Furien dunkel und unbestimmt
bleiben würde, wenn uns nicht alte Schriftsteller bei der Be-
schreibung gewisser Mummereien oder Nationaltrachten noch
mehrere sehr daukenswerthe Fingerzeige darüber gegeben
bätten. Vergleichen wir nun diese Zeugnisse mit dem, waa
wir aus dem Dichter selbst gelernt haben.
Der Liebling und Yorgänger Lucian's, der Cyuiker Me-
nippus, kam einmal auf den tollen Einfall, sich als eine Fu-
rie anzuziehen und so iu Theben herumzugehen, indem er
*) Vergl, Anmerkung V.
209
sanfo, or kiiiiic elicn als Kimdseliafter ans der Unterweh, um
«lic Frevchhalon der Measi-Iioii zu sriiaiieii iiud sie dann den
iinfcnnliselioii Mücliten zu vermelden *). Die Epi(ouiatoren
des Hi|»j)ol(o(us, Diogenes von LaeHe und Suidas, bescliliefseii 34.
iliie Naehrieht über diese fragisrhe IMuninierei mit folgender
Sfliildeiiinn; : „Er war auf diese Weise angezogen. E i n
schwarzer, bis auf die F ü f s e li e r a b g e ii e n d e r
L e i b r 0 c k. Um diesen ein persischer r o t li e r
G ü !• t e I. Auf dem K o p f e trug er einen a r c a d i-
8 eben Reisehut, in weichen die zwölf Himmel s-
*) Ich folge in dieser Angabe dem Suidas s. v. i^actl; T. IIF. p. 589.
f., wo diefs dem Menippus zugeschrieben wird, Diogenes VI, 102.
erzählt dieselbe Sache fast mit denselben Worten vom Cyniker
Menedemus. Beider Compilatoren Quelle war Hippobotus, der
eine Galerie der Philosophen (avftyfa$)^) tÄv 0(Xo!7:iJ)ivv) gesclirie-
ben ]\atte, nnd welchen Diogenes iieifsig excerpirt zu haben sclieint.
S. Jonsius, de script, bist, philosoph. IV, 27. p. 56. Einer von
Beiden mufs also in Absicht auf den Namen des Plülosoplien falsch
excerpirt haben, Toup, Emend. ad Snid. p. 531. Lips. will
niclits entscheiden. Allein es läfst sich wohl kaum zweifeln, dafs
Menippus der Name des Cynikers sei, der diesen Geniestreich
ausgehen Uels. Diesem Sonderling und Vorbilde des Lucian (^s.
Hemsterhuys in der Einleitung zu Lucian's Dialog. Select, p.
2. 3.) war es ganz eigenthiimlich , die Rolle gewisser Gottheiten
zu spielen. So schrieb er nach Diogenes VI, 101. sehr zierliche
Briefe im Namen der Götter. V^on ihm kannte das Alterthum
eine Schrift: Das Todtenreich, NskuT«, wo er sich ohne Zwei-
fel selbst die Hauptrolle bei einem Besuch in der Unterwelt zu-
gethellt hatte, Was aber meiner Verninthung die höchste Wahr-
scheinlichkeit giebt, ist das in Lucian's Werken noch vorhandene
Gespiäch, das gleichfalls den Titel Nekyia führt. Dort kommt
Menippus in einem ebenfalls aus der Tragödie entlehnten Aufputz
mit Reisehut, Löwenhaut und Lyra geradewegs aus der Unter-
welt an, weil er so als Ulysses, Hercules und Orpheus, welche
alle di-ei vor ihm auch in der Unterwelt noch bei lebendigem Leibe
gewesen waren, frei aus- und einpassiren konnte. S. Lucian,
Nekyia c. 8. T, 1. p. 467.: ti^cxytv.iug /^«X« ■KaqairiiAttojxs'Joi; üxo
ToC cyyjixaro;. Dieser RIenippus erschien also wirklich ein-
mal in einer älmlichen Maskerade vor dem Publikum, ein Um-
stand , der bis jetzt von allen Eiklarern des Lucian , selbst von
Hemsterhuys, übersehen wurde, und der doch ein ganz neues Licht
auf jenen Lucianischen Dialog wirft, aber auch die Gründe für
die Unechtheit desselben, die Wie 1 and in Lucian'a Werken
II, 357. ff, so fein entwickelt hat, ungemein verstärkt,
Böuigei'» kleine Schrificii I, 14
210
Zeichen e I n p; o w i r k t wäre n. T r a g i s c li e J il j^ o i-
si'huhe, einen ü Ij c r^rof s cn Bar t, und einen 8 lab
von E sehenholz in der Hand." OfTenhar slaHiite Me-
35. nippns seinen Fn«ienanzn<>- noch mit verschiedenen frenidarti<>en
Znsätzen ans, nni die j^anze 3Iaskerade desto anfiallender zu
machen. Der üherj'rolse Bart gehörte doch woIjI nnr <leni
Cyniker, und er wollte dadnrcii anzeigen , dafs er gleichsam
eine männliche Furie sei. Der Reisehut vertrat die
Stelle der Gorgonenmaske und halte oH'enbar auf seine weite
Reise ans der Unterwelt, vielleicht auch auf den Ulysses Be-
ziehung, der auch einmal aus der Unterwelt zurückkam und
überall an dem Reisehnle kenntlich ist *). Indefs halle dieser
Hut, nra das Abenteuerliche zu vermehren, noch einen breiten
Rand und in diesem Rande den Thierkreis, ein bekanntes
Symbol der magischen und astrologischen Zauberkünste **),
36, eingewirkt. Damit erklärte sich also Menippns auch für einen
Archimagns und gewaltigen Geislerbanner. Diese fremden
Znsälze und Yerbrämungeu abgerechnet, ist alles Uebrige ech-
tes Eumeuiden - Kostüm , wie es Aeschjlus erfunden halle.
Der schwarze , bis au die Knöchel reichende Leib- \
rock (y^irusv ■Ä-oSv)p>)s) bestimmt sogleich das Gewand der Fn-' ,
rieu, über dessen Form uns die Ausdrücke des Tjagikers im
Dunkeln lassen, aufs Allergenauesle. Vielleicht halte er statt
der gewöhnlichen Falbel , wodurch der Leibrock bis auf die
Knöchel verlängert wurde, ein angenähetes Fell *♦♦).
*) Darum trägt wenigstens der Lucianische Menippus einen ^7X0?
in der Nekyia c. 8. T. I. p. 467. ; denn wer kennt nicht das elia-
rakteristisclie Zeiclien des Ulysses, den pileus? Indefs Jiat dieser
Hnt eigentlich gar keinen Kand und liegt, wie schon Solerius
(eigentlich Raynaud) de pileo c.8. p. 167. ed. Amstel. richtig be-
merkt liat, wie unsere Schlafmützen, glatt an. Hier ist aber von
einem Hnte mit breitem , rund herumlaufendem Rande die Rede.
S. Anmerkung IX.
**) Pafs cTSi^^s?« hier die Sternbilder des Tliierkreises bezeichnen,
hat Menage trefflich gezeigt. Daher kömrat nun eine eigene Wahr-
sagerknnst. "VVer sie trieb, hiefs o-ro/j^s/w/aaT/vtc^, und die mit astro-
logischen Zaubercliarakteren bezeichneten Bildchen und Talismane
nannte man ffTOf^stijJi/.oiTa. S. Jo. Canierar., de generibus di-
vinationum ac Graecis Latinisque earum vocabnlis CLips. 1566.)
p. 124. und Saumai se, de annis climacteristicis p. 576, Diese
Bedeutungen sind Schneider in seinem trell'Iichen Würterbuchc
entgangen. Uebrigens wurde der Zodiaciis oft als Zierath ge-
braucht. S. Guattani, Monum. Antichi Inedit. auf das Jahr
1786. p. LVI,, auch auf Münzen imter den Kaisern. S. Vail-
lant, Select. Numismata e Museo De Camps p. 94.
♦•) Alle Untergewander oder Leibröcke auf dem Theater waren lan^',
211
Der Sfliw.nrze Leibrock des Menippiis war n;rjj;iirfet, und 37.
so waren also aiiel» die Furien als wackere Läiiferiniien und
Jäo-erinnen (s. Aescl.vl. Eiunciiid. 7G. 127. 225. 240.
319. II. s. \v.) die WoliI,ne!;iirleleii (i-'^wjot). Dem Gürtel
selbst ij,ieht Siiidas den cbaraklerislischeii Beinamen , es sei
ein persiscber i^ewesen. Dioj'encs bingegoii sagt, er sei
seh a r lachrot h gewesen (^div^ (poivty.i]'). Wahrscheinlich
hat ancli hier Snidas die eclste Lesart des Hippobotns auflje-
walirt, lind das, was Diogenes setzt, ist nur die erklärende Glosse,
Denn mir ist sehr wahrscheinlich, dafs die Griechen eine Art
Toii hreifeni rothen Gürtel oder eine Schärpe, die sie ans Asien
bekamen , persische Gürtel genannt haben *). Auch unsere 38,
hiovjfftocv.oi , wie sie PoUux VII, 60. A/ovuff/av.cf , »o^^isx , he-
stimmt. So rechnet Lucian die j^iruJvsf -rrol-i^^n^ ansilrücklich zum
tragischen Apparat in Jove Trag, 41. T. II. p. 688., was aber
W'ieland niclit sowohl durch ScIilepprÖcke (das sind die pallae und
synnata) als durcli lange LeibrÖcke hatte übersetzen sollen. Nur
waren die meisten ungegiirtet, It^jSccTältoi. Diese bei den Furien
waren gegürtet nnd scheinen daher zu der Klasse zu gehören, die
Aeschjlus in einem verloren gegangenen Drama, rc^criht; betitelt,
^cO/xara ira^oifjc^f«, (s- Hesycli. T, II. c. 899.5. und Pollux VII,
51.) Leibröcke mit einer Besetzung unten herum, genannt hatte.
Denn da jedes Gewand ein Gewebe für sich ausmachte, so konnte
man nui- mit Mühe LeibrÖcke , die bis an die Knöchel reichten,
aus einem Stücke weben, und die j^cruJwej *o5v)fS(; hatten also
alle lange Besetzungen (Tri^aj, institaa^. S. Sau mal se zu den
Script. H. Aug. T. II. p. 556. f. Nun sclieint es mir wahrschein-
lich, dafs hier die iJ« oder Besetzung eine karavaK:) (Pollux VII,
68.) , etwa von schwarzen Lammfellen , gewesen ist. So liefse
sicli nun das wunderbare Beiwort der Furien beim Orpheus H»
LXXVIII, 7. Qi)gU£TXpt erklären,
*) Die Griechen,- die bis auf die Zeiten AleXähdfer's lietäb gegen den
asiatischen Luxus noch immer eine sehr kleine Figur machten,
nannten auch im tägliclien Leben Alles, Was sich durch buntfar-
bigen Putz oder Bequemlichkeit und Kleganz auszeichnete, per-
sisch. Selbst der Hahn mit seinem bunten Gefieder hiefs bei ihnen
eovif TTSoc-fKÖj. So gab es für die griechischen Damen niedliche
Pantöfl'elclien, die vtqffmx oder -jrsf s-ixä! hiefsen und in der Folge
freilicii selir gemein wurden. S. Pollux VII, 92. und zu Hesychius
T. II. c. 944, 14. So liatte man persische Dolche, j)ersiscJie Stöcke
(oben krumm herumgebogen), persische Becher undHüte. DieBelege
dazu linden sich in Pollux. Sardes war der Hauptstapelort für alle
diese Waaren (s. Aristoph. Vesp. 1134.), die den Griechen ui)gef.Hür
eben das galten, was den Jetzigen Europäern die ostindischen
14*
212
Waaren. Vor Allein sclieinen mm aucli die persischen Gürtel und
Schärpen von den Griechen für ein Praclitstück gelialten worden
7-n sein. Die ^wv>) irf^cr/x^ des grofsen Königs war ein Pracht-
stück , womit sich Alexander besonders bekleidete. S. Diodor
XVII, 77. p. 220. und vor dem die Höflinge, so wie vor dem
übrigen Ornate des Königs, auf die Kniee Helen: r>)v irffvcivtvjv
^cuv>)v irpO(TKDvovo-(v, Plutarch in Alex. c. 51, T. IV. p. 323. Hutt.
Vergl. Bris so n, de regn. Pers. I. p, 41. ed. Commelin.
Die Gürtel der Frauen müssen nicht weniger kostbar gewesen
sein, da sie bekanntlicli zum Gürtelgeld grofse .Städte zngetheilt
erhielten. S. Brisson I. p. 76., Perizon zum Aelian u. A.
*) Wenn AeschyUis in den Persern die Königin vom Chore anreden
läfst V. 155., so wird sie ßaSv^wvMV vs^cihwv avctae« genannt.
Dazu machen die alten Scholien die Bemerkung, die Perserinnen
wurden paSj<^wvo« genannt, 5;« ro v-oöeeov^ rag JoGvaf s'x^'"''»
Y\.qo<Taot sind die angesetzten Troddeln. S. Cup er, Obs. 1.3. p,
19. und Saumaise zu den Script. H. A. T. I, p. 549. Die
herabhängenden Schnuren und Franzen konnten selir wohl , wie
dort die Suffavot an der Aegide der Minerva, für Schlangen ange-
sehen werden, 2vff(xvDs-o'jn öipisi £iV/ ocXka 'ifxävTtvoi, HerodotlV,
189. So konnte auch der persische Gürtel der Furien aus der
Ferne ein Schlangenansehen erhalten.
**) In einem Fragmente des Alcmaon von Ennius, das Cicero anführt
Acad. II, 28., heifsen die Furien coeruleo incinctae angui nacli der
unstreitig richtigen Verbesserung des Columna in ed. Hesselii p.
284. So beim Ovid, Metam. IV. 482. torto incingitur angue, und nach-
dem sie ihr Werk getlian haben, tumidumque recingitur anguein
V. 510., denn so, nicht sumtumque, welches ganz platt und
überflüssig wäre, mufs in jener Stelle, wie ich glaube, gelesen
werden. Aehnliche Vorstellungen haben Statins, Claudian u. s. w.
***) Zu diesem gelierte ganz eigentlich der breite Gürtel, wie man aus
alten Denkmälern sieht, wo die Iiohen tragisclien Fig\iren derglei-
chen Gürtel tragen. So der Acteur, der den Hercules macht, auf
dem Relief in der Villa Pairilili bei Winckelmann, Monum Inedit,
n, 189. mit Winckelmann's Bemerkungen S. 247« So die
Melpomene auf dem bekannten Sarcophag im Capitoljuum bei Vis-
2ld
r^.A-yi-Aol) luuclile icli nl( lit gerade von doii liüclisJen S(elzen-
Bcliiilit'ii, die ii I leid i 111' s iiiicli in Ileldeiiiülleii der Tnii^fidic ge-
braiiclit worden sind, sondern nur von den sogenannten lioli-
I e n Seluiliea verstehen , wiewolil anclj diesi; ilirc doppellen
oder dreiiaelien Korksolilen Italien und die Statnr nrn etwas
veri!;röfsern nioclilen. JMan miifs lii«'il(ei nur nicht vernessen, 40,
dafs sirli Aesehvliis seihst seine Eunieniden als schnell ver-
lulgende Jägerinnen dachte. Der eigentliche Colhnrn stammte
aus Creta und wurde doit aiisschliefsend von den Hirsch-
nnd Gemsenjägern getragen. Man schnürte den Fiifs bis an
die Mitte des Schienbeins fest hinein, nni ihn gegen alle än-
fscre Verletzung zu sichern und beim Springen über Klüfte
niid Klippen die Knöchel vor dem Verrenken zu verwahren*).
Da er nicht, wie andere, zum Hausbedarf oder zum Ausgehen
in der Stadt gebrauchte Beschiihuiigen, blos aus einer brefer-
nen Sohle (cavSaXov) mit einigen Riemen, die über dem Fufs
zugebunden wurden (Cicöh-^iJ.a.'), bestaiul, so liiefs er daher nucli
der hohle Schuh. Aeschvlus fand diese dorisch- cretensischen
niid von da auch in Laconien eingewanderten Jiigerschulie für
seine Tiieafcrgarderobe verninthlich darum seiir passend, weil
sie durch die Bänder, womit sie geschnürt wurden, mehr Putz
znliefseu **), auch den Fufs der Tänzer in den Chören zier- 41.
lieber umschlossen *♦*). In so fern war es also nur noch 42.
conti, Pio- Clement. T. I. tab. B. n. 9., so auch der tragische
Acteur auf einem Hercnlanischen Gemälde, Pitture T. IV. t, 41.,
■wo der Gürtel goldfarbig ist.
*) Zu der Stelle des Hi[>pokrates, wo er bei Verrenkungen der Knö-
chel den Kf/)r<Kov rgö-rov ruiv uxoö»j//«twv empfiehlt, de artic. s.
73. T. II. p. 629. edit. Lind., hat Galen T. V. p. 644. Basil.
diese Jäger- Cothurne so deutlich beschrieben, dafs man sie nach-
machen könnte. Es waren geschnürte Halbstiefeln zum Laufen
a\if dem Gebirge. Eben darum hiefsen sie auch gvSpsui&e? ""''
waren als solche der cretensischen Diana eigen. Pollux Vll. 193.
Mit dem allgemeinen Namen hiefsen sie üiroö^juar« koIX« , PoH'
V, 18. Vll, 84. und gehörten unter die Kovjiri'öef. So erscheint
Atalanta den Jägern in einer k^jjxJj uxso ctpvqov beim Philostratus
u. s. w. Die befsten CoUectaneen giebt Span he im zum Calli-
maclius, H. in Dian. 16. p. 180. f.
**) Man sehe die Conimentatoren zu Virgil's Puniceo stabis suras
evincta cotliurno, Eclog. VII, 32. Denn selbst in den marmornen
Statuen der Diana, der Atalanta und anderer Jagdnymphen wurden
diese Riemen durch enkaustische Malerei roth gefärbt, picti co-
thurni Ovid., Am. III, 331.
***) Das niti cothurno, welches Horaz der Erfindung des Aeschylus
zuschreibt A. P. 280., setzt freilich nun aucli die durch erhöhte
214
licsoiiders bei (Ion Clioristen »lor schmiickonde Jilgersi'liiili, iinü
nur diesen, glanbe ich, dürfen wir niis liier an den Fiifscii
der Furien denken, die in cigcnlliclien Sfelzenseliiilien einen
eelir unbeholfenen Fesselrei.ü,en nru den "eän^steten Oresles ge-
tanzt und als trä.i:,e Jagerinnen nur den Laclieru ein Fest ge-
geijcn häUen. AVas der l^egrifF des Scliicklicheu sehon an
und fiir sieh fordert, uiid auch durch die Bf'lraclitnng aller
Kunstwerke weiter unten Tollkoninien besläligt werden, auf
welclieii die Furien stets als walire cretensisehe Jägerinnen,
Jiiit den Icic'itc'u und hücligeschniirlen Jägersclmliou angetlian,
aber nicht in tragischen (^olhnrncn einherschi eilend, erschei-
nen. — Zuletzt liatte Menippus auch noch einen Slab aus
Esclieniiolz ia der Hand (^aßbo-^ /jistKiv^-^), Man wiirdc sich
irren , wenn man diefs fiir den berüchliglcii pliilosophisclien
Knotenslecken, womit die Cvniker dem vorgeblichen Ahnherrn
und Schutzpafron ihrer Secte, dem Hercules, es gleich zu Ihnn
strebten, verstehen wollte. Ks ist hier von einem ganz an-
«lern Stabe die Rede, der zur Theater -Pie|träsenlal;on geliört.
Ein langer gerader Slab war zwar schon iiberhan|tt das Zei-
chen der Tragödie, die sich eben dadurch von »lern Krntnm-
stab des Lustspiels und der Salvrharidlniig symbolisch nnler-
schiod. Allein hier in der Hand einer Furie bezeichnete die-
ser Slab doch wohl noch weit mehr die strafende, den Ver-
brecher züchtii'ende Güttiu. Man erinnere sich hierbei nur
Solilen die Statur der Heroen heroisch vergröfsernden Stelzen-
scluihe voraus. Allein diefs war ein neuer Zusatz des erliii-
derischen Dichters , den er von den sogenannten tyniienischen
Scliulien, die vier Finger dicke Solilen von Kork liatten , also
wieder von einer ganz andern Nationaltracht, zn seinem Kadzweck
entlehnte. S. N. teutsch. Merkur 1799. November S. 222.
So schuf Aescliyhis erst aus dem cretensischen Jägerschuh und den
tyrrhenischen Korksohlen eine ganz neue Art von tragischen Tliea-
terschuhen, die aber den alten Namen nö2oavo; b^'hielten, übri-
gens in ihrer vollen Grofse nur bei den ersten Helden-
rollen geliraucht und nicht von allen Acteurs und Choristen, die
in richtiger Abstufung viel kleiner erscheinen sollten , getragen
wnirden. Man Jiat diefs bisher immer noch nicht sorgtaltig unter-
scliieden und die Kothurnen der Diana und des Trauerspiels lä-
cherlich genug mit einander verwechselt. Winckelmann zu
den Monum. Inediti p, 248. hat zuerst darauf aufmerksam ge-
macht, lieber die erhöhenden Cothurne, die eben defswegen ifx-
ßärcti ^Stelzen) hiefsen, verdient das merkwürdige Fragment des
Dioinedes nachgelesen zu v.criieii, das N aickenaer zu Ammonius
I, 18. p. 75. aus dem Dionysius e\cer[>irt liat.
215
iiii lue iiianniclifaIliü,on Goli'i^pnlu'ilcn , wo Im Ahertiiiiiiie der
yiab das Zeicla'ii dt'r riclilorlii-hfu iiiul strat'eiidfn Gewalt
war *), und denke sich die Furien als eine Art von Lictorcn 43.
oder (Jericlilsdienerinnen, die den Zuchlstecken nicht blos zur
Parade in der Hand fiilirlen. Sehr inerivwiirdijji- ist für diese
Vorstelliingsart die alte Allegorie auf dein Kasten des Cvpse-
Ins, wo man unter Anderen eine schöne Frau erhlicklc, die einer
häCslichen Frau sehr übel mitspielte, sie mit der einen Hand
würgte, mit der andern aber millels eines Steckens stiinple **'),
So weit der Cjniker im Fnrienkostnni. Was hier noch 44.
«•twa zweilelhaft und dunkel seblieben wfire, das könnte uns
diefsmal der dunkelste unter den allen Dichtern, der Räihsel-
redner Lvcophron, anl'liellen. lu seinem Monodram verkündet
die Cassandra unler Anderm auch ihre eigene Vergötterung
bei den Danniern, einer alten griechischen Colonie in Apnlien.
Dort herrschte eine sonderbare Sitte. Die mannbaren Mäd-
chen, die g^ern nuverheirathet bleiben wollten, nmfafsten das
Bild der Cassandra und erhielten dadurch eine Art von Weihe.
Sie gingen von nun ah (wie viele Jahrhunderte später aus
iihnlichem heiligen Wahne die gotlgeweihten Jungfrauen beim
Terlulliau, Joannes Chrjsoslomus u. s. w.) schwarz ge-
') So waren, um nur Einiges anzuführen, die nißhot die Zeichen
der Gewalt eines Gymnasiarcheu (s. Fischer in Ind. ad Aeschin.
Dialog, s. v.^ und der Brabeuten und Kanipfricliter ; dalier ^jaß-
ScvcusTv beim Sophocies, Traclün. 516. so viel als Kampfrichter
sein bedeutete, üeberall bezeichnete diefs die Gewalt, schlagen
nnd bestrafen zu lassen, die auch der Römer durch seine Licto-
ren angedeutet wissen wollte. Alle jene griechischen Magistrats-
personen hatten auch ihre Büttel, öaßhsjyoiK;. S. z.B. tlie Kampf-
richter in den Theatern beim Aristophanes in Pace 735, Yergi.
Pollux in, 153.
**) Pausanias V, 18. p. 79. Tw») idthifi yvv(x7Hx atvy^^av Ko/xi^sLff«,
ra.Zra ^Ahi/.iav hgaicä tan. Schon Heyne, über den Kasten
des Cypselus S. 37. macht auf dieses Beispiel des Einliusses
der BUdeisprache auf die Bildnerei aufmerksam. Die AtV.vj wird
sehr oft mit den Iloivaj; und Furien verwechselt. S. Wytten-
bacii zu Piutarcb, de S. N. V. p. 17, Hieraus allein wird auch
die berühmte, selbst von Valckenaer falsch erklärte Stelle im
Euripides, Hippolyt. 1172. deutlich, wo man das osxröoy A'>tt^,-
nicht vom Stellholz in der Mäusefalle, sondern von diesem stra-
fenden Zucbtstabe erklären mufs. Auf almliche Weise giebt Pin-
dar, Olymp. IX, 50, dem Hades einen näßoo;, womit er die Stevb-i
liehen in die Tiefe des Orcus beralmötliist.
216
kleidet. Diefs nannte mau die F n r i e n t r a c li (. Lyco|»liion
liifst (li<fs die Cassandia folgcudennafsen ausdrücken (Y.
1131. ff.)
Wenn sicli die Mädclien in der Jungfraii'n Joch
Zu scliniiegen weigern und die Brautnaclit llieirn —
ümscldiiigen sie mit brünst'gem Druck mein Bild,
Der Brautbewerbung Gegenwehr. Sie geh'n
In der Erinnyien Gewand, im Antlitz
Mit Kräutersäften farbig angemalt.
So werd' ich dann von den st abtr a ge nden
Jungfrau'n als ew'ge Göttin angellelit!
45. Tzetzcs führt in seinem Commeular zu dieser Sielle aus den
iiltereu ScLolien, die er ileifsii;; excerpirle, ein wiiiili2,es Frai»-
mont des Geschichtschreihers Timäus au , der in seinen ita-
lischen Geschichten besonders aiicli die Staunnsa,ü,eu und Sit-
ten der Kiislenhewohner des unteren llalieus lieilsig ■•esaninieit
hatte und wahrscheinlich von Lycophrou seihst zur Aus-
scliniücknng seines gelehrten anti(|iiarisclien Gediciites haiiH«-
i^ehrancht wurde *). „Timäus berichtet", diefs sind die Worte
des Tzetzes, „dafs die danuischen Weiher ein schvvarz(!S Ge-
Avand (ragen und ihie Gesichter mit rotljer Farbe malen, dafs
sie mit breiten Binden geiiürlct und mit hohlen Schiilien he-
scLuhet sind und Stäbe trai>eu" **). Es haben schon andere
*3 Man hat diesen Gescliichtsclireiber seiner vielen Mährchen wegen
schon im Alterthum y^ctoirvkXinr^iav genannt. S. Suidas s. v.
und Vofs, de Histor. Gr. I, 12. p. 82. Man könnte, oluie unge-
reclit zu sein, denselben Ekelnamen auch dem Lycopliron geben,
der, wie aus melneren Citaten des Tzetzes, z. B. in der Fabel
von Podalirius V. 1050. erliellet , die Fabeleien des Timäus mit
beiden Händen ergriff. Besonders scheinen die Daunier ein gan-
zes Nest voll Legenden geliabt und in dem Sagenregister des Ti-
mäus (dessen Fragmente wohl eine eigene Sammlung verdienten)
eine wiclitige Rolle gespielt zu haben. Dafs auch die Kleidung
ihrer Männer und AVeiber dort sorgfältig beschrieben worden ist,
beweis't ein Citat des Pollux II, 29., wo von der 'Ey.röostos niun
die Rede ist.
J A« rw'j Aatuvt'wv yvMiü>isg juöX«/v«v strSyjToc (poqov^i k«i rag c'<pet;
ßaiTTCVTCXt TTV^^M y^QUinocri, rocivialg TS -TrkarEiacig stah uirs^wff/xs-
vcci , v-rrohihi/xtvoct ra y-olkoc OxoS>)/x«tä , k«) ^äßhov axri'^^ovffoii.
Es versteht sich, dafs der SchoÜast die Stelle nur im Auszuge
liefert. S^sig würde Timäus sciiwerlicli selbst gesetzt Iiaben. So
stand neben tu^ow im Timäus gewils auch noch xaj /.„aveyj.
217
Kcnnor der alli(ali'scbt.'n GescIiicIitL' «las soiidoibare Besdebcii 40.
der dortifion Eiiiwoliiier bemerkt, uralten Nalionalgebräiielieii
einen grieeliiscben Ursprung,' zn »eben *). Diefs war höchst-
wabrscbeinlii li ancb der Fall mit d(Mn Fiirienkostüm der daii-
iiisdien Jungfrauen , das wir iiocb in mcbreren Küstengeoen-
den des westliclien Europa finden **). Reisende Grieclien,
die diese uralle Nationalsilte sahen, verglichen sie nur mit 47.
ihren theatralischen Furien und erdaclUen dazu eine Fabel
vom Dienste der Prophefenjungfrau Cassandra. Für uns bleibt
aber dieses Bruchstück des Tiniäns nebst dem Gebrauche, den
Lycophrou davon gemacht hat, immer sehr merkwürdig-. Die
Jungfrauen, die sich als Erinnvien einkleiden, malen sich das
Gesicht mit künstlichen Farbenmischungen ***}. Hierdurch
wird das beslüligt , was ich oben von der Schwärzung des
Gorgonengesichts , der Schultern und Arme beider Aesclijlei-
S. Heyne, Exciirs. IV. ad Aeneid. VII. p. 131. ff., ein trefflicher
Excurs , der allein ein Dutzend citatenreicher Topographieen ita-
lienischer Antiquarier aufwiegt.
Die Iberier, sagt Posidonius beim Athenäus XII, 5. p. 523. B,,
ob sie gleich in langen tragisclien Gewändern mit allerlei Far-
ben ausgehen und sich der Leibröcke bedienen, die bis auf die
Fiifse herabreichen, (y^traifft irohi^qifft) sind dabei doch sehr rü-
stige Krieger. Eben diesem Posidonius verdankte wahrscheinlich
auch Strabo seine Nacliriclit von den Einwohnern der Cassiteriden
oder Zinninseln. Dort wohnen, sagt er III. p. 263. B., schwarz-
gekleidete Menschen (ixikayx>^otivoi , ein bekannter Beiname
vieler alten Völker, s. Herodot IV, 107 u. a., vergi. Tacitus, de
nior. Germ. c. 43. und zu Ammian Marcellin p. 476, Gron.)
die langherabgehende üntergewänder anzuziehen pflegen, um die
Brust gegürtet sind und mit Stecken herumgehen (usr»
gäßhujv xsfiiraTovvTsj) , ähnlich den Strafgöttinnen in
der Tragödie (^o/xoioi raTj r^ayiHAl; JJoivatg nach der iinbe-
zweifelten Verbesserung des Casaubonus, die auch Siebenkeefs aus
Handschriften mit Recht aufgenommen hat T. I. p. 469,), Das
ganze Räthsel löst sich vielleicht am befsten durch eine Stelle des
Tacitus, Annal. XIV, 30., wo die Vertheidigung der Insel Mona
(gewifs eine der alten Cassiteriden) beschrieben wird : intercursant
feminae in modum Furiarnm, quae veste ferali, crinibus de-
jectis faces praeferunt. Ernesti, der sich dort die vestem fera-
lem nicht recht zu erklären weifs , erinnert sich niclit an die
schwarzgekleideten Furien der alten Tragödie.
Lycophron nennt es ^sSov; ßa(()äg. Wenn qsSo^ im Singular steht,
bezeichnet es immer das Gesicht. S. Hesychius s. v. und Len-
nep's Etymologicon S. 846 f.
218
eHien Fiirleii schon erlniipil linbo, Aiuli das Traj^pn des
Staljes winl liier, so wie der bioile Giiitel und d«T Jäj'er-
8iluil), als zum Fnrienkostiim iinaliändfilicli i;«'lii(r(Mid , an»e-
lüliil. Nun erst liifst sich mit völliger Sitlicrhcit das älte-
ste Furienansehen hesliniinen, und nianclier alte Stliriftstel-
1er, der Ton diesem Kostüm nur im Alij-eraeinen spridit,
daraus erkliiren *).
48. Die Furien mit dem Stabe in der linken Hand konnten
mit der rechten auch iiocli eine Fackel scli\vini|,en. Es ver-
dient indefs bemerkt zn werden, dafs weder die ansführliclien
Besehreil»nnj>en des ältesten lrai>ischen Fnrionkosd'inis , die
wir ans den Fragmenten desllippobotns und Tiniäiis jetzt durch-
gegangen haben, noch Acscliylus selbst, so viel ich bei einer
49. genauen Prüfung habe linden können, dieses Allribuls bei den
Enmeuiden Erwähnung; thun **). Indefs ist diese Fackel ein
*) So erzählt Pansanias III, 10. p. 118., die Helena sei von iler
Polyxo, der Genialilin des Tlepoleinus, auf der Insel Rhodus aus
Rache getödtet worden, indem die Polyxo ihre Sclavinnen, als
Furien angekleidet, über die badende Helena gescliickt habe, um sie
durch diese so vermummten Henkerinnen an einen Baum aufknü-
pfen zu lassen. Man sieht nun, wie man sich die Ssoa-rraivcK; 'Eo(v-
vüctv sTy.ivcKT/jit-jat; zu denken Jiabe. So erblickt Dion kurz vor
seinem Tode im düsteren Säulengange seines Hausesein Gespenst:
yh-jaly.oc fxiyaky^v, CTokfi /xsv v.ixt xoofftuxco fjt.yyöiv ^qivyvoq roo-yi-
y.^f Ta^aA-XaTTOUCav , CAiqcvccKV 6g Y.aXkv'jrQM rrA r>)v cr/.la'j
beim Plutarcli im Leben des Dion, 55. T. VI. p. 221. Hutt.
An die späteren Attribute, Fackeln und Schlangen, ist hier lücht
zu denken. Es war die lange Aesch} leische Furie , die Dion er-
blickte. Nur hatte sich der Stecken in einen Besen verwandelt,
womit sie das Haus kelnte. Die Handlung ist symbolisch nnd be-
zeichnet, dafs Dion mit Stumpf nnd Stiel ausgerottet werden solle.
So giebt Aristophanes dem Jupiter einen Besen, womit er durch
' die Plage des peloponnesischen Krieges Grieclienland fegt. Denn so
ruft der patriotische Trygäus, gen Himmel sehend, in Pace :
w Zsü, Ti TTon ßovkivsi voiilv'f naräSov to y.i^vj/xcc, yujj'Kxipei
Tv)v 'EXXäSa. Daher sKy.ofi)5s/v)5 als Fluch, den Wagner nach
Bergler's und Schneider's Vorgang richtig in Alcipliron T. IJ. p.
189. aufgenommen hat Vergl. Küster zum Suidas s, v. und
VV. DD zu Hesychius T. I. c. 1137. 8.
*♦) Nur zwei Stellen in den Kumeniden sind meines "Wissens auf die
Fackeln der Furien bezogen worden. Im v/xvo; 6sc-/x<o;, den sie,
um den Orestes tanzend, singen, sagen sie (V. 375): wir treiben
ein einloses, von den Göttern gescliiedenes Gescluift auf schwieri-
gen Gängen mit sonnenlosem Glänze, Äv>)Xi'c;j Xäfxirn. Dielis
219
«citr altes, xligotiHMii iing'oiioitiinciivs und cliarakteristiäi-lics Kenn- 50.
/•'[flieii «l<'r tri! j»i s eil t* II Eriiiiiys, wie rroperz sie iioiiiit
(If, 16. 20.) lind oliiie Zweilel ancl» sehr fiiili auf dem j!;^rie-
chisclieii Tlicater zur Bezeicliuniio; der sflireekltaien Sliafi;öU
(iiineii j'ehrauclit worden. Der Scherz des Aristopliaues allein
iMÜfsle diefs schon hiniängiicli beweisen. Im Pliilns, wo die
! |iersonilicirle Düiflij'keit , die Peiiia, di(! zwei Alten, de»
i Clirenivlus und Ble|).sideiiins, aiifdllt (V. 423 IF.), ruft Chre-
; iu}his mit einer komischen Gebenle der Verwunderung-:
— Wer bist du ? denn du scheinst so blt-ich ?
Bleps. Vielleicht die Furie ans dem Trauerspiel?
CJirem. Doch liat sie keine Fackeln. Bi. Wenn sie doch
Beim Henker wäre! —
hat schon Winokelmann zu den Monum. Ined. p. 205. von der
dunkeln Rauchfackel der Furien erklärt, und von Humboldt in
der Berlin. Monatschrilt 1793. August S. 158. hat es gleichfalls
mit „sonnenscheuer Fackel" übersetzt. Wenn es auch sonst zu
erweisen wäre, dafs Aeschylus seinen Furien Fackeln gegeben ha-
be, so würde diese Stelle allerdings so erklärt werden können.
Da diefs aber nicht der Fall ist, so wäie ich geneigter , diefs nur
von einem feurigen Schein, der die im Dunkeln Wandelnde
(>J£foCpo/r>jj, Ilias IX, 567.) umgiebt, zu verstehen. Man erinnert
sich dabei ohne Zweifel der Vision des Orestes beim Euripides,
Ipliig. in Tanr. V. 288., der die Furie sieht sV. j^^/rtGvwv xüj
Tvsovffixv. Vielleicht nalim Plato daher seine «vS^»«? liatns^ovg in
dem berülimten Mythos von der Unterwelt de Rep. X. T. Vif.
p. 326. Bip. Ueberliaupt umlodert sie eine liöllische Gluth. Se-
neca in Herc. Für. 87. sagt von den Furien : ignem Hammeae spar-
gant comae. — Die zweite Stelle, die Bergler zum Aristoph.
Plut. 424. von der Fackel der Furien verstanden haben will, ist
am Schlüsse des ganzen Stückes V. 1028. , wo bei der feierlichen
Procession die Begleiter (^ir^oTOfxTrot) singen: „Hieher, ihr Heh-
ren, die ihr der gluthverzelirten Fackel euch freuet", ttvoiIktttm
Xa/x-räli Tif^To/jisvat. Allein die ganze Stelle handelt von den
Fackeln , die zu Ehren der Furien angezündet und in ihrer dun-
keln Grotte vom Volke verbrannt werden sollen. Diefs verspricht
Minerva V. 1009. und daher lieifsen die Opfer, die ihnen gebracht
werden sollen, V. 1031. o-tovS«; ivhalhig. Hier ist also keine Silbe
von Fackeln, die die Furien selbst trügen. Und aucli in den zwei
Stellen, wo Euripides den Orestes die Furien erblicken läfst, zu
Anfang des Orestes und der Iphigenia in Tauris, werden ihnen nie
Fackeln, wohl aber einmal im Orestes 274. den Ja gerinnen Bo-
gen und Pfeile gegen den Frevler in die Hand gegeben.
220
Die Jilleii Sfholicn nmclien niistliiicklirli die Bcinoikiiiij;-, iUm
51. J.iislspii'lditliter spolte liier des AePiliyliis , der «lic Eriiinyieii
mit Fiickt'lii wiitlicnd eiiiüelVilirt li;i!io *). Uiiler den Ge-
Kcliii'lifchcii , die spätere Aiielvdoteiikiäiuer vom Sonales er-
zälill haben, ist aiieh ein (jesj(ens(eis|Mik, wo jinijre iniilliwil-
li^e Bniselie ihn im Fwrienaiirzuj;e zu fiiiehtcn zn machen snelien.
Da heifst es aiisdiiieklirh, sie lullten hrennende Farkeln
und Fnrienmaskcn i>elial)l **). Aneh häUe Acsehincs die he-
i'ühnite Stelle gei>en den Timarchns iiielit spreehcn können,
52. wenn nicht damals die Fniien mit Fackeln anf dem Theater
erschiencü wären ♦**). So viel ist also iinleui^har, dafs luau
) ^E-rrtffnwTTSt T>)V hta Ttuv 'Eo/vvi^wv AjVj^uXoü woSsiftV. vet^iiyä-
yovTcit {xircc Xa/ax«6wv liivoxabcZc»t , und der andere Sdioliast
sagt: tiuiüaaiv c/ rfixyi'iho) 8/V(i)tfsiv /usri Xa/vcx«Sauv, was auch
Snidas s. v. Tfayw&i'a, T. III. 496. daraus excerpirt hat.
**) Aelian, V. II. IX, 29.: sie lauerten ihm auf h.yOa; i^^oyrf; ij/xfjttvai
xai 'E^/vvJyjv Tfic-wT«. Ks giebt eine eigene Anekdotentradition
im Altertluini, wo dieselbe Gescliiclite mit geringen Veränderungen
oft von einem halben Dutzend berühmten Männern erzaldt wird. Oft
läfst sich dieses Sagengewebe selir gut bis auf den ersten Grund-
faden verfolgen. Dieser ist in vorliegendem Falle eine Geschichte,
die dem Deniokrit begegnet sein soll , und die Lucian in Pliilo-
pseud. c. 35. T. III. p. 59. sehr launig erzählt. Dieselbe haben
nun Einige auch mit kleinen Abänderungen von Socrates erzäh-
len wollen. Ich zweifle niclit, dafs die berüchtigte Geistergescliicli-
te, die Plinius , Epist., VII, 27. vom Atlienodorus erzäidt, ans
eben dieser Quelle, freilich mit beträchtlichen Veränderungen, ge-
flossen sei. Lucian erzählt sie von einem gewissen Arignotus ;
die Kirchenväter machen Versuchungen des Teufels daraus u. s. w.
*♦*) P. 196. C. Wolf.: „Glaubt nicht, ihr Athener, dafs die Furien,
wie in den Tragödien , den Verbrecher verfolgen und züchtigen
mit brennenden Fackeln", y.iXä^nj öacrlv >)/y./asva/?. Die Stelle
ist von Griechen und Kömern sehr oft nachgeahmt woiden.
Die Nachbildungen des Cicero pro Rose. Am. c. 24. s. 67. und
de Leg. 1, 14, weifs Jeder auswendig. Auch Nero sah die Fu-
rien seiner Mutter mit Fackeln, Sueton, Ner. 34. Die römischen
Dichter lassen diese Fackeln bald im Pldegethon anzünden, (s.
Draken horch zu Silius II, 610) bald an einem Scheiterhau-
fen (Statins, Tiieb. I, 96.). Ovid läfst die Sisii)hone ein Feuer-
rad damit beschreiben, Metam. IV, 508. Niemand weilt aber bei
diesen Feuerwerken der Furien lieber als Seneca, der Tragiker,
und Claudian. Aber warum gab man den Furien Fackeln ? Un-
streitig als ein Instrument der Marter. Denn bei den Foltern
bra«clite man auch die Fackel. Daher sagt noch der spatere Pa-
221
schon sehr früh die ThoAterfniion mjl Fackeln hewaflTneJe, die
auch schon darum zu den heliehleslen Tliealergeiälhschaften
j^ehöreii nnirslcn, weil die F'ackellänze in Athen zn den will-
kommensten S|)ielen gehörten, nud Jcdeiinann sie weit ge-
schickter zn sch\vin^•en nnd zn handhahen wiifste, als es hän-
fiü; auf nnseien neuen Schanhühnen der Fall sein maj^ *).
Anffallend ist ancli der Umstand, dafs die Fnrie, die der 53.
Künstler auf einem noch vorhandenen alten silhernen Becher
unstreitig' nach einer Scene in unseren Enmeniden a!ti;phildet
hat, hei mancher aiilTallenden Aehnlichkeit mit dem ältesten
Kosliim, wie wir es nnn. aus dem Aeschvins kennen , in der
einen Hand eine Rolle, in der andern eine Fackel hat. Die-
ser dachte sich also nusere Enmeniden ganz gewifs schon
mit Fackeln **). Ich wage folgende Muthmafsnug-, nm diese
srheiuharen Widersprüche so viel als nniglich zn liehen. Die
Fnrieu, welche den grausenden P\\«;seltauz nm den Orestes, die
erschütterndste Scene des ganzen Stückes ***), schlingen, hat-
ten gewifs nur Slähe, aher keine Fackeln. Denn man kann 54,
negrjrist Pacatns ad Theod. c. 42. T. 11. p, 401. Jag; er.: „mi-
nax ninhra oh os carniücis tni fiiinantes inf'ernis ignibus taedas
quatiebas."
*) So oft Gliick's Iphigenie in Paris aufgefiilirt wird, mufs die Feuer-
aufsicht hinter und unter dem Tlieater, wo die Versenicungen sind,
verdoppelt werden, nnd manchem Balletmeister prefst der Fackel-
tanz in jenem Stück noch immer Angstschweifs aus. Bei den
Alten mufste das Alles weit mehr in üebung sein. Die Fackel-
rennen bei dem PanaÜienäenfeste, Qs. Von Dale, Marm. Antiqu.
VI. p. 504. if. und Caylus, Recueil d'Antiquites T. I. p. XVIIff.),
ihr Gebrauch bei den Mysterien der Ceres u. s. w. mufste eine
grofse Fertigkeit in ihrem Gebrauch lehren. Eine andere Frag«
ist, wie sich die Fackeln am hellen Tage in den alten Thea-
tern ausgenommen haben. Vielleicht war auch hier Vieles nur
syjubolisch.
**) S. Winckelmann's Monumenti Anticlii Tnediti n. 151.
***) Dafiir sah man sie gewifs auch im Altertluime an. Auch in Rom
wnrdfen sie im AlcmKon des Knnius aufgeführt. In dem Fragment
beim Cicero, Acad. II, 28. ruft der rasende Alcmäon : Circumstant
cum ardentibus taedis. Wenn der Tyrann von Cassandrea Apollo-
dor auf der Folter seiner Gewissensangst seine eigenen Töchter
zn sehen glaubte, Itoi-rv^ovg y.«] <pX&yo[JiVJa; ro7; ctu/aaci y.v>iXi>j
irtg) «üTov -rt^ir^iyf^ovffxg beim Plutarch, de S. N. V. p- 39.
Wytt. , so ist diefs der wahre Fesseltanz der Furien. Eben so
tdnzen die Todteularven um den Democrit beim Lucian, Philops.
T. III, p. 59.
222
Wülil allenfalls Jone, aller nielit fiiülicli diese in der Hand
Jiiilleiid l>eide Hände zum Reilientaiiz iiigen ♦). Allein in einem
Chor von fiinfzii;- Fnrieu waren ^ewils uielirere hl ose Sta-
tisten**), die znr Seile stehen hliehen, Avälireinl die andern
herumtanzten. Diesen ü^ah man in der Fol!>°e Fackeln in die
Hände, n»d weil diefs viel sinnlicher nnd stärker Inr's A!m,o
ansprach als die hlosen Eschenstecken, so wählte uian jene
hänliu;er znr allgemeinen Bezeichnnns:.
Wenn der helldenkende Slraho ein ganzes Register von
Werkzeugen der Yolksreligion anflnhrt, wodnrch man im frü-
hem Allerihnme anf das Volk zn wirken sachte, so nennt er
nehen der Aegide, dem Donnerkeil, dem Dreizack nnd dem
Thyrsns anch Fackeln nnd Drachen (Xayairaäsf y.«» S^a-
xcvTi,-) I. }). 37. A. Beide gehören in das Gehiet «ler fnrclit-
baren Göttinnen, die man znr Zeit, als die Knnstallegorie ihre
feste Form gewonnen hatte, nicht selten so ahhildete , dafs
55. sie in der Linken die Fackel, in der Rechten eine zischende
Natter cmporhiclten ***). Ja aus der genaueren Betrachtung
*) Der Ausdruck in den Enmeniden 300.: ays 5v) neu x°Q°^ a\|/yj/-tsv
läfst keinen Zweifel, dafs liier ein x°?°f xjv.X<cf zu verstehen sei,
wo sich die Tänzer an beiden Händen fafsten. Darum ist liier
auch kein t-rwho; möglich, der nur bei einem j^ops; rtrgäywvoi;,
wie die gewöhnlichen tragischen Chöre alle waren, eintreten
konnte.
**3 S. die Anmerkung no. X.
***) So sagt Statins in einer Stelle, die Alles umfafst, was die Phan-
tasie der Alton von den Furien erdacht hatte, Tlieb. I, 89 — 113
am finde: Tnin geminas quatit illa manus Haec igne rogali Ful-
curat haec vivo niamis aina verberat liydro. So erscliienen aiicli
die Priestor der Faliscer und Tarquinienser , so wie Livius und
Frontin die Saclie als Kriegslist erzählen, die aber walirsclieiiilicli
einen ganz anderen Zweck hatte. Inde terror maximus fuit, quod
sacerdütes eoruin facibus ardentibus, anguibusque
praelatis incessu furiali milites Romanoruin insu«ta tur-
baveiunt siiecie, Liv. YII, 17., ubi y. Gruter. T. II. p. 525.
Drakenb. Ich glaube nämlich besonders aus der Vergleichung
einer ähnlichen Scene, die Livius IV, 33. erzählt, mit dem, was
Florus I 12. 8. davon berichtet, es sehr wahrsclieinlich machen
zu können , dais jene Geschichte mit echtrömischer Parteilichkeit
sehr entstellt erzählt wird. Die Priester jener Völkerschaften ka-
men mit Fackeln und heiligen Binden Cvelainontis), dem ehrwür-
digen Zeichen der flehenden Bitte. Anfänglich resjiectirten die
Soldaten diese Procession und schienen, wie einst Attila beiju An-
blick Leo's des Grofsen, ei:.-chrocken und betäubt. Allein bald lie-
22i
der alten Denkmäler ergielil es sich sehr dciitlleh , dafs , da
die blose Fackel auih das AUrihiit des C vlieie - , Baochus-
iind Ceresdicnsles sein nnd bei rriesteriniien, die diirdi diese
Dadiichie hezeiclinet wurden, leiclit verwecliselt werde» 56,
konnte, man in der blühenden Zeit der Kunst die zu scbü-
neu Jungfrauen veredelten Furien weit lieber mit der we-
niger zu verwechselnden Schlange als mit der Fackel in
der Hand gebildet iiabe. Die späteren Dichter, die nns in
ihren Furien immer die Henkerinnen der Unterwelt erblicke«
lassen, gingen noch w eiter nnd verwandeilen die blos schrecken-
de Schlange in eine furchtbare Geisel für die Verbrecher, wo-
mit sie von den unerbildichen Strafgüllinnen ohne Uuterlafs
gepeitscht würden *). Halte nun wohl schon Aeschylus seine
thealralischen Fnrien die so schreckbare Schlangengeiscl schwin- 57.
gen lassen"? Ich glaube diefs eben so gewifs verneinen zu
können , als oben den Gebrauch der Fackel. Es findet sich
davon in den Eiimeniden selbst nicht die geringste Spur. Nur
der Gorgoncnkopf hatte seine Nattern, von welciien sich wahr-
scheinlich schon in der ältesten Vorstellung der Furien , nach
einem von den Mvslerien Lerkommeudeu Gebrauche**), über
len sie über die wehrlose Menge her und richteten ein grofses
Blutbad an. Man suchte diese Grausamkeit in der Folge zu be-
mänteln. Die heiligen Binden wurden in Schlangen, die Opfer-
fackeln in Furienfackeln verwandelt u. s. w.
*) Virgil liat in der bekannten Stelle VI, 570. sontes ultiux accincta
flagello Tisiphone quatit insultans, torvosque sinistra Intentans
angues, vocat agmina sororum, die Peitsche von den Schlangen
getrennt. Allein man denke sich die Peitsche selbst immer aus
gewundenen Schlangen geflochten , crepitantia torto angue Hagra
nennt sie Pacatus im Panegyr. c. 42. So kommt tortum Hagel-
lum in der Hand der Furie bei Yaler. Flaccus YIII, 20. vor.
Yergl. Miscellan. Britann. Ann. 1731. Septembr. p. 671. Nonnus
Dionys. XLIV. p, 1154. nennt diese Peitsche jyiSvvjsj-s-av //xac-5X>jy.
Man mufs dabei theils an die aus Haaren zusammengedreliten
Peitschen denken, die man im Alterthum vkoy.ci/ji.7bx; nannte, (s.
z. E. V o fs zu CatuU. p. 223. IT.) tlieils an die vorn mit eiser-
nen Würfeln versehenen Geiseln, fjiiff nyss i^rQxyxXwral O-
Scheffer, de Re Veh. V. I, 14. p. 194. und Hemsterhuys
zum Pollux X. 54. p. 1210.), an deren Stelle man geflochtene
Schlangen mit Natterköpfen setzte. Um sich das Grausende einer
solchen Sclavengeisel anschaulich zu maclien, darf man nur
die Abbildungen bei Caylus, Recueil T. II. t. 94. 4. ver-
gleichen.
**) Ich darf hier nur an die berühmte Stelle in Demosthenes Rede
224
der Stirii zwei eniporsrlilänncltcn *) ninl oiiio aiuh sonst ]m
den Ko|»fljin«len di'r Friiiicn im Allcilliiiiiio iiiclil iirij;«'\vülm-
lirlic Zieratli Ijildoloii. Imlefs veifdiUcii die s|ȊliTeii Tliea-
Icrdccoratciits gewifs iiii'lil, den Fiiiioii auch Siliiaiinen oft
58. i" beide Iliiiidc zw ü,el»cii **) , wie diels aus eiiiiii,eii Yaseii-
o-cinälden, die soü;leicli aiigerülirt werden sollen, sehr deullicli
hervorgeht.
Und so wären a<ich diese Zweifel beseiligl, und das Ko-
stüm, wie es Aesihjlus anfstellte, von den uns auf allen Sei-
pro Coron. p. 313, 25, ^c. 79. p. SlO. IlarlO erinnern, wo
der Mutter des Aesclnnes die mystischen Mummereien vorgewor-
fen werden. Da heifst es unter Anderm , sie habe die zalimen
Gaukelschlangcn (xagisi'a?) gedrückt, und, indem sie sie über den
Kopf empor gehalten, EvoSabÖ! gerufen. Diese Scidangengaukelei
war in den Baccliisclien Weiliungen sehr üblich. Bav.yc« ävEC-rs/^-
ixsvei ToTj o(piciv beim Clemens von Alexandrien Protrept. p. 9,
D. Sylb.
Das anschaulicliste Bild giebt die Beschreibung Catull's LXIV,
193. : Eumenides, quibus anguineo redimita capillo Frons exspiran-
tes praeportat pectoris iras. Das Frons juaeportat kann nur
durch die Anschauung zweier Nattern über der Stirn , die sich
vorwärts emporheben und zisclien, wie man sie auf alten Denk-
mälern iindet, ganz deutlicli werden. Man vergleiche damit nur
die Vision des Orestes in Euripides, Orest. 282. wo ihm die Fu-
rie erscheint, SsivaTj aji^iSva?; ttg J/x' acTciJiw/jiyj-^.
Man hatte wirklich zahme Scidangen, die man zu lieiligen Gau-
kelspielen abrichtete, c<()ii; tra^iioci von ihrem Vaterlande genannt
und in den luxuriösesten Zeiten Roms wegen ihrer kühlenden Eigen-
schaft von den Damen sehr gesucht. S. zuMartial VIl, 97. gelidum coUo
nectit Glaucilla draconem. 3Ian darf sich aber nicht vorstellen, dafs
man diese immer auf dem Theater gebi-aucht habe. Alan verfertigte
ohne Zweifel aus Holz, Leder u. s. w. allerlei Figuren, die der Schlange
ähnlich sahen. Sehr lehri'eich ist in dieser Rücksicht eine Vasen-
abbildung in der Hanc arvillischen Sammlung T. IV. t. 71.,
wo eine dem Bacchusdienst geweihte Frau eine künstliche Schlan-
ge, die oilenbar zur Älascliinerie des Baccliischen Aufzuges gehört,
vor sich herabhält und mit dem einen Fufse darauf tritt. Vofs
zu CatuU S. 223. glaubt, dafs man die Schlangen oft durch le-
derne Riemen und Geiseln nachgeahmt habe. Auch liatternde Bänder
und Streifen Zeuchs konnten diefs tliun. So sagt Florus I, 12. 8., die
Fidenateji hätten discolores, serpentum in modum, vittas gehabt.
Noch deutlicher wird die Sache durch die Draclienpaniere der spä-
teren Römer, S, Lipsius, de M, R. V, 5, und Gesner zu
Claudian V, 177,
225
teil nmrin2,en(]en Fackeln nud Sclilang:cn g^lücklicli gerettet.
Mau veii; leiflie mm diese strenge , msj)iiiii<i,licliere Form mit
der gewölinliclien Ueberlicfeniiii;- von der Art, wie der alte
Tragiker seine Ptacliegöftinneii aiisgesclinuu-kt habe *). Dort 59,
ist bei aller Häfsliclikt'it Alles aufs Genaueste bestimmt, und
uiebts ülierfliissiü:. Hier ist Alles uillkürlicli und alle und
neue Allegorie aufs Buntscheckigste zusarnmengellickt.
Von dem, was Aesclivlus bei der Decoration seiner En-
raeniden gleichsani f"estgese(zt hatte, konnlon nachfolgende Dra-
matiker und Künstler auf eine doppelte Weise in vüllia: ent-
gegengesetzter Richtung abweichen. Aesclivlus wollte durch
die Hülslichkoit seiner Furien nur Schrecken und Eulsetzen
veriireileu. Mau konnte diefs noch weiter treiben und eben
dadurch vorsätzlich oder nnvorsützlich in die lächerlichste Ca-
ricatur gerathen. Diefs war die eine A b w e i c h n n g , die
endlich durch immer neue Üei)or(reibungen äufserst widiig und
ekelhaft werden ninfste. Euripiiles scheint wider seine Ab-
sicht in diese geschmacklose Yerbildung gefallen zu sein, als
er in seinem w ü t h c n d e u Hercules die Raserei
(AJs-Ta) pcrsoniüzirte und sie, in einem Lnftwagen mit der
Iris fahrend, die Zuschaner nl>er dem Hause des Hercules
als Gespenst erblicken läfst. Es gab hier keine Blutschuld 60.
zu rächen und daher konnte der Dichter auch keine Furien
erscheinen lassen. Aber seine Lyssa ist ihre Zwillingssfh we-
ster und mit allen Häfslichkeiten ihrer Sippschaft zehnfach
ausgeslaltot. Der Chor der Thebaiiischen Greise, der sie in's
Haus herabsteigen sah, sagt uns diefs deutlich genug V. 881 ff,
Sie stürmt vom "Wagen, stachelt ihr Gespann,
Die Nachtgorgone mit hundertköpfigem
Natterngezisch **_), die augenblitzende Lyssa.
*) So schildert z. B. Josua Barnes das tragische Piirienkostün\
zu Eurip. Herc. Für. 882. : Spectabantur capitibus serpentibus cri-
nitis, vultibus tetricis et horrendis, cruentis et flammantibus, alis
coriaceis, cruiibiis longis et macilentis, mammis foede ex-
sertis, facibiis sangninenm quid rubentibüs et tortis e serpen"
tibus tlageliis armatae, palla denique sanguinea vestitae*
De quibus passim poetae Tragici.
**) Ich lese mit Reiske sy.aroyy.sii)(xXot; ('aj^^/Ltafff. Das Pbasma
war also mit einem Gorgonenkopf, um welchen künstliche Schlan-
gen angebracht waren, grausend ausstaftirt. Die Schilderungen,
die Ovid und Statins von der Wutli erregenden Furie machen,
sind voll des lächerlichsten Parenthyrsus, «ier wohl zum ab-
schreckenden Muster durchgegangen zit werden verdiente. Nur
Viigil rettete sich durch die Verkloidung seiuer Alecto im
Büitiger'« kleine Sohriftcn I. J5
226
Hatte der Dichler, \»ie sich fast nicht zweifeln h'lfst, dieses
Alles wirklich auch durch die Maske des Ungebcuers zu ver-
sinnlicheii gesucht, so lief er die ätifseiste Gefahr, hier, statt
Graus und Entsetzen, Spott und Gelächter zu erweckeu. Was
aber Euripides weni^teiis nicht erwecken wollte, das woll-
ten g'cwifs manche Coinödieiidichtcr damaliger Zeit, indem
61. siV; diese Furien!J!,"estalten des Aesciijlus nach ihrer damaligen
Liebliniissitte in Caricatur brachten und das Volk mit dem
seltsamsten Ilöileiispuk belustiij;ten *). Ich miifste mich sehr
trüj^en, oder die beiiichtii;;te Empnse, die Arislophancs in sei-
nen Fröschen dem hasenfüfsigen, jetzt in einen Hercules tra-
Yestirten Bacchus und seinem Kammerdiener begegnen liifst,
ist eiue komische Hirngeburt der Art, wozu der erste befruch-
tende Keim in den Eumenidea des Aeschjlus zu suchen ist ♦*).
7ten Buch der Aeneidc glücklich durch alle diese Klippen. Um
des Contrastes willen verdient anch Nonnus in Dionysiacis XLIV.
p. 1154. einen Blick.
*) Wenn wir nur noch die Parodie des Cratinus, seine Eumeni-
den, hätten, die in den Scliolien zu Aristophanes, Eqnit. 527, ci-
tirt werden ! Der tolle Orestes war ein gemeines Bonmot in Atlien
auf einen damals bekannten Kleiderauszielier (Xw-ttoBut/);, spolia-
tor, depouilleur). S. Aristoph., Acliarn. 1166. Av. 711. 1490.
Auf den Timon, den Misanthropen, mit seinem zottigen, borstigen
Wirrkopf, bedient sich Aristophanes, Lysistrat. 808. des lustigen
Einfalls, dafs er ihn ein rauhes Dornendickiclit im Gesicht,
ein Bruchstück von den Furien ('E^xwu'wv äxc^öw^) nennt,
woraus man beiläufig schliefsen kann , wie stachelig und borstig-
rauh die Maske der Aeschyleischen Erinnyien auf der Bühne ge-
wesen sein müsse.
**) Aristoph., Ran. 295 IF. Der springende mit einem Satze seine
Beute erhaschende Gang der Furien gab vielleicht zu diesem
Volksmährchen von dem ein füfs igen (das heifst etymologiscli
suirovr«') Gespenst (der andere Fufs ist immer ein Tliierfufs,
cvöffKsX«?, s, Eustath. zu Odyssee A. p. 1704, 41., woraus der
Pferdcfufs des Teufels entstanden ist,") die erste Veranlassung, das
nun die alte Comödie mit Vergnügen eigiifl", um eine Caricatur auf
die Furien daraus zu maclicn. Schon Ilesychius s, v. bemerkt, dafs sie
eins mit der Hecate sei , wenigstens wird beiden das Erweckeu des
Gespensterspukes (£xjiro/-cirao s. T. H, zu Lucian D. D. III, p.
208.) zugesclirieben, und vergleicht man die .Schilderung der He-
cate in Lucian's Pliilopseudes 14, T. III. p. 42,, so findet man in
beiden das scheufsliciie Zerrbild der Furien. Der spätere Sprach-
gebrauch nalim niu- den Begriff der Veränderlichkeit in der Ge-
stalt aus der ganzen Empusenfratze Iieraus. So nennt Demosthe-
227
Ob ancli die bildende Kunst dergleichen (Jeberfreibnngen nnd 62.
Zerrbilder hervorznbriii2,eii sirli gcliislen liefs, "wage ich nicht
211 besfiinmen. Eiu Iriifsiichcs, obgleich noch immer nur
menschliches Fratzengesicht, das man einst in Metz aasgrub
und für eine Furie ausgab *), ist gewifs eben so wenig dazu
bestimmt gewesen, als es die geschnittenen Steine und Münzen
waren, auf welchen selbst geübte Antiquarier die dreis:estaltete
Hecate für eine Furie im alten St vi ansahen **). Dafs man sie
mit aller der ursprünglichen Häfslichkeit, mit der sie Aeschj'-
lus aufs Theater brachte, so gut wie die abscheuliche, mit
ihr in jeder Rücksicht genau verwandte Ker *♦*) gebildet 63.
nnd gemalt habe, scheint mir wenigstens sehr wahrscheinlich.
Nur glaube ich nicht , dafs sich diefs in jenen frühen Zeiten
ciuch bis auf lächerliche Zerrbilder erstreckt habe. Denn der
Geschmack mnfs schon einmal gebildet und yerfeinert gewe-
sen sein, wenn er sich bis zu diesen Ansgeburteu des Üeber-
drusses und Gelüstes an körperlichen Verzerrungen verirren
soll. Darum wucberte die Caricalnr wohl auch erst später
nach Alexandcr's Zeiten an den üppigen Höfen seiner Nach-
folger in ihrer ganzen Fülle unter den Griechen f).
nes die Mutter seines Gegners eine Empnse p. 270. 25 , nml so
konnte endlich der Verfasser des Tractats de saltatione c, 19. T.
III. Op. Lucian. p. 279. gar ein Gegenbüd einer pantomimisclien
Tänzerin darin finden.
'^ S. die Abbitdimg bei Caylas, Recneil T. V. p. 1. 119, 5. Man
nannte die Fiatze in Metz La Reclugnaye und mauerte sie mit
heiliger Ehrfurcht in die Kirche ein.
**) Eine Münze von Antiochia , die unter dem Kaiser Philipp dem
Jüngeren geprägt worden ist, hat die bekannte Yor^tellung der He-
cate Trifonnis, In ihr wollte nnn Seguin in numis selectis p.
177 nnd Patin p 388. eine Furie erblicken. Unbegi-eiflich ist
es, wie selbst Spanheim zu Julian's Caesar, und Caj lus , Recneii
T. IV. t. 80, 3. in denselben Fehler fallen konnten, den schon
Lessing in Laokoon (Werke Th. IX. S. 161.) gerügt hat.
***) Auf dem Kasten des Cjpselus beim Pausanias V, 19. p. 84. steht
die K>5^ hinter dem Eteocles mit Raffzähnen und Klauen, Die
Bemerkungen, die Lessing über dieses Bild in seiner Abhand-
lung: wie die Alten den Tod gebildet, gemacht hat, sind
bekannt.
f) Zur Spottcaricatur, die sich in der Verhafslichung der Gesichts-
züge einzelner Menschen zeigt, hatte sclion der Homerische Tlier-
sites den Grund gelegt. Diese war gewifs bei den Griechen so
alt als die alte Comödie selbst, die zu dergleichen Caricaturen
Unendlichen Stoff darbieten mufste. Wüfsten wir aticb fttJr dag
15 *
228
C^. T^s i^iil' """ ''*^'**'' ^'"'^' "ö*^'' ®'"® zweilc Abweiclimij^ von
der IJiiie, die Aescliylus i^ezo^en hatte, uixl «liese führt uns
••erailes Wo«;s auf das hiiclisle Gesetz aller hihlciideii Künste
liei deu Griechen zu den Zeiten , wo diese ihre wahre Be-
Btimmiing^ erhalten hatte , auf die Schönheit. L e s s i n ^-
sagt in seinem Laokoon (Werke IX, 30): ,,Es a^icltt Lei-
denschaften, die sich in dem Gesichte durch hafsliche Ver-
zerrungen äiifsern und alle schönen Linien durch gewaltsame
Stellungen des Körpers vernichten. Dieser enthielten sich
denn also die alten Künstler entweder ganz und gar , oder
setzten sie auf geringere Grade herunter, in welchen sie eines
Mafses von Schönheit fähig sind. Wnth und Verzweiflung
schändete keines von ihren Werken. Ich darf hehaup-
ten, dafs sie nie eine Furie gehildet haben.'^
Der scharfsinnige, aber auch behutsame Kenner des Alter-
Ihums hätte sich nie zn einer so absprechenden Behauptung
65. bewogen gefühlt, wenn nicht die Gründe dazn in jener gan-
zen Schrift so ofVon und nnwiderlegiich aufgestellt wären. Der
Dichter kann sich wohl zur Erreichung des Schrecklichen häfs-
licher Formen bedienen, eine Freiheit, von der im vorliegen-
den Fall Aeschvlus nur allzusehr, selbst für die Bühne, Ge-
branch gemacht hat. Die Poesie hel)t durch die Veränderung
ihrer cocxistirenden Thcile in successive ihre widrige Wirk-
ung fast gänzlich auf. IMochlen diese Scheusale von Gorgo-
neumaskeu noch so ekelhaft und znrückstofsend sein , nur
da, wo sie der Schalten der Clvtemnestra schnarchend an-
trifft, war ihr Anblick viclleiclit unausstehlich. Sobald sie in
rascher Bewegung als Hauptfiguren in einer sich scbuell ent-
-wickeludcn, fortstürmenden Handlung erschienen, vergafs der
Gesetz der Tliebaner bei Aelian, V. H. IV, 4. nach L essin g's
richtiger Krkläniiig , und die Geschichte des Hipponax mit den
Bildhauern Buxahis und Anthernius, so wäre das Alter dieser Ca-
ricatiir binlänglicli erwiesen. Allein die iVolilichern sclicrzhaften
Gbezzi, wo blos travestirte .Mythen zur Volksbelustigung dienten,
die in den Satyrhandlungen der Griechen und den Atellanen der
Canipanier volle Nahrung fanden, setzen schon eine iixirte und
allgemein angenommene Regel der Darstellung, eine gewisse üeber-
einkunft, diese oder jene Gottheit, diese oder jene Fabel gerade
80 zu beliandeln, als gegeben voraus. Von dieser Gattung ist hier
allein die Rede, und sie sclieint wirklich späteren Ursprungs zu sein.
Man denke nur an die bekannte Vase, wo Jupiter und Mercur bei
der Alcmene einsteigen , oder die Verbildung des Aeneas mit dem
Vater, den er auf den Schultern trägt, in Cjnoccplialen. S. Pit-
ture d'Pircolano T, IV. p, 368.
229
Ziisriiaucr , und wie viel inelir jo(zt nlclil der Leser, alles
(jraiisende ihrer Gestalten ül»er die Wiclilii^keit iiiul den Ans-
ganj!^ des Processes, den liier Minerva zwischen Apollo und
den Enmeniden entscheiden soll. Aber Ekel und HäfslicIiKeit
werden in den Formen der hildeixieu Kunst i>leiclisnni auf
immer i'esigelialten , sind daher nicht einmal einer gemischten
Empfindnn» fähi»,' und als Vorwurf d*'r Kunst durchaus unzu-
lässig:. Die Künstler also, welche in dem scenis agitatns Ore-
stes früh eineu T^ieblingsgegenstand ihrer Kuustdarstelluugen zu
behandeln aiilin<^en, bildeten und malten nie eine Furie in allen
den Schrecknissen, in welchen das Drama sie aufzustellen Fug
und Recht hatte. Der Atticismus, den die weisen Schutzge-
iiossen der IMiuerva durch die mildernde Benennung der zür-
nenden Rachegötlinnen mit zarler Schonung in die Sprache
des gemeinen licbens übergehen liefseu, ging für die idealisi-
lendeu Künstler nicht verloren. Sie liefseu ihnen nur gerade
60 viel Ernst und gaben ihnen nur so viele bezeichnende Merk-
male, als erforderlich war, um das Geschäft der Ehrwürdigen 66.
kenntlich zu machen. So wurde aus dem häfslichen, mit der
nrsprünglichen Furienmaske so nahe verwandten Gorgonen-
kopfe nach und nach das vollendete Ideal der ernsteren weib-
lichen Schönheit, eine Strozzische Medusa, die sich, wie H er-
der 80 schön sagt *), „als Charis ansehen und physiogno-
misch malen läfst." Uebrigens bildeten sie, vou der Idee der
Jagd ausgehend, die uus im Drama des Aeschylus selbst schon
überall ans|)richt, nach und nach die schönsten Jägernymphea
aus diesen Ungeheuern. Und doch verlor die Vorstellung
selbst nichts von ihrem gewaltigen Eindruck. Der geängsfete
Orestes ist es überall , wo sich noch bildliche Vorstellungen
erhalten haben , In dessen Schrecken und Entsetzen wir die
furchtbare Gewalt der -Rächerinnen erkennen , deren stille
Macht wir uuu nicht hassen, sondern mit ehrerbietiger Scheu
anerkennen.
Als Lessing die oben angeführte Behauptung nieder-
schrieb , waren die Furien auf Denkmälern der alten Kunst
noch so, selten, dafs unter allen, die er selbst anführt (Wer-
ke IX, 30 und 158 if.), höchstens nur eine altgriechische
(damals noch etrurisch genannte) Vase eine uubezweifelte Ab-
bildung derselben darbot. Unsere Keuntnifs alter Denkmäler
hat seit j«'uer Zeit durch die Bekanntmachung so vieler Re-
liefs nnd Vasenabbildungeu , die man damals entweder noch
nicht besehrieben, oder noch gar nicht ausgegraben hatte, uu-
O Briefe zur Beförderung der Humanität Vi. bainml, S.
71. Man vergleiche die Titelvignette.
230
67. gemein "ewonnen. Icli kann eine ganze Reihe dergleicben,
die auf den ersten Blick für Vorstelinngen jener Furienscene
erkannt werden müssen , aus den noch iiiuner sehr nnvoll-
slän(liü;en Hiltsmilteln , die mir zu Gebote stehen, aufführen.
Aber alle beweisen, was Lossing so zuversichtlich in voraus
behaupten konnte, dafs die alle Kunst nie Furien, avoIiI
aber idealisirte Eunieniden bililcle, und sich durch keine Dich-
terphantasmen , die des Schrecklichen und Ekelhaften hier
nicht genug haben können , von ihrer ricbtigeu Bahn abbrin-
gen liefs.
Da die Furie nach den Bogriffen des Alterthnms immer
mit Vollstreckung der Blutrache und Bestrafung des Frevels
oder nach der späteren Vorstellungsart mit Anfachung des
Krieges und Einhauchung des Wahnsinnes beschäftigt ist, so
konnte schon darum keinem kunstvcrständi;^en Bildner die
Idee beikommen , eine Furie ganz isolirt darzustellen. Man
könnte sagen : die Figur höit auf eine Furie zu sein , sobald
sie blos vereinzelt und auf sich selbst Iteruhend angesehen
wird. Schon diese Betrachtung, die sich noch auf manche
andere allegorische Wesen des Alterthnms, als z. B. den Tod,
die Parcen, die Bellona, Nemesis u. s. w., anwenden läfst,
hätte die Alterthunisausleger gegen manchen Mifsgrilf bewah-
68. reu *) und auf einen sehr wesentlichen Fehler unserer heuti-
gen Allegorie aufmerksam machen können **). Wirklich fin-
*) So Ware gewifs die mit dem Dolche drohend ei nli erschreitende,
einzelue weibliclie Figur auf dem scliönen Carniol der Stoschi-
sclien Sammlung Class. 11, n. 356. und nunmehr auch abgebildet
in der Auswahl vorzüglicher Gemmen aus dem Stoscliischen Ca-
binete von Schlichtegroll T. I. n. 46. nie weder von Win-
ckelmann in der Biblioth. der seh. Wiss. I, 30. und im
Catalogne du Cabinet de St. p. 84. noch von Raspe in Tassie's
Catalogue n. 1514. für eine Furie gedeutet, sondern sogleich für
das, was sie ist, für eine Medea, die zum Mord ihrer Kinder
sclaeitet, invicta feroxque Horaz A. P. 123. (vergl. Vasengemälde
IF, 168. ff,') gelialten worden, wenn man bedacht hätte, dafs wohl
eine leidenschaftliche Frau, aber nicht die strafend^e Furie, allein
gestellt, ein Gegenstand der Kunst sein könne. Dafs an keine
Furie lüer zu denken gei , sah auch scJion Lessing im Laokooii
S. 158. f.
*') Statt eine Handlung zu erlinden, wodurch unsere allegorischen
Figuren sioli selbst aussprächen, suchen wir das Feldende und
Dürftig« dunh Anhäufung sjinhoUscher Attribute a if dieselbe Fi-
231
den wir .ancli in den Denkmälern, wo jetzt noch Fnrieu ab-
{>el»il(lct erSL'heineu, diese slels zu einer ganzen Ilandlnng- ver-
bunden und zusaninieugestellt *). Die merkwürdigste Vor- 69,
Stellung der Art lindet sich auf eiiiem silbernen , im Hafen
zu Anzio aus dem Meere hervorgezogenen Becher, der zu
der Zeit, als VVinckelmann seine Monumenti herausgab, iui
Besilze des Cardinais Neri Corsini war. Es ist merkwürdig,
dafs schon Plinins zwei solcher Becher gedenkt, worauf Orest's
Lossprechung in Relief gebihlet Avar. **). Wahrscheinlich ist
der in Anzio gefundene, dessen Bildwerke Winckelmanu
(Monnm. Ined. n. 151.) zuerst vollständig bekannt gemacht
hat, eine siȊtere Nachbildung jener Kunstwerke, Die Scene
stellt die Lossprechung des Orestes in dem kritischen Momente
vor, wo Minerva den entscheidenden Stein, tsv 'A5>|va; •<i.yj(pov
(s. Ennieuiden 722. iF.) in die Urne wirft, eine Yorstellnng,
die auch auf geschnittenen Steinen und Lampen (bei B e 11 o- '0.
ri II, 40. etl. Bcger, in Hau car v ill e' s Anliquiles ElruSr
ques cet. T. II. p. 80.) vorkommt uud durch irgend ein be-
rühmtes Kunstwerk sehr beliebt gewesen sein mufs ***),
gur Z.U ersetzen, die Niemand verstellt, weil sie höchst willkürlicli
gewählt und nie durch Volksglauben zu einer allgemein bekannten
Hieroglyphe (wie die den Göttern heiligen TJüere und Werk-
zeuge im Alterthume, der Dreizack, Tliyrsus, Caduceus u. s, w.)
gestempelt worden sind. Man vergleiche, um diefs recht lebendig
zu liilüen, nur die von Rode erfundenen und von Ramler er-
klärten AUegorieen.
3Ian niüfste denn ein gewisses etrurisches Schreckbild (die Volta,
s. Plinius II, 53. und Bonarota zu Demster's Etruria Reg. p.
24,^ für eine Furie halten. Denn diese kommt allerdings aucli
allein vor. Dahin gehört wohl auch die kleine Bronze, die man
für eine geflügelte Furie Jiält, im Museo Borgiano zu Veletri. S.
Heeren, Commentatio iß op. caelato antiquo (Rom 1786) S, 29.
Plinius XXXIII, 12. s. 55. : Zopyrus Areopagitas et Judicium Ore-
stis in duobus scyphis HS, XII. aestimatis caelavit. Da Plinins
die Kaufsumme beider Becher zusammen angiebt, so konnten sie
also nicht getrennt werden, sondern die Reliefs auf beiden geliörten
zu einander und machten einen Kunstcyclus aus. Die Becher waren
Pendants, in der Terminologie des Alter tliums eine Synthesis oder
par. S. Visconti zu Pio- Clement. T. V. p. 45. not. c. AVahr-
scheinlich enthielt also der erste Becher die Anldage, der zweite,
wovon sich die Copie walnscheinlich erhalten hat, die Lossprech-
ung des Orestes. Zu beiden hatten die Eumeniden des Aeschy-
lus die Idee gegeben.
Gewifs war irgend ein berühmtes Stück der Sculptur oder Malerei
232
Winckelinaiin hat bei clcr Erklüninir viel Gclclirsaiiikolt .^n-
{Tchraclit (p. 203 — 207.), aljcr dcii Haiiplpunit , \voi;mf ilcr
Künstler aibeitr-te, doch iiiclit p^olafst. Dieser ist, den Scluncrz
der Aiikl;iij:erinneii und die Fretide der Lop<»esproehencn in
demsell)eii Moment zn zeij«en, wo Minerva das Losspreeliungs-
71. steinciien in das Gefäfs wirft. An deju Tische , worauf das
Gefüfs (y.ähiay.o;) ZU seiicii ist , Steht der Minerva gej^enüher
die eine Fnrie , die als Ankläii^orin durch die Rolle bezeich-
net ist, die sie in der rechten Hand hält. Mit vorwärts ge-
beugieiu Ilau|»te diiickt sie den Schmerz über die Lüsun"- des
ihr geweihten Verbrechers aus. Hinter der Minerva sitzt auf
einem rohen Stein*) die zweite Furie uiit der sprechendsten
im Alterthnm vorhanden, wo das Gericht über Orestes in dem
Moment vorgestellt war, wie Älinerva das Steinchen, welches ent-
scliicd , in das Gefäfs wirft. Am ansfülirliclisten hat sich davon
die Copie auf dem silbernen Becher erhalten, wovon liier die
Rede ist. Da der Raum anderen Künstlern nicht gestattete , die
ganze Scene mit allen Figuren zu copiren , so nahmen sie ent-
weder nur die Hauptfiginen, die Minerva mit dem sich freuenden
Pylades und der Klectra (wie auf einem Camee bei Gay Ins,
Recueil d'Antiquites T. II. pl. 44. 2., wo Caylus Manches falsch
erklärt, weil ihm die Vergleiclmng des gröfseren Reliefs fehlte,)
oder auch nur die Minerva ganz allein, (wie auf einem Carniol
im kaiserlichen Kabinet zu Wien, (s. Kckhel, Clioix des pierres
gravees n. XXI., vergl. Ilancarville, Antiquites Etrusrjues T. 11.
p. 80.) oder auf Lampen in gebrannter Erde (s. Bellori, Lu-
cernae II, 40. ed. Beg.^, Ueberall kommt es nur darauf an, das
Original zu einer ganzen Reihe von Bildwerken über einen IMy-
tlius zu finden. Man kann bei den meisten einen eigentliclien
Stammbaum fiiliren, der allerdings zur Erklärung der ganzen Fa-
milie sehr nützlich ist. Hier ist noch viel zu tluin übrig.
OJme Zweifel der sogenannte XiOog '^pswj, auf welclien der Klä-
ger sich nach einer alten Sitte stellte. S. Pausan. I, 28. p. 108.,
wo Goldhagen's einzig richtige Verbesserung X!Scv; a^yovi; statt
des ganz unverständliclien «ovi/ooC; ohne Bedenken von Facius
hätte aufgenommen werden können. Der Anblick unseres Reliefs
beweiset die Richtigkeit jener Verbesserung, Denn es ist ein
roher Stein, der uns hier gezeigt wird. Auch darf es Niemand
irren, dafs Clemens von Alexandrien diese Steine ßiuuovg nennt
(Menrs. in Areopag, c. 2., Davis zn Cicero, de Leg. II, 11.),
da dieses Wort von jeder steinernen Basis, worauf sich Jemand
stellen kann, gesagt wird. S. Valckenaer, in Dissert. de Kit.
Jur. c. 4. p. 43. Euiiiiides, Ipliig. in Taur. 9G2. nennt sie ßäSQM.
S. Musgvavc zu d. St,
233
Gohcrdfi des Schiiiorzes. Denn sie gleiclit der ersten In Al-
lem TollkoMiniea , und es hieiltt mir daher nnbenTciflicIi , wie
Winekeliuann in dieser die Tochter des Ae«!;islhns, Epin^one,
erblicken konnte. Hier ist also tiefe Trauer wegen der Los-
sprechun«^. Auf der andern Seile stehen hinter dem Soniien-
zeii^er, einer allerdings hier sehr befremdenden Erscheiniinji- *),
Pvlades und Elcctra mit dem Ausdrucke der lebhaftesten 72,
Freude. Besonders schön ist der Gedanke des Künstlers, dafs
er den Orestes, der hinter der stehenden Fnrie sieh
befindet , noch nicht an dieser Freude Theil nehmen lafsf.
Denn noch ist der Unglückliche nicht feierlich ans der Herr-
schaft der Strafgöttinnen erlös't , noch ist er ihr blutloses
Sc h lac h tvi e h- («vai'/xarov /3:(r/a>}/^a, Eumeuid. 295.). Ihm
"würde also eine freudige Geberde übel anstellen. Uns in-
teressirt indefs am meisten die Bildung, in welcher der Künst-
ler die noch zürnenden Rücherinnen hier erscheinen läfst.
Wie mild und menschlich ist diese hier genommen , wie
ist von den gräfslichen Scheusalen der Aescin leischen Bühne
nichts als die ernste Jungfrau geblieben ! Statt des anfnärts
gträubenden Natlernhaars trägt sie ihr Haar nur knapp ver-
schnitten, da sonst die Frauen ihr Haupthaar nie abschnitten,
sondern es entweder in zierliche Flechten nnd Wulste zusam-
menbanden oder auch bei gewissen Veranlassungen der Trauer
oder bei Festlichkeiten frei auf die Schultern herabwallen lie-
fsen. Das abgeschnittene Haar (v.oufä vivSi/jto? in Euripides,
Alceste 515. und vielen andern Stellen) zeigt schon an sich
das ernste, strenge Geschäft der ehrwürdigen Göttin an , wel-
ches anch aus ihrer ganzen Rliene , die übrigens durch kei-
nen Zug der Häfslichkcit entstellt ist, und aus der ganzen
Haltung des Körpers deutlich hervorgeht, Sie ist mit einem •
einzigen Untergewaud bekleidet (/xo'jox^twv) , gleichfalls ein 73.
Zeichen des strengen Berufs der Göttin, der jedem Schmuck
und Üeberfliifs in der Bekleidung entsagt, und dieses Unter-
gewand reicht, wie Avir es auch au den Furien des Aeschylus
licmerkt haben, bis auf die Füfse herab (x'twv Tcclyi^yj;), nur
dafs ihm hier die untere Besetzung fehlt. Hierin also und in
dem Gürtel , womit es gebunden ist , blieb der Künstler dem.
angenommenen Kostüme, so wie es der Vater der Tragödie ge-
Martini hat in seiner Abhandhing von den Sonnenuhren
der Allen dieses Denkmal niclit gekannt. Die Clepsydra oder
Wasseruhr, nach welcher eigentlich dem Redner die Zeit zuge-
messen wurde, liefs sicli nicht tTiglicJi im Bildwerk darstellen.
Damm wählte der Künstler einen Sonnenweiser, und er will Hamit
nur im Allgemeinen sagen : hier wird nach zugemessenen Stun-
den gesprochen.
234
SchafTen baue, (rcii. Weniger ist diefs der Fall iui( der Farkel,
die er ihr slall des Slalios in die Hand j-iehl. Allein diese
Freiheit miifs dem Künstler zuf;eslanden werden, der ohne sie
keine deutliche Bezeichnung seiner Figur gefunden liätle. So
gab er ihr als Anklägerin ja ancb eine Rolle in die Hand,
"wovon beim tragischen Dichter gleichfalls nichts vorkömmt.
Immer bleibt diese Yorslellnng, als Relief eines silbernen Be-
ckers dadurch merkwürdig, dafs die Fnric, die hier schon
ganz in das Gebiet der verschönernden Kunst eingetreten ist *),
74, blos durch die Fackel angedeutet, und noch mit keiuem Zu-
satz von Schlangen ausgestattet wird.
Sowobl darin, als iu der ganzen Bekleidung und Haltung
der Figur weichen einige Vorstellungen auf alten Marraor-
reliefs und Sarcophagco ab, wo die Furieu in unmittelbarer
Verfolgung des Orestes vorgestellt sind. Das eine dieser
Denkmäler befand sich auf einem Sarcophage des Palastes
Accoramboni in Rom, und stellte iu drei Abschnitten die Ge-
scbichle des Orestes bei seiner Schwester Iphigenia in Tauris
vor. AVi nckel m an n bat aucb dieses (iu seinen Monn-
inenti a. 149.) bekannt gemacht und mit vieler Gelehrsamkeit
erläutert. Der erste Act oder Abschnitt stellt uns den Orestes
am Ufer dar, wie er sich eben nach einem Anfalle der hef-
tigsten AVnth in den Armen seines Pjlades wieder zu erholen
scheint. In des Enrijiides Trauerspiel, welches der Bildhauer
sowohl bei dieser Scene als den zwei nachfolgenden unfehl-
bar vor Augen batte, ist die Erschoiiinng der Furie blos Vi-
sion, die aber der Künstler nothwendig verkörpern mufste **).
*) Wo Pausanias die Kapelle der Fnrien auf dem Areopag beschreibt, 'J
ninfste auch von ihrer Abbildung die Rede sein, 1. 28. p. 108.
Da niacJit er ausdrücklicli die Bemerkung, die Lessing in seinem
Laokoon für seinen Zweck sehr passend gefunden liaben würde :
in ihren Bildern ist eben so wenig als in den Abbildungen der
übrigen unterirdischen Götter etwas Sclireckbares zu sehen: ro7;
5s ayiXfJ.aciv cvrs tsuto»; stsstiv o'jC'cV (foptf ov , ovdi ov« ikXec
ivä-Aitrai Ssüuv rcüv uTOYai'wv. Wem es um einen recht auffal-
lenden Contrast in der modernen (altfranzösischen) Kunst zu tima
wäre, der dürfte nur auf Williehnshöhe bei Cassel einen Blick in
das dortige Reich des Pinto thun, oder auch nur die Ku-
pfer zum Againenmon und den Clioeplioren des Aescbjlus in der
neuen Ausgabe des Theatre des Grecs — par Rocbefort et
du Tb eil T. IL p. 93. und 182., verglichen mit dem aus Win-
ckelraann entlehnten, aber sehr französirten Relief im XI, Theil
S. 445 , betrachten.
**) Man sehe Kuripidcs, Tplng. in Taur. 281—300. Winckelmann
235
Diefs ist hier dadurch bewirkt worden, dafs wir die Fu- 75.
rie ') in einer Art von Einzäunung über den Orestes sich
erinnert in seiner Erklärung S, 200. sehr zur Unzeit an eine an-
dere Stelle im Orestes, wo die Electra die Stelle des Pylades ver-
tritt, und die Scene in Argos ist. Auch will sich Orestes liier
auf unserem Marmor niclit wie im Orestes des Euripidis V. 1065.
selbst tüdten , sondern sich gegen die eindringende Furie damit
vertheidigen. Man vergleiche nur in Iphig. in Tanr. 299. Uebri-
gens wird durch die Art, wie hier ein griechisclier Künstler eine
auf dem Tlieater blos als Vision behandelte, dem Zuschauer nicht
sichtbare Erscheinung wirklich personilicirt und verkörpert Iiat,
am befsten die Frage beantwortet, ob es dem bildenden Künstler
wirklich gestattet sei, dergleichen Visionen körperlich darzustellen,
wie z. B. Oeser die Erscheinung, die der Graf Egmont noch
zuletzt im Gefängnisse empfängt, auf der Titelvignette zu Gö-
the's Schriften Th. V. behandelt hat. Die Alten scheinen ge-
rade diese Erscheinung der Furien als eine solche Aufgabe be-
trachtet zu haben, wo der Maler vorzüglich seine Kraft im Em-
pfangen und Darstellen der Visionen beweisen könnte. So wird
vom Maler Tlieon ein Gemälde gepriesen : Orestis insania, Pli-
nius XXXV, n. s. 40. Vergleiclit man diese Nachricht mit dem
Urtlieile des Quintilian XII. 10. 6.: Concipiendis visionibus,
quas (p«vracri'af vocant (vergl. VI. 2. 29.) Theon Samiiis prae-
stantissimus, so wird es selir walirscheinlich , dafs Theon gerade
durcli diese Furiendarstellung sicJi jenes Lob vorzüglich erworben
habe,
Denn nur eine Furie läfst der Künstler erscheinen, Winckel-
mann beruft sich auf Plutarcli und Eratosthenes , die auch nur
von einer Furie reden. Er hätte sicli noch weit passender auf
den Homer selbst beziehen können. Die späteren Dichter kenneu
eine Furie, die vor allen die älteste heifst. Die Erklärer zu Vir-
gil's Furiarum maxima, Aeneis III, 252, haben es nicht an allerlei
Muthmafsungen darüber fehlen lassen. Am leichtesten läfst sich
die Saclie wold aus der dramatischen Darstellung des Aeschylus
in den Eumeniden selbst erklären. Dort konnte als , Coryphäus
des Chores auch nur eine einzige Furie das Voi'wort führen und
auch auf dem Areopagus nur allein die Anklägerin machen. Diese
wird von späteren Dichtern die älteste , ehrwürdigste unter den
Schwestern, von welchen man ganze Haufen (agmina^ annimmt,
gewöhnlich genannt. Das meiste Licht liierüber verbreitet eine
Stelle im Orestes des Euripides V. 961. If., wo Orestes selbst er-
zählt, die älteste der Erinnyien, -xqiGßnq ^-ts^ vjv 'E^xvvJwv, '''i''"
sich auf den einen Tritt gestellt, wäluend er sich auf den audeui
begeben habe.
230
76. oniporhcbend erblicken. Hier ist sclion Alles knnsfreiclier
lind aiisgefülirler. Das flatternde Haar der Fnrie (woran docli
keine Sclilaugen zn entdecken sind) nnd das vom Winde zu-
rückgetriebene Oberj;e\vand zeigen die reifsende Heftigkeit,
womit die Fnrie auf ihre lienle herabstürzt (sVi^^joi^sT, Aeschj-
Ins, Enmenid. 415.), sprechender, als wenn er ihnen Fliigel,
den Nothbehelf der bildenden Kunstsprache, gegeben hätte,
Uui die Fackel , die sie in der Linken hält, windet sich eine
grofse Schlange, die den Frevler mit drohendem Kopfe an-
zuzischen scheint. Durch eine witzige Zusammensetzung ver-
band also dieser Künstler beide Hauptmerkmale der Fnrien-
gewalt in ein Werkzeug ihrer Rache und sparte sich da-
durch die rechte Hand der Rachegötlin auf, die er nun noch
77. mit einer Peitsche bewalFnete *). So wie das ganze Relief
der Idee nach zn den sinnreichsten und vollkonnneusten ge-
hört, so ist auch die Gestalt der Furie voll des lebendigsten
Ausdrucks und eine der beredtesten , die uns aus dem Alter-
thume übrig sind.
Einen ganzen Schwärm Furien liefert uns das schöne
Relief aus dem Palast Barberini , das W i n c k e 1 m a n n in
seiiicn Monunienti n. 148. zuerst bekannt gemacht, Viscon-
ti aber noch sorgfältiger (in Mus. Pio-Clemeut. T. V.
11.22.) erläutert nnd abgebildet hat. Es ist, nachdem Plee-
ren und Eckhel fast zu gleicher Zeit die richtige Erklär-
ung desselben gegeben haben **) , hinlänglich bekannt , dafs
Eine Furie, die weder Schlange, noch Fackel, sondern eine blose
Peitsche führt, sehen wir noch auf dem merkwürdigen Fragmente
eines Reliefs im Palast de' Circi alla Pedacchia , das Visconti auf
der ersten Hilfstafel zum Museo Pio- Clementin. T. V. abgeliiidet
hat. Auch in den Stellen der Dicliter, die La Cerda zu Virgirs
Aeneis VI, 570. VII, 451. gesammelt liat, sind oft wirkliclie Peit-
schen zu verstellen.
Heeren sclirieb seine Abhandlung über dieses Relief: Commen-
tatio in opus caelatum Musei Pio- Clementini Romae 1786. Ful-
goni, dem Cardinal Garanipi zu und gab darauf von dieser sinn-
reichen Auslegung selbst einen erweiternden Auszug in der Bi-
bliothek der alten Literatur und Kunst 111, 1 — 32.
Eckhel fand unter den geschnittenen Steinen des kaiserlichen
Cabinets einen Cameo, der die Haupthandlung des Reliefs bis auf
die geringste Kleinigkeit ähnlich darstellt, Chobt de pierres gra-
vees n. XX. und erklärte bei dieser Gelegenheit aucli das Relief
selbst S. 48. ff. Da derselbe Gegenstand gerade so auch auf Re-
liefs in der Villa Giustiniani (^Galeria T. 11. n. 132 ) Borgliese
und Pincio vorkommt, so kann mit Recht daraus gefolgert wer-
237
' eine doppelte Handiting in Beziehung auf den Orestes darauf 78,
vorgestellt wird. Bei der ersten, welche man als die Haupt-
lian«llung auseiien kann, kommt in dem Augenblick, avo Ore-
stes die CIvtemnostra ermordet hat, hinter dem Vorhange eine
Furie auf ihn zu. Sie ist gröfstentheils durch den hinten
bennnlaufendeu Vorhang bedeckt. Nnr der Kopf und ein
Theil der Schulter ist sichtbar. Am Kopfe entdeckt man
deutlich (auf der genaueren Abbildung bei Visconti) Schlan-
gen als Haupthaar herabhängen. Aber hinter dem vorhan-
genden Tuche geht anch eine grimmige Sehlange und eine
Fackel hervor. Diefs stimmt ganz mit dem Ende der Choe-
phoren des Aeschvins überein , wo der Mnttermord nicht so
bald verübt ist, als auch Orestes schon die Furiengestalleu
in der ersten Anwandlung des Wahnsinns erblickt. Noch
deutlicher zeigen sich diese Rachegötlinneu bei der zweiten
Handlung, welche die Unfertigkeit des Scnlpturarbeiters auf
eine sehr nngesciiickte Weise zerspalten hat. Orestes schleicht
sich hier, während die Furien schlafen, vom Dreifufs des
Apollo weg, ganz so, wie er uns in der Scene im Anfange
der Eunicnideu vorgestellt wird. Vier Furien schlafen in sehr
verschiedenen malerischen Stellungen kunstreich znsammen-
grnppirt. Es sind lauter schöne, mehr jugendliche als alte
Figuren, ohne den geringsten Zusatz von Häfslichkeit oder
Bchreckbarer Heftigkeit. Der Erhnder dieses Gemäldes kannte 79.
die Gräuzen und Bedingungen seiner Kunst zu gut, nm, was
dem Dichter gestattet sein konnte, auch dem Bildner für er-
laubt zn halten. Alles, was der Künstler zur Andeutung, dafs
diese schönen, schlummernden Jungfranen das Amt der Rache
i Sil vollstrecken hätten, sich gestattete, war die allgemeine Be-
xeichnung durch Schlangen nnd Fackeln. Anch die Schlangen
scheinen besänftigt zn sein und au der Ruhe ihrer Gebieterinnen
Theil zu nehmen. Der Haarpntz verräth nichts von zischen-
den Nattern. Die eine hat sogar das Haar sehr zierlich in
einen Wulst (nodns) znsamniengevvnnden. Alle tragen eine
lange Tunica oder ein Untergewand , ans welchem an den
Schnliern die blosen Arme hervorgehen. Sehr deutlich ist der
▼orii geschnürte Jägerschuh , der cretensische Cothurnus , an
allen zn bemerken. Sie sind, von einer höheren Macht ein-
geschläfert, über der Jagdhetze ihres Wildes niedergesunken.
Wie menschlich und mild ist hier das Bild der scheufslichen
den, dafs irgend ein berühmtes Meisterstück das Original zu allen
diesen Copieen gewesen ist. Visconti's Muthmafsung, dafs es sich
als Relief auf einem Becher oder als Gemälde auf einer Schale
befunden haben könne, hat nicht \iel Wahrscheinlichkeit,
238
GorafoiiPimTiffolioner, die mit nnansstoliHchem Sehnarclion, Schlnch-
zon 1)11(1 Röcheln ((pvctäiJi.!xciv, w-y/xoT?, lAvyi^cT;) im Aiifiing des
Aesi-Iiyleisclicn Sliickcs Alles ziiiücksclieiiflieii und sciljst die
vicierfahrene Pvtliia vor Entsetzen zu Boden slüizen, in die
Gestalt anfgelös't, bei welclier man ohne Anstofs verweilt *).
Mau darf aber nur deu Ausdruck beuierkeu , mit welchem
Orestes vom Drelfufse Apollo's woj>,- über die eine schlafende
Furie wea,schreitet , um sich zu überzeugen , dafs die Gewalt
dieser jetzt beruhigten Wesen unendlich furchtbar und grofs
gQ sein ntiisse. So ziemt es dem grofsen Künstler. Er zeigt
uns den Schrecken in der Wirkung. Die scheufsliche Schreck-
gestalt selbst würde nur ekelhaft oder lächerlich gewesen sein.
Welche Schule für unsere moderne Künstlerwell i — Eine
Yon den Furien hat statt der Fackel oder Schlange ein zwei-
schneidiges Schlachlbeil , worauf sie sich stützt. Diefs bestii-
li'>t die oben schon geänfserte Mulhmafsiing, dafs wahrschein-
lich nicht alle Furien selbst nach der ursprünglichen tragi-
schen Decoraliou des Aescbylns einerlei Werkzeuge (Stäbe)
in der Hand gehabt haben **). Auch pafst das Beil sehr
out zu einer Stelle des Aeschylus, ^\o ihnen der zürnende
Apollo ein echt scharfrichterliches Ausehen bcimifst ***).
^ Vergl. Heeren 's feine Bemerkungen in der angeführten Com-
mentation p. 32, und in der Bibliothek der A. L. u. K.
III, 27.
**") Auf altgriecbisclien oder davon copirten etrnrischcn Vasen finden
sich Furien mit Hämmern, Lanzen und anderen Marterinstrumen-
ten. S. Gori ad Museum Etruscum T. II. 190. Bonaro ta,
Explicat. ad Demstcr. Etrur. Reg. s. 26. p. 42.
»**) Eumenid. V. 180 — 184. „Ihr geliört niclit in die Tempel",
ruft Apollo den Furien zu, „sondern da ist euer Sitz, wo man
Köpfe abhaut und Augen aussticht, wo man Kehlen absclmeidet,
•wo man des Kindes im Mutterleibe nicht verschont und Knaben
entmannt, wo man Nasen und Olnen abhaut, steinigt und den
durcirs Rückgrat Gespiefsten Jammeryplieul ausprefst. Das sagt
euer Ansehen." Wenn man auch diese emj)örenden Beschul-
digungen zum Theil auf die langen Nägel der ünlioldinnen bezie-
Jien wollte, so würde doch das Ganze weit lebendiger hervortre-
ten wenn man zugleicli annälime, dafs einige aus dem Schwann
wirklicli Werlczeuge der Carailicin in den Händen getragen hät-
ten. Zum Beile würden gleich die Kitpavurri^js; htv.^i ini Anfange
gut passen. In der Hererzählung dieser Abscheuliclikeiten werden
auch <Txlpy««TOff äxo(p5o5.ai' genannt. Da hier lauter Strafen
vorkommen so möchte ich auch diefs lieber vom Aufsclilitzen des
schwangeren Leibes durch Mordinstrumente (.eventier) verstellen,
239
Das Bil«l der Jagerinneu, welches sich in den Co- 81.
Ihnnien dieses Reliefs so selir hervorhebt, wird in mehreren
Ahhihhinj^en auf allen Gefäfsen dadurch noch hestioiniler, dafs
die Furien auf ihnen sogar iu leicht aiifgeschürzteiu Gewände
erscheinen. So sind nun wahre JägferniJUlciien vom dorischen
Slamnie aus ihnen geworden, ganz in der Tracht, wie man
sie an der cretensischen Diana und ihreji Nvmphen, oder, was
nngefähr auf dasselbe hinauskommt, in Amazoucnkleidung' auf
allen Bildwerken so häufig wiederfindet (s. Yasongemiilde III,
16G.). Diese Vorstellnng- findet sich besonders auf mehreren
elrurischen Graburnen von gebrannter Erde, worauf sich be- 82
malte Figuren in erhobener Arbeit befinden. Eine der be-
liilmitestcn ist die, welche Bonarota in seinen Zusätzen zn
Demster's Etruiia Regalis ad fin. Tom. II. tab. LXXXVI.,
sogar mit genauer Bezeichnung der Farben durch Schril'f, hat
in Kupfer siechen lassen. Prof. Meyer hat in den Pro-
pyläen (I, SO.) eine lehrreiche Nachricht von ihr gegeben
und bemerkt, dafs der ganze Charakter des Werkes saninit
der ungemein einfachen und kunstgerechten Anordnung der
Figuren durchaus von ^^griechischer Abkunft zeuge. Wir er-
blicken hier das mörderische Gefecht des Eleodes und Poly-
nices. Während die Brüder sich einander durchstechen, steht
jedem eine Furie zur Seile , mit der rechten Hand auf den
Brudermörder zeigend, mit der linken eine Fackel hallend.
Alles ist nach dem hochgegiirteten Jägeranzug eingerichtet,
nur dafs freilich in einzelnen Pnncten das griecliische Kostüm
schon mehr in das etrnrischo liberzngehen scheint. W^enn die
Cothurnen hier nicht von vorn herauf geschnürt erscheinen,
so ist diefs eine blose Auslassung- ans Nachlässigkeit. IMerk-
würdig aber sind die gleichfalls znr Zierde dienenden Ueber-
schlägc Yon zottigen Thierfellen. Mau findet sie mit allerlei
als von abtreibenden Mitteln, wie man es gewöhnlich zu thun
pflegt. L'eberliaupt hat Aescliyhis hier absiclitUch lauter Ver-
stümmelungen unil Todesstrafen angefiilut , die sclion damals nur
bei Barbaren gewöhnlich waren (yXcZvn;, das Castriven, war ganz
eigentlich persisch asiatische Sitte, Herodot IIJ, 48., s. B rissen,
de Regn. Pers. 11. p. 233. f., so die anq^vta, d. h. das Abschnei-
den der Nase, Ohren, Lippen, Brüste, welclies die Griechen eigent-
lich Atu/3)j nannten, aber schon zu Homer's Zeiten, Odyss. 18, 85,
für barbarische Sitten hielten, vergl. Henelii otluin Vratislaviense
c. 17. p. 130. seq. und so auch das Pfuhlen, ävaffy.oXox/er/^ö?),
und auch dadurch den Abschen der Zuhörer vermehrt. In dem
auch in den Todesstrafen menscliÜcheren Athen galt damals sclion
nnr die Hinrichtung- dnrch den Schierlingsbecher.
240
mHlercii Zioiatheii iiiul Vorhräninnsren anf molircipn sp;Üoren
Diaiieiilülilein *). Das doitucligescliürzle Gewand **) ist der
83. doiisi'lH' lioibrock ohne Aerniel. Der obere Gtirtel, der un(er
den Biiisleii das Gewand zusamnienfafst , ist sehr breit und
daher siclilbar. Der weifse Leibrock selbst Jiat von unten
herauf einen violetten Streif nach etrnrischer Sitte ***). Die
Fbi_i;el der Furien haben eine kreuzweis laufende, zwischen
den Brüsten sich tibersclilagende Befeslii-uni^ von i^elben Bän-
dern, tlie man auf vielen alten Kunstwerken, besonders auf
Vasena,('niälden antrifft und deren Ursprung wahrscheinlich
vom Theater abzuleiten ist f). Das Merkwürdigste siud die
*) Man sehe zum Beispiel das Museum Pio-Clemen t, T. 11.
tav. XXXI.
**) Geniino vestis Gortynia cinctii nennt es Claudian, de R. Pr. II,
33. wo er die Kleidung der Diana besclireibt. Sclion Spanheim
zu Callim., H. in Dian. II. p, 171. f. hat darüber alles Nothige
gesammelt. Bonarota, der in seinen Explicat, ad Demsterum
p. 11. liier nnr ein snbligacuhim, einen .Schurz, erblickt und den
oberen Theil des Körpers ganz nackt läfst, hat sich vielleicht durch
die Falten oberlsalb des oberen Gurts irre maclien lassen.
***) Die griecliisclie Sitte liebte die gesclimackvollere Kante odn- Garnir-
ung rings um den Saum des Gewandes (Xsyvwrov beim Callima-
chus, linibiis). Die Etrurier zogen einen Pnrpurstreif in senk-
rechter Richtung (xafuCpv; , clavns) vor, und einen solchen ei-
blicken wir auch auf dieser gemalten Urne.
+) Da natialich auch anf den Theatern viele B eil ii gelungen vorka-
men die vorzüglich da, wo Figuren in der Luft scinvebend vor-
gestellt wurden, durch die Mascliinerie, die man alili^ai nannte
(PolUix IV, 131.), bewirkt werden konnten, so mufsten ilinen künst-
liche Flügel an die .Schultern angesetzt werdc-n. Man befestigte
diese (gerade wie jetzt noch bei Processionen in catliolischen Län-
dern) mit starken Bändern, die sich über der Brust überkreuzten.
Bei weiblichen Figuren bildeten diese Bänder eine Art von Brust-
band, stropliium, und dienten zugleich, da sie von Gold und in
allerlei Farben gestickt waren, zum Putz der Figur. Als die Per-
sonilicationen der NiV.>) oder Victoria bei Siegeseinzügen (isela-
stica) und Triumithen die geflügelten Siegesgöttinnen sehr häufig
machten, wunle dieses kreuzweis liegende Band stets an den Bil-
dern der iierabüicgenden .Siegesgöttinnen angebracht, wie wir diefs
noch auf vielen kleinen Bronzen, die sich erhalfen liaben , seilen.
An gröfseren Statuen, wo die Flügel weggebrochen sind, deuten
diese Bänder auf vormals vorhandene Flügel. Diefs ist z. B. der
Fall bei einer colossalen Victoria in Marmor, die sich unter den
zwölf grolien Antiken vor dem neuen Scidosse in Sanssouci bei
241
netzftlrnilgCTi rloletlen Acrmel , womit diese Furien hier aus- 84,
gesfhniiickt sind. Sie reiclien von der ScliiiUer, als wie weit
nur die Tiinica ging-, bis an die Handwurzel und scheinen
eine eigene tliea(ralisclie Decoralion gewesen zu sein *). Lebri-
gens ist weder in den jungfräulichen Gesichtern, noch iu dem
vollen Ilaarputz etwas Furienä'niliches zu finden. Diese Vor-
stellung kommt mit geringen Ahänderungen häufig auf alten
etrurischen Deukmälern vor und scheint also dort sehr ge-
wöhnlich gewesen zu sein **).
Ohne allen Zusatz der etrurischen Manier finden wir die 85.
Vorstellung des \'on den Furieu verfolgten Orestes auf einer
der schönsten Vasen der zweiten Haniilton'schen Sammlung
(Tischbein's Engravings T. lll. t. 32.). Zwei Furien
dringen rechts und links auf den Orestes ein, der sich- auf
einen Allar gefliichtet hat und das Schwert, aus der Scheide
gezückt, vorhält ***). Jede der Furien ängstet den Flüchtling
durch zwei grofse Schlangen mit Kämmen auf dem Kopie
(serpentes cristali), die, sich um die nackten Arme der Furien
io malerischen Windungen schlingend, sich vou da mit zischen-
den Köpfen gegen den Verbrecher erheben. Die Furien selbst
Potsdam befindet, welche leider dort noch immer jeder Witterung
preisgegeben sind.
•) Waluscheinlich aus den verlängernden Aerraeln ( y^siptbsg ) ent-
standen, wovon oben die Rede gewesen ist.
**) Nur mufs man nicht, wie Gori ad 3Iuseum Etruscam T. IL p.
191. gethan bat, fast alle getiügelte Figuren mit einem Hammer,
einer Lanze u. s. w. dahin reclmen. Meyer in den Propyläen I,
80. bemerkt, dafs sich allein in Florenz fünf Urnen mit derselben
Vorstellung, die aus Bonarota beschrieben worden ist, und eine
in der Malfeischen Sammlung in Verona belinde. Vorzüglich der
Aufmerksamkeit werth sind die Wandgemälde, die man bei der
Erötfniing einer Grabgrotte unweit Cornetum im Toskanischen
fand, und die Bonarota zu Demster tab. 88. abgebildet bat.
Hier sind die Furien (doch immer im aufgeschürzten, kurzen Ge-
wände) in der Unterwelt beschäftigt, einen aufgehangenen Verbre-
cher mit Fackeln und andern Werkzeugen der Folter zu quälen.
Eine Vorstellung, wodurch der Platonische Mythos im lOten Buch
der Republik und mehrere Stellen im 6ten Gesang der Aeneide
sehr gut erläutert werden,
•**) Nicht eben um sich damit gegen die Furien zu vertheidigen, son-
dern weil er mit einem gezückten, bluttriefenden Schwert (vjo-
c-ralt; ^i<i)o;, Eumemd. 42. und an mehreren Orten) als Mörder
auftretend vorgestellt wurde. Man vergleiche die dritte Kupfer-
tafel.
Böttiger'6 Kleine Schriftes I, 16
242
sintl im völligen Spriina: (S^o/u«Ssf, Enrip., Orost. 318., «Xs-
uEvoci ä-Ay.aSiv, Aescil. Eiim. 357.), und biMlüifoii also keinor
Fliiiit'j, die ilineii der Maler aiicli nicht gejxplien hat. Ui'hii-
86. gens sind sie als schöne, doch ernste Jnngfrauen ganz im
anfgeschürzlen Jägergewande mit geschniirleu Colhnrnen ge-
bildet. Das Graiisende, wodurch sich Jeder, der diese Ab-
bildnng erblickt , gleichsam dnrrhschanert fühlt , liogt in dem
Erschiilterndcn der Handlnng selbst. Das Entsetzen, da>? sich
im Gesichte und in der ganzen Stelinng des geqn.-illcn Verbre-
chers al)malt, ergreift auch uns mit unwidersfelilicher Gewalt,
— Auch in der früheren Ha n ra r vi 1 1 e 's c h e n Sammlnng
der canipanischen und altgricchischea Gel'äl'se , die jetzt im
britischen Mnscum aMfliewalirt werden, kunnnen zwei Vorstell-
ungen des von den Fnrieu umlagerten nnd geängsteten Ore-
stes vor. Beide sind dadnrcli merkwürdig, dafs anf ihnen die
Furien im älteren Kostüme , doch auch hier wieder in ver-
schiedener Abstufung erscheinen. Anf der einen, wahrschein-
lich älteren Vorstellung (T. ]l. tab. 41.) sitzt Orestes (wenn
es nicht , nach einer weiter oben geäufserten Mnthmafsnng,
der andere IMnltennörder der Tragödie Alcmäon ist) mit rück-
wärts gebundenen Händen anf einem Allare, den Kopf zwi-
schen den Knieen. Eine ganz schwarze Furie steigt
unter dem Altäre aus der Erde hervor. Sie ist geflügelt.
Eine Doppelscblange bildet das im Fnrienkostüme schon mehr-
mals bemerkte Diadem oder die Kopfbinde um die Haare,
woraus die beiden Schlangenkopfe , als w ären es die Enden
einer zusammcngebuudenen Schleife , drohend emporragen *).
*) Man ninfs hierbei nnr nicht vergessen, dafs es eine Mode der al-
ten Damen war, die Haare in eine Art von Schleife über der Stirn
zu knüpfen, so dafs zvs'ei Büschel emporragten. Caylus in sei-
nem Recueil hat viele Kopfe der Art. IVIan vergleiche die seltene
Münze von Metapont bei Eckliel, Nnnü Anecdoti Tab. III, 16.,
wo bei der Ceres cwrvjf /« zwei Kornähren gerade so aiif der Stirn
angebracht sind, wie man sonst die Haare trug. Darum bildete man
nun auch bei den Furien zwei so liervorstehende Schlangen. Meh-
rere Stellen alter Dichter, die diese Kopfschleife aus zwei Nat-
tern, die über der Stirn sicli heben, in so vielen Bildwerken vor
Augen hatten, werden dadurch erst ganz anscliaulich. Burmann
würde gewifs beim Virgil, Aeneis YII, 450., wo von der sicIi in
allen iliren Schrecken offenbarenden Alecto die Rede ist, g e m in o s
erexit crinibus angues — nicht gelidos — zu lesen vorgeschla-
gen haben, wenn er sich Jiieran erinnert liiitte. La Cerda hat
zu dieser .Stelle passende Naclialimungen aus dem Statius ange-
führt, z, B, X, Theb, 65,; Crinalem attollit longo stiidore cera-
243
Um ihre beiden Anne winden sich Schlangen *). Die am 87,
rechten Arme, der allein i>jniz zn sehen ist, — denn die Fi-
gur ist überhanpt nur zur iLillie siclilhar — sciiläiigclt sirh 88.
zischend empor zum Altäre. In diesem Gemälde hat der
Künstler die alle Tradition, dafs die Furie ganz schwarz er-
scheine, auch noch in der bildlichen Darstellung: beibehalten.
Auch die Gesichtszüge sind streng nnd drohend, doch aber
von aller Caricatur und Verzerrung weit enlfernt. Man durfte
behaupten , dafs diese Darstellung gerade innerhalb der Linie
stehe , liber welche hinaus die versläadige Knust sich nicht
mehv die Bildung der Furien erlauben dürfe. — Schon sehr
veredelt, aber noch nicht in der annuilhigcn Gestalt leichter
Jägcrnvmpheii erscheineu zwei Furien auf einer andern Vase,
gleichfalls bei Haucarville (T. II. tab, 30.). Der gc(piälte
Orestes, den gezücktc-ji Dolcli in dc'r Hund, knieel, vom Ent-
setzen gelähmt, auf eiuer Art umgestürzten, gleichsam mit Lo-
chern reiben w(m's durchbrochenen Gefäfses , in dem man bei
genauerer Betrachtung einen heifigeu Weihkessel (corlina) ent- 89.
stem. Denn man scheint die Art von Schlange, die die alte Her-
petologie Cerasten, Hornsch langen, nannte, eben darum dem
Kopfputze der Furien am angemessensten gefunden zu haben,
weil sclion ihr Name eine Aehnlichkeit mit der hier abz\ibilden-
den Sache hatte. Nun verstellt man auch den Vers Ovid's erst
ganz Metam. IV, 494.: Inda duos mediis abrumpit crinibus
angues.
Dafs die alten Künstler so gern die Schlangen um die Arme der
Furien wickeln, hat noch eine andere Ursache, die in einer Art
von Putz der alten Damen zu suchen ist. Bekanntlich liebten sie
die Armbänder ungemein, die sich in der Gestalt kleiner Schlan-
gen um den Oberarm (spintheres) oder um die Handwurzel (t-j-i-
y.öcoino; oCpiq) legten. S. Pollux V, 99. und das Fragment des
Nicostratus beim Clemens von Alexandrien, Paedag. II, 12. p. 209.
Sylb., wo der fromme Kirchenvater diese Sitte von der Schlange im
Paradiese ableitet. Winckelmann bemerkt diesen Schmuck an
den Armen der Bacchantinnen, Monument. Ined. p. 213, vergl.
Storia dell'Arti T. I. p. 436. ed. F e a , und es ist wahrscheinlich, dafs
von den Bacchantinnen , die mit wirkliclien Schlangen allerlei hei-
liges Gaukelspiel trieben, diese Mode überhaupt ihren Ursprung
genommen hat , wodurch auch das bekannte Mifsverstandnifs mit
dem Bilde der vorgeblichen Cleopatra veranlafst wurde, in der
neuere Alterthumsforschor den ProJ:otyp aller schlafenden Bacchan-
tinnen, die Ariadne, gesehen haben. S. Visconti zum Pio-Cle-
mentinum T. II. 44. p. 90., vergl. T. I. p. 17. Man sieht nun
von selbst, wie der Witz der Künstler damit spielte, dafs er die-
sen Schmuck bei den Furien sich so furchtbar bekben liefs.
16*
244
deckt, wie er auf dem Dreifufse des Apollo zu stehen pfleg-
te *). Von beiden Seiten stürmt eine Furie auf iliii ein. Es
sind schöne, schhinkc, jungfräuliche Figuren, ungefliigelt , in
der gewöhnlichen griecliischen Frauentraclit, eine Jjwig hentb-
gehende, mit einem zierlichen Sanm (wir würden es eine
Araheskenheselzuiig nennen) eingefafste Tunica ohne Aermel
lind über dem Oberleibe einen halben Mantel (bnrXcibiov, s.
Vasengemälde II, 89. ff.). Das, wodurch beide als Rache-
götlinnen charakterisirt werden, sind die Nattern, die, wie ein
Band das flatternde Haupthaar umschlingend, sich oben em-
porschlängeln, und die Fackeln. Um auch hierein eine ange-
nebme Abwechselung zu bringen, hat i\tv Künstler der einen
Furie nur eine einzige grofse Fackel, die sie mit beiden Hän-
den gegen den Orestes schwingt, der andern aber zwei
Fackeln, für jede Hand eine, gegeben. Auch hier ist übri-
gens das Schreckbafte nur in der Wirkung, die der Anblick
dieser hereinstürzi'uden Rächerinnen auf den Orestes und, von
ihm gleichsam zurückgespiegelt, auch auf den Beschauer thut.
Noch ist eine überaus merkwürdige Vasenabbildung, den
90. von den Furien verfolgten Orestes (irj/vjjXaTou/aavov, Plutarch
de Fluv. c. 23.) vorstellend, übrig, welche aus der vortreff-
lichen \asensammlung des vormaligen Grafen Parois der
Bürger Mi II in in Paris für eine Sammlung von alten Kunst-
werken, deren Herausgabe wir in Kurzem diesem verdicust-
vollen und rastlos thätigen Alterlhumsforscher zu danken ha-
ben werden, schon vor einiger Zeit in Kupfer stechen liefs.
Ich bin so glüoklich, von dieser noch nicht bekannt gemach-
ten Abbildung durch die Güte meines Freundes einen Abdruck
zu besitzen, und beziehe mich in Absicht auf den Gegenstand,
der uns da vorgestellt wird , auf das , was ich bei einer an-
dern Veranlassung über diese sehr merkwürdige Vasenzeich-
iiung erinnert habe (Vasengemälde II , 223. f.). Ohne mich
91. hier auf die Deutung des Ganzen einzulassen *'), worin ich
üeber die cortina, oX/^to; , hat Span heim schon Alles gesam-
melt. Oft bezeiclinet sie auch allein den lieiligen Dreifufs. Man
sehe die merkwürdige Münze der Mamertiner in Kckhel's Syl-
loge I. nnraorum anecdotonim tab. II. n. 11. Da hat die Cortina
noch einen eigenen netzlorniigen Ueberzug. Also werden auch
hier gewisse Zierathen niclit befremden.
Die Schwierigkeit in der Erklärung bleibt immer die, dafs die
doppelte Scene aus den Eumeniden des Aeschylus, die, wo sich Ore-
stes zum Dreifufs des Gottes zu Delphi gefiüclitet hat, und die,
wo ihm Minerva auf ihrer Burg in Athen beisteht, hier in eine
einzige zusammengeschmolzen erscheint. Darum ei'klärte ich schon
«onst dieses äufserst reiche und merkwürdige Vasengemälde für
245
meinem achdingSM ünligen Freund in Paris nicht gern vorgrei-
fen möchte, bemerke icli liier nur, dafs auch hier Orestes, der
sich anf eine koibartige Erhöhung oder Estrade unter dem
Delphischen Dreifufs gcfiiichfet hat, von zwei Furien angefal-
len und nnilagert wird. Die eine biegt sich über den Drei-
fufs, an dessen Gestell Orestes kniet, drohend herab und hat eine
Schlange in der Hand , während noch zwei andere ihr am
Halse anf beiden Schultern und eine dritte über der Stirn em-
porstreben. Diese ist aber nur mit dem oberen Theilc ihres
Körpers zur Hälfte zu sehen. Hinter dem Apollo, der schir- 92,
mend dazwischen tritt, steht eine zweite Furie im hochge-
schürzten, nur bis anf die Knie reichenden Gewände und mit
geschnürten Colhnrnen *), Sie ist geflügelt, und die Flügel
eine Scene aus einem verloren gegangenen, vielleicht gar extem-
porirten Stücke über diesen berühmten tragisclien Gegenstand. In
der 3Iitte kniet Orestes auf einer Art von Korb. Diefs erklärte
ich in den Vas engem aide n II, 223. so, als habe sich Orestes
darein verstecken wollen. Jetzt vergleiche ich diese Stellung mit
einer andern Vasenzeichnung in der Tis chbeinisclien Samm-
lung T. II. t 16., wo otfenbar auch Orestes unter dem Dreifufse
zu Delphi auf einer Art von Bett oder Estrade, die mit einem
Teppich behangen ist, sitzend den Ausspruch des daneben tliro-
iienden Apollo vernimmt So etwas müfste man sich also auch
hier bei dem korbälmlichen Behältnisse denken, in welchem Orestes
kniet. Dafs die Scene, die uns auf diesem Gemälde vorgehalten
wild, in Delphi spielt, ist aus dem Lorbeerbaume sichtbar, an
welchen sich Apollo, der neben Orestes steht, anleimt. Der
Lorbeer neben dem Dreifufse ist Jedem bekannt, wäre es auch nur
aus dem Anfange des Plutus des Aristophanes. Der Baum war
so buschig und blätterreicli, dafs sich selbst ein Hinterhalt dahin-
ter verstecken konnte. S. Musgrave zu Eurip. Andromache
1H8. Hier erscheint er sogar mit Votivtäfelchen und heiligen
Binden behangen. Man vergleiche die Tischbeinischen Va-
sen T. I. t. 42,, wo ein Centaur aus einer Bacchischen Proces-
sion, als 5£vSf5(f>c5io? (.s. Casaubonus, de poesi Satir. p. 54.
ed. Ramb. und Reinesius ad Inscript. I, 40. p. 75.) mit einem
Baume, an welchem Täfelchen und Xenien hängen, erscheint. Die
oben hervorguckenden Personen (dergleichen kamen mehrere auf
alten Gemälden vor, so Butes auf einem Gemälde des Micon, s.
Proverb. Graec. in Append. Vatic. I, 12. p. 260. ed. Schotti) halte
ich jetzt nicht mehr für blose Zuschauer, sondern auf der einen
Seite erblicke ich den Schatten der anklagenden Clytemnestra, auf
der andern den Pylades.
*) Nach dieser hat Prof. Meyer die Fuiie auf der zweiten Knpfer-
tafel gebildet.
246
sind t'lion so, wie ant' der gcmallcn Urne bei Denister, durch
ein kreiizweis zwisi'lieu doii Biüslen sich diirchsiliiH'idondes,
mit i^üldeiit'n ßiicl\eln reichhi'selztes Piirpiirband an die Stliul-
tern bcl'o.sli_u,t ])as 'iaiize Gewand, sowohl das obere, wel-
ches weilvoi-iichende Aeüuel hat, als das untere, ist mit schöii-
gesliciiteii Yerbrämiiiineii (!\1 äa n d er n, Yaseiigemähle 1, 86.)
eiii.ii,efafst und noch üljerdiels durch purpurne Streifen ((7>)/aaT«)
und gohlene rin,v,f'üniiiij;e Paih'den (y.*yj^fo/ , Saumaise zu
Script. H. A. T. if, p. 850. f.) köstlich aufgesehmückt.
Man sieht, dafs auch diese Fnrie von der Pracht der neueren
Ihealraliseheii Garderolie bei den Griechen, die durch solche
Prnnkgewänder vorzüglich glänzte (choragiiim) , ihren reich-
lichen Aniheil empfangen hat. Der Yerziernngskünstler , der
diese Fniicn auf dem Theater zu kosliiniiren halte, ging von
ganz anderen Grundsätzen ans als Aeschylns. Ihm war Schön-
heit und das, was drm Auge schmeichelt, der höchste Zweck.
Darum hat nun auch diese Fnrie ein sehr jugendliches, mun-
teres Ansehen. Nur der Drache, der in gewaltigen Windun-
gen sich erst um ihren Leib schlingt und von da, hinter dem
rechten Oberarme hervorsfeigend, sich bis über den Kopf der
Furie mit zähnefletschendem Ptachen erhebt, ist furchtbar. Nur
die Schlange, die ihr zum Haarbande dient, zischt.
93. Ich setze kein Wort weiter zu dieser Galerie alter Kunst-
A\erke. Fär den aufmerksamen Leser wiire jede weitere Nutz-
anwendung überflüssig. Lcssing's Ausspruch, dafs die alle
Kunst keine Furie (in der Aeschjleischen Schreckensgestalt)
gebildet, ist durch alles Vorhergehende vollkoninicn gerecht-
ferligt, und dadurch für die Knnslallegorie «ler Neueren ein
sehr beherzignngswertlies Beispiel anfgestelU. Auch dürfte, was
selbst die dichterische Licenz des Aeschylns anbelrilft,
das, was der Schöpfer des giiechischen Traueispiels in sei-
ner rohen Gröfse seinen Zeilgenossen bieten durfte, nie für
die spätere Tragödie Muster und Richtschnur werden. Das
neuere französische Trauerspiel hat, wo es denselben Stoff
zu behandeln sich erkühnte , über die Wulh und scheufsliche
Mifsgestalt der Furien Tiraden auf Tiradeii gdiäuft. Mit
tiefem Verstand und echtem Künstlersinn hat ein teulscher
Meister die Zuschauer diese Rachegötlinnen nur aus der
Ferne hören lassen und , indem er das Schauderhafteste a n-
deutct, uur das ., was innerhalb der Gräuzen des Gefal-
lens stehen kann, ausgesprochen.
Sie horchen auf, es scliant ilir li o h I e r Blick
Mit der Begier des Adh-rs um sicli her.
247
Sie rühren sicli in üiren schwarzen Höhlen,
Und aus den '\VinkeIn schleichen ihre Gefährten,
Der Zweifel iitid die Reue, leis' herbei.
Vor ilinen steigt ein Dampf vom Acheron ;
In seinen Wolkenkreisen wälzet sich
Die ewige Betrachtung des Gesclieirnen
Verwirrend um des Scliuld'gen Haupt umher.
Und sie, berechtigt zum Verderben, treten ^^,
Der gottbesüten Erde schönen Boden,
Von dem ein alter Fluch sie längst verbannte.
Den Flüchtigen verfolgt ihr schneller Fufs;
Sie geben nur, um neu zu schrecken, Rast. —
Sie dürfen niit den ehr'nen frechen Füfsen
Des heiligen AValdes Boden nicht betreten;
Docli liör' ich aus der Ferne liier und da
Ihr gräfsliches Gelächter. Wölfe Jiarren
So um den Baum, auf den ein Reisender
Sich rettete. Da draufsen ruhen sie
Gelagert; und verlass' ich diesen Hain,
Dann steigen sie, die Schlangenhäupter scliüttelnd,
Von allen Seiten Staub erregend, auf
Und treiben ihre Beute vor sich Iier *).
Göthe's Iphigenie III. Aufz. I. Auftr.
All diesem Muster des nenea Sophocles läfst sich die 95,
wahre Mäfsigii ug- des gebildeten Kunstsinns selbst im
Die gesperrten Stellen sind in dieser erhabenen Schilderung
die einzigen, zu welchen sich aus dem Aescliylus und Sophocles
nicht die Belege finden lassen dürften. In allem Uebrigen ist das
Erhabenste jener Dichter durch eine neue Stellung des neuen Dich-
ters wohlerworbenes Eigenthum geworden. Aber auch das,
wozu sicii die Parallelstellen nicht geradezu aufzählen lassen, ist fast
ganz im Geiste jener grofsen alten Meister gedacht und ausge-
sprochen. Man hat irgendwo das gräfsliche Gelächter, das
Orestes aus der Ferne schallen IiÖrt , als modern getadelt. Und
doch wiegt mir gerade dieses Bild allein so viel als der furciitbare
Fesselhymnus (^/xvo; hsafjitog) im Aescliylus. Der höhnende zun-
genausstreckende Gorgonenkopf pafst sehr gut zu jenem Spottgeläch-
ter. Allein das Scheufsliche jenes Anblicks wird fern vor unserem
Blick verhüllt gehalten, und auch die Wirkung spricht nur zu dem
minder ekeln Sinn, dem Geliör. Nur die Personilicationen Zwei-
fel und Reue gehören vielleicht melir in die Zeiten eines Lucan
und Seneca, so herrlich sie auch das Allegorische des ganzen
Erinnyienmy thos ausspi echen.
2AS
Unbesclnänktcn der Poesie erlernen, und daraus leicht der Schlura
machen , wie viel bescheidener und behutsamer der bildende
Künstler, der nur im Räume, nie in der Zeit schafft, hierbei
verfahren müsse. Endlos und ermüdend würde das Register
der Mifsgritfe werden, die in neueren Zeiten, wo jene Fabel-
weise der klassischen \orwelt nur noch zu allegorischem
Schattenspiele gemifsbraucht we^rden konnte, selbst geachtete
Meister in deu redenden und bildenden Künsten verschulde-
ten. Nur selten dürften die Beispiele sein, wo der Mjthos zu
einem so glücklichen und erhabenen Bilde gebraucht wurde,
als wir in Drvden's berühmtem Alexandersfeste finden, wo
er die erschlagenen Griechen in Furiengest.ilt die Mordfackel
zur Verbrennung von Pcrsepulis vorantrageu liifst:
96, Revenge, revenge, Timotheus cries,
See tlie fiiries arise,
See the snakes that they rear,
How they Lifs in tlieir hair,
And the sparkies that ilash in their eyes!
Beliold_a ghastly band,
Each a torch in liis band !
These are Grecian ghosts, that in battla were slain.
And iinburjM remain
Inglorious on tlie piain,
Give tlie vengeance due
To tlie valiant crew :
Behold Jiow they tofs their torches on high,
How they point to the Persian abodes !
Das heifst nach der Uebersetzung eines Ungenanuteu *):
Rache, Rache, ruft der Sänger,
Die Fnrien treten hervor;
Sieli, wie sträubt ilir Scldangenhaar
Zischend sich vom Haupt empor!
Schau', wie Funken ihrem Aug' entsprühen!
Schau' jener Todtenscliaar
Erhob'ne Fackeln glülien!
97. Der Griechen Geister, die, im Kampf erschlagen.
Auf weiter Haide lagen.
Unrühmlich, ohne Grabl
RacJie, Fürst, gewähre,
Deinem tapfern Heere,
Sie scliwingen die Fackeln, sie zielen herab
Auf prangender Perser Gebäude. —
*) Im n» teutschen Merkur Octobcr, 1800. S. 86.
U9
Weitere Ausführungen.
I.
Was helfsl iu den Scboliasteu: die Eumeniden erscheinen cwe^ihijfl
In dem alten griechischen Leben des Aeschylus, wie es vor 98«
Stanley's und Anderer Ausgaben steht, heifst es, er habe die Eume-
niden in zerstreuten Haufen aufgeführt, (rTopa5>jv. Der ge-
leJute Grammatiker, dem wir diese Nachricht verdanken, zeigt da-
durcli an, dafs die Furien hier nicht, wie in der Folge der tragi-
sche Chor allezeit, reihenweise oder rottenweise (mxTa art-yove
M«Ta ^vya, Pollux lY , 108.) in cadencirtem Tanzschritt aufgetre-
ten, sondern als liandelnde Personen von allen Seiten eingedrungen
seien. Beim Anfange des Stückes konnte dieser Fall nicht eintre-
ten; denn da schlafen die Furien im innern Heiligthunie des Delphi-
schen Gottes und werden — wir würden sagen, durch das Wegziehen 09
eines, das Innere verbergenden Teppichs, nach der alten Theater-
maschinerie aber durch die Exostra, s» zu Cicero, de provinc, con-
sular. c. 6., mit einer Operation, die man in der griechischen Thea-
tersprache iv.y.vy.\ilv nannte, s. zu Pollux IV, 128. und Küster zu
Aristopli. Thesmopli. 102. p. 217. *) — sclion als vorher anwesend
sichtbar. Bekanntlich hat aber das Trauerspiel, die Eucieniden, die
Eigenheit, dafs darin mit Aufopferung der Einheit des Ortes der
zweite, gröfsere Tlieil des Stückes von Delphi nach Athen verlegt
wird. (Die Saclie war überliaupt auf dem alten Theater nicht so
selten, als es die Franzosen uns sonst glauben machen wollten. S,
Harri' s Philological enquiries p. 218. Selbst in Sophocles Ajax
wird die Scene verändert. S. Brunck zu Soph. Aj. Flag. 814 ). Da
beide Scenen wenigstens darin übereinkommen, dafs sie im Innern
eines Tempels (in Athen im alten Tempel der Polias) vorgehen, so
konnte die Hauptdecoration bleiben, und nur die Bildsäulen wurden
verändert, die nun Orestes umklammerte. Dieser ist schon da, ab
die Furien ihm naclispürend erscheinen {Y, 238.) und hier, glaube ich,
dringen sie, in mehrere Rotten vertheilt, nicht eben gerade nur durch
eine und dieselbe Tlieaterthüre, wie der neueste englische Commenta-
tor des Aristoteles James Pye sich die Sache dachte, s, Commen-
tary illustrating the Poetic of Aristotle p. 360., sondern von melire-
ren Seiten durch alle drei Theaterthüren, wenn anders diese scJion
zu Aeschylus Zeiten stattfanden (woran ich docl» zweifeln mochte),
herein.
•) S, die neueste Prolusion: de deo ex machina p, S. 6.
250
II.
Politische Tendeuz der Eiiiueniden.
100. Rochefort's feine Bemerkung: la religion et la politique
laisait la base et Tdine de la composition d'Ksciiyle in den Me-
moires de l'Acad, d. Inscript. T. XXXIV. p, 20. leidet gewifs eine
eigenthümliche Anwendung auf die Kumeniden des Aeschylns.
Man niufs dabei von einem besonderen politisch -religiösen Ge-
siclitspunkte ausgehen. Gerade zu der Zeit, wo Aescliylus seine
Eumeniden zum ersten Male auffülirte, (Olymp. LXXX, 1. nach
der uiibezweifelten Verbesserung des S. Petit, Leg. Att. I, p.
67., vergl. Chronologia scenica Kuripidis in Beck's Ausgabe T.
III, p. 6.) untergrub Pericles die Gewalt des ehrwürdigen, die
Gränze der Solonischen Verfassung eifrig bewaciienden Areopa-
gus durch den auf seine Armutii stolzen Ephialtes. S. PlutarcJi
im Leben des Pericles c. 7. u. 9. und Diodor XI, 77. mit Wes-
seling's Anmerk. Durch die Schwächung dieses obersten Gerichts-
hofes und Sittengerichts, das Aescliylus mit bedeutendem Nachdruck
in diesejn Trauerspiele ^jv/aoi p^uj^cx? x«) tcAswv c-yjT-^f/cv nennt,
wurden die Wirkungen der ungezügelten Democratie immer ge_
fährlicher, wie sie auch Isocrates in seinem Areopagiticus mit leb-
haften Farben schildert. S. die CoUectaneen bei Meursius in
Areopag. c. 9. Thes Gronov. V, 2110., und die feinen Bemerk-
ungen bei Gilly, History of Greece T. II, p. 255. Basil. Un-
möglich kann man, wenn man die damals regen Gährnngen über
diese ftvo/xvj/xara des Pericles und Ephialtes,. wie sie Diodor nennt,
genau erwägt, sich bei Durchlesung der Kumeniden unseres Dich-
101« teis der Vermuthung entschlagen, dafs der Dicliter, der sich über-
all als einen Eiferer für's alte Herkommen zeigt, gerade damals jenes
Stück, das hauptsächlich die Gründung des Areopagus dramatisch
darstellt, mit einer jiolitischen Tendenz geschrieben habe. Wem
diefs noch zweifelliaft schiene, der dürfte nur die nachdrucksvoUe
Rede der IMinerva zu Einen der Bürger twv iJi.'i)\iy.(xrjowTw'j
viuovi; V. 680. il. mit Aufmerksamkeit durchlesen. Doch diefs
hat auch schon der jüngere Le Beau in seiner Abhandlung über
die griechischen Tragiker in den JVIemoires de TAcad, d. Inscript.
T. XXXIV. p. 434 — 439. mit vielem Scharfsinne gezeigt. Nun
liatten aber die Eumeniden gleiciisam die Garantie des Areopagus
übei'nommen, der au die Stelle dieser Kachegöttinuen trat und
über vergossenes Menschenblut erkannte. Sie hatten neben dem
Areopagus ihre lieilige Grotte und Kapelle, wohin sie am Ende des
Trauerspiels in einer feierlichen Procession gleichsam eingewiesen
werden. Was war natürlicher als der Schlufs: wehe dem Frev-
ler, der sich an dem Senat der luiligen Areopagiten vergreift. Ihn
verderben die Furien (^und sonderbar! Ephialtes wurde wirklich
eines Morgens todt in seinem Hause gefunden). Aesclijlus mufste
251
vorzüglkli auf den gemeinen Haufen zu wirken suchen, durch
dessen Kinilufs es dem Kpliialtes allein möglich Avar, die väter-
liche und berühmte Verfassung umzustürzen ^rä -rdrotix k«} irsoi-
ßövjra -jsfxtix« -AixraXvca;. Diod.}. Konnten nun für diesen die
Furien aucli nur schrecklich und gTausend genug dargestellt wer-
den ? — Uebrigens verdient mit dieser politischen und religiösen
Absiclit des Aeschvlus bei Verfassung der Kumeniden wohl zunächst
die Tendenz der Bacchantinnen des Euripides verglichen zu wer- 102,
den. S. Musgrave zu Euripides, Bacch. 201.
III.
Grundziige des Mjlhos von deu Eriiiuyieii.
Bei einer neulich aufgestellten Preisfrage über die Moralität
der griechischen Religion hätte vielleicht die Entwickelung des
deutungsvollen Furienmjthos der Trockenheit der Preisschriften
selir passend zu Hilfe kommen können, wozu Heyne selbst schon
den Wink gegeben hatte, Opusc. I, 214. Banier's bekannte
Compilation sur les Furies in den Memoires de l'Acad. des In-
script. T. V. p. 34 — 50. ist ohne alle Kritik und hat dem Gi-
raldi und Natal de Comte nur ein neues Kleid angezogen.
Neuerlich hat Bryant in seinen grundgelehrten Träumereien,
Analysis of ancient jnytliology T. II. p. 39. ff. auch die Furien aus
seinen stiafübenden Prytaneen zu erklären gewufst. — Schon Cle-
mens von Alexandrien bemerkt im Protrept. p. 16. B. Sylb. den
Ursprung dieser Dichtung im ersten und ältesten Gesetze der Hu-
manität, im "Wiedervergeltungsrechte. Ein Theil der Blutrache,
die auch bei den ältesten Griechen galt, wurde durcli diese Idee
von den Erinnyien aus der Hand des blutgierigen mensclilichen
Rächers in die Hände mächtiger Gottlieiten gelegt. Auch hier
rief das Blut des Erschlagenen wie im Orient. (S. Her der 's
Geist der ebi-, Poesie I, 247. f.). Aber die Rache bleibt den
Zürnenden, den Erinnyien, überlassen. Arcadien ist die Wiege die-
ses 3Iythos , so wie des ganzen blutigen Opferdienstes der Pelas-
ger. Die Zürnenden kommen von dem arcadischen Worte ^nt- 103.
vjsfy. Pausan. VIII , 25. p. 425, Daher loi'jvq ; denn diefs ist
die ältere Form, Brunck zu Aeschylus, Sept c. Theb. 490. Ur-
sprünglich rächen sie nur die zwei einzigen Verbreclien, die das
früheste Altertlium kannte, Meineid und Verwandtenmord,
noch an den lebenden Frevlern. Weiter konnte diese Vorstell-
img in jenen Zeiten, wo nur Familienmord ein Verbrechen, jeder
andere Todtschlag aber durcli Blutgeld zu lösen war, und wo noch
kein Glaube an eine Fortdauer nach dem Grabe stattfand , auch
nicht ausgedehnt werden. So finden wir nocli die Erinnyien beim
Homer und, was besonders deu Meineid af^I-ingt, in der äUesten
252
TagewäMerei beim Hesloflus , Vofs zum Virgil T. IH. p. 13t.
Sie erscheinen aber immer nur erst, wenn der Fluch ausgespro-
chen ist. Daher 'A^ «/ , 'AfaJ 5' iv olnoig -ySJf vxa] KiKA>)/x«5ar,
Aeschylus, Eum. 414. (doch unterscheidet Sophocles in der Kle-
ctra 110. f. die «o« und die Erinnyien, weil die Verliuchung vor-
ausgeht, vergl. Orpheus, Argon, 1361. 62.). Diefs sind die Divae
ültrices der römischen Dichter. Sie hetzen die Verbi'echer wie
Jägerinnen, xax.^ Kuvjjylrif, Aeschyl., Eum. 225, oder auch als Hun-
de. Diese letzte Benennung wird ihnen schon in den Tragikern
häufig wegen der Verfolgung ihres AViides gegeben. S. die Stel-
len bei Ruhnkenius in Ep. Ciit. L. p. 94. ed. 2. So erklärt
auch Hesychius T, IL c. 392., 2C. -uv« unter Anderm durch 'Epiv-
vuv. Etwas verscliieden davon ist der Gebrauch , wo die Furien
als Dienerinnen des Pluto und der Hecate oder gar am Thro-
ne Jupiters sitzend, Virgil XII, Aen. 849. nvvt; genannt wer-
den. S. d'Amaud, de diis iroLoth^oi; c. 28. p. 196. Nun
t04. bekommt aber das am früliesten polizirte Athen zuerst förm-
liche Blutrichter duich die Stiftung des uralten Areoi)agus. Die
blosen Blutsiihnungen gelten nicht mehr, und die Zürnenden
werden im schönen attisclien Euphemismus die Versühnten,
£-j /ix I v< 5 H j, C^ie Benennung entstand gewifs zu Athen. S. die
Scholien zu Oedip. Colon. 42. und Meziriak, Epitres d'Ovide
T. II. p. 206.) Der auf dem Areopag gerichtete Orestes wui'de
nun das Symbol dieser Stiftung, durch Iiundert Fabeln und Lo-
calsagen (^auch in vielen Gegenden im Peloponnes , wo es uralte
Erinnyien- Haine gab,) aufgeputzt und durch Tragödien und Kunst-
werke immer herrlicher gesclimlickt. Nun wandern die Elirwiirdi-
gen durch die Höhle am Areopag a;^ rov; s-^s^Ss na\ närw y^Bo-
ygj TÖirouj, Eumenid. 1010. Denn unterdessen ist der Tartarus
und das Reich des Hades ausgebildet worden. Sclion in der
späteren Odyssee wohnen die Erinnyien bei der Proserpina am
Saume der Westwelt. Hier vollstreckten sie nun die Strafen im
Tartarus, und als das Höllentribunal des Minos völlig eingerichtet
worden war, dienten sie hier als Büttel und Henkerinnen. Nur wenn
Jemanden Wahnsinn oder blutige Mordgedanken eingeflöfst werden
Bollen, kommen sie, besonders gerufen, noch auf die Oberwelt.
So ersclieinen sie im späteren ÜMytlienkreise der römisclien Dicliter
vom Virgil an. Dramatisclie Vorstellungen in den Eleiisinischen Ge-
heimnissen und die darauf gegründeten Pythagoräisch-Platonisclien
Visionen (am ausführlichsten im Axiochus unter den Dialogen des
Aeschines und im Cataplus des Lucian) streuten den Keim zu
Allem, was Horaz unter den Fabulae manes begreift und Aristo-
teles rk £v a.hc\j nennt. S. Twining, Notes p. 401. Nebenbei
105« bleibt doch auch noch der alte Begriff : die Furien sind Rächerin-
nen der Blutschuld, in so fern stehen , als die Mörder dort unten
noch besonders von ihnen gezüchtigt werden, rio/vv) (schon von
253
Camerar zu Sophociis Electra 211, richtig als (Jjoi'to) von (fjjJvof,
Blut, abgeleitet) bedeutete eigentlich das Lösegeld für die Blut-
schuld, so wie poena der Lateiner. S. Burmann zu Ovid's
Trist. II, 507. Man fing bald an, es auch von der, die Blutschuld
eintreibenden Erinnj's zu gebrauchen, iroiv^r/j 'Eotwu; in Anti-
pater's aus Sidon Epigramm, Analect. T. 11, p. 27. LXXVIII. Die
spätere Vorstellungsart, die allo Furien nur in den Tartarus oder
an seine Scliwelle bannte, unterschied nun selbst auch im Sprach-
gebrauche 'Eoivvusf und IToiv-xr, <lie sich min wie Gattung und
Art verhalten, so, dafs erstere von allen Rachegöttinnen, diese
nur von den strafenden Bluträcherinnen gebraucht werden Da-
her setzen auch die Alten Erinnyien und Pönen oft neben einan-
der, wobei sie sich doch immer einen Unterschied denken mufs-
ten, S. Hemsterhuys zu Lucian, Necyom. c. 9. T. I, p. 469.,
und was Markland mit grofser Belesenheit anführt in der Epist.
Crit. p. 125. Freilich wird dieser Unterschied nicht stets, beson-
ders von den lateinischen Dichtern im Gebrauche ilirer Poenae be-
obachtet; dafs £oivvj; das allgemeine Wort sei, beweis't selbst der
Umstand, dafs alle Ausbrüclie und Strafen wiithender Leidenschaft
schon früh dadurch angedeutet wurden. Schon Sophocies brauclit
es blos in dieser oft bildlichen Bezeichnung, z. B. Oedip. Colon,
1299. ü. Trachin. 895. So in einem Orakel beim Lucian in Pere-
grin. c. 30. T. III. p. 352. Siv.^- 'Efiwvjf. Ja selbst von jeder
rächenden Strafe. S. Valois zu Euseb., Hist. Eccles. III, 6. 46.
— Auch die strafende Gerechtigkeit, die Ai'k>j, wird nur als ver-
folgende Furie vorgestellt, der kein Frevler , welcher Art er auch lö6t
sei, entgeht. S. die Stellen bei Mit seh er lieh zum Horaz T.
II. p 31. und diese Dike wird wieder mit der Göttin Adrastea
oder der Nemesis verwecliselt, Athen blieb indefs der eigentliche
Hauptsitz der Verelirung der Eumeniden, die man im gemeinen
Sprachgebrauch zu Athen blos durch die Umschreibung a-suvcx)
Si»i Cs. Pausan. I, 28. p. 101. u. Valois zum Harpociation p 330.)
ehrerbietig bezeichnete, wie aus den griechischen Rednern und Ko-
mikern bekannt ist, Sie hatten zwei Kapellen , die eine mit dem
berühmten Haine zu Kolonos , die aus dem Trauerspiele des .So-
phocies bekannt ist, die andere mit der Grotte, die nach dem ge-
meinen Aberglauben in die Unterwelt führen sollte, auf dem Areo-
pagus. S. Meursius, Areopag. c. 5. p. 2075. Thes. Gronov. In
der letzteren war ein Asjl für Sclaven und Bedrängte, wie aus
den scherzhaften Anspielungen des Aristophanes, Equit. 1312. Thes-
moph. 231. erhellet. Ueberliaupt spielten sie in der gottesdienst-
lichen Liturgie der Athener eine anseiinliche Rolle, wo sie neben
dem Zeus Soter und dem Apollo genannt wurden. Ihnen opferten
angehende Jünglinge und der Bräutigam. Alle feierlicJien Schwüre
und Verwünschungen sprachen den Namen der Ehrwürdigen ans.
Siehe die merkwürdige Rede des ungereclit verurtheilten Diome-
2S4
don bei Dioclor XIII, 101. p. 626. Daher galt Atlien in «1er alten
Welt als eine Scluitzstadt tler Knmeniden, und der Miitteniiörder
Nero wagt es niclit, nach Athen zu kommen hia tov ttsq] 'ErwwJww
Xöycv, D i o d. LXIII, 14. p. 1037. mit Fahricins Annierk.
IV.
G 0 r g 0 11 e u ni a s k 0 11.
107. Der Gorgonenkopf kommt sclion im Homer liünfig als ein
Bild des Schreckens und Grausens vor. Kinmal steht die yooytiyj
v.i(f)cx\v) auf dem Schreckensschilde der Minerva Jl. 5 , 741. In der
Odyssee ist sie im Reiche des Hades, und Ulysses fiijichtet, Pro-
serpina möchte ihm dieses Sclireckbild zuscliickcn, Odyss. 11, G32.
Man sielit aus den alten Scliolien zur Ilias S. 148. Villois,, dafs
schon Aristoteles diesen sclieinbaren Widerspruch dadurch zu lie-
hen suchte, dafs er beliauptete, der Gorgonenkopl' sei gleichsaui
nur virtualiter, nur der Bedeutung und schreckeneirrfliif^enden
Kraft nach auf dem Sciiilde der Minerva gewesen. Allein wenn
er in der Odyssee in der fabelhaften Westwelt als ein Eigen-
thum der dort thronenden Persephone erscheint, so ist diefs
ein Wink, um zu zeigen, wo eigentlich dieser Kopf zu Hause
war, und wolier ihn selbst die libysclie Minerva bekam, Icli
werde bei einer andern Gelegenheit zeigen, welche Allegorie
nnter der Perseustödterin (irif(7«(pcv>)'i und dem Perseus, der die
Medusa köpft, verborgen liege. Die Münzen von Sinope, Ama-
stris, Sebaste und anderen Coloniestädten am Pontns und in Phry-
gien sind hier die einzigen richtigen Wegweiser. Denn es ist
nicht leicht, eine P''abel im Alterthume anzutreffen, die auf so ganz
verschiedenem Locale beruht und durch so ungleichartige Zusätze
entstellt worden ist, als das Abenteuer des Perseus mit den Gor-
gonen und dem Medusenkopfe. Perseus selbst kommt nur einmal
im Homer vor in einem Cyclus thessalischer, bÖotischer und tlie-
108. banisclier Fabeln, der in lonien nie einlieimisch war. II. 14, 320.
Merkwürdig ist das alte Scholion zur Odyss. 11, 633., das, wie
Hemsterhuys bt-inerkt, .auch Hesycliius excerpirt hat s.v. Too-
yw T. I. c. 843., worin ausdrücklich bemerkt wird : ri ts^»/ Atx-
vivfv acc] TOV Tls^ffia na] rag Fcfi'yova? ' 0/a>)f o; cjk oths. Der As-
kräische Hesiodns hat, wie die Alten ausdrücklich bemerken, diese
Fabel ausgeschmückt. Den von den Gorgonen verfolgten Perseus
linden wir noch im Scut. Herc. 288. Eine ganze andere Wend-
ung gab man der Fabel zu Athen, wo die Gorgonen, aus dem
Blute der Giganten entsprossen , in der Gigautomachie selbst von
der Minerva erlegt worden sein sollten. S Enripides, Ion. 989. ff.
Hierher gehört nur so viel: Wir wissen aus dem Herodot, dafs
nicht blos das Scalpiren der ersddagenen Feinde (s. IV, 63. mit
255
Wesseling's Anm.}, somlern auch das Abschneiden der Köpfe
und Ansliängen als Tiiinni)Iizeichen (^IV, 26. Straho VIT, p. 460/)
bei vielen barbarischen Völkern ([unter andern ancli bei den Gal-
liern, Diodor V, 29. c. not. Wesseling. Livins 23, 24.) so gewolin-
lich gewesen ist als vor Kurzem noch bei maiiclien Stämmen der
nordamerikanischen Wilden, Um den Feinden Sciirecken einzu-
liöfsen , heftete man den Kopf des Erscldagenen (oder auch nur
seinen Scjiln) auf den Brustharnisch oder den Schild. Es ist selir
wahrscheinlich, dafs ein griecliischer Abenteurer aus Westen diese
Sitte mitgebraclit und der lihysclien oder tritonischen ]\nnerva zu-
geeignet iiabe. Später bildete man den Kopf in Metall auf Schil-
den und Brnstharnischen nach. So schon auf dem Schilde des
Aga?nemnon beim Homer Jl. 2, 36. und so auf dem Schilde
der Minerva auf der Aci'opolis noch lange vor dem berühmten
Bilde des Pliidias S. Plutarch, Themistocl. c. 10. T. I. p. 289. 109
Hutt., eine merkwürdige Stelle, woraus man zugleich sieJit, dafs
dieses Ornament vom Scliilde weggenommen werden konnte. Man
erinnere sich nur an die berülnnte Gorgo des Kiseufressers Lama-
chus im Aristophanes, Achar. 5G7. ff., vergl. Lysistrat. 560, und
auf so vielen alten Denkmälern (z. B. auf dem berülmiten Cameo
des Aulus im iMuseo Florent. T. II. tab. 2., in den Tischbei-
nischen Vasen T. 11. t. 8."), woraus man sieht, dafs diese Sitte
keinesweges blos auf die Armatur der Minerva eingeschränkt ge-
wesen ist. Vergl. Eckhel, Choix des pierres gravees du Cabi-
net Imperial p. 62, Man mufs hierbei nur einen ünterscliied zwi-
schen den Schilden maclien, wo der Kopf nur in der Mitte steht,
und denen, wo die ganze Peripherie des Schildes ein grofser Gor-
gonenkopf en relief ist, wie man sie z. B. auf Münzen der .Ma-
mertiner (s. Magnan, Miscellan. Numismat. T. IV. t. 37, VII,)
und auf vielen geschnittenen Steinen findet. Die letztern liiefsen
eigentlich yc;^yivsiix. Von den Schilden wanderte dieser Gorgo-
nenkopf als eine schreckende IMaske auch auf viele andere Denk-
mäler und Verzierungen des Alterthumes. Togyüov ist seine äl-
tere Benennung, Pollux X, 167., yo^yovslov die spätere. S. Hesy-
chius und Suidas s v. mit Valckenaer's Anmerkung zu des
Euripides Phönissen ad scholia p. 664. Nun ist aber der Umstand
noch bemerkenswert]], dafs die uralten Gorgonenköpfe stets mit ge-
dunsenem, breitgedrückten Gesichte und mit herausgestieckter Zunge
gebildet werden. Was das breitgedrückte Gesicht anlangt, so sollte
diefs eigentlich wohl nur das Aufschwellen der Wangen bei jedem
Lachen (s. Camper's Vorlesung über den Ausdruck
der Leidenschaften durch die Gesichtszüge, Berlin 110.
1793. S. 16.) ausdrücken. Je plumper das Lachen ist, desto brei-
ter erscheint ein rundes Gesicht. Man vergleiche z. B. nur in
Wood ward's Excentric Excursions (London 1798) das Titel-
knpfer, welches die Untersclirift ; Contrasted Sketches 6f Miith and
2^
Ennn!, wo die lachende Fig:nr eine wahre Gorgone Ist. Häfsliche«
8pottgeIächter ist also der Cliarakter der ältesten Gorgonenkopfe.
Und daliin führt auch die heransgfstreckte Zunge. Man hndet
ihrer noch bei alten .Schriftstellern Erwähnung getiian. So kennt
sie Phurnutus, de nat. deor. c. 20. p. 186. ed Gale auf der
Brust der Minerva, jt£(J)aX>) av «'jtJj ro^-yovo? sct) v.arä /xeirov t^;
seiner Art zu allegorisiren auf die Rede deutet. Diese älteste
Form erscheint auch noch auf mehreren Reliefs ih der Aegide der
Minerva, s. Visconti, Mus. Pio-Clement. T. I. p. 12. und in
anderen Denkmälern Cz. B. auf der prächtigen Patera in Tisch-
bein's Vasen T. III. n 60.), wo man sonst wold gar ein eige-
nes Symbol der Wahrheit zu entdecken glaubte. S. Gemme di
Leonardo Agostini T. I. f. 36, p. 33. und die Erklärungen zu
Ficoroni's Masken. — Man mufs bei diesen häfsliclien , zungen-
ausstreckenden yuoo/awXunsi'oif (so hiefsen dergleiclien Masken im
Altertliume) nur immer denken', dafs man hier die älteste , ur-
sprüngliche Form des Gorgonenkopfs vor sich habe. Daher auch
diese Maske auf den ältesten Münzen von Poplonia in Etrurien,
von Abydus, Neapolis und Parion stets mit herausgestreckter Zunge
gebildet ist. S. Eckhel, Num. Vet. Anecd. T. I. p. 12. Hier
bezeichnet es eigentlich wohl immer Spott gegen die Feinde, den
111. man mit dem Herausstrecken der Zunge oft anzeigt. S. Vasen-
erklärungen I, 130. If. In der Folge mag die herausgestreckte
Zunge, so wie die ganze häfsliche Maske (der bis zum Ideal ver-
schönerte Medusenkopf gehört ganz und gar nicht liierher) auch
oft als Amulet oder Abtreibungsmittel gegen Neid und schädliche
Zauber gedient haben. S. meine Abhandlung über die Masken
im n. t. Merkur 1795. März S. 348. und Bonaro tti, Osserv,
s. alcuni medaglioni p. XIV. Und so erkläre ich mir auch die
bronzene Gorgone auf dem Kopfe des Deicliselnagels flffTwo) des
im Pio- Clementinum aufbewahrten alten Wagens, von dem Vis-
conti im Pio-Clement. T. V. auf der zweiten Hilfstafel
n. 7, die genaue Abbildung gegeben liat. Auch er ist in der ur-
alten, breitgedrückten häfslichen Form mit der herausgesti-eckten
Zunge. Man weifs, dafs bei dem Wettrennen der Alten mancher-
lei Aberglauben von Bezauberung stattfand. Der Besitzer jenes
Wagens wollte also die häfsliche Maske als Amulet da ange-
bracht wissen, wo überhaupt auch die verschönerten Medusen-
kÖpfe als Zierath oft voikomjnen, (^Man vergleiche die Abbild-
ung eines eliernen Nagels bei Bonarotti, Osservazioni sopra
alcuni medaglioni p. 62.). Hierlier gehören ohne Zweifel auch
einige ähnliche Masken bei Ficoroni, de larvis et mascheris tab.
24. 25. Auch in den Kinderstuben spielt die häfsliche Medusen-
maske ilire Rolle (s. die Münze in Neumann's Num. Pop. T.
I. tab. V, 1.}, wo sie aber bekannter unter der Benennujig Mof/zti
2,37
war, (las alsdann auch als Ausruf des Schreckens überhaupt galt.
S, Va Icke na er zu Theokrit, Ädoniaz. 346 — 48. Ruhnkeniiis
zu Timaei Gloss. p. 181. ed. 2. drückt sich nicht genau genug 112.
aus, wenn er sagt, dafs das von yuso/aoi abgeleitete, vielleicht von
Plato zuerst in Umlauf gesetzte iJt.o(>fj.skvnihv eigentlich von
allen tragischen und komischen Masken gesagt werde, die als Po-
panze gebraucht wurden. Eigentlich bezeichnen alle diese Worter
nur die Gorgonenmaske. Auch die Lamia, die gleichfalls zu die-
sen Kinderscheuchen gehörte, (s. Casaub. zu Strabo I, p. 36.)
ist nichts Anderes als die Medusa. Man darf nur die Erzählung
von der libyschen Lamia beim Diodor XX, 42. p. 435, mit W es-
se 1. Anmerkung vergleichen. Bei den Processionen der Römer
wurde (wahrscheinlicli auch um der Bezauberung willen) diese
Gorgonenmaske, die man da manducus nannte, mit herumgetragen.
Festus s. V. beschreibt sie sehr charakteristisch : magnis maus, late
delüscens, ingentem dentibus sonitum edens.
V.
Die Furien mit vorbäiigenden Ziingeu,
Nur aus dieser Gorgonenbildung läfst es sich erklären, dafs
Aeschylus in mehreren Stellen die p]umeniden gerade so schildert,
wie sich in jenen dunkeln Zeiten des Aberglaubens unsere Vor-
fahren die YampjTn oder blutsangenden Gespenster dachten, wel-
clien die neuere Naturgeschichte ihren Platz nur noch unter den
Fledermäusen angewiesen liat. In der Stelle, wo Apollo die ün-
lioldinnen mit Schimpf und Drohungen aus seinem Tempel treibt
(V. 175. ff.), warnt er sie vor der gellügelten, weirsen Schlange
(dem Pfeil von seinem Bogen), damit du dich nicht, sagt er, ge- 113,
troffen von ihr
des schwarzen Menschenschaums vor Schmerz entladest,
Blutklumpen speiend, die du in dich sogst,
Gleich darauf sagt ihr Apollo, zu ihrer Wohnung schicke sich nur
die Höhle des blutsaugenden Löwen, As'svTsf avr^/sv a'ifj.ixto'^i>c,^o-j
V. 187. Noch grausender drückt sich der Furienchor selbst darüber
aus (V. 255.;), wo er zum Orestes spricht: Dafür (^nämlich, dafs
du der Mutter Blut verspritztest)
schlürF ich die rothe geronnene Suppe
dir noch beim Leben aus jeglichem Glied,
IqvBqhv gjt fxiktwv iTiXftvsv.
Nun, wenn sie sich so voll gesogen hatten, quoll ihnen auch die
rothe Suppe tropfenweise wieder zum Halae heraus. Daher hei-
liütligei;'» kleine Scluitieu 1. 17
258
fsen sie sich selbst ein blu ttrüiifendes, hassens wiir iliges
Gesclilecht, aiixctrocrays; i^ii/xtcov iOvo;, V. 354. "VVemi sie
zürnen (V. 470.),
träuft Gift zur ew'gen Senclie auf den Boden, — lo;
irsSw TScruiv, i(pi^rcg «/av/j; vsffof.
114. Vergl. V. 715. und das ist eben der c-raX^y/uos x-'**" «'J'°P°f»
der Tropfen, der, wie eine böse Flechte, woliin er fällt, giftig
wuchernd, der Erde jeden Keim der Fruchtbarkeit raubt V. 771.
ff. — Ich weifs freilicli, dafs man diefs Alles auch nur bild-
lich von der blutdürstigen Kaclisucht dieser Plagegöttinnen (die
im Entzücken ausrufen: mir lächelt des IMen schenbl u ts
süfser Duft, V. 247.) verstehen, dafs man jene giftigen Tro-
pfen insbesondere auch vom giftigen Geifer der Nattern an den
Haaren ([s. Eurip Ion. 1003. 1015.) auslegen kann. Jeder un-
befangene Leser wird mir indessen gern einräumen , dafs dieses
Alles durcli die hervorgestreckte Zunge nach der Art der alten
Gorgonenmasken noch weit sinnlicher ausgedrückt gewesen sei.
Dem Rasenden tritt der blutige Schaum vor den ]\Iund, äippaSv);
iriXetvoi, Eurip. Orest. 220. Diesen leckt hündisch die Furie, die
eben dämm beim Lycophron 669. yu<?oTäp5*vof xuwv genannt wird.
VI.
Harpylcu - Bildung.
Hütten wir die satirischen Stücke des Aescliylus und Soplio-
cles unter dem Titel Pliineus nocli, wovon uns jetzt kaum noch
eine dunkle Kunde übrig geblieben ist, so würden wir über die
Bildung derHarpyien, wie sieAeschylus seine Pytliia erblicken lassen
konnte, weniger zweifelliaft sein. Das durch die Ilarpyien gestörte
Gastmahl des Pliineus und ihre Flucht durch die Boreaden Zetlies
115. und Kaiais war ein oft gewählter Gegenstand im ältesten Kunst-
cyclus, der überhaupt alles Gewaltsame und Wunderbare liebte.
Er ersclieint auf den zwei ältesten Denkmälern, dem Kasten des
Cypselus beim Pausanias V, 16 p. 78. und am Throne des Amy-
cläns IFI, 18. p. 413., vergl. Heyne, antifj. Auf. I, 54. Das
Bild, welclies Aeschylus liier vor Augen hatte , gehörte gewifs zu
den ältesten Vorstellungen überhaupt, und darauf erscliienen die
Harpyien, wie unsere Stelle beweis't, als häfsliclie Ungeheuer.
Sollte diefs nicht gegen Vofs beweisen, der, wie überall, so
auch hier die schöne Jungfrauengestalt die ältere, die thierische
Verunstaltung aber die spätere Fonn sein läfst, mythologische
Briefe I. Br. 31. 32. 33. Gewifs verwandelten sie sich nicht erst
aus schönen weiblichen Gestalten in Stuten, wenn sie aus dem
BeiscLlafc mit Winden llügelschnelle Rosse erzeugten. Der Fall
259
mit der Demeter geliört in die mystischen Transsnbstantiationen
und ist niclit ganz gleich, und wenn Ilesiodiis die Harpyien ijüxö-
fg.ovf nennt, so schliefst diefs die liäfsliche Zwittergestalt von un-
ten nicht ans. Diese war walirsclieinlich früJier schlangenartig
(wie bei Töclitern des Typhon, 'l'yphonides, s. zu Valer, Flaccus
IV, 428.), gleich der des Boreas auf dem Kasten des Cypselus, Pau-
san. V, 19. p. 82. o-jqoi] c^s'wv avt/ xsSüiv s/Viv a-jr^. Denn die
ganze auch dort abgebildete Entführung der Oritliyia durch den
thrazischen Boreas ist nur eine bestimmtere Ausführung der
allgemeineren Redensart in der Odyssee: ''ApTum/'av,;osi'\|/avro,
die Harpyien fülirten sie davon. Da diese Vorstellungsart nach
und nach nur den Giganten eigen blieb, und man die Hände der
Harpyien in Krallen umwandelte, so bildelte man sie lieber von un-
ten vogelartig und, um ihren Hunger und ihre iinersättliclie Frefs-
gierde anzuzeigen, eingescJirumpft, mager. Eine eclite Harpyie 116,
nach der ältesten Form glaube ich auf dem alten ehernen Wagen
zu erblicken, der im Pio- Clementinischen Museum aufbewahrt
wird und von Visconti T. V. tab. B. n. 4. abgebildet worden ist.
Visconti bemerkt S. 85, dafs sie eigentlich mit einem Schlan-
genscliwanze gebildet gewesen sei. Die Hände sind krallenartig
gespreizt und sehr langüngerig. Man mufs damit die Verzierung
an einem alten Griffe einer bronzenen Vase bei Caylus, Recueil
d'Antiquites T. V. t. 47., 5. vergleichen, worin auch Caylus S.
121. eine Harpyie erblickt, und einen andern Griff einer Patera
bei "Winckelmann, flionnment. Ined. n. 156. Es war fein von
den alten Künstlern, die zugreifende Harpyie gerade an den Grif-
fen alter Sclialen abzubilden. Das Ungeheuer hat aufser den
menschlichen Händen noch zwei Krallen. — Da man schon nach
der Homerischen Vorstellung Menschen, die durch einen scimellen
Tod dem Kreise der Ihrigen entrückt wurden , als von den Har-
jjyien entführt vorstellte, so zweifele ich nicht, dafs auf alten Va-
sengemälden, von denen docli mehrere auch auf den Tod geliebter
Personen eine unmittelbare Beziehung liaben, auch das Harpyien-
bild vorgekommen sein mag. Unbezweifelt scheint mir diese Vor-
stellung auf einer Vase in der Tischbeinischen Sammlung
T, III. t. 59., wo die mit ausgebreiteten Flügeln daherrauschende
Vogeliigur einen jungfräulichen Kopf und Hände hat. Eine Sirene
oder Keledon kann es nicht sein. Denn dann müfste nocli ein
bezeichnendes Attribut , ein Instrument oder etwas dergleiclien in
ihren Händen sich belinden. Z weife Uiafter ist die Figur bei Cay-
lus, Recueil d'Antiquites T. II, t. 34., 2. Denn da diese den
Hals auf den Rücken gewendet trägt, so könnte sie auch für eine 117,
Keledon gehalten werden. Bei immer fortschreitender Verfeiner-
ung der Kunst wurde natürlicli aucli die häfsliche Harpyiengestalt
immer gefälliger und wahrscheinlich horte die Kunst damit auf,
wobei sie Vofs anfangen läfst. Zur Erläuterung dient eine der
17*
260
schönsten Vasenal)hit(lnng:pn , Jie aus tleni Altertluinie lihi ig- ge-
blieben sind , in der Tjschbeini seil en Sannnlnng T. 1. n.
'26. Ein Adler entlüliit ein scJiönes Mädchen in die Lüfte, das
eben noch mit dem Balle gespielt hat. Italinski will darin die
Entfiihrnng der Aegina erblicken, die Jupiter in der Gestalt des
Adlers geraubt haben soll. Allein dafs es diefs nicht sein kann,
beweis't der darüber geschriebene Name Tlialia. An dem Halse
der Vase sind zwei kleinere Vorstellungen, der Portraitkoj)!' eines
jungen Frauenzimmers und eine sogenannte Sireneniigur mit Vo-
gelkörper von unten, von oben jungfrauenhaft, eine Binde und
eine Cymbel in den Händen. Mir scheint die ganze Vasenvor-
Btellung auf ein frühverstorbenes Mädciien, deren Portrait man oben
erblickt, gemalt zu sein. Das, was man für eine Sirene hält, ist
eine verschönerte Harpyie. Das Mädchen, so würde ich den Sinn
dieser Allegorie aussprechen, hat die Harpyie geholt. Doch diese
Harpyie war Jupiters Adler selbst. Denn Jupiter hat sie zu sei-
ner Geliebten erkoren. Vergl. Job. Chr. Wernsdorf's Rap-
tus Aurorae explicatus in Stosch, Museum Criticum Vol. I, p.
291. ff. und Morus, de interpret. allegoriarum in Opusc. p. 370.
ff. — Uebrigens hat der vor Kurzem in Rom verstorbene Künst-
ler Karstens in seinen Argonauti oder dem Bildercyclus, worin er
die verschiedenen Abenteuer des Argonautenzuges der Reilie nach
118. in 30 Blättern darzustellen gesucht liat, auf der 9ten Tafel uns aucli
die Harpyien gezeigt. An langen Krallen fehlt es den Unholden
dort nicht. Aber ihre übrige Gestaltung ist doch sehr modern
und erinnert an die gewöhnlichen Vorstellungen von höllischen
Geistern zu Dante oder Milton.
VII.
Versenkungen des alten Theaters.
Die Furien konnten entweder nur aus Versenkungen, wie wir
es bei unseren Theatern zu nennen pflegen, von unten herauf stei-
gen, oder als Jägerinnen, die ihr Wild schnellen Laufs verfolgten,
nur durch einen Eingang von der Seite hereinkommen. Im letz-
teren Falle waren ihnen die Flügel unnütz, im ersteren sogar liin-
derlich. Unterirdisclie Wesen kamen nach der alten Theaterma-
schinerie entweder durch eine verborgene Treppe auf's Pro-
Bcenium, oder sie wurden durch Druckwerke von unten herauf-
geboben. Beide Maschinerieen lernen wir aus dem Pollu.v. Die
unterirdische Treppe, sagt er IV, 132., hiefs ^a^w-^siot (so mufs
statt ^at^Mviot gelesen werden) ^Xi/xaKSf (Charons tr eppen),
durch welche man die Gespenster aus der Unterwelt (J6ujXa) em-
porsteigen liefs. Man darf sich dabei nur daran erinnern, dafs bei den
Alten alle ErdfSlle und Höhlen, die unsere gemein« Sprache Ten-
261
ieläliölileii zu nennen pflegt (Spiracula Ditis), ■^a^Jiivtix (Cliarons-
llüfte) hiefsen, S. Diog. Laert. VFI, 123., yf^a^wvnx ßt^sSqx, t»a-
Jen, de iis. part. VIT, 8. T. IV, \>. 458. Basil. Vergl. die An-
inerknng des Casaubonus zum Strabo V, p 374., 5. und Ni- 119«
colaus Loensis, Epipliji. 1I[, 5. Lanip. Gnit. T. V, p. 346. ff. Das
Wort ut aiicli von den lateinisclien Scliriftstellerti häufiger gebranclit
worden. Im Gellius XVII, 7. in einem Fragmente des Laberius
stellt in der letzten Ausgabe von Conradi noch immer Catoniuni,
wo es Cliaronium heifsen sollte. Die Stelle mufs so gelesen werden :
— bona fide
ToUat vos Orcus nudas in Charonium.
Cliaron galt ^iberhaupt in der Sprache der Grieclien fiir den, der
die jVIenschen hin ab zöge. Dalier der komisclie Ausdruck im Lu-
cian von einem Alten, der Geschwüre an den Füfsen hat, ^äqwv
jxi ilav.iv , Demon. 45. T. 11, p. 390., wo Dusoul ohne Grund
Ksf^sooj zu lesen vorschlug, (vergl. zu Aristoph., Plut. 278.) und
so müssen nun auch die Charonstiegen im Theater erklärt wer-
den , durch welche z. B. der Schatten des Polydor in Euripides
Hecuba, des Darius in den Persern und der Clytemnestra in un-
seren Eumeniden heraufgestiegen sein mag. Das Druckwerk
heifst beim Pollux ävaxi'str/xa IV, 132. nach der von Kühn aus den
Handscliriften hergestellten Lesart. Es wird dort bemerkt, dafs
es ein zwiefaches ivoneUffix» auf dem alten Theater gegeben habe.
Das eine auf der eigentlichen Scene , wenn ein Flufsgott erschei-
nen sollte oder eine andere dergleichen Person (z. B. der Meer-
gott Proteus oderNereus oder die Flu fs- Nymphen u. s. w.). Das
zweite war vorn , wo man vom Proscenium herab zu den Zu-
schauern stieg , und auf diesem , setzt Pollux ausdrücklich hinzu, 120.
stiegen die Erinnyien empor, i^' iJv a-Aßaivov al 'EfjwJs?. Ich
übersetze Druckwerke, was H. Buttmann zu Rohde's Vi-
truv. Tli. I. S. 284. durcli Hebemaschinen ausgedrückt hat,
weil mir jenes die Ableitung des Wortes von <iv«T/s^£iv , ävaSki-
ßtiv. in die Höhe drücken, noch bestimmter auszudrücken scheint.
vm.
Anuiitlen des Gesichtes iu de» frühesten Zeiten der
Scbauspicikanst.
Freilich war Aeschylus nach der bekannten Stelle des Horaz
(A. P. 277.): personae repertor honestae, der Erfinder der tragi-
schen Charaktermaske. Man mufs sich aber nicht vorstellen, dafs
nicht auch er nocli oft zu dem roheren Kunstgriffe, seinen Acteurs
und Choristen das Gesicht nur mit Farben zu malen, seine Zu-
flucht genommen habe; nur dafs er auch hier vielleicht allerlei
«weckmäCsige Abänderungen und Verfeinerungen anbrachte und
'i62
nach nnd nach statt Jor Haut selbst nur den IJeberziij; der Maske
bemalte. So verstelle ich wenigstens die Stelle beim Snidas s. v.
A/<r^vXof, wo unter Anderm von seinen TJieatererfindungen ge-
riilimt wird: ir^wro^ 8vfs ■n-^o^MTilot Se(v« Y.tyj^trui-jcx syn-j tcJj
rnoiyiY.oüq. Vielleicht meinte Suidas oder der alte Biograpli, den
S. exceri>irte, gerade die Masken in den Enmeniden, die gewifs
fiirchterlicli und scliwarz angemalt waren. Denn dafs die Masken
121. mit allerlei Farben gemalt und angepinselt wurden, leidet keinen
Zweifel. So verwecliselt Lucian, Tim. 28. T. I. p. 141. xp»?«-
irilo'j und tTt'i-ycinrc-j i-j/j.c^jii)!a\i. ISacli der ältesten Sitte bei den
rohen Spielen an den Weinlesefesten malten sich bekanntlich die
Tänzer mit Weinhefen oder rothem Trebermost das Gesiclit, per-
iincti faecibus ora, Horaz, A. P. 277. oder mit Mennige, minio
sulfnsus rubenti, Tibull. TT, 1.55., wobei walirscheinlicli die Ueber-
malung der alten Götterbilder mit Mennige (Plin. XXXHl. 7.)
nachgeahmt wurde. S. die Stellen ans dem Tansanias und andern
Schriftstellern bei Vofs znni Virgil T. IL p. 514. Wegen der
Bemalnng mit Rlost hiefsen ursprünglich alle Acteurs Touvwäoi',
Mostsänger. S. zu Hesychius T. II. c. 1428, 24. Natürlich blieb,
als sich nun Trauerspiel, Lustspiel und Satyrliandlung immer mehr
von einander zu scheiden anfingen, das Bemalen am längsten bei
der ComÖdie. Daher Aristophanes rovyi-ihovi; nnd die damit ver-
wandten Wörter mehrmals von der Comödie braucht, (einmal doch
auch mit einer verächtlichen Nebenbedeutung von Euripides, Acharn.
399., aber blos im Sclierz, wie Bentley, Dissert. ad Phalarid.
Ep. p. 318. richtig bemerkt Iiat, wefswegen auch Brunck die
alte Lesart nicht hätte verändern sollen). Diefs ist aus Bent-
ley's Streitsclirift gegen Doyle jetzt allgemein bekannt. Natür-
lich blieb man aber bei diesem Kotlianmalen in der Folge nicht
stehen, Dafs sich die komischen Acteurs zuweilen auch grüne
Gesichter malten, sagen die'Scholien zu Aristophanes's Rittern 519.:
iXQ^ovro TiZ ßarqayiji (eine grüne Saftfarbe von der Pflanze ßa..
rqäyiov nach dem Hesychius s, v» ßarqtxy^l;^ vergl. Olear. zum
Philostratus p. 73.) ra. vqoi;iuvx xfjv 4Tr(vov)5^vai Kai t« xpojw-
122. xj7ar. Wollte man recht furchtbar erscheinen, so scliwärzte man
sich mit Rufs. Daher JNIercur , wenn er in den Kinderstuben des
Olymps die yucj/^iu macht, c-rolivi nExqhl'^^'-""; «'^;; , ^es bran-
digen Rufs es gebrauchend, beim Callimachus, H. in Dian.,
69. vorgestellt wird. Das Berufsen wurde in der Folge ein Fast-
nachtsspiel in den alten Saturnalien , s. Lucian , Saturn, c. 2. T,
III, p. 386., so wie das Besclimieren mit Most zu einem kurzwei-
ligen Spiel, TpvYo5i'(f)>)5-K, Pollux IX,124. Anlafsgab, wobei Jemand
aus einem Topfe mit Most etwas mit den Lippen lieraussuclien
mufste. — Merkwürdig ist die Sitte, dafs die Bacchantinnen an
den trieterischen Orgien sich das Gesicht mit Gy|)s weifs tünch-
ten, /JiiffTiit yuV';' j ^^^^ Nonnus in den Dionysiacis einigemal
20i
erwähnt. S. Mnsgrave zh Euripides, Baccli. 457. Kinstbesalb>
te Diana sich nnd ihre Nymphen das Gosiclit mit Koth , um den
Narlistellungcn des Fhifsgottes Alplieus zu entgehen. Pausan. Vf,
22. p. 217. Ancli diefs gab wahrsclieinlicli zu einer religiösen
31nnnnerei Anlafs. Man sielit, wie vielfältig dieses Bemalen des
Gesichts in alten Gebräuchen und Keligionshandlungen vorkommen
mufste.
IX.
Der arcadisclie Soniicnliiif.
Vieles hierher Gehörige giebt sclion Cup er ad Apotlieosin 123.
Homeri p. 154. f. Noch lieifsiger liat Valckenaer zu Theo-
krit's Adoniaz. 343 — 46. Alles zusammengestellt, sich aber doch
nicht auf den Hut unseres Menippns besonnen Auch lassen sich
die verschiedenen Gattungen dieser Sonnenhiite vielleicht nocli ge-
nauer bestimmen, da sie vermuthlich sehr von einander abwichen.
Der gewöimliclie tliessalische und macedonische Sonnenhut (kstoc-
cog mit dem thessalisclien, y.av7tct mit dem macedonisciien Namen,
vergl. .lacobs zu den Analecten, Animadv. Vol. II. P. 1. 294.)
hatte allerdings einen breiten Rand (^X/ojTSf>)f nv^yj heifst er in
Sopliocles, Oed. Col. 335.), aber dieser Rand war nur einfach.
Hingegen die arcadischen (und der Hut des Menippus heilst
•jTjXcf 'Afv.aSiKc?) oder peloponnesischen Sonnenhiite Jiatten am
Saume des breiten Randes noch einen neuen Umschlag, der herab-
liing und einen senkrecht stehenden äufseren Rand bildete, derglei-
clien Strohhüte in manclien Provinzen Teutsclilands die Weiber noch
jetzt tragen. In einem satirischen Drama des Sopliocles, Inaclius,
erschien die Iris in einem solchen arcadischen Schirmhut (kdv>)).
Der Chor, der sie angellogen kommen sah, rief aus: -y^i^^J
Ti'; rjhi; nvy.Xcn; 'AfKaör/t^; xuv^f C"ach Toup's treffender Ver-
besserung in der Kpist. Grit. p. 42. Lips.), d. h, was ist das für
ein Weib ? man sieht nichts als den Umkreis eines arcadischen
Hutes an ihr. Diefs Alles wissen wir aus den Scholien des Aristo-
phanes, Aves 1203., wo Aristophanes, den Sopliocles parodirend, 124.
seine Iris auch in einem solchen Hute angeflogen kommen läfst.
Nun heifst aber xuitXä?, auch bei den Römern Cyclas, ein runder
Weiberrock (eigentlich nur die rundherumgehende steife Falbel,
s. die Citate von Burmann zu Properz S. 836.). Der äufsere
Rand hatte also noch eine herabhängende Rlinfassung, und auf
dieser, die um den Rand herum einen Gürtel bildete, hatte Me-
nippus den Zodiacus abbilden lassen. Ich vermutlie, dafs diefs
nicht eigentlich gewebt, sondern in buntem Stroli oder Binsen ein-
geüochten gewesen sei. Denn um der Leiclitigkeit und Wohlfeil-
lieit willen trug man diese Hüie nicht blos aus Filz (diefs war
2()4
(las ffewolinlicliste Alateiial), sondern aiicli aus Halmen inul Binsen
geflüclitin. Die laconisrlien Weiber nannten einen solclien Hut
^aki'cK (laconiscli statt SoXia") , und diefs erklärt Hesycliiiis s. v.
irksy/xcc y.akäSM o/jicicv. Diese Korbclien waren liäiiiig auch aus
bunten Binsen oder Weiden geflocliten und hatten allerlei Ärabes-
kenzierathen. S. Vas enge mal de, III, 43.
X.
Stalisle« in der alten Tragödie.
Man weifs, welclien ungeheueren Aufwand, welche Vorbereit-
ungen in der Musik- und Tanzschule, welche Summen zu Gast-
mählern selbst nach der Vorstellung, die Choragie oder die
Ehre, im Namen seiner Zunft einen tragischen Ciior aufzustellen,
in Athen kostete. Für Spiel viel zu viel, sagte jener Spartaner
125, in einer merkwürdigen Stelle beim Plutarch, Sympos. VH, 7. p.
322, Hutt. S. W^olf's Proleg. zur Leptinea des Demosthenes p.
CXIX, und die ProUision : Quatuor aetates rei scenicae apud ve-
teres p. 11, Natiirlicli suchte man also auch hier Ersparnisse zu
machen, wo sich's mit Anstand thun liefs. Dahin gehörte, dafs
einige unter den Clioristen , etwa die hintersten. Mos die Zahl
lullten und übrigens ganz stumm waren , wälirend die andern san-
gen. Menander hat davon ein selir artiges Gleichnifs (^Menandri
Reliquiae p. 221. Cler.)
— wcirt^ rZv j^oftuv
O'J ifävTeg ahovff , akX a(pwvoi hvo t/vsj
TSäl; rov ttf(5/aöv.
Die letzten W^orte erklären das bekannte Horazische Ep. I, 2.:
Nos numerus sumus et fruges consumere nati, wo ich am liebsten
an solche stumme Statisten, die sich von den Choragen nur füttern
liefsen, denken möchte, — Wahrsciieinlicli stellte man da , wo es
die Umstände erlaubten, statt der lebendigen Statisten nur ange-
zogene Puppen liin, woraus man wohl auch den Ausdruck y.wtpsw
irpöfwirov für eine jede stumme .Statistenrolle erklären mufs, mit
Rücksicht auf die Bedeutung des Wortes Kw$)5f für hohlköpfig,
dumm. S. Valckenaer ad Ammon. II, 14. p. 136. Im Trauer-
spiele hiefs ein solcher Statist ooouCpep>)/aa , weil man sie ara
meisten zu Trabanten der Tyrannen brauclite. S, zu Hesy-
chius T. I. c. 1025, 9. Diefs liifst sich fast mit Gewifsheit aus
einer bis jetzt fast ganz übersehenen Stelle im Nö/u»; des Hippo-
krates p, 3. ed. Mackii p. 2. 5. Foes. darthun. Schlechte Aerz-
126. te, die nur den Namen der Kunst führen, ohne die Kenntnisse zu
besitzen, t|xo(cr«Toi' elai rolvi xaosijayo/xivoiffj ir^vojwirojyj ev ''"j;"
265
WTOV vrrcv.f /rov sj^ovc« , ctx E<(r< S'j uTOMf/T«*, — so gäbe es
auch viele Aerzte, dem Namen nacli, aber der Tliat nach sehr
wenige. Hieraus erJiellt deutlich, dafs man zuweilen grofse Pu[»-
pen, Gliedermänner (Mannequins) ganz wie Schauspieler herausge-
putzt und zur Parade Iiingestellt hat. Daher vergleiclit Luciaii
Toxar. c. 9. T. 11, p. 516. die Freunde, die in der Noth nicht
aushalten, mit solchen. Parademasken, kw^oT? irfsjoiTSj? ioiv.iTsj «
ityf^^fxivix T9 CTOfiOi xai nsj^jjvcr« ■Ka/jtfxsysSsi ovhs to ff/xinpsToc*
Tcv (J)Ssyy£T«<. Eben darauf beziehe ich auch den Vers des Ari-
ßtophanes. Ran. 944. Tpccj^vj/x« ryji Tfaywöi'otf, -y^u'^ovraj oChi
rovTt. Vielleicht hicfsen diese geputzten Puppen eigentlich xpo-
«'X*)/^"'* » welches später von Allem gesagt wurde, was nur auf
Prunk berechnet ist. S. Wesseling zu Diodor T. I, p. 119., 83.
und zum Herodot p. 384. 87., ingleichen die Erklärung zum Tho-
mas Magister S. 758.
Erklärung der Kupfcrtafeln.
Nicht Weiber, nein, Gorgonen nenn' ich sie! so 127.
ruft die geängstete Pythia zu Anfang der Eumeniden des Aeschy-
lus, als sie die Furien zuerst im inneren Heiligthume des Tempels
erblickt liatte. Von der Gorgonengestalt ging also der tragische
Dichter bei der Bildung seiner Furien zuerst aus. Und so ist
aucli der sogenannte Medusenkopf gleichsam der Keim oder Proto-
typ, aus weichem wenigstens die Gesichtsmaske in jener thea-
tralischen Furiengestaltung abgeleitet und dargestellt werden mufs.
Wie nun der Medusenkopf von der sclieufslichsten Mifsgestalt, die
ihm aus der ursprüngliclien Gorgonenfabel anklebte, durch den
Beitritt der verständigen Kunst, die in der Scliönheit und Mäfsig-
Bng üir Grundgesetz erkennt, nach und nach zu jener ernsten,
doch rülirenden Scliönheit entwickelt und gleichsam emporgeläu- 128.
tert wurde, die wir auf einigen noch vorhandenen Marmorn und
geschnittenen Steinen erblicken und zu bewundern nie satt wer-
den können; so finden wir auch die ganze Furientigur, so roh
und zurückschreckend sie auch aus den Händen des Aeschylus,
des Vaters aller tiagischen Schrecknisse, hervorgegangen war, nacli
und nacli bei zunehmender Bildung und Verfeinerung des Kunst-
geschmacks jener zurückschreckenden Häfslichkeit entbunden, und
erst auf den Theatern selbst, wo sie noch immer in den Trauer-
spielen auftrat, ohne allen Zusatz der früheren Häfsliclikeit, präch-
tig ausgeschmückt, dann auch von bildenden Künstlern bis zur
wahren Schönh«it erhöht und nur durch gewisse leisere Andeut-
ungen noch furchtbar.
Es sclüen daher zwectmäfsig, gleich auf der Titelvignet-
266
te *) tue Gescliiclite der jMediisenniaske sinnlich darzustellen und
dazu drei Abbildungen nacli den verschiedenen Behandhinj^en die-
ses Gorgonenkopfes in der Antike auszuwählen. Die erste und
kleinste Figiir ist die getreue Nachbildung einer Münze von der
alten Stadt Popluna in Etrurien, auf deren Veranlassung Eck hei
(^in seinen nuinis anecdotis p. 12.) über diese uralte Vorstvllung
der Gorgonenmaske ausführlicher gehandelt hat. Die griechischen
Städte Neapolis, Abydos, Pariiim u. s. w. liefern uns bei l'elle-
rin, Sestini u. a. **) dieselbe häfsliche Gorgonengestalt , und
129. mag auch die Veranlassung, wodurch jene Städte zur Wahl dieses
Schreckenbildes bewogen wurden, gewesen sein, welclie sie wol-
le, so ist so viel deutlicli, dafs wir in ilira die älteste Gor-
gonenmaske erblicken. Der grinzende Spott mit der herausge-
etreckten Zunge, das aufgedunsene, breitgequetschte Gesicht, die
borstigaufsträubenden, oben emporgeschlängelten Haare erinnern
lebhaft an die fürchterlichen Masken , die neuere Weltumsegler
selbst auf den friedlichen Südseeinseln gleiclifalls als Entzau-
berungsmittel an den Küsten und neben den Morais aufge-
stellt fanden. Diese, wie jene, liatten wohl ihren Ursprung
in den aufgehangenen Köpfen erschlagener Feinde. Gerade in
solcher Gestalt erscheinen auci» die Gorgonen selbst in dem von
mir in der Abhandlung (S. 198.) angeführten Vasengemälde bei
Hancarville, jenem merkwürdigen Polychrom, worauf das ganze
Abenteuer des Perseus mit der Äledusa abgebildet ist. — Die
zweite Figur dieser Münze gegenüber stellt uns einen Medusen-
kopf aus Glasmasse vor, der als eine Ziinmerverzierung irgendwo
130, eingesetzt gewesen ist ***). Hier ist an keine verzerrte Fratze
mehr zu denken. Denn wie könnte diese im edeln, reinen Ge-
schmacke des Alterthums zur schmückenden Zierath dienen ? Aber
ein Hauptcharakter, das Breitgedrückte, Gedunsene, ist doch geblie-
ben, und eben dadurch steht diese Figur zwischen der ursprüng-
*) Hier Tafel III.
**) Am deutlichsten auf den schönen Pariser Münzpasten der Mio-
net'sehen Sammlung n. 447. auf einer Münze von Neapolis und
n. 829- von Parium in Mjsien,
***) Caylus, aus dessen Recueil d'Antiquites T. III, pl. 81. das Bild
genommen ist , bekam das Original aus Rom zugesciiickt. Die
Figur ist in Relief wahrscheinlich mit dem Rädclien (touret) nach
der Stei sei neiderweise gearbeitet. Denn man bediente sicli des
dick gegossenen Glases in grofsen Massen zur Verzierung der
Zimmerwände , wie wir uns der Glasspiegel und Trumeaus be-
dienen, und man gravirte Reliefs in die breiten Glastafeln. S.
Caylus in den Memoires de l'Acad. des B. Lettr. T. XXIII, p,
362. If.
2C7
liehen Ilär:$liclikeit des eigentlichen Gorgonenkopfes und dem voll-
endeten Ideal des schönen Mediisenliauptes mitten inne. Als Mn~
steiform des letzteren ist hier die IVIaske gewählt worden, welche
f^icli auf dem prächtig gearbeiteten Bnistharnisch einer berühmten
Büste des Kaisers Adrian im capitolinisclien Museum beiindet.
Alan hätte eben so gut die beriilimte Rondinisclie 3Iedu.-a aus
Guattani wählen können *j Allein Prof. Meyer liatte die
Güte, dem Zeichner und Kupferstecher Müller einen treiniclien
Abgufs in Stuclv von der Maske auf dem BrustJiarnisch mitzutheilen,
und da sie meines Wissens einzeln noch gar niclit abgebildet, son-
dern nur mit der ganzen Büste von Bottari im capitolinisclien
Museum eben nicht zu iiirem Vortheile vorgestellt worden ist **),
so glaubte ich, dafs den Liebliabern gerade diese Abbildung um
der Neuheit willen hier die willkommenste sein würde. Freilicli
mufste auch durch die verständigste Copie im ilachen Kupferstich
unsägiicli viel von der Schönlieit des Originals verloren gehen.
Doch wird aucli nocli in diesem Schatten von einem Scliatten der
aufmerksamere BcM)bachter die sicliere Andeutung jener ernsten 131.
Sciiönheit nicht verkennen, die den eigenthümlichen Charakter des
hohen und grofsen Styls der griechischen Kunst ausmacht und
selbst sclion bei den späteren Grieclien und Römern dem herr-
sclienden Bestreben nacli Zierlichkeit und Grazie fast ganz auf-
geopfert wurde. Man darf annehmen , dafs auf einer der vollen-
detsten Büsten aus dem Zeitalter Adrian's , des gesclimackvollsten
alter römischen Imperatoren, gerade in diesem Ornament des
Brustharnisches den Bildhauern ein Muster des alten hohen Styls
vorschwebte, und dafs wir es also mit einem Kunstwerke zu thun
haben, dessen Grundzüge einer weit früheren Epoche der Kunst
zugehören. Hier ist keine Spur mehr von der breiten ünförm-
lichkeit des früheren Medusenkopfes. Nur die melancholische
Trauer, die uns auch aus den berühmten Profilen der Stroz-
zi sehen und Otto bonischen Medusa ***) so rührend anspricht
*) In dessen Monumenti antichi inediti per I'anno 1788. Aprile tab.
II. sie abgebildet steht. Guattani spriclit p. XXXV, mit grofser
Begeisterung davon.
»*) Im Museum Capitolinum T. II, tav. 33.
***) Beide konnten hier darum nicht gewählt werden, weil es um eine
Vorstellung im vollen Gesicht zu tliun war. Man sollte die
Strozzische Medusa im Cabinet zu Florenz (Gori, Mus. Florent.
T. II, tab. 7.) nach ihrem Meister die Solonische, und die Ot-
tobonisclie, die nun im Besitze des Lords Carlisle in England ist,
die Sosicleische nennen, wie diefs schon Stosch in seinen Pierres
gravees pl. 63. 65. gethan hat. Beide sind als Musterformen für
zwei zahlreiche Familien geschnittener Steine, deren Verzeichnifs
268
132 lind beim längeren Anscliaiien in jene siifse Scliwcrinutli versenkt,
in welcher wir wirklicli etwas von der liinstarrenden l*>ntseeliing;
enii>(inden, die einst die Medusa iil)er alle ihre Bescliaiier ausge-
gossen haben soll, ist auch dieser .Maske ganz unverkennbar ein-
gedrückt. Wie viel liefs sich niclit über diese lieblich erhabene
Kunstdichtung, über dieses Zauberliaupt der Medusa, auch zur Be-
lelirung und Belierzigung der neuen Künstler, die eher in umge-
kehrter Ordnung das Ilolie und Scliöne zum lächerlichen oder
ärgerlichen Zerrbilde herabzuziehen beinülit sind, jetzt noch an-
führen *), wenn diefs die schicklicliste Gelegenlieit dazu wäre.
Hier kann ich nur noch die Nachricht mittheilen, die ich der Güte
meines Freundes, des Prof. Meyer über die drei vorzüglichsten
Marmorbilder dieser Gattung in Rom verdanke.
„Medusenköpfe, in Marmor gearbeitet, sind mir in Rom drei
als vorzügliche Werke der alten Kunst bekannt geworden. Der
erste ziert den Brustharnisch einer aufserordentlich schönen Büste
des Adrian im capitolinischen Museum, man bemerkt nichts
.Scheufsliches oder Erschreckendes darin, und der Künstler, dem
Gesetze der Schönheit treu, glaubte oiine Zweifel, dadurch , dafs
er seine Medusa als Maske dargestellt, schon hinlänglich für die
Bedeutung gethan zu haben. Die berühmte Rondininische Me-
dusa ist ebenfalls in Form einer Maske gebildet über LebensgrÖfse
133. und ungemein üeifsig ausgeführt. Die Formen sind von einem
grofsen Charakter und im Ausdrucke liegt etwas Wildes und
Schreckliches; der geöffnete Mund läfst die Zähne sehen, um zu
hauchen. Die Medusa im Palast Lanti unterscheidet sich von der
capitolinischen und der im Palast Rondinini dadurcli, dafs sie kei-
ne Maske, sondern ein ganzes Haupt ist und geschlossene Augen
hat. Ein wunderbar gemischtes Ideal von Anmuth und Schreck-
nifs, von lieblicher Form und wildem Cliarakter. Die garstige
moderne Nase und der übel restanrirte Mund schwächen die gute
Wirkung, welche das Werk ursprünglicli hervorgebracht haben mufs."
Auf der ersten colorirten Kupfertafel **) ist ein Yersuch
gemacht worden, die Figur der Furien, wie sie Aeschjlus wirk-
lich in seinen Eumeniden aufs Theater gebracht hat , bildlich
darzustellen. Prof. Meyer hat die Güte geliabt, die Figur nacli
bei Tassie noch um ein Grofses rermehrt werden könnte , anzu-
sehen. Die zwei berülimtesten Nachalimungen der Sosicleiischen
Medusa sind im Wiener Cabinet bei Eckhel pl. 31. und im Pe-
tersburger, im Cabinet du Duo d'Orleans T. I, pl. 95.
*) Sehr lelirreich für das Studium des verschiedenen Styls in der Be-
handlung dieses Gegenstandes ist die Betrachtung der fünfzigsten
Kupfertafel in Tassie's Catalogue.
'♦) Hier Tafel IV.
meinen Angaben zn entwerfen und auszumalen. Die Belege hier-
zu befinden sicli im ersten Tlieile der vorstellenden Abhandlung,
so weit sich die Spuren in einer noch sehr wenig aufgehellten
Region des Alterthums verfolgen liefsen, zusammengestellt *). Der
Schauspieler und Tänzer, welchem der tragische Dichter die RoUe
einer Krinnys zugetheilt hatte, nnifste sein Haupt in eine Gor-
gonenmaske stecken, deren charakterische Kennzeiciien ein strup-
piges, schlangenartig ans einander sträubendes Haupthaar, die grin-
zende OelFnung des Mundes, die weit heraushängende Zunge und
Augenölfnungen, aus welchen Blut hervorquillt, gewesen sein mö-
gen. Dafs eine solche Maske aus Fellen oder zusammengeleimter
Leinwand leicht bereitet, schwarzbra\in übermalt, mit lietschenden 134,
Zähnen und einem Iieraushängenden, durch einen Anstofs von innen
leicht beweglichen Lappen, der in Form einer Zunge ausgeschnit-
ten war, füglich versehen werden konnte, leidet eben so wenig
einen Zweifel, als dafs, da bekanntlich die alten Masken den gan-
zen Kopf von vorn und liinten bedeckten, durch struppige Büschel
rings herum aufgeleimter Haarbüschel die phantastischen Gestal-
ten des Gorgonenhauptes für die Entfernung, aus welcher eine
solche Figur auf einer Bühne erschien, die in ihrem Umfange
meluere tausend ' Zuscliauer fafste , sich bis zn einem gewissen
Grade von Täuschung nachahmen liefsen. Durcli die auf beiden
Seiten weit aussträubenden Haare erliält die ganze finstere Ge-
sichtsgestaltung jene breitgedrückte Form , die bei einer Maske,
die den ganzen Kopf des Schauspielers umschliefsen sollte, nicht
ohne wesentliche Unbequemlichkeit einen so breiten Umfang er-
halten haben würde. Zwei gelbgrüne Nattern dienen als Kopf-
und Haarbinde, ein Schmuck, der schon auf den uralten Gor-
gonenmasken in Münzen ([wie die auf Tafel III.) nicht ver-
inifst wurde. Die Sclileifen dieses Bandes knüpften auch schon
liier höchstwahrscheinlich zwei Natternköpfe, die man nach einer
von den Mysterien des Bacchus entlehnten Sitte über beide Schlä-
fe hervorgelien liefs. Die Schattirungen von Braun und Schwarz
unterschied das Alterthum dann am wenigsten, wenn von Gegen-
ständen aus dem dunkeln Orcus die Rede war. Man darf daher
annehmen, dafs der Ueberzug von Leder oder Leinwand, welcher
die unbedeckten Theile des Körpers als schwarz bezeichnete, nicht
gerade so schwarz wie Kohle oder die Rabenüttige der Mutter
Nacht gewesen sein dürfen Auch hätte dann das schwarze Ge-
wand, womit die übrigen Theile des Körpers verhüllt waren, bei 135.
Weitem nicht den sinnlichen und malerischen Eindruck machen
können, der wenigstens zum Theil durcli eine verschiedene Nüan-
cirung des Dunkeln möglich war. Hierdurch sali sich Meyer bewogen.
*) Man sehe die Resultate oben S. 208,
270
iVie ITani)tfarbc «ler Furien überall nur scljwar/.lnaun anzugehen, un«l
perade «ladiircli wird, wie micl» dünkt, der Eindruck des Ganzen
nur desto grausender und unangeneliiner. Da AesclnUis aus-
diücklicli seinen Erinnyien eine Aelinliclikeit mit den Harpyien
beilegt, so ist diese liier tlieils durcli die widrige Magerkeit und
gestreckte Länge des liagercn Körpers überhaupt, theils durch die
krallenartig eingebogenen Finger an der verlängerten Hand aus-
gedrückt worden. Zum Kostüm der Aesciiyleisciien Furie gehört
ferner ein einziges scliwarzes Gewand, eine Tunica in Schnitt
lind Form der altdorischen Tracht. Lang und eng schliefst sie
sich an den Körper. Denn das üppige , faltenreichere , ionische
Gewand widerspräche in dieser Figur durchaus den Begriffen des
Alterthums. Das enge Gewand war auch den Grieciien , wie der
Sack des büfsenden Orientalen, ein Zeichen der strengen Lebens-
art der Abhärtung, der Trauer. Mit einem breiten rotlien Gür-
tel gürtete Menippus sein Furiengewand und die ehescheuen
Lncanischen Jungfrauen, die der Geschichtaclneiber Timäus in
Furientracht einhertreten läfst, bedienten sich gleichfalls dessel-
ben. Suidas nennt ihn einen persischen Gürtel, und diefs be-
rechtigt uns auch, an diesem Gürtel herabhängende Troddeln und
Franz<'n von Leder, Wolle n. s. w. anzunehmen, die aber hier
natürlich die Gestalt von gekräuseltem Seidangen- und Natternge-
züclit erhielten, um uns die Stellen späterer Dicliter daraus zu er-
klären wo sich Tisiphone oder Alekto, nachdem sie im Iiöllischen
136. Thalamus ihren Putz geordnet, um das Ganze zu vollenden, nocli
eine oder melirere Schlangen um ihre Hüften gürten. Orplieus
nennt in einer mystischen Hymne die Furien thierum klei-
det. Diefs würde sich am füglichsten von einer im Alterthume
sehr oewöhnlichen Einfassung von schwarzen Schaffellen , die um
den Leibrock herumlief, einer Katonake, wie sie der Atiienien-
ser nannte, erklären lassen. Diese Besetzung, welche eigentlich
nur zu einer Nothhilfe beim Mangel des gewölinlichen Gewebes
diente*), kommt unserem Furienkostüra ungemein zustatten und
durfte daher hier am allerwenigsten vergessen werden. Rothe cre-
tensisclie Jägerschuhe geben die Alten ausdrücklich den tragischen
*) Jede Tunica, jedes Gewand wurde als ein für sicli bestehendes
Ganze gleicli fertig gewebt. Einige Schnallen hielten es zusam-
men. An Schneiden und Zusammennähen war wenig zu denken.
Wo nun der äufserst dürftige, von stehenden Weberinnen nm-
sclirittene Weberstuhl das Gewand nicht lang genug zu fertigen
vermoclite da mufste man mit angestofsenen Besetzungen von
Fellen u. s. w. nachhelfen. So lehrt die Noth Falbeln und Bor-
düren maclien, die dann der Keichthum in Puq)ur färbte und
wohl "^ar mit kunstreiciien Mäandern umzingelte, wie wir sie auf
der zweiten Tafel erblicken.
I
Z7l
Furien, und als gewandte, ilircr Beute nie verfelilende Springerin-
nen , als Jägerinnen , die den Mörder stets auf seiner blutigen
Fälirte verfolgen und, in gewaltiger Hetze ihm naclikeuchend, sicher
ergTeifen, unisclilingen und aussaugen, führt sie auch Aeschylus
an vielen Stellen seines grausenden Trauerspiels ein. Die Furcht-
baren bedürfen keiner kunstreiclieren Beflügelung. Auf ihren
Scliwnngsohlon durchschneiden sie mit Götterschnelle unermefsliclie 137,
Räume über Land und Meer. Im schnellbrausenden Ansprung er-
blicken wir auch unsere Furie, und erinnern uns dabei noch ein-
mal an die Schreckensworte in unserem Aesclijlus (.V« 357.)
Furchtbar aus den HöIien stürmend,
Tret' ich mit des Fufses Lasten
Nieder, dem enteilenden V^erbrecher
Sturz bereitend, namenlose Qual!
Endlich scliwingt sie statt jener Drachen und Fackelbewaffnung
der übrigen Tragiker nur einen langen eschenen Stecken oder
•Stab und vergegenwärtigt uns durch diese strafende Geberde nicht
nur jenes Bildwerk auf dem Kasten des Cypselus, wo die rächen-
de Dike sich des Steckens zur Züchtigung der Adikia oder der
Boslieit bedient, sondern erscheint uns auch schon durch diese
symbolische Handlung in jenem gewaltigen Zuchteifer, der spätere
Dichter veranlafste, sie gar zu wirklichen Henkerinnen in der Un-
terwelt umzuschaifen. In diesem Aufzuge liefs Aeschylus die zür-
nenden Gestalten der Erinnyien erscheinen. Man denke sich fünf-
zig dergleiciien Unholdiunen einen Kettentanz um den geängste-
ten Muttermörder knüpfend mit den erscliütternden Drohungen,
die ihnen Aeschylus wälirend dieses Reigen in den Mund legte,
nnd man wird wenigstens durch eine leise Anwandlung des
Schreckens sich berührt fühlen , der einst das ganze Athenische
Volk bei der ersten Aufführung dieses Stückes ergrilten haben
soll.
Docli nicht immer betraten so gestaltete Erinnyien die Bühne 138.
des Atlicnisclien Tiieaters. Nach dem Zeitalter des Pericles und
Phidias mnfsten auch hierüber andere Vorstellungsarten in Um-
laiif kommen. Der verfeinerte Geschmack verwarf die giäfslichen
Verbildungen selbst auf der tragisclien Scene. Zum Glück haben
uns die Zeichnungen auf alten giiechischen Vasen, denen wir so
viele küstliche üeberreste aus der blüliendsten Periode der grie-
chischen Kunst verdanken, auch noch die ganze Scenerei der Eu-
meniden oder wenigstens eines sehr verwandten Stückes auft)e-
wahrt. Da ist die Furie mit allem Prunke des tragisclien Ko-
stüms, ohne alle Beimischung körperlicher Häfslichkeit, herrlich
aufgeschmückt. Durch Schlangen und Fackeln, ihre unzertrenn-
lichen Begleiter, auch dem ungeübteren Auge erkennbar, zeigt sie
ihre Schrecknisse mehr durch die Handlung als durch körperliche
272
Mirsgcstalt. Nach einem solchen, bis jetzt noch nicht bekannt
geniacliten Vasengeniälde *) liat Prof. Meyer die schöne Furie
— oder sollten wir sie nicht gleich mit dem ihr nun allein gebüh-
renden Namen Enmenide nennen! — auf der zweiten**) co-
lorirten Knpfertafel entworfen. Sie gleicht in Allem der Original-
zeichniing, die icli der Güte meines Freundes, des Bürgers Mil-
iin in Paris, verdanke. Nur die Fackel in der linken IJand ist hier
hinzugefügt worden, da sich mit Recht vermuthen läfst, dafs der
griecliische Künstler, nur durcli die Kleinheit des Raums be-
139. schränkt, sie dort weggelassen habe. Das Yasengemälde selbst
konnte hier in Absiciit auf die Farbe nicht zum Muster die-
nen , da ich der Gefälligkeit des B. Miliin nur den farbenlosen
Umrifs verdanke. Allein theils kamen uns liierbei Bonaro-
ta's Angaben auf einer Kui)fertafel zu Demster's Etruria
(^Taf. LXXXVI.) zu Hilfe, wo er mit einer lobenswerthen Ge-
nauigkeit auch die Farben angegeben hat, die auf dem colorirten
Relief in Terra Cotta, den Brudermord des Poljnikes und Eteo-
cles vorstellend ***) , auch bei der Darstellung der dabei ange-
brachten Furie gebraucht sind ; theils liefsen sich aus unbezwei-
felten Angaben alter Schriftsteller über die Pracht der alten Thea-
terkleidung auch für die Färbung unserer Gewänder allerlei nütz-
liche Folgerungen zielien. Auch so war die Aufgabe, diese Figur
ganz im Geiste des Alterthums zu coloriren, noch immer mit be-
deutenden Schwierigkeiten verknüpft. Doch der durch Bescliau-
ung nnd Nachbildung der noch erhaltenen Ueberreste alter Ge-
mälde in Rom und Neapel vielfach geübte Kunstsinn des Mei-
sters, der hierbei nicht blos die Zeichnung, sondern auch die Co-
lorirung zu übernehmen die Gefilligkeit hatte -}•) , bürgt jedem
Altertluimsliebhaber für die Echtheit der hier gewählten Farben-
gebung. Liebhaber wissen, wie sehr man neuerlich in Paris, seit
140. Talma die schöne Demoiselle Lange zum ersten Male antik co-
stümirte, sich's angelegen sein liefs, und wie viele mühsame Unter-
suchungen und Unkosten man darauf verwandte, um die Theater-
kleidungen so viel als möglich auf die wahre Antike zurückzufüh-
ren. Gluck's Iphigenie in Tauris bedarf auch des Furienkostüins.
Allein nach den Proben zu urtheilen, die uns ein neues prächti-
*) In der schönen Sammlung des Bürgers Parois in Paris« Sielie
oben S. 244. If.
**■) Hier Tafel V.
•*♦) Siehe oben S. 239.
■f") Weimar besitzt in seinem reichsten Kunsttempel eine Kopie der
Aldobrandinischen Hochzeit, die Prof. Meyer noch im Jahre 1797
in Rom mit der ihm eigenen Genauigkeit kopirte. Man wird nicht
satt, sich an diesem lieblichen Kunstwerke zu ergötzen.
273
ges Knpferwerk claitilter vorlegt *), tnöchte doch die strenge,
durch keinen Flitter bestochene Kritik noch Manches gegen diese
Novantiken einzuwenden iinden. Kenner mögen iirtheilen, ob sich
dieser Versuch dem Altertlium meJir nähert. Denn nar von An-
Tiälierung kann hier überhaupt die Rede sein. Ich darf wenig-
stens ohne alle Anmafsung versichern, dal's man schon grofse Ueb-
ung und Erfahrung in diesem Fache liaben miifs, um nur erst die
Schwierigkeiten zu tüiden , die sich Versuchen dieser Art stets
entgegenstellen werden. Einige Bemerkungen über die vorlie-
gende Figur dürften vielleicht auch hier noch eine scliickliche Stelle
linden. Das ganze Obergewand mit den weit vorgehenden Aer-
meln ist im reichsten Geschmack der alten Tlieatergarderobe und
lieifst mit seinem eigentlichen Namen bei den Griechen eine Xy-
stis **). Die gemeine Xystis war nur von Purpur, aber schon 1-il.
dadurch aufserordentlich kostbar. Hier sind indefs noch eine Menge
Verbrämungen, Besetzungen und Streifen dazu gekommen, wo-
durcli die Kostbarkeit dieses tlieatralischon Prunkgewandes noch
Tim ein ßeträclitliches vermelirt werden mufste. Besonders merk-
würdig sind die farbigen, zierlich ausgezackten Strei-
fen um die Aermel lierum, eine Art von Putz, worauf die Alten
wahrscheinlich durch den liäuligen Gebrauch der Ai'm- und Hand-
*) Die älteren wohlbekannten Costumes du theatre Francais sind
seit zwei Jahren fortgesetzt oder wieder aufgefrischt worden. Viele
Tafeln davon siud wirklich neu. An Farbenpracht hat man es
dabei keineswegcs fehlen lassen.
**) Die alten Grammatiker sagen, es sei ein tragisches Gewand, wis-
sen sich aber selbst nicht reciit lieranszuftnden. Siehe bei Ruhn-
kenius zu Tim. Gloss. p. 188. Die Sache war kurz so. Die
Choragen, welche iiuen gröfsten Aufwand im Ausschmücken der
Chortänzer (iräpoSsv toü x"?"^ nennt es Aristoteles, s, Twi-
ning, Notes \>. 300.) zu jnachen pflegten, putzten diese vorzüg-
licli in gestickten Purpurröcken lieraus. Diefs sind die ^vcrlhig
aXovoyal , die Plutarch in der merkwürdigen .Stelle vom Luxus
der Athener im Theateraufwand vorzüglicli mit aufführt de gloria
Athen, T. IX. p. 93. Hutt. Die Xystis war immer nur ein kur-
zes Obergewand (^i-irlßk^ux nennt es Pollux IV, 116), Rs ist die
trabea der Römer, die durch die Etrurier eben diese Xj'stis ken-
neu lernten. Nun nannte man aber auch wohl das lange ünter-
gewand, welches in deti gewöhnlichen Chören die Choristen trugen
(in den Eumeniden konnte diefs später eine Ausnahme leiden, da
man sie als kurzgeschürzte Jägerimien zu kleiden anfing,) von
dem vorzüglicheren Oberkleid zugleich mit Xystis. Ich habe dieses
Wort noch nirgends richtig erklärt gefunden. Durch dieses Bild
wird man sicli die deutlichste Vorstellung davon machen können.
BüUigci's lileijic Schriften I. 18
274
Spangen bei Männern und Weibern geleitet wnnlen , und die gol-
denen Mnschen , womit das ganze Kleid besäet ist , welches man
daher in der Piitzsprache des Alterthiims ein gel d bestreutes
142, nennen kann *3* ^^^ ^^^ ^"^ ^^^ Knie gescliürzte grüne Unter-
gewand **) und die geschnürten CotLurnen bezeichnen den Be-
griff der leichtfiifsigen Jägerinnen, ohne docli den gewaltsamen
Sprnng der Aescliyleisclien Furie nachzubilden. Der gelbe Cothurn
ist über eine purpurne Unterlage geschnüit und hat, was aller-
dings auf alten Denkmälern eine Seltenheit ist, eine vorn über-
gebogene Spitze. Diefs kann zugleich zu einem neuen Beweis
von dem immer wiederkehrenden Zirkel der Mode dienen. Denn
wer hat nicht von den berühmten Schnabelsclnihen (becs de cane)
im eilten und den folgenden Jahrhunderten gelesen , die viele
Jahrhunderte hindurch das Aergernifs aller frommen Seelen und
selbst ein Gegenstand des Verbots eifernder Kirchenversamni-
lungen wurden? ***) Am interessantesten würde übrigens der
Anblick der reichen Coinposition jenes Vasengemäldes gewe-
143. sen sein, wovon diese Figur der neueren theatralischen Furie nur
ein kleiner Theil ist •{■). Denn erst durch seine Betraclitung
würde man die bedeutungsvolle Beziehung dieser Figur auf die
ganze Handlung begreifen und würdigen können. Es ist ein wun-
derbarer Zauber in der Comiiosition dieses Gemäldes, und so ge-
schmückt und schön auch das Aeufsere dieser Furiengestalt ist, so
schauerlich füldt man sich doch von der Gewalt der Kiirwürdigen
ergriü'en, der nur ApoUo's eigenes Dazwischentreten den ^Veg zu
ihrem geweihten Schlachtopfer, dem Orestes, versperren kann.
Um nun aber den Lesern dieser Blätter, wenn es ilmen an Zeit
oder Gelegenheit felüen sollte, die von mir angeführten, zum Theil
*) Das griechische Kunstwort für die Sache heifst ^ovuoiraeTTOi ;
X<^vac->rx(TTCi ^viTTihig kommen in einem Fragment des Eupolis
beim PoUux vor VI, 10.
**) Diese grünen tlieatralischen Gewänder liiefsen mit dem Kunstaus-
druck ßixT^Oi^ihi; PoUux XII, 55.
***) Die Juno Sospita zu Lanuvium hatte calceolos repandos, wie Ci-
cero sagt de Nat. Deor. I, 29., und so erscheint sie auch nocli auf
alten Denkmälern. Die Statue im Museo Pio -Clement. T. II,
tab. 21. ist danach restaurirt. Bekannt sind die poulaines oder
geschnäbelten Schulie aus dem Mittelalter, deren Geschichte Beck-
mann, Vorrat h kleiner Anmerkungen über allerlei
Gegenstände S. 45. fF. geschrieben Jiat.
•{■) Es würde voreilig und unbescheiden gewesen sein, meinem Pari-
ser Freunde in der Bekanntmachung der ganzen Zeichnung vor-
Kugieifen , die er für ein eigenes antiquarisches Werk aufgespart
bat.
#
275
sehr seltenen Knpferwerke nachzuschlagen , wenigstens ein ganzes
Gemälde der Art vor die Augen zu bringen und daran zn zeigen,
was eigentlich unter dem mildt-riiden Kunst -Enpliemisinus in der
Behandlung dieses furchtbaren Gegenstandes zu verstehen sei , ist
diesen Kupfertafeln eine dritte *) mit den Umrissen eines al-
ten Vasengemäides beigefügt worden , das auch , abgesehen von
dem Zweck, zu welclieni es hier aufgestellt wird, dadurcli merk-
würdig ist, dafs es unstreitig zu den einfachsten und schönsten
Compositionen geliört, die uns aus dem Alterthume übrig g-eblie-
ben sind **). Ich bezielie midi in Absicht auf die Erklärung des 144»
Gemäldes auf das, was ich oben darüber erinnert habe, dem ich
jetzt nur noch die Bemerkung beifüge, dafs der Ritter von Ita-
linski in seinen scharfsinnigen Krläuteriingen die Vorstellung
aus einem Fragment des Plierecydes ***J zw erläutern sucht, nach
welcher Orestes während seiner V^erbannung in Arcadien sich in
das Heiligtinim der Diana geflüchtet und als Hilfesuchender auf
dem Altar der Göttin gesessen habe, dort aber von den Furien,
die ilm zu tödten gesucht, schrecklich beunruhigt worden sei. Am
sichersten dürfte man wolil dann gehen , wenn man die ganze
V^orstellung niclit eben auf eine völlig bestimmte Scene in den
Leiden des Orestes bezöge, sondern nur überhaupt den auf der
Bühne von Furien gequälten Orestes (scenis agitatum 145,
Oreston, Virg. 4, 471.) darin erblickte, eine Situation, die in der
Bilderbibel des mythischen Alterthums dem Künstler, wie dem Mo-
, ralisten eiften ungemein reiclien und darum sehr willkommenen
Stoil" darbot. So wie hier die Erinnyien gebildet sind, liat sie die
besänftigende, dem unwandelbaren Gesetze der Schönheit stets
huldigende Kunst der Griechen mit geringen Veränderungen stets
gebildet, behende Jägerinnen, in Cotluirnen, mit der aufgeschürz-
ten Tunica, nicht durch die Häfslichkeit der Form, sondern durch
•) Hier Tafel VI.
♦*) Die Vase, worauf das Gemälde selbst sich befand, ist mit al-
len übrigen der unschätzbaren Sammlung des Ritters Hamilton
auf dem Schiffe untergegangen, das diese Kunstschätze aus dem
bedrohten Neapel nach England bringen sollte. Welches ^'er-
dienst hat sich der würdige Tischbein dadurch erworben, dafs
er uns wenigstens den Schattenrifs dieser nun auf immer verlore-
nen Kunstwerke in der vier Bände starken CoUection of Engra-
vings of ancient Vases zu erhalten suchte! Das hier mitgetheilte
Kupfer befindet sich in jener Sammlung, deren Anschaffung durch
Tischbein's Anwesenheit in Deutschland jetzt so sehr erleichteit
wird, Tom. 111. 32.
***) In den griechischen Scholien zu Euripides Orestes V. 1645.
18*
276
(]\e Wirkung gransend. Und diese ist in der ganzen Stfllnng
des ftiiclitenden, von Graus und Entsetzen ergrilfenon Orestes so
sorecliend ausgedrückt, dafs ancli der spraclisdigste Cicerone sei-
nen Arortstrom dadurch auf einmal gelicmint iTililen niüf-te. Der
Moment seines athemlosen Ilinsitürzens auf den Altar ist sehr
dicliterisch durch das Anfallen des laconisclien Reiseliutcs (pileus)
ausgedrückt. .So vergiebt der verständige Kunst- Kuphemismus
der furclitbaren Allgewalt seiner Strafgöttinnen nichts durch die
ihnen geliehene Schönlieit. Er malte Eumeniden, tind sie
sind ?:;rinnjien!
»0^<
u.
Das Schwert der tragischen 3Iuse.
u
nsorc modernon Tlientorvoi liäiige sorgen iinahlässig dafür *),
dafs wir die Bilder der koniiselieii und tragischen Muse ininicr vor
Augen belialten und mit ihren herköninilichen Ahzeidien und A(-
tributen von früh auf studircu können. Melpomeueus geläuligsles
Für sehr viele Menschen ist der Theatervorliang das einzige Ge-
mälde auf Leinwand, welches sie, oft wider ihren Willen, etwas
länger betrachten müssen. Es ist also für die Bildung des Ge-
schmacks im Allgemeinen nichts weniger als gleichgiltig, was auf
diesem Vorliange vorgestellt sei. Und doch zeigt sich hier oft
der Ungeschmack in seiner vollen Pfauenparade. Welche Unge-
heuer von Allegorieen und Panoramen haben niclit namhafte
Künstler da angepinselt! Die Alten, bei welclien der Vorhang,
der jetzt verhüllen sollte, nicht abwärts, sondern aufwärts stieg,
gingen hierbei von dem aus, was sie oft von Sclaven thun sahen,
die Teppiclie aufspannten und hielten, (jz. B. M'^inck elman n,
Monum. ant. n. 90.) und gaben nun dem Tep[)icl)e auf beiden
Seiten eine Figur, so dafs die da eingewebten kolossalen Sclaven-
liguren (Virgil, Georg. III, 25.) den Teppich, wenn er aufgezo-
gen wurde, selbst zu heben schienen. Selbst das Aufsteigen
der Figuren war täuschend, wie Jedermann aus dem bekannten
Gleichnisse in Ovid's Verwandlungen weifs. Da bei unseren be-
deckten Theatern die Vorliänge von oben herunter fallen müs-
sen, so können nur herabfliegende Figuren mit Schicklichkeit
da angebracht werden. Standbilder also, wie Melpomene und
Thalia, oder gar Tempel und Landschaften, sind im Grunde waii-
rer Unsinn. Auch unterschieden die Alten die tragischen Vor-
hänge (aulaea) von denen, die bei Lustspielen aufgezogen wurden,
(siparia) sehr genau. Die letzteren hatten Caricaturmasken. Bei
un:) ist da Alles nur aus einem Topfe,
278
MiTkiiial ist der Dolth , iiitil wer «lle Requisileiikaminern unse-
rer Büliiien kennt, weifs, wie viel auf einen gnlen Vorra(h fiol-
clier nnsi'linl(li!j;eM Thealerdulche dort i^ehahen wird. Man würde
indefs sehr irren, wenn man in diesem Spielwerke des modernen,
mir allzuoft auf sehr falschen Motiven beruhenden Mord- oder
Trauerspiels den Ursprnuir dieses (ra_i!,iseheH Attributs suehen woll-
te. Die Bezeiehnuni^ ist alt , aber, wie mieh dünkt , nur erst aus
den Zeiten der Römer. Die früheren Griechen wuisten ül»erhaupt
noeh niclils von einer tra»i sehen Melpomene. Erst unter den
Ptoleinaein im Museum zu Alexandrien bekam jede Muse ihr ei-
genes Departement *). Aiier aiieli da, als iiir das Trauerspiel zu-
gelheill wurde, erhielt Melpoiuene noeh keinen Mordslahl zur
bezeiehneuden Anssehmüeknn«» **). Die Kiudermörderin Medea
war es, «lie im Bildwerke jenes berühmte Seh wert, von welehem
sie iin Trauerspiele des Euripides (V. 1246.) ausruft :
Auf, meine Janiinerhand, ergreif das Schwert,
Ergreif es! dort am Ziele winkt der Tod!
gej^en die unsohnldt<^cn Kleinen schwingend vorgestellt wurde.
Euripides machte ni<;lit leicht mit einem andern Trauerspiele so viel
Glück als mit seiner Medea ***). Bildhauer, Maler und Steinsehnei-
*) Wo Heyne, Opasc. II, 306. If., den Faden abrifs, ist er nocli
nicht wieder angeknüpft worden. Woher kommt die Rangordnung,
nach welcher schon sehr früli Herodot's Bücher benannt worden
sind? Von wem und wo wurde jeder Muse ihr bestimmtes Ge-
sclilift angewiesen ? Darüber giebt noch keine Mytliologie <Ien er-
wünscl.ten Aufsclilufs.
**) Ueberlianpt gclit alle Bezeiciinung der Musen ursprünglich nur
von drei Instrumenten, von der zwiefachen Gattung der Lyra und
der Doppelllöte, aus. So wurden die drei Hauptmusen einst von Ari-
stocles und Canar.hus gebildet. Man sehe das merkwürdige Kpigranun
des Antipater, Analect. II, 15. XXXV. und Heyne in den Com-
mentat. Soc. Gott. T. IX. p. 109. Tragödie und Komödie sind,
wie in der Apotlieose Homer's, eigene Personiücationen , und als
Melpomene mit der ersteren zusanimenllofs , erhielt sie, was jene
Iiatte, das Scepter in die Hand, wie sie beim Ovid erscheint. Am.
IM , 1. 13. ; an dessen Stelle tritt sjiäter die Keule, die eigentlich
das Scepter nur bestimmter charakterisirt. S. Carcani in den
Pitture d'Ercolano T. II. tav. 4. p 23. An das Schwert ist noch
nicht zu denken.
**) Wir haben nur die zweite Ausgahe, die der Dichter selbst nach
vielen Jahren veranstaU'te. Später überarbeitete Ncopluon da«
Stück nocIi eim!i:i'.
279
»1er heeiferten sich um die Wc(te, die morilliisJii>e MeJe.i in dem
Moiiienf, wo die iiiütlerliclic Ztlrllidikeit ihr noch einiiiiil das schon
"gezückte Schweif ans der Hand zu winden sncht, mit »leni reinsten
Knnst- EupheniisMins mildernd nnsznsj»reclien *). Die Vorstellnng
wurde in tausend Copiecn vervitdfältint, und wo man eine leiden-
schaftlich anfgciegte Frau mit dem Schwerte in der Hand erhlick-
fe, wnfsle man soi-loich, dafs diefs die tragische Altid'ide der Me-
dea sei **). Was Wunder also, dafs, da man einmal eine tragi-
sche Muse aufzuputzen halte, man der Hcrcnleskenle , in deren
reclilmäfsiö-om Besitze sie sich nun schon befand , jetzt anch
noch <las S<hwert der Medea zng;esell(e ***). Aher wer machte
zuerst diese Neuerung? Der Grieche wolil anch, aher auf Befehl
des Römers, Ihm waren die Metzeleien der GladiiUorcn , die dem
humanen Griechen lange noch ein Ahscheu hliehen, der eninickend-
ste Zeilvertreil». Eine Barbarin, Ansländerin , war Medea. Bar-
baren, Ausländer im Sinne der Griechen, waren es, die sich nicht
entblödeten, der keuschen Muse ein solches Symbol aufzudringen.
Wäre diese Bemerkung gegründet, so wurde sie für die Zeitbe-
stimmung mehrerer Antiken, wo Melpomene anch ohne Re-
stauration f) mit dem Schwert erscheint, von einiger Wichtigkeit
sein. Die Familienmünzen des Poraponiseben Geschicehts kennen noch
*) Lange vor dem besungenen Bilde des Timomachus (^s. Lessing's
Laokoon S. 45. Th. IX. und Ilerder's Briefe zur Beförderung
der Humanität VI, 114.) war eine Leriilimte Statue der Medea
mit dem Schwert in Griechenland voriianden , die der Sophist
C^listratus XIII, p. 905. Olear. mit seinen Rednerblumen be-
streut hat. Geschnittene Steine, die man sonst fälschlich für Ab-
bildungen von Furien hielt, haben uns das Bild jener Medea im
Marmor treu erhalten. S. Furienniaske S. 230. f.
**^ Sie liat das Schwert! heifst es von einem Wandgemälde der Mo-«
dea beim Lucian, de Domo c 31. T. III, p, 207.
***) Die frühesten V'orsteüungen linden sich auf geschnittenen Stei-
nen. (_S. Winckelmann, Monum. Inediti n. 45. und eine
Menge Copieen und Nachahmungen in Tassie's Catalogue n.
3513 — 3525.)
"f) Denn blos durcli neuere Restanration sind die nun in Paris be-
iindlichen vaticanischen Melpomenen (Mus. Pio- Clement. T. I.
t. X\.), die jetzt in Schweden belindliche Copie bei Guattani,
Monum. ined. per l'anno 1784. p. 84. und mehrere von Viscon-
ti S. 40. angeführte so mit dem Schwerte bewaffnet. Selbst
Form und Benennung dieses Scliwertes , parazoniuu), deutet
aui römisches Kostüm, S. Buonarotti, sopra alcun. medagl. p.
136.
2«0
iiiclil einmal <lii'.scR Al>z<'i<lirn (Irr (rnnisclion IMiiso *) iM.in liat
in «Ich II»Mkiil<iiiistlu'ii W aiiil^eniiLldon eine IraiiejiKle Fii^ur mit
(U'm Schwelle eine Dido i^tMiaiint, die docli p,ewifs eine ]\Ie]|)om(Mie
mit dem ►Sclnvcrte sein sollte **). Es ist iiljor and» von Srileii
der Kunst eine ^i\v klägliche Fiiiur, bei der man sich doch ja des
Urtheiis eines urofseii Kenners über die niedrij;»; Gerin^heit dieser
VVandhemaiuni^en erinnern miichle ***). Und wie, wenn der scharf-
sinniii,e Du Theil Recht halte f)? Die Meljiomene wenigstens
pafst recht j!:ut in das Zeilaller, in welcheui er die verscliiitlende
Ernpliou annimmt, würde aber auch damals noch, wo es eine hii-
liere Beslimniuni!, ij,(\i;ollen halle, von Kiinsllern, die noch ein Hauch
besserer Zeiten anwehete, ganz anders ausgeführt worden sein.
*) Die Muse mit der Keule und der 3Iaske in iMorelli's Thesau-
rus tab. ir. n. 3. 4., die Beger und Vaillant n. 10. für die
Euterpe halten, ist, wie nacli Visconti zum Pio- Clement. T.
I. p. 54. aucli Eck hei, Doctrin. Num. Vet. T. V. p. 285. muth-
mafset, Melpomene oder die tragische Muse. Au Dolch oder
Scliwert ist auch hier nocli nicht gedacht worden.
''*') Pitture d'Ercolano T. I, tav. XIII. Schon Fea in seiner Aus-
gabe des Winckehnann T. I, p. 408. not. B. hat diesen Irrthunx
berichtigt.
**) Mengs in seinen tretfliclien Briefen über Anfang und Fortgang
der zeicimenden Künste, Opere T. II, p. 105. ed. Azara macht die
feine Bemerkung, dafs bei dem zügellosen Luxus der Römer, die
ihre Zimmerwände nur mit Älarmor- Krusten und Bronze atif-
schmUckten, das Anmalen der Wände nur nocIi in den Häusern
der Armen oder in Cebäuden stattfand, worauf man keinen gro-
fsen Wertli legte. Die aufgegrabenen Herkulanischen Gemälde
können mit geringer Ausnahme nur in diese Klasse gehraclit wer-
den. Sie haben als Ideenmagazine frülierer grofser Meister ihren
imbestrittenen Werth. Man setzt aber gewöhnlich noch jetzt ilnen
Werth viel zu liocii an. Vergl. Voyage en Italie par Bartlieleiny
(Paris 1801) S. 271 If.
■f) Mit Reclit ündeu Du TheiPs Behauptungen, wovon in der öf-
fentUclien Sitzung des National- Instituts vom 15ten V^endemiaire
Jahr X. durch den Secretair dieser Klasse , Villars , Anzeige ge-
maclit wurde, immer mehr Beifall. Nach seiner scliarfsinnigen und
aus den noch vorliandeuen Anzeigen sehr glücklich combinirtenMutli-
mafsung begrub erst der Ausbruch des Vesuvs vom Jaiire 471. nacli
Ch. G. Ilerculanum und Pompeji unter dem Aschenberge, woraiis
sie seit CO Jaiu'en hervorgegangen sind. Natürlich würde diefs auch
in die Aluienprobe der dort ausgegrabenen Alterthümer einen häfs-
Uchen Strich maclien.
■i^^^^O«a»»<
111.
Tragische Masken
uiul
Tempel der Alten.
Eine a r c li ä 0 1 0 s, i s c li e Parallele.
/»Is bei znnelimender Kiilüir der Grieche seine SfammgöKer nicht
mehr hlos auf hohen Bergen nnd Felsensilzen Tcrehrie und von
den fniheslen Ansiedliuigen auf jenen berühnilen Sclilössern zu
Cadniea, Cecropia, Acrocorinlh, Argos u. s. \v. sich auch schon
in die angränzendt'u Eljenen herahwagte, wo sicli die einzelnen
Wolinnngcn iiacli und nach in Sliidle zusaiuinenschlossen , ninfslc
man naliirlich sehr bald auf die Idee kommen , dafs den Heilig-
tliiimern der Gölter, die man nun auch auf dfn Ebenen zu weihen
anfing, eine sogleich in die Augen fallende Auszeichnung gebnlire.
Alan ninfste auf etwas denken, wodurch sie für ihre früheren Berg-
silze gleichsam entschädigt und ilire Tempel über die sie umge-
benden Privatwohnungen der Slerblicheii sichtbar hervorgeiioben
würden. jNicht zufrieden, sie überhaupt, wie die Hänser der Staunn-
fürsteu und Könige *), hoch und luftig zu bauen, suchte man ihnen
auch noch durch einige küustlicbere Zusätze zu Hilfe zu kommen.
*) Das Homerische Beiwort v-^c<io(t)og, Cvf-s^s^^f, welches die Scho-
llen und Glossen oft schleclitweg durch v-^yjXöii erklären, (Yofs,
der es immer durch hohe, gewölhte Wohnung übersetzt, konnte
leicht daduicli den Irrwalin fortpUanzen, als gäbe es im hei'oischen
Zeitalter sclion vollendete Gewölbe, den die gewöhnliclien Antiqui-
tätensammler, z. B. Rambach in Potter's Archäologie Th. 111. S.
363. aus dem Mifsverständnifs jenes Beiwortes erregt Iiaben,) wird
sehr häutig von den Fürstenwohnungen in jenen Ilomerisciien Ge-
sängen gebranclit und deutet wohl überhaupt nur auf iiöhere
Säle in Wolmnngen, die eigentlich gar kein Stockwerk über d^iH
Krdgeschüfs hatten.
^82
Und wie erlioli man diese Göllersilze i'ilior die niis|ii'iicliIoson
Wülmiin<!,eii des «^emeiueii fl;uifeiis? Man ^in«; vielleiclit auch liier
i>eiade so zu Werke, wie iiiao bei hoilii!,('n Sfbaii»epräii»eii und
Festen und liei den daiaus enls|»riini;('nen (liealralisehen Yors(ell-
nimen «len Gotl und Heros vor dem Menselien|i;esrlilecli(e, wie es
jetzt <li<' Fnielit der Erde »eniefst, ausznzeirhiien ]>(lej;le *). J?ehou
die älleste Tragödie gab den Sebauspielern, die in der Figur jener
boben Uiisterblieben anllrelen sollten , I>ekanntlitb eine sebr dicke,
oll dnrcb niebrnials über einander i;elegte Korksoblen erböbte Be-
scliubnng. die man sehr nneigentlicli Collnirnen nannte, nnd er-
böbte die Maske über «1er Stirn dnrcb einen oben spilzzulanfendeu
Anl'salz, den man nnt Ilaartonren besetzte nnd so zu einer grofsen,
Klirfnrcbt gebietenden Perücke ani'tbürmte. Sollte man nun nicht
aiil" eben die Weise, wie man die einzelne Gotterlignr zn nber-
menscblicber Gröfsc anibante, ancb den ihr bestimmten Wobnnngeu
eine hervorragendere Ansicht zn geben gesucht haben **)"? Ver-
suchen wir es doch, ob die oben angedeutete Parallele wirklich bei
der genaueren Vergleichnng Stich hält, und sehen wir, was sich
ilarau"^ noch weiter für Folgerungen ziehen lassen.
Mau gab den Götter- nnd Heroengestalteii Cothnrnen. Es
ist hier nicht der Ort, alle Eigenheiten nnd Verschiedenheiten die-
ser nrs|)rünglicb cretensischen Beschnbung aiizuliibren. Der tra-
gische Cofhurn bestand ans einer vierlach über einander gelegten
Korksohle, die wenigstens vier (j)nerlinger hoch, oft aber nach
der Pioporlion des Ganzen von noch weit beträchtlicherer Dicke
war ***). Der Schnitt dieser Sohlen war ursprünglich viereckig,
Vier Ellen war das gewöhnliche Mafs, welclies das Altertliuin den
Heroen auf der Bühne und bei mimischen Darstellungen gab.
TETfair>);)^u«Tov sT^s ro cujfj.ix sagt ApoUodor vom Hercules H.
4. 9. nnd'liatte dabei nicht die üebertreibungen der Sopliisten (s.
Heyne zum ApoUodor S. 329.), sondern die Helden der Tragödie
vor Augen. Dalier luilst ancii die tragische Person, die in einem
Aufzuge des Antioclius beim Atlienäus V, 7, p. 198. A. das Hern
der A?naltliea trägt, vier Kllen. Nach dieser Proportion war nun
auch die ganze tragische Heroenpersonage und später selbst das
gewöhnliche Ideal der Bildhauer eingerichtet.
Man erinnert sicli vielleiclit der olt angefoclitenen und docii mit
geiiöriger h'inschränkung niciit ganz zu verwerfenden Bemerkung
Vitruv's, dafs die Alten die Proportionen in der Architektur nacii
dem inenscliliclien Körper genommen hätten. Sielie AVinckelmann,
Storia delle Arti T. I, p. 347. Fea.
.So bestinunt Wiuckelmann , Monument. Ant. [nedit. [>. 247., das
Mafs der Sohlen an der Borghesisclien Muse. Wenn aber Pollu.v
VIII. 92. lue Sohlen der Fidiassischen Minerva im Pantheon zur
283
ob sie »loicli die Elo<«nnz nach «ler Form dffi Fiifses oft «eruinlet
haben mag *). Daher iM-kaiii eiüenllidi diese dem »aiizen Körper
2IU' Basis dienende Beselniliiinü, dieselbe ßenennnni!:, wiewohl der
Grieche damit jede Gnindleste oder Basis bezeichnete **). Mit
demselben Worte bezeiehnele der Grieche anch die vors|irini'rnde
Basis seiner Tempel, die gewöhnlich anf einem Vorspränge (Soii-
hasement) von vier oder mehreren ringshernnilaiifenden Stufen ge-
griindet waren ***). Man kann sich in der That bei genanerer
Hölie von vier Qnerfingern (^Tir^alänTvXo;) angiebt, so mnfs diefs
durchaus mir so verstanden werden , dals diese Sohlen zu der
Form gehörten, die man die Tvrrlienische nannte, die zwar ge-
meinhin aus vier Querfinger starkem Kork (narrf/a« ^vXtvov") '»e-
standen, Jiier aber nach der Proportion des ganzen Bildes (26 Kl-
len) natürlicli eine weit beträchtlichere Höhe hahen niufsten. Die
Lagen der Sohlen scheinen selbst, wenn man aus Naclihildnngen,
z. B. der Albanischen Minerva, die im Casino der Villa stand,
scliliefsen darf, durch Riefe angedeutet gewesen zu sein.
'') Daher erklärt das Etymologicum M. koSo^vo; durch C-rUyiixa ts-
Tp«7wyov. AVirklicli sind auch diese viereckigen Solden an meli-
reren alten Denkmälern, z. B. an der Albanisclien Minerva in Win-
ckelmann's Storia dell. Arti T. I. tav. XIII. nnd an der Meli)o-
mene auf dem berühmten capitolinischen Sarkophag, wie ihn Vis-
conti auf der zweiten Su[)plementstafel zum Museum Pio- Clement.
Tom. I. abgebildet hat, (^denn in den Abhildungen im Museo Ca-
pitolin. T. IV, t. 26. sind gerade die Cotlnirnen der Melpomene
ganz weggeblieben]) noch deutlicli zu seilen. Hier wäre also die
Aehnlichkeit mit der Basis der alten Tempel, die gewöhnlicii ein
Parallelopipedon bilden, noch auffallender. Dafs man in der Folge
die Ecken an den Sohlen abrundete, wie z. B. an der Herculesmas-
ke in der Villa Pamtili, die Winckelmann, Monument. Antich. n, 189.
abgebildet hat, oder an der vorgeblichen Pudicitia, Mus. Pio-Clement.
T. II. tab. 14., oder an der Urania im Vaticau T. I, t. 26. noch
zu sehen ist, beweis't nur einen höheren Grad von Verfeinerung.
*) Ko^jTi'f ^^^ Wort stammt wahrscheinlicli weder von soirw oder
oän-Tw, noch von xspw ab, wie in Lennep's Htym. p. 448. ange-
geben wird, sondern von y.oyj;, das Haupt, das Obere. So ver-
schieden aucli die Formen sein mocliten , die späterer Luxus in
dieses Schuhwerk gebracht hat, so kamen sie docli alle darin
überein, dafs sie dicke, oft doppelte Sohlen hatten. Dieses sah
anch Balduin, de calceo c. 11. p. 94. Lips., sehr wohl ein, nvir
dafs er dabei auf die lächerliche Ableitung von crepare verliel,
die ihm aucli Fea zu Winckelmann, Storia T. l. p. 425. A. imd
Andere nachsagen.
*) Schon Saumaise ad Script. H. Ang. T. I, p. 845. a. benuikt»»
'■%
2a4
üntcrsiicliiing Kniiin enfliallon , tliosc Sdifoiiliasis «Icn Collinrn der
i;ric(liistlieii Tenipcl zu noiinen. So vit'I ist wonij'sU'iis j-ewifs,
dafs dieser iinterji,ol»aiUe Yorspiimji: bei jenen Tempeln im Grofseii
eben «lie Wirkung boivorl»rarh(e, wie bei einer Iragiselien Fii»ur
der bolic Sdiuh , und dafs der siiinreiebe Künstler walirsclieinlieli
bei beiden von demselben Grundsalze aus^ini»-. Srlion Win«kel-
niann niaelit die Bemerkung,', dafs sdiweilieb ein griecliiscber Tem-
pel ohne jene Basis gefunden werde. Nalürlieb wurde auch dieser
Tlieil der Temjielarcliileklur in der Folge in Verliällnifs zu allen
übrigen Tbeilen anfserordenllich vervollkommnet nnd die Ilidie und
die IMenge der Stufen uaeli dem ritlitigsten Ebeiimafse bereelinet.
Diefs gebort aber in das Gebiet eigener üntersiicbniigon, die nielit
im Kreise dieser boseliränklen Al)lian(llung liegen. Nur so viel
kann auch hier im Yorbeigcben nocli erinnert werden, dafs, wenn
die Frage aufgeworfen würde, ob es auch in den alten Teni|ielu
Plätze gegeben habe, von welehen das um die Altäre im Tenipel-
bezirke und in den A'^orhöfen versaninielle Volk angeredet werden
konnte, diefs bejahend beantwortet nnd auf den oberen Rand dieser
Stufen gedeutet werden mufs *). Die Krepis oder Basis jener
Tempel könnte also in gewissem Verstände eine Rednerbühne der
Griechen und Römer genannt werden, ^venn es deren anfser iliren.
Theatern , Tribunalen und Yersammlniigsplälzen überhaupt liedurft
hätte. Man suchte aber der Ileroengröfse auch durch einen Zusatz
von oben nachzuhelfen. Bekanntlich geschah diefs durch eine in
Gestalt eines griechisohen A oben zusammenlaufende, mit Haar-
locken besetzte Erhöhung über der Stirn der Maske **), die, ein-
diese doppelte Bedeutung:. Das Wort yn-^irti; und das davon ab-
geleitete crepido bekam in der Folge besonders noch die Bedent-
wng eines aufgeniaiierten , mit Auftritten verselienen Quais an
^ den Häfen. Pollux IX, 28. In dieser allgemeinen Bedeutung;
kommt es mehrmals im Vitruv vor. Siehe Baldiis, Lex. Vitruv.
s. v-
*) So unterliält sich Apollonins von Tyana mit den Kphesiern vom
Absätze des Dianentempels bei PJiilostrat. V. A. T. IV. 2. p. 1-)I.
So Polenio vom Olynipium Adrian's mit den Athenern bei eben-
demselben. Vit. Sophist. I, 25. p. 533.
**) Der Kunstausdruck für diese Erliöhung- war cyy.og, was Pollux l\.
133. durcli cx^fj.« Xa/xßboiths; erklärt. Daher Alles, was prali-
lend und aufgedunsen ist, den Grieclien Oxspayvtov Iieifst. S.
Hemsterhuys zu Lucian's Dialog, Min. p, 22. Die Lateiner nann-
ten sie, wie sclion Cuper und Kühn bemerkt haben, Superlicics,
das Ueberantlitz. Denn so mufs das Fragment des Varro beim
Nonins IV, 24. gelesen werden : Tragici prodeunt capite gihbero,
cum antiqua lege ad frontem superlicies (^in Putscliens Ausgabe
zelii und in der Nälie betrachlol , freillcl» mir als ein niifünnllclicr
AuswiH'lis ersclieiiiea iiinfstc tiiid insofern die Spöltereien Lncian's
gar wohl verdienen moclife, aher, auf die Fenuing' in dem Theater
lierechnet nnd mit dem i;"aiizen riesenhaft ansslaflirten Körper in rich-
lii;es Verhiillnifs <;ehracht, ihres Zweckes, dem Znschauer einen
sehr im|iosanlen Anhiick zu ^ehen , iiirht A'erfelilen konnte *).
Wie nnn dieser tragische Maskenanfsatz znr Erhöhung der Ile-
roengeslalt diente, so wiifste man t\n('h den Tempeln von oben ei-
ne» ebenfalls spitzznianfendefi Anfsafz in der Art von Fronton zu
geben , welchen uns ein anf der schmalen Seite zugekehrtes Gie-
beldach darbietet. Mit einem Worte, die spitzanslanfcnde Maske
der alten Tragödie und die zierlich erhabenen Gieltelgesinise der
alten Tempel sdieincn bei einerlei Beslinimnng auch einerlei Ur-
sprung gehabt zn haben , nnd mau würde nichts Ungereimtes sa-
gen , wenn man jene Tempelfronlous den tragischen Kopfschmnck
der alten Göllerwohnnngen hiefse. Uniengbar ist es, dafs diese
erhöhten Giebeldächer mit der immer künstlicher ansgeschniticklen
Giebelfläche oder dem Tympannm der alten Baukunst nicht, wie
Cicero **) in einer mehr redneiischen als wahren Ausschmückung
Iieifst es snperflcias) accedebat. Die deutlichste Abbildung findet
man an der Melpoinene im capitolinisclien Sarkophag und unter
den Herkulanischen Gemälden If, 4. Perizon zn Aelian V. H. IV.
22. glaubt, dafs diese Alaskencrhöluing dem Crobylus oder Haar-
schmuck der alten Athener (^Tliuc) d, 1, 6.) nachgebildet worden sei.
Man erinnere sicli hierl)ei nur nocl» des Unistandes, dafs es auf dem
alten Theater weder Federhüte, noch bebuschte Kaskets gab, wo-
durch mancher neue Schauspieler seiner Gröfse eine Elle zusetzt.
Denn Alles ging im blosen Kopfe.
*) Man vergesse hierbei nur nicht, dafs zn dieser Beschuhung nnd
diesem Kopfputze auch alle übrigen Theile in gleiclien Dimensio-
nen ausgestopft und so der Kern des Acteurs gleichsam mit einer
kolossalen Hülse überzogen wurde. Lucian erwähnt ansdrücklicli
falscher Armschienen (j^c,^,;Sg.)^ Bauchkissen (irfoyas-r^/S««), Leib-
chen u. s. w. S. Jupit. Tragoed. c. 41. nnd de Saltat. c. 27. T.
ir, p, 285. lieber das Ganze Jiing man dem Acteur den langen
Talar mit der Schleppe (syrma) um, der nun aucli die hohen Soh-
len bedeckte. Kurz, ein so ausstaflirter Heros mufste durchaus,
wenn ihm nicht etwa ein Unfall, wie der zu Hispalis Philostrat.
V. A. T. V. 3. p. 216) begegnete, auf die weit herumsitzenden
Zuschauer, die die wohlberechnete Fernung noch durch keine
Gläser und Opergucker zerstören konnten, einen majestätiscJien
Eindruck machen,
*) de Orat. III. 46. Cum est Iiabita ratio , quem ad modum ex
utraque parte aliqua delaberentur , utilitatem templi fastigii
2oG
seine« Satzes bolianptet, hlos dazu eifimdoii ihm] gebraucht wiinlcn,
um tler Feurliligkoil und dem Eiuilusse der nassen Jalin-szeit bes-
ser zu uidersleben — denn dagegen halte mau bei den (lachen
Däcliern der Privatwohnungeu längst zweckdienliche Vorkehrungen
audeier Art in Menge zu treffen gewufst *) — , sondern um den
Wohnungen der Götter durch diesen der Zierde so empfänglichen
Autsalz ein erhabenes Ansehen zu gehen und sie vor den ahge-
plaltelen Häusern gemeiner Bürger auszuzeichnen. Wenn daher
der aus bunigefiederleu und langgeschnäbellen Pajiagenos zusam-
nii-ngeselzle Chor in den Vögeln des Aiisln|)hant's mit komischen
Vorspiegelungen das Irlheil der Kampfrichter zu bestechen sucht,
so verspricht er ihnen unter anderen Herrlichkeilen (V, 1110.)
auch die,
Ueherdiefs soll eure Wohnung künftig wie ein Tempel sein ;
Denn wir bau'n auf eurem Haus ein adlerförm'ges Giebeldach.
Wie halte aber die hier verheifsene Apotheose stattfinden können,
Avenu nicht damals noch in Athen diese Dächer eine ausschliefs-
liche PräiDgalivt? der Götlerwohnungen gewesen wären, die daher
sehr bedeutend die Hochbedachten genannt werden? **) Ich will
indefs nicht leugnen, dafs man nicht bei Privatwohnungen in Grie-
chenland und llalieu, wo mau das Dach nicht zum Sonnenbad mit
oder ohne Oel oder aus anderen Gründen flach haben wollle, und wo
überhaupt andere Localursachcn und Witternngsregeln eine etwas
abschüssige Bedachung forderten, auch diese häufig angetroffen
habe ***). Nur ist überhaupt hier nicht sowohl von dem ganzen
Dache, als nur dem eigentlichen Giebel oder Fronton über dem
Prouaos oder «ler Halle die Rede. Denn da man diesen theils in
seiner inneren Fläche mit den schönsten Bildwerken in halberhahe-
dignitas consequuta est. Cicero , der hier den ketzerischen , in
der Aesthetik der Neueren so hart angefoclitenen Satz zn be-
weisen sucht, dafs das Nützliche aucli immer schön sei, gelit hier
als Redner zu Werke.
*) Die Deckplatten, woniit das Dacli eingedeckt wurde, tegulae (s.
Rode zu Vitruv III. 3. Th. I. S. 147.) wurden in einen wasser-
haltigen Kitt gesetzt oder mit einer Art von Estrich zubereitet
und mit Rinnen, die durch Hohlziegel ausgesetzt wurden, so
durchsclinitten, dafs das Wasser überall in den Hof (impluvinni)
ablaufen konnte. Man darf, um sich eine Idee von den ilachen
Däcliern der Alten zu machen, nur den Miles gloriosus des Plau-
tus lesen.
**) Aristophanes in den Wolken 306.
***) Besonders in den s[)äteren Zeiten. Eine merkwürdige Stelle hier-
über finde ich in Galen's Commentar zu Ilippocrates Bucli xsf<
287
ner Ai\mi, in Mhimioi- oder ji^ohinonfei' Erde aiisziisclmiiicken *),
tlicils au dpa zwoi Fliig^'lpndt'ii und der oliereii Spitze von aufscii
mit SliWiieii und ganzen Bil(leru,iu|ipen zu verzieren pHeglo, welebeii
mau die bestinimlere Benennuni»- Anfsenwerke oder Spilz/ieraHien
zu gelten pflegte **), so bliel» diefs wenigsleus auch in den Zeiten
aoSowv T. V. p, 615 eA. Basil. Wenn Jemand einen Söller (d.
Ii. ein öaches Dach, ans dem Lat. solariuni, im Griecli. steht:
vjXtaarijQiov) auf seinem Hause haben will, so macht er das Dach
flach (jv£ir('x£§ov") , damit er es zur Bewahrung der Sonnenhitz«
geschickt mache. (^Icli lese statt der verdorbenen Worte c-jy. dkt'x
IffXovffAv igyäc-iToii mit geringer Veränderung i'v« ÖAsiv 'it^ow^v
iQyä(T-/}rat. Saumaise zu den Script. H. Aug. T. I. \\ 67G a.
bringt durcli willkürliches Absclineiden und Zusetzen freilich einen
ganz andern Sinn heraus). Deckt er aber das Dach mit Ziegeln
ein, so will er, dufs das Regeiiwasser gut ablaufen soll. Zu die-
ser Absicht lälst er also ein Giebeldach von hinten bis vorn zu
geilen u. s. w,
*) Denn hier und in den Friesen zeigte sich eigentlich die Scnlptur
der Alten in ilirem höchsten Glänze, und die grÖfsten Meister ar-
beiteten die Reliefs , _ deren Iniialt sicli gewöhnlicli auf die ira
Tempel verehrte Gottheit bezog. So liatte Phidias selbst die Bas-
reliefs an den Giebelfeldern des Parthenon , Alcameues die an
dem Tempel des Jupiter zu Olympia, Praxiteles an dem Hercu-
lestempel zu Tlieben und Praxis und Androsthenes an dem Tem-
pel zu Delphi gearbeitet. Die Stellen citirt ajn vollständigsten
Stieglitz, Gesch. der Baukunst S. 335. f. Die tuskisclie oder etru-
Tische Plastik setzt an die Stellen der Scnlptur in Marmor zier-
liclie Arbeiten in TJion oder Terra cotta, wohin viele Fragmente
im Museum Etiuscum geiiören.
) Hierher geiiören die signa in fastigiis beim Plinias XXXV, 12. s.
33. 36. XXXVf. 2. s. 2. Das vieldeutige Wort fastiginm bezeich-
net sowohl im Allgemeinen jedes sattelförmige Dach (welches der
Grieche bestimmter airujfxa nannte), und insofern fand man es
auch häufig auf Privathäusern , oft melirere neben einander (Ci-
cero ad Quint. Fr. HI. 1. 4.) insbesondere als den mit einem be-
sonderen Giebelfelde aufgeschmückten Fronton, nnd so gestaltet,
war und blieb es eine Distinction der Götter, und seit Cäsar's
Zeiten (s. Schwarz zu Plinius Paneg. p. 242.) der Cäsaren in
Rom. Yergl. zu Cicero, Philipp. H. 43. Denn wenn auch die
PrivatliUuser Giebeldächer liatten , so fehlte ihnen doch die tem-
pelartige Fronte (corona, tympanum, acroteria). Der Fronton
selbst hatte drei Giebelzinnen, die Vitruv mit dem Kunstausdruck
acroteria nennt, zwei Kckgiebelzinnen, angnlaria, und die mittlere
Giebelzione oben auf der Spitze. Auf diese stellte man nun wie-
288
lies giöfsteii Lnxiis in den PilvatudiänJeii ein Vorroclit der Tom-
uel, 1111(1 es wurde dem noch dmcli keinen Tviaiineiiiiiord apolheo-
sirten ('äsar als eine zu Kiiliii aiirslrcltende Aiiniafsniii»; aii!j;eiecii-
iiet , dafs er seiner Woliiunii^- ein so veizierles Giclieldach zn ge-
l)en sich durch einen Ralhschlnls herechliul ulaiihle.
Der Grieche hezeichnet diese mehr oder \veiiiü:er prächfig ans-
i>cschniiick(en Frontons an den Tempeln luil demsclhen Worte, wo-
mit er den Adh'r heneiint (ätrl;), nnd es ist immer als ein ar-
cliäolui|,isches Piäiliscl aii_2,e»i<'lit'n worden, wie es komme, dafs man
diesen archilektonischcn Kiinstaiisdrnck j^cradc vom Adler ciillehii-
|i'. Die alten i^riechischen Grammatiker scheinen fast alle darin
iihereinznkonunen , dafs sii; den Urspriin:^- dieser Benennnni»- hios
in einer gewissen Aclmlichkeit finden , die ein solcher Fronton mit
einem wirklichen Adler zn hahen scheine *). Lorenz Bej^er, der
vielhelesene Hofautiqnar zu Berlin zn Ende des vorigcu Jahrhun-
der Statnen, welche die dorische Baukunst (und also aucli die
fiüli vei'schwisterte toscanisclie, daher mos toscanicus bei Vitruv
III, 2. in dieser Saclie,) nun auch öiy-owrij^toc hieCs. Denn gewifs
Ijiauchten auch die dorisclien Grieclien scliou diese Verschönern iiji;
(obgleich Rode zum Vitruv Tli. I. S. 145. diefs bezweifeln möch-
te), wie uns die Glosse des Ilesychius unleugbar beweis't, T. 1.
K. 207. axfW7v)f/a rix s-ravw rJjv vaüJv ^ujhix (. '"berhanpt Statuen,
wie die Victoria auf den Giebeln des Jupitertenipels zu Olympia
beim Tansanias V, 10. p, 40, nicht blos Tliierliguren, wie aucli
Bosius zu Cicero ad Att. T. I. p. 509. Graev. nocii glaul)te) äva-
T<St/-t£v« AwfisT?. Oft mögen es freilich auch andere Zierden
gewesen sein, die unseren Wetterfahnen niclit ungleich waren, wie
aus der .Stelle des Cicero ad Att. V. 12. hervorgelit, und so et-
was war auch wohl das ftxowrvjfiov, welches Calpuinia im Traume
von Cäsar*'s Hause herabfallen sah , Plutarcli in Caes. c. ü-4. T.
IV. p. 439. Bei den Tempeln liatte dieses Bildweik immer Bezieli-
ung auf die Gottlicit des Tempels. So die üuadriga auf dem
Fronton des Capitols. So die his, die auf einem Hunde reitet,
beim Dio Cassius LXXIX, ]0. p. 1359. Weil diefs der letzte. Al-
les vollendende Schmuck des Tempels war, so stammt auch daiier
die sprichwörtliclie Redensart: operi fastigium imponere.
Mehr noch als Eustathius und die Schollen zum Aristophanes gilt
Galen's Bestimmung, der in der sciion oben angeführten .Stelle
Op. T. V. p. 615, ausdrücklich sagt, wenn von beiden .Seiten das
Dach ablaufe, so mache diefs w^xt^ rtuag ■!rTi(yvyoig Ka5i(/-iivaf
(denn so mufs allerdings statt KaS>)/aivaf mit Saiimaise ad Script.
H. A. T. I. p. 676. gelesen werden), denn damit vergleichen die
Alten diesen Tiieil der Architektur, setzt der gelihrte Leibarzt
hinzu.
289
der(s , siicli(e ans elnigoti alten Miiiizen zu beweisen , dnfs mau
wirklirhe Adlt'ralihildiini'eii auf die Giehel der Tempel geselzt und
daher Veranlassiin»- geiioiiimeii liäKe, diese Giebelfelder selbst auch
Adler zu neiincn *) Winckeliiiaiin , der überhaupt in seinen frü-
heren Srhriflen häufii»,' ans Bei>er's Brüniilein schöpfte, ohne gerade
jederzeit seine Quelle anznoeben, hat auch diese Meinnriiij in seine
Anmerkiini>en über die Baukunst der Alten slillschweio^end aufi;e-
nommen **). Und ihr jidicbtel auch Yiscond mit der Einschräuk-
nng- bei, dafs diese Adler wohl nur als Reliefs in dem Tjmpanum oder
der dreieckigen F'liiche des Frontons angebracht worden Avären ***).
Ich möchte noch immer jener altern Erklärungsart , nach wel-
cher die Benennung- von der Aehnlichkeit mit einem ruhenden Adler
abgeleitet wird, vor allen übrigen die gröfste Wahrscheinlichkeit
zugestehen -}-), Adler safsen häufig- auf Tempelgesimsen, in deren
Nachbarschaft es immer etwas zu schmausen gab , nud wo sie
*) Beger in Spicileg. Antiq. n. IIF. p. 6. f. Ans den dort gegebenen
Münzen läfst sich gar nichts schliefsen. Die eine mit der be-
kannten Inschrift KOINON KlAlKIAS hat allerdings einen
Adler im Giebelfelde des Reliefs. Allein da diese za Tarsus un-
ter den Kaisein selir häutig vorkommende Münze (s. Eckhel,
Doctr. Nnni. V. T. III. p. 78.) den Tempel auch ohne den Adler
Jiat, so sieht man, wie willkürlich dieses Adlerbild darauf gewesen
ist. Eben diefs gilt von der Münze von Seleucia , wo der Adler
nur als ein Zeichen des blitzenden Jupiters auf die Spitze des vier-
säuligen Tempelchens gesetzt wurde, und auch fehlen kann, wie
man aus einer übrigens ganz gleichen Münze bei Pellerin, Recueil
T. III. pl. 80 , 70. sehr deutlich sieht , wo statt des Adlers nur
ein Knauf auf der Spitze angebraclit ist. üebrigens möchte ich
damit keineswegs leugnen, dafs nicht oft Adler aus Bronze auf
die Giebelzinnen gesetzt oder als Reliefs auch in den Feldern an-
gebracht worden wären. Beispiele finden sich häufig auf Münzen
(vergi. Spanlieim, de Us. et Pr, Num. T. II. p. 646.) und an-
deren Denkmälern. Ja ich möchte sogar d«n Adler bei Cajlus,
Recueil des Antiquites T. IV. pl. 85., 3. wegen der an den Flü-
geln eingebohrten Löcher lieber für eine solche Tempelzierde als
für einen Legionenadler lialten.
/ »*) Nach der italienischen Ausgabe von Fea, T. IlL 65»
\ ***) S. .die Vorrede zum Museo- Clement. T. IV, p. VII., womit auch
Heyne zum Pindar S. 160. der neuen Ausgabe einverstanden
ist.
4) Wie auch schon Saumaise ad Script. H. Aug. T. I. p. 675. und
Gedoyn , Ilistoire de l'Acad. des Iiißcriptions T. VII. p. HO. ge-
than haben.
Uölliscr'i ivleinc SchliticJi 1, 10
290
als B«t(«'H mid T.it'ltllniifi <1<'S Zoiis *) eine iinvcilolzlirho Fioislälto
laiMli'ii, waliisi'lioirilicli .•iiicli oft scllist von de» Pricslcrn und Tfin-
(wldiciu'iH als lioilip,« Tliiore i:;o|illi'i;t oder dem Alteij;l.inl(('n als
voi bedeutende Anzeichen vori?eslellt wurden **). Dafs dirs iiänli»-
der Fall war, licweis't ein Fraiiinent des allen Koniiidit-ndidilcrs
EpiUrales , w» er die rünherisclien , dnreh's Alter iluer Reize liOr
raubten Bulileriinien mit solilien allgcwordeneu Adlern verj^leicbt:
Und wenn sie alt geworden, sitzen sie
Dann auf den Tempeln, hart von Frefsbegier
Cie^iuilt, das Iiült man für ein Wnnderzeicben ***).
Nun hat der eigentliche Gold- oder Steinadler (faico chrysaeelos,
Linn.), wenn er ruht, die Art, beide Fliij^el so sinken zu lassen,
dafs dadurch die Figur eines Dreiecks der lebhaften Phantasie der
Griechen sehr leicht vor Ansen geliracht werden konnte. Man er-
innere sich nur an die ]>r;iclitiü,e Seliildernnu, des königlichen Vo-
gels l)eini l'indar in den Pvthisclien Siegeshvninen (1, 10.): .,es
schlummert auf dem Scepler der Adler des Zeus , den schnellen
Fitlig auf beiden Seiten heralisenkend." Und gerade so finden
■wir ihn auch noch auf alten Denkmälern gestaltet f). Nun erst
begreift mau auch, wie der Name Flügel (xTs^ä) mit der Beuenn-
*) Das Adlersymbol, das bis anf den heutigen Tag seine Fittige über
ganze Ileiclie ausbreitet, lüfst sicli vielleicht seihst bis in's frühe-
ste Alterthum und bis Oherasien verfolgen. Der gelehrte Präsident
der Gesellschaft zvi Kalkutta \V. Jones erklärte den indischen
Adler für den echten Vogel Jupiters Vergleiche Lichtenstein's
Rede in Eichhorn's allg. bibl. Bibliothek Th. VlII. S. G14. Da-
her ehrten ihn auch die Perser nnd Aegypter als ein ßaffiXiAcv
^tucv, Diodor I, 87., noch ehe die Griechen ihn in ihrer Bildiie-
rei und Augnraldisciplin zum Hunde des Jupiter (nach Aeschylns,
Prom. 1020. n. Agam. 139.) erklärt hatten. Kr war wahrscheinlich
selbst ein Fetiscli und als solclier kommt er von den Etruriern
nach Rom und auf die Paniere der Römer.
**^ S. die Collectaneen bei Spanheim zu Callim., II. in Jovem. C9, p.
58. und Staveren zu Fulgentius, ]\Iyth, I, 25» p, 654.
***) Atli. Xlll. 3. p. 570. C.
Orav h's yviqäffy.Miriv j)ü>), iv) rcre
'F,irt Tcüf vtoi; l^wji vitvüJvTBg y.ay.wg k. r. X.
"f") S. den Jupiter anf der Ära in der Villa Alhani bei Winckelmann,
Monuni. Antich. Ined, n. G. Man niufs liierbei nur den fliegenden
.Siegesadler, wie ihn z. B. Aristomenes als Relief (xpifri/Tsv, crusta,
denn so verstehe ich das Wort sifiSy^/xa) auf seinem Schilde trug,
beim Pausanias IV. 16. p. 513., von dem ruhenden auf Saiden und
anderen Krhöhungen, wo er blos zur Zieratli diente, unterscheiden.
291
iiiig- Adler in diesen Tenipeljiiebelii bIcIi vereinigen konnte *), der
doch gowifs Itlos nni der Aehnliclikeit willen juifänglich nur vou
den bervorragendiMi Aasseliwcitiingcii des Giebeldaches anf beiden
Seilen und sjiäter erst von den um den Tempel bernnilanfenden
Sünlenreiben und Galeriecn (in den arcliitekloniscbeu Bencnnnngeu
Peripleros, Dipleros u. s. w.) gebranciit wurde.
Eine alle Üeberliefcrnng sehrieb die Erfindung- zweier Fron-
tons an den Tempeln den Corinlbiern zn. Denn diefs will Pin-
dar sagen, wenn er in seiner etwas gesnthlen Spraebe da , wo er
vom Genie der Corinlhier spricht, auch diefs zn ihrem Lobe an-
führt: „wer Anderes als sie hat den doppellen König der Vögel
auf die Tempel gesetzt? <^ ♦*) Man bat diese Stelle gewöhnlidi so
verstanden, als wenn die Corinlhier überbaujit die ersten Haumei-
ster gewesen seien, die den glücklichen Gedanken gehabt hiiltcn, das
Tempelgesimse mit einem Fronion zu zieren. Allein diefs wollle
Pindar gewifs nicht sagen. Nnr von einem doppcllen Fronton ist
die Rede ; und so erführen wir also durch jene Stelle nnr die Ur-
heber der Tempelforui, vrelcbo die späteren Baumeister Amphi-
prostvlos (Yitruv, HI, 1.), Tempel mit Vorder- und Hinterfronte,
nannten.
*) So sagen die Schollen zu Aristopbanes''s Vögeln 1110: ra; rwv
/ejtuv (Trsy«? vrsgci y.a] äsrcui v.äXovc-«. Vergl. Yalckenaer, Diatr,
ad fragm. Eurlp. p. 214. Hierher gehört auch die Glosse des He-
sychius, der astig zweimal T. I. c. 116., 17> und c> 149., 7. to
yv/xärtov av ro7f yttffaoii erklärt. Was die nujuatiöc sind, zeigt
Sanmaise zu den Script. H, Aug. T. H. p. 572., vergl. zu Hesy-
cliius T, II. c. 375., 10. Ks ist liier noch nicht an die spätere
Bedeutung, wo es so oft beim Vitruv für die Kehlleiste steht, (s.
Baldns, Lex. Vitruv. s, v. und Rode's Wörterbuch S. 14.) zu
denken,
**) Pindar's Olymp. XIII. 29. Die Schoben berufen sich dort auf das
Zeugnifs des Tiinäus, der eben dieses erzählt hübe. Der Tempel
von Corinth , den wir auf dem bekannten Relief der Villa Albani,
wo die Scene mit dem Diogenes vorgestellt ist, in Winckelmanu's
Monument. Antichi Inedit. n, 174, erblicken, bat doch nur ein ein*
ziges Giebelfeld.
19
IV.
üeber die Sclaveiitracht
der
Fabula Palliata.
Si
►ic frao^en micli über das Kosliim «1er fabnla pallia(a. -- Un-
sdcifi^ steht Ihnen ein Exemplar des Codex Valicaiiiis des Terenz
mit colorirten Tafeln zn Gebote. — Die hier naeh der üeberlie-
feiiinj^' j^ei^ebenen Abhildnngen sind doch immer nicht ganz zu ver-
aehlen. Herder in Wittenberg fühlte sehon in der Mitle des vori-
gen Jahrhunderts ihre Wichtigkeif. Die kostbare, scliwer nachzn-
liiblende Maske können wir uns in unserer JNnfsschale vom Thea-
ter lüglich ersparen. Aber falsche Nasen und ein Slirnsiück sind
doch anznrathen. Als von Einsiedel in Weimar seine Brüder nach
Terenz zum ersten Male auf die Bühne brachte, glaubten Heinrich
Mever und ich, als wir uns mit Gölhe darüber heriethcn, doch die
an Stirnstreifen zu befestigenden Nasen nicht entbehren zu können.
Sie haben unstreitig diese Brüder mit der colorirten Bildertafel,
■wie sie bei Göschen in Leipzig erschienen sind. Nach diesem Vor-
bilde sind sie wohl acht Jahre hinter einander in Berlin unter Iff-
land gegeben worden. —
Sie fragen, wie sich die Sclaventracbt von der der freigebo-
renei), aber nur gemeinen Bürger unterschieden habe. Ich halte die
Tunica , j^/rüjv iTj^o/aac-^aXo^ u. s. w. für sehr unzuverlässig und
höchstens aus einzelnen Fällen altstrahirt. Ich bin überzeugt, dafs
die Sclaventracbt in Athen von der der ärmeren Bürgerklasse, von
den ^>jTSf, sich eben so wenig unterschieden habe als in Rom von
dem tuuicalus popelliis. Auf der Sfrafse hatten sie gewifs auch
ein kurzes Mäntelchen , was aus einer Stelle des Terenlius und
Plautus hervorgeht. Nur war Alles kürzer, enger, dürftiger, die
Farbe schmuzig braun oder grau, plebs pullata, <f)a/cx'''rwv ; so auch
bei den Sclaveo. Es ist das drab coloured des britischen John Bull.
Sie fragen : Hatte der Parasit Phormio in seinem Ansehen
Hud Kostüm etwas Charakteristisches? Der einzige Helfer in der
293
Notli ist aiu-li liier das Onomaslimm des Polliix IV, 148. Erst
iiiiteisrheidet man den y.ika^ , wie der Gnatlio ist, im Euniichus,
und den Tra^äairog vou unserem Plioruiio, Aber Beide Laben et-
was Gemeinsehafiliches. Sie sind iiziyQvwoi , Habicbtnasen, und
fjToSjTf, (so müssen wir lesen) Gennfsmänuer. Aber es niebl ein
dritles Merkmal. Sic sind //i'Aavsf, d. h. von dnnkeler, gebrannter
Gosiclitsfaibe , welclie iliiien etwas Verwogencs, Unternehmendes,
Keckes giebl (das confidens bei Teienz). An die Farbe des Klei-
des ist dabei nicht zu denken. — Das geht ans dem Zusätze im
Pollnx hervor, oCa in ryi; iraXa/o-Tfoif, denn so mufs nnbezweifelt ge-
lesen werden statt des verdorbenen o-jy. i^M ■jraAoi'ffTfaj. Es ist bekannt,
dafs die paiaesira durch das, was man Einsaibnng- und Bränniing-
in der Sonne (nnclio , insola(io) nannte, der Haut der durch die
Gymnastik sich kräftigenden Männer und Jünglinge jene mannhafte
Bräunung gab, die die Griechen durch das unübersetzbare Wort
irTvo; bezeichneten und der weibisch wcifsen Hautfarbe eo schneidend
eufgegenstelllen, so wie auch in den Bronzestatueu der Alhlelcn nach-
ahmten. Diese noble Schwärze war es nicht, sondern die eines
ueapolitauischen oder römiscbcu Banditen , ruffiano. Damm hiefs
diese Art fxikavsg, nigri. — Hieher geliörl die oft citirte Stelle
iu Cicero's Rede pro A. Caecina c. 10. : Phormio uec minus niger
quam ille Terentianus est. — Diefs mufs freilich zuerst auf die
verruchte Denkart des Kerls bezogen werden. Allein diefs wurde
doch auch durch die Gesichtsfarbe der Maske ausgedrückt. Hotte-
mann hat zu jeuer Stelle eiu Fragment aus einem Lustspiele des
Komikers Alexis angeführt beim Athenieus, das vielleicht Pollux
selbst"^ im Sinne hatte. Also würde sich der Acleur, der die Na-
nienrolle des Stückes spielt, dem gemäfs ganz besonders das Ge-
sicht anmalen müssen ; was aber Pollux vou den breitgeklopfteii
Ohren sagt, (es war wToxXaS/a; , aber nicht durch eiuen Pankra-
tiasteuschlag , sondern durch die colaphos der Tisclipatroue) könn-
te, sowie das Hinanziehen der Augenbrauen nur au einer Avirk-
lichen Maske angebracht sein. — Ich bemerke nur noch, dafs iu
der Stelle des Pollnx gleich darauf statt des sinnlosen 6iV.ov<xi; ge-
lesen werden mufs Z^njwviKs;. — Auch was über die Koslüniiruug
des Huren wirths (xo^vo/Soa-v.:?, eine charakteristische Allileraliou des
y^ot^cßo'yy.öi;) l)ei Pollux 5, 145. Vorkommt, lehrt uns weiter nichts,
als dafs der Kerl gewöhnlicli mit einer Glatze abgebildet wurde.
Indefs, wenn auch Pollux hier von der Farbe des Schandbuben
schweigt, so ist es doch der Aualogie gemäfs, dafs er buntgestreifte
Kleidung gehabt habe. Denn auch die Verschnitteneu , was aus
dem Eunnchns bekannt ist, und die Lustdirnen selbst zeichneten sich
durch solche buntstreifige Tracht aus, vou welcher ich übri-
gens im Allgemeinen einen Aufsalz im Wiener Modejonrual vom
Jahre 1826 gegeben habe. Denn wenn auch die Griechinnen nu-
streilig auch farbige, besonders gelb gefärbte und schillernde Ge-
294
w.'liiilei' sfels ••t'{ra«!;'eii haben, wie sie solioii PolyJiiiot nia1<e, so Ist
dids (loili selir von den biinlsliTifia,en und c|nadrilliilen SlolFen zu
imleisflieiden, die wooen der Gescliniaeklosii^kelt iliier sich durch-
schneidenden Linien in den Aniien der feinsinnigen Griechin-
nen immer als el\v>is iJaiharisches erschienen. Der »anze Kn|t|i-
lernarm aber kam über Cv|iern ans Asien, Ans der Stelle des Poc-
Duius des PianlnslV, 2, 23.; ntvestilns est j)erfossqr parietnm, l;ifsl
sich uiiithniarson, dafs so ein liallio wirklicli eine anlfallende Kleidung
liaUo ; der dort excerpirle Tninehns (aus dessen Adversariis) hat
seine Weisheit doch nur dem Julius Cäsar Scaliger in dessen Poetik
I, 14, Äu danken. — Was übrigens die farbigen Gewfinder auf
den griecliischen Bühnen (die noch immer von der üblichen Tracht
im gemeinen Leben untersciiieden werden müssen) im Allgemei-
nen anbefrifft, so leidet es keineu Zweifel, dafs die ganze <7xsv»)
der Tragödien in den lebhafteslen Farben in Malerei und Sticke-
rei (durch die plirvgiones) sich hervorhob. Man darf, um sich davon
zu übfizeugen, nur einen Blick auf die colorirte, fast nur tragi-
sche Actcurs iu ihrem Kostüme darstellende Mosaiklafel werfe»,
die noch nach Milliu's Tod in Paris in einem eigenen Werke, De-
sciiplion d'une mosaique autique du Musee Pio- Clementin a Rome
(Paris, Didot 1819.) erschienen ist. Ich habe diesen Punkt selbst auch
iu meiner Abhandlung üher die Furienmaske erläutert. Auch
bat unser Baron von Stackeiberg eine ganze Reihe solcher tragi-
scher Acteurs sehr buntfarbig iu seinen Portefeuilles. Aber die
Garderobe der Komödie wufste von solcher Pracht und Herrlich-
keit nichts. Die Hauptsache, wie auch aus Pollux deutlich her-
Yürgeht, war die Charaktermaske. Die Kleidung wich wohl nicht
von der im gemeinen Leben auf dem Lande und in der Stadt ab.
Hier blieb Weifs mit allerlei verbräniender Einfassung die durch
das Herkommen gebotene Hanptfarbe ; darauf nnifs auch bei einer
modernen Darstellung des Antiken besonders Rücksicht genommen
werden. Doch erlaubte man sich bei der Aufführung der Brüder
in Weimar auch davon aus triftigen Gründen manche Abweichung.
V.
Waren die Frauen in Athen Zuschauerinnen
bei den dramatischen Vorstellungen?
Erste Abhandlung.
Öo aiiffallcinl ancl» die Vernciining dieser Frage Jedem, der un-
sere Silteii zum ]Mafss(ab des grieeliischeii Alierthums näiime, sein
müfste, so ausgemacht gewifs sclieiiit es mir doch zu sein, dafs
ehrbare Alheiieriiiiieu nie das Theater als Znschanerinncn be-
suchten. Schon im Allgemeiuen liefse sich dieses aus der, in meh-
reren Stücken bis zur orientalischen Haremsselaverei gehenden
Eiuschränitung nnd Absonderung der Griechinnen in ihren Gjnii-
eeen schliefscn, von welcher Alles, was Lucian in einem seiner
unübersetzbaren, aber für die Kenntiiifs des Verhältuisses bei-
der Geschlechter gegen einander bei den Griechen ünfserst wich-
tigen Gespräche *) gesagt hat, mir keineswegs übertrieben zu sein
scheint. Weiber, die, gewisse heilige Processioneu bei den Ceres-
nnd ßacchusfeiern ausgenommen, (wobei es aber auch dann desto
zügelloser herging) wie die sogenannten pervigilia , ■KawuxKX'^i^o!,
biulänglich beweisen '♦), nie eigentlich im Publico sich repräsen-
*) Icli meine die unter den Aretinischen Schriften des Alterthuins
obenan stehenden "Ef wt«; , amores T. II. p. 397. if. Op. Eine
hierher gehörige Hauptstelle hat doch schon Mein er s übersetzt
in seinen kleinen vermischten Schriften Th. I. S. 66. ff.
Alles, was de Paw in seinen Recherclies sur les Grecs T. I. p.
116. ff. zum Nachtlittl der so eingeschränkten Athenerinnen ge-
sagt hat, ist bis auf einige ihm eigene Paradoxen volle Wahrheit.
**) Eine selir merkwürdige Stelle steht in den The.-5niophoriazusen des
Aristophanes V^. 637. ff. Daher sind die iravvuyi'des ^" *^'^" ^**~
jiiüdieen des Menander so oft als Veranlassung geschwängerter
Bürgerstochter gebraucht worden. S. Aelian, de animal. VII, 19.
u. Paw, Keclierches T. II, p. 210. ff.
296
liiton kamen eben so WPiiij^ z« einer draiiindsclicn VorsfoUnn"; als
zu einer Volksversaniniliiii^,". Eben tliefs lii-fsc sieh aneh seboii
gcwisserniafsen aus den strengen Verbofen scliliefsen, naih w«'lcheii
den Frauen das Besnclien mehrerer lieiligen Spiele , besonders der
Olynijjisehen , bei Lebenss(rafe nnlersaj*! und eine Ausnahme von
diesem Gesetze eine anfserordenllithe Merkwürdigkeit war *).
Darum, und weil niigends eine Frau bei irgend einer öirentlichen
Verhandlung hervortreten durfte, wäre es auch nach den BegrillVn
des Altertlinms eben so ungereimt als unanständig gewesen, weib-
liche Rollen durch andere als männliche Acteurs auf den Theatern
spielen zu lassen **). Erst in den np|)igsten Zeiten Roms mach-
ten die Mimentänzcrinneu von dieser unabänderlichen Wohlstands-
regel selbst unter dem ^olke eine Ausnahme, das doch seineu
Frauen vom Anfang an viel mehr Vorrechte und ölFentliche Re-
präsentation zugestand.
Indefs wird das , was bis jelzt nnr durch allgemeine Mnth-
niarsunü,eu gefolgert wurde, noch weit mehr durch das hartnäckige
Stillschweigeri bewiesen, welches die Griechen über eine Sache, die
so viele neue Berührungspunkte, wenigstens für den vertrauteren
Unigang mit den Courtisaneu oder Hetären gegeben hätte, beob-
achtet haben. Sollte nicht wenigsten!» im Athenäus oder in den
Hetärengespräclien des Lueian oder in den Hetärenbriefen des
Alciphrou und Aristänet eine Spur vom Besuchen der Theater
vorküuimen, da doch in unseren Tagen die Theater zu verliebten
Abenteuern so häufig die erste Veranlassung geben, und eben diefs
schon bei den Römern so oft der Fall war? Mir hat es aber
wenigstens bis jetzt noch nicht glücken wollen, bei einer ununter-
brochenen Aufmerksamkeit auf diesen Punkt auch niu- eine einzige
nnzweideutige Stelle aufzufinden, die uns die Weiber als Zuschaue-
rinuen bei den dramatischen Vorstellungen erblicken liefse.
Freilich hat es nicht an gelehrten Alterthumsforschern gefehlt,
die diefs sehr zuversichtlich behauptet haben. Mao mufs also
*) Scheffer und Kühn zum Aelian, V. H. X. I. und Moses du
Soul zum Lueian, pro Iniag. c 11. T. II. p. 490. haben schon die
hierher gehörigen Stellen sehr üeifsig gesammelt. Ks versteht sich
aber, dafs hier nnr von dem eigentlichen Znsehen die Rede ist.
Denn sonst gab es bei diesen nngemein volkreiclien Messen AVei-
ber die Menge, worauf Aristophanes ein eigenes Lustspiel, die
ffv.vjvif MarrtXa/^^ovojs-ai, gemacht hatte, wovon wir aber nur nocli
einige merkwürdige Fragmente übrig haben. S. Op. ed. Brunck
T. III. p. 265 f.
') Schon Du B o s macht darüber in seinen Reflexions sur la poesie
et la peinture T. III. p. 191. f. einige feine Bemerkungen. Die
vorzügliciisteii Beweisstellen ündet man bei Barthclemy, Voyage
d, jeune Aiiacharsis T. Vll. p. 283.
297
]n\\]'^ Nachfrage lialleii, wie diese Männer zu oiiior solclieii Uclter-
z(Mi<;iin<r •:;<'koimiieii sind. Icli nenne hier «nr den Isaak C a-
sanbonus, dessen Ansehen spätere Conipilaloren oline alle wei-
tere Priifnno-, wie gewöhnlich, gefolgt sind *), niid so auch diesen
Irrihnm bis anf die nenesten Conijtendien fortgepflanzt haben. —
In der Charakterschildernng eines eiteln Gecken beim Theo-
phrast **) wird unter Anderem anch der Zng- angeführt, dafs er
sich im Theater gern dahin dränge, wo die Strategen ihren Ehren-
platz zu hal)en i>llegten. Diefs giebt «lern belesenen Erklärer des
Theophrast, dem Casaubonns, Gelegenheit, über die verschiedeneu
Abtheiinngen der Sitze für die verschiedenen Klassen der Znschauer
! in den griechischen Theatern einige Bemerknngen zu machen ***).
I Nachdem er über die Proedria oder den Ehrensitz im Theater
einige ziemlicli oberflächliche Erinnerungen f) gemacht hat, wird
angeführt, dafs anch die Senatoren und die Jünglinge bis zum acht-
zehnten Jahre ihre eigenen Plätze gehabt hätten. Eben diefs
gel der Fall mit den Richtern und wahrscheinlich anch mit
den Rittern in Athen gewesen. So weit ist Alles richtig- ff),
und die hierzu angeführten Beweisstellen lassen sich aus dem Pol-
Inx noch mehr bestätigen. Aber nun wird die Sache noch wei-
ter fortgeführt : „Da uuu auch den Weibern das Besuchen des
*) Den Casaubonns hat Bonlenger in seinem Bnclie de theatro
studiisqne scenicis I, 25. f. 64. ed. prim. beinahe wörtlich ausge-
schrieben. Von Bonlenger, den wieder alle Neueren um die Wette
geplündert haben, gelit es als Ueberlieferung immer weiter fort.
So erzählt uns Potter in seiner Arcliäologie , die auch nach
Rambach's Bearbeitung noch auf jeder Seite von den gröbsten
Irrthümern wimmelt, (Th. 1. S. 94, Uebers, v. Ramb.) dafs die
obersten Sitze für die Weiber bestimmt gewesen wären. Diefs
hatte weder Casaubonus noch Boulenger gesagt, sondern Potter
schreibt es aus eigener Weisheit, indem er auch liier, wie gewölui-
licli, das griechische Theater mit dem römischen verwechselt.
**) eil. V. 3.
***) Commentar. ad Casaub., Cliaract. p. 71. ed. Fisch.
•{•) Dieser in den kleinen griechischen Demokratieen bis zur Raserei
gesuclite Ehrenpunkt ist selbst nach dem, was Hemsterhuys
über PoUux VIII, 133. und die Profanpliilologen zu Matth. XXIII,
6, gesammelt haben, noch mancher genaueren Erläuterung, beson-
ders aus Inschriften, fähig.
•J-f) Angenommen nämlich, was doch aller Wahrscheinliclikeit nacli an-
genommen werden mufs, dafs Alles, was bei den Volksversamm-
Inngen (Ev.KXi^cTi'a/; , die auch in Athen, einen einzigen Fall aus-
genommen, im Tlieater gehalten wurden,) gegolten bat, anoli bei
den dramatischen Vorstellungen in eben diesem Theater beobach-
298
Theaters crlaulit war, — aljor »erade tHefs niiifsfe ja erst bewie-
sen weiden! — so waren die Sitze der iiiiiiiiiliclir-n und weib-
liclieii Ziiseliaiier iialürlieh aiu-li von einander i>-clreiiiit. Eiu ji>'C-
wisser Siilivromaclios halte danlljcr ein eigenes Gesetz veraiilafst,
iiaeli welebeiii die iibellicrüeliliiiteii IVIiidelieii einen abi^esonderteii
Sitz von den ehrbaren Franen erhallen sollten."
Hier wäre also aller(lin<:,s ein entscheidendes Zenj^nifs , wenn
S02:ar dnreh ein eij^enes Gesetz oder Psephisnia in den Sitzen der
Zuschauer eine llan^ordnnn^' zwischen Hetären und Matronen Iie-
stimint worden wäre. Es ist daher wohl der Mähe wertb, eine
Stelle, die zn so vielen Milsversländnissen Anlafs gegeben hat,
genauer zu untersnchcn , da sie znnial Casanbonus nach der da-
maligen unbestininiten Art zu eitirea niciit genau angeführt hat.
In den Ekklesiaznsen des Arislophanes tiill die klage Praxa-
gora als Vorrednerin auf und hält eine zärtliche Anrede an ihre
JNacbtlauipe, die Genossin nnil Yertranle manches nächtlichen Ahen-
tenei-s. Hierauf ertbcilt sie V(m Schriften, wie sich der elien erwar-
tete Weiberklubb beim ISicderselzen zu verhalten habe. Diese Stelle
würde nach der älteren gewöhnlichen Lesart ungefähr s o übersetzt
werden müssen:
Es setze jede sich auf üuen Platz,
Wo nach dem Ausspruch des Spliyroniachos
Hetären hinter den Matronen sich verbergen *).
Diese für uns ganz unverständliche Anspielung erhält in de«
allen griechischen Schollen folgende Aufklärungen : Kleomachos
(man siebt, dafs hier eine andere Lesart war,) war eiu tragischer
Schauspieler, der einmal durch die falsche Aussprache eines Wortes,
wodurch ein Doppelsinn entstand, ein grofses Gelächter erregle. —
So weit der erste und ältere Scboliast. Nun folgt ein zweites
Scholion. „Sphvromacbos veranlafsle ein Dccret, dafs die IJ n li-
ier i n n e n von den f r e i g e b o r e n e n Bürgerinnen abge-
sondert sitzen sollten. Andere sagen, dafs nach diesem
Decret nur eine Absonderung der Mäuncr von den
Frauen angeordnet worden sei." Diefs ist nun eben das De-
cret, auf welches sich Casanbonus in jener Anmerkung bezieht,
und das uns sogar in den ßriichstücksauimliingen attischer Gesetze
als ein besonderes Polizeigesetz aufgeführt wird **).
tet wurde. Denn eigentlicli reden Polhix, Hesychius und die Sclio-
lien des Aristophanes doch nur vom ^'orsitz der Richter bei >'olks-
versamnilangen, nicht bei tlieatralischen Scliauspielen.
*) Aristoplianes, Kkklesiaz, V. 21 — 23.
*) Man sehe Samuel Petit, Leg. Att. 111, G. p. 37-i. ed. Wei-
sel. Schon Wesseling hat l)enierkt, dafs Petit hier auch Ca-
saubüiius zuiii Vorgänger gehabt habe.
299
Die SfcUe dos altoii Koiiilkers, die diese Srlioliasfon -Deiidiii-
j!^en veraiilafstc, !>'('liöi( jjt'wifs zu den allerscliwierisiston in diesem
dnicli witzij^c Aus|iieliingen aller Art so rfäthselliaflcn Dichter. In-
defs hat der allere Scholiast zur Aufklärung' des erslen Verses
einen sehr guten Fingerzeig gegehen *) , wenn nur die neueren
Erkläier ihn zu verstehen Augen und Ohren gehaht Iiätten. Denn
auf ein feines Gehör kam es hier ganz eigentlich an. Ein (ragi-
scher Schauspieler, welcher Sjdivroninchos oder, wie der alte Scho-
liast will, Klcomachos hiefs, heging hei der Aussprache eines Wor-
tes, worauf hier heim Komiker der ganze Witz gestellt ist, einen
lächerlichen Fehler, wodurch ein ehen so sonderharer Doppelsinn
entstand, als wie ein anderer seiner Collegen, Ilegelochos , statt
der Meeresstille ein Wiesel erhlickte **). Diefs und nicht
mehr will unser Dichter in den ersten zwei Versen den hei sol-
chen Fehlern in der Declaniation nnerhittlich strengen Athenern noch
einmal zum Befsten gehen. Der dritte Vers ist oilenhar durch die
Ahschreiher verdorhen, und die von Scaliger zuerst vorgeschlagene,
von Brunck aher mit Recht in den Text aufgenommene Lesart
die einzig richtige ***). Nach dieser Veränderung erhält nun aucli
der dritte Vers einen ganz andern Sinn :
*) Nur ist freilich zu bemerken, dafs dieses ältere, sehr schätzbare,
Schollen, so wie es in der KUster'schen Ausgabe abgedruckt wur-
de, durch Weglassung eines einzigen Wortes auch verstümmelt
ist. Zum Glück können wir dieses Wort jetzt ans den Schollen
des Ravennatischen Codex, die neuerlieh Invernizzi in seiner
bei altem Ueberflüssigen doch scliätzbaren Ausgabe des Aristo-
phanes T. II, p. 518. uns niitgetheilt hat, ersetzen. Statt s}ny^yj-jat
-•< heifst es liier sJ^ vjxiva« iä^ «?. Und nun ist es deutlich, dafs der
Schauspieler, welcher s'Sf«; oder i'haoiiy'' vom Zeitworte Jo^y zu
deelamiren hatte, dnrcli einen zu starken Hauch von vorn, viel-
leicht auch durch ein falsches Abtheiien von hinten, wenn es
shgeca^ nüt dem Apostroph war, daraus das Nennwort hpocg bilde-
te, welches auch einen gewissen Tlieil des Körpers bezeichnen
konnte, dem vor allen der Vorsitz gebührt. Man denke sich z. B.
nur den Vers des Euripides in der Medea V. 311. so decla-
luirt, um das Lächerliche zu fülilen.
**) Die bekannte Stelle beim Aristoph., in Ran. 303., die weder
Markland zu Euripides, Suppl. 901., noch Barthelemy, Voy-
age d. j. Anach. T. VII. p. 404. richtig gefafst haben, die nun
aber durch Prof. Wolf in Prolog, ad Odyss. edit. II, p, XXIX,
ilu'e völlige Aufklärung erhalten Jiat.
****) Man mufs synaSi^ofAiva; lesen, worauf auch eine Variante beim
'Invernizzi zu führen scheint. Uebrigens hat Le Fevre in sei-
nen Anmerkungen zu dieser Stelle p. 199, ed. Kust. auch aus der
300
Die Bulilerinnen mögen zwischen uns sich setzen
Und sein, was wir sind, —
Offenhar ein liii-herliclies Gest.'indnifs , dafs die feinen Weiher und
Matronen, die siel» hier in dieser den Männern nachj^eäfften Ver-
8aminlnn<i,' allein einfinden sollten, im Grnnde nicht viel liesser wä-
ren als die öffentlichen Frcndendinien. So erklärt, hat die Stelle
nicht die geringste Beziehung auf ein Gesetz, das freien Weihern
nnd Hetären einen hesondeien Platz anf dem Theater angewiesen
hätte. Und — dieses ganze Gesetz Ut nichts als eine lächeiliche
Hirngehint eines späteren Scholiasten *), der sich ans der dnnkeln
nnd Mahrscheinlich schon sehr früh verdorhenen Stelle nicht anders
heranszuhellen wufste, als dafs er den Sjihj romachos anf gnt Glück
in einem eigenen Psepliisma zn Athen eine solche Theaterordnnng
machen liefs, als sie vielleicht in Rom, wo die Franen alle Schan-
spiele,, ohne Aergernifs zu gehen nnd zn nehmen, lleifsig besuch-
len, zu seiner Zeit in Gehranch sein mochten.
Ich wende mich nun zn einer anderen Stelle, die Casanbonns
ebenfalls anführt, um zu beweisen, dafs wahrscheinlich sogar die
fremden Frauen von den Bürgerinnen im Schauspiel abgesondert ge-
sessen hätten. Es ist diefs ein Fragment ans dem neueren Komiker
Alexis, welches der gelehrte Wortsaramler Pollnx zum Beweise
der Bedeutung des Wortes xs^k/j anführt **), nach welcher es eine
Reihe von Sitzen im Theater bezeichnet. Dort sagt iinn freilich
eine Frau ausdrücklich, indem vom Theater die Rede ist;
Dort liinten ganz am Ende sei der Sitz
Euch und den fremden Weibern zugetlieilt!
Was kann für die Bejahung der hier bestrittenen Sache deut-
licher seiu, höre ich frageu, als diese Stelle? Und so wenig «luch
verdorbenen Lesart durch blosen Scharfsinn den richtigen Sinn
ziemlich genau angegeben.
AVer mit der ersten ZusammenstoppeUing dieser Scholien, die 31 u-
surus bekanntlich für die Aldinisclie Druckerei iibernalun, nur
etwas bekannt ist und auch nur die Klagen eines Hemster-
huys zum Pin tu s p. 133. wohl erwogen hat, wird meine Mutli-
mafsung, dafs diefs ein Zusatz eines Scholiasten aus dem röini-
sclien Zeitalter sei, gar nicht befremdend linden. Noch fehlt uns
Jemand, der diesen Scliolien eben die kritische Siclitung wider-
fahren liefse, die Show mit eben dieses Musurus Arbeit an dem
HesYcliius getlian hat. Einen vortrefflichen Codex in der St. Mar-
cus-Bibliothek, der liier zum Grunde liegen müfste, kennen wir
jetzt aus Villoison's Proleg. ad Ilomerum p. XIX. Vergl. Fa-
bricius in Biblioth. Gr. T. II. 374, edit. nov.
PoUux IX, 44.
301
diese eliizige aus dem Zii.sainmonliaii;;o heraiisgoilsseno S(elle für
einen sicheren Beweis einer Belianptnn»' gelten konnte, der der
Geist des j^anzen <i,Tiecliischen Alterflinnis widerspricht, so würde
sie doch hei denen iaiiiier einen Zweifel ührig- lassen, die sich
nach nnseren Begriffen ein Schauspielhaus ohne Zuschauerinnen
elien so wenig' denken können als ein Lustspiel ohne Heirath und
ein Trauerspiel ohne Dolch und Gift. Znni Glück hilft uns hier
der Titel des Lustspiels, aus welchem dieses Fragment genom-
men wurde, und das der gewissenhafte Polliix anzuführen nicht
untcriiifst *), auf einmal aus aller Verlegenheit. Das Stück hiefs
das Weiberregiment oder die G y ii äk okr a tie. Man mnfs
sich nämlich erinnern, dafs die alleren Komödiendichter zu Athen
eine Ilanpigaltnng des Hochkomischen in der sogenannten ver-
kehrten Welt siiclilen und hei der aufserordenilichen Einschränk-
ung, iu der die Alhenerinneu von ihren Männern gehalten wur-
den , keinen lächerlicheren Contrast krinnlen , als wenn sie gerade
die Athenischen Weiher einmal als Verwalterinnen und Besciiütze-
rinnen ihres Freistaates aufstellten und in dieser nagelneneu Wei-
berrepuhlik die Weiber Volksversammlungen hallen, Volksbeschlüsse
fassen , die Akropolis vertheidigen und alle Geschäfte der Männer
verrichten, die Miinner hingegen Alles thun liefsen, was sonst die
Weiber zu Hause thun mufslen. Der ganze Plan des Aristopha-
nischen Stückes , ans dem ich so eben eine Stelle angeführt habe
der E kkl esiaz nsen, beruht, wie schon der Titel sagt, auf
dieser komischen Umkehrung aller Dinge, nnd in zwei anderen
Lustspielen eben dieses Dichters, den Thesmophoriazusen und der
Lvsistrala, liegt gleichfalls dieses neumodische right of Women (iini
mit der neuesten grofsen Verfechterin dieser Ordnung-, der Mifs
Wols ton k raft, zu reden) zum Grunde. Was war natürlicher
als dafs die Nachfolger des Aristophanes ein Sojet, das so reich
an konvischen Situationen war, immer wieder aufs Nene auf die
Uühne brachten '? **) Eben diefs hatte auch Alexis in diesem
Stücke gethau ; und nun wird es auf einmal deutlich , dafs auch
dieses Fragment in eben diesem Sinne anzunehmen, ja gerade
darum, weil hier die verkehrte Welt gespielt wurde , als ein voll-
giltiger Beweis anzusehen sei, dafs im gemeinen Leben die Athe-
nerinnen nie zn dramatischen Vorstellungen in's Theater kamen.
• *) Dafs yvvtxty.oy.^ixTSiot der w^ahre Titel des Stückes sei, fühlte auch
schon Casaubonus zum Athenäns Ili, 35. p. 238.
**) Noch immer ist Lessing's Wunsch nicht erfüllt, dafs Jemand
den unerschöpflichen Reichthum der alten Komiker in Erfindung
neuer Sujets auch nur durch scharfsinnige Benutzung der Winke,
die uns einzelne Titel und Fragmente geben können , selbst auch
zu Nutz und Frommen unserer neuen Dramaturgie , genauer aus
einander setzen möchte. Freilich kein leiclit^s Unternehmen 1
302
Und als einen solchen belraclile ich «aucli eine andere Slolle
im Aiis(ü|>lianes , wo ein ('hör von Weibern darauf anliäi^t, dafs
die lim den Slaat als IMiider tapferer Krieger wohlverdienten
Frauen den Vorsitz im Theater bei solchen Festen, die
von den Weibern besonders gefeiert wurden, haben
luiichlen *). Die ganze mit Aristophanischer Laune durcliwiirztc
Stelle beweiä't unvvidersprcclilich, dafs die AVeiber nie in's Tlica-
ter kamen.
Kaum befüichte ich, dafs einige Worte, die Pollux ans dem
Arisloplianes anführt **) nnd die ihrer Ableitung nach eine
Zuschauerin bezeichnen, als ein Beweis, dafs es wäh-
rend der theatralischen Vorstellungen Zuschauerinnen gegeben ha-
be , gegen mich gebraucht weiden dürflen. Allerdings gab es
Schan<'e|iiänge und ölfenlliche WetlUäinpferspiele , wo auch die
Frauen Zuschauerinnen waren, und dafs gerade von solchen, nicht
aber von dramatischen Vorstellungen , beim Dichler die Rede ge-
wesen sei, beweis't der Titel des Stücks, aus welchem jene Worte
angeführt werden. ***).
Nur eine Stelle finde ich im griechischen Alterthnme, die
mich ich gestehe es, lange selbst zweifelhaft goniacht hat, ob es
nicht wenigstens zuweilen Ansnahmeii von der Regel, und hier
niid da bei T r a n e r sp i e 1 en aiiili wohl Zuschauerinnen gegel)cn
liabe. Es ist dieses die bekannte Anekdote, nach welciier bei der
ersten Vorstellung der Enmenideu des Aeschjlus der schreck-
*) In den Thesmophoriaztisen V. 841. IT,, die namentlich dort ange-
fiilirten Feste, die Stenia (s. Alberti zum Hesycliius T. II.
c. 1268., 26.) und ^'^iri'ophoria (s.AIeursius in Graecia feria-
ta \K 254.) waren blos Weiberfeste, wobei an keine theatralischen
Vorstellungen in Athen zu denken war. Aber gerade darin liegt
auch der Stachel des Aristoplianischen Witzes.
**) Die Worte Siirgix und cvvSeir^i« beim Pollux II, 56. X, 67.
u. s. w.
***) Das Stück führte die Aufschrift «rx^jvä; KaraXa/^/Savoü)?«» , welclie
Casaubonus in einer gelehrten Anmerkung zum Atliea. lY, 20. p.
301., ganz richtig von Weibern erklärt, die bei lieiligen Proces-
sionen, wobei es aucii Jahrmärkte oder Messen gab, ibre Buden
imd Laubhütten aufscldngen, wobei er es sehr wahrsclieinlich maclit,
dafs Aristoi)hanes in dies-^m verloren gegangenen Stücke die Zän-
kereien und Balgereien dieser alten Damen von der Halle
aufs Theater gebracht habe. — Uebrigens empfelde ich, über die
mehrere oder mindere Zulässigkeit der Weiber bei gewissen Schau-
spielen nocli die gelelirte Anmerkung Valckenaer's zu Theo-
krit's Adoniazuscn S. 197. f. nachzulesen. Hier lindet man
die feiasten Giäazüuien gezogen.
303
liehe Aiilillck «los aus 50 Fnilcn lioslclieiulon Cliors niif die Zu-
schauer so slark gewirlU haheii soll , dafs die Kinder vor Furcht
gestnrbeu und die schwangeren Weiber auf der Stelle
m i t u n r e i t' e u Geburten n i c d e r »■ o k o ni ni c n w ä reu. Al-
lein bei genaiieror Uiilersiiclinni>- (iiidet sich bald der Itedcnkliciie Uui-
sland, dals ntan diese Anekdote blos der bi()gra|diisi lien Nachricht zu
danken hal, die aus den Handsclirii'ten desAescIivbis ancii in die neiie-
len Ausgaben seiner Trauersi)iele gekonnnen, aber nur in so fern von
einigem Gewichte ist, als ihre Nacbricblen mit andern nanihafleren
Aussagen übereinstimmen. Nun hat aber weder Polinx *) noch
irgend ein älterer Schriftsleller dieser anfscrordentlicheu Folgen
des Schreckens Ei-wähnung gethan, und doch ist es nidit wahr-
scheinlich, dafs diese in ihrer Art einzige Begebenheit weder vom
Aristojdianes, der doch eine solche Gelegenheit, einen lustigen Ein-
fall auf den h(Kbtral)enden Aeschjlns beizubringen, in seinen Frö-
schen oder im Plufus **) kaum vorbeigelassen halte, noch von ir-
gend einem andern Griechen, dessen Werke wir noch lesen , be-
rührt worden sein sollte. Gewifs , die ganze Erzählung trägt so
sehr das Gepräge der oft bis in's Kindische gehenden Uebertreibung-
späterer Sophisten, dafs man sich des Verdachtes durchaus nicht
erwehren kann , es sei auch dieses eine blose Pihetorication oder
liiichstens ans einem griechischen Sinngedichte entlehnt, wo sich
die späteren Epigramnialisten in der Anthologie gerade in den Be-
schreibungen anfserordenllicher Elfecle, die ein gepriesenes Werk
der redenden oder bildenden Künste auf die Zuschauer hervorge-
bracht habe, wie auf einem Paradepferde nach Herzenslust herum-
lummeln.
Doch, >vie schon oben erinnert worden ist, wer nnr etwas mit
den Verhältnissen bekannt ist, in welchen die Frauen in Athen zn
ihren Männern und zu dem, was das Altertlium öffentliches
Leben nannte, überhaupt standen, der würde sich auch noch
durch scheinitarere Einwürfe, als bisher widerlegt worden sind, in
der Leberzcngnng, dafs die Atbenerinnen nie zu dramatischen Vor-
stellungen zugelassen wurden, nicht irre machen lassen. Aber was
den ehrbaren und freien Bürgerinnen nicht ziemte, war doch viel-
leicht den Hetären im Piräus oiler Ceramirns, den Flöten- und
Citherspielerinnen, die zu jeder Mäuuergesellschaft, zu jedem Sym-
posion und fröhlichen Gaslgelage so gern zugelassen wurden, nicht
unanständig ? Vielleicht wurde bei dieser Klasse, die nie die Pu-
blizität schenete, wenigstens eine Ausnahme gemacht i
♦) Dieser spricht in der merkwürdigen Stelle, worauf sich alle Neueren
berufen, nur überhaupt von der erschrockenen Menge xXvj^ovf in-
vrovj^s'JTo; IV, 110.
**) Man erinnert sich liier gewifs der witzigen Anspielung auf die
EiiMienideu im Plutiis V. 423, ff.
304
Ich zweifle, daPs sich hiervon iracnil eine »ewlsse Spnr in
einem griechischen Schriflslcller erhallen hahe. Auch ist es mir
ans vielen Griinden gar nicht wahrscheinlich. Man vergesse nni-
nicht, «lafs diese auf Unkosten einzelner Zniifle oder Ziinflgenossen
anfgefiihrlen nnd als poetische NVellkänijife hehandellen Schauspiele zu-
gleich ein sehr wesentlicher Theil der jährlich dieiuiaiigen Bacchns-
ifeier, mithin seihst die Besuche dieser Schauspiele eine Art von goltes-
dienstlichen Handlungen "waren, die durch kein fremdes, niiheiliges
Au"e entweiht werden durften. IMan eiinuerc sich eines Gesetzes,
das Jedem, der kein gehorener Athenischer Bürger war, aufs
Strengste verl)ot, an den tragischen und komischen Chören •— so
nannte man die dramatischen Vorstellungen von einem ihrer älte-
sten und auf den religiösen Ursprung des ganzen Drama vorzüg-
lich hindeutenden Haupitheile — als Schauspieler Theil zu neh-
men *) , und an die Freude, mit welcher au einem der drei Bac-
chusfeste der unhegränzte Bürgerstolz der Athener seihst ihre Ün-
terthanen von den Inseln oder die Fremdlinge, wie man sie
mit einer gehässigen Neheuhedeutuug zu Athen gewöhnlich nannte,,
vom Besuche des Theaters ausgeschlossen sah **). Wie hätte ein
Athenischer Frei halt er hei solchen Gesinnungen hier nehen
einer Bnhierin oder auch nur in einem Lmkrcise mit ihr sitzen
mögen I ***)
Aher ich zweifle auch, dafs den Hetären diese Verueigernng
des Zutrittes im Theater so viel Ueherwindung gekostet hahe, als
sie den heuligen Venuspriesterinnen auf dem italienischen Boulevard
oder iu den Bagnios um Covculgardcn herum kosten würde. Sie
*3 Das Gesetz hiefs /^J, y^^c^ivtiv ^ivcv. S. die Haiiptstellen in PIu-
tarch's Phocion c. 50. T. V. p. 33. und Deniosthenes , JVIidian. p.
333. cd. Wolf. Noch ist hier Manches aufzuklären! Die Colle-
ctaneen giebt Petit, Leg. Att. III, p. 353. if.
**) S. Aristophanes in den Acliarnern V. 503. ff.
♦**) Ob nicht zuweilen zur Seite der Schaubiilme selbst auch wolil
eine Hetäre ilir Wesen getrieben habe, ist eine andere Frage.
In mehr als einer Rücksicht merkwürdig ist eine Stelle in Alci-
phron's Briefen II, 4. p. 248. ed, Bergl. , wo Glycera, auf dem
Prosceniiiin stehend, ilirem Menander Beifall zuwinkt. Auch liefsen
sicli wohl zuweilen Mädclien von gutem Willen zu stummen Per-
sonen in den Chören der Lustspieldichter gebrauchen und ver-
mehrten dadurch das Geläcliter der Zuschauer bei den Zweideu-
tigkeiten, die der Dichter den mit ilinen sprechenden Personen in
den jMund legte. Ein Beispiel davon belindet sicli im Frieden des
Ari.'itoplianes , wo die drei Göttinnen Irene, Opera und Theoria
maskirte Freudenmädchen waren. S. Bergler zum Frieden V.
850. p. h80. td. Burm. und die Scholien zu den > Ögeln V. 668.
305
wiifsfoii sich, wie ^vir am befslen ans Lnci'an's Helärengcsprüelieii
lind Aleipliron's Briefen ersehen können , auf ihre eigene Art zu
enf schädigen. Auch die freien Bürgerinnen wufslen sich zu trösten
niid den Umstand, dafs iiire Männer oft einige Tage nach einander
nnanfhörlioh im Theater safsen, zu ihren reriiehten Ahentenern zu
Hanse meisterhaft zu benutzen. Eine merkwürdige Stelle in den
Vögeln des Aris toph a n es (V. 794 — 98.) gieht uns daniher
einen Wink, der von einem Falle auf mehrere sicher schliefsen
läfst. Der Chor der Vögel preis't den Zuschauern die Glückseligkeit
icines befiederten Zuslaudes in der neuen Vogelrepublik:
Ist ein Buhle im Theater, der ein feines Liebclien hat,
Und wird auf den Rathniannsbänken ihren Elieherrn gewalir;
Gleich beiiedeit sicli das Herrclien, scliwingt sich in den Lüften fort,
Und hat es sich satt geliebelt, sitzt im Hui es wieder da.
Wahrliclx es verlohnt der Mühe, so ein Vögelchen zu sein !
Aber nm so mürrischer und mifstrauischer -waren auch die
Männer gegen ihre Gattinnen, wenn sie sich die dramatische Dar-
stellung einer Phädra und Sthenohöa im Tranerspiele oder einer
listig bewirkten Hahnreischaft im Lusisiiiele etwas zu sehr zu Her-
.zen genommen halten. Sie bewachten dann ihre zärtlichen Ehe-
hälften um so eifersüchtiger nnd verschlossen die Speise- nnd
Weinkammer nm so sorgfälliger *) ; so wie überhaupt diese gänz-
liche Absonderung des zweiten Geschlechts vom Theater zu jeuer,
die Griechen so eigenthümlich charakterisireiiden Verachtung der
Weiher im Ehestande, zu jener herüchligten Knabenliebe und zu
jenem auffallenden Mangel wahrer Delikatesse im Umgänge mit
Frauenzimmern weit mehr beigetragen hat, als man sich gewöhn-
lich vorstellt. Kein Schanspieldichter würde sich da, wo er sich
auch Weiber als Zuschauerinnen und Beurtheilerinnen seines Schau-
spieles gedacht hätte, so beleidigender und übertriebener Invectiven
gegen das zweite Geschlecht schuldig gemacht haben, als Euiipi-
des bekanntermafsen fast in allen seineu Trauerspielen sich erlaubt
hat **), Auch die zügellosesten Possenspiele der Italiener, die uu-
*") Die Stelle in den Thesmop horiaznsen des Aristophanes V.
393. ff. ist sehr belehrend über diese in den Sclianspielen ange-
fachte Eifersuclit der Männer. Das ganze Stück ist ein Commen-
tar zur obigen Behauptung, Aber komische üebertreibung ist es,
wenn bei eben diesem Dichter in den Fröschen, V. 1050, 1051.
erzälilt wird, dafs wackere Frauen in Atlien aus Scham über die
schamlose Sthenoböa im Bellerophon des Euripides Schirliug ge-
trunken und so sich selbst vergiftet liätten,
**) Es ist von jeher viel über die Misogynie oder Weiberfeindschaft
des Euripides gesprocliea worden. Treffende Bemerkungen darüber
llolüger'a kleine Schriften I. 20
3ÜÜ
bändiajsfen Farzen eines Ben Jonson, einer Bcs:nar's Opera,
eines Footc, beobachten ^veit uiehr Decenz und Aclilung- für das
•weibliche Publikum, als Arislophanes und die iilirigeu Komiker der
älteren und mittleren Komödie , so weit Avir sie aus Bruchstücken
beim Athenäus beurtbeileu können , auch nur von fern zu ahnen
im Stande waren. Aber gerade in dieser Nationalsitte des Athe-
nischen Volks liegt auch der Schlüssel zu einem Rätliscl, das sonst
nie befriedigend erklärt werden kann, wie sich mit der höchsten Urba-
nität und dem reizbarsten Zartgefühl überSchicklichkcit und Unschick-
licltkeit, ja sogar nnt einer Art von Blödigkeit und Verschämtheit gegen
ehrbare Hausfrauen, ein so hoher Grad von pöbelliafler Lngezogen-
beit im Theater und Uogebnndenheit im Ausdruck, sobald blos die
Männer unter einander Avaren , iu einem Volke zu einem Zeitalter
mit und neben einander besteben konnten *).
Aber dieser sonderbare Contrast konnte auch nur da stattfin-
den, "WO die "Weiber das Theater nie besuchen durften. In Sparta
verhielt sich die Sache schon ganz anders. Dort konnte nach dem
ausdrücklichen Zeuguifs des Nepos**) eine Matrone aus dem äl-
testen und vornehmsten Geschlechte bei gewissen Nationalfcsten so-
gar als Tänzerin oder Spielerin die Bühne betreten und sich von
den Chorageu oder aus der öffentlichen Staatskasse dafür bezah-
hat schon Bayle, Bictionnaire s. V. Earipide Lit. T. Aber auf
den Umstand, dafs der Tragiker keine Weiber zu Zuschauerinnen
seiner Stücke Latte, ist viel zu wenig Rücksiclit genommen wor-
den. Hätte Paw diesen Gesichtspunkt gefafst, so hätte er diese
Erscheinung beim Euripides keiner Anlage zur Melancholie oder
Nympliolepsie zuschreiben dürfen, Recherches sur les Grecs T,
I. p. 132«
Auch die Engländer nehmen auf ihrem Theater , so wie in ihren
geschiedenen Männergesellschaften und Trinkgelagen nach der
Entfernung der Frauenzimmer keine Rücksiclit auf die Weiblich-
keit. Und wirklich zeigen sich auch im Charakter der Nation
ähnliclie Folgen aus älinliclien Ursachen. Sielie die feinen Be-
merkungen in Forster's Ansichten T. III. S, 20. f. und in
Küttner's Bemerkungen über England,
Es ist hier der Ort nicht, alle die Schwierigkeiten, die die be-
kannte Stelle in der Präfation des Nepos: nulla Lacedaemoni
tarn est nobilis vidua, quae non ad scenam eat mercede
conducta, aufzulösen. Ich kann weder der Erklärung van Sta-
veren's, Mise. Observat. Nov. T. VI. p. 516. beipliichten, der
sie blos von gymnastischen üebungen verstanden wissen will, da
liierbei der Zusatz mercede conducta völlig Unverstand licli wäre,
noch Bentley's Verbesserung ad cenani annehmen. Man möfs
nur die Zeiten unterscheiden J
307
len lassen. Ganz gewifs waren also dort noch viel weniger die
Weiber von» Theater, in so fern ein soklies im alleren S[)ar(a ge-
dacht werden kann, nicht ansgeschlossen. Aber die Spartanerin-
nen waren auch seihst dnrch die von Lyknrg gestiftete oder we-
nigstens befestigte Verfassung weit mehr Staatsbürgerinnen nnd
Theilnehmcrinnen an allen üjfentlicbcn Verhandlungen als die Frauen
von Atbeu.
Noch mehr Vorrechte nnd Freiheiten als seihst zu Sparta
genossen seit den ältesten Zeiten die Römerinnen. Ihre Gegen-
wart bei dramatischen Vorstellungen beweisen die Prologen des
Plantus, bezeugt Cicero, wenn er auf Veranlassung einer Stelle
ans einem Trauerspiele ausdrücklich versichert, dieses werde vor
dem gedrängten Haufen der Zuschauer im Theater recitirt, worun-
ter sich Weiber nnd Kinder b e f ä n d e n *), beweisen die
deswegen von den Kaisern gelroiFenen Einrichtungen der Theater-
polizei. Hier waren auch, wie wir aus einer Anekdote vom SjUa
wissen **) und ans den Elegicen des Ovid und Properz ***) noch
genauer bestimmen können, zwischen den vermischt unter einander
sitzenden Zuschauern und Zuschauerinnen verliebte Neckereien
nnd allerlei Abenteuer nichts Ungewöhnliches. Doch die genauere
Benrlheilnng der verschiedenen Grade der Sehauspielfreiheit, wie
sie die Römerinnen genossen f), und die Folgen, die diese Freiheit
auf den Ton der Galanterie und des Umganges beider Geschlech-
ter in Rom hahen niufste, bleibt billig einer eigenen Abhandlung
bei einer andern Gelegenheit vorbehalten.
*_) Tuscul. I, 16t Frequens consessus theatri, in quo sunt mulier-
culae et pueri, movetur audiens taiu grande carnien.
**) Plutarch in Sylla c. 35. T. III. p. 233. f Eine junge Römerin
Valeria zupft den bei ihr im Amphitlieater vorübergelienden Sylla,
und daraus entstehen auf der Stelle allerlei verliebte Neckereien^
Blicke, Winke, u. s. w.
***) Man vergleiche die ganze Elegie Ovid's, Amor. III, 2. und in
AA. I, 497 — 501., wo offenbar von dramatischen Schauspielen die
Rede ist. Properz IV, 8. 57.
•J-) Die Collectaneen bei Boulenger I, 24., Fol. 61, und Lipsius,
de Amphith. c, 14. Op. T, III, p. 1031. müssen nach den ver-
schiedenen Zeitaltern und selbst nach der Verscliiedenheit des
Ortes, ob es der Circns oder ein Amphitheater für Gladiatorspiele
und Tliierhetzen oder ein Theater für dramatische Schauspiele
war, sorgfältiger, als es bis jetzt geschehen ist, nnterscliieden werden.
Darauf hat schon P. Burmann zu Calpnrn's Eclog. \U, 27.
aufmerksam gemacht, Vergl. zu Sueton's Aug. 44. Bei den
Floralien z, B, war gewifs keine Matrone Zuschauerin.
20*
308
Zweite Abhandlung.
Wnren die Atbencrin neo wirklich Yoni Theater
ausgeschlossen?
M.'jn findet diese Frage in einem Aufsätze des Merknrs vom
vorigen Jalire *) weilliuifiger nntersnclit, und aus Allem, was sich
theils analogisch aus dem Zustande der Frauen in Athen iilierhaupt
schliefsen, theils aus uuverdächtigeo Zeugnissen alter Schriftsteller
vermuthen liefs, schien das deutliche Resultat hervorzugehen, dafs
nie in Athen eine Frau als Zuschauerin dramati-
scher Vorstellungen das Theater betreten habe.
Tch habe , seit ich jene Untersuchung anstellte , noch immer keine
Stelle in den Alten finden können , die meiner Behauptung wirk-
lich widerspräche, so verjährt und herrschend auch noch immer
der Glaube an das Gegentheil sein mag ♦*).
Es kann indefs kaum fehlen , dafs nicht die Vertlieidiger der
gegenseitigen Meinung hier und da auf eine Stelle slofsen sollten,
die ihnen dem ersten Anblicke nach günstig scheint und den Frauen
des geistreichsten Volkes im Alterthnme wenigstens noch eine Hin-
terpforte olfen läfst , durch welche sie sich zu diesem verbotenen
Schauspiele einschleichen könnten. Eine solche Stelle hat vor
Kurzem auch der scharfsinnige Verfasser eines historischen
11 nd kritischen Versuchs über das klassische Aller-
Ihum ***) gegen mich gütig zu machen gesucht. Da nicht zu
zweifeln ist, dafs dieses Werk durch die Neuheit seiner Untersuch-
ungeu und durch die Anwendung der kritischen Philosophie auf
Gegenstände des Alterthnms überall verdienten Beifall linden wer-
de, so darf ich die Antwort auf diesen Einwurf nicht schuldig
bleiben, wenu ich nicht die Leser, die jene Stelle im Zusammen-
♦) N. teutscber Merkur, 1796. St. 1. S. 23. ff.
**) So finde ich z. B. neuerlich auch in der fieifsigen Abliandlung
von Köhler über das Theaterwesen der Alten, die sich
in seinen ausgewählten Stücken der dramatischen
Dichter der Römer befindet, S. 535. ausdrücklich die Beliaupt-
ung des Casaubonus wiederholt, dafs den Frauen der Zutritt zum I
Theater offen gewesen sei. „Nur mufsten sie," setzt er hinzu, 1
„dem Atheniensischen Nationalstolze gemafs, ganz hinten sitzen,'*
Den Beweis hiei'zu niufs natürlich das Fragment des Alexis beim
Pollux, IX, 44. liefern, dessen Unstattliaftigkeit Jeder, der meine
Erinnerungen darüber in meiner früheren Untersuchung mit Be-
dacht geprüft hat, gewifs zugestehen mufs.
♦♦♦) Die Griechen und Römer, von Fr. Schlegel. B. 1. S.
312. f.
309
lian,^c zu pnifen iiiclit sogleich Zeit oder Gelegenheit Iiabcn , in
neue Zweifel verwickeln lassen wilL
Fr. Schlegel kami sich nicht entscliliefsen, die Afheneiin-
nen, die er so gern zum Range gehihieler Frauen , wie etwa die
Pla(onisclie Diotiaia ist, erheben möchte, von der erhabenen Schule
«tlischer Bürger, vom Theater, auszuscliliefsen. Denn , setzt er in
einer Anmerkung hinzu, der Yertheidiger der entgegengesetzten
Meinung nimmt auf eine wichtige Stelle beim Plato keiue Rück-
sicht, aus welcher gerade das Gegentheil folgt.
Die Stelle des Plato, von welcher hier die Rede ist, befindet
sich im zweiten Bnch von den Gesetzen *). Der Alhenien-
ser, der hier mit dem Klinias und Megillus redend eingeführt wird,
>vill beweisen, dafs das Vergnügen, welches die Bürger seines
idealischen Staates bei den mancherlei Schauspielen empfinden
lÄÜrden, noch immer nicht als Mafsstab ihrer wahren Zweckmä-
fsigkeit und ästhetischen Vollkommenheit angesehen werden könne.
Denn — diefs ist der Grund, womit er die Unzulänglichkeit eines
solchen Mafsstabes beweis't — ein jeder aus der Menge der Zu-
schauer würde nur allein der Gattung den Preis zuerkennen, die
seinen Neigungen und Wünschen die angemessenste ist, ohne sein
Urtbeil durch, höhere ästhetische Forderungen einschränken und
bestimmen zu lassen. Hierüber erklärt sich nnn der weise Unge-
nannte aus Athen dem wesentlichen Inhalte nach folgeudermarsen :
,, Gesetzt, dafs Jemand Wettkämpfe veranstaltete, ohne
die Gattung, ob sie in Wagenrennen oder in gymnastischen
oder in musikalischen Kämpfen bestehen sollten , genaner zu be-
stimmen , und dafs er überhaupt bekannt machte, dafs der den
Preis erhallen solle, der den Zuschauern durch seinen Kampf das
grofste Vergnügen verschafft habe: was, meint ihr, dürfte wohl die
Folge dieser Bekanntmachung sein? Natürlich wiirde der Eine
epische Lieder absingen, wie die Homerischen Rhapsoden, ein An-
derer die Lyra mit seinem Gesänge begleiten, ein Dritter ein Lust-
spiel, und noch ein Anderer ein Trauerspiel reciliren. Ja es sollte
mich gar nicht wundern, wenn sich auch ein Gaukler dabei ein-
fände und durch seine Künste den Preis zu erwerben suchte.
Denken wir uns hierzu noch eine Menge anderer Künstler und
Virtuosen, wem unter ihnen gebührt nun wohl der Preis? Ge-
¥fifs, auf eine so unbestimmte Frage läfst sich kaum im Allge-
meinen eine Yernünflige Antwort geben. Aber so viel liefse sich
doch behaupten : beruhte die Entscheidung blos auf den kleinen
Kindern , so müfste der Gaukelspieler den Preis erhalten. Die
schon erwachsenen Knaben hielten es mit dem Lustspiele. Die
gebildeten Frauen**), die Jünglinge und das Volk über-
*) de Leg. II. p 658. A. oder T. VIII. p. 69. 70. Edit. Bip.
* ) Im Griecliischen al ireirajStD/uivai twv ywonndv. Man könnte
310
lianpt oiitsclileileu sich für Jas Tiaiiers|nel, Wir Alten würden dann
für den l»lKH)Soden stimmen. Wer liütle nun Recht '?"
So weit Dato. Und nnn fraii,e ich: spricht Plato in dieser
Stelle iiljcrhaiipt von Athen oder nnr von seinem idealisirten Staa-
te? S|»ncht er, Avenn er auch Athen dabei im Sinne gehabt hätte,
von einer wirklich bestehenden Sitte, oder spricht er nnr hypothe-
tisch ? Wer möchte wohl anf eine solche Stelle seine Ueber-
zeiiiiMni^ von einer Sitte gründen , der alles üebrige im ganzen
griechischen Alterthnme geradezu widerspricht?
Eine Stelle, die zu viel heweis't, beweis't nichts. Diefs ist
liier wirklich der Fall. Denn sollen die Frauen durch sie Er-
laubnifs erhalten, den theatralischen Vorstellungen beiwohnen zu
dürfen, so dürfen wir auch die kleinen Kinder und Knaben nicht
davon ansschliefsen, durch welche Plato den Gauklern nnd Possen-
spiclern den Preis der angenehmsten Lnterhaltnng ertheilen läfst.
Nnn ist es aber eine ansgomachte Sache, dafs vor Anfang des
18ten Jahres kein junger Athenienser das Theater besuchen durfte.
Dann erst wurde er feierlich unter die Epheben anfgenom-
nien ; von da an konnte er die Theater bei Volksversanimlnngen
nnd also auch bei theatralischen Vorstellungen besuchen *) ; von
da an fand er im Theater seinen eigenen Platz, den Pollux aus-
drücklich den Sitz der Epheben nennt **). Denn das Bei-
spiel der römischen Theater, wo wir allerdings nach einer Stelle
des Plautus auch Mütter und Ammen mit Aveiuenden Kindern au-
diefs nach einer belcannten Stelle in Xenophon's Oecon. C, 3. p.
17. ed. Bach, von solclien Frauen in Atlieii erklären , die sich
durch ilire Männer selfjst etwas von der Bildung niittheilen lie-
fsen , in deren Besitz sonst nnr die Aspasien waren. Und dann
AvUrde selbst diese Stelle für die allgemeinere Bildung der Atlie-
nerinnen gerade sehr bedenklicli sein. Allein ich bin viel geneig-
ter, zu glauben, dafs Plato die in seiner Republik mit aller männ-
lichen Cultur veredelten Frauen (s, die Stellen in Morgen-
stern's Commentat. p. 221, ff., wo überhaupt der Zustand der
Atlienisclien Frauen selir riclitig mit Plato's Dichtungen verglichen
ist,") darunter verstanden liabe,
") Täc iXKXijtr/af •rsffsx.ä^/jvTo heifst es von den Epheben beim PJü-
lostratus in Vit. Sophist. 11. 1 , p. 550. Nun wurden aber die
Volksversammlungen, einen einzigen Fall ausgenommen, alle im
Tlieater gelialten. Man vergleiche , was ich so vollständig , als
mir möglich war, über die Epheben gesammelt habe, in meiner
AblianilUing de originibiis tirocinii apud Romanos p. 13. 14.
*) To t<pt}ßiviov Poll. IV, 122., >ergl. Vitruv, übersetzt von Rode
Th. 1. S. 276.
311
zuDcliincu berechtigt sind *), wird hoffentlich Niemand als einen
Beweis ansehen, dafs dieses Unwesen auch schon in Athen gedul-
det worden sei. Die Römer empfingen ihre dramatischen Vor-
stelhingen nud Theatereinricbtuogen über Campanien und Grofs-
griechenhuid **), wo Weichhchiceit nnd Pjthagoräismns anf ganz
versciiiedenen Wegen doch einerlei Wirknng hervorgebracht nnd
den Weibern eine weit freiere nud unbeschränktere Theilnehm-
nng an öiTenliichen Verhandluugen nud Vergnügungen zugestanden
Latten.
Ueberlianpt, ich ranfs es hier noch einmal wiederholen, wi-
derstrebt der öffentliche Theaterbesuch so sehr aller in Athen ge-
setzraäfsig bestehenden Siftsamkeit und Eingezogenheit ehrbarer
Bürgerinnen, dafs eine Alheneriu unter den Männern im Tlieater
sitzen zn selien , durchaus für ein öffentliches Aergernifs und eine
. nnverzeihlichc Schamlosigkeit gegolten haben müfste ***). Die
Achtung gegen ehrbare Bürgerinnen ging so weit, dafs mau es
für nicht viel weniger als eine Brutalität hielt, in ihrer Gegenwart
nur ein unanständiges Wort, nur eine Zweideutigkeit auszuspre-
chen f). Wie hätten sich nnn die Komödieen des Aristophanes,
oder die muthwilligen Aeufserungen iu den satirischen Dramen mit
den allgemein herrschenden Begriffen Aon Ehrbarkeit vertragen
köunen? Nirgends auf öffentlichen Plätzen zu e r-
s c h e i n e u ff), war die erste und heiligste Siltenvorschrift Athe-
nischer Frauen und Mädchen, und darum halte auch schon Solon
*3 Alan vergl. den für die römische Theaterpolizei merkwürdigen
Prolog zum Pönulus, besonders V. 28 — 35.
**) Deutliclie Spuren hiervon siehe beim Valerius Maximus II, 4. 6»
Hieraus lassen sich, beiläufig zu erinnern , alle Abweichungen der
römischen Schanbiiline von den Atheniscli -giiecliischen Theater-
sitten erklären. Klagt doch schon Plato, de Leg. II. p. 72. Bip. über
den ^Er/.sXrAÖg y.a] 'iTaXfKs; vs/^oj, der in Athen selbst die strenge
Tlieaterzucht aufgehoben habe.
***) ,, Wähltest du dir nicht," sagt Sokrates zum Kritobulos beim Xe-
nophon, Oecon. c, 3. p, 16., „am liebsten die ziu' Frau, die am
wenigsten gesehen und gehört hätte? sAayicrT« swpa-
nuTav K«} a>t^xou7ay." Aber was war nicht Alles auf der attisclien
Bühne zu selten und zu hören?
f) Der alte Chremes scliämt sich, in Gegenwart seiner Frau nur das
Wort Hetäre auszusprechen. Pudet dicere hac praesente verbum
turpe, beim Terenz, Heautont. V, 4. 19. nach dem Meiiander.
Demostlienes führt es als einen besonderen Frevel des Midias an,
dafs er vor elirbaren Frauen schändliche Worte au&gestofsen habe,
Adv. Mid. c. 23. p. 43, Spald.
312
(llü Frauen, «lie sicli ölTfiidiili zclü:fen, so sdeng^cn Gesefzeii nn-
toiwori't'ii und eigene Siltoa- und KeuscIiheitPiitliter für die Wei-
ber, wo iiicbt zuerst j»eslifk't, doch j>ut fj,elieifseu *). Und hei ei-
ner solclieu Verfassung- solUe den Weiboru der Besuch des
Theaters frei gestanden haben? Vielleicht scheint dieser Wider-
spruch nur mir so aiilfaliend , weil ich schon lange die drauiati-
Kcheu Dichter und Dicblerfiagiuente der attischen Bühne luit der
UebeizeiigiiMg gelesen habe, diefs hörten damals nur die Männer,
und weil ich mir eben dadurch so manche Härte, so manche Kraft-
phrase, die nur blos unter Männern gedacht und gesprochen wer-
den konnte, zu erklären suchte. Aber leugnen kann ich es nicht,
dafs ich mir es nicht recht zu erklären wcifs, wie ein Kenner, der
tiefer in den Geist des attischen Alterthums eingedrungeu ist, der
entgegengesetzten Meinung noch immer öffentlich beipflichten kann.
Man erlaube mir, um der Verwandtschaft des Inhaltes willen,
noch Folgendes hinzuzusetzen. Die Begriffe über die Eingezogeu-
lieit ehrbarer Frauen und ihre Entfernung von Allem, was einer
öffentlichen Repräsentation auch nur von fern ähnlich sehen konn-
te, waren so streng, dafs es nicht einmal den bildenden Künsten
gestattet war, sie an einem öffentlichen Orte auch nur im Bildnisse
aiifzustelleo. Wenn die Athener der heldenmüthigen Leuna ein
öffentliches Denkmal setzen wollen , so bildet sie Tisikrates als
eine Avirkliche Löwin ohno Zunge, Kaiamis als Venus in Mar-
mor **). Der Maler Polvgnolus will seine geliebte Elpiuike, die
Tochter des grofsen Milliades und Schwester Kimon's, auch durch
ein öffentliches Gemälde verewigen. Er weifs sich nicht anders
zu helfen, als dafs er der Trojanerin Laodike in einem Gemälde,
das die Eroberung Troja's vorstellte und in der Pökile zu sehen
war, die Porlrailähnlichkeit dieser Elpinike giebl *♦*). So durfte
sieb die Weiblichkeit selbst im Bildnisse nur unter dem Namen
einer Göttin oder Heroine ausstellen!
Nur durch eine Ivritisclie Prüfung der Stellen, wo dieser besonde-
ren Sittenrichter gedaclit wird, die mit ihrem eigenen Namen ^u-
v«jKOKc<r/uo< hiefsen, läfst sich etwas Bestimmtes über die Cultur,
die Reclito und Pflichten der Atlienerinnen herausbringen. Die
CoUectaneeu dazu giebt Meursius, Lect. Attic. IL 5. und S. Petit,
Leg. Att. VI. 4. p. 566. Wessel. Nur diefs will ich liier anmerken,
dafs Aristoteles, Polit IV. 15. diese Magistratur als aristokratisch an-
giebt, weil sie den Weibern auszugehen verbiete.
S. PÜnius XXXIV, 8, s. 19., 12. mit Hardouin's Anm. undPausanias
I, 23. p. 85. Fac. Freilich war sie auch eine Hetäre. Aber diefs
war niclit die Ursaclie, warum sie nicht unter ihrem Namen eine
Portraitstatue erliielt.
S. Plutarcli in vit. Cimon. c. 4. T. Hl. [>. 249. Hütten, vergl.
Lessing' 3 Leben des Sopbocles, S, 108.
313
Dritte Abhandlung.
Mit gewissen tief eingewnrzellen Vornrtlieileii geht es, wie
mit mancheu Wucher- und Srliinaiozeipllaiizeu. Man scliueiilef,
man rauft, man brennt. Sie treiben und sprossen docii immer
wieder aufs Neue liervor. Man mufs sieh also auch die Mühe
wicht verdriefsen lassen, sie immer aul's Nene zu beschneiden und
von der Wurzel auszujäten. Die Sache hat sehr erns(e AiisicJilcn,
Hier mag indefs nur von einer unbedeutenden Kleinigkeit die Rede
sein. Dem Freunde des Alferthumes , der darin Siegel und Vor-
bild späterer Zeiten ehrt, ist indefs nichts uubedeulend , was zo
einer irrigen Ansicht desselben verleiten könnte; und mit einer
falschen Vorstellung von den Gebräuchen in der alten Welt habe
ich 's hier zu (hun. AVerd' ich laugweilen'?
Ich habe es gewagt, bei verschiedenen Veranlassungen geradc-
zn zn behaupten, dafs wenigstens die Frauen iu Athen, so lange
dieser Staat noch Selbstständigkeit hatte , der Auffüiirung der
Trauer- und Lustspiele auf den dortigen Theatern während der
Bacchusfeste nicht beiwobuten *). Mehrere vertraute Kenner des
Alterthums haben seitdem meiner Behauptung beigepflichtet *♦).
Allein die Meisten sind ungläubig geblieben. Es scheint doch gar
zu hart, die Frauen und Töchter des Volkes, aus welchem die herr-
lichste Bliithe der Kultur und Musenkunst hervorging, von dem
Genüsse dessen, was die griechische Dichtkunst Köstlichstes erzeug-
te, von den Trauerspielen eines Aeschjlus, Sophokles und Euri-
pides, auszuschliefsen. Noch vor Kurzem hat Professor Böckh in
Heidelberg iu eiuer Schrift voll Gelehrsamkeit und Scharfsinn ***),
der ich ungemein viel Belehrung verdanke, meine Behauptung für
völlig unstatthaft erklärt und sich auf drei Zeugnisse seines Plato
berufen, in welchen mit dürren Worten zu lesen steht, dafs die
Tragödieen auch vor Weibern und Kindern gespielt worden sind.
Hätte der treffliche Mann, dem es eigentlich nur um eine
Ehrenrettung jener alten Sage zu thun ist, nach Avelclier bei der
ersten Aufführung der Aeschyleisohen Euraeniden sogar schwangere
Frauen vor Schrecken sogleich mit unreifen Geburten niederge-
kommen sein sollen, sich die Mühe geben können, die Abhandlung
im neuen teutschen Merkur vom Jahre 1796 selbst nachzulesen, wo
ich mehr aus dem Zustaude und Verhältuisse der Athenischen Bür-
*) Zuerst in folgendem Aufsatze : „Waren die Frauen in Athen Zuscliaue-
rinnen bei den dramatischen VorsteUungen ?" im n. t. Mei'kur 1796. St.
I. S. 28 ff. Dann in der Af>handlung : „Die Furienmaslce im Trauerspie-
le und auf den Bildwerlcen der Griechen." O^'ei'iar 1801.) 8,3. f.
**) Z. B. Jakobs in den Anmerk. zu den Atheniensisclien Briefen, I. 539.
***) Gvaecae tragoediae principum — num ea, quae supersint, et ge-
nuina ouiuia sint et forma primitiva servata. (Heidelb. 1808.) p. 37., 38,
m
314
gerinnen zu Allem, wns mau dort offeuniclics Leiten nannte, über-
hanpt als blos ans einzelnen Stellen diese Streilfrane zu beant-
worten snt'bte , so würde ihm, dem Eingeweihten in allen Rej^eln
der Kritik, wohl selbst noch mancher Zweifel a»%eslüfsen sein.
Es wäre ihm vielleicht auch dann nicht unbekannt geblieben,
dafs ich die eine von den drei Stellen des Plato, die er gegen mich
anführt, schon vor 11 Jahren kannte nnd auf eine AVcise mit mei-
ner Behanpfnng- zu \ereinigen suchte, die wohl nicht gezwangen
oder gewaltsam genannt werden kann *). Die gebildeten Frauen,
die nach Plato, im zweiten Buche von den Gesetzen , das Trauer-
spiel wälileu würden, sind nur hvpothelisch dort angenommen. Sie
würden es wühlen , wenn ihnen die Wahl frei stände. Und sind
diese gebildeten Frauen im alten Athen nicht eine grofse Selten-
heit, nicht vielmehr in Plato's idealisirtem Staate oder gar nur in
der Schule einer Theodota oder Aspasia zu suchen? In der zwei-
ten Stelle im 7. Buche von den Gesetzen (T. III. p. 380. Bip.)
widersetzt sich die idealische Gesetzgebung einer herumziehenden
Truppe von tragischen Schauspielern , die auf dem Markte ihre
Bühne aufschlagen und dort den zusammenlaufenden Weibern, Kin-
dern und Yolkshaufen ihre hohe Weisheit vortragiren wollen, dadurch,
dafs sie ihnen enfgegcnrnft: unsere ganze Staatsverwaltung ist eine
sublime Tragödie. Beweis't diefs, dafs die honetten Bürgerfrauen und
Töchter in Athen wirklich das Schauspiel im Yolkstheater an den hei-
ligen Festen besuchten? Die meiste Beweiskraft scheint jedoch die
dritte Stelle im Gorgias des Plato **) zu haben , wo Sokrates so-
gar auch die Tragödie der Gefallsucht und Rhetorication wegen an-
klagt. „Sie ist,'^ sagt Sokrates, ,,eine Redekunst an's Volk, das
beifst, an ein Gemisch von Kindern, Weibern, Männern, Leibeigenen
nnd Freien." Ich will hier nicht einmal den Einwurf geltend ma-
chen , dafs die Definition, die Plato hier dem Sokrates vom Worte
Volk in den Mund legt, auch nur den allgemeinen Begrilf um-
fassen könne. Ich glatdje selbst, dafs Plato Frauen nnd Kinder
als Zuschauer gemeint hat. Aber schon die Gesellschaft der Skla-
ven, in der sie hier erscheinen, zeigt, zu welcher Klasse sie ge-
hörten. ISie werde ich mich durch Zeugnisse, wie die jetzt auge-
Es liatte schon Fr. Schlegel in seinem lüstorischen nnä kritischen
Versuche über das klassische Altcrtlann , den er „die Griechen
nnd Könier" überschrieb, S. 812. f. die Stelle aus Plato, de Leg.
11, p. 69., 70. Bip. für den Theaterbesuch der Frauen angefülirt,
worauf im n. t. Merkur 1797. St. 3. S. 224. if. geantwortet wurde.
T. IV. p. 121. Bip. oder p. 192. cdit. Heindorf, wo der Heraus-
geber die Bemerkung macht : Cläre h. I. api)aret, illa quidem aetate
muliercä servosfiue aditu ad spectacula sceiiica non esse prolii-
bitos.
315
fülirten siud , d.iron liberzcngen können, daFs eine ElpJnike, eine
Frau (leslschoniaeluis, die nns beim Xonoplion so ehrwürdig- erscheinf,
oder anch nnr eine Lysisfrala, wie sie nns Arislophanes in eioein
eigenen Lnslspiolo als Heldin oder der liehenswürdige Verfasser
der Reise des jnngen Anacharsis als Gemahlin des Dinias anfstellt,
das Theater besnoht nnd sieh unler andere SLinner bingeselzt ha-
ben. Darüber erwarte ich erst noch eine liindendere Beweisstelle»
Ich erlanbe mir aber bierbei noch folgende allgemeine Be-
merkungen :
Erstlich : Wenn belianptet wird, dafs keine ehrsame Matrone
und noch viel weniger eine sittsame Jungfrau das Theater besucht
habe, so wird dadurch nicht gelengnet, dafs nicht manche Dame von
der Halle, manche Poissarde und Obstverkiluferiu, auch wohl nian-
cbes Mädchen von gutem AVillen dort Zutritt gefunden haben.
Aber Weiber aus diesen Ständen und Klassen zählten und zahl-
ten hier nicht. Das Zahlen verstehe ich von dem an die Entre-
preneurs für gewisse Zubereitungen beim Eintritte zu entrichtenden
Legegelde. Denn die Auflührung der Stücke und Bezahlung der
Actenrs trugen die reichen Bürger als Cborageu aus ihrem Beutel.
Wir wissen aus Theophrast's Charakteren , dafs der Knicker mit
seine« Buben zu der Stunde in's Theater geht, wenn die Kassirer
Jedermann frei einlassen *).
Zweitens; Eine rechtliche Atbeneriu erschien nur an hohen
Festtagen ihrer Schutzgöttin, bei feierlichen Prozessionen und Opfern
nnd bei anfserordentliclien Veranlassungen im Publikum. Denn bei
g'ewisseu anderen jäiirlichen Festen waren die Weiber immer nur
allein für sich , und kein Mann durfte sich da in ihre Kreise mi-
schen. In jenem ersten Falle wurde dann ihr Betragen von eige-
nen Polizeimeislern über die Franen (die G^-^näkokosmoi heifsen)
bewacht nnd geregelt. Uebrigens safscn sie mit ihren Töchtern
nud Mägden im hintersten Theile des Hauses gleichsam verschlos-
sen *♦), nnr weiblichen Besuchen oder Verwandten zugänglich, nach
echt orientalischer Sitte oft nur der kindischen Putzlust hingegeben
oder, wenn sie einen Sokratischeu Ischomachns zum Manne hat-
ten, Jtls gute Wirthschafterinuen das Hausregiment verwaltend ***),
') S. Cliar. XV, p. 32, ed. Schneid, Um den schwierigen Punkt,
was nnd warum etwas im Theater bezahlt wnrde, aut'znklären,
mufs erst bestimmt werden, wann Athen ein stehendes, steinernes
Tlieater bekam.
') Eine brave Frau mnfs versclilossen und ohne auszugehen leiten!
Dieser Satz gehört zu den Gemeinspriichen, s. Plntarch, de mu-
liernm virt, T. If, p, 1. ed. Wytt. , und eine ehrbare Frau heifst
eine verschlossene. S. Ilemstevliuys zu Lucian's Timon 17., T. J,
p. 128.
*) I\Ian sehe das 3., 8. und 9. Capitel des Xenophontischen Oecono-
316 0
Die Frau, von der inaii «Iranfsen weder elwas liort noch sieht,
und die mich selbst so wenig- als niijglicli hört und sieht, ist die
befste nach Peiikles und Xenophon *). Daher stellte der Athener
Phidias neben seine Venus zn Elis eine Scliildkröle ; daher war der
seine (iötlin nie verlassende Hansdrache oben in der Burg- das
Sinnbild weiblicher Häuslichkeit **).
Drittens : Es konnte auch dem Athenischen Hausvater ^ar
nichts daran gelegen sein , dafs seine Gattin das erhalte, was wir
heut' zu Tage ästhetische Bildung nennen. Musik, Tanzkunst und
Gesang gehörten in die Schule der Aspasien, nach Corinth, Syra-
cus oder Miletus. Ein musikalisches Mädchen war ein Lustniäd-
chen und wurde für Geld zu Festen und Gastmählern gedungen.
Die Literargeschichte kennt eben so wenig eine Athenische Dich-
terin oder Schriftstellerin , als die politische eine Heldin, In Plu-
tarch's historischem Bildersaale von den Heldenthaien der Weiber
erglänzte keine einzige Athenerin. Eheliche, rechtmäfsige Kinder
nnd Leibeserben zu erzielen, das war der einzige Zweck, weichen
selbst nach dem Buchslaben der Solonischen Gesetzgebung ein
Athener bei seiner Heirafh mit einer echten Biirgerstochler nur vor
Augen haben durfte. Daher sah oft der junge Bräutig;am seine
Braut nicht eher, als bis sie sich ihm als Verlobte entschleierte,
und ein Athenischer Jüngling konnte daher in einer Komödie Me-
nander's von der ilim zugedachten Nachbarstochter sagen : ich weifs
nicht, was für ein Ungeheuer sie dort erziehen. In einer anderen
Stelle heifst es von einem Mädchen, das eben heiratheu soll .
Spricht auch die Jungfrau, die zur HocJizeit reift, kein Wort;
Sie spricht ihr Lob durch Schweigen am beredtesten aus.
Natürlich wufsten sich die Jünglinge durch Hefären, die Männer durch
schöne Knaben für jede häusliche Entbehrung des geistigen Umganges
vielfach zu entschädigen. Auch war es, wie es scheint, ganz in der Ord-
nung, dafs selbst für gewisse häusliche Bequemlichkeiten eineScIavin, ^
als Beischläferin, Sorge trug. Dieses Alles wird in der dem Demo- 1
micus und vergleiche damit, was auch schon Sclineider in seiner
Ausgabe tliat, den Oeconomicus des Aristoteles I, 6. Daraus wird
deutlich, dafs die Athenische Hausfrau nur Kindermutter und erste
Ausgeberin war.
*) Perikles sagt diefs von den Atlienerinnen bei der berühmten Lei-
chenrede im Thucydides II, 45., wo Abrescli mehrere Parallelstel-
len anfülirt. Die Stelle beim Xenophon ist im Oeconom. c. 3. p.
20. ed. Schneid.
♦*) Ueber die Schildkröte zu den Füfsen der Venus s. Winckelmann's
Werke Th. II. S. 567. N. Ausg. Der Drache auf der Burg führt den
Zunamen, den man aucli jeder guten Hausfrau von ihrer Häus-
lichkeit erthcilte. S. zu Hesychius T. II. c. 726, 19.
317
stiienes fälsdilicli ziigescliiiebeiipii Anklage gegen die Neära , die
ein Athenisflier Bürger wider das Geselz aus einer Hetäre zur
reclilinärsigeii Ehefrau erhoben hatte, kurz und gut von Riebtera
lind Volk so ausgedrückt: die Lustinädcheii (Hcliiren) hal»eu wir
um der Lust willen ; die Beischläferinnen zur Piloge des Körpers
bei Tage ; die Ehefrauen , um rechtinäfsige Kinder zu erzeugeu
uud eine treue Schalfnerin für's Haus zu haben" *).
Viertens : Also entbehrten auch die vornehmereu Alheuerinnen
weit weniger, als unsere heutigen Damen entbehren würden, wenn
bei uns nur Männern das Theater offen stände. Sie wnfslen sich
in ihren Frauengeniächern zu Hause schon auf andere Weise zu
entscliädigen. Wer noch zweifelt, der darf nur die freilich un-
übersetzbaren ThesinophoriazHsen des Arislophanes einmal durch-
lesen. Nur einen Beweis statt vieler daraus. Das ganze Stück
ist eine Verschwörung der Weiber, um sich an dem Tragödieen-
dicbter Eiiripi<les zu rächen , der die Frauen in seinen Trauer-
spielen so arg verlästerte. Woher wissen nun diese racheschwö-
reudcu Alhenerinnen diesen Frevel des damals beliebtesten Trauer-
spieldichters"? Sagt etwa eine einzige: wir müssen diefs zu nii-
ßerer Schmach im Theater mit ansehen , wie spöttisch blicken d.i
die Männer auf uns ; aus Aerger mögen wir Heber gar nicht hin-
gehen , wenn Enripides ein Trauerspiel giebt I So würde ein ko-
mischer Dichter jetziger Zeit unsere neuen Eulalien reden lassen.
Allein davon verlautet in jenem Stücke keine Silbe. „Wenn die
Männer," so sagt eine Rednerin , „aus einem solchen Stücke des
Enripides nach Hause kommen , wie argwöhnisch belauern sie da
alle unsere Schritte und Tritte." Nun folgen die lustigsten Bei-
spiele, wie die Männer erst durch den Enripides gewitzigt wor-
den wären **). Also dadurch erfahren erst die Weiber, was für
Leclionen der heillose Weiberfeind ihren Männern auf der Bühne
gegeben hat. Schwerlich möchte auch Enripides, der in seineu
Thealerbeldinnen freilich öfter das Weib, wie sie dem Athener er-
schien, als das heroische Ideal aufstellte ***), Sceuen der Art, wo
*) p. 1386, 20. ed. Reisk. Die ganze Rede und die des Aescliines
gegen den Timarchus zeigen die laxen Grundsätze der Athener
über die VerJialtnisse gegen das zweite Geschlecht. Nur mit ste-
ter Hinsicht auf diese Herabwürdigung der Frauen, wie sie damals
waren, lassen sich die Ideen Plato's zur Veredlung der Frauen,
wie sie sein sollten, in seiner Republik ganz verstehen, (s. Mor-
genstern's Commentat. de Piatonis civit. p. 221, ff.) und läfst es sich
begreifen, dafs der in's Häfsliche übertreibende Paw doch mehr
Recht hatte, als der in's Schöne malende Barthelemy,
**) Aristophanes, Thesmoph. 395. ff.
***) Damit entschuldigte er sich selbst gegen den Aeschylus, der sich's
818
ein Basfard im Knbsfalle gefunden , oder eine Gesell wäng^eHe in»
Teniiiel eiitbuudon wird *) , aufs Thealer i!:ebra(lit haben , wenn
er elirhare Alheniselie Bürgerinnen zn Avirkliohen Zuscliaiierinncn
Bciner Stücke sitli gedacht hiitte. Ücberliaupt erhält das ganze
griecbiscbe Theater, soviel nns unr immer der Vater Briimov da-
von noch Yorfülireu konnte, eine weit männlichere Tendenz nnd
auch aufser der Schicksalsfackel durch Entbehrlichkeit aller Liebes -
intrigne und Liebescpial viel mehr Nerv und Kraft, weil gar keine
Rücksicht aufs v\eib!iche Schauspieler- und Zuschanerpersonale
dabei genommen werden dürfte. Nie beleidigten die Geständnisse
der durch einen Gott zur Mutter gewordenen Crensa im Ion des
Euripides. Als aber ein geistreicher deutscher Dichter in seinem
Ion seine Crensa am Ende des Stückes dieselbe Beichte ablegen
liefs, so versicherten nach der ersten Aufführung dieses Stückes
vor einem Publikum, das gewifs zu dem aufgeklärtesten nnd viel-
seitigsten gehörte, viele ehrbare Frauen , dafs sie dieses Stück nie
wieder besuchen könnten **),
Fünftens: Ich frage nur noch, wenn, v\ie Jedermann wenig-
stens aus der Vorrede des Nepos weifs, es nntvandeihare Sitte war,
dafs keine ehrbare Hausfrau oder Jungfrau je aus dem Gynücenra
in den Audronitis oder Speisesaal trat, wenn fremde Männer da
waren, Avie hätte sich eine Athenerin von guter Geburt der Be-
schauung des ganzen Männerpnblikums im Theater preisgeben kön-
nen, wo es mitunter selbst auf den Sitzen der Zuschauer lustig
genug zugegangen sein luag? ***) Wenn es wider den Wohl-
zum Verdienst anrechnet, dafs er nie in seinen Tranerspielen eine
verliebte Frau eingeführt habe, in den Fröschen, p. 1085,, oder
nach Conz's üebersetzung im neuen attischen Museum 11, 3. p. 119.
Euripides ging von der Charakteristik aus, die Aristoteles aus-
spricht : „Die Weiber sind weit liänliger schlecht als gut." Poetic.
15., p. 38. ed. Herm., wobei Twining in den Notes p, 330. eine
sehr passende Stelle aus Aristoteles Thiergeschichte, IX, 1. \err
gleicht.
*) Das Erstere geschab in der Menalippe des Euripides ([s. Valcke-
naer, Diatiibe in Fragm. p. 283. und Twining zum Aristoteles
p. 93.), das Letztere nacli den Schollen zu Aristophanes Fröschen
1112, in einem Stücke desselben Dichters.
**) Derselbe Verfasser hat übrigens später den Unterschied des grie-
chisclien Kostüms von dem modernen selir gut gefühlt. S. Com-
paraison de la Phedre de Racine et Celle d'Euripide, (Paris 1807)
p. 30.
***) Das Zeugnifs aus der Atthis des Philochoros beim Athenäus
XI, p. 465. F. oder T. IV. p. 204. Scliweigh. setzt est aufser
Zweifel, dafs man während der Vorstellungen im Theater ileifsig
319
sfand war, clafs eine Athenische Matrone anch nur Im Bilde ijf-
fcnllicli ans2,cs(ellt wurde, und daher Polygiiot nach PhUarch's
Zeiigiiifs (im Lehcii des Ciraou C. 4.) seine Elpinike nur als
Trojanerin Laodike in der S<oa gemalt aufstellen konnte, wie hät-
ten sich die Frauen nnd Töchter so nnt den Thaissen und Lais-
sen nra die Wette lebendig- ausstellen können? Wenn endlich in
Gegenwart einer ehrbaren Frau nicht einmal das Wort Hetäie
ausgesprochen werden durfte nnd wenn es für den iirgslen Frevel
galt, vor einer Matrone unzüchtig-e Reden auszustofsen , mit wel-
cher Stirn hätten nun diese züchtigeo Athenerinnen eine Satjrhand-
lang-, die doch gewöhnlich das vierte Stück oder die Zugabe einer
tragischen Trilogie macht, oder ^^ar einem Aristophanischen Possen-
spiele beiwohnen können? *) Die Armen hätten ja nicht einmal
den Schamdeckel eines Fächeis oder die Nothhilfe eines Shawls
oder Schnupftuches gehabt! Gewifs unter allen üubegreiflichkeitea
und Ungereimtheiten wäre doch bei solcher Denkart und solchen
allgemein angenommeneu Gesetzen der weiblichen Zucht der Thea-
terbesuch Alheuischer Frauen, die nicht zur leichten Klasse gehör-
ten oder auf dem Markte feil hielten, die gröfste und widersinnig-
ste gewesen. Aber es fragt sich auch endlich
sechsteus: ob für das Ganze durch diese völlige Eutfernuna:
der Weiber, die Achtung gebieten, aus dem Umgange der Männer
und aus den Schauspielen wirklich ein so grofser Nachtheil für
die Bildung der Griechen entstand, als Manche zu besorgen schei-
nen. Die aus dem Norden abstammende romantische Galanterie der
Modernen , die den Frauen einen ganz anderen Rang in der Ge-
sellschaft anwies, wird uns freilieh jetzt kaum gestatten , ein ganz
reines nnd unbefangenes Urtheil hierüber zu fällen. Man erwäge
iudefs, was einer der feinsten Beobachter des weiblichen Geschlech-
tes und seines Einflusses auf die Cnltur über die verderblichen
Folgen der gemischten Gesellschaften, wo nur Weiber herrschen
und den Ton angeben, und die daraus abzuleitende allgemeine
VerHachung und Verweichlichnng des männlichen Charakters mit
trank und ti'ockene Früchte dazu afs ; denn es wurden wenigstens
gleich vier Stücke hinter einander gegeben, S. Twining, Notes on
Aristotle p. 475. ff. Dabei vergesse man nicht, dafs Plato deut-
lich zu verstellen giebt, dafs an den Dionysien (an welchen allein
theatralische Vorstellungen stattfanden) fast alle Athener ein Räuscli-
chen hatten. Vergl. Meiners, Geschichte des Luxus der Athener,
S. 33. und in solcher Gesellschaft sollen Matronen und Jungfrauen
erscheinen ?
"0 S. zu Terenz, Heaut. V, 4. 19, und die Midiana des Demosthe-
nes, c. 23. p. 43. ed. Spald,
320
<?l»on so viol Stliarfsiiui als Wahrheit jüngst bomerkt hat *).
Selbst die soi^ciianiiteii Mäiiiicrkliibhe , die uns doeli stli weil ich an
die Svmjiosieii «ler Griechen erinnern dürften, sind stets ein sehr
iinwirUsames Cicgenivil't ge,i>en diesen Despotisrans des Theetisclies
gewesen ! Und was das Trauerspiel anlangt und unser ganzes
leidiges Tlieaterwesen, so mögen doch wohl jene hochgefeierten Vä-
ter des griecinscben Trauerspieles, Aescliylus und Sophokles, darum
nicht weniger hochgeachtet werden, weil sie in ihren Schicksalsfahelu
der Liehe nie hedurflen; und seihst Euripides mag darum des Loh-
spruchs des Aristoteles, der ihn den tragischesten Dichter nennt, nicht
verlnsiig gehen, weil ihm, dem Weiberhasser, nur die bochtragischeu,
unhekiiuipfljaren Wirkungen der W^eiberliehe ein würdiger Gegen-
stand für die Bühne schienen. Die von A, W. Schlegel neuerlich
mit eben soviel Unparteilichkeit als Scharfsinn durchgeführte Ver-
gleichnng der Enripideischen und Racinischen Phädra könnte den
Freunden unserer galanten Theaterzärllichkeiten wohl eine nerven-
stärkende Lectnre sein. Seit schöne, aber auch oft nervenschwa-
che Zuschauerinnen unsere Tbeaterlogen und Cercles füllen, kön-
nen njanche Situationen , die zu den erhabensten gehören , kaum
vom Dichter, geschweige denn vom Schauspieler ansgesprocheu
werden. Wie oft hat man die Scene in der Marie Stuart ge-
schollen und als höchst unanständig ausgehannt, wo Morlimer Ma-
rien mit seiner Liebeswulli ilngstet ! Und doch war Schiller selbst
nach seinem eigenen nnindlichen Geständnisse davon vollkommen
überzeugt , dafs diefs der tragischeste Moment des ganzen Stückes
sei. Vor hiosen Männern wäre er es gewifs , zumal wenn nach
alter Tlieaterordnung die Rolle der Königin seihst nur von eiueni
Schauspieler gespielt werden könnte.' —
Aber was folgt nun ans diesem Allen ? Sollen wir unsere
Sitten abscfiwören und uns in den Schmclztiegel werfen, um als
Griechen wieder herauszukommen? Das wolle unser guter Ge-
nius nicht I Schiller selbst spricht uns noch heute zu, wie im Jahre
1796 in seinem Sinngedichte auf die Griechheit:
Kaum liat das kalte Fieber der Gallomanie uns verlassen,
Bricht in Gräkomanie gar noch das hitzige aus.
Griechheit, was war sieV Verstand und Mafs und Klarheit! D'rum
däclit' ich,
Etwas Geduld noch, ilir Herr'n, eh' ihr von GriecUieit uns spreclit !
Aber das köstliche Eigenthum unserer sich Alles unbefangen an-
eigueiiden, Alles nur aus und an sich selbst beurlheileuden Nation,
die liberalste Vielseitigkeit im Geniefsen nnd Beurtheilen, soll durch
kein Vornriheil nnd durch keine Fortpflanzung irgend eines irrigen
AVahues, sei er auch noch so unbedeutend, gefährdet oder vernich-
tet werden I
*) Betrachtungen über den Zeitgeist in Deutschland von C. Brandes.
S. Hl ff.
r^^Q<^£><
VI.
Der Händezoll,
an
die dramatische Muse bezahlt.
Ursprung- des Händeklatschens bei den Griechen
nnd Römern und akustische Empfänglichkeit des
Halbkreises in den Bühnen.
V o r w ort.
'er hier niit^etheiltc Aufsatz gehört zu einer Reihe von Ab-
liandliiiigcn über das Theatorweseu der Allen, wozu ich vor Tieleu
Jaluen bereils mehrere Abschiiitle in lateinischer Sprache als Eiii-
ladiiiigsschiifton am Gymnasium in Weimar driickoii licfs. Er ist
nun der erste in der R-eihe. Zwei andere Süiloii nachfolgeu *).
Der eine wird die verschiedenen Arten des Klatschens mit den
Hunden, mit der Zunge nnd mit den Füfsen behandeln und zei-
gen, Mie die Alten das Klatschen zu einer eigeriCn Art von Kunst-
fertigkeit und Virtuosität braclilen. Der zweite soll alle übrigen
Arten, Wohlgefallen und Mifsfallen, Belohnung nnd Bestrafnno- an
die Bühnenkünstler zu spenden , nacb den verschiedenen Klassen
und Alislufiingen vorzählen. Da wird denn auch die Stelle in Ci-
cero's Paradoxen (III, 4.): „ein ausgesprochener Vers, wenn er
um eine Silbe zu knrz oder zu lang ist, wird von den Zuschauern
ausgezischt und ausgeklatscht," znr Beherzignng unserer Scliau-
spieler, die nach Allem, was Mnlincr neulichst über Vers
nnd Reim den Schauspieleiinnen in die Tasche gesteckt hat,
fortfabreu , die Veise auf's Kläglichste zu verkrü|)pelu , nicht ohne
*) Diese sind nicht erschienen, Anm, d. Heransgebers.
Uöuigei's kleine Schriften I. 21
322
geljüliren^c ErAHorniip,en Itloilien. Möge dieser ersfe Alisclmiü
mit Niiclisitlit IjiMirlliciit wcidcii , da es mir bei einer noch sehr
hemmenden Augenkrankheit iiiilit gestaltet war, dem, vas ieh
schon vor langer Zeit niedergeschrieben hatte, die letzte Dnich-
sidit und Feile zn geben.
Den 26. Jiiiii 1822.
Die ccliten Mnsen , jene Schwestern, in der heiligen Dreimal
Drei, jene Olympierinnen, welche einst dem alten askräischen San-
ger Ilesiodiis wähl halt im Tranme erschienen, seitdem aber, von
hundert wachenden Dichteilingen angerni'on, spiöde nnd unerbittlich
blieben , sind , so sagt der griechische Gölterstammbaum , Tiicliter
des Allvaters Jnjiiter mit der hocligepriesenen Mnemosyiie, der Güt-
lin des (j!ed;ichliiisses, woraus sogleich die schöne jNulzanwendung
folgt, dal's die Muse nnd ihre Plleglinge a>if und hinter den Büh-
nen, wenn sie nicht zur Schmach ihrer Mutter untergesrhobene
Mantelkinder sind, nie eines Einhclfers oder Sonllenrkaslens be-
dürfen! Aber mit dieser Abstammung der heiligen neun Schwe-
ßtera kann es der Alles weiter ausbildende nnd geistreich fortspin-
iiende Grieche noch nicht bewenden lassen. Die Musen wurden
in Arcadien geboren , dem eigentlichen V\ iegenlande des griechi-
schen einheimischen Götlergeschlechts. Da fanden sie auch
ihre Amme, Denn wenn es auch nicht schon im frühesten Heroen-
Leben der Griechen ganz herkönimlich gewesen wJirc , dafs in je-
dem Hause für die Mädchen eine Amme, für die Knaben ein Kna-
benführer, ein Pädagog, meist Sdaven nnd Sdavinnen aus Thra-
zien, zu finden sein mufsten , so hätte doch schon die nngewöhn-
Hche Zahl dieser in einem Wochenbette geborenen neun Mäd-
ehen oder, "wenn das Wort hier zu bilden erlaubt wiire, dieser
Neunliuge eine tüchtige Amme nölliig gemacht. Was Wunder al-
so, dafs wir auch die Mnscnamme bei den Alten erwähnt finden?
Sie hiefs Eupheme, d. h. Gunslmütlercheu *). Diese Eupheme
Eupheme würde ganz falsdi übersetzt werden durdi Khrenpreis,
Wohlbelobt u. s. w. Denn das Wort su({)>)/^of bezeichnet im
Griecliisdien nur die durch laute Aeufserungen nnd Worte sich
zu erliennen gebende Gunst der Theilnehmer an allerlei Leistun-
gen bei ölfcntliclicn Schauspielen, vor Allem bei Gesang und Mu-
sik. Diefs liat sclion der geldirte Thomas Gataker in seiner
Anmerkung zu Kaiser Antonin's Selbstbetraclitungen I, 19. p. 18.
ed. Lond, selir schön gezeigt, wo der Kaiser unter anderen Be-
weisen seiner früh eingeübten Zucht und Sittsamkeit auch das gel-
tend macht, er habe erlernt rd 6l)$>}/xov v.a/ rotro «^-oCfujT/, wo-
hatte nhcr in Arcadien mit dem dort einheiniisclien Hirtoiigoff, dein
Paii, ein vorlif'Iitcs Aboiiloncr i;eh;»l>t, und dio Fol^o davon \v!ir
ein mnuicrcs Waldleiifclriicii, eia Satyrisic, Kr o los mit Nanieii,
deu wir indessen KlalscMiaiid nennen wollen *). Nnn wurde die-
ser kleine Satjr das Miklilirüderclien der Musen, die seine Aninic
zngleicli anfsängte, nnd als die Mnsen späler nach Thespiä in
Böolien wanderten nnd anf dem ihnen vor allen anderen Musen-
Heiligdiüinern j;eweihelen Hclicon in einem von der Nainr seihst
dazn reizend gehildefen Waldthealer ihren ei^enthiimlichsten Wohnsitz
nahmen, da .«ini^- der Milclihrnder Klatschhand anrh mit hin nnd Idieb
ihr nnzertrennlicher Gefährte. Lnd vvenn sie nun ihr hinindisches Con-
rert anslinimten nnd in lyrischen nnd dramatischen Wechscli^nsän-
gen Gölter nnd Menschen auf der mit Lorheern nniji;vijnfen nml
uraschalleten Btihne entzückten , da safs Klatschhand nnd lauschte
mit gespitzten Ohren in irgend einer Öchatlenlaidjc versteckt nnd
klalschle dann, wenn sie's seiner Meinnng- nach am schöiislea ge-
macht hatten, viel lanferen Beifall mit seinen nervigen Fänsten zu,
als das lanlesle Bravornfen halle hervorbringen können , znr Lust
der in allen AVinkeln herum versteckten nnd jeden Si'hall verviel-
fachenden Echo. Die Menschen, welche sich hierbei auch als Zu-
hörer fleifsig einfanden, lernten dieses Klatschen vom Milchbrnder
der Heliconischen Göttinnen. Diesen aber erwuchs daraus grofses
Wohlgefallen, denn ihr Ptuhm verbreitete sich über die Erde. Und
nni dem dienslfeiligen nnd erfindungsreichen Satyr ihren Dank zu
beweisen, baten sie ihren Vater, er möge ihn unter die Sternbil-
der versetzen, wobei er zugleich als Jäger und Bogenschütze auf-
mit das, was er im 13. §. von sich rühmt, verglichen werden
nuifs. Der Kaiser hatte also gelernt, seinen Beifall zn geben,
aber ohne Lärm und Geränsch , ganz im Gegensatze der da-
mals üblichen höchst geräuschvollen Beifallsbezeigungen in und
aufser der Schaubühne.
Der Sammler Hygin, dem wir so viel aus der Götter- und He-
roengenealogie verdanken, hat uns auch hierüber belehrt. Pan
Mercurii et Penelopes tilius. Croton Panis et Euphemes ülius,
conlactius (sonst auch conlactaneus) Musarum, Fab. 224. p, 345.
und in seinem Astronomikon (II, 27. p. 479. ed. Staver.) nennt er
den Crotns (es waren beide Endungen gewöhnlich, Kroton Und Kro-
tos3 Euphemes, Musarum nutricis, flliuni. Vergl. Hermann's
astr. Mythen S. 377. Der Urheber dieses Stammbanmes wird bei'm
Hygin in der zweiten Stelle der spätere Alexandrinische Tragö-
dieendichter Sositheus genannt. Man setzt ihn in die 164ste bis
lC6ste Olympiade nnd er gehört znjn tragisclien Siebengestirn.
Die ganze Ertindung, so wie sie uns Hygin Und EratostJienes auf-
bewahrten, ist Alexandrinischer Witz.
21*
324 gjj,
trat. Nicht Cliiron , nelo Krotos ist der wahre BogenscliiUze un-
ter den zwölf Zeiflion dos Tliioikreises *).
So "Wäre also das Bcifiillklatsflicii Jiüclist congonial und ans
einer lieiliiion Sippsclialt mit den Musen sciljsl ; ja es leidet i>,at
Iceinen Zweifel, dafs von nun an diese göttliclie Erfiiidiinü,- allen
Masenkiinsteu eben so (reu nnd nnlremihar zur Gefährtin ü('ij,el>eu
worden ist, A\ie der Scliatleii dem Körper, Avie die versliimmende
Echo der Meiischeiislinniio fol:;t. Demi die von anderen Auslegern
angenommene Erklärung, des Krolos ]»ersoniiieir(es Taclsehlagen
sei ein Laut, der in regelinäfsigeu Intervallen wicderkelirt, seiieint
uns auf diesen blos mit den Händen zusammenschlaj'endeu Satvr
Das Alles nnd noch weit mehr lernen wir aus Eratosthenes Stern-
bildern oder Kataslerismea c. 28. p. 22. e<l, Scliaub., der auch
den Sositheus vor Augen hatte. Die Hauptstelle dort ist sehr
veidorhen. Zum Theil hat sie schon We s seil n g zu Diodor IV, 8,
not. 52. glücklich verbessert und nach dieser Verbesserung heifst
nun die Nachricht so : „Krotos lebte mit den Musen auf dem He-
licon. Wenn er ihnen zuhörte, belebte er sie durch Beifallsbe-
zeigungen (svtc-^/jioictat; , s. Vettori zu Cicero ad. Att. I. 16.),
indem er mit den Händen lilatschte. Denn was der blose Aus-
ruf (das Bravorufen , die £x<(J)iiuvy)/v(aT« , vvie sie Cicero nennt ad
Att. I, 9.) nicht so durclidringlich und bezeichnend auszudrücken
vermoclite, konnte mit einem Zusammenschlag der Hände ange-
deutet werden. So erkläre ich mir die Worte: ro yao rv\q (J)wv^5
ftcaCpsf cv uttÖ Tivo^ vi^oTov e-^fxaiviixivcv. Da diefs die Anderen
(Dämonen oder Rlenschen , gilt hier gleichviel,) salien, machten
sie es nach. Darum wandten sich die IMusen, erfreut über den
Ruhmzuwachs durch diesen Einfall des Krotos, mit der Bitte an
den Jupiter, er möge ihn, da er sicli ihrem Dienste geweiht liabe,
auszeichnen. So ward er unter die Sterne versetzt und erhielt
wegen seiner mannigfaltigen Handfertigkeit zugleich den Bogen,
als Schütze, in die Hand. Aber das von ilmi zuerst gebrauchte
Klatschen blieb Sitte unter den Menschen." So weit die Naclnicht
beim Eratosthenes. Die Sache kam von den Alexandrinisclien
Astronomen in allgemeinen Umlauf. Wenn daher Columella in
seinem Gartengedichte (de R. R. X, 56.) sagen will, die Sonne
tritt in den Bogenschützen, so sagt er, um recht gelehrt zu sein,
PJiöbus geht durch den Scorpion und eilt über den Pferderücken
des Krotos — tergoque Croti festinat ecjuino. Vergl. Ideler über
den Ursprung nnd die Bedeutung der Sternennamen S. 185, Nur
eine Bemerkung sei hier noch beigebracht. Wie kommt dieser
Krotos zur Centauren- Figur, so dafs man später allgemein den
weisen Cliiron in diesem Sternbilde zu sehen wähnte? Auch hier
ist Eratosthenes in dem angeführten Katasterismos unser Wegwei-
325
nicht gilt ann;c\vaiKlt werden zu können *). Später freilich giebt
es cyniljelschhigem!« Salyrti, die zugleich mit den au den Fül'sen
befestigten Sclilagbretern den Tact aiigel)cn. Allein diefs bezieht
sich auf eine ganz andere Mnsik und auf gaiiz andere Zeiten ! *♦)
ser. Kr sagt gleich anfangs : „das Bild ist ja kein wahrer Cen-
taur, es liat nicht vier Plerdefüfse, sondern es steht aufrecht und
spannt den Bogen. Kein Centaur bedient sicli des Bogens. Diese
Figur aber ist menschlicli bis auf die zwei Pferdescheukel, hat
aber einen Scliwanz wie ein Satyr. Darum erkläit man dieses
Himmelszeichen tür den Satyr Krotos u. s. w." Alle Schwierigkeit
ist gehoben, wenn man sich erinnert, dafs die älteste tliessalische
Vorstellung von rohen Waldmenschen, Bergbestien (^(pyjasg cpj-
cnwoc, Homer's Ilias A, 268.), aus welcher sicli später die zwitter-
artige Centaurengestalt hervorbildete, in alten Bronzen (s. Heyne,
antiqu. Aufs, i, 33.), auf Münzen (_bei Pellerin, Suppl, IH.
tab. 3. und Sestini P. I, tab. I. u. s. w.) gerade so geschwänzt
und mit zwei Pferdefüfsen aufrecht stehend vorgestellt wurden, wia
hier Eratosthenes und Hygin (Astron. p. 479. crura equina, cauda
Satyrica) den Satyr Krotos als Sternbild bezeichnen, Icli liabe
davon in den griechisclien Vasengemäldeu Tli. III. S. 91, und
130. if. ausführlich gehandelt und dort den Centauren - Satyr nicht
unerwähnt gelassen.
Diese Erklärung gab schon der gelehrte Dupuis in seinem bei
aller Unhaltbarkeit der ganzen Kalender - Hypothese doch viele
scliarfsinnige Combinationen vortragenden Origine de tous les cul-
tes T. III. P, II. p. 65., wo von Krotos die Rede ist; c'est lui
qui battait la mesure, quand les Muses chantaient ou dansaient.
So war er also der /^Ho-c^ofo; gewesen, der den Tact, das tvlö-
ciuov , wie es der Grieche nannte, angab. Allein da luitte er ja
in der Mitte des Chors stehen müssen, und es wird ja ausdrück-
lich gesagt, er habe Beifallsbezeigungen, £x((7>j/a«cri'af, gegeben. In-
defs hat auch Creuzer in der neuen Ausgabe seiner Symbolik
Th. III. S. 266. von unserem Krotos gesagt: „auf dem Heli-
con unterstützte er den Gesang der Musen durch die nützliclie
Erfindung des lauten Tactschlagens." Wir leugnen nicht, dafs
Krotos zuweilen auch vom Rhytlmius der Stimme und von dem
in einerii gewissen Numerus sich bewegenden Mafse gesagt wer-
den könne. In diesem .Sinne kommt es melirmals in Pliilostrat's
Leben der Sophisten vor, z, B. p. 503. mit Olearius Anmerkung,
und wir vermissen daher das Wort ungern in Ernesti's Lexicon
teclinologicum Graecorum Rhetorum. Aber viel häufiger wird es
vom Beifallklatschen gebraucht, da hingegen jenes Tactschlagen
weit liäufiger durcli htutto; ausgedrückt wird.
Wer kennt niclit den zugleich mit den Händen die Cymbehi scIiIa-
326
Der inylholo'i.isclie Stainmbaiim des Beifallklalscliens wäre also
«luleugbar aufgcriinden, und bedürfle es zur vollen Ahnenjnobe
genden und mit dem recliten Fufse das Schiagbret tretenden Sa-
tjT im Florentiiiisclien Museum, von dessen Vortreff liclikeit in den
erhaltenen TJieilen Muyer in seinen Anmerkungen zu Winckel-
niann's Geschichte der Kunst OVerke Bd. IV. S. 280.)
uns so Rühmliches verkündigt und über welche auch Morgen-
stern in seinen nur zu früli unterbroclienen Auszügen aus sei-
nem Tagebuche St. II. S. 329. gute Winke gegeben hat. Das ist
das Tactschlagen. Die Sache kam aus Büotien und selbst das
Wort für diese Tactbreter war bootisch v.jjuts^« oder in der
verkleinernden Form y.oo\;xt^iov, wie wir zunächst aus Pollux VII.
22, 87. und den Glossen des Hesjcliius lernen. Man irrt , wenn
man diese Vorrichtung, durch eine Stelle des Lucian, de Salt. c.
10. T» II. p. 274. Cvergl. Pollux X. 153.) verführt, nur auf die-
sen den Chorgesang dirigirenden Flötenspieler bezieht. Er war
dem Bacchischen Thiasos ganz eigentliümlicli und da stets mit dem
Cpnbelschlag in der Handbewegung, ganz wie es am Florentini-
schen Tactscliläger (niclit Tänzer, s. Beck, Grundrifs der Ar-
chäologie S. 161.) zu seilen ist, verbunden. Denn da mufste bei'm
gewaltigen Charivari des Bacchanals wolil ein durchdringender Ton
Alles überbieten. Dalier verwandelten sich auch die Schlagbreter,
die anfangs nur hölzern waren, in eiserne Sohlen, und diefs
ward nun auch auf den 20 bis 30000 Zuschauer umfassenden
Theatern der Alten zum Signal C^. B. wenn der V^orhang zum
Schlüsse aufgezogen werden sollte) und zu einem zur Mensur
gebrauchten Tonwerkzeuge, wie aus der Stelle Lucian's, de Salt. c.
83. p. 313. und aus der oft belobten Stelle des Cicero, pro Coe-
lio c. 77. (scabilla, so hiefs dieses Instrument, weil es ursprüng-
lich einem hölzernen Fufstritto ähnlich war, bei den Römern)
zur Genüge erliellet. Die .Sache kommt auf melireren Reliefs
vor, auf welchen der Baccliisclie , OrgiastisciMi Thiasos in voller
Bewegung ist, wurde aber von den Herausgebern von der-
gleichen .Marmors gewölmlich übersehen und aucii in den Kupfer-
sticlien nicht ausgedrückt. So z. B. auf einem Bacchanal im bri-
tischen Museum, Description of the ancient marbles of the British
Museum P. I. ])1. 9. .'\Ierkwurdig aber ist, dafs auf so vielen
hundert Vasenabbildungen, welclie uns mitgetheilt worden sind, auch
niclit ein einziger Satyr mit Scabillen gefunden wiude. Die Sache
selbst hat schon Saumaise zu den Script, bist. Aug. II. p. 838.
so erschöpfend und so deutlich ausgeführt, dafs sich nur kleine
Nacliträge, z. B. die besondere, in Decurien getheilte Classe von
Theater -Tactschlägern, die auf alten römischen Inscliriften als
operae scabillarcs vorkommen, in Fabretti's Inschriften Class. V.
n. 203. und Class. IX, ii. 40.j dazu geben lassen.
327
iiorfi einer verköiperfen Ansclminiua:, so können wir versichern,
dafs , da iiach dem Zeugnisse des Tansanias in seiner archäolo;i>i-
Sfliea Bescliaunni;- Giieclienlaiids, wie es nnter den Antoninen war,
die Mnsenamme Enphenie anf jeneui höclist roniaulisclien Waldlliea-
1er anf dem Helicon in ßöolien eine eii!;ene Abbiidnng auf einem
Marinonelief liatle *), das Bild ihres Sohnes, des Satyrs Klatsch-
liand , schwerlich gefehlt hahen wird. Anoh möchte sich's wohl
noch, Avenii gerade Zeit znm Nachsnchen da wäre, auf einigen al-
ten Vasen nnd Lampen nachweisen lassen.
Doch lassen wir den Mythos nnd werfen einen Blick auf die
Wiege des Beifallklatschens in der Wirklichkeit. Und in mun-
teren, lebenslustigen Kindern, die, der Wiege entronnen, zuerst ihre
Händchen und Füfscheu zu brauchen anfangen, ist auch die Incu-
nabel des ersten Beifallklatschens zu suchen. Es ist ja der na-
türlichste , echt kindische Ausdruck des sich freuenden Kleinen,
wenn es, von der Wärterin oder der Mniter emporgehallea oder
anf den Knieen des Vaters reitend, das thnt, was schon Homer in
dem bekannten Vers (llias V, 410.) anf den Knieen Paparufen
nennt **), und nun im Ausdrucke seines Wohlbehagens die Hände
*) Pausanias IX, 29. 3. Wir wollen die Stelle nach Clavier's
treulicher Uebersetzung von Pausanias, description de la Grece T. V.
l). 100, hersetzen : En allant au bois de rHelicon par le cheniin
le plus court, vous voyez le portrait d'Eupbeine, sculpte siir une
pierre; on dit que cette Kupheine etait la nounice des Muses.
Ich bemerke hierbei nur noch, dafs man in den romantischen
Lusthainen der Musen auf dem Helicon, den schon Barthelemy mit
einer wahren Begeisterung ausgemalt hat in Voyage du jeune
Anacharsis eh. 34. T. IV. pag. 526 — 59. , den aber Hobhouse,
Clarke und andere englische Reisende so wenig als unser Ber-
tlioUly dort wiederlinden konnten, ein eigenes Waldtheater (es ist
das MovcHov ro sv 'EX/xtuvi im Athenäus XIV, pag. 629. A.) den-
ken mufs, wohin sich die Dicliter (man denke an den llorazisclien
Ditliyramben) im Geiste entrückt dachten und so aufser sich zu
erblicken glaubten, was nur in innerer Vision sich gestaltete. In
diesem Sinne ruft Virgil (Aen. VH, 641.) sein von so vielen Er-
klärern nicht recht verstandenes Gebet aus:
Pandite nunc Helicona, deae, cantusque monete,
nach Vo fs :
Oeffnet den Helicon jetzt, o Göttinnen, regt den Gesang auf.
(V^ofs las movete; aber monete, lielft ein, gebt ein, ist besser.)
*) — air/ yovvixffi vcnrirä^ovai. Wie konnte doch Vofs dem Vers-
klange zu Gefallen auch in der neuesten Aasgabe: „an den Knieen,
mein V äterchen, stammeln" übersetzen ?
328
ziisamnieuscliläi't. Wer erinnert sich liier nicht der heiHgon Fa-
milie von A^osiiijo Car.ieci, die sonst in MoJena war, wo der
kleine Johaüiies zu den Liebkosungen des Christkindes, womit diefs
der holdseligen Mntler scluneichell, nicht helend die Hände zusam-
inenlegt, — welches Kind fhul diefs? — sondern fröhlich aufspringend
in die Hände klatscht ? Und so erinnern wir nns wohl, dafs hei ei-
ner sehr gelungenen Yorstelinng von Oehlenschhiger's Correggio der
Knalie, den i\Iicliel Angelo auf seinen Knieen reiten läfst, in Ent-
züclcen die Mandeln wegwarf und , mit den Händen klalschend,
sell)st beklatscht wurde , weil das Thierische des Essens hier gar
nicht so heraiisgeliohcn werden sollte. Wie Avalir sagt der grofse
]\Teisler in aller Rede- und Geherdenknnst, hei welchem unsere
Schauspieler täglich noch in die Schule geliou könnten, Qnintilian *),
liher die Gebeide und den Ausbruch des Klatschens, als er davon
spricht , wie einst das römische Volk hei einem aufserordentliclien
Aufwand der huchsten Rednerknnst den S ach wall er Cicero auf
eine vor Gericht ganz unstatthafte Weise bekhitscht habe: ,,Sie wa-
ren gleichsam ihres Verstandes nicht ganz mächtig und brachen,
uiu'ingcdenk der Stelle, avo diefs verhandelt wurde, in diesen Af-
fect diM- Freude aus." Dieser fast nn willkürliche Ansl)ruch der Be-
geistfruaü^, der sich durch Beifallklatschen an heiliger oder doch Sol-
chen Zeichen des Beifalls sonst nnzng;lngliclier Stätte Luft zu n>a-
chcu stiebt, ist nicht blos vor dem Tribunale in Ron» vorgekoni-
meu. Bei den Franzosen ist von jeher den Parlamenlsadvocateu
der lebüafiesfß Beifall zngeklatscht worden. Er hat , um diefs nur
im Vorbeigehen zu bemerken , auch in neuereu Zeiten selbst in
Kircheu sein R,echt behauptet. So erzählt nns der treffliche Bio-
graph des unvergefslichen D. Blessig in Slrafsbnrg, Professor
Fritz, dafs sich bei der Leichenrede, die Blessig am Grabmahl des
Marsehalls von SiU'hsen im prärlitigen Chore derThomaskircbe gehal-
fen, etwas Aehnliches zugetragen habe. „Die unzählbare, die Kirche
anfüllende Volksmenge hüi te mit tiefer Stille und der gespannlesteu
ÄufiuerksiUiikeil den Redner an. Jedermann war innig ergrilTen,
und nachdem er geendet hatte, ertönte ein allgemeines Beifallklat-
Bcheu , ein in den Strafsburgischen Kirchen nngewöhnlicher Auf-
tritt, zu welchem das Beispiel des anwesenden i\Iarschalls von Con-
tades und der sächsischeu Prinzessin Christine das Signal gab **)."
*) Qiiintilian VIII, 3. 4. p. 212. edit» Spald. — plausiis erunipentls
voluptatis affectus. Niemand hat neuerlich von Quintilian's Mei-
stervorschriften über Stimme, Mienenspiel und Geberdenkunst
lehrreicheren Gebrauch für die Schaubüline gemaclit als Gilbert
Austin in seiner viel zu wenig gekannten Cliironomia er a
Treatise on rlietorical delivery (London 1806. in 4.), besonders
S. 322, ff.
'') Leben D. .Toliann Lorenz Blcöi-ig's von Fritz (S^rafsburg.
329
Doch wir kohlen zu den frühesten Spuren des Beifallklafsdieiis
zurück , und da be^et!;iict uns dasselbe schon in der Hoiuerischeu
Odyssee, wenn wir der in den Grund eindriuiicndeii Erkläriinj»- ei-
niger aller Sprachforscher heipllichlen wollen. Denn wo uns der
Tauz der Piiiiakischen Jünglinge vor dem Könige Alkinoos und
seinem Gasifrennde UIjsses geschildert wird, da heifst es: einige
der Jünglinge tanzten
In oft wecliseliider Stellung und andere Jünglinge klappten.
Der griecliische Ausdruck , dessen der alle Sänger sich hier be-
dient, hat freilich von jeher sehr verschiedene Auslegung erfahren,
Inilcfs dürfte doch die Erkliirniig, welche ihn von einem Klappen
nn't den Händen versteht, auch ohne etymologische Spitzfindigkeit
leicht vor der andern, wo mau das Anfslanijjfen mit den Füfsea
darunter verstanden haben will, den Vorzug erhallen *).
Der IMensch iUifsert zunächst durch zwei Dinge am mei-
sten seine Yervollkominnnngsfahigkeit und höhere Stellung zur
Hnmaniliit oder zum Menschenthum , durch die Sprachfähii>keit
und die Uandfäliigkeit , die wir wohl auch in ursprünglicher
Bedeutung des Wortes Behändigkeit nennen mögen. Aber
die blose Hand reicht nicht ans. Er wird nun auch durch diese
Hand ein maschinenmachendes Geschöpf (a tool-making creature)»
Was war natürlicher, als dafs man auf eben die Weise, wie man
den blosen Faustschlag im Wettkampfe durch eigene Schlagriemeu
(carstns) verstärkte, so auch das Klatschen, Klappen und Klappern
der Hände «ladurch viel durchdiingender und kräftiger machte, dafs
man statt des blosen Schnippchenschlages mit den Fingern die
Tanzklappern, Castagnetten (crotala), statt des schallgebenden Zu-
sammenscblages der hohlen nnd so doppelt stark tönenden Hände
Heitz, 1818. 2 Theile) Th. I. S. 158. In den Anmerkungen
Th. IT, S. 104. schrieb Blessig selbst in seinem Pariser Tage-
buche: „Die Franzosen klatschen bei allen Gelegenheiten Beifall.
Icli borte diefs die Schüler in Collegien thun, so wie die Zu-
hörer im Palaste der Gerechtigkeit."
Odyss. VIII, 379. — yiot^ot yeiriXi^xiov aXXot. Hesycliins T. I.
c. 1324. erklärt es durch s-irs-A^ircvv rol; xoff/', ixsyöc'wv, sie klappten
mit Füfsen, sie sclirieen Beifall zu. Am austubriicbsten ist Athe-
näusin der Erklärung I, c. 27. p. 57. Schweigb., er erklärt es durch
sT^xpoTsTv To7f Xi)(_otvo7; hay.TvXot; mit Beziebung auf das Wort
A>)x€7v. Diefs wäre also so zu versteben, dafs der Zeigefinger (der
Xt^otvog) der einen Hand in die üaclie andere Hand sclilüge. Mit Recht
bemerkt schon Casaubonus , dafs diefs aus dem ionischen A/jksi'v
statt Xav.ilv-y scliallen, gar nicht folge. Aber auch Enstatliius p.
316. 36. weifs niclils Besserem.
330
mefjillene Beiken , Cvmix'lii und anJeie inndiim eiiiu:eLogeue Me-
(;illpla((eu mit beiden Häiidea ziisainmenscliln^- und so das nalür-
Jiche Klatschen nacli WillUüi- und Bedarf zu einer höhereu Potenz
steigerte?
Ich überi!,ohe hier, um nicht durch allzu än^isthcho Ausfiiiirlich-
keit zu ermüden, alle übrige Klatschkiiiisle des AUerlhums bei of-
l'cnllicheu Processioncn , vor der Ptednerbiihne und am Katheder
der Sophisten und Declamatoreii *), in der VolksversanHuluug und
selbst in der beiligon Svnaxis oder bei den Predigten und in der
Kirche der Christen, ein ärgeiliciier IMifsbrauch, der von den frü-
hesten Jahrliunderlon bis zu den Zeilen des heiligen Bernhard her-
ab in der Gemeinde der Christen stattfand **) , und fiihre meine
Leser lieber gleich in ein griechisches oder auch römisches Thea-
ter vor die Scene bei dramatischen Vorstellungen. Wie sah es da
lult dem Beifallklatschen aus? That sich nicht bei dem erlind-
unnsrcichsteu und zu dem Allen immer Neues ausklügelnden Hel-
leuenvolke auch in diesem Beilallszeichen maneherlei Verfeinernng
hervor, und überbot sich nicht auch in den hiiher stehenden Kün-
sten, welche das classische Allerihum allein Künste nannte und
als Domaineu der Humanität und freier Geburt behandelte und be-
zeichnete, der Witz und das Genie der Alten durch immer künst-
lichere Ausbildung des schon Vorhandenen eben so sehr, als das
erfindungsreichste luselvolk unserer Tage in den rein mechanischen
Ausübungen, welche die alle Welt blos den Sciaven übcriiefs, durch
die allbelebenden Zauberworte Iniprovcmeut und Patentartikel, täg-
lich fortschreitet?
So ist es in der That. Hier im Theater rauscht, kracht,
prasselt, donnert es uns bei einem so reizbaren, leicht und gewal-
tig aufzuregenden Publikum, Avie das der Griechen und , nachdem
Senr erscliüpfeiul bat von den Beifallszeichen , die den Rednern
xmd Sophisten durch Rufen und Klatschen gespendet wurden, der
Jesuit Liidovicus Cresollius geliandelt in seiner gelehrten Schrift
Theatruni veteruni Rhetoriim, libri V. im 3ten Buche im 20sten
Kapitel p. 271. 11'. der ersten Pariser Ausgabe von 1G20. Später
hat dieses selten gewordene Buch Jac. Gronov in den lOten Tlieil
des Tliesaurus Antiiiuitatum Graecarnm aufgenommen.
Diese ärgerliche Unart liat besondeis Francesco BernarJino Fer-
rario zu Mailand in seinem AN'erke^ de veterum acclaniationibus et
plausu libri Vll. erläutert, welches zuerst in Mailand 1627 in 4., dann
aber auch im 6. Theile des Thesaurus antitjuitatum Romanorum von
Grävius gedruckt worden ist. Es liabcn aber noch viele andere
Gelehrte diesen Gegenstand behandelt, die sclion J. A. Fabricius
in seiner Bibliograpliia antiquaria p. 541. f. sorgfältig angefüiirt
hat.
331
die Herren und Sieger der Erde bei den Griechen in die Schule
|i,eg;ii)gen waren , auch das der Römer war , von allen Seiten und
niil so vielen anderen Geberden und körperlichen Bewegungen so stür-
luiscb enfgegen, dafs man nicht irrt, wenn man sich vorstellt, ein so
erregbares und bewegliches Zuschaner-Publiknm habe die gröfsle
Aehnlicbkeit mit vielen tausend Besessenen und Evcrgiimcnen ge-
habt. Die sogenannte Musolepsie , der Musen - Walinsinn , ergriff
Jung und Alt mit gleicher Gewalt, und die Verriicklhcit der Ab-
deiiten , die uns VVieland zuerst in seiner geistreichen Dichliing
dieses Namens und später auch in den Briefen des Aristippns so
charaklerisliscli und auf alle Zeiten anwendbar schildert, scheint
um so freier und rücksichlloser ausgebrochen zu sein, als in den
griechischen Theatern wenigstens ehibare P^ranen und Jungfrauen
in der Ordnung fast nie zugelassen wurden *j, und also auch hier
jener unbewachte Mnlhwiüe und jene zügellose Ausgelassenheit ein-
trat, welche noch jetzt überall ungebändigt hervorbricht, wo die
Frauen , die strengen und züchtigen Gesetzgeberinnen und Lenke-
rinneii der Sitte, nicht Theil nehmen können oder wollen.
Und hier, um nur gleich damit anzufangen, waren die Schau-
bühnen der alten Welt schon ihrer Lage und Bauart nach herr-
liche Schallforliillanzer , Mnlti|)llcatoren (Vervielfaltigungsans(alten)
und unvergleichliche Resonanzböden. Es kann hier nicht die Rede
von den akustischen Vortheilen sein, womit die Baukunst der Al-
ten der Menschenslimme sowohl, als den sehr einfachen Klang-
instrnmenten auf der Bühne eine Yernehmlichkeit und Deutlichkeit
zu geben wufste, wodurch in allen Richtungen und Formen eine
Ich kann nach Allem , was ich zn verschiedenen Zeiten , zuerst im
neuen teutsclien Merkur von 1806. St. I, S, 23. ff,, auch spä-
ter im Morgenblatt über den Niclitbesuch iler sceuischen Scliauspiele
durch die vonieliineren Biirgerinnen in Athen und vielen anderen
griecliischen Städten behaii[Jtet liabe , und was von Fr. Schlegel,
von A. W. Schlegel, ingieichen von Böckh in seiner Crisi Tra-
gicornm pag. 38. dagegen erinnert wox'den ist, noch immer die
Ueberzengiing nicht aufgeben, dafs wenigstens in den frülieren
Zeiten die Frauen Lei dramatischen Vorstellungen niclit gegen-
wärtig waren, am allerwenigsten bei Lustspielen des Aristophanes
und Menander (^wenn Menander's Glycerion dabei ist, so wissen
wir ja, zn vvelciier Klasse diese Glycerion gehörte). Man mufs
freilich die Zeiten und in Griechenland selbst die ionischen und
dorisclien Volksstämme genau unterscheiden, auch den Unterschied
römischer und griechisclier Frauensitte, die mannigfaltigen Vei-
zweiguiigen der Volksstämme nicht aus den Angen verlieren. Doch
die ganze Sache soll in der Sammlung meiner kleinen philologi-
schen Aufsätze einer neuen sorgfältipoii Priifunt; nnterworrcu werden!
662
Zahl von 20 bis 30,000 Ziisclianern auch völli«'- hefriedi-le Zu-
liürer wurden. INacli Allein, was antli in den neuesten Zeiten
ühev die befstniöi'liclistc Ki-reicluinjü," dieses Zweckes in unserer frei-
licli durcli ganz andere liediirCnisse in Bcdaeimnii,- und Bclenclitung
sehr verschiedenen Sciiaubüline gesaü,! worden ist, bleibt hier noch
Vieles aufzuklären. Heine oder ellii»lisclie Ilalhcirkel in den Sifz-
reiiien der Seiier sind durch unsere Calels, Lanii;erlianse, Wein-
brenner u. s. w. nur noch streitiger und verwickelter e;eworden.
Aber wären auch keine Theater weiter übrig- gebliehen als dieTriini-
mern von den Theater zu Taorniina und Morviedro (Sagunt), so
Vkäre es doch schon dadurch unwidersprechlich bewiesen, dafs die
8challstrahlen in jeder Richluiig' und Ausbreitung" ihre vollkoinineiie
Wirkung- thaten und iiberall Alles ohne Anstrengung vernoiunien wur-
de. Doch, wie gesagt, hiervoa kann unserer Absicht geniüfs hier
nicht die Rede sein. Es liegt mir hier nur ob , die Rehauptnug
ji ut zu machen , dafs bei der Slructur der allen Theater das lact-
mäfsige Beifallklatschen den Klatschenden selbst noch durch Yerstäik-
nng- und Wiederholung jedes einzelnen donnernden Lnisonos n»it den
Händen (der Brite nennt es ein Glockengelänte, peal of applanse,)
eine eigene Unterhaltung, ja einen Gennfs gewährte, voji welchem
wir uns jetzt selbst mit allem Aufwände ausmalender Phantasie
kaum eine Yorstellwng zu machen vermögen. Man miifs hierbei nur
die bekannte Erfahrung in Erinnerung- bringen , dafs man im Al-
lerthume, wo es nur sein konnte, die Theater allezeit am Abhänge
eines Berges oder Felsens so anbrachte, dafs man die Sitzreihen
der Zuschauer in l(;bendigen Felsen ausgehauen iiher einander an-
legen konnte. Diefs bezeugen die Trümmer aller anderen Tlieater
an den Küsten des Archipelagus und Siciliens, und selbst Vitruv,
der freilich in Rom selbst darauf keine Rücksicht nehmen konnte,
sagt docli (Buch V. Kap. lll. S. 211., übers, von Rode): „wird
das Theater an Gehirgen angelegt, so macht der Grund keine
Schwierigkeit." So sehr nun auch selbst nach Vitruv's Vorschrif-
ten alle verwirrenden, vom Anstofse zjirückprallenden Wellenkreisc
des Schalles schon durch die Bauart verjin'eden werden müssen,
so schliefst diefs doch die wahre Resonanz, die Fortpllanznng- des
verstärkten Schalles bis zu der obersten Galerie der Sitzreihen kei-
neswegs aus, und Vitruv verlangt ausdrücklich, man müsse genau
daiauf sehen, dafs ili(!se Resonanz nicht verhindert werde und üher-
liaupt dafs der Ort nicht dumpf sei. Die Declamation der Schauspie-
ler, tler Klang der geblasenen und besaiteten Instrnmeiile war hici l»ei
gewifs so abgemessen und berechnet, dafs, was die Griechen her-
nmsch all ende nnd en tge ge n b rec h ende Klanghrechnng-
nannten , nie vorkommen konnte. Diese Neckereien der mnthwil-
ligen Nymphe Echo hätten die Allen gewifs eben so störend und ver-
driefslich gt'fnnden , als sie die Bewohner einer uns benachbarten
grofacn llaiipistadt in jenem nencrbanlen Theater fanden, welche
933
bol'iu Ausrufe seines Baumeisters die Sylbe Hans im ganzen Halb-
kreise hnnderlfaeli ziinu-kii.ab iiinl nicht elier ganz verstnmntte, als
l)is sie mit diesem Theater selbst in Schutt niid Asche nnterging.
Ganz etwas Anderes aber war es mit den die Lnft dnrchsclinei-
dendeu nnd dnrcl» die Allgewalt des Schalls sogar dariiberhin Hie-
gende Vogel in Fing- selbst tödtcnden Schallniassen eines lant auf-
janchzonden nnd anl'k'afschenden Znschaneikreises *). Denn es
mag wohl eine merkliche Lnflverändernng hervorbringen, wenn in
demselben Moment aus 20,000 Kohlen ein Lebehoch erdonnerte nnd
mit 40,000 zusammengeschlagenen Händen ein zweites Donner-
wetter darein schlug-. Da trat der Fall ein , dafs die geschäflig-e
Echo ihre Yerdoppelungskilnslc nicht nnr ohne alle Störung-, son-
dern sogar zum wahren Geunfs nnd zu erhöheter Zufriedenheit der
Rufer und Klatscher nicht lobcudig nnd ki'äl'lig genug treiben konn-
te. Mau bedenke, dafs wohl in mehreren Halbkreisen der Thea-
ter der Fall eintrat, welchen die neuen Reisenden in Sicilien von
den Tiiimmern des Tauromiuischen Theaters oder der Bühne von
Taormiua berichten **). Der Irelfliche baierische Arcbilect Gärt-
ner, dem wir die neueste verständig- anfgefafste und meisterhaft
in München lilhographirle Ansicht von den Trümmern dieses Thea-
*") Man erinnert sich liier an jenes in Montaigne''s Essais so sinn-
reicli gedeutete Ereignifs, als der Sieger des Pliilippns von Mace-
donien, der Proconsul Q. Flaminius, in den Isthmisclien Spielen
zu Corinth den versammelten Panhellenen durch den Herold ganz
unerwartet das Freiheits-Edict ausrufen liefs, nach Plutarch's Er-
zählung in Flamin, c. 10. p. 482. Hutt. oder p. 375. A, Bei'm Ju-
belgesclirei der vom Freudentaumel ergriU'enen Tausende stü)zten
Raben , welche zufällig eben über den Reiliensitzen des Theaters
flogen, sogleicli herab, wo es nun, sagt Plutarcli, durch die durch-
schneidenden Klangstrahlen einen luftleeren Raum hervorbrachte,
oder als ein Pfeil wirkte, oder einen Luftwirbel erregte. Plutarch
nennt es ein oft vorkommendes Ereignifs, ro iroXXäviig XEyöfxivov
iig vTsgßoXi^v tj); (ptMvyjq y.a) i^tysSo^. Belvanntlich trug sicJi bei
der Canonade von Valmy in der Champagne 1792. dasselbe zu.
Die Akustik der Alten unterschied sehr richtig, wie auch Chlad-
ni zu bemerken nicht unterlassen liat, die doppelte Brechung des
Schallstrahls, aväy.X(X(Tig und y.arä-AXaaig. S. Aristoteles, Probleme
Sect. XI. Problem. 51. p. 812. E.
0 Noch bleibt d'Orville's Sicula die befste Quelle für diese
üntersuclumg. Aber schon Rietesel hat in seiner Reise
durch Grofsgriechenland und Sicilien, im ersten Send-
schreiben S, 157. die akustischen Vortheile, die man auf den ober-
sten Stufen der in Felsen ausgehauenen Sitzreihen hier bemerkt,
genau bezeichnet.
334
ters (in «Ion Änsicliten «Icr nm meisten erliallenen g,rieclils<"lien Mo-
iinmenle Siciliens, Bl. 2.) verdanken, sogt darüber in der lieige-
fii^ten Erklärniig (p. 13. f.): „Die Natur seihst sclieint die An-
la^e eines Werl^es vorbereitet zn haben, das dnreh seine Bedenf-
iinjr und seinen inneren Gelialt mehr Reiz für uns haben ninfs als
fast alle Gebäude des Alterthiims , Avelche sieh auf unsere Zeiten
erhalten haben. Die Natur sehnf den Fels so, dafs die Kunst nur
ihren Fingerzeigen folgen durfte. In der schiefen , aniphilheatra-
lisch sieh erweiternden Fläche brauchte man nur Stufen eiuzuhauen,
nin zn bilden, was nöthig war. Dazu erheben sich noch an bei-
den Seilen zwei Sleinmassen, zwischen denen ein Raum sich aus-
breitet, der mit geiinger Arbeit mit jenen beiden yerhunden und
zum Prosceninni gebildet werden konnte." Ich erinnere mich, in
Choisenl Gonflier's malerischer Reise durch Griechenland ähnliche
Felseiitrümmern eines griechischen Theaters in Klcinasien gesehen
zu haben. Hier wären .also für Beifallrnf nnd Beifallklatschen in
ffrofsen Felsenmassen die schallverdopiieluden Ohjccte gefunden,
welche durch eingemauerte eherne und irdene Klanggefäfse für die
Verstärkung des Klanges der Stimmen nnd Instrumente auf der
Bühne in den unteren Reihesitzen der Zuschauer nach Yitruv's
Zeugnisse ihre Stelle fanden *).
Zur Erläuterung- dient, was die Alten von der Lage des Dcl-
pliisclien Orakels und der ganzen heiligen Stadt am Par-
nassus bericliten, sie sei t Ii ea t er älin 1 ich gewesen, SgarpoEiSI?,
Strabo IX, p. 640. A. Daraus erklären sie nun die Sclireckens-
scene, Aveldie sich zutrug, als bei'm Raubzuge der Gallier Bren-
nus den Tempel angriff und durch Donncrgeräusch zurückge-
schreckt wurde. Die Stelle im Justin XXIV, 6. 8, mag hier an-
geführt werden. Media saxi rupes in formam theatri recessit.
Qnamobrem et liominum clauior, et si qiiando accedit tubarum
sonus, pei'sonantibus et respondentibus inter se rupibus multiplex
audiri, amplionjue, quam editur, resonare seiet, Die neueren eng-
lisclien Reisenden haben diese theaterfürmige I^age , die ein wah-
res Parterre (koTaov), mit Sitzreihen undaeiset, bildete, zu bemer-
ken nicht unterlassen. S. Clarke in Travels in various coun-
tries T. Yll. pag. 230. D od well in seiner wahrhaft classischen
Reise, Classical and geograpiucal Tour through Greece Yol. I. p,
189. , wo wir überhaupt die einzige zuverlässige Nachricht über
das ganze Local, wie sich's jetzt darstellt, iinden, giebt melirere
interessante Beobachtungen über die auffallenden Erscheinungen
des Echo, wie es in den Trümmerschluchten des Parnassus noch
jetzt bemerkt wird. Eine kleine Kanone wurde gelös't. The echo
was repeated several times, increasing as it reaclied the rocks of
Delphi, like the loar of approaching thunder.
335
Nun erst wird eine Stelle in Plalo's 6tom ßnche der Repn-
Wik ([). 492. B. oder T. VIT. p. 86. Bip.) ihr volles Versfäud-
nifs erlialten, wo Soerates, gegen die Alles belliörendeii Sopliislen-
kiinste eifernd, das Unwesen schildert, welches durch die Aiifreiz-
uug' zur Gnnst nnd Ahgnnst, zum Beifall und Mifsfalleu in den Ge-
luüthern der Zuhörer befordert nnd genähert werde. ,,Da sitzen sie,"
Leifst es dort, „in god.ängten Haufen — auch in den Theatern — •
nnd schelten oder preisen, was da gesprochen oder verhandelt wird,
mit gewalligeni Geräusche, beides in Ueberniafs, indem sie aufschreien
uüd klatsclien. Diesem entgegen schallen die Felsen und Platze,
wo sie sich befinden, um einen verdoppelten Wiederhall des tadelnden
und tobenden Geräusches hervorbringen."- Mau kann sich vorstel-
len, wie begierig jedes Ohr diesen Wiederhall auffing, und jeder
Mund und jede Hand ihn immer auf's Neue hervorzulocken be-
müht war. INun verstehen wir aber auch erst einige Stellen in
den Oden des Horaz ganz im Sinne des Alterthums. Es war allge >
meine Sitte, dafs man die grofsen Staatsmänner nnd späterhin auch
die Kaiser, wenn sie in's Theater traten, mit einem dreimal wie-
dei holten allgemeinen Boifallklalschen cnipfing-. Miicenas, der um sei-
ner besänftigenden Polilik willen allgelieble Giiustiing August's, trat
nach einer schweren Krankheit zum ersten I\Ial wieder in das vom
grofsen Ponipejiis erbaute erste grofse steinerne Theater auf dem
Marsfelde ein. Da sprang das ganze römische Volk (das Pompejische
Theater fafsle nach der Aussage des älteren Pliniiis (XXXVl, 15.
S. 25.) an 40,000 Zuschauer) Avie durch einen Zauberschlag- auf
von seineu Sitzen und klatschte in drei abgebrochenen Momenten
dem Genesenen die früheste Bewillkommnnng zu, Horaz erinnert
seinen erlauchl<Mi Freund an diese seltene Huldigimg in der 17leu
Ode des zweiten Buches
— • dein Haupt beschirmt Jupiter,
Darob die vollen Theater dich
Mit lautem Jubel dreimal begrüfseten.
An diese Verherrlichung erinnert der Dichter noch in einer
zweiten Stelle (B. I. Ode 20,). Er will ihm einen Wein vor-
setzen, der gerade damals aufs Gefiifs gezogen wurde,
als dich, Mäcenas,
' Theurer Ritter, jubelnd der Schauplatz aufnahm
Und vom Vatican und vom Ufer deines
Väterliclien Flusses den Jubel Echo
Freudenvoll nachrief.
Es ist am Tage, dafs auch hier das scherzende Ebenbild des
Schalles, wie es der Dichter eigentlich nennt, seine bedeutende
Rolle zu spielen halte nnd dafs von den Hügeln des Vaticans oder
des Janiculus dem Volk ein Wiedeihall verdoppelt zurückkam, was
936
CS mit so gTofsor Bonelslerniin; nnd solclicm Jnhfil vornehmen liefs *).
So liiildiiiU'ii «loni Hllvercliilon yiaalsmanne selbst die benachbarten
Hiijicl iiihI Borge, «leren Einwirkun«^- roiupcjus unslieitii»- gleich
iK'i der Erbanung- seines Theaters in Aiiscbhtg zn Iningen nicht
Tcrgcsseu hatte. — So mag es zn einer anderen Zeit, wenn an-
ders die Sage der allen Grammatiker daniber anf einer wirklichen
Tbatsaclic bernht, anch dem ebrwiirdigen Sänger der römischen
]Nationaiepo|>öe, der Aeneide, sehr wolil gethan haben, wenn das
ganze römische Volk, als Verse von ihm in diesem Theater
recitirt wurden , freiwillig- aufstand und dem nuter den Zn-
schauern entdeckten Virgil dieselbe Ehre erwies, Avomit es dem
Augustus selbst zn huldigen pÜegle. Aber wie schneidend mag
nun auch die Hirtenpfeife , durch dasselbe spottende Echo wieder-
holt, in den Ohren des so ausgeplilfenen Dichters, oder Schauspie-
lers , oder Flötenspielers geklungen haben. Denn auch mit dieser
■war das souveräne Volk, das lange, nachdem es auf alle Frei-
heit verzichtet hatte, wenigstens noch im Theater seine Macht-
volikomnjenheit ausübte , zu Zeiten gar nicht sparsam , und Cicero
berühmt sich in einem Briefe an seinen Atticns, dafs er den glän-
zendsten Beifall des Volkes in allen bisherigen scenischen Spielen
und Fechlerkämjjfen ohne allen Mifston dieser Schäfernnisik erhal-
ten habe **)♦ Man mufs nämlich wissen, dafs auch das Auspfei-
Der Janiciihis niaclit einen Theil des damaligen Vaticans ans. S.
Meibom, Vita Maecenat, c. 7. p. 56. Fea, der neueste rönii-
sclie Herausgeber des Iloraz, bemerkt, dafs er dieses Echo selbst
bei'm Klang <ler Uliien und Glocken im neuen Ilom oft in eigener
Person dort beobachtet habe.
Wenn Cicero seinem Freunde Atticns die Gunst verkündigt , in
welche ilin sein gutes Vernehmen mit Pompejus bei'm römischen
Volke gesetzt habe, so sagt er (ad Att. J, 16. T. I. p. 115. Graev.):
Itaque et ludis et gladiatoribus niirandas liric\)iJ.oi(7i(xg sine ulla
pastoritia fistula auferebamus. Wieland in Cicero's
sämmlliclien Briefen Tb. I, S. 135. bat diefs so übersetzt:
„Das Alles macht denn aucli, dafs ich bei allen ölfentliclien Scbau-
sj)ielcn, welclie zeither gegeben wurden, nnt gewaltigem Hjinde-
klatschen empfangen wurde, ohne dafs sich nur ein Hirtenpfeit-
chen dabei jiören liefs." Händeklatschen erschöpft das griechisclie
Wort niclit, welches Cicero absicbtücli wählte, weil darunter auch
das Bravorufen und Jubeln mit den Stimmen, nicht blos das Klat-
schen, mit einem Worte der y.qoro3l^vßoi;, wie es die Griechen
in ein Wort zusainmenfafsten , verstanden wurde. Was aber das
Auszischen durch das aus Rohr gesclinittene Hirtenpfeifchen an-
langt, so zweifle ich keinen Augenblick, dafs man nicht derglei-
chen Pfeifchen wirklicJ» im Busen oder Gürtel stecken hatte, um
337
feil mit einer profsen Virlnosllät ausgeübt wnide. Die Pfeifer ver-
standen iliren IMiff mit allem denjenii'en Naelidniek anziihringcn,
den der Hirle bei'm Ziisatiimeii|if<'ifeii seiner Herde nnwendef, niid
Avohl mai!,- ein Coneert von eini:!,en fansend Liiüabnlleros dieser
Art weit kräftiger das Trommelfell beriilirl babeii als Alles , was
der Pariser Kuusiricbler mit Bciuein clef foree licrvorzubriugeu rer-
niag.
dadurch seine Abgnnst oder Mifsbllligving zu verlautbaren. Mnre-
tus hat schon (Var, Lect. I, 19. T. II, p. 911. Lainp. Grut.) die
ihm von Pierre Morin mitgetheiite Stelle aus Plato angefÜlirt, wo
das griechische Wort für dieses Kohrpfeifchen , a-jaiy^^ gleichfalls
vom Auszischen der unbändigen , damals aber mit dem Stock der
Theater -Aufseher zurecht gewiesenen Zuschauer gebraucht wird.
Denn wenn Socrates am Schlufs des dritten Buchs von den Ge-
setzen von der jetzt eingerissenen zuclitlosen Pöbellierrschaft im
Theater (^owj^i ^socTfoxfana, also ein selir altes Uebel,) spriclit,
heifst es von der guten alten Zeit: o'J ffu^ty^ ^v, ovht rivi; ä/xov-
coi ßoa] ■rXr)$evg^ y.aSairig ra vZv, O'jh av y.^irci swar^ovg civahthev-
T£f. P- 700. C. oder T. VII. p. 157. Bip. . Da gab's noch kein
Pfeifen und kein rohes Gesclirei der Menge. Auch liat der Grieche
gewifs so gut für Auszisclien, exsibilare, das Wort naratTvoirre-
cSat gehabt, wenn ihm gleich der grofse Hemsterhuys zu
Aristophanes, Plutus pag. 229. ed. Schaf, alle Autorität absprlcbt«
Biittigti'* lileine Schtiftcn I. 2i
Zugabe zur zweiten Abtheilung.
lieber die Aufführung des Ion auf dem Hoftheater
in Weimar*
Vorbemerkung des Herausgebers.
»^ enn es längst_anerkannt ist, dafs jeder Beitrag zur genaueren Schilder-
ung der Weimar'sclien Glanzperiode ein willkommener genannt werden mnfs,
so glanLen auch wir Entschuldigung zu binden, dafs die Aufsätze Böttiger's
über das Bühnenwesen der Griechen und Römer einen Anliang gefun-
den haben, den wohl Niemand erwartet haben dürfte. Und doch schien
gerade dieser Absclinitt der Böttiger'schen kleinen Schriften die einzige
Stelle darzubieten, wo ein seinem Umfange nach sehr unbedeutendes,
aber dabei in vieler Hinsiclit merkwürdiges Actenstück ein Unterkommen
linden konnte. Beliandelte doch die weiter unten folgende Theaterre-
cension, die einzige von den vielen Böttiger's, der wir einen Wiederab-
druck niclit versagen mochten, ein dramatisches Werk, das seinem Stofl'e
nacli dem Alterthume angehört, so dafs der Verfasser Gelegenlieit fand,
manche vergleichende Blicke über die Art, wie der neuere Dichter dem
alten gegenüber in die Schranken getreten sei, einiliefsen zu lassen und
daran einige Bemerkungen zu knüpfen, die sich dem mit dem Alterthume
so ganz vertrauten Manne ungesucht darboten. Aber dennocli liätten uns
diese Gründe allein nicht bewegen können, den übrigens ganz wissen-
schaftlichen Charakter der Sammlung, wenn aucli nur durch diese weni-
gen Blätter, zu verleugnen, wenn nicht eben die Ueberzeugung, dafs zur
Aufhellung der Weimar'schen Zustände Jeder bieten mufs, was er eben
hat, unsere etwaigen Zweifel und Bedenken niedergeschlagen hätte. Das
audiatur et altera pars macht auch hier sein Recht geltend, und man
glaubte diefs \im so mehr ehren zu müssen, als beide Männer, die in
dieser Scene handelnd auftraten, von dem Schauplatze ihres M'irkens ab-
getreten sind. Es wird Manchem, der einmal an solchen Sachen Theil
nimmt, lieb sein, sich über die Angelegenheit, die, so unbedeutend sie
339
auch an nn«l für sich war, dennoch nicht ganz spnrios vorübergegangen
ist, nun selbst ein Urtheil bilden zu können. Doch nun zur Sache.
Göthe erzählt in seinen Tag- und Jahreshel'ten C"\Verke 31. S. 122.
der Taschenausgabe) v. J. 1802. B^olgendes : „Nun hatten die Gebrüder
Schlegel die Gegenpartei am tiefsten beleidigt, defshalb trat sclion am
Vorstellungsabend lon's, dessen Verfasser kein (ieiieimnifs geblieben war^
ein Oppositionsversucli unbescheiden liervor ; in den Zwischenacten flü-
sterte man von allerlei Tadelnswürdigem , wozu denn die freilich etwas
bedenkliche Stellung der 3Iutter erwünscliten Anlafs gab. Ein sowohl
den Autor als die Intendanz angieifender Aufsatz war in das Mode-
journal projectirt, aber ernst und kräftig zurückgewiesen; denn es war
noch nicht Grundsatz, dafs in demselbigen Staate, in derselbigen Stadt
es irgend einem Gliede erlaubt sei, das zu zerstören, was Andere kurz
vorher aufgebaut hatten."
Zu diesen Worten bildet nun folgende Stelle aus einem Briefe von
Caroline v. Herder in Knebel's literarischem Nachlasse (Briefwechsel
Band 2. S. 328.) gewissermafsen den Comnientar, und ich lasse jene.i
diese folgen, damit die Leser wegen einer solchen Kleinigkeit nicht erst
in ihre Bibliotliek zu gehen nöthig haben. Die Gattin Herder's schreibt:
,, Denken Sie! Böttiger schreibt im 3lodejournal eine Kritik über
den Ion , wobei er unvermeidlich Walirheiten sngen mnfste ; — als der
Bogen gesetzt war, forderte iJm Götlie von Bertuch, und nachdem er
ihn erhalten, scluieb er an Bertuch : wenn er diese Kritik über Ion nicht
augenblicklich unterdrücke, so ginge er sogleich zum Herzoge und fordere
seine Dimission als Director des Tlieaters. Audi wolle ef künftig die
Theater -Nachrichten in das Modejournal selbst liefern und im näch-
sten Stücke mit dem Ion den Anfang maclien.
Sehen Sie, so steht es mit unserer Theater -Wahrlieit!
Diefs Alles aber ist ein grofses Gelieimnifs, das indessen schon
von Ohr zu Ohr sachte herumgeht. Böttiger Iiat den Bogen als den
einzigen Abdruck gerettet — er wird ihn gewifs für Sie geben , wenn
Sie ilin sehen mögen ! "
Als nun der Herausgeber bald nach BÖttiger's Tode die Massen be-
schriebenen und bedruckten Papiers, die sich in seinem Nachlasse vor-
fanden, Blatt für Blatt durch seine Hände gelien liefs , fand er unter
einer Unzahl von einzelnen Artikeln aus dem Modejournal aucli einen Bo-
gen, bei dessen Anblick er sich zu guter Stunde jener "Worte Göthe's und
der Frau v. Herder erinnerte. Durch einen Ziifall sah er jenes unicum
in seinen Händen, und glaubte es jetzt nicht vorentlialten zn dürfen,
schon deswegen, damit die darüber bereits bekannt gewordenen Aeufser-
ungen ihre volle Erklärung erhielten. Für die "\'ergegenwärtignng von
Böttiger's Leben in Weimar ist der Aufsatz ohnediefs nicht ohne Wich-
tigkeit, und verdient demnach wohl diese bescheidene Stelle unter sei-
nen Schriften.
22
340
Zu tlon onvün Schlesien Elrcnncs tle Melpouirnc jjnhörle den
2tcn Jamiiir 1802 die Auftiiliiniiu: des lou, eines Schauspiels
111 5 Anfzii,a:en , dessen Verfasser bis jetzt in der slreiiyslen Ver-
hol'eiilieit grblioltcn ist. Es war lani^e im Voraus danihcr ne-
sprochen und durch die aufscrordentlichc 8or<'falt, womit das Stück
ciiistudirt und Alles dazu vorhereilet wurde, die Erwartnui^ darauf
auPs Höchsle gespannt worden. Mnncherlei ßetrachUingen und
Knnstfragen waren Yoransgei>;angen. Man las das griechische Üri-
"inal dos Enripidos. Der Eine erinnerte sich, hei'ni Vater ßru-
moy gelesen zu halsen, dafs nach einer lange schon hestehenileii
Kunslmeinnnp; nichts tliealralischer ge<laclit werden könne als <ler
StüiT jener Fahel, wie sie Euripides hehandelt hat. Eine zarlliclie
Mutter, die ihren Sohn vergiften, ein edler Sohn, der den Pfeil
auf seine IMntter ahdriicken \\iil, während dieser doppelle Frevel
die ge"-enseltige Anerkennung herheifülirt, was kann uns mehr er-
greifen spannen, Itefiicdigen? Ein Anderer, der die fröhlichen
Erinnerungen ans seinem Ptacine gern niillheille, ermangelte nicht,
auf dessen Alhalie hinzudeuten und zu erzählen, wie fein der fran-
zösische Tragiker seinen loas nach dem Ion des Euripides zn
hilden "ewnfst hahe. Ein Dritter endlich wollte die Anekdote seihst
aus dem Munde des ehrwürdigen Dichters gehört hahen, unter des-
sen unsterhiichen Werken auch der Agathon glänzt, dafs die Lek-
türe des Enripideischcn Ion in ihm die erste Idee zur Hervorhring-
iiH«»- jenes Meisterwerks geweckt und befruchtet habe. Alle aber
stimmten darin ilbereiu, dafs die Bearbeitung und VViedererweck-
unü, dieses StolTes für unser Theater zu den schwierig-slen Aufga-
ben "ehöre, die im Kreise der dramatischen Dichtkunst lägen.
Schon die unvermeidliche Weglassung des Chors, der doch hier
nicht blos durch Mitleid , sondern auch durch rasches Eingreifen
au der Handlung selbst Thcil nimmt, machte grofse Abäudernngeu
in der Oeconomie des Stückes und Eiulheilungen in Acte uöthig,
die bei dem griechischen Tragiker kaum angedeutet sind. Die
schöne Einfachheit der griechischen Fabel ist für unseren an hun-
derlfache Verstärkungen verwöhnten Geschmack zu nüchtern und
einschläfernd. Wie mifslich sind aber hier alle Zusätze und Er-
vveitcrun»en ! Endlich, und dieser Zweifel schien besonders einige
gebildete, aber docli noch nicht aller moralischen Beschränkung
iiberhobene Menschen hart zn ängstigen , wufste man nicht recht,
wie der Dichter eines neuen Ion über gewisse schlüpfrige Confes-
sioncn mit Ehren wegkommen könne, da sich die ganze Verwick-
lun««- des Stückes um die Wiedererkennung eines Jungfernkindes
luuf um die kiilischeu Augenblicke dreht, wo Ion sein Dasein em-
pfing. Das Alles halle nun auf der Athenischen Bühne gar nichts
auf sich. Keine ehrbare Frau besuchte dort jemals das Scliau-
spicl und selbst die weiblichen Hollen wurden nur von männliclien
Schauspielern gegeben. Was in einer puren Münnergesellschaft
341
ulcht den genna:sten Anstofs gab, kajiii in iiiisorom aus heiilen Gc-
sdilccbleiH gx'iuisclileii Ziiscli.itiei'iiiiblikuiu ((luicli lose Versclilciei-
iingeii vielleiclit nur noch nielir) Aergeniifs gel»en.
Wer \voll(e also iiiclit im Voniiis dem ktiliiien Diclitcr Dank
wissen, der, alle diese Bedenklitlikciten nicht achtend, ans jenem
Enripideischen Ion uns eii\e nenerc herrlichere Schöpfung mit der
zartesten Schonnng des weihüchen Pnbliknins hervorrufen konnte.
Aber, fragte Jemand, hat niciit eine gewisse, durch ihren lauten
Ton hinlänglich gekannte Schule den armen Enripides neuerlich
ganz ehrlos gemacht? Wie kommt es denn, dafs der Verfasser
dieses Stückes, dem diese Stinnnnng unmöglicli entgangen sein
kann , gerade eine Tragödie dieses Dichters , über dessen flache
Erbärmlichkeit unter allen Kennern in den oberen Regionen längst
abgesprochen ist, einer neuen Umarbeitung würdigte? Gerade
darum am ersten, antwortete eine andere Stimme. Habt nur Acht,
meine Freunde, wie Enripides diefsmal in die Schule genommen
nnd Alles darauf angelegt werden wird, zu zeigen, wie dieser Stoff
unter den plastischen Händen eines höheren Genius wenigstens zu
einem ApoUino gedeiht, während der Sohn der Athenischen Kohl-
verkäuferin kaum einen erträglichen Priapus daraus geschnitzt hat"?
Und wahr ist es, es verliefs Niemand , der seinem Euripides
nicht erst seit heute nnd gestern befreundet ist, die Vorstellung dle-
~ ses neuen Ion ohne die lebendigste Ueberzengung, dafs von jenem
griechischen Tragiker die Fabel auch nur in ihren Hauptumrissen
60 bearbeitet und entwickelt zu sehen , beinahe nicht viel weniger
als eine baare Unmöglichkeit sei. Die Lüclie , die durch die Ent-
fernung des Chors entstehen mufste , hatte der neue Dichter durch
die vielfache Einflechtung der Pythia in den Gang des ganzen
Stückes zu ersetzen gewufst. Bei'm Euripides tritt sie, der heilige
Prophetenmund des Gottes, der alles Unreine flieht, erst gegen das
Ende zum ersten Mal majestätisch auf, um auf die unmittelbare
Eingebung ihres Gottes das räthsellösende Körbchen zu überbringen.
Hier eröifnet sie gleich den ersten Dialog mit Ion, empfängt,
befragt nnd beräth als eiue gute Schalfnerin des Ajiollo die neu-
gierigen, soeben angekommenen Fremdlinge und macht nun die
gutmülhige Zwischenträgerin, die trotz ihrer hohen Jungfräulich-
keit Manches aufklilren und anhören mufe, was auch schon man-
che Aebtissin und Oberpriesterin in unseren modernen Dramen nicht
von sich abwehren konnte. Eine solche Pythia hätte Euripides
selbst dann nicht erschaften können, wenn er die ganze Lurapen-
garderobe , die dort im Scherz Dicäopolis in den Acharnern des
Aristophanes ihm abfordert, um sich versammelt gehabt halle. Hier
- ist echter griechischer Genius I Doch es wird zu seiner Zeit ge-
wifs nicht au trefflichen Dramaturgen ermangeln, die diese Ueber-
legenheit des neuen Ion über den alten in der Anlage und Aus-
führung des Stückes zergliedern und das lehrbegierige Publikum
342
inil allt^ii Vriilienston ilessolben ansfülirUoher hcknnnt macheu wer-
den. Es wäre sträflii'lie Aiiiuarsiing-, diefs Alles jetzt st-lion , wo
wir uns kaiun von dem ersten aligemeineu Erstaiineii crboit ha-*
bell, haarklein erzählen zu wollen. Nur einiges Wenige noch zur
Probe, In diesem neuen Ion entdeckt die hohe Pylhia schon in
der ersten Unterredung mit dem Tempelknahen den Fund mit dem
Körbchen, was bei'ni Euripides erst ganz am Ende geschieht, also
eher, als es ihr Pliühus eingegcljen hatte. Im griechischen loa
hat Xnthus gerade vor 16 Jahren , als er die Orgien des Bacchus
auf dem benacldjarteu Gebirge besuchte, mit einer Bacchantin bei'm
Pervigilinm sich zu tief in's Gebiisch verirrt. Im teutschen loa
wird er als Sieger in den Pvthischeu Spielen bekränzt und geräth
nun Aliends bei'm Siegerschmans mit einer IMänade in allerlei Ver-
traulichkeiten *). Doch diefs sind wahre Kleinigkeiten gegen die
wesentlicheren Umwandlungen und Amplilicationen , durch welche
uns die einfältige F^ibei des Euripides nun erst recht geniefs^bar
g'emaeht wird. Besonders sind die letzten zwei Acte ganz neu
erschaffen. Bei'm Euripides erzählt ein Bote ganz im Geiste des
gemeinen Mannes alle Pracht und Herrlichkeit des grofsen Schmau-
ses. Hier bemüht sich der König Xuthns selbst mit dieser un-
ermefslichen Erzählung. Die schon von den Alten belobte Er-
kenuHugsscene , wo lou die dort im Euripides auf d«m Altar
selbst sitzende Krensa jedes einzelne Stück der im Körbchen
befindlichen Putz- und Spielsachen ihr ungesehen erralhen läfst,
hat der neue Dichter verschmäht und uns dafür eine förmliche Aus-
Sühimng mit dem Xnthus, den der alle Tragiker mit Recht schnell
abfertigte, erleben lassen. Dort macht eine Erscheinung der Mi-
nerva, hier des Apollo den Schlufs. Die französischen Knnstrich-
ter, über das Anslöfsige der häullgen Selbstbekenntnisse in diesem
Stücke sehr allarmirt, Avissen es dem Euripides doppelten Dank,
dafs er wenigstens zuletzt den Apollo noch etwas geschont und
statt seiner die Minerva hervorgerufen habe, die überhaupt hier,
wo es nicht mehr auf Enlhüllniig- eines mifslichen Wifsverständ-
nisses, sondern auf die Verherrlichung ihres auserwählten Volkes
durch eine Reihe grofser Stammfürsten ankam, nichts weniger als
unschicklich eintrat. Auf diefs Alles ist hier, wie billig, nicht die
geringste Rücksicht genommen worden. Die göttliche Unverschämtheit
Apollo's erreicht ihren höchsten Gipfel. Hat doch die Pythia selbst
im Vorhergehenden die Krensa wacker ausgescholten, dafs sie, um
sich ein einziges Errüthen zu ersparen, es jzu solchen Weiterungen
*) Fleifsige Alterthumsforscher werden den merkwürdigen Umstand,
dafs mit den Pythisohea Spielen zugleich Bacchische Orgien
begang;en winden, iluem Exemplar von Menrsii Graecia feriata
oder üuem Corsini bei<;uschreibeii nicht vergessen.
343
iiabe kommen lasseu. — Die Diciioii, um aocli von dieser weni*»--
steiis ein Wort zu sagen , ist ganz , Kothnrn auf Kothurn aufge-
setzt, und uitlit selten anti» aufser den lyrischen Sjibenmafsen
aa's Lyrische streifend. Wie kahl erscheint dieser gegenüber der
rhetorische Eiiripides mit seinen nimmer endenden Seutfinzen,
die nur der Grieche stets im Herzen und auf der Zunge hat-
te? Welch' ein Garten Pierischer Blumen entblühet hingegen
der Phantasie unseres Dichters? IMit welchem Reichthume glü-
hender Farben ist der entscheidende und auf den höchsten Ef-
fect bereebnete Ijrisehe Monolog ausgeschmückt, wo Kreusa am
Altare des Phöbus diesem ihren Verführer selbst alle Umstände
des Beilagers in der Grotte vorerzühlt. Wer mag dagegen die
nüchternen Anapästen des Euripides (V. 860. if»), wo sie die-
selben Geständnisse freilich nicht den Lüften nnd Bäumen, sondern
dem Chore ihrer Frauen ablegt, auch nnr der Vergleichuug-
werth halten? (Dafür schlugen auch hier bei dieser wollüstigen
ßildnerei viele Ziischaiierinueji beschämt die Augen nieder und
freuten sich heimlich, doch wenigstens nicht an der Stelle der
Schauspielerin zu sein, die so etwas sagen müsse). Aber was ist
au(;h der edelste alte Chier- Wein gegen das ilüssige Feuer unse-
rer neuen Desiillirkolben'? Nun «äre noch von der Gelehrsam-
keit zn reden nnd dem Bestreben des Dichters, uns Nicht- Athe-
nern alle Stammsagen der Erechlhiden und alle Wunder der Tro-
phoninsliühle kund zu thnn, welches, verbunden mit dem kunstreich
verschlungenen Periodenbau und dem dilli vrambischen Anfllug, in
den lyrischen Stellen über alle Zuschauer ein unnennbares Staunen
ergofs; von dem unablässigen Kampf, die einformigea Bilder des
Euripides mit der Phantasie eines Marino auszumalen, und von so
vielen andern Schönheiten , die nur ein wiederholter und ruhigerer
Genufs zum vollen Bewufstsein bringen kann. Aber es ist hier
nicht der schicklichste Ort dazu , der sich vielleicht anderswo fin-
den dürfte. Nnr das bedauerte mit uns jeder Freund des Euripi-
des aufrichlig, dafs dieser jüngere Dichter nicht als Zeitgenosse
des Euripides geboren w nrdc. Von ihm , nicht von dem Agalhon,
hätte dann Aristophanes in seinen Thesmophoriazusen dem geäng-
steten Tragiker das berühmte Darlelin von Weiberröcken und an-
dern schönen Sachen sich erbitten lassen !
Einen seltenen Genufs gewährten in der That die mit
dem geübtesten Kennerblick angeordneten Decoralionen , Maschine-
rieen und Gewänder in diesem Stücke. Man hätte sogar sehr
harthörig sein können nnd würde doch blos durch das, was in einer
ganzen Reihe zierlicher Gruppirungen und Tableaus dem lüsternen
Angc dargeboten wurde, eine wahre Befriedigung empfunden ha-
ben. Wie erhaben und durch den Contrast der stillen Ruhe mit der
regsten Bewegung ergreifend war z. B, die Erscheinung der Pythia
im 4ten Acte oben au der Halle des Tempels (dessen binere Licht-
344
masso Jinf die vordu'illiaftcslo Pieleuclifnnp; der einlrctendcii Perso-
nen IrefTlieli Itereeliiiet war) und ilir riiliiges Ziiliüreii, der stürnii-
schen Leidciiscliafjliilikeit der Kreiisa im Yorder^rmide yvi-emibcr.
Hier war der ganze Ciior j!;leielisain in eine einzige slille und
doch höelist llieilneliuioiide Figur zusaninicngedrängt. Was inüfslc
sie aber erst fi'lr einen Eindruck gemacht haben, wenn sie dem
griechischen Dichter zufolge hier zum ersten Mal erschienen wäre I
Die höchste Ueherrasciinng war fiir's Ende aufgesjiarl, wo bei der
Ersclieiiiiing Apollo's durch einen hüdist einfachen und eben darum
vorzi'igliclien Mechanismus zwei Wolken sicii )dü(zlich luu die Tem-
])i;thalle lagerten, aus welcher hervor nun die («lorie des indefs auf
eiueUasis tretenden fJotles, imllintergruiul noch durcli einen llammen-
dcn Transparent gehoben, uns Allen überirdis(-h zustrahltc. Wie lein
wurde hierdurch dtui manuichfalligen , oft lacherlichen Mifsgriil'tMj
und Uebelständen abgeholfen, mit welchen sonst wolil unsere Got-
terfuhren herabzuschaukeln fliegen *). Die sämnillichen Kostüms
zeigten von einem liefen und glücklichen Studium der Allen und
waren nach besonders darüber mitgetheilten Ilandzeichnnngeu vei-
fertigt worden, Musselin zu den Untergewändern und wollenes
Zeuch oder Kasimir zu den Obergewäudern dra|ipirt hier vortrell-
licii. Wann wird man aufhören , zu dergleichen Vorstellungen die
Ljoner Waarenlager in Anspruch zu nehmen'? Nur Wolle und
das, was dieser am nächsten kommt, drappirt im alten klassischen
Sinne. Aller Atlas ist nur auf Opernheleuchlung berechnet. Miifs
CS ja Taft sein, so darf er wenigstens durch Gummi nicht glänzen
und nicht rascheln. Man glaubte hier im Ion lauter Figuren , wo
nicht aus den Sälen des Kapitols oder Vatikans , so doch aus der
Aldobrandiuischen Hochzeit, oder die befsleu Ilerculanischen Ge-
mälde zu sehen. Sämmtliche Schauspieler verbanden mit dem
schicklichsten Geberdenspiel **) ein ungemein feines und lobens-
*) Freilicli ist niclit überall ein Tempel im Hintergründe. Allein die
Alten, von welclien der deus ex macliina doch zu uns gekommen
ist, Jiatten ja gar keine Decken iilier den Biihnen. Die Götter
jnurNten also immer von unten herauf kommen, wo sie aucli durch
gewisse deckende Mascliiiierieon das Ansehen des Schwebens in
der Luft erliielten. 'Waviini konnten nicht also hei uns wenigstens
Wolken schnell heraligelassen , und liinter denselben eine schnelle
Beleuclitung und eine Basis für den Gott, der nur durch eine Ver-
senkung lierauf käme, eingeschoben werden?
*'^) Nur das Aufstemmen der Hände an den zur Seite stehenden Altar
im Vordergründe, da, wo die Schauspieler nur einen Tiscli vor
{.ich zu hal'on wähnten , auf welclien man wohl hei der Unterrede
ung dio Uuud Aü legen pdcgte, würde nach dqui B»grilfe des AI-
4
345
wiirtliincs Sdulium im FaKciiwnrf, in deren nialeriscbcni Spiol man
die Winke nud Belelirnni;:en eines grofsen Meisters nicht veiken-
Mcn konnte. Aljcr das {•rofste, lantcstc Lob gebüliit tieni rastlosen
Eifer nnd den nnvcri^leicldiehen Auslrengnngen «Icr s.'ininillitlicn
Sehansjiieler seihst, die diese Anffiilirnng- zn einer der vollendet-
efen und rnndoslen niaehlen, die wir je in Weimar gesellen haben.
Mlle. Ja-^emann trnij, den Ion mit aller Misehnng knabenhafter
Unschnhi nnd stolzen Ijewnfstseins hoher Äbknnft vor, die solion
das Allerthnm in diesem seltenen nnd so selbst anf der griechi-
schen Bühne nirgends weiter vorkonimendeji Charakter bewnndert
hat. Ihr Anstand, ihre Fignr, Alles stinnnt darin iibcrein , ans
der Kiinsllerin einen Apollino zn machen, zn dem dann das Urbild
in der letzten Seone erscheinen sollte. Mad. V o h s trng- die
Krensa mit so \iel Würde vor, als das Lei<h'n?chaftlichc ihrer
Rolle nnr immer gestaltete, nnd schmelzte dnrch ihre weichen
Klagetöne nnd ihre Anmnth jeden widerspänstigen Bnsen. Hr. Vohs
spielte nicht, nein, er war der Konig Xnlhiis selbst, nnd die
längste Erzjihlnng erhielt dnrch seinen knnstreich steigenden nnd
nie ermattenden Vortrag Ilallnng nnd Leben. Ilr. (Jraff legte
in den alten Phorbiis alle Tiefe des verhaltenen Gefühls , die er
80 glücklieh zn inotiviren versteht, nnd gab nns, was er sein soll-
te, einen noch nicht ansgebrannten Ynlkan nnter einer Decke von
Eis. Die Pvlhia, Mad. Teller, blieb dnrch das Feierliche ihrer
Stimme nnd ihres Spieles stets im reinen Einklanj^ zn den Uebrigen,
zeigte überall die denkende Künstlerin nnd nnterlag- nie der anf
sie vorzüglich drückenden Last des Vortrages. Den lieblichen
Kranz dieser Darstellnng schlofs Hr. Hai de als Apollo mit der
würdigsten Fignr, die man zn einer solchen Repräsentation wäh-
len konnte. Es dürfte in der That schwer fallen , nnter dem
weit zahlreicheren Personale mancher grofsen Bühne sechs so er-
lesene Schanspieler zu sechs solchen Rollen zn finden. Noch sel-
tener aber dürfte die Vereinignng so vieler nnd grofser Talente
mit diesem Grade von Anfopfernng nnd Anstrengnng , wie hier
dnrchans bemerkt wnrde, und zu einem solchen Ensemble anf
unseren gepriesensten Theatern auzutreifeu sein. Was vermag
der ernste, gute Wille nicht, wenn er von nicht gemeinen
Kräften unterstützt und von dem belebenden Hauche eines Genius
durchdrungen wird, von dem geleitet zu werden jedes (eutschcn
tertlnims eine grofse Unschicklichkeit gewesen sein. Einige Drei-
fiifse, von welchen nacl» <len Bericliten tler Alten mehrere Taii-
sende in dem und um den Tempel zu Delphi aufgestellt waren, und
die zugleich ein charakteristisches Merkmal der Scenen zu Delphi
gegeben Iiütten, würden dieses vertrautere Auilehnen besser vertra-
gen haben. Denn nur sie waren die Tische in Delphi.
KüusÜers erster und hüclister Stolz sein iniifste. Und wie viel
Dank verdient nicht der Dichter, wer er auch sei, der zur Lösmij'
von einer so mifslichen Aii%abe so vitrle innere nnd iiufsere Hilfs-
mittel aufzubieten und mit so viel Phantasie, Kunst nnd Gelehr-
samkeit zu vermählen mufsle I Wo bliel» je eine mit so viel
Kraftaufwaad begonnene Sache bei'ni ersten V e r s u c b stehen I
Dritte Abtheilung.
Antiquarische Scherze»
iQ^i
I.
lieber das Bauzener Backwerk»
J\]s man vor mehreren Jahren in dem wiederanfgegrabenen Her-
rnlannni nnler andern Denkwürdigkeilen der Vorwelt anoh noch
ein ganzes, in seiner änfseren Gestalt wohl erhaltenes Brot entdeckte,
da fielen pin paar Neapolitanische Gelehrte mit wahrem antiquari-
sdien Heifshnnger über diesen merkwürdigen Fnnd her und be-
wiesen in grnndgelehrten Dissertationen vom Backwerke der Al-
len (de panificio veternui), dafs die Einwohner von Hercnlannm auch
Brot gegessen hätten. Sollte ein oherlansifzer Alterthnmsforscher
sich bernfen fiihlen , seinen Scharfsinn an einem ähnlichen Gegen-
stände zn üben, so würde iiim ein unter mancherlei andern wen-
dischen Alterthiiniern zu Künigswarthe ausgegrabenes Stück Brot
vortreffliche Dier.sle leisten und ihm zu einer nicht minder gelehr-
ten Abiiandlung einen wo nicht reichhaltigen , doch sehr solideu
Stoff darbieten *).
Ich selbst halte es weit lieber mit den modernen Prodnctcn
unserer hentigen Bäcker nnd Kuchcnfabrikanlen, deren Mach-
werk doch auch für den Gaumen geuiefsbar ist. Ich habe so-
gar die Gewohnheit, mich an jedem Orte, wo ich durchreise, un-
ter Anderem auch danach zu erkundigen, ob hier nicht eiu besou-
Es ist diese sonderbare AnticagHe in eine so feste Masse zusam-
mengebacken , dafs man wolil gar in die Versuchung geräth , sie
iür irgend etwas Anderes als für eine milde Gabe der Ceres zu
halten, üebrigens verdient die sehr zahlreiche Sammlung wendi-
scher Asclieukrüge und Alterthiimer, die Graf von Dalwitz gleich
vor dem herrschaftlichen Hofe bei der Anlage eines Parks in ei-
nem alten Geliölze, der "Winz genannt, nach und nach liat aus-
graben nnd von Dresdener Künstlern abmalen lassen , weit melir
Aufmerksamkeit nnd Bekanntmachung, als sie bis jetzt erlialten
bat.
350
«leres und nnr in cliesem Or(e oder dieser Gegend gewftlmliclies
Backwerk zu liabeii sei.
Nicht selten bin ich durch eine solche Naeiifrage auf sonder-
bare Benennungen und Provinzialismen, zuweilen auch auf eine
alte Volksage gestofseu , die mich auf eine ehemalige Sille oder
den Charakter der früheren Bewohner aiifnierksam machte- und durch
ihren Gehalt meine kleine IVIiihe hinläiiglicli l>elolin(c *).
Auch unsere Provinz hat gewifs mehrere charakteristische
Backwerke dieser Art, und ein müfsiger Aiiüeiihlick, auf ihre Un-
tersuchung gewandt, dürfte vielleicht nicht fiir gauz verloren ge-
achtet werden.
Die Spuren des Alterthums sind dem Liebhaber willkommen,
sie mögen nun in unzerstörbare Denkmäler von Sieiu und Erz,
oder in die schnell verzehrbarc Teigmasse eines Kuchens einge-
drückt sein. Ich hoffe daher \on palriolisch gesinnten Lausilzern
gewifs Nachsicht zu erhalten, wenn ich sie statt mit irgend einer
■wichtigen und (iefgedachten Untersuchung mit einer solchen Kleinig-
keit, als die in Budissin an gewissen Tagen gewöhnlichen Back-
werke sind, unterhalte.
Ich fange billig mit demjenigen an, welches an dem Tage, au
dem ich diefs niederschreibe, für die Bäcker unserer Sladt ein sehr
einlrägliches Erwerbsmittel wird. Es ist heule der von der grü-
nen Altarbekleidung in dem katholischen Ritus sogenannte grüoc
Donuersfag in der Charwoche ein für die umliegenden Wenden
sehr feierliches Fest, die sich heute in weit gröfserer Zahl in der
-Sladt einzufinden und Manches zu dem bevorstehenden Osterfeste
einzukaufen ]»fiegen, als sonst gewöhnlich ist **). Von diesen wird
nicht leicht Jemand wieder in seine Ileimalh zurückkehren , ohne
im Vürbeii;elien bei einem Bäckerladen einige sogenaunle Kümuiel-
pliitzel gekaul't und für seine übrigen Hausgenossen milgenomraeii
zu haben. IMit dem heuJigen Tage hören nämlich die die ganze
Fasten durch gewöhnlichen Brezeln auf, und au ihre Stelle tritt
') \\'er kennt nicht, wenigstens dem Namen nach, die Meifsener Fum-
meln? Ich erfniir einst bei einer Durchreise eine, wo nicht be-
friedigende , doch sehr lächerliche Volkslegende über diese anffal-
lende Benennung. So werden nach einem alten Herkommen in
Annaberg am 'frinitatistage Fesselscheiben gebacken.
*) Unter den Bauzener Wenden herrscht allgemein die Mode , dafs
die Kinder am grünen Donnerstage von ihren Pathen ein Geschenk*
bekommen, welches alle Jahre im Wertlie steigt und so lange dau-^
ert, bis das Kind zum heiligen Abendmahle gewesen ist. Das
nennen sie „den grünen Donnerstag geben." Auch dieser mit
grofsen Unkosten verbundene Gebrauch beweis't die Wohlhaben-
heit der um Bauzen herum wohnenden Wenden.
351
ein Gebackenes in der (üeslaU eines Kleinen tellerfiirinigen Ku-
chens, das den Icitlit vei stündlichen Namen Kiiniineljdätzel führt.
Es isl diefs eigentlich eine Art kleiner Honigknchen, die aber der
Giite nach sehr verschieden znhereitet werden. Die ans gntein
Mehl gehackenen werden anch jetzt noch mit Honig- bestrichen,
zn welcher Absicht anch kleine üeifniingen ritzenweise in den Ku-
chen angebracht sind. Aber weit häufiger ni;d von den gemeinen
Wenden gesnchter isl die geringere Art, die blos uiit Sjrnp über-
kleislert nnd ans dem schlechtesten Aftermehl gebacken wird, das
die Bäcker für diese Gelegenheit, wo sie sieh seiner am befsten
entledigen können, schon lange vorher aufheben. Und woher nnn
gerade an diesem Tage dieses Backwerk? Man vergesse nur nicht,
dafs es eigentlich Honigknchen sind , nnd erinnere sich , dafs der
Gennfs des Honigs an dem grünen Donnerstag eine alte nnd all-
gemein verbreitete Sitte ist. Ihr Ursprung ist in den katholischen
Festen zn suchen, wo in der Charwoche das strengste Fasten ge-
halten, mithin anch der Gennfs der Butter gänzlich untersagt wird.
Da nun gerade um diese Zeit der Hansvater seine Honigstöcke zu
schneiden pflegt, und der Honig leichler zn haben ist, so begreift
nia Illeicht, wie der klug specnlirende Mönch dem gemeinen Manne
nn» ihm «lie harte Ahslinenz etwas erträglicher zn machen, gerade
ein solches Backwerk in die Hände geben nnd seinen Gennfs
durch manchen sich von seihst daran knüpfenden Aberglauben zu
einer Gewissenssache machen luufsle. JNiemand greift noch jetzt
eifriger nach diesem durch seinen Anblick eben nicht sehr einla-
denden Gebäckc als die hochaufgeschürzle, dicke wendische Bauer-
dirne. Aber sie hat es auch vorzüglich Ursache. Es ist ihr von
Jugend auf gesagt worden, dafs der, welcher an diesem Tage
Kümmelplälzel ifst, das ganze Jahr über von den Neckereien eines
gewissen, zutiiäiigen, schnellhüpfeuden Thierchens befreit sei, iu
welches jener emplindsanie Spanier um der innigen Vereinignn«^
mit seiner Herzenskönigin willen verwandelt zu sein wünschte. In
Leipzig hat die altische Uibanilät der Einwohner den Honingennfs
am grünen Donnerstage dadurch sehr andringend zu machen ge-
wufsl, dafs man sagt, der, welcher an diesem Tage keinen Honig
esse, sei in Gefahr, dieses Jahr ein Esel zn werden. Welcher
fleganle Leipziger mufs niclit bei dieser Drohung, an sich das
Abenteuer des Apulejus ermnert zn sehen, von Schrecken nnd Ent-
setzen ergriffen und augenblicklich bewogen werden, zu dem ersten
dem befsten Honigtopfe seine Zuflucht zu nehmen '?
Dieses in der stillen Woche hier gewöhnliche Fastenbackwerk
erinnert mich au zwei andere Prodncte unserer Küchelbäcker, die
in den Adveutsfesteu *), zum Adreas- und Nikolaitage in Bauzeu
*3 Es ist auffallend und bestätigt sich noch durch mehrere Beispiele,
dafs die verschiedenen Arten von geheiligtem Backwerk alle in
352
liiiiifis; «ebacltcn hikI vorlcanft "vvenlen. Am Aiulroasfago siiul «lio
Kiilhsoii^eln, itiii Nikolanslcble die Jiin^foriiKiänzel gewöliiilkli. Die
K;ill»s('!Ji|('ln am Aiiilioaslaü,«! Iialioii in iliicr Form eine sehr anf-
ialloiid«; Bozielmn:;- anl' <lcii lu'ili^en Andreas, llire Fii^iir stellt j
«Irei an einander i!,'escliol»ene Andreaskrenzc vor, und da die IJäckcr
die Ciewolinlicil lial»en , den liervorrai!;endcn Spitzen dieser Kreuze
kleine runde Erliüliun;:,en anfzudrtirken , so erklärt sich hieraus
auch die sonderbare Bcnennuni^ Kal!is(!_:^eln oder , wie es vvolil ei-
t;entlich ausü^esproclien werden sollle, KaIhsäuj'eJein, Alan lunfs
sich nur in die Denkart und den (iesiciilskreis des gemeinen Mannes
versetzen können, der hier nicht ein drcifj^ches Andreaskreuz, dessen
Gestalt ihm völlij^ nnhekannt ist, sondern in den runden Verlief-
uni;en eine Aeliniiclikeit mit einem ihm sehr i;chiuli<^en Gei;en-
stande, den Kalhsangcn, erblickt und diese vielleicht weit schmack-
Jial'lcr ündel als die natürlichen am Kalbskopfe in der Majoran-
uiid Kümniclhriihe.
Es i^cliören nbrii^eus diese gebackcnen Andreaskreuze in das
Register von so vielem andern kreuzfürmii>en Backwerke, womit
die ersten Verkiindij'er des Christenthums nnler den nördlichen
Völkern und späterhin die in solchen Versinnlichnngsmitteln uner-
schöpflichen Mönche im Papsithnm die Gestalt des Kreuzes dem
rohen Haufen ehrwürdiger und geläuliger zu machen, auch viel-
leicht manches andere noch aus dem Ileidenthume abstammende .
Backwerk dadurch zu verdrängen suchten *). So hat man , um
nur ein Beispiel anzuführen, im Meckieüburgischcn und in Nieder-
sachsen unter andern Fastnachtsspeisen ein besonderes Kreuzbrot,
welches in der dorti"OH Mundart nnter dem Namen der Heetwcg-
die Advents- oder Quadragesimalfasten fallen. Offenbar wollte die
römisclie Kirche den Laien durch solche Abwechselungen und
Spielwerke die Beobachtung der Fasten erleichtern und ihnen den
Genufs des Fleisches desto entbehrliclier machen.
Es wurde sogar durch ausdrückliche landeslierrliclie Verordnungen
anbefohlen , das Brot kreuzweise zu backen. Ein merkwürdiges
Zeugnifs biervon findet man in Stieber's mecklenburgischer Kir-
chenliistorie von Stiftung der christlichen Kirclien unter den Wen-
den, S. 267, aus Hedericli's schwerinischer Chronik, wo im Jahre
1170 berichtet wird, dafs der Herzog Heinrich Leo ein gewalti-
ger Heidenbekehrer gewesen sei und die Wenden bei Tausenden
in die schwerinisclie See habe treiben lassen. „Und dafs sie sich
des Namens Christi und seines Kreuzes zu ilirer Seligkeit alle
Augenblicke erinnern und zu wissen hätten, Iiat gemeldeter Her-
zog das Brot, wi« es zu M isniar und einestheils in andern Städten
gewöhnlich, kreuzweise zu backen befoldon." Worte der Chro-
nik.
353
^cn (ofsbnie WocKen) l»okann< ist ♦). üiitl so ist tlic , anch in
unseren G('i!,eiulen zur Faslcnzcit überall «ionHlinliche Brezel oder
nach der niedersät'lisisclien IJi'iieiinun';' Krini»el ilireni ürsprunne
nach nichts Anderes als das bekannte Sinnl)i!d der Sonne oder
des Mondes, in einem Kinj>e oder Rade, welchem die ersten Leh-
i rer des Chrislenthnms durch ein in die innere Peripherie hinein-
j>esetztes Kreuz eiue christliche Dcntnng- und Beziehung- zu geben
Aviirsleii **).
*') Man vei'gleiclie hierüber Joh. Petr. Schmidt's (^meclvlenbiirgisclien
Regierungsraths) geschichtsmäfsige Untersuchung der Fastenaljend-
gebrauche in Deutschland (Rostock, 2. Auflage 1752. 4, S. 91 —
106) , wo der Verfasser mit einem grofsen Aufwand von Gelelir-
samkeit diese und andere Arten von Backwerk in Form eines
Kreuzes erläutert und aus ganz vergessenen und unbekannten
Schriften viel Wissenswürdiges beigebraclst liat. Das Buch selbst
ist bei aller Schwerfälligkeit und Unbehilflichkeit des Vortrags je-
dem Liebhaber teutscher Gebräuche und Alterthümer ganz un-
entbelulich.
**) Den weitläufigeren Beweis dieser Behauptung findet man in einer
eigenen Abhandlung über die Brezeln, die jetzt sehr selten ge-
worden ist lind folgenden Titel führt: de spiris pistoriis, von Bre-
zeln, dissertatio Joh. Christ. Kochii. Dresd. 1733. Hier heifst es
Sect. II. §. 8. von der jetzigen Gestalt der Brezeln: dcme latera,
quae mera ornamenta et additamenta pistorum sunt, eum in linem
excogitata, ut opus pistorium eo perfectius evadat, et ligura cru-
cis plana et expedita erit. Nur darin kann ich dem gelehrten
Verfasser dieser Abhandlung nicht beipilichten, dafs er den äufseren
Ring bei der Brezel für eine blose Zierath der Bäcker liält, da
ich vielmehr überzeugt bin, dafs diese von den alten Teutsclien
zum Symbol des Sonnenrades gebraucht worden sei. Das Juel
oder Sonnenfest, welches den 19, Januar einzufallen und ganze
19 Tage lang gefeiert zu werden pflegte, liat, wie schon Keysler
in seinen antiquitatibus septentrionalibus bewiesen, seinen Namen
von Hiul oder Juael, einem Rad, und so wird in einigen alten ru-
nischen Kalendern gerade bei dem Weihnachtsfeste zum Zeichen
der wiederkehrenden Sonne ein Rad beigezeichnet gefunden. Das
in Niedersachsen zur Bezeichnung der Brezel gewöhnliche Wort
Kringel (craquelin) bestätigt diese Vermuthung noch mehr. Das
K ist wie in mehreren Worten nur die harte Adspiration vor dem
R oder N zu Anfange eines Wortes (wie z. B. in Kragen für
Ragen, etwas Hervorstehendes, Kragsteine, die hervorrag-ende i
Steine in der Baukunst, nnd bei den Engländern in den Wörtern
knave, know und vielen anderen, wo der Regel nach das K "ar
nicht gelesen wird,) und demnach heifst Kringel eben so viel als
Böttjgoi's kleine Schriften I. 23
354
Ich wende ifiicb nnn zu fleo nm Nicolau9t«ge gewöhnlichen
Kränzeln. Schon aus dem Namen Avird man die Gestalt dieses
Backwerks leicht errathen können. Es ist ein rundes, Geflochte-
nes Gehaokenos, das allerdings eine sehr g-rofsc Aehniichkeit mit
den anch nocii unter uns in den niederen Ständen gewöhnlichen
Brautkränzen hat. Ahcr was hat der züchtige und enthaltsame
lieiligc Nicelaus, der schon als W'indelkind die Ahslinenz der Kir-
che so streng ühte, dafs er an den gewöhnlichen Fastenlagen
(feria qnarta et sexla) nur Ahends die Milch an der Brust seiner
Amme gcnofs, mit einer so profanen Sache, als ein Jungfernkränz-
chen ist, zn schaffen'? Wurde er etwa durch eine scliöne, ans
dem Stegreife herdeclamirte Sfrohkranzrede Bischof zn Mvra, wie
der selige Doctor Bahrdt, nach der Aussage seines herühmten oder
berüchtig'ten Sohnes, Superintendent in Leipzig? Diese Hypothese
möchte in der That etwas schwer zn erweisen sein. Ziun Glücke
Lilft uns hier die Heiligcnlegende, die mancher christgläuliigen Seele
sclion so oft eine Helferin aus allen Nötlien war, anch liier ans
unserer Verlegenheit. Das Geschichtchen ist so schön und em-
pfindsam , ditfs ich «ilr das Vergnügen nicht versagen kann , es
anch hier anzuführen und damit die Ehre jener ehrwürdigen Le-
genden zn retten , die in diesen ruchlosen und nnglanhigen Zeilen
eo manchen hitteren Spott und unverdiente Anfechtungen erdulden
müssen. NicoUnts, f^o erzählt die heilige Sage, Avar ein frommer
Jüngling zn Palara in Kleinasien , der durch den Tod seiner Ael-
teru zn dem frühen Besitze grofser Reichthümer gekommen war.
Diese unter die Armen zu vcrtheileu und dadurch Glück und Wohl-
Ringel, ein Ringelgebarkenes. Anch von dem bei uns gewölin-
lichen "Worte Brezel, welches Koch Bretsel geschrieben haben ^^^ll
■und von Brechsei (der Teig wird nämlich während der Zubereit-
ting gebrochen) ableitet, liefse sicli vielleicht noch ein anderer
Ursprung angeben, den ich bei Kocli nicht bemerkt finde. Wälirenrl
der Fasten nämlich gingen die Priester und Mönche in den Häu-
sern und Dorfschulen liernm, liefsen Kinder und Erwachsene be-
ten und gaben pro preciuncula ein solches Gebackenes, das daher
den Namen Brezel erhielt. Daraus liefse siclfs denn aucli erklä-
ren, warum an vielen Orten noch jetzt der Gebrauch herrsclit,
dafs gerade um diese Zeit , besonders bei dem Gregoriussingen,
Brezeln an die Schuliinaben vertheilt werden. Mir scheint wenig-
stens diese Ableitung noch genugthuender als eine andere, die
auch vor einigen Jaliren in dem Magazin zur sächsisclien Ge-
schichte von Hasche wieder vorgetragen wurde, nach welcher Pre-
lel soviel als pretiolum sein soll. Ain Ende scheint doch die
Kochi die Ableitung von Brechsei die natürlichste zu sein, S,
Martini Lexicon Etym, s, v. brisare et spira, —
355
stand lim sieb her 211 verbrehcn, wnr seine grofsle Wonne nnd
Znfriedonlieif. Yorziiolich jiher giiia; ihm die No(h armer, hiilt-
scher Miidclien sehr zn Herzen. Er liade ia Erfaliriniü: gehraclif,
dafs einer seiner armen iMilhiirgcr (Einige wollen wissen, er sei
seiner Profession nacli ein Seluister «gewesen,) drei mannbare Töch-
ter haue nnd, da sie wegen Mangel einer Ansslattnng keine Män-
ner finden könnten, die armen Mailchen an die ]\Ieislbie(enden ancb
ohne priesterjiclie Einsegnnng" als böse Ladenhüter abznlassen ge-
sonnen wäre. Man kann sich vorstellen, was die armen, nnschnl-
digen Kinder hierbei iüv Herzensangst ansgeslanden haben niiis-
sen. Aber nnser jNicolans erbarmte sich der Geiingstcten nnd
Nollileidenden, schlich sich im Dunkel der Nacht heimlich an ihr
Kammcrfenslerchen nnd schob leise soviel Geld hinein , als znr
Ansstatlniig- der Aellesten nölliig war. Und so machte er es nacli
nnd nach mit allen Dreien , die nnn dnrch die Pfennige des heili-
gen Nicolans gar stattliche Männer fanden nnd züchtige, ehrbare
Älafronen wnrden *). Was ist billiger, als dafs eine so nneigen-
nitzige Milddiäligkeit , dnrcli welche drei schönen IMädchen die
Schande erspart vvnrde , ohne Jnngfernkränzchen in der Gemeine
erscheinen zn miissen, selbst noch in den spätesten Zeiten dnrch
die bildenden Hände der Kiiclielbäcker verewigt wnrde? Die bä-
niischc Yerlonmdnngssncht hat schon oft von einem verkänflichen
oder verkanflen Kränzclicn sich Manches in's Ohr geflüstert. Sie
schweige nnd wisse, dafs man in Banzen die Kränzchen zn Dn-
Izenden verkanfe nnd verspeise nnd doch eben so znchtig nnd
ehrbar lebe als an irgend einem anderen Orte in der Christenheit.
Da übrigens der Branlkranz (Borta oder Parfa) ein sehr hochge-
haltenes nnd wescnlliclies Stück des Brautpntzes bei nnseren serbi-
. ficheji Wenden ist **), so messe ich gern der Versichcrnng Glau-
Die Worte heifsen vom lieiligen Nicolans in der Legende ex breviario
Romano d, 6. Decembr. folgendermafsen: Ciijns illud insigne est
Christianae benignitatis exemphim ; quod tum ejus civis egens
tres lilias jam nubiles in matrimonio collocare non posset, earnm-
que piidicitiani prostituere cogitaret; re cognita Nicolans noctu
per fenestram tantuin pecnniae in cjns domiiin injecit, quantiini
unius virginis doti satis esset: quod cum iterum et tertio fecisset,
tres illae virgines honestis viris in niatrimonium datae sunt. Eben
diese Geschiebte erzählt mit wenig veränderten Umständen Saiius
in Actis Sanctornm und Baronius in den Annalibus Ecclesiasticis.
üebrigens verdient auch noch bemerkt zn werden, dafs diese
Kränzel ancli in einer besonderen Verbindung- mit der lieiligen
Barbara stehen müssen, da sie von Einigen auch Barberkränzel
genannt werden.
S. Anton's erste Linien eines Versuchs über die Slaven. S, 122'
und im 2. Theile S. 78.
23 *
356
bftn bei, die i<h von oiiiom sehr glaiiljwiinlIüPn Zeii!>eii «eliÖrt
Lalic, <!i«fs mit dem Eiiikniif dieser Jim^iferiikiiinzel tun Nicolai-
(;ji>e unter den wendischen Mädelien nüinclierlci Aljeij^liinlic ver-
bniiden sei. Vielleiilit ist sellisl der in I'ilmien und ;iueli bei un-
seren Wenden sehr u,e\\öiinli(he Aiisilrnck Kolaez, womit man «"e-
rade ein solches rnndes Gebäeke zn bezeichnen ]>fleijf , \orn heili-
gen Nicolans abgeleilef.
Auch in Baiizen wird , wie an so vielen anderen Orten , das
Andenken des Bischofs IMarlinus dnrcli ein besonderes Bacicwerk,
in Form eines Hufeisens oder zweier IJiliiier iiefeieil, uelclics da-
lier i\pn Niimen Mariinshöi ner oder schlechiw«'^," llöinel erhallen
hat. Die jiewohnlichste Eiklärnn»- ist diejeiiii^e, die anch Treuer
in seiner i!,e!ehiU'n Abhandhinj»- de IMarlisniaiino (oder Unlersnch-
nn"" des Ürs])rnni»s und der liedenlnni^ des 3Iarliiisnianiis) §. 3.'i.
S. 81. j::eji;eben bat, dafs diese Homer eigentlich «len lieili^en
Nimbns oder die Strahlen niu das Ilanpt des heiligen Bischofs
Martinas andeuten sollen, die aber nach der nn^eschicklen nnd
orobcn Tilanier der danialij^en ^laler e,erade wie zwei sehr starke
ans dem Kopfe des Heilii'en hervoruehendeHorner aussehen nndihiher
leiclit mit diesen verwechselt worden konnten. Man daif sich nnr
nn die respectablen Hurnev erinnern, mit welchen in allen Gemäl-
den nnd Bilderbibeln Bloses , der Knecht Gottes, ansstafiirt ist,
lim diese Erklärnna:sart sehr natürlich und nnuezwnnj>en zu finden.
Indessen würden sich anch ans den Tlialen nnd dem wnmiervol-
len Leben des heiligen jNlartinns , wie wir es in den Actis San-
ctorum nnd bei snnem Biop,rajihcn, dem Siilpicins Severns, finden,
verschiedene Umsläiidc aufKnden lassen, ans welchen si(.h diese
sonderbare Gestalt der IMarlinshörner enträlhscln liefse. Marlinus
Ihat in seiner Jngend Militürdienstc and bedeckte einst die Blösc
eines Armen mit der Hälfte seines Kriejjsniante'.s (chlamvs), worauf
er im Traume ein merkwürdiges Gesicht halte. Da man nun von
Altei-s her der Meinnng; f>;ewesen zn sein scheint, dafs i\Iar-
linus als Cavalerist diese That der Mensehenliei»e ansneübt halie,
"weswegen er anch jederzeit reitend gemalt winl, so heftete mau
vielleicht an das sinnliche Zeichen eines gebackcnen Hufeisens das
Andenken an die Mildlhätigkeit des frommen Piitlermanns, Aber
der gute INIartinns halte anch gewaltige nnd unaufhörliche An-
fechtungen vom Satanas nnd der ganzen höllischen Rolle auszu-
stehen , w ovon sein Lel)ensbeschreiber SnIpicJns Severns manches
wunderlich*' Geschichtchen zn erzähleu weifs (de vita b. Älailiiii
c. 6. 17. 18. seq.). Nun ist es bekannt, wie freigelug die Mön-
che und Exorcisten im Paiistthume den Teufel mit Hörnern ans-
gestallet haben. A^'ie konnte mau also das Andenken an die Gas-
neriaden und Teufeleien des guten Bischofs Martiims besser furt-
pflaiizou als durch diese gebackeueu Hörucr *) '? Wie aber, wenn
*) Ich finde bei'ni Severns (de vita b. Martini §. 21. p. 336. Vorst.)
357
aller dieser Aiifwrtnil von Si-Iiaifsina ganz vergeblich wäre, und
"wenn es mit dci) Maitinsliöniern cbeii die Bewandtnifs hätle, wie
luit den gleichiaüs sohr iicwüliiiliclion und iiiilor uns liiüilig vcr-
speisleii Marliiisj^iinsoir? Da die (säiise gerade um die Zeit, weim
das Fest dieses llciligoi) eiiilriU, (den 11. Novenilier) am fetteslen
sind, so waren die (jiliise!)ra(en gewifs schon lange, ehe man an
fliesen Heiligen dachte , gewöhnlich gewesen. Um so lieber ver-
band man sie nna mit diesem Feste *), an welchem die Geistli-
chen von jeher etwas fetter nnd naclilicher zu schmausen und da-
her auch von den Laien Zinsg'mse und Zinshühner zu erhallen
plleglen. Eiten so war vielleiciit schon unter den alten Tentschen
ein solches gehörnies Backwerk gcbräiichlicli gewesen , das mau
entweder am Juellesle als Zeichen der wiederkehrenden Sonnen-
strahlen **), oder auch als ein Sjmbol des allen tentschen so ehr-
würdigen Mondes ***) zu backen pflegte, welches in der Folge
einer ganz besonderen Teufelei Erwähnung gethan, wobei die"
Ocksenhörner eine starke Rolle spielen : (inodam tempore diabo-
lus corim bovis cruentiim in manu tenens, cum ingenti freniitu
cellulam ejus inui)it, crnentamque ostentans dexteram, cet., denn
es ist in der Tliat um's Papier Schade.
*) Trevier sagt in der angeführten Abbandhing de IVIartismanno §.32:
„Die blose Zeit, in welclier die Gänse woblgemästet pflegen ein-
gescblachtet zu werden , die mkt dem I\Iartinst'este zngleicli ein-
fällt, bat dem Herrn Martino dieses Gerichte eigen gemacht "
**) Bacchus, Osiris, Pan nnd andere geliürnt« Gottheiten des Alter-
thnms waren, wie bekannt, Symbole der Sonne. T"^p (keren,
y.i(>a;, cornn) bezeichnet im Ebräischen sowohl das Hörn, als den
Sonnenstrahl, und dafs diese Synonymie anch bei den noi'dischen
Völkern gewöhnlich gewesen ist, beweis't die alte Benennung des
Monates, in welchem uns die Sonne näher kommt: Hornung. In
den alten Kalendern war dieser Monat zum Zeichen der wiederkeh-
renden Sonne mit einem Hörne bezeichnet, (s. Keyslor's Antiqui-
tates septentrionales p. 3G7. Fig, XIV.) welches gewölinlich falsch
durch ein 'i'rinkhoru erklärt wird.
♦**) Es verdient besonders bemerkt zu werden, dafs fast alle alte Völ-
ker den wiederkehrenden sichelförmigen Mond durch ein eigenes
Gebackenes vorgestellt haben. In der Geschichte der israelitischen
Abgötterei kommen diese Mondkuchen mehrmals vor. S. Jeremiä
VII. 17. XL. 19. nnd zu der ersten Stelle Dathe, S. 250. nnd Gro-
tius, der aus dem jüdischen Scluiitsteller Salomon Jarclii anmerkt,
dafs diese Kuchen die Abbildungen der Götter gehabt hätten. Bei
den Griechen war ein solches .".iclieUöiniigef;, dem zunehmenden
Monde älinliches Gi-backenes sehr g'^nölmlicn und führte verscbie-
uene Namen, als; jtAv)Vi;, caAvjv;)- iroTav;;, iT/cs/.-^vüv, «j€«rr>)5>.
358
die GoistKclien, wie so niaiiclioii andern lieidiiisclien Gebraucli, mit
einer fioiiituen Accomodalioii auf einen chrisllieliea Heiligeu bei-
beliiolteii iiiul durch Legenden und fromme Leberlieferuuyeu aus-
scbmückleti.
Ich zweifle nicht, dafs sich durch genanere Nach forschnn gen
besonders unter unseren Wenden noch manches andere, hios ge-
wissen Orten und Zeilen eigenlhiimiiche Gebäck aufündea liefse.
So ist es zum Beispiel bei den Hoverswerdischen Wenden fast all-
gemeine Sitte, dafs am Weilinachlsliciligenahend und an anderen
dergleichen Vorabenden ans guten« Weizenmehle allerlei Tliiere,
Ochsen, Schafe, Hühner nnd dergleichen, geformt und in der IJrat-
rölire abgebacken werden, die man dann als Kaminsfiicke braucht,
oder auch zur Zieralh auf die Thiirgesimsc selzt, oder auch ohne
Aveitere ümslüude dem Magen aufzuheben gibt *). Allein ich tra-
Man sehe Kiister's Anölerlvungen znm Suidas s. v. avacrotro, und
Alberti zum Hesjchius, T: I. p. 753, 6. T. II. p. 11G7, 9., wo
Leide Male eine merkwürdige Stelle aus des Pliotiiis Lexico jMs.
angeführt wiid. Besonders auffallend aber iat der Umstand', dafs
auch die Griechen dieses sichelförmige Gebackene Ochsenliörner
Iiiefsen. Diefs setzt folgende Stelle aus dem Onomasticon des
Pollux (VI- 76.) aufser allen Zweifel: BoC; xi>/4a aVr) , xtf«-
'Eiiary, v.ai SsXijvi; , d. h. Ochse heifst ein Kuchen mit Hüniern,
der dem Apollo, der Diana, der Hecate und dem Monde als ein
Speisopfer dargebracht wird. Da man dergleichen Gebackenes auf
silbernen Tellern zu präsentiren püegte, so entstand daher das
Spricliwort: bos in quadra argentea. Man sehe den Erasmus in
Adagiis p m. 283. Nimmt man hierzu die besondere Verehrung,
die die alten Tentschen dem wachsenden Monde erwiesen ^Taci-
tus, de niorib. Germ. c. XI.: Coeunt, cum aut inchoatur luna, aut
impletnr, cf. Keysleri Antiqu. septentr. p. 304, seq.), so erhält
die Mnthmafsung gewifs einen hohen Grad von '\\ ala-scheinlichkeit,
dafs die Alartinshürner nichts Anderes als metamorphosirte und
umgetaufte Mondknclien sind.
*) Auch diese Abbildung von allerlei Hausthieren in Mehlteig ist
eine alte Sitte, die Einige sogar von dem nordischen Jnelfesto lia-
ten ableiten wollen So sagt z. B. von Westphalen (in Praefat.
ad monumenta inedita Mecklenb. T. I. p. 17. not. o.): Forte et
bis festis consuetudinibtis Julicis originem debent figurati et mel-
liti pancv^, qni lemi)orc nativitatis Christi hodieqne conliciuntur,
et liguram plernmque referunt animalium , verris, hirci, et siriii-
Uum, .Sclion bei den Griechen war diefs eine gewöhnliciie .Sitte,
z, B, an den Diasien. Siehy die merkwürdige Stelle bei'm Tln-
350
ge l)illli>- Bedenken, noch mehrere Delicatcfssen dieser Art ans den
Örolbäuken und den sthöplerischen Händen der Mehlkiinsller, d. i.
Kiiihelljücker, aul'znlischen, da ich noch gar nieht wissen kann, wie
die von mir schon anf-jefragenen nnd nach hefslem Wissen und
Vermögen anli>('pH(zlen Kiinimelplätzel , Kaihsegiein, Jnngferukräu-
zel und Marlinshörner von meinen respectiveu Lesern aufgenom-
men und gekostet worden sind.
Ich schliefsc mit den Versen eines unserer alten Dichter:
Von dem, was uns're Väter wirkten, spraclien, waien,
Sei jeder Ueberrest uns Heiligthum!
Wird uns're Sitte nicht nach hundert Jahren
Dem späten Knkel auch ein Alterthum?
cydides, I. 126. p. 135. edit. Bipont. und Kühn's gelehrt« Anmwk-
ungen zum Poilux, 1. 26. p. 18.
»««irG<»<i
IL
Der vergötterte Filtrirtopf.
TT er in P.irls gewesen ist oder auch unr die Eij^enlieilen die-
ser Wiiiidcrsladt ans inüiidlicben und sdiriflliclieii Beschreibnnj'eii
der Roiseiideii kennen gelernt lial, der kennt aiicli die L'iibecjiiem-
lichkeiten, denen jeder Wassertrinker bei seinem Einlrilte iu diese
S(adt wenigstens eine Zeit lang nuterworfen ist. Die Seine allein
lif'fert alles Weisser zur Consiinition der bier zusanunengedrängleu
lUenscbenniasse. Aelilzeiin bis zwanzig Tansend Menscbcn jiäbr-
toii sirh vor der Ptevolulion allein daaiit , dafs sie von IVüli bis
Abends das Wasser des fellionies in zwei Kübeln bis in die fern-
sten Slrafseu nnd obersten S(ock werke trugen und fiir einen jede«
Gang, deren sie in der Ordnung t;iglieb dreifsig maclien konnten,
zwei Sons erhielten. Nun ist aber der Strom wenigstens uenu
Monate im Jahre trübe nnd sehmnzig nnd selbst dann , wenn er
sieh einmal abgeklärt bat, mit den AtisÜiissen und Unreinigkeiten
seiner so ungehener bevölkerten Uler geschwängert und iibersüdigt.
Dieses Alles achtete der geborene Pariser so wenig, dafs er sich
vielmehr nicht gi'iing wnnilern konnte, wie Fremde dieses köst-
liche Wasser ekelhaft finden nnd bei der dadurch veranlafslen Er-
sehlaiTnng der Yerdannngswerkzenge oft niehrcre Tage nach ein-
ander liancbgrimmen und andere Beschwerlichkeiten emplinden
konnten. Nur in den letzten zwei Jahrzebenden weckten die im-
mer gemeiner werdenden Untersncbungen der Chemiker über die
verschiedenen I^nflarten, Gase nnd Rlepliilismen auch die Aufmerk-
samkeit di'c Pariser, die nun über die Bestandtheile ihrer gewiibn--
lichsten rsalirniigsmillel nnd Getränke etwas ernsthafter nachzuden-
ken nnd die Beschlüsse der Facnllät zn beherzigen anfingen. Im
Jahre 1780 that sich eine eigene Gesellschaft reicher Unternehmer
zusammen, die das nach einem besonderen Procefs gereinigte Seine-
Wasser dem g.uiseu Parij.cr ra'iiüviim liinkitar nnd gesund zn lie-
361
fern verspraclien. Ean de la Seine elanfi«5e war einige Zeit lang-
Gegenstand aller AHicIien, iiiedicinischer Beralhsehlagungen nnd
diemisflier Unlersiielinngcn. Die königliche Academie der Wis-
senscbaflen stellle lobpreisende Certificate darüber ans. Droifsig
Tansend Exemplare einer pomphaften Ankündignng wurden au
alle Slrafsenecken und öUenllicho Plätze angeheftet. Die Gesell-
schaft bestellte eigene Aufseher, nnlerhielt eigene Wagen zum Her-
umfahren des belobten Wassers , hatte an den Quais der Seine
mehrere Hauptbureaus und stand schon mit dem ersten Leibarzte
des Königs wogen eines königlichen Patents in Unterhandlung-,
Ganz Paris freute sich dieser wohllhäligen , menschenfreundlichen
Anstalt, und man konnte gar nicht begreifen, wie man das unsau-
bere Wasser ohne diesen herrlichen Reinigungsiirocefs so lan»e
habe schlucken können. Nun erst, rief ein Journalist in seiner
Begeisterung aus, gilt unserem Wasser der Spruch des griechischen
Ljrikers: Wasser ist das Befstel
Doch dieser Wasser- Enihusiasmus war natürlich bei einem
Element, das die Begeisterung so wenig begünstigt, von sehr kur-
zer Dauer. Es bedurfte gerade nichts weiter als eines witzi"ea
Einfalls eines gutgespitzfen .Sinngedichts, um das ganze Unterneh-
men der Herren, die nach einer ganz neuen Alcheniie ans reinem
Wasser Gold zu maclu-n verstanden , dem bewundernden Pariser
verdiichlig und läciierlich zu machen. In das Journal aoii Paris liefs
Jemand eine witzige PersüLige unter den» Titel einrücken: der
neue Pactolus oder Beweis, dafs auch die Seine zu den Flüssen
gehöre, die Gold bei sicli führen. Ein anderer Aufsatz in eben
diesem Journale empfiihl bald darauf einem jeden Pariser Hausva-
ter ein sehr leichtes Mittel, sich sein Trinkwasser selbst abzuklä-
ren, und eine sehr einfache Zurichtung einer Maschine, die man
zu dieser Absicht schon längst gebraucht und benannt hatte. Der
Filtrirstein erhielt nun nnter der neuen Modebenennun"- des
Cl a rifica te u r von dem .durch Mode beherrschten Pariser fast
eben die Verehrung, die einst die dankbaren Niltrinker ihren Ca-
nopen oder richtiger Canoben ertheilten. Auch diefs waren eioent-
licii niclits als Filtrirkrüge, um das mit einem fetten Schlamme »e-
schwüngerle Nihviisser trinkbar zu machen. Aber Priesterpolitik
und Volksaberglaube gaben diesem unentbehrlichen Hans"-eräthe
einen Anstrich von Heiligkeit, der sogar einer Art von Ver'WJtter-
nng ähnlich sah und ihm die unerwartete Ehre verschaffte unter
den ägyptischen Idolen und Kunstwerken in unseren Alterthums-
sammlungcn noch jetzt eine merkwürdige Rolle zu spielen.
Es findet sich nämlich noch jetzt auf alten Münzen nnd o-c-
schnittcnen Steinen sehr oft eine ganz seltsame Figur ä^-yptischer
Form nnd Deutung, über deren Erklärung die Alterthumsforscher
selbst bis jfizt nicht recht einig werden konnten. Ein dickbaticiii-
V,<'r, fast Iviigcli linder Kinpnr auf einein kurzen Gestelle oder aüili
362
oliue alle Unterlage verengt sich oben in einen Hals, anf welelicm
ein nielir oder minder rogt'ltniifsigor nnd \volilgi'ljiId<'(er Mensclicn-
koiif sitzt. Anf dem Sclieild des Kujifes erhebt sich gewöhnlich
der Kelch einer Lofoshinnie oder einer anderen Ijedenfeiiden iNil-
pllanze. So häCslicIi nnd widersinnig auch an nnd liir sich diese
Znsannnenschmelznng eines männlichen oder noch liiiniiger weih-
licheu Kopfes mit einem dicken Kinliisrnin|>fe ohne Hände nnd
Fiifsc sein mnfs, so meisterhaft hat doch anch hier die Alles vei-
schönerrule nnd in liehliciie Formen verschmelzende griechische
Kunst diese Ungestallheit zu verdecken nnd in die regelloseste
Mifsgehnrt Anmnlh nnd Schönheit zu bringen gCHnfst, Lnter den
alten Tasten, die der ßaron von S losch in seiner Gemmensamm-
liMig bewahrte, wovon wir nenlich einige eben so tielfliche Ab-
bihiiingen als gelehrte nnd geschmackvolle Erlänternngeu erhallen
haben, befindet sich eine solche Canohnspasle , wo diese widersin-
nige Figur in so angenehmo Pitindnugcn nnd Umrisse abgeglilftet
ist, dafs das Auge anf ihr mit eben so grufsejn Wohlgefallen verweilt
als anf einer gefälligen campanischen Yase oder irgend einem anderen
im schönsten Ebenmafse gearheileteu griechischen Knnstwerke *_).
Hier hat also dieser vergötterte Hansrath der JNilanwobner sogar
ein griechisches Knnslideal erzengt.
Aber die fiiihere Entstehung nnd Veredlung dieses iik die
Nollidnrft, Gesundheit und Reinlichkeit der Aegvplier so gut be-
rechneten Weikzeuges verdient schon noch eine genauere Erläu-
ternng.
Der Nil, dieser allbefenchtende, göttliche Strom, ist in einem
Lande, wo oft viele IMonate, ja ganze Jahre lang kein Regentro-
pfen fällt, der einzige AVasserschatz seiner durstigen, von der em-
pfindlichsten Sonnenhitze ausgetrockneten Anwohner. Ein grofsor
Theil der ältesten, ägyptischen Mythologie nnd Ilicroglyphik dreht
sich daher blos um ihn, als eine der sichtbarsten nnd vvohlthätig-
sten aller Naiionalgotlheiten. Aeltere nnd neuere Schriftsteller sind
unerschöpflich in den Lobpreisungen des Wassers , womit der INil
das Land und seine Einwohner tränkt. Man schrieb ihm allge-
mein eine befruchtende und selbst auf die fast unglaubliche Be-
Tölkernng des Landes mächtig einwirkende Kraft zu, ein Um-
stand , den vormals die Erklären- der biblischen Geschichte bei der
Munderbaren Yeinichrung der Kinder Israel in Aegjpten wohlbe-
dächtig in Anschlag zu bringen nicht vergafsen. Nichts ging,
nach der Aussage der Alten, über die Siifsigkeit nnd den lieb-
lichen Geschmack des Nilwassers. Als der König Ptolemäns
von Aegjpten mit dem Beinamen Philadelphus seine Tocliter
") S. Abbildungen ägyptischer Gottlieiten, mit Erläuterungen voa
Schlicblcgroll, Lste Liefer. tab. XII. XIII.
»
363
Berejiice au den König" Anlioehus von Syrien verlieiralliete , wur-
den K;iineeI|)os(eu zwischen Aegvpten und Syrien angeleimt, nin der
ligyptisclien Prinzessin, die sieh nicht zufrieden geben woJIle, wenn
sie fortan das köstliche Nilwasser entheiiren sollte, diesen Gölter-
lrank frisch und in erster Güte zuzuführen. Hierauf gründete sicli
auch die Antwort des römischen Feldherrn niid Gegenkaisers, Pe-
sceunius Niger, als die an den Gränzplätzen Aegvpteiis garnisoni-
reiiden Soldaten AVeia von ihm verlangfeu : Wie, ihr haht Nil-
wasscr und könnt V^ ein fordern? Der grieeliischc Redekünstler und
Sophist Ai istides erzählt uns daher in seiner Lohrede auf Aegvpten,
dafs man dort Flaschen mit Nilwasser anzufüllen und, nachdem man
sie sorgfällig aufgebohei! hatte, nach mehreren Jahren wie allen AVeia
zu trinken pilege. Damit slimmen nun auch die Nachrichten neue-
rer Reisebeschreiher auf's Genaueste ühereiu. ,,Die Türken," sagt
einer der aufmerksamsten, der yiele Jahre als französischer Cou-
sul iu Cairo leble *}, „linden das Nilwasser so wohlschmeckend,
dafs sie Salz lecken, um desto mehr davon trinken zu können,
JMau hat ein gemeines Sprichwort nnler ihnen, dafs Mahomed,
^venn er je das Nilwasser gekostet halte, Gott gewifs um die
Gnade angelleht haben würde, nie zu sterben, um nur stets davon
tiinken zu könuen. Auch hört mau oft sagen, dafs Jeder, der ein-
nial davon getrunken hätte, gewifs auch zum zweiten 3Iale davon
trinke. Als ich daher nach einer zeluijährigen Abwesenheit wie-
der nach Aegyplen kam, wiederholten mir alle meine dortigen Be-
kannten diese 13emerkung. Die Aegypier , die mit den Caravanen
reisen, um ihr Gelübde in Mecca zu bezahlen, seufzen nach nichls
so sehr als nach dem Nilwasser. \Yir werden bald Nilwasser
trinken ! Diefs drückt die süfseste Hoft'nung- ihrer Wiederkehr in's
Vaterland aus. Und in der That hat dieses AVasser eine ganz ei-
gene Lieblichkeit. Wer es daa erste Mal trinkt, sollle darauf
schwören, dafs es mit etwas angemacht sei. AA'^as der Champag--
ner unter den Weineu ist, das ist das Nilwasser unter den AA^assern,
IManchcm ist es daher gar zu süfs. Auf jeden Fall aber ist es
anfserordentlich gesund, und mau kann ohne Üid)ef|uemlichkeit so-
viel davon geuiefsen , als man bei keinem andern W^asser Avageu
dürfte. Ich habe Personen gekannt, die täglich drei Eimer davon
tranken , ohne im Geringsten dadurch belästigt zu werden. Im
Sommer, wo die Haut heständig offen ist, verdunstet es in kurzer
Zeit durch die Schweifslöcher, ohne eine I\Iattigkeit oder Ermüdung
zu hinterlassen. Im AA'iuter geht es ebeu so schnell durch die
natürlichen AVege ab und verursficüt auch da keine Unbequemlich-
keit."
Bei allen diesen verdienten Lobsprüchen verschweigen doch
0 Aaillet, Descriptlon de TEgypIe, T. J. p 19. f,
361
auch äKere und iienere Sdiijflslellcr die einzige Uunnnclunlielikeit
nicht, der dieses Wasser last das ganze Jahr über ausgesetzt ist.
Es ist gewöhnlich so sciileiniig und u.'ircin, dafses ohne eine gewisse
Zubereitung und Ähklürnng wo nicht ant den Gannten, doch nui'
das Ange des Trinkers einen sehr widrigiMi und eki'K'rrpgeiiden
Eindruck macht, Man w<'ifs, welchen nnhoschranklen Einilufs die
seit den ältesten Zeilen Alles hcherrschcntie Priesferkasle in Aegyp'
icn halte. Jene Priester waren zugleich die Acrzte und Gesund-
lieits})negcr des Volkes, und so wurden gewisse auf dortiges Kli-
ma und dortige Lehensart sehr weise berechnete Gesnndheitsvor
schrillen und diätetische Lchensregeln bei den Aegypliorn sowohl
als den von ihnen ansgezoncuen Ehräern heilige Vorschriilcii
und unverbrüchliche Piiliialgcsclze des Gollesdicnsles. Besoiidors
Latten die Priester anl' Reinlichkeit und Auswahl der Nahiimgs-
luillel ein sehr strenges Augenmerk. Einem Volke, dem es Pieli-
giousvorschritt war, monallich ciiinial zu voniireu und zu pnrgiren,
dem salzige Speisen, Aussatz und allerlei Haulkraukheiten beför-
dernde Zwiebeln zu geniefsen , durch heilige Priesicrsagen zu ei-
nem Verbrechen gegen die Göller ^<;niaclit wurde, einem solchen
Volke konnte auch die zur (jesnndheit _nnd Reinlichkeit so we-
sentlich niiihige Reinigung und Durchseilinng des Nilwassers, die
der gecneine Aegvplier noch jetzt ans bioser Träi^heil unterlälst,
dadurch von dem Priester am belslen eniplohlen werden , wenn
mau iu die Maschine, den Topf oder Krug, durch welche diese
Säuberung geschah , geratlezn selbst etwas Relii;iiises und dem
pinmpsinnlichen Aberglan!)en des Volkes Anffaileiides zn legen
wnfste. Es war also gewifs ein rocht artiges Plafleiisliickchen,
dafs man dem hierzu gewöhnlichen Fillrirkruge einen hieroglvphi-
schen Deckel, den Kopf eines ägvpliselKMi Idols und das Symbol
des fruchtbaren INilgoltes selbst, die schöne Lolosblnme, anisclzle
lind so einem Ilansralhe, dessen Resilz Reinlichkeit und Gesund-
licit jedem Nillrinker wünschenswerth machten, auch noch die Em-
pfehlung derReligiosiiät zn verscliailen wnfste. So wnide der unent-
behrliche Fillrirtopf dem Ae^-ypiitT ein noch nnenlljehrlicherer Ilans-
gölzc und , was dem allen Scytiien sein Säbel war und dem heu-
ligen Osliaken sein Tabaksrohr noch ist, eine Art von Fetisch,
ein Anmiet und Talisman.
Das Material dieser Filtrirtöpfe ist wahrsclielnlich llieils der
eigentliche Fillrirstein (eine Art von Sandstein, die sich noch jelzt
in den verfallenen Steiubriichen des öslliclien Aegyplens gegen das
rothe IMeer hänüg linden soll,) theils ein Artefact, eine Art von
halbgebrannten thönernen Gefäfsen gewesen, deren sich, wie ich
gleich anführen werde, die Aegyplier noch jelzl zu eben dieser Ab-
Hcht brdienOH. Diese letzteren wurden vorziiglich in Unleiägvjiten
oder dl m sogcnannleii Delia an dem Arme des Nils, den man den
Canoliilischeu nannte, und bei der Sladl ("anobns selbsi l'nUrutii.
365
Natürlich bekamen sie nun selbst von dem Fabrikoile eben so ihre
Benenunng, wie in Italien die Fayence von Faenza und in Eng-
land die schönen V;isen ans P'lnfsspalh in Derbjsliire Derbies
genannt werden. Man nannte die Knige und die darauf gestellten
bieroglyjjliisclien Biislcii Canoben.
Znfiillig hatten sieb gerade in diese Gegend scbon vor der
Erobernng Aegjptens dnrcb Canibvses nnler Psannneliclins nnd
seinen, griecliisclie Cnllnr nnd Anlklärnng lii'benden Nacbfolgera
ionische nnd andere Facloreien der kb'in.t.siatischon Griechen ans-
gebreifet. Das an diesen« Arme des ISils geb-gene Nancratis war
der Hanptsilz des griechischen Hnndelsveikehrs *) nnd nngefahr
eben das, was bei den Halhhriuiern der allen Aegjpticr, den heu-
tigen Chinesen, Macao fiir die englischen nnd libiigen europäi-
schen Kanflenle ist. Hier konnten nnn die Griechen iinniöglieh
lange ihr Wesen treiben, ohne iiire Licblinjisntignng , ilirmi Na-
tionaistolz durch mythische Fabeln auf Lfnkosit'n dt-r Wahrheit zu
schmeicheln und durch irgend einen allen Heros ihre Nation Be-
sitz von dieser Gegend nehmen zu lassen , auch hier zu beiViedi-
gen. IMeiiclans , so fabelten sie, veilor hei seinen Irri'ahrten auf
der Ptückkelir von Troja hier seinen Stpuerniann (^inobns durch
einen Ülterubils, nnd davon erhielt diese liegend den INamen. Ob
sich ntin gleieli damals die stolzen Aegvplier wohl noch sehr we-
nig um diese gi ierhisclieii Fabeleien ksinimerlen . so erhielt, doch
diese Saiie in einer späleien Periode, als nach Alexander griechi-
sche Köiiii^e liber Aegvi>!en lierrs( bten , allerlei Aiissclimniknugen,
nnd griecbischi* Künstler yaben nnn auch den in (^auidtiis einhei-
mischen, selbst auf den IMiinzen der Caufdiilen hanfig vorkommen-
den **) nnd, sobald ägyptische Kunst daran siehlbar wird, böcbslnn-
förmliehen ***) FilirirtJiplen jene zierliche und wtdiliicfEillige Gestalt,
die wir noch jeizt ia einigfu alten Gemmen bewundern.
Weit ehrwürdiger als jene witzige Erdichtung der Griechen, ob^ileich
den» ersten Ansehein nach auch weil ungereimter nnd sinnloser ist eine
Ueberlieferung, die wir ohneBodenken unter die uralten Pries(ersaü,eii
setzen düifen, deren Herodot so oft unter der Penennung bei li-
ger Saget! Erwähiiniig thiit, nnd dnich welche diese Erklärung
der veigölterlen Filliirlöpfe ii»ren völligen Aufschinfs erhält. Die
Cbabläer zogen mit ihrem Gott, dem Feuer, von \'olk zu Volk,
lind überall, wo sie hinkamen, verzehrte dieser Gott die Bilder und
Fetische der übrigen Nafionalgötler. Als diese Fenerapostel auch
nach Aegjpteu kamen, füllten die ägyptischen Priester eiueu dort
♦) Herodot II, 179.
**) Ekhel, doctrina numornm veterum P. I. Vol. IV. p. 105.
***) Ca y Ins, Recueil d'Ajitiqnites Egyptiennes cet. T, II. pl, VI, n.
2. 3.
gewölinlichen Fillrirkrug, , womit man dns liiibe Nilwasser diireli-
ßoiht 1111(1 reinigl, mit INiiwasser, nnriulom sie ihn vorlier mit
AVaclis verschmiert hatleii, iiiul stiHlen ihn niii« mit doiii F'encr^ott
der Chaldiier zusammen, der hier bald den kürzeren zos; nnd von
dem überall nnsiinnenden Wasseru^olt ans<i;cIosclit wnrde. Diefs
p-eschah zn Caiiobus und zum Andenken hiefs nun der iiijyplisclie
Gott selbst Ciutobus. Ein Kru"-- Nilwasser ist hier also der Re-
präsentant des ägyplischen Nalionalii,ot(es, des i»anzen Nilsdomes.
Aber das Wasser mnfs dnrch einen Fillriikrng i!,ehen , um fremde
Gotter zii überwül(ii!;en und dem Nilbewohuer erst recht ehrwür-
dig nnd wohlthälis: zu werden.
Noch jetzt haben in AeüryptCD die hal[i_ü:ebrannfen nnd nngla-
sirlen Krüge, die eben dnrch diese Znrichlung- zum Fillriren i«e-
schickt sind und nur die Stelle der alten Canoben vertreten, statt
des Deckels einen sonderbaren Slrohanfsatz , der sich aus einem
onj^eu Bund in einen weileren Büschel aiislireilet, Avahrscheinlicb ein
ausü,«'J>''leter Abstämmling- jener allen Deckelbüslen nnd Lolosblu-
men und ein sprechendes Syndjol des unter Barbaren so tiefge
snnkeneu Nilreichs, wo der bedeutende Göllerkopt' und der duften-
de Loloskelch in einen ärmlichen Strohwisch verwandelt worden
ist. Die Fillrirkrüge heifsen dort heut zu Tage Bardakes. Der
aiifmerksame Norden hat sie beschrieben und auf einer eigeueu
Kupfertafel abgebildet *).
*) Voyage d'Kgypte et de Nubie T. I. p. 59, Tab. XXXIV. a.
III.
Der den Jupiter tragende Hercules.
Vorwort.
/Als der nnvornofslirlie Li cli t onltor "■ ein mit Geist nnd Witz
aiis2,e|iiiigl('s Sdinilciii 7.iir svslcijiiitist Leu Weisheit der Teiiisrhen
in seinem paliiotiselicn Beidiii; zur IVI e t li y f I o gie oder Triiik-
lelire allen rollien Nasen dcdicirle und liimdeit Varialioiion znr
Redensart: er ist betrunken, hoelilenlsrli und platticntseh
aus Kellern und W«'inhiinsern kiindi»- znsanimenlriio- nnd aufspei-
elierte, konnic er freilieli noeli nieht voransselien , dafs Jemand un-
ter uns an einen recht gnindiielien und vollkommenen Tiinkal-
luanaeh die Hand legen uiirdo. Indefs aneii diese genialiselie Idee
ist endlich ans dem Limhns der nni;el)orenen Kinder und Geistes-
Einhivonen zur Yeikörpernnij,' in die Sinnenwelt »erufen Avoideii.
Es fehlt ihm jetzt nichls als die lelzle Ilehauinienhilfe unter Gö-
sehen's sieher enihindenden Prefshenüeln. Damit nun aber auch
hier znr Ehre tentseher GrÜDdlichkeit Alles fein hühseh im System
Meihe und der hergehraehlen Ordnung gemafs zugehe, haben die
Herausgebor, um aiiili hier das Hiihnehen vom Ei an zu conslrni-
ren, die Trinkweislieit ans den klassischen Zeilen des Allerlhums
ahzuleilen für dienlich erachtet. Sei toll, aber king, ruft irgendwo
das grofse Orakel unserer Nation , Gölhe. Klugheit aber befrant
erst die alte Amme, ehe sie den Bund auf Tag und Nacht uiil der
schönen Pilegetochler sehliefst!
(Möge der erste Versuch, der hier geholen wird, Aveder za
leichtsinnig noch zu langweilig erscheinen I Der ehrenfeste Aller-
lhums-Klitterer kann nun einmal ohne Beleg nichls niedergchrci-
beu. Jeder Vogel Jiat seinen eigenen, VValdgesangi
A r c h ä 0 1 0 g u s.
368
— Itbera vina referre.
Iloiat. A. P. 87.
Die geislige, feiner fülileiule und sprechende Nalnr der Grie-
chen hat sich in hundert Wörtern und Wendnni!,eii ihrer herrlichen
Sprache ahgednickf. Das Gaslutahl hi'zficlnieten sie mit dem
Worte Symposion, wcli-hes, Itiuhslählich übersetzt, ein Mit-
trinken heifscn würde und an dem alüciilschen Trinkf^elag
freilich einen Vetter , aljoj- Aon der nordisiiien dcMben Zecherna-
tnr fände» Trinken ist überall menschlicher als Essen. Nicht
%vas man mit den Zahiion zermalmt , sondern was man über den
Gaumen hinalisclilüilt , eihdit die di'irfliiie menschliche Nalnr zur
Gemi'inscliafl mit iWn Unsterblichen und siii<>t Dithyramben. Die
Götter selitst geniefsen nur Neklar. Denn was man Götterspeise
oder Ambrosia nenn!, beruht auf Mifsvcrsland oder ist nur — ge-
ronnener Nectar.
Unersriiöp.flich war die Erfindungskraft der Griechen , ihre
Tafellreudrn und Tiinkgesellschaflen durch geistreiche ünterrediin-
geu und Tisciii;('Sj)riu'he , die wir in allen Formen noch aus den»
griechischen Alterilmm besitzen, durch Gesänge und Trinklieder,
"WO der Rliapsoden - oder Liederzweig von einem Gaste zum an-
dern wandelte und so jeden der Pteihc nach zum Gesänge aufrief,
durch Charadcn und Käthsel, wovon uns griechische Schriftsteller
noch manche zur Probe aufbewahrt haben, durch Flöten - nnd Ci-
therspiel, die, von schönen Miülchen erklingend, zugleich die Wür-
ze der bios männlichen Tischgesellschaft wurden, durch Tänzerin-
nen und Hallels, die vor den Augen der Gäste dargestellt wurden,
nnd durch allerlei Trink- nnd Wellspiele (die Kol(abismen) , wo-
bei der im Becher gebliebene Ueberrest des Getränkes oft selbst
zur Wurfscheibe diente, zu vcrmaiuiigfalligcn nnd aufzuheitern»
Und was liefse sich von den hundert Kränzen nnd Salbcnmischnn-
gen , ohne die kein Gast auf das köstlich geschmückte , mit Pur-
piiidecken behangene Tischbelte sich lagerte, was von den Ver-
feinerungen, die selbst die bildenden Künste, die Gljptik und To-
rcnlik, in die Verfertigung der mannigfaltigsten Trinkgeschirre aus
den edelsten Stolfeu zu legen w ufsten , nicht Alles hier anführen .'
Für jeden Sinn wufste der sinnige Grieche bei seinen Tafel- nnd
Trinkgenüssen einen neuen Reiz zu erdenken und heule überbot
ein frischer Zauber die Reizmittel, «lie gestern noch neu gewesen
■waren.
Fröhlichkeit war der Charakter aller Feste nnd Zusammen-
künfte des heitersten , witzigsten , geistreichsten V'olkes des Alter-
thums. Schon daraus folgt, dafs jede Ueberladung nnd Völlerei
bei ihren Gast- und Trinkmühlern in der Rege) verbannt sein
luufste. Aeufserst selten wurde der Wein pur und nnvermischt
getrunken. Nach der Güte und Stärke des Weins richtete sich
3()9
dns Mafs des zugegossenen, oft aiicli mit Schnee und Eis aligekiilil-
(cn Wassers. Nur eine rohe ('v<Io|>ennatur herausrhl sieh his
ziiui Erhrochen aus den Schläuchen des lisligen Ulysses und eni-
(»fängt dafür ihren verdienten Lohn. In einem hekannten , nach
dem griechischen Menander hearheiteten Lnstspiel des sittlich zar-
ten Terenz, im C astraten, verräth sich der häuerische Charak-
ter eines Athenischen Junkers rnni|>crnickH, der vom Lande durch
j Zufall in eine feine Sladlgesellschaft geralhen ist, am meisten da-
durch, dafs ihm hoi'n« Nachhausegehen so Zunge als Fnfs den
Dienst versagen. Nicht ohne tiefen Sinn (rüg die ganze Sippschaft
des Bacchus, die den Go(( in (runkener Ausgelassenheit umlohte und
uu)gauk<'l(e, das charak(eristische Ahzeicheu der Thierheit und Icineri-
scher Formen an sich. Seihst am zartesten Satyrisk sjiitzt sicii das
Ohr noch zur Thiergestalt, seihst die schiinste JMilnade trägt nocii ein
Thierfell liher Schulter und Hüfte geschlagen. Der (lott seihst
aher fährt mit seiner Ariadne in himmlischer H(;iterkeil und Ruhe
triumpltirend , von gchändigteu Tigern oder Centauren <;czo"eH
durch dieses wüs(e Getümmel. Wie fein (ritt auf alten Marmor-
Reliefs und Vasenahhildnngen diese reinere Erhehung dos fröhlich-
sten, aber auch zartesten aller Giilter zwischen Taun»el und Wild-
heit hervor! — Alexander der Grol'se hatte aufgehört ein Grieche
zu sein, und die angestammte macedonische Rohlieit war in
ihre Rechte getreten, als er die hernchtigten Saufgelage hielt und
durch das Ausleeren einer Herculischen Ilumpe sein eigenes Ende
beschleunigte *).
Doch es gab allerdings Augenblicke , wo das Ilorazische ;
iinnc est bihendum in sein volles Recht eintrat, hei Siegesfesten
und nächtlichen Coniissa(ionen, "Wo der Grieche seihst den R.ausch
fiir's Vaterland, für Altar und Herd und Geliebte, für sehr erlaubt
lind rechlmäfsig hielt. Nur war diefs stets etwas Aufserordentli-
ches, eine seltene Ausnahme von der Regel.
Was die ephemerischen Söhne der Erde und des Stanbes er-
freuet und ihnen wohl thut, das kommt, nur in erhöhter Po-
lenz, auch den nnsterhiicheu Bewohnern des OIjuipos zu. Tät-
lich, das ist schon die Homerische Tagesordnung oben im Palaste
des Vaters der Götter und der Menschen, versammeln sich nach
vollbrachtem Morgengeschäfte die sämmtlichen Insassen der golde-
nen Himmelshurg iu der grofsen Halle des Vaters zur •••eselliuen
Freude und zum Nektargelage. Wer erinnert sich hier nicht so-
*) Alexandruni Herciilaneus et fatalis scyphiis condidit, sagt Seneca
ep. 83. mit Lipsius's Anmerkung. (Man zweifelt jedoch mit Recht
ob man den Nachricliten über die Unmäfsigkeit des Alexander
und seinen dadurch lierbeigefiihrten Tod Glauben beimessen darf.
Beck.)
Eöttigc't'« kleine Schriften I. 24
370
cloicli <l•^'^ liiiikoiiil«'ii MiiiMlsrlionKen im crsfeii Gfsaiiac i\ov llias?
i)ie Slelle ist khissistli und voidiciit jiiicli hier eine Stelle :
Jener sclionkte nnnnielir ancli tler übrigen Göttervcrsaniinliing
Ilechtsliin, lieljliclien Nektar dem iVIisclikrug' äinsig entsciiöpiend, —
Also den ganzen Tag bis si)ät zur sinkenden Sonne
Scliniaus'ten sie ; und nicht mangelt' ihr Herz des gemeinsamen
Maldes,
Nicht des Saitengetons von der liebliclien Leier Apollo's,
Nicht des Gesanges der Winsen mit liohl antwortender Stimme,
Aber nachdem sicli gesenkt des Helios lenclitende Fackel,
Gingen sie ansziirnh'n, znr eigenen 'Wohnung ein Jeder.
Dort, wo Jedem vordem der liinkendc Künstler Hephästos
Bauete seinen Palast mit kundigem Geist der Kriindnng,
Zeus auch ging zum Lager, der Donnergott des Olympos,
Wo er zuvor ausndite, wann süfs ilim nahte der Scidnmmer. —
Doi'h sellisl die GöKer, die J^eichlleitcnden, Itetchleieht zuwei-
len der Ueheidrufs des Iaiiü,weill:;vu Eiiierieis, Aueh sie iühleii
das Bcdiirl'iiii's einer erlieiterndcn Ahweeiiscltüia:, einer Jji.sl|>arli(>
iiiier Land oder, wie man dort lebt, liber's Meer. Wer keniil
nicht die A\andernnü,eii des Zeus und des ganzen Güüerdivans zum
Besiiciie hei den Aeliiiü|!!erii ?
Zeus ging gestern zum j\Ia!il der unsträniclien Aethiopen
An des Okeanos Flntli, und die Himndischen folgten ihm alle.
So zog- in Ijesseren und fröuiiueren ZeiJc« uianeher Ai»t luil
seinen wohlgeuäiirfen iVldnehen aus einer Cenedikiiner- oder Cislcr-
zienserahlei in Franken ujkI Siiiwal)en, dem verdriefslirhcn Uralen-
und Fisehgeiuch des ReiVelorinms entdieliend, auf (inen enlle«>enen
Meierhof zur ileuernle oder, wo Baechus seine Gai)e s|teniief, zur
Lese anl' i]{^n ferneren \Veini;('hirjien des Kloslers. Bei soleiien
GeleiJ,enheilen und wenn elwa Zens eine liuehzeit aiisslallele, wie
sie hei Amor's Yermähinng mit der Psvche A|Milejns uns sehihlert
und Rafael in der Farnesina malt, oder hei dei- I<]eli(ii«iing und
Aufnahme eines seiner Bastarde im Himmel , oder hei einem Ver-
söhn un,i^>feste , wie es uns Wieland in seinem veikla_!;(eu Anior
hesehreiht, liefs sich Zens seihst vom holden Ganvmed eine Schale
iNidvtar über die ^ewiümliche Zahl credenzen und slie»- dann mit
etwas beschwertem Haupte das i^rofsc Himmelbetle hinan,
— zu ruh'n mit der goldentlu'onenden Here.
Eine solche oder ähnliche Veranlassung- dachte sich vielleicht
auch der mnthwillige, griechische Maler, dessen genialischem Ein-
falle wir die Zeichnnng auf einer antiken Schale von gehrannter
Erde in der kaiserlichen Bibliothek zn Paris verdanken, die von
ihrem ehren werlheu Conservatenr Mi II in in jseinem neuesten
371
Praclilwcrke diircli eiiioii viellelclit nur zu zicilklicn Kiipfeistich
bekannt ij,emaclit wurde *).
Der erste Lliek darauf sai^l jeden» Beseliar.or , dafs der Tril-
ger Hercules, der Getragene Jupiter sei. Wo alter in aller Welt
kommt liier der muskell'este Uugelienerl);indiger zu der sonderhareii
Aeneas- Rolle, seinen Valer aufznliorken und nicht ohne sichtbare
Anstrengung' davonzutragen? Nimmt man die Frage ernsthaft und
befragt man nun seihst wieder die noch vorhandenen invlhologischen
Orakel roni alten Boccaccio und Natal de Comtc oder Giraldo au
bis auf die neueste Fundgrnlte, die uns Grub er in seinem my-
thologischen Wörterhuche eröffnete, so wird der Zweifelsknoten im-
mer verwickelter. Man wird mit Millin ganz ehrlich eingestehen
«lüssen : „der Mythos, worauf anges])ielt wird , blieb uns unglück-
licherweise verboigen. Wie pikant wäre es um der Sonderbarkeit
der Vorstellung «illen, etwas mehr davon zu wissen!"
Aber was der Zahn nicht anfhcifsl , biicht der Nufsknacker,
sagt der lachende Neapolitaner, indem er an oinor Gassencrke die
lang gedehnten Macaronis hinalisclilingf. Wo Glimpf nicht liilft,
gilt Schimpf, sagten unsere Vorfahren. Vielleicht gelingt es mit
der scherzhaften Deutung, da uns die ernsthafte eine so sauere
flJiene macht. Wie nun, wenn es eine Wette, eine Ausfordernng
gälte, die Hercules im kecken Vollgefühl seiner Muskelkraft hier
übernommen hätte? IMau war durch die satvrisciien Dramen auf
der griechischen Bühne schon früh daran gowiihnt worden **), den
böolischen Hercules mit seinem gediegenen, überall mit Fleiscü-
masseii ausgepolsterte!! Aliiletenkörper uud mit der nnersälllichcn
Efslust, die solchen Knochen und Muskeln den Nahrungssaft zu-
führte, als eine Art von lomltardischem Tiufaldino oder alteiigli-
scheni Clown in bäurischer Maske zu sehen , und ihn als solchen
auch als Spafsmacher im grofsen Divan der Olympischen Götter
belachen zu lassen. Die Alexandrinischen Dichter benutzten die-
sen Stoff' und liefsen es in ihrer Art nicht an Lazzi und Concetti
fehlen, nni den Hercules bei den Göltermahlen und Conversationen
im OIvmp seine spafshafte Rolle fortspielen zu lassen. Statt meh-
rerer Beweise darf man sich hier nur an die bekannte Stelle in
dem Hvmnos des Callintachos auf die Diana berufen. Die ibifsige
Jägerin , sagt der Dichter , liefert für die himmlische Küche man-
chen schönen Braten von Schwarz- und Rothwildpret ab, wei-
ches sie mit eigenen Händen erlegte. Wenn sie in den Vorhof
einfährt, eilen ihr die übrigen Götter entgegen, um ihr bei'ui
Absteigen uud Abpacken Hilfe zu leisten. Das Wildpret hob
*) Peintnres des vases antiques. T. It. pl. X.
**) S. Visconti zum Pio - Clenientino 'f. II. 1. 54. Heyne zum
Apollodor p. 134. Neue Ausg.
24*
372
sonst üir I3ui(lcr Apollo vom Wa2,cn. Aber seil Hcrculos» mit
zur Götlorlaiiiilic gcliürt , liifst sich dieser das Gesdiält nitlit
nehmen *).
— Denn ps stellt nneriniUlet jetzt an den Pforten
Herakles sehnsuchtsvoll dein Iiairend, oh du mit feüer
Beute der Jagd riickkchrst. Laut liallt der Bewohner Olyinpos
Unaufliörliclie Lache, der Scliwiegermutter vor allen.
Die Sache wird dort noch viel weiter for(i;efiilirt. Hercules lr;io;t
den lehendia,' a;efani;eiien zappelnden Eher, ihn hei'm Hiiiteifiilse
faait^nd, davon «nd zerwirkt ihn auf der Stelle, seinem Ileifslmniter
einen dreimal willkommenen Inihifs. Man kann sich leicht vor-
stellen, <!afs auch die hildende Knnsl sich dieses SlolIV.s hemücli-
ti2;l« «nd in der Trink- und ECsliist des Gottes sich manclie scherz-
linl'le Darstellunn: erlanhie. Noch sind nieiireie al(e Denkmiiler
vorhaiidfii, die den im Olviup sclimaiisendcn und zechenden iler-
cnles mit «nd oline seine liehe, olt nnr von Sal\iisken hedienl,
uns in der sinnlichsten Behaglichkeit vor An^en hrin^en **\
Warum, so diirite man IVa^en, könnte nicht also auch hei'm
Göllerhauket zur lusti,ü,en Stunde Yaler Zeus wiwier einniiil eine
Rodomoutitde der Art, wie dort im 8len Gesaui»- der lüas ***)
mit der Ije.'iichliiiteu u,üidenen Ketle, an welche sich alle GöKtM-
liänuen und ihn doch uichl herahziehen können , w:ihrend er sie
alle aul einmal dansit zu sicli hernnzieht , unter die lihrigen Gölter
hingeworfen nnd gefraiil haben, wer es vermöge, ihn auf dem
*) Calliniaclius, H. in Dlan. l46. fF.
**) Am l)ekanntesten und reciit eigentlich zur Titelvignette eines
Trinkahnanaciis geeigiK-t ist Hercules, der Zecher, Ercole hihace,
auf ei^eni ausdrucksvollen Relief in! Museo Pio - Clementino T.
IV. tav. MN'. Daidii geliert ancli die Vorstellung aus der Apo-
theose des Hercules in der Villa Albani hei Muratori, Inscript.
T. L !•. LX. nnd in der Nachahmung in Guattani, Notizie per
fanno 1786. Giugno T. HL Diese Scenen sind alle im Olymp
gedacht. Aber es gieht auch einen taumelnden und von Bacchus
besiegten Hercules, wie ihn uns das Relief im Mnseo Capitolino
T. IN', tah. C3. nnd die goldene Scliiissel in der kaiserl. Biblio-
thek in Paris darstellt in Millin's Monuinens inedits T. L pl.
21,, wobei ."Vlillin p. 244. tf. alles liierher (xeliöiige sammelte.
In dieser Vorstellung zeigt sich der feine hellenische Sinn. Der
(Vendengebende, zarte Gott herrscht da siegreich, wo die blos auf
Körpermasse vertrauende Plumpheit taumelnd unterliegt oder
wohl gar wie in einer kleinen Bronze, im Besitze des Ritters De-
nan, sicii des Ueberliusses entladet!
**♦) llias VI II, 18. tf.
373
Rücken fortziid-a^en? Eine solilie Ausfonlerimg' reiHlriefst uahir-
lii'li Niemand rin;lir als den stets scljlaa;- und tniarferliireii Hercules.
Jlat er docli einst, als er noch keinen .Nektar sciiliirrte, die g-atize
Hiinmelsktijfel nnt allen Göttern, den alten Alias aljlosend , rü-
stiu; auf seine Schultern genommen, tnd er sollte den Zeus al-
lein nicbt auf seiuen Rücken laden und die Olympier so auTs \J»-
uidei-spreclilicliste durch den Angcnschei/» beJehreu können, dafs er
nicht blos einen ganzen Stier, die g-ewtilinliclie Aufgabe eines
Ihessaiischen Slierbändigers mit eiserner Sehnenkraft *) , sondern
auch den, dessen Siierabeutener einem ganzen Erdtheil den Nameu
gab, sogleich davon tragen könne? Der Augenbfick also, wo Her-
cules dieser Auffordernng Genüge leistet, wiire ilcv Gegenstand un-
serer Vasenzeichnnng.
Oder wie, wenn man sagte , es h.ltten die Olympier einmal
bei einer Anwandlung »ufserordentlicher Lustigkeit allerlei kurz-
weilige Spiele getrieben. Unter diesen befand sich nun auch un-
streitig das Anfhockesjtiel oder das Huckebark - Tragen (joner h
theval fondn), welches bei deu Alten sehr gewöhnlich war ♦*)
*) Die bekannte forza d'Ercole, die Bändigung des cretensiscbeii
Stieres, bestand, wie Visconti zum Pio- Clementino T. IV, p.
86. selir wohl bemerkt, eigentlich daiirr, dafs er Kraft genug liat-
te, ihn von Creta bis Argos zum Eurystheus lebendig fortzu-
schleppen. Hercules ist hier nun das Vorbild und der Scbutzt>a-
tron jener alten Athleten, deren Riesenkraft so weit ging, den im
Laufe eingefangenen Stier lebendig auf dem Rücken über das
Stadium zn tragen, wie es Milon zu Olympia that. S. Athenätis
X. p. 412. und Jacobs, Animadv. ad Analect. Vol. H. P. I. p.
190. S. die A bhandlu ng über die Stierkämpfe im Go-
tbaisclien T as cbenk alen d er von 1804. S. 52. und die
daraus von Millin gezogene Vergleicliung der thessalisclien Tliier-
kiimpfe mit den sogenannten Ferrades der Kuhhirten in der Land-
schaft Camargue in der Provence im Magazin encyclopedjfpie 1<^03
No. Vi 11.
*") Das Spiel, welches der Romei- mit dem allgemeinen Wort veliere
bezeichnet, der Grieclie durch iir-ra?*, hatte nacli und nacli eine
Menge künstlicher Erweiterungen und neuer Benennungen erhalten,
die Meursius, de ludis Graeciae p. 3. und 20. nur mangelhaft an-
führt. Die Hanptstelle ist bei'm Pollux IX, 118. 119. 122., vergl.
mit Dan. Heinse's Anmerkung zum Ilesychius T. I. c. 1541,
18. Es iigurirt auch unter den Faunoruin ludibriis (Plinius XX>",
4.) im Gespensterglauben des Alterthums, wodurch die bochkomi-
sche Parodie der drohenden Hexe Canidia in Iloraz E[>udeu 17,
74. : Vectabor Jmmeris tunc inimicis e([ues erst ganz deutlicli
wird. Auch das Aescbyleischc A.xSn^zÄiiiv im Sinne des Ver-
374
nnd sogar in Lnslspielcn zur crbaiiliiheii Zwerclifcllorscbiiltening
des giinzcn ziiscIiinioiiiltMi , sonvoiäiifii PiJhels zuweilen aiit' die
Bülinc gobrjulit wiinle. \N'eiii_uslens iiiebt es ein zienilicli langes
Intermezzo in der Asinaria oder Esel.slvoniödie des Plaiilns *), wo
ein verliebter Jüngling, um das CJeld znr Loskanfnng einer gelieb-
ten Sklavin in seine Hände zn bekommen, sieb endlich bequemf,
seinen eigenen Sklaven ani'znboeken , der ilin dann unter allerbü
Seiirrililälen tind l]oekss|irnngen wacker bernmtraben läfsl. Es
war seiner Nalnr nacli ein bänerisclies Spiel, welswei;en es ancb
unter die Attitüden gekürte, die man bei IJaccbanalen nnd AVein-
lesefesten am bäniigsten vornalim , nnd die man nocb jetzt unter
den Sdgeiiaiinlen Scherzi fanncschi aiil' allen Denkmäleru abgebil-
det rmdcl. Der scharfsinnige Cajius hat daher vollkommen
Recht, wenn er einen Aehalinlaglio, der eine Yorsteliiing der Art
enthält, auf Satyrspiele bezieht **). Die lächerlichste nnd groteskcstc
Vorstellung der Art auf einem antiken IMarmonclief lindet der ge-
neinle Leser bei einem Spaziergange durch den vielfacb einladen-
den Park des Herzogs von Dessau in Wörlifz, Er datl' dort nur
in einer kleinen Enti'ernnng vom Schlosse einen gemauerten (iar-
tensilz gegen den See zu aufsuchen , der auch darum merkwiirdig
ist, weil er als der erste Yerschönernngsveisiich des kunstlicben-
deu Fürsten vor seiner italienischen Reise angeseben werden kann.
In die Mauer ist ein iu mehrere TbeiN; zersägtei- aller Sarkophag
eingefügt, wovon das eine Relief unser Aufhockespiel , als eine
Satyrscene darstellt. Einen ziegcnfnfsigen Pan hat ein Salyr auf-
gebockt, dieser hält ihm aber die Hände, die jcnei' uüi den Hals
des Satyrs geschlungen balle, fest znsammen , während ein ande-
rer Salyr mit einem derben Knüttel auf die Hinterbacken des
Waldgotics lospaukt ***).
spottens (^Eumenid. 145. 728.) dürfte am Iciclitesten aus diesem
Spiele, wo der Besiegte den Sieger zur Strafe tragen mufste, zu
erklären sein.
*_) Plantus Asinaria Ilt, 3, 117. ff. Die Stelle im Terenz, Heaut. IV,
3. 15. mufs auch daraus erklärt werden. (Die Stelle des Plautus
vs. 113. 118. besagt nur, dafs die, die einen Andern trugen, wie
vierfiifsige Tliiere , zu zweien bald langsam, bald im Trabe gin-
gen, nicht aber ilm aufhockten; unser Vaseubild kann daher auf
jenes S[nel nicht mit Recht bezogen werden. Beck.)
**) Recueil d'Antiquites T. 11. pl. 83. 4. p. 294.
***) Aus Jenkin's Sammlung bildete dieses Relief Guattani ab.
S. Notizie per l'anno 1786 Aprile, tav. It. (Aus dieser Zeichnung
nun haben wir die Worte des Verfassers, dafs der Pan den Satyr
trüge, verbessert. Uebiigens geht dieser den Pan tragende Sat\r
37Ö
AUeln l)ei'in Liclile holraclilef , iiallcii alle dlose Dctitaiii^Pii
nicht reclit Slicli. Alles kömmt daiaiil an, die IJosfimiimiiü,' des
(.■Jerälhes riciitii;" zu fasson , das der BTalcr dem God in die linke
IlamI geliehen liaf. Dafs es ein llorn sei tiiid die aniiallenilste
Aelinliclikeit mit tleiii Frnelit- lüid ÜciterlJiirslioin lialie , welches
auf so vielen Denkmälern nnd anl' einer sehiineii Vase der zwei-
fen Ilainilton'sehen Sanimlnng- auch in di'ii i Luiden des Zens vor-
kommt *) , wer nia_ü,- es len,ü:iicn? Allein kann nicht dasselbe
•Horu ancli noch zu einem anderen Zwecke j^ebraneht worden sein?
Ein leeres Füllhorn ist ein vollkommener \Vidersj)ruch , ein
Holzeisen oder Weinwasser (für die Gaste, versteht sich, nicht für
die Wirlhe). Und wirklich erblickt man ü!)erall, wo ein Füiliiorn
darn;estellt werden soll und es die Kleinheit des Ptanmes nicht
schlechlerdini'S verbietet, wie etwa auf Münzen, ancli diese Fülle
selbst über dem Rande des Ilorns angedenfef. Auf unserem IJilde
ist davon nicht die geringste Spur zu entdecken. Auch wüide die
vorwärts gesenkte Lage des Ilorns uns bang machen , dafs hier
ein Gt'gi'iisliuk zu den bijoax indiserefs oder zu dem Bliiiueii-
kiirbchen der geraubten Europa und Proserpina geliefert werde.
Wie aber nun, wenn es kein Füllhorn, sondern ein T r i n k horu
wäre? Wenn überhaupt in der ganzen, namenlos -zaiili eichen Fa-
milie der Trinkgescliirre die Hörner von Tljieren , besonders die
Ziegen- nnd Büifelhörner, auf der ganzen Maj)pemonde dos gour-
mniids den weitesten Ramn beschreiben und von dem Wendekreise
an bis zu der nördlichsten Breite , sogar über den Polarkreis hin-
aus, angf'lroffen werden ; so ist besonders auch die ganze giiechi-
sche Welt voll Trinkhörner in allen Forujen nnd SloiFtMi, nnd bei
einem echten griechischen Bacchanal mag eher das Stünspfchen
Licht im Kopfe, Vernunft geuanni, als das Hörn in der Hand des
Zechers fehlen. Denn sagt niciit «ler römische Dichlor, der seine
iträftigstcu Aufmunterungen zum Trünke nur den Griechen ver-
dankt, von dem Znslande der Beseligung durch die Flasche: der
Bettier nimmt sich Hörn er? Welches wohl auch aus Gö-
Ihe's Pialtenfäuger so zu parodiren wäre:
da werden alle Oliiichosen trutzig
und alle Bettelbuben stutzig **),
nicht auf vier, sondern auf zwei Fiifsen, ganz wie unser Hercu-
les einher. Beck.)
*") Tisch bein's Engravings T. lY. pl. 25.
'') Tunc panper cormia suniit. (Ovid. A. A. I. 238., wo jedoch das
Wort coriiua nur sprichwörtlicli von \Iutli , Kiilinlicit zu verste-
hen ist, wie bei llorat. Od. MI. 21, 18. vom Weine addis cor-
uua pauperi, wo man die AusU-gci vergleiclie. Beck.)
376
Die ßpütere »riecliiscbe Spiiulic hatte für Jie KiiiistHdio Naelialim-
ung dieses TriiiUliornes in Gold und Silber eine eiü,"ene Benenn-
iiug, die, l>nclistäl)lioli übersetzt, bei nns etwa ein Rinnekänn-
cben oder A us s t r öni I i n 12,- beifscn würde *),
Wie unn , so dürfte es ja wohl erbinbt sein , noili weiter zu
fransen, wenn die sonderbare i-iaj^e, in welcher wir hier den Vater
Zeus erblicken , mit der vielfassenden Gejänini»kcit dieses Trink-
{^escbirrs, die nns an das kolossale, 30 Ellen lange, goldene
Trinkborn iiu Prnnkaufzuge des Ptoleniäos Phlladelplios zn Alexan-
dria **) erinnert, in geuaiienj Znsanimeabaniie stände, nnd wenn
die Leerheit dieses t-ewahigen Pokals ntit der Fülle ioi Haupte des
donnerlnsligen , wolkenversaniinelnden Aegidensebüdlers wie Ursa-
che zur Wirknng- sich verhielte? Say-en wir es nuithi^ nnd ohne
Uniscbweif lieraus. Zens hatte zn tief in diesen Pokal gegnckt
und bedurfte nun — zwei fremder Füfse. Man könnte sich den
Verlauf der Sache etwa so denken. Die Giilter haben bei den
imslräflichen Aetbiopcn ihren Jiihrbesuch abgelegt. Monuis allein,
der heillose Pascjnino, war zu Hanse geblieben. Da spendete Va-
ter ü'-eanns vom älteslen INeklar ein Fafs. Die Tauben , welche
einst bei Jiipiler's Geburt zur heiligen Grotte am Ida dem neuge-
borenen Gültersobne die erste Nahrung brachten , ballen mit ihren
Schnäbeln aus eben diesem Fasse geschöpff. Und dcu Allvater,
der mit gelass'ner Hand
segnende Blitze
aus rollenden Wolken
über die Erde sä't,
berührte mit unwidersleblicher Gewalt der ambrosische Duft , der
von diesem Nektar aufstieg und Himmel nnd Eide erfüllte , mit
dunkler Erinnerung der Sül'sigkeit , die zuerst seine kindischen
Lippen sogen. Er schupfte mit gewalligem Pokale 1 Dem gölt-
lieh Berauschten lieh der fromme Sohn seine Schultern, um ihn
*) Ptrs» vom veralteten Övm, ovtw, Lenn ep, Etymolog, p. 848. Alles,
was üljer diese Bechert'orm gesagt werden kann, sammelte Miliin in
den Münnmens inedits T. 1. p. 170. flg., der auch T.II. [A. 12. p. 102.
eine AMüldnng eines Trinkhorns in gebrannter Erde, das in einen
Gemsenkopf endigt, gegeben Jiat. Einen goldenen Becher der Art
nimmt Agatbokles , indem er sicli seines Töpferliandwerks erin-
nert, bei'm Diodor T. II. p. 452. mit "VVes selin g's Anmerkung,
lieber den Gebrauch der Trinkhörner überhaupt giebt schon J. A,
Fabriz in seiner Bibliographia antirjuaria p. 877. eine Menge
Cifate.
**) Atlieiiäus V. p. 202. l-:. oder T. II. p. 282. Schweigh.
377
zur Ruhe 2U bringen *). Vafer Zens, in den Znsfand versetzt,
wo man zwei Sonnen sieht, glaubt den sechsfach gezackten Don-
nerkeil gepackt ZH haben und trägt — das uiienncfsiiche Trink-
liorn **).
Aber dnrfte sich anch der hichende IMaler einen so profanen
Scherz mit der himmlischen Majestät crianbeu ? VVarnm nicht?
Dann dürften auch keine Aristophaiiesse und Lnciane gespottet ha-
ben. Mit demselben Reclite, wonjit der alte epische Dichter Eu-
melus in seiner Titanomachie vom Jupiter singen konnte:
Mittenin tanzt der Erzeuger der Götter und Mensclien den Rei-
gen ***),
konnte ihn ein Maler anch berauscht vorstellen , da nach den
BegrilFen des Alterthnms ein tanzender Zens noch weit mehr
Aergernifs geben mufsle als ein taumelnder, nnd beides, nur ans
derselben Quelle entspringen konnte.
Üeberhanpt mufs man, um an dergleichen Scherz und Mnth-
willen in den Darstellungen der alten Gütterwelt kein Aergernifs
zu nehmen, selbst erst ein Grieche werden. Man kann nichts
Bündigeres nnd Treffenderes darüber sagen, als wie es in einer
Abhandlung über die Erziehung der Griechen zur
Sittlichkeit von dem einsichtsvollsten Kenuer des H»^llenisnins
Jacobs neulich gesagt worden ist f ) : „Dafs die hellenische Re-
ligion in ihren einzelnen Eleuienten keine Muster der Sittlichkeit
darbot, füllt in die Augon ; doch haften alle sittlichen Gebrechen
der Gtittei' an ihrer Ve r kö r p er n n g. Die in die Schranken der
menschlichen Natur nun einmal gefesselten GoKer konnten von dem
Zwan:jgesetze der Menschheit nur dadurch entbunden werden, dafs
*") Was lüer Hercules dem Zeus tluit, leisten, nnr nicht durch Dar-
leihnng- ilires Rückens, sondern blos als Schil(lknai)pen nnd Waf-
fenträger, dem Hercules, als Urahn, die vergötterten macedo-
nisclien Könige Alexander und Ptoleinäos Lagu bei'm Tlieolait
XVII, 28 — 33. Den bei'm Götterschmaus benebelten und voia
duftenden Nektar vollen Zedier leiten die Söhne zum Sclilafge-
macli der Hebe. Die ganze Stelle ist darum merkwürdig, weil sie
uns in die Speisesäle und Kammern des Olymps vertraulicli ein-
führt.
**) (Jupiter könnte scliwerlich in seinem Ransche jenes Hern halten;
denn den Blitz scheint er nicht zum Schmause mitgenommen zu
haben. Der IMaler aber nnifste ihm das Hörn in die Hand geben,
um seine Absicht deutlich zu machen. Beck.)
***) Athenäus I. 22. C, oder T. I. p. 85. Schweigh.
i") In den Denkschriften der königlichen Academie der
Wissenscliaf tcn in München für's Jahr 1808. S. 43, f.
378
ilineii Alles frei filand. Ilire liherscljwäni^lichc Kraft inodife fnn
slu'ljtMi, was sie wollfo iiml Ivoiuilo, und inir diese Krall isl os, ilie
in den wnnderltarcn Falicln von üik-ii !s.;in>|)!"('n nnd Lifliscliallcn Lor-
vor(rolon soll 1 Die Last des .Sill(>iii;r.srlz('s diesen freien Naiiiren
anlziiIiürdeM oder ilirc Handlnn,ij,en naeli dem Mafss(alic nienscldielier
Tn«!,endea zu messen, k(»nii(e INieniaiid in den Sinn kommen,"
Ganz so erscheint uns aneli schon der ilomerisclic Zons. So wie
er im iihcrscliwän:>iiclicn Gefiihl seiner Kraft seine Jnno vom
Olvnjj» lierahliängen läfst nnd ilir zwei Ambofse an die Füfse Idn-
<let , und wie er zürnend seinen Sohn, den Hephästos , znr Erde
lierahschlendert , so miifs es ihm ancli i>es(a(tcf sein, durch eine»
einzigen Trunk alle sterhliche und nnslerhliclie Zecher zu liherhie-
(en, Dafs nun aher auch er die Folgen dieses Trunks wie wir
schwachen Erdensöhne empfindet und auf keinem Beine mehr slc-
hcn kann , das ist eben der Triumph des Eclitkomischen in der
griechischen Lusligkeit und ein neuer üewcis , dafs die (j)uellc des
wahren Ijächerlichen nur int Gonfrasle zu linden isl. Denn ehea
darin liegt auch in den Aristojdianisciien i'arcen, deren Scherz mit
den GüKern man so oft der Riiclilosigkeit nnd Frechlieit hczi'ich-
(igle , die lächerlichste Lächerlichkeit, dafs diesen allgewalligeu
Kral'lnaluren die Schwäche und Bedürliii.sse des menschlichen Noth-
siandes aufgeheftet werden. Dichlkiinsl und IJildnerei trafen hierin
auf eine reiche Fundgrube von ergöizen<leii Darstellungen. So wie
liier ein geislreicher Maler »len Zeus im Zustand der Trunkenheit
darstellte, so henulzte Clesiiochus, der Schüler des Apelies, die Fabel
von dec Wiedergeburt des Bacchus ans der Hülle zu einem mnth-
wiiligen Gemälde, Zeus in der W o ch c n s t u be , wo der bäi-
tigc Vater d<!r Götter und Rlenschen, mit einer \Veii)erhauhe auf
dem Kopfe die harten Gelmrtswehen nnler Aechzen nnd Slüimen
verarbeilend , unter den dienslferligen Händen der Hel)ammengiittiu
förmlich accouohirt wurde *). Diefs glänzt indefs schon sehr an
die eigenlliche Carricalur nnd tritt in die Klasse von Vorslellnn-
gen ein , in welcher wir auf einer herüiimten , vordem von Ila-
fael Mengs besessenen nnd von da nach Petersburg gewan-
derten Vase **) die beiühmlesle aller Hahnreigeschichten er-
blicken, wie Jupiter, in die Fralze eines Pantaione oder JMac-
cus der ulteslen Possenspiele veilarvt, bei der schönen Alkme-
iie zum Fenster einsteigen will, während «ler verschmitzte
Brighelia IMerkur seinem durchlauchtigsten Gcbieler mit dem
Diebeslämpcheu vorleuchlel. Sehr bedeutend und geistreich sind
*) Plinius XXXV. S, 40, 33.
*") Bei Wiiickelniaiin, Moiiumenti inediti n. 190. Am befsten in
dTIaucarville, Antiqtiites Klrnsipies, Grecqiies etc. 'i'. IV. pl,
105. Auch als Titelkupfer in Falk's Taschenbuch für Freund«;
des Scherzes 1803.
379
dabei das Seheffolmars auf dem Kopfe des travestirteii Jupi-
fers und der sclieliuiscli zur Eide 2,eseiik(e Cadiicens dos kup-
pelnden Ilinimelsljolen anyebraclif. Eisteres war auf den Kilpfeii
des Jupiter -Serapis und anderer Gotllieifen das ausdruokA'oIle Zei-
chen der Frnclilliarkeit; und einen reidilichen Eliesegen bringt
auch hier der Gott in niodriarcr Knechtsyestalf. Der "osenkte
GiJUerstab charakterisirt den Gelegeiihcitsniacher, den Pseudososias,
der doch nni Alles nicht erkannt oder eilappt sein möchte. lu
dem Gem;il(le auf unserer Schale ist nur der Gedanke komiscb.
Die Gruppe selbst, ein Musler der schönsten Zeichnung, hat auch
nicht den k-isesteii Anstrich von Travestirung. Aber es befand
sieb vor nschreren Jahren in Neapel eine Yase , worauf dieselbe
Vorstellung des vom Hercules aufgehockton Olympiers mit Zu-
sätzen und Nebenfiguren ausgeführt war, die schon weit mehr au
ein komisches Spotlbild auch durch die Gestalt erinnerten *). Auch
auf ilir hat Jupiter das Trophäum seines Kampfes, das Trinkhoru,
in der Hand. Aber I\Iercur geht dem Hercules mit dem Botenstab
leilend voran. Hercules seihst bedarf also wo niclit eines Trä-
gers, doch eines Führers, um nicht die bekannte Farce, die der
Höllen - Breughel in seinen drei Betrunkenen so komisch darge-
stellt hat, schon im Olvujp aufzufülircn. I\Iau sieht, in welcher
Abstufung auch dort das Komische herabsteigt und sich immer
mehr zur Travestirung oder Parodie hinneigt. Sonderbari was hier
der WUz in immer üppigeren Ausgeburten und Abarlungen erzeug-
te, brachte in weit späteren Zeiten die fromme, hier wenigstens
nichts Lächerliches bezweckende Einfalt zur Welt. Oder ist nicht
der i]Qn Jupiter tragende Hercules in mehr als einer Rücksicht mit
dem lieiligeu Clirislophel in der Heiligenb'gende vergleichbar. AVie
fromm und sittsam Klingt die Erzählung, wie der zum Christen
bekehrte Riese den Herrn der Welt in Kindesgeslalt auf seinen
Schullern durch's A\ asser trug und aus einem Reprobus ein Chri-
stophorus wurde **), und zu welcher Caricalur ist diese barmlose
Sage in Kirchenbildern und Holzschnitlen verzerrt und verunstaltet
I 'worden? ***) Wie viele andere Gegeusläude aus der heiligen Gc-
*) Der Verfasser dieses Aufsatzes erhielt eine verkleinerte Zeicbnnng
von dieser Vase ans den Händen einer Dame , der sie Hamilton
während ilires Aufenthalts in Neapel geschenkt hatte. Sie wurde
auf seine Veranlassung auf dem Umschlage des Tasc heab u c Jis
für Damen (bei Cotta in Tübingen) fiir's Jalir 1809 abgebildet.
Da man aber hierzu den Steindruck wählte und diesen noch nicht
fein genug zu behandeln wufste, so felilt es dem Abdruck an der
geliörigen Deutlichkeit und Kleganz.
**) S. Legenden von L. T h. Kosegarten. Tb. II. S. 133 if.
***) S. H 0 Iz sclin i tte alter teutscher Meister von R. Z.
r. eck er. Heft l. C. 1.
380
sdiiclite sind auf lilinliclie Weise auf's Lärherliclisle von der an-
<liiclitii!:en Einfall in Bild- und Srlmilzwcikon tiavcslirt worden I
]>JaM denke nur an die vom l^iriilsdalil aufi^espiefste Tanhc und
das Eni|>i"äni5nifsei in der Kirche zu Kustnitz *).
^^ ie inauclie Beliaclituni^ licl'se sieh noeh an diesen unseren
Jn|iileiir.ijier knüjjl'en I Lnü,ebengt und rüstig vorschreilend träi»!
Hercules den Donnerer davon , von dessen beweglen Augenwim-
pern der ülvuij» erzilterf. Doeli ein kleiner Bnbe sprinü,t ilnu auf
den Nacken , dein Gott , dessen lieldenthalcn und Anslrcnü,nni^"en
uns den Kampf der irdischen iSalur j^eren die menschliche ver-
siunhilden **), und jjfebroclien ist die Muskel- und Sehnenkraft des
nnl)esieii,haren Lni-eheuerhiindigers. Wer denkt hierbei nicht au
jene deuluui|,sreicheii Alie;;orieen auf einigen der schönsten j;<'sclinit-
lenen Steine aus <icm Alterthumc ***), mg der Herrschfr über
IMenscIieu und Götter, Amor, auf den Schultern des Hercjiies knie-
end, ihm die Löwenhaut abreifst. Vergel)lich wehrt sicli der Gott
mit der gediegenen Kiiobbenkeule. Scli»»n ist er mit dem einen
Knie auf die Erde gesunken. — Er unterliegt und dreht, von den
JMädchen der Omphale geputzt, die silberne Kunkel. Aber ancb
dem Uebermafse des Trunkes beugt der Heios zuweilen sein Haupt.
Fürwahr als Lvsipp die schon im Alterthume besungene Statue
dieses von Bacchus überwältigten Löwenbändigers verfertigte ■]-),
echwebte dem begeisterten Künstler vielleicht ein Bild vor Augen,
wo Hercules der Jupiteilräger auf unserem Yascngemälde ist. We-
nigstens hebt sich durch diesen Gegensatz auch jene Bildung des
Besiegten noch sinnreicher hervor.
Sollte Cd nun bei unserem Jupiterträger auch noch einer be-
♦) Erinnerungen von Fr. v. ]\Ia t tli is o n. TIi. I. S. 188.
**) S. Biittmaiin's Vorlesung iiljer den Mythos des Herakles, be-
sonders S, 34 IT.
***
') Der Carniol im Miiseo Florentino T. I, tab. 38, 6, Der Jaspis
in der kaiserl. französisclien Sammlung bei Mariette, Pierres
gravees T. I. i)l. 81. Vergl. Lippert's Daktyliotliek I, 003 — 6.
•}•) Ueber Lysipp's liild, wo der trunkene Hercules als vom Bacclius
bezwungen dargestellt wurde, läfst uns das griechisclie Kpigraniin,
Analect. T. III. ahtCT. P- 211. CCLXXXVII. nocii immer in Uii-
gewifslieit. S. Miliin zu den Moniimens inedits T. I. p. 247.
Aber es war liüclistwalusclieinlicli aucli ein vom Amor berauljti-r
nnd iiesiegter Hercules unter den Bronzen des Lysipp , (der den
Hercules in allen Stellungen und Verhältnissen durchbildete, s.
Heyne, priscae artis opera ex epigr. Gr. Comment. I. in iIl'H
Comnientat. Gotting. T. X. p. 87.) die uns die Ei>igiammatisten
Pliili[>pos nnd Tullius Gcminus beschreiben, Analect. '1'. H. p. :i'i6.
LH. p. 280. IV., vergl. Jacobs, Tempe I, 160, f.
381
sonilcrcii Niilzanwoiuliin" liodürfiMi "? Die Predigt ist sclileclit, die
iiotli am Ende bt'soiidrre Eiwci knii^siiiigel ciiischlau;en ninfs.
\ielU'ii-h( iiilft iius eine Parudie iiadi Aiiakicou ditTsuial aus der
Vtrloyenlieit I
Die schwarze Erde trinket,
Es trinkt der Baum sie wieder,
Das Wasser trinkt die Lül'te,
Die Sonne trinkt das Wasser,
Der Mond trinkt Licht der Sonne,
Und was aus Mond und Sonnen,
Aus Wässern nnd aus Lüften
Als Fünftelsaft sich läutert,
Trinkt in der Ncktarschale,
Mit grofsen Hörnern sc]iü])fend,
Der Götter und der IVIensclien
Grofsniäclitiger Beherrsclier.
Uud steigt's ilim in die Krone,
Kommt Hilfe von dem Sohne,
Der trägt ilin gleich vom Schmause
Zu Jnno in die Klause.
Ich will micli auch betrinken !
Uir, Freunde, sollt's nicht wehren.
Ich trinke Zeus zu Eliren,
Und werde gleicli bei'm Trinken,
Will Hercules niclit hören,
In Morpheus's Arme sinken.
(So wie Büttiger auch an anderen Orten , z. B. in der Amalthea,
gegen die Zumuthung protestirt liat, als wenn die unter Nr. III. be-
lindliche Deutung des Millin'schen Vasengemäldes et^vas mehr als Scherz
sein sollte, so theilt er besonders in der ISH. in Dresden bei Walther
erschienenen ar c Iiä o logis c h en Aehrenlese, Sammlung 1. S. 4.
iigd. seine eigentliche Ansicht über jenes Bildwerk mit. Schien es nun
aber nicht gut getiian, die längere Abhandlung Böttiger's wegzulassen,
die, wenn auch scherzhaft im Texte selbst, doch ganz ernsthaft in
den Anmerkungen auftritt, so war man es ihm eben so schuldig, zu
verhüten, dafs nicht etwa noch nacli späteren Jahren ihn hier ein
Vorwurf treffen könnte. Es folgt daher als notliwendiger Nachtrag die
eigentliche Erkläiung des Bildes, wie sie in der Aehrenlese sich
findet. Anmerkung des Herausgebers.)
Anfscr den gloekenfönni^cu, uielir oder weniger vielunifas-
senden Vasen mit scbwarzea und rotlieu Moaoclaomcn giebt
382
CS aiu'li eine ganze Reihe von beiuallen flaelien Srhalen in ge-
Itrauiiter Erde, die gleiclilalls in den Giäljern von Canipanien und
Giofsuriei'lienland Jiefundrn wnrden und ofl die ziorlichslon Coni-
posiliuiien ans den bi'l'sU'n Zeilen der uriecliisflien Knnst anf dem
ZL'ibreehlii'listen und ziigleieli diinerliaflcslen Sloll" für ein Ge^rlileclit,
das einige Jahrlausende späler Ichle, ticnhch aiil'bewalirt liahen.
Das Gcinähle einer soli-lien Schale, die sich in der kaisciiiciien
Bihlioilick zn Paris l)elinde(, ist neuerlich von IMiilin (in den Pcin-
Inrcs de vases anlicpies T. 11. |»l. JO.) in dirr Grölse des Origi-
nals inilgelheilt worden. Aiigesehen von aller Anslcgerweisheif,
wie meisterhaft ist die Zeicliiinng in der tragenden nnd getragenen
Figur I wie charakk-rislisch ilcr alliletisehe Muskclhan der ersleren,
nnd die im Tanniel noch kräl'ligo j\1annlieit der letzleren ! Scherz-
liaf't und f'iir einen Baechischen Mimns (wie sie in den ntit Pos-
sens|»iclen dnrehllochtenen Prozessionen in den dorischen Colonieen
Groi'sgiiechenlands wohl hänlig- aufgefiihrt wurden, aJrc(rx65iäc-/aara
nennt sie Aristoteles, Poctie. e. 4. 10. Herui.) passend ist der hier
gcliildete Gt'geiisland. Herenles hat schwer anfgeladcn ! Was
der vom sülsesten Firnewein oder Nektar heranschte G(tlt auf dem
Blicken des Allvermögenden in der Hand hält, ist oileidjar kein
Ftiil-, sondern ein Tiiiikliorji von ungewöhnlichem Umfange und
dem Durst eines Gotles vollkommen angemessen. Aber wer ist
dieser seiner eigenen Füfse nicht mehr mächtige Zecher? Der
AYolkenversannnler, Vater Zeus seihst, ist die Antwort, wenn wir
einen gewissen Arcliäologns hören, der noeli vor Kurzem in einem
fiiililichen Büchlein (Almanach i'ür Weintrinker. Erster Jahrgang,
1811. Fei|)zig, Göschen) dieses Vasengemälde als einen mnth wil-
ligen Einfall gedeutet hat, wobei Jupiter selbst nicht geschont nnd
der muskelfesle Jupilerlräger wohl gar mit «leni Chrislopliel in der
liegende verglichen wurde. Allein so zweckmäfsig auch jene Deutung
als Prolog zu einem Almauach des buveurs cifnnden sein mag, so
leuchtet uns doch bald eiu , dafs es dem Archäologiis mit solcher
Auslegung nie wahrer Ernst gewesen sein könne. Denn was hier
nicht ohne sichtbare Ansirengung fortgetragen wird, ist Niemand
Anderes als Bacchus, der Allbegeistcrnde, in eigener Person. Das,
Avas dem ungeübteren Bli< k auffallen könnte , der Bacchus in bär-
tiger, aber noch jugendlich munterer Manngcstalt , gehört ganz ei-
gentlich in die Voistellungs weise der dorischgriechischen llaliotca
und Sicilioten. Der Gegenstand ihrer Verehrung und bildenden
DarsteJlnug war wenigstens in den früheren Zeiten nur der Bac-
chus - liebon, der bärtige Alle, „das Ideal der mit der Jugend ver-
uiischten Männlichkeit"', wie Winckelmann diesen älteren Bacchus
treiriich charakterisirt , s. Geschichte der Kunst V, 1. 25. (Werke
IV, 92.). Ihm, dem sogenannten indischen Bacchus, bleibt auch
geslallct , was die verfeinerte Kunst der Griechen im Miilterlande
bei ihieiu verjüngten Bacchus, der zwischen Knaben und Jüngliug
3S3
jiinon s(eh(, si«-li fiist nie prlaiiblod.irziisfolleii. Dieser zarlo, idoalisclie,
Tlicliiinisclie Golt wiitl nie ininkori, soiideiii liensclit auf seiiietn Tri-
iiiii]>!i\vaii,cii , mit seiner Aiiadiie o«U'i- oliiie <lioselbe, in rnliiiter oder
«eicliliilior Cicmii'siiilk' iilior die (liicrisclie Aiisi;elasseiilieit der ihn iiin-
i!iaiike!tid<'n Salvni- iniJ ßa('el!ai»(ensipj»srlia!"t (den Thiasus). Es
ist aiilTallend, dai's wir auf eclit ranipaniscInMi tiefärseii (die sidli-
seilen inaelien sdiou öfterer eine Änsiialune) fast nie einen anderen
als den bärtigen Baceluis, oft im liöelisfen Taumel des Rauseiies
lind der l^usl (z. ß. in i]cv lierrlielien Vase mit SiLriften in de»
Peinlnres de Yases T. 1. \A. 9.) erhlirken ; »nd es ist mehr als wahr-
seheinlich , dafs diese Scenen liäuiiii; nach der PSatnr selbst kopirt
Averden konnten, indem bei den mystisvlien Mumniereien nnd de«
Bacchanalien immer ein Priester «licsen allen Bactlms sellist re-
präsenlirle, sowie es auch angenommen werden datf, dafs irgend
ein junger Athlet gewöhnlieh dabei den Herenles personiücirte.
Da hätten wir also die niitiirliehste Anslegnng- nnseres Sehalen-
gemäldes. Es wird da gcdiihtet , Hercules bringe den bis znni
Uebermafse dnrsti:;en \Veini;ott so zur Rnhe. Znr Erlänternnjr
vergleiche man in Passori's Vasenwerk T. 111. {ab, CCXYl. , wo
der alte bärtige liacchns, mit einem eben so geränmigen Trink-
liorn thronend, sich eine eingeweihte, mit dem mystischen Prnnkgc-
wandc bekleidete Fran, eine Neojdiyfe, vorstellen läfst. Aber wenn
noch ein Zweifel übrig wäre, so würde er durch eine Valikani-
sche Vase, die gleichfalls schon Passeri abgebildet hat, T. II. tab,
CIV., gewifs berichligt «erden. Auch da trägt llercides den tmiikeneii
Gott mit dem grofsen Triiikhorn anf dem Piäcken, ganz so wie
auf unserer Schale. Aber die Composition ist rei« her. IVIeicur
eilt voran. Ein aller Salyrschalk treibt Instigen Spott über den
Aufzug, Eine sitzende Bacchantin sieht dem Zuge verwunder-
iingsvüll nach. Hier ist also Alles localisirt. I\Ian sieht, es kann
nur von einem Bacchanale die Rede sein. Der chiliche Passpri
nennt giilniülhig das ganze Bild eine Apotheose des Bacchus ,'
Der Scherz aber anf der Vatikanischen Vase wird dadurch voll-
ständig, dafs der ganze Zug, wie die zu Füfsen schwimmenden
Fiscblein anzeigen, mitten dnrch's Wasser geht. So parodirle
ein geistreicher Witzliiig von Maler die so oft dunkel gescholte-
ne, oft von der nüchtern erhaltenden Mischung des Wassers mit
Wein allegorisirte Stelle in der lliade VI, 135.
— da lloli Dionysos und tauchte
Unter. die Woge des Meeres und Tlietis nahm in den Scliofs ihnj
Anhang zum ersten Bande.
Antiquarische Analecten*
Erste S a in m 1 u n £".
xFnrch die auf flen HHiulen sich aufstemmende und mit den freistellen-
den Fnfszelien allerlei Kunststücke machende Tänzerin bei Tischbein,
Engravings T. I. tab. CO., wird die sclion bei'm Homer vorkommende
Sitte eines Tanzes, wobei man sich mit Kopf und Händen auf den Bo-
den stützte und mit oberwärts gerichteten Füfsen balancirte , selir tref-
fend erläutert. Die Stellen im Homer sind IL 18, 60i. Od. 4, 19., wo
doch die nachahmenden Tänzer in V'ofs's üebersetzung etwas
ganz Anderes sagen , als Homer sagen wollte. Hieraus wird nun ancli
der Tanz des Freiers Hippoclides bei'm Heroilot VI. 129. S. 498, 8.
Wess. und die etwas dunkle Stelle in Xenoplion's Gastmahl 2, 11, S.
114. Bacli., wo gleichfalls eine Tänzerin dergleichen Wnndersprünge
macht, völlig verständlich. Sie kommen ganz mit der in den schotti-
schen Hochländern noch jetzt so beliebten Ilornpipe überein.
Journal des Luxus u. d. Moden 1795. S. 76,
— — Vielleiclit ist es hier die scliicklichste Gelegenheit, zwei sehr ge-
meine iMifsverständnisse zu bericlitigen , die sicli in allen Fabellehren
und Diclitungen neuerer Zeit, welche sich auf den 3Iythos der Pandora
gründen, ganz unvermerkt eingeschlichen haben. Man spricht fast stets vom
einer Pandora-ßüchse und denkt sich dabei ein zierliches Alabaster-
oder Salbengefäfs, das sich in der Morgengabe und im Putzgeräthe der
schönen Ankümmlingin vom Olympus befunden habe. Allein kein alter
griechischer oder römischer Schriftsteller spricht je von einer Pandora-
Büchse. Diefs ist eine Erfindung der neueren Allegorie- und Rlmble-
menkünstler. 3Ian sehe nur des Alciatus Emblemen und des Pierius Hie-
roglyphenlelire. Bei'm alten Hesiodus heifst das Behältnifs, aus welchem
nach geöffnetem Deckel die ganze Schaar der Seuchen und Verderbnisse
385
ausfliegt, wie sie etwa Milton den ersten Menschen erblicken läfst, ein
Fafs, und diefs erliält dann diircli die Vergleicluing- mit den zwei Fäs-
sern in der Halle des Zeus im Spatgesange der Ilias (^XXIV. 527.)
seinen völligen Aufsclilufs. So haben sich auch die Alten in der frü-
heren Zeit unstreitig dieses eherne Gefäfs der Pandora als ein Fafs
gedacht, wiewohl allerdings schon in der späten Psychefabel eine Vor-
stellung uns aufstöfst, die an unseren modernen Begriff glänzt. Gebildet
haben jene Alten schwerlich die Paiulora mit einem Kästchen oder einer
Eiiclise in unserem Sinne; und schon daraus müfste der bekannte ge-
sclmittene Stein in der Mediceischen Sammlung zu Florenz *), wo Pan-
dora ein halbgeöffnetes Kästchen vor sich auf dem Schoofse stehen hat,
als ein Product des 16ten Jahrliunderts erkannt werden. Die Hoff-
nung ist im Gefäfse eingesperrt. Auch liier waltet oft ein grober IVIifs-
verstand. Nur die Hoffnung, sagt man, blieb im Gefäfse und wurde so
das einzige Erbtheil der Sterblichen. Allein die alte Fabel hat diefs
ganz anders geraeint.
Nur die Hoffnung allein in dem unzerbrechlichen Hanse
Blieb inwendig dem Fasse zurück.
Diefs heifst im Zusammeniiange : nicht einmal die Hoffnung blieb
dem Mensclien. Diese verscidofs Pandora mit dem Deckel sorgfältig im
Kerker des Fasses, damit auch sie den Sterblichen nicht tröste und er-
quicke. Wir kennen die anmuthige Dichtung von den zwei Kindern der
Pandora, der Hoffnung und Sorge, Elpore und Epimeleia, in Gö-
the's Pandora. Geistreicli mag diese Fortbildung der alten Fabel aller-
dings genannt werden, aber im Sinne des alten Hesiodus ist sie kei-
neswegs fortgesponnen,
Zeitung f. d. elegante Welt 1811. Nr. 234.
3.
Die Worte Plato's, de republ. V. T. VII. p. 19. Bip., wo er den
Witzling straft, der seinen Spott über die Gymnastik der Frauen aus-
giefsen wollte, irsKy; rsC yiAeisv co(piaq b^iirwv viajirsv, sind nur An-
wendung einer Stelle Pindar's , die uns auch Stobäus, Serni. 78. (^s.
Schneider's Sammlung Nr CXI.) aufbewahrt hat. Vofs übersetzt es
vollkommen riclitig Th. I. S. 279. : „Er mag sich immer an den unrei-
fen Früchten seiner Weisheit erlaben." Aber freilich geht dadurch alle
*) Ein Sardonyx als Intaglio. S. Museunr Florent. T. 11. tab. 38,
5, und nach einer danach geformten Paste ancli bei Lippert
II, Tausend, Nr. 5. 6, Dieselbe Gemme aber heifst bei Winckel-
niann, descript. du Cabinet de Stosch p. 317, 4. Epimetheus.
Vergl. Tassio's Catalogue Nr. 8579. f. Man sieht, wie undeutlich
der Stein selbst sicli ausspricht.
Böttiger'« kleine Schriften I. 25
3S6
Spur eines Diclitercltats verloren , die mir <liirch wörtÜcliere üehersetz
iin^ heinerkhar gemaclit werden konnte, dann alier ancli einer Erklärung
bedurft hätte. Ehen diefs ist der Fall etwas weiter unten T. VIT. p. 2G.
in den Worten r>)v c?uraT>jv h^^cij-cv ay.jx'/^-j , wo Plato eine Stelle des
SoplioKles vor Augen hatte.
N. teutsch Merkur 1800. St. 3. S, 233.
4.
Plato sagt in der Republik Y. T. VII. p. 22. zum Glaukon: „leb
seile in deinem Hause viele edle Gattungen von Jagdhunden und Vö-
geln, nach Wolfs Uehersetzung S. 284. V/as sind hier edle Vö-
gel, -ysvvaTai ooviOi^'l In dem langen Zeiträume von Plato bis auf uns ist
liier so Vieles neu und anders geworden Im Mittelalter gaben die edeln
Vögeleine eigene Hotcharge. Das waren die Zeiten der Falken- und
Reiherbeizen. Nun stehen wir aber doch mit unseren Begriffen in den
neueren Sprachen zunächst auf jenem Mittelalter. Und edle Vögel sind
uns daher, wenn wir nicht etwa zufällig an das Royal- Cockpit und an
die Hahnengefechte bei den Briten erinnert werden , gewifs nicht die
Tanagrischen oder Rhodiser Hähne, die Plato hier im Hofe des Glau-
kon neben seinen lakonisclicn Hunden und tliessalischen Pferden dach-
te. Denn oovii; heifst dem Griechen, wie bekannt, vorzugsweise der
Hahn. Hier mufste also nothwendig für teutsche Leser die Gattung
statt des Geschlechts, Hähne statt Vögel, gesetzt werden.
N. teutscher Merkur 1800. St. 3, S. 233.
Die Hauptstelle über die Ahnenbilder {iinagines) der Römer
bei'm Polybius 6, 53. T. II. p. 568. Schweigh. setzt es aufser Zwei-
fel, dafs diese Ahnenbilder nur zur Parade dienten, und dafs gerade nur
diese Parade das ausscliliefsliche Vorrecht der Nobilitat war. Uebri-
gens wird Niemand, der Eschenburg's Ausfiihrnng der Lessingischen Con-
travers (Lessing's Werke X. 322. If.") gelesen hat, meinen Ausdruck
Gesichtsmaske für imago befremdend finden. Die so oft gemifs-
deutete Sitte war kurz diese: Man nahm in Gyps die Gesichtsform von
Lebenden oder Todten (diefs ist hier gleichviel), die man dann in Wachs
ausgofs. So entstand eine wahre Maske aus Wachs, die man in's Atrium
in kleine Wandschränkchen setzte, bei feierlichen Processionen aber über
grofse Puppen, die als Consuls, Dictatoren, Triumi)hatoren u. s. w. an-
geputzt waren, gerade so, wie wir kleine Masken über die Kinderpuppen
legen, gezogen wurden. Die Maskenform war den Römern durch die
Tuscischen Ludii und das älteste Theaterwesen hinlänglich bekannt.
N. teutscher Merkur 1800. St. 8. S. 319.
I
387
6. *
TenuIIius hat ein Fragment des Stei)Iianiis de Dodona heraus»
gegeben, wo von den dort beiindliclien Dreinifsen erzählt wird, roiVoSaf
iroXXovi ccXXvjkujv irXjjffiov , ivCT8 rov jvo? axTtyusvov TraoaTraUTViiv 5<«
ryjg vj/auffsw; tv)v sv/j-^yjTiv, SKaffri'j xa^a/xlvsiv rov v^yo^j "XC""? o-vBii; tou
«yo; £Cpa\{/i)Taf. Diefs erklärt Jac. Gronov ad Steph. Fragm. de Do-
dona so, dafs die sich einander anstofsenden Dreifiifse nicht eher aufge-
liört hätten zu klingen, bis jnan den ersten Dreifufs , der den Stofs den
übrigen niittlieilte , wieder auf's Neue berülirt hatte. Man mufs für's
Krste annehmen, dafs die Dreifiifse zugleich mit dem SX/jlo; oder Xißi^g
gedacht werden. Es waren also Becken oder Glocken, die so an einander
gereiht wurden, dafs sich der Anstofs sogleich allen niittheilte. Sie miifs-
ten also in die Schwebe gehängt worden sein, wobei sich doch freilich
nicht recht begreifen läfst, was dann die unterstützenden Dreifüfse dabei
gemacht haben sollten. Dieselbe Zubereitung beschreibt Philostratus, Icon.
II, 34. p. 859 mit den Worten x«>^^^'iO'J — ij^oty ig -iroXv tj^? ij/j^s^ag noct
l-tsxQ' Xöcßoir; ri; etvrov fxvj (r/wirujy , WO sich Olt'arius auf das Frag-
ment des Stephanus beruft, aber die übrigen Scliwierigkeiten nicht löst.
Auf jeden Fall war diefs eine siiatere kunstreichere Erlindung ala
jene älteste Vogelsclieuche, wo ein Knabe aus Erz ein Becken mit einem
Stabe scliliig, der vom "Winde bewegt wurde. Aber die alten Scliriftstel-
1er nennen alle Spielwerke der Art, die uns übrigens an die Glocken-
spiele erinnern, womit die Tempel der Chinesen und Japaner umhangen
sind, Kessel. So erwähnt Calümaclius in Del. 286. den Xtßvjg «ffj'-vv)-
ro; von Dodona, wo schon Spanlieim S, 566 — 68. viel gesammelt,
aber diesen Unterschied nicht bemerkt hat.
Ich vermuthe, dafs Xf.ß>)g hier dem, was wir Glocken nennen, genau
entspricht. Eine merkwürdige Stelle über die bionzenen jjy »üt der Alten
ist bei den Sclio'iasten des Theocrit II, 36.: (pj^g-Jy 'A-KoXXchwDcv 'ASv)-
V/]'7i rov igf o(J)avr>)v t^j Y\cqv]g &iriv.cxXo\)iJ.iv^g airix^ouE/v ro y.(xXo\)jxivov
jjj^sTov y.»] iraqct Aaxwff/ ßxffiXswg aroSavivroj sidiSaci y.qovsiv XtßyjTOC,
Hierher gehört gewissermafsen auch das Beckenschlagen bei Zaubereien.
Diefs Alles deutet auf alte orientalische Religionsgebräuclie.
7. *
Ableugnung des Geborgten, wenn es nicht gericlitlich oder wenig-
stens unter den Augen einiger Zeugen geschelien war, scheint in Athen
sehr gewöhnlich gewesen zu sein. Man zaldte daher selten eine Summe
Geld aus, ohne durcli die Gegenwart einiger Zeugen der Zahlung eine
gerichtliclie Gültigkeit gegeben zu haben. Hieraus versteht mau die
Stelle im Phoimio (lY, 3, 1.)
Hoc temere nnnquam amittam a nie, quin mihi testes ad-
hibeam,
Cui dem, et quam ob rem dem, commemorabo.
25*
388
Inzwischen scheint sellist dieses Mittel niclit allezeit zureiclienil gewesen
zu sein, allen Betrug zu liindern. Man sieht «liels aus einer Stelle des
Aristophanes, 'ExxAvjc-. 451, wo Blcpjrus eingesteht, dals sich die Männer
oft ucKor-jnvrj i'^ävriov aTcrTfjtTv. Diefs eiliellt auch ans zwei Cliarak-
teren des Theopluast. C. XIV. vsfi ävaic-5>jc-/af. §. 3.: Ssivo; y.a) d-KoXaix'
ßdvMV aqyvgio'J c(J>s<Xe/^«vov , /uöjiTi/faj xftfaAa/3'7v, tibi vid. Casaub.
p. 161.
8. *
Der Weg der Gerechtigkeit war in Athen und Rom kürzer als in
den neueren Staaten. Kine Saclie, über die die Riciiter nur einmal das
Urtlieil gefällt liatten ,, konnte niciit wieder vorgenommen und noch ein-
mal veitheidigt werden, und eine solche Forderung würde als der Frei-
heit des Staates gefährlich betraclitet worden sein. Diefs mnfs man wis-
sen, um die Stelle im Phorniio ganz zu verstehen und den ISachdruck
des Vorwurfs, den Piiormio dort dem Demiplio macht, zu fühlen (Act.
II. 3. 56):
At tu, qui sapiens es, magistratus adi,
Judicium de eadem causa iterum ut reddant tibi»
Quandoquidem solus regnas, et soli licet
Hie de eadem causa b i s j u d i c i u m a d i p i s c i c r.
9 *.
Einige Winke über den Geist der Horazischen Satire,
1) Horazens Satire verliült sich zur späteren des Persius undJnve-
nal, wie das griechische Epigramm (das Catullische Lied) gegen das
des Martial. IJie Satire ist Krgufs des Gefühls mit liumoristischer Laune.
Die Essais der Engländer kommen ihr am näclisten.
* Die Theoretiker (s. Sulzer unter dem Wort Satire) unterscheiden
mit Recht ernste und muntere Satire.
2) Iloraz ist ein ecliter Sokratiker. Dahin geliört vorzüglich auch
die echt Sokratische oder auch attische Feinlieit und Ironie, womit er sich
so unschuldig, unbedeutend, harmlos anstellt. Die ganze Stelle, wo er
erzählt, wozu ihn Mäcenas mit sich nahm, gehört in diese Gattung. Es ist
die Naivität des Humoi-s. Wolil ist er ein Derisor. Unterschied der
echten Sokratischen Ironie von der ausgearteten Sclialkheit, die aus Scha-
denfreude und Uebelwollen entspringt. Tadel =r Persiilage.
3) Horaz ist ein Mann vom feinsten Welttone (urbanitas), Männer
der Art sprechen nie anders von sich als] mit einer gewissen Art von Selbst-
satire, tadeln aber auch Andere nur mit einem strafenden AVorte. On
efflcure la matiere, on n'y appuie jamais. Daher ist es ihm unmöglich,
389
eine Lächerlichkeit, ein Laster durch eine ganze Satire, wie Jurenal und
Persius thun, durchzunehmen.
Onine vafer vitiuni tangit — et circujn praecordia ludit.
Daher das Wort Satire, per lancem saturain,
4) Die Horazischen Satiren sind Sermones, Das gilt auf eine
doppelte Art:
a} Form und Einkleidung. Immer dialogisch. Auch das ist Sokra-
tisch. Die eigentliche Lelirform liat erst Aristoteles angewandt.
Wo seine Satiren niclit ganz dramatisch sind , wie etwa die 5te
und 7te des 2ten Buchs, da sind sie es doch durch die Ethopöie
und Mimesis, Also wirklicher Zweisprach, Sermo. Man mufs
sich aber dabei nicIit irre machen, als sei diefs ein bioser Kunst-
griff. Ein jeder gute Erzähler hat noch jetzt das Talent, die
Personen, die er in seiner Erzäldnng auftreten läfst, selbst durch
Sprache, Mine, Ton, abzuconterfeien, (to take off) wie Solbrig, Iff-
land. In Italien ist es jetzt nocli sehr gewöhnlich. Wenn Horaz
seine Sermonen vorlas, machte er das Alles lebendig nach.
b) im Vortrage, in der Elocution. Er nennt sein Dichtertalent Musam
pedestrem. Der Dichter nähert sich dem Tone der gemeinen Rede
selbst im Metrum, Klang der Rede und in der Wortsetzung, aber
es bleibt dabei doch der urbanste Stadtton. So sprach damals man
in den ersten Zirkeln, bei Mäcenas, August, Pollio, Agrippa.
Dabei ist aber die absiclitlich höher steigende Parodie, wo oft
hochtrabende Verse einfliefsen, um so auffallender und komischer:
Matutine pater, seu Jane libentius audis.
5) Auch das Zeitalter des Horaz gestattet noch die Urbanität und
humoristische Naivität. August legt nie die Simplicität des römischen Pri-
vatmannes ab, spielt Würfel- und Societätsspiele, scherzt in seinen Brie-
fen U.S. w. Ganz anders war es, als Nero Ilions Brand vorstellt, und Persius
seinen stoischen Holleisten an die Pracht seines Zeitalters legt. Ganz an-
ders, als Domitiau eben so wenig einen hohen Mann in seiner Nachbar-
schaft, als eine Fliege in seinem Zimmer duldet. Da regt Juvenal seine
Galle : si natura negat, facit indignatio versum. Er hat erst unter Trajau
und Hadrian publizirt.
10.
Es bleibt eine unausstehliche Geringschätzung des Publikums und
ein Zeichen der scliimpf liebsten Ungelehrigkeit, wenn der Schauspieler
sein ganzes liebes Selbst nicht bei'm ersten Eintritt in die Scene völlig
hinter der Coulisse lassen kann. Daher konnte auch Cicero von dem An-
tipho, einem sclilechten Schauspieler, seinem Freunde Atticus nichts
Verächtlicheres schreiben als: Nihil tarn pusillum — nihil tarn ve-
rum, (ad Att. IV. 15. p. 420. Graev.), welches freilich Ernesti aus Un-
kunde der Sache für verdorben halten mufste, aber schon Conradi u, J.
390
Fr. Gronov. Ohs. [>. 587. Lii)S. selu" richtig von dem Fehler erklärt Iia-
ben, wu der Acteur nur eicli «elhst spielt.
Entwickeiiing des Iffland'schen Spiels S. 198.
11.
Wie konnte der neueste Herausgeber des tragischen Seneca, Bo-
the, die Worte im Ilippolytus vs. 119.: Deprensa culpa est, auime, der
jetzt erstarrten und verstummten Piiüdra in den Mund logen wollen?
Sie gehören der Amme. S. Senccae tragoediae. Kecognovit Fr. H. Botlie
CLeipzig 1819 ) Vol IL p. 149. f.
Erklärung der Kupfer im Taschenbuch Minerva 1820. S. 37.
12.
Phönizische Kaufleute heiligten zuerst die bedeutende Granzsänle
in ihren Factoreien durch das ancli ihnen geläufige Symbol des Lingams
oder PJmllus, das sie in der Mitte der Säule anbrachten. So ward die
Herme, die nun aucli in die Ringscluilen und die Palästren überging,
der Ursprung aller Kpheb en-Bildung des Mercur. Aber als Casmi'us
(daher der dienende Camillus bei den Römern) spielte Hermes auch
seine Rolle in den Cabirischen oder phönizischen Schilfennysterieii in
Samothrake. Das ist zwischen den zwei grofsen Heilgöttern die kleine
dienende Fignr, die, als aus Mifsverständnifs in der Folge jene grofsen
Götter Aeskulap und Hygiea genannt wurden, den Namen Telespliorus
erhielt. Darauf bezieht sich also auch die aus dem Pio-Clementinischen
Museum in Hirt's Bilderbuch Ql. Taf. 8. Nr. 2.) gegebene Kinderligur.
Schon die Geberde, womit er Stillscliweigen gebietet, zeigt deutlicli, dafs
diefs eine mystischer Knabe sei. Aus diesem Zusammenhange , wo der
kleiner gebildete Mercur den dienenden Zwischenhändler zwischen den
zwei grofsen Cabirischen Gottheiten macht, entspringt die Idee des Göt-
terboten, und da in jenen Alysterien auch schon von einem Hades oder
Scliattenreich die Rede war, so wurde Mercur auch der Psychopompos,
der Gek'iter der Eingeweihten in die Unterwelt. Hier tritt also die Vor-
stellung rilirt's Bilderb. 1.8,8. 9,4.) ein. Der bärtige Älercur (ebend. 8,
7.) ist niciits als das beliiigelte Conterfei eines Heroldes, wie ihn die Grie-
clien durch die Pliönicier zuerst kennen lernten. Später wurde er mit der
blühenden, gymnastisch ausgebildeten Epiiebenügur zusammengescJimolzen,
Der Freimüthige 1805. Nr, 113.
13.
Aus dem Kreise der alten Mythen ist kaum eine für die Darstell-
ung so dankbar als di« iMytlic von Amor und Psyche. Jugendlich blü-
hende Gestalten, deren Verliältnifs zu einander ohne gelelutes Wissen
391
^erklärlich ist^ siiiJ die Handel iideii in diesem liebliclien Mälirchen, das
audi darum der neueren Kunst mehr zusagt, weil es eine allegorische,
sentimentale Auffassung fast unwillkürlich veranlafst. Ernst und Sinn-
lidikeit sind darin so gliicklicli verschmolzen, dafs kaum irgend eines
gröfsere Gegensätze vereinigt; und von jeher sind daher Deutungen
versucht worden , die immer in den Kreis uns alltägUclier Vorstellungen
zuriicktVihrten. Mag man nämlich in dem kleinen Romane, wie ihn uns
Apulejus und Fulgentius erzälilt liahen, alle drei Strafen wieder erken-
nen, denen ein reines, von der Begierde verlocktes Gemüth ausgesetzt
ist, bis es sich frei aller Prüfung wieder mit dem Göttlichen verniäldt *),
oder auch nur von den Gefaliren der elielichen Treue und dem Siege
ihn deuten **), den sie docli endlich erlangen kann; er wäre sclion sin-
nig genng und seine Gestaltung wäre eines reinmenschlichen Interesses
gewisser. Aber man darf an höliere Bedeutung denken, wie Hirt und
Creuzer erwiesen haben. Psyche's Prüfungen sind die Schicksale der
verkörperten, gefangenen Seele, denen sie, um der wahren Seligkeit
fähig zu werden, durch das Begegnen des verfiilirenden Eros erliegt,
bis sie auf Antrieb ilires göttliclien Tlieils dem himmlisclien wieder sich
nähert, mit dem sie als Braut, folglich auf's Innigste vereinigt, in den
Kreis der Seligen eintritt ***). Aller dieser tiefere Sinn fand in Amor
und Psyche, Knabe und Mädchen, die liebend sicli nähern und trennen,
die glücklicliste Verkörperung, und kaum hat wold je eine Wort- und Na-
menälinliclikeit bei irgend einem Volke so plastische und zugleich so deut-
sanie Ausbildung erhalten. Psyche liiefs bei den Griechen der belebende
Hauch und zugleich jene Liclitmotte, die von einem edleren Triebe dem
Lichte zugewandt wird, in dessen Flammen sie oftmals den Untergang
findet. Alle Beziehungen, zu denen nur Raupenzustand und Sclimetter-
lingsfreiheit die Andeutungen gaben, fand der stets fortbildende Grieche
in diesem heiteren Typus. Kaum dafs ihm die Schmetterlingsflügel noth-
wendig waren , um bei den einzelnen Gestalten aus der Reilie dieser
zarten Grnppirungen schon an das Mädchen und den Knaben, an Trenn-
ung und Vereinigung, an Verlieren und Wiederfinden der Geliebten er-
innert zu werden,
Erklärung der Kupfer im Taschenbuche Urania 1824.
*) Diefs die Deutung, die Fulgentius im Mythologicon III. 6. ed.
Stav. in den Mythog. Lat. gegeben hat. Da ihm die Darstell-
ung des Mährchens durch Aristophontes aus Athen, wo sie in
seinen Bücliern, Dysarestia betitelt, vorkam, bekannt war, so hö-
ren wir hier wahrscheinlich auch dessen Erklärung.
**) wie Thorlacius,
***) M. s. Creuzer's Symbolik, n. Ausgabe, Th. III. S. 673, ff.
392
14.
Die Stadt Kindaunis , die Heilige auf Münzen genannt, war die
Mutterloge des alten Asklepiadenordens, dessen Vereidiing wir nocli frag-
mentarisch im sogenannten Eidscliwur des Hippokiates besitzen, und des-
sen geheime Gescliiclite nocli immer manche Aufklärung erwartet. Von da
stifteten auswandernde Aesciilai>iusiiriester eine Tocliterloge auf der Tiber-
insel, wobei die (Gaukelei mit der Ileilschlange den Glauben der Clairvoyans,
die es durch Träume im Tempel wurden (durcli Incubation), befestigte.
Diefs Alles ist auslührlicher entwickelt worden in meiner Abhandlung: der
Aesculapiusdienst auf der Tiberinsel, in K. Sprengel's Bei-
trägen zur Geschichte der ]\Iedizin A. 2, 163. If. und in dieser Sammlung
üben S, 112. Die älteste Receptirkunst bestand überall nur aus Votiv-
tafeln in den Tempelliallen des Aesculapius. Unter Kaiser Antonin, dem
Frommen, wo alle alte Superstitionen wieder erweckt wurden, kam auch
die Wundermedizin auf der Tiberinsel wieder stark in Aufnahme, wie
alte i^Iünzen beweisen. S. Eckhel, Doctrina Num. Vet. t. VII. p. 32. Fünf
Wunderrecepte in griechischer Sprache, die man in neuerer Zeit ausgrub,
sind aus dem Zeitalter Antonin's. In der sorgfältigsten Abschrift, in Kupfer
gestochen, giebt sie Lumisden, Remarks on the antiquit. ol Korne, pl. X,
V. d. Recke, Tagebuch II. S. 80.
15.
Von den Zähnen des durcli Cadmus getödteten Draclien oder den
berülmiten Thebanischen Drachenkindern (worüber wir eine gelelirte Ab-
handlung, lönsenii epistolam de Spartis, in dem von Gräve zu Utrecht
1702. herausgegebenen Syntagma besitzen), die docli unleugbar die streit-
baren Ueberreste der Landeseingeborenen bezeiclmen, läfst sich mit Leich-
tigkeit auf den Drachen selbst, d. h. auf das Symbol der Aboriginer oder
der alten Einwohner, schliefsen.
Der Freimütliige 1805, Nr. 15*.
16.
Verunreinigend ist für die Götter der Oberwelt der geringste An-
hauch der Stygischen Racliegöttinnen , und als Juno, von wüthender Ei-
fersucht getrieben , die Furien selbst im verfluchten Wohnsitz (sedes
scelerata} gesprochen hat, mufs sie von der Iris bei ihrer Zurückkunft
im Olymp erst mit Weihwasser besprengt werden (Ovid. Metam. IV. 478.
mit Heyne' s feinem Urtheil zum Virgil, Aen. VII. 323.). Amor steigt
nicht hinab in's .Schattenreich, um den Pluto mit seinen Pfeilen zu ver-
wunden. Er benutzt nur den Augenblick dazu, wo der dunkele Beherr-
scher der Unterwelt aus dem Schlünde des Aetna heraufgekommen ist
(Ovid. Metam. Y. 364.).
Erklärung der Kujjfer im Taschenbuchc Minerva 1814. S. 23«
393
17.
Wenn auch bei den Griechen und Römern der Begriff von einem
Dämon oder Geist, der den Menschen von seiner Geburtsstunde an be-
gleitet, oft genug anklingt und mit dem Glauben an die in den Sternen
geschriebene und von dort begabte Geburtsstunde auf's Genaueste zusam-
menhängt *), ja wenn wir in der bekannten Erscheinung, die Brutus vor
seinem Tode im Zelte hatte, auch schon den Glauben an einen bösen,
uns stets zum Unheil umschleichenden Genius völlig begründet linden, so
war diefs doch bei jenen geistvollen und doch entgeisterten Völkern, die wir
die klassisclien nennen, nie allgemeiner Volksglaube. Auch ist selbst bei'm
Plato und Allen, die aus Platonischer Quelle geschöpft haben, nur immer
von einem Genius als Schutzgeist und Begleiter jedes einzelnen INIenschen
die Rede, der aber allerdings da, wo er dem Menschen, dem er als un-
zertrennlicher Gefährte zugegeben wurde, in verhängnifsvollen Augen-
blicken sich offenbart, auch als ein drohendes, unglückverkündendes We-
sen, wie dort bei Pliilippi dem Brutus, erscheinen kann. Allein rein
Zoroastrisch und auf die Feruers und Dews in der Zendlehre begründet,
ist die Annahme von einem Doppelgenius, der, dem Menschen zugeord-
net, seine guten und bösen Schicksale und Jlntschlüsse leitet. Indefs findet
sicli auch dieser doppelte Genius, was man in andern Untersuchungen über
diesen Gegenstand nicht bemerkt findet, in den alten Wandgemälden der
etrurisclien Begräbnifsgrotten von Tarquinii oder, wie jene Gegend jetzt
lieifst, von Conieto, wo ein Verstorbener von zwei geflügelten Genien,
einem weifsen und einem schwarzen, die sicli zugleich vor seinen Wagen
gespannt liaben, fortgezogen wird **).
Erklärung der Kupfer im Taschenbucli: Minerva 1816. S. XI,
18.
Die Genien des Lebens und des Todes sind eigentlich Phosphorus und
Hesperus, wie aus der berühmten Ära in der Villa Borghese bei Win-
ckelmann, Jlonum. ined. Nr. 21. erhellt, oder auch nach einem orienta-
lisclien Mythus die sTspvj/jtspo/, die Dioscuren; denn aus diesen Vorstell-
ungen allein sind, wie noch immer nicht genug bekannt zu sein scheint,
die Todesgenien mit der gesenkten Fackel entstanden.
Programm zur Allg. Lit. Ztg. 1803. Bd. 3. S. 2.
Genius — voltu mutabilis, albns et ater, in der Hauptstelle bei'm
Horaz, Epist. II. 2, 189. Alles Üebrige sammelte und ordnete
Creuzer, Symbolik und Mythologie Th. III. S. 68 — 88.
Der Brite Byrns gab dieses Grottengemälde zuerst in den Phi-
losophical transactions ; dann bildete es aus den Papieren des Bri-
ten der ehrwürdige d'Agincourt ab in seiner Histoire de Tart
dans sa decadence, liv. 1. pl. XI.; zuletzt und am deutlichsten
Mi call in seiner Italia avanti il donünio dei Romani pl. LH.
394
19.
Die alte, oft gebrauchte Maschinerie einer fliehenden Hindin, die
ein Verhängnifs dem Ritter in den Weg wirft, damit er in ihrer Ver-
folgung dem Unvermeidlichen des Schicksals entgegen geführt werde,
stammt wie fast alle Jüihrchen aus dem Wiegenlande der Sagen, aus
dem Morgenlande, und ist dalier auch von dem gelejirten, mit dem Geist«
des Orients dreimal getauften Sänger der Schirin an mehr als einer
Stelle dieses merkwürdigen, an orientalischem Blumenschmelz; über-
schwänglich reiclien Gediclites mit vieler Wirkung eingellochten worden
(Schirin von Jos, y. Hammer, 1. Th. IV. Ges. St. 7. If.). Es mag auch
kaum gezweifelt werden, dafs selbst in der griechischen Herculesfubel das
Abenteuer mit der Mänalischen oder der Kerynitischen Hindin, die Her-
cules bis zu den Hyperboreern verfolgt, und deren verständig« Erklär-
ung auf Münzen und alten Denkmälern bis jetzt vergeblich versucht
worden ist (Zoega in den Bassi Ililievi anticla di Roma tav. LXII. T. IT»
p, 61. J , sicli auf eine alte phönizische Sage von einer solchen Schick-
salshindin bezogen haben mag.
Erklärung der Kupfer im Taschenbuche Minerva 1814. S, 38,
20.
Die Thiasen der Griechen und Sodalitia der Römer haben sich in den
Brüderschaften des katholischen Rituals erhalten, und wie diese noch
bei'm Frohnleichnamfest und bei anderen feierliclien Processionen in allerlei
Mnmmcreien mit Klang und Gesang aufziehen, so hielten auch die Tliia-
sen ihre Aufzüge, nur dafs dabei Alles fröhlicher lärmte und schwärmte,
hüpfte und tanzte. Ursprünglich gingen diese Thiasen alle von den Or-
gien und Bacchanalien aus. Der Freimüthige 1805. Nr. 183.
21.
Die mystische Fackel, so würde auch jetzt noch nach den
neuesten Forschungen eine vielsagende Abhandlung überschrieben werden
können. Fackeln sind das Abzeiclien aller Pannicliyden, Nachtfeiern, wo-
liin auch die Orgien und Cabirisch-Eieusischen Mysterien geliörten. Zwei
aufrechte Fackeln geliören in den Dienst des Aescnlap, des Heil- und
Lebensgottes, und später in das Heilsorakel des Apis. S die Gem-
men in Scldichtegroirs Auswahl aus dem Stoschischen Cabinet Th. I.
u. IV. Aber die Gegeneinanderstellung der aufrechten und umgekelir-
ten Fackel bezeichnet sowohl in den Cabirischen Älysterien als in
den Mithrasweihen die Tag- und Nachtseite der grofsen Götter
und des Lichtes. In dem Cabirendicnst entsteht daraus die Doppel-
bildung des Abend- und Morgensterns, des Hes[)erus uiul riiosi)horus (der
Dioscuren). Man denke nur an die Borghesische Ära in Winckelmann's
Monumenti n. 21. So aucl» die Mithrasknaben , wovon einer die Fackel
395
aufwärts, der andere niederwärts hält. S. Zoega's Abhandlungen S.
194. ff. So wird Sonnenuntergang und Sonnenaufgang durch die zwei
Fackeln angedeutet, welche wieder in einer fortgebildeten Allegorie Ober-
und Unterwelt, Leben und Tod bezeichnen. Nun tritt anch die Fackel
aus den Tliespisclien Krosmysterien, die gehobene Lebensfackel des Amor,
die gesenkte des Genius des Todes, ein, endlich auch die belebende Pro-
metheusiackel !
Artistisches Notizenblatt 1823. Nr. 19.
lieber die Daphnolatrie (Lorberverehrung) des Alter-
t h u m s.
Noch jetzt wächs't der Lorber in üppiger Fülle am thessalischen
Peneus. S. Bartholdy's Bruchstücke zur näheren Kenntnifs
des heutigen Griechenlandes S. 144. und Dodwell's Classical
tour through Greece Vol. II. p. 112. Aus Aelian's bekannter Schilderung,
Var. Hist. III, 1. wissen wir, dafs nach der Delphisclien Priestersage
Apollo nach der Tödtung des Python sich im Peneus zur Sülme abwusch,
dann aber mit Lorber, der am Peneus wuchs, bekränzt, einen Lorber-
zweig in der Hand, zurückging und vom Orakel in Delphi Besitz nahm. Ein
Knabe von edler Geburt, ein Daphnophoros (Lorberträger) holte hier
am Vorfeste der grofsen Pythisclien Spiele von demselben Baume, von
welchem Apollo einst den Sülmungszweig brach, nach einem feierlichen
Opfer, Zweige zu den Kränzen , womit die Sieger in den Pytliischen
Spielen dann geschmückt wurden. Alles läfst sich hierbei auf die Vor-
stellung zurückführen, die in der griechischen Vorwelt allgemein herrsch-
te, der Lorber liabe eine, Blutschuld sülmende, reinigende Heilkraft. Die
lycische Priesterkolonie (das ist in der mytliisclien Personification Apollo
selbst), die unter der Anführung des Sängers Ölen, zuerst den alten
Orakelfetiscli , die Sclilange, aus der Orakelgrotte zu Pytho vertrieb (in
der Fabel heiTst es: tödtete), hatte dem in der Nachbarscliaft am Peneus
am üppigsten wachsenden Lorber diese Eigenschaft abgemerkt und stell-
te nun als heilige Satzung in dem gTiecIiischen Priesterceremonial fest,
dafs der, welcher vom blutigen Werke des Krieges und Sieges heim-
kehrte, mit sühnendem Lorber gekränzt einzöge. Daher der Lor-
berkranz des triumphirenden Feldlierrn und aller am Siegeseinzug Theil
nehmenden Krieger. Daher die Deutung des Lorberkranzes als Sieg-
es- und Blutzeichens bis auf den heutigen Tag. Aber auch die Sie-
ger in den musikalischen und poetischen Wettkämpfen wurden in den
Pythischen .Spielen mit dem Apollinischen Lorber bekränzt. Daher
windet sich der Lorberkranz auch um die Schläfe der Dichter und
Sänger. Selbst unsere Baccalaureen auf unseren Hochschulen würden
sich nach einem anderen Namen umsehen müssen, wenn nicht schon vor
2 50 0 Jahren Dichter und Musiker zu Delphi mit Lorber gekrönt wer-
3%
den wären. Aber <ler Lorber hat noch bis auf den heutigen Tag eine
officinelle, Unreinigkeit ausfegende und heilende Kraft. — Dalier keine
Reinigung, keine Besprengung mit geweihtem Wasser in den Vorhallen
der 'rem[»el ohne Kintauclien des Lorberzweigs in das reinigende W'eili-
ungsbecken. Daher waren alle Weiliwasseranspritzer (adspergilla") schon
bei den Griechen aus einem Büschel von Lorberblättern gemaclit. Die
Bedeutung war von jelier: mit reinen Händen nähere dich
dem Hei.ligsten (]sacra puris manibus adeunto). Wie viele auf
Jahrtausende sich fortpiianzende Gebräuclie entspringen aus dem unbe-
deutenden Umstände, dafs am Peneus schone Lorberbäume wuclisen !
Was konnte aber auch der Grieche Anmuthigeres denken als die Dicht-
ung, wodurch er die vielfachen Verhältnisse des Apollinisclien Tempel-
und Festdienstes zum Lorber in die Liebe des (einst als Hirte in Thes-
salien die Herden des Admetus weidenden) Apollo zur schönen , aber
keusch fliehenden Nymplie Daphne verwandelte? Alle Sagen über den
Apollodienst zu Delphi und den so vielfach darin verilochtenen Lorber liat
ganz neuerlich einer der geistreichsten und gelehrtesten Altertluimsfor-
scher, Ottfried Müller, in seinen Doriern (Th. 1. S. 318 ff.) eben
so scliarfsinnig als erschöpfend behandelt.
Zeitung f. d. elegante Welt 1824 Nr. 7.
23.
Warum war die Myrte der Venus geweiht?
Die Metamorphose der Myrte geben uns die griechischen Geoponi-
kev (XI, 6. p. 7 9 9. INiclas). Sie war ein attisclies Mädchen, Myrsine
mit Namen, ein Liebling der Atiienischen Madonna, der Pallas Athene,
von ausgezeichneter Schönheit und Kraftfülle und daher auch in den
Kampfiibungsplätzen, in den Palästren und Stadien, stets anzutreffen, wo
sie die Sieger kränzte. Die Besiegten, die sie nicht bekränzt liatte, töd-
teten sie aus Hafs, Da verwandelte Minerva iiiren Liebling in eine Myr-
te die nun , wenn aucli keine Oliven , wie der heilige Oelbaum der
Göttin, doch Beeren trägt. So weit die griechisclie Erzählung. Ge-
wifs ist es, dafs die Myrte auch in Kampi'spielen an den Gräbern
der Heroen die Sieger oft krönte. Dalier ihre Verwandtschaft mit
der Palästra der Griechen. Aber wie es kommt, dafs später nur Ve-
nus sicli mit Myrtenhainen und Myrtenkränzen umringt, und dafs
daher in der wunderbar genug umgebildeten Thesmophorienfeier iiu
alten Rom von dem blos von Matronen begangenen mystiscli keu-
schen Feste der guten Göttin (^oi)ertum Bonae Deae) die Myrte,
als unrein, verbannt wurde (Plutarch, Qu. Rom. XX., wobei W y t-
tenbach in den Animadv. Vol. li. P. I. p. 28. ein Verhör der Kir-
chenväter anstellt), kann selbst der lleifsige Sammler Meursiiis im Arbo-
reto sacro (in den Op. Vol. X. p. 823 ff. edit. Florent.) nicht ergrün-
den. Wir denken uns die Sache so: Der ganze Venusdienst kommt
bckanntlicli von den seefahrenden Phöniziern an die griechischen Küsten.
Myrtensträucbe bedecken in jenen Gegenden die Küsten ; zunäch.st wohl
397
die von Paplios in Cypern, Dalier ist die Myrte der ans der See em-
porsteigenden Seegöttin, der Venus Marina, fast ausschliefslich geweiht
'worden. Denn Alles localisirt sich im Alterthunie. Bei'm Schönheits-
kämpf der drei Göttinnen auf dem Ida (feinem der berühmtesten Ballets
im alten Rom, wie im heutigen Pai'is) waren selbst die Kränze der drei
lim den Apfel des Paris sich streitenden Göttinnen genau bestimmt.
Juno trug die Lilie, Diana die Pigne, Venus die Myrte als Kranz. Diefa
lernen wir aus des Alexandrinischen Dichters Nicander noch vorhande-
nen medizinischen Gedichten: Alexipharmaca V. 406 ff, und 619 mit
Schneide r's Anmerkung S. 2 5 8.
Zeitung f. d. elegante Welt 1824 Nr. 6.
24.
Alterthnmskenner erinnern sich, wie im Mittelalter das Unvermögen
der christlichen Kunst oft Marmorurnen mit antiken Reliefs im edelsten
Stil zu Taufgefäfsen verwandte. So in Girgenti der berühmte Sarkopliag
mit Hippolytus und Phädra ; so in der Katliedralkirche in Gaeta der
Bacchische Krater mit der Darbringung des Bacchuskindes in seinen Ar-
men und dem Namen des Künstlers Salpion , den kein Reisender nach
Neapel unbesucht läfst *). Docli es giebt auch aus neuerer Zeit und in
altteutscher Schnitz- und Bildgiefserkunst an vielen Orten merkwürdige
Taufsteine, die wolil alle beschrieben und wenigstens' in leichten Umris-
sen mitgetlieilt zu weiden verdienten. Ein solcher ist z. B. in Stendal,
von welchem Prof. Ranch neulich mit grofeer Achtung sprach ; ein an-
derer in der Wittenberger Hanptkirche mit den 4 in Erz gegossenen Evan-
gelisten, von des Nürnberger Erzgiefsers Peter Fisclier, des Jüngeren, Er-
flndung und Ausführung. Jeder Gebildete bei uns weifs, dafs bei'm ganzen
Tempelapparat des Alterthums nichts Iiäuliger vorkommt und in den blülien-
den Zeiten der Kunst niclits geschmückter nnd zierlicher gebildet wurde
als der Dreifufs **). Symbol jedes religiösen und mystischen Drei-
klangs ging er vom Orakelgott in Delplii über den ganzen Tempeldienst
*) S. die Anmerkung zum Tagebnehe der Fran v. der Recke
IV, 12, und We Ick er 's Zeitschrift für die Auslegung
der alten Kunst. St. Jll, S. 500 ff.
**) Man vergleiche die Mustertafeln von antiken Dreifüfsen, die älte-
ste bei Spon in den Miscellan. ernd. antiqu. P. 118., die neueste
von O. H. P. Müller in der Amalthea. Th, I. S. 119.; doch
diese enthält nur die Tripoden nach der einfachen und ursprüng-
lichen Gestalt. Für unseren Zweck dient besonders der Vatica-
nische Dreifufs, wo sich um die Säule, welche in der Mitte
das Becken unterstützt, der heilige Drache hinauf windet, S,
Museo Pio- Giemen tino T. VII, tav. Xll. mit Visconti's Be-
merkungen p. 72, und les monumens du Musee Napoleon T, IV,
pl. 14,
398
der alten Welt ans und hatte, wenn in ihm Gebraucli und W e i Ji e voll-
ständig dargestellt werden sollten, drei Haupttlieile, das dreifiifsige Ge-
sU'lIe, den heiligen Kessel (i'A/^o;, cortina) , welclier auf dem Cestella
viiht, lind den Orakeidradien, der sicii um das Gestelle hinaufschlängelt.
■\Vas diesen Drachen anlangt, so ist's zur Genüge bekannt, dafs vor der
Einwanderung der Deliscli-lydischen Priestercolonie unter dem Sänger
Qlen schon ein uraltes Drachenorakel am Parnafs stattfand, in vt^elchem
der walire Ur- Fetisch der pelasgisclien Vorwelt, die Schlange, durch
Fressen oder Nichtfressen der vorgeworfenen Honigkuchen den Fragen-
den ja! oder nein! sagte; und dafs, nachdem die wahrsagenden Priester
dort Besitz ergrilien und das alte Sciilangenorakel verdrängt hatten, (wel-
clies in der späteien Fabel durch den Kampf Apollo's mit dem Pythi-
schen Draclien symbolisirt wurde^ doch immer die Orakelschlange zum
Andenken ilires früheren Rechtes sich noch um den Dreifufs, den Sitz der
Pytliia, windend vorgestellt wurde *).
Artistisches Notizenblatt 1822. Nr. 22.
25.
Die Abgötterei des frülieren Roms bedarf noch einer pliilosophische-
ren Beleuchtung, als sie durch Meiners in seiner sogenannten kriti-
schen Geschichte der Religionen erhielt. Man mufs nur nicht verges-
sen dafs die tonangebenden Römer bis zum zweiten punischen Kriege
handfeste Bauern waren , und dafs , so w ie die Hälfte des römischen
Swachgcbrauchs aus der Landwirthschaft entlehnt ist, so aucli ihr
Hau s gottcsdienst kaum einige Scliritte von dem Fetiscliismns des Acker-
bans entfernt blieb. Da sind nun viele göttlich verelirte Krankheiten
und üebel nichts als personilizirte Manitus. Viele Bauergottheiten, wie
wir sie aus Varro kennen, und die ganze Wochen- und Kinderstube
voll Götter C?« <^^s ileifsige Register in S pange n berg's Preissclirift
de veteris Latii rcligionibus domesticis p. 75. ligd.) sind nie zur Kennt-
nifs der römisclien Staatsreligion gekommen, über welclie Beck in der
dem zweiten Theil des dritten Bandes von Ferguson's Geschiclite
der römisclien Republik vorgesetzten Abhandlung in bündiger
Kürze viel Gutes gesagt iiat.
V. d. Recke Tagebuch II. S. 48.
Niclits ist besprochener als der verdreifachte Drache, dessen drei
Köpfe dann dem Becken zur Stütze dienten und also die Stelle
des Dreifufses selbst vertraten , das Weiligeschenk der Griechen
nach der Schlacht l)t!i Platäa nach Herodot IV, 8., später im Hip-
podrom zu Constantiuopel aufgericlitet und im Almeidan selbst
von Türken respectirt, bis ein polnisclier Gesandter, der dort ein-
quartirt wurde, der Woiwode von Posen, Lusinski, diese Schlan-
gen köpfte, S. Clarke's Travels in various countries T. III. p. 75.
f. der 8. Ausgabe.
399
26.
Was man nach Ovid (Fast. VJ. 295.) nie in dem Tempel der Vesta
zu Rom sali, ilir Eikl , sielit der beliu^same Antiquar ancli anf keinem
alten Denkmale. Die leljendige in den Prytaneen und Yestatempcln iin-s
terlialtene Flamme ist ihr einziges Gegenbild und Symbol. V/as man uns
sonst als ihr Bildnifs aufstellt, ist entweder eine Ceres, oder eine Dea
Roma, oder eine Cybela, oder die Aebtissin unter den Vestalinnen, die
Vestalis maxima, die man allerdings auf 3Iiinzcn zum Symbol der Vesta
selbst genommen zu haben scheint. Dahin geliüren also auch die von
Hirt anf der 8ten Tafel seines Bilderbuchs abgebildeten Vestabilder. Bei
den Griechen kommt keine einzige unbestrittene Abbildung vor; denn was
Pausanias im Prytaneum zu Athen sah (1. 18.), war sdiwerlicli etwas An-
deres als eine Themis, womit sie überhaupt oft verwechselt worden ist. —
Beide von Hirt angezogene Stellen aiis dem Pausanias und Plinius will
ich recht gern gelten lassen, wenn er mich vorher belelut, wie man es
anzufangen hatte, um auf dem Kopfe der Vesta eine Opferiiamme anzu-
zünden, was sonst freilich nur auf heiligen Heer den zu geschehen
pflegte , und wenn er mir aus der Fülle seiner eigenen Ansicliten und
seiner Lecture darüber ein Licht anzünden will , wer die Chameterae
gewesen sind, die man neben der angeblichen Vesta des Scopas
in den Servilianischen Gärten auf beiden Seiten erblickte? Ich habe
schon längst die.se Stelle für sehr verdäclitig gehalten, und es wäre wolil
nicht der einzige Fall, wo Plinius, dessen rasche Compiiationsweise man-
chem Irrtlium Tlior und Thüre ötfnen mufste, sich in der Benutzung sei-
ner Knnstcataloge vergriiien hätte. V/as den alton Eorgiiesischen Can-
delaber anlangt, so fand ich darauf immer eine Ceres, keine Vesta, und
erinnerte mich dabei, dafs schon Winckelmann in seinen Monnmenti
inediti das Zweifelhafte in der Verwechselung dieser beiden Gottheiten
gar wohl eingeselien liatte. Will Hiit Spanheim's grundgelehrte Col-
lectaneen de Vesta et Prytaneis nachschlagen, so wird er dort noch
weit mehr Stellen und Denkmäler angeführt linden, die dem ersten An-
schein nach gegen mich gebraucht werden können. Es tliut mir aber
aufrichtig leid, daTs ich der r.iinen Vesta mit gutem mythologischen
Gewissen durchaus keine obere Stelle in meiner Ikonologie des klassi-
schen Alterlhunis anweisen kann.
Der Freimüthige 1805. Nr, 113. und 147.
27.
Noch ist der wichtige historische Punkt der lateinischen Fe-
rien und des grofsen Bundesopfers im heiligen Tempelbezirke des Ju-
piter Latialis auf dem Albanus nicht geliörig aufgeklärt, der Gegenstand
aber so vielfach in die ursprüngliche Verfassung Roms eingreifejid , dafs
er es verdient, von einer Academie der Wissenscliaften , so gut als die
Delpliischthessalische Amphictyonie, zu einer Preisfrage aufgestellt zu
weitkn.Wie manches Dunkel müfste hier aufgeklärt werden, um zu zei-
400
gen, wie sich ans den früheren Ferentinisclien Landgemeinden der La-
teiner der grofse Bundestag des Jupiter Latialis, wobei Rom die Pro-
edrie oder den Vorsitz hatte, entwickelte und nach und nach die Zahl
der Bundesstämme bis auf 47 stiegen. Die Hauptstellen bei'm Dionysius
von Halicarnassus IV. 49. VI. 95. miifsten zum Grund gelegt, aber mit gro-
fser Behutsamkeit gebrauclit werden , wie das Beispiel des Sainte Croix
zeigt, welcher in seiner gelelirten Schrift: des gouvernements federatifs
p. 236 — 247. viel Brauchbares gesammelt, aber auch Vieles in Verwirrung
gebraclit hat. Da würde auch N i e b u hr ' s scharfsinnige Muthmafsung, dafs
Alba von den Lateinern und nicht von Rom zei'stört wurde (römische Ge-
schichte Th. 1. S. 210. erste Ausgabe) eine genauere Prüfung erhalten
können. v. d. Recke, Tagebuch IV. S. 207.
28.
Anf den alten römischen Theatern wurde das, was der eine Schau-
spieler sprach, von dem anderen durch die Pantomime ausgedrückt und
zurückgespiegelt*). Bei den Griechen war diefs das Geschäft des CJiors **).
Die Zuschauer empfingen dadurcli einen doppelten Genufs. Sie liürten,
was der recitirende Schauspieler sagte, und sahen zugleich, wie das Ge-
sagte wirkte und im stummen Spiel zurückgegeben wurde.
Verstellt sich , in den römischen Mimenspielen , wo die Masken
nicht von allen Schauspielern getragen wurden, nicht in den Ko-
mödieen; s. Horaz, Epist. I. 18, 14. Diefs Iiiefs mit dem Kunst-
ausdrucke secundas alicui agere. Da die Sache sehr verwickelt
ist und dadurch, dafs man die actores secundaium paitium in den
Trauer- und Lustspielen mit den Mimen verwechselt, noch grö-
fsere Schwierigkeiten erhalten hat , so werde ich in meinem Di-
dascalicus eine eigene Abliandluug darüber abdrucken lassen. Vergl.
unterdessen J. Fr. Gronov, Obs. inscript. eccles. XXV. p. 284. ff.,
der am tiefsten eingedrungen ist. Die Saclie ist übrigens auch
darum merkwürdig, weil sich daraus die ganze Pantomime der
Römer, jener Abgrund der dramatischen Kunst, schnell entwickelt hat.
So erkläre ich mir die Worte des Aristoteles XIX. s. 49. T. II. p.
930. C. vom Chor : t'vcta'j xa^isj^Erat oJ^ irä^iffTf, vergl. Horaz,
A. P. 194. Schon Vatry hat in seiner Abhandlung: Des avantages
que la Tragedie ancienne retirait de ses choeurs, in den Memoires
de rAcademie des Inscriptions T. XI. p. 326. ed. Amst. diesen
Vortheil des alten Chores sehr fein aus einander gesetzt, und Al-
les, was E seile nburg zu Hurd's Commentar zu Horazens Epi-
steln Th. 1. S. 404. und neuerlich James Pye Commentary on
the Poetik of Aristotle p. 232. fl'. gegen diesen Punkt erinnert
haben, ist nicht befriedigend.
Entwickelung des Iffland'schen Spiels S. 217,
4t)l
29.
Die Alten hatten drei verscliiedene Thüren im HintergTimde des
Theaters *3. Die Mitteltlitire bezeichnete einen königlichen Palast,
das Haus eines attischen Bürgers im Lustspiele , den , Eingang in eine
Hauptgrotte im Schäfer- oder Satjrenspiele. Eben diese Bewandtnifs
hatte es mit den beiden Seitenthiiren, Die zur Recliten bezeichnete
im Trauerspiele das Haus des königlichen Gastfreundes, im Lustspiele
das Haus eines andern Bürgers, der die zweite Rolle im Stücke hatte;
die zur Linken einen wüsten Tempel oder aucli den Ausgang auf einen
oifenen Platz, u. s. w. Man würde sehr Unrecht thun, wenn man sich
diese Thüren als wirklich gemalte Häuser, Tempel oder Paläste vor-
stellen wollte, deren Fronte in die Strafse jiinausgegangen sei. Es wa-
ren, dünkt mich, blose Thüren, in der Querwand der Hinterbühne»
Aber man daclite sich dabei die Tempel, Häuser, Grotten. Man war
gleichsam stillschweigend darüber übereingekommen, nnd es beruiite nun
Mos auf dem geschickten Spiele der singenden (Chor) und recitirenden
(Uypokoiten) Scliauspieler, dafs die Zuscliauer sich bei diesen auf con-
ventioneile Zeichen gegründeten Vorstellungen viellciclit nocli reiner und
ungestörter in das Drama selbst Jiinein denken konnten, als wie bei
unseren oft kläglich genug aus Pappe geschnitzelten oder gemalten
Tempeln, Häusern und Grottendecorationen,
*]) Die Hauptstelle über diese drei symbolischen Tliüren auf dem
Theater der Alten ist bei'm Pollux lY. 124. Die befsten Bemerk-
ungen unter den Neueren darüber giebt d'Orville in seinen Siculis
I. p. 258. Mehrere Stellen des Vitruvius erhalten dadurch Auf-
klärung, dafs man sich die Saclie so denkt, wie ich sie vorge-
stellt habe. Die Zuschauer wufsten dadurch, dafs einer zu dieser
oder jener Thüre herauskam, sogleich in voraus, mit wem sie es
nun zu thun haben würden. Es ward daher auch ausdrücklich
zuweilen angeführt, dafs ein theatralischer Aufzug aus der iMittel-
thüre oder aus einer Seitenthüre (va^olog) herausgekommen sei.
S, Athenaeus XIV. p, 622, B., wo offenbar /xlff«; rä; Sv^ag, nicht,
wie Casaubonus will, X°?^"*? gelesen werden mufs. Am deut-
lichsten kann man sich die Saclie aus den in einem vaticanischen
Codex noch jetzt vorhandenen Gemälde zu den Scenen der Teren-
zischen Lustspiele vorstellen , wo überall die aus dem Hause kom-
mende Person so abgebildet ist, dafs eine blose Thüre, d. h.
zwei Pfosten mit einem darüber gelegten Querbalken, mit auf
dem Gemälde erscheint. Man sehe z. B. in der Ausgabe des
Cocquelin QRom 1767) T. l. p. 3. 4, die erste und zweite
Scene im Mädchen von Andres, oder wer den Berg er, de
personis bei der Hand hätte, in den Kupfern Nr. IV. V, VII,
XV, u, s. w.
Entwickelung des IfTIand'schen Spiels S, 124.
Büttigcr'? Meint Schriften I, 26
402
30.
Auf den Schaubühnen der Römer gab es nur Teppichvorhänge,
die bekanntlich, weil die Büline ohne alle Bedachung war, an den vor-
springenden Kcken der Paraskenien durch Seile lierahgesenkt oder em-
porgezogen wurden und, so lange die Bühne offen war, um eine Welle
aufgewickelt in einem Ritze im Proscenium lagerten, das freilich damals
eben so wenig der heillosen Lampenreihen, als des nocli jieilloseren
Soufleurloches bedurfte. Es sei gestattet, dabei noch einen Augenl)lick
stehen zu bleiben.
Hören wir Genelli *), so ist's ausgemacht, dafs schon die alte
Athenische Biiline einen Teppiciivorhang, eine Auläa, hatte und dieselbe
V^orrichtung , wie sie später bei den Römern stattfand. Allein dafür
fehlen alle wirklichen Beweise. Denn wenn auch die alten Grammatiker
und Lexikographen, wie Hesycliius, Pollnx und Snidas , des Wortes mit
der Bezeichnung gedenken, dafs man es für einen Theatervorhang brauche,
so folgt daraus noch nicht, dafs man Saclie und Wort schon auf der
altathenischen Bühne kannte. Was wir davon wissen, gehört nach Rom
in die letzten Zeiten der Republik , wohin die in jedem vollständigen
Wörterbuch zu findenden Stellen des Varro, Cicero, Horaz, Virgil u.
s. w. zu beziehen sind. Merkwürdig bleibt es, dafs die Römer dem
Wort eine andere Umbiegung gaben und nur von Auläen in der Mehr-
zahl sprachen **'). ?]s könnte daher in der Nachricht, die Servius zum
Das Theater der Griechen. (Berlin, Nauck, 1818 in 4.) S. 54.
Die Stelle aus dem Onomasticon des Pollnx IV, 122. beweis't
nur, dafs die Attiker zu Hyperides, also zu Alexander's Zeiten,
die Auläa für Teppicligeliänge kannten, das Fragment aus der
Rede des Hyperides aber spricht von speisenden Archonten in
einer Säulenhalle. Damit rechtfertigt nun der gelehrte Grammati-
ker den späteren Gebrauch des Wortes für Theatervorhang.
Von diesem weit späteren Gebrauch sprechen Polybius, wie auch
Suidas und Hesychius. Ich pHichte daher aus voller Ueberzeugnng
der Bedächtigkeit Hermanu's in seiner gelehrten Kritik von
Genelli's Buch in der Lpz. Lit. Zeit, Nr 239. vom Jahre 1818
bei, der es zweifeliiaft findet, ob sich die Griechen eines Thea-
tervorhangs bedienten Die wenigen Scenenveränderungen, die
bei ihren Tetralogieen in einer Sitzung vorkamen, konnten wohl
vor den Augen der Zuschauer vorgehen und waren gewifs weniger
störend als der Scenenwechsel in einem einzigen Shakespeari-
schen Stück, wie wir jetzt die Saclie mit der lächerlichsten Ge-
nauigkeit betreiben.
Aulaea dicta sunt ab aula Attali regis, in qua primum inventa
ingentia ista vela. Servius zu Georg. III , 25. (Die zwei Verse
bei'm Virgil selbst gehören zu den unbegieifliclisteii im ganzen
Virgil, weim man auf den Zusammenhang aclitetlj Wer kei\[\t
403
VirgU giebt, clafs die Römer diese Vorriclitung der Auläa vom Hofe der
Attalen in Perganuis , wo die kostlicliste Teppiclilaljrik war, zuerst ent-
lehnten, doch etwas "Wahres haben. Sei dem, wie ilun wolle, diese
Bühnenteppiche ^die gewifs nicht bei jedem Act auf und nieder gingen,
weil es dergleichen, das Ganze in Stücke zerschneidende Acte, wie
bei uns, noch gar niclit gab, sondern die Bühne das ganze Stück hindurch
offen blieb), in der damaligen Handelsmetropole der Welt, in Alexandrien
entweder nach den Vorschriften der Herren der Welt in Rom selbst ge-
wirkt, oder aus dem Vaterlande aller Teppichwirkerei, dem Orient, in
den dortigen Bazars aufgestellt, machten theils mit ihrer Farbenpracht
im vollen Tageslicht des italienischen Himmels, wo noch jetzt bei allen
Processionen die ausgehangenen Teppiche Wunder thun, theils durch
das Bedeutsame der colossalen, eingewirkten, dienenden Figuren,
so oft sie aus ilirein , die Vorbühne durchfurchenden Lager langsam zur
Verhüllung der Bühne emporstiegen, einen eben so malerischen, als
angemessenen Effect. Denn diese Colossen, unstreitig oft als kämpfende
oder gefesselte Sclaven aus überwundenen Völkern, Galliern, Britannen,
Germanen , gestaltet *) , wuclisen zauberartig aus dem Boden liervor,
und krochen dann am Ende auch eben so langsam wieder in den Boden
hinein. Wer Ovid's Verwandlungen auch nur aus Vofs's (leider noch
immer nur fragmentarischen) Ucbersetzung kennt, wie er, das Empor-
wachsen der Drachensöhne dort schildernd , hinzusetzt (Th. I. S. 147.) :
Also, wenn sich erhebt dem Festtheater der Vorhang,
Steigen die Bilder empor und enthüllen zuerst die Gesichter,
nicht übrigens die Attalica peripetasmata wenigstens aus Cicero,
Verr. IV. 27? Vergl. Manso, die Attalen und ihre Ver-
dienste, S, 30.
Schon die oben angeführten Verse Virgil's, das intexti tollunt
aulaea Britanni beweis't diefs zu Genüge. Uebrigens hatten die
vornehmen Romuliden zn viel Schicklichkeitssinn , um auf einem
solchen Theatervorhang die 9 Hlusen mit dem Apollo oder ihre
Dichter und Helden abzuconterfeien, wie sie auf so vielen neuen
Vorhängen paradiren. Auch für die Teppiclie in ihren Häusern
und Tempeln hatten sie eigene Diener. Was konnte aber dem
Herrschervolke, selbst in seiner Erniedrigung unter den Kaisern
noch immer gewohnt, alle unterjochte Völker als seine Sclaven
anzusehen , mehr schmeicheln , als riesenliaft plumpe Gestalten
aus jenen Nationen nicht nur als wirkliche Maschinen- \nid Tep-
pichknechte angestellt, sondern auch dieselben auf den Teppichen
selbst gewirkt zu erblicken; vergl. Vofs zu Virgil's länf'Hchen
Gedichten, IV. S. 528. Die Prachtliebe derer, welche die
Spiele gaben, gestattete nie, dieselben Bühnenvorhänge dem Volke
noch einmal zu zeigen. Man schickte also immer neue Vorzeich-
nungen dazu nach Alexandrien,
26*
404
Dann allruäliliß ilen Leib und, in sanftem Zuge gerichtet,
Stellen sie ganz nnd setzen den Fiifs auf die untre Verbrämung.
Das mag denn freilich Figuren gegeben liaben, wie die Giganten
im inneren Hypätliros des grofsen Tempels zu Agrigent. Denn riesea-
grofs, vielleiciit gar auch als Atlanten, mufs man sich diese Gestalten
denken, die in dieser langsamen Kriiebung ein wahrhaft imposantes
Schauspiel darboten. Vergleichen wir nun damit »msere auf Leinwand
oder Carton gemalten Vorschieber oder Aufscliieber , sehr uneigentlich
Gardinen oder Tlieaterv orhän g e genannt, wo Berge, Quellen und
Seen, Tempel und Altäre mit mancherlei Figurengewimmel nocli vor
Kurzem — denn auch hier ist neuerlich wenigstens einige Vernunlt
eingetreten — bald rasch in die Höiie flogen , bald aufs Läciierlichste —
denn die Sache kann ja nicht genug beschleunigt werden — und auf's
Unnatürlichste vom Theaterhimmel auf den Boden herabstürzten.
Artistisches Notizenblatt. 1824, Nr, 2.
31.
Die Alten sclilossen im Inneren ihrer Häuser fast alle Gemächer,
Hallen, Scliattenseiten der Galerieen nur mit Teppichen. Die Tisch-
ler Iiatten da weit weniger zu thun als die Vestiarii. Unseren Tep-
picliliixus treten wir mit Füfsen. Aber die Fufsböden der Alten waren
mehr oder weniger musivisch, eine veredelte Lastricatura. Die Beweise
dazu werden fast täglicl» in allen Gegenden Kuropas, wo Römer wohn-
ten, ausgegraben. Dagegen kannten sie unsere gemalten Plafonds fast
gar niciit, so grofs auch die Praclit ihrer Marmordecken en caisson,
ihrer lacunaria und laquearia waren (s. Hirt 's Baukunst der Alten, S.
2-iO. fl",). Dagegen aber bekamen ihre Speisesäle, worin sicli aller Putz
und Schmuck vereinigte, oft durch geschmackvolle, unter die Decken
ausgespannte ligurirte Purpurteppiche ein grandioses, zeltartiges An-
sehn. Wenn Horaz aulaea und ostrum zusammensetzt (Od. HI, 29.),
so steht diefs nicht, wie die teutschen Bearbeiter des Scaurus Pa-
lastes von Mazois, S. 256. meinen, blos für purpurne Teppiche,
sondern aulaea sind die unter der Decke ausgespannten Prachtteppiche,
ostrum aber die köstlichen Purpura ber/üge der Tischbetten. Schon der
Vater aller wahren Alterthumskunde, Isaak Casaubon, hatte den Vor-
satz , ein eigenes Werk de vestibus stragulis zu schreiben , weil er den
von uns kaum geahneten Umfang der Teppichgewänder uiul Praciitgewebe
des AUorthuiiis wohl erwogen hatte. Es wäre noch heute eine tüchtige
Probearbeit eines Philologen. Conjecturen und Sjlbenmessungen haben
wrr genug!
Artistisciies Nolizenblalt 1824. Nr. 2.
405
32.
M'er auch nar oberflächliche Keniitiiifs des Alteitlmuis besitzt, kennt
den prächtigen Sclileppinantel des alten griechisclien Hehlenspiels, dessen
colossale Formen im beschuhenden Cothiirn, wie in der Jiocliaufgetliiirm-
ten Kopfmaske, auch in der Staatsrobe offenbar wurden, welclie diesen
auf tragisclie Hochgestalten bereclineten Gliederban der Tragöden «m-
üofs und, da er liier niclit, wie bei der faltenreichen Palla der Frauen
mit den Armen aufgefafst wurde, sondern mit Agraffen über der Schul-
ter befestigt lang nachschleppte *), der Figur ein vorherrschendes, ma-
jestätisches Anselin gab. Dieses Syrma — diefs war der eigentliche Name
dieses tragisrlien Schleppmantels — wurde so sehr das Abzeichen aller
Theaterrepräsentation im Trauerspiele, dafs die römische Sprache sich
desselben noch liänligor zur Bezeiciinung des grandiosen Trauerspiels be-
diente, als wir in ähnlicliem Fall das Wort Cothwrn gebrauchen.
Krklärung der Knpfer im Taschenbuch Minerva 1820. S. 14.
33.
Man nnterscheide den S } r t o s , nämlich C !i i to n , der allerdings
dem tragisclien Frauencostlim zugehörte (s. Pollux IV. 118.) und einen
Scldepp hatte, und das Syrma, welches blos zur Citliarödentracht und
iTir den Schleppmantel der iNIinerva geliört. Genelli in seiner Ab-
handlung vom Costiim im Tiieater zu Athen hat S. 90. beides verwecii-
solt. üeber den .Schleppmantel oder das S./ma der Tragöden und Ci-
tharöden s. Sabina oder Toilette einer Römerin S. 418.
Erklärung der Kupfer im Taschenbuch Minerva 1820. S. 41.
S. Sabina oder Toilette einer Römerin S. 417. f. Miliin hat
in seiner Description de Yases antiques T. I. p. 68. 10. die eng-
anliegende Tunica der Flötenspielerinnen , die allerdings aucli,
das Syrma der Tragödie nachahmend, einen .Sclilepp hat, damit
verwechselt. Diefs gehört aber, wie schon aus Pollux Vll. 69,
ersichtlich, blos der Tragödie und Theaterrepräsentation»
Gedruckt in der Gärtner'schen Buchdrucker ei.
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In der Arnoldischen Buchhandlung in Dresden und
Leipzig sind erschienen uud durch alle namhafte Buch-
handlangen zu beziehen :
Böttiger, C, A. , Andeutungen zn ricr nnd zwanzig
Vorträgen über Archäologie. Erste Abtheilung. Allge-
geineine Uebersichteu und Geschichte der Plastik bei
den Griechen, gr. 8. 1807. I Thlr.
— — Ideen zur Kunstnijthologie. Erster Band. Erster
Cursus. Stammbaum der Religionen des Alterthums.
Eiuleitung zur vorhomerischen Mythologie der Griechen.
Aus den für seine Zuhörer bestimmten Blättern heraus-
gegeben. Mit 5 Kupfern, gr, 8. 1826. 3 Tiilr.
— — deren zweiter Band. Zweiter , dritter und vierter
Cursus. Jupiter, Juno und Neptunus, Amor nnd Psyche.
Ans C, A. Böttiger's hinterlasseuen Papieren herausge-
geben von J. Sillig. Nebst 2 Kupfertafeln, gr, 8.
1836. 3 Thlr, 6 gr.
Sillig, J. , Calalogus artiiicnm sive architecti, statuarii,
sculptores, pictorcs, caelatores et scalptores Graecorum
et Romauornm, lilerarnm ordine dispositi. Acccdunt tres
tabulae synchronisticae, gr. 8. 1827. 3 Thlr,