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Full text of "Informationsdienst Sozialarbeit (1972 - 1980)"

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843) Der Info dient der Kommunik ation und Kooperation von Gen enossen, die mit 


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sozialistischem Anspruch im Feld der sozialen Arbeit tätig sind. Der Info enthält 


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| und Basisaktivitäten sozialistischer Sozialarbeiter/-pädagogen, Erzieher etc., — 
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= Y con ans deni f . und Gewerkschafts 
Kurzberichte, Informationen und en aus dem Sozi = N G 000 
bereich sowie Materialien, Hinweise, Stellenangebote und Kleinanzeigen. 


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: Vn Folgende Hefte sind noch lieferbar: — | a rap Me 
D - 5 JL TAn k 1. c P şa Ji key. k T ix” e: ee / 1 04 ^ D 3 4 A 
EE rr s. ZUR ORGANISIERUNG IM SOZIALBEREICH ( 104 Seiten, DM 5—) 
84577: ye ^w d Loan Fr eg ET 0 an EEN Tü AA 
NL rr ?: JUGENDHILFETAG-SOZIALISTISCHE AKTION (80 Seiten, DM 4 


SR vo Dit — ud. Yo ya “qra a YO R LAT Go A rc p . A TI | / PR AKTI CH R 
HEFT 8: REFORM UND REFORMISMUS ALS PROBLEM PRAKTISCHER 





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Lé di er E degkeet a Laag Led 7 AT en, L^ ` f ; Jj DM 5 "Y 
BE rr: oom IN JUGENDZENTREN (98 Seiten, e 
R A — xb Ri d MA pM i. R ss GE * we, 9 e i GA Seiten T M b | “a. D 
EE HEFT 10: KNAST UND SOZIALARBEIT (64 Seiten, DM 3,50) 


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BB rr 11: INSTITUTIONELLE PROBLEME STADTTEILBEZOGENER 


mt EMT STADTTEILBEZOGENER 
HEFT 12: INSTITUTIONELLE PROBLEME STADTT EILBEZOGENER 


BB — SOZIALARBEIT- TEIL H (80 Seiten, DM 4—) — P 
| t JGENDARBEITSLOSIGKEIT (96 Seiten, DM 5.-) MM 








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m . xe HEFT 14: ALTERNATIVE PSYCHIATRIE (80 Seiten, DM 4.— — — 
EE rr 15: STUDIUM UND BERUFSPRAKTIKUM (88 Seiten, DM 5.) 

| HEFT 16: GEWERKSCHAFTSARBEIT IN DER ÖTV (88 Seiten, DM 5—) 

| HEFT 20: SOZIALARBEITERAUSBILDUNG (104 Seiten, DM 7, 
Herausgeber: Sozialistisches Büro, Postfach 591, 608 Offenbach 4 
Verleger: Verlag 2000 GmbH Offenbach 
Erste Auflage: September 1978, 5000 Exemplare. 
| Alle Rechte bei dem Herausgeber — | 
Bİ veins Verlag 2000 GmbH, Postfach 591, 605 Offenbach 4 

© Postscheck Frankfurt Nr. 61041 - 604 
| Preis ` EimfaehuummerDM S 0, | 
| — bei Abnahme von mind. 1o Stück 20% Rabatt EN 

—— Weiterverkäufer(Buchläden,Buchhandel) 40% Rabatt 
jeweils zuzüglich Versandkosten BE Ki Y 
İB ee into kann auch im Abonnement bezogen werden, Bezugsgebühren für 


das Jahr 1978 (Heft 19 - 22) DM 15,- und DM 2,80 Versandkosten 


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| Verantwortlich: Redaktionskollektiv Info Sozialarbeit — 
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Presserechtlich verantwortlich: Günter Pabst Offenbach — 
Beilagen: Einladung zur Tagung “Familienfürsorge” — 
əə m. Druck: hbo - I ruck, Einhausen o ` i n 
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INFO SOZIALARBEIT , HEFT 21 


INHALT 
L; - Organisation und Aufgaben der Familienfürsorge 5 
IIT.  - Staatlicher Auftrag und Funktion des Sozialarbeiters 13 
III. - Spielräume und Veränderungsmöglichkeiten 17 
IV. - Der Sozialarbeiter wird an die Kette gelegt 2] 
V. - Rationalisierung und Arbeitsintensivierung 

im Sozialbereich 37 
VI. - Methodische und politische Aspekte des Verhültnisses 

zu den Betroffenen im "Allgemeinen Sozialdienst" 45 
VII. - Aus dem Sozialhilfealltag 49 


VIII. - Die Nichterhóhung der Sozialhilfe 


oder wie ein Skandal Skandale nach sich zieht 5] 
IX. - Gedanken über Sozialhilfe 55 
d - Dokumentation über die Demokratie in einem Amt 

in einer Grofistadt 58 
XI. - Nur die ganz 'Aufrechten' halten durch - Sozialarbeit 

und gewerkschaftliche Organisierung in der ÓTV - 74 


Stellenangebote/Stellensuche 20/50 


NEU IM VERLAG 2000 


Marlene Neske/ 
Günter v. Juterzenka 
ZWISCHENLOSUNG: ARBEITSKOLLEKTIVE 


— Selbsthilfeinitiativen und Jugendarbeitslosigkeit — 











Zeichnungen: Christoph v. Lów 


* 
Vorwort: Roland Roth 


REIHE ROTER PAUKER, HEFT 15 
Materialien für die Unterrichtspraxis 


Renke Maspfuhl/ Joachim Paech (Hrsg.) 


MEDIENPRAXIS: 


Öffentlichkeit für Schüler und Lehrlinge! 


REIHE BETRIEB 
UND GEWERKSCHAFTEN 


Ulrich Bosse 
EIN BETRIEB MACHT DICHT ... 
WERKSSCHLIESSUNG IN KALLETAL 


Betrichsstillegungen - Zentrales Problem gewerkschaltlicher Politik 


INFORMATIONSDIENST 
GESUNDHEITSWESEN 


GRUPPEN- 
PRAXIS 


$Systemimmanente Reform 
oder Teil einer 

sozialistischen Perspektive im 
Gesundheitswesen? 





Bezug: Verlag 2000, Postfach 591, 605 Offenbach 4 


VORBEMERKUNG ZU DIESER AUSGABE 


In der Familienfürsorge(Fafü) - oder im Allgemeinen Sozialdienst(ASD), 
wie es in einigen Städten heißt - arbeitet ein Großteil der Sozial- 
arbeiter. Grund genug, sich mit der Arbeit in der Familienfürsorge 
auseinanderzusetzen. 

Angeregt durch die Diskussion auf der Tagung des Arbeitsfeldes Sozial- 
arbeit im Dezember 1977, beschlossen AKS-Genossinnen und Genossen aus 
verschiedenen Städten, die im Bereich der Familienfürsorge arbeiten, 
gemeinsam ein Info zu diesem Schwerpunkt zu erarbeiten. 

Um mit móglichst vielen interessierten Kollegen zu diskutieren und 
Erfahrungen austauschen zu kónnen, luden wir im Mürz 1978 zu einer 
Wochenendtagung nach Frankfurt ein. 

Über 5o Kollegen aus verschiedenen Stüdten der Bundesrepublik und West- 
berlin nahmen an diesem Treffen teil. Sowohl die Ergebnisse der Vor- 
bereitungsgruppe, als auch die Diskussionsergebnisse des Tagungs- 
wochenendes wurden in dem vorliegenden Info verarbeitet. Hinzu kommen 
Beiträge von AKS-Gruppen und Einzelmitgliedern. Die Gesamterarbeitung 
erfolgte dann wiederum kollektiv, deshalb sind keine Autorennamen 
angegeben. 


Eine Aufzählung verschiedener Organisationsformen im Bereich der Fafü/ 
ASD, die auf der Tagung dargestellt wurden, steht am Anfang, gefolgt 
von einer Auflistung der Tätigkeitsmerkmale der Familienfürsorge. 

Der kurze historische Exkurs über den staatlichen Auftrag und die 
Funktion des Sozialarbeiters dient der besseren Einschätzung des heu- 
tigen Arbeitsauftrages und der Diskussion über Spielräume und Ver- 
änderungsmöglichkeiten. 

Am Beispiel des Sozialdienstes Frankfurt sollen die konkreten Ver- 
schlechterungen der Arbeitsbedingungen und die politischen Regle- 
mentierungen aufgezeigt werden. Die Dokumente über die Demokratievor- 
stellungen einer Großstadt dürften sicher auch für eine ganze Reihe 
anderer Städte zutreffen. 


Als Ergebnis der Diskussion um Rationalisierung und Arbeitsintensi- 
vierung ist das Protokoll einer Arbeitsgruppe interessant, an der sehr 
viele Kollegen teilgenommen und eine Liste von Merkmalen zunehmender 
Verschlechterungen herausgearbeitet haben. 

Zum Thema "Sozialhilfe", was an dem Wochenende nicht diskutiert werden 
konnte, einige Gedankensplitter und ein Bericht über eine Aktion mit 
Sozialhilfeempfänger. 

Der Artikel einer SB-Gruppe, die über die Fachgruppenarbeit in der 

ÖTV München berichtet, gibt bereits einen Ausblick auf das nächste 
Arbeitsseminar zu dem Thema "Familienfürsorge. 


Eine vollständige Aufarbeitung aller Aspekte und Fragestellungen im 
Zusammenhang mit der Arbeit in der Familienfürsorge war natürlich an 
einem Wochenende nicht zu leisten. Der Info ist deshalb als Denkan- 


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stoß zu verstehen. Um die begonnene, notwendige Diskussion und die 
Aufarbeitung weiterer Probleme fortzuführen, wollen wir im Herbst 
1978 ein weiteres Arbeitsseminar organisieren. 

Alle Kolleginnen und Kollegen, die in der Familienfürsorge/Allgemeiner 
Sozialdienst und in angrenzenden Arbeitsbereichen arbeiten, laden wir 
herzlich zum Arbeitsseminar vom 2o. - 22. Oktober nach Frankfurt ein. 
Als Schwerpunkte für die Herbsttagung sind folgende Themenkomplexe 
vorgesehen: 

e Politische Ansütze und Perspektiven in der Familienfürsorge 

e Was hat es auf sich mit der "Professionalisierung"? 

e Welche Bedeutung haben Methoden/Supervision/Fortbildung? 

e Gewerkschaftliche Arbeit 


Redaktionskollektiv 
-Arbeitsgruppe Familienfürsorge- 


ARBEITSFELDMATERIALIEN 
ZUM SOZIALBEREICH 


Timm Kunstreich: 
DER INSTITUTIONALISIERTE 


KONFLIKT 


Eine exemplarische Untersuchung zur Rolle 
des Sozialarbeiters in der Klassengesellschaft 
am Beispiel der Jugend- und Familienfürsorge 


Offenbach im November 1975 - Preis zehn Mark 


I. — ORGANISATION UND AUFGABEN DER FAMILIENFÜRSORGE 


1. ORGANISATIONSFORMEN DER FAMILIENFÜRSORGE 


Die Familienfürsorge ist ein Teil der Verwaltung und von daher in der 
Regel hierarchisch aufgebaut. In vielen Städten wird die Familienfür- 
sorge seit einiger Zeit "Allgemeiner Sozialdienst" genannt. Sie wird 
von Kommunen, kreisfreien Stüdten und Kreisen betrieben. Die Fami- 
lienfürsorge ist unterschiedlichen Amtern zugeordnet und hat somit un- 
terschiedliche Organisationsformen und Kompetenzen. 


Familienfürsorge ist Abteilung des Sozialamtes: 

Sie nimmt den Außendienst (in Ausnahmen auch teilweise den Innen- 
dienst) für das Sozialamt, das Jugendamt und Gesundheitsamt wahr. 
Es besteht keine Entscheidungsbefugnis. (Eine Ausnahme bildet das 
Trierer Modell beim BSHG) 





Familienfürsorge ist Abteilung des Jugendamtes: 

Sie macht den Außendienst für Sozial- und Gesundheitsamt und In- 
nendienst und Außendienst für das Jugendamt. Dadurch besteht Ent- 
scheidungsbefugnis im Rahmen des Jugendwohlfahrtsgesetzes,z.B. An- 
tragsrecht beim Vormundschaftsgericht, bei Heimunterbringung, Pfle- 
gefamilien. 


Familienfürsorge bildet eigenständiges Amt: 

Sie übernimmt den Außendienst für die drei Ämter, Sozialamt, Ju- 

gendamt und Gesundheitsamt und besitzt keine Entscheidungsbefug- 

nis. 
In vielen Städten und Kreisen bestehen Übergangs- bzw. Mischformen, 
die auch abhängig vom Vorhandensein der besonderen sozialen Dienste 
sind. 
Der "Allgemeine Sozialdienst" ist meist sehr stark aufgesplittert 
(dezentralisiert). Der einzelne Sozialarbeiter ist alleine für "sei- 
nen"Bezirk zuständig und verantwortlich. Daraus folgt eine starke 
Isolierung des einzelnen Sozialarbeiters sowohl organisatorisch als 
auch fachlich. Ein gemeinsames Handeln von Sozialarbeitern im "All- 
gemeinen Sozialdienst" ist dadurch stark behindert und nur sehr 
schwer zu erreichen. Treffen und Arbeitsgruppen sind wáhrend der Ar- 
beitszeit kaum zu realisieren. 


Im folgenden beschreiben wir die Organisationsformen in verschiede- 
nen Städten der BRD, wie sie von Teilnehmern der Tagung "Familienfür- 
sorge" dargestellt worden sind: 


Familienfürsorge Krefeld 
———...........—.... -—— 


Die Familienfürsorge ist neben dem Jugend- und Sozialamt ein eigen- 
stündiges Amt, sie hat aber Zuarbeiterfunktion für die beiden letzt- 
genannten Ämter. Innen- und Außendienst sind getrennt. 

Der Aufiendienstsozialarbeiter ist für lo.ooo bis ll.ooo Einwohner zu- 
ständig. Berichte des Außendienstes sind bindend für den Innendienst. 
Die Sozialarbeiter hatten Interesse an der Zusammenlegung des Innen- 
und Außendienstes, weil sie dadurch mehr Entscheidungsbefugnis erwar- 
teten. Nach Diskussionen in der ÓTV-Gruppe sind sie davon abgekommen 
weil deutlich wurde, daf ihre Vorstellungen nicht durchgesetzt werden 
kónnen, sondern sogar noch als Auslóser für Rationalisierungsmafinah- 
men mißbraucht werden könnten. 

Von der Amtsleitung werden z.Zt. die Móglichkeiten von Teamarbeit ge- 
prüft. (Vorsicht, Gruppenleiter!!!) 


Kreisjugendamt - Sozialer Dienst - Heidelberg 
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Die Sozialarbeiter im Kreisjugendamt Heidelberg sind seit Mai 1977 
für das Jugendamt im Innen- und Außendienst und für das Sozialamt 

im Außendienst tätig. (Die Umorganisation wurde den Kollegen 4 Wo- 
chen vorher mitgeteilt!!) Es sind insgesamt 32 Sozialarbeiter, die 

in 3 Gruppen aufgeteilt sind. Jeder Sozialarbeiter hat ca. 15.000 
Einwohner (lo.ooo Einwohner werden angestrebt von den Mitarbeitern) 
zu betreuen in einem Umkreis von durchschnittlich 120 km. Der Leiter 
des sozialen Dienstes hat einen kleinen Bezirk und ist im Moment noch 
als Gruppenmitglied in einer Gruppe. 


Die Sozialarbeiter sind mit den Stenotypistinnen in einem Großraum- 
büro in Heidelberg untergebracht. Sie haben nur einen separaten Ge- 
sprüchsraum zur Beratung. Stundenweise halten sie Sprechstunden in 
einem Büro in ihrem Bezirk ab. j 

Neben der Beratung und den Stellungnahmen haben die Sozialarbeiter 
die Aufgabe, die Kostenberechnungen der wirtschaftlichen Jugendhil- 
fe (Heimberechnungen bis hin zu Lohnpfändungen) anzufertigen. də 
ist eine ungeheuere Belastung nicht nur vegen der mangelnden Ausbil- 
dung auf diesem Gebiet, sondern auch vegen der Schvierigkeit, auf ei" 
ner Seite beratend, auf der anderen Seite als Geldeintreiber tätig 

zu sein. 
Alle 2 bis 3 Wochen ist eine Dienstbesprechung, wobei z.B. eine Heim- 
einweisung zur Besprechungspflicht gehört. 


Positiv wird gewertet, dafi die einzelnen Sozialarbeiter die Familien 
durchgehend betreuen. 
Negativ ist die große Belastung durch die Kostenberechnung der wirt- 
schaftlichen Jugendhilfe, die Bezirksgröße und die jeweiligen Entfer- 
nungen zu ihren Bezirken. 


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Familienfürsorge Friedberg 
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Die in der Familienfürsorge arbeitenden Sozialarbeiter sind als eige- 
nes Amt "Sozialer Dienst" organisiert. Die Amtsleiterin ist Sozial- 
arbeiterin. Das Amt "Sozialer Dienst" untersteht einem anderen Dezer- 
nenten als das Jugendamt. Dies führt zwangsläufig zwischen den Ämtern 
zu Komplikationen. 


Die Außendiensttätigkeit für das Gesundheits-, Sozial- und Jugend- 
amt wird vom "Sozialen Dienst" wahrgenommen. Im Bereich des Jugend- 
amtes begreifen sich die Sozialarbeiter des "Sozialen Dienstes" nicht 
nur als Auflendienst, da ihre Entscheidungen (ausgenommen finanzielle 
Entscheidungen) formal vom Jugendamt weitergegeben werden. 


Positiv: Als eigenes Amt mit eigener Verantwortlichkeit ergeben sich 
Spielräume für die sozialpädagogische Arbeit, die nicht einer unmit- 
telbaren Kontrolle der anderen Ämter unterliegt. 

Negativ: Zwischen dem Jugendamt und dem "Sozialen Dienst" gibt es, 
verstärkt durch die unterschiedliche Dezernatsverteilung, häufige 
Kompetenz- und Machtkämpfe,die die Arbeit erschweren. Der Informa- 
tionsaustausch zwischen den Ämtern ist zu gering. 





Familienfürsorge Essen 





Bis zum 1.1.1976 gehörte die Familienfürsorge als Abteilung organi- 
satorisch zum Sozialamt. Bei getrenntem Innen- und Außendienst nahm 
die Familienfürsorge den Außendienst für das Jugendamt, das Sozial- 
amt und zum Teil auch für das Gesundheitsamt wahr. 

Ab 1.1.1976 gehórt die Familienfürsorge organisatorisch zum Jugendamt 
und wurde in "Allgemeiner Sozialdienst" (für das Jugendamt, Sozial- 
amt und Gesundheitsamt) umbenannt. Beim Allgemeinen Sozialdienst 

sind z.Z. ca. 9o Sozialarbeiter(innen) beschäftigt. Jede(r) Sozialar- 
beiter(in) ist für einen Wohnbezirk mit durchschnittlich 7.000 Einwoh- 
nern zuständig. Bei der Größeneinteilung der Bezirke ist ein Gefälle 
von Nord nach Süd entsprechend der Infrastruktur vorhanden. Im Nor- 
den sind die Bezirke in der Regel kleiner, im Süden größer. 

Ähnliche Aufgaben oder auch gleiche Aufgaben,die der Allgemeine So- 
zialdienst wahrnimmt, können auch von freien Trägern der Jugendhilfe, 
wie z.B. Arbeiterwohlfahrt, Caritas-Verband, Deutscher Paritätischer 


Wohlfahrtsverband usw. wahrgenommen werden. 


Es ist geplant der bisher rein formalen Änderung auch eine inhaltliche 
Änderung folgen zu lassen. Der Innen- und Außendienst sollen zusam- 
mengelegt werden. Das hat zur Folge, daß Doppelarbeit und mehrfache 
Zuständigkeiten beseitigt werden, was zum Teil für den Klienten, im 
wesentlichen aber für die Verwaltung,positive Folgen aufweist. Für 
den Bezirkssozialarbeiter bedeutet dies (da keine neuen Stellen ge- 
schaffen werden) jedoch bei gleichbleibenden Bezirken Mehrarbeit. 
Die Umorganisation dient also nicht nur den Klienten, sondern ist in 
erster Linie eine versteckte Rationalisierung, die damit kaschiert 
werden soll, daß sie für die Klienten und die Stadt gut ist. Die So- 
zialarbeiter werden zwar an der Planung mitbeteiligt, jedoch im üb- 
lichen scheindemokratischen Rahmen, wie aktuelle Ereignisse bewei- 
sen. Es wurde z.B. daran erneut klar, dafi die Abteilungsleitung ge- 
gen den Willen eines Arbeitskreises durchsetzt, daß bei Berufsanfän- 
gern die Leitung der Nebenstelle ein Jahr lang alle Berichte gegen- 


zeichnen soll, 
Der Widerstand der Kollegen findet allmählich eine breitere Basis. 


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Familienfürsorge Pforzheim 
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Seit 1974 ist die Familienfürsorge in Pforzheim neu organisiert vor- 
den. Das Organisationsmodell vurde von der Victor-Gollancz-Stiftung 
erarbeitet. Die Mitarbeiter waren ständig in die Auseinandersetzung 
miteinbezogen. 



















AMTSLEITER 





VERTRETER 
3 REGIONALE ARBEITSGRUPPEN (AG) ZUSAMMENSETZUNG DER 
Jeweils DELEGIERTENKONFERENZ(DK 
4 - 6 Mitarbeiter der Familienhilfe Amtsleiter 
l - 2 Mitarbeiter der Erziehungshilfe Vertreter 


3 Delegierte der regionalen AG’s 
auf diese AG's sind einzelne Mitarbeiter ver- 1 Del. d. Sachgebietes Familienhilfe 
teilt, die in Sonderdiensten arbeiten(Erho- 1 Del. d. Sachgeb. Erziehungshilfe 
lungsfürsorge,TBC,Pflegekinder/ Adoptions- l Del. Amtsvormundschaft 
wesen, Vormundschaftswesen, 2 hauptamtl. 1 Del. Jugendpflege 
Erziehungsbeistände) 1 Del. d. städtischen Einrichtungen 

(Kinderheime/Kitas) 

Die oben aufgeführten Dienste werden von 1 Del. d. Sekretärinnen 
Sozialarbeitern besetzt . 


Pro AG 1 — 1 1/2 Planstellen für Schreibkräfte 


Nicht in Arbeitsgruppen: 4 Amtsvormünder mit je 1 Schreibkraft; 3 Mitarbeiter in 

der J ugendpflege; 1 Mitarbeiter in der Sozialhilfe für Minderjährige; Rechnungsstelle 
Jede regionale Arbeitsgruppe (AG) stellt einen Delegierten bzw. Grup- 
pensprecher. Die regionalen AG's treffen sich wöchentlich und können 
Anträge in die Delegiertenkonferenz eingeben. Per Dienstanweisung 
kann der Jugendamtsleiter eine andere Entscheidung treffen und ist 
nicht unbedingt an Beschlüsse der Delegiertenkonferenz gebunden. 
Jeder Sozialarbeiter hat ca. 5.000 bis 8.000 Einwohner zu betreuen. 
Da sie wenig Berichte und Stellungnahmen zu Beihilfen machen müssen, 
haben sie intensivere Beratungsmöglichkeiten. 

Die Machtstellung der Abteilung Amtsvormundschaft/Amtspflegschaft 
wird am Beispiel der Heimeinweisung deutlich: die inhaltliche Begrün- 
dung liegt bei dem Sozialarbeiter der Familienfürsorge, während die 
endgültige Entscheidung bei der Amtsvormundschaft und der Amtsleitung 
getroffen wird. Weiterhin hat die Amtsvormundschaft im Gegensatz zu 
den anderen Abteilungen pro Sachbearbeiter eine Schreibkraft. 


Im Moment wird vonseiten des Amtsleiters überprüft, ob er Abteilungs- 
leiter für die einzelnen Abteilungen einsetzt (was im Modell nicht 
vorgesehen war), da er durch die Arbeitsgruppen und die Delegierten- 
konferenz keinen Überblick, d.h. Kontrolle hat. 

Das Amt wehrt sich geschlossen gegen die Einführung von Abteilungs- 
leitern. 

Es sind Fragebögen zur Arbeitsplatzbeschreibung entvickelt vorden, 
die jeder Mitarbeiter zur Überprüfung ausfüllen muß. In unserer Dis- 
kussion wurde deutlich, dap" die Arbeitsplatzbeschreibung für Rationa- 
lisierungsmaßnahmen benutzt werden können (siehe auch Artikel über 
Rationalisierung). 


Positiv wird von den dortigen Mitarbeitern gesehen, daß dieses Orga- 
nistationsschema die regionale stadtteilbezogene Arbeit unterstützt, 


- B - 





Sozialhilfe in der Krise 


Einleitung ` — “= ul ə 
Sozialhilfeempfánger berichten 
Zwei Interviews ` E 











Regelsätze 
Zweimal beschissen bud 
Auer CS ; HEFTTHEMA: AUSGABE JULI/AUGUST 





Sozialhilfekürzungen 
Menschenwürde zu teuer 
U. Kramer 





Projekt 1: Frankfurt 
Sozialhilfeberatung — anders. 


Projekt 2: Kóln 
Endlich blickt man durch 





Projekt 3: Duisburg 
Fordern statt bitten 





Sozialamt 
Die Helferrolle aufgeben 
Sozialarbeitergruppe Berlin 





Sozialhilfe in den USA 
Wir erwarten 5000 Treffer 











Francis X. Clines EU ; ^g 
Sozialhilfe soz. Kontrolle ob | R A 4 
Der Betrugsverdacht wird universell LA .” N i 
Uta Rómmermann Stephan Le ibfrie d £ 
Rezension WA. aA "UR SOZIALAMT ; N 
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Sozialhilfe in den USA "e 
Volkhard Brandes X 
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INFO — LESER 
ERHALTEN DIESES DOPPELHEFT 
»1 d (102 Seiten) 
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/ i ' f VON DM5,- 


GEGEN VOREINSENDUNG 





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j 4 PAD. EXTRA SOZIALARBEIT 
T f POSTFACH 295 
: | i 614 BENSHEIM 


Grafik: Hilgert 








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Thema 





SUEEUGUEAVY"TI E 


ein intensiver Austausch in den Arbeitsgruppen (Beratung und Unter- 
stützung bei schwierigen Entscheidungen) gegeben ist, wenn er von 
dem einzelnen Mitarbeiter in Anspruch genommen wird. 
Negativ: Die Vorgabe von demokratischen Strukturen bedeutet nicht 
gleich die Demokratisierung der Arbeitsvollzüge. Demokratisierung 
kann erst durch das Ausschópfen der Handlungsspielräume durch die 
Mitarbeiter erreicht werden. 





Familienfürsorge in Frankfurt 





Die Familienfürsorge ist dem Jugend- und Sozialamt untergliedert. Sie 
nimmt neben der Beratung Aufgaben für beide Amter wahr. l 
Die Sozialarbeiter der Familienfürsorge sind neben der wirtschaftli- 
chen Sozialhilfe und -jugendhilfe, sowie der Amtsvormundschaft dezen- 
tral in 9 Sozialstationen tätig. Jeder Sozialarbeiter hat, nach er 
nem Schlüssel von Erziehungsakten und Einwohnerzahl (6.500 ca.), el- 
nen Bezirk zu betreuen. Der Bezirk der: Sachgebietsleiterin ist auf 
die einzelnen Sozialarbeiter verteilt. Innen- und Außendienst werden 
zusammen wahrgenommen. : 

Nachdem in den anderen genannten Abteilungen der Sozialstationen Ra- 
tionalisierungsmaßnahmen durchgeführt worden sind, läuft die Rationa- 
lisierung in der Familienfürsorge jetzt an. 





Familienfürsorge Hamburg 
En EE EE EEN 


Die besondere Situation des Stadtstaates macht für Auflenstehende die 
Organisation der Familienfürsorge schwer verständlich. 

Das Bezirksjugendamt ist für die Familienfürsorge die aktenführende 
Dienststelle (Inndendienst) und vertritt formal das Amt für Jugend. 
Es untersteht direkt der Behörde für Schule, Jugend und Berufsbil- 
dung (ministerielle Ebene). Der Innendienst besteht ohne "Wasser- 
kopf" aus 6 Sozialarbeitern und 12 Verwaltungssachbearbeitern. 

Der Aufiendienst ist unterteilt in Familienfürsorge, weibliche Jugend- 
fürsorge und männliche Jugendfürsorge. Für den Außendienst Familien- 
fürsorge (Bezirksgröße ca. 8.000 Einwohner) ist die Arbeits- und So- 
zialbehörde, für die weibliche und männliche Jugendfürsorge die Be- 
hórde für Schule, Jugend und Bildung (Bezirksgröße ca. 14.000 bis 
15.00 Einwohner) der Anstellungsträger. Die Dienst- und Fachaufsicht 
nimmt in der Familienfürsorge die Oberfürsorgerin und bei den Jugend- 
fürsorgern der Leiter des Bezirksjugendantes wahr. 

Der Außendienst bekommt in regelmäßigen Abständen oder im konkreten 
Fall vom Innendienst die Akten, bzw. formlosen erzieherischen Betreu- 
ungen zur Berichterstattung zugeschickt. Stellungnahmen an das Ge- 
richt werden offiziell vom Innendienst abgegeben, ansonsten wird in 
der Regel ein Außendienstbericht mit einem kurzen Anschreiben vom 
Innendienst weggesandt. 

In der "Geschäftsstelle Familienfürsorge" sind die Sozialarbeiter 

des Innen- und Außendienstes vertreten, so daß ein Informationsaus- 
tausch gewährleistet ist. 


Auf der Wochenendtagung wurden die Organisationsformen weiterer Städte 


von Kollegen vorgestellt, konnten aber in das Info nicht aufgenommen 
werden, da die Beschreibungen nicht korrigiert zurückkamen. 


- lo -= 


2. AUFGABEN UND TATIGKEITSMERKMALE DER FAMILIENFÜRSORGE 


-. 





Auftragsarbeiten für andere Amter und Institutionen 


Zu den Auftragsarbeiten gehören: 

6 Stellungnahme zu Anträgen im Rahmen des BSHG, z.B. Hilfe zum Lebens- 
unterhalt, einmalige Beihilfen, Hilfe in besonderen Lebenslagen, 
wie Pflegegled, Räumungsklagen, Wohnungswechsel. 

6 Die überwiegende Arbeit besteht in der Kontrolle der Hilfeempfünger 

z.B. ist die Beihilfe sachgerecht angelegt worden, der Bedarf tat- 

sä:hlich vorhanden, besteht evtl. eine wirtschaftliche Einheit mit 

einem Partner, geht der Hilfeempfänger einer Arbeit nach? 

Stellungnahmen an das Gericht bzw. Jugendamt im Rahmen des BGB und 

JWG: z.B. zur Regelung des elterlichen Sorgerechts und des persön- 

lichen Verkehrs mit dem Kind, zu vormundschaftsgerichtlichen Maß- 

nahmen, zu Namensänderung, Adoption, Pflegestelle, zur Ehemündig- 
keit. In Abständen werden Mündelberichte angefordert, Überprüfung 
der Verhältnisse in Pflegestellen (wenn nicht ein Spezialdienst die- 
se Aufgabe übernimmt), Heimunterbringungen. 

Kontaktaufnahme wird gefordert bei Auffälligkeiten von Familien, 

Z.B. Kindersvernachlissigung, -mißhandlung, Schulschwänzen, Jugend- 

und Kinderkriminalität, Gewalttätigkeit bei Kindern, psychische 

und geistige Störungen. 

Aufnahme von Anträgen für Ferien- und Erholungsmafinahmen. 

Stellungnahmen für das Gesundheitsamt: z.B. zu Anträgen auf Fami- 

lienerholung, bzw. Kinder- und Mutterkuren, Berichte iiber Verhält- 


nisse bei TBC-Kranken. 





Persónliche Hilfestellung 


Wenn der Sozialarbeiter der Familienfürsorge in "seinem" Bezirk, bzw. 
bei den Familien bekannt ist, erfolgt die Kontaktaufnahme oft un- 
mittelbar. Der Sozialarbeiter führt dabei z.B. folgende Aufgaben 


durch: 


0 Vermittlung bei Konflikten von Eheleuten, zwischen den Interessen 
von Eltern und Kindern, zwischen Hauseigentümern/Verwaltern und 
Mietern, zwischen Mietparteien, zwischen Sachbearbeitern von ande- 
ren Ämtern/Institutionen und Klienten. 

® Vermittlung von Kontakten z.B. Kindergräten, Schulen, Sprachheil- 
ambulanzen, psychischen Diensten, Jugendzentren, Familienbildungs- 
einrichtungen, freien Beratungsstellen und Verbänden. 

6 Der Sozialarbeiter berät in problematischen Lebenssituationen, z.B. 
bei Schwangerschaft, bzw. -abbruch, Ehescheidungen, Erziehungsfra- 
gen, schulischen und beruflichen Frage, Lohnfragen und Geldangele- 
genheiten, Rechtsfragen, Gesundheits- und Erholungsfragen und spe- 


zielle Frauenfragen. 


Eine an den Bedürfnissen der Klienten ansetzende Sozialarbeit in der 
Familienfürsorge ist kaum zu verwirklichen. Die Konflikte und Proble- 
me der Bevölkerung nehmen ständig zu, zusätzliche Planstellen werden 
aber nicht geschaffen. Daraus ergibt sich u.a. die Zunahme der Auf- 
tragsarbeiten für andere Ämter. Der Sozialarbeiter ist immer mehr 


- 1] - 


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Thema 





einem Leistungsdruck ausgesetzt, denn durch die 775:5- 
die Leistung kontrollierbar. Die Schnelligkeit der Akten -— 5 
gilt als Mağstab für gute Sozialarbeit. Beratungsgespräche 7 — 
Klienten, die nicht aktenkundig verden, sind nicht als dy n ai 
zuveisen und haben für die Vervaltung keine Bedeutung. Dies ger We 
einigen Kollegen schon dazu, daß sie Gespräche außerhalb 5 
zeit führen, um ein venig im Interesse der Xlienten arbeiten zu kön 
nen. 





DIES IST DIE GESCHICHTE VON CASE CONNIE — 
EINE ENGLISCHE SOZIALARBEITERIN AUF DEM WEG 
DURCH DIE INSTITUTION (Texte wurden sinngemäß übersetzt) 


DIE ABENTEUER DER 


un 1 
rf) HALTET EIN!! 
Hört, Ihr seid 
eine Gemeinde 

in einem Land 

in dem Freiheit 
u. Demokratie 
herrscht 


als Sozialarbeiterin der Stadt 
wird losgeschickt 





Ich will Euch 
lehren zu 
sprechen 


Fortsetzung Seite 16 





II. — STAATLICHER AUFTRAG 
UND FUNKTION DES SOZIALARBEITERS 


Der staatliche Auftrag und die Funktion der Sozialarbeit im "Allge- 
meinen Sozialdienst" sind sowohl historisch ableitbar und belegbar, 
als auch aus Organisation und Aufgabenmerkmalen des "Allgemeinen So 
zialdienstes" ableitbar. 

An Funktionsbestimmungen und Aufzeigen der geschichtlichen Entwick- 
lung der Sozialarbeit fehlt es in der "Literatur" nicht, trotzdem 
halten wir es für erforderlich, im Rahmen dieses Info einen kurzen 
historischen Abrif zu geben. Gerade in den täglichen Auseinanderset- 
zungen in der Praxis, bei zunehmender Rationalisierung etc. "erleich- 
tert" es uns, wenn wir unsere Situation im historischen Zusammenhang 
sehen, um Illusionen bezüglich Veränderbarkeit, Frustrationen, Erwar- 
tungen besser in den Griff zu bekommen (z.B. verlgeiche die Entwick- 
lung der Sozialarbeit in der "Krise" am Ende der zwanziger Jahre und 
unsere heutige "soziale" Situation in der "Krise"). 


HISTORISCHER ABRISS 


In der vorindustriellen Zeit gab es bereits Vorläufer der institutio- 
nalisierten Sozialarbeit, die vor allem polizeiliche Funktionen wahr- 
nahm. Der Almosenempfänger war kein vollwertiger Bürger, er durfte 
2.B. auch nicht wählen. 

Die Reichspolizeiordnung von 1530, 1548, 1577 enthielt Bestimmungen, 
daß "auch die Obrigkeit Vorsehungen thue, daß eine jede Stadt und Kom- 
mune ihre Armen selbst ernähren und erhalten solle". (Zuständigkeit 
der Gemeinde - noch heute gibt es Rechtsstreit zwischen verschiede- 
nen Kostentrügern!) Neben der Selbsthilfe durch das bestehende so- 
ziale Bezugssystem (Familie, Zünfte, Gilden usw.) verteilten auch 
kirchliche Organisationen Almosen. 

Im Zuge der industriellen Revolution mußte sich die Sozialarbeit an 
die veränderten gesellschaftlichen Bedingungen( Mechanisierung, Tech- 
nologisierung, Arbeitslosigkeit) anpassen."Die sich aus der Massenar- 
mut, der Verelendung der gesamten Lebensverhältnisse (Wohnung, Klei - 
dung, Nahrung) ergebenden Störungen auch der öffentlichen Ordnung 

und die Gefahr der polizeilichen Lösung dieser Zustände führte zuneh- 
mend dazu, daß Armenfürsorge als staatliche Aufgabe begriffen und or- 
ganisiert wurde." 

1853 wurde die Armenpflege auf die Ortshehörden übertragen und nach 
dem Elberfelder System organisiert. Es wurden ehrenamtliche Armenpfle- 
ger eingesetzt, die für einzelne Stadtbezirke zuständig waren und Ent- 
scheidungsbefugnisse über die Gewährung von Armenunterstützung hatten. 
Armenhilfe war auch zu dieser Zeit im wesentlichen und ursprünglich 
Polizeimaßnahme; sie wurde repressiv gehandhabt und diente eindeutig 
zur Unterdrickung und auch zur Befriedung der von der Verelendung be- 
drohten arbeits- und mittellosen Lohnarbeitern, Bauern und Handwerk- 


gesellen. 


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Thema 





Zu Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 2o. Jahrhunderts wurden 

- einhergehend mit dem Beginn der Sozialgesetzgebung (Renten-, Kran- 
ken-, Arbeitslosenversicherung) - in Berlin, Worms und Düsseldorf 
die ersten Versuche gemacht, die zersplitterte Armenpflege personell 
und organisatorisch zusammenzufassen. An Aufgabenbereiche finden 

sich schon zu der Zeit Bereiche, die heute noch zum "Allgemeinen So- 
zialdienst" gehören, wie z.B. Armen- und Waisenpflege, TBC- und Säug- 
lingsfürsorge, Überwachung unehelicher Kinder und Zwangszüglinge, 
Schul- und Wohnungspflege und Wöchnerinnenfürsorge. Es wurden die er- 
sten Kinderverschickungen durchgeführt und Beratung in Kinderpflege 
für Mütter begonnen. | 

Zwischen 1899 und 1919 entstanden 26 Ausbildungsstätten für hauptamt- 
liche Wohlfahrtspflegerinnen. Ausgehend von diesen Ausbildungsstätten 
wurden die ersten reformerischen Ansätze gemacht, die in die Arbeit 
einen stärkeren pädagogischen Aspekt bringen sollten. 

Die Tätigkeitsbereiche der Fürsorge wurden in der Folgezeit bis zum 
Ende der zwanziger Jahre immer weiter ausgedehnt. Der Begriff "Fa- 
milienfürsorge" tauchte das erste Mal 1921 auf der Tagung des Fach- 
ausschusses für städtisches Fürsrogewesen in Nürnberg auf. Die Reichs- 
fürsorgepflichtverordnung trat 1925 in Kraft und galt bis 1962. Be- 
dingt durch die Krise am Ende der zwanziger bis Anfang der dreißiger 
Jahre, wurde die Arbeit wieder auf den Stand der Armenpflege zurück- 
geworfen. Viele Wohlfahrtspfleger wurden selbst arbeitslos. 1932 grün- 
dete sich eine Arbeitsgemeinschaft marxistischer Wohlfahrtspfleger. 
Mit der Übernahme der Macht durch die Faschisten wurden alle Wohl- 
fahrtsorganisationen in einen Verband gepreßt und somit liquidiert. 
Die Familienfürsorge wurde dem Gesundheitsamt zugeordnet und für die 
Erb- und Rassenpflege mit verantwortlich. 


Lnseebzitanfialt og ium dnd 
Jd ^h ot , gichberg, den aN- vember . 
Cidybevg | fizingau "ae pel, Ant Eltville 507. 

über Eitu:lle | f 


| , 
Boien: -— Detnhim C à d porru 


Frankfrt/Main. 





Dr.Schm/R 


Sehr geehrter Herr mme 


Hierdurch teilen wir Ihnen mit, daß Ihr Kind geb, 
1955 zu Frankfurt/Main, am 26.11.1944, morgens 8.00 Uhr in unserer 
Anstalt von seinem schweren Leiden duroh einen sunften Tod erlöst worden 
ist. Die Beerdigung ist auf Donnerstag, den 30.11.44 festgesetzt und fin~ 
det um 15.00 Uhr auf dem hiesigen Anstaltsfriedhof statt. 

Sollte eine kirchliche Bestattung gewünscht werden, so steht es 
Ihnen frei, sich dieserhalb mit einen zustánóigen katholischen Geistliche; 
in Verbindung zu setzen. 
Falls Sie amtliche Sterbeurkunden benötigen, bitten wir, dlosu 
unmittelbar beim Bürgermeisteramt Erbach/Rheingauanzufordern, 





lung vu, Vervollständigung unserer Akten bitten wir um baldige Ausfül- 
= on 1 D 1 
Rückgabe des ani.Vordruoks, Heil Hitler! 


Der Direktor: 
TV. 


Geld und Wertgegenstünde kónnen beim 


Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Familienfürsorge in ähnlicher 
Struktur und gleichen Aufgabengebieten wieder aufgebaut wie vor dem 
Faschismus und ist z.T. heute immer noch so organisiert. 


DIE HEILSARMEE 
MANNERHEIM 








"Bchitierstioße 13, Gë 6 29 28 


DM AE ^ "EE CN 


QUITTUNG 





Unterschrift des Gastes 





Berechtigt zum Aufenthalt im Heim von 18 Uhr bis nächsten Vormittag 
9 Uhr. Ab 23 Uhr bleibt das Heim geschlossen. - Nicht übertragbar. 


Heimleiter in Verwahrung gegeben werden. 
Für Diebstahl und zurückgelassene Sachen 


wird nicht gehaítet. 


Mit Hilfe dieses geschichtlichen Abrisses ist es einfacher, Paralle- 
len zur heutigen Sozialarbeits-Praxis zu ziehen, unsere Funktion als 
Sozialarbeiter in der Institution klarer zu erkennen, weitere Entwick- 
lungen in der Sozialarbeit einzuschätzen. Dies soll im folgenden the- 
senartig geschehen: 

® Die Familienfürsorge (als Weiterentwicklung der Armenpflege) ent- 
stand aus derselben Legitimationskrise des Gesellschaftssystems 
heraus wie die Sozialgesetzgebung  (Beruhigung der Massen(-arbeits- 
losen). Insbesondere die zahlreichen pädagogisch-psychosozialen 
Hilfen waren eher geeignet, die Fürsorglichkeit des Staates zu be- 
legen, als die repressive Armenpflege des 19. Jahrhunderts. 

6 Die Vergesellschaftung der bisher weitgehend ehrenamtlich gelei- 
steten Armenpflege und die Vergesellschaftung der Lohnarbeiterri- 
siken (Unfall, Krankheit, Arbeitslosigkeit) durch die Sozialgeset- 
ze, wurde notwendig, da die Almosenfürsorge dem Massenelend und 
der Gefahr der Gegenwehr der Betroffenen kaum gewachsen war. 

6 Die Familienfürsorge war - trotz der als Legitimationsbasis besser 
geeigneten Sozialgesetzgebung - nötig, da das soziale Sicherungs- 
system in der Praxis kaum wirksam wurde. 


- 15 - 


€ Die Betonung pádagogisch-psychosozialer Hilfen war durch die Prospe- 


ritätsphase (wirtschaftlicher Aufschwung) um 1900 bedingt und mußte 
bei Wirtschaftskrisen wieder verstärkt der Verteilung von Fürsorge- 
unterstützung mit repressiv-armenpflegerischem Charakter weichen. 
(Vergleich mit heutiger Situation: Streichungen, Einsparungen, Ver- 
pflichtung zu "gemeinnütziger Arbeit", Reduzierung des Arbeitslo- 
sengeldes und Arbeitslosenhilfe etc.) 

Die wirtschaftliche Unterstützung seitens der Familienfürsorge konn- 
te ebenso wie die frühere Armenpflege nichts Grundlegendes an der 
ökonomisch verursachten Not der Familien ändern. 

Durch die Pädagogisierung der Sozialarbeit besteht die Gefahr, daß 
die ökonomisch bedingten psychischen Notstände individualisiert 
werden, Pädagogisch-psychosoziale Hilfen erwecken eher den An- 
schein von Reproduktionshilfe ohne repressive Elemente, lenken je- 
doch zugleich von ökonomischen Zusammenhängen ab und individuali- 
sieren massenhafte Notstände. 


In Ergänzung dazu Thesen zu unserer heutigen Situation (Funktion) im 
"Allgemeinen Sozialdienst": 





Wir handeln im Auftrag der Kommune (des Staates). Unsere Aufgabe 

ist es, zu kontrollieren, zu beschönigen, verschleiern und Ver- 
trauen in den Sozialstaat zu produzieren. Damit tragen wir zur Er- 
haltung des Systems bei. 

Unser staatlicher Auftrag ist, zu verhindern, daß das Gesellschafts- 
system in Frage gestellt wird. 

Wir selbst werden dezentralisiert, isoliert und individualisiert, 
damit wir unsere Funktion nicht gemeinsam erfahren, gesellschafts- 
bezogen begreifen und gehindert werden, unsere Interessen durchzu- 
setzen. 


Fortsetzung Seite 38 


III. — SPIELRAUME UND VERANDERUNGSMOGLICHKEITEN 


Die Mitglieder der Diskussionsgruppe sind fast alle in der Familien- 
fürsorge/Sozialer Dienst mit dem durchgehenden Ansatz der Einzel- 
fallhilfe beschäftigt. Eine ganze Reihe von uns sind zwischen 2 und 
6 Jahren im Beruf. Viele Vorstellungen von effektiver und politi- 
scher Arbeit,mit denen man angefangen hat, haben sich nicht verwirk- 
lichen lassen. Der Anpassungsprozeß hat gewirkt, aber eine ganze Por- 
tion Unzufriedenheit über das was und wie man arbeitet ist geblie- 
Den. Die Frage, gibt es Spielräume und wie kann man sie sehen und 
nutzen und welche Veründerungsmóglichkeiten gibt es, haben uns stark 
beschüftigt. Im folgenden sollen der Diskussionsverlauf und -schwer- 
punkt aufgezeigt werden. 


Angeschnitten wurde die Fragestellung, wie sich eigentlich Sozial- 
arbeiter mit politischem Verständnis von Sozialarbeitern mit christ- 
lichem Ansatz oder Sozialarbeitern mit karitativen Handlungsvollzü- 
gen unterscheiden. Die Unzufriedenheit über das was man tüglich tut, 
ob man es will oder nicht, die Eingebundenheit von Sozialarbeit in 
Verwaltungsstrukturen und die damit einhergehende Festlegung und 
Verengung der Arbeitsmóglichkeiten drángte die Frage auf: 
® Wo können vir Schwerpunkte in der Arbeit setzen, damit sie für 

die Klienten und uns zufriedenstellender wird? 
Deutlich wurde, daß durch unterschiedlich hohe Fallbelastung alleine 
noch nicht notwendigerweise inhaltlich unterschiedliche, d.h. besse- 
re oder politische Sozialarbeit gemacht wird, sondern auch nur die- 
selben, uns und den Klienten mürbe machenden, Handlungsvollzüge - 
nur unterschiedlich intensiv. Die viel zitierten individualisierten 
"Spielräume" durch die unterschiedliche äußere Belastung der Arbeit, 
die mit intensiverer Beratung gefüllt werden, sind selten anzutref- 
fen, werden aber sehr gerne als lehnende Aspekte für die Arbeit in 
der Familienfürsorge aufgezeigt. Da sich dabei an der Arbeitssitua- 
tion nichts verändert, konnten wir dies nicht als Spielraum disku- 


tleren. 





Die meisten Sozialarbeiter "mauscheln" so vor sich hin und sind 
sehr isoliert. Die vorhandenen Energien werden von der täglichen 
Kleinarbeit aufgesogen. Das macht mit der Zeit handlungsunfähig und 
kaputt. Hinzu kommt, daß wir es meist mit Leuten zu tun haben, die 
am Rande der Gesellschaft leben, das fürbt auf uns ab. 


Wenn man politisch arbeiten und halbwegs seine Kraft behalten will, 
darf man sich nicht übersensibilisieren für unsere kaputte Gesell- 
schaft. Es ist wichtig, Punkte zu finden, mit denen man einverstan- 
den sein kann, die zur Eigenstabilisation beitragen. Es ist wichtig, 
aus der resignativen Haltung heraus, in der wir uns zum Teil sehr 
stark befinden, wieder eine Perspektive zu bekommen. Es ist wichtig, 


o 17 = 


sich zu entscheiden, wo man seinen Schwerpunkt sieht, klare Ent- 
scheidungen zu treffen. Diese "Apelle" sind uns allen klar und doch 
war es notwendig, sie an dieser Stelle noch einmal zu formulieren. 


In den Bereichen, in denen sich über längere Zeit mit einem bestimm- 
ten Arbeitsansatz nichts verändert, ist die Überlegung, wie man sich 
beschrünken bzw. Arbeitszeit einsparen kann für neue notwendige Ar- 
beitsmóglichkeiten. 
® Vir diskutierten hier die schon mehrfach angesprochene Gruppenar- 
beit anhand der Problematik arbeitender Frauen und Unterbringung 
deren Kinder in Kinderkrippen. (In der Sozialarbeit haben wir es 
hauptsächlich mit Frauen zu tun. In der "Familienfürsorge"/"Sozia- 
ler Dienst" sind meist Frauen beschäftigt. Wie beraten wir unsere 
Geschlechtsgenossinnen, bzw. was kónnten wir aus dieser Situation 
machen?) 
Diese Problemgruppe wäre eine von vielen Möglichkeiten, eine Gruppen- 
arbeit aufzubauen. Hier könnte man als Sozialarbeiter etwa anregen 
was "weiterlebt", hinausgehend über die Probleme der täglich zu 
knappen Sozialhilfe. 
An den Inhalten der Gruppenarbeit gingen die Meinungen auseinander, 
Grundsätzliche Anregung von Tendenzen, die zur Selbsthilfe führen 
auch in dem Sinne, daß sich die Leute möglichst unabhängig von dem 
geldgebenden Amt machen, sind ein sehr weitgestecktes Ziel. 


An dieser Stelle schlofi sich ein Exkurs über den Wert der Arbeit an 
Sich und Sozialhilfebezug an, der direkt im Zusammenhang mit der 
eigenen Auseinandersetzung steht: 

9 Berät man dahingend, daß die Frauen zur Arbeit gehen, damit sie 
nicht so abhängig werden von der Sozialhilfe, mehr Kontakte haben 
aber auf Kosten der intensiven Mutter-Kind-Beziehung? Kontrovers 
diskutiert wurde, ob man durch Arbeit mehr Befriedigung hat als 
beim Sozialhilfebezug. Befriedigung durch das Gehalt, was eine 
relative finanzielle Unabhängigkeit bedeutet - vor allen Dingen 
bei Leichtlohngruppen!!! - . Was bringt das deformierende Fließband? 
Schafft die Arbeitswelt die gewünschte Solidarität? 

Oder beraten wir mehr zur Sozialhilfeabhängigkeit "Sozialhilfe ist 

dein gutes Recht" mit all ihren negativen Automatismen (siehe auch 

Artikel über Sozialhilfe, Seite 55). 

Die Vorstellung ist da, die Frauen in Richtung "Hilfe zur Selbsthil- 

fe" aktivieren zu können, d.h., daß sie bewußt Sozialhilfe beziehen 

- also nicht arbeiten gehen - und dies produktiv umsetzen kónnten. 

Klar ist, daß ein solcher Prozeß sich nur durch die Stärkung in der 

Gruppe vollziehen kann. 


Nach der bisher streckenweise etwas euphorischen Diskussion von Mög- 
lichkeiten in der Arbeit mit Gruppen tauchte die konkrete Angst auf, 
dafi etwa eine Gruppe in einer Obdachlosensiedlung auf einmal Forde- 
rungen aufstellen könnte, hinter denen von Seiten des Anstellungs- 
trágers das unbequem werdende Engagement des Sozialarbeiters vermu- 
tet würde. Sind es tatsächlich die Raumprobleme, weshalb bei aller 
Euphorie die Gruppenarbeit doch auch etwas skeptisch, zurückhaltend 
aufgenommen wurde? Eine wohl noch wichtigere Rolle spielt wohl auch 
die eigene Angst vor der Gruppe,z.B. den Gruppenprozeß nicht in den 
Griff zu bekommen und auf die vielfältigsten Situationen nicht 
adáquat reagieren zu kónnen. Aber auch die Umstellung des eigenen 


- 18 - 


Bezirkes auf Gruppenarbeit ist ohne die Kollegen nicht möglich, Ne- 
ben der normalen Arbeit im Bezirk kann man nicht noch regelmäßig 
Gruppenarbeit machen ohne zum Märtyrer in seiner Arbeit zu werden. 
Gruppenarbeit,auch mit Absegnung des Anstellungsträgers, kann jeder- 
zeit zu existentiellen Konflikten führen. "Die Experimente insbeson- 
dere der Studentenbewegung mit Obdachlosen, Arbeiterkindern und Fiir- 
sorgezöglingen haben gzeigt, daß der Sprung der Unterdrückten in 
Emanzipation nicht unvermittelt appellativ geschehen kann. Auch 

der missionarische Glaube, die Arbeiter, die Deklassierten, die 
Kinder das "richtige revolutionäre Bewußtsein" lehren zu müssen, 
fiel verständlicherweise auf wenig fruchtbaren Boden." "Die Ziel- 
setzung "Selbstorganisation" ist kein Rezept für schnelle Erfolgs- 
erlebnisse." (H. Bilger, Konflikte in der Sozialarbeit, S. '54) 


Ein sehr wichtiger Aspekt der Diskussion war unsere Erkenntis, daß 
die Gruppenarbeit denselben institutionellen Bedingungen unterliegt 
wie die Einzelfallhilfe. Die Frage wurde erórtert, 
6 ist Sozialarbeit innerhalb der Verwaltung móglich? 
Wir kamen aus einer ziemlichen Ratlosigkeit von der klientorientier- 
ten Arbeit hier sehr schnell auf die "Feierabendpolitik", Organisie- 
rung in Gewerkschaften, im Arbeitskreis kritische Sozialarbeit etc. 
mit dem Argument, wir fordern von unseren Klienten, daß sie etwas 
tun, um ihre Situation zu verändern, sind aber selbst nicht bereit, 
für unsere Arbeitsbedingungen etwas zu tun. Hans Bilger zieht in dem 
oben genannten Buch auf Seite 63 folgendes Resümee: "Die Sozialarbei- 
ter gehören zur lohnabhängigen Klasse, Infolge ihrer privilegierten 
Stellung im Produktionsprozeß der Gesellschaft haben sie weitgehend 
ein kleinbürgerliches Bewußtsein, das sich dem Bedürfnis nach Soli- 
darität und Organisation widersetzt; die Sozialarbeiter sind infolge- 
dessen weitgehend isoliert und der Disziplinierung durch die Insti- 
tution hilflos ausgesetzt. Die Sozialarbeiter sind von der lohnab- 
hüngigen Klasse, der sie angehören, nicht nur durch ihr kleinbür- 
gerliches Bewußtsein, sondern auch objektiv isoliert, weil sie nicht 
im industriellen Produktionsprozeß stehen, der die materielle Grund- 
lage für Solidarität in der lohnabhängigen Klasse bildet. Die Sozial- 
arbeiter sind von der Klientel dadurch isoliert, daß sie ihr gegen- 
über Herrschaftsfunktionen ausüben; daneben auch dadurch, daß sie 
privilegierte Lohnarbeiter sind." 
Gewerkschaftliches Handeln ist daher notwendig sowie auch der Aus- 
tausch im Arbeitskreis kritische Sozialarbeit. Bleibt das politische 
Handeln des Sozialarbeiters jedoch so stark von seinem Arbeitsplatz 
getrennt, wird immer wieder der Frust in der Arbeit sehr groß sein. 
6 Die Isolation macht ziemlich kaputt. Der Austausch mit den Kolle- 
gen ist sehr notwendig. Eine Veränderungan unserem Arbeitsplatz 
und unserer Arbeitsmöglichkeiten geht nur mit den Kollegen gemein- 
sam. Um Prozesse der Veränderung in Gang zu setzen bedarf es der 
Kommunikation und des Austausches unter den Mitarbeitern im eige- 
nen Betrieb sowie in politischen Gruppen. 


Die Diskussionsschwerpunkte waren dann die Veränderungsmöglichkeiten 
in der eigenen Arbeitsgruppe.Die Gefahr, sich selbst in die Isola- 
tion zu argumentieren, erscheint groß. Wir haben versucht zu analy- 
sieren, woran es am konkreten Beispiel gelegen haben kann, daß eini- 
ge Kollegen, in die man Hoffnungen in gemeinsamer politischer Argu- 
mentation und Handeln gesetzt hatte, nicht mehr zu Diskussionen über 


- 19 - 


lichkeiten 


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Angelegenheiten in der eigenen Dienststelle bereit sind. Und das 
trotz zurückhaltender politischer Diskussion etwa in Dienstbespre- 
chungen. 

Wir haben dann sehr plakative Schlußfolgerungen für unser Verhalten 

in der Kollegengruppe am Arbeitsplatz zusammengetragen. Sie waren 

uns sehr wichtig und sollen hier weitergegeben werden. 

e Nicht die großen politischen Worte zählen, sondern das Wie 
der täglichen Arbeit und das Bewußtsein, daß man lebt; 

e Fehler, die immer wieder - besonders bei neuen Kollegen - auftau- 
chen. Man selbst hat das große Problembewußtsein und glaubt, den 
Kollegenkreis bekehren zu können. Das Resultat ist zwangsläufig 
die Angst der Kollegen vor stichhaltiger Argumentation, genau die- 
se Angst treibt oft in die Isolation; 

e Eingestehen eigener Unsicherheiten, die Kollegen um fachlichen Rat 
fragen kónnen,nimmt die Angst vor der angeblichen theoretischen 
Überlegenheit. Es ist wichtig, sich am täglichen Kaffeeklatsch zu 
beteiligen; 

e Kollegen, die sich aus politischer Sympathie zusammentun werden 
oft als "rote Gruppe" isoliert oder isolieren sich selbst; 

e wichtig erscheint auch, auf politische Wertungen nicht gleich poli- 
tisch agitativ zu reagieren, sondern móglichst fachlich sauber 
argumentieren, mit dem Wissen, daß hinter vielen fachlichen Dis- 
kussionen eine Grundeinstellung steht, die bei jeder Diskussion 
zum Tragen kommt; 

e seine politische Einstellung natürlich nicht verleugnen. 


Natürlich konnte nicht alles ausdiskutiert werden, konnten nicht alle 
Fragen behandelt werden. Ein Grund für uns, uns im Oktober wieder ein 
zentrales Treffen zu organisieren und in der lokalen Gruppe und mit 
Kollegen an den Fragen weiterzudiskutieren: 

e Ist der'Gang durch die Institution" móglich ohne die totale Anpas- 
sung und Resignation? 

e Wie weit darf man sich anpassen? Warum und wieweit haben wir unse- 
re früheren Ansprüche heruntergeschraubt? Haben wir unsere idea- 
listischen Ansprüche auf ein realistisches Maß gebracht oder ist 
das Resignation? 

e Wie ist es móglich, die Handlungsbereitschaft der Kollegen zu er- 
hóhen? 

e Können wir der Formel "Hilfe zur Selbsthilfe" tatsächlich Inhalt 
geben? 


STELLENSUCHE 


SOZIALPADAGOGE sucht zum 1.2.79 komb. ZDL/Berufsanerkennungsstelle, 
6 Jahre Erfahrung in Jugendverbandsarbeit, Jugendzentren. Angebote an 
Sozialistisches Büro Chiffre 21 


SOZIALARBEITERIN (25) sucht Stelle für Anerkennungsjahr ab Februar 1979 
Margot Recker, Wolbeckerstr. 249, 44 Münster Telf. 0251/ 316 503 


SOZIALPADAGOGIN sucht Stelle im Großraum Bremen, bevorzugt im Bereich 
Jugend- und Erwachsenenbildung. Zuschriften an Ingrid Schieder, Meuschelstr.34, 


85 Nürnberg, Telf. o911/ 352 798 





IV. — DER SOZIALARBEITER WIRD AN DIE KETTE GELEGT 


In letzter Zeit hat es für den Sozialdienst in Frankfurt Schlag auf 

Schlag neue Rundverfügungen bzw. Entwürfe gegeben, die die Arbeit der 

dort tätigen Sozialarbeiter neu regeln. 

Kine Rundverfügung über die Behandlung "loser Vorgänge" Liegt vor, 

weiterhin neue "Riehtlinien für die Pflegekinderhilfe". 

Die" Handhabung von "Aktenführung" wird analog zu den "losen Vorgängen" 

erarbeitet. 

kin konkreter Entwurf einer Rundverfügung für die Arbeit in Stadt- 

teilen mit unzureichender sozialer Infrastruktur ("Brennpunkte") Liegt 

vor, ebenso der Entwurf einer Sonder-, Dienst- und Geschäftsanwei- 

sung für Erziehungsbeistände. 

ALL diese Verfügungen haben die Tendenz Sozialarbeit 

— zu vereinheitlichen, 

— stärker zu kontrollieren, 

- Spielräume und Entscheidungsmöglichkeiten einzuschränken und damit 
die Hierarchisierung voranzutreiben. 

Sozialanrbeit wird in immer stärkerem Maße auf rein technokratisches 

Handeln reduziert mit dem Ziel einen reibungslosen Verwaltungsablauf 

zu garantieren, Kontrolle effektiver durchführen zu können und lang- 

fristig Kosten einzusparen. 


Am Beispiel der Rundverfügung "Arbeit in Stadtteilen mit unzureichen- 
der sozialer Infrastruktur" und der Rundverfügung "Behandlung loser 
Vorgänge" soll aufgezeigt werden, welche Tendenzen steh in der Sozial- 
arbeit breit machen und welche Konsequenzen für eine an den Interes- 
sen von Betroffenen orientierte Arbeit daraus resultieren. 


l. BEMERKUNGEN ZUM ENTWURF EINER NEUEN RUNDVERFÜGUNG 
“ARBEIT IN STADTTEILEN MIT UNZUREICHENDER SOZIALER 
INFRASTRUKTUR” 


Ende Mai 1978 wurde zur kommunalen Sozialarbeit in den "Stadtteilen 
mit unzureichender sozialer Infrastruktur" der Entwurf einer neuen 
Rundverfügung (entspricht einer Dienstanweisung) von den Amtsleitun- 
gen (Sozial-, Jugend- und Dezernatsverwaltungsamt) vorgelegt.Diese 
Rundverfügung soll die seit Februar 76 vorliegende Rundverfügung 3/76 
ersetzen. 

Eine Beteiligung der praktisch tütigen Sozialarbeiter fand weder bei 
der Erarbeitung dieses Rundverfügungsentwurfes noch zu einem späteren 
Zeitpunkt statt; zu einer Besprechung über den vorliegenden Entwurf 
wurden nur Vorgesetzte geladen. 

Es steht zu befürchten, daß die Rundverfügung unverändert oder nur 
kosmetisch entschärft verabschiedet wird. 


- 21 = 





Da wir sowohl einzelne Teile als auch den Tenor der ganzen Rundver- 
fügung ablehnen, werden wir im folgenden versuchen, herausragende As- 
pekte der neuen Anweisung genauer zu untersuchen und insbesondere den 
politischen Sinn der Konzeption offenzulegen. 

Zuvor werden die wichtigsten Passagen referiert und in einem chroao- 
logischen Abriß die bisherige Entwicklung der Brennpunktarbeit dar- 
gestellt. 


ENTWURF EINER NEUEN RUNDVERFÜGUNG 


In dem Entwurf wird mit den folgenden Kapiteln die Arbeit zu fassen 
versucht: Geltungsbereich, Ziele, Konzeption (incl. Planung, Organi- 
sation und Durchführung von Mafinahmen), Organisation (incl. Beratungs- 
stellen, Einsatz von Haushaltsmitteln, Arbeitszeit, Aktenführung, 
Dienst- und Fachaufsicht), Berichterstattung (incl. Bestand der so- 
zialen Infrastruktur, eigene Maßnahmen, betreuter Personenkreis, Über- 
legungen für den nächsten Berichtszeitraum, Äußerung des Sachgebiets- 
leiters und des Leiters der Sozialstation) Der gesamte Text ist im 
Anhang 5.31 abgedruckt, 


Gekennzeichnet ist die ganze Rundverfügung von Begriffsunstimmigkei- 
ten und Oberf?!ächlichkeiten, auf die einzugehen in diesem Rahmen aber 
nicht lohnt, desweiteren von Leerformeln und interpretationsmóglich- 
keiten, die eine eigene Untersuchung Wert wären, sowie jeder Menge 
von Widersprüchen. 

Beginnen wir im Vorspann und im l. Kapitel: 

"Die schlechte Ausgangslage von sozial schwachen Bürgern in Stadttei- 
Len mit unzureichender sozialer Infrastruktur machte es erforderlich, 
für diesen Personenkreis besonders intensive Hilfen mit dem Ziel sei- 
ner Integration im Wohnquartier bereitzustellen." 
Bei diesen Stadtteilen handelt es sich "um Wohngebiete, 

toren, die die Lebensbedingungen ihrer Bewohner und insbesondere di 
Sozialisationsbedingungen von Kindern und Jugendlichen negativ bestim- 
men, kumulativ auftreten. Es sind Stadtteile, in denen ohne eine ge- 
wachsene durchmischte Bevölkerungsstruktur, ohne ausreichende sozia- 
Le Beziehung der Bewohner zueinander, kinderreiche Familien, aualün- 
dische Mitbürger, Problemfamilien und ehemalige Bewohner von Notun- 
terkünften und Übergangsstätten verstärkt zusammengezogen sind oder 
zusammenziehen." 

Lasse sich niemand von diesem Feuerwerk blenden! 

Zwar wird die schlechte Ausgangslage auf die Stadtteile mit unzurei- 
chender usw. bezogen - d.h., daß sie strukturell Bedingung für schlech- 
te soziale Gegebenheiten sind. Diese Erkenntnis wird aber postwendend 
fallengelassen, indem durch besonders intensive Hilfe eine Integra- 
tion in ein ohnehin sozial-infrastrukturell unzureichendes Gebiet be- 
werkstelligt werden soll. 

Dieser bereits im l. Satz auftauchende Widerspruch ist durchgängig 
wiederauffindbar: 

Sozio-ökonomische und sozio-ökologische Bedingungen, deren Sinn und 
Umfang überhaupt erst andere Mafinahmen und insbesondere deren even- 
tuellen Erfolg bedingen, werden als Variable zurückgestellt, zugun- 
sten sozialtherapeutischer Maßnahmen, Dahinter steht das Konzept, daß 
der Einzelne seine "Auffülligkeit/Devianz" selbst verschuldet und 
durch seine Behandlung diese Mängel behoben werden können; soziale 





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Infrastruktur, ökonomische Bedingungen usw. werden dabei unerheblich. 


Im Kapitel "Ziele" (85.2) ist Sozialpolitik keine Gesellschaftspolitik, 
sondern ein Glaubensbekenntnis, dessen Leerformeln sind: Integration, 
Hilfe zur Selbsthilfe, eigenständiges Leben, verbesserte soziale In - 
frastruktur, Chancengleichheit..... "will erreichen, daß in diesen 
Stadtteilen sozial benachteiligte Bürger mit Bürgern in besserer so- 
ztaler Situation auf Dauer zusammenleben können." 

Das Kapitel "Konzepte" (S.2 f) führt die Familienbehandlung ein, auf 
die später nach ausführlich eingegangen wird; gefordert wird: "Bei 
Familien, die noch nieht in das soziale Beziehungsgefecht integriert 
oder die aufgrund ihres Verhaltens von Obdachlosigkeit bedroht sind, 
soll durch verstärkte Familienberatung und Familienbehandlung sozial- 
integratives Verhalten erreicht werden." Ein wenig wird uns dann auch 
soziale Gruppen- und Gemeinwesenarbeit zugestanden, zur "soziale(n) 
Einbindung dieser Bürger in den jeweiligen Stadtteil". | 

Hier schlägt das Einzelfallprinzip voll durch: "Auf diese Weise" 
(welche ist nicht ganz klar) sollen auch die Kinder "günstigere Le- 
benschancen erhalten": An der einzelnen Familie liegts. Und wenn die 
Kinder in den Neubausiedlungen und Hochhäusern reihenweise vor die 
Hunde gehen, wenn keine Spielmóglichkeiten vorhanden sind und sie 

- wenn's hoch kommt - einen Kindergartenplatz kriegen und anschlie- 
fend bis zur Volljährigkeit auf der Straße liegen - dann liegt es 
daran, daß keine Familienberatung und -behandlung gelaufen ist. Denn 
in ihr liegt die Zukunft der Sozial-, Bau-, Boden-, Investitions- 

und Finanzpolitik. 


Die einzelnen Schritte der Mafinahmen (Planung, Organisation, Durch- 
führung) erscheinen sehr demokratisch, sowohl in der Bedarfsanalyse 
als auch der Beteiligung: "Die Planung orientiert sich in der vor- 
handenen Infrastruktur und dem sieh daraus ergebenden Defizit im Ver- 
hältnis zur Bevölkerung und des Stadtteils. Sie berücksichtigt beste- 
hende Einrichtungen und Maßnahmen, Planung erfolgt mit den Bürgern, 
den Trägern der freien Jugendhilfe und der freien Wohlfahrtspflege 
und den zuständigen Amtsleitungen der sozialen Ämter", Die Erfahrun- 
gen zeigen aber, daß sowohl Analysen als auch Beteiligungen eine 
klare Grenze durch die Amtsleitungen erhalten; daß nur das als Defi- 
zit bezeichnet werden darf, was die Amtsleitungen anerkennen; daß das 
Interesse der Bürger an Planung o.ä. sofort unterdrückt wird, wenn 

es nicht mit den Interessen der Amtsleitungen übereinstimmt. 
Die"Organisation von Maßnahmen" wiederum hat zur Bedingung, daß sie 
"als notwendig und durchführbar angesehen"verden - von wem wohl??? 

In diesen Passagen findet sich die Gemeinwesenarbeit als Schulbei- 
spiel des Frühwarnsystems wieder; wir lehnen diese Spitzel- und Puf- 
ferfunktion ab. Die "Durchführung der Maßnahmen" hebt auf die Betei- 
ligung anderer Träger ab: "Die Durehführung von Maßnahmen durch das 
Team tat nicht die Regel". Im Gesamtzusammenhang dieser Rundverfügung 
wird an diesem Punkt deutlich: Der städtischen Sozialarbeit wird die 
Kontrollfunktion der Familien und Aktivitäten zudiktiert, die eigent- 
lichen Aktivitäten und die 'freieren' Arbeitsansütze werden nach dem 


Subsidiaritätsprinzip vergeben und kontrollierbar gemacht. 
Im Kapitel "Organisation" (S. 4 ff) werden die Zwangs" teams" (Sozial- 


arbeiter, Sachgebietsleiter, Vorsteher) in der bisherigen Kontroll- 
form bestütigt und eine neue Arbeitsverteilung vorgenommen, derzufol- 


- 23 - 


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ge, "un eine intensive Beratung und Betreuung des betroffenen Perso- 
nenkreises sicherzustellen, ... mindestens die Hälfte der Arbeitska- 
pazität der im Bezirk tätigen Sozialarbeiter im Sinne von Familien- 
beratung eingesetzt" wird. Man ersetze "Beratung und Betreuung" durch 
'Kontrolle' - so ergibt sich der tatsächliche Sinn! Diese Formalstruk- 
tur lehnen wir ab: zum einen wegen der Spitzelfunktion gegenüber al- 
len einzelnen Familien und Personen, zum anderen deshalb, weil sich 
jede Arbeitsaufteilung aus der örtlichen Situation, den Arbeitsschwer- 
punkten, den Fähigkeiten und Interessen der einzelnen Sozialarbeiter 
bzw. Projekte ergibt und nicht aus der Fetischisierurg des behand- 
lungsbedürftigen Einzelfalles. 


Die Ordnung über die Beratungsstellen (Büro im Wohnbezirk) regelt 
zwar, dafi z.B. diese nicht für Bürozwecke verwandt werden dürfen (?!), 
läßt auch Aktivitäten von uns und "anderen geeigneten Trägern" (!) 

zu, verliert aber kein Wort darüber, ob beispielsweise Bewohner in 
Eigeninitiativen diese Räume auch - und ohne unsere Kontrolle - be- 
nutzen dürfen; ein plastisches Beispiel für die Denkungsart der Amts- 
leitungen über die Funktion der kommunalen Sozialarbeit und über den 
Wert von Bewohneraktivitäten. 


Die Arbeitszeit wird auf 22 Uhr festgelegt, genau wissend, daß abend- 
liche Veranstaltungen zu diesem Zeitpunkt in der Regel nicht beendet 
sind. 

Zur Aktenführung sagt der Rundverfügungsentvurf u.a. folgendes: "So- 
weit Familien oder Einzelpersonen Hilfen gemäß Ziffer 3 erhalten Gei, 
h. sozialintegrative Verhaltensbehandlung, d.Verf.), sind Akten bzw. 
lose Vorgänge anzulegen. Ursachen, die zur Beratung führen, Umfang 
und Art der Beratung sowie die Teilnahme an Maßnahmen müssen aus den 
Aktenvermerken zu erkennen sein." 

Zu dieser Kontrolle sowie der sich aus der Pflicht zur Berichterstat- 
tung (S 7 ff) ergebenden Kontroll-, Registrierungs- und Meldepflicht 
wird an anderer Stelle noch genauer eingegangen. Wichtig ist nur, 

daß das Kontrollsystem die ganze Rundverfügung durchzieht und Exzes- 
Se, wie sie beispielsweise im Kapitel 5.3. zutage treten: "Die im 
Rahmen der Integration und der Verhinderung von Obdachlosigkeit be- 
treuten Familien, Gruppen und Einzelpersonen sind im Bericht nament- 
Lieh aufzuführen...." nur die Spitze des Eisberges sind. Die Strei- 
chung einzelner Punkte in der Rundverfügung würde daher am Charakter 
des Ganzen nichts ändern; die Kontrolle des einzelnen Bewohners blie- 
be erhalten und die Registrierung ebenso, denn jeder, der an städti- 
sche Sozialarbeiter herantritt - sei es wegen Auskunft, Beratung 
oder Hilfen - wird automatisch registriert, ein Vorgang oder eine 
Akte ist über ihn anzulegen (siehe Rundverfügung 1/78). 


BRENNPUNKTCHRONIK 
0 Ende 1974 wurden - im Gefolge mit der Auflösung der städtischen 
Obdachlosenunterkünfte - Sozialarbeiter eingestellt, die jeweils 


zu dritt in "Sozialen Brennpunkten" die "erforderlichen Hilfen so- 
»Talpädagogischer Art Leisten" sollten. "Dies beinhaltet eine ge- 
ztelte Familienberatung, die ergänzt werden muß dureh spezifische 


- 24 - 


Angebote für Gruppen (Gruppenarbeit) und darüberhinaus Aktivitäten 
im Wohngebiet, die initiiert und koordiniert werden müssen (Gemein- 
wesenarbeit). Eine solche Gemeinwesenarbeit muß stadtteilbezogen 
sein, wenn sie das Ziel der sozialen Integration erreichen soll." 
(Zit: Magistratsvorlage zum Haushaltsplan); siehe auch "Bericht 
über die Institutionalisierung der Gemeinwesenarbeit mit Obdachlo- 
sen" in Info Sozialarbeit Heft 2/1973. 


Anfang 1975 waren die 25 Stellen in 8 "Sozialen Brennpunkten" be- 
setzt. Jede Gruppe konnte eine eigene Konzeption erstellen und nach 
dieser in einem Erprobungszeitraum von 3 Jahren arbeiten. | 


Ein gemeinsamer Arbeitskreis, den die Brennpunktmitarbeiter umge- 
hend forderten, wurde mit den verschiedensten Begrüdnungen bis heu- 
te (1978) abgelehnt. 


Im Verlaufe des Jahres gab es ein Tauziehen zwischen den Sozialar- 
beitern und den Amtsleitungen um diverse Aktivitäten wie Bewohner- 
organisierungen, Veröffentlichungen, Konfliktsituationen, infra- 
strukturelle Maßnahmen u.a.m. Die Amtsleitungen schränkten sukzes- 
siv alles ein. 


Im Februar 76 versuchten die Amtsleitungen, von den Brennpunkten 
eine genaue Aufschlüsselung der Betreuungsfälle - soweit sie ak- 
tenmäßig erfaßt sind - zu erhalten. Der Forderung mußte mangels 


breiter Abwehr nachgegeben werden. 


Im gleichen Monat wurde eine Rundverfügung (3/76) herausgegeben, 
die organisatorische Leitlinien zur Brennpunktarbeit festlegt; 
hierin wird das Team erweitert um den jeweiligen Sachgebietsleiter 
der Familienfürsorge und den Vorsteher der Sozialstation (-Herein- 
nahme der Dienst- und Fachaufsicht in die Arbeitsplanung, -organi- 
sation und -auswertung); die Amtsleitungen behalten sich die Mit- 
wirkung an der Weiterentwicklung der einzelnen Konzeptionen vor; 
Organisations- und Aufsichtsfragen usw. werden kleinmütig und ein- 
engend geklärt; die Pflicht zu einer 4-monatigen Berichterstattung 


wird festgelegt. 





Zu den Berichten wird im gleichen Monat ein Rahmen geliefert, demzu- 
. der Bestand der sozialen Infrastruktur 
. die Tütigkeiten des Arbeitsteams 
. die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen 

. der konzeptionelle Stand und 
5. die besonderen Schwierigkeiten und Problemstellungen 
abgefragt werden. Der Berichtsrahmen bezieht sich zwar primär auf 
Gruppen- und Gemeinwesenaktivitäten, kann aber als Frühwarner und 
Kontrollfaktor der Bewohner und unserer Arbeit eingesetzt werden. 
Durch eine Berichterstattung, die vom Vertrauensverhältnis zu den 
Bewohnern bestimmt war, konnte diese Kontrollveriante leidlich be- 


wältigt werden. 


folge 1 
2 
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4 


Im Márz/April 76 sollen durch Benennung einzelner Familien in Zu- 
samnenarbeit mit Prof. Iben von der Uni Ffm Behandlungspläne usw. 


für bestimme Problemgruppen erstellt werden. In einem langwierigen 
Kampf konnten wir diesen Versuch, Probleme sozialer Randgruppen und 


- 25 = 





der Unterschicht zu isolieren und zu individualisieren sowie durch 
unser Herausdeuten und aktenmäßiges Bearbeiten einzelner Familien 

diese zu stigmatisieren, abwehren. Dieses Projekt ist komplementär 
zur ersten Rundverfügung zu sehen. In dem uns neuvorgelegten Ent- 

wurf ist diese totale Kontrolle miteinbezogen. 


Im März 1976 müssen wir detaillierte Nutzungsplätze für die Projekta 
büros erstellen. 


Zum 1.4.76 muß ein Bericht gemäß Rundverfügung 3 geliefert werden. 


Versuche einzelner Sozialarbeitergruppen, eine Projektberatung zu 
erhalten, scheitern daran, daß die Amtsleitungen von den Beratern 
Einsicht in die Beratungsprotokolle fordern. Dieses Ansinnen wird 
sowohl von den Sozialarbeitern als auch den Beratern abgelehnt. 


1.8.76 Berichtstermin 
1.12.76 Berichtstermin 


Im Frühjahr 77 wird von den Amtsleitungen eine Synopse (vergleichen 
de Zusammenstellung) der bis dahin vorliegenden 3 Berichte eines Je* 
den Projektes erstellt. Ziel ist eine "Zusammenschau der ER xi 
allen 8 Stadtteilen" und die Auskunft über Arbeitsschritte, mit 
denen die Realisierung des erarbeiteten Konzepts angestrebt wird", 
sowie schließlich eine Vereinheitlichung der Konzepte und der Ar- 
beit in den Brennpunkten. " 
Eine Korrektur, die angesichts der z.T. gravierenden Fehler ES cd 
nopse notwendig ist, wird von uns angefertigt; die endgültige EE 
arbeitete Fassung (sofern sie übehaupt noch gefertigt wurde) wurde 
uns nie vorgelegt. 


In den zurückliegenden 2 Jahren fanden immer wieder sogenannte "Ko- 
ordinationsgespräche" statt. Dies waren Kontrollgespräche und Ver- 
Batterungen, zu denen jeweils die einzelnen Arbeitsgruppen zu der 
sogenannten "Koordinationsgruppe" (stellvertretende Amtsleiter Cer 
verschiedenen sozialen Ämter sowie der leitende Sozialarbeiter) vor- 
geladen wurden. 


per 30.12.77 Bericht gemäß Rundverfügung 


Im Mai 1977 - neben dem ohnehin fällig gewordenen Bericht - Zu 
satzkontrollen über die Nutzung der Räume sowie kartographische Er- 
fassung der Brennpunktgebiete 


Juni 77: Forderung der Amtsleitung nach Herausgabe der Protokolle 
der Bevohnerversammlungen in einem Brennpunkt. Die Herausgabe vird 
von den Bewohnern und Sozialarbeitern verveigert, die Protokolle 
von den Bevohnern vernichtet. 


Januar bis Sommer 78: Viederbesetzungssperre auf freiverdende Brenn- 
punktplanstellen, bis zur "Vereinheitlichung" der Arbeit. 


Mirz bis Mai 1978: erneut muß ein detaillierter Nutzungsplan der 
Beratungsräume erstellt werden (Tag, Art, Träger, Dauer der Veran- 


staltung, Zahl der Teilnehmer) 


Juni 78: Vorlage des neuen Rundverfügungsentwurfes. 


ZUR POLITISCHEN ENTWICKLUNG DER KOMMUNALEN SOZIALARBEIT 
AM BEISPIEL DER ARBEIT IN DEN *SOZIALEN BRENNPUNKTEN" 


Mit dieser Rundverfügung vollzieht die Frankfurter Sozialpolitik mar- 

kant und erklärtermaßen ihre endgültige Kehrtwendung. Sozialreforme- 

rische Impulse, wie sie Anfang der '7o-er angedeutet wurden, sind end- 

gültig über Bord geworfen. 

Dabei sind die Bestrebungen der Amtsleitungen und des Dezernenten be- 

zogen auf die Arbeit in Sozialen Brennpunkten nur die Spitze eines 

Eisberges: hier wird versucht 

- die neuen-alten Gesichtspunkte des Schuldprinzipes, 

- die Unterwerfung der Bevölkerung unter staatlich verfügte Ordnungs- 
prinzipien, 

- die Unterdrückung und Befriedung sozial Benachteiligter zugunsten 
des privilegierten "Gemeininteresses" usw. zu verfestigen. 
zur ideologischen Grundlage unseres Handelns zu machen, 

- uns als Ideologieträger zu verpflichten (Sozialarbeit vertritt 
Staat und Gesellschaft), 

- unsere Arbeit auf dieser Basis auch kontrollierbarer werden zu las- 
sen, 

- modellhaft als Möglichkeit kommunaler Sozialarbeit in Frankfurt 


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durchzuspielen. 
(Neuen Rundverfügungen zur Pflegekinderhilfe, Erziehungsbeistand- 
schaft und zur Aktenführung kommt die gleiche Funktion zu) 


Die politische Veründerung der Sozialarbeit ist zwar seit langem im 
Gesamtbereich der Sozialarbeit in Frankfurt erkennbar, läßt sich aber 
an der Brennpunktarbeit besonders gut verdeutlichen: 

Der Frankfurter Plan zur Auflösung der städtischen Obdachlosenunter- 
künfte definierte das Problem sozialer Randgruppen und der Unter- 
schicht als gesellschaftliches (s.Kap.| des Planes); in der Magistrats- 
vorlage zum Haushaltsplan - Stellenplan - (UA 4000, 1974) haben die 
infrastrukturellen Mängel einen schwergewichtigen Platz; selbst noch 
in einem Brief des ehemaligen Oberbürgermeisters Arndt vom 6.1,76 an 
den Jugend- und Sozialausschuß wurde die Bedeutung des Sozialen mf el- 
des und der Gesellschaft gegenüber der Verantwortlichkeit der sozia- 
len und materiellen Situation der Randgruppen und des Einzelnen her” 


Thema 





| 

| 

vorgehoben. | 

Begriffe wie "Emanzipation" gaben zu dieser Zeit zwar nvr diffuse 

Leitplanken und Handlungsfreiheiten, waren aber zumindest noch vor- 

handen, jetzt wird nur noch die Integration gefordert, deren wo und 

wie erkennbar zu Lasten der Benachteiligten gehen wird. 
| 


Mit der. fortschreitenden Entwicklung der Gemeinwesenarbeit in Frank- 
furt und der verstürkten Selbstorganisation der betroffenen Bewoh- 
nern ging auch die Rücknahme politischer und sozialplanerischer in- 
frastruktureller Ansprüche und Positionen seitens der Verwaltung ein- 
her. 
Stattdessen wurde versucht, die Problemdefinitionen und Lösungsansät- | 
ze zu verlagern. So sollte beispielsweise ein For schungspro )ekt des | 
Prof. Iben erreichen, die sozialen und materiellen Probleme ganzer | 
Bevölkerungsgruppen auf individualisierbare und kategorisierbare Be- | 
reiche zu reduzieren und einem Untersuchungs- und Behandlungsmodus, 
der der Verwaltung dient, zuzuführen: 
Auswahlkriterien: 
I. starke Anpassungsschwierigkeiten nach ehemaliger Obdachlosigkeit 

mit Konflikten in der neuen Nachbarschaft, 


2. langandauernde Verweigerung von Mietzahlungen trotz ausreichenden 
Einkommens (BgmBerg sprach in diesem Zusammenhang von einer "An- 
steckungsgefahr") 

3. Disorganisation der Familie mit starken Auffälligkeiten wie Alko- 
holabhängigkeit oder Drogenmißbrauch, Tendenzen zur Dissozialität 
und Delinquenz 

4. Kinderreichtum bei gleichzeitiger mangelnder Erziehungskraft und 
notwendiger anderweitiger Unterbringung der Kinder 

5. Aggression oder schwerwiegende Belästigung der Nachbarschaft 


Dieser Versuch wurde von uns abgewehrt aus der Einsicht in die sozio^ 
ökonomischen und sozialpolitischen Bedingungen der Armut und der Ver” 
antwortung für den Einzelnen, seinen Möglichkeiten und Interessen. 


Jetzt wird erneut und unverblümt ohne Umweg über Wissenschaft ver- 
sucht, Sozialarbeit den Bedürfnissen der Verwaltung anzupassen, nämlich 
der Befriedung, Kontrolle und Verwaltung der Armut. 

Wir lehnen dieses Konzept und die hierin uns zugedachte Funktion ah, 


ZUR “FAMILIENBEHANDLUNG” 


Ist - wie an anderer Stelle bereits vermerkt - der Begriff "Eman- 
zipation" völlig aus der Konzeption verschwunden und ausschließlich 
durch "Integration" ersetzt, legt Punkt 3 des Rundverfügungsentwurfes 
das "Know-how" dazu fest: 
Sozialarbeit im allgemeinen Sozialdienst durch Familienberatung und 
Familienbehandlung. 
Behandlung aber 
setzt Krankheit voraus und definiert damit den Zustand und die Pro” 
- bleme von Betroffenen, 
- berücksichtigt die Ursachen, die Krankheit entstehen ließen, 
- setzt eine Vertrauensebene zwischen Patient und Behandelnden vor- 
aus und ist dabei auch durch absolute Schweigepflicht geschützt, 


Wir lehnen Familienbehandlung ab 

- da wir Klienten behördlicher Sozialarbeit nicht als krank defi- 
nieren, 

- da die Anweisung zur datenmäßigen Erfassung von Klienten und Akten- 
führung über sie - die der Verfügungsbefugnis des Dienstherren 
unterliegen - von vornherein eine Vertrauensebene ausschliefien 

- da der Kontakt ("Vertrauensebene") zwischen Sozialarbeiter und 
Klient bestimmt und beeinflußt wird von der Tatsache, daß wir Pflicht- 
aufgaben und Kontrollfunktionen auszuüben haben. Sagt doch das Ur- 
teil des Bundesverfassungsgerichtes vom 19.7.1972 zum Zeugnisver- 
weigerungsrecht von Sozialarbeitern zu unserer Rolle Grundsätzli- 
ches aus: "... gilt das Vertrauen des Hilfsbedürftigen weniger der 
Person des Sozialarbeiters als vielmehr der Institution, die hin- 
ter ihm steht... begegnet er seinem Klienten nicht nur als persön- 
licher Helfer und Berater, sondern irmer zugleich auch als Reprä- 
sentant von Gesellschaft und Staat." 


Darüberhinaus ist zum vorgelegten Rundverfügungsentwurf in diesem 


Punkt festzustellen: 
- daß er an keiner Stelle definiert, was unter Familienbehandlung 
im Rahmen behördlicher Sozialarbeit zu verstehen sein sollte; 


- 28 - 





- daß er die ökonomischen und sozialen Bedingungen, die Probleme 
entstehen ließen,außer acht läßt; 

- daß er Klient und Behandelnden unter totale Kontrolle setzt; 

- daß er einen Lösungszuammenhang zwischen Familienbehandlung und 
unzureichender sozialer Infrastruktur vortäuscht und sich somit 
selbst ad absurdum führt. 


WARUM WIR DIE ERFOLGS- UND EFFIZIENZKONTROLLE 
ÜBER BEWOHNER UND SOZIALARBEITER ABLEHNEN 


Nach Absatz 5.3. der Rundverfügung sollen wir verpflichtet werden, 

alle Bewohner, die mit uns in Kontakt treten, wie auch den Grund des 

Kontaktes in einem halbjährlichen Bericht an die Amtsleitungen nament- 

lich aufzuführen. Gleichzeitig soll dieser Bericht die vorgeschlage- 

nen Maßnahmen sowie die einzelnen "Behandlungsmethoden" (wieviel 7% 

Arbeitsanteil pro Sozialarbeiter) beinhalten. 

Diese Form von Berichten sind die totale Kontrolle, die auf drei Ebe- 

nen ausgeübt wird: 

1. Bewohner (namentlich) 

2. Sozialarbeiter namentlich mit jeweiligem Arbeitsanteil 

3. Alle im Brennpunkt stattfindenden Aktivitäten, Initiativen, Grup- 
pen und deren Träger 

Neu daran ist die totale Kontrolle des einzelnen Bewohners, der Ge- 

fahr läuft, sich in den halbjährlichen Berichtszeiträumen nicht so 

verändert zu haben, wie die Amtsleitung sich das vorstellt. 


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Welchen Grund gibt es für diese außergewöhnliche Kontrolle der Be- 

wohner? 

Ein erklärtes "Ziel" dieser neuen Rundverfügung soll sein, durch Ver- 

besserung der sozialen Infrastruktur dieser Stadtteile eine "Chancen- 

gleichheit dieses Bevölkerungskreises" herbeizuführen, Und ob: l 

Jeder hat künftig die gleiche Chance, bei der Stadt - Amtslei- 
tung - in den Akten geführt zu werden. 

Jeder, der künftig mit uns in Kontakt tritt, gilt als "Nicht-In- 
tegrierter". 

Es lebe die Stigmatisierung! 


Thema 





Bisher wurden bereits über alle Bewohner, die z.B. eine Mietentschul- 
dung erhielten, sowieso beim Sozialamt Akten geführt, versehen mit 
einem Bericht des jeweils zustündigen Sozialarbeiters. 

Desweiteren gibt es auch von den übrigen Einzelpersonen und Familien, 
bei denen z.B. in Ehe-, Erziehungs- oder Schulproblemen Beratungsge- 
sprüche erfolgten, entweder Erziehungsakten oder lose Vorgänge, die 
jederzeit von der Amtsleitung einsehbar sind. 

Es werden also zusätzliche Daten, Namen und Problemkreise von der 
Amtsleitung verlangt, über deren weitere Verfügung bzw. Deutung keiner 
Einflufi hat. Der Bewohner mit samt seinem Anliegen ist voll "im Be- 
sitz" der Verwaltung und darf nur noch blind hoffen, daß man es gut 
mit ihm meinen wird, hat er das doch schon häufig in Ämtern erfahren!!! 


Von dieser totalen Kontrolle sind jedoch nicht nur Einzelpersonen 
oder Familien betroffen, sondern - oder erst recht - alle Gruppen- 
und Gemeinwesenarbeitsinitiativen, wie es sich auch schon in der Ver- 
gangenheit gezeigt hat. 


- 29 - 


Da wurde das Prinzip der Freiwilligkeit in der Gruppenarbeit völlig 
aufer Acht gelassen, Bewohner sollten mehr oder weniger durch uns ge- 
zwungen werden, an Gruppenaktivitäten teilzunehmen, Beispiel: VHS- 
Kurs "Praktische Erziehungshilfe für alleinstehende Mütter", Sozial- 
amtsleitung in einem Brief vom 1.6.76 an die Sozialarbeiter: "Wir 
bitten, umgehend dafür Sorge zu tragen, daß die weiteren Kursstunden 
von einer entsprechenden Teilnehmerzahl besucht werden." 

Bilden sich jedoch in Freiwilligkeit Bewohnergruppen mit dem Ziel, 
ihre Interessen durchzusetzen und ihre Lebenssituation zu verbes- 
sern, wird uns eine unterstützende Arbeit (in diesem Fall Gruppen- 
und Gemeinwesenarbeit) untersagt. Beispiel: Bildung einer Mieterini- 
tiative in einem Stadtteil,die u.a. in mietrechtlichen Angelegenhei- 
ten beraten werden wollte: "Für Sie ergibt sieh daraus die Konsequenz, 
daß Sie bei Kenntnis von Mißständen auf diesem Sektor entweder die 
Betroffenen zur Meldung beim Amt für Wohnungswesen veranlassen oder 
dies selbst unmittelbar tun. Es ist nicht Ihre dienstliche Aufgabe, 
zur Aufdeckung von Mißständen Aktionen vorzubereiten bzw. zu orga- 
nisieren", Sozialamtsleitung in einem Brief vom 13.1.76 an die So- 
zialarbeiter. 


Nach all unseren bisher gemachten Erfahrungen sollen wir bzw. unsere 
Berichte nur Barometer für evtl.entstehende Konflikte sein!!! 

In diesem Gesamtzusammenhang sei noch einmal erinnert an das Urteil 
des Bundesverfassungsgerichts vom 19.7.72, 2 BvL 7/71 zum Zeugnisver- 
weigerungsrecht für Sozialarbeiter: 

"... Der Sozialarbeiter ist in der Regel entweder als Beamter oder 
Angestellter im Öffentlichen Dienst tätig oder bei einem Verband der 
freien Wohlfahrtspflege beschäftigt. Was er in Ausübung seines Beru- 
fes von dem Klienten erfährt, unterliegt daher zwangsläufig der Ver- 
fügungsbefugnis seines Dienstherrn oder Arbeitgebers. Dieser bestimmt, 
ob und welcher Gebrauch von solchen Wissen gemacht werden soll, und 
er hat es auch in der Hand, seinen Willen mit Richtlinien, Anordnungen 
oder Weisungen durchzusetzen. Angesichts dieser Sachlage gilt das 
Vertrauen des Hilfsbedürftigen weniger der Person des Soztalarbeiters 
als vielmehr der Institution, die hinter ihm steht....begegnet er sei- 
nem Klienten nicht nur als persönlicher Helfer und Berater, sondern 
immer zugleich auch als Repräsentant von Gesellschaft und Staat." 
Genau an dem letzten Satz wird deutlich, warum die Kontrolle, wie und 
was wir mit jeder Person bzw. Gruppe arbeiten, für die Amtsleitungen 
überprüfbar werden muß. 

Es soll endlich ausgeleuchtet werden und festmachbar sein, ob, 

wo und w i e jeder einzelne Sozialarbeiter Repräsenttant von Gesell- 
schaft und Staat ist. 

Das sieht dann konkret so aus, daß der Sozialarbeiter z.B. in einem 
Fall von Mietverschuldung einer Familie nicht auch die hohen Mieten 
der sogenannten "Sozial"bauvohnungen und damit staatlicher Wohnungs- 
politik hinterfragt, sondern dem Einzelnen als "bóswilligen Mietver- 
veigerer" beizubringen hat, daß er von seinem (zwar niedrigen) Lohn 
als erstes die Miete abzuzwacken hat, auch auf die Gefahr hin, daß 
u.U. für die Versorgung der Familie zeitweise nur noch Backmargarine 
und Maggi-Süppchen übrigbleiben! 





Immerhin (!) hat es die Stadt Frankfurt drei Jahre Mühe gekostet, die 
jetzigen Brennpunktsozialarbeiter endlich auf die Rolle des staat- 
lichen Umerziehers zu drillen. 


ss Aere 


Der Einsatz von zusätzlichen Sozialarbeitern in den sogenannten 
Brennpunkten muf sich durch die nachweisbare Erfolgskontrolle (klin- 
gende Münze) dieser Arbeit niederschlagen. 

Jedoch: SOZIALARBEIT WIRD DA UNMÖGLICH, WO SIE VOM ERFOLGSZWANG 


BESTIMMT IST und überhaupt: WA S wird von 


Erfolg definiert? 


WEM als 


Sieht Erfolg etwa so aus, wie die sinngemäß geäußerte Vorstellung 
der sogenannten Koordinationsgruppe seinerzeit: 
"Kommen zu einer Bewohnerversammlung nur 5 Bewohner, so haben Sie 


keine gute Arbei 


geleistet, kommen 15 Bewohner, so kann man sagen, 


L 
haben Sie gut gearbeitet, kommen 5o Bewohner, so ist das Aufwiege- 


Lung". 


Da, wo der Städtische Geldsäckel anfängt, gleich 


für die Bewohner 


oder die zusätzlichen Stellen der Brennpunktsozialarbeiter, ist nur 
noch Platz für Effizienz: Beseitung der roten Zahlen unterm Strich! 


Nachtrag: Am 19.7.78 erschien der endgültige Text als Rundverfügung 
Nr. 16/78. Neben stilistischen und inhaltlich unerheblichen 
Anderungen unterscheidet sie sich vom Entwurf lediglich 
durch die Herausnahme des Punktes 5.3.. Dies geschah auf- 
grund massiver Proteste. Aber auch durch diese Streichung 
ändert sich nichts am Gesamtcharakter, wie er zuvor skiz- 


ziert worden ist. 


ANHANG: 


RUNDVERFÜGUNG- ENTWURF 


Entwurf 29.05.1978 


DEZERNAT SOZIALES UND JUGEND 
Frankfurt a.M., den 


Rundverfügung Nr. 


Arbeit in Stadtteilen mit unzureichender 
sozialer Infrastruktur 


Die schlechte Ausgangslage von so- 
zial schwachen Bürgern in Stadttei- 
len mit unzureichender sozialer In- 
frastruktur machte es erforderlich, 
für diesen Personenkreis besonders 
intensive Hilfen mit dem Ziel seiner 
Integration im Wohnquartier bereit- 
zustellen. Daher sind in verschiedenen 
Stadtteilen in der Vergangenheit im 
Rahmen des Allgemeinen Sozialdien- 
stes zusätzliche Sozialarbeiter in be- 
stimmten Wohnbereichen eingesetzt 


worden, für deren Arbeit mit Rund- 
verfügung 3/1976 und den weiteren 
dazu ergangenen Bestimmungen or- 
ganisatorische Leitlinien festgelegt 
wurden. 

Während der Erprobungsphase wur- 
de in den betroffenen Sozialstationen 
nach unterschiedlichen Konzepten 
gearbeitet. Nunmehr wird aufgrund 
der gewonnenen Erfahrungen die nach- 
stehende einheitliche Regelung für 
die Weiterführung der Arbeit getrof- 
fen. 


1. Geltungsbereich 


Stadtteile mit unzureichender sozialer 
Infrastruktur werden als solche durch 
das Dezernat Soziales und Jugend aus- 
gewiesen und kónnen zur Verbesse- 
rung des Angebotes sozialpádagogi- 
scher Hilfen ergänzend zum Allgemei- 
nen Sozialdienst mit zusátzlichen So- 


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Thema 





zialarbeitern ausgestattet werden. Es 
handelt sich um Wohngebiete, in de- 
nen Faktoren, die die Lebensbedin- 
gungen ihrer Bewohner und insbeson- 
dere die Sozialisationsbedingungen 
von Kindern und Jugendlichen nega- 
tiv bestimmen, kumulativ auftreten. 
Es sind Stadtteile, in denen ohne 

eine gewachsene durchmischte Bevol- 
kerungsstruktur, ohne ausreichende 
soziale Beziehungen der Bewohner 
zueinander, kinderreiche Familien, 
ausländische Mitbürger, Problemfa- 
milien und ehemalige Bewohner von 
Notunterkünften und Übergangswohn- 
stätten verstärkt zusammengezogen 
sind oder zusammenziehen. 


2. Ziele 


Sozialarbeit in Stadtteilen mit unzu- 
reichender sozialer Infrastruktur zielt 
auf die Integration sozial schwacher 
Bürger in die übrige Bevölkerung des 
Wohnquartiers. Sie versteht sich als 
eine Hilfe zur Selbsthilfe. Die von ihr 
betreuten Bürger sollen die Gestaltung 
ihrer sozialen Beziehungen, der schu- 
lischen und beruflichen Ausbildung 
und die Sicherung ihres Lebensunter- 
haltes lernen, um so unabhängig von 
sozialpädagogischer oder wirtschaftli- 
cher Hilfe ein eigenständiges Leben 
zu führen, Sie will die soziale Infra- 
struktur dieser Stadtteile verbessern, 
um so eine Chancengleichheit dieses 
Bevölkerungskreises herbeizuführen. 
Sie will erreichen, daß in diesen 
Stadtteilen sozial benachteiligte Bür- 
ger mit Bürgern in besserer sozialer 
Situation auf Dauer zusammenleben 
können. 


3. Konzept 


In Stadtteilen mit unzureichender 
sozialer Infrastruktur wird Sozialar- 
beit im Rahmen des Allgemeinen So- 
zialdienstes geleistet. Diese Sozial- 
arbeit geschieht durch Familienbera- 
tung und Familienbehandlung sowie 
durch Beratung von Gruppen und Ein- 
zelpersonen. Bei Familien, die noch 
nicht in das soziale Beziehungsgeflecht 


integriert oder die aufgrund ihres Ver- 
haltens von Obdachlosigkeit bedroht 
sind, soll durch verstärkte Familien- 
beratung und Familienbehandlung so- 
zialintegratives Verhalten erreicht 
werden. Auf diese Weise soll auch er- 
reicht werden, daß Kinder aus diesen 
Familien durch Veränderung ihrer 
Sozialisationsbedingungen günstigere 
Lebenschancen erhalten. In Ergän- 
zung dieser intensivierten Arbeit des 
Allgemeinen Sozialdienstes soll unter 
Anwendung der methodischen An- 
sätze von sozialer Gruppenarbeit und 
Gemeinwesenarbeit die soziale Ein- 
bindung dieser Bürger in den jeweili- 
gen Stadtteil angestrebt werden. So- 
weit im Rahmen von sozialer Grup- 
penarbeit oder Gemeinwesenarbeit 
Honorarkräfte eingesetzt werden, be- 
gleiten Mitglieder des Teams diese Maß- 
nahme, um so die beginnende Ver- 
selpstándigung von Klienten als An- 
satz für eine integrative Sozialarbeit 
zu nutzen. 

Das im Stadtteil tätige Team erfaßt 
und analysiert die sozioókologischen 
Gegebenheiten, stellt Defizite an so- 
zialer Infrastruktur fest, regt die 
Schaffung von Einrichtungen an, 
entwickelt stadtteilbezogene Hilfen 
für Familien und alleinstehende Per- 
sonen unter Beachtung der sozio- 
ökologischen Bedingungen, koordi- 
niert und regt Aktivitäten verschiede- 
ner Träger und Institutionen an, plant, 
organisiert und führt eigene Maßnah- 
men durch. 

3.1. Planung von Maßnahmen 

Die Planung orientiert sich an der 
vorhandenen Infrastruktur und dem 
sich daraus ergebenden Defizit im 
Verhältnis zur Bevölkerung und des 
Stadtteils. Sie berücksichtigt bestehen- 
de Einrichtungen und Maßnahmen. 
Planung erfolgt mit den Bürgern, den 
Trägern der freien Jugendhilfe und 
der freien Wohlfahrtspflege und den 
zuständigen Amtsleitungen der Sozia- 
len Ämter. 

3.2. Organisation von Maßnahmen 
Die Organisation von Maßnahmen 
geschieht im Benehmen mit den je- 


OO 





weils zu 3.1. Beteiligten. Das Arbeits- 
team schafft die Voraussetzungen, 
damit die als notwendig und durch- 
führbar angesehenen Maßnahmen 
durchgeführt werden können. 

3.3. Durchführung von Maßnahmen 
Die Durchführung von Maßnahmen 
durch das Team ist nicht die Regel. 
Sie kann jedoch erfolgen bis andere 
in der Lage sind, sie sachgerecht durch- 
zuführen. Es ist anzustreben, daß alle 
Maßnahmen — soweit zweckmäßig 
und möglich — in Verbindung oder 
durch Träger der freien Wohlfahrts- 
pflege und andere für diese Aufgabe 
geeignete Institutionen geleistet wer- 
den. 


4. Organisation 

In Stadtteilen, in denen ergänzende 
Sozialarbeit zum Allgemeinen Sozial- 
dienst eingerichtet wird, können in 
einem oder mehreren Sozialarbeiter- 
pezirken zusätzliche Sozialarbeiter 
eingesetzt werden. Sie sind eingeglie- 
dert in das Sachgebiet des Allgemei- 
nen Sozialdienstes und bilden mit 
dem/den Bezirkssozialarbeiter(n), 
dem Sachgebietsleiter des Allgemeinen 
Sozialdienstes und dem Leiter der So- 
zialstation ein Arbeitsteam. 


Jeder Sozialarbeiter nimmt für einen 


Teilbezirk im jeweiligen Stadtteil 
sowohl Aufgaben des Allgemeinen 
Sozialdienstes als auch ergánzende 
Aufgaben im Sinne der sozialen Grup- 
penarleit oder Gemeinwesenarbeit 
wahr. Um eine intensive Beratung 
und Betreuung des betroffenen Perso- 
nenkreises sicherzustellen, wird min- 
destens die Hälfte der Arbeitskapazi- 
tät der im Bezirk tätigen Sozialarbei- 
ter im Sinne von Familienberatung 
eingesetzt. 

Die Arbeit des Teams dient der Ver- 
besserung der Arbeit im Stadtteil mit 
unzureichender sozialer Infrastruktur 
(siehe Nr. 3). 


4.1. Beratungsstellen 

Zur Steigerung der Effektivität der 
Arbeit und zur Verbesserung der In- 
frastruktur in den verschiedenen 


Stadtteilen werden den dort tätigen 
Sozialarbeitern Arbeitsräume unmit- 
telbar im Wohnbereich ihrer Klienten 
zur Verfügung gestellt. In diesen Be- 
ratungsstellen werden alle Arbeiten 
erbracht, die nicht mit gleicher Ef- 
fizienz in der Sozialstation geleistet 
werden können. Die Beratungsstellen 
dürfen nicht für Gruppenarbeit mit 
Jugendlichen, zum Übernachten und. 
für Bürozwecke verwendet werden. 
Hausherr in diesen Räumen ist der 
Leiter der Sozialstation. Er kann den 
Hausherren-Auftrag an die im Stadt- 
teil tätigen Sozialarbeiter delegieren. 
Die Räume dienen der Durchführung 
eigener Aktivitäten. Sie können ande- 
ren geeigneten Trägern für deren Ak- 
tivitäten zur Verfügung gestellt 
werden, gegebenenfalls durch vertrag- 
liche Regelung. 

Soweit es erforderlich ist, Verträge 
über die Nutzung der Räume durch 
Dritte zu schließen, ist die Zuständig- 
keit des Dezernatsverwaltungsamtes, 
Abteilung Allgemeine Verwaltung, 
gegeben, mit dem auch alle techni- 
schen Einzelheiten wegen der Räume 
abzuklären sind. Die zusätzlich in den 
genannten Stadtteilen eingesetzten 
Sozialarbeiter können auch Sprechstun- 
den in diesen Räumen abhalten, je- 
doch hat jeweils mindestens einer von 
ihnen die allgemeinen Sprechstunden 
in der Sozialstation wahrzunehmen. 
Über die Nutzung der Beratungsstelle 
ist ein detaillierter schriftlicher Nach- 
weis zu führen. 


ingungen 


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Arbeitsbed 


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Thema 


4.9. Einsatz von Haushaltsmitteln 
Über die Verwendung von Haushalts- 
mitteln im Rahmen der Arbeit in 
Stadtteilen mit unzureichender sozia- 
ler Infrastruktur entscheidet das je- 
weils zuständige Fachamt auf Antrag 
der Sozialstation. 

4.2.1. Im Rahmen der Tätigkeit von 
Sozialarbeitern in Stadtteilen, in de- 
nen eine Verbesserung der sozialen 
Infrastruktur erreicht werden soll, fal- 
len kleine Ausgaben an, die nicht als 
Hilfen im Einzelfall gemäß der Bestim- 
mungen des BSHG oder JWG anzuse- 
hen sind. Dabei handelt es sich vor al- 








lem um die Beschaffung von Material 
zur Durchführung allgemeiner Lebens- 
beratung für Familien und Einzelper- 
sonen, funktioneller Erziehungsbera- 
tung für Familien mit Kindern und für 
Jugendliche und Gruppenarbeit. So 
können Hilfsmittel, die die Informa- 
tion der Bürger erleichtern, erforder- 
lich werden, wie beispielsweise Filz- 
stifte, Papier usw. Ebenso kann sich 
die Notwendigkeit didaktischer Hilfs- 
mittel, wie etwa Lernspiele, Filme u.ä., 
ergeben oder es werden Hilfsmittel 
zur Verbesserung der Kommunikation 
benótigt. Sofern an anderer Stelle 

im Haushalt Mittel eingestellt sind, 
aus denen solche Ausgaben finanziert 
werden kónnen , rangieren diese vor 
den mit dieser Rundverfügung den So- 
zialstationen zugewiesenen Mitteln. 
4.2.2. Der Leiter der Sozialstation ist 
für die sachgemäße Verwendung des 
für kleine Ausgaben monatlich zur 
Verfügung stehenden Betrages verant- 
wortlich. Ihm obliegt die Bewilligung 
der beabsichtigten kleinen Ausgabe. 
Bei Vorschußzahlungen ist deren Ab- 
rechnung durch die Zahlstelle der So- 
zialstation zu überwachen; eine Ab- 
rechnung solcher Belege mit der Amts- 
kasse ist nicht statthaft. Die endgülti- 
ge Ausgabe ist in Hóhe der nachgewie- 
senen Auslagen zu Lasten der Kennzif- 
fer “7822” zu verrechnen und in eine 
entsprechende Haushaltsüberwachungs- 
liste einzutragen. : 

Bei Barzahlung durch die Zahlstelle 
hat der mit der Leitung der Sozialsta- 
tion beauftragte Bedienstete die Kas- 
senanweisung mitzuvollziehen. Bei 
bargeldloser Bezahlung von Rechnun- 
gen sind Ausgabeanweisungen für die 
Stadtkasse zu fertigen. Diesen ist das 
Original der Lieferantenrechnung bei- 
zufügen. Die Richtigkeit ist durch den 
Leiter der Sozialstation zu bescheini- 
gen. Die Ausgaben sind durch revi- 
sible Quittungen zu belegen. 

4.2.3. Die zur Verfügung gestellten 
Beträge sind für den laufenden monatli- 
chen Verbrauch bestimmt. Die letzte 
Abrechnung und Vorlage von Rechnun- 
gen muß bis spätestens zum 20.12. 


des jeweiligen Rechnungsjahres mit 
der Rechnungsführung bzw. Amtskasse 
vorgenommen werden. 

4.2.4. In Zweifelsfállen ist durch den 
Leiter der Sozialstation die Entschei- 
dung von 50.1 bzw. 51.1 
Haushaltsfragen sind mit 
ren. 


einzuholen. 
56.4 zu klä- 


4.3. Arbeitszeit 

Die Arbeitszeit der in Stadtteilen 

mit unzureichender sozialer Infrastruk- 
tur tätigen Sozialarbeiter kann in Ab- 
änderung der allgemeinen Regelung 

für den Allgemeinen Sozialdienst 

über 21.00 Uhr bis 22.00 Uhr ausge- 
dehnt werden. Hierfür ist ein Zeitaus- 
gleich zu schaffen. Im Interesse einer 
Zusammenarbeit in der Sozialstation 
und mit den Abteilungen des Sozial- 
amtes und des Jugendamtes sind Auf- 
gaben, die während der üblichen Dienst- 
zeit erledigt werden können, in die- 
ser durchzuführen. Entsprechend sind 
auch Arbeitszeitkarten zu führen. 


4.4. Aktenführung 

Soweit Familien oder Einzelpersonen 
Hilfen gemäß Ziffer 3. erhalten, sind 
Akten bzw. lose Vorgänge anzulegen. 
Ursachen, die zur Beratung führen, 
Umfang und Art der Beratung sowie 
die Teilnahme an Maßnahmen müssen 
aus den Aktenvermerken zu erkennen 
sein. Im übrigen gelten die allgemei- 
nen Regelungen für die Aktenführung 
bzw. losen Vorgänge des Dezernates 
Soziales und Jugend. Allgemeiner 
Schriftverkehr, sowie Schriftverkehr, 
Berichte usw. im Zusammenhang 

mit Gruppenarbeit und Gemeinwe- 
senarbeit sind in entsprechenden 
Hauptakten aufzubewahren. 


4.5. Dienst- und Fachaufsicht 

Die Dienst- und Fachaufsicht für So- 
zialarbeiter in Stadtteilen mit unzu- 
reichender sozialer Infrastruktur ent- 
spricht der Regelung im Sachgebiet 
Allgemeiner Sozialdienst. 
Veröffentlichüngen bedürfen der Zu- 
stimmung des Leiters der Sozialsta- 
tion bzw. des zuständigen Amtslei- 
ters oder des Dezernenten. 





5. Berichterstattung 


In regelmäßigen Abständen ist es not- 
wendig, die in einem überschaubaren 
Zeitraum geleistete Arbeit darzustel- 
len, die durchgeführten Mafinahmen 
aufzulisten und mit detaillierten Zah- 
len zu belegen. Eine solche sich wieder- 
holende zergliedernde Untersuchung 
dient der Selbstkontrolle aller im Ar- 
beitsfeld Tätigen, ermöglicht die uner- 
läßliche Kontinuität der Arbeit und 
gibt die Grundlage für planvolles Han- 
deln ab. Sie gewährleistet Informatio- 
nen und Koordination zwischen So- 
zialstationen und Fachämtern. Daher 
ist über das in Stadtteilen mit unzu- 
reichender sozialer Infrastruktur er- 
zielte Arbeitsergebnis in halbjährli- 
chen Abständen — erstmals zum 
1.10.1978 — zu berichten. Es ist 

zu berichten über 


5.1. Bestand der sozialen Infrastruktur 
Es ist eine Aufstellung der bestehen- 
den sozialen Infrastruktur zu erbrin- 
gen, gegebenenfalls fortzuschreiben 
oder zu berichtigen, die berücksich- 
tigt 

5.1.1. Einrichtungen (Träger, Zweck- 
bestimmung, Kapazität) wie z.B. 
Kindergarten, Kinderkrippe, Kinder- 
hort, Einrichtungen für Behinderte, 
Erziehungsberatungsstelle, Familien- 
bildungsstätte, Altenclubs, Heime, 
Bürgerhaus, Schulen — Sonder-, Grund-, 
Haupt-, Gesamt-, Realschulen — Gym- 
nasien, Berufsschulen usw. 

5.1.2. Maßnahmen (Träger, Zweckbe- 
stimmung, Kapazität) wie z.B. Schul- 
arbeitenhilfe, Jugend- und Erwachse- 
nenarbeit der Verbände, Kirchen, 
Vereine, Initiativen usw. 

Hierbei sind Einrichtungen und Maß- 
nahmen von Trägern der freien Jugend- 
hilfe und der freien Wohlfahrtspflege 
und städtische Einrichtungen aufzu- 
führen, in denen die Mitglieder des Ar- 
beitsteams nicht direkt mitarbeiten. 
Sie sind zu untergliedern in Einrich- 
tungen und Maßnahmen, die im Stadt- 
teil vorhanden bzw. angeboten wer- 
den und außerhalb des jeweiligen 


Stadtteils in Anspruch genommen 
werden. 


5.2. Eigene Maßnahmen 
Es ist zu berichten über die Planung, 


Organisation und Durchführung von 
Maßnahmen, die vom Arbeitsteam ge- 
tragen werden sowie über deren Er- 
folg bzw - Mißerfolg. Bei Veranstal- 
tungen müssen exakte Daten wie z.B. 
Thema, Zeitaufwand, Teilnehmerzahl 


und Personalaufwand angegeben wer- 
den. 


5.3. Betreuter Personenkreis 

Die im Rahmen der Integration und 
der Verhinderung von Obdachlosig- 
keit betreuten Familien, Gruppen und 
Einzelpersonen sind im Bericht na- 
mentlich aufzuführen. Dabei ist jeweils 
stichwortartig Grundlage des Tätig- 
werdens, durchgeführte Beratungen 
und Maßnahmen im Rahmen der Fa- 
milienberatung bzw. Familienbehand- 
lung und die daraus abgeleiteten er- 
gänzenden Hilfen sozialer Gruppenar- 
beit und Gemeinwesenarbeit darzu- 
stellen . Jeder im Arbeitsteam tätige 
Sozialarbeiter hat eine Aussage darü- 
ber zu machen, welcher prozentuale 
Anteil seiner Arbeitszeit für Familien- 
beratung/-behandlung, soziale Grup- 
penarbeit und Gemeinwesenarbeit be- 
ansprucht wird. 


5.4. Überlegungen für den nächsten 
Berichtszeitraum 

Hier ist aufgrund der im Berichtszeit- 
raum gewonnenen Erfahrungen eine 
Vorschau der notwendigen Maßnah- 
men für den nächsten Zeitraum zu ge- 
ben. Auf dem Hintergrund der vorhan- 
denen sozialen Infrastruktur, unter 
Berücksichtigung der Tätigkeit des 
Teams und der Zusammenarbeit mit 
Dritten sind für Einrichtungen und 
Maßnahmen personelle, zeitliche und 
finanzielle Aussagen zu machen. 

Hier ist insbesondere die Nutzung 


der Beratungsräume zu berücksichti- 
gen. 


5.5. Äußerung des Sachgebietsleiters 
und des Leiters der Sozialstation 

Zu dem im Bericht dargestellten Ar- 
beitsergebnis haben sich sowohl der 
Leiter des Sachgebietes des Allgemei- 
nen Sozialdienstes als auch der Leiter 
der Sozialstation schriftlich abschlies- 
send zu äußern. 

Rundverfügung Nr. 3 vom 20.2.1976 
tritt ab sofort außer Kraft. 


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Thema 





2. BEHANDLUNG “ LOSER VORGÄNGE ” 


"Erg”bt sich aus dem Gespräch des Sozialarbeiters mit einem Bürger, 
daß dieser die Beratung des Sozialamtes oder des Jugendamtes in An- 
spruch nehmen will, oder erkennt der Sozialarbeiter, daß Hilfen sofort 
oder in absehbarer Zeit notwendig werden, ist ein Vermerk zu fertigen. 


Vermerke dienen dazu, Sachstandsdarstellungen, Entscheidungsvorschlä- 
ge und dergleichen kurz und prägnant festzuhalten. Sie erleichtern 
die Übersicht, vermeiden Gedächtnisirrtümer und geben die für eine 
Entscheidung maßgebenden Überlegungen wieder. Damit ist auch gewähr- 
leistet, daß ein Vorgang jederzeit von einem anderen Bediensteten 
weiter bearbeitet werden kann. Vermerke sind von dem Verfasser zu un- 
terschreiben. Dabei ist immer das Datum, der Name des Sachbearbeiters 
in Klammern anzugeben, wenn erforderlich auch die Beschäftigungsstel- 
Le." (aus Rundverfügung 1/78 über "lose Vorgänge") 


Nach unserer Auffassung ist eine offene vertrauliche Kommunikation 
zwischen Sozialarbeiter und Betroffenem unvereinbar mit der Forderung, 
den Beratungsinhalt als Niederschrift in Form von Akten festzuschrei- 
ben. Daraus ergibt sich ein Widerspruch von Hilfe und Kontrolle, der 
sich aus den Ansprüchen der Bevölkerung und dem Selbstverständnis 

des Sozialarbeiters einerseits und den behördlichen Funktionen und 

der Organisation andererseits ergibt. 

Individualisierung und Isolierung von Klienten und ihrer Problemlage 
erweist sich als äußerst fragwürdig. Inzwischen sind durch zahlreiche 
Aktenanalysen und Fallstudien die stigmatisierenden Definitionsprozes- 
se durch Institutionen der Sozialarbeit bekannt geworden. Sie führen 
zur Fortschreibung und damit zur Verfestigung des sogenannten abwei- 
chenden Verhaltens. 


Die weiteren Auszüge aus dieser Rundverfügung sprechen eine deutli- 
che Behördensprache: 

"Das Schriftgut ist mittels Einhänge-Heftstreifen (Sparordner) abzu- 
heften, wobei Behördenheftung anzuwenden ist, d.h. das erste Blatt 
des Vorganges ist der Vordruck F 1292, danach folgt das Schrifgut in 
chronologischer Reihenfolge, beginnend mit dem ältestens Datum. Dabei 
gilt das Entstehungs- bzw. Ausfertigungsdatum des Schriftstückes. Vor- 
druck 1292 ist vollständig auszufüllen und entsprechend während der 
Bearbeitung eintretender Veränderungen zu ergänzen. Die einzelnen 
Blätter sind durehlaufend mit Seitenzahlen zu versehen. 

Jeder Vorgang erhölt eine Tagebuchnummer, die sich aus dem Eintrag 
ins Tagebuch ergibt. Der Eintrag ins Tagebuch erfolgt entsprechend 
dem Zeitpunkt, an dem der Vorgang angelegt wird. Für jeden Vorgang 
wird eine Registerkarte angelegt. Weggelegte Vorgänge sind in Steh- 
ordnern jahrgangsweise in alphabetischer Reihenfolge 5 Jahre aufzube- 
wahren." 


Ein Kommentar ist überflüssig. 


* 


- 56 - 


V. — RATIONALISIERUNG UND ARBEITSINTENSIVIERUNG 
IM SOZIALBEREICH 


Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz für Angestellte vom 
29.10.1971 in der Fassung vom 12.6.74 (BAT - Bundesangestelltenta- 
rif): 

"$ 2 Begriffsbestimmung: Rationc ılisie Se e ee Tu Sinne dieses 
Tarifvertrages sind vom Arbettgel ber (ne 

gen der Arbeitsteehnik oder wesent Ändenwigen der Arbeitstech- 
nik oder wesentliche Änderungen tsorgantsation, die eine 
rationellere 2750 mumla bezwecken, insi esondere zu Verlegungen, 
Zusammenlegungen, Stillegungen oder Ausgliederungen von Verwaltungen 
oder Betrieben bzw. von Verwaltungs- oder Betriebsteilen führen 

und für Angestellte einen Wechsel der Beschäftigung oder die Been- 
digung des Arbeitsverhältnisses zur Folge haben," 


— — 


S, 





Der Begriff Rationalisierung darf nicht so eng ausgelegt werden 

wie dies im Rationalisierungsschutzabkommen geschieht. Die Begriffe 
"erheblich" und "wesentlich" sind so unpräzise, daß der Arbeitgeber 
(und oft genug auch der Personalrat) etwas anderes darunter verste- 
hen als wir. 

Bei der Sammlung von Rationalisierungsmaßnahmen an unserem Arbeits- 
platz fiel auf, daß wir Rationalisierung (wie sie in § 2 gefaßt ist) 
noch kaum festmachen können (im Gegensatz zu Bereichen der Wirt- 
schaft und anderen Bereichen des Öffentlichen Dienstes - Schreib- 
dienst, Post, Bahn). 
Wir fanden vielmehr sehr viele Hinweise und Beobachtungen, die vir 
sehr wohl unter dem Begriff Rationalisierungsmafinahmen bringen kón- 
nen, deren einziges Ziel die Arbeitsintensivierung und Kontrolle ist. 





SCHLEICHENDE FORMEN (TENDENZEN) DER RATIONALISIERUNG 


6 Einführung der 40-Stunden-Woche, ohne daß auch nur eine Planstelle 
mehr geschaffen wurde - bei 100 Sozialarbeitern müßte bei der Ver- 
kürzung von wóchentlich 42 auf 40 Stunden Arbeitszeit 5 Planstel- 
len eingerichtet werden, um Ausgleich zu schaffen. Tatsächlich je- 
doch arbeiten wir nun schneller, um den gleichen (oder hóheren) 
Arbeitsanfall in kürzerer Zeit zu bewältigen. 

€ Die Arbeitsintensivierung nimmt durch die fortschreitende Verarmung, 
psychische Erkrankungen, Suchtprobleme oder erhóhte Anforderungen 
durch neue Gesetze (siehe Familiengerichte oder z.B. Beratungs- 
pflicht erheblich)zu. 

€ Aufgaben, die andere Abteilungen zu erledigen hätten, werden uns 
aufgehalst (z.B. Beratung gemäß Sozialgesetz oder "Zuständigkeit 
bei Mietrückständen" etc.) 

€ Einsparungen von Planstellen im Sozialamt haben zur Folge, daß wir 
Aufgaben übernehmen, um den Personalmangel in diesen Abteilungen 
auszugleichen. 


- A7 


® Die Einführung von Spezialfachkräften (z.B. ee Aeren: 
Pflegekinderhilfe etc.) deckt bisher nicht befriedigte bedürf- 
nisbereiche" ab, die vom Allgemeinen Sozialdienst bisher nicht be- 
wältigt wurden. Konkret bedeutet Spezialisierung deshalb keine Ent“ 
lastung des Allgemeinen Sozialdienstes. Mit angeblicher Entlastung 
argumentiert aber der Arbeitgeber, wenn neue Planstellen für den 
Allgemeinen Sozialdienst beantragt werden. Spezialisierung bedeu- 
tet außerdem, daß diese Arbeit eingrenzbar und damit meßbarer und 
kontrollierbarer wird. Durch die unterschiedliche Bezahlung der 
Sozialarbeiter (hier Spezialist, dort einfacher Sozialarbeiter) 
kónnen diese leichter auseinanderdividiert werden. 

€ Etateinsparungen wirken sich auch auf unsere Arbeit aus. z.B. miissen 
wir noch mehr und längere Berichte schreiben und zeitaufwendige 
Gesprüche mit Entscheidungsbefugten führen, um Beihilfen für die 
Betroffenen "rauszuholen". 

® Immer mehr Formulare müssen von uns ausgefüllt werden, obwohl die 
Leistungen die gleichen bleiben oder weniger werden. In Hessen 
müssen für Mafinahmen der Freiwilligen Erziehungshilfe (FEH) von 
der Familienfürsorge seitenlange Fragebögen ausgefüllt werden. 
Der Zweck scheint der zu sein, durch Abschreckung von FEH-Maßnah- 
men Abstand zu nehmen und z.B. eher auf stüdtische Kosten eine 
Heimunterbringung einzuleiten. Der LWV (Landeswohlfahrtsverband) 
spart dadurch Geld. Der örtliche Träger wehrt sich dagegen und 
wird nun bald ebenfalls diese langen Fragebögen ausgefüllt sehen 
wollen. 





. w 
Das war nur eine Randgruppe, doch" ^. 
nicht die ganze Gemeinde, sic müssen 
sich selbst organisieren 






> " 

Geet? Sie sagen, 
Ihr müßt Euch 
selbst helfen 


Aber dazu brauchen 







Diäten? 1 







wir das Geld, unsere 
Steuern 





irf die Gelder nicht aus 
dem Fenster, Du mußt 
wirtschaftlich damit umgehen” 


Wir müssen 
wohl auf den 








€ l'erngesprüche müssen laut Geschäftsanweisung von Vorgesetzten ge- 
nehmigt werden. In Frankfurt wurde diese Genehmigungspraxis jahre- 
lang nicht mehr praktiziert. Im April 1978 mußten viele Kollegen 
Rechenschaft ablegen, warum sie im Jahre 1976 "zu lange" Telefonate 
(über 50 Einheiten, also ab ca. 11,50 DM) geführt haben. (Fern- 
gesprüche sind nur über Anmeldung bei der Telefonzentrale möglich 
und von daher kontrollierbar). 

® Die zunehmende "Auftragsarbeit" (für Sozialamt, für Gerichte, für 
Jugendamt) läßt keine Zeit für Beratung etc. 

6 Zu dem enormen Arbeitsdruck durch vorgenannte Fakten kommt noch 
der Arbeitsdruck, dem man sich durch seinen eigenen Anspruch setzt, 
hinzu. Man will - trotz Zeitmangel - doch beraten, will initiativ 
werden, will "fortschrittliche" Ideen verwirklichen... Wir ratio- 
nalisieren uns also selbst, weil wir aufler der Arbeit, die von uns 
verlangt wird, durch den Anspruch, inhaltlich mehr zu leisten, uns 
tatsächlich mehr Arbeit aufhalsen als der Arbeitgeber von uns er- 
wartet (aber damit rechnet und einkalkuliert und deshalb nicht 
mehr Planstellen einrichtet!) 

Hinzu kommt, daß wir uns dann ständig noch rechtfertigen müssen, 
ob wir tatsüchlich genug Arbeit haben (zwielichtige Statistiken 
führen, Zentralkartei anlegen etc.) 

€ Notwendige Fortbildung sollen wir in der Freizeit machen; die uns 
bisher zugestandene Fortbildungszeit wird wieder eingeschrünkt 
oder ganz gekürzt; bestimmte Fortbildungsmafinahmen werden nicht 
anerkannt ,um dafür dienstfrei zu bekommen. 

Ə Rationalisierung durch Dequalifizierung (z.B. im Heim: Erzieher 
werden auf Pädagogenstellen gesetzt. Tendenz oder z.T. auch schon 
Verwirklichung: Sozialassistenz als Handlanger des Sozialarbeiters 
oder aber als Ersatz?!) 

€ Untersuchungen und Forschungen von Wissenschaftlern, Instituten, 
privaten Unternehmungen oder Planungsgruppen des Dezernates berei- 
ten langsam aber sicher Einsparungen vor (z.B. in Mannheim, wo 
die Sozialstation in einer großen Obdachlosensiedlung als zu bür- 
gernah und deshalb als zu viel-Geld-ausgebend abgeschafft werden 
soll) 








MASSIVE EINGRIFFE AUF UNSERE ARBEIT 


€ Verschleppung von Einstellungsverfahren 

6 Stellenstop, Wiederbesetzungssperre 

6 Einsparung oder Verschiebung von Planstellen 
In München wurde bis vor ca. 4 Jahren die "Sáuglingsfürsorge" von 
der Familienfürsorge geleistet - was sich meist auf ein schrift- 
liches Beratungsangebot an die Kindesmutter beschrünkte. (Zum 
einen muß heute über Ernährung etc. nicht mehr aufgeklärt werden, 
zum anderen gab es vordringlichere Aufgaben). Dieser Aufgabenbe- 
reich wurde dann wieder zurück an das Gesundheitsamt delegiert - 
in der Familienfürsorge wurden wegen Wegfall dieser Tätigkeit 11 
Sozialarbeiterstellen gestrichen! i 
In Berlin wurden Planstellen reduziert, da durch die Volljährig- 
keit mit 18 Jahren angeblich die Betreuung der 18 bis 2ljährigen 
wegfiel. 

€ Umorganisation, Umstrukturierung, Abänderung des Arbeitsgebietes 
Im Landkreis H. wurden in der Familienfürsorge erhebliche Umstruk- 
turierungen vorgenommen (Sozialarbeiterin des Jugendamtes müssen 


- 39 - 


jetzt auch Kosten berechnen, Unterhalt einklagen etc.). 


Die Kolle- 


gen wurden vier Wochen vorher erst davon informiert. 


In der "Wirtschaftlichen Sozialhilfe" 
"neuen" Organisationsmodell ein Probelauf durchgeführt. 


nach einem 
® Kündigungen 
® Arbeitsplatzuntersuchungen 


in Frankfurt wird demnächst 


Dazu gehören Untersuchung einer ganzen Organisation (deren Arbeits- 


vollzüge etc.) Arbeitsfelduntersuchung (z.B. 


Effizienz eines 


Sozialamtes), Arbeitsplatzbeschreibung einzelner Arbeitsbereiche 
(Aufzeichnung jedes Arbeitsabschnittes, Statistik, Mtrichlisten) 


mit dem Ziel, 


die Arbeit effizienter zu machen, 


Sozialleistungen 


zu reduzieren, Projekte und Modelle zu streichen, Kontrolle und 
Druck auf den einzelnen Kollegen ausüben (Arbeitsnachweis), Mehr- 
arbeit durch Streichung von Planstellen etc.) 


MERKBLATI 


(der Amtsleitung an die Kollegen 
der Familienfürsorge) 


2. Personalbemessung 


Personalbemessung ist die Ermittlung 
ə des Arbeitsaufwandes 
ə der angemessenen Arbeitsmenge je 

Mitarbeiter/je Organisationseinheit 
e der benötigten Arbeitsplätze. 
Grundlagen der Personalbemessung 
sind die Arbeitsmenge (wie oft ist die 
einzelne Arbeit in einem bestimmten 
Zeitraum zu erledigen? — Fallzahl —) 
und die Bearbeitungszeit (wie lange dauert 
es, bis eine einzelne Arbeit — Fall — 
im Durchschnitt erledigt ist? ). Die 
Arbeitsmenge läßt sich anhand von Akten, 
Vorgängen oder auch aussagefähigen 
Statistiken ermitteln. Zur Feststellung 
der Bearbeitungszeit bieten sich eine 
Vielzahl von Techniken je nach Art 
der Tätigkeiten an. 
Eine Auswahl der möglichen Techniken 
wird nachfolgend vorgestellt: 
e empirische Verfahren 

— Städtevergleich 

— Qualifizierte Zeitschätzung 
e analytisches Verfahren 

— Kombination von Laufzettelver- 


fahren und táglichen Arbeitsaufzeich- 


nungen 


3. Empirische Verfahren 
3.1. Städtevergleich 


Beim Städtevergleich wird verschiedenen 
Städten der Größenklasse 1 (über 
450.000 Einwohnern) ein detaillierter 
Fragebogen nebst Erläuterungen, aus 
denen die hiesigen Verhältnisse 

zu entnehmen sind, übersandt. Die 
Auswertung der beantworteten Frage- 
bogen ermóglicht einen Vergleich der 
eigenen Situation mit der anderer ver- 
gleichbarer Stádte. 


Vorteile: Geringer Zeitaufwand 
Geringer Arbeitsaufwand 
Schnelles Ergebnis 

Nachteile: Begrenzter Aussagewert 


Ungeprüfte Ist-Zustände werden 
übernommen 
Ungenaues Ergebnis 
Ergebnis nicht abgesichert 
Vergleichbarkeit ist schwer 
beweisbar 
3.2. Qualifizierte Zeitschátzung 
Die für die Erledigung der anfallenden 
Tätigkeiten erforderlichen Zeitaufvvün- 
de werden durch qualifizierte Schätzung 


unter Beteiligung von Sachkennern 
aus dem Untersuchungsbereich ermit- 


telt und nach Plausibilitätsprüfungen 
und ggf. Planspielen als Grundlagen 
für weitere Überlegungen genommen. 


Vorteile: Schnelles Ergebnis 
Relativ geringer Zeitaufwand 
Nachteile: Ergebnis nicht nachvollzieh- 


bar 

Hohe Fehlerquote 
Ungeprüfte Ist-Zustände 
werden übernommen 


4. Analytische Verfahren 


4.1. Kombination von “Taglichen Arbeits- 
aufzeichnungen" und Laufzettelver- 
fahren 


Die Organisationslehre bietet zur Durchfüh- 


rung einer Personalbemessung neben 

den empirischen auch eine Reihe analy- 
tischer Verfahren, deren Einsatzmög- 
lichkeiten jeweils begrenzt sind, an. 

Für den Bereich des Allgemeinen Sozial- 
dienstes eignet sich hiervon die Kombi- 
nation von “Täglichen Arbeitsaufzeich- 
nungen’ und Laufzettelverfahren. 

Über die **Táüglichen Arbeitsaufzeich- 
nungen’ werden alle nicht vorgang- bzw. 
fallorientierten Tätigkeiten, über das 
Laufzettelverfahren alle vorgang- bzw. 
fallorientierten Tätigkeiten mit den dafür 
aufgewendeten Zeitwerten erfaßt. Grund- 
lage für die Erfassung ist ein aus der Auf- 
gabengliederung erarbeiteter Tätigkeiten- 
katalog. Diese Technik hat die Ermitt- 
lung mittlerer Bearbeitungszeiten zum 
Ziel; sie wird durch Plausibilitätsprüfun- 
gen, Planspiele, Interviews und Akten- 
studium ergänzt. Die Mitarbeiter wirken 
aktiv und unmittelbar mit; die Ergeb- 
nisse beruhen auf ihren eigenen Feststel- 
lungen und Angaben zur Bearbeitungszeit. 


Die einzelnen Bestandteile dieses Auf- 
zeichnungsverfahrens sind 

4.1.1 Laufzettelverfahren 

Das Laufzettelverfahren ist eine arbeits- 
fallbezogene Untersuchungstechnik. 
Dem einzelnen Arbeitsfall (Akte, Vor- 
gang) wird ein Laufzettel beigegeben, 
auf dem die im Zuge der Bearbeitung 
des Falles auszuführenden Tätigkeiten 
vom Bearbeiter mit Angabe des Zeitauf- 
wandes vermerkt werden. Auf dem Lauf- 


zettel, der auf die besonderen Verhält- 
nisse des Allgemeinen Sozialdienstes 
abgestellt werden kann, wird nur ver- 
merkt, was in Verbindung mit der Akte 
geschieht (welcher Mitarbeiter hat welche 
Tätigkeit erledigt und wieviel Zeit dafür 
benötigt? ). Es wird daher nur ein Teil 
aller Tätigkeiten erfaßt. Der Laufzettel 
wird von den Mitarbeitern geführt, die an 
der Bearbeitung des Vorganges beteiligt 
sind, 


4.1.2. Tägliche Arbeitsaufzeichnungen 
Die “Tägliche Arbeitsaufzeichnung" 
ergänzt das Laufzettelverfahren und ist 
die vordruckmäßige Erfassung aller 
nicht vorgangorientierten Tätigkeiten 
mit den tatsächlich jeweils aufgewen- 
deten Bearbeitungszeiten pro Fall eines 
Mitarbeiters in einem festgelegten 
“Aufzeichnungszeitraum”. Der Vor- 
druck wird von dem jeweiligen Mitar- 
beiter fortlaufend während der Arbeit 
geführt. 
Vorteile: Unterscheidung zwischen 
aktenorientierten und son- 
stigen Tätigkeiten 

Hoher Genauigkeitsgrad 
Ergebnis ist methodisch 
abgesichert 

Ergebnis ist jederzeit nach- 
vollziehbar 

Hoher Objektivitätsgrad 
Feststellungen werden von 
den Mitarbeitern selbst 
getroffen und angegeben 
Umfangreiche Vorbereitungs- 
arbeiten 

Belastung der Mitarbeiter 
während des Aufzeichnungs- 
zeitraumes 

Umfangreiche Auswertungs- 
arbeiten 


Nachteile: 





AUSWIRKUNGEN VON SCHLEICHENDER UND MASSIVER 
RATIONALISIERUNG AUF DIE SOZIALARBEITER 


Erhóhter Leistungsdruck 

Streß 

Anpassung 

Angst (auch vor Arbeitsplatzverlust) 

Konkurrenzverhalten 

Spaltung der Sozialarbeiter 

Isolierung der Sozialarbeiter 

"Flucht" in Krankheit (bis hin zur Einlieferung in die Nervenklinik) 
Erhöhter Legitimationsdruck (Kaffeetrinken ist trotz notwendig 
psychischer Reproduktion nicht mehr "drin") 

Verschlechterung der Leistung (qualitativ und quantitativ) 
Apathie 

Keine Zeit zur Reflektion 

Entsolidarisierung 

Entpolitisierung 


GEGENWEHR 


Bei dem Zusammentragen der oben beschriebenen Rationalisierungsten- 
denzen wurde uns bewußt, wieviel Einschränkungen und Verschlechte- 
rungen unsere Arbeit bereits unterworfen ist ohne daß wir dies bis- 
her als konkrete Rationalisierung begriffen haben. Diese Erkenntnis 
löste bei den Teilnehmern der Gruppe, die sich mit Rationalisierung 
beschäftigte, Betroffenheit aus. 

Bei den anschließenden Überlegungen über Gegenwehrmaßnahmen hatten 
wir Schwierigkeiten, Gegenwehr so generell zu diskutieren. Zumal 
diese Schwierigkeit und Ratlosigkeit durch die zunehmende repressi- 
ve Situation in der BRD zur Zeit in der gesamten Linken zu finden 
und nicht das Problem von Sozialarbeitern alleine ist. 


Einen ersten Ansatzpunkt bei der Schaffung von Problembewußtsein 
sehen wir in der Vermittlung dessen, was wir gemeinsam über Rationa- 
lisierung und seine verschiedensten Arten und Auswirkungen heraus- 
gearbeitet hatten. 

In der Praxis sehen wir hierbei allerdings Vermittlungsschwierigkei- 
ten auf uns zukommen, da sich die Kollegen in sehr unterschiedlicher 
Weise auf ihren Arbeitsplatz beziehen: die einen versuchen, sehr 
individuell durch Mehrarbeit dem Arbeitsdruck gerecht zu werden, 
damit der Klient keinen Schaden nehme oder Kollegen haben resigniert, 
ziehen sich auf die Arbeit mit den Klienten zurück und sind bestrebt, 
ihre methodische Arbeit zu verbessern. Wieder andere - und diese 
Ansicht ist häufig zu hören - glauben, daß die Arbeit "am Menschen" 
nicht rationalisiert werden kann. Diese Kollegen denken auch, daf 
man in der Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber Verbesserungen errei- 
chen kann, wenn man Sozialarbeit nur richtig darstelle. 

Notwendig ist es auch, sich Zeit zu nehmen, um sich zu wehren. 

Dies geht leichter, wenn man seine Arbeit als eine politische, eine 
von bestimmten Bedingungen abhängige Arbeit sieht, d.h. daß die 
Zeit, die man für seine Interessen nimmt, sich nicht negativ auf 

die "Versorgung" der Betroffenen auswirkt. 

Wo es noch keine oder nur unregelmäßige Dienstbesprechungen gibt, 


F- 42 - 


Jahresplan 
78 


31 Rock märz 1978) 





und Kommunikat 


Beiträge zur politischen Erziehung 


Asthetik 


Kleine Geschichte der großen Konzerte. 
Sophisticated Rockfans, Punkrock als 
soziale Bewegung, Schwierigkeiten, 

den Rock links wahrzunehmen. Hifi- 
Fetischismus, Soziale Bedeutung der 
Pop-Musik; Demokratie und Sozialismus: 
zur Negt-Diskussion; Bahros Kritik am 
realen Sozialismus 


Faschismus heute? 
(Juni 1978) 


Zum rechten Gebrauch des Faschis- 
musbegriffs, Widerstandsrecht und 
bürgerliche Verfassung, Radikale 
Lebensläufe, Faschismus-Nostalgie 
und die Rationalisierung der Unter- 
drückung, Symbolische Gewalt: 
Prozeßberichte, Gegenpraxis; 
Bilder- und Sprachverbote; 
Radikalisierungsformen des Klein- 
bürgertums 


Geschichte schreiben 
(Sept. 1978) 

Geschichte als kollektive Praxis, 
Gesellschafts- oder Sozialgeschichte? 
Alternative Geschichtsschreibung: 
der Beitrag von E. P. Thompson - 
Untersuchungen, Interview und 
Diskussion; Kapitalismus als Kultur; 
Der zivilisatorische ProzeB: zu Norbert 
Elias und Michel Foucault; Proletari- 
sche Kulturgeschichte bei Otto Rühle 


Neue Lebensformen 
(Dez. 1978) 


Alternative Lebenspraxis, Flucht- 
bewegungen: Makrobiotik, Land- 
kommunen und das neue Leben, 
Irrationalismus und neue Heilslehren - 
z. B. AAO, Die These vom neuen 
Sozialisationstyp; Kommunale Kultur- 
praxis: Tendenzen, Praxisformen und 


Perspektiven 


Asthetik und Kommunikation 
Redaktion 

Bogotastraße 27 
1000 Berlin 37 





ist die Einführung wichtig, um gemeinsame Diskussionen führen zu 
können, wenn nötig sollten auch Kollegen aus anderen Bereichen von 
Zeit zu Zeit hinzukommen. 


Wir sehen, dafi die Bereitschaft zur aktiven Gegenwehr auf diesem 
Hintergrund noch nicht oder nicht sehr ausgeprügt ist. Als ein we- 
sentlicher Grund kommt hier auch die Angst hinzu, den Arbeitsplatz 
zu verlieren. 

Wir glauben, dafi das Angehen von Konflikten erst wieder gemeinsam 
gelernt werden muß. An Punkten, die unsere Arbeit erschweren und 
zusützlich belasten, wie z.B. das Fehlen von Schreibkrüften (Schrift- 
gut geht außer Haus oder muß selbst geschrieben werden), das Fordern 
von Begründungen über geführte Ferngesprüche lassen sich gemeinsame 
Betroffenheit herstellen, um die Konflikte anzugehen. 

In Berlin konnten vor ca. 4 Jahren Sozialarbeiter sich erfolgreich 
gegen Arbeitsplatzbemessung wehren. Die erzwungene inbaltliche Dis- 
kussion über die Sozialarbeit hatte den Erfolg, daf keine Stellen 
gestrichen wurden. 

Ein weiterer Schritt wäre dann die Herstellung von Fachöffentlich- 
keit (Kollegen aus anderen Institutionen, wie z.B. Gericht, Erzie- 
hungsberatungsstelle etc.), die über die Arbeitsplatzsituation in- 


formiert werden und móglicherweise ihren Einfluf geltend machen kón- 
nen. 


Ein sehr wichtiger Punkt bei der Beschäftigung mit Rationalisierung 
und möglichen Gegenwehrstrategien ist das permanente Sammeln von 
Informationen - als Quellen hierfür kommen Personalrat, Gesamtper- 
sonalrat, Personalversammlungen, Gewerkschaft, AKS und Arbeitsgruppe 
öffentlicher Dienst im SB in Frage. 

Wichtig sind Informationen aus anderen Bereichen der Stadtverwal- 
tung. Es hat sich gezeigt, daß Rationalisierungsmaßnahmen oft in 
anderen Bereichen bereits durchgesetzt wurden ehe der Sozialbereich 
betroffen ist. Die Ungleichzeitigkeit eines solchen Vorgehens macht 
gemeinsame Betroffenheit und Vorgehen fast unmöglich, 

Die Frage, wer uns bei der Durchsetzung unserer Interessen am Ar- 
beitsplatz unterstützt, konnte nicht abschließend beantwortet wer- 
den. 

Unsere Erfahrungen mit der Gewerkschaft ÖTV, (insbesondere deren Ver- 
halten auch der Fachgruppe Sozialarbeit gegenüber) zeigen uns, daß 
die ÖTV uns nicht aktiv gegen Rationalisierung unterstützt. Das o.g. 
Rationalisierungsschutzabkommen scheint die Gewerkschaft als Alibi 
zu benutzen und ist unseres Erachtens nicht in der Lage, bereits 
Rationalisierungstendenzen zu erkennen und offensiv dagegen anzu- 
gehen. 

Trotz aller Zweifel an der offiziellen Gewerkschaftspolitik halten 
wir es für notwendig, auf innerbetrieblicher Ebene z.B. durch einen 
aktiven Vertrauensleutekörper und in der Fachgruppenarbeit basis- 
orientiert zu arbeiten. Hierbei ist allerdings klar die Abhängigkeit 
vom jeweiligen Kreisvorstand und dessen Bevormundung zu sehen, der 
oft genug ein aktives Handeln abblockt. Die Erfahrung mit der Ge- 
werkschaft und die Kritik an der Gewerkschaft machen die Arbeit 

mit politischen Gruppen und Initiativen notwendig. 

Die Diskussionen und Auseinandersetzungen im AKS geben Impulse, die 
wir bei der betrieblichen und gewerkschaftlichen Arbeit benötigen, 
um nicht zu resignieren. 

(Siehe auch Artikel über die Gewerkschaftsarbeit "Nur die ganz 'Auf- 
rechten' halten durch!" auf Seite 74 ) 


VI. — METHODISCHE UND POLITISCHE ASPEKTE 
DES VERHALTNISSES ZU DEN BETROFFENEN 
IM “ ALLGEMEINEN SOZIALDIENST" 


Dieses Thema wurde bereits bei den Vorbereitungstreffen im kleinen 
Kreis diskutiert und als Ergebnis in Form eines Diskussionsvorschla- 
ges auf der Familienforsorge-Tagung im März 1978 eingebracht. 

Da die Diskussionsgrundlage in der Arbeitsgruppe nicht verwendet wur- 

de sondern von den Teilnehmern das Thema unter anderen Aspekten auf- 

gegriffen wurde, sollen hier die wichtigsten Inhalte aus der Diskus- 
sionsgrundlage thesenartig dem Protokoll vorangestellt werden. 

® In der Arbeit spiegelt sich die politische Überzeugung wider; 

ə "Klient" und Sozialarbeiter befinden sich in bestimmten Fällen in 
der gleichen Situation, sie werden für "Versagen" oder "Unfähig- 
keit" individuell verantwortlich gemacht; 

€ Es muß eine kollektive Perspektive angestrebt werden, um aus indi- 
vidualisierenden Prozessen herauszukommen; 

® Nachbarn, Freunde, Familienmitglieder sind für den "Klienten" in 
der Regel wichtiger, als die Beziehung zum Sozialarbeiter; 

9 Die Beziehung zwischen "Klient" und Sozialarbeiter ist fast aus- 
schließlich professionell bestimmt und somit häufig nicht mit ei- 
genen Bedürfnissen an Beziehungen in Einklang zu bringen; 

€ Von Sozialarbeitern wird erwartet, daß sie sich innerhalb den ge- 
gebenen Grenzen bewegen, um sich nicht den Unwillen der Vorgesetz- 
ten zuzuhiehen, Sozialarbeiter neigen dazu, den Druck an das "Kli- 
entel" weiterzugeben. 


Die Diskussion in der Arbeitsgruppe knüpfte unmittelbar an die Frage 
einer Kollegin in der Plenums-Diskussion an. Für sie stellte sich 

das Problem, ob sie mit ihren Kollegen aus dem Stadtteilbüro in das 
Jugendamt übersiendeln soll, das - wie andere Ämter auch - im Rat“ 
haus der Stadt untergebracht ist. Im gegenwärtigen Büro ist es gemüt- 
licher und die Leute trauen sich leichter hin; das war die eine Über- 
legung. Andererseits ist es bequemer für die Klienten, ins Rathaus 

zu kommen, denn die meisten von ihnen haben auch noch einen Gang zum 
Sozialamt, zum Wohnungsamt etc. zu machen und müssen dann keinen zu- 
sätzlichen Weg mit öffentlichen Verkehrsmitteln hinter sich bringen. 
Die Diskussion spitzte sich zu: wenn die Familienfürsorge im Stadt- 
teil bleibt, gibt es weniger Kontrolle durch die vorgesetzte Behörde, 
man kann besser arbeiten und der Kontakt zu den Klienten ist besser; 
auf der anderen Seite werden dadruch Handlungs- und Hilfsmóglichkei- 
ten suggeriert, die garnicht vorhanden sind, Der angeblich bessere 
Kontakt zum "Klientel" ist also eine Verschleierung: "dann sollen die 
Leute uns doch lieber gleich als das wahrnehmen, was wir sind: eine 
Behörde der Sozialverwaltung." 


Diese Kontroverse bestimmte die Diskussion in der Arbeitsgruppe. Es 
ging dabei um die Frage: wie gehen die Sozialarbeiter mit ihrer wider- 
sprüchlichen Position um, zugleich Behörde zu sein, an gesetzlich vor- 
gegebene Hilfeformen im Rahmen bürokratischer Zuständigkeiten zum Zwek- 
ke der Kontrolle von Abweichung und Auffälligkeit gebunden zu sein und 


- 45 - 





andererseits eine gute pädagogische oder gar politische Arbeit zu 
machen, die auf einer vertrauensvollen Beziehung zu den Klienten be- 
ruht? Welchen Stellenwert hat die "gute Arbeit" gegenüber den Arbeits- 
bedingungen im Amt, die zu rationeller Geldverwaltung, kurzfristigen 
Entscheidungen und kluger Einteilung der eigenen Krüfte unter Bedin- 
gungen notorischer Arbeitsüberlastung zwingen? 

Das Problem tritt erst dadurch auf, daß Sozialarbeiter persönliche, 
politische oder pädagogisch-fachliche Verantwortung für ihre Arbeit 
übernehmen wollen und sich mit dem Vollzug ihrer gesetzlich fixier- 
ten Funktion nicht zufrieden geben wollen. 


Die Arbeitsgruppe diskutierte verschiedene Lösungs- oder Vorarbei- 
tungsmóglichkeiten dieses Problems. 

Die eine Lösung: ein Kollege sagte, er "jongliere" mit dem Problem. 
Auf der einen Seite stehen Arbeitsdruck und der entsprechende Zwang 
zu einer rationellen Zeitókonomie, die zu raschen Entscheidungen 
zwingt, welche institutionellen Hilfsangebote gewährt werden können. 
Beides führt zu einer, oft nicht einmal bewußten, kontrollierenden 
Haltung. Auf der anderen Seite steht die Bemühung, Probleme zu kären 
und die Automatik des amtlichen Eingriffs außer Kraft zu setzen. 


Die andere Lósung: eine Kollegin sagte, sie fühle sich mit ihren Kli- 
enten solidarisch. In ihrer Arbeit drückt sich das aus, wenn sie den 
Klienten die Widersprüchlichkeit ihrer Rolle erklürt, auf ihre ge- 
setzlichen Vorschriften verweist und mit ihnen darüber verhandelt, 
wie beide - Klient und Sozialarbeiter - gemeinsam der Verwaltung 
gegenüber agieren, so daß genügend Handlunsspielraum zur Durchset- 
zung von Interessen gegen die Eingriffe des Jugendamtes bleibt. Ihr 
geht es in ihrer Arbeit darug, Wissen und Lernhilfen zu vermitteln, 
damit die Betroffenen ihre Situation selbst gegenüber dem Amt vertre- 
ten können. Dabei riskiert sie den "beruflichen Selbstmord" und nimmt 
das bewußt in Kauf. Sie erzählte von einer Auseinandersetzung zwischen 
Bewohnern einer Obdachlosensiedlung, denen die zugesagte Übersiedlung 
in neue Wohnungen verweigert wurde, und dem Jugend- bzw. Sozialamt. 
Die Sozialarbeiter waren dabei als Hilfen bei der Organisation des 
Widerstands aufgetreten und waren daran per Dienstanweisung gehindert 
worden. Sie konnten diesen Vorgang jedoch an die Bewohner der Sie- 
lung vermitteln. 


Zwei Einwände wurden gegen diese Darstellung erhoben. Zum einen: mit 
welchen Familien bzw. Betroffenen kann ich solche politische Diskus- 
sionen führen? Die Antwort: nur mit solchen, mit denen ich bereits 
eine Beziehung aufgebaut habe, die solche Diskussionen nicht aufge- 
setzt erscheinen lassen (dann würden die Sozialarbeiter lediglich 
ihre Legitimationsproblem auf die Klienten abwälzen, und was haben 
die dann davon? 

Der Alltag der Familienfürsorge behindert aber gerade die Entwicklung 
eines solchen Prozesses (große Fallzahlen, geringe Kontaktmóglichkei- 
ten, Arbeitsteilung zwischen den Ämtern ect.) Zum anderen: ist dieses 
Beispiel für Solidarität übertragbar in andere Bereiche von Sozial- 
arbeit, beispielsweise in die Probleme des Pflegekinderwesens und der 
Heimeinweisung? Mit wem soll der Sozialarbeiter gegen wen solidarisch 
sein, wenn es darum geht, ein kleines Kind aus der Nähe eines ständig 
betrunkenen und gewalttätigen Vaters wegzubringen, wenn er zugleich 
weiß, wie mies die Heime sind, wie wenig er über die Vorgeschichte 
der Familie weiß, wie sehr die Mutter an dem Kind hängt, wenngleich 


sie ihm keine förderlichen Umstände sichern kann? 


Als Sozialarbeiter geraten wir immer wieder  - und offenbar ist das 
ein Strukturmerkmal dieses Berufs - in Situationen, die einem kei- 
ne Wahl lassen. In diesen Situationenverschürft sich das Problem, 
wie wir als Sozialarbeiter der Verantwortung gegenüber den "Klienten" 
gerecht werden kónnen. Die Diskussion in der Arbeitsgruppe kam an die- 
sem Punkt auf die Frage, was es mit dieser Verantwortung eigentlich 
auf sich hat. Sie wird einmal als moralisches Druckmittel der Amts- 
leitung gegenüber den Sozialarbeitern eingesetzt und führt zu chro- 
nischer Überlastung. Dabei steigert sich die Qualität der Arbeit. in- 
des keineswegs, vielmehr wird die Menge der Arbeit erhöht und es wer- 
den indirekt Stellen eingespart, die dringend erforderlich wären. 

Zum anderen aber gibt es die Verantwortung aber auch als Selbst-An- 
spruch der Sozialarbeiter, die nicht Sozialklempner oder Kontrolleure 
oder Bürokraten sein wollen. Nicht zuletzt, so wurde berichtet, set- 
zen Klienten moralischen Druck ein, um Sozialarbeiter zu vermehrtem 
Einsatz zu bewegen - was zu denschwierigsten Zwickmühlen führt. Beim 
Offizialdelikt Kindesmißhandlung geht das Gefühl der Betroffenheit 
und der Verantwortung sogar unmittelbar in administrative Maßnahmen 
über, wenn prompt und oft panisch mittels Anzeige, Polizei, Justiz 
und (für das Kind) Heimeinweisung agiert wird: was in der Regel zu 
katastrophaler Resultaten führt und das Verantwortungsgefühl in sein 
Gegenteil verkehrt. 

Eine Kollegin erzählte ein Beispiel für die Rolle dieses Verantwor- 
tungsgefühls. Darin hatte sie sich, wie sie sagte, "überengagiert" 
für eine Familie, in der die alleinstehende Frau mit einigen Kindern 
zusammenlebte und sich selbst und die Kinder bedroht hatte. Die Kol- 
legin versuchte, an den Schwierigkeiten der Familie zu arbeiten und 
den Zirkel von Lebensbedingungen und Gewalttütigkeit, den sie beob- 
achtete, zu durchbrechen. Sie mußte allerdings sehen, wie die Frau 
immer wieder in diese miesen Bedingungen zurückstrebte und das Elend 
von neuenm begann. Die Kollegin zog den Schluf: "Es war nótig, mich 
selbst zu entlasten. Offenbar wollen und brauchen diese Leute mich 
auch nicht... Ich würde mich nicht mehr so reinhängen in die Schwierig- 
keiten der Klienten. Die sollen doch verdammt nochmal selbst fertig- 
werden." 





Diese Diskussion führte zu dem Punkt: "Sozialarbeiter sein ist ein 
Beruf, mit dem ich meinen Lebensunterhalt verdiene, mit dem ich mei- 
ne Existenz sichere. Daß meine Klienten im Elend leben, berührt nicht 
meine Bedürfnisse, wie ich leben will. Meine Freunde habe ich anders- 
wo, nicht unter meinen Klienten. Es ist eine Krankheit von Sozialar- 
beitern, immer bei allen Sachen helfen zu wollen (Rettungsphantasien)." 
Und weiter: es wurde bestritten, dafi die Arbeit eines linken Sozial- 
arbeiters sich von der eines christlichen Sozialarbeiters wesentlich 
unterscheidet - vielleicht bei einer 218-Beratung. Eine Abteilung 
Familienfürsorge voll mit Linken würde kaum anders arbeiten als dies 
in fortschrittlichen Dienststellen gegenwärtig der Fall ist. 


Zu der Frage, wie unterscheidet sich unsere Arbeit von der anderer 
Kollegen, hatte sich auch schon die Vorbereitungsgruppe für die Ta- 
gung Gedanken gemacht, die hier eingeflochten werden soll. 

Ein Unterschied in der täglichen Arbeit ist schwer festzumachen. Er 
besteht vielleicht darin, was Timm Kunstreich in seinem Buch "Der 
institutionalisierte Konflikt" (Verlag 2000) unter "klinischer" und 
solidarischer Professionalität beschrieben hat. "Klinische Professio- 
nalität":Kollegen orientieren sich an Methodenarbeit, Individuali- 
sierung der Probleme der Betroffenen. Kollegen mit "solidarischer 


Professionalität" versuchen die soziale Lage der Betroffenen mit ein- 
zubeziehen und sich entsprechend zu verhalten. 

Größere Unterschiede zu anderen Kollegen meinten wir, in unserem Ver- 
halten zu folgenden Problemen eher feststellen zu können: Aktivitäten 
bei Reduzierung von Sozialhilfeleistungen, Problematisierung von Vor- 
gehensweisen (Aktenführung, Hierarchie ect.), Diskussion und Durch- 
setzung eigener Belange, gewerkschaftliche Betätigung. 


Weiter ım Protokoll: 


Damit waren eine Reihe von Punkten angeschnitten. Zum einen wurde 
eingewandt, daß die materiellen Lebensbedingungen zwischen Klienten 
und Sozialarbeitern s o unterschiedlich auch wieder nicht seien: 
drohende Arbeitslosigkeit, drohendes Ausflippen bei der Verschärfung 
der Lebensbedingungen seien auch bei Sozialarbeitern durchaus möglich, 
Allerdings, so der Gegeneinwand, sei dann immer noch nicht gesichert, 
daß meine Solidarität und meine Liberalität auch so ankomme, wie sie 
gemeint ist. Also: ist doch ein professionelles Wissen über die Si- 
tuation der "Klienten", das mich zugleich distanziert und unterschei- 
det, Voraussetzung für eine solidarische Arbeit? Der zweite Punkt ist 
die Frage der Arbeitsbedingungen: inwieweit ist denn unter diesen Be- 
dingungen eine "alternative" unterstützende statt kontrollierende und 
verwaltende Sozialarbeit möglich? 

Dennoch wurden einige konkrete Beispiele für eine Abschwächung kon- 
trollierender Vollzüge genannt, die nicht zugleich auch ein Über- 
engagement zur Folge haben, das sich dann wieder ins Gegenteil ver- 
kehrt: das eigene Handeln zur Kritik stellen, keine Heimlichkeiten 
gegenüber den Betroffenen; Anzeigen aufschieben oder verhindern; Be- 
richte, die geschrieben werden müssen, mit den Leuten besprechen oder 
sie ihnen mitteilen, ohne allerdings in ein lehrerhaftes Verhalten 


zu verfallen, das die Solidarität wieder zu einem Über-/Unter-Ord- 
nungsverhältnis macht. 


Zum Schluß blieben einige Fragen offen, über die weiter nachgedacht 
werden soll. Unter Umständen können sie in die Herbst-Tagung ein- 
gehen: 

6 Wo sind, bei solchen Überlegungen, die umfassenden Einwände gegen 
die Form von Sozialarbeit geblieben, in der wir jetzt mitarbeiten? 

Sind wir resignativ oder realistisch geworden? 

Die Zwangsmáfigxeit der bürokratischen Organisation und der gesetz- 

lichen Vorschriften der Familienfürsorge muß genauer bestimmt wer- 

den, damit die Möglichkeiten einer "guten Arbeit" (sei's pädagogisch 
und oder politisch gemeint) konkret ermittelt werden kónnen; 

® Wie sehr macht der Sozialarbeiter im Kontakt mit den Klienten die- 
se selbst zum Objekt (zur"Aktennotiz"), obwohl Spielräume gegenüber 
der verwaltungsmäßigen Umformung vorhanden wären. Das wäre die Fra- 
ge nach dem professionellen Selbstverständnis des Sozialarbeiters 
gegenüber der Sozialverwaltung und würde die Gefahr vermeiden, die 
Schuld an der miesten Situation auf die Verwaltung generell abzu- 
schieben. 

Ə Schließlich inwiefern berühren die Tendenzen zur "Rationalisierung", 
Arbeitsplatzuntersuchung und Arbeitsintensivierung die Qualität der 
Arbeit und das Selbstverständnis der Sozialarbeiter? Woraus kann 
die Gegenwehr gegen die Verschlechterungen der Arbeitssituation 
ihre Argumente und ihre politische Durchsetzungsfdadhigkeit gewin- 
nen? Lediglich aus einer gewerkschaftlichen Orientierung und Orga- 
nisierung der Sozialarbeiter oder auch aus einem fachlichen Anspruch 
auf eine "Qualität" ihrer Arbeit? 


VII. — AUS DEM SOZIALHILFEALLTAG 


ALS SIE ZUM FREUND ZOG, 
BLIEB DIE FÜRSORGEUNTERSTÜTZUNG AUS 


Einer Passauer Sozialhilfeempfängerin, Mutter von drei Kindern, seit 
Jahren von ihrem Mann geschieden, wurde die staatliche Unterstützung 
gestrichen, weil sie mit einem anderen Mann zusammenlebt. Grund für 
diese Maßnahme ist der $ 122 des Bundessozialhilfegesetzes. 

Obwohl ihr Mann vom Gericht schuldig geschieden wurde, und für den 
Unterhalt seiner Frau und seiner drei Kinder aufkommen müßte, erhielt 
Elisabeth Aigner (Name von der Redaktion geändert) von ihrem Exgatten 
keinen Pfennig. Er selbst ist arbeitslos und lebt von der Fürsorge. 
Das Passauer Sozialhilfeamt sprang ein und zahlte an Frau Aigner mo- 
natlich eine Unterstützung aus, die zusammen mit dem Kindergeld ge- 
rade zum Leben für die vierköpfige Familie ausreichte. Als Elisabeth 
Aigner jedoch vor kurzem einen anderen Mann kennenlernte und er zu 
ihr in die Wohnung zog, erhielt sie von der Sozialhilfeverwaltung 
einen Brief, in dem ihr mitgeteilt wurde, daß sie ab sofort mit ei- 
ner Kürzung eventuell sogar mit der ersatzlosen Streichung ihres 
bisherigen Unterstützungsgelds zu rechnen habe. Grundlage dieser Ent- 
scheidung sei der $ 122 des Bundessozialhilfegesetzes von 1962: "Per- 
sonen, die in eheähnlichen Gemeinschaften leben, dürfen hinsichtlich 


der Verbesserung des Umfangs der Sozialhilfe nicht besser gestellt 
sein als Ehegatten". 


Elisabeth Aigner ist verzweifelt. Ihr Freund verdient zwar, aber sie 
haben bisher nach getrennter Kasse gelebt. Jeder ist vom eigenen 
Geld für seinen Lebensuntehalt aufgekommen. Nachdem die Sozialhilfe- 
unterstützung weggefallen ist, reicht das Geld hinten und vorne nicht 
mehr. 

Der Leiter des Passauer Sozialamtes, Herr Dangl betont, daß die So- 
zialhilfe schließlich keine Rentenleistung sei und eigentlich jeweils 
von Monat zu Monat neu gewährt wird. Ändert sich in den persönlichen 
Verhültnissen entscheidendes, wirke dies auch auf die Hóhe der Unter- 
stützungsgelder zurück. Im übrigen liege die Beweislast in einem sol- 
chen Fall beim Sozialhilfebedürftigen. 

Was bedeutet, daß Elisabeth Aigner dem Sozialamt nachweisen muß, daß 
sie von ihrem Freund kein Geld bekommt. Aber auch dann werden ihre 
Bezüge noch gekappt. Weil man im Amt davon ausgeht, daß beispielswei- 


se Strom, Heizung, Wasser usw. gemeinsam genutzt und somit auch ge” 
meinsam bezahlt werden müssen. 


Der vor 15 Jahren formulierte Paragraph scheint stark reformbedürftig 


zu sein. Wer iibernimmt in einem solchen Fall z.B. die Leistungen für 
Soziales oder Krankenkosten? Die mit dem Partner zusammenlebende 

Frau kann sich nicht wie bei Verheirateten üblich, beim Mann mitver- 
sichern lassen. Ebenso bewirkt ein solches Verhältnis keiner Steuer- 


erleichterungen und führt auch nicht zur Einordnung in eine günsti- 
gere Steuerklasse. 


m A5 = 





Beim $ 122 des Bundessozialhilfegesetzes wird also mit zweierlei 

Maß gemessen und der Schnüffelei im Privatleben wird Tür und Tor ge- 
öffnet. H. Dangl sieht das allerdings anders: Er glaubt, daß es in 
Passau viele solcher Fälle gibt, von denen das Sozialamt gar nichts 
wei& und sich auch nicht sonderlich darum bemüht, belastende Fakten 
herbeizuschaffen. Wenn allerdings ein Hinweis beim Amt eingeht, wird 
die Angelegenheit verfolgt. "Es ist allein eine Sache der Indizien" 
meint Dangl. 

Im äußersten Fall kann es sogar zum Prozeß kommen, wie vor kurzem 
auch in Passau, bei dem das Sozilhilfeamt den kürzeren zog und zum 
Zahlen verdonnert wurde, nachdem nachgewiesen werden konnte, daf 

das Geld des arbeitenden Partners nicht für beide zum Leben reicht. 
Elisabeth Aigner kann man nur raten, das "eheähnliche Verhältnis" zu- 
mindest pro forma wieder aufzulósen, indem ihr Freund wieder einen 
anderen Wohnsitz angibt oder vor Gericht zu gehen, wobei die Beweis- 
last allerdings bei ihr liegt. 


(aus Passauer Zeitung Nr. 15) 


STELLENANGEBOTE/STELLENSUCHE 


€ Die SOZIALISTISCHE JUGEND — DIE FALKEN — BEZIRK HANNOVER 
suchen zum 1.11.1978 eine(n) Organisationssekretär(in); 
Bevverberkreis: Sozialarbeiter, kaufm. Angestellter, Anwaltsgehilfin etc. 
Bewerbung an: SJD- Die Falken, Walderseestr. 100, 3 Hannover 

€ AKTION STRAFFALLIGENHILFE sucht für WG mit jugendlichen Straf- 
entlassenen engagierte(n) Sozialarbeiter(in); Anfragen an Sozial. Büro 

€ WERKSCHULE BERLIN E.V. sucht für sofort eine Frau mit Erfahrungen 
in der Jugendarbeit, die längerfristig in einem Projekt mit Jugendlichen zu 
wohnen und arbeiten bereit ist. Anfragen: o3o/ 393 66 88 

€ VEREIN ZUR FORDERUNG VON GEMEINWESENARBEIT MÜNCHEN 
sucht bis spätestens 1.1.79 für die Arbeit im Neubauviertel (Mieterinitiativen, 
Sozialhilfeproblematik) eine(n) Kollegen(in). 
Voraussetzung: abgeschlossene Ausbildung in einem pädagogischen bzw. sozial- 
wissenschaftlichen Beruf und Be rufs - oder Projekterfahrung. 
Bewerbung bis 15.10. an: Verein GWA, Müllerstr. 53/III, 8 München 5 


6 AUTONOMES PROJEKT (Bildungsarbeit) im Hamburger Raum! Wir suchen 
Genoss(inn)en mit folgenden Qualifikationen: Bürgerliche Ökonomie,Arbeits- 
recht,Psychologie. Bitte schnell melden! Anfragen an Sozialistisches Büro 

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Zigeunern; erwünscht: Sozialarbeiter/Pädagogen/Erzieher mit Engagement und 
Kooperationsbereitschaft; Bewerbungen an: ASP-Initiative Martinsburg, Post- 
fach 1131, 4500 Osnabrück 


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zum 1.1.79 oder später. Irmi Steinmetz c/o Reischmann, Alban-Stolz-Str. 18, 
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therapie interessiert (bisher Behindertenarbeit,JVA,Psychiatrie) sucht Stelle 
im Bereich Beratung oder Sozialpsychiatrie im Raum Postleitzahl 5 oder 6; 
Sabine Schónenberg, Rheinstr. 34, 62 Wiesbaden, Telf. 06121/ 378357 





VIII. — DIE NICHTERHOHUNG DER SOZIALHILFE 
ODER WIE EIN SKANDAL SKANDALE NACH SICH ZIEHT 


Da gibt es einen Warenkorb, nein, zwei Warenkörbe, einen für den Nor- 
malbürger, einen für den Sozialhilfeempfänger. Der letztere ist etwas 
kleiner als der ərstere, aber das muß ja so sein. 

Der Sozialhilfe-Warenkorb wird in Hessen (und sicherlich auch in an- 
deren Bundesländern) mit Hilfe des "Deutschen Vereins für öffentliche 
und private Fürsorge" monatlich überprüft, denn nach ihm werden die 
Regelsätze der Sozialhilfe berechnet. Am 1.1.1977 wurden die Regel- 
sätze erhöht (in Hessen zwischen DM 8,-- bis DM 19,--). Diese enorme! 
Erhöhung war so groß, daß sie die Preissteigerungen von 1977 und von 
1978 voll abdeckt, deshalb mußten die Regelsätze zum 1.1.1978 nicht 
erhöht werden, so der hessische Sozialminister Armin Claus (SPD). (1) 


Wir Sozialarbeiter im "Arbeitskreis kritische Sozialarbeit Frankfurt" 
waren und sind da anderer Meinung. Sozialhilfe reicht weder für das 
Existenzminimum, noch haben die Regelsätze etwas mit der "Würde" des 
Menschen gemein. 

Es entstand ein Flugblatt, das vor den Frankfurter Sozialstationen 

- mit mehr oder weniger Behinderung durch die Leiter der Soziaista- 
tionen - an die Sozialhilfeempfänger verteilt wurde. 

Ca. 400 Unterschriften für die Forderungen 

l. sofortige Erhöhung der Sozialhilfe 

2. Nichtanrechnung von Kindergeld auf die Sozialhilfe 

konnten gesammelt werden. Die Unterschriften schickten wir dem hes- 
sischen Sozialminister, der uns beinahe postwendend am 18.4.1978 ant- 
wortete, 


Forderung Nr. 1 ist laut Claus bereits erfüllt. Die Regelsätze sind 
doch zum 1.1.77 angehoben worden und eben gleich so viel, daß es für 
1978 auch noch reicht... (haben die Sozialhilfeempfänger am Ende noch 
für Jahr 1977 zuviel bekommen?) 

Zur Forderung Nr. 2 verweist Claus an den Bundesgesetzgeber. Anson- 
sten meint er, daß die Nichtanrechnung des Kindergeldes auf die So- 
zialhilfe "die Prinzipien der Sozialhilfe ernsthaft gefährden" wür- 
de. 


Die Frankfurter Sozialbürokratie ließ sich zu dem Flugblatt auch et- 
was einfallen. In einem Rundschreiben wurden alle Kollegen der So- 
zialstationen in einem Schreiben des Dezernatsverwaltungsamtes aufge- 
fordert, per Unterschriftensammlung mitzuteilen, ob sie sich durch 
das Flugblatt, bzw. durch die Karikaturen beleidigt fühlen. Das Amt 
wolle prüfen, ob gegen die Herausgeber juristisch vorgegangen werden 
kann. Es ist wirklich beachtenswert, mit welchem Aufwand das Dezer- 
natsverwaltungsamt um das Wohl seiner "Mitarbeiter" bemüht ist! 


Anmerkung 1: Die Regelsätze wurden mittlerweile in Hessen erhöht. 
Ab 1.9.1978 gibt es monatlich zwischen 3 - 5 DM mehr. 





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E 
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ez Soziglamt xə 


Wie Sie bereits gemerkt haben, ist die 
Sozialhilfe nicht, wie sonst üblich, 
N ow A zum 1. Januar erhöht worden. 
«MW Aa ea Diese Entscheidung wurde im Hessischen 


ə , 
5 MER 
3" wë == WH Sozialministerium getroffen und der 
tg —— y. Uffentlichkeit nicht bekanntgegeben. 
aa SEA A Mit diesem Flugblatt wollen wir die 
ho Information nachholen. 


Die Nichterhöhung trifft Sozialhilfe- 
Empfänger ganz besonders hart, da 
Sozialhilfe nur das Existenzminimum 
sichern soll. Sie wissen selbst, wie 
schwierig es ist, mit diesem Geld 

zu wirtschaften. 


Neben der allgemeinen Preissteigerung und der Erhöhung der Mehrwertsteuer 
haben sich auch die Kosten für Strom und Gas, sowie die FVV-Fahrpreise 
(Erhöhung von lo - 25%) drastisch erhöht. 


Kindergeld- und Wohngelderhöhung bringen in Wirklichkeit keine Verbes- 
serung des Einkommens, sondern werden bei der Berechnung von der Sozial- 
hilfe abgezogen. 

Für Rentner, die ergänzende Sozialhilfe bekommen, blieb zudem die Renten- 
erhöhung nicht wie bisher ein halbes Jahr anrechnungsfrei. (Die Renten- 
erhöhung wurde bisher von Juli - Dezember nicht abgezogen) 


Dieser sogenannte "Sozialstaat" füllt seinen heruntergewirtschafteten 
Staatshaushalt mit Kürzungen und Besteuerungen, die auf Kosten des 
"kleinen Mannes" gehen. 

Kindergeld und Wohngelderhöhung bedeuten lediglich Augenwischerei 


Deshalb fordern wir: 


l. Sofortige Erhöhung der Sozialhilfe auf einen Betrag, der der 
allgemeinen Kostensteigerung angepaDt ist 


2. Nichtanrechnung von Kindergeld auf die Sozialnilfe 


Unser gutes 


Wer diese Forderungen aech ı si | 


unterstützen möchte, der 
trage sich bitte in die 
Unterschriftenliste ein. 


Flugblatt des AKS - 

Arbeitskreis Kritisehe Sozialarbeit 
Kleine Hoehatr. 5, 6 Frankfurt 1 
pressereehtlieh verantw.: 


Sen) D 
|J 1 p» pp 1 E WT mt 
Günter Pabst, Frankfurt/Offenbaen Sietin amt on 





Über die Karikaturen auf dem Flugblatt haben wir noch mal diskutiert 
und sie in einer weiteren Flugblattauflage weggelassen. Es wurde näm- 
lich nicht mehr über den Inhalt des Flugblattes diskutiert, sondern 
lediglich über die Interpretation der Karikaturen. Trotzdem sollte 
man zur allgemeinen Verstündigung das Fremdwort Karikatur ins Deut- 
sche übersetzen: caricare = überladen. 

Total mifiverstanden (oder bewußt falsch interpretiert?) haben, Kolle- 
gen einer Sozialstation die Karikaturen auf dem Flugblatt. Das $-Zei- 
chen auf dem unteren Bild haben sie als Kanthaken und folglich das 
Verhalten der auf dem Bild dargestellten Sozialhilfeempfünger als 
körperliche Gewalt ausgelegt... 

Es gibt noch viel Aufklärung zu tun! 


Z 


hs urs di. dx 

yin imr vu 

A ovy Q2 685185 212 re 9 “bə E (ji 
SS Der Hessische Sozialministe: BEE dà AP. toril 1995 
eu Adolfsallee 53 und 59 





(7/9 (06121) 8151 "Bu 
lh - ILA1- 50 0445 -= Durchwahl 815 
Pernschreiber: 04106-817 


In der Antwort bitte vorstenendes Ctsitisttszeidien ngedu: 


lostansihrift et VVee-baqton, Üəsifaın M an 


e 
An den 
Arbeitskreis 
Kritische Sozialarbeit 
( AKS 
Kleine Hochstrcağə $ 
L 3 


6000 Frankfurt am a:n 7 


Betr.: Erhöhung der Sozialihilfersgelsätze 


Bezug: inv öcüröolbon vom 2. April 1976 


r 


d t * e ` 
Gent peehrter lerr 


Für Ihr Schreiben vcm 2. April 1978 und die bcigefüzten Anlagen 
bedanke ich mich. 

Das in der Anlare mit übersandie Flugblatt des Aa geht von 
falschen Voraussetzungen aus. Die Forderung zu Ziff. ^ ist 
bereits seit 1. 1. 1977 erfüllt. Die Forderung zu Zifi. 2 

ist eine Angelerezhoeit der Bundesrerierung und des BundesSpar- 
lamentes und kann saf Lünderebene nicht gelöst werden. 


Zunüchsc darf ich Sie auf die Rechtswrundlaren der Sozialhilfe 


da 


hinweisen. 3 22 des Bundessozialnilfoşesetses sieht vor, 
laufende Leissun. en zum Lebensunterhalt nach Regelsützen ze 
währt werden müssen. In Ergänzung dieses Paragraphen hat der 
Bundesminister für Jugend, samilie und Gesundheit am 20. Juli 
1961 (8631. I 3. 515) die sogenannte Regeisatzverordnuug erlas- 
sen. In dieser Verordnung ist im einzeinen dargelegt, wie dio 
Repelsätze festzusetzen sind. Darüber hinaus bestimmt das Hes- 
sische Ausfü-run;s;esetz zum Bundessozislhilferesetz (4143 BSG) 
in $ 10, daß zuständige Landesbehörde im Sinne des $ 22 Abs. 2 


3 a r a. er 3 ex H H px - . ^ K Oʻ ” ce! * A 4 4 - 1 ct 
des Bundessozialhilfeszesetzes der ilessische Sozialminister ist. 


(ssneto) 


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IX. — GEDANKEN ÜBER SOZIALHILFE 


Im Verlaufe eines Jahres arbeitete im Frankfurter AKS eine Arbeits- 
gruppe über Fragen der Sozialhilfe. 

Ausgelóst wurde der Arbeitskreis über unsere Ratlosigkeit, wie das 
eigentlich läuft mit dieser Sozialhilfe, was wir da tun und was die 
Sozialhilfeempfänger davon haben. Wir, die wir überwiegend in der 
Familienfürsorge beschäftigt sind, haben zwar individuell eine Praxis 
entwickelt, die ständigen Anträge zu befürworten, den Ruf nach Erhó- 
hung der Sozialhilfe auszustoßen bzw. zu unterstützen usw., sind aber 
über das In-den-Tag-hineinarbeiten nicht glücklich. 

Um das ganze Thema etwas mehr in den Griff zu bekommen, beschäftig- 
ten wir uns anfangs mit dem Aufsatz "Armutspotential und Sozialhilfe 
in der BRD'" (Leibfried, Kritische Justiz Nr. 4/76) Neben Relikten 'wis- 
senschaftlichen Arbeitens', die wir dabei reaktivierten, konnten wir 
aus der Diskussion und Kritik dieses Textes aber auch uns handgreif- 
lich interessierende Fragen entwickeln, die wir zwar auch heute noch 
nicht beantwortet haben, deren Palette aber dennoch jetzt referiert 
werden kann. 

Schwerpunkte der Diskussion waren: 

® Das Verhältnis von Lohnarbeit und Sozialhilfe 

€ Die Funktion der Sozialhilfe und der Sozialarbeiter 

® Folgen der Abhängigkeit von dauernder Sozialhilfe 


Sehr global stellten wir zuerst einmal fest, daß die Sozialhilfe (oder 
besser: die Situation, die jemanden zwingt, Sozialhilfe zu beantra- 
gen) über kurz oder lang eine Trennung zwischen den Arbeitenden und 
den Sozialhilfeempfängern (man beachte die Begrifflichkeit!) zur Fol- 
ge hat. Daraus folgert die These, daß die Sozialhilfeempfänger der 
gesamtgesell- schaftlichen Situationen entzogen, der (ihrer) Arbei- 
terklasse entfremdet werden, und von dieser auch diskriminiert wer- 
den. Von gesellschaftlichen und insbesondere betrieblichen Kämpfen, 
die auch Möglichkeiten der Organisierung und Solidarität geben, sind 
sie abgenabelt. 

Diese These war aber viel zu plakativ, um sie konkretisieren zu kón- 
nen, da sowohl der Personenkreis, der in die Sozialhilfe-Mangel ge- 
nommen wird, zu unterschiedlich ist, als auch politische, gewerkschaft- 
liche Positonen einfach unhinterfragt zugrunde gelegt werden. 

So ist beispielsweise die Situation eines Jugendlichen ohne Aussicht 
auf Ausbildung oder Arbeit sowohl im Verhältnis zur Sozialhilfe als 
auch bzgl. einer politischen oder gewerkschaftlichen Organisierung 
eine ganz andere als die einer arbeitslosen Familie oder noch anders 
als die Situation einer alleinerziehenden Mutter. 


Andererseits brauchten wir einige Zeit bis wir feststellten, daß zwar 
sicherlich die verschiedenen Personenkreise, die unter dem Druck der 
Sozialhilfe kommen, in ihrer Differenzierung auch unterschiedliche 


- 55 - 





Aspekte des Fertigwerdens mit ihrer Situation beinhalten, eine solche 
Fragestellung aber nicht weiterführt: Grundsätzlich gibt es Reaktionen, 
die typischerweise nach einiger Zeit des Sozialhilfeabzuges in Er - 
scheinung treten. 

Es ist nur wenig Geld vorhanden, höchstens durch Schwarzarbeit ist die- 
ser Betrag aufzustocken (Tarifverhandlung oder Überstundenkloppen ent- 
fällt). Das heißt, daß jede Menge Energie aufgewandt werden muß, die- 
ses Wenige rationell und "wirtschaftlich" zu verwalten, daß sich hier- 
aus eine starke Fixierung auf die Leistungen und Zusatzleistungen des 
Sozialamtes entwickelt, daß Neid und Konkurrenz zwischen den Sozial- 
hilfeempfängern entsteht, daß jede Menge Energie und Tricks darauf ver- 
wandt werden, das Minimum zu erhalten oder gar (wenn auch nur unwesent- 
lich) zu überschreiten. Das Konsumverhalten explodiert: möglichst alle 
2 Jahre eine neue Möbelausstattung, genaues Berechnen, wann wieder 
Bettwäsche beantragt werden kann u.a.m. Und aus diesen Bestrebungen 
erwachsen sowohl Isolation als auch die auf's Amt reduzierte und per- 
spektivlos werdende Energieaufwallung. 

Ergänzend hierzu wirkt das Sozialamt, das mit ständigen Forderungen 
nach persönlichen Offenbarungseiden, mit seiner Herrlichkeit, seinen 
Unterwerfungsmechanismen und seinen Individualitätsleistungsansprüchen 
jene Erniedrigung und Spaltung weitertreibt. 

Die Gesellschaft und insbesondere ihre Repräsentanten leisten dann noch 
das ihre, um mit Begriffen wie "arbeitsscheu" und lauten Überlegungen 
zur Hóhe der Sozialhilfe das Bild abzurunden. 


Und dann sind wir noch am Drücker: 

Als linke Sozialarbeiter haben wir immer gesagt:richtig, beantragt nur, 
wird alles befürwortet; es ist ja nicht eure Schuld, wenn ihr keine 
Arbeit habt, oder nur zu wenig verdient, also rein in die vollen, 

der Staat solls büßen. Diese Haltung ist ja auch nicht ganz falsch, 
aber sie führt mit der Zeit in die Sackgasse. Denn nur so zu arbei- 
ten heißt zwar, daß wir noch in 2o Jahren alles bewilligen, es den 
Leuten aber dann nicht besser geht, sondern die Konkurrenz, die Ver- 
sorgungshaltung und auch die Abhängigkeit vom Sozialamt wächst, 

Und sollten wir tatsächlich über die Krise oder die Arbeitslosigkeit 
o.ä. reden, dann interessiert es den Sozialhilfeempfänger wenig, wenn 
er gerade einen neuen Schrank beantragt. 

Und so richtig aufzufordern, doch intensiv Arbeit zu suchen, wieder 
zu arbeiten und sich (mit unserem politischen Verständnis!) zu inte- 
grieren, das können wir frohen Herzens auch nicht,weil a) uns ja die 
Arbeit selbst stinkt und b) wir soviel über Ausbeutung, Entfremdung, 
niedrigen Arbeitslohn usw. wissen, daf ein Vorteil des Arbeitens ge- 
genüber der Sozialhilfe häufig hohl klingt. 

So bewegen wir uns in der Widersprüchlichkeit der Sozialhilfe und des 
gesamten "sozialen Sicherungsnetzes". Einerseits lehnen wir dieses 
System ab, begreifen, wie nicht zuletzt durch die Sozialhilfe der 
Kapitalismus gefestigt bleibt und systemnotwendige Ausfälle "sozial" 
verarztet werden - andererseits funktionieren wir genau in diesem 
System, verschleiern die soziale Diskrepanz und ihre brutale Folge 
und zwingen die Sozialhilfeempfänger auf diese Spielregel ein. 

Wir stehen vor der Wahl, ebenso restriktiv zu verfahren wie dies un- 
ser Arbeitgeber von uns verlangt - oder weiterhin aus dem Vollen zu 
schöpfen: d.h. entweder absolutes Existenzminimum oder weitere Ab- 
hängigkeit und Versorgungsmentalität: d.h. die Wahl zwischen dem 
Teufel oder dem Belzebub. 


- 56 - 


Und wenn wir die politische Dimension in die konkrete Arbeit mit So- 
zialhilfeempfänger einbeziehen, so stehen wir, ohne Aussicht auf Er- 
folg, vor verschiedenen Alternativen: Wir kónnten die Betroffenen zur 
Selbstorganisation in Sachen Sozialhilfe motivieren und schulen, aber 
durch einen solchen Kampf wäre die Perspektive weiterhin auf die So- 
zialhilfe eingeengt, würde voraussichtlich eine Sozialhilfe-"Ober-- 
schicht", die vollständig entpolitisiert ist, weil sie nur noch im 
Rahmen einer massiven staatlichen Abhängigkeit kämpfen kann, ge- 
schaffen werden. 

Die andere Möglichkeit wäre die, zuvor erwähnte Integration in den 
Arbeitsprozefi mit dem von uns unterstützten Ziel, durch gewerkschaft- 
liche und politische Arbeit an einer Verbesserung und insbesondere 
Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse mitzuwirken. 

Eine weitere Möglichkeit (und vielleicht nicht die schlechteste) sahen 
wir darin, mit den Betroffenen über die Möglichkeiten von Arbeitslo- 
sen- und Selbsthilfeorganisationen und einem entsprechenden politi- 
schen Kampf gegen dieses System zu phantasieren. Dabei wird es nicht 
um Randgruppenstrategien gehen sondern eine Identität zumindest im 
politischen Kampf und der partiellen Vorwegnahme des Zieles. 

Um uns aber überhaupt von der Stelle zu bewegen, fehlen uns einfach 
noch die realisierbaren Handlungsperspektiven für Sozialarbeiter im 
Amt. 















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Wir würden Sie 
gerne rk M 
aber uns sind 

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gebunden 









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Dies waren keine 
Gemeinde-Interessen \ 
es war nur Klassen-Politik 








Der Kampf = 
ist nicht 
zu Ende 


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X. — DOKUMENTATION 
ÜBER DIE 
DEMOKRATIEVORSTELLUNG IN EINEM AMT 
IN EINER GROSSTADT 


Diese Stadt sagt, sie ist.... 


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+ 


FRANKFURT. DIE STADT. 
FUR SOZIALARBEITER. 


Frankfurt 1974. Es wird hier nicht gemütlicher werden. 
Denn in Frankfurt stellen sich die gesellschaftlichen Probleme 
schneller und deutlicher. 
Die Stadt macht keinem was vor. 
Sie behagt manchem nicht. Andere kónnen woanders nicht leben. 
Frankfurt lebt. Ehrlich. Intensiv. Schnell. 
Frankfurt. Das Beispiel. 
Hier lernt man nie aus. 
Zitat aus der „Wirtschaftswoche“ vom 14.12.73: 
„Denn was in Frankfurt jüngste 
Vergangenheit, ist Gegenwart für die Republik. 
Und was sich in Frankfurt heute tut, 
steht der Nation morgen bevor. 
Doch ist das nicht erst seit kurzem so. 
Solche Vorzeitigkeit hat am Main Tradition.‘ 


FRANKFURT AN SIE: 


Wir suchen Sozialarbeiter für unsere Sozialstation in Höchst. 
Sozialarbeiter mit Mut zum Experiment. Den Spielraum dafür haben 5ie. 


Sozialarbeiter mit der Bereitschaft zum besonderen Engagement. 
Aber auch mit Humor. 


Wir wollen die Familienberatung in Höchst qualifizieren.. 

Durch Intensivierung der jetzigen Arbeit des einzelnen Sozialarbeiters 
in seinem Stadtbezirk. 
Oder durch Umverteilung der Aufgaben nach Problembereichen. 

Das läßt sich nicht durch Pläne und Programme erreichen. Und schon gar 
nicht mit schónen Worten. Sondern nur durch gute Arbeit vor Ort. 
Durch die Übernahme von mehr Verantwortung. 

Durch engere Zusammenarbeit mit den Kollegen. 























Beteiligte sind in diesem Konflikt: 

6 Sozialarbeiter aus 3 Sozialstationen (Familienfürsorge), 

€ die direkten Vorgesetzten: Sachgebietsleiterinnen (Oberfürsorgerinnen), 

€ deren direkter Vorgesetzter: Sozialdezernent Berg und seine rechte 
Hand (im wahrsten Sinne des Wortes) Lochmann, der gleichzeitig als 
stellvertretender Vorsitzender mit dem Personalratsvorsitzenden 
Scheibinger im ÖTV-Kreisvorstand ist. 


Das gewählte Beispiel Oberfürsorgerinnen-Vertretung wurde exemplarisch 
herausgenommen, weitere Beispiele an denen die "Demokratische" Vor- 
gehensweise der Amtsleitung sichtbar ist, ließe sich darstellen 
(plötzliche Androhung von Versetzungen wegen geringer Einwohnerzahlen, 
Auflösung der GWA-Gruppe ect.) 

Dieses Beispiel wurde gewählt, weil es als abgeschlossen betrachtet 
werden kann und der Ablauf überschaubar ist. Einzelbeispiele der be- 
sonderen Repression wurden deshalb nicht gewählt, weil es für die Be- 
troffenen Folgen haben könnte (Ängste, Verlust des Arbeitsplatzes, 
umsetzungen, Schwarze Listen). 





Die Schreiben, die hier veróffentlicht werden, wurden mit den Kolle- 
gen nicht besprochen und ihre Einwilligung wurde nicht eingeholt. 
Anhand der Auseinandersetzung der Sozialarbeiter mit der Stadt, soll 
die Machtausübung des Staates - hier vertreten durch das Dezernats- 
verwaltungsamt (Lochmann) und den Dezernenten (Berg) - und die von 
den Sozialarbeitern gewählten Widerstandsformen dokumentiert werden. 
Die Widersprüche zwischen Anspruch "mehr Demokratie wagen" und der 
ovjektiven Realität "autoritärer Herrschaftsstil" sollen an der Wiek- 
lichkeit aufgezeigt werden, wie die Mitbestimmung am Arbeitsplatz 
aussieht, wie unverhüllt Macht ausgeübt wird. 


1. ENTSTEHUNGSGESCHICHTE IN DER SOZIALSTATION XYZ 


® Februar 1973 
Die bisherige Vertreterin der Sachgebietsleiterin legt ihre Vertre- 
tung nieder: 


"Nach unseren in der Sozialstation ... schon länger bestehenden Über- 
legungen zu Strukturveränderungen im Sachgebiet Familienfürsorge ha- 
be ich mich entschlossen, die mir übertragene Vertretung der Sachge- 
bietsleiterin niederzulegen. 

Der mir in den Vertretungszeiten zunehmend bewufitt gewordene Rollen- 
konflikt und Widerspruch zwischen der anders gearteten Rolle als Vor- 
gesetzte mit Kontroll- und Weisungsbefugnis und meiner sonstigen Rol- 
le als Sozialarbeiterin, die mit Kollegen(innen) auf gleicher Ebene 
steht, hat mich u.a. zu diesem Schritt veranlaßt. 

Bei der von uns in der Unterschriftenregelung vertretenen Selbstän- 
digkeit und Verantwortlichkeit des jeweils zuständigen mit gleicher 
Qualifkation ausgestatteten Sozialarbeiters sowie bei unseren Bestre- 
bungen in Gruppen zu arbeiten kann ich nicht mehr die Notwendigkeit 
meiner Funktion während der Vertretung erkennen. 

Unter Hinweis auf das beiligende Schreiben meiner Kollegen(innen) 
schließe ich mich dem vorgeschlagenen Versuch einer kollektiven Ver- 
tretung an." 


- 59 - 


Brief der Sozialarbeiter-Kollegen 


"Nach Niederlegung der Vertretung der Sachgebietsleiterin durch 

Frau .... haben wir nach eingehender Diskussion im Kollegenkreis und 
nach gemeinsamen Gespräch zwischen Ihnen und der Sachgebietsleiterin 
Frau .... Sowie Frau .... beschlossen, den Versuch einer kollektiven 
Vertretung zu machen. 

Die formalen Aufgaben kónnen nach unseren Vorstellungen im Wechsel 
unter gleichrangigen Sozialarbeiter(innen) wahrgenommen werden, die 
speziellen Aufgaben sollten je nach Möglichkeit und Fachwissen des 
einzelnen von der Arbeitsgruppe delegiert werden. 

Die gesamte Vertretung verbunden mit der inhaltlichen Verantwortung 
für das Sachgebiet Familienfürsorge wird gemeinsam durch Kooperation 
getragen." 


Schreiben der Sozialarbeiter, wie sie sich die gemeinsame Vertretung 
vorstellen. Die Niederlegung der Vertretung war Ergebnis eines lan- 
gen Diskussionsprozesses. 

Mit diesem Schritt erhofften sich die Sozialarbeiter ein Abbau der 


Hierarchie. Unterstützt wurde dies von der Oberfürsorgerin und vom 
Leiter der Sozialstation. 


Verfügung des Dezernenten 


"Betr.: Vertretung der Leiterin des Sachgebietes Familienfürsorge 
bei der Sozialstation.... 


Vfg. 


1. Auf eigenen Antrag vird die Sozialarbeiterin, Frau.... ab sofort 
von der Tatigkeit als Vertreterin der Leiterin des Sachgebietes 
Pamilienfürsorge bei der Sozialstation .... entbunden. 

Die Verfügung vom 16.2. 197o vird hiermit aufgehoben. 


2. In Urlaubs- und Krankheitsfüllen sind die Aufgaben der Sachgebiets- 
leiterin künftig durch Sozialarbeiter im tageweisen Wechsel wahr- 
zunehmen. Der jeweilige Zeitplan ist nach dem Namensalphabet zu 
erstellen. 

Während der Vertretungszeit eintretende besondere Vorkommnisse, 
das Sachgebiet Familienfürsorge betreffend, sind dem Leiter der 


Sozialstation von dem jeweiligen Sozialarbeiter unverzüglich mit- 
zuteilen. 


gez.: Berg" 


Dieses Schreiben konnte als Erfolg gewertet werden. Die Diskussionen 
der Studentenbewegung ergriffen auch die Sozialarbeiter,wenn zeitlich 
verschoben. 

Dies kann als Mitbestimmungsversuch bezeichnet werden. Der Mitbestim- 
mungsversuch - kann nicht als Regel bezeichnet werden - da in dem 
überweigenden Teil der Sozialstation weiter nach dem bisherigen hier- 
archischen Prinzipien gearbeitet wurde. Zur gleichen Zeit liefen Mo- 
dellversuche in Kitas, Theatern etc. Viele Entscheidungen wurden ge- 
meinsam diskutiert und getroffen. Der Informationsfluß war gut. 


- 60 - 


2. MEHR DEMOKRATIE WAGEN — ODER DIE POLITIK DER KLEINEN SCHRITTE 


Es gab einmal eine Ordnung, 
die für die einen die gott- 
gewollte war. Die Herren 
herrschten - die anderen 


gehorchten, So einfach war das. 


Heute ist das schwieriger. 
Wegen Demokratie und so. 
Kein Wunder also, daß es 
Leute gibt, die es wieder 
einfacher haben wollen. 

Für sich. In besseren Salons 
spricht man deshalb gern den 
Haus-Ideologen der Oppo- 
sition (von Schoeck bis 
Schelsky) nach: Daß 
Demokratisierung schädlich 
sei fürs Volk. Logisch. 

Das stört die Kreise. 


Dabei sind wir nicht allein 
aus praktischen Gründen für 


mehr Demokratie. (Jeder 
erfahrene Manager weiß, daß 
demokratische Entscheidungen 
vielleicht nicht die einfachsten, 
in aller Regel aber die 
besseren Entscheidungen sind.) 
Wir wollen einfach, daß mehr 
Menschen Demokratie 
erfahren. Und nicht nur 
Herren erleben. Herren von 
Staats wegen. Oder von 
gestern - nach Gutsherrenart. 


Deshalb sind wir für Mit- 
bestimmung im Betrieb. Oder 
für Bürgerbeteiligung bei der 
Stadtplanung. So wie die 
Sozialdemokraten vor 100 
Jahren für das allgemeine und 
gleiche Wahlrecht Ihres Groß- 
und Urgroßvaters und für das 





Von Herren und Menschen. 


Frauenwahlrecht gekämpft 
haben. Und dafür bekämpft 
wurden. Von den Kreisen, die 
meinten, Demokratisierung 
sei schädlich fürs Volk. 
Zugegeben, mehr Demokratie 
wagen macht Arbeit. Wenn 
Sie es sich gerade deshalb 
nicht einfach machen wollen, 
sollten Sie unser Regierungs- 
programm 1976-80 
durchsehen. 

Entwurf: Helmut Schmidt. 
Auf 56 Seiten, DIN A 4: 
Zahlen, Fakten, harte Aus- 
sagen. Von und für Menschen. 
Sozialdemokraten. 


Wenn die Sinn und Platz für Antiquitäten haben: Kin Paar 
Herrenreiter-Sporen kann Ihres werden. Wir verlosen es. 
Einsatz 10 DM Wahlspende, Überweisen Sie den Zehner 
un die SPD in Bonn, Konto-Nr, 7500 bel der Sparkasse 
Bonn, Stichwort: ,Herrenrelter-Sporen”, (Der Rechtsweg 
ist ausgeschlossen.) 

Sollten Sie kein Losglück haben, trösten Sie sich: Sle 
haben Platz gespart. Und Sie haben was gegen Polit- 
Antiquitaten getan. Mit einer Wahlspende für die SPD. 


HerrenreiterSporen, 
1870. 








e 22.2.1976, 3 Jahre spáter. 
Von der Amtsleitung: 


"Vertretungsregelung im Sachgebiet Familienfürsorge 


Seit einiger Zeit wird in den dortigen Sozialstationen die Vertre- 
tungsregelung im Sachgebiet Familienfürsorge ohne formelle Änderung 
der Arbeitsverteilung so gehandhabt, daß ein täglicher Wechsel in 
der Person des Vertretenden stattfindet. Begründet wird diese Maf- 
nahme im wenstlichen damit, daB einerseits die Planstellen für So- 
zialarbeiter einschließlich Vertreter des Sachgebietsleiters gleich 
bewertet sind und andererseits eine Vertretung nicht nur in Urlaubs- 
und Krankheitsfällen notwendig ist, da in Einzelfällen ohne Zeitver- 
zug Entscheidungen zu treffen sind. 

Im Gegensatz zu dieser Argumentation vertreten wir die Auffassung, 
daB aus verschiedenen Gründen (Verantwortlichkeit, Berufserfahrung) 
ein kurzfristiger Wechsel in der Vertretung nicht akzeptiert werden 
kann. Nach unserer Meinung sollte für die Vertretung jeweils ein 
Zeitraum von einem Jahr festgelegt werden. Wir befinden uns in die- 
ser Auffassung in Übereinstimmung mit dem Personalamt. 

Zur Realisierung dieser Vorstellung bitten wir um geeignete Vorschlä- 
ge, welche Sozialarbeiter in der dortigen Sozialstation als Vertreter 
des Sachgebietsleiters eingesetzt werden kónnen. 

Da beabsichtigt ist, die vorgesehene Vertretungsregelung ab 1.4.1976 
in Kráft zu setzen, bitten wir um Beantwortung dieses Schreibens bis 
spátestens 15.3.1976." 


gez. Lochmann 


Unterzeichnet wurde dieses Schreiben vom Leiter des Dezernatsverwal- 
tungsamtes Lochamnn (siehe auch Info Sozialarbeit Nr. 16) der gleich- 
zeitig stellvertretender Vorsitzender der ÖTV-Kreisverwaltung in F. 
ist. 


6 30.3.1976 
Antwortschreiben der betroffenen Sozialarbeiter an die Amtsleitung 
z.Hd. Herrn Lochmann: 
(In fünf anderen Stationen wurde zur gleichen Zeit die Vertretung 
nach altem Muster geleistet) 


"Betr.: Vertretungsregelung für die Sachgebietsleiterin in der Fa- 
milienfürsorge 
Bezug: Ihr Schreiben vom 27.2.1976 an die Sozialstationen ........ 


Ihr obengenanntes Schreiben an die Sozialstationen ....... 
haben wir in den Kollegenkreisen der Familienfürsorge diskutiert. 
Ihre Ausführungen sind für uns uneinsichtig und bedürfen daher wei- 


terer Klärung. 


- Im ersten Satz Ihres Schreibens vom 27.2.1976 weisen Sie darauf 
hin, daß eine formelle Änderung der Arbeitsverteilung bzg. der Ver- 
tretungsregelung nicht erfolgte. Der Dezernent hat jedoch mit Verfü- 
gung vom 17.4.1973 die tageweise Rundumvertretung in den Sozialsta- 
tionen - ohne zeitliche Begrenzung - ge- 


nehmigt und damit eine formelle Regelung getroffen. 


- 62 - 


- Der zweite Satz Ihrer Ausführungen bleibt uns unverständlich, da 
wir darin keinen Zusammenhang zu unserer inhaltlichen Begründung 
sehen. 


Im Gegensatz zu Ihrer - in keiner Weise ausreichend begründeten - 
Auffassung, daß ein kurzfristiger Wechsel in der Vertretung nicht 
akzeptiert werden kann, vertreten wir - aufgrund gesammelter ErZah- 
rungen - die Auffassung, daß die von Ihnen genannten "verschiede- 
nen Gründe” eine Änderung unserer Vertretungspraxis nicht erforder- 
lich machen. 


U.E. ist vor einer enägültigen Entscheidung über die Vertretungsre- 
gelung für die Sachgebietsleitung der Familienfürsorge eine Auswer- 
tung aller bisher gemachten Erfahrungen otwendig. 

Wir sehen daher ein gemeinsames Gespräch zwischen den Leitungen der 
sozialen Ämter und den betroffenen Sozialarbeitern als erforderlich 
an. Ein solches Vorgehen wird u.E. den Interessen aller Beteiligten 
- nicht zuletzt der Klienten - am ehesten gerecht." 


e 4.5.1976 
Brief der Sozialarbeiter an den Dezernenten Martin Berg - 
Hoffen auf den guten Sozialdemokraten 


"Betr.: Vertretungsregelung für die Sachgebietsleiterin in der 
Familienfürsorge 
Bezug: Unser Schreiben an Herrn Lochmann vom 30.3.76 


Wir hatten Ihnen eine Durchschrift unseres Schreibens an Herrn Loch- 
mann übersandt. 

Bisher blieb unser Brief unbeantwortet. Stattdessen erging von Herrn 
Lochmann an die Leiter der Sozialstationen die Aufforderung, mit 
Ablauf des Monats April geeigente Mitarbeiter für eine Vertretung 
der Sachgebietsleiterin Familienfürsorge zu benennen. 

Wir sehen es nicht nur als Selbstverstündlichkeit an, sondern erhe- 
ben Anspruch auf eine Beantwortung unserer Briege und wissen, daß 
auch Sie diesbezüglich derselben Meinung sind. 

Wir bitten daher um Ihre Intervention." 


o 21.5.1976 ğ 
Bis jetzt bleiben die Schreiben der Amtsleitung ohne den erwünsch- 


ten Erfolg. 
Daraufhin wird eine härtere Gangart eingeschlagen. Die Oberfürsor- 
gerinnen wurden zu einem persönlichen Gespräch eingeladen: 


Regelung der Vertretung des Sachgebietsleiters Familienfürsorge 


Schreiben der im dortigen Sachgebiet Familienfürsorge tätigen 
Sozialarbeiter 


Mit Schreiben vom 30.3.1976 haben die im Sachgebiet Familienfürsorge 
der Sozialstationen .... und ....».* tütigen Sozialarbeiter ein Ge- 
spräch mit den Leitern der sozialen Ämtern gewünscht. In den ver- 
schiedenen Gesprächen und Schreiben sind die Argumente für eine Ver- 
tretungsregelung eingehend behandelt worden. Eine weitere Besprechung 
erbringt keine neuen Gesichtspunkte und ist deshalb nicht mehr er- 
forderlich. Wir bitten, die Sozialarbeiter in diesem Sinne zu unter- 


richten. 


- 63 - 





Nachdem von Ihnen kein Vorschlag zur Besetzung der Stellvertreter- 
stellen gemacht wurde, laden wir Sie und die Sachgebietsleiterin 
Familienfürsorge zu einem gemeinsamen Gespräch mit den Leitern der 
sozialen Ämter ein. Das Gespräch findet am 


Dienstag, den 1. Juni 1976, 14,00 Uhr 
Berliner Straße 33 - 35, Zimmer 302 


statt. Wir bitten, die Sachgebietsleiterin der Familienfürsorge hier- 
von zu unterrichten. 
gez. Lochmann 


€ 1. Juni 1976 
Gesprüch zwischen der Amtsleitung und den Oberfürsorgerinnen; Teil- 
nehmer: Lochmann, Humbert (Sozialamtsleiter), Faller (Jugendamts- 
leiter), die Personalräte Scheibinger und Schwantje, sowie die Vor- 
steher und Sachgebietsleiterinnen von drei Sozialstationen. 


Begrüßung durch Herrn Lochmann: "Nelmen sie nur ganz zwanglos Platz"; 
darauf eine Oberfürsorgerin: "Jetzt noch .......ohne Zwang"; 
Lochmann: Gleich brauchen sie nur noch ja oder nein zu sagen"; 

eine Oberfürsorgerin: "Das hate ich doch vor 30/40 Jahren schon mal 
gehört"; 

Lochmann: Dann wissen sie ja, wie es geht....." 


Inhaltlich wurde nicht mehr diskutiert, sondern nur noch die Beset- 
zungsvorschlage erörtert. 


"Die Entscneidung der Amtsleitung: 

Die Vertretung der Sachgebietsleiterin .........wird vom Dezernenten 
per Anweisung benannt. Lochmann gab die Namen der betroffenen Kolle- 
ginnen bekannt: 

Die Vertretung soll für 1 Jahr geregelt werden. Begründung von Loch- 
mann: Kontinuität sei bei der bisherigen Regelung (Rundumvertretung) 
nicht gewährt, sei aber notwendig. 

Lochmann: Arbeitsrechtlich ist eine Anordnung móglich. Auf die Frage, 
ob die Anweisung der Zustimmung des Personalrates bedürfe, sagt Loch- 
mann, das müsse noch geprüft werden. Die anwesenden Personalräte 
Scheibinger und Schwantje haben sich nicht geäußert. 

Zum vorgehen: die Amtsleitung hatte von vornherein aus jeder Sozial- 
station nur eine Kollegin als infragekommend benannt. Sachgebietslei- 
terinnen, Vorsteher und die Vertreter der Amtsleitungen wurden ge- 
fragt, ob dienstliche oder persönliche Gründe dagegen sprechen, daß 
die jeweils benannten Kolleginnen die Vertretung übernehmen. Solche 
Gründe konnten nicht benannt werden. Die Kriterien, wonach die Amts- 
leitung gerade diese 3 Kolleginnen bestimmt hat, sind nicht bekannt. 
Wahrscheinlich wurde anhand der Personalakten festgestellt, welcher 
Sozialarbeiter die staatliche Anerkennung am längsten hat und über 
welche Erfahrungen diese Kollegen verfügen. Weitere Kriterien sind 
von den Vertretern der Amtsleitung nicht herausgelassen worden. 


Gefragt wurde, ob es denkbar wäre, daß die Vertretung nur für ein 
halbes Jahr geregelt würde. Eine solche Regelung wurde offen gelas- 
sen. Von Lochmann wurde allerdings festgestellt, daß die entsprechen- 
de Anweisung innerhalb von lo Tagen dem Dezernenten zur Unterschrift 
vorgelegt würde und zunächst von einem Jahr ausgegangen werde. Eine 


- 645 - 


Halbjahresregelung sei dann denkbar, wenn jeweils von den Sozialar- 
beitern festgelegt würde, welche Kollegin die nächste Vertretungs- 
runde wahrnehme. 

Frau.... wieß daraufhin, daß es sein könne, daß durch diese Entschei- 
dung der Arbeitsfrieden gestórt werden kónne. Sie fragt die Vertre- 
ter des Personalrats wie sie dazu stünden. Diese haben sich jedoch 
nicht geäußert." 


Schreiben der Sozialarbeiter an den Personalrat. 


An den Personalrat 
der Sozialen Amter 


In den Sozialstationen ......und ..... soll per Anordnung jeweils 

1 Kollege der Familienfürsorge zu einer einjáhrigen Oberfürsorgerin- 
nen-Vertretung gezwungen werden. Des gegen den seit langem erklär- 
ten Widerstand der Familienfürsorge-Kollegen, die in den vergange- 
nen Jahren die Vertretung der Sachgebietsleiter nach alphabetischer 
Reihenfolge  tageweise im Rundumverfahren geregelt hatten. 

Hierdurch teilen wir Ihnen mit, daf wir sowohl das zwangsweise Vor- 
gehen, als auch die geplante Regelung der Oberfürsorgerinnen-Vertre- 
tung weiterhin ablehnen. 

Wir sehen in der Maßnahme den bewußten Versuch der Amtsleitungen, 

die solidarische Zusammenarbeit an der Basis auseinanderzubrechen. 
Diese Regelung, die weder zum Vorteil der Sozialarbeiter noch der 
Klienten geschaffen werden soll, hat ausschließlich zum Ziel, hier- 
archische Strukturen wiederherzustellen, Aufsichts- und Kontrollfunk- 
tionen auf Kosten der an der Basis tätigen Sozialarbeiter sowie die 
Verfügungsgewalt des Dienstherren schrittweise zu verstärken. 

Wir protestieren gegen die unverhüllten Bedrohungen (Arbeitslosig- 
keit in der Sozialarbeit), die Vorgehensweise (Anordnung, Ablehnung 
weiterer Diskussion), die kalkulierte Kaltstellung des Personalrates 
(Entscheidungsgespräche werden als Vorinformation deklariert), sowie 
die Spaltungsversuche (Salamitaktik: heute die Familienfürsorge, mor- 
gen die Erziehungsbeistandschaft, übermorgen die anderen Fachstellen)! 


Wir fordern deshalb den Personalrat auf, folgende Schritte zu unter- 

nehmen, um di geplante Anordnung zu verhindern, bzw. rückgängig zu 

machen: 

1. Ablehnung der geplanten Anordnung 

2. Gespräch mit den Sozialarbeitern der betroffenen Sozialstationen 
auf der nächsten Sitzung am 8.6.76 

3. da durch die Form der Einladung durch die Leitung des Dezernats- 
verwaltungsamtes der Personalrat am 2.6.76 seiner beratenden Funk- 
tion gem. $ 57 a (und § 64) HPVG nicht nachkommen konnte, ist 

4. Verurteilung der Planung und Vorgehensweise der Amtsleitungen 

5. Information über die Ereignisse und Stellungnahme an alle Kolle- 
gen in der Sozialverwaltung 

6. Umgehende Einberufung einer Teilpersonalversammlung für Sozial- 
arbeiter (gem. dem Wahlversprechen der ÓTV-Kandidaten zur Perso- 
nal:atswahl), auf der folgende Punkte zur Diskussion stehen: 
a) Anordnung zur Vertretung der Sacbgebietsleiter 
b) Aktenzáhlung. Arbeitsbemessung in der städtischen Sozialarbeit 
c) Kontrolle und Anweisung bezüglich der in den sozialen Brennpunk- 

ten tätigen Arbeitsgruppen 

d) Änderung der Arbeits- und Sprechstundenzeiten für Sozialarbeiter 


- 65 - 





7. Information des Gesamtpersonalrates 


Nachrichtlich an alle Sozialarbeiter der Stadt Frankfurt am Main. 


6 8. Juni 1976 l 
Nach Bekanntwerden der beabsichtigten Anordnung meldeten die Lei- 


ter der drei Sozialstationen die betroffenen Kolleginnen und je ei- 
nen weiteren Kollegen zu einem Gespräch mit dem Personalrat (PR) 


in der Sitzung am 8.6.1976 an. 
Nachfolgend das von den sechs Kollegen unmittelbar nach dem Raus- 


schmiß verfaßte Kurzprotokoll: 


"8,00 Uhr: Wir geben unsere Schreiben (an PR vom 3.6.) ab, tragen 
Stühle rein. Viernickel (PR) sagt, erst müsse der PR entscheiden, ob 
wir überhaupt teilnehmen kónnen. Wir sollen den Raum wieder verlas- 
sen. 

Wir verlassen den Raum. Sofort wird die Tür dies Sitzungszimmers 
verschlossen. 

8,3o Uhr: PR Stache kommt raus und sagt, ein Kollege von uns kónne 
reinkommen und angehört werden. Wir sollten einen Sprecher wählen. 
Das lehnen wir ab. Alle oder keiner. 

Fünf Minuten später kommt PR Viernickel und erklärt: Heute wird An- 
hórung nicht möglich sein. Wir sollen am Donnerstag (10.6.), 9,3o Uhr 
wieder kommen. Unser "Sprecher" sollte darüber lediglich informiert 
werden. 

Frau ..... erklärt daraufhin, sie sei Donnerstag nicht da, das sei 
Scheibinger seit 3.6. bekannt. Viernickel fragt, ob sie Betroffene 
sei. 

Wir überlegen, was wir jetzt tun. 

Frau ..... geht durchs Nebenzimmer ins Sitzungszimmer.Sie erklärt 
dem PR; daß sie Donnerstag nicht da ist. Ob das allen bekannt und 
mit Gegenstand der Abstimmung gewesen sei. Scheibinger sagt ja. PR 
Krauß schüttelt den Kopf und sagt: "Mir zumindest wars nicht bekannt". 
Andere äußern sich entsprechend. Dann sagt Scheibinger, sie solle 
rausgehen. Sie hätten eine große Tagung und das sei nicht öffentlich. 
Frau..... sagt: wir haben beantragt, von dem PR gemeinsam gehórt zu 
werden. Dieses, und daß sie Donnerstag nicht da sei, sei Scheibinger 
seit dem 3.6. bekannt. 

Sie bittet unter diesen Gesichtspunkten nochmals abzustimmen. 
Scheibinger sehr gereizt: das werde nochmals abgestimmt. 

Minuten später kommt Viernickel wieder raus und erklärt: Anhörung w 
wieder abgelehnt. 

Wir fragen ihn, wie er gestimmt habe. Er fragt, wozu wir das wissen 
wollten. Wir: das sei wichtig zu wissen, wie die PRe sich dazu stel- 
len. Viernickel: Die Stimmabgabe sei geheim. Sie hätten auch geheim 
abgestimmt." 


e 24. Juni 1976 
Schriftliche Reaktion des Personalrates (wichtig zu wissen, daf 
der PR-Vorsitzende Scheibinger mit dem "Kollegen" Lochmann in der 
ÖTV-Kreisverwaltung sitzt. Sie sind dort alte Kampfgenossen.): 


- 66 - 


"Vertretung der Sachgebietsleiterin Familienfürsorge in den obenge- 
nannten Sozialstationen 


Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! 


Zu der o.A. Angelegenheit hat uns Herr Berg inzwischen einen Entwurf 
einer Verwaltungsanordnung vorgelegt, nach dem er für die Sozialsta- 
EION. sera LAL daos ‚für die Sozialstation, sss Frau.....und für die 
Sozialstation..... Frau ..... zur Wahrnehmung der Vertretung der 
Sachgebietsleiterin der Familienfürsorge für 1 Jahr bestimmen will. 
Bevor diese Anordnung jedoch Rechtswirksamkeit erlangen kann, muß 
sich der Dienstsellenleiter mit dem Personalrat beraten. Ein Termin 
hierzu kann erst nach Rückkehr des Herrn Berg aus seinem Urlaub 

- Ende Juli - festgesetzt werden. Da auch der Personalrat z.Z. eine 
Sitzungspause bis zum 3.8.1976 hat, ist in der o.a. Angelegenheit 
mit einer Meinungsbildung der Personalratsmitglieder vor diesem Zeit- 
punkt nicht zu rechnen. 


Mit freundlichen Grüßen 
Scheibinger (Vorsitzender)" 


6 4.8.1976 
Endgültige Anordnung durch Herrn Berg: 


"Zur Sicherstellung einer kontinuierlichen Vertretung der Leiterin 
des Sachgebietes Familienfürsorge in den Sozialstationen ..... und 
MÀ werden aufgrund des Ergebnisses der Besprechung am 1.6.1976 
zwischen den Leitern der Amter 5o, 51 und 56 dem leitenden Sozial- 
arbeiter einerseits und den Leitern und Sachgebietsleiterinnen der 
Sozialstation sens und asses andererseits für die Zeit vom 9. Au- 
gust 1976 bis 31. Juli 1977 folgende Sozialarbeiterinnen als Vertre- 
tung der Leiter der Familienfürsorge bestimmt: 

Sozialstation... FISH u 

Sozilalstation..... Frau simas 


Sozialstation ....« St gasse 
Den genannten Sozialarbeiterinnen ist dieses Schreiben gegen Unter: 


schriftsleistung zur Kenntnis zu bringen." 


e 9.8.1976 
Persónliches Schreiben einer Kollegin auf die Abordnung (nicht 


veróffentlicht) 


e 1.9.1976 
Antwort von Berg 


"Vertretung des Sachgebietsleiters der Familienfürscrge 
Ihr Schreiben vom 9.8.1976 


Sehr geehrte Frau......, 


die Entwicklung der Regelung der Vertretung des Sachgebietsleiters 
Familienfürsorge in den Sozialstationen..... und ..... Setze ich 

bei Ihnen als bekannt voraus. Nachdem aus diesen Sozialstationen 

kein Besetzungsvorschlag gemacht wurde, haben die Leiter der Sozia- 
len Ämter am 1.6.1976 ein Gespräch mit den Leitern und den Sachge- 
bietsleitern Familienfürsorge dieser Sozialstationen geführt. Seitens 
der Amtsleiter wurden für die Besetzung der Vertreterposition Sozial- 
arbeiter vorgeschlagen, die aufgrund ihrer Ausbildung und Berufser- 


- 67 - 





fahrung die Voraussetzung bieten, dieser Aufgabe gerecht zu werden. 
Gegen die Personen der Vorgeschlagenen wurden weder persónliche noch 
fachliche Bedenken geltend gemacht. Ich nehme an, daB Sie von Frau 
e... und Herrn..... von dieser Entscheidung unterrichtet wurden. 


Die Tätigkeit des Vertreters des Sachgebietsleiters beinhaltet nicht 
nur die Kontrolle und Koordination von Arbeitsabläufen und die fach- 
gerechte Durchführung von Berufsvollzügen, sondern auch die Beratung 
von Kollegen in schwierigen Fällen, insbesondere der jungen Mitar- 

beiter. Deshalb halte ich es für unumgänglich, daß diese Aufgabe von 
einem erfahrenen Mitarbeiter sach- und fachgerecht wahrgenommen wer- 


den muß. Unter diesem Gesichtspunkt wurden Sie für diese Aufgabe aus- 
gewáhlt. 


Eine eingehende Überprüfung der Frage der Anordnung der Vertretung 

des Sachgebietsleiters im Sachgebiet Familienfürsorge in Urlaubs- 

und Krankheitsfállen durch das Personalamt hat ergeben, daß aus recht- 
licher Sicht keine Bedenken bestehen. Als Beamtin stehen Sie in einem 
óffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis zur Stadt Frankfurt 
am Main. Sie haben die besonderen Pflichten eines Beamten übernommen. 
Im Interesse einer qualifizierten Betreuung der Bürger durch das 
Schagebiet Familienfürsorge der betroffenen Sozialstationen sehe ich 
keine andere Móglichkeit, als die getroffene Entscheidung aufrechtzu- 
erhalten und darf Sie bitten, Ihren Beitrag zur Erfüllung dieser 
Aufgabe zu leisten. Mit freundlichem Gruß Berg" 


6 24.8.1976 


Nochmaliger Versuch, der betroffenen Sozialarbeiter inhaltlich 
zu argumentieren. 


"Betr.: Vertretungsregelung für die Sachgebietsleiterin in der 
Familienfürsorge 


Bezug: Unser Schreiben an Herrn Lochmann vom 30.3.1976 


Sehr geehrter Herr Berg, 


Sie haben mit Schreiben vom 4.8.76 eine Anordnung erlassen und für 


die Dauer vom 9.8.76 bis 31.7.77 Frau..... als Vertretung der Sach- 
gebietsleiterin bestimmt. 


Nach dem Organisationsrecht der Verwaltung steht Ihnen dies - juri- 
stisch betrachtet - zu. In Kenntnis der gegebenen hierarchischen 
Vervaltunçsstruktur und der damit verbundenen ungleichen Machtver- 
hältnisse und Kompetenzen haben wir keine Möglichkeit uns zu wehren, 
ohne mit schárferen Reaktionen Ihrerseits rechnen zu müssen, die ja 
zweifellos in Ihrer Macht stehen. Dies wissen Sie, setzten es in 
Ihrem Handeln voraus und orientieren sich in Ihren Folgeschritten 
daran..Wir wissen es und sehen keine andere Móglichkeit, uns dage- 
gen aufzulehnen, aber überzeugen kónnen Sie uns nicht. 


Sie erwarten von uns in einer Organisationsform zu handeln, die wir 
uns nicht zu eigen machen können. Offenbar gehen Sie davon aus, daß 
kontroverse Auffassungen durch eine Anordnung befriedigend gelóst 
werden kónnen. Sie haben sich der Angelegenheit durch die Anordnung 
entledigt, wir aber, die anderer Auffassung sind, müssen handelnd 
damit umgehen, in dem Widerspruch stehend, stándig entgegen eigener 
Überzeugung tátig werden zu sollen. 


- 68 - 


Nach zwischenzeitlich erfolgten Überlegungen vertraten wir nach wie 
vor das in der Praxis bewährte Rotationsprinzip, denken jedoch zur 
Wahrung der Kontinuität an eine längere Zeitdauer, z.B. an einen 
Wechsel von 3 Monaten. Wir móchten den Betreffenden in alphabetischer 
Vorgehensweise selbst bestimmen. 

Mitbestimmung am Arbeitsplatz und Beteiligung von Arbeitnehmern an 
der Gestaltung ihrer Arbeit nimmt z.Zt. eine bedeutende Stelle in der 
politischen Diskussion ein. Im Gegensatz dazu erfahren wir in der 
Praxis eine Zunichtemachung der bei uns in Richtung Gruppenarbeit 
bestehenden positiven Ansátze durch Ihre Anordnung. Dies bleibt uns 
unverständlich. 


Wir laden Sie deshalb - wie bereits in unserem Schreiben vom 30.3. 
1976 - zu einem gemeinsamen Gespräch ein. 

Wir sind im Gegensatz zu der im Schreiben des Herrn Lochmann vom 21. 
Mai 1976 vertretenen Meinung, daß sich ein weiteres Gespräch erüb- 
rigt, der Auffassung, daß ein nochmaliges Gespräch sinnvoll und not- 


wendig ist. 


e 29.9.1976 
Mittlerweile waren die betroffenen Kollegen der verschiedenen 


Sozialstationen auseinanderdividiert worden; 


Dezernatsverwaltungsamt Frankfurt a.M. den 29.9.76 
Soziales und Jugend Tel. 5488 
56.12 Stu/Ro 


I. Sozlalstation..... 
- Sachgebiet Familienfürsorge - 


Vertretungsregelung für die Sachgebietsleiterin 
in der Familienfürsorge 


Dortiges Schreiben an Herrn Bürgermeister Berg 
vom 23. August 1976 


Mit o.g. Schreiben schlagen Sie eine Änderung der Vertretungsrege- 
lung des Sachgebietsleiters im Sachgebiet Familienfürsorge dahinge- 
hend vor, daß die Vertretung auf ein halbes Jahr beschränkt wird. 
Gleichzeitig teilen Sie mit, daß Herr .... bereit ist, die Vertre- 


tung zu übernehmen. 


Bei einem Gespräch der Amtsleiter mit den Leitern und Sachgebiets- 
leiterinnen Familienfürsorge der betroffenen Sozialstationen am 
1.6.1976 wurde von den Amtsleitern angeboten, auch einer kürzer be- 
fristeten Vertretung als ein Jahr zuzustimmen, wenn ein entsprechen- 
der Besetzungsvorschlag gemacht wurde. Dieser Vorschlag wurde auch 
in ihrem Sachgebiet diskutiert und abgelehnt. 


Wir freuen uns, daf Ihr Vorschlag unsere Vorstellungen von einer 
kontinuierlichen Vertretung des Sachgebietsleiters unterstützt. Auch 
wir sind der Meinung, daf die mit der Vertretung beauftragten Kolle- 
gen für die zu erbringende Vertretung eine Entlastung erfahren soll- 
ten. Leider haben unsere Bemühungen um Schaffung entsprechender Plan- 
stellen bisher keinen Erfolg gehabt. Eine Entlastung des Stellvertre- 
ters ist u.E. auch im gegenwärtigen Zeitpunkt schon möglich - durch 
Verkleinerung des Bezirkes und Umverteilung auf die übrigen Kollegen. 


Es ist beabsichtigt, die Erfahrungen mit der getroffenen Vertretungs- 


- 69 - 





reglung zu gegebener Zeit auszuwerten. Eine Anderung der getroffe- 
nen Anordnung vom 4.8.1976 wird abgelehnt. 


(Lochmann) 


3. BESONDERE FORMEN DER EINSCHÜCHTERUNG 


e 7.9.1976 
Eine Sachgebietsleiterin hatte nitunterschrieben. Von ihr wird 
eine besondere dienstliche Stellungnahme erwartet. 


"Vertretungsregelung der Leiterin des Sachgebiets Familienfürsorge 
in der Sozialstation..... 


Schreiben vom 24.8.1976 - Lo/Ke - und Ferngespräch 
vom 2.9.1976 


Sehr geehrte Frau....., 


auf telefonische Anfrageerklärten Sie, daß Sie das o.g. Schreiben, 
das von den Mitarbeitern mit gezeichnet versehen wurde, bei Anwe- 
senheit unterschrieben hätten. 


Als Sachgebietsleiterin des dortigen Sachgebiets Familienfürsorge 


bitten wir um eine dienstliche Stellungnahme zu diesem Schreiben 
bis zum 15.9.1976 


( Lochmann ) " 


e 10.9.1976 
Die Sachgebietsleiterin antwortet: 


"Das Schreiben der Sozialarbeiter, deren Gruppe ich angehóre, ist 
Ausdruck wesentlicher offener Fragen. Es schließt mit der nochmali- 
gen Bitte um ein Gespräch. 

Nachdem die schriftliche Anordnung am 4.8.1976 ergangen war, wurde 
die Reih-um-Vertretung eingestellt. Frau....übernahm meine Vertretung. 
Aus dem Urlaub zurückkerhend, sah ich mich nicht in der Lage, den 
Kollegen ihre Fragen nach dem Sinn dieser Anordnung befriedigend 

zu verdeutlichen. Die Reaktion hierauf ist das Schreiben vom 24.8.76. 


Aus schriftlichen und mündlichen Äußerungen ist meine Einstellung zur 
Frage der Stellvertretung bekannt. Sie stimmte in der Befragung am 

1.6.76 weitgehend mit der Auffassung der Kollegen Frau..... e ZER A s 
Herrn....., Herrn ..... und Herrn ..... überein, vorallem in der Er- 


kenntnis der Problematik eines solchen Anordnungsverfahrens für un- 
sere Sozialstationen. 


Rückblick: 


a) allgemein 
Mit Genehmigung der Reih-um-Vertretung durch den Derzernenten im 
Frühjhar 1973 wurde ein bereits Anfang der siebziger Jahre begon- 
nener EntwicklungsprozeB offiziell zugelassen. Er fórderte einer- 
seits das selgständige Handeln des einzelnen Sozialarbeiters im 
Sinne von Eigenverantwortlichkeit, machte andererseits  - in Er- 
kenntnis der eigenen Grenzen - gegenseitige Beratung in Klein- 
und Großgruppen als Entscheidungshilfe für die tägliche Praxis 


- 7o - 


erforderlich. 
Die Wahrnehmung der Unterschriftsbefugnis für den laufenden Schrift- 


verkehr durch den sachbearbeitenden Sozialarbeiter  - siehe auch 
AGA I 4.4.16.8. (4) und 3.6. - seit 1970 war beispielsweise ein 
anderer Schritt der Sozialarbeiter..... in diese Richtung. Sie 


lóste Diskussion auf breiter Ebene und Veránderungen in den üb- 
rigen Sachgebieten Familienfürsorge aus. 

Einstellung und Stellung der Sachgebietsleitung konnten von die- 
sem Prozeß nicht unberührt bleiben. Sie mußten sich zwangsläufig 
mitverändern nicht zuletzt, weil dies sonst ein Ignorieren wesent- 
licher Aussagen anerkannter Fachwissenschaftler und Praktiker 
(z.B. Horst Eberhard Richter, Prof. Dr. med. Dr. phil. z.Zt. ge- 
schäftsführender Direktor des Zentrums für psychosomatische Medi- 
zin Justus-Liebig-Universität, Gießen, in seinem Buch: Flüchten 
oder Standhalten, Rowohlt-Verlag, Hamburg, 1976 - Auszug siehe 
Anlage) bedeutet und somit der modernen Entwicklung nicht Rech- 
nung getragen hätte. Außerdem würden notwendige Konsequenzen aus 
Fortbildungen, die die Stadt Frankfurt größtenteils initiiert und 
vor allem finanziert (Heimler-Kursus, Funkkolleg "Beratung in der 
Erziehung", Kurse des Deutschen Vereins usw.) nicht gezogen. 





b) speziell 


Der Veränderungsprozeß führte in letzter Zeit - und zwar vor der 
ergangenen Anordnung - bei einer Mehrheit der Arbeitsgruppe zu 
der Überlegung, die täglich wechselnde Vertretung durch eine auf 
ein viertel Jahr befristete abzulósen. (Regelungen dieser Art wer- 
den auch in anderen Organisationseinheiten praktiziert). 


Zusammenfassung 
Als Sachgebietsleitung unterstütze ich - nun auch nach ergangener 


Anordnung - diese vernünftige Regelung. Die Last der nicht ewoll- 
ten Vertretung würde somit den einzelnen Sozialarbeiter nur für einen 


überschaubaren Zeitraum treffen. 

An wesentlichen Entscheidungen wáren ohnehin stets mehrere Mitarbei- 
ter beteiligt. 

Ich unterstütze ferner den Wunsch der Kollegen nach einem Gespräch 
über diese auch für den Umgang mit Klienten entscheidenden Grundsatz- 


fragen sozialer Arbeit. 





N.S. Ich bitte um Weiterleitung der in Anlage beigefügten Exemplare 
an die Fachamtsleiter und den Personalrat." 


Anlage: Auszug "Flüchten oder Standhalten"S. 233/234 


Jedenfalls bleibt es eine erste Bedingung für eine Humanisierung der 
Arbeit an der Basis, daß hier der Spielraum für Selbstbestimmung und 
Mitbestimmung erweitert wird und daß sich die Gruppen auf den ver- 
schiedenen Stufen der Hierarchien nicht gegenseitig bzw. selbst von- 
einander isolieren. Dabei ist es ein traditioneller Fehler, diese 
Forderung ausschließlich im Sinne eines Opfers zu verstehen, das die 
Privilegierten auf den höheren Rangstufen zu erbringen hätten. Wie 
in Kapitel lo dargelegt wurde, liegt es ja auch im unmittelbaren per- 
sönlichen Interesse der Menschen in den gehobenen Rängen, weiterhin 
in Aufgabenbereiche der Basis integriert zu bleiben. Deshalb wurde 
ja auch z.B. für die Aufsteiger in sozialen Berufen empfohlen, sich 
nicht ausschließlich auf überwachende und managende Aufgaben zurück- 


-71- 


zuziehen, sondern weiterhin an der Praxis der Klientenversorgung 
teilzunehmen. 


Aber natürlich kann keiner alles machen. Und es wáre ein hóchst nai- 
ver Gedanke, Hierarchieprobleme durch den Vorschlag vermindern zu wol- 
len, daß Aufsteiger zusätzlich zu den neuen Verantwortlichkeiten hó- 
herer Positionen auch immer noch das weiter tun sollten, was sie vor- 
her in den niederen Chargen gemacht hatten. Vordringlich bleibt die 
Forderung, bessere Verantwortungsaufteilungen durch Mitbestimmungs- 
reformen zu erwirken. Und dabei kommt es natürlich darauf an, daß 

die Mitbestimmungslösungen sich nicht auf eine Einflußerweiterung 

von Funktionärsorganisationen beschränken in welche von der Basis der 
Betrieb aus nur ganz ungenügend hineingewirkt werden kann. 


Der Sozialarbeiter wird sich abgewóhnen, in jedem Fall die äußeren 
materiellen Bedingungen als das allein maßgeblicher Übel anzusehen, 
und der Lehrer wird nicht mehr denken, daf nur überall die rechte 
Lern- und Leistungsmotivation andressiert und ausgeschópft werden 
müßte. Auf jeden Fall werden alle erkennen, daß man bei psycho- 
sozialen Schwierigkeiten nicht einen bestimmten Teilbereich eines 
Individuums, ja nicht einmal die Einezlperson allein für sich sehen 
sollte, sondern daß man jeden Klienten im Gefüge seiner sozialen Be- 
ziehungen zu verstehen und seine Probleme in diesem komplexen Zusam- 
menhang anzugehen hat. Diese Erkenntnis schürft umgekehrt wieder den 
Blick für die Notwendigkeit sich untereinander stürker als bisher zu 
verbünden, weil der einzelne nicht sämtliche miteinander verknüpften 
Teilaufgaben lösen kann. Sofern also jemand theoretisch akzeptiert, 
daß die meisten psychosozialen Störungen auf einem multiplen Zusam- 
menwirken von innerpsychischen und sozialen Bedingursen beruhen, wird 
er es nicht mehr aushalten, sich in seinem ursprünglichen Spezialsek- 
tor abzukapseln und einzelgängerisch weiterzuarbeiten. Es wird ihn 
danach drängen, seine Möglichkeit in Kooperation mit Kollegen er- 
gänzender Berufsgruppen zu erweitern. Also: Wer die komplexe Ganz- 
heitlichkeit der zu bearbeitenden äußeren Probleme wiederherstellen 
möchte, der wünscht zugleich, sich slebst bzw. die eigenen Wirkungs- 
möglichkeiten durch Gruppenkooperation zu verstärken. Dabei geht es 
nicht nur um die Chance, daß jeder einzelne durch die Zusammenarbeit 
seine äußere Effektivität steigern bzw. qualitativ erweitern kann, 
sondern daß er zugleich auch innrlich seine Ganzheit in dem Grade 


wiederzugewinnen vermag, in dem seine Arbeitsperspektive an Voll- 
ständigkeit gewinnt, 


Der Mensch kann in sich nur die Ganzheit abbilden, die er in seinen 
äußeren Bezügen verwirklicht........ 


vlt, OT Au 9 € 9 


REFLEXION IST BESSER ALS RESIGNATION 


® Juni 1978 


Das Dezernatsverwaltungsamt beantragt beim Hauptamt die Höhergrup- 
pierung der Sachgebietsleiter, Position nach BAT III. Die Position 
des stellvertretenden Sachgebietsleiters soll nach BAT IV a ange- 
hoben werden. 


Wir hoffen, daf es uns gelungen ist darzustellen, wie sich die all- 
tägliche Repression im Detail äußert, Es gilt, die Handlungs- und 
Denkweise der Entscheidungsgewaltigen zu entlarven, lernen zu sehen 
und zu hören. 


- 72 - 





Man kann ziemlich sauer werden oder deprimiert, oder das alles reich- 
lich lächerlich finden, für Unbeteiligte mag es ungemein erheiternd 
sein, für uns Beteiligte war und ist es dies nicht. Beim Zusammen- 
stellen der Dokumentation wurde uns das bewußt, weil unsere Nach- 
giebigkeit, unsere Kompromisse, unsere Feigheit offenbar wur- 

den - allerdings auch unsere Ohnmacht gegenüber dem Apparat. Wir sind 
"denkende Arbeitnehmer". Wir haben eine Funktion zu erfüllen, die 
andere vorher festgelegt haben. Da läuft nicht viel mit Kreativität 
oder Spontanität. Wer ohne Vorstellung von hierarchischen Entschei- 
dungsstrukturen in den Apparat geht, hat Illusionen und wird zwangs- 
läufig frustriert. Es gilt durchzuhalten. Es gibt nämlich Zwänge, 

zu leben, zu arbeiten, zu fressen und den ganzen Rest. 





ZWANZIG De 


RANDGANGE DER PÄDAGOGIK 







- Yok ar or. 
BERATUNG IN DER KRISE 2*4 
SEFT 9 OKTOBER 1978 py 
circa 150 SEITEN 5 DM 
Die Entwürfe von Beratungskonzeptionen Tür die Bereicne Schu- 
le,Studium,Familie,Politik,xecht,Gesundheit usw. nehmen stän- 
dig zu.In dieser Ausgabe Ger Zeitschrift SINUNDZWANZIG soll 
dem Verdacht nacngegangen verden,da3 diese Ausweitung der 3e- 
ratung als Strategie der Krisenbewültigung nicht funktioniert. 
Vielmenr scheint sie dahin zu tendieren,durch Verstärkung der 
Abhängigkeit des zu Beratenden dessen Kompetenzverlust zu ver- 
grógern.Somit läuft Beratung Gefahr,die Krisen,cie sie beheben 
will,unbeabsichtigt zu forcieren. 


WEITERE HEFTE: 
DIE KRISE DES SUBJEKTS 
Heft 7 Januar 1978, 170 Seiten DM 6,-- 


AUTOBIOGRAPHIEN: ERZIEHUNGSGESCHICHTEN 
Heft 8 Juli 1978, 208 Seiten, DM 6,-- 


VERLAG: GUTTANDIN & HOPPE 
VERTRIEB: PROLIT—BUCHVERTRIEB, 6304 LOLLAR 





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Thema 








Arbeitsfeld Sozialarbeit, München 
NUR DIE GANZ “AUFRECHTEN” HALTEN DURCH! 
— Sozialarbeit und gewerkschaftliche Organisierung in der OTV-München - 


ENTWICKLUNG DER ABTEILUNG SOZIALARBEIT IN DER ÖTV 


Die Abteilung Sozialarbeit in der ÜTV wurde mit dem Auftrag die Tä- 
tigkeitsmerkmale für den BAT mitauszuarbeiten vom Bundesvorstand der 
ÖTV ins Leben gerufen. Die Abteilung Sozialarbeit gehört zur Abtei- 
lung Gemeinde-Beamte und Angestellte. In der Fachgruppe sind die So- 
zialarbeiter über ihr Berufsfeld und nicht wie sonst im DGB üblich, 
über der Betrieb organisiert. Die Arbeitsbereiche und auch die in- 
haltlichen Probleme sind in der Sozialarbeit sehr unterschiedlich, 
ebenso vielfältig und differenziert ist die Trägerlandschaft. 

Bis 1974 waren in der Fachgruppe Erzieher und Sozialarbeiter organi- 
siert, dann spaltete sich die Gruppe in die "Fachgruppe Soziale 
Dienste" und die "Fachgruppe Erziehungsdienst". Differenzen zwischen 
fortschrittlichen und traditionellen Sozialarbeitern wurden vom Kreis- 
vorstand genutzt, um die Gruppe zu spalten. Nur noch die Mitglieder- 
versammlungen wurden in einem Zeitabstand gemeinsam abgehalten. 
Nachdem die Führung der ÖTV dazu übergegangen war, in den Bereich 


der kirchlichen Mitarbeiter vorzustoßen, kam die"Fachgruppe Kirch- 
liche Dienste" dazu. 


In der Münchener "Fachgruppe Soziale Dienste" arbeiten Kollegen 

aus Klein-, Mittel- und Großbetrieben mit. Die Teilnehmer kamen z.B. 
aus dem Jugendamt, der Familienfürsorge, der Jugendgerichtshilfe, 
der GWA, den Wohlfahrtsverbänden und anderen kleinen Verbänden. 

Bis Mai '78 traf sich die Fachgruppe monatlich. Ab Mai '78 trifft 
sie sich alle zwei Monate. Im Durchschnitt waren es bisher 2o bis 

Jo Personen, von denen etwa lo Personen die Kerngruppe bildeten, der 
Rest bestand aus Sozialarbeitern, die ein- oder zweimal "vorbei- 


schauten", dann aber wieder weg blieben, d.h. daß ca. 2/3 der Teil- 
nehmer jeweils "neu" waren. 


Der Fachgruppenvorstand wurde 1974 für vier Jahre gewählt und setzt 
sich aus fünf Kollegen zusammen. Nur er kann Sitzungen an- und ab- 
sagen, ebenso müssen alle Beschlüsse über den Vorstand laufen, sie 


werden dann von ihm an den Sekretür bzw. an den Kreisvorstand wei- 
tergeleitet. 


ARBEITSSCHWERPUNKTE 


Jedes Jahr arbeitete die Fachgruppe bei der Erstellung der tarifli- 
chen Forderung mit, Berufsverbotsfälle wurden mehrmals diskutiert, 
das Papier der Kommunalen Spitzenverbände besprochen, der |. Mai 

zum Teil vorbereitet und Probleme aus dem Fachhochschulbereich so- 
wie aus den Betrieben vereinzelt angesprochen. Z.B. besprach man die 
Situation der Kollegen aus dem Amalie-Nacken-Heim, die fristlos ge- 


- 74 - 


kündigt worden waren, die Übergabe der Arbeiterwohlfahrt-Jugendein- 
richtungen an den Kreisjugendring, die Umorganisierung im Jugendamt 
sowie in der Familienfürsorge, die Pressekampagne gegen den Kreis- 
jugendring und die Einstellungspraxis bei Überprüfungen auf "Ver- 
fassungstreue", 

Das Jugendhilferecht wurde in Ansätzen problamatisiert und jedesmal 
wurden die bekannten offenen Stellen mitgeteilt. Informiert wurde 
auch über Seminartermine, Demo-, Versammlungs-, Vertrauensleute- und 
Betriebsratswahltermine. 

Auf Vorschlag des Vorstandes bildeten sich jedes Jahr erneut Arbeits- 
gruppen zu Schwerpunktthemen s.0., es wurden jedoch selten konkrete 
Arbeitsergebnisse wieder in die Fachgruppe eingebracht, da die Grup- 
pen in der Regel an der mangelnden Motivation einschliefen. 


ERGEBNISSE 


Die Zahl und Vielfalt der Themen erscheint zunächst beeindruckend, 
die Diskussionen blieben jedoch an der Oberfläche und brachten für 
die Kollegen keine direkte Hilfe. Die langatmigen Diskussionen führ- 
ten nie zur gemeinsamen Aktion. : 
Informationen wurden in der Regel nur von Kollegen, die in kleinen 
Einrichtungen starkem Druck ausgesetzt waren, eingebracht. Informa- 
tionen aus "Monopolinstitutionen" wurden offensichtlich zurückge- 
halten, obwohl einige Vorstandsmitglieder aus diesen Institutionen 
kamen. , 
So brachten die Kollegen der Jugendeinrichtungen der Arbeiterwohl- 
fahrt ihr Problem - nämlich die "Verschacherung" der Einrichtungen 
ein. Es wurde diskutiert, lamentiert und bedauert. Für die Fach- 
gruppe denkbare Schritte, wie z.B. eine Stellungnahme des Fachgrup- 
pen-Vorstandes an den Arbeiterwohlfahrts-Vorstand, die Problemati- 
sierung der Monopolisierung der Jugendarbeit durch den Kreisjugend- 
ring in der Öffentlichkeit, passierten nicht. 
Ahnlich erging es den wenigen studentischen Mitgliedern der Fach- 
gruppe, diese haben zahlreiche Anläufe unternommen, um Unterstützung 
von den Praktikern zu bekommen. Beispielsweise in der Frage der ge- 
werkschaftlichen Orientierung von Sozialarbeitér-Studenten oder in 
der Unterstützung durch die ÖTV bei Ausbildungs- und Praktikanten- 
problemen. Sie wurden in Arbeitskreise abgedrüngt mit dem Auftrag 
ihre Forderungen zu konkretisieren; ihre Ergebnisse wurden — 
verbal gutgeheißen, zu einer aktiven Unterstützung bei der Durcnse 
zung ihrer Forderungen fühlte sich niemand verpflichtet. | $ 
Nicht erfolgreicher verliefen die Tarifdiskussionen. Dex — en 
penvorstand hat die Tarifdiskussionen nie forciert, erst pus 7 
Initiative einiger Kollegen wurde die Tarifdiskussion, durch pə 
Erarbeitung umfangreicher Diskussionsmaterialien, eingeleitet. n 
Auseinandersetzungen verliefen jeweils im Sande weil: l - 
€ der Fachgruppen-Vorstand Arbeitsaufträge, wie die Weitergabe e 
Diskussionspapiere und Beschlüsse, unter Berufung auf die gewer 
schaftliche Hierarchie, nicht ausführte. E 
€ der Sekretür bei der Ausführung und Weitergabe der Beschlüsse auf 
"Tauchstation" ging A 
€ und der Kreisvorstand jede Weitergabe der Informationen an andere 
Fachgruppen durch Verbot, ohne Begründung, verhinderte. Er konnte 
dafür,ebenso wenig wie der Sekretär, zur Rechenschaft gezogen werden. 


= 15 = 





...——A,AASAO2S-A—--—-.-..........—.uumms m uu umumu sm nmmansnıınsıssumuxuuzxxıxıuı x sgunumumumumuuuuuNuuuuN.... ıı 


In einer Mitgliederversammlung wurde zu guter Letzt den Sozialarbei- 
tern mitgeteilt, daß sie nur Empfehlungen zu tariflichen Forderungen 
aussprechen dürften, d.h. daß ihre Forderungen bei der Errechnung 
keine Rolle spielen. War die Tarifdiskussion für die Fachgruppen- 
Besucher auch wichtig, damit sie im Betrieb Informationen weiterge- 
ben konnten, so blieben doch die Beschlüsse über die Hóhe der For- 
derungen ohne praktische Konsequenzen. Die Diskussionen über gemein- 
same Kampfformen zur Durchsetzung der tariflichen Forderungen wur- 
den kaum geführt, schon garnicht realisiert. 


EINSCHATZUNG 


Diese Situation wurde in der Fachgruppe von vielen Kollegen als un- 
befriedigend empfunden, eine weitere Mitarbeit in der Fachgruppe 

als sinnlos angesehen. 

Äußerungen wie folgende waren nicht selten: Die Fachgruppe ist ein 
Stammtisch, Bestätigungsrunde für Leute, die sich gerne reden hören, 
ständige Programmformulierung mit darauffolgendem Desinteresse, kei- 
ne praktischen gemeinsam durchgeführten Aktionen, kein Rückbezug zur 
Arbeitnehmerschaft im Betrieb, dadurch keine Verpflichtung, Ergebnis- 
se mitzuteilen oder Forderungen durchzusetzen; die meisten Beschlüs- 
se oder Stellungnahmen landen irgendwo im Papierkorb, keiner frägt 


nach, was geschieht, keine Anstöße für die praktische Betriebsar- 
beit etc. 


WIR (Genossen aus dem Arbeitsfeld Sozialarbeit im Sozialistischen 
Zentrum) wollten nicht gleich resigniert die Fachgruppe verlassen, 
sondern versuchten, dieses Unbehagen näher zu hinterfragen. Neben 
kontinuierlicher Mitarbeit in der Fachgruppe wurden noch Protokolle 
geführt, so daß eine mehrjährige Fachgruppen-Arbeit ausgewertet wer- 
den konnte, 

Nachdem wir anfänglich die Situation in der Fachgruppe als verbes- 
serungsfähig betrachteten (durch bessere Vorbereitung, fundierte Ar- 
gumentetation, Übernahme von Arbeit und Verantwortung), ergab die 
verstärkte Auseinandersetzung mit den strukturellen Bedingungen in- 
nerhalb der ÖTV und der Fachgruppe, daß in eben dieser Struktur ei- 


ne wesentliche Ursache für die unbefriedigende Situation der Fachgrup- 
pe liegt. 


STRUKTURELLE MERKMALE DER FACHGRUPPE 


€ Die Fachgruppe ist ein Auffangbecken für Sozialarbeiter, die in 
einzelnen Dienststellen zerstreut sind. Die Kollegen kommen als 
Individuen, sie brauchen keine Rückbindung an den Betrieb und ha- 
ben keinen Arbeitsauftrag. Folglich bleibt alles im Rahmen einer 
gewissen Unverbindlichkeit. 

6 Fehlende Betroffenheit var das Resultat von stark unterschiedli- 
chen Einsatzbereichen als Sozialarbeiter. Die Gemeinsamkeiten 
bestanden in der gemeinsamen Berufsbezeichnung, ähnlicher Ausbil- 
dung und dem abstrakten Interesse an gewerkschaftlicher Arbeit. 
Über unverbindliche Resolutionen ging die Arbeit nicht hinaus. 

€ Beschlüsse zu irgendwelchen Konflikten bleiben moralische Appelle, 
wenn nicht konkrete Unterstützung aus der Fachgruppe heraus folgt. 


- 76 - 


Durch fehlende Verankerung im Betrieb steht aber hinter der Fach- 
gruppe keine reale Macht. Von Seiten der Gewerkschaftsführung ist 
der Fachgruppe keinerlei Funktion hinsichtlich Betriebsarbeit zu- 
gedacht. 





fino traurig SCHER e 


wo Soll das no 


hinfü ven Zİ 

6 Die Fachgruppe ist innerhalb der gewerkschaftlichen Hierarchie vól- 
lig unbedeutend. Sie kann jederzeit vom Kreisvorstand stillgelegt 
werden (vgl. Frankfurt und Berlin). Über die Fachgruppe ist kein 
Aufstieg in die gewerkschaftliche Hierarchie móglich. So konnte 

in der ganzen Zeit z.B. nie eindeutig geklärt werden, ob die Fach- 
gruppe nun einen Delgierten in die Kreisdelegiertenkonferenz wäh- 
len kann oder nicht, gewählt wurde jedenfalls nie; (und die Dele- 
gierten wählen z.B. den allmächtigen Kreisvorstand!). 

Durch die starre Hierarchie in der Gewerkschaft kann nur wenig 
nach oben dringen. Ein Beschluß der Fachgruppe kann schon durch 
den eigenen Fachgruppen-Vorstand boykottiert werden, aber auch vom 
zuständigen Gewerkschaftssekretär und auf jeden Fall vom Kreisvor- 
stand; dieser ist nicht einmal zu einer Begründung verpflichtet 
(8.0, Tarifkonflikt). 

Das heißt letztlich: sämtliche Beschlüsse einer Fachgruppe können 
einfach im Papierkorb landen, wenn sie dem Kreisvorstand nicht pas 
sen! 

Die Fachgruppe ist nur sehr beschränkt ein Gremium, in dem eine 
Wenn man von einem Po- 


politische Diskussion entfacht werden kann. 
litikverständnis ausgeht, daß politische Aktion als Ausdruck einer 
Basisaktivität begriffen werden soll, so ist die Fachgruppe eın 
ungünstiger Ort. Wie oben gesagt,kommen die Kollegen als isolier- 
te Individuen und es läßt sich eigentlich kaum eine gemeinsame Ba- 
sis ausmachen. Wenn aber die Fachgruppe kein Ort einer Basisver- 
tretung ist, so kann man darin eigentlich nur Stellvertreterpolı- 
tik betreiben, oder Funktionärsposten ergattern und eine dement- 
sprechende Politik machen. 

Beim konstanten Stamm der Fachgruppe Soziale Dienste waren die po- 
litischen Fronten eh schon abgeklärt, so daß die politischen Dis- 


. D D : > a A 1 ^ -— 
kussionen zum Zeremoniell geworden waren (Reduzierung auf Positions 


darlegung). Selbst der erhoffte Informationsfluß findet oft nicht 
statt aus taktischen Gründen oder politischer Rücksichtnahme. 
Diskussionen mußten auch deshalb notwendigerweise an der Oberfläche 
bleiben, da es gefährlich in der Gewerkschaft ist, Positionen ein- 
zubringen, die über SPD- und DKP-Politik hinausgehen, Dies hat ein 
massives Mißtrauen und eine weitgehende Zurückhaltung zur Folge 





Gevverkschaftsarbei 


Thema 





unter den Kollegen in der Fachgruppe. 

è Dieses unausgesprochene Seilziehen hinter den Kulissen muß notwen- 
digerweise für jeden neu hinzukommenden Kollegen unverständlich 
sein oder nur schwer zu durchschauen sein. Entpolisierung und Resig- 
nation können eine logische Folge sein und somit Ursache für die 
riesige Fluktuation. 

€ Unter solchen strukturellen und politischen Bedingungen in der 
Fachgruppe mußten auch die zahlreichen Versuche, so komplexe The- 
men wie z.B. Entwurf des neuen Jugendhilfegesetzes, Neuorganisation 
der Sozialreferatsstruktur der Stadt München etc. zu erarbeiten, 
notwendigerweise scheitern. 


NUR DIE GANZ *AUFRECHTEN" HALTEN DURCH ... 


Aufgrund dieser strukturellen Situation der Fachgruppe Soziale Dien- 
ste haben lediglich die Kollegen "überlebt", die entweder aus noch 
ziemlich unbestimmten Gründen (abstrakter Anspruch) oder aus sehr 
konkreten Gründen (Parteiauftrag, politische Gruppe etc.) an der 
Fachgruppen-Arbeit interessiert waren; oder auch Kollegen, die sich 


einfach einen bestimmten Posten als Gewerkschaftsfunktionär erhoff- 
ten oder behalten wollten. 


Folgende Konsequenzen sind daraus zu ziehen: 

6 In der Fachgruppe konnten und können wir nur in sehr beschränktem 
Maße gewerkschaftliche Forderungen aufgreifen und durchsetzen. 

€ Die Basis gewerkschaftlicher Organisierung ist der Betrieb. Hier 
kónnen gemeinsame Interessen unmittelbar ausgedriickt und durchge- 


setzt werden. Dies gilt auch für die meisten Betriebe, in denen 
Sozialarbeiter tätig sind. 


Ein Problem in diesem Bereich bilden die vielen Kleinbetriebe. Wir 
finden es daher für wichtig, Klarheit über die mögliche Organi- 
sierung der Betriebsarbeit in den Kleinbetrieben zu bekommen. Diese 
Diskussion und die dabei notwendige Hilfestellung sollten im Rah- 
men der Fachgruppe Soziale Dienste durchgeführt werden. 

Ob ein stärkerer Informationsaustausch über die Betriebsarbeit in 
der Fachgruppe laufen wird oder kann, wird sich noch zeigen. Die 
Erfahrungen sprechen bisher eher nicht dafür, 

Anders verhält es sich mit der Fachgruppe Kirchliche Dienste, wo 
eine gemeinsame Kampfebene aus den unterschiedlichsten kirchlichen 
Betrieben besteht. Hier geht es nämlich überhaupt erst einmal um 
die Durchsetzung von Tarifverträgen, Personalvertretungs- oder Be- 
triebsratsgesetz, Bearbeitung von Problemen des Tendenzschutzes etc. 


Auch der Kreisfrauenausschuß stellt eine überbetriebliche Ebene dar, 
auf der gemeinsame Forderungen formuliert werden können. 


ABER: BETRIEBSARBEIT IST KEIN ALLHEILMITTEL 


Daß die Betriebsarbeit einen primären Stellenwert hat, wurde in - 
zwischen auch von der Fachgruppe Soziale Dienste (und den darin 
vorhandenen heimlichen und offenen Fraktionen) "formuliert". Um mehr 
Zeit für Betriebsarbeit zu haben, trifft sich deshalb die Fachgruppe 
Soziale Dienste nur noch alle 2 Monate und sie soll vor allem ein Ort 


- 78 - 


von Erfahrungsaustausch über Betriebsarbeit sein. 





Warum allerdings plötzlich von allen Seiten eine verstärkte Betriebs- 

arbeit propagiert wird, hat verschiedene Gründe. 

€ betriebsarbeit kann gemacht werden zur Mobilisierung und Vertretung 
der gemeinsamen Interessen der Kollegen; 

€ Betriebsarbeit ist aber auch eine Möglichkeit, Funktionärsposten 
zu ergattern. 

Beide politischen Strategien unterscheiden sich grundsätzlich, auch 

wenn an der Oberfläche die gemeinsame Betriebsarbeit betont wird, 

Von einer ausschließlichen Betonung gewerkschaftlicher Betriebsar- 

beit muß noch aus einem anderen Grund gewarnt werden: 

Ə Betriebsarbeit darf nicht aus Flucht vor den inhaltlichen Proble- 
men der Sozialarbeit gemacht werden. Wir halten im Bereich der So- 
zialarbeit eine Politik für falsch, die sich ausschließlich auf die 
betriebliche und gewerkschaftliche Durchsetzung der eigenen Arbeit- 
nehmerinteressen bezieht (wie dies von der DKP weitgehend prakti- 
ziert wird). | 


Sozialarbeit hat eine politische Funktion, ob man sie für wichtig 
hält oder nicht, Die Arbeitnehmerinteressen des Sozialarbeiters und 
die des "Klienten" sind nicht identisch. Eine Durchsetzung der Arbeit- 
nehmerinteressen des Sozialarbeiters hat deshalb nicht schon von 
sich aus eine positive Bedeutung fiir den Klienten. Beim Sozialar- 
beiter sind z.B. an seine Arbeitszeit auch Bedingungen geknüpft, un- 
ter denen sich der "Klient" bewegen muß, ob dies z.B. die Amtszeit 
oder die Öffnungszeiten des Freizeitheimes sind. 

Der Sozialarbeiter ist an der genauen Einhaltung seiner Arbeitszeit 
interessiert, der Jugendliche an den langen Öffnungszeiten des Frei- 
zeitheimes, um seine Reprodtukionsbedürf nisse zu befriedigen oder 
um Interessen und Initiativen aufbauen zu können. 

Deshalb ist eine Vernachlässigung des Inhalts der Arbeit nicht móg- 
lich. Besonders in der momentanen Phase zunehmender staatlicher Re- 
pression, die sich auch im Sozialbereich niederschlügt, scheint uns 
diese Fragestellung wichtig: 


- 79 - 


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Thema 








Welche politischen Funktionen übe ich als Sozialarbeiter konkret 
aus, wo bin ich durch meine a Tätigkeit ein Glied der 
staatlichen R i kette. : 
Wer längere bn ön due Sozialarbeit arbeiten (und überleben) will, 
muß sich diesen Fragen stellen. Oder er verfällt in einen totalen 
Zynismus und in ein Desinteresse gegenüber seiner Arbeit und somit. 
auch gegenüber den Leuten, mit denen er es zu tun hat; oder er steigt 
nach einer gewissen Zeit aus der Arbeit aus. 

Hier soll keineswegs einem linken Caritativismus das Wort geredet 
werden. Es geht uns lediglich um eine ehrliche Auseinandersetzung 
zwischen unseren Interessen als Arbeitnehmer und den Inhalten, An- 
sprüchen und Möglichkeiten unserer Arbeit. 


Zudem ist eine glaubhafte Betriebsarbeit wohl auch den Kollegen 
gegenüber nur sehr schwer zu Vertreten, wenn man ein zynisches Ver- 
hältnis zu seiner Berufspraxis hat, d.h. die Glaubwürdigkeit am 
Arbeitsplatz läßt eine Trennung von Betriebspolitik und Job nicht zu. 


WEITERE PERSPEKTIVEN UNSERER GRUPPE 


Wir haben hier den momentanen Diskussionsstand unserer Gruppe wieder- 
gegeben. 

Wir haben eine relativ klare Einschützung über die Arbeit in der 
Fachgruppe und werden in der Fachgruppe in beschrünktem Mafie auch 
weiter mitarbeiten. 

Wir haben noch keine klare Einschützung und wenig Erfahrungen über 
die Möglichkeiten der Betriebsarbeit und dem Problem der Vereinbar- 
keit von Arbeitnehmerpolitik und den inhaltlichen Problemen und Funk- 
tion der Sozialarbeit. 

An diesem letzten Punkt wollen wir weiterarbeiten. 

Wir wollen herausfinden, wie und in welchem Rahmen eine Auseinander- 
setzung um inhaltliche Fragen der Sozialarbeit und unseren Arbeit- 
nehmerinteressen geführt werden kann; (in der Gewerkschaft kann dies 
momentan kaum geschehen). 

Das heißt dann auch, daß zumindest in Teilbereichen eine politische 
Linie der Sozialarbeit herausgearbeitet werden muß, um nicht ständig 
hilflos dem staatlichen Zugriff ausgeliefert zu sein. 

Für uns ist es auch die Frage, wie eine Sozialarbeit und eigene Ar- 
beitnehmerinteressen zu vereinbaren sind, ohne daß wir dabei vor die 
Hunde gehen. 

Wir hoffen, daß wir bis zum Herbst einige Fragestellungen und Per” 
spektiven konkretisiert haben. Wir werden uns dann wieder melden 

in der Erwartung, daß viele Kollegen und Genossen an einer gemein- 
samen Arbeit mit uns interessiert sind. 






TAGUNGSHINWEISE — TAGUNGSHINVETSE 







Aus Platzgründen müssen wir diesmal leider auf die Tagungshinweise 
und den Materialteil verzichten. Wer sich dennoch aktuell informieren 
will, lese den monatlich erscheinenden Kleinanzeigenteil in der “links”. 


Über die Tagungen der AG SPAK informiert der SPAK-Tagungskalender 
| Anfordern bei: AG SPAK, Belfortstr. 8, 8 München 80 





|. ZUR GESCHICHTE DER ARBEITERBEWEGUNG 








— SOZIALISTISCHE LINKE NACH DEM KRIEG 





Beiträge von Fritz Lamm und anderen * Aus- 
|». wahl der Zeitschrift "funken" (1950 - 1959) 
— okAls Beitrag zu einer kritischen Geschich- 

te der SPD nach 1945 und über die Entwick- 
lung der sozialistischen Bewegung bis 1960 






Reihe ZUR GESCHICHTE DER ARBEITERBEWEGUNG 
Heft 3 x August 1978 k Preis zehn Mark 

















links 


Sozialistische Zeitung 


bringt monatlich auf etwa 28 Seiten Informationen und Anregun- 
gen für die politische Arbeit, Beiträge zur sozialistischen Theo- 
rie und Strategie, Berichte aus der Linken international. „links“ 
ist illusionslos, undogmatisch — eine Zeitung für Theorie der 
Praxis und für Praxis der Theorie. 

Einzelpreis DM 2,—. 

Bezugspreis, jährlich, DM 22,— + DM 6,— Versandkosten 


CXDIC SS 








Zeitung für SN Set 
Betriebs - und i 
Gewerkschaftsarbelt 


Sprachrohr der Kollegen und Genossen, die sozialistische Be- 
triebs- und Gewerkschaftsarbeit machen. Informationen über 
die Auseinandersetzung zwischen Kapital und Arbeit. Beitrag®, 
die man nicht in den Gewerkschaftszeitungen findet. 
Einzelpreis DM 1,20. 

Bezugspreis, jährlich, DM 14,— + DM 6,— Versandkosten 


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