• Jahrespraktikant (nur mannlich), Erzieher, Sozialarbeiter o. Sozial-
padagoge mit handwerkl ichen oder medienpadagogischem Interesse flir
Kinderheim mit 12 Platzen ab Herbst 1978 gesucht. Kinderhaus e.V.
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/
ARBEITS-/WOHN- UND FREIZEITKONTAKTE
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standnispapier schicken wir gerne zu. Alwine Thesing-Dittmar, An
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Rehabilitation, Arndtstr. 8, 4800 Bielefeld 1.
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schen" ausgebildeten Landwirt(in) , die/der bereit ist, ein Projekt
mit aufzubauen, in dem versucht wird, Landwirtschaft und Kinder-/
Jugend- und Sozialarbeit rauml ich zu koordinieren. Christoph Bbhm,
Leonhardstr. 30, 33 Braunschweig, Tel. 0531/794451.
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Praxis anstreben und evtl. Erfahrungen in der politischen Bildungs-
und Medienarbeit haben. Herbert Effinger, Elbchaussee 18, 2000 Ham-
burg 50, Tel. 040/3900640
MATER1ALIEN GESUCHT
• Jugendstrafvollzug/Sozialarbeit in und auBerhalb von Anstal ten;Un-
kosten werden erstattet; Giinter Hoffmann, Blilowstr. 11, 294 Wilhelms-
haven.
I Jugendarbeitslosigkeit und Kirche (speziell im Rheinland); Unkosten
werden erstattet. Ottmar Baumberger, Madergasse 3 74 Tubingen.
• Abweichendes Verhalten und Kriminal itat von Frauen. Unkosten werden
erstattet. Susanne Keckeisen, Relenbergstr. 68, 7 Stuttgart 1.
I Sozial politische Arbeit im Knast - Erfahrunaen mit den Repressionen
vori ehrenamtl ichen Helfern und Gruppen. Michael Bauer c/o AG SPAK,
Belfortstr. 8, 8 Munchen 80.
INFORMATIONSDIENST
Mici-.
SOZIALARBElf X
20o
***~w.
O h,
Ausserdem: Jugendzentrumsbewegung 1971-1977 *
Frauenforschung/-praxis * Jugendhilfetag *
Gerichtsurteile: Honorarkrafte in der Sozialarbeit und
in Sachen Ring Biindischer Jugend *
Offenbach im Juni 1978
Einfachnummer - Preis DM 7,--
/17-J2.
INFO SOZIALARBEIT , HEFT 20
INHALT
Vorbemerkung zu dieser Ausgabe
Riidiger Baron, Westberlin
Politische Bedingungszusammenhange der Ausbildungsreform
Michael Rothschuh, Hildesheim
Ref ormpositionen werden rechtswidrig - Was wird aus
der Reform der Prufungen nach den Hochschulgesetzen?
SZ-Fachgruppe Sbzialpadagogik, Tubingen
Das Diplom - oder: Was aus dem Reform-Prof i geworden ist
Frank Duchting, Hamburg
Erfahrungen mit dem Studienbegleitenden Praktikum
Hanns Lindemann, Wiesbaden
Projektstudiengang "Sozialwesen" an der FH Wiesbaden
Tiram Kunstreich, Hamburg
Sollte man heute noch Sozialpadagoge werden?
Barbara Schulze/Jochen Schaffer
Die FHSS Berlin -
Geschichte und Perspektiven aus studentischer Sicht
AF Sozialarbeit, Miinchen
Einschrankung politischer Rechte
am Beispiel der katholischen Stif tungsfachhochscbule
Frank Duchting, Hamburg
Aufstieg und Fall einer evangelischen FHS
SB-Hochschulgruppe, Frankfurt
Zur Griindung eines
■Arbeitsfeldes der SB-Hochschulgruppen'
Albert Herrenknecht/Rainer Moritz, Wertheim
Jugendzentrumsbewegung 1971-1977
AKS Hamburg
pie Verbeamtung der Jugendverbande nicht bestatigt
- Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes in Sachen RBJ
Seite 3
Seite 5
Seite 15
Seite 27
Seite 33
Seite 39
Seite 49
Seite 58
Seite 67
Seite 71
Seite 75
Seite 79
Seite 93
Waltraut Maas, Ludwigshafen
Honorarkraf te sind nicht vollig rechtlos
Seite 97
Monika Jaeckel, Miinchen
Verein fiir sozialwissenschaf tliche Frauenf orschung/
-Praxis gegriindet Seite 1 o 1
Jugendpulitisches Forum zum 6.Deutschen Jugendhilfetag Seite loA
WORLD CUP 1978 IN yWSBWNK
VORBEMERKUNG ZU DIESER AUSGABE
Im Dezember 1976 erschien der erste Info zum Thema Ausbildung. Bei
dem damals vorangegangenen Seminar hatte sich allerdings (aus aktu-
ellem AnlaR) der Schwerpunkt "Beruf spraktikum" ergeben, so daB vie-
le Aspekte im damaligen Info Nr . 15 nicht bearbeitet wurden.
Bei einer Arbeitsf eldtagung im Herbst 1977 setzte sich daher eine Ar-
beitsgruppe zusammen, mit dem Ziel, crneut die Probleme der Ausbil-
dung von padagogischen Fachkraften auf zugreif en. Bei den Diskussio-
nen in der Vcrbereitungsgruppe und auf einem Seminar im Februar 1978
entwickelten sich folgende Schwerpunkte, nach denen auch der vorlie-
gende Info strukturiert wurde.
Ausgangspunkt ist die Analyse der derzeitigen Ausbildungsbedingungen,
die - auf dem Hintergrund der gesellschaf tlichen und der arbeitsmarkt-
politischen Situation fiir Sozialpadagogen im besonderen - zunehmend
rigider, repressiver und verschulter werden (vergl. hierzu die mitt-
lerweile z.T. schon praktizierten Empf ehiungen des Deutschen Stadte-
tages zur Ausbildung von Sozialarbeitern/padagogen) .
Aufbauend auf der Analyse werden dann in den folgenden Artikeln kon~
krete Erfahrungen in und mit der Ausbildung beschrieben- Ursprung-
lich hatten wir den Anspruch, in diesem Heft samtliche Ebenen der
Ausbildung im sozialpadagogischen Eereich (d.h. Fachschule, Fachhoch-
schule, Universitat) gleichermafien mit zu berucksichtigen. Wir mei-
nen dali gerade die Hierarchisierung im Sozialbereich einen wesent-
lichen Grund dafiir darstellt, da(5 Kollegen sich nicht fiir verbesserte
Arbeitsbedingungen in ihrem eigenen Interesse und im lnteresse der
Betroffenen einsetzen, sondern sich gegeneinander ausspielen lassen.
Schliefilich wirkt sich auch die arbeitsmarktpolitische Situation
z.Zt. so aus, da(J jeweils "hoher" qualif izierte Sozialpadagogen den
"niedriger" qualif izierten die Stellen wegnehmen; ein Problem, das
sicher nicht individuell von einem arbeitslosen Sozialpadagogen zu
losen ist! .
Herausgekommen ist aber doch wieder ein Heft, das mit Ausnahme des
Tubinger Beitrages zur Universitatsausbildung von Padagogen, lediglich
die Fachhochschulausbildung schwerpunktmafiig thematisiert . Dies ist
sicher der sozialen Zusammensetzung des Arbeitsf eldes Sozialarbeit
eeschuldet, sowie der Tatsache, da(3 es uns nicht gelungen ist, Stu-
denten und Dozenten aus dem Fachschul- und Hochschulbereich fiir das
Seminar und den geplanten Schwerpunkt zu interessieren.
Wir wollen aber in den nachsten Heften versuchen, neben dem Jewells
eeplanten Schwerpunktthema Situations- und Erfahrungsbenchte insbe-
sondere aus dem Fachschul- und Hochschulbereich zu thematisieren.
Wer daran mitarbeiten will, schreibe an das Redaktionskollektiv .
Neben dem Schwerpunktthema "Ausbildung" beschaftigt sich dieser Info
noch mit der Geschichte der Jugendzentrumsbewegung von 19/1 19//, mit
dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zum Ring Bundischer Jugend
und einem Landesarbeitsgerichtsurteil zur arbei tsrecht lichen Situation
von Honorarkraften.
internationale
m
taschenbiicherei
Riideger Baron, Westberlin
POLITISCHE BEDINGUNGSZUSAMMENHANGE
DER AUSBILDUNGSREFORM
Die Schwierigkcitcn der Ausbildungssituation an den Ausbildungsstat-
ten fur Sozialarbeiter und Sozialpadagogen in der BRD sind bis heu-
te wesentlich bedingt durch deren Aufwertung zu Fachhochschulen im
Jahre 1971, was bedeutete, dafi im Gegensatz zu den vorherigen Sozial-
akademien die Fachhochschulen - wie es im FHSG des Landes Berlin
heifit " nun "anwendungsbezogene Lehre auf wissenschaf tlicher G^und-
lage" vermitteln sollten. Dementsprechend wurde eine Anhebung des
Qualif ikationsniveaus der Lehrenden (AH 3 - AH 5-Stellen nach
§ 13a HSLG), Verleihung der allgemeinen Hochschulreif e bereits nach
AbschluB des Grundstudiums und Anhebung der Eingangsvorausset zungen
der Studenten (Fachhochschul- oder Hochschulreife) vorgenoramen.
Dahinter stand die Absicht zur Verschmelzung der beruf sprakt ischen
Ausbildungsgange mit der universitaren Ausbildung in sogenannten Ge-
samthochschulen, d.h. hier Zusammenfassung der Soziala rbei terausbil-
dung mit der Diplompadagogenausbildung zu einem Studiengang mit ver-
schieden gestaffelten Abschliissen (s. etwa Kasseler Modell).
Die Entscheidung fur den zahlenmaBigen Ausbau und die Verwissenschaf t-
lichung der Ausbildung von Sozialarbeiterrysozialpadagogen auf Fach-
hochschulebene wurde im Zuge der allgemeinen Reformphase der BRD
primar aus bildungspolitischen Griinden getroffen gegen den Wider-
stand der vorwiegend kommunalen Anstellungstrager (vgl . Happe in
der ZEIT vom 11.2.1977). Dies beschwor einen Konflikt zwischen Wis-
senschaf tlichkeit und Anwendungsorientierung herauf, der bis heute
die Studienreformproblematik beherrscht. Die Verzogerung der Anpas-
sung der Ausbildungs- und Priifungsordnungen an die neuen Qualifika-
tionsanforderungen ist Ausdruck dieser Problematik, deren Losung den
Fachhochschulen allein uberlassen wurde.
Die Problematik resultiert
1. aus dem Fehlen von wissenschaf tlich fundierten Ausbi ldungszielen
und Qualifikationsanforderungen;
was bis Anfang der 70er Jahre an Ausbildung von Sozialarbeitern ge-
leistet wurde, beschrankte sich im wesentlichen auf die Vorberei-
tung auf und die Einubung von beruf spraktischen Fertigkeiten; Vor-
stellungen von Prof essionalisierung waren noch im Anf angsstadium
und was an wissenschaf tlicher Fundierung vorhanden war, konnte noch
keinen Anspruch auf Tragfahigkeit erheben,
2. aus den mangelhaften For t schri tten der Gesamthochschulentwicklung ;
diese Voraussetzung fur eine wissenschaf tlich fundierte Ausbildung
von Sozialarbeitern/Sosialpadagogen ist von der Kultusbiirokratie _
kaum irgendwo realisiert worden. Allgemein wurde dieser Plan mzwi-
- 5 -
sehen begraben. Damit ist klar, dafl sowohl der AnschluB an die wis-
senschaf tliche Forschung nicht mehr erreicht werden kann, und daB
die Studenten beim Obergang in verwandte Studiengange erhohte Rei-
bungsverluste hinzunehmen haben, sofern der tibergang iiberhaupt noch
moglich ist.
3. aus der Anhebung der Eingangsvoraussetzungen und dem Verzicht auf
einen Beruf sbildungsabschluB bzw. ein Vorpraktikum;
die Folge war, daB immer weniger Studenten bei Antritt des Studiums
iiber Beruf serfahrungen verfugen, im Durchschnitt wesentlich jiinger
sind und von ihrem sozialen Hintergrund her weiter von den Adressaten
der Sozialarbeit/Sozialpadagogik entfernt sind als friihere Sozial-
arbeitergenerationen; das macht ihre schnelle und sichere Orientie-
rung in den vielen Arbeitssituationen im Bereich der Sozialarbeit/
Sozialpadagogik noch schwieriger, Fluchttendenzen nahmen zu.
Die Praxis ist zunehmend mit Beruf sanfangern konfrontiert, die fur
sich keine langfristige Perspektive in der staatlichen oder verband-
lichen Sozialarbeit/Sozialpadagogik sehen oder sehen wollen.
4. aus einer mangelnden Vorbereitung der Anstellungstrager auf Berufs-
anfanger, denen das BewuBtsein von der Notwendigkeit wissenschaf t-
lich-kritischer Reflexion sozialarbeiterischer Tatigkeit vermittelt
wurde, auch wenn sie diesen Anspruch in der Regel nicht einlosen
konnten;
die dem wissenschaftlichen Anspruch entsprechende Offnung der behord-
lichen und freien Praxis der Sozialarbeit/ Sozialpadagogik fur
neue organisatorische und methodi sche Ansatze kam iiber wenige Modell-
versuche nicht hinaus (vergleiche, Sozialpadagogische Korrespondenz
zur Model lbewegung und Info Sozialarbeit Nr. 5); Hoffnungen auf die
Entwicklung neuer stadtteilbezogener Tatigkeitsf elder und Berufsbil-
der fielen den ab 1975 massiv einsetzenden SparmaBnahmen zum Opfer;
Reformplane, wie in Berlin die sog. Neustrukturierung Sozialer Dien-
ste, bleiben schon in der Planung auf bloBe Verwaltungsrationali-
sierung beschrankt und im Gestriipp biirokratischer Verf lechtungen han-
gen (Buck/Miiller-Englisch, im Sozialmagazin A/1976).
Inzwischen sind die Fachhochschulen, die in den letzten Jahren end-
lich die Kapazitaten fiir eine wissenschaftliche Ausbildung entwickelt
und entsprechende Studienreformkonzepte vorgelegt haben, von zwei
Seiten unter Druck geraten, wodurch das Entwickelte wieder zunichte
gemacht zu werden droht: Es sind dies einmal die allgemeine hoch-
schulpolitische Situation, die durch ein immer massiveres Rollback
gekennzeichnet ist zu den Verhaltnissen von 1968, und zum anderen
die berufspolitische Situation, die ebenfalls zum Ruckzug auf tradi-
tionelle Arbeitsf ormen und Qualif ikationsanf orderungen tendiert.
DIE HOCHSCHULPOLITISCHE ENTWICKLUNG
Die hochschulpolitische Situation wird gegenwartig bestimmt durch
die Umsetzung des Hochschullehrerurteils des Bundesverfassungsge-
richts von 1973 gegen die Drittelparitat in den Hochschulgremien
und durch das Bundeshochschulrahmengesetz vom 26. Januar 1976, das
den ordentlichen Professoren wieder den entscheidenden Einflufi in
alien Hochschulgremien einraumt, den Hochschulzugang fiir Unterschichts-
angehorige durch traditionelle Auslesesysteme und Versperrung des
2. Bildungsweges wieder drastisch einschrankt und das Ordnungsrecht
zur innerinstitutionellen MaBregelung unangepaBten Verhaltens von
Studenten wieder verscharft. Fiir das Land Berlin liegt seit dem Som-
mer 1977 der Entwurf fiir ein entsprechendes neues Hochschulgesetz vor,
das sich insbesondere auch in Bezug auf die Fachhochschulen durch Ent-
politisierung des Studiums, Entdemokratisierung der akademischen
Selbstverwaltung und zentralistische Biirokratisierung des Hochschul-
wesens negativ auszeichnet.
Gait nach dem Fachhochschulgesetz die "Vorbereitung auf die Verant-
wortung in einer freiheit lichen, demokratischen Gesellschaf t" als
eine kritische Aufgabe der Hochschule insgesamt , so hat es jetzt nur
noch Ziel von Lehre und Studium zu sein, die Studenten zu "verant-
wortlichem Handeln in einem freiheitlichen, demokratischen und sozia-
len Rechtsstaat" zu befahigen; bei jeder Gelegenheit wird die Ver-
pflichtung auf die "FDGO" gefordert. Dement sprechend eng ist die
Zielrichtung des Ordnungsrechts aufzufassen als Festlegung auf das
Grundgesetz in seiner herrschenden Interpretation unter Verdran-
gung jeder Diskussion iiber seine Weiterentwicklung ; die herkommliche
Immunisierung der Wissenschaft gegen die Frage nach ihren politischen
Implikationen scheint hier wieder durch (s. auch Verfahren gegen
Studenten,die in Lehrveranstaltungen Diskussionen iiber hochschulpoli-
tische Fragen f orderten) . Offentliche Seminarkritik, mit der die Stu-
dentenbewegung 1965 in Berlin wesentlich begann, wird - so kann man
sich vorstellen - wieder AnlaB zu Disziplinierungen werden!
Das Mitsprache- und Mitentscheidungsrecht der Studenten und
Mitarbeitern der Hochschule wird wieder zugunsten der hauptberuf li-
chen Dozenten reduziert, bzw. vollig beseitigt. Die Fachbereichs-
rate (an der Fachhochschule der Akademische Senat) werden von 18 auf
15 Mitglieder verkleinert durch Reduzierung des Anteils der Studen-
ten von 6 auf 3, d.h. von einem Drittel auf ein Fiinf tel ; der der Pro-
fessoren dagegen erhbht sich von 4/9 auf eine absolute Mehrheit.
fiber Fragen von Forschung und Berufungen entscheidet sogar letztlich
die Mehrheit von 8 Hochschullehrern allein! iiber Berufungslisten und
sogar Erteilung von Lehrauftragen wird nur noch geheim abgestimmt.
In Westberlin ist bereits im Mai eine Anderung des Fachhochschulge-
setzes vorgenommen worden, nach der nur noch 4 Studentenvertreter
in den Akademischen Senaten sitzen, wahrend sich die Zahl der Hoch-
schullehrer auf 9 erhoht.
Die Amtsperiode aller anderen Mitglieder des Fachbereichsrat s auBer
den Studenten wird auf drei Jahre verlangert. Das bedeutet, daB eine
einmal gewahlte Professorenmehrheit kaum noch politische Rucksich-
ten zu nehmen braucht, zumal da auch der bisherige Wahlmodus, nach
dem Hochschullehrer und Lehrbeauf tragte noch gemeinsam ihre Vertre-
ter gewahlt haben, abgeschafft wird; die Lehrbeauftragten und ande-
ren Dozenten (Neuschaf fung von Stellen fiir "Lehrkrafte fur besondere
(praktische) Aufgaben") wahlen ihre zwei Vertreter allein, obwohl
sie an vielen Fachhochschulen noch bis zu 50 % des Lehrpersonals
FUr die Reduzierung des studentischen Einflusses in den Entscheidungs-
gremien stellt die Moglichkeit der Uiedereinf iihrung einer verfaflten
Studentenschaft (die es seit 1969 in Berlin nur noch an der PH gab)
keine Entschadigung dar, weil ihre Aufgaben srrikt auf hocl:Schulpoli-
tische und soziale Belange der Studenten beschrankt bleibt. Sie kann
nur errichtet werden durch 2/3 Mehrheitsentscheid einer Urabst immung,
an der sich mindestens 50 % der Studenten beteiligen miissen. Danach
steht der AStA unter strengster Aufsicht des Rektors bzw. des Wis-
senschaftssenators, die sofort Ordnungsgelder gegen den AStA verhan-
gen, die Mittelverwendung von Genehmigungen abhangig machen Oder sie
sogar ganz sperren konnen, wenn sie meinen, dafi sich der AStA nicht
an den vorgeschriebenen Aufgabenkreis halt.
iiberhaupt wird die Stellung des Rektors wesentlich gestarkt. Seine
Abwahl durch das Konzil ist nach dem Hochschulgesetzentwurf nicht
mehr mdglich. Unaufschiebbare Entscheidungen kann er allein treffen
und braucht sie nur nachtraglich dem akademischen Senat zur Entschei-
dung vorzulegen. Gegeniiber der Studentenschaf t nimmt er selber die
Staatsaufsichtsfunktion wahr. Weiterhin wird die Staatsauf sicht des
Wissenschaf tssenats wesentlich erweitert sowohl bei der Berufung
von Hochschullehrern als auch beim Erlafi von Rechtsverordnungen je-
der Art. Jede vom Fachbereichsrat erlassene Rechtsvorschrift bedarf
der Zustimmung des Senators und er kann sie jederzeit zur erneuten
Beratung und BeschluBfassung an den Fachbereichsrat zuriickverweisen,
wenn er Anderungen fur erforderlich halt.
Insbesondere in Bezug auf die Studienordnung trifft der Referenten-
entwurf wesentliche Vorentscheidungen, die auf Straffung der Ausbil-
dung, Abnehmerorientierung der Studieninhalte, Entpolitisierung und
Verstaatlichung des Priifungswesens hinauslaufen.
Die Bestatigung von Studien- und Priifungsordnungen kann der Senator
aus jedem "wichtigen Grund" versagen und stattdessen selber solche
Ordnungen erlassen, sowie iiberhaupt durch Rechtsverordnungen Grund-
satze fiir Studien- und Priifungsordnungen erlassen. AuBerdem kann er
Studienreformkommissionen berufen, die bei staatlichen Priifungen
mehrheitlich mit Staatsvertretern besetzt werden, und Empfehlungen
erarbeiten lassen, die vom Wissenschaf tsenat auch jederzeit durchge-
setzt werden konnen.
Inhalt und Form des Studiums sind von den Hochschulen "im Hinblick
auf die Entwicklung in Wissenschaft und Kunst, die Bediirfnisse der
beruflichen Praxis und die notwendigen Veranderungen in der Berufs-
welt zu iiberpriifen und weiterzuentwickeln. " (§ 10) Die Abnehmer-
orientierung wird noch deutlicher, wenn es zum allgemeinen Ziel des
Studiums erklart wird, die Studenten "auf berufliche Tatigkeiten vor-
zubereiten und ihnen die dafiir erf orderlichen fachlichen Kenntnisse,
Fahigkeiten und Methoden so (zu) vermitteln, dafi sie zu wissenschaf t-
licher Oder kiinstlerischer Arbeit, und zu verantwortlichem Handeln
in einem f reiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat be-
fahigt werden." (§ 26)
Von gesellschaftlichen Erfordernissen als Kriterien fiir die Studien-
inhalte, die sich nicht auf die Bediirfnisse der beruflichen Praxis
reduzieren lassen, oder von wissenschaftlich-kritischem Denken als
Studienziel ist nicht mehr die Rede. Wie die Anforderungen der be-
ruflichen Praxis verstanden werden, macht die Zusammensetzung etwa
der Studienreformkommissionen deutlich, die nach dem Entwurf iiberwie-
gend mit Vertretern der Behordenpraxis besetzt sind.
Im iibrigen soil in Zukunft nach erfolgreichem Grundstudium nur noch
eine fachgebundene Hochschulreife verliehen werden und iiberhaupt fur
Fachhochschulabsolventen nur noch ein goringer Prozentsatz an NC-
Studienplatzen zur Verfugung stehen. Die Integration der Fachhoch-
schulen in die Universitaten ist ad acta gelegt. Das Studium zweiter
Klasse wird durch die neuerdings in Berlin in die Debatte geworfene
- 8
Bildung einer Gesamt-Fachhochschule fiir die Zukunft erneut zemen-
tiert.
DIE BERUFSPOLITISCHE SITUATION
Die hochschulpolitische Entwicklung fallt zusammen mit Vorstofien vor
allem der kommunalen Arbeitgeber gegen die Absicht zur Verwissen-
schaftlichung der Ausbildung. Diese Tendenz hat sich seit der Ver-
schlechterung der Arbeitsmarktlage fiir Sozialarbeiter/Sozialpadagogen
seit etwa 1975/76 laufend verscharft.
Bereits die Auseinandersetzung im Berliner Bereich um die Frage, ob
die Ausbildung von Sozialarbeiter/Sozialpadagoge in Zukunft ein-
oder zweiphasig strukturiert sein soil, war in den Jahren 1973-74
bereits gekennzeichnet durch den Vorwurf einer angeblich zu theoreti-
schen, nicht ausreichend an den Bedurf nissen der Praxis orientierten
Ausbildung. Vorgetragen wurde dies durch die Amtsleitungen und Be-
hordenspitzen. Diese wollten sich mit der Durchsetzung der Zweipha-
sigkeit den ungehinderten Zugriff auf den entscheidenden praktischen
Teil der Ausbildung unmittelbar vor der staatlichen Anerkennung si-
chern. Es wurde die Befiirchtung geauBert, daB damit die wissenschaf t-
lich-kritische Fachhochschulausbildung durch strikte Ausrichtung des
zweiten, praktischen Ausbildungsabschnittes auf die herrschende Pra-
xis unter der Kontrolle der Anstellungstrager wieder riickgangig ge-
machc oder zumindest ihr kritisches Potential gebrochen werden soll-
te.
Auf den Beschlufi des Berliner Abgeordnetenhauses im Dezember 1974 fiir
die Zweiphasigkeit hin bildete sich rasch ein Arbeitskreis der Aus-
bildungsleiter aus den Bezirksamtern, der fiir sich in Anspruch nahm,
die erforderliche Fachkompetenz zur Ausgestaltung der 2. Phase in
sich zu vereinigen. Dahinter stand die mehr oder weniger deutlich
ausgesprochene Erwartung, daB als Dozenten fiir das geplante "sozial-
padagogische Seminar" in erster Linie die Mitglieder dieses Arbeits-
kreises in Frage kamen. Man versuchte sich durch Ausarbeitung von
Konzepten zur Praktikantenbeurteilung u.a. zu qualif izieren.
Die Kritik dieses Kreises an der gegenwartigen Ausbildung deckt sich
weitgehend mit den Urteilen und Vorurteilen gegen die Verwissenschaft-
lichung und Versachlichung (um nicht zu sagen Verweltlichung) des
sozialarbeiterischen Beruf sbildes, die aus der Entschliefiung der
Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbande vom September 1976
spricht. Die Entschliefiung ist von einem ausgesprochen konservativen
Geiste getragen und stellt den Versuch dar, unter Mifiachtung sowohl
neuerer wissenschaf tlicher Erkenntnisse wie auch der Veranderungen
in den Tatigkeitsfeldern der Sozialarbeiter/Sozialpadagogen in den
letzten 10-15 Jahren die Ausbildung wieder auf die traditionelle
Rolle der von caritativem Geiste beseelten- Sozialverwalter zuriickzu-
schrauben. Nach dem Ende der Reformphase sieht man bei den kommuna-
len Arbeitgebern offensichtlich nicht die geringste Veranlassung
mehr, auf die mit der Bildungsreform beabsichtigte Schaffung der qua-
lif ikatorischen und strukturellen Voraussetzungen fur eine tatsach-
liche Oberwindung der Kontroll- und Disziplinierungsfunktion der So-
zialarbeiter/Sozialpadagogen einzugehen.
Die von den konmunalen Spitzenverbanden formulierten Qualif ikations-
anforderungen orientieren sich ausschliefilich an den Bereichen Jugend-
hilfe, Sozial- und Gesundheitswesen. Fur diese Berufsfelder ist die
gegenwartige Ausbildung zu theoretisch, die Fachhochschulabsolven-
ten haben zu grofie Anpassungsschwierigkeiten und berufliches Selbst-
verstandnis und Einstellung zur Arbeit entsprechen nicht den gefor-
derten "Pflichten, der Haltung und der Loyalitat eines Mitarbei-
ters in der kommunalen Selbstverwaltung. " Die "theoretisierende Ver-
wissenschaf tlichung" der Ausbildung soil zurucktreten hinter einer
"moglichst breit angelegten praxisbezogenen Grundausbildung" vor
allem in samtlichen einschlagigen Rechtsgebieten und der "Gesund-
heitshilfe".
Zum anderen soil nach Meinung der Spitzenverbande auf der Entwick-
lung der erforderlichen "personlichen Haltung" des zukiinftigen So-
zialarbeiters/Sozialpadagogen ein Schwerpunkt der Ausbildung liegen.
Was damit gemeint ist, wird deutlich, wenn u.a. auf die Befahigung
zur "Motivierung ehrenamtlicher Krafte" besonderer Wert gelegt wird.
"Das setzt Einfiihlungsvermogen.angemessene Umgangsf ormen, Toleranz
gegenuber Andersdenkenden.Respekt vor dem ehrenamt lichen Engagement
und das Vermeiden von tiberheblichkeiten gegenuber Nicht-Professionel-
len voraus" (Abs. 10), woran es bei den jetzigen Absolventen anschei-
nend durchweg mangelt. Man hat den Eindruck, daB hier der Verlust
der naiven Helferhaltung durch wissenschaftsf eindliche Denkschranken
und Auslesemechanismen riickgangig gemacht werden soil.
Hinzu kommt die Forderung nach Achtung nicht nur der verfassungsmas-
sigen Ordnung (was selbstverstandlich ist), sondern auch der gesell-
schaftlichen Wirklichkeit in der Bundesrepublik" und eine "Grundhal-
tung dem konmunalen Dienstherren gegenuber", die sich jeder Infrage
stellung der Entscheidungen der kommunalen Organe enthalt.
Die EntschlieSung ist von Seiten der Fachhochschulen, Beruf sverban-
de und Fachverbande auf vielfaltige Kritik gestoBen. Was dennoch
etwa in Berlin in Bezug auf die Ausgestaltung der 2. Ausbildungspha-
se geschieht, bewegt sich weitgehend auf der durch die konmunalen
Spitzenverbande abgesteckten Ebene.
Ein Beschlufi des Abgeordnetenhauses vom April 1977 forderte noch rela-
tiv of fen zur Herstellung eines engen Theorie-Praxisverbundes auf _
und bezeichnete die Ausgestaltung der 2. Phase noch als eine gemein-
same Aufgabe von Fachhochschulen und Praxisstellen, bzw. Anstel-
lungstragern. Vor kurzem jedoch sind erstmals Gesetzentwiirf e zur
Neuregelung der staatlichen Anerkennung bekanntgeworden, die voll-
standig auf das Zugriff sinteresse der Fachverwaltungen ausgerichtet
sind. Die damaligen Befiirchtungen gegen die Zweiphasigkeit werden
voll bestatigt.
Bezeichnend ist zunachst, dafi der Gesetzentwurf, fur den die Senats-
verwaltung fiir Jugend und Sport federfUhrend ist, schon gar nicht
mehr mit den Ausbildungsstatten, sondern nur noch im Kreise der be-
troffenen Fachverwaltungen diskutiert wird. Nach dem Entwurf soil
ein sozialpadagogisches Fachseminar eingerichtet werden, das geeig-
nete Praktikantenstellen auswahlt, an die Beruf spraktikanten vermit-
telt und diesen im Anerkennungsjahr an 38 Tagen seminaristischen^
Unterricht erteilt, der der Erweiterung und Vertiefung der fiir die
Tatigkeit in einem Praxisfeld notwendigen fachlichen Kenntnisse und
10
der Einiibung der erforderlichen methodischen Fertigkeiten dient. Vom
Umgang mit und der Anwendung von theoretisch wissenschaf tlichen Kennt-
nissen und Methoden ist schon gar nicht mehr die Rede.
Der Unterricht soil entsprechend von Fachseminarleitern und Honorar-
dozenten abgehalten werden, die sich nach vorliegenden Informationen
vorzugsweise aus dem Kreis der Ausbildungsleiter der Bezirke, d.h.
"in der praktischen Arbeit stehenden, erfahrenen, staatlich anerkann-
ten Sozialarbeitern/Sozialpadagogen" rekrutieren, wie es in einem
CDU-Entwurf heiBt, wahrend wissenschaf tliche Ref lexionsfahigkeit
oder Qualif ikation nicht vorausgesetzt werden.
Den Fachseminaren ist ein 11-kopfiger Beirat unter Vorsitz eines
Vertreters des Senators fiir Jugend und Sport beigegeben, der die
iibrigen Mitglieder als Vertreter der Wohlfahrtsverbande, der Jugend-
verbande, der Fachhochschulen und der Beruf spraktikanten auf Vor-
schlag beruf t.
Fiir die staatliche Anerkennung haben die Beruf spraktikanten den
regelmafiigen Besuch der Seminare nachzuweisen, fiir jedes Vierteljahr
einen Erfahrungsbericht vorzulegen und aufierdem werden von den Praxis-
stellen Berichte eingeholt.
Eine positive Beurteilung dieser Berichte ist Voraussetzung fiir die
Zulassung zum AbschluBkolloqium in dem der Beruf spraktikant erkennen
lassen mufi, daB er " zur selbstandigen
und verantwortlichen Wahrnehmung von Aufgaben der Sozialarbeiter/
Sozialpadagogen befahigt ist." (Die CDU fordert noch zusatzlich eine
schriftliche Klausur!) Die Fahigkeit zu wissenschaf tlicher Analyse
sozialer Problemsituationen, die Fahigkeit, neue Entwicklungen und
Probleme im Bereich der sozialen Arbeit zu verfolgen und zu verstehen
und neue Aufgaben auf dem Hintergrund theoretischer Kenntnisse zu be-
waltigen, sind nicht mehr gef ragt .
Dber das Vorliegen der geforderten Befahigung entscheidet eine
4-kopfige Priifungskommission unter Vorsitz eines Vertreters der Fach-
verwaltungen, der aufierdem eine Lehrkraft des Sozialpadagogischen
Seminars, eine Lehrkraft einer Fachhochschule und ein Vertreter
eines Bezirksamtes oder eines Wohlfahrtsverbandes angehoren. Ein ge-
wahlter Vertreter der Beruf spraktikanten kann der Priifung beiwohnen.
Auch wenn diese Priifungen alle mit Erfolg durchlaufen sind, kann
die Staatliche Anerkennung immer noch aufgrund korperlicher oder
geistiger Mangel, aufgrund einer relevanten strafrechtlichen Verur-
teilung oder sonstiger "Unzuverlassigkeit in Bezug auf die Berufs-
ausubung" verweigert oder noch jederzeit nachtraglich entzogen werden!
Man kann den Eindruck gewinnen, daB letztlich die politische und
fachliche Zuverlassigkeit zum Priifungsziel erhoben werden soil.
Wenige Wochen nach Veroffentlichung des Gesetzentwurf es im Januar 1978
waren die Fachhochschulen, Verbande und Gewerkschaf ten zur Stellung-
nahme aufgefordert. Danach sah es einige Zeit so aus, als wurde der
Entwurf am Widerstand des Wissenschaf tssenators scheitern.
Inzwischen hat man sich jedoch auf kleine kosmetische Veranderungen
einigt. Nocn vor ,jer Sommerpause soil das Gesetz das Abgeordneten-
haus passieren.
Soll'te dies wahr werden, ware dem behordlichen Arbeitgeber jedes
Mittel an die Hand gegeben, unbotmafiiges Verhalten (wie es schon in
der EntschlieBung der Spitzenverbande ausgesprochen wird) zum Anlafi
von Sanktionen zu machen bis hin zu einem rein fachlich begrundeten
Beruf sverbot!
11 -
DIE AUSBILDUNGSREFORMENTW1CKLUNG AN DER FHSS
Unter diesen Bedingungen hat die staatliche Fachhochschule eine Aus-
bildungsordnung fur die 1. Phase konzipiert, die im Sommer 1977 vom
Akademischen Senat verabschiedet und dem Senator zugeleitet wurde.
Die ersten Reaktionen waren erschiitternd. - Es war nicht damit zu
rechnen, dafi der Entwurf reibungslos akzeptiert wurde, zumal da dieser
bisher kaum Konzessionen etwa an die Vorstellungen der kommunalen
Arbeitgeber enthalt.
Bezeichnend fur den vorgelegten Entwurf ist die enge Verkniipfung
zwischen theoretischer und praktischer Ausbildung, die Beseitigung
des sog. Fachersalats und die Einrichtung eines Projekts, das der
intensiven theoretischen und praktischen Durchdringung eines Praxis-
feldes dient.
Im Einzelnen ist im ersten Semester ein Einfuhrungspraktikum (Hospi-
tation) vorgesehen, das im Zusammenhang mit einer umfangreichen
Lehrveranstaltung zur Einfuhrung in Geschichte und Funktion der So-
zialarbeit/Sozialpadagogik der praktischen und historisch-wissen-
schaftlichen Fundierung der gesamten Ausbildung dient. Daneben fin-
den in den ersten drei Semestern weitere i Lehrveranstaltungen
zur Sozialstruktur der BRD,
zur Sozialisationstheorie,
zur politischen Okonomie,
zur Einfuhrung in das BSHG bzw. Jugendrecht,
zur Sozialmedizin
und im Bereich der padagogischen Medien statt.
Das Hauptstudium soil sich urn das Projekt im Umfang von 8 Semester-
wochenstunden und 3 Monaten Praktikum gruppieren. Fur juristische
Lehrveranstaltungen sind im 5. und 6. Semester insgesamt 24 Semester-
wochenstunden vorgesehen; daneben stehen Einfiihrungen in Verwaltungs-
strukturen und die dienstrechtliche Situation des Sozialarbeiters/
Sozialpadagogen.
Gegen das gesellschaftswissenschaf tliche Grundstudium werden vom
Senator fiir Wissenschaft und Forschung Einwande vorgebracht, die
eine Vernachlassigung der methodischen und psychosozialen Ausbildung
bemangeln. Es wird behauptet, daB die klassischen Methoden in der
Praxis wieder zunehmend Bedeutung gewinnen. Oberhaupt muB die be-
rufspraktische Ausrichtung auch schon im Grundstudium deutlich wer-
den. Dazu ist mehr Unterricht in den einschlagigen Rechtsgebieten,
in Sozialmedizin sowie Wissenschaf tstheorie und Statistik erforder-
lich.
Mit einem Einfuhrungspraktikum im ersten Semester ist der Senator
einverstanden. Allerdings erscheint es ihm notwendig, daB dies nicht
iiber zwei Monate parallel zum theoretischen Unterricht an zwei Tagen
pro Woche stattfindet, sondern im Block und mindestens zur Halfte in
der vorlesungsfreien Zeit. Das bedeutet, daB die theoretische Be-
gleitung und Aufarbeitung der praktischen Erfahrungen und Fruchtbar-
machung fiir den theoretischen Unterricht verunmoglicht wird. Ob
hier noch der Theorie-Praxis-V e r b u n d ernstgenommen wird, er-
scheint fraglich.
Eine ahnliche Beurteilung erfahrt die Konzipierung des Projekts. Es
wird in Frage gestellt, ob die geplante Begleitung der Praktikan-
ten wiihrend des Projektpraktikums nicht eine zu hohe Belastung fiir
die Praxis mitsichbringt. Projekt und Praktikum sollen so konzipiert
- 12
werden, daB sie auch vollig getrennt von einander ablaufen konnen.
Welche Praxisstelle sich dann noch veranlafit seheu soil, die Dozenten
zu Arbeitsbesprechungen zuzulassen oder die Anleiter im theoreti-
schen Unterricht mitwirken zu lassen, wird fraglich. Uberhaupt meint
der Senator, daB 8 Semesterwochenstunden zur Verfiigung des Projekts
(2-3 Dozenten mit ca. 10 Studenten) zu viel unkontrollierbaren Frei-
raum bietet.
Was die Priifungen anbetrifft, so besteht der Senator auf differen-
zierter Benotung und Einzelleistungen. Fiir das Grundstudium werden
fiinf Leistungsscheine verlangt, fiir die entweder langere schriftli-
che Einzelarbeiten oder je zwei Klausuren zu erbringen sind. Seiner
Vorstellung nach sind im Grundstudium (wie bisher) 12 verschiedene
Fachgebiete abzudecken, was eine Gesamtbelastung von 26 Wochenstun-
den in j edem Semester bedeutet.
Fiir das Hauptstudium sind ein schrif tlicher Bericht iiber das Block-
praktikum, ein schrif tlicher Bericht iiber das Methodenpraktikum,
eine Fallklausur im Praxisseminar , eine umfangreiche Hausarbeit im
Vertiefungsgebiet und 2 Leistungsscheine in Wahlfachern vorgeschrie-
ben fiir die Zulassung zur AbschluBpriifung. Diese besteht aus einer
Fallklausur und einer miindlichen Priifung. Die Klausurauf gabe wird
bei den Fachverwaltungen ausgearbeitet. Der PriifungsausschuB ist zur
Halfte mit Dozenten der Fachhochschule, zur anderen Halfte mit Ver-
tretern der Senatsfachverwaltungen besetzt ; aus letzteren wird vom
Wissenschaf tssenator ein Vorsitzender bestimmt, dessen Stimme bei
Stimmengleichheit den Ausschlag gibt.
Diese Stellungnahme des Wissenschaf tssenats erscheint noch relativ
gemaBigt gegeniiber der der Fachverwaltungen und der Ausbildungslei-
ter der Bezirke. Wenn nicht die in dem Ausbildungsref ormentwurf
zum Ausdruck gebrachte Absicht, individuelle Problemlagen in ihrem
sozialen Zusammenhang zu analysieren, gleich als Linkslastigkeit de-
nunziert wird, dann werden mindestens gegen die enge Verbindung von
Praktika und Lehrveranstaltungen so massive Widerstande formuliert,
das man sich fragt, ob die Praxis allein das Ausbildungsmonopol fiir
sich beanspruchen will.
Von dem Ausbilderkreis der Bezirke wurde der Entwurf in einer andert-
halbseitigen Stellungnahme rundweg abgelehnt. Vor allem gegen die
Hospitation im ersten Semester wird mit einer angeblichen ttberla-
stung der Praxis argumentiert, obwohl die zeitliche Belastung mit Prak-
tika gegeniiber den jetzigen Verhaltnissen eindeutig um mindestens zwei
Drittel geringer ist. Man gewinnt den Eindruck, dafi jeder Einblick der
Studenten in die Praxis abgelehnt wird, so lange dieser nicht gleich
mit bestimmten Aufgaben des Praktikanten und Zielen der Anleitung
verbunden ist, die sich zu einer Beurteilung der Fahigkeiten und der
Eignung des Studenten fiir den Sozialarbeiterberuf verwenden lassen.
Es wird im Grunde an der bisherigen Regelung f estgehalten, die regel-
maBig zu uen leidigen Frustrationen auf beiden Seiten gefuhrt hat.
DaB diese Unertraglichkeiten ihre Ursachen vor allem in der mangeln-
den theoretischen Vorbereitung und Anleitung der Praktikanten und
der fehlenden Reflexion und Aufarbeitung ihrer Erfahrungen gehabt
haben - was gerade durch die neue Ausbildungsordnung behoben werden
soil - will man nicht wahr haben. Es hat den Anschein, daB es den
Behordenleitungen lediglich um einen starkeren Zugriff auf die Prak-
tikanten durch verbindliche Praxisbeurteilungen ankommt und ihr das
- 13 -
theoretische Wissen der Studenteti gleichgiiltig ist, wenn sie nur
die notigen Rechtskenntnisse mitbringen.
DaB sich die FHSS in dieser Situation mit einer kurzen Darstellung
ihrer Ausbildungsreformabsichten an die Sozialarbeiter in der Praxis
wandte, wird bei den Behordenleitungen "beim gegenwartigen Stand
des Verfahrens" "mit Befremden" zur Kenntnis genommen. Diskussions-
angebote der Fachhochschule werden von dieser Seite (vor einer Be-
statigung der Ausbildungsordnung durch den Senator) rundweg abge-
lehnt. Sogar in den Bezirksamtern herrschen z.T. erhebliche Wider-
stande gegen GesprSche uber Ausbildungsf ragen. Die Weigerung der
offiziellen "Praxis", sich inhaltlich mit der Fachhochschule uber
die Ausbildungsreform auseinanderzusetzen, geht z.T. sogar so weit,^
daB in einzelnen Bezirksamtern den llochschullchrern der FHSS das Be-
treten der Amtsraume untersagt wird.
Der Versuch, mit dera gesetzlichen Auftrag der Fachhochschulen ernst
zu machen und eine Verbindung von wissenschaf tlicher und praktischer
Ausbildung zu realisieren, scheitert in dem Moment, wo es sich zeigt,
daB eine wissenschaf tlich-kritische Einstellung zur Arbeit die ge
sellschaftliche Funktion der Sozialarbeit/Sozialpadagogik m Gefahr
Die Helferideologie ist eine notwendige Voraussetzung fur die Erf 31-
lung des gesellschaftlichen Auftrags der Sozialarbeit /Sozialpadagogik,
eine niichtern-sachliche Einstellung ist ihr inadaquat.
Dies wird deutlich vor allem in dem Moment, wo nach dem Ende einer^
Prosperitats- und Ref ormperiodc die Kontroll- und nisziplimerungs
funktion der Sozialarbeit wieder in den Vordergrund drangt .
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REFORMPOSITIONEN WERDEN RECHTSWIDRIG -
WAS WIRD AUS DER REFORM DER PROFUNGEN
NACH DEN HOCHSCHULGESETZEN?
Studienref orm ist immer zugleich Priif ungsreform -
dieser Allerweltssatz heiBt auch: Wo rechtliche Grenzen fur die Ver-
anderung von Priifungen in Form und Inhalt gesetzt werden, werden
auch die Moglichkeiten einer Studienref orm eingeschrankt .
Forderungen zur Priif ungsreform, die noch vor wenigen Jahren zumin-
dest teilweise in einigen Priif ungsordnungen realisiert wurden , sind
durch Interpretationen der Verfassung, durch das Hochschulrahmenge-
setz und zuletzt durch Landeshochschulgesetze zu Forderungen "gegen
das geltende Recht" geworden und damit aus der offiziellen aktuellen
Diskussion eliminiert. Dies ist eine Seite der "Verrechtlichung" von
Priifungen an Hochschulen in den letzten 6 Jahren; die andere Seite
der zunehmenden rechtlichen Normierung von Priifungen ist eine ver-
starkte Kontrollierbarkeit und Vorhersehbarkeit von Priifungen - und
damit auch Verwirklichung einer bestimmten Dimension von Priifungs-
reformforderungen.
Ich will in diesem Aufsatz an die Grundf orderungen zur Priifungsre-
form erimiern und fragen, in welcher Weise die Hoehschulgesetze -
vom ersten Entwurf eines Hochschulrahmengesetzes 1970 bis hin zum
Niedersachsischen Hochschulgesetz, das in diesen Tagen verabschiedet
wird - auf diese Forderungen eingegangen sind.
1 . WO TRADITION HERRSCHT, BRAUCHT MAN KEINE GESETZE
Priifungen sind ohne Gesetze, ja ohne Priifungsordnungen moglich und
auch praktiziert worden, solange die Autoritat der Priifenden aner-
kannt sowie Verfahren und Inhalte hinreichend durch Tradition be-
st immt war en.
An Hochschulen gab es vorwiegend zwei Arten von Priifungen (wenn man
einmal kirchliche Priifungen auBer acht laflt): Staatspriifungen fiir
Arzte Juristen, Lehrer u.a. sowie Hochschulpriifungen wie Promotion,
Habilitation und in den letzten Jahren zunehmend die Diplom-Priif ung.
Staatspriifungen sollten die Allgemeinheit vor unfahigen Kurpfu-
schern und Winkeladvokaten sichern, gleichzeitig aber auch fiir die
Loyalitat des Nachwuchses in "staatstragenden" Amtern sowohl gegen-
iiber dem Staat als auch gegeniiber dem jeweiligen Berufsstand sorgen.
Sie wurden von staatlichen Prufungsamtern abgenommen, so daB Prii-
fungsinhalte wie z.T. auch Priif er von auBerhalb der Hochschule
festgesetzt werden konnten. Dieses Priif ungssystem hatte z.B. bei den
Juristen die Folge, daB sie weniger an den Hochschulveranstaltungen
selbst teilnehmen muBten, um sich fiir die Prufung zu qualif izieren,
sondern sich bei privaten gut bezahlten Repetitoren fur die Prufung
fit machen lieBen.
In Hochschulpriifungen erwarb man "akademische Grade", die einerseits
15 -
den Aufstieg innerhalb des Hochschullehrkorpers ermoglichten (insb.
Promotion und Habilitation) andererseits vom Staat oder privacen
Arbeitgebern als Qualif ikationsnachweis gefordert wurden.
Fiir die "klassische" Hochschulpriifung, die Promotion, gab es nur
geringfiigige formale Voraussetzungen (erst in den letzten Jahre n
wird in der Regel ein vorheriges Diplom oder Staatsexamen gefordert):
Abitur mufite man haben, Latein sprechen und i.d.R. mindestens 8 Se-
mester studiert haben. Der Besuch von bestimmten Veranstaltungen,
studienbegleitende Leistungsnachweise oder eine Vorpriifung wurden
nicht verlangt.
Dieser "Freiheit des Studiums" stand aber die Tatsache gegeniiber,
dafl eine Promotion nur dann durchgefiihrt wurde, wenn ein "Doktor-
vater" dazu bereit war. Dafiir war eine informelle Stufenleiter zu
durchlaufen, in der man iiber Proseminare und Ubungen - die vom
Assistenten im "Auftrag" des Professors gehalten wurden - zu Haupt-
und Oberseminaren vordrang und nun endlich die Moglichkeit hatte,
dem kiinf tigen Doktorvater positiv aufzufallen und sich seiner Vater-
schaft als wiirdig zu erweisen - es sei denn, man hatte personliche
oder zum Beispiel Uber schlagende Verbindungen vermittelte Bezie-
hungen.
Die fehlende rechtliche Normierung bedeutete fiir den Kandidaten
Entfaltungsfreiheit, der sich des Wohlwollens seines Priifers sicher
war; zugleich zwang sie die Studenten zur Unterwerfung unter die
Willkiir des Dozenten.
Ahnliches gilt fiir die miindlichen Priifungen, deren Verfahren zumeist
nicht in Prufungsordnungen fixiert war; sie konnten haufig im Dienst-
zimmer des Professors ohne Protokoll oder Beisitzer abgenonimen wer-
den.
Diplom-Priifungen gab es ursprunglich in erster Linie an Technischen
Hochschulen, die nicht als "echte" Hochschulen gaiter. Sie waren
friihzeitig starker normiert und hatten ein Studium zur Grundlage,
das eher an Schulsituationen als an die "Freiheit des Studiums" an
der klassischen deutschen Universitat erinnerte. Die Ausdehnung des
Hochschulbereichs auf andere als die klassischen Disziplinen, die
Expansion der Studentenzahlen und der damit verbundene soziale Struk-
turwandel der Studentenschaf t machte die Universitat zunehmend von
einer Statte "freier Forschung und Lehre" zu einer Ausbildungsinsti-
tution fiir einen relativ breiten Bereich des Arbeitsmarktes. Damit
drangen Diplom-Priifungen zunehmend in den Hochschulbereich em:
Das Diplom sollte dem Arbeitgeber eine nachweisbare und vergleichba-
re Qualif ikation der ihm angebotenen Ware Arbeitskraft ausweisen.
In diesem Funktionswandel der Hochschule diirfte eine wesentliche
Ursache des Prozesses der "Verrechtlichung" von Priifungen zu sehen
sein.
2. FORDERUNGEN ZUR PRCFUNGSREFORM
In den 5oer Jahren schalten sich f olgendePositionen zur Veranderung
von Priifungen heraus (I):
- Angleichung von Prufungsordnungen und Anstellungsbedingungen
- Grundsatz: wer lehrt - der priift
- Entlastung der Priifungsplane von Faktenwissen zugunsten der Er-
kenntnis von Zusammenhangen.
Der Forderung nach Prufungsverscbarfung mit dem Ziel der Aus-
sonderung der Ungeeigneten stehen
die Gruppierungen - je nach politischer Zielsetzung - uneinheitlich
gegeniiber: Die WRK fordert 1958 Zwischenpriifungen "mit voller
Scharfe", weil das Honnefer Modell (Vorlaufer fiir BaFoG) es ermog-
liche, keine Riicksicht mehr auf die soziale Situation des Studenten
zu nehmen; der SDS dagegen sieht z.B. 1953 die Einfiihrung des Stu-
dienhonorars als Voraussetzung fiir zusatzliche Priifungsanf orderungen
an. Forderungen nach Kontrollierbarkeit habe ich lediglich beim Libe-
ralen Studentenbund 1956 gefunden; nach seiner Erklarung sollen mog-
lichst alle Priifungen bffentlich sein, es soil Beschwerdeinstanzen
und Beisitzer in den Priifungen geben.
In den 60er Jahren werden solche Forderungen nach Kontrolle und
Rechtssicherheit im Zuge der Umstrukturierung der Hochschulen und
aufgrund der Diskussionen der Studentenbewegung nahezu Allgemeingut:
• Die Gottinger Rektorenerklarung beispielsweise fordert 1968:
"Priifungen finden in formlicher Ordnung statt; Verfahren und Anf or-
derungen miissen bekannt sein; Kommissionen sichern die Ordnung des
Verfahrens und die Angemessenheit der Anspriiche".
• Die Kultusministerkonferenz 1968: "Der Friif ungsvorgang soil be-
schrankt offentlich sein und nach dem Kollegialprinzip erfolgen."
(2)
f Ein BeschluS des Verbandes Deutscher Studentenschaften vom Marz
1968 stellt statt der Rechtskontrolle die unmittelbare Kontrolle
durch Of f entlichkeit in den Mittelpunkt (3):
"Das System der heutigen Priifungen an den Hochschulen verstarkt
das Autorita'tsverhaltnis zwischen Priifenden und Studenten, indem es
den Priifern - in der Regel Professoren - die Moglichkeit gibt, in
Examenspriifungen relativ unabhangig und ohne dffentliche Kontrolle
uber Priifungsbewertung und damit Berufswege und -moglichkeiten der
Studenten zu entscheiden. ... Die iibergroSe Abhangigkeit der Studen-
ten vom Wohlwollen der Priifer hindert die Studenten daran, selbst
berechtigte Kritik zu iiben oder offentlich gegen als ungerecht em-
pfundene HaBnahmen der Universitat auf zutreten. "
Daraus werden folgende Vorschlage abgeleitet:
"1. Die prinzipielle universitats-interne Of fentlichkeit aller Prii-
fungen
2. Freie Wahl der Priifer aus dem Kreis der Lehrenden
3. Die schriftliche Begriindung der Bewertung und ihre Verbffentli-
chung gemeinsam mit der Arbeit zur allgemeinen Kontrolle
4. Einspruchsmoglichkeiten des Kandidaten und der Beisitzer gegen
Durchfiihrung und Bewertung der Priifung".
Wenn vom VDS daruberhinaus gefordert wird, dafi einer von zwei Bei-
sitzern Student ist und ein paritatisches Appellationsgremium iiber
Einspniche entscheidet, so geht es hierbei nicht nur um Kontrolle,
sondern um Aufhebung der Alleinherrschaf t der Prufenden uber die Ge-
priif ten.
Zusammenfassend lassen sich folgende Dimensionen in den Forderungen
herausschalen:
• Abbau von Angst und Willkiir durch Rechtssicherheit und Kontrolle
• Das Studium soil die Priifung bestimmen, nicht umgekehrt
• Priifungen sollen die Konkurrenzfahigkeit auf dem Arbeitsmarkt
sichern (Gleichwertigkeit der Abschliisse, Steigerung des Niveaus)
• Herrschaft durch Priifungen soil abgebaut werden (Mitbestimmung) .
- 17 -
Dabei soil an dieser Stelle offen gehalten werden, ob diese Dimen—
sionen bruchlos miteinander vereinbar sind.
3. DAS BEISPIEL: BREMER JURISTENAUSBILDUNG
Ein weitgehend gcschlossenes Konzept der Priif ungsref orm stellt das
Bremische Juristenausbildungsgesetz von 1973 dar (4). Die Grundzuge
der intendierten Priifungsref orm stelle ich anhand der Darstellung von
Huchting (5) vor :
Ausgangspunkt des Reformkonzepts ist die Kritik am "System der punk-
tuellen, nach Notenskala bewertenden, Wissen eines einzelnen abfra-
genden Priifungen ohne Ausbildungswert . " (Huchting, S. 175) Die Gren-
ze der Reformierung wird in der Herrschaf tsfunktion von Priifungen
gesehen, die nicht aufgehoben werden konne ; es ginge lediglich um
Verbesserungen und Erleichterungen. Die konsequente Losung, die Ab-
schaffung der Priifung, wird abgelehnt, da dadurch der Beruf seingangs-
priifung Tor und Tiir geoffnet waren und so die Abnehmer faktisch iiber
die Inhalte allein bestimmen kbnnten. Stattdessen wird gefordert:
(1) Bewertung mit bestanden/nicht bestanden.
Eine zuverlassige Messung von Leistung ist nicht moglich, die
heute vergebenen Noten haben keinen Informationsgehalt ; statt
der Noten soil dem Zeugnis ein Nachweisheft beigegeben werden,
mit dem der Abnehmer iiber die Arbeitsschwerpunkte des Absolven-
ten unterrichtet wird.
(2) Abschichtung der Priifung durch ausbildungsbegleitende Leistungs-
nachweise. Die punktuellen Priifungen sollen aufgelost werden
durch ausbildungsbegleitende Leistungsnachweise. Dies ist im
Juristenausbildungsgesetz nur teilweise verwirklicht . Das Ziel
ist der Abbau einer alles entscheidenden Priifung, Einbettung der
Priifung in die Ausbildung und damit Verhinderung einer Zerglie-
derung der Ausbildung in Lernen und Priifungsvorbereitung.
Die Formen der Leistungsnachweise werden nicht abschliefiend im
Gesetz aufgezahlt, sondern sollen aus den Ausbildungsveranstal-
tungen neu entstehen konnen. Da sich der Student in der gewohnten
Umgebung befindet (Arbeitsgruppe) und nicht in einer Ausnahmesi-
tuation, sondern einer normalen Arbeitssituation seine Leistung
erbringt, sieht Huchting die Gefahr gebannt, daft kontinuierliche
ausbildungsbegleitende Kontrollen eine dauernde Priif ungssituation
mit sich bringen.
(3) Gruppenpriifung
Befiirwortet wird die Forderung von Team- und Kollektivarbeit
(integrierte Gruppenarbeit) bei alien Leistungsnachweisen und
der Hausarbeit. Dies ist im Juristenausbildungsgesetz nur be-
grenzt verwirklicht.
(4) Mitbestimmung durch Studenten
- Wahlrecht fiir die Themen und Arten der Priifung
- Auswahlrecht unter den priifenden Ausbildern
- Mitwirkung der Studenten als Priifer
Diese Mitwirkung (paritatische Zusammensetzung von Priifungsaus-
schufi und Prufungskoranission) ist im Juristenausbildungsgesetz
nur beratend gegeben. Huchting halt reale Mitentscheidung fiir
notwendig: Kontrolle von Herrschaft ist effektiv nur moglich
durch Mitbestimmung, Studenten konnen sich am besten in die Lage
der zu priifenden Kommilitonen versetzen.
(5) Begriindungspf licht
Die Bewertung muS sorgfa'ltig begriindet werden, damit der Student
Riickmeldung iiber seine Lernleistung erhalt. Zudem ermoglicht
erst sie eine effektive Kontrolle der Priifer.
(6) Off entlichkeit
Offentlich soil nicht nur der Priif ungsv0rgang , sondern auch die
anschlieBende Beratung iiber das Ergebnis sein, well nur so eine
effektive Kontrolle stattfinden kann. Der Kandidat soil das
Recht haben, die Of fentlichkeit auszuschlieSen.
(7) Grundsatz: wer lehrt, der priif t.
Mit diesem Konzept werden durchaus alle vier oben genannten Zielrich-
tungen verfolgt; obwohl auch die Konkurrenzf ahigkeit der Absolventen
im Blick ist (Nachweisheft), wird das Konzept insgesamt und nicht
nur in der Frage der Benotung infrage gestellt, wenn aufgrund von
AngebotsiiberschuB auf dem Arbeitsmarkt die Abnehmer in der Lage sind,
diese Priifungen faktisch nicht anzuerkennen.
4. VOM GRUNDGESETZ ZUM HOCHSCHULGESETZ: VERRECHTLICHUNG
VON PRDFUNGEN
Priifungsordnungen haben sich an Hochschulen in den vergangenen Jah-
ren zu immer detaillierteren Katalogen von Vorschriften fiir die
Priifungen entwickelt; ihnen vorgegeben ist ein rechtlicher Rahmen,
der ebenfalls zunehmend fester gefiigt ist. Dies mochte ich im fol-
genden darstellen und dabei fragen, was dabei aus den genannten Re-
formforderungen geworden ist.
Ich beschranke mich beim Landesrecht jeweils auf Niedersachsen.
Gegenwartige Recht sgrundlagen fiir Hochschulpriif ungen
Ein Gesetz, in dem Priifungsordnungen und Hochschulpriifungen geregelt
werden, gibt es in Niedersachsen bisher nicht. Das Vorschaltgesetz
(6) regelt lediglich die Zustandigkeit fur die Erstellung von Prii-
fungsordnungen an Hochschulen (auSer FHn) , der ErrichtungserlaB (7)
das Vorschlagsrecht der Fachhochschulen fur Priifungsordnungen an FHn.
Die "Allgemeinen Bestimmungen fiir Diplompriifungsordnungen" (ABD),
die von der Kultusministerkonferenz aufgestellt sind, bilden zwar
ein relativ genaues Muster fiir Priifungsordnungen - sie haben aber
lediglich Empf ehlungscharakter (8).
Obrig bleiben verfassungsrechtliche Grundsatze, aus denen in der
Diskussion zunehmend detailliertere Folgerungen fiir Hochschulpriifun-
gen abgeleitet werden: Darin zeigt sich eine zweischneidige Entwick-
lung: Einerseits konnen mit einer solchen Auslegung Grundrechte auf
verschiedene Lebensbereiche anwendbar gemacht werden. Andererseits
haben Aussagen iiber "verfassungsrechtliche Anf orderungen an die Aus-
gestaltung von staatlichen Priifungen" die mogliche Folge, daB durch
das Bundesverfassungsgericht eine konkrete Ausgestaltung von Prii-
fungsordnungen als die einzig mogliche mit "Ewigkeitscharakter" fest-
geschrieben wird.
Realitat ist dies bereits geworden im Urteil des Bundesverfassungsge-
richts vom 29. Mai 1973 zur Pari tat enrege lung im niedersachsischen
Hochschul-Vorschaltgesetz. riurch dieses Urteil ist eine Halbparitat
in Prufungsgremien ohne Regelung der Pat t-Auf losung bereits "verfas-
- 18 -
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sungswidrig". Im Cibrigen werden vor allem folgende Verfassungsricht-
linien fiir Priifungsordnungen 'auf gestellt:
- Priifungen sind in der Regel Eingriffe in das Grundrecht der freien
Wahl der Ausbildungsstatte bzw. der freien Berufswahl. Solche Ein-
griffe sind nur dann gerechtf ertigt , wenn durch sie "Gemeinschaf ts-
giiter" (Schutz der Bevolkerung vor unfahigen Beruf svertretern,
Schutz des Ausbildungszwecks, Gewahrleistung von Chancengleichheit
u.a.) geschiitzt werden. Das Gebot der Verhaltnismafiigkeit besagt
dabei, dafi Forderungen, die an den Priif ling gestellt werden, in
einem angemessenen Verhaltnis zu dem gerechtf ertigten Zweck stehen.
- Das Rechtsstaatsgebot muS in Prufungen eingehalten werden: Dazu
gehort die Unabhangigkeit des Priif ers, der Schutz vor dem befange-
nen Priifer, die Sicherstellung von Kollegialpriifung, Protokollie-
rung und Begrundung von Priif ungsentscheidungen, das Recht auf Ak-
teneinsicht u.a..
- Aus dem Gebot der Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns und dem
Gebot des Vertrauensschutzes wird die Pflicht zur Normierung des
Priif ungswesens, die Notwendigkeit der Offenlegung der Prufungs-
praxis und die Begrenztheit der Moglichkeit zur Priifungsordnungs-
anderung gefolgert.
- Das Gebot der Gleichheit (Art. 3 GG) fuhrt zur Forderung nach
Chancengleichheit im Priifung sverf ahren. AuBerdem wird daraus abge-
leitet, daS Priifungsordnungen so gestaltet sein miissen, dafi sie
bundesweite Anerkennung finden. (9)
Diese Positionen lassen sich zum Teil den oben aufgefiihrten Schutz-
forderungen der Studenten zuordnen; unter der Hand aber kbnnen die
selben Forderungen zu einer Reglementierung des Studiums durch Pru-
fungsbedingungen fiihren.
Vom Hochschulrahmengesetzentwurf 1970 bis zum Niedersachsischen
Hochschulgesetz 1978
Ich habe die Texte des Entwurfs fur ein HRG 1970 (HRG 70), des Re-
gierungsentwurfs 1973 (HRG 73), des geltenden Hochschulrahmengesetzes
1976 (HRG 76) und des Niedersachsischen Hochschulgesetzes (NHG Ent-
wurf Jan. 78)jeweils in den die Prufungen und Prufungsordnung regeln-
den Teilen verglichen; dabei habe ich nicht die Vorschriften einbe-
zogen, die z.B. iiber die Regelung von Studienordnungen ebenfalls
Eingriffe auf Prufungen sind.
Auf den ersten Blick fallt eine ungeheure Aufblahung des Textes auf,
an der sich eine Zunahme und Konkretisierung rechtlicher Normierung
von Priifungsordnungen ablesen last. Der Entwurf von 1970 sah ledig-
lich vor:
- Hochschulprtifungen dienen der Feststellung, ob der Student das
Studienziel erreicht hat
- sie kb'nnen ganz oder teilweise durch wahrend des Studiums erbrachte
Leistungen abgelegt werden
- nur wer lehrt, priif t
- jede Priif ungsleistung ist von mind. 2 Priif ern zu bewerten
- die Prufungsordnung bestimmt die Regelstudienzeit
- aufgrund der Priifung wird i.d.R. der Diplomgrad verliehen.
Dabei waren Priifungsordnungen als nachrangig gegeniiber Studienord-
nungen ausgewiesen (Begriindung zu § 37) in dem Grundsatz "dalS die
Priifung sich am Studienziel auszurichten hat, nicht umgekehrt das
Studienziel an der Priifung. Daraus folgt, dafi Priifungsordnungen
- 20
den Studienordnungen angepafit werden mussen." Bezieht man diesen
Entwurf auf die oben genannten Dimensionen der Priifungsreform (S .13)
so sind offenbar die ersten beiden intendiert:
0 "Abbau von Angst und Willkiir durch Rechtssicherheit und Kontrolle"
und
" "Das Studium soil die Priifung bestimmen, nicht umgekehrt".
• Ein Abbau von Herrschaft durch Prufungen wird nicht beabsichtigt ,
die auf Mitbestimmung zielenden Forderungen werden aber auch nicht
verboten.
# Die Konkurrenzbedingungen versucht der Entwurf durch den einheit-
lichen Diplom-Grad unabhangig von der Studiendauer zu vereinheit-
lichen; ob damit aber den Anspriichen der Arbeitgeber geniige getan
ist, ist fraglich. Die Arbeitgeber nehmen 1971 warnend dazu Stel-
lung (10):
"Den Forderungen nach Aufhebung oder Minderung des Leistungsprinzips
an den Hochschulen darf keinesfalls nachgegeben werden. Auf indivi-
duelle, transparente und objektive Leistungsnachweise kann dabei -
ganz im Interesse der Studierenden selbst - nicht verzichtet werden.
Das steht nicht im Gegensatz zur Teamarbeit, die die Industrie be-
jaht und die auch im Hochschulbereich in Zukunft steigende Bedeutung
haben wird. Wenn eine objektive Leistungspriif ung im Rahmen der Hoch-
schule nicht mehr moglich sein sollte, hatte dies die von uns ge-
wiinschte aber unausweichliche Folge, ersatzweise Prufungen bei Ein-
tritt in das Beruf sleben vorzunehmen. "
Es wird sich zeigen, daS die Arbeitgeber Gehbr gefunden haben. Die
Rolle der Prufungsordnung verandert sich im Laufe der Entwicklung
zum HRG 76: In § 11 HRG 76 heifit es: Die Studienordnung "regelt auf
der Grundlage der Prufungsordnung" Inhalt und Aufbau des Studiums.
Da die Prufungsordnung "Priifungsanforderungen und PrUfungsverfahren
abschliefiend zu regeln" hat und sich dies auch auf eventuell anre-
chenbare Studienleistungen bezieht, regelt die Prufungsordnung nahe-
zu alles, was fiir den Studenten im Laufe seines Studiums verpflich-
tend ist. Damit werden Prufungen und Priifungsordnungen zum entschei-
denden Steuerungsinstrument fiir das Studium.
Was wird im Hochschulgesetz aus den Ref ormforderungen des Bremer Ju-
ris tenausbij^ungsgesetzes?
Zu (1) Bewertung mit bestanden/nicht bestanden
Das HRG kennt keine Bewertungsregeln. Nach NHG dagegen ist in der
Prufungsordnung zu regeln, nach welchen Grundsatzen Priif ungsleistun-
gen zu bewerten sind. In einer Rechtsverordnung kann der Minister
dabei Grundsatze erlassen, die die Moglichkeit des Hochschulwech-
sels sichern sollen. Als ein solcher Grundsatz kann, muB aber nicht
zwingend, die Benotung f estgeschrieben werden.
zu (2) Abschichtung der Priifung durch ausbildungsbegleitende Lei-
stungsnachweise^
HRG 70 sah die Moglichkeit vor, dafi Prufungen ganz oder teilweise
durch wahrend des Studiums erbrachte Leistungen abgelegt werden kon-
nen. Aufgrund eines Bundesratseinspruchs kann die Priifung nach HRG 76
lediglich entlastet werden, aber nicht vollstandig durch Studien-
leistungen ersetzt werden. AuBerdem wird vorgeschrieben, dafi Studien-
leistungen, die angerechnet werden, nach Anforderung und Verf ahren
einer Priifungsleistung gleichwertig sein mussen. Damit werden sie
21
faktisch zu Priifungen wahrend des Studiums, fur die alle Priifungs-
regelungen gelten. Damit wird die "Ausnahmesituation" der Priifung
in das Studium selbst hineingetragen und das Studium von dieser Prii-
fungssituation bestimmt.
zu (3) Gruppenpriifung
Die Moglichkeit, integrative Gruppenarbeiten anzufertigen, wird auf-
gehoben: Im HRG 70 gibt es keine Regelungen uber Gruppenarbeiten.
HRG 73 legt bereits das Prinzip der individuellen Leistung f est ;
Gruppenpriifungen miissen diese Feststellung ermoglichen. HRG 76 dagegen
schreibt vor: "Auch bei Gruppenarbeiten mussen die individuellen Lei-
stungen deutlich abgrenzbar und bewertbar sein. "
Das NHG schlieBlich macht die Gruppenarbeit zu einer Farce:
"Priifungsordnungen konnen bestimmen, daB in geeigneten Fallen auch
wesentliche Beitrage zu einer als Priifungsauf gabe gegebenen Gruppen-
arbeit als individuelle Priifungsleistungen anerkannt werden konnen,
wenn diese deutlich abgrenzbar und bewertbar sind." Das bedeutet,
daB Studienleistungen, die anerkannt verden sollen, nur m diesera
Rahmen auch als Gruppenleistungen moglich sind.
zu (4) Mitbestimmung durch Studenten
Das Wahlrecht fiir Themen und Prufer wird nicht angesprochen. Die
Mitwirkung der Studenten als Friifer vird ab HRG 73 untersagt ;
"Priifungsleistungen diirfen nur von Personen bewertet werden, die
selbst mindestens die durch die Prufung festzustellende oder erne
gleichwertige Qualif ikation besitzen.
zu (5) Begriindungspf licht
Gesichert ist im NHG lediglich die Akteneinsicht nach AbschluB der
Prufung.
zu (6) Of fentlichkeit ..f
Nach dem NHG kann der Prufungsvorgang "nach Maligabe der Prutungs-
ordnung fur die Studenten, die "demnachst die Prufung ablegen sowie
andere Mitglieder der Hochschule, die "ein eigenes berechtigtes In
teresse" geltend machen, offentlich sein. Damitist erne kontrollie-
rende Of fentlichkeit nur indirekt moglich, namlich wenn das Ziel der
Kontrolle nicht als das entscheidende Interesse offengelegt wird.
Im NHG ist eine Of fentlichkeit der Beratung ausgeschlossen:
Bei der Beratung der Prufer uber das Priifungsergebnis durfen andere
Personen (auBer Beisitzer) nicht anwesend sein. Dies schlieBt auch
eine Of fentlichkeit mit Einverstandnis des Prufenden und Prutlings
aus und verhindert sogar, daB studentische Mitglieder in Prufungsaus-
schiissen ihr Recht wahrnehmen, am gesamten Prufungsvorgang teilzu-
nehmen.
Beziehen wir dies wieder auf die genannten vier Dimensionen der
Priifungsreform:
t Kontrolle durch Rechtssicherheit wird in dem Sinne moglich, als
der Rechtsweg fiir eine Fiille von Fragen jetzt moglich wird. Die Kon-
trolle auf dem Rechtsweg ist aber in den meisten Fallen lediglich
eine theoretische Moglichkeit (sie wird auch fast nur von Medizmern
und Juristen genutzt) ; sie unterwirft die Entscheidung i.d.Regel
konservativen Grundsatzen. Eine Kontrolle durch Offentlichkeit da-
gegen wird durch das NHG verhindert.
22 -
• Spatestens im HRG 76 bestimmt die Priifung das Studium und nicht
umgekehrt. Priifungen sind als entscheidendes Steuerungsinstrument
seitens des Staates und der Arbeitgeber wiederentdeckt . Priifungen
ermoglichen zudem nicht nur eine Kontrolle der Studenten, sondern
zugleich der Dozenten. Dies ist eine - aufgrund der veriinderten
Strukturen an den Hochschulen und in den Lehrkorpern - in ihrer Be-
deutung zunehmende Funktion von Priifungen.
• Urn die Gleichwertigkeit der Hochschulabschliisse und damit die Kon-
kurrenzfahigkeit zu sichern, ist der Minister im NHG ermachtigt,
durch Recht sverordnungen zusatzlich zu den Bestimmungen des NHG in
Priifungsordnungen einzugreif en. In Studienreformkommissionen konnen
zudem Arbeitgeber selbst uber Studieninhalte mi tbestimmen.
• Abbau von Herrschaft ist nicht intendiert. Die Herrschaftsfunk-
tion wird vielmehr gefestigt, sie wird zum Tail verlagert von der
willkiirlichen Herrschaft des einzelnen Professors zur staatlichen
Herrschaft mittels detaillierter Priifungsvorschriften.
5. STUDIENKONTROLLE DURCH PRDFUNGEN
"Die Fachbereiche geben sich Priifungsordnungn" heiBt es im NHG:
Dies scheint die Verwirklichung der Hochschulautonomie zu sein. Tat-
sachlich aber hat das Ministerium die Moglichkeit, weit in Priifungs-
formen und -inhalte einzugreif en. Dazu sind durch das Hochschulge-
setz mehrere Instrumente bereitgestellt, die nach Bedarf eingesetzt
werden konnen:
- Mit Hilfe der Rechtsauf sicht werden die Hochschulen verpf lichtet ,
das NHG einzuhalten
- Mit Hilfe der zeitlich begrenzten Fachaufsicht kann der Minister
an Fachhochschulen die Genehmigung aus Griinden der "ZweckmaBig-
keit" versagen
- Der Minister kann per Rechtsverordnung Grundsatze fiir Priifungsord-
nungen erlassen, die die Gleichwertigkeit der Abschliisse sichern
sollen. Dies kann soweit gehen, daB bestimmte "Mindeststandards"
festgelegt werden
- Es werden Studienreformkommissionen auf Bundesebene und gleichzei-
tig auf Landesebene eingerichtet . Der Minister kann Empfehlungen
einer dieser Kommissionen fiir verbindlich erklaren. Damit konnen
Musterprufungsordnungen f estgeschrieben werden.
Diese Kontrolle uber das Studium ist gleichzeitig auch
keit einer politischen Kontrolle mit Hilfe von Priifunge
in einem Exkurs an einen Fall der Fachhochschule Mannhe
Dem Kultusministerium (KM) Baden-Wurttemberg gingen 197
ter Seite Informationen zu, wonach die Studien- und Prii
an der Fachhochschule fur Sozialwesen Mannheim nicht be
soil etwa indem die Grundsatze eines ordnungsgemaBen P
fahrens mifiachtet wiirden. AuBerdem soil es bei den Leis
sen mehr auf die richtige politische Gesinnung der Stud
fachliche Leistungen ankommen". (11)
Daraufhin wurde die FH gezwungen, "unverzuglich samtlic
74/75 geschriebenen Klausuren und Hausarbeiten einschli
schluBarbeiten mit Aufgabenstellung dem KM vorzulegen".
Arbeiten wurden danach monatelang iiberpriift.
die Moglich-
Dazu sei
im erinnert:
5 "von drit-
fungsordnung
achtet werden
riifungsver-
tungsnachwei-
enten als auf
he im WS
eBlich Ab-
(12) Diese
23
Nach dem HRG 76 miissen alle Studienleistungen, die fiir eine Prufung
angerechnet werden, nach Art und Verfahren einer Priifungsleistung
gleichwertig sein. Das bedeutet, dafi solche Seminarref erate, Hausar-
beiten, Sitzungsberichte u.a. samtlich in den Priifungsakten verwahrt
werden miissen. Mit Hilfe eines Vorgehens wie in Mannheim (13) kann
das Ministeriura, auf dem Weg der Amtshilfe aber auch z.B. das Amt
fiir Verf assungsschutz, konnen moglicherweise auch Arbeitgeber
- den Entwicklungsgang eines Studenten wahrend seines Studiums nach-
vollziehen,
- die Inhalte nahezu jedes Seminars anhand der in ihm geschriebenen
Arbeiten und abgehaltenen Priifungen rekonstruieren.
Sicherlich wird auch in Zukunft nicht jede Arbeit, jedes Referat,
jeder Praxisbericht tiberpruft werden. Aber die Moglichkeit einer
umfassendsten Uberpriif ung besteht - und zwar noch Jahre spater unter
veranderten politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten.
Dies schafft Bedingungen fiir vorbeugende Selbstzensur von Studenten
und Dozenten, die die Freiheit der wissenschaf tlichen und praktischen
Auseinandersetzung in Seminaren und Projekten einschranken wird.
6. ZUSAMMENFASSUNG
Die dargestellte Verrechtlichung ist also Ausdruck einer widerspriich-
lichen Entwicklung: Die Forderungen nach rechtlicher Absicherung
wurden gestellt, damit Studenten Schutz vor der Willkiir von Dozenten
haben, damit sie ihr Studium so planen konnen, daS sie auch mit dessen
Erfolg rechnen konnen, damit die Priifungen kein Gliicksspiel sind.^
Die Verrechtlichung findet aber in einer Situation statt, in der in
vielen (zumeist sozialwissenschaf tlichen) Bereichen zum einen die
Bedeutung von Priifungen und Zensuren kritisch eingeschatzt wird,
zum anderen ein gewisser "Konsens unterhalb der formalen Ebene iiber
eine moglichst humane Durchfuhrung der Priifungen besteht.
Dieser Konsens fiihrt zu einer gewissen Abwertung der Prufung. Dieser
Abwertung wird mit der Verrechtlichung von Prufungen entgegengewirkt .
Durch die konkrete Ausgestaltung des Priif ungsrechts wird _ das Studium
in Form und Inhalten festgelegt, Seminare werden durch einbezogene
Prufungen der Selbstbestimmung von Dozenten und Studenten entzogen
und errungene Arbeitsformen wie Gruppenarbeit mehr Oder weniger zu-
nichte gemacht.
Die Gewichtung der Prufungen fiihrt dazu, daS das Gegnerverhaltnis
von Lehrenden und Lernenden, das teilweise (z.B. in Projekten) infol-
ge der Studentenbewegung gemildert war, wiederhergestellt wird.
Damit wirkt sich die Verrechtlichung der Prufungen - die studenti-
sche Interessen zum Ausgangspunkt hat - objektiv gegen studentische
Interessen aus.
Die Steuerung des Studiums durch diesen ProzeB der Verrechtlichung
zeigt Wirkung zu einer Zeit, in der die Auslesefunktion von Priifun-
gen aufgrund der Arbeitsmarktlage wieder verstarkt hervortritt. Ar-
beitgeber konnen inhaltliche Forderungen in Priif ungsordnungen fest-
schreiben und damit auf das Studium einwirken.
Erst die gegenwartige Arbeitsmarktlage - Konkurrenz in nahezu alien
Berufen fiir Hochschulabsolventen - schafft zudem in den "Kopfen"
der Betroffenen, der Lehrenden und Lernenden, die Bereitschaf t , die
Auslese- und Herrschaftsfunktion von Prufungen zu verinnerlichen
und damit in jeder konkreten Priif ungs situation zu reproduzieren.
Es niitzt jetzt nichts, allein auf die verlorengegangenen Reformposi-
tionen zu starren und ihre Liquidation zu beklagen. Notwendig ist
es, inhaltliche Konzepte zu entwickeln, in denen die Studenten als
kiinftige Arbeitnehmer in die Lage gebracht werden, ihre Arbeitskraft
verkauf en zu konnen und dennoch auch in ihrer politischen Identitat
zu iiberleben und handlungsfahig zu sein.
ANMERKUNGEN
(1) dazu: R. Neuhaus (Bearbeiter) , Dokumente zur Hochschulreform
1945-59, hrg. von der Westdt. Rektorenkonferenz, Wiesbaden 1961
(2) von Schenck, S. 115
(3) Schmidt/Thelen, S. 95-96
(4) das allerdings kurz nach seiner Verof fentlichung zum Teil vom
Staatsgerichtshof in Bremen verworfen wurde
(5) Konrad Huchting, Priifungsreform in: Der neue Jurist, SL,
1973, S. 175 ff. Huchting hat beim Juristenausbildungsgesetz
mitgearbeitet.
(6) Vorschaltgesetz fiir ein Niedersachsisches Gesamthochschulgesetz
i.d.F. vom 12.11.1973
(7) BeschluB des Niedersachsischen Landesministeriums zur Errichtung
von Fachhochschulen i.d.F. vom 28.5.74
(8) Verwaltungsgericht Oldenburg Urteil vom 18.7.77 AZ II D 83/77
(9) so die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Oldenburg, a.a.O.
(10) Bundesverband der Deutschen Industrie, 1971, abgedruckt in
Schenck, S. 122 f.
(11) KM Baden-Wiirttemberg, 14.5.1975, Erlafl an die FH fiir Sozialwe-
sen Mannheim, S. 2
(12) KM Baden-Wiirttemberg, ErlaS vom 14.4.1975
(13) DaS ein solches Vorgehen nicht unmoglich ist, zeigt z.B. die
Tatsache, dafi in diesem Semester das MWK die Notenlisten des FB
Sozialpadagogik zugesandt haben wollte.
LITERATURLISTE
St
w.
Schmidt/D. Thelen FHochschulreform, Ffm, 1969
Pietzcker, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Ausgestaltun .
staatlicher Priifungen, Berlin 1975
Kvale, Prufung und Herrschaft, Weinheim 1972
Tbieme, Das Hochschulrahmengesetz, in: Wissenschaf tsrecht, Wissen-
schaf tsverwaltung, Wissenschaftsfbrderung, 1976, S. 193
Autorenkollektiv, Kapitalistische Hochschulreform, Erlangen 1972
R. Neuhaus (Bearbeiter), Dokumente zur Hochschulreform 1945-59,
hrg. von der Westdt. Rektorenkonferenz, Wiesbaden 1961
Autorenkollektiv, Der neue Jurist, Materialien zur reformierten Juri-
stenausbildung in Bremen, Luchterhand, Darmstadt 1973
Guntram von Schenck, Das Hochschulrahmengesetz, Verlag Neue Gesell-
schaft, Bonn 1976.
- 24
25
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SZ-Fachgruppe Sozialpadagogik, Tiibingen
DAS DIPLOM - ODER
WAS AUS DEM REFORM-PROFI GEWORDEN 1ST
Im Gegensatz zu den meisten Studenten im Arbeitsfeld Sozialarbeit
ist unser Hintergrund nicht die Fachhochschule, sondern die Univer-
sitat: Diplomstudiengang Sozialpadagogik.
Die Durchsetzung des Diplomstudienganges erfolgte mit den ersten
Schritten der kapitalistischen Hochschulref orm seit Ende der 60iger
Jahre, als die Notwendigkeit bestand, das System bildungs- wie auch
sozialpoli tischer Leistungen und Kontrollen den veranderten Anfor-
derungen der kapitalistischen Wirtschaft und Gesellschaft anzupassen.
Die im Zuge des SPD-Reformeif ers erfolgte Bereitstellung staatli-
cher Mittel fur den Ausbau des Erziehungssektors lieli
Funktionen fur Erzieher erwarten (Entwicklung, Planung und Erpro-
bung und Kontrolle neuer Bildungssysteme sowie sonstiger padagogi-
scher MaBnahmen) und damit einen automatischen Bedarf an Fachkraf-
ten, die von den Planern als Elite eincr sozial-technologischen aus-
gebildeten, an den Konzeptionen moderner empirischer Sozialf orschung
geschulten Padagogenhierarchie vorgesehen war.
Neben dieser sozialtechnologischen Innovationspadagogik entstanden
in dieser Reformphase jedoch auch Stromungen innerhalb der Padago-
gik, die sich als Kritik der herrschenden Padagogik verstanden
(verstehen) .
Es sind dies Stromungen "links-ref ormistischer" Art, deren theore-
tisches Fundament eine "kritische" Handlungstheorie bildet, deren
Elemente aus verschiedenen Bruchstucken biirgerlicher Theorieansatze
(Interaktionismus, Psychoanalyse, Soziales Lernen) vermittelt mit
Ansatzen Marxscher Theorie zusammengesetzt sind. Padagogik soil nach
diesen Vorstellungen immer im Interesse der Betroffenen eine "Eman-
zipative Padagogik" sein. Praktische Handlungskonsequenzen einer
derart "Kritischen Padagogik" sind Ref ormpro j ekte und Reformen der
Institutionen per Wissenschaft "von oben", die die Freiraume dieser
Gesellschaft im Interesse der Betroffenen und mit den Betroffenen
ausnutzen sollen. Im ganzen laBt sich der theoretische Komplex dieser
Padagogik, «ie sie auch als Grundlage des Diplomstudienganges kon-
zipiert wurde, und wie sie von den meisten Lehrenden unseres Insti-
tuts vertreten wird, charakterisieren als ein Konzept der "neuen
Fachlichkeit" (kritischer) Bezug auf die der Sozialarbeit zugrunde-
liegenden gesellschaftlichen Konflikte; Methoden, die emanzipative
Selbstref lexion zulassen; Orientierung an "modernen" Sozialwissen-
schaften; wissenschaf tlich-"kritische" Selbstref lexion der Profes-
sionellen, usw. (vergleiche dazu: Thesen von .Hans Thiersch und Hans
Uwe Otto zur Dipl.-Padagogen-Ausbildung in Neue Praxis 3/l>J76)
Mit dem Ende der Reformphase (auf gesellschaf tlicher Ebene: okonomi-
sche Krisensituation, zunehmende Finanzknappheit des Staates,
verstarktem Auftreten offen reaktionarer Tendenzen) anderten sich
auch im Sozialbereich die Verhaltnisse. Neben den Mi ttelkurzungen
- 27 -
und dem Ausbleiben der angekiindigten Planstellen und der mit diesem
Ausbleiben verbundenen Konkurrenzsituation und drohenden Arbeitslo-
sigkeit von Sozialarbeitern und Padagogen auf dem Arbeitsmarkt (s.u.),
veranderte sich auch der Sozialbereich im eigentlichen Sinn:
Einer zunehmenden Zahl von "sozialen Fallen" der aus dem gesellschaf t-
liclien Arbeits zusammenhang herausgefallenen Menschen (Arbeitslose,
"Verwahrlosce", Deklassierte etc.), steht auf der anderen Seite ein
Kontroll- und Verwaltungssystem der sozialen Berufe gegeniiber, das
zunehmend repressive Methoden restauriert und dadurch die in der Re-
formphase entstandenen Ansatze zurucknimmt . (Exemplarischer Fall:
Heimerziehung) .
Diese Riicknahme der MSglichkeiten ref ormistischer Projekte, also
das reale Scheitern der "neuen Fachlichkeitskonzeption" hat ebenso
Auswirkungen auf den Studiengang Sozialpadagogik. Auswirkungen, die
einerseits direkte Konsequenz staatlicher Reg lenient ierungen sind
(LHG, verscharfte Priifungsordnungen etc.). zum anderen aber auch
den veranderten Erwartungen und Einschatzungen sowohl der Lehrenden
als auch der Studenten hinsichtlich der Moglichkeiten padagogischer
Methoden, praktisch handlungsrelevant zu sein, geschuldet sind.
Dies soil im folgenden anhand des Studienganges etwas erlautert wer-
den.
VERANDERUNG IM DIPLOMSTUDIENGANG
Ohne hier naher auf den Studiengang im einzelnen eingehen zu konnen
sollen hier kurz die inhaltlichen Schwerpunktsetzungen angegeben
wer den.
Wiihrend die Ausrichtung des Studiums an den Fachhochschulen im we-
sentlichen auf die Aneignung bestimmter isolierter Handlungsmetho-
den ausgerichtet ist, ist unser Studium der Intention nach derart
aufgebaut, dafi dem Studenten die Erarbeitung eines breiten Grundla-
genwissens ermoglicht werden soil.
Dieses Grundlagenwissen besteht zum einen aus "gesellschaf tspoliti-
schen Grundlagen der Padagogik (Politische Okonomie)", zum anderen
aus Handlungs- und Sozialisationstheorien.
Intention dieser Studiengestaltung war es - vgl , das Konzept der
neuen Fachlichkeit - den Zusammenhang zwischen (padagogischem) Han-
deln und den gesellschaf t lichen Verhaltnissen aufzuzeigen.
Der formale Aufbau des Studiums begiinstigt dagegen die Trennung
des inhaltlichen Zusammenhangs , indem zwischen Grundstudium und
Hauptstudium unterschieden wird, wobei das Grundstudium mehr die
"allgemeinen Voraussetzungen" anbietet, wahrend im Hauptstudium
Schwerpunkte (Jugendarbeit/Gemeinwesenarbeit/Sozialplanung/Sozial-
politik/Beratung etc.) studiert werden, was zur Folge hat, daB Me-
thoden der Sozialarbeit unabhangig - oder nur aufierlich vermittelt -
von den gesellschaf tlichen Bedingungen gesehen werden.
Diese Tendenz hat sich durch die Entwicklung in den letzten Jahren
erheblich verstarkt: Das BewuBtsein der Unbeliebtheit bei staatli-
chen Bildungsbehbrden hat bei den Dozenten zu einer hochschulpoliti-
schen Strategie gefiihrt, "Reformen" von oben - statt sich dagegen
zu wehren - lieber selbst durchzufiihren, in der Hoffnung, sich Frei-
raume sichern zu konnen.
So werden Studiengang und Prufungsordnung an das neue" LHG angepaBt:
Institutionalisierung von Pf lichtveranstaltungen', die sich jedes
28
Jahr wiederholen, Trennung von Vo
und Hauptstudiengang (Erarbeitung
von Spezialveranstaltungen zu akt
Ausbildung andern sich: War friihe
samtzusammenhangs von Sozialarbei
mbglich (wenn auch nur in der Kri
der Studieninhalte), so wendet ma
nem Wissen zu (z.B. Recht fur Soz
(Funktion des Rechtes in der Gese
werden.
r s tudi engang (Grund lagent heor ien)
einzelner Methoden, Einschrankung
uellen Themen) . Die Inhalte der
r noch die Erarbeitung eines Ge-
t und kapitalistischer Gesellschaft
tik der reformistischen Ausrichtung
sich heute mehr anwendungsbezoge-
ialpadagogen) , dessen Grundlagen
llschaft) nicht mehr erarbeitet
Auch im StudentenbewuBtsein zeigen sich Tendenzen, die zwar in frii-
heren Jahren vorhanden waren, aber erst jetzt manifester werden.
Konnte man noch vor 2 Jahren davon ausgehen, daB die Mehrheit der
Sozialpadagogikstudenten "links" war, dafi nach der politischen Aus-
richtung der Padagogik gefragt wurde (Zusammenhang wissenschaf tlicher
Methoden und kapitalistischer Gesellschaft; Padagogik als Wissen-
schaft der optimalen Verwaltung der Menschen, die aus dem Arbeitszu-
sammenhang der Gesellschaft rausgefallen oder noch gar nicht reinge-
kommen sind) so werden in letzter Zeit Stimmen unter Studenten laut,
die vom Studium hauptsachlich die Vermittlung einzelner Handlungs-
techniken erwarten.
Mit dieser Erwartungshaltung kommen hauptsachlich Studenten, die
ihr Hauptpraktikum (obligatorisch 6 Mon.) hinter sich haben und im
Praktikum feststellen mufiten, daB sie konkreten Konf liktsituationen
nicht gewachsen waren.
Trotz Restaurationstendenzen und zunehmend entpolitisiert-pragmati-
scher Motivationen, die den Studiengang verandert haben, ist aber
nach wie vor eine kritische Grundorientierung, zugleich auch eine
Orientierung auf eine wissenschaf tlich-innovatorische Beruf spraxis,
quasi "oberhalb"normaler Sozialarbeit maBgeblich.
BERUFSREALITAT UND -TENDENZEN
Fromme Wiinsche allein haben noch selten die Welt verandert. Allein
dadurch, daB einige Hundert ein Diplom fur wissenschaf tlich-innova-
torische Sozialpadagogik vorzuweisen haben, ist solche Sozialpodago-
gik noch nicht Praxis, vor allem: ist sie noch nicht bezahlt. Und
auch der Nachweis, daB in vielen Bereichen wie Altenpadagagik, Vor-
schulerziehung, Sozialpsychiatrie usw. ein immenser "gesellschaf tli-
cher Bedarf" herrsche, bewirkt in einer Gesellschaft so gut wie
nichts, der nicht Bedarf und Bediirfnisbefriedigung, sondern Tausch-
wertproduktion und Ausbeutung zugrundeliegt.
Die fur eine bessere Sozialarbeit Ausgebildeten sind also, genau
wie Graduierte auch, auf einen Arbeitsmarkt geworfen, der, im Zei-
chen staatlicher Finanzkrise und Umverteilung der Haushalte zuguri-
sten von Subventionsprogrammen furs [Capital, sowie repressivem MiB-
trauens gegeniiber allem, was auch nur "emanzipatorische" Sozialar-
beit anstrebt, die Konkurrenz um die vorhandenen Stellen verschSrft
hat. Mehr noch: Uberangebot von Ausgebildeten von der einen, Ratio-
nalisierungsdruck, Einsparungen und repressive Liquidation von Mo-
dellen von der anderen Seite schlieBen die Klemme inner enger.
Die Diplomierten erfahren also einen Prozefi der Erniichterung, die
gesellschaftliche Krise am eigenen Leibe: Sie miissen um die vorhan-
- 29 -
denen Stellen konkurrieren, konnen auch langerfristig arbeitslos
werden, oder landen, mit Gliick, in gar nicht so modellhaften und aka-
demisch-auserlesenen Institutionen (bisher vorwiegend in der offenen
Jugendarbeit, in Heimen, weniger in Amtern) und sind so mit den An-
forderungen "normaler" Krisen-Sozialarbeit konfrontiert : Zunahme der
"Falle", zunehmende Desorientierung und Deklassierungstendenzen bei
den "Klienten".
So stellen sich fur das Gros der Diplomanden, die eine Stelle bekom-
men haben, keine speziellen Diplom-Probleme wie Planung, Leitung
oder Verwissenschaftlichung von Praxis, wie es den Reformern an der
Universitat vorschwebte und z.T. noch vorschwebt, sondern sie erfah-
ren die gesellschaftlichen Grenzen der Sozialarbeit angesichts indi-
vidualisierter Krisenfolgen in ihrer Beruf spraxis.
Neben dieser Hauptgruppe, fiir die der Mythos einer "professionali-
sierten", wissenschaf tlichen Padagogik of fensichtlich an der Krisen-
realitat zerschellt ist, gibt es noch eine kleine, andere Gruppe
von Diplomierten, die, oft nach FHS-Studium und Beruf spraxis, ein
Aufbaustudium hinter sich gebracht hat. Oft hat diese Gruppe friihe-
re, desillusionierende Beruf serfahrung so verarbeitet, daB Scheitern
in der Praxis als individuelles Qualif ikationsdef izit mterpretiert
wurde, woraus sich eine starke Motivation zur Hoherqualif lkation,
vor a Hem in "Modebereichen" wie Gruppendynamik, Superversion, metho-
disierte Therapien, Planung usw. ergeben hat. Sicher ist das Studium
selbst nun auch ein Erf ahrungsprozeS, der solche Wissenschaf tsglau-
bigkeit und auch individuelle Karriere- und Auf stiegshoffnungen re-
flektierbar machen kann. Trotzdem ist zu befiirchten, daB bei dieser
Gruppe von Studenten das Angebot einer prof essionell-klimschen WeiB-
kittelidentitat auf fruchtbaren Boden fallt.
Diese Aufbau-Diplomierten haben nun bisweilen Chancen auf die weni-
gen Stellen, die, in Model 1- oder Forschungsproj ekten, in der Lehre
an FHSen oder Unis, eher noch dem akademischen Leitbild entsprechen.
Doch wird es eindeutig eine Minderheit der Absolventen bleiben, die
es solchermaSen mit dem Dipl. Psychologen oder Mediziner aufnehmen
kann, was insgeheim oder auch explizit die Orientierung fur eine ahn-
lich wissenschaftliche und gesellschaf tliche Anerkennung der profes-
sionell-monopolisierten Fachkompetenz "Dipl. Pad." war.
Alles in allem: Der Diplompadagoge bleibt also im Durchschnitt auf
dem (krisenhaft-gesellschaftlichen) Teppich.
BERUFSVERBAND ODER GEWERKSCHAFT?
Damit aber ist auch real einem Konzept der Boden weitgehend entzogen,
dem ein Beruf sverband fiir Diplompadagogen vorschwebt, der sogar in
Form einer "Bundesarbeitsgemeinschaf t fiir Diplompadagogen" Realitat
wurde, eifrige Griinder und - zumindest - Vorsitzende fand. Hier
geistert immer noch die "neue Fachlichkeit" herum, ein "Berufsbild
soil erstellt werden, fiir das man wissenschaf tlich-kompetenter Fur-
sprecher, pressure-group und praktischer Interessent in einem sein
will, nattirlich keinesfalls gegen die OTV, wie versichert wird, aber
eben doch im Moment hiibsch unter sich, wie es sich fiir Akademiker
gehbrt .
Abgesehen von reaktionaren, standi sch-hierarchisierenden Interessen,
die sich im Rahmen einer solchen "Arbeitsgemeinschaf t" einfinden,
wird hier weiter die alte Illusion "wissenschaftlicher Kompetenz"
30
gepflegt, als ware allein schon durch das Anbieten einer "innovato-
rischen" Qualifikation fiir Problemlosung im Sozialbereich und durch
die Definition eines Platzes in der gesellschaftlichen Funktionshier-
archie ("Berufsbild") "die" Gesellschaft von der Niitzlichkeit zu
"iiberzeugen" und damit der Beruf sstand hergestellt und abgesichert.
Realistischer in Bezug auf den Arbeitsmarkt, vor allem aber politisch-
strategisch sinnvoller ist dagegen die Einsicht, daB aus den Diplo-
mierten eben "normale" Sozialarbeiter geworden sind, die als padago-
gische Lohnarbeiter Interessen an Arbeitsbedingungen und -inhalten ha-
ben; Ankniipfungspunkt der Organisierung ist somit nicht ein wissen-
schaftlicher Nimbus, sondern die Erfahrung einer Arbeit, die es mit
der verstaatlicht-vergesellschaf teten Sozialisation bzw. Reproduk-
tion der Arbeitskraft unter Bedingungen einer krisenhaften Gesell-
schaft zu tun hat. Damit kann aber nur eine gewerkschaf tliche Orga^
nisierung zur Debatte stehen (und dariiber hinausgehende politische
Organisation), eine Arbeit in der OTV, wobei es wichtig ist, Lohn-
arbeiterinteressen vermittelt mit inhaltlich-politischen Interessen
mit der Perspektive von Klassenlernprozessen in gewerkschaftliche
Diskussionen und Aktionen einzubringen (vgl. unseren Beitrag zur
Landwehr/Wedekind-Kontroverse, Info Sozialarbeit Heft 19 und Info
Sozialarbeit Heft 16 Gewerkschaf tsarbeit in der OTV).
POLITISCHE ARBEIT IM STUDIUM
Ansatzpunkt ist hier einmal die, vor allem im Grundstudium stattfin-
dende Beschaf tigung mit gesellschaf tstheoretischen Voraussetzungen
von Padagogik: Hier konnen wir an vorhandene "kritische" Anspriiche
ankniipfen, um diese zu einer marxistischen Gesellschaf tsanalyse wei-
terzutreiben. Zweitens versuchen wir, in immanenter Kritik einer sich
als emanzipatorisch verstehenden Padagogik herauszuarbeiten, dafl und
warum (gesellschaf tliche Arbeitsteilung! ) kritische (Einzel-)Ein-
sichten uber die kapitalistische Gesellschaft, eine davon einzelwis-
senschaf tlich-getrennte Sozialisationstheorie und padagogische Me-
thoden auseinanderfallen, und daB diese Nicht-Vermittlung zu Sozial-
technik, bestenfalls zu einer auf kommunikative Prozesse reduzierten
"Emanzipation" fiihrt. Wissenschaf tskritik wird so zu einer Kritik
an beruflicher Praxis, wobei es Hauptziel ist, den Mythos des weiBbe-
kittelten Intellektuellen zu zerstoren, seine vermeintlich neutral-
fachliche oder auch emanzipationstechnische Funktion als Herrschafts-
moment innerhalb der kapitalistischen Arbeitsteilung zu kritisieren,
damit aber Konf likthaftigkeit und Grenzen padagogischer Weltvera'n-
derung deutlich zu machen, ohne abstrakte Negation: beruf srevolu-
tionaren Ethos jenseits beruflich-gesellschaf tlicher "Befangenheit"
zu predigen. Vielmehr geht es um das Bewufitsein und um die prakti-
sche Handlungs(gegen)qualif ikation, die im Beruf sf eld - sicher ver-
zerrt und individualisiert - erfahrene gesellschaf tliche Konflikt-
haftigkeit als solche bewuBt zu machen, um die zu "Klienten" defi-
nierten Menschen zu solidarischer Realisierung ihrer (Reproduktions)
Interessen zu befahigen. Und sowohl fiir die "Prof essionellen" als
auch fiir die "Adressaten" wird dann eine Linie politisch-gesellschaf t-
licher Praxis sichtbar und greifbar, die iiber die Institutionen,
den Sozialbereich hinausgreif en mufl, um auf gesamtgesellschaf tliche
Umwalzung abzuzielen.
- 31 -
AG SPAK- Mater ialien zum Thema
Sozialpolitische
Initiativen
Zur alternativen Okonomie 2
Leistungsdruck.Arbeitslosigkeit, Berufsver
bote etc. bewirken, daB immer mehr Men-
schen - freiwillig Oder unfreiwillig ■ aus dem
kapitalistischen ProduktionsprozeB fallen.
Die Suche nach Alternativen, die nicht nur
auf den 'Freizeit'-Bereich beschrankt blei-
ben, sondern auch die materielle Reproduk-
tion absichern, hat zu einem sprunghaften
Anstieg von Projekten 'Alternativer Okono-
mie' gefuhrt. Dieses Buch enthalt: Beitrage
zur Theorie, zur Diskussion und zur Praxis
der alternativen Okonomie (Arbeitslosen-
selbsthilfen, Konsumverein, Rotarbeit, AAO,
Gemeinschaftsbank u.v.m.) sowie Notate zur
neuesten Geschichte der Alternativen Oko-
nomie.
264 S„ ISBN 3-88227-029-2
DM 13-
Obdachlosenpolitik in der BRD
enthalt; Trendlinien kommunaler Obdachlo-
senpo/itik, ausfiihrliche Projektgruppenberich-
te aus Miinster und Marburg sowie konkrete
Handlungsanleitungen fiir Sozialarbeiter und
Studenten zur Zusammenarbeit mit Obdach-
losen.
244S.,zahlr.Dokumente,ISBN 3-88227-028-4
DM 13-
Jugendarbeit im Ferienlager
Erfahrungen, praktische Hinweise, theoreti-
sche Oberlegungen.
Die Autoren dieses Buches wollen eine Ant-
wort auf die standig bei der Vorbereitung und
Durchfiihrung van Ferienlagern wiederkehren-
den Fragen geben, damit die Betreuer (-grup-
pen) nicht immer wieder von vorn beginnen
miissen. Sie wollen Programmgestaltungsvor-
schlage machen, die aus ihrer Erfahrung heraus
erfolgreich waren. Sie wollen den Betreuern
Tips und Ratschlage geben, wie Auseinander-
setzungen mit dem Trager der MaEnahme er-
folgreich in ihrem und im Interesse der Lager-
teilnehmer entschieden werden kbnnen.Nicht
zuletzt wollen sie einen Beitrag zur Diskussion
iiber den padagogisch-politischen Stellenwert
von Ferienlagerarbeit liefern.
180 S., ISBN 3-88227-031-4
DM 10,-
Zur alternativen Okonomie 1
Ein Reader verschiedener, alternativ zur
bestehenden Lebens- und Wirtschaftsform
entwickelter, auch praktizierter Modelle
sowie eine Kritik an den dargestellten
Modellen. Dieses Buch enthalt Beitrage
zu; Geschichte der Genossenschaftsbewe-
gung, Kommunen in der Neuen Welt, CLAP,
Produktionskommunen, u.v.m.
4. Aufl., 192 S., ISBN 3-88227-019-5
DM 6,50
Handbuch zur praktischen Medienarbeit 1
Was man mit Farbe und Papier so alles machen
kann
Zeitung, Plakat, Flugblatt, Briefe, Infostand,
Montage, Drucktechniken
Dieses Handbuch wurde von aktiven Leuten
aus der Jugendzentrumsbewegung zusammen-
gestellt. Es ist eine Aufforderung und Ermu-
tigung an alle Initiativgruppen, mit mehr Phan-
tasie die Freizeit und den 'grauen' politischen
Alltag zu gestalten, essoll fur viele eine Hilfe
sein, sich ausdriicken zu lernen, Offentlichkeit
zu schaffen, Gegenoffentlichkeit herzustellen.
192S.,zahlreicheAbb., ISBN 3-88227-026-8
DM 8,50
Demnachst erscheinen:
Reader zur Psychiatrie und Antipsychiatrie
ca. 240 S., ca. 15,- DM
Volkserziehung in Lateinamerika
Von der Theorie Paulo Freires zur politischen
Praxis der Unterdriickten
ca. 240 S., ca. DM 13,-
Katalog anfordernl
Zu beziehen uber:
Sozialpolitischer Verlag, Schlesische StraBe 31,
1000 Berlin 36
oder uber den Buchhandel.
[Der Sozialpolitische Verlag verlegt und vertreibt
die Materialien der Arbeitsgemeinschaft Sozialpo-
litischer Arbeitskreise AG SPAK)
Frank Duchting, Hamburg
ERFAHRUNGEN MIT DEM
STUDIENBEGLEITENDEN PRAKTIKUM
Grundsatzlich problematisch in der Ausbildung von Sozialarbeitern
auf Fachhochschulebene ist die Theorie-Praxis-Vermittlung:
Wie muB die Ausbildung organisiert sein, mn zum einen theoretisches
Grundlagenwissen zu vermitteln, zum anderen antizipacorisch berufs-
praktisches Handeln einzuiiben?
Im Zusammenhang mit dieser Fragestellung gibt es (im Rahmen der iibli-
chen 2-phasigen Ausbildung) unterschiedliche Losungsansatze an den
verschiedenen Fachhachschulen:
• Blockpraktika, die in vier oder sechs Wochen mehrmals im Rahmen
des Hauptstudiums absolviert werden.
Der entscheidende Nachteil dieses Ansatzes ist, daS die Studenten
zu kurz und zerstiickelt die Praxis kennenlernen, ohne diese jedoch
geniigend reflektieren und aufarbeiten zu konnen.
0 Freiwillige, von Dozenten und/oder Studenten organisierte Praktika.
Abgesehen von den Schwierigkeiten, iiberhaupt Praxisstellen nach
jeweiligem Interesse zu bekommen, die dann meistens in (z.T. fach-
hochschulorganisierten Projekten angesiedelt sind, ist bei diesem
Ansatz vor allem die Freiwilligkeit ein Problem: Studenten, die
nicht an einem Praktikum teilnehmen (wollen), verfiigen nicht mal
ansatzweise iiber sozialpadagogische Praxiserf ahrungen.
1 Studienbegleitende Praktika, die im Rahmen des Studiums als seme-
steriibergreifende Pf lichtveranstaltungen organisiert sirid.
Innerhalb dieses Ansatzes gibt es unterschiedliche Organisations-
moglichkeiten.
Eine dieser Moglichkeiten soil im folgenden dargestellt werden,
wobei nicht primar die Schwierigkeiten in der Theorie-Praxis-
Verbindung, die selbstverstandlich auch in diesem Ansatz angelegt
sind, erortert werden, sonden schwerpunktmaBig die Fragestellung
untersucht wird:
Welche studentischen Erhaltensformen und Reaktionsweisen lassen
sich im Hinblick aufs studienbegleitende Praktikum heraus schalen,
und:
Wie sind diese zu erklaren?
1. STUDIENBEGLEITENDES PRAKTIKUM
Das Praktikum an der evangelischen Fachhochschule in Hamburg grenzt
sich von den anderen Formen der Praktika vor allem erstmal dadurch
ab daBes Pflicht fiir alle Studenten und seine erfolgreiche Absol-
vierung Priifungsvoraussetzung ist.
Die hauptamtlichen Dozenten bieten fur jedes (3-semestrige) Haupt-
studium einen Kanon von sogenannten Schwerpunkten an: Zur Zeit exi-
stieren - bedingt durch die jeweiligen Qualif ikationen, Praxiserf ah-
rungen und -kontakte der Dozenten - folgende Schwerpunkte:
33
Sozialpsychiatrie, Jugendarbeit in Kirchengemeinden , aufierschuli-
sche Bildung, soziale Dienste in der Justiz, Kindererziehung in Ta-
geseinrichtungen, Diakonie in Kirchengemeinden.
Diese Schwerpunkte setzen sich zusammen aus Praxisstellen, in denen
die Studenten 16 Stunden pro Woche lernen und arbeiten, und einem
wochentlichen 4-sttindigen Vertiefungsseminar .
Die Auswahl der Praxisstellen erfolgt iiberwiegend durch die Dozenten.
Fur die Studenten ist es aber auch moglich, sich im Rahmen der ange-
botenen Schwerpunkte selber Praxisstellen zu wahlen. Nicht moglich ist
es jedoch sich Praxisstellen zu wahlen fur die kein Schwerpunkt ange-
boten wird (z.B. GWA, Frauenarbeit.Behindertenarbeit) .
Die meisten Praxisstellen sind in den "normalen" Arbeitsbereichen
der Sozialarbeit angesiedelt, es gibt nur wenige in Projekten. Durch
die Anbindung an die institutionalisierte Sozialarbeit ergibt sich
ein wesentliches Merkmal dieser Praktika:
Fur die studienbegleitende Ausbildung ist auf diese Weise die Konti-
nuitat gesichert, denn die Stellen brauchen nicht fiir jede neue
Hauptstudiengeneration neu aufgetan, sondern immer nur neu besetzt
zu werden. So sind die Praxisanleiter (Sozialarbeiter mit langjahri-
ger Beruf serfahrung in den Arbeitsf eldern) auf die Fachhochschulaus-
bildung eingestellt. Zudem erfolgt das praktische Lernen in alltag-
lichen Handlungsvollziigen der Sozialarbeit und nicht in extra fiir
diesen Ausbildungszweck geschaffenen Ein-Punkt-Situationen.
Das Theorie-Praxis-Verhaltnis ist f olgendermaSen organisiert:
Kristallisationspunkt ist das 4-stiindige Vertiefungsseminar mit sei-
ner Aufgabe, theoretisch iibergreifend die praktische Arbeit der Stu-
denten zu reflektieren und weiterzuentwickeln. (Gleichzeitig soil
dem Vertiefungsseminar die Funktion zukommen, theoretische Reflexion
und Handlungsstrategien so auf zubereiten, daB diese auch verallgemei-
nerbar und auf andere sozialpadagogische Arbeitsfelder iibertragbar
s ind ■ )
Zu den jeweiligen Vertiefungsseminaren komnen noch Methodenveranstal-
tungen, die speziell auf die praktischen Anforderungen in den Schwer-
punkten zugeschnitten sind, und entsprechende Erganzungsveranstaltun-
gen. Die Arbeitsbedingungen in diesen Veranstaltungen sind sehr gut,
da ein kleiner Kreis von Studenten (6-12 Studenten) kontinuierlich
iiber 3 Semester zusammenarbeitet .
Der zweite Strang im Hauptstudium orientiert sich nicht am studienbe-
gleitenden bzw. Projektprinzip, sondern ist dazu querliegend derart
organisiert, daB j eder Student in den Fachern BSHG, Jugendrecht, Ver-
waltung, Theorie der Sozialarbeit/Sozialpadagogik/Diakonie Scheine
erbringen muS und in diesen Fachern auch zum AbschluB miindlich ge-
priift wird.
2. STUDENTISCHES ENGAGEMENT IM PRAKTIKUM
Nachdem die Organisation des Praktikums vorgestellt wurde, soil nun
spezieller auf mogliche studentische Verhaltensf ormen eingegangen
werden. Mir scheint dieser Aspekt vor allem deshalb so wichtig, weil
viele Stimmen(v.a. im Praxis- und Hochschulverwaltungsbereich) be-
zweifeln, daft Studenten in studienbegleitenden Praktika sinnvoll
lernen; weil auch im hochschulinternen Bereich Unklarheit dariiber
besteht, warum Studenten ganz unterschiedlich motiviert mit Praxis
34
umgehen; und schliefilich, weil grundsatzlich zu klaren ware, auf
welche Art und Weise und mit welcher Intensitat Studenten das Prak-
tikum iiberhaupt ernstnehmen konnen, sind sie doch eben Studenten und
von den Praxiskonf likten nicht existentiell betroffen, d.h. in keinem
Lohnarbeiterverhaltnis stehend und die Praxis nach einer uberschau-
baren Zeit wieder verlassend.
Nach meinen Beobachtungen und Erfahrungen lassen sich vier Arten
von studentischem Verhalten dem studienbegleitenden Praktikum gegen-
iiber beschreiben (die allerdings in der Realitat fast nie so ideal-
typisch vorkommen, sondern eher "iiberwiegend", "in der Tendenz").
Die kleinen Praktiker
Im Grundstudium waren ihnen die Angebote zu theoretisch, zu wenig
an der Praxis orientiert bzw. mit ihr vermittelt. Im Hauptstudium
stiirzen sie sich regelrecht in ihre Praxisstellen. Haufig engagieren
sie sich weit iiber das vorgesehene ZeitmaB in ihren Arbeitsbereichen.
Die Lehrveranstaltungen beurteilen sie danach, wieweit sie konkret
etwas fiir ihre Praxis hergeben. Politische Auseinandersetzungen (po-
litische Einschatzung der eigenen Arbeit bzw. der Sozialarbeit all-
gemein) scheinen fiir sie nicht relevant zu sein. Sie vertreten dage-
gen die These des immer vc/rhandenen Freiraumes, den man sich als gu-
ter und kundiger Sozialarbeiter gegen alle Hemmnisse gestalten kann,
besitzt man nur geniigend' anwendungsorientiertes Wissen.
Aus der politischen Arbeit und den aktuellen Konflikten im Hochschul-
bereich fallen diese Studenten weitgehend raus. Sie definieren ihr
Arbeitsfeld in der sozialpadagogischen Praxis und lehnen die Fach-
hochschule als primares Arbeitsfeld ab.
Es ist zu befurchten, daB diese studentische Einstellung zu einem
beruf spraktischen Verhalten fiihrt, das sich eng in dem Rahmen des
eigenen Arbeitsbereichs bewegt und nicht in der Lage ist, theoreti-
sche und praktische Zusammenhange zu anderen Arbeitsf eldern, zum
Bereich der sozialen Arbeit iiberhaupt und ihren gesellschaf tlichen
Bedingungen herzustellen.
Die politischen "Lohnarbeiter"
Diese Studenten machen schon im Studium eine deutliche Trennung zwi-
schen ihrer Arbeit in den Praxisstellen und der "eigent lichen" poli-
tischen Arbeit. Sie erfiillen nur notgedrungen die Anforderungen in
der Praxis und verhalten sich haufig uninteressiert in den fachlichen
Veranstaltungen. Engagement in der praktischen Arbeit ist dann vor-
handen, wenn es im Sinne der (partei)politischen Arbeit effektiv er-
scheint: Die Arbeit im Praxisfeld ist fur sie primar politisch defi-
niert, der padagogische Aspekt der Arbeit wird weggeschoben (also:
BewuBtsein schaffen durch politische Aufklarung mit dem Ziel der Or-
ganisierung), die subjektiven Bef indlichkeiten der Zielgruppen wer-
den nicht ernstgenommen. Schlagen die politisch definierten Bemuhun-
gen fehl (was fast durchweg der Fall ist), so ist die Zielgruppe eben
schon vom System verdorben, bzw. sind die institutionellen Bedingun-
gen zu repressiv.
Neben der Ablehnung einer Praxis, die erstmal als padagogische Pra-
xis (wenngleich mit politischem Stellenwert) ausgewiesen ist, fin-
det sich bei dieser Gruppe haufig eine Ablehnung gegeniiber differen-
zierten Theorieansatzen.
Hochschulpolitisch ist diese studentische Gruppe sehr aktiv und enga-
- 35 -
giert und dominiert haufig den restlichen Haufen der Studenten.
Das Problem, wie die Anforderungen der Berufspraxis mit dem undif-
ferenzierten und geringen Studienwissen und den sehr diinnen Praxis-
kenntnissen zusammengebracht werden konnen, stellt sich fiir diese
Studenten oft gar nicht, da sie sehr haufig noch weiterstudieren.
Die "Verbindlichen"
Diese Studenten verstehen die Fachhochschule als ihr primares Ar-
beitsfeld. Die Praxis begreifen sie als Lernfeld, in dem Prozesse
nur moglich und sichtbar sind, wenn man sich engagiert. Ihr Verant-
wortungsbewufitsein fiir die Anforderungen der Praxis, vor allem der
Zielgruppe, ist zwar ausgepragt, darf aber nicht dazu fiihren, sich
von der studienbegleitenden Praxis fressen zu lassen und keine Zeit
mehr fiir hochschulpolitische Probleme und Aktivitaten zu haben.
Diese Studenten schaffen es meist nur durch hohen personlichen/zeit-
lichen Aufwand, beide Bereiche verbindlich abzudecken. Das hat oft
zur Folge, dafi keine Freiraume mehr fiir andere Aktivitaten bleiben
und daB sich ein personlicher Frust einschleicht, der sich gegeniiber
der Kommilitonen (Kollegen) in ahnlich hohen Anspriichen wie an sich
selbst - moralisch verpackt - auBern kann.
Studenten auf der Suche nach sich selbst
Diese Studenten sehen in der Bewaltigung der personlichen Probleme
die wichtigste Aufgabe wahrend des Studiums. Entsprechend ist ihr
Engagement in hochschulpolitischen Fragen und in der Praxis abhangig
von ihrer jeweiligen personlichen Bef indlichkeit . Diese laBt sich
haufig nicht mit den Anforderungen des Studiums und der Praxis ver-
binden. Wochenlanger Ausfall kann genauso vorkommen, wie sehr inten-
sives Engagement.
Meist fiihlen diese Studenten sich von den Kommilitonen und den Do-
zenten in ihrer Problematik nicht verstanden und nicht akzeptiert.
Sie erfahren innerhalb der Hochschule keine Hilfe bei der Aufarbei-
tung ihrer Probleme und ziehen sich in bestimmte Subkulturen zuriick.
3. KONFLIKTE ZWISCHEN DIESEN VERSCHIEDENEN STUDENTISCHEN
SELBSTVERSTANDNISSEN
t auf der Ebene der einzelnen Schwerpunkte
Treffen mehrere dieser SelbstverstSndnisse in einem Schwerpunkt, so-
gar noch in einem Praxisfeld zusammen (was nicht inner der Fall ist,
sondern: bestimmte Schwerpunkte scheinen thematisch Studenten mit
kontroversen Selbstverstandnissen geradezu "anzulocken") , so gibt es
handfeste Konflikte. Es findet eine Oberbelastung der "verbindliche-
ren" Studenten statt, die Interesse an der Auf rechterhaltung und Ver-
besserung der Arbeit haben, weil sie die anderen Studenten, die nicht
so verbindlich an die Arbeit herangehen, nicht iiberzeugen konnten,
sich im Interesse der Arbeit und der Zielgruppe engagierter zu verhal-
ten. In solchen Fallen komnt es nach einiger Zeit zu einer regelrech-
ten Teilung im Schwerpunkt, denn die einen haben es nach gewisser Zeit
satt, immer wieder die gleichen Diskussionen zu fiihren und iibernehmen
dann lieber die Aufgaben der anderen mit.
Auch auf der inhaltlichen Ebene gibt es zwischen den verschiedenen
Gruppen Konflikte. Sind die einen mehr am pragmatischen, handlungs-
orientierten Wissen interessiert oder lernen als anderes Extrem nur
- 36 -
fiir Priifungen und Scheine (vor allem die "politischen") , so sind
andere an einer dif ferenzierten Theorie-Praxis Verbindung interes-
siert.
• auf der hochschulpolitischen Ebene
Auch hier kommt es mittelfristig zu einer Teilung des Semesters.
Diejenigen, die in der Praxis vollig aufgehen, halten es kaum noch
fiir notig, sich an VVs und Arbeit sgruppen oder studentischen Aktio-
nen zu beteiligen. So fallt dann manchmal ein halbes Semester aus
und die Kontinuitat der studentischen Hochschulpolitik leidet erheb-
lich darunter, denn fiir die neuen Studenten ist es wichtig, am An-
fang des studiums in hochschulpolitischen Fragen nicht sofort al-
lein auf sich gestellt zu sein.
Die politisch aktiven Studenten, vor allem die organisierten, domi-
nieren aufgrund ihres Einsatzes, der sich aber eben nur auf den po-
litischen Bereich bezieht, die VVs. Die Studenten, die wegen der
Doppelbelastung durch Studium und hochschulpolitisches Engagement
sich ebenfalls nicht mit vollem Einsatz auf die Belange der Studenten-
politik konzentrieren konnen, haben es schwer, sich immer wieder
gegen die dogmatischen Studenten durchzusetzen, zumal ihnen ihr Ein-
satz nur dann abgenommen wird, wenn sie sich auch an der zeitaufwen-
digen Gremienarbeit beteiligen. Frustrierend fiir diese Studenten ist
vor allem die Erfahrung im Schwerpunkt, wie sich die 'politischen'
Studenten aus der praktischen Arbeit entziehen, aber fiir hochschul-
politische Dinge immer Zeit haben.
Alles in allem fiihren diese unterschied lichen studentischen Selbst-
verstSndnisse fast immer zu einer Schwachung der studentischen Posi-
tion, Schulleitung, Trager/Geldgeber, Kultusbehorde haben es in ak-
tuellen "Uneinigkeitssituationen" leicht, Regelungen durchzusetzen,
die gegen die studentischen Interessen gerichtet sind.
4. WIE LASSEN SICH DIESE KONFLIKTE ANDERN?
Eine zentrale Aufgabe bei der Aufarbeitung dieser Konflikte kame
der Schwerpunktvertiefung zu. Hier hatten vor allem auch die Dozen-
ten die Aufgabe, Selbstverstandnisdiskussionen der Studenten herbei-
zufiihren. Am Anfang jeden neuen Schwerpunktstudiums sollte diskutiert
werden, welchen Stellenwert die Praxis in der Ausbildung der Studen-
ten hat und wie wichtig das Arbeitsfeld Hochschule fiir die Ausbil-
dung ist. Enge Professionalisierung im Praxisstudium sollte eindeu-
tig vermieden werden und der Wert des Praxisstudiums fiir die spate-
re Beruf statigkeit diskutiert werden. Die Praxis im Studium kann
nur exemplarischen Charakter haben. Die wenigsten aller Studenten
werden nach dem Examen in einem Bereich tatig, den sie im Schwerpunkt
studiert haben. Deshalb ist die zu fiihrende Selbstref lexion eine wich-
tige Aufgabe in der Vorbereitung auf die spatere Berufspraxis. Da
die Dozenten bei der Beurteilung des studentischen Selbstverstandnis-
ses unterschiedlicher Meinung sind, solche Reflexionen z.T. sicher
nicht fiir nbtig erachten, sollte die Initiierung solcher Selbstver-
standnisdiskussionen von den Studenten ausgehen.
Denkbar ware auch, im Bereich des Grundstudiums starker die Diskus-
sion urn das Selbstverstandnis der Studenten im Hochschulbereich und
im Praxisbereich anzugehen. Sicher wiirde es dabei auch moglich sein,
iiber die fruhenAuseinandersetzungenmit der Praxis (z.B. in Form von
37
berufskundlichen Seminaren o.S.) langfristige LernprDzesse zu ent-
wickeln und zudem den Wunsch nach Praxis jedenfalls teilweise zu
befriedigen.
5. SCHLUSSBEMERKUNG
Diese Art des studienbegleitenden Praktikums halte ich von der Atila-
ge und den Lemmoglichkeiten im Vergleich zu anders organisierten
'Praktika fur sehr gut. In dieser Form des Studiums ist es moglich,
Erfahrungen in praktischen Arbeitsbereichen der Sozialarbeit mit der
theoretischen Aufarbeitung und Vertiefung zu verbinden. AuBerdem
kann, bei entsprechendem Selbstverstandnis genugend Kapazitat blei-
ben, um auch im hochschulpolitischen Bereich engagiert zu arbeiten.
Die Notwendigkeit der Selbstref lexion erscheint mir aber in dieser
Form des studienbegleitenden Praktikums um so notwendiger, als leicht
die Gefahr besteht, die im Praktikum gemachten Erfahrungenblind auf
die spateren Moglichkeiten im Beruf zu ubertragen. Dabei ist es be-
sonders gefahrlich, so scheint mir, wenn sich Studenten zu eng auf
ein Spezialgebiet 'prof essionalisieren' und nicht die Erfahrungen
im Studium nutzen, um grundsatzliche Probleme und Konflikte, wie
auch Arbeitsweisen zu ref lektieren. Spezialistentum ist m.E. bei der
heutigen Arbeitsmarktlage fur Sozialarbeiter schon im eigenen Inter-
soviel wie mb'gli_._ -
und in den praktischen Erfahrungen strukturelle Elemente erkennen
soil, die sich auch auf ganz anders geartete Beruf sbereiche ubertra-
gen lassen.
MATERIALIEN/PAPERS ....
• "Ehrfurcht und Duldsamkeit" - Dokumentation iiber das gewaltsame Ende
des Kita-Projektes in Frankfurt. Gegen Voreinsendung von DM 3,50 bei
Ilka Riemann, Giinthersburgallee 75, 6 Frankfurt, zu beziehen
• "Der Hessische Landbote" — Provinzzeitung der jugendzentren Nr. 5;
Schwerpunktthema: "Cber den Alltag reden"; 36 S./DM 1,50 Vorauszah-
lung in Briefmarken an Redaktion HL c/o BDP, Hamburger AUee 49,
6 Frankfurt
• Mainzer Sozialreport Nr. 3 berichtet iiber: Arbeitsemigranten, Jugendzen-
trumsbewegung, Berufsverbote etc.; 120 S/DM 3,50 gegen Voreinsendung
bei Albert Hohner, Rhabanusstr. 14, 65 Mainz, zu beziehen
• Erzieherzeitung Nr. 15 berichtet iiber Erzieher in der Rehabilitation,
Tarifrunde 77/78, Spracherziehung, Kindererziehung in China, Situation
an den Fachschulen; 40 S./DM 2.- gegen Voreinsendung in Briefmarken
zu beziehen bei: Peter Schenk - Verlag, Heinrich;Fuchs;Str. 3, 69 Heidelberg
• Thing — Initiative fiir eine sozialistische Jugendzeitschrift bisher rait
19 Ausgaben erschienen, Nr. 3/78 enthalt Beitrage zur Problematik Alltag
und Politik, Drogen, Knast, Gewerkschaftsarbeit, AKW-Bewegung etc.
Probeexemplar 3.- DM in Briefmarken an Buchladen Baererstr. 5,
21 Hamburg 90 - Harburg
• TUWAS ; Warte nicht auf bessere Zeiten, Grundlagenmaterial zur Dokumen-
tation und Ausstellung "Jugendarbeitslosigkeit", herausgegeben von den
Ruhrfestspielen Recklinghausen, Junges Forum und Kunstamt Kreuzberg;
255 S./ DM 5.-- fur Gruppen gibt es Rabatt; Bezug: Elefanten Press Galerie,
Dresdner Str. 10, 1 Berlin 36
Hanns Lindemann, Wiesbaden
PROJEKTSTUDIENGANG "SOZIALWESEN"
AN DER FH WIESBADEN
Dieser Beitrag stelH im ersten Teil den Studiengang "Sozialwesen"
an der Fachhochsakule Wiesbaden vor, im zweiten Teil sahildert er
einige Erfahrungen mit der Konzeption des "Projekbstudiums" aus stu-
dentisaher Siaht. Dabei muli die Einsohrankung gemaeht werden, dali weder
die konkreten politischen Hintergrunde (u.a. Kra der sozialdemokra -
tischen BildungspolitikunterKultusminister v. Friedeburg in Uessen;
projektierte Erriohtung einer Gesamthoahsahule Wiesbaden; Interessen
der SPD-regierten Stadt Wiesbaden an "im eigenen Hause" ausgebilde-
ten Sozialarbeitern) der Einriohtung des Faahbereiahs im Winterse-
mester 1974/75 eingesohatzt werden noch, dad die im zweiten Teil
gemachten Aus.fiihrungen vmfassend sind und eine absahlieSende Wertung
darstellen. Vielmehr arbeitet am Fachbereich eine gemischte Gruppe
von Dozenten und Studenten an einer ersten grundsdtzliahen Auswer-
tung und Einschatzung des Studienganges. Deren Arbeitsergebnisse wer-
den bei ihrer Vorlage veroffentlicht.
Der Fachbereich Sozialwesen wurde zum Wintersemester 74/75 an der
Fachhochschule Wiesbaden gegriindet . Seitens des zustandigen Rultus-
ministeriums gab es keine inhaltlichen Vorgaben, die a priori eine
eindeutige Ausbildungskonzeption festgelegt hatten. Bestiramt war
lediglich die quantitative Entwicklung des Fachbereiches. So wurden
im ersten Studienjahr 60 Studenten, im zweiten Jahr 90 Studenten
zugelassen, im dritten Jahr wurde die endgiiltige jahrliche Zulassungs-
quote von 120 Studenten erreicht. Diesem Zuwachs an Ausbildungsnach-
frage hinkte alsbald das Ausbildungsangebot , also die Dozent'enzahl^
hinterher. Ursachlich war dafiir die Stellenbewirtschaftungspolitik
im Sffentlichen Dienst, die auch an diesem neuen Fachbereich nicht
voruberging. Zum jetzigen Zeitpunkt (April 78), an dem die ersten
Studenten ihrem Abschlufi entgegengehen, sind erst 12 Dozenten haupt-
amtlich eingestellt, vorgesehen sind letztlich jedoch 27 Dozenten.
Diese Entwicklung hat zur Folge, daB ein groBer Teil des Lehrange-
botes iiber nebenberuf liche Lehrbeauf tragte abgedeckt wird. Aufgrund
einer groben Bestimmung von inhaltlichen Prioritaten in der Ausbil-
dung bzw. bei der Stellenbesetzung konnte einem Verlust an Ausbil-
dungsqualitat in we item MaBe entgegengewirkt werden.
Sowohl durch die quantitativen und zeitlichen Vorgaben des Kultus-
ministeriums - die Entwicklung der Studentenzahl war projektiert
auf einen 4jahrigen, also 8-semestrigen Ausbildungsgang - als auch
durch Informationsgesprache mit dem Ministerium, wurde deutlich,
daS eine integrierte, einphasige Ausbildungskonzeption vorgesehen
„ar Diese Hinweise auf das "Kasseler Modell", das ein einphasiger
39
^
Sozialwesenstudiengang an der dortigen Gesamthochschule war, fanden
bei der Erarbeitung einer Studienordnung fur den Wiesbadener Fachbe-
reich eine umfassende Beriicksichtigung.
Das Ergebnis bedeutete einen einphasigen, achtsemestrigen Studiengang.
Dieser gliedert sich auf in:
• zwei Sem. Grundstudium/Eingangsphase
• sechs Sem. Hauptstudium, unterteilt in
- vier Sem. Proj ektstudium (1. berufspraktisches Halbjahr) ^
- ein Sem. Verwaltungspraktikum (2. berufspraktisches Halbjahr)
- ein Sem. Abschlufl/Auswertungssemester
Zur Verdeutlichung die folgende Darstellung:
Semester:
1. 2.
Grundstudium
(Eingangsphase)
I 3.
I
4.
/
1. berufspraktisches 2. berufs- Auswer-
Halbjahr /praktisches tungs/
I Proj ektstudium
-Hauptstudium
Diese Konzeption hat ihre Grundlage in der vom Fachbereich erarbei-
teten Studienordnung. Dem entspricht auch die erstellte Prufungsord-
nung. Beide Ordnungen liegen dem KM zur Genehmigung vor. Trotz der
allgemein - und somit auch hochschulpolitischen Entwicklung im Land
Hessen (Wahlen.im Herbst '78) wird erwartet, daS das Genehmigungs-
verfahren demnachst abgeschlossen werden kann.
Um zu verhindern, dafi nun die gesamte Studienordnung im eihzelnen
rezitiert wird, sei auf dieselbe hier verwiesen. Die einzelnen Stu-
dienabschnitte werden nachstehend kurz erlautert. Dabei mufi darauf
hingewiesen werden, dafi diese Erlauterungen dem Stand der Diskussion
am Fachbereich entsprechen, jedoch nicht allgemeingiiltig sind. Die
Entwicklung der Lehr- und Lernziele ist in der Diskussion, die auf
dem Hintergrund der Auswertung der gemachten Erfahrungen und erstell-
ten Berichte aus den Projektgruppen stattfindet.
Das Grundstudium dient dem Ausgleich der unterschiedlichen Eingangs-
voraussetzungen, es soil eine allgemeine Orientierung iiber die Ent-
wicklung der Berufsfelder geben und die Grundlage vorbereiten fur
die Entscheidung des Studenten, entsprechend sowohl seinen indivi-
duellen Fahigkeiten und Interessen als auch den Erf ordernissen der
Beruf spraxis, die Wahl des Studienschwerpunktes zu treffen. (1)
Das Hauptstudium, vor allem das hier eingebettete Proj ektstudium,
hat auSer allgemeinen Lernzielen und Inhalten wie die Aneignung der
allgemeinen theoretischen Kenntnisse, Methoden und Fahigkeiten fiir
soziale Berufe, der Einarbeitung in die beruf srelevante Praxis und
der Entwicklung der Fahigkeit zur wissenschaftlichen Reflexion dieser
Praxis (2)j der Fahigkeit zur Analyse der okonomischen, rechtlichen,
sozialen und psychischen Lage der Klienten, der Analyse der Tatig-
40
keitsfelder von Sozialarbeitern/Sozialpadagogen und des Erkennens
von Handlungsspielraumen zur Entwicklung von Handlungsalternativen
(3) die Aufgabe, die herkbmmliche Trennung von Theorie und Praxis
in der zweiphasigen Ausbildung tnit anschlielSendem Anerkennungsjahr,
aufzuheben. Es soil die Reflexion der Theorie anhand der gemachten
Erfahrungen aus der Praxis und die Reflexion der eigenen Praxis auf
dem Hintergrund der vermittelten und angeeigneten Theorie ermb'glichen.
Alle Studenten ordnen sich ab dem dritten Semester einer Projekt-
gruppe zu, die jeweils von einem hauptamtlichen Dozenten betreut
wird. Diese Projektgruppen haben etwa 15-20 Mitglieder und arbeiten
praktisch in den verschiedensten sozialen Bereichen, orientiert an
den in der StO genannten drei Schwerpunkten: (4)
- Ftirsorge/Strafvollzug
- Padagogik
- Gemeinwesenarbeit
Der Charakter der Projektgruppenpraxis ist nicht so sehr hospitierend,
sondern vielmehr dadurch gekennzeichnet, dafi die einzelnen Projekt-
gruppen selbstandig und bzw. in Arbeitsteilung an den Praxisorten
Arbeiten und Aufgaben ubernehmen, die sehr unterschiedlich sind. Im
Durchschnitt befindet sich jeder Student etwa acht Stunden wochent-
lich am Praxisort. Am Fachbereich findet dann fiir jede Gruppe eine
Reflexion der Arbeit statt, sowohl die Auswertung der geleisteten
als auch die Planung der zukiinftigen Aktivitaten. Weiterhin werden
entsprechend den Inhalten der Projektgruppen Lehrveranstaltungen
durchgefuhrt, in denen die weitere wissenschaf tliche Bearbeitung der
Arbeitsinhalte gewahrleistet ist. Zusatzlich werden wie schon im
Grundstudium allgemeine Lehrveranstaltungen angeboten, die der Stu-
dent besuchen kann.
Diese Konzeption soil die herkommliche Zersplitterung des Studiums
in "Facher" aufheben und eine Ausbildung ermoglichen, die in einem
konkreten Arbeitszusammenhang steht und aus ihm abgeleitet wird.
Gleichzeitig wird durch das Engagement in der Praxis verhindert,
daS der Student sich in einer passiv-konsumierenden Rolle befindet,
die ihm keinerlei praktische Handlungsmbglichkeit laBt. Aufierdem
wird wie ausgefiihrt, die Entfremdung zwischen theoretischer Aus-
bildung und gesellschaftlicher Praxis aufgehoben. Der Student wird
nicht erst nach dem Studium mit der Praxis im Sozialarbeiterberuf
konfrontiert, sondern hat schon wahrend des Studiums die Moglich-
keit, iiber seine Erfahrungen mit der Praxis theoretisch und angelei-
tet zu reflektieren. "Die Integration der Beitrage verschiedener,
wissenschaftlicher Disziplinen in einem an der Sache orientierten,
zielgerichteten Lernen: die aktive Rolle der Studenten und ihre zu-
nehmende Selbstandigkeit in der Bestimmung der Studieninhalte und _
-formen; die Integration von Studium und Praxis; das sind die drei
wesentlichen Elemente des Projektstudiums" (5).
Drei didaktische Momente bestimmen das Lernen in der Projektgruppe:
das p.xemplarische Lernen verhindert die unendliche Addition vonDe-
tailwissen, weiches unabhangig voneinander ist und ermbglicht die
Ausbildung einer Handlungskompetenz zur Aneignung von Wissen; das
kollektive_Lernen hebt den konkurrierenden Druck von Leistungen auf
den einzelnen Studenten auf und ermoglicht die Einiibung in eine
Teamarbeit; das aktive Lernen befahigt und notigt den Studenten zur
- 41 -
Auseinandersetzung mit seiner eigenen Arbeit und der Arbeit der
Gruppe im Projekt wie auch mit der vermittelten Theorie. Es wird
kein "Lernstoff" mehr konsumiert , sondern konkrete Probleme werden
reflektiert und gelost.
Das sich dem Projektstudium anschlieBende Verwaltungspraktikum dient
der weiteren Einfiihrung in die beruf srelevante Praxis. Es hat das
Ziel, die im Projektstudium erworbenen praktischen Erfahrungen und
theoretischen Erkenntnisse hinsichtlich der institutionalisierten
Berufspraxis und der Selbsterfahrung in beruflichen Organisations-
strukturen, zu uberprufen und zu erweitern.
Im Herbst 1977 gingen die ersten Studenten ins Verwaltungspraktikum.
Die Praktikanten bleiben im halbjahrlichen Praktikum Studenten und
sie sind an der Hochschule immatrikuliert . Neben der Sorge urn eine
geniigende Anzahl an Praktikumsplatzen befaBte sich eine Arbeitsgrup-
pe mit den inhaltlichen Zielen des Verwaltungspraktikums. Doch diese
Arbeit fand da ihre Grenzen, wo den Teilnehmern die eigene Erfahrung
des Verwaltungspraktikums fehlte. Im Rahmen der wochentlichen Stu-
dientage bzw. der Blockstudientage wurde diese Arbeit wieder aufge-
nommen .
Das Verwaltungspraktikum ist als eine Fortsetzung des Projektstu-
diums zu begreifen. Die Lernziele aus beiden Studienbereichen sind
in weitem MaBe identisch, auch wenn diese Bereiche nach der formalen
Gliederung des Studiums als losgelost voneinander erscheinen. Neben
der Oberpriifung der im Projektstudium angeeigneten theoretischen Er-
kenntnisse dient das Verwaltungspraktikum der Erweiterung und Refle-
xion von Erfahrungen. Das Verwaltungspraktikum soil eine Verkniipfung
von padagogischem und Verwaltungshandeln ermoglichen und gegenseitige
Abhangigkeiten verdeutlichen. Es stellt eine Vorwegnahme der spate-
ren Berufspraxis dar und soil die kritische Distanz als Voraussetzung
fiir eine Reflexion der eigenen Arbeit im anschlieBenden Beruf sail-
tag vertiefen. Dies beinhaltet gleichzeitig einen kritischen Abstand
zur eigenen Personlichkeit . Dabei ist die Klarung des Verhaltnisses
zwischen dem jeweiligen Praktikanten und den Kolleg(inn)en am Prak-
tikumsplatz von grundlegender Bedeutung, da sich die Realisierung
praktischer Handlungsvollziige nicht zuletzt an dem Wohlwollen oder
der Ablehnung der Kolleg(inn)en orientiert bzw. auch durch sie ver-
hindert werden kann. Besondere Beachtung findet dabei die Struktur
der Organisation (kommunale bzw. freie Trager der sozialen Arbeit),
deren Hierarchie und die politischen Gegebenheiten "vor Ort". Auf
diesem Hintergrund sollen die Grenzen der individuellen und institu-
tionellen Leistungsf ahigkeit aufgezeigt werden. . Das Wis sen um die
Funktion von Gesetzen und Verwaltungsvorschrif ten und deren Handha-
bung soil vertieft werden mit dem Ziel einer ref lektierten "Einubung
in die herrschende Praxis".
Neben der unmittelbar objektivierbaren neuen Erfahrung, die aus dem
Wechsel des Arbeitsf eldes entsteht (z.B. Projektgruppenpraxis im
Bereich der Vorschule, Verwaltungspraktikum bei der Arbeiterwohl-
fahrt) und deren Beschreibung sich an auBeren Merkmalen orientiert
(Zielgruppe, Arbeitsorganisation und -ansatz, Finanzmittel etc.),
hat das Verwaltungspraktikum zum Inhalt, dem Praktikanten die selb-
standige Durchfiihrung von Arbeiten im Praktikum zu ermSglichen mit
dem Ziel, ihm seine Selbstandigkeit im spateren Arbeitsbereich zu
42 -
verdeutlichen. Dies geht einher
ven Arbeitsfahigkeit bzw. Arbei
Gefuhlen und Eindriicken als auc
politisches/gewerkschaf tliches
sollen mogliche Handlungsstrate
eigenen Arbeit erortert werden
sich daran anschlieBenden Auswe
erfahrenen Schwierigkeiten mit
lungen abschlieBend aufgearbeit
mit der Hinterfragung der subjekti-
tsdisziplin, die sowohl subjektiven
h objektiven Gegebenheiten (Familie,
Engagement etc .) unterliegt. Dabei
gien und Formen der Organisation der
Wahrend des Praktikums bzw. in der
rtungs- und AbschluBphase sollen die
der Arbeit und in den Beruf svorstel-
et werden.
Diese Arbeit findet im achten, dem AbschluB- und Auswertungssemester(
statt. Dazu sind von Dozenten betreute Arbeitsgruppen eingerichtet.
Hinzukommt die Erstellung der schriftlichen AbschluBarbeit und die
Vorbereitung auf das sich anschlieBende AbschluBgesprach. Dabei
soil sich die Themenauswahl auf die im Studium geleistete Projektar-
beit zentrieren. Hierdurch soil eine von den konkreten Erfahrungen
losgeloste Erstellung einer AbschluBarbeit, die sich ansonsten zu-
meist auf die fast ausschliefiliche Zitierung von Textstellen aus
f achspezif ischen Werken reduzieren wurde, verhindert werden. Viel-
mehr soil dem Kandidaten bzw. der Gruppe die Moglichkeit geboten
werden, selbstandig und kritisch ein Thema aus seiner/ihrer erlebten
Praxis aufzuarbeiten.
ERFAHRUNGEN MIT DEM PROJEKTSTUDIUM
Ich arbeitete mit zwei Kommilitoninnen vier Semester in einem Modell-
versuch "Offene Schule" an einer Gesamtschule. Ziel der Arbeit des
Model lversuchs war die "Bildung von stabilen, moglichst langfristig
arbeitenden auBerunterrichtlichen Gruppen, in denen Schiiler Defizite
im fachlichen, sozialen und politischen Lernen abbauen kb'nnen". (6)
eren Ausfiihrungen wird jedoch nicht die Arbeit des Modell-
schrieben oder deren Schwierigkeiten benannt, sondern es
ht werden, einige Probleme, entstanden aus der Studien-
des Projekt studiums und der darin verankerten Projektpra-
r Sicht eines betroffenen Studenten darzustellen und ein-
Dabei wird hoffentlich auch der Widerspruch deutlich, in
h befand: auf der einen Seite die voile inhaltliche Un-
der Studienkonzeption als politischer Anspruch gegeniiber
dern des Fachbereichs bzw. des Kultusministeriums, auf
Seite die Schwierigkeit, diesem theoretisch-politischen
der eigenen praktischen Projektarbeit gerecht zu werden.
Im Verlauf des zweiten Studiensemesters stellte sich die Frage, in
welchem Bereich der sozialen Arbeit das zu grundende Studienprojekt
angesiedelt sein sollte. Die drei Studienschwerpunkte warenbekannt.
Es traf sich, daB einige Lehrbeauf tragte am Fachbereich tatig waren,
die im Beruf mit Schulern und Jugendlichen arbeiteten. Da es auf
Seiten der Studenten eine 'Basisgruppe' gab, die sich als politisch
denkend und handelnd begriff, wahlten ihre Mitglieder ausschlieBlich
den Schwerpunkt 'Gemeinwesenarbeit ' fur die Projektarbeit. Da der
Anspruch vorhanden war, auch im Rahmen der Projektarbeit politisch
arbeiten, sah man in der Schuler- bzw. Jugendarbeit hierfur die
gunstigste Realisierungsmoglichkeit. Auf gearbeitet wurde in dem Pro-
In den welt
versuchs be
soil versuc
konzeption
xis, aus de
zuschatzen
dem ich mic
terstutzung
den Mitglie
der anderen
Anspruch in
A3 -
zefi weder die Studienmotivation im allgemeinen noch die Projektwahl-
motivation im besonderen. Legitimiert wurde diese einseitige Projekt-
wahl allein durch die Anwesenheit der anderen "fortschrittlichen
Krafte" in diesem Schwerpunktbereich.
Mit Beginn des dritten Studiensemesters mufite eine Klarung der Pro-
jektinhalte erfolgen. Gleichzeitig wurde ein Weg zum Einstieg in
die 'Praxis' gesucht. Zum einen wurden dazu Texte (u.a. zur 'teilneh-
menden Beobachtung') gelesen, zum anderen nahmen wir an Sitzungen
der Model lversuchsmitarbeiter (Schulpsychologen/Sozialarbeiter/Leh-
rer) teil. Zu Schulern oder Jugendlichen hatten wir in dieser Phase
keinen Kontakt. Wir begriffen die wBchentlichen Teamsitzungen als
unsere Praxis. Dem Drangen der projektbetreuenden Lehrbeauf tragten
auf einen konkreten Praxiseinstieg setzten wir entgegen, daB zuerst
ein Konzept fur die Arbeit vorliegen miisse. So planten wir, losgelost
von jeglicher Realitat. Hinzu kam, daB wir das Konzept des Modell-
versuchs nicht kritisch analysierten, sondern es vielmehr als fundiert
und somit als richtig ansahen. Wie sollten wir es auchkritisieren,
kannten wir doch die Ausgangssituation des Konzepts, die Realitat
der Schule, gar- nicht.
Hinter dem dauernden Vertagen des Praxiseinstieges steckte auch die
Schwierigkeit, mit der Rolle der eigenen Person im neuen Arbeitsfeld
fertig zu werden. Dies wurde an den sehr breit gefiihrten Diskussionen
zum Selbstverstandnis des Studenten in der Praxis deutlich. Ich be-
griff mich als Student, der in erster Linie an der Hochschule zu
finden sei, der nicht disziplinieren wollte, kein Lehrer sein wollte
aber auch kein Sozialarbeiter im 'typischen Sinne' . Es blieb bei
dieser negativen Ausgrenzung, eine positive Bestimmung der eigenen
Rolle erfolgte nicht.
Als sich dieses Verhalten nicht mehr legitimieren lieB und sich der
Druck seitens der Projektbetreuer bzw. der Modellversuchsmitarbei-
ter auf Einstieg in die Arbeit verstarkte, wurde ein neues Konflikt-
feld freigelegt. Die Vorstellung der Modellversuchsmitarbeiter war,
daB die Studenten im Freistundenangebot des Modellversuchs mitarbei-
teten, damit sich ein erster Kontakt zwischen Schulern und Studenten
herstellte. Dies lehnten die Studenten ab mit der Begriindung, diese
Arbeit beinhalte nur Auf sichtspf lichten bzw. diene der Befriedung
der Schiiler und der Schule, diese Arbeit habe keinen politischen
Gehalt. Alternativ entwickelten die Studenten das Projekt 'Berufsfin-
dung', welches sie mit einer achten oder neunten Klasse durchfiihren
wollten. Da sich dieses Konzept aufgrund der Personalsituation im
Modellversuch nicht realisieren lieB, dies aber erst gegen Ende des
vierten Semesters deutlich wurde, hatten die Studenten immer noch
keinen kontinuierlichen Kontakt zu Schulern, denn sie hatten zwi-
schenzeitlich, bis auf die Teilnahme an einer Klassenfahrt oder der
Hospitation in einer Klasse, nur theoretisch an 'ihrem' Projekt 'Be-
rufsfindung' weitergearbeitet .
Hohepunkt dieser Entwicklung war meine Erklarung im Verlauf der Se-
mesterf erien, ein (oder zwei) Urlaubssemester einlegen zu wollen,
um den Eltern beim Hausbau zu helfen. Dieser EntschluB war vertret-
bar, denn er begriindete sich auf einer objektiv unabweislichen Ge-
gebenheit. Dieser ErklMrung folgten endlose Diskussionen mit den Pro-
44
jektmitgliedern, dem Projektbetreuern und Vertretern des Fachberei-
ches. Die Mitarbeiter des Modellversuchs wurden iiber den jeweiligen
Stand der Diskussion per Telefon unterrichtet, da auch an der Ge-
samtschule Ferien waren. Sprachen sich der Projektbetreuer bzw. die
Vertreter des Fachbereichs eindeutig gegen einen Ausstieg aus dem
Projekt aus, waren auf der anderen Seite die studentischen Projekt-
mitglieder hin- und hergerissen, deshalb, weil auch sie von der ge-
samten Entwicklung des Projektes betroffen waren. Die Fortfiihrung
des Projektes nur noch mit zwei studentischen Projektmitgliedern kam
nicht in Betracht, vielmehr waren an sich schon drei Studenten in
einer Proj ektgruppe zu wenig, um eine kontinuierliche Arbeit leisten
zu kBnnen.
Durch die gefiihrten Gesprache wurde der Hintergrund der Entscheidung
zum Projektausstieg und des ambivalenten Verhaltens der verbleiben-
den Studenten deutlich: neben einigen objektiven Griinden(wie die
Nichtrealisierung des Beruf sf indungsprojektes) vor allem jedoch subjek-
tive Griinde (wie keinen Sinn in der Arbeit sehen, Spannungen in der
Proj ektgruppe, mit dem Projektbetreuer und den Mitarbeitern des
Modellversuchs, letzthin keine Lust mehr haben fur eine weitere Pro-
jektarbeit). Am Ende zeigte sich jedoch die Unhaltbarkeit der eigenen
Argumentation, ich verzichtete auf die Urlaubssemester und wir gin-
gen am Schlufi der Semesterf erien mehr gezwungen als gewollt wieder
an die Projekt- bzw. Model lversuchsarbeit.
Wir ordneten uns der Arbeit des Modellversuchs zu. Zwei Projektmit-
glieder arbeiteten an einer sozialpadagogischen Betreuung einer ach-
ten Klasse, ich arbeitete mit einem Modellversuchsmitarbeiter gemein-
sam in einer Photogruppe. Die zu diesem Zeitpunkt mit den Mitarbei-
tern des Modellversuchs gefiihrte Auseinandersetzung um den Status der
Studenten im Modellversuch, ob sie nun voile 'stimmberechtigte' oder
nur assoziierte Mitglieder des Modellversuchs sind, verlor im Verlauf
der Konkretisierung der praktischen Arbeit und der Zunahme des prak-
tischen Engagements immer mehr an Bedeutung. Im Mittelpunkt standen
nun endlich die Probleme, die sich aus der Arbeit mit Schulern erga-
ben. Diese Arbeit war mit dem AbschluB des sechsten Studiensemesters
bzw. mit dem Beginn des Verwaltungspraktikums (2. beruf spraktisches
Halbjahr) beendet.
Einige Aspekte aus der dargestellten Projektentwicklung erscheinen
mir besonders wichtig. Ich will sie hier nochmals kurz bennnen.
Notwendig ist eine moglichst prazise Analyse der Studien- bzw. Pro-
jektwahlmotivation. Sie bedingt die Arbeitsfahigkeit und Disziplin
in der spateren Projektarbeit. Sie unterliegt, da sie in den meisten
FSllen sehr idealtypisch ist, einer standigen Konfrontation mit der
herrschenden Praxis der sozialen Arbeit und sollte deshalb auch
schriftlich festgehalten werden mit dem Ziel, sowohl die Moglichkeit
zu bieten, sich nochmal zu vergegenwartigen, was die Ausgangssituation
beim Einstieg in die Arbeit war als auch Veranderungsprozesse und
Veranderungen feststellbar zu machen.
Der Einstieg in die praktische Arbeit sollte, auch ohne 'fertiges'
Konzept oder lange Theoriediskussionen moglichst rasch erfolgen.
Die dabei entstehenden Schwierigkeiten sollten offen benannt werden.
- 45
Der angenommene Uiderspruch in der Studentenrolle zwischen Hoch-
schule und Ort der sozialen Praxis lost sich nur durch eine Konfron-
tation mit den Gegebenheiten am Praxisort. Gleichzeitig sollte am
Praxisort unmittelbar eine Arbeitsauf gabe iibernommen werden, die
eine Identif ikation mit der neuen Rolle im Praxisfeld ermoglicht.
Die Diskussionen um den 'subjektiven Faktor' konnen nicht abgelost
von der gesellschaf tlichen Realitat in der Isolation der Hochschule
gefuhrt werden, sondern sie bekommen erst ihre Grundlage in der
Auseinandersetzung mit der gesellschaf tlichen Praxis und den dort
gesammelten Erfahrungen.
In diesem Zusammenhang gewinnt auch die Diskussion um einen Proj ekt-
ausstieg (Urlaubssemester) Oder einen Studiengangwechsel an neuer
Qualitat. Die Schwierigkeiten der Proj ektarbeit sind hoffentlich
ansatzweise deutlich geworden. Eine Losung der Probleme kann nicht
durch eine totale Loslosung von den Arbeits- und Studienzusammenhan-
gen erfolgen. Auch die Tendenz, sich verstarkt der politischen Arbeit
am Fachbereich oder in der Studentenschaf t zu widrnen, kann Ausdruck
einer sehr leicht legitimierbaren Flucht sein. Dabei steht die poli-
tische Arbeit am Fachbereich und in der Studentenschaf t auBer Zwei-
fel. Nur: Projektarbeit und politische Arbeit miissen in einem ausge-
wogenen Verhaltnis zueinander stehen.
Diese Aspekte mbchte ich in den weiteren Ausfiihrungen auf emer all-
gemeineren Ebene und losgelost vom geschilderten Proj ektverlaut er-
ganzen.
Projektstudium hat im Vergleich zum herkommlichen zweiphasigen Aus-
bildungsgarg nicht nur eine andere inhaltliche Qualitat, sondern be-
deutet auch im Vergleich zu anderen geisteswissenschaf tlichen Stu-
diengangen ein Mehr an Arbeit. Neben der konkreten Arbeit am Praxis-
ort muB diese Arbeit reflektiert werden, sie muB vorbereitet werden,
ein Konzept muB entwickelt werden, Literatur zum Arbeitsgebiet muB
gelesen und in die Reflexion und Konzeption einbezogen werden, all-
gemeine Theorien der sozialen Arbeit mussen erarbeitet werden, Wis-
sen aus den Bereichen der Padagogik, des Rechts, der Soziologie,
der Psychologie etc. muB angeeignet werden. Dies geschieht zum einen
aufgrund der Fragestellungen, die sich aus der Reflexion der Pro-
jektarbeit ergeben und zum anderen aufgrund des Interesses des Stu-
denten. Hinzukommt der Anspruch, politisch an der Hochschule arbei-
ten zu wollen. Dem entgegengesetzt sind objektive Gegebenheiten
wie Familie oder Gewerkschaf tsarbeit und subjektive Interessen nach
Freizeit und Ausgleich. Der scheinbare Widerspruch zwischen den
hier genannten Partikularinteressen ist zum einen durch eine straf-
fe Organisation der eigenen Arbeit und zum anderen - und das in
einem viel hoherem MaBe - durch eine Bestimmurig der eigenen In-
teressen aufzuheben. Dabei bedeutet fur mich 'Praxis' nicht nur die
eigentliche Projektarbeit am"Praxis"-ort, sondern auch die Reflexion
und Planung der Arbeit, die Aneignung von und Auseinandersetzung
mit Theorien der sozialen Arbeit und auch die politische Arbeit in
der Hochschule.
Diesem Anspruch wurde ich im Verlauf des Projektstudium nur ansatz-
weise gerecht. Die Arbeit beschrankte sich einerseits auf das Pro-
jekt, andererseits auf das politische Engagement in der Hochschule.
Lehrveranstaltungen wurden besucht, die einschlagige Literatur dazu
wurde jedoch nur in geringem Umfang gelesen. Zum einen war die Refle-
xion der Projektarbeit nicht so prazise, als daS sich aus ihr heraus
eine konkrete Fragestellung entwickelt hatte, die kontinuierlich
hatte bearbeitet werden konnen mit der Ruckkoppelung zur und Uberprii-
fung in der Projektarbeit, zum anderen standen die formalen Konflik-
Zeitschrift f iir politische Okonomie
und sozialistische Politik
Bahro-Diskussion:
Spohn * Bahros Beitrag zur Sozialismus-Dis-
kussion/Sdiafer * Was heiftt biirokrarisdier
Sozialismus? / Erbe * Klassenantagonismus
oder Schichtendifrerenzierung? / Damus *
Intelligent im „realen Sozialismus"
Rationalisierung und
Geweikschaften:
Neusiifl * Produklivkraftentwiddung und Eman-
npafion/Esser,radi,Vdrh * StrukrurelleArbeHs-
losigke tt und polHisdies Konf likt potentia I / Frosdi
* Mikroprozessoren / Roos, Penth * Rationali-
sierung bei der Bundespost / Interview mit
Bruno Trentin (CGILj/Armanski, Burger, Dam-
mann,Rinne * US-Gewerks<haften und Arbeits-
bedingungen
im Abo
DMZ-
te (Status der Studenten im KV) zu sehr im Mittelpunkt der Projekt-
diskussionen.
Dies war mir seinerzeit nicht klar. Ich hatte zwar ahnlich Theoreti-
sches iiber die Notwendigkeit der Reflexion im Kopf, allerdings fand
sie wie beschrieben nur selten und dazu oberf lachlich statt.
Das wird auch an der Schwierigkeit der semesterweise zu erstellen-
den Projektberichte deutlich. Diese Berichte baben neben der Aufga-
be, den Fachbereich und seine interessierten Mitglieder uber die Ar-
beit der Projekte zu informierenyvor allem darin ihre Bedeutung, daS
sie zuneinem die obengenannte Reflexion der geleisteten Arbeit ver-
tiefen und verdeutlichen, zum zweiten die Kontrolle der Weiterent-
wicklung der Arbeit ermbglichen und zum dritten die Verbindung von
Theorie und Praxis uberprufen und zum Ausdruck bringen.
Sollte der Bericht nun mehr enthalten als nur die soziografische Be-
schreibung des Praxisortes oder die Darstellung einer Ferienfreizeit ,
er also mehr den Prozefi der kritischen Auseinandersetzung mit der
eigenen Arbeit und den gemachten Beobachtungen dokumentieren, so
setzt dies das Vorhandensein einer Distanz zur eigenen Arbeit als
Voraussetzung zur Kritik derselben voraus. Einerseits war diese
notwendige Distanz nicht vorhanden, andererseits war und ist es ein
sehr unbequemer und auch schmerzlicher Prozefi, sich mit dem kritisch
auseinanderzusetzen, was das eigene Handeln bestimmt bzw. was das
eigene Tun eigentlich ist. Die erstellten Berichte warenreine Be-
schreibungen und Darstellungen, Prozesse der kritischen Auseinander-
setzung fanden nicht entsprechend fundiert statt, als dafi sie hat-
ten dokumentiert werden konnen. Gerade aus dem geschilderten Zusam-
menhang heraus halte ich die kontinuierliche Reflexion der Arbeit
und die Erstellung von Projektberichten fur notwendig.
Dieser zweite Teil des Beitrages greift nur einige Aspekte des Pro-
jektstudiums auf. Zu erganzen ware die Bestimmung der Dozentenrol-
le in der Projektgruppe, die Schilderung der Schwierigkeit, die eige-
nen Interessen und Arbeitsinhalte festzustellen und die eigene Ar-
beit
durch das Proje...-
schen, aktiven und kollektiven Lernens1, die politische und gesell-
schaftliche Bedeutung des Projektstudiums, die Sicherung der mate-
riellen Lage der Studenten (Ferienjobben), die Diskussion urn die
Frage, ob unentgeltlich soziale Arbeit durch die Projektgruppen ge-
lei
waren, -.t., „.,.......- —
tung dieser Ausbildungskonzeption fUr den gesamten Bereicn der Hocn-
schulausbildung und seiner Studiengange und einiges mehr.
nteressen und Arbeitsmnaite itsuusi-ciicii uhu "•■.» -~B*-^~ «^
zu organisieren, naher zu benennen, was 'gelernt' wurde im und
das Projektstudium, das Verstandnis der Begriffe 'exemplan-
cage, ob unentgeltlich soziale ArDexu ouiui u±e riuj^^'-i-i-" e>~
»istet wird, an deren Stelle sonst Sozialarbeiter eingestellt worden
iren, die breite Diskussion um den Begriff 'Praxis', die Bedeu-
ANMERKUNGEN
Siehe dazu § 2 "Ziele des Grundstudiums" der Studienordnung des
Fachbereichs Sozialwesen der FH Wiesbaden in der vorliegenden
Fas sung
a.a.O., § 3 "Ziele des Hauptstudiums
(3) a.a.O., § 4 "Kernstudium"
(A) a.a.O., § 5 "Schwerpunktstudium"
Informationsschrift "Fur ein richtiges Verstandnis des Projekt-
studiums" von Kurt Langer aus dem Sommersemester 1976
Bericht fur den Zeitraum Februar 1976 bis Juli 1977, abgedruckt
in: "Beratung in der Schule - Diskussionsbeitrage aus den Modell-
versuchen" Heft 5/77, Frankfurt, Sept. 1977.
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
Timm Kunstreich, Hamburg
SOLLTE MAN HEUTE NOCH SOZIALPADAGOGE WERDEN?
- IMPRESSIONEN AUS BERATUNGSGESPRACHEN MIT
STUDENTEN DER SOZIALPADAGOGIK UND SOLCHEN,
DIE ES WERDEN WOLLEN -
Probleme der Angst vor Arbeitslosigkeit s
eine grofie Rolle, ohne dafi sie immer als
Umgekehrt versteckt sich aber haufig hint
sigkeit auch die Unsicherheit gegeniiber d
spaterer Praxis. Dieses Problem betrifft
arbeiter, sondern auch z.B. zukiinftige In
ich mich aber auf die spezielle Problemat
denten der Sozialpadagogik und solchen, d
schranken. (Anmerkung: Der Autor ist Stud
schule Hamburg.)
pielen in der Studienberatung
solche formuliert werden.
er der Angst vor Arbeitslo-
en vermuteten Anforderungen
nicht nur zukiinftige Sozial-
genieure. Im folgenden will
ik in der Beratung von Stu-
ie es werden wollen, be-
ienberater an der Fachhoch-
PROBLEME VON STUDIENBEWERBERN
Die Beratung von Studienbewerbern erfolgt hauptsachlich in Gruppen-
beratungen, an denen in der Regel pro Gruppe 5-10 Bewerber teil-
nehmen. Neben der Vermittlung mehr technischer Informationen (Zulas-
sungsverfahren, Termine usw.) haben diese Gruppenberatungen vor allem
folgende Ziele:
• informationssuchendes Verhalten zu verstarken: nicht nur die Fund-
orte fur weitere Informationen zu nennen, sondern auch zu ermuti-
gen, sie zu gebrauchen. Z.B. Kontaktaufnahme mit Studenten und Ab-
solventen des Studienganges ;
• sich iiber die Motivation zum Studium klarer zu werden:
Z.B. sich dariiber Rechenschaft abzulegen, inwieweit der Studien-
wunsch tatsachlich der eigene Wunsch ist und inwieweit Einfliisse
von Elternhaus, Bekanntschaf t u.a. eine Rolle spielen und welche
Rolle sie spielen;
• durch Erfahrungsaustausch mit den anderen Bewerbern zu lernen:
Z.B. wenn ein Bewerber Probleme und Gesichtspunkte in die Diskus-
sion einbringt, die ein anderer noch nicht gesehen oder bedacht
hatte.
Die Form dieser Beratung nennen wir orientierende Beratung.
Die Inhalte der Beratung beziehen sich vor alien Dingen auf drei
Punkte:
1. Das Zulassungsverfahren,
2 den Aufbau des Studiums,
3 die Beruf sperspektive.
Ouer zu diesen drei Punkten liegt die Frage der Studien- und Berufs-
notivation, d.h., bei j edem dieser Punkte kann sich diese Frage
stellen und wird sie in der Regel auch diskutiert.
49
ZUM ZULASSUNGSVERFAHREN
Bundesweit gesehen ist der Studiengang Sozialpadagogik der einzige
wirklich hart zulassungsbeschrankte Studiengang an Fachhochschulen.
Je nach Ort und Grijfie der verschiedenen Fachbereiche ist die Hohe
der Zulassungsbeschrankung aber unterschiedlich. Besonders schwer
ist es, in Grofistadten wie Hamburg, Berlin, Frankfurt und Munchen
einen Studienplatz zu bekommen. Da nach der Erorterung des Zulas-
sungsverfahrens, das sich in Hamburg an dem der ZVS orientiert, fur
die meisten klar ist, daB sie nicht sofort in Hamburg einen Studien-
platz bekommen werden, sondern u.U. einige Jahre warten miissen, er-
gibt sich hier die erste Konf liktebene in bezug auf die Studienmoti-
vation. Konkret stellt sich hier die Frage: "Was bedeutet mir mehr,
mit hoher Wahrscheinlichkeit mb'glichst bald einen Studienplatz zu
bekommen, wenn ich mich bundesweit bewerbe oder die Wartezeit in
Kauf zu nehmen, dafur aber in Hamburg zu studieren?" Fur viele Be-
werber ist diese Frage tatsachlich nur eine Scheinalternative, da
sie aufgrund familiarer Bindungen bzw. okonomischer Abhangigkeiten
nicht in der Lage sind, einen anderen Studienort zu wahlen. Fur min-
dest ebenso viele aber, besonders fiir jungere Bewerber, lost diese
Frage eine ganze Reihe von Angsten aus:
Da die meisten Partnerbeziehungen am Wohnort haben, mussen sie sich
die Frage stellen:
- Ist meine Beziehung so stabil, daB sie auch eine zeitweise Tren-
nung uberdauern wird oder ist sie mir soviel wert, daB ich das ge-
wiinschte Studium aufschiebe?
- Wie soil ich das denn anfangen, wenn ich in einer neuen Stadt bin
und niemanden kenne; wie kann ich Kontakt auf nehmen?
- Wie werde ich da tiberhaupt mit meinem taglichen Leben fertig?
Besonders grofi sind die Sngste bei den Bewerbern, die bis jetzt noch
bei den Eltern wohnen und noch nie "auf eigenen Fiiflen gestanden ha-
ben". Da es fiir den Studiengang Sozialpadagogik keine vergleichbaren
oder Ausweichstudiengange gibt, spielt dieser Punkt immer eine sehr
starke Rolle, der haufig auch noch in zusatzlichen Einzelberatungen
nach diesen Gruppenberatungen sehr intensiv diskutiert wird.
ZUM AUFBAU DES STUDIUMS
Nach Informationen tiber den formalen Aufbau des Studiums (Grundstu-
dium, Vorpriifung, Hauptstudium, Beruf spraktikum) ergibt sich in der
Regel bei der Diskussion der Studienschwerpunkte zugleich auch eine
Diskussion der Motivation zum Studium. Dabei ist auffallig, daB die
meisten einen Schwerpunkt nennen, der ganz allgemein mit Kindern oder
Jugendlichen zu tun hat, und daB nur Bewerber, die vorher schon eine
vergleichbare Ausbildung (Erzieher o.a.) gemacht haben oder schon
einen Beruf haben (2. Bildungsweg) schon genauere Vorstellungen ha-
ben - entweder davon, was sie machen wollen oder davon, was sie ganz
sicher nicht machen wollen. Da in einem Beratungsgesprach fast immer
Bewerber mit sehr unterschiedlicher Vorerfahrung zusammenkonmen, er-
geben sich an diesem Punkt haufig Diskussionen um die Erwartungen
an das Studium. Wahrend diejenigen mit Beruf serf ahrung in ihrem Stu-
dium auch eine Zeit der freien Entfaltung, des Sich-Verwirklichens
sehen, sehen diejenigen, die direkt von der Schule kommen, in der
Regel im Studium ausschlieBlich die Beruf sausbildung. Naturgemafl
wird dieser Punkt sehr haufig im Zusammenhang mit dem 3. Punkt gese-
hen: der Berufsperspektive.
- 50 -
ZUR BERUFSPERSPEKTIVE
Vielen, die zur Beratung kommen, war vorher abgeraten worden, Sozial-
padagogik zu studieren: Da bekommst Du sowieso keine Stellung, der
Bereich ist total aussichtslos usw. Nicht selten werden diese Aufie-
rungen berichtet aus Gesprachen mit Studenten bzw. Absolventen. Hier
ist es erfahrungsgemafi ziemlich schwierig, in der doch relativ kur-
zen Zeit (eine Beratung dauert ca. 1 1/2 bis 2 Stunden) die notigen
"Gegeninformationen" zu geben, ohne die Lage zu rosig zu schildern.
Hier wird haufig eine Grundsatzdiskussion gef iihrt , ob es sich uber-
haupt lohnt, noch zu studieren. Ebenso haufig wird fiber den Wert und
den Sinn bzw. Unsinn von Prognosen diskutiert. Ziel der Beratung in
diesem Punkt kann es nicht sein, noch "bessere" Prognosen zu disku-
tieren, sondern zu ermutigen, das zu tun, was man wirklich machen
mochte. Je nach Zusanmensetzung der Gruppe ergeben sich hier haufig
sehr grundsatzliche Diskussionen iiber die gesellschaf tspolitische
Bedeutung von Sozialarbeit, iiber die Funktion des einzelnen Sozial-
arbeiters, iiber die Konflikte zwischen Lohnform und geglaubten, po-
stulierten bzw. angestrebten Inhalten der Sozialarbeit . Gerade die-
ser Aspekt fiihrt haufig wieder auf die Ausgangspunkte der Diskussion
zuriick: Was kann ich tun, das zu verwirklichen, was ich subjektiv
als einzig sinnvoll empfinde, es zugleich aber so tun, dafi ich auch
davon leben kann?
Als Berater stehe ich fast in jedem Beratungsgesprach vor dem Dilem-
ma auf der einen Seite Informationen geben zu mussen, den Bewerber
aber nicht mit einer Informationsf lut zu iiberfordern und dem Bewer-
ber realistische Informationen iiber die Beruf swirklichkeit und Stu-
dienwirklichkeit zu geben, auf der anderen Seite ihn aber nicht zu
entmutigen.
Eine besondere Gruppe von Bewerbern sind die Studienfachwechsler. Ent-
weder kommen sie von der Universitat und sind frustrierte Padagogen,
Lehrer und Soziologen oder sie kommen aus anderen Fachbereichen der
Fachhochschule, vor alien Dingen aus den technischen Fachbereichen.
Wahrend die Universitatsstudenten in der Regel zunachst mangelnde
Berufsaussichten und Iheoriemudigkeit als Grund fur den angestrebten
Wechsel angeben (was sich bei naherer Analyse haufig als Motivations-
krise Oder auch als fundamental Lebenskrise herausstellt) , ist es
bei den Fachwechslern aus den technischen Bereichen haufig so, daB sie
die repressiven Studienbedingungen in diesen Fachbereichen nicht lan-
Eer bereit sind hinzunehmen und nach einer langeren Phase der Dis-
kussion oder des "Insichgehens" sich um eine grundlegend neue Orien-
tierung bemuhen. Gerade von solchen Bewerbern wird haufig das expli-
zit formuliert, was andere Bewerber sich haufig nicht eingestehen
oder nicht wahrhaben wollen: daB sie das Studium der Sozialpadagogik
anstreben, um mit sich selbst ins Reine zu kommen, d.h., dafi sie zu-
nachst ganz diffus die Erwartung haben, iiber die Inhalte des Studiums
mit den eigenen personlichen Problemen fertig zu werden.
Trotz der groBen Schwierigkeiten fur die meisten Bewerber, einen
Studienplatz zu bekonmen, ist es doch erstaunlich, wieviele Schwie-
rigkeiten die meisten Bewerber in Kauf nehmen - seien es nun lange
Wartezeiten oder sei es der Weggang aus der gewohnten Umgebung.
51
(^eT)
Studienfiihrer
fur Sozialarbeiter/
Sozialpadagogen
Ausbildung und Beruf im Sozialwesen
Herausgegeben von Henrik Kreutz/Rainer Landwehr,
Reihe: Kritische Texte. 278 Seiten, kartoniert, DM 24,80.
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Der Studienfiihrer bietet Informationen Liber das Studium der
Sozialarbeit/Sozialpadagogik sowie den Praxisbezug der Fach-
hochschulausbildung. Einfuhrende Informationen beziehen sich auf
Probleme des Studiums und des Berufs aus der Sicht der
Fachhochschule und ihrer Studenten sowie die Studienorganisation
an den Fach- und Gesamthochschulen der Bundesrepublik
Deutschland.
Den angestrebten Praxisbezug des Fachhochschulstudiums
problematisieren Erfahrungsberichte Liber Praktika, Praxissemester,
Berufsanerkennungsjahr, Projektstudium, Weiterbildung und
berufsfeldbezogene Lehrplanentwicklungen. Die Situation auf dem
Arbeitsmarkt beschreiben Daten Liber die Sozialstruktur und die
Bedarfsprognosen von Sozialarbeitern/Sozialpadagogen. Alter-
nativen zur Studienorganisation in der Bundesrepublik werden im
Vergleich mit der Ausbildung in den USA, den Niederlanden und
in GroBbritannien deutlich.
Luchterhand
NeuePraaris
Kritische Zeitschrift fur Sozialarbeit und
Sozialpadagogik
Seit sieben Jahren kritisch und konsequent in der Vermittlung von Theorie
und Praxis.
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zu den Fachbereichen Sozialarbeit/Sozialpadagogik/Soziale Probleme
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Studenten, DM9,- (Art.-Nr. 50942).
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PROBLEME VON STUDENTEN
Wahrend bei den Studenten anderer Fachbereiche Priifungsprobleme,
Probleme des Studienabbruchs bzw. Studiengangswechsels im Vorder-
grund stehen, spielen diese Probleme bei den Studenten der Sozial-
padagogik, die zu uns kommen, kaum eine Rolle. Obwohl auch sie durch
neue Studien- und Priifungsordnungen zunehmend mehr formalisierte
Leistungen (vor alien Dingen Klausuren) erbringen miissen, spielen die
Priifungsprobleme nicht die Auslesefunktion wie in den meisten ande-
ren Fachbereichen. Es sind vielmehr zwei andere Problembereiche,
die quantitativ die grofite Rolle spielen: Das Problem des Zweitstu-
diums und die Angst vor praktischem, sozialpadagogischem Handeln.
ZUM PROBLEM DES ZWEITSTUDIUMS
Durch die im HRG getroffene Beschrankung der Zweitstudienmoglichkei-
ten wird die mit der Graduierung verbundene allgemeine Hochschulrei-
fe de facto zu einer eingeschrankten, fachgebunden Hochschulreif e.
In zulassungsbeschrankten Studiengangen werden jetzt nur noch zwei
bis hochstens 5 X der Studienplatze an Bewerber vergeben, die schon
einmal ein Studium abgeschlossen hatten - ganz egal, wie sie an die-
ses erste Studium herangekommen sind: iiber die Fachoberschule oder
tiber das Gymnasium. Zusatzlich zu dieser Quotierung muB der Bewerber
auch noch nachweisen, dafi sein angestrebtes Zweitstudium eine sinn-
volle Erganzung des Erststudiums ist. Um diesen unbestimmten Begriff
handhabbar zu machen, wurden 3 Fallgruppen von "sinnvoll" geschaffen.
Fallgruppe 1
Der Bewerber strebt einen Beruf an, der nur aufgrund zweier abge-
schlossener Studiengange ausgeiibt werden kann.
Fallgruppe 2
Der Bewerber will in der gleichen Fachrichtung weiterstudieren.
ERSTSTUDIUM ZWEITSTUDIUM
(FH) (Wissenschaftliche Hochschule)
SOZIALPADAGOGIK GESELLSCHAFTSLEHRE/SOZIALKUNDE
PHILOSOPHIE
WISSENSCHAFTLICHE POLITIK
PSYCHOLOG1E
PADAGOGIK UND RELIGIONSPADAGOGIK
SOZIALWISSENSCHAFTEN/SOZIOLOGIE
Fallgruppe 3
Der Bewerber hat ein Erststudium absolviert, das nicht unmittelbar
auf den erstrebten Beruf hinfiihrt.
In der Fallgruppe 1 und 3 mufl der Bewerber ein Gutachten der Hoch-
schule, an der er studieren mochte, beibringen. Ob eine "sinnvolle
Erganzung" vorliegt, entscheidet der Hochschulprasident, in Zweifels-
fallen ein "Obergutachter" der ZVS in Dortmund. Bislang kann der Be-
werber seinen Gutachter selbst wahlen. Er kann auch aus mehreren
Gutachten verschiedener Hochschulen das fur ihn giinstigste der ZVS
vorlegen. Dem soil nach bislang inoff iziellen Auskiinften in Zukunft
vorgebeugt werden, um die grofle Zahl der erforderlich en Obergutach-
ten einzuschranken.
(aus Fachhochschul-Info Nr. 15, Hamburg 1978)
Betroffen sind von diesen weiteren Einschrankungen des zweiten Bil-
dungsweges alle Fachhochschulstudenten, direkt verarscht fiihlen sich
diejenigen, die von vornherein an die Fachhochschule gegangen waren,
um an der Universitat weiter zu studieren. Nach ersten Erfahrungeh
mit dieser Zweitstudienregelung aus dem VIS 77/78 kann man feststel-
len, daB hier sehr restriktiv verfahren wird:
So wurde z.B. im Studiengang Medizin kein einziger Zweitstudienbe-
werber zugelassen, der von einer Fachhochschule kam, da kein Studien-
gang einer Fachhochschule zur Medizin in einer sinnvollen Erganzung
steht. Anders sieht es aus in Psychologie, wo immerhin doch ein gros-
ser Teil von Sozialpadagogen akzeptiert wurde.
In Einzelberatungen mit Studenten, die in dieser Weise um ihre Zu-
kunftsplane betrogen wurden, geht es neben einer genauen Biskussion
des Zulassungsverfahrens vor alien Dingen darum, welche Moglichkei-
ten es gibt, sich eine Beruf sperspektive zu erarbeiten, die der ur-
spriinglich angestrebten moglichst nahe kommt. Fur jemanden, der sich
aber Dipl.-Psychologe als Beruf sziel gesetzt hat, bleiben Ausweich-
studiengange wie Dipl. Padagoge oder Dipl-Soziologe immer nur zweite
Wahl, da er mit diesen AbschlUssen nur in wenigen Bereichen mit Di-
plom-Psychologen konkurrieren kann.
War kurz nach Errichtung der Fachhochschulen der Anteil der Studen-
ten die an die Universitat iiberwechselten, sehr hoch und wurde da-
mals in der Regel auch auf die Absolvierung des Beruf spraktikums ver-
zichtet, so hat sich die Situation heute total geandert. Eben wegen
dieser Zeitstudienbeschrankung aber auch wegen der generell schwie-
riger gewordenen Beruf saussichten wird in der Regel jetzt doch das
Beruf spraktikum absolviert und relativ wenige studieren dann weiter
(nach Schatzungen hochstens 20 %) .
ANGST VOR DEN ANFORDERUNGEN SOZIALPADAGOGISCHER PRAXIS
Der Anlafi, weshalb Sozialpadagogik-Studenten unsere Beratungsstelle
bei personlichen Problemen aufsuchen, unterscheidet sich zunachst
nicht von den Begriindungen, die auch andere Studenten geben: Lern-
schwierigkeiten, in der Regel gekoppelt mit Kontaktschwierigkeiten
bis hin zu Partnerproblemen. Analysiert man jedoch diese "personli-
chen Schwierigkeiten" genauer, so lafit sich bei fast alien Sozialpa-
dagogik-Studenten eine gemeinsame Grundtendenz in den Schwierigkei-
ten feststellen. Sie sind voller Zweifel iiber die eigene Fahigkeit,
mit anderen Menschen umzugehen. "Wie kann ich anderen Menschen hel-
fen wenn ich selbst Hilfe gebrauche?" "Wie soil ich mich verhalten,
wenn Jugendliche meine Unsicherheit spuren?" usw. Die naheliegende
Interpretation, daB derartige Schwierigkeiten gerade daher ruhren,
weil sie in anderen Gebieten auch Schwierigkeiten haben, wird sogar
von vielen betroffenen Studenten selbst vertreten: "Die anderen kon-
nen das alles viel besser als ich, die anderen haben diese Schwie-
rigkeiten nicht, ich mochte auch so sein wie die, die so unbelastet
an ihre Arbeit gehen." Diese individualisierende Interpretation ver-
schleiert allerdings mehr, als daB sie erklart. In ihr werden die Be-
dingungsfaktoren der Hochschulsozialisation unterschlagen und auf
simple Kausalketten wie Elternhaus, Schule usw. reduziert.
Geht man hingegen davon aus, daB die Schwierigkeiten dieser Studen^
ten in besonders pragnanter Weise die Schwierigkeiten aller Studen
ten in den gleichen Bedingungen eines Studiengangs darstellen, also
- 55
sozusagen die Spitze des Eisberges sind, so wird der Blick auf diese
Bedingungen selbst gerichtet, d.h. auf die Studiensituation. So be-
trachtet, haben zunachst alle Studenten ahnliche Schwierigkeiten,
was sie j edoch unterscheidet, sind die Problemlosungsstrategien: So
konnen die Probleme, mit denen die Studenten zu uns kommen, ebenso
gut in Partnerbeziehungen bzw. funktionierenden Gruppen diskutiert
und besprochen werden und fingste so reduziert bzw. handhabbar ge-
macht werden. Die Bedingungsfaktoren, die die Angst vor der eigenen
Inkompetenz und vor den Anforderungen der Handlungsfelder verstarken
statt zu reduzieren, lassen sich exemplarisch unter zwei Aspekten
zu s ammenf a s s en :
• im Vorherrschen kognitiven Lernens(Wissensanhaufung):
Die iibliche, auch in Hamburg durchgefiihrte Zweiteilung des Studiums
in Grund- und Hauptstudium geht von der Annahme aus, dafi es einen
bestimmten Kanon an Grundwissen in den Hauptfachern der Sozialpada-
gogik gibt (Erziehungswissenschaf ten; Sozialwissenschaften; Psycho-
logie; Recht und Verwaltung). Auf diesem Grundwissen soil im Haupt-
studium aufgebaut werden und Vertief ungsmoglichkeiten angeboten wer-
den. Abgesehen davon, dafi es berechtigte Zweifel gibt, ob Lernen sich
in dieser Weise tatsachlich vollzieht (vgl. die Kritik an derartigen
Lernvorstellungen in den Ref ormhochschulen Bremen und Kassel), wider-
spricht schon allein die Okonomie der Zeit dem Gelingen dieses Vor-
habens: In drei Semestern soil in jedem der genannten Facher ein
Grundlagenwissen erworben werden, fur das die Studenten der jweiligen
Einzeldisziplinen an anderen Hochschulen mindestens vier Semester
Zeit haben. Selbst hohes didaktisches Konnen der Dozenten vorausge-
setzt, kann dabei nicht mehr herauskommen, als Anhaufung lexikali-
schen Wissens, das in Klausuren und anderen Leistungsformen abgefragt
wird. Uberspitzt formuliert lernt der Student, Wissen anzuhaufen
und dieses kurzfristig fur einen bestimmten Zweck zu gebrauchen. Zu-
sammenhange und systematisches Herangehen und Vergleichen der durch
die Geschichte der biirgerlichen Universitat getrennten Disziplinen
findet nicht oder nur im Ausnahmef all statt. Dafi dieses Lernverhal-
ten einseitig die kognitiven Fahigkeiten "fordert" und die affekti-
ven(motivationalen Aspekte des Lernens in den "Untergrund" der Klein-
gruppe bzw. der Partnerbeziehung driickt, hat fiir diejenigen Studenten ,
die eben dieser affektiven und motivationalen Basis entbehren, zur
Folge, dafi dieses Anhaufen von Wissen bzw. Halbwissen sie noch mehr
verunsichert. Beklagt wird vor alien Dingen das Fehlen des Zusammen-
hangs der Facher untereinander und ihre Bedeutung fiir die noch weit-
gehend unbekannte Praxis. Umgekehrt bedeutet es fiir die Studenten,
die ihre affektiven und motivationalen Bediirfnisse in Kleingruppen
und Partnerbeziehungen befriedigen konnen und damit eine weitgehende
Grundlage ihrer spateren Handlungskompetenz schaffen, dafi sie diese
sozusagen gegen die offizielle Lernstruktur erwerben - als "heimli-
cher" Lehrplan des Studiums. Nicht zuletzt aus diesem Konflikt unter-
schiedlicher Lernbediirfnisse resultiert das Problem der zunehmenden
Abwesenheit in den Lehrveranstaltungen. Wesentliche Bediirfnisse im
Studium werden eben aufierhalb der Lehrveranstaltungen befriedigt.
• in der instrumentellen Einstellung zu Medien und Methoden:
In Hamburg ist es durch die Lage der Praktika zumindest im Ansatz ge-
geben, praktisches Handeln theoriebegleitend zu erlernen:
Zu Beginn des vierten Semesters wird ein 4-wochiges Informationsprak-
56
tikum gemacht , das sich wahrend des vierten und fiinften Semesters
als studienbegleitendes Praktikum an 2 Tagen in der Woche fortsetzt.
Zentrale Veranstaltungen, die dieses Praktikum begleiten, sind die
Theorie-Praxis-Seminare, die als Kleingruppenveranstaltungen wahrend
des gesamten Haupts tudiums angeboten werden. Es sollen auch hier
wieder die besten didaktischen Bemiihungen der Dozenten vorausgesetzt
werden, so ergeben sich dennoch eine Reihe von Problemen. Geiibt darin,
bewufites Lernen ausschliefilich als kognitives Lernen zu begreifen,
entsteht durch die Konf rontation mit der Praxis bei den meisten Stu-
denten das Bediirfnis, ihre Handlungskompetenz durch Lernen vom Um-
gang mit Medien und Methoden zu verbessern oder erst uberhaupt zu er-
reichen. Unter dem Primat des kognitiven Lernens wird dieser Wunsch
allerdings sehr haufig zur reinen Rezeptanwendung. Frustriert dariiber,
dafi.es solche Rezepte in der Regel nicht gibt, wenden sich die Ag-
gressionen haufig gegen das Praxisfeld bzw. die Fachhochschule
und produziert ganz allgemein Unlust- und Angstgefiihle. Da dariiber
hinaus in vielen Medien- und Methodenseminaren benotete Scheine ver-
langt werden und somit auch hier abfragbares bzw. reproduzierbares
Wissen erarbeitet werden mufi, bleibt es auch hier beim Vorherrschen
des kognitiven Lernens. Unsicherheit im Praxisfeld und der Zwang
zuro Anhaufen von Wissen fu'hren dann hSufig dazu, dafi Methoden ledig-
lich als auflerlich anwendbare Strategien der Manipulation empfunden
werden, zugleich aber nach ihnen verlangt wird' im Sinne von Rezept-
anwendungen. Phasen der Selbstref lexion und der Diskussion der Wir-
kungen, die die Anwendung der Methoden auf die Methoden anwender hat,
kommen dabei haufig zu kurz. In der Beratung von Studenten, die un-
ter diesen Lernbedingungen dann noch in andere, weitere Konfliktla-
gen geraten sind, haben wir die Erfahrung gemacht, dafi diese Studen-
ten auch ihre eigenen Probleme auf diese instrumentelle Weise ange-
hen, d.h. sie als Rationalisierungsstrategien gebrauchen oder die
Bedeutung dieses Wissens fiir ihre eigene Situation schlichtweg ver-
drangen: Die Ergebnisse der Neurosenlehre, wie anfechtbar sie auch
immer sein mogen, sind fur die Klienten da, nicht fiir einen selbst.
SCHLUSSBEMERKUNG :
Hier handelt es sich urn Impressionen aus meiner Beratungstatigkeit ,
nicht urn eine systematische Analyse. Mit anderen Worten: Wem diese
systematischen Ableitungen und andere wichtige Punkte fehlen: Ich
habe dieses Mai bewufit darauf verzichtet - ebenso auf Vorschlage
zur Aufhebung der verschiedenen Konflikte.
M ^
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A
w-lo?'\VsUs^v
Barbara Schulze/Jochen Schaffer
DIE FHSS BERLIN -
GESCHICHTE UND PERSPEKTIVEN
AUS STUDENTISCHER SICHT
ZUR GESCHICHTE
Das Seminar fiir Soziale Arbeit, Alice-Salomon-Schule, der Vorlauf er
derFachhochschule, wurde 1968 umbenannt in Akademie fiir Soziale Ar-
beit. In die Ausbildung wurde die von Jugendpf legem und -leiterin-
nen mit aufgenommen. Zu den obligatorischen Sozial- und Verwaltungs-
fachern kamen Deutsch, Mathematik und Englisch hinzu, was den Stu-
denten nach Abschlufl des Studiums die fachgebundene Hochschulreife
einbrachte. Voraussetzung fiir den Zugang zur Akademie war: Mittlere
Reife + abgeschlossene Beruf sausbildung. Das Aufnahmealter lag zwi-
schen 22 und .35 Jahren.
Die Akademie umfaBte 180 Studenten und 12 hauptamtliche Dozenten.
Die Interessen der Studenten wurden durch einen ASTA vertreten, der
aber bereits 1970 wieder feierlich zu Grabe getragen wurde, da er
nicht funktionsfahig war.
Am 1.4.1971 wurde aus der Akademie die Fachhochschule fiir Sozialar-
beit und Sozialpadagogik. Damit erfolgte eine Zustandigkeitsverschie-
bung vom Senator fur Schulwesen auf den damaligen Senator fur Wis-
senschaft und Kunst. Die Zahl der Studenten erhShte sich auf 350,
da verschiedene andere Akademien (von der AWO, der kath. Kirche und <
andere) aufgelost und der FHSS einverleibt wurden. AuBerdem wurden
von diesen Einrichtungen auch die meisten Dozenten ubernommen, so
daS die Zahl der Hauptamtlichen auf 20 wuchs.
Die Ausbildung erfolgte jedoch weiterhin nach der alten Akademie-
ordnung. Dies hatte zur Folge, daB die alten Lehrinhalte ubernommen
wurden, und die Studenten zu Beginn ihres Studiums mit einem Stun-
denplan konfrontiert wurden, der 14 FScher = 32 Wochenstunden umfaBte
(Sozialethik, Soziologie, Entwicklungspsychologie, Lernpsychologie,
Padagogik, Politologie , Rechtskunde, Verwaltungskunde, Gesundheits-
und Krankheitslehre, Einfuhrung in die Sozialarbeit, Deutsch, Eng-
lisch, Statistik, Musische Gruppen). Diese Facher waren wahllos an-
einandergereiht. Eine {Coordination bestand nicht. Die "Theorie ,
die vermittelt wurde, war losgelost von der gesellschaf tlichen Wirk-
lichkeit, in der Sozialarbeit stattfindet; zudem war die Art der
Stof fvermittlung durch Vorlesungen ineffektiv.
Unter den Studenten entstand eine starke Verunsicherung, und sie be-
gannen im Mai 71 sich aktiv gegen die bestehende Ausbildung zu weh-
ren. Unter dem Druck der Studenten muftte der Vorlesungsbetrieb im
Juni 71 eingestellt werden. Die Schulleitung, die selbst nicht in
der Lage war, ein Gegenkonzept vorzulegen, sah sich deshalb gezwun-
gen, die Umfunktionierung des Unterrichts zu dulden.
In den Diskussionen kristallisierten sich folgende Vorstellungen
heraus:
- 58 -
1. Der Stundenplan miisse verkiirzt werden;
2. durch Schwerpunktsetzung miisse eine Orientierung auf die zukiinf-
tige Berufspraxis ermoglicht werden.
So entstand - von den Studenten erarbeitet - der erste Stundenplan
fiir das 2. Semester, der dem Akademischen Senat zur Abstimmung vor-
gelegt wurde:
A. Grundkurse
T. Kritik der politisahen Okonomie (anstelle des Faches Soziologie)
2. Kritik des Sbzialstaats (anstelle des Fashes Politologie)
3. Gesohiahte der Arbeiterbewegung (auBerhalb des obligatorischen
Lehrplans, da dafiir kein in der Ausbildung sordnung vorgesehenes
Faoh in Frage karn).
Da man den vorhandenen Dozenten die gewunsohte Vemittlung dieser
Lehrinhalte nicht zutraute, setsten die Studenten gegeniiber dem Rek-
torat die Forderung durch, mindestens fiir die Hdlfte dieser neuen
Lehrveranstaltungen eigene Vorschlage fiir neue Lehrbeauftragte zu
machen.
B. Fachspezifisohe Vorbereitungsfacher
4. Psyohologie 7. Verwaltungskunde
5. Padagogik 8. Sozialmedizin
S. Recht 9. Statistik
C. Beruf sfe Ider
Es wurden regelmxBige Informationsveranstaltungen mit Praktikern
veranstaltet, in denen den Studenten ein Uberblick tiber ihr kiinfti-
ges Arbeitsgebiet vermittelt wurde.
ZUM HEUTIGEN ZUSTAND
In den folgenden Jahren verdoppelte sich die Zahl der Studenten;
augenblicklicher Stand: gut 700. Die Zahl der hauptamtlichen Dozen-
ten wurde auf iiber 40 erhoht. Mit der Berufung von so vielen Haupt-
amtlichen wurden nach und nach alle die Lehrbeauftragten, die sich
die Studenten ehemals an die Schule geholt hatten, wieder hinausge-
drangt.
Das 'Chaotische' und Konzeptionslose wurde durch eine straff e und
gut durchorganisierte Verwaltung ersetzt. Die Studenten standen,
bzw. stehen teils hilflos, teils uninteressiert daneben, so daB der
jetzige Rektor in seiner Riicktrittsbegriindung schreiben kann, er
"hinterlasse die FHSS relativ 'normal' verwaltbar und vertretbar".
ZUM FORMALEN ABLAUF DES STUDIUMS
Das Studium an der FHSS ist gegliedert in ein GRUNDSTUDIUM (1.-3.
Semester), ein HAUPTSTUDIUM (4.-6. Sem. ) und ein einjahriges
BERUFSPRAKTIKUM. Nach dem 3. Semester findet eine ZWISCHENPRUFUNG
statt, mit der die allgemeine Hochschulreife verliehen wird; danach
ohne Ferien das BLOCKPRAKTIKUM. Dieses besteht aus zwei Teilen von
je 3 Monaten und ist Bestandteil der Ausbildung; an einem Tag pro
Woche findet praxisbegleitender Unterricht in der Schule statt. Die
Blockpraktika umfassen zeitlich das ganze 4. Semester und zwei Mona-
te der Ferienzeit.
59
FACHERSALAT UND STUDIENINHALTE
Im Grundstudium ist der Student verpf lichtet, an 12 verschiedenen
Lehrveranstaltungen teilzunehmen mit insgesamt 26 Semesterwochen-
stunden; im 3. Semester reduziert sich die Zahl lediglich auf 8 Fa-
cher mit 16 Wochenstunden. Im Hauptstudium betragt die Zahl der ob-
ligatorischen Lehrveranstaltungen 9 mit insgesamt 21 Wochenstunden.
Wir haben keine obligatorischen Projekte oder konstante praktische
Tatigkeitsf elder, worauf wir die Lehrinhalte in diesen einzelnen
Fachern beziehen konnen. D.h. in jedem Fach wird ein anderes Thema
behandelt, die Dozenten sprechen sich nicht gegenseitig ab. So be-
handeln wir z.B. in Psychologie Ottomeiers Perspektivenverschran-
kung, in Sozialmedizin die Drogenproblematik und in Recht.das neue
Scheidungsrecht. Sich in jede Problematik einzuarbeiten und eigene
Problemstellungen auszuf ormulieren ist fur den Studenten unmoglich.
omasum
uCU J*™ beeUrWgto Inolii.M'i'm htlfen^'t P<-<6(eme £« User,, dCe. tt auJ
tiVtntf Krott nCekt rntkr z^ beoiCK]*" Cn o(<s- U5t is*. Urn Uit Konr,-
pU *£t 0<'r - Sm/lir-f—'M ur*>t tovbUmti'tu* ^'oner, mtijuat t« e^lCenntn u*cj
UilL,tmt*o*n enWckto u. G*n**, bnucht <**• SozM*r-t**«- **>e <«•'
Um darauf einzugehen, was wir zur Aufhebung des Fachersalats unter-
nommen haben und wie wir den Unterricht mitbestimmen, ist ein kleiner
Exkurs notwendig, der eine besondere Einrichtung der FHSS vorstellt:
DER TYP
Diese Typen sind eine Art von Klassenverbanden von ca. 25 Studenten.
Der Vorteil gegeniiber den an den Unis iiblichen Studienkollektiven
ist der, dafi die Typen indirekt in unserer Studienordnung verankert
sind.
Bei diesem Typensystem schreibt sich nicht jeder Student bei irgend-
einer Unterrichtseinheit gesondert ein, sondern jeder Typ hat ein
Biindel von lehrangeboten fiir alle Studenten gemeinsam. Daneben gibt
es noch eine kleine Anzahl von typenungebundenen Fachern.
Diese Art des Studiums ist fur die Studenten der FHSS z.Zt, uner-
setzlich aus mehreren Griinden:
• Dadurch, daB ein Typ mindestens 3 Semester, wenn es erwiinscht wird
auch das ganze Studium, zusaramenbleibt, konnen die Studenten sowohl
hochschulpolitisch als auch, was Studieninhalte angeht, eine iiber
einen langeren Zeitraum kontinuierliche Diskussion ansetzen.
• Die Geataltung des Unterrichts , das Angehen von gemeinsamen Pro-
jekten als theoriebegleitende Praktika und deren Aufarbeitung, das
Durchsetzen eigener Studieninhalte und deren Aufbereitung fiir den
Unterricht kann nur in einer kleinen, langer zusammenarbeitenden
Gruppe geleistet werden.
• Das Studium bedeutet dadurch fiir den einzelnen Studenten nicht
eine Zeit, in der er in einer anonymen Masse von hunderten Studenten
verschwindet.
Mic wem man/frau zusammenarbeitet, ist vorher zu iibersehen, das Stu-
dium wird freundlicher, personlicher.
• An der FHSS gibt es zum einen auf Lebenszeit angestellte Hoch-
schullehrer und zum anderen jeweils nur fiir ein Semester abgesicherte
Lehrbeauf tragte. Die letzteren unterstiitzen oft die Studenten in ih-
ren Interessenkonf likten und bieten meist f ortschrittliche Themen
fiir den Unterricht an. Waren deshalb alle Facher frei zu belegen,
wiirden die Lehrveranstaltungen der fortschritt lichen Lehrbeauf trag-
ten leicht iiberlaufen, wahrend die der regressiven Krafte unterbe-
legt oder leerlaufen wiirden. Bei den typenungebundenen Fachern wirkt
sich das so aus, daB die Hauptamt lichen - da sie ja ihre Stunden-
zahl voll machen miissen - ihre "boykottierten" Unterrichtsstunden
im nachsten Semester nachholen miissen und dadurch Lehrbeauf tragte
aus der Schule verdrangen.
Jeder Typ hat nun ein "gemischtes" Biindel von Dozenten und Lehrbe-
auftragten jeder fachlichen und politischen Richtung im Lehrangebot.
Durch diesen freiwilligen Zwang tragen wir unseren. sehr wichtigen
Teil dazu bei, f ortschrittliche Lehrbeauf tragte so lange wie moglich
zu behalten (sonst sahe es an der FHSS wesentlich finsterer aus).
Dies ging schon soweit, daB Studenten in eigener Regie und Verwal-
tung bei "typenf reien" Fachern Zwang zu bestimmten Kombinationen von
Dozenten in den Fachern Soziologie und Sozialpolitik durchgesetzt
haben.
DER UNTERRICHT
Eine Einschatzung der Lehrveranstaltungen fangt schon in der Ein-
fiihrungswoche an, die von Studenten fiir das neue Semester veranstal-
tet wird (die Frage, wer die Einfiihrung gestattet, ist alle halben
Jahre wieder AnstoB zu Auseinandersetzungen zwischen Doz./Rektorat
61
einerseits und Studenten andererseits) . Wir versuchen schon da den
Neuen aufzuzeigen, wie das Studentenleben im Fachersalat so aussieht.
Wir in unserem Typ ha'ben uns deshalb gleich von Anfang an vorgenom-
men:
Wir bereiten unseren Unterricht selbst vor.
Unsere Themenvorsehlage wurden da, wo wir welche gemacht hatten,
angenommen, und wir schrieben in alien Fachern Referate und Thesen-
papiere. Wir ackerten wie verriickt.
Damit war leider noch nichts erreicht. Fast j ede Lehrveranstaltung
war von der anderen thematisch weiterhin isoliert. Nach welchen Kri-
terien sollten wir auch die Themen aussuchen, nach welchen Zielen und
Aspekten ausrichten? Die meisten hatten zu wenig oder gar keine^
Erfahrung im sozialarbeiterischen Bereich, uns fehlte eine gemeinsa-
me Erfahrung als Basis.
Wir riefen also alle Dozenten der typengebundenen (z.T. auch der ty-
penungebundenen)Facher zusammen und meinten, daB was getan werden
solle und daB wir fur alle Facher ein Oberthema brauchten.
Was kam, war eine Katastrophe:
Wahrend sich manche Dozenten siezten, wir alle duzten, sprachen die
Dozenten auch in puncto Methodik und inhaltlicher Ausrichtung anein-
ander vorbei.
SchlieBlich wurde das Thema "Gewalt in der Familie" fur wiirdig und
geeignet befunden.
Da jedoch die Lehrveranstaltungen aufgrund der Stundenplanung nicht
je nach arbeitstechnischen und thematischen Erfordernissen_ zusammen-
gelegt Oder verschoben werden konnten und da die hochhonorierten
Dozenten sich in der Folgezeit kaum noch und erst recht nicht regel-
maGig absprachen, war die Sache bald gestorben.
Nach einiger Zeit der totalen Arbeitsuberlastung erinnerten wir uns
daran, daB die Dozenten fur die Vorbereitung des Unternchts bezahlt
wurden und wir nicht, und wir arbeiteten "nur noch" mit halber Kraft.
WIE KONNTE DAS ANDERS LAUFEN?
Uns fehlt ein klarer praktischer Bezug bei den Lehrveranstaltungen.
Oft diskutieren wir zu hypothetisch, zu abstrakt. Die Theorie muB
sich auf eine Praxis beziehen: Wir brauchen fur jeden Typ ein Pro-
jekt, in dem wir mindestens 4 Semester kontinuierlich arbeiten und
lernen konnen.
Die Inhalte der Lehrveranstaltungen bekamen dadurch einen klaren Be-
zug, wir hatten nicht das Gefiihl: was soil das nutzlose Zeugs. Wir
wuSten dann besser, was wir brauch-en und somit lernen muss-en.
Daraus wurden sich auch Konsequenzen fiir die Zusanmensetzung eines
Typs ergeben.
Zur Zeit ist das bestimmende Moment bei der Konstituierung eines
Typs die mehr oder weniger grofle Sympathie zu bestimmten Menschen.
Dieser SympathieklarungsprozeB erstreckt sich iiber die 4 Wochen nach
der Einfuhrungswoche, die wir als Orientierungsphase vom Rektorat
erkampft haben.
Spater aber, wenn die erste Sympathie verflogen ist, stellt sich
heraus, daB die in den Typen organisierten Menschen oftmals sehr
widerspriichliche Interessen verfolgen, was ein gemeinsames Vorgehen
in vielen Punkten ungemein erschwert.
Hier ware eine Zusanmensetzung der Typen, die sich an einem Projekt
62 -
MATERIALIEN/PAPERS ....
• Dokumcntation der Jugend- und Beratungsstelle Giessen wieder erhaitlich:
— Darstellung der Arbeit - Aktuelle Drogenpolitik in der BRD - Diskus-
sion um VMindestkriterien" und "Therapieunwillige" — Historisches iiber
Opium — Die legale Drogenwelle - Pharmaindustrie ; 2o8 Seiten/DM 4,7o
Bezug:Jugcndberatung, Schanzenstr. 16, 63 Giessen Telf. o641/733o3
• Megaphon — Nachrichtenmagazin der Gefangcnen, herausgegeben von der
Selbsthilfeorganisation Help Union e.V., Talackerstr. 12, 6 Frankfurt;
Einzelpreis DM 5.-/Abonnement DM 23.--
• Wer einmal aus dem Blechnapf friBt — Dokumentation iiber die Ereignisse
in der JVA Vierlande 1977; 60 S./DM 2.-, Bezug: Gefangenenselbstinitiative
c/o Medienzentrum Fuhlsbiittel, Fuhlsbutteler Damm 93, 2 Hamburg 63
• Knackis in die OTV? — Dokumentation iiber die Auseinandersetzung von
Gefangenen mit der OTV in die Gewerkschaft aufgenommen zu werden.
Gegen eine Spende zu beziehen bei Bardo Bayer, Homburger Str. 60 B,
6365 Rosbach
• Die Zecke Nr. 7 — Dokumentation zum Konflikt am Frankfurter Berg —
Jugendhaus genehmigt — Sozialarbeiter gekiindigt, 32 S./DM 3.50.
Gegen Voreinsendung in Briefmarken oder Scheck zu beziehen iiber
Helmut Schonberger, Eckenheimer Schulstr. 2, 6 Frankfurt 50
0 HEZ Nr. 3/78 enthalt als Schwerpunktthema "Jugendliche gegen
Arbeitslosigkeit". Gegen Voreinsendung von DM 3.- zu beziehen bei
Redaktion HEZ, Urbanstr. 126, 1 Berlin 61
• Jugendzentrum-Dokumentation "Das Korbacher Jugendhaus 1971 • 1977" —
Modellprojekt des Landes Hessen — Planung — Realitat und Konflikte.
60 S/DM 3.--. Zusendung gegen Einzahlung von DM 3.- auf PSchKto
Friedhelm Emde, Hann. Str. 10, 354 Korbach, PSchA Frankfurt 514693-600
• Reoperation Nr. 22/23 enthalt als Schwerpunktthema "Arbeiterbildung in
der Diskussion", mit Beitragen von Oskar Negt, Peter v. Oertzen, Adolf Brock
Klaus Kiirber u.v.a. Bezug: Redaktion "Kooperation", Universitat Bremen,
Bibliothekstr. , 28 Bremen 33
orientieren wiirde, also schon mal ein rein sachlich gemeinsames
Interesse zur Grundlage hat, sehr hilfreich.
Auch fiir die hoheren Semester, die frustriert und vollig desillusio-
niert aus ihren Praktika zuriickkommen und sich oftmals durch starke
Motivations losigkeit dem Studium gegeniiber auszeichnen, ware ein
starker praxisorientierter Typenzusammenhang enorm wichtig.
Die fiir die meisten alles entscheidende Frage, welche ab dem 5. Sem.
als Damoklesschwert iiber dem Studium schwebt, namlich wie verhindere
ich, daB ich zum stinknormalen Amtsarsch werde, kann nur durch ge-
meinsames Erlernen der bestehenden und durch gemeinsames Praktizieren
anderer Methoden im "Projektstudium" geklart werden,
ZUR HOCHSCHULPOLITIK
Die studentische Hochschulpolitik an der FHSS war lange Zeit Produkt
von Beratungen, Diskussionen und Abstimmungen einer regelmaBig statt-
findenden W.
- 63 -
Wir haben auch studentische Vertreter in den Gremien der FHSS, doch
das, was sich alles zusammen. studentische Hochschulpolitik nennt,
war (ist) ohne System, ohne irgendeine Linie. Das hat mehrere Griinde.
Einmal war die W nur ein Sammelbecken eiliger Antrage, eingebrach-
ter Resolutionen, hochtrabender Streikreden, aber nicht zuletzt eben
auch Forum fur Vordiskussionen, die doch langst auf mederer Ebene
in kleineren Gruppen hattan lauf en miissen.
Zudem wurde die versammelte Mannschaft in der VV immer kleiner, es
waren immer dieselben Menschen anwesend. Initiativen, auf der VV
vorgestellt, gab es viele, doch die standen dann ziemlich allein ohne
weitere Unterstiitzung da (HRG-Gruppe, etc.).
Zum anderen brachte die Gremienarbeit fur die Interessen der Studen-
ten herzlich wenig ein; auBer dem Zugang zu aktuellen Inf ormationen
iiber hochschulrelevante Ereignisse und MaBnahmen, und auBer ein paar
"parlamentarischen Stormanovern" konnten die 6 studentischen Vertre-
ter nichts erreichen. Es hatten durchaus Abstimmungssiege zusammen mit
fortschrittlichen Dozenten erzielt werden konnen, doch ein fehlendes,
klares, zu den Sachproblemen bezogenes imperatives Mandat verhinder-
te politische Aktionen im Akademischen Senat. Stattdessen sahen sich
die studentischen Vertreter oft genug dazu gezwungen, Beratungspau-
sen zu beantragen, um bei einer entscheidenden Abstirranung zu emer
passablen Verlegenheitslosung zu kommen .
DURCH DHR FORSCWES AUT-TReT€U
erkKhdfen' £ICH DIE studentischen
VERTRETER IM AKADEHISCWE W SEWAT
IMMER WIEDER REDERECHT
Ein "neues" System der studentischen Selbstorganisation sollte die-
sen MiBstand beheben. Typeninterne Probleme und hochschulpolitische
Fragen sollten auf Typentreffs wochentlich diskutiert werden. Dele-
gierte aus alien Typen strukturieren und bereiten die 14tagig statt-
findende Semester-W vor, in der Tagesordnungspunkte fur die Cesamt-
VV oder semesterinterne Fragen diskutiert werden. Die Vertreter aus
den einzelnen Semester-VV' s wiederum koordinieren die Beschliisse,
um die TOP ' s fiir eine Gesamt-VV auf zustellen, die dadurch effektiver
und weniger frustrierend fiir die Studenten ist, da durch ihre Vor-
diskussionen entstandene Vorstellungen das Ergebnis in der Gesamt-W
pragt (und nicht, wie vorher, dieses von wortgewaltigen, diszipli-
nierten K- und SEW-Gruppenangehorigen vorausgeplant und erarbeitet
war).
Dies sollte erst mal eine Grundlage fiir eine studentische Hochschul-
politik sein. Das ganze lief so 2 Monate und schliefdann ein. Die
W's waren wieder unstrukturiert wie eh und je und wurden schlecht
besucht; regelmaBige Typentreffs gab es nur in den schon immer aktiv
gewesenen Typen.
Warum wurde dieser selbstorganisatorische Rahmen von den Studenten
nicht wahrgenommen, um gegeniiber dem Rektorat und dem Senat eine
einheitliche Position in Fragen der Ausbildung und hochschulpoliti-
schen Fragen zu formieren?
Ganz sicher waren dabei die vielen regelma'Bigen Tref fs nicht ganz un-
schuldig, die relativ viel Zeit in Anspruch nahmen. Dies steht j e-
doch im engen Zusammenhang mit der Frage, welches Ziel und welche
Methodik die Studentenpolitik haben soil. Wenn die Studenten in die-
ser Zeit Typentreff, Semester-W, Gesamt-VV, Gremien und die Vorbe-
reitungstreff s fiir das alles besucht haben, ohne zu wissen, warum
("Das HRG konnen wir sowieso nicht abschaf f en") , dann ist klar, daB
nach einiger Zeit sich das Unbehagen in schwindender Beteiligung
ausdriicken muBte.
Nichtsdestotrotz wurde das nachste Modell zur Selbstorganisation
auf den Hochschul-Markt geworfen:
Als Fundament sollen wieder die Typen dienen, so daB sich die poli-
tischen Vordiskussionen nicht iiber den Kopfen der "Studentenmasse"
abspielen.Ein Delegiertenrat , zusammengesetzt aus Vertretern aller
Typen,
abwahlbar und mit imperativem Mandat, soil die studentischen
Belange nach aufien vertreten.
Vom Deli-Rat eingesetzt sind Arbeitsgruppen, die sich mit den ein-
zelnen Gremien befassen und die Informationen von dort in den Deli-
Rat leiten. Von dort flieBen sie in die Typen zuriick.
Das wichtigste Element ist der Meinungs- und Inf ormationsaustausch
zwischen der Basis, also den Typen, und dem Deli-Rat. Dieser oder
ein Typ setzt dann schlieBlich je nach Bedarf eine Semester-VV oder
eine Gesamt-W an und bereitet sie vor.
Das Entscheidende jedoch, namlich was die studentische Hochschulpo-
litik pragen und erreichen soil, war damit wieder nicht geklart.
Die bisherige stud. Hochschulpolitik bestand hauptsachlich darin, ge-
oen MaBnahmen des Rektorats als Vertreter des Senats und Mittler
zwischen diesem und den Studenten oder gegen Plane und Aktionen des
Senats selbst zu kampfen.
65
Die Kampfmittel waren haufig als Ausdruck der Hilf losigkeit und als
Ersatz einer fehlenden selbstbestimmten VS zu erkennen: Demonstratio-
nen, Eoykotte, Erzwingung von Diskussionen in den Seminaren und
Streik.
Es ging (und geht) um geplante Ordnungsausschiisse, Verringerung der
studentischen Vertreter in den Gremien, sich steigernde Einfliisse
der staatlichen Stellen auf die Hochschule, Studienordnung, Priifungs-
ordnung, Verhinderung einer selbstbest immten VS etc., kurz, alles
das, was jetzt schon im Vorgriff auf das LHG von Seiten des Senats
versucht wird, in die FHSS einzubringen.
Dabei war und ist die Lage der Studenten fatal: es gibt nur wenig zu
verteidigen, vielmehr soil eine schon ohnehin schlechte Lage fiir die
Studenten noch verschlechtert werden (es waren schon vor dem LHG zu
wenig Studenten im Akademischen Senat). So verlagert sich die Argu-
mentation vom aktivistischen "Gegen..." und "Weg mit..." zu der schon
resignativen Einstellung: "laBt uns wenigstens das verteidigen, was
wir noch haben" .
Der Deutsche StSdtetag und die Kommunalen Spitzenverbande gehen an-
ders vor: Sie uberlegen, zu welchera Zweck und welche Art von Sozial-
arbeitern sie benotigen. Danach geben sie ihre "Empf ehlungen" her-
aus, danach richtet sich der Staat. (Siehe dazu S.9 ff )
WAS KONNEN WIR DARAUS LERNEN?
Wir miissen Klarheit dariiber gewinnen
- welchen Verwendungszweck das Studium hat,
- wie die entsprechende sozialarbeiterische Praxis aussieht,
- vie wir die daraus gewonnenen Erkenntnisse und Anspruche als
Kriterien fiir Studieninhalte verwenden konnen.
Fiir viele Studenten ist es neu, Studieninhalte und -aufbau zum Gegen-
stand eigener Hochschulpolitik zu machen, doch die Geschichte der
Studentenbewegung zeigt gerade, daB Gegenunterricht und die Erarbei-
tung anderer Hochschulstrukturen weit bessere und mit mehr Engagement
vertretene Ziele waren als der Kampf "gegen", "nieder mit" und "zer-
schlagt die. . . ".
Auch im letzten Streik (WS 1977) wurden Zeichen sichtbar, die darauf
schlieBen lassen, daB die Studenten aus der Ecke der Reaktion auf
die Aktionen des Staates herauskommen, um endlich eigene Vorstellun-
gen uber Studium und Beruf zu erarbeiten. Leider blieb es bei den
Ansatzen, denn Streikfete und Demo waren 10 mal so gut besucht wie
die Arbeitsgruppen zur Erarbeitung studieninhaltlich relevanter Vor-
stellungen oder einer Konzeption der geplanten Verfassten Studenten-
schaft, oder zur Diskussion iiber Beruf sperspektiven, zu der Sozial-
arbeiter und Praktikanten eingeladen waren.
Warum ist eine konkrete Ausarbeitung von Studiums- und Berufsziel
nicht schon angegangen worden?
Ein Biindnis gegen bestimmte MaBnahmen des Staates war auf breiter
Ebene relativ leicht zu bilden, eine Einigkeit in der Ablehnung
konnte bisher weitgehend erreicht werden.
Ganz anders sieht es aus, wenn wir hinterf ragen, warum diese und
jene Gruppen etwas ablehnen, wenn bestimmte Ausbildungsziele geauBert
werden sollen: die Einigkeit wtirde gleichzeitig hinterfragt werden.
Es geht jedoch kein Weg daran vorbei, daB studentische Hochschul-
politik sich an erarbeiteten Studieninhalten orientieren muB, um sich
nicht durch Resolutionen, Verurteilungen, Ablehnungen und Boykotts
(die ich allerdings auch als Druckmittel anerkenne, solange es nicht
nur dabei bleibt) in negativ formulierten Forderungen zu erschopfen.
Wenn dieser Kurs nicht eingeschlagen wird, landen die Studenten in
einer politischen Sackgasse, aus der heraus staatliche Mafinahmen an-
gegriffen werden konnen, aber in der keine Moglichkeit mehr besteht,
eigene Positionen zu entwickeln und diese dann durchzusetzen und zu
verteidigen. ^^^
AF Sozialarbeit, Miinchen
EINSCHRANKUNG POLITISCHER RECHTE
AM BEISPIEL DER KATHOLISCHEN FACHHOCHSCHULE
Grundsatzlich besteht an den katholischen und evangelischen Fach-
hochschulen (FHS) aufgrund des besonderen Charakters die Moglichkeit,
in den Verfassungen der jeweiligen Schulen Freiraume aufrechtzuerhal-
ten, die fur die staatlichen FHS aufgrund der Landerhochschulge-
setze (hier: BayrHSchG) grundsatzlich beseitigt sind. So gab es auch
an der Katholischen Stif tungsf achhochschule Miinchen (SFHS) bis zum
17.1.78 eine von der Hochschulleitung anerkannce VerfaBte Studenten-
schaft (VS) mit den demokratisch gewahlten Vertreterorganen, dem
Scudentenparlament und dem ASTA. Zwar war der Erhalt der VS niche
ausschliefilich aufgrund des Einsatzes der Studenten moglich; viel-
mehr muBten gewisse Komproraisse eingegangen werden - so mufiten min-
destens 50 % der Studenten in der VS organisiert sein und die Sat-
zung der VS muBte von der Hochschule abgesegnet werden - nur so war
die Anerkennung als Studentenvertretung und Genehmigung von Raumen
etc. zu erreichen; dies war Anfang 1975.
In der Verfassung der SFHS, die nach In-Kraf t-Treten des Bayr.
HSchG die besonderen Verhaltnisse an der SFHS regeln sollte, wurde
zunachst auch noch daran gedacht, das Ordnungsrecht nicht zu uberneh-
men. Anfangs vertrat die Hochschulleitung die Meinung, aufgrund der
Atmosphare an der Schule - nach dem Motto "wir sind alle eine groEe
Familie" - sei dieses Repressionsinstrument nicht von Noten. SchlieS-
lich wurde das Ordnungsrecht doch verankert, sehr zum Vorteil der
Hochschulleitung, wie sich im Verlauf der Zeit herausstellen sollte.
Desweiteren wurde in der Verfassung festgelegt, dafi jeder Student
den "besonderen Charakter" der SFHS anerkennen muB. Diese Anerken-
nung des Tendenzschutzes innerhalb der Ausbildung legten die Studen-
ten bei ihrer Erstimmatrikulation per Unterschrift ab.
Zum "besonderen Charakter" der SFHS gehorend, verstand die Hochschul-
leitung wohl auch ihre standigen Verbote von Veranstaltungen und
Biichertischen. Als Grund der Verbote wurde immer wieder angegeben,
die VS habe ausschlieSlich hochschulpolitisches Mandat. Was hochschul-
und was allgemeinpoli tisch ist, bestinmt selbstverstandlich die
Hochschulleitung.
Das Repressionskarussell begann sich jedoch erst richtig zu drehen,
als 1976/77 erstmals organisierte politische Gruppen (Liste demo-
kratische Hochschule: KHB, Jusos, Unorganisierte; GO-Liste: MSB, SHB)
ins Studentenparlament kamen und ihre Aktivitaten forcierten. Immer
wenn die VS und ihre Organe ihr von den Studenten gefordertes politi-
sches Mandat wahrnahm, schlug die HS-Leitung mit immer repressiveren
MaSnahmen zu:
1. So wurde em thematisch zum 1. Mai 77 (zunehmende Dequalif izierung,
Arbeitslosigkert, politische Unterdruckung) geplanter Buchertisch.
an den. slch unter Schirmherrschaf t des ASTA's samtliche politische
- 68 -
Gruppen, sowie Unorganisierte beteiligen sollten, kurzer Hand ver-
boten. Trotz des Verbots wurde er durchgefuhrt, was ein erhebliches
Nachspiel haben sollte (siehe unten).
2. Auf eine geplante Aktionswoche gegen das Hochschulrahmengesetz
reagierte die Hochschulleitung mit Raumverbot fur alle Veranstaltun-
gen (Begriindung: Raumnut zung zu spat beantragt!). Der Wille der Stu-
denten,aktiv gegen das HRG vorzugehen, war groB genug, die Veranstal-
tungen doch durchzuziehen. Bei einer Filmvorfuhrung iiber einen Poli-
zeieinsatz an der Miinchner Uni waren auch betroffene Studenten der
Uni anwesend. Ihnen erteilte die Hochschulleitung als "hochschulfrem-
de Personen" Hausverbot. Diese Argumentation wurde von der HS-Lei-
tung auch in der Folgezeit angefiihrt, wenn es darum ging, ihr nicht
genehme Personen von der SFHS f ernzuhalten. Aufgrund der neuen Re-
pressalien beschloB eine Vollversammlung, auf der knapp 300 Studenten
(von gut 500 in den theoretischen Semestern studierenden) anwesend
waren, einen zweitagigen Streik.
3. Die Hochschulleitung versuchte, die Studenten massiv einzuschiich-
tern: wahrend der Streik-Vollversammlung wurden Namen notiert,
Streikposten wurden personlich auf Konsequenzen hingewiesen, schlieB-
lich wurde alien Teilnehmern der sog. "illegalen" Vollversammlung
(VV) mit dem Ordnungsrecht gedroht. Bei einem Teil der Studenten
blieb dies nicht ohne Wirkung.
4. Am 10.6.77 erhielten 8 Studenten einen Brief, in dem mit Hinweis
auf den Buchertisch zum 1. Mai, eine weitere Betatigung- fur MSB,
KHB, KSV, SHB verboten wurde. Es heiflt lapidar "wenn sie dieser Be-
kanntmachung (in ihr wird die Betatigung fur die politischen Gruppen
untersagt, die Verf . ) zuwiderhandeln, (haben) Sie die in der Verfas-
sung der Stiftungsfachhochschule Miinchen dafiir vorgesehenen Konse-
quenzen zu erwarten." Kurzgesagt: Androhung des Ordnungsrecht s. Von
dieser Exmatrikulationsandrohung blieben die Jusos ausgespart, was
die Tendenz aufzeigt, samtliche politische Betatigung links von der
SPD zu unterbinden. Auch bei den Hausverboten war es ja so, daB sie
sich nicht gegen alle "Hochschulfremden" richteten, sondern nur gegen
solche, denen die HS-Leitung unterstellte, daB es sich um Kommunisten
handeln miisse.
5. Zu Beginn des Wintersemester 77/78 wurde gegen zuei Studenten das
Ordnungsrecht angewendet: Da sie an einem Buchertisch teilgenommen
hatten und sich dabei als KHB-ler zu erkennen gegeben hatten, wurden
sie mit der geringsten MaBnahme des Ordnungsrechts belegt.
6. Diesen "neuen Kurs" an der SFHS wollte die Hochschulleitung offen-
bar mit aller Deutlichkeit sogleich den Studienbewerbern fiir das
MS 1977/78 vermitteln. Der President der SFHS verfaBte einen Brief,
in dem der "Besondere Charakter" der SFHS auf ganz spezifische Art
und Weise interpretiert wird und schickte ihn jedem einzelnen Studien-
bewerber nach Hause. Die angehenden Studenten erfuhren damit recht-
zeitig, was sie alles mit dem "besonderen Charakter" anerkennen,
denn schlieBlich mufiten sie eine entsprechende Erklarung unterschrei-
ben, ehe sie an der SFHS studieren durften.
Wortlich heifit es u.a. :
"Insbesondere. . .muB darauf hingewiesen werden, daB eine Betatigung
- 69 -
radikaler studentischer oder politischer Gruppierungen, gleichgiiltig
ob sie aus dem rechts- Oder linksradikalen Bereich stammen, an der
Stif tungsfachhochschule nicht zugelassen ist. Es ist nicht erlaubt,
sich fiir politische studentische Gruppierungen zu engagieren, die
eindeutig faschistische oder kommunistische Tendenzen verfolgen. Zu
solchen Gruppierungen gehoren kommunistische Verbande oder Verbande
die mit ihnen sympathisieren, wie z.B. der Marxistische Studenten-
bund (MSB), der Kommunistische Hochschulbund (KHB), der Kommunisti-
sche Studentenverband (KSV) oder der Sozialistische Hochschulbund
(SHB).
Jeder Student an der Stif tungsfachhochschule hat das Recht, frei seine
Meinung zu sagen. Dieses Recht der freien MeimmgsauBerung schlieBt
aber nicht ein, daB er diese Meinung mit der Durchf iihrung von Veran-
staltungen, der Aufstellung von Biichertischen oder Informationsstan-
den, der Verteilung oder Auslegung von Zeitschrif ten oder Flugblat-
tern oder dem Aufstellen, Herumtragen oder Aufhangen von Plakaten
aufiert. Insoweit ist das Recht der Ausiibung der freien MeinungsauBe-
rung in den Gebauden und den Raumen der nichtstaatlichen Hochschule
. . . eingeschrankt.
Die Hochschulleitung stellt ausdriicklich in Ubereinstimmung mit dem
Trager der Stif tungsfachhochschule fest (die Stif tung wurde von den
bayerischen Bischofen in s Leben gerufen, die Verf.), daB durch die
Betatigung fiir solche politischen Gruppierungen das Bild der katho -
lischen Fachhochschule in der Off entlichkeit nicht verfalscht und ge-
pragt werden kann." Der Brief endet freundlich: "Im iibrigen wiinschen
wir Ihnen eine gute und sonnige Ferienzeit. . . "
Auffallt, daB rechtsradikale Gruppen nicht genannt sind und daB der
"besondere" Charakter" nicht positiv definiert wird, es wird nicht
gesagt, was an einer katholischen FHS gegenuber staatlichen besonde-
res zu passieren hat, sondern nur, was nicht.
Die groBe Uberraschung folgte bei den Studenten-Parlaments-Wahlen im
Herbst 77. Die Studenten blieben nicht etwa zu Hause - vielmehr stell-
ten sich annahernd 50 Studenten (ein Zehntel der Studierenden! ) auf
vier Listen (Unorganisierte, Jusos, GO, KHB) der Wahl. Die bisher
groBte Wahlbeteiligung in der Geschichte der SFI1S ist deutlicher Hin-
weis auf das gesteigerte politische Interesse der Studenten auch
trotz - oder gerade uegen? - der neuen RepressionsmaBnahmen.
Dies spiegelt sich auch in der Urabstimmung zum Streik im November
1977 wider: 60 % der eingeschriebenen (!) Studenten stimmten fur
Streik. Auch wahrend des Streiks war Grad und QualitSt der Beteiligung
groB wie nie zuvor. Durchschnittlich beteiligten sich 300 Studenten
an den Veranstaltungen,
Die bisher letzte Runde in diesem Kampf ging an die Hochschulleitung:
Am 17.1.78 hat sie die Anerkennung der VerfaBten Studentenschaft wi-
derrufen. Als Griinde werden "ein wiederholter und beharrlicher MiB-
brauch und die Oberschreitung der Rechte der VerfaBten Studenten-
schaft" angegeben. Diese sind beispielsweise "die Durchsetzung nicht
genebmigter Biichertischveranstaltungen, nicht genehmigter Versammlun-
gen, Streikunterstiitzung oder die Oberschreitung des hochschulpoliti-
schen Mandats."
Hier zeigt sich, daS die HS-Leitung die VS nur solange duldete, als
diese nicht eine derart breite Aktivierung der Studenten erreichen
konnte.
- 70
Die allgemeine Stimmung der Studenten ist eindeutig fiir den Erhalt
der VS. Ca. 120 Leute haben am 23.1. den ASTA besetzt, um eine Rau-
mung von seiten der HS-Leitung zu verhindern. Dabei fiel auf, daB
viele Studenten beteiligt waren, die sich bisher in der VerfaBten
Studentenschaft nicht aktiv beteiligt haben. Zwei Mannschaf tswagen
der Polizei warteten auf ihren Einsatz. Dazu sollte es nicht koimien,
da die Studenten einer gewalttatigen Auseinandersetzung aus dem Weg
gingen und nach Androhung des Einsatzes der Polizei den ASTA raum-
ten. Seit dem darauff olgenden Tag ist der ganze Trakt, in dem sich
die Raume des ASTA's befinden, geschlossen "bis zum Sommersemester",
wie ein Schild verkiindet.
Inzwischen ist das Sommersemester in vollem Gang, in den ehemaligen
AStA-Raumen finden Lehrveranstaltungen statt und der Prasident der
Schule hat seine RepressionsmaBnahmen verscharft.
Die Fortsetzung der Auseinandersetzungen war - leider - nicht nur
von der Phantasie der Studenten, sondern auch - und vor allem - durch
die Macht der Hochschulleitung bestitnmt. Nachdem mit dem Verbot des
AStA's einem Teil der gewahlten AStA- und Studentenparlaments(StuPa)-
mitgliedern bereits die Androhung des Ordnungsrechts zugegangen war,
wurden jetzt 3 Studenten relegiert.
In den letzten Monaten hatten trotz Verbots immer wieder StuPa-Sitzun-
gen stattgefunden: der grbfleren Of fentlichkeit wegen im Foyer des
Hauptbaus der Schule. Bei einer Sitzung Anfang Mai notierte Vizepra-
sident Hundmeyer die Namen der Anwesenden (bei einer Schule mit ein
paar Hundert Studenten kennt er naturlich alle Engagierten nament-
lich). • .„ ' , x.
Der Fehler, die Sitzung in Anwesenheit des Vizeprasidenten durcnzu-
fuhren und als "StuPa-Sitzung" zu benennen, hatte Folgen: Eine Studen-
tin und ein Student wurden fiir je ein Semester, eine andere Koramilito-
nin wurde fiir zwei Semester der Hochschule verwiesen (beginnend ab
WS 78/79). Begriindung: Leitung von, bzw. erkennbare Mitwirkung in
einer verbotenen StuPa-Sitzung und Hinweis auf friihere Aktivitaten
(die drei hatten nach dem AStA-Verbot oben erwahnten Brief mit Andro-
hung des Ordnungsrechts bekommen) . Daruber hinaus bekamen ein knap-
pes Dutzend weiterer Teilnehraer der StuPa-Sitzung jetzt eine Andro-
hung des Ordnungsrechts.
Die Studenten reagierten sofort: um Of fentlichkeit herzustellen, ket-
teten sich mehrere Studenten wahrend der Fronleichnamsprozession
(mehrere tausend Teilnehmer) vor dem Miinchener Dom an; FlugblStter
wurden verteilt u.a.m. Dieser Rahmen wurde gewahlt, um darauf hinzu-
weisen, daB Kardinal Ratzinger zugleich Vorsitzender des Stiftungsra-
tes der Schule ist. Der Erfolg war maBig: zwar berichteten die Mun-
chener Zeitungen uber die Aktion, die Hochschulleitung jedoch blieb
hart. Mit Hinweis auf ein "schwebendes Verfahren" wurde jegliche Aus-
kunft uber die Relegationen verweigert, Verhandlungen abgelehnt.
Die Kampfkraft der Studenten beginnt zu zerbrSckeln: bei der letzten
Vollversammlung (auBerhalb der Schule!) nahmen zwar noch knapp 200
Leute teil, aber die Schwierigkeiten sind uniibersehbar . Viele Stu-
denten individualisieren das Problem der Relegationen ("irgendwie
sind die ja selbst schuld") und die wirklich aktiven Leute beginnen
aufzugeben. Sie wissen, gelingt es bis Ende Juni (Ende der Vorlesun-
gen) nicht, die Relegationen ruckgSngig zu machen, dann ist diese
Runde um die zunehmenden Repressionen an der Stif tungsfachhochschu-
le endgultig verloren
- 71
Frank Diichting, Hamburg
AUFSTIEG UND FALL EINER EVANGELISCHEN FHS
Die evangelische Fachhochschule fiir Sozialpadagogik der Diakonen-
anstalt des Rauhen Hauses (so der voile Name) ist eine kirchliche
FHS, die ausschlieBlich von der Nordelbischen Kirche (NEK) finanziert
wird. Pro Jahr werden 50 neue Scudenten aufgenommen. Den jeweils
150 Studenten werden z.Zt. 7 Dozenten und ca. 25 Lehrbeauf tragte an-
geboten.
Die Ausbildung ist zweiphasig. Die Studenten erhalten nach den iib li-
chen Priifungen die staatliche Anerkennung, haben also einen gleich-
wertigen AbschluB, wie die Kollegen der staatlichen FHS. Allerdings
miissen die 'evangelischen' pro Semester 175 DM Studiengeld aufbrin-
gen.
ENTWICKLUNG DER FACHHOCHSCHULE
1971 entschlofl sich der Trager, die bis dahin gefiihrte Hohere Fach-
schule in eine Fachhochschule mit staatlicher Anerkennung umzuwan-
deln. Begriindung: die Kirche hatte in ihrem sozialen Tatigkeitsfeld
einen erheblichen Bedarf an qualif izierten Kraften, das der Diakon,
das klassische Berufsbild der Kirche, nicht mehr bewaltigen konnte.
Seine Ausbildung, ausschliefilich in kirchlichen Schulen ohne staatli-
che Anerkennung erworben, war zu eng und weltfremd geworden. Der Dia-
kon kam rait seiner unzureichenden Qualif ikation nicht mehr mit den
vielfaltigen Problemen seines Arbeitsbereichs zurecht. Uro nun aber
in der Kirche nicht nur staatlich ausgebildete Sozialarbeiter ein-
stellen zu miissen, wurde diese FHS gegriindet, die neben der fachli-
chen Qualifikation eines Sozialpadagogen noch eine spezifisch kirch-
licheQualifikation vermitteln sollte. Dazu gehort die Auseinander-
setzung mit Theologie und kirchlichem Handlungsverstandnis, sowie
Kenntnis der kirchlichen Arbeitsfelder.
Das 6semestrige Studium ist unterteilt in Grund- und Hauptstudium.
In den ersten drei Semestern soil, themenzentriert um feststehende
Semesterthemen kreisend, ein Grundlagenwissen vermittelt werden, das
im Hauptstudium Anwendung finden und gleichzeitig eine breite Basis
fiir die spStere T3tigkeit legen soil. Im Hauptstudium arbeitet jeder
Student 16 Std. die Woche in einem Arbeitsfeld der Sozialarbeit, er-
ganzt diese Arbeit durch ein dreistiindiges Vertiefungsseminar und
die relevanten (klassischen) Methoden und studiert BSHG, JWG, Verwal-
tung und Theorie der SA/5P/Diakonie (vergl. hierzu den Artikel in
diesem Info zum Projektstuium S. 33)
Die kiirzlich durchgefiihrte Studienreform hat bewirkt, dafi alles, was
mit Gemeinwesenarbeit zu tun hatte, rausgefallen ist. So das Semester-
themades bishengen 2. Semesters, Stadtteil- und Gemeindearbeit und
der biahenge Stud^enschwerpunkt im Hauptstudium: Gemeinwesenarbeit .
- 72 -
Es sei kein Bedarf fiir diese Facher vorhanden und man wolle nicht
an der Praxis vorbei ausbilden, waren die Begriindungen fiir diese
MaSnahme (ein Zusammenhang mit der totalen Reduktion von GWA in alien
Bereichen der Praxis und Ausbildung ist nicht zufallig.)
RCCKENTW1CKLUNG ZUR DIAKONENSCHULE
Die Situation an unserer FHS ist z.Zt. gekennzeichnet von scharfen
Angriffen des Tragers auf den internen Betrieb der Schule:
Abbau studentischer Rechte
• Seitdem die FHS Anfang 1978 eine Verfassung bekommen hat, ist die
Paritat, die bisher praktiziert wurde, zugunsten des Tragers veran-
dert worden. Der EinfluB des Tragers ist festgeschrieben.
• Den Studenten wird verboten, Wandzeitungen an der bisher dafiir
vorgesehenen Stelle aufzuhangen. AnlaB fiir dieses Verbot war der
Hinweis auf den Buback-Nachruf in einer Wandzeitung des ASTA.
■ Der Trager uberlegte sich, ob Kommunisten von der Aufnahme und bei
spaterem Bekanntwerden der Mitgliedschaf t in kommunistischen Organi-
sationen (bei der DKP angefangen) auch vom Studium ausgeschlossen
werden konnen (diese Uberlegungen sind inzwischen auf Eis gelegt wor-
den; stattdessen hat man bei der Aufnahme, die nicht iiber Zensuren,
sondern iiber personliche Bewerbung ablauft, darauf geachtet, keine
kritischen Demokraten auf zunehmen) .
In diesem Zusammenhang muB nochmals deutlich erwahnt werden, dafi der
Tr3ger, auf grund seines Geldgeberstatus ' , seine Schule formen kann,
wie er will, Studentischer Protest gegen all diese Maflnahmen fiihrt
eher zu einer Beschleunigung der Entwicklung, trotzdem findet er
statt.
Abbau des 2. Bildungsweges
Bei der kiirzlich erfolgten Neuaufnahme eines Semesters wurden bevor-
zugt Studenten mit Abitur und eindeutig kirchlicher Vergangenheit
(also auch nicht Leute aus 'kritischen' Gemeinden) aufgenommen. Alle
Bewerber, die nur andeutungsweise kritisch-politische AuBerungen ge-
macht hatten, wurde sofort aussortiert. Auf diesem Wege wird schon
praktiziert, was als KommunistenerlaB groflziigig zuruckgenoramen wor-
den war. Gleichzeitig wird der Abbau des 2. Bildungsweges betrieben.
Verschulte Studenten, die durch die Miihle der, in Hamburg gangigen,
Oberstuf enreform an den Gymnasien gelaufen sind, sind eben in der
Regel ruhiger und eifriger, als Leute, die die politischen Widersprii-
che der Sozialarbeif im kapitalistischen System bereits in ihrer
Praxis als Erzieher z.B. erfahren haben.
Eingriffe in die Lehrinhalte
Der Trager iibt zunehmend EinfluB auf die Ausbildungsinhal te aus.
Vor allem die cheologischen Dozenten werden scharf angeschossen,
wenn sie in der Ausbildung eine, der Amtskirche nicht genehme Theo-
logie vertreten. Theologie soil im Examen Priifungsfach werden, kirch-
lich gepragte Studienschwerpunkte sollen verstBrkt eingefiihrt werden.
Der Trager wiederholt laufend seine Drohungen, die Schule zu schl les-
sen, wenn sich die Studenten und Dozenten nicht endlich in Wohlver-
halten iiben. Langfristig kann man annehroen, daB die FHS wieder in
- 73 -
rein kirchliche Ausbildungsstatte fiir Diakone umgewandelt wird. Die
Kirchenoberen iiberlegen sich: was bekommen wir eigentlich real fiir
den enormen finanziellen Aufwand aus der Schule raus? Nur ca. die
Halfte der Studenten geht spater in kirchliche Dienste, die andere
Halfte nimmt Stellen bei freien Tragern Oder beim Staat an. Auflerdem
gibe es laufend Arger mit der Schule. Die Gemeinden, imnier voran
natiirlich die reaktionaren, beschweren sich zunehmend iiber fehlende
loyalitat der im Rauhen Haus ausgebildeten Sozialpadagogen. Das Image
ist schlecht geworden, der Spruch vom 'Rocen Haus' geht um.
Im Zuge der Verringerung von Arbeitsplatzen im Sozialbereich bei der
gleichzeitigen Zunahme qualif izierter Sozialarbeiter wird es der Kir-
che mbglich, groBziigig auf die staatliche Anerkennung zu verzichten.
Durch die bisher gefiihrte FHS weiB man nun, wie Sozialarbeiter ausge-
bildet werden miissen, um nicht wieder an den Anforderungen der Pra-
xis zu scheitern, wie das der Fall war, bevor man die FHS aufmachte.
Der Arger wiirde weniger werden, denn es wiirden dann an der Schule
nur noch Leute ausgebildet werden, die von vorneherein auf Kirche
getrimmt sind. Das Verhaltnis: Input-Output, das jetzt nach Meinung
des Tragers schief hangt, wiirde wieder stimmen. Was gabe es also fur
einen Grund, die Schule in der derzeitigen Form auf rechtzuerhalten?
Allerdings scheint der Trager hier nicht radikal vorzugehen. In der
Vermutung vieler Studenten sieht die Taktik des Tragers erstmal so
aus, die Schule, die Dozenten, die Studenten, die Ausbildung insge-
samt schlecht zu machen. Sodann konkrete Eingriffe in die Ausbildungs-
inhalte vorzunehmen, den EinfluS des Tragers in alien Eereichen zu
verstarken und im Endeffekt, wenn alles nichts hilft, die Schule ir-
gendwann wieder in eigene ideologische Hoheit zu iiberfiihren.
Besonders anfallig fiir diese, weithin leider noch nicht durchschaute
Taktik des Tragers sind die Studenten. Ihnen wird alles vorgeworfen,
was sich irgendwie zur Erreichung von Verunsicherung eignet. Jede
studentische Aktion, jeder Protest, jede Resolution, jeder Kommentar
wird vom Trager dankbar aufgenommen, um wieder mal sagen zu kbnnen:
seht ihr - das sind unsere Studenten, die machen dann spater den Xr-
ger in den Gemeinden! Der Trager versucht.die Dozenten und Studenten
zu spalten was teilweise auch ganz gut geht, denn die Dozenten haben
aus unterschiedlichen Griinden (teilweise keine ausreichende Qualif i-
kation gemafi HRG, um einen vergleichbaren Job zu kriegen) ein exi-
stenzielles Interesse an dem Erhalt der Schule. Viele Studenten und
Dozenten sind immer bereit, dem Trager Abbitte zu leisten, wenn wie-
der mal irgendwelche Studenten sich 'daneben benommen' haben.
Immer mit einem Ohr am Bauch des Tragers, nur kein falsches Wort
zur unrechten Zeit, immer taktieren! Die Einheit der Studenten unter-
einander ist aufgrund verschiedener Einschatzungen der momentanen
Situation gefahrdet, erst recht die Zusammenarbeit mit den Dozenten.
Alles was man macht ist falsch: Halt man still, verkauft man nach
und nach sich und seine Rechte, geht es vielleicht langsamer in
Richtung Diakonenschule. Dafiir ist die Situation unter der Allgewalt
des Tragers stSndig furchtergben aufzupassen unertraglich. Protestiert
man deutlich, geht es eben schneller. Die Situation ist recht aus-
weglos.
SCHLUSSBEMERKUNG
Die Ausbildung an der FHS im Rauhen Haus hat sicher viele Vorteile,
Das Lernen ist angenehmer, weil insgesamt eine intimere Atmosphare
herrscht, als in der riesigen, toten staatlichen FHS; die Ausein-
andersetzungen verlaufen intensiver, weil der direkte Dialog eher
moglich ist, als an grofien FHS .
Diese Schule in dieser Form wird geschlossen
spater. Es wird wieder eine rein kirchliche S
Kirche hat es nicht mehr notig, ihre zukunfti
staatliche Abschliisse zu qualif izieren. Aus d
anbietenden Sozialarbeitern kann sich die Kir
ihr genehm sind. Prof essionalisierte, angepafi
gefragt. Sie waren es immer, aber es gab eine
Kirche meinte, fortschrittliche Reformen und
tragen, ein neues kirchliches Selbstverstandn
Die Zeit ist vorbei.
werden, friiher oder
chule entstehen. Die
gen Mitarbeiter iiber
en sich in Uberzahl
che die raussuchen, die
te Sozialarbeiter sind
Zeit, in der auch die
neues BewuBtsein zu
is entwickeln zu wollen.
Trotz alledem: es ist ungemein wichtig, uber die inhaltlichen Dis-
kussionen eine Gemeinsamkeit in der politischen Einschatzung und der
strategischen Vorgehensweise zwischen Dozenten und Studenten zu ent-
wickeln. Blinder Aktionismus dieser Gruppen schadet dieser Gemeinsam-
keit eher. Allerdings ist es wichtig, genau festzulegen, wie weit
man geht, wo es keine Gemeinsamkeit en mehr geben kann, weil man sich
und seine Prinzipien, seine politische Meinung verrat. Fiir uns Stu-
denten ist wichtig, die momentanen und zukiinftigen Konflikte als
politische Lernprozesse auf zunehmen, und sie damit fiir die Alltags-
arbeit eines Sozialarbeiters verwertbar zu machen. Dabei mufi es mehr
auf die strukturellen Probleme ankommen, als auf Personen, die sie
tragen, denn solche Konflikte werden sich in alien Bereichen in spe-
zifischer Form mit austauschabaren Personen wiederfinden lassen.
STELLENANGEBOTE
• SJD-Die Falken suchen fiir den Erftkreis einen Bildungs- und Organisations-
sekretar. Bezahlung nach BAT. Einstellungstermin Juli, Bedingung:
Sozialarbeiter/-padagoge oder entsprechend. SJD-Die Falken,
Alteburger Str. 4, 5 Koln 1
• SJD-Die Falken suchen fiir den Krcisvcrband Bremen einen Bildungsreferen-
ten/in. SJD-Die Falken, Fedelhoven 67, 28 Bremen 1, Tel.0421/326080
• Sozialpadagoge fiir Errichtung mit GWA-Ansatz (Schwerpunkt Kinderarbeit)
in Munchen gesucht BAT Vb/IVb - Anfragen: Edda Neumann, Franziska-
nerstr. 9, 8 Miinchen 80, Tel. 089/488732
0 Jugendzentrum sucht Sozialarbeiter und Sozialpadagogen (derzeit arbeiten
8 Mitarbeiter ZDLs, Honorarkrafte, Werkstattbetreuer mit). Bewerbungen
an: Personalamt der Stadt Ludwigsburg, 714 Ludwigsburg. Bewcrbungs-
durchschrift und nahcre Informationen: Aktionsrat der Villa 5, Pflugfelder-
Str. 5, 714 Ludwigsburg. Tel 07141/18423
• Jugend- und Drogenberatungsstelle in GieBen sucht einen Zivildienslleislen-
den mit sozialpadagogischer Ausbildung. Tel 0641/73303
• Geroeinschaftspraxis von Arzten, Psychologen, Juristen und Sozialarbeitern
in einem Arbeiter-Sudtteil geplant. Beginn: Ende 1978 in Kassel.
Welche(r) Arzt(in), Psychologe(in), Jurist(in) hat Interesse.
Gerhard Bertram, Goethestr. 71, 35 Kassel. Tel 0561/77922
a Sozialarbeiter fiir Jugendzentrum in Ostwestfalen. Anfragen unter
Chiffrc 5/21 an Sozialislisch.es Biiro
• In der Zeit vom 1.7.78 bis spatestens 1.9.78 sind 2 Sozialpadagogen-Stellen
bei uns zu besetzen (Berufspraktikant und Planstclle; bevorzugt mannlich)
Wir (3 Sozialarbeiterinnen) arbeiten in einer lOkdpfigen Jugendgruppe in
einem heilpadagogischen Kinder- und Jugendhcim in Bcnsbcrg bei Koln.
—Anfragen: Lilo 02221/610864 — — — ^ —— — — — —
SB-Hochschulgruppe, Frankfurt
ZUR GRONDUNG EINES
ARBEITSFELDES DER SB-HOCHSCHULGRUPPEN'
Vom 7.4.-9.4.1978 fand in Hannover ein Treffen der SB-Hochschulgrup-
pen statt, an dem 17 Gruppen teilnahmen. Ziel war die Griindung eines
Arbeitsf eldes Hochschule. Dies konnte dann doch nicht ausgefiihrt
werden, da auf Grund eines MiBverstandnisses kein Vertreter der Hoch-
schullehrer anwesend war und somit eine Klarung ihrer Einstellung
zu einem solchen Arbeitsfeld, das Studenten und Wissenschaf tier
umfafit hatte, nicht moglich war. Man einigte sich darauf, ein Ar-
beitsfeld der Hochschulgruppen zu griinden und, wenn eine Losung
der Probleme moglich ist, zu einem spateren Zeitpunkt gemeinsam mit
den Hochschullehrern ein Arbeitsfeld Hochschule zu konstituieren.
Froblematisch in der Zusammenarbeit erschien die unterschiedliche
Funktion, die beide Gruppierungen in der Hochschule wahrnehmen.
Aufgabe des Arbeitsf eldes soil sein, die Hochschulpolitik der SB-
Hochschulgruppen sowie der Gruppen, die sich am SB orientieren,
durch eine gemeinsame Strategie zu vereinheitlichen. Die Notwendig-
keit zeigte sich vor allem an zwei Punkten. Es gibt nur wenige 'alte'
Gruppen, die auf Grund von theoretischer Fundierung und gemachter
Erfahrung schon zu einer erf olgreichen Arbeitsweise gefunden haben ,
jedoch sehr bald an die Grenzen ihrer personalen Kapazitat stoBen.
Hier konnte durch Arbeitsteilung mehr erreicht werden. Daneben stehen
eine Vielzahl von recht 'jungen' Gruppen, bis hin zu Gruppierungen,
die noch im KonstitutionsprozeB stehen. Diese konnten sich die Er-
fahrungen der anderen Gruppen zu Nutze machen und so zu groBerer
politischer Ef f ektivi tat gelangen.
Ein anderes Phanomen sind zunehmende "Spaltungen" der SB-Hochschul-
gruppen. Das fiihrt dazu, daB in manchen Stadten zwei oder drei Grup-
pen nebeneinander bestehen. Dies kommt bisweilen sogar an einer
Hochschule vor.
Die inhaltliche Diskussion wurde durch zwei Textvorlagen bestimmt.
Dabei handelte es sich zuerst urn den Aufsatz "Krise der Universitat"
von Joachim Hirsch, der in den Januar/Februar Ausgaben 1978 der
"links" abgedruckt war. Der erste Teil des Aufsatzes, der sich vor
allem mit den strukturellen Bedingungen befaBt, wurde als im allge-
meinen richtig erkannt. Hirsch geht von der Funktion der Hochschule
als Institution zur Reproduktion der kapitalistischen Klassenver-
haltnisse mit legitimatorischem Charakter aus, hinter der auch die
Funktion der Qualif ikation zuriicktritt. Der Ausbau der Hochschulen
hat zu einer Briichigkeit ihrer ideologischen Bestimmung gefiihrt.
Dies jedoch nicht allein durch die quantitative Ausdehnung, sondern
durch die Verlagerung gesellschaf tlicher Widerspriiche und Krisener-
scheinung in den Ausbildungsapparat. Gleichzeitig ist die klassen-
spezifische Selektion und damit die Massenintegration nicht mehr ge-
wahrleistet. Die ideologische Legitimation ist in Gefahr.
Weitgehenden Anteil an dieser Entwicklung hat die Veranderung der
- 76 -
universitaren Sozialstruktur. Die Offnung der Hochschulen fur Arbei-
terkinder und die Hoffnung auf die Mbglichkeit des Aufstiegs hat zu
einer Welle der Enttauschung gefiihrt. Dieses Dilemma ist auch durch
die staatliche Hochschulpolitik nicht zu losen: Sie muS entweder das
alte Auslesesystem mit seinen Beschrankungen wiedererrichten oder die
Fiktion von massenhaf ten Aufstiegschancen wird aufrechterhalten, was
zu einer Dequalif izierung und Proletarisierung der Akademiker fiihrt.
Die Konsequenzen, die Joachim Hirsch aus dieser Analyse zieht, konn-
ten jedoch nicht von alien Hochschulgruppenvertretern ungebrochen
nachvollzogen werden. Die Situation an den verschiedenen Hochschulen
ist so unterschiedlich, daB beim jetzigen Diskussionsstand sich noch
keine allgemeinen Schliisse ziehen lassen. Das damit aufgeworfene Pro-
blem des unvermittelten Nebeneinanders von abstrakt theoretischer
Analyse und konkretem Erfahrungszusammenhang ist auf den nachsten
Treffen konsequent anzugehen, wenn es nicht zu entweder theorieloser
Handwerkelei oder unref lektierter Adaption irgendwelcher theoreti-
scher Ansatze fiihren soil.
Hirsch sieht die Hochschule als einen Freiraum an, der von den sonst
herrschenden okonomischen und gesellschaf tlichen Zwangen teilweise
entkoppelt ist. Die Trennung von Theorie und Praxis in Verbindung
mit diesem Freiraum fiihrt zu einer Verselbstandigung des Studiums
als Selbstzweck. Da die Hochschule auch die Auf stiegserwartungen nicht
erfullen kann, tritt als Folge eine massive Gleichgiiltigkeit gegen-
iiber den Inhalten und dem Lehrbetrieb auf.
Die Beseitigung der gesellschaftlichen Isolation kann erreicht wer-
den durch eine Radikalisierung der Beruf sperspektivedebatte, so daB
"der Doppelcharakter von beruflicher Funktion als Anwendung von im
weiteren Sinne ' technischen' Kompetenzen und als Ausiibung hierarchi-
scher Herrschaft deutlich und erfahrbar wird." ("links" Nr. 96 S.19).
Desweiteren ist "das Studium unabhangig von aktuellen Marktlagen
auf Berufsfelder und Tatigkeitsgebiete auszurichten, die fiir die Be-
troffenen interessant und wichtig sind " (ebenda S. 19). Diese
Ziele sind kollektiv anzugehen. Um hier auch politische Ansatzpunkte
zu finden, "muB 'Politik' einer doppelten Abstraktion entkleidet
werden: von der Trennung zwischen 'of f entlichem' Handeln und 'privaten'
Bediirfnissen und von einer abstrakten Allgemeinheit, die von unter-
schiedlichen sozialen Lagen, Herrkunf tsmilieus, Beruf serwartungen und
den daraus sich ergebenden Interessen keine Kenntnis nehmen liefl"
(S. 20).
Die Politik hat an den Reflexionen des Uni-Alltags, der Lage und den
Bediirfnissen der Subj ekte anzusetzen.
Eine weitere Diskussion befaBte sich mit dem Stellenwert sozialisti-
scher Hochschulpolitik im Rahmen des SB. Dazu lag ein Thesenpapier
des SZ Tubingen vor. Ausgangspunkt war dabei die Notwendigkeit einer
gesamtgesellschaftlichen Orientierung von Hochschulpolitik, die je-
doch ihre Grenzen in den Rahmenbedingungen und zunehmenden Interven-
tionen von staatlicher Seite findet, wie sie von Joachim Hirsch be-
schrieben worden sind. Die Stellung und Funktion von Wissenschaft
und Intelligenz kann nur erkannt werden, wenn man die Entstehung der
biirgerlichen Wissenschaft als Ergebnis der zunehmenden Vergesell-
schaftungstendenzen weiB. An Stelle der besonderen Ausbildung in der
feudalistischen Gesellschaft muBte die allgemeine und vielseitig ver-
wertbare im burgerlichen Staat treten. Gleichzeitig nahm die "wert-
77 -
freie, reine Wissenschaf t", also die Erkenntnis, die nicht ein niitz-
licher Beitrag zur Lebensbewaltigung war, immer breiteren Raum ein.
Die Aufgabe von Sozialisten kann in diesem Rahmen nur heiflen, mit
Hilfe von Wissenschaf tskritik den Schein aufzulosen und reale Bedin-
gungen und Verhaltnisse aufzuzeigen. Weiterhin sind so die Herrschafts-
verhaltnisse der Intelligenz zu bekampfen.
Die gesellschaftlichen Widerspriiche, die auch an der Hochschule er-
fahrbar sind, jedoch nur im gesamtgesellschaf tlichen Bereich gelost
warden konnen, macht auch in der Hochschulpolitik den Bezug zum Pro-
duktionssektor notig. Dieser Zusammenhang , der sich im SB als der
vom Arbeitsfeld Hochschulgruppen zum Arbeitsfeld Betriebund Gewerk-
schaft darstellt, hat iiber die formale Zusammengehorigkeit zur glei-
chen Organisation hinauszugehen und inhaltliche Formen anzunehmen.
Wie dies geschehen und aussehen kann, muB noch iiberlegt werden.
Da an der Hochschule ausgebildet wird, also eine Vorbereitung auf
die spatere Tatigkeit im Produktions- und Reproduktionsbereich statt-
findet, stellt sich fur Sozialisten auch die Frage, welche Qualifi-
kation man erwirbt. "Notwendig ist also eine Ausbildung, die den Ab-
solventen instandsetzt, seine Berufsrolle auszufiillen, ohne sein lang-
fristiges politisches Engagement beim ersten Widerspruch zwischen
Vorstellung und Wirklichkeit seiner Tatigkeit entweder ungeduldig
zu zerstoren Oder resignierend auf zugeben" _(H. Wieser (Hg.): Jahrbuch
zum Klassenkampf 1973, Berlin 1973 S. 186). Eine solche Art von
Gegenqualifikation kann moglicherweise in einem praxisorientierten
Studium in interdisziplinaren und projektorientierten Ausbildungsgan-
gen in kollektiver Zusammenarbeit erworben werden.
Um die jetzt im Arbeitsfeld anfallenden Arbeiten moglichst schnell
vorantreiben zu konnen, wurde auf der Tagung ein Koordinationsrat ge-
wahlt, dem die Gruppen Tubingen, Nurnberg, Duisburg und Frankfurt
angehoren. Hochschulgruppen Oder vereinzelte Genossen, die mehr
fiber das Arbeitsfeld wissen mochten, konnen sich an eine der oben
genannten Gruppen oder an Reinhard MUller, Florastr. 10, 6000 Frank-
furt 90, wenden.
r fir Umwakpoftik
Projektgwppen
>AKW und Umuakschutz'
im SozMistischen Bum
• Grune Liste
Nordfriesland
• Bunte Liste
Hamburg
•GroBflughafen
Miinchen II
• Nordsee ist Mordsee
• Kustenautobahn
' \j.v.a.m. j
Albert Herrenknecht/Rainer Moritz, Wertheim
JUGENDZENTRUMSKOORDINATION 1971 - 1977
1. E1NLEITUNG
Seit Bestehen der Jugendzentrumsbewegung als Bewegung (etwa ab 1971)
hat sich immer wieder ein breites Bediirfnis von Initiativgruppen
nach iiberlokalen Kontakten und Zusammenarbeit gezeigt. Der Wunsch
■ zusammenzuarbeiten' hat sich dabei seit 1971 mehrmals geandert und
eine unterschiedliche Organisationspraxis erfahren.
Wollte man eine Phaseneinteilung festlegen, so viirden sich drei
Hauptphasen ergeben:
1971 -72: Zu diesem Zeitpunkt bestanden kaum Oder nur vereinzelt
Kontakte zwischen Jugendzentren. Die Mehrzahl der Kontakte
wurden tiber das Medium Fernsehen organisiert. Folglich
gab es zu diesem Zeitpunkt keine selbstorganisierte Zusam-
menarbeit zwischen den JZ , sondern nur einen iiber Fernseh-
sendungen und deren breite Of f entlichkeit hergestellten
Inf ormationszusammenhang. Die JZ-Bewegung stand am Anfang
und bekam iiber das Medium Fernsehen erst ein BewuBtsein,
von sich selbst als Bewegung.
1973 -75: In diesen Zeitraum fallt die erste groSe von den JZ
selbst getragene Koordinationswelle. Aus dem Hb'hepunkt der
JZ-Bewegung heraus entstand ein sehr groBes Bediirfnis nach
Zusammenarbeit (und nicht nur einpoliger iiber das Fernse-
hen vermittelter Berichterstattung) , das durch eine breite
Eigenproduktion an Medien (Dokumentationen, Zeitungen etc.)
und durch Fernsehsendungen ("diskus") begleitet, sehr be-
giinstigt wurde.
Zu diesem Zeitpunkt laBt sich ein Boom an uberregionalen
und regionalen Seminaren, Treffen etc. feststellen. Die
JZ-Bewegung hatte sich teilweise iiberregional organisiert,
auch wenn ihr spontaner Charakter als offene Massenbewe-
gung damals dieser breiteren Selbstorganisation Grenzen
setzte und die uberregionalen Treffen meist vereinzelte
Hohepunkte darstellten.
1976 -77: Erst die massenhaft auftretende Bildung von REGI0NAL-
ZUSAMMENSCHLUSSEN in dieser Phase und der daraus entstan-
dene Mittelbau zwischen einzelnen JZ-Initiativen und den
uberregionalen Treffen ermbglichte es, die iiberregionale
Zusammenarbeit verbindlicher zu organisieren. liber den sich
anbahnenden StrukturwandlungsprozeB in der JZ-Bewegung
(Griindung von Regionalzusaramenschliissen und Organisierung
nach regionalen Zentren hauptsachlich in der Provinz) hat
sich die JZ-Bewegung die bisher gefestigsten Kommunikations-
strukturen geschaffen - allerdingsnicht ganz freiwillig,
sondern durch den verstarkten Druck auf sie dazu gezwungen.
- 79 -
Die Zusaramenarbeit zwischen Jugendzentren ist ein wichtiger Faktor,
der die JZ-BEWEGUNG iiberhaupt als BEWEGUNG ausraacht. Nur iiber eine
abstrakte Identif ikation mit den anderen JZ und ihren Kampfen und
allgemeine Strukturmerkmale (antikapitalistischen Zielrichtung, Mas-
senhaftigkeit etc.) kann sich die JZ-Bewegung zu keiner BEWEGUNG
entwickeln. Ohne konkrete Zusammenarbeit, ohne inneren Inf ormations-
austausch, ohne Treffen und Erfahrungsaustausch bleibt eine Zusammen-
arbeit abstrakt und hilft weder ein SelbstbewuBtsein als Bewegung
zu entwickeln, noch fordert es die Weiterentwicklung der Bewegung.
(Organisierung der Defizite der Bewegung).
Der Grad der Zusaramenarbeit der JZ untereinander ist immer ein Grad-
messer fiir den (Zu)Stand der Bewegung.
2. DIE GESCHICHTE DER UBERREGIONALEN ZUSAMMENARBEIT
VON JUGENDZENTREN 1971/72
Seit Anfang der 70iger Jahre - seit dem Zeitpunkt also, zu dem sich
der Kampf um selbstverwaltete Jugendzentren zu einer Bewegung ausbrei-
tete - besteht ein Bediirfnis nach iiberortlichen Kontakten und Infor-
mationsaustausch. Zum ersten Fixpunkt dieses Bedurfnisses wurde die
damals im ARD ausgestrahlte Sendung "Jour fix" (April 1971 bis Okto-
ber 1972), die es ermoglichte, daB die Jugendzentrums-Initiativen von-
einander erfuhren, eine Anlaufstelle hattenund Inf ormationen iiber
andere JZ anfordern konnten (Manuskriptwiinsche) .
Zu diesem Zeitpunkt leistet das Fernsehen die Arbeit, die die noch
zu schwache JZ-Bewegung nicht leisten konnte: es koordinierte iiber
das Medium die laufende Information und sorgte somit fiir eine weite
Verbreitung. Die Folge dieses 'Multiplikatoref fektes' war, daB immer
mehr Initiativgruppen bekannt wurden (also die Dimension einer breiten
Bewegung immer deutlicher wurde), ein breites Bediirfnis nach Kontak-
ten und Zusammenarbeit geweckt (und die Adressen nachgefragt wurden,
um die Kontakte unter den JZ vom Fernsehen unabhangig laufen zu las-
sen), dafl immer mehr Initiativgruppen gegriindet wurden (die durch
die Sendungen Anregungen, Tips und den Mut dazu bekommen hatten).
Das Fernsehen hatte mit seinen Sendungen ein Bediirfnis geweckt, das
aber selbst an der BeschrSnktheit des Mediums (eindimensionale Kommu-
nikation) nicht weiterentwickelt werden konnte. Konkrete brtliche
Frobleme, der Wunsch nach personlichen Kontakten, die Organisierung
gemeinsamer Aktionen und konkrete gegenseitige Unterstiitzung waren
auf der abstrakten Berichterstattungsebene des Fernsehens nicht mbg-
lich. Das Fernsehen hatte die JZ zwar durch die Sendereihen zusammen-
gebracht, konnte ihre konkreten Bediirfnisse nach Zusammenarbeit aber
nicht aufgreifen und organisieren. Aus diesem Widerspruch heraus ent-
wickelten sich allmahlich Formen regionaler Selbstorganisation, die
das bewuStgewordene Bediirfnis nach engerer Zusammenarbeit angingen.
So z.B. wurde im Jahre 1972 im Rems-Murr-Kreis uber die Jusos, bedingt
durch andere giinstige Vorteile (grofle Dichte der JZ; Ballungs-Rand-
Gebiet mit offensichtlichen Freizeitmangel; kurze Entfernungen) der
erste und inzwischen "klassische" Dachverband der Jugendzentren gegriin-
det.
Die immer starkere Verbreitung der JZ-Bewegung (beinahe in jeder
Kleinstadt grundeten sich JZ-Initiativen) und ibx Ansteigen zu einer
- 80
Massenbewegung machten es auch objektiv moglich und sinnvoll zusam-
menzuarbeiten. Die gleichen Probleme (Aufbauphase einer JZ- Initiative,
Kampf um ein Haus) und die geringen Entfernungen, die Identifikation
mit einer Bewegung begiinstigten die Voraussetzungen zur Zusam-
menarbeit.
Dennoch war die Griindung von Regionalzusammenschliissen die grofie Aus-
nahme, da das Bediirfnis nach Zusammenarbeit 1972 noch lange nicht
so ausgepragt und organisiert war, daB sich daraus eine breitere Or-
ganisierung hatte entwickeln konnen. Die JZ-Initiativen waren noch
zu sehr mit den eigenen Problemen (Aufbau der JZ-Initiative, Mobili-
sierung der Jugendlichen, mangelnde Erfahrung mit JZ-Arbeit etc.)
beschaftigt, es bes^and auch wenig Information dariiber, was in der
naheren und weiteren Umgebung alles in Bezug auf JZs lief, da die
JZ-Bewegung sich erst allmahlich zur Massenbewegung verbreiterte
und noch nicht iiberall prasent war.
3. DIE GESCHICHTE DER DBERREGIONALEN ZUSAMMENARBEIT
VON JUGENDZENTREN 1973-75
Die Hohepunkt sphase der Jugendzentrumsbewegung, die in diesem Zeit-
raum 1973-75 lag, blieb auch nicht ohne Auswirkung auf die Entwick-
lung der ii b e r regionalen Zusammenarbeit. Diese Phase der JZ-Be-
wegung war gekennzeichnet durch ein breites Engagement der Linken in
der Bewegung und offene Massenkampfe um Jugendhauser , an denen sich
viele Jugendliche beteiligten, durch einen Boom an Hausbesetzungen
und eine Ausweitung der Jugendhauskampf e bis beinahe in die letzte
Provinz hinein. Begleitet wurde dieser Hohepunkt der JZ-Bewegung durch
eine breite Of fentlichkeitsarbeit (im Fernsehen iiber "diskus", die von
Februar 73 - Oktober 74 ausgestrahlt wurde, durch eine breite Publi-
zierung in linken Zeitungen ("links", "Wir wollen alles" - 1973 -1975,
"Erziehung und Klassenkampf") und durch eine Vielzahl von Eigenpro -
duktionen (Filme, Dokumentationen) aus der JZ-Bewegung selbst.
Trotz dieser breiten Kampfwelle und den vielen bundesweiten Kontak-
ten unter Jugendzentren wurde die regionale Zusammenarbeit
nicht weitergetrieben:
die offenen Massenkampfe, die Scene-Kontakte, die gegenseitige kon-
krete Hilfe uber bundesweite Kontakte und Besuche, die vielen infor-
mellen Beziehungen unter den JZs, die breite Berichterstattung uber
die Bewegung und die realtiv guten Moglichkeiten der Initiativgruppen
sich selbst mitzuteilen (es gab ja eine Menge iiberregional verbrei-
teter Zeitungen, die viel iiber JZ brachten), bedurften damals keiner
verbindlicheren (und damit regionalen) Organisierung.
Die Fiille der Ereignisse und Abfolge der Hauserkampfe liefl kaum andere
Organisationsformen zu. Die Bewegung uberschlug sich in ihrer eigenen
Kurzfristigkeit. Eine verbindlichere Organisierung erschien angesichts
der offensiven Kampfe hinderlich. . .
Hinzukoramt, daB die Bewegung zum damaligen Zeitpunkt noch Metropolen-
und Unistadt-orientiert war und sich die Organisationsformen danach
richteten: es gab informelle Treffs (Initiativgruppe Westberliner JZ,
Frankfurter Jugendhausrat) und viele bundesweite Scene-Kontakte
(Berlin, Bielefeld, Hamburg, Hannover, Tubingen, Frankfurt) zwischen
den spektakularen Zentren der Bewegung.
Erstaus diesem Hohepunkt (73/J5 ) und den danach zuriickgehcnden Kam-
pfen um selbstverwaltete Jugendzentren heraus lSBt sich ein breites
- 81 -
Bedurfnis nach regionaler Organisierung erkennen. Die zum damaligen
Zeitpunkt massenhaft veranstalteten Treffen und Seminare deuten
auf eine breite Organisierungswelle hin. (Organisierung natiirlich
immer nur in dem Selbstverstandnis der JZ-Bewegung als lockere Kon-
takte und kontinuierlicher Erf ahrungsaustausch unter autonomen JZ-
Initiativen) .
Es griindete sich 1973 das KOOB Neustadt, das versuchte dieses breit
vorhandene Bedurfnis aufzugreifen und zu koordinieren. Das KOOB Neu-
stadt war durch seine Bekanntheit iiber die Ferns ehsendungen zu einer
Anlauf- und Anf ragezentrale fur JZ-Fragen geworden und erfullte in
der Anfangsphase (1) unbestritten eine wichtige Funktion in der Kdor-
dinat ionsarbei t .
Es setzte damit die Funktion der Fernsehredaktian fort bzw. erganz-
te sie und wurde zu einer zentralen Inf ormationszentrale. (In seinem
Grundungsselbstverstandnis und in der praktischen Arbeit damals auch
ohne Fuhrungsanspruch). Itn regionalen Bereich gab es damals den schon
zum klassischen Modell gewordenen Rems-Murr-Dachverband, "Provinz-
treffen" rait einem Rundbrief des ROOB Ostwestfalen/Lippe (74-75),
ein KOOB fiir Schleswig-Holstein.eine iiber die Friedrich-Naumann
Stiftung organisierte Koordination von JZ in Nordhessen (74-75),
Zusammenschliisse in Bremen, Mittelrhein und Karlsruhe-Land, u.v.m. (2)
In dieser Phase gab es auch mehrere uberregionale Treffen und Semi-
nare. So z.B. vom SB (Sozialistisches Biiro), bei der Regionalkonf e-
renz fur Baden-Wiirttemberg 28. /29. 4. 1973, ein Bundesseminar in
Vlotho (27.12.73-4.1.74), mehrere vom BDP (Bund Deutscher Pfadfinder)
bundesweit ausgeschriebene Seminare (74-75). Als weitere herausragen-
de Ereignisse ist das Jugendpolitische Forum zu nennen, das vom
6.-8.12.74 in Frankfurt stattfand, das (13.-15. Juni 1975)Bundes-
treffen in Wetzlar, das Treffen Norddeutscher JZ im UJZ Glocksee
(3.-5.10.75), ein Treffen von JZ in der "Provinz" Liineburger Heide
(1./2. 11.75) und ein Treffen von Vertretern Kolner JZ am 22. /23. 11.75.
4. DAS BEI TREFFEN UND SEMINAREN 1974-75 FORMULIERTE
SELBSTVERSTANDNIS VON KOORDINATION
Alle hier zitierten Dokumente stammen aus den Jahren 1974-75, wo das
Bedurfnis nach Zusammenarbeit immer manif ester wurde:
"Uie groli dieses Bedurfnis nach regelmdliigen Treffen und einem inten-
siven Erfahrungsaustausoh ist, lalit sich allein an der relativ hohen
Zahl der Teilnehmer, die teils aus den entlegendsten Zipfeln Nord-
deutschlands angereist kamen, ablesen. Aus einem Fragebogen ging
ebenfalls hervor, dali zahlreiahe Gruppen keine oder kaum Kontakte
zu vergleichbaren Einrichtungen haben, bzw. hatten. "
(Einschatzung zum Treffen Norddeutsaher JZ in Glocksee - 3. -S. 10.75)
Wahrend das KOOB Neustadt 1974 (vom 10.-17.11.74) noch zu einer bun-
desweiten Aktionsvoche raobilisierte, die als abstrakte Kampagne ohne
Resonanz bei der Basis der JZ-Bewegung bleiben muBte wurde bei re-
gionalen Treffen bereits intensiver und konkreter fiber Zusammenarbeits-
formen diskutiert,
^S,^,B^ilefeid fo™uliert in seinem Aufruf zum Sternmarsch vom
26.10.74 folgende Kritik an der damaligen Koordinationspraxia:
82
"Von Neustadt hort man kaum noch was und der BDP bringt nur noch
einige Broschitren iiber Jugendarbeit und Jugendzentren heraus, was
sicherlich gut ist, aber nicht ausreicht. Gerade Weil die meisten
Aktivitaten VON OBEN ausgingen, muliten sie relativ wirkungslos blei-
ben. Dabei gibt es viel, was man voneinander lernen konnte. "
In dieser Kritik werden die damals in der iiberregionalen Arbeit aktiv-
sten Gruppen, der BDP und das KOOB Neustadt genannt.
Der BDP veranstaltete in Nordrhein-Westfalen zwei Seminare
(24. /25. 11. 73 und 9./10.2.74) und war auch mit bundesweit ausgeschrie-
benen Seminaren aktiv. Auf dem bundesweiten Seminar vom 13.-15.12.74
wurde zu dem Punkt "Uberregionale Zusammenarbeit" folgende Stellung-
nahme von den Teilnehmern formuliert:
"Ee wurde auf dem AbsahluBplenum aieForderung nach einer regionalen
und iiberregionalen Zusammenarbeit und nach Seminaren mit einer Per-
spektive, an der kontinuierlioh weitergearbeitet wird, aufgestellt .
Dieser Forderung stimmten zwar alle Anwesenden zu, konkrete Zusagen
fiir eine uberregionale Arbeit konnten jedoch nicht gemacht werden.
In diesem Zusammenhang wurde iiber eine uberregionale Zeitung, die
der Dachverband herausgibt, diskutiert. Diese Zeitung wurde als Mittel
der effektiven O'ffentlichkeitsarbeit angesehen: inhaltlich richtungs-
weisend und Diskussionsforum iiber offene Fragen konnte sie gleichzei-
tig eine Meinungspluralitat der verschiedenen Jugendzentren aufzei-
gen und eine politisahe Einheit der Jugendzentrumsbewegung darstellen.
Wir stellten fest, da!3 es im Moment nicht mbglich ist, eine solche
uberregionale Zeitung der gesamten Bewegung heraus zubring en. Das Ple-
num forderte zum Schluli der Diskussion eine verstdrkte regionale
Zusammenarbeit, wie sie z.B. in Hessen schon existiert. Parallel da-
zu mtissen aber auch Kontakte zu JZ und JZ-Initiativen in anderen Bun-
deslltndern geknupft werden. "
(Protokoll des JZ-Seminars BDP IS. -IS. 12.74 im Bessunger Forst bei
Darmstadt)
Neben der falschen Einschatzung, die JZ-Bewegung, die politisch im-
mer verschiedenere Stromungen umfasste, fiber einen Dachverband poli-
tisch vereinheitlichen zu wollen und iiber eine uberregionale Zeitung
eine "Linie" in die JZ-Bewegung hineinzubringen anstatt die Zeitung
als Selbstdarstellung der JZ-Basis zu verstehen, wurden hier zumin-
dest zwei wichtige Punkte angesprochen: das Bedurfnis nach einem zen-
tralen Kommunikationsmittel (Zeitung) der JZ-Bewegung, deren Produk-
tionsprozeB aber damals noch nicht geleistet werden konnte und die
Prioritatensetzung von regionaler Zusammenarbeit.
An diesem Beispiel zeigt sich wieder deutlich die Ohnmacht, die
bundesweiten Treffen folgt, wenn die Strukturen fur eine sinnvolle
Weiterarbeit nicht vorhanden sind. Die Treffen sind als Treffen sehr
sinnvoll und fiir die Teilnehmer sehr anregend, aber verpuffen dann
ohne Konsequenzen.
"Was so ein Treffen den Teilnehmern gebracht hat, IWt sich hdufig
erst spater feststellen, nimliah dann, wenn sich herausstellt , ob
diese Anregungen und DenhanstOBe auch wirklich die drtliche Arbeit
vorangetrieben haben. Die Tatsache, dali auch nach dem Treffen 2 Ar-
beitsgruppen: "Kampf urns Jugendzentrum" und die "Frauengruppe" welter
zusammenarbeiten und sich regeVm&liig treffen, scheint mir in dieser
- 83 -
Hinsicht ein vielverspreohend.es Ergebrtis zu sein.
Daruber hinaus wurden zahlreiche Kontakte gekniipft, Adressen ausge-
tauscht, gegenseitige Besuche und eine engere Zusammenarbeit im lo-
kalen und regionalen Rahmen vereinbart.
All dies deutet darauf hin, dali Treffen dieser Art keine einmaligen
Luftblasen sind."
Auch werm wie hier beim Treffen Norddeutscher Jugendzentren in Glock-
see (3.-5.10.75) noch im AnschluB an das Treffen iiber personliche
Kontakte Aktivitaten weiterlaufen (was ja ein sinnvolles Ergebnis
des Treffens ist), so werden diese Kontakte durch den Alltag immer
starker kaputtgemacht werden, veil die Entfernungen zu groB sind,
die Leute in anderen Beziigen stehen, das Interesse daran erlahmt_.
Von alien Teilnehmern wurde die Wichtigkeit anerkannt, auch kiinftig
Treffen dieser Art durchzufuhren. Die beteiligten Gruppen sollten
jedoch
- starker in die inhaltliohe Vorbereitung einbezogen werden
- es sollen auf lokaler und regionaler Ebene Vorbereitungstreffen
organisiert werden
- in den Zwischenzeiten soil eine stdrkere Zusarrmenarbeit und engere
Koordinierung stattfinden. (Gloaksee a.a.O.)
Die hier benannten Defizite (inhaltliche Vorbereitung, regionale
Vorbereitungstreffs, Zusammenarbeit zwischen den Treffen) sind ge-
nau die Faktoren, die eine kontinuierliche Zusammenarbeit verhindern.
Ohne bestehende regionale Strukturen, ohne regionalen Arbeitszusam-
menhang und standigen Kontakt untereinander erstarrt die Koordina-
tionsarbeit und kann hochstens wieder durch ein neues Treffen akti-
yiert werden. Das Bewufitsein iiber das Fehlen einer "Zwischeninstanz"
in der JZ-Bewegung zwischen den zentralen Treffen und den Einzel-
Jugendzentren, namlich von Regionalzusammenschliissen, war nicht nur
in Glocksee, sondern auch beim Bundestref fen in Wetzlar vorhanden:
"Die Konferenz spraoh sioh gegen eine bundesweite Koordination der
JZ-Gruppen unter den derzeitigen Voraussetzungen aus und setzte sioh
fiir die Intensivierung der regionalen Koordination auf Kreis-, Be-
zirks- und Landesebene ein. Noch innerhalb dieses Jahres (1975) soil
versucht werden, einige Informationsburos zu griinden. Ist dies ge-
schehen, so sollen im ndahsten Jahr Gespraohe zwischen den Vertretern
dieser Euros laufen, in denen man eine bundesweite Koordination vor-
bereiten soil. "
Dieser auf dem Wetzlarer Bundestref fen 1975 gefallte BeschluB zielt
durchaus in die richtige Richtung, auch wenn ihm keine Praxis aus
der Ecke, die ihn zustande gebracht hatte, folgte. Erst 2 Jahre spa-
ter kara es dann mit anderen Leuten, aus einem anderen Zusammenhang
heraus zum FRANKFURTER TREFFEN, wo dieser fommlierte Anspruch dann
eingelost wurde.
Parallel zu dieser Erklarung wurde dem K00B Hagen (ehemals Neustadt)
und dessen zentralistischer und abgehobener JZ-Politik eine eindeu-
tige Absage erteilt. Das K00B Hagen, das anfangs eine durchaus posi-
tive Arbeit fur die JZ-Bewegung leistete (z.B. Materialversand, Vor-
finanzierung beim Treffen Ost-Westfalen-Lippe/September 1975) war
immer starker durch eine angehobene Stellvercreterpolitik hervorge-
treten und wurde durch zwei Offene Brief e (aus Rems-Murr-DV vom 23.
April 1974 und Bad Kreuznach vom 14.8.74) von den Regionalzusammen-
schlussen kritisiert.
- 84 -
Einzelne Treffen konnen die JZ-Bewegung durchaus kurzfristig beleben
das SelbstbewuBtsein einer Bewegung aufkommen lassen, neue loka-
le und regionale Aktivitaten anregen, sind aber als abgehobene Hohe-
punkte untauglich fiir den Aufbau regionalbezogener Strukturen, die
einzig eine kontinuierliche Zusammenarbeit garantieren konnen. Aus
der Regionalitat aber kommt die neue Bewegung in der Bewegung:
Wir sind Leute aus 30 Jugendzentren und Jugendzentrumsinitiativgrup-
pen und haben im Uerbst 1976 den Arbeitskreis aller Jugendzentren
und Jugendinitiativgruppen im Lahn-Dill-Kreis (AKJZ) gegriindet.
Wir wollten nicht mehr in unseren Dorfern und Kleinstddten alleine
vor uns hinwurschteln.
Wir haben erkannt, da/3 wir a'hnliche Schwierigkeiten und Probleme in
den Jugendzentren haben - wie Finanzen, Rdume, Druak durch Offentlich-
keit, Einschrankung der Selbstverwaltung
Wir gehen unsere Probleme und Schwierigkeiten jetzt gemeinsam an,
informieren und unterstiitz^n uns gegenseitig. (Flugblatt des AKJZ
Lahn-Dill sum Laubacher JZ-Gpen-Air-Festival 3.-5.6.77 )
5. EINSCHATZUNG DER OBERREGIONALEN ZUSAMMENARBEIT 19731975
Obwohl bereits in der Phase 1973-75 in keimhafter Form Modelle regio-
naler Koordination existierten (z.B. Provinztr'ef fen in Ostwestfalen-
Lippe) war zu diesem Zeitpunkt die Koordinationsarbeit in der Haupt-
sache ii b e r-regional orientiert:
• eine wirklich regional-bezogene Koordination von Jugendzentren
existierte nur in Ausnahmef alien (Z.B. Liineburger Heide, Ost-
Westfalen-Lippe, Rems-Murr) . Die Organisierung der JZ umfafite oft
viel zu groSe Gebiete, in denen die Arbeit verpuffen muBte.
• die Zusammenarbeit der JZ basiprte oft auf informellen Kontakten,
Besuchen und Aktionshilf en und war mehr nach Sympathie, politischer
Indentif ikation (Spontis) subjektiv ausgerichtet und hatte nicht
das Ziel verbindlichere Strukturen aufzubauen. Diese Arbeitsform
lag aber nicht allein an den Aktiven, sondern auch an den anderen
Anf orderungen einer offenen Massenbewegung (mehr Spontaneitat war
erforderlich) ;
0 das Fehlen von regionalen Arbeitszusammenhangen und damit die feh-
lende Riickvermittlung zur Basis liefien zumindest die bundesweiten
Treffen als abgehobene For en erscheinen, die nicht in der Lage
sind, die JZ-Bewegung an ihren Problemen zu organisieren, sondern
mehr Massen-Schau-Tref fen waren, um zu zeigen, wieviel JZ man zu~
sammenbringen kann. Die geweckten Erwartungen wurden dann oft sehr
enttluscht und Frust machte sich breit, weil keine Weiterarbeit
mehr moglich war;
• die bundesweit organisierten Treffen und bundesweit ausgeschriebenen
Seminare konnte das Bediirfnis nach weiterer Zusammenarbeit nicht
weiterorganisieren (3) und waren somit uneffektiv in dem Bestreben,
die Koaimunikationsstrukturen der JZ-Bewegung zu verbessern. Auch
wenn durch solche Treffen neue Kontakte entstanden und Nachfolge-
Treffen (4) organisiert wurden, so schlaffte das Interesse an Zusam-
menarbeit doch immer mehr ab, weil die Entfernungen zu groB, die
Probleme zu unterschiedlich waren. Die Treffen waren somit einmali-
ge Hbhepunkte, die die JZ-Bewegung in ihren Alltagsproblemen nicht
weiterbrachte ;
• die politische Differenzen bei diesen Treffen (Prof ilierungs-Inter-
85 -
essen der Jusos in Wetzlar, Rekrutierungsinteresse des KB in Glock-
see z.B.) taten das ihrige dazu bei, daB eine weitere Zusamnenar-
beit behindert wurde. Die inneren Widerspriiche (Scene-Probleme,
politische Gruppen, Kampf phasen.. • •) fraktionierten die JZ-Initiativ-
gruppen nach den Gruppen, die sich miteinander identifizieren konn-
ten und daher iiberregional weiterhin zusammentraf en und behinderten
damit die regionale Organisierung;
die Selbstorganisation der JZ wurde oft nur verbal vertreten, wah-
rend es in der Realitat darum ging, die politischen Stromungen in
der JZ zu vereinnahmen und eine 'Linie' hineinzubringen (z.B. die
DKP-Politik der KOOB Hagen, die Sozialistische Fraktions-Strategie
des BDP (5).
6. VERANDERUNGEN IN DER JUGENDZENTRUMSBEWEGUNG 1976-77
Die Entwicklungstendenzen in der Zusammenarbeit der JZ untereinander
hangen immer eng mit der Entwicklung in den JZ selbst zusammen. Die
Geschichte der Zusammenarbeit der JZ untereinander ist deshalb immer
auch eine Geschichte des Zustandes in den JZ . Fur die Phase 1976-77
lassen sich in der JZ-Bewegung auf der Ebene der einzelnen Jugend-
zentren - unabhangig von lokalen Ungleichzeitigkeiten - folgende Ent-
wicklungstrends erkennen, die erst die massenhafte Entstehung von
Regionalzusammenschliissen erklarbar machen:
• Die Zahl der Jugendzentren und Jugendzentrumsinitiativen ist riick-
laufig und umfafit ca. noch 1 200 Initiativgruppen in der BRD.
• Die JZ-Bewegung entwickelte sich von einer offenen Massenbewegung
der spektakularen Aktionen und Hauserkampfe zu einer widerspriich-
lichen Bewegung des Alltagskampf es in den Hausern. Der alltagliche
Handlungszwang in den JZ, die auseinandertreibenden Interessen,
die Probleme der kaputten Scene, politische Differenzen, die Spal-
tung in Macher und Besucher, die personlichen Probleme, die immer
starker in Erscheinung traten, fiihrten zu einer Oberlastung der
Aktiven, die zu Hilf s-Sozialarbeitern funktionalisiert wurden.
Der JZ-Beweguig war es nicht gelungen, die Kampferfahrung aus der
Zeit vor der Haus-Nahme in den Alltag mithiniiberzuretten: die
einstige Kampf-Einigkeit zerfiel im Haus meist in eine Interessens-
streiterei und Uneinigkeit iiber die Perspektive. Das Fehlen des
gemeinsamen Kampfes, Kampf zieles (Haus) und Kampfgegners (Stadt),
liefl die Alltagsinteressen dominieren. Erst die gemeinsame Bedro-
hungssituation lHBt die alte Solidaritat wiedererstehen.
• Die JZ haben sich von Cliquenzentren (GroSgruppen.bei denen die Leu-
te sich besser und nailer kannten),in denen mehr aktiv waren.Politik
personlicher und konkreter gelebt wurde, zu Konsum- und Massenbe-
suchszentren (der Jiingeren) entwickelt. Die Kerngruppen wurden klei-
ner, es gab weniger Leute, die aktiv waren und die Alteren konnten
sich nicht mehr mit dem JZ identifizieren. Alltagsfrust und in-
haltliche Ratlosigkeit, Ideenmangel, fehlendes Verantwortungsbewufit-
aein, Perspektive-Verlust, personliche Probleme (wovon selbst le-
ben?) produzierten bei den Alteren einen IDENTTTATSZERFALL . Sie
wollten nicht die Lehrerrolle fur andere ubernehmen, weil sie mit
sich selbst nicht mehr klarkamen.
86
• In den JZ zeigte sich auch zunehmend eine politische Polarisierung
in die JZ, die sich weiterhin als politische Zentren verstanden
und liber das JZ politische Projekte (Selbsthilfegruppen, Gegen-
of fentlichkeit, AKW-Gruppen, Mediengruppen, Organisierung von
WG's) organisierten und die JZ, die durch den Mangel an politisch
Aktiven und Perspektive zu verwalteten Sozialarbeiter-Zentren,
halbstaatlichen Freizeitheimen zu Konsum-Veranstaltungs-Hausern
wurden, Oder ganz kaputtgingen. Aus den politischen Jugendzentren
heraus kann aber nur die Wiederbelehung der JZ-Bewegung komnen.
• Es tritt zusehends ein GENERATIONSWECHSEL in der JZ-Bewegung ein;
die erste Jugendhaus-Generation, die meist eine Kampf-Generation
war, die das JZ erkampft hat und sich mit dem Haus identif iziert ,
hat das JZ kampflos (Privatisierung, Ausstieg) Oder aufgrund per-
sonlicher Weiterentwicklung (andere politische Projekte) ver lassen
und das Haus somit einer zweiten Generation ohne Geschichtsbewufit-
sein, ohne politische Massenbewegung (wie bei der ersten die Stu-
denten, Schiiler- und Lehrlingsbewegung) im Rucken, zwangsangepaBt
durch Arbeitslosigkeit und SchulstreB,uberlassen.
Viele Initiativ-Gruppen gingen dadurch kaputt.
Alle diese Entwicklungstendenzen fiihren dazuv dafl die Zusammenarbeit
nicht mehr allein eine Frage von personlichem Interesse der Aktiven
und Erf ahrungsaustausch ist, sondern ein politischer Zwang zur Zusam-
menarbeit besteht, urn Gegendruck zu erzeugen, sich gemeinsam zu weh-
ren, errungene Positionen zu halten. Der verstarkte aufiere Druck und
die zunehmenden inneren Schwierigkeiten erforderten eine breitere
Organisierung der Jugendzentren.
Neben dem Ansteigen des aufieren Druckes auf die JZ-Bewegung zwangen
noch drei weitere Griinde die JZ 1976, sich verbindlicher zu organi-
sieren und sich wieder starker zu artikulieren:
t der Off entlichkeitsverlust.der 1976 eintrat, indem es neben dem
ID keine iiberregionale Zeitung und kaum informelle Kontakte gab,
die JZ-Nachrichten verbreitet hatten und es deshalb urn die JZ-Be-
wegung sehr still wurde;
• der Trend, iiber die JZ-Bewegung nur noch dann zu berichten, wenn
die Meldungen in die allgemeine Repressionswelle paBten und somit
propagandistisch verwertet werden konnten (z.B. Rebel 1 KB, Pfingst-
kongreB 76 SB), was zu einen) vollig falschen und pessimistischen
Bffentlichkeitsbild iiber die JZ-Bewegung fiihrte;
• die "Geschichtsschreibung" der Sozialarbeiter-Fachliteratur, die
sich in Krisenmeldungen, Todes-Nachrufen, Theorie-Revisionen
iiberschlug und die JZ-Bewegung am Schreibtisch in Buchern begraben
wollte.
Die massenhafte Bildung von Regionalzusammenschliissen 1976-77
sicher eng mit der Tatsache, daB die JZ-Bewegung in die Defen
geraten ist (Isolationsangst der noch existierenden Gruppen,
gang der Massenbewegung und die Bildung von regionalen Zentre
Xod der Bewegung in den Metropolen und die Uberlebensprobleme
JZ_Gruppen in der Provinz, die Krise in der Bewegung durch in
Zersetzung und aufleren Druck) verbunden. Die Regionalzusammen
sind aber nicht nur eine Reaktion auf veranderte Bedingungen,
stellen auch einen Lernprozefi der JZ-Bewegung dar, sich gemaB
verHnderten Bedingungen zu organisieren und die inneren Struk
weiterzuentwickeln.
ist
sive
Riick-
n( der
der
nere
schliisse
sondern
den
turen
- 87 -
7. DER AUFBAU EINER VERBINDLICHEREN ZUSAMMENARBEIT
DER JUGENDZENTREN 1976-77
Das Vorhandensein der Regionalzusammenschlusse, die seit Anfang
1976 immer starker werdenden Versuche, die Arbeit dieser Zusammen-
schliisse auch bundesweit zu koordinieren, leiteten eine neue Phase
in der Geschichte der selbstorganisierten Zusammenarbeit der Jugend-
zentren ein. Uber bestehende regionale Arbeitszusammenhange eine
bundesweite Kontaktebene aufzubauen, bietet Vorteile, die bei der
friiheren Zusammenarbeit nicht moglich waren:
- Verteilung des Arbeitsaufwandes durch dezentrale Organisierung
- groflere Kontinuitat und Verbindlichkeit durch den Hintergrund
bestehender regionaler Arbeitszusaramenhange
- verbesserte Kommunikationsstrukturen durch die Herausgabe der
bundesweiten Wandzeitung und internen Materialaustausch
- Entwicklung neuer und verbesserter Strukturen durch regelmaBige
halbjahrliche Bundestref fen (und Landestreff en) der Regionalzusam-
menschlusse.
Erst die Existenz der Regionalzusammenschlusse, die eine Art Mittel-
bau zwischen Einzel-Jugendzentren und iiberregionalen Treffen darstel-
len, schufen die Strukturen, die die iiberregionale Zusammenarbeit
verbindlicher und effektiver gestalten.
Obwohl das Bediirfnis zur Zusammenarbeit gerade seit dem Abflauen der
Bewegung (seit Ende 75) sehr grofl war, war es zu dieser Form der Zu-
sammenarbeit dennoch ein langer Weg von 1 1/2 Jahren. Erste Impulse
zu einer breiteren Zusammenarbeit gingen von Tiedeke Heilmann aus,
der 1976 als Projektbereichssprecher Jugendzentren der AG SPAK zwei
Nummern eines "JZ-Rundbriefes" in Wandzeitungsform an ihm bekannte
Adressen schickte, und im Briefkopf des Rundbriefes selbst neue Kon-
taktadressen mitteilte. Uber diese Adresseninformation lief dann
langsam ein Briefkontakt zwischen den Gruppen an, der durch Mate-
rialaustausch, Besuche, etc. erganzt wurde und dann im Marz 1977
schliefilich zu der Entscheidung fiihrte, doch endlich einmal alle
Leute zu einem Treffen zusammenzuholen, was dann recht kurzfristig
im "FRANKFURTER TREFFEN" im April 1977 geschah. Dies war die sub-
jektive Seite, die zum FRANKFURTER TREFFEN fiihrte. Hinter ihr steckt
aber ein ganzer ProzeB von Vorbereitungsarbeiten, ohne die dieses
Treffen nicht moglich gewesen ware, so z.B. gab es seit 1976 mehrere
Versuche, auf Regional- und Landesebene die Kontakte unter den JZs zu
verbessern: In Hessen iiber den BDP (Seminare, Treffen, Zeitung,
iiberregionale Feste), in Baden-Wiirttemberg iiber die DJD (Rundbriefe,
Fragebogen, Rundreise) , im Norden uber die AG SPAK (Tiedeke, Pro-
vinztreffen in der Liineburger Heide, Medienseminare) , im Saarland
iiber den Verband Saarlandischer Jugendzentren in Selbstverwaltung,
in Schleswig-Holstein iiber Inf o-Rundbrief e etc.
Diese Zentren der JZ-Bewegung wurden allmahlich zu Fixpunkten und
Anlaufstellen fiir die JZ in der Umgebung und fiir die iiberregionale
Zusammenarbeit. Uber ihre 8f f entlichkeitsarbeit wurden sie zur Sam-
melbewegung der noch existierenden Jugendzentren. In der Organi-
sierung nach regionalen Zentren scheint sich eine 'neue JZ-Bewegung'
in der Bewegung zu konstituieren. Erst diese regionalen Koordina-
tionszentren schufen die Moglichkeit, auch bundesweit Kontakte zu
kniipfen.ohne in eine abgehobene Form hineinzugeraten und die JZ-Be-
wegung nur noch verwalten zu wollen. Eine Dachverbandsgrtindung auf
- 88
Bundesebene, ein Aufbau von Landesdachverbanden wird von alien
Gruppen als unnbtige Biirokratisierung der JZ-Bewegung und als For-
malisierung der Selbstverwaltung abgelehnt. Die JZ-Bewegung kann
weder politisch vereinheitlicht noch zentral und nach dem Vereins-
recht organisiert werden, ohne selbst die Grundlagen, die sie zur
Bewegung gemacht hat, zu verlieren. Koordinationsarbeit ist deshalb
inmer ein KompromiB zwischen unterschiedlichen politischen Vorstel-
lungen und verschiedenen Organisationsformen.
Diese Uberlegungen gingen in das Grundverstandnis der iiberregionalen
Treffen der Regionalzusammenschlusse mit ein.
Der Sinn dieser im FRANKFURTER TREFFEN (6) modellhaft skizzierten
Zusammenarbeit ist es, die Defizite, die die JZ-Bewegung momentan
auf der Koordinationsebene erfahrt, zu begleichen:
- Informationsdefizite iiber die JZ-Bewegung durch die Wandzeitung
und iiber den ID zu beseitigen
- die Meldungen iiber JZ nicht nur auf Repressionsmeldungen von Druck
und SchlieBung zu verkiirzen, sondern auch Erfolgsmeldungen und
Alltagsberichte zu bringen
- ein feines informelles Netz von Kontakten (7) und Strukturen auf-
bauen, die das Organisationsdefizit der Bewegung iiberwinden und
die Zusammenarbeit verbindlicher gestalten
- den Diskussionsprozefi um den politischen Stellenwert der JZ-Bewe-
gung und ihr Selbstverstandnis neu und intensiver zu fiihren
- mogliche Perspektiven der JZ-Bewegung (Selbsthilfegruppen, Okologie-
Gruppen, Wohngemeinschaf ten, Provinzarbeit. . . ) in breiterem Rah-
men zu diskutieren und Erfahrungen auszutauschen
- Erfahrungen iiber Koordinationsmodelle und die Praxis der Regional-
arbeit auszutauschen und somit neue Anregungen zu vermitteln und
doppelteFehler zu vermeiden
- Perspektiven der JZ-Bewegung in Bezug auf die Orientierung an
Jugendverbandsarbeit (BDP, AG SPAK etc.) diskutieren
- iiber die Alltagsprobleme in den Jugendzentren und die Bewegung
oder Bewegungslosigkeit im Jugendhausalltag, iiber die Rolle der
Aktiven und ihre Probleme reden und damit unsere eigenen Probleme
anzugehen (Subjektiver Faktor der JZ-Bewegung)
- das Bild der JZ-Bewegung, wie es durch Diplomarbeiten und die so-
zialpadagogischeFachliteratur verzerrt wurde zu korregieren und
dagegen unser Selbstbewufitsein von der Bewegung zu stellen und die-
se Falschmeldungen durch unsere Praxis zu widerlegen
- Uber eine breite und intensivere Of fentlichkeitsarbeit dazu bei-
tragen, daS das Bewufltsein der JZ-Bewegung als Bewegung nicht ver-
lorengeht, sondern neu entsteht (Wandzeitung an alle JZ in der BRD
und Westberlin!)
- ein breites dezentrales Netz von Strukturen aufzubauen, die die
politische Arbeit gerade in der Provinz vorantreiben und somit
ein sinnvolles Gegenmittel zu der allgemeinen Repressionstendenz
darstellen (Gegen-Organisierung) .
8 ZUSAMMENFASSENDE THESEN ZUR GESCHICHTE DER
SELBSTORGANISIERTEN ZUSAMMENARBEIT VON JUGENDZENTREN 1971-77
i Es existieren in der Geschichte der JZ-Bewegung immer mehrere
Koordinationsformen von Jugendzentren nebeneinander. Dies hSngt mit
89
der allgemeinen ungleichzeitigen Entwicklung der JZ-Bewegung zusam-
men. Die jeweiligen lokalen und regionalen Bedingungen, die politi-
sche Zielsetzung der Zusammenarbeit , die Vorstellungen der Aktiven
und die praktische Organisationsf orm schufen ein breites Spektrum
recht unterschiedlicher Koordinationsf ormen, deren gemeinsamer Nenner
darin besteht, ein Teil der selbstorganisierten JZ-Bewegung zu sein.
2. Obwohl wahrend der ganzen Entwicklungsphase derZusanunenarbeit
von JZ untereinander immer regionale und Uberregionale Kooperations-
formen nebeneinander existieren, lassen sich dennoch drei relativ
klar erkennbare Phasen bestimmen:
• die Phase 71/72 in der aufgrund der unterentwickelten eigenen Struk-
turen keine selbstorganisierte Zusanmenarbeit im breiteren Rahmen
scactfand, sondern die offentlichen Medien eine solche Rolle aus-
fiillten.
• die Phase 73-75, in der zwar langsam die Zahl der Regionalzusammen-
schliisse anwuchs, aber dennoch eindeutig von einer Dominanz der
iiberregionalen Kontakte und Zusammenarbeit gesprochen werden kann;
• die Phase 76/77, in der die Organisierung der JZ-Bewegung nach
regionalen Zentren die uberhand gewonnen hat und eine uberregionale
Zusammenarbeit iiber die Treffen der Regionalzusammenschlusse er-
folgt.
3. Der Strukturwandel in der Zusammenarbeit der JZ untereinander
hangt eng mit dem Strukturwandel in der JZ-Bewegung selbst zusanmen.
Die inneren Entwicklungstendenzen (Zerfallprozesse in der Bewegung,
Generationswechsel etc.) und die von auBen herangetragenen neuen An-
forderungen (politischer Druck, Jugendarbeitslosigkeit etc.) haben die
JZs zu einer verbindlicheren Zusammenarbeit gezwungen. Die Notwen-
digkeit zur Zusammenarbeit ist fur die JZs heute keine Frage des Wol-
lens mehr, sondern zu einer Uberlebensstrategie geworden.
4. Konnte zum Zeitpunkt des Hohepunktes der JZ-Bewegung (73-75) die-
se die Zusammenarbeit aus dem Schwung der offensiven Bewegung her-
aus noch recht strukturlos und spontan iiber viele informelle Kon-
takte und spontane Hilf saktionen in bundesweiten Rahmen gestalten,
so erfordert der zunehmende Druck auf die JZ-Bewegung heute verbind-
liche Gegenstrukturen und ein besser funktionierendes Kommunikations-
system untereinander.
5. Eine verbindlichere Zusammenarbeit unter den JZs kann nur dann
erreicht werden, wenn die Basis der JZ-Bewegung und die Arbeitszu-
sammenhange in den Regionen und Provinzen stark genug sind, um
eine solche Koordinationsarbeit zu leisten. Eine Verbesserung der
Zusammenarbeit ist nicht iiber die Zentralisierung der Bewegung in
biirokratischen Landes- und Bundesdachverbanden und der damit einher-
gehenden politischen Vereinheitlichung und Formalisierung moglich,
sondern nur in der konkreten Starkung der regionalen Zentren der
Bewegung.
6. Die Geschichte der iiberregionalen Zusammenarbeit derJZ unterein-
ander war auch immer eine Geschichte der Auseinandersetzung mit sol-
Chen politischen Gruppen (wie dem Exponent KOOB Hagen (8)) die
sich gem als die "Fiihrung der JZ-Bewegung" verstanden und ihr zwang-
haft Positionen aufdrangen wollten, die nicht in der alltSglichen
- 90 -
politischen Praxis entstanden waren, also Stellvertreterpolitik be-
treiben wollten. Eine solche abgehobene Fiihrungsposition kann des-
halb keine Basis haben, weil es die JZ-Bewegung gar nicht gibt
und es selbst auf der Ebene der (Coordination keine Kontinuitat gibt,
die irgendeine Gruppe in einer solchen Position (durch Wahl, durch
basisdemokratische Kontrolle etc.) legitimieren wiirde.
7. Alle Versuche, die JZ-Bewegung von auBen organisieren zu wollen,
miissen daran scheitern, daS sie nicht in der Lage sind, die spezifi-
schen Interessen der JZ-Bewegung, die nur in Selbstorganisation ge-
lost werden konnen, anzugehen. Dennoch braucht die JZ-Bewegung gera-
de angesichts des zunehmenden Drucks neue Verbtindete in fortschritt-
lichen Jugendverbanden (BDP, AG SPAK, DJD) , die ihr bei der Bewalti-
gung der Koordinationsarbeit konkret und ohne Fremdanspruch helfen.
Und in diesem Bereich gibt es bereits konkrete Ergebnisse erfolgrei-
cher Zusammenarbeit.
8. Angesichts der allgemeinen politischen Situation in der BRD liegt
die Perspektive der Koordinationsarbeit in der Schaffung eines fei-
nen informellen und dezentralisierten Informationsnetzes, das in der
Lage ist, der politischen Repression standzuhalten. Gerade die Regio-
nalzusammenschliisse mit ihren kleinen Einheiten und die breite Ver-
teilung der JZ (vor allem in der Provinz) erlauben es, iiber die JZ
ein Netz von Strukturen aufzubauen, das ein politisches Uberleben
moglich macht.
9. Koordinationsarbeit allein ohne eine ent
der JZ an der Basis bleibt eine abgehobene
die Organisationsform nach Regionalzusammen
weitai Treffen der Regionalzusammenschlusse
der Wandzeitung der Regionalzusammenschluss
auch die Basis zu aktivieren, neue Anregung
formationsf lufl innerhalb der Bewegung zu ve
die iiberreffionale Koordination zu einem Fi
bung der ganzen JZ-Bewegung und zu keinem v
Superaktiven.
sprechende Aktivierung
Angelegenheit . Gerade
schliissen und die bundes-
sowie die Herausgabe
e bieten die MSglichkeit,
en zu liefern und den In-
rbessern. Dadurch wird
xpunkt fur eine Neubele-
ereinzelten Hohepunkt der
10. Die JZ-Bewegung ist in ihrer Breite (quantitativ) schwacher ge-
worden und in den Metropolen kaum mehr vertreten. Sie ist aber poli-
tisch starker geworden (verbindlichere Zusammenarbeit) und in der
Provinz immer noch zunehmend. Die Organisierung nach Regionalzusam-
menschliissen entspricht also diesem Entwicklungstrend und wird, so-
lange dieser andauert, auch noch Zukunft haben. Die JZ-Bewegung sta-
bilisiert sich durch diese Koordinationsform aber nicht nur selbst,
sondern schafft auch Strukturen fiir eine sinnvolle regionale politi-
sche Arbeit (Provinzarbeit, Okologiegruppen, Selbsthilfegruppen
etc.). Die JZ-Bewegung hat damit durch die Schaffung von diesen Al-
ternativstrukturen, durch die Koordination geschafft, was bisher im-
mer als die Grenze ihrer politischen Perspektive erschien: die Uber-
windung der nur Jugendhaus bezogenen Arbeit. Inwiefern die vorhan-
denen Kontakte nun dazu genutzt werden, wird die Zukunft zeigen.
11, Ob sich aus den Regionalzusammenschliissen eine "neue Bewegung
in der JZ-Bewegung vollziehen kann und wird, hangt von der tatsiich-
lichen Leistungsf Uhigkeit der Regionalzusammenschlusse, vom BewuBt-
91
sein der Jugendzentren, die die Regionalzusammenschlusse tragen
(mit welcher Zielsetzung sie Koordinationsarbeit machen) von der
Weiterentwicklung der Zusammenarbeit und der Verbesserun'g des Infor-
mationssystems unter den Regionalzusammenschliissen ab. Der neue
Impuls, der von den Treffen der Regionalzusammenschlusse bisher aus-
ging, ist nicht zu iibersehen, aber dennoch erscheint die These der
"neuen Bewegung in der JZ-Bewegung" noch als Oberschatzung der bis-
her geleisteten Ansatze. AuBerdem darf durch die Anfangseuphorie we-
der ein Leistungsdruck auf die JZ-Bewegung ausgeubt noch die Weckung
von Bediirfnissen, die nicht eingehalten werden konnen, ("rganisato-
rische Stabilisierung) betrieben werden. Ein neuer Anfang ist da -
allerdings eben erst ein Neuanfang.
ANMERKUNGEN:
(1) 7.u diesem Zeitpunkt arbeitete das KOOB Neustadt noch nach seinem
anfanglichen Anspruch, naralich die Selbstorganisationsprozesse in
der JZ-Bewegung zu unterstutzen und diese als Dienstleistungsbetrieb
voranzutreiben (z.B. Material und Doku-Versand). Heute ist das KOOB
Hagen nur noch eine abgehobene Institution, die fur sich beantspmcht ,
lm Namen der JZ-Bewegung zu sprechen, indem es deren angebliche For-
derungen in DKP-Schemen preflt.
(2) Hier soil kein Vollstandigkeitsanspruch vertreten werden:
sicher gab es neben den hier aufgezahlten Regionalzusammenschliissen
noch andere. Dennoch erreichte ihre Zahl nicht das AusmaB von
1976/77.
(3) Dies gilt vor allem fur die in diesem Zeitraum vom BDP bundes-
weit ausgeschriebenen Seminare.
(4) Vgl. Protokoll vom Treffen Norddeutscher Jugendzentren (3-. -5.
Oktober 1975) in Hannover-Glocksee.
(5) Vgl. dazu die beiden Materialien Nummern 2/3 und 12, die damals
im Verlag Jugend und Politik (BDP-Verlag) erschienen.
(6) Das FRANKFURTER TREFFEN (erstes Bundestreff en Regionaler Zusam-
menschlusse von JZ ) fand am 22. /23. April 1977 in Frankfurt statt.
Information dariiber befindet sich in dem im November bei Jugend
und Politik erschienenen 'Lesebuch zur JZ-Bewegung' (Traume, Hoff-
nungen, Kampfe".)
(7) Die gleiche Intention verfolgt das unter Anmerkung 6 zitierte
Lesebuch zur JZ-Bewegung, das parallel zu dem NeuformierungsprozeB
in der JZ-Bewegung erschienen ist.
(8) Uber das KOOB Hagen existiert eine 58 Seiten Starke Dokumenta-
tion der Regionalzusammenschlusse, die iiber den BDP-LV Hessen,
Hamburger Allee 49, 6000 Frankfurt 90, erhaltlich ist.
oR.<S-/tNiS4rioN
- 92 -
Arbeitskreis Kritische Sozialarbeit, Hamburg
DIE VERBEAMTUNG
DER JUGENDVERBANDE NICHT BESTATIGT
Dem "Ring Biindischer Jugend" in Hamburg wurde am 25.9.74, gestiitzt
auf einige kurze Zitate aus Publikationen, an denen der RBJ oder
einzelne Gruppen als Herausgeber beteiligt waren, beschieden, dafi
eine weitere staatliche Fb'rderung abgelehnt wird. Es bestanden
Zweifel, daB er die Gewahr fiir eine den Zielen des Grundgesetzes
forderliche Arbeit nach § 9 JWG biete. In der Antwort auf den Wider-
spruch des RBJ schrieb die Freie und Hansestadt Hamburg:
"Vielmehr wird die Verfassungswirklichkeit (in den Verof fentlichun-
gen des RBJ) einseitig und stark verzerrt dargestellt und in grob
vereinfachender, teilweise verung limp fender Form abgewertet. Wer
aber den Staat in der Ausgestaltung, die er durch das Grundgesetz
erfaliren hat, pauschal abwertet und verunglimpf t, stellt damit auch
die freiheitlich demokratische Grundordnung in Frage." (Widerspruchs-
bescheid der Freien und Hansestadt Hamburg vom 31.11.74, S. 4)
(siehe Kasten: kritisierte Zitate)
Das Hamburger Verwaltungsgericht schlofi sich in seinem Urteil vom
2.10.75 dieser Argumentation voll an. Im Urteil heifit es u.a.:
Der RBJ ". . .miSachtet ... seine Verpf lichtung, die bestehende staat-
liche Ordnung in ihrer wirklichen Form aufzuzeigen und nicht durch
verzerrte Darstellungen ein Begreifen der Verfassungswirklichkeit
mit ihren Zusammenhangen und Notwendigkeiten zu verhindern. Statt-
dessen verunglimpft der RBJ die bestehende Staatsgewalt schlecht-
hin als volksfeindlich. . ."
Der RBJ berief sich u.a. in der Verhandlung auf den Art. 5 GG mit der
Begriindung, daB dadurch auch eine vermeintlich "falsche" Meinung ge-
schiitzt sei. Auch das wurde vom VG Hamburg abgelehnt, da "...Jugend-
liche in besonderem Mafie gefiihlsbetont reagieren. Sie sind in der
Bildung ihrer Meinung leicht durch Indoktrination zu beeinf lussen.
...die Verof fentlichungen des RBJ (sind) geeignet, heftige Ablehnung
gegen die bestehende staatliche Ordnung hervorzuruf en, nicht aber
dazu angetan, innerlich unabhangig ein abgewogenes Urteil iiber Wert
oder Unwert der Verfassungswirklichkeit zu ermoglichen. Sie sind
daher durch Art. 5 GG nicht gedeckt." (Entscheidung des Verwaltungs-
gerichts Hamburg vom 2.10.75)
Dieses Urteil rief einigen Wirbel hervor, da es sich auf eine gegen-
iiber dem maBgeblichen SDS-Urteil von 1969 sehr verscharfte Auslegung
des JWG § 9 (im Zusammenhang mit Art. 5 GG) bezieht und letztlich
alle demokratischen Jugendverbande und freien Trager der Jugendhilfe
betrifft. In der Zeitschrift "Kritische Justiz" (1/77) wurden von
Thomas Blanke und Ulrich Stascheit die repressiven Tendenzen einer
solchen Auslegung der Anerkennungsgrundsiitze herausgearbeitet :
"Anstelle dieser Verpf lichtung auf'die unveranderbaren Grundsa'tze
93 -
DEN ZIELEN DES GRUNDGESETZES NICHT FORDERLICHE
AUSSERUNGEN
• Im Extrablatt "Kampfende Jugend" zum 1. Mai 1974 wurdc die Berufsver-
botepraxis so dargestellt:
"Mit Abgrenzungsbeschliissen, Knebelerlassen und dem Hcrumrcitcn auf ciner
von den Herrschcndcn nach Belieben ausgelcgtcn sog. "freihenlich.-demoLralischen
Grundordnung" ist ein abgefeimtes System politischer Unterdriickung, Vcrleum-
dung und Kriminalisierung geschaffen worden, die es jedem aufbegehrenden De-
mokraten zu einem bedrohlichen Risiko machen sollen, sich mit Entschicdcnheit
offentlich zu aufiern".
(Extrablatt dcr "Kampfenden Jugend" zum I, Mai 74)
• In einem Heft "Zur Politik der Jungen Union/Schiiler und andercn Reaktionare"
vom Juni 1974, Seite 3, wurdc dem Staatsapparat vorgeworfen, dan er
"im Biindnis und mit Hiife der rechten und rechtsradikalen Krafte vcrscharft
gegen "links", gegen Demokraten, Sozialisten und Kommunisten vorgehl und
die demokratischen Rechte der arbeitenden und Iernenden Bevolkerung einsrhrankt,
unterhohlt und abbaut".
• Auf Seite 4 desselben Heftes wurde die Haupttendcnz gegenwartigcr Bildungs-
politik so dargestellt:
"Diese Politik dient der Verhartung der biirgrrlichen, kapitalistiscben Klassenbil-
dung und einer noch strikteren Handhabung des Bildungsprivilegs zugunsten
der Kinder der Kapitalistenklasse und derjenigen Teile der Ubrigen Jugend, die
mit der Politik der Kapitalistenklasse — auch mit dieser Bildungspolitik —
einverstanden sind".
• Auf Seite 47 desselben Heftes wurdc gegen die Argumentation des "Bundes
demokratischer Schtiler" (rechter Ablcger der "Jungen Union") eingewendet:
"...tagtaglich hintertrcibt und untcrdriickt der kapitalistischc Staat die Freiheit
der W'ohnung, der Meinung, der Organisation, der "Andersdenkenden",
tagtaglich miflachten die "zustandigen Stellen" die bcrechtigten Forderungen
dcr Arbciter und ubrigen Werktatigen nach besscren und gcrechteren Lcbcns-,
Arbeits- und Ausbildungsbedingungen. Der BdS fordcrt "freien Wcttbewerb
unter Behicksichtigung des Gemeinwohlprinzips" - das ist nichts anderes als
die faschistische Fordcrung "Gemeinnutz geht vor Eigennuiz"."
• Die Jungc Union, die Schiilcrunion und der Bund Demokratischer Schiilrr
wurden auf Seite 3 desselben Heftes wie folgt gekennzetchnet:
"Diese Organisationen vertreten in dcr Jugend die Politik der reaktionarsten,
am mcistcn zur faschistischen, gcwaltsamen Unterdriickung dcr demokrati-
schen Krafte und Rechte der Bevolkerung drangenden Elemente der Kapi-
talistenklasse, Millionen und Abermillionen Mark haben die roaflgeblichen
Menopolkapitalisten seit Jahren in die Aufzucht dieser antidemokratischen
Organisationen investiert".
• In der Stadtteilzcitung 3/74, S. 15, des RBJ Hamburg-Harburg wurdc zustim-
mend bcrichtet, dafl ein CDU-Mitglicd aus einer Jugendzentrumsinitiative
durch MehrheitsbeschluB ausgeschlossen wurde.
• In Heft 3/74 der Zeitschrift "Kampfende Jugend" wurde zu Stdrversuchen
und gcwaltsamen Angriffcn von rechtsradikalen Jugcndlichcn festgcstellt:
"Im Gegensatz zu den Einrichtungen der biirger lichen Jugendpflege besteht
in unserer Organisation und ihrcn Einrichtungen und Veranstaftungen kcine
Freiheit Air die Feinde dcr Arbeiterklasse und der demokratischen Rechte
des Volkes".
Auf Grundlage dieser sieben Zitate wurde dem RBJ die Fordcrung entzogen
und der Bescheid der Hansestadt Hamburg durch das VC-Hamburg am 2.10.75
bestatigt.
(Die ZiUte sind der Urteilsbegriindung des VC-Hamburg entnommen).
unserer Verfassungsordnung' setzt das VG Hamburg die Verpf lichtung
auf die 'bestehende staatliche Ordnung'. Damit verlangt das VG Ham-
burg von den Jugendverbanden eine Verpf lichtung, die der 'besonderen
politischen Treuepf licht ' Hhnelt, die das Bundesverfassungsgericht
in seinem Beruf sverbotsbeschluB von den Beschaf tigten im offentlichen
Dienst erwartet: 'Die Treuepf licht gebietet, den Staat und seine
geltendeVerfassungsordnung, auch soweit sie in Wege einer Verfas-
sungsanderung veranderbar ist, zu bejahen. ' Wenn nun das VG Hamburg
auch die Jugendverbande auf die 'bestehende staatliche Ordnung' ver-
pflichten will, so bedeutet das - uberspitzt gesprochen - eine 'Ver-
beamtung der Jugendverbande'. Wie der Beamte seine Alimentation,
so verliert ein Jugendverband seine Zuschiisse, wenn er seine Pf licht
gegeniiber 'dem Staat und seiner geltenden Verfassungsordnung' ver-
nachlassigt ."
Der RBJ beantragte eine Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht ,
der das VG Hamburg wegen der grundsatzlichen Bedeutung der Entschei-
dung (Verscharfung gegeniiber dem SDS-Urteil von 1969) zustimmte.
Vor der Verhandlung schaltete sich der Oberbundesanwalt ein (ver-
tritt vor dem Bundesverwaltungsgericht die Interessen der Bundesre-
gierung).
In einem Schreiben vom 20.10.77 aufierte er sich wie folgt:
• Die Meinung der Bundesregierung sei, daB die Anerkennung nach JWG
§ 9 Abs. 1 einer weiten und freien Auslegung bediirfe und kein Be-
harren im Bestehenden zu verlangen sei.
• Interpretationen aus dem offentlichen Dienstrecht zur Auslegung
des § 9 Abs. 1 JWG seien nicht zulassig. DieTreuepf licht der Beam-
ten kbnne nicht ftir die Jugendverbande gelten.
• Die Entscheidung, ob ein Trager der freien Jugendhilfe die Gewahr
fur eine den Zielen des Grundgesetzes fbrderliche Arbeit bietet,
sei auf Grundlage des Gesamtbildes der Organisation oder Einrich-
tung zu treffen.
Das hat das VG Hamburg aber ebenso wenig geleistet wie die Hambur-
ger Jugendbehorde. Eine abschlieBende Beurteilung der Aberkennung
des Klagers sei daher nicht mbglich.
Das Bundesverwaltungsgericht entschied am 16.2.78, daS ein abschlies-
sendes Urteil nicht moglich sei, weil eben dieses "Gesamtbild" der
Organisation nicht vorliege, und hat die Sache zuriickverwiesen an
das Oberverwaltungsgericht in Hamburg, und zwar zur erneuten Tatsa-
chenverhandlung im Sinne einer "Gesamtwiirdigung" des Verbandes.
Damit ist zwar das Urteil des VG Hamburg aufgehoben, aber so gliick-
lich sind wir mit diesem Urteil nicht. Seit der Aberkennung sind nun
drei Jahre verstrichen und der ProzeB kostet ernorra viel Zeit und
Geld. U.a. hat die Aberkennung der Fbrderung dazu beigetragen, die
politischen Aktivitaten des RBJ fast total einzuschranken. Uns
ware es lieber gewesen, beschieden zu bekommen, dafi die kritisierten
XuSerungen des RBJ (siehe Kasten) durch Art. 5 GG und JWG § 9
Abs. 1 gedeckt sind. Das Bundesverwaltungsgericht und auch der Ober-
bundesanwalt haben sich um eine solche Entscheidung gedriickt, nicht
zuletzt wohl deshalb, weil eine Entscheidung sowohl fiir als gegen
den RBJ in der augenblicklichen Situation der Diskussion um den Ju-
gendhilfegesetz-Entwurf ein politisch heiSes Eisen ware.
Uns liegt die schriftliche Begrundung des Urteils noch nicht vor.
gobald wir diese haben, werden wir eine ausfiihrlichere Analyse geben.
- 95 -
damm-fege Hitner kahlmaas
nowrki ■ rabatsch ■ schon
jugendpolitik
in der krise
repressm und widerstand in
jugendfuisorge jugendverbanden
jugendzentien • heimemehung
Es erscheint mehr denn je
notig, verkiirzte Vorstel-
lungen iiber Resignation,
Apathie, Gleichgiiltigkeit,
Desinteresse und Aggres-
sion bei Jugendlichen zu
iiberdenken - waren darin
doch immer Formen von
Widerstand, Gegenwehr,
Verweigerung als Reaktio-
nen auf Verschlechterungen
ihrer Lebensverhaltnisse
enthalten.
Den Titel JUGENDPOLITIK
IN DER KRISE - im doppel-
ten Sinn von Wirtschafts-
krise und Krise der
Jugendpolitik - versuchen
die Beitrage dieses Buchs
zu konkretisieren. Exem-
plarisch werden Moglich-
keiten und Wirklichkeit
relevanter Bereiche der
Jugendhilfe untersucht:
- Willi Kahl, Wirtschafts-
krise und Jugendpolitik
- Udo Maas, Zur politi-
schen E ins chat zung von
Jugendarbeitsschutzgesetz
und Berufesbildungsgesetz
- Michael Nowicki, Staats-
gewalt und Jugendpolitik
- DietheM Damm/Bernhard
Schon, Repression gegen
Jugendzentren
- Damm/Fiege/Hubner,
Repression und Widerstand
in Jugendverbanden
- Manfred Rabatsch,
Jugendfiirsorge in der
Bundesrepublik
- Barbara und Axel Hiibner
Zur Wiedereinfiihrung ge-
schlossener Heime in
Hessen
216 Seiten, DM 9,80
Bestellungen bei:
VERLAG
JUGEND UND POLITIK
Hamburger Allee 49
6000 Frankfurt a. M. 90
Waltraud Maas, Ludwigshafen
HONORARKRAFTE SIND NICHT VOLLIG RECHTLOS!!
Durch Urteil des Landesarbeitsgerichtes (LAG) Rheinland-Pfalz steht
nun rechtskraf tig test, daB es sich bei Honorarkraften (HK) , die
als "freie Mitarbeiter" auf der Basis von Honorarvereinbarungen ein-
gesetzt werden, um Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsrechtes handelt.
1. ZUR SITUATION VON HONORARKRAFTEN
In sehr vielen Stadten wird ein GroBteil der Jugendarbeit von soge-
nannten HK getragen, die vorwiegend in Jugendf reizeitstatten, in der
Erziehungsberatung, in Spielwohnungen und auf Abenteuerspielpiatzen
eingesetzt werden. Honorarkraf te sind sowohl Leute, die sich noch in
einer Ausbildung befinden, als auch ausgebildete Sozialarbeiter, Pa-
dagogen und Psychologen. Durch die steigende Zahl der Arbeitslosen
- gerade auch in den sozialen Bereichen - bedeutet diese Tatigkeit
fur viele die einzige Absicherung ihrer materiellen Existenz.
Oblicherweise haben Honorarkraf te eine "Vereinbarung fiir freie Mitar-
beiter" unterschrieben, die auf der einen Seite keinerlei Rechte
fiir die Honorarkraf te beinhaltet und auf der anderen Seite auch die
Klausel enthalt, daB durch die Tatigkeit als Honorarkraft ein Arbeits
verhaltnis nicht begriindet ist. Der Einsatz von Honorarkraf ten hat
fiir die Stadt inf olgedessen zwei entscheidende Vorteile:
• Honorarkraf te sind weitaus billiger als fest angestellte Mitarbei-
ter. Sie erhalten je nach Vorbildung ein bestimmtes Stundenhonorar ,
wobei der Stadt keine weiteren Unkosten entstehen; denn Honorarkraf-
te haben nach den Vertragen weder Anspruch auf Sozialversicherung
(d.h. keine Renten- und Arbeitslosenversicherung) noch einen Ver-
giitungsanspruch fiir Urlaub, Fortbildung, Feiertage oder fur den
Krankheitsfall.
a Honorarkrafte haben keinen Kiindigungsschutz, d.h. politisch unbe-
queroe Honorarkrafte konnen kurzfristig entlassen werden.
2 ZUSTANDEKOMMEN DES OBEN GENANNTEN URTEILS DURCH KLAGE
GEGEN DIE STADT LUDWIGSHAFEN
Ab November 1976 war ich zusammen mit 3 anderen Honorarkraften in
einer Jugendeinrichtung der Stadt Ludwigshafen tHtig. Aufgrund unse-
es Versuches, zusammen mit den Jugendlichen auf die dort herrschen-
Aen Miflstande aufmerksam zu machen und diese abzuandern, kam es zu
Auseinandersetzungen mit der Stadt. Der Jugendraum wurde daraufhin
eeschlossen, und alle Honorarkrafte wurden am 24.3.77 fristlos ent-
lassen. Da es in diesem Bericht um die Situation von Honorarkraften
eht, mochte ich nicht naher auf die Entstehung und Zuspitzung des
Konf liktes zwischen der Stadt und dem Jugendclub eingehen.
- 97
Nach unserer Kiindigung reichte ich zusammen mit einem betroffenen Kol-
legen Klage beim Arbeitsgericht Ludwigshafen ein, urn zum einen die
Aufhebung der fristlosen Kiindigung, und zum anderen die Feststellung
eines Arbeitsverhaltnisses von Honorarkraften zu erwirken. Der Klage
wurde vom Arbeitsgericht stattgegeben, woraufhin die Stadt beim Lan-
desarbeitsgericht in Mainz Berufung einlegte. Dort fand am 23.2.78
die Verhandlung statt, das Urteil wurde mir jedoch erst jetzt in
seinen Entscheidungsgriinden bekanntgegeben. Das Beruf ungsgericht hat
zwar die Klage gegen die fristlose Kiindigung abgewiesen, aber gleich-
zeitig die Arbeitnehmereigenschaf t von Honorarkraften festgestellt.
Dies ist ein wichtiger Inhalt des Urteils, der interessant ist fur
alle Honorarkrafte, da dies eine grundlegende Verbesserung ihrer Si-
tuation bedeuten kann.
3. GEGEBENHEITEN, DURCH DIE EIN ARBEITSVERHALTNIS BEGRtJNDET IST
Fur die rechtliche Bewertung des Vertragsverhaltnisses ist es ohne
Bedeutung, was man nun in dem "Vertrag fiir freie Mitarbeiter" unter-
schrieben hat, es kommt vielmehr darauf an, ob die Art der Tatigkeit
der eines Arbeitnehmers entspricht. An dieser Stelle ist einzufugen,
dafi uns die OTV, in der wir Mitglied sind, keinen Rechtsschutz ge-
wahrt hat. Wortliches Zitat aus einem Schreiben des Rechtsschutzse-
kretariats der OTV in Speyer vom 5.5.77: "Es ist immer eine prekare
Angelegenheit, wenn man zunachst mit allem einverstanden ist und
im nachhinein von seiner unterschrif tlich erklarten Zustinmung ab-
weichen mochte." In dieser Haltung kommt die Verflechtung zwischen
Arbeitgeber und Gewerkschaft zum Ausdruck: der Oberbiirgermeister der
Stadt Ludwigshafen ist Mitglied der OTV, und der fiir unsere Kiindigung
verantwortliche Stadtjugendpf leger Nitsch ist Vorsitzender der So-
zialarbeitergruppe der OTV.
Aus dem Urteil des LAG geht jedoch hervor:
Fiir die Abgrenzung zwischen Arbeitsverhaltnis und freiem Dienstver-
haltnis kommt es weder auf die wirtschaf tliche Abhangigkeit an, noch
darauf, ob die Tatigkeit haupt- oder nebenberuf lich ausgeubt wird,
maflgeblich ist vielmehr die personliche "Abhangigkeit des Dienstlei-
stenden von einem Dienstherrn. Die personliche Abhangigkeit ergibt
sich zum einen aus der Weisungsgebundenheit und zum anderen aus der
Eingliederung in den Betrieb d.h. vorgegebene Arbeitszeit, Bestim-
mung des Arbeitsortes und keine vb'llig freie Gestaltungsmoglichkeit
der Art und des Umfanges der Arbeitsleistung".
In unserem Fall wurde noch als wesentlicher Umstand die Tatsache an-
gefiihrt, daB wir im Rahmen staatlicher Leistungsverwaltung tatig wa-
ren, d.h. uns waren Aufgaben ubertragen, zu deren Ausfiihrung die
staatlichen JugendSmter gemafi dem Jugendwohlf ahrtsgesetz verpflich-
tet sind. "Anders als bei Volkshochschulen sind in der Jugendarbeit
standige, gesetzlich festgelegte staatliche Aufgaben zu erfiillen,
die nicht von der Nachfrage der Bevolkerung abhangig sind. Die Ta-
tigkeit ist auf Dauer angelegt und in der Aufgabenstellung der staat-
lichen Jugendamter indiziert."
Alle Honorarkrafte, bei denen ahnliche Bedingungen vorliegen, soil-
ten sich zusammentun und in den einzelnen Stadten Arbeitskreise bil-
den, urn ihre Situation zu diskutieren und um sich mbgliche Vorgehens-
weisen zu uberlegen. So konnten sie zum Beispiel eine gemeinsame Sta-
98
LEHRERKALENDER 1978/79
Auch fur das neue Schuljahr gibt es ihn
wieder: den praktisch-padagogischen,
politisch nicht abstinenten, aber auch
witzigen Lehrerkalender: mit Notizen
zum Verhaltnis von AUtag, Schule und
Erziehung, mit konkreten Anregungen
fur den Unterricht, aber auch mit vielen
Daten zur taglichen Repression.
Der LK ist Gebrauchsbuch und Polit-
kaleidoskop zugleich - er soil Mut ma-
chen, auf Einschiichterungen wieder so-
lidarisch und politisch zu reagieren.
384 Seiten mit vielen Fotos sowie Ka-
rikaturen von Fritz Weigle. Kalenda-
rium von August 1978 bis Juli 1979.
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Ober die modeme Art zu leben. Oder:
Rationalisierung des Lebens in der mo-
demen Stadt. - Ein didaktischer Foto-
Essay, Grofiformat, 224 S., 190 S. mit
Abbildungen DM26,80
Technik und Tendenz der Montige
in der bildenden Kunst des 20. Jhs.
Annegret Jurgens-Kirchhoff untersucht
in diesem Band u.a. die Fotomontage
als Mittel politischer Aufklarung am
Beispiel John Heartfields.
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H. Gassner/E. Gillen (Hrsg.):
KULTUR UND KUNST IN DER
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Berichten mit zahlreichem Bildmaterial
einen Uberblick uber Kunst und Kultur-
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56 Seiten/DM 4.--
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LOSIGKEIT - GEGENWEHR
Analysen * Materialien * Erfahrungen
168 Seiten/DM 8,--
.M Vierieljahrlich erscheinen die Info's:
IHJ Schule/Gesundheitswcscn/Sozialarlicit
IC1 Verlagsprospckt anfordem
h= Monallich erscheinen die Zcitungen:
\SSJ " links " und " express
IC1 Probeexemplare anfordern
|El I 'ERLA G 2000. POSTFA CH 591
1=1 6o5 OFFENBACH 4; TELF.832593
4*£aRBEIT
Zeitschrift fiir Uimveltpohtik
Projek tgruppet i
>AKW und UmweltschuU<
im Sozialistischen Buro
WIRD OERTI VO&TS
AUCH 8EBEN.
MEIN STBAPRAUM 1ST
60RLEBEN
tusklage anstreben, durch die ihre Arbeitnehmereigenschaf t festge-
stellt werden soil. Sie kb'nnen zumindest Anspriiche geltend machen
auf Vergiitung derjenigen Stunden, die wegen der Feiertage ausgefal-
len sind, auf bezahlten Urlaub, sowie auf Lohnfortzahlung im Krank-
heitsfall.
Die Urteile konnen bei den Gerichten angefordert werden: Arbeitsge-
richt Ludwigshafen, Berlinerstr. 10, Geschaftszeichen: 3 Ca 656/77
und Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Mainz, Ernst-Ludwigstr. 1,
Geschaftszeichen: k Sa 439/77.
Wer noch bestinmte Informationen mochte, kann sich auch an mich wen-
den: Waltraud Maas, Seydlitzstr. 15, 67 Ludwigshafen.
STELLENSUCHE
I Wir, Sozialarbeiterpaar (27 u. 30 J) und 8 Kinder (8-14 J.) suchen
2 Erzieher/Sozialarbeiter (Paar? ), die mit uns zusammenleben und arbeiten
mochten und Erfahrung und Engagement mitbringen. Hermann Strohmeier,
Schlosserstr. 9, 49 Herford
i Sozialpadagoge(in) gesucht von einem Team, das mit jungerwachsenen
Mannern, die unter Bewahrung stehen oder aus der Haft entlassen sind,
arbeitet. Anfragen: Sudau-Haus, Greifenbergerstr. 50, 2 Hamburg 73,
Tel.: 040/6476845
> Sozialarbeiter, nicht ortsgebundcn, sucht ab Dezember 1978 Arbeitsstelle
(auch halbtags) im extramuralen sozialpsychiatrischen Bereich.
Praxiserfahrung vorhanden. Angebote unter Chiffre 7/23
i Sozialpadagogin (24) sucht interessante Tatigkeit im Bereich Jugendarbeit
Raum Ruhrgebiet. Ellen Hombergen, Bottcherstr. 30, 4272 Kirchhellen
| Sozialpadagogin sucht Jahrespraktikantenstelle zum 1.10.78 oder spater
im Raum Frankfurt/Darmstadt im Bereich vor- oder auBerschulischer
Erziehung, Gesundheitswesen. lrmgard Gerlach, Sandbergstr. 53,
61 Darmstadt
Sozialarbeiterin sucht ab 1.10. fur ein halbes Jahr Praktikumsstelle fiir
das Anerkennungsjahr im Bereich Hort, KinderUgesstatte oder Farailien-
fursorge im Raum DO, HB. E; Marga Boucher, Sandbergstr. 53,
61 Darmstadt
Sozialpadagoge sucht ab 1.9. Stelie als Zivildienstleistender (mdglichst
in Verbindung mit Anerkennungsjahr) im sozialpadagogischen Bereich
im Raum DO, HB, E; Michael v. Knobloch, Heidelbergerstr. 83,
61 Darmstadt
Sozialpadagogin (grad. und dipl.) sucht Arbeitsplatz in Berlin im Bereich
Heimerziehung, Hort oder Sozialpsychiatrie. Renate Fetzke, Schwabstr.12/1
74 Tubingen
Sozialpadagogin, 29, sucht ab September 1978 Alternativprojekt im Raum
Heidelberg (Randgrupperurbeit); Gisela Figge, Miihrenkamp 48
433 Muhlheim
Erzieherin, 26 sucht Stelie in Eltern-Kind-Gruppe
nicht ortsgebundcn; Telf. o5231/ 2757o
J
Monika Jaeckel, Miinchen
VEREIN FOR SOZIALWISSENSCHAFTLICHE
FRAUENFORSCHUNG/-PRAXIS GEGRDNDET
Am 11. /12. Februar 1978 fand in Darmstadt bereits die 3. Konferenz
von Sozialwissenschaftlerinnen statt, die sich auf dem 18. Deutschen
Soziologentag 1976 in Bielefeld organisiert hatten. Nachdem auf
der 1. und 2. Konferenz vorwiegend neue Ansatze einer f eministischen
Theorie und emanzipatorischen Praxis von Frauenf orschung sowie die
dazu notwendigen methodischen Ansatze diskutiert wurden, standen
beim Darmstadter Treffen in erster Linie Fragen der Organisation
im Vordergrund.
Das Plenum beschloB die Griindung des Vereins "Sozialwissenschaf tli-
che Forschung und Praxis fiir Frauen e.V.". Ziel dieser Organisation
ist es, interdisziplinare Forschung, Lehre und Praxis auf nationaler
und internationaler Ebene durch wissenschaf tliche Diskussion, Koor-
dination von Projekten, Inf ormationsaustausch und Veroff entlichun-
gen zu fordern.
Frauen haben inzwischen reichhaltige und differenzierte Erfahrungen
in der praktischen Arbeit mit Frauen gemacht. Sie haben VHS-Kurse,
Familienbildungsurlaub, Frauenumschulungsprojekte, Stadtteilfrauen-
treffen und Beratung, madchenspezif ische Ansatze in Jugendf reizeit-
heimen und in Schulen etc. durchgef iihrt . An verschiedenen Universi-
taten, PH1 s und FH's werden seit Jahren Frauenseminare veranstaltet ,
in denen versucht wird, die Problematik der Frauenemanzipation in
die mannlich beherrschte Hochburg des etablierten Wissenschaf tsbe-
triebs hineinzutragen. In zunehmendem MaBe wird die Frauenfrage Ge-
genstand von Diplom- und Doktorarbeiten. Trotz der groBen Bandbrei-
te dieser Erfahrungen fehlt den Frauen ein intensiver und koordinier-
ter Erfahrungsaustausch, eine kritische, kollektive Reflexion der
vorhandenen Ansatze, eine systematische Analyse und Theoriebildung
und daher eine weiterf iihrende und allgemeine politische Strategie
zur Frauenbef reiung.
Der Verein hat folgende Ziele:
( er will ein Verstandnis von Frauenf orschung dure
als emanzipatorische Forschung versteht, d.h. ei
schung, das nicht bei der Analyse von BewuBtsein
bleibt, sondern von der elementaren Veranderung
Situation der Frauen ausgeht. Das bedeutet, daB
schen Frauen als Wissenschaf tlerinnen und Frauen
von Wissenschaft inhaltlich und methodisch tende
werden muB. Erst wenn wir den widersprLichlichen
aller Frauen (namlich: verantwortlich zu sein fu
sellschaf tliche Reproduktion bei gleichzeitiger
Entwertung dieser Arbeit) durch Praxis und Fors
meine BewuBtsein heben, konnen wir die bisherige
hsetzen, das sich
n Konzept von For-
sinhalten stehen-
der unterdriickten
die Trennung zwi-
als Gegenstand
ntiell aufgehoben
Lebenszusammenhang
r die gesamtge-
gesellschaf tlicher
chung ins allge-
Aufarbeitung des
101
eigenen Leidens und die Analyse unserer - an mannlichen MaBstaben
gemessenen - defizitaren Lebenssituation in eine offensive Strate-
gic umwenden;
• durch den Zusammenschlufi in diesem Verein sollen unsere beruf li-
chen Interessen wirkungsvoller durchgesetzt werden. Beruf liche Dis-
kriminierungen von Sozialwissenschaf tlerinnen - dazu gehoren alle
Disziplinen, die sich mit Gesellschaf tswissenschaft befassen - und
in den Praxisfeldern arbeitenden Frauen miissen offentlich gemacht
werden, ebenso die Verweigerung von feministischen Forschungspro-
jekten und Lehrinhalten. Wir werden uns Strategien zur Beseitigung
der Diffamierungen und Unterdriickungen von Frauen erarbeiten.
• der Verein ist die Voraussetzung fur eine Organisation, die die
Isolierung der Frauen in der Wissenschaft und in den sozialwissen-
schaftlichen Praxisfeldern aufhebt. Geplant ist der Aufbau eines
Frauenarchivs, eines Informationsdienstes fiber laufende und geplan-
te Projekte, iiber angebotene Stellen. Geplant ist eine Zeitschrift
als Forum fur unseren wissenschaf tlichen Diskussionszusammenhang
und Erfahrungsaustausch;
• der Verein will prinzipiell interdisziplinare Forschung fordern,
da Frauenforschung und -praxis sicb nicht in gangige Disziplinen
und Berufs.zweige einordnen lassen. Hierzu gehort auch der Erfah-
rungsaustausch und die Schwerpunktbildung spezieller Beruf sgruppen.
Das alles erfordert die aktive Mitarbeit moglichst vieler Frauen.
Als nachste Schritte sind geplant:
1. Einrichtung regionaler Arbeitskreise. In Munchen und Bielefeld
arbeiten bereits Gruppen;
2. Informationsaustausch durch Aufbau des Frauenarchivs (in Dort-
mund ist bereits ein Anfang gemacht) und Verbreitung der bereits
erarbeiteten Materialien;
3. ein KongreB zum Thema "Feministische Theorie und Praxis in sozia-
len und padagogischen Beruf sfeldern" vom 24.-26. November 78
in K81n.
"FEMINISTISCHE THEORIE UND PRAXIS IN SOZIALEN UND
PADAGOGISCHEN BERUFSFELDERN".
Geplant ist ein Arbeitstreffen von Frauen, die feministische Inhal-
te in ihrer Berufspraxis umzusetzen versuchen.
Emanzipatorische PraxisansStze in der Madchen- und Frauenarbeit wer-
den xm Rahmen von Gemeinwesen- und Stadtteilarbeit, im Beratungsbe-
reich, in der Eltern- und Erwachsenenbildung, in Jugendf reizeitpro-
jekten, im Kindergarten und in der Schule etc. inzwischen an vielen
Stellen entwickelt.
Oft fehlt es den einzelnen Frauen oder Gruppen mit ihren Versuchen
Sozial- Oder padagogische Arbeit an den BedUrfnissen und Interessen
von Frauen und Madchen auszurichten, an Konmunikationsmbglichkeiten
mit anderen, die Ahnliches versuchen.
Der KongreB soil Gelegenheit geben zum intensiven Erfahrungsaustausch
aus der Vielfalt f emimstischer Berufspraxis.
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Einige sich schon abzeichnende Themenschwerpunkte:
• Prinzipien f eministischer Padagogik
(Parteilichkeit fiir Madchen versus "Gleichbehandlung", Sensibili-
sierung fiir die "unauf falligen" madchenspezif ischen Widerstands-
formen versus einer Padagogik, die sich an Auf f alligkeit/Storen/
Kultur der Lauten ausrichtet etc.)
• Feministische Einschatzungen und Strategien gegeniiber herrschender
Familienpolitik
• Die geschichtliche Entwicklung und Funktion von Sozialarbeit als
Vergesellschaftung der Frauenrolle/Professionalisierung von Haus-
arbeit.Probleme zwischen Sozialarbeiterinnen/Erzieherinnen einer-
seits und Miittern, Sozialhilfeempf angerinnen andererseits etc.
• Mutter-Kind-Bundnis als Basis fiir gesellschaf tlichen Widerstand
Einschatzung der Widerstandsmbglichkeiten im Reproduktionsbereich
• Ansatze einer handlungsbezogenen Bildungsarbeit mit Frauen
• Feministische Forschungsmethoden
Prinzipien und Durchsetzungsstrategien von an der Praxis orientier-
ter feministischer Forschung
Die Themen sind hervorgegangen aus dem praktischen und theoretischen
Zusammenhang aktueller Projekte, werden also im Zuge einer breiten
Beteiligung von Frauen an dem KongreB auch ihre Erweiterung finden.
Der KongreB soil am Freitag, den 24.11 abends mit mehreren parallel
laufenden Vortragen beginnen, am Samstag, den 25. 11. mit vorbereite-
ten Arbeitsgruppen (Thesenpapiere/Ref erate/detailliert'e Praxisberich-
te) zu einzelnen Fragestellungen fortgefiihrt werden (abends natiirlich
ein rauschendes Frauenfest), und am Sonntag, den 26.11. mit der er-
sten ordentlichen Mitgliederinnenversammlung des Vereines "Sozial-
wissenschaf tliche Forschung und Praxis fur Frauen e.V.", auf der
iiber Sinn und Zweck des Vereins, Zielsetzung und Vorgehensf ragen dis-
kutiert werden soil, schlieflen. (Wer mochte ist aufgerufen, dem Ver-
ein beizutreten).
Frauen, die Interesse haben, eigene Praxis- oder Forschungsansatze
darzustellen und mit anderen zu diskutieren, sollen ihre Beitrage
bis zum 30. September anmelden (kurze Inhaltsangabe, angeben ob Vor-
trag oder Arbeitsgruppenbeitrag).
Alle interessierten und engagierten Frauen sind herzlich eingeladen.
Wir wollen mit unserer beruflichen Konmunikation und Organisierung
beginnen!
Koordination der Beitrage fiir
Kontaktadresse des Vereins:
Cr Carola Moller den KongreB:
Herwarthstr. 22 Monika Jaeckel c/o
Deutsches Jugendinstitut
Saarstr. 7. 8000 Miinchen 40
Tel. 089-38183239
5000 Koln 1
Tel.-: 0221-731037
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JUGENDPOLITISCHES FORUM
ZUM 6. DEUTSCHEN JUGENDHILFETAG
Gruppen und Initiativen, die am 6. DJHT vom o ini (« ra
und Sich aufgrund ihrer Alltagserfa bingiTZ j'jLnd Z^^^
|der Jugcndpolifk des biirgerlichen Staafes ,usdZeLZn haben h "*
einem Jugendpolitischen Forum zum 6. Deutschen Wendhil'f , *"
geschlossen. "eutschen Jugendhilfetag zusammen-
Mittlerweile haben zwei Vorbereitunestreffen i„ v. i . c _,
die Moglichkei.en genauerer VoST.1 f stattgefunden, auf denen
ku,ierl wurde, Die VomE^S^ Z^ZT^^T^ ^
ten" und zu 3£S£KK^^%
zum geplanten jugendhilfetag, siehe "links" Nr 97 "eJlungnahine
In offenen Briefen v. 16.4 und 11 6 an Hip An a t a
eincr s.Hrtrpr,.,, p , i- AGJ wurden Forderungen nach
Xn F , J ,gUng V°n Betroffen™ »"d der Gruppen des Jugendpoliti-
•chen Forums be, den geplanten Veranstahungen artikuliert. P
' Offenen r" "'^T" "^ ^ «** V°" der AGJ Portulicrte Prinzip eines
spieleln darUfge H UgCSu ** "^ ™ im "Markt dcr Jugendhilfe" wider-
sp.egeln darf sondern auch inhaltlich in den zentralen Veranstahungen. Ob die
A,V,, A Bundcsregieru«g aus Angst vor den zu erwartenden inhaltliehen
Ause.nandersetzungen in letzter Minute nicht doch noch von dem Prinzip
Oflencr Jugendhilfetag" abweichen werden, wird sich zeigen miissen.
«.ni;?encPu SChe/0rUm WM auf J'eden Fa» seine Vorbereitungen und die
geplanten Schntte offentlich machen. Dies erfolgt u.a. durch eine regelmafiige
Bcncnterstattung ,n pad.extra Sozialarbeit (erscheint monatlich); iiber die Redak
tion lautt auch die zentrale Koordination.- Jugendpolitisches Forum
c/o pad.extra Sozialarbeit, Postfach 119086, 6 Frankfurt.
Gruppen, Initiativen und einzelne, die sich an den Vorbereitungen beteiligen
wollen, wenden sich an die jeweilige Kontaktadresse:
mfmp8i6EllVii7G: Ma"fred RabatSCh' Gro6b^e„str. 56a, 1 Berlin 61,
JUGENDHILFERECHT: Stefan Peil, FHS K6I„, Fachbereich Sozialarbeit,
Honnmger Weg 115, 5 Koln 51, 0221/32 73 51
LR^I°N IM SOZIALBEREICH: Arbeitsfeld Sozialarbeit, Postfach 591,
605 Offenbach, 0611/83 25 93
JUfinr,NnDp EN,TfREN.; W°'fgang HatSChCr' C/° BDP H«s™. Hamburger Allee 49,
6000 Frankfurt/Main 90, 0611/77 90 10
KlNc?^1N£1AlIVfE?:~ Westb"lin" Kindertage - Vorbereitungsgruppe
a/KSSKSKS* K6nigstraflc 43' J00° Berlin 3^
OT^lJU4?E0N3D0?6R0f4I0T21,anfred ^^ »™ *« "*"' ^"^ 5°
Das nachste Vorbereitungstreffen findet am 2S./24. September in Koln statt.
Protokolle der heiden Vorbereitiin»«trpff»„ .. j j-
a . '"""-reitungstrellen und die offenen Br efr an dip API
werden Interesscnten geeen Vor.insendim,, ., ^.. ""L"cn DrI£IC ^ die AOJ
Soz.a.arbeU ,m ~^£Z£22lg?£ SSg^ZL.