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Ausserdem:
Arbeitslose Sozialarbeiter? -Fragen zur Berufsprognostik
-^ Treffen der Arbeitslosen-Selbsthilfeinitiativen -^
Angriff auf die Autonomic der Jugendverbande-^ Heim-
erziehung -^- Materialien und Kleinanzeigen
16
Offenbach im Marz 1977
Einfachnummer - Preis DM 5,—
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Kur
Plakat 2
te "Info
INFO SOZIALARBEIT, Heft 16
INHALT
Vorbemerkung zu dieser Ausgabe
AKS Bielefeld
Ausgewahlte Aspekte der Entwicklung der DTV
und ihrer Konkurrenzorganisationen
Aufbau und Struktur der 0TV
Einschatzung und Kritik der
organisatorischen Struktur der DTV
AKS Frankfurt
Die Entwicklung der Fachgruppe "Sozialarbeit"
in der DTV Frankfurt
Gewerkschaftsarbeit in der Dienststelle
Vertrauensleutearbeit in der Sozialverwaltung Frankfurt
AKS Bielefeld
Vertrauensleutearbeit bei der Stadtverwaltung Bielefeld
Ansatze fur eine Gewerkschaftsarbeit in der DTV
Erhard Wedekind,. Kbln
Gewerkschaftsarbeit und politische Organisierung
von Sozialarbeitern
Rolf Landwehr, Westberlin
Wider den linken Caritativismus
Titnm Kunstreich, Hamburg
Los kiinftiger Sozialarbeiter = Arbeitslos?
- Fragen zur Berufsprognostik -
Arbei tsl oseni ni ti ati ven-Tref f en
Bund Demokratischer Jugend
Angriff auf die Autonomic der Jugendverbande
Projektgruppe Heimerziehung, Frankfurt
Die "sauberen" Methoden des International en Bundes
fur Sozialarbeit
Koordinationsstelle fiir Wohngemeinschaften
Sozialpolitisches Aktions- und Informationszentrum
Arbeitstagung "Heimerziehung"
Materi al i en/Kl ei nanzei gen
Se-
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Seite
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Seite
41
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Seite
61
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65
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77
Seite 83
Seite 85
Seite 89
Seite 90
Seite 91
Seite 92
Das Blatt
fur die Praxis.
VORBEMERKUNG ZU DIESER AUSGABE
OberSOOO
haben uns schon abonniert!
und es werden sicherlich noch einige Unser Jahresabokostet38,- DM, fiir Leute
dazukommen! Denn: pad. extra sozialar- die gleichzeitig pad. extra abonmeren,
beit ist keine Zeitschrift fur eine anonyme ganze 20 DM!
Lesermasse, sondernein aktuelles Blatt aus -JLr
der Praxis fur Praxis. Lesbar und Aktuell.
Wh bringt pld.«rtr« soziafarbeft?
Verstandliche Beitrage mit Gebrauchswert
fiir die tigliche praktische Arbeit
_ aktuelle Praxisberichte und -informa-
tionen, . . . .
- Dokumentationsdienst wicntiger Ar-
beitsmaterialien,
- Kommunikations-Markt fur Leser
- Archiv mit aktuellen .Jtistonschen
Tex ten,
- Hinweise und Besprechungen neuer
Bucher,
- Daten und Fakten als Argumentattons-
_ Praktisches Lexikon der Sozialarbeil
auf Karteikarten.
Das game zwolfmal im Jahr, jeweils mit
40 Seiten.
Und: Wer abonniert, der bekommt aUe
bisher erschienen Hefte nachgeliefert.
Hefte mit Beitragen und Themen wie
z.B.
- ^Gasf'arbeiterundSozialarbeit
Ober das Spanische Zentrum in Essen
- Repression und Widerstand im Sozial-
bereich
- Jugendhilfe und Schule - oder ist
Schulsozialarbeit ein Ausweg aus der
Misere?
- oder iiber Politische Liedermacher,
dem neuen alten Strafvollzugsgesetz
und viele andere Beitrage
Von Autoren wie z.B. Manfred Rabatsch,
Marianne Kokigei, Erhard Wedekind
Jiirgen Roth, Ursula Krechel, Peter Paul
Zahl, Manfred Liebel . . .
BESTELLUNGEN AN:
PAD' EXTRA SOZIALARBEIT
Postfach 11 9o 86 , 6ooo Frankfurt 2
*
Als linker Kollege muB man in die Gewerkschaft gehen. In einer Zeit
in der die burger-lichen Rechte immer mehr eingeschrankt, in der die
Reste von KlassenbewuBtsein aus den Gewerkschaften herausgesaubert
werden, muB der linke fortschri ttliche Arbeiter und Anqestellte erst
recht in die Gewerkschaft gehen." miBestei.ite ersi
So Oder ahnlich lauten die Begrundungen, fragt man aktive Kollegen,
warum sie in der OTV organisiert sind.
Die Situation im Sozialbereich -
SparmaBnahmen fur pa'dagogische Programme.Planstellenstop und -kurzung-
en, zunehmende Arbei tslosigkeit fur Erzieher und Sozialarbeiter.Ver-
scha'rfung des Arbei tsdruckes durch Erhbhung der Gruppenstarken bzw.
der Fallzahlen, fehlende Praktikantenstellen, Rationalisierungsten-
denzen, Angriffe auf die Ausbildungsinhalte und -formen durch die Kom-
munalen Arbei tgeberverbande, Aushbhlung der Jugend- und Sozialarbeit
z.B. durch Einfuhrung der Jugendpolizei , verstarkte Kontrolle und Dis-
ziplinierung fortschrittlicher Arbei tsansatze -
macht es uberdeutl ich: diesen Angriffen auf die Lebens- und Arbeits-
bedingungen von "Klientel" und Sozial arbeiter kann nur organisiert
begegnet werden. Alleine ist man dieser Situation ziemlich ausgelie-
fert und die meisten passen sich den vera'nderten Bedingungen an und
gedenken zu uberwintern.
"Oa was soil ich auch in der OTV, was geschieht uenn dort an GegenmaB-
nahmen?" "Ich besuche lieber die Seminare des Berufsverbandes, die
sind jetzt auch tariffahig, mehr interessiert mich nicht"
Typische Antworten einer Vielzahl von Kollegen.
Betrachtet man die offizielle Gewerkschaftspoliti k, so kann man nicht
nur feststellen, daS der Politik der standischen Organisationen kaum
etwas entgegengesetzt wird, was die OTV als Interessenorganisation fiir
die Kollegen attraktiv macht, weitaus schl immer: dort wo Kollegen aktiv
geworden sind, gemeinsam begonnen haben ihre Interessen zu vertreten
und es mit der innergewerkschaftlichen Demokratie sehr genau nehmen,
reagiert der Gewerkschaftsapparat mit Ausschlussen und Auflbsungen.
GEWERKSCHAFTSAUSSCHLtTSSE
Die Gewerkschaftsausschlusse stehen in direktem Zusammenhang mit der
vom Staat betriebenen Kampagne gegen Sozialisten und Kommunisten im
Staatsdienst. Parallel zu dem RadikalenerlaB im Dffentlichen Dienst
haben die DGB-Gewerkschaften die Unvereinbarkei tsbeschlusse formuliert,
die sich nicht nur gegen Kollegen richten, die Mitglied einer Kommun-
istischen Organisation sind, sondern auch gegen Kollegen, die das
Prinzip der innergewerkschaftlichen Demokratie nicht nur im Munde fiih-
ren, sondern in der Arbeit anwenden und damit in Konflikt mit dem
- 3 -
Gewerkschaftsapparat geraten.Herausragendes Beispiel ist die Kinder-
qartnerin Heidemarie Bischoff-Pflanz aus Westberlin. Sie trat 1963 in
die DTV ein, engagierte sich stark fur den sozialpadagogischen Bereich,
wurde in den Personal rat gewahlt und 1967 in den Vorstand der Abtei-
lunq Sozialarbeit. Von 1971 bis zu ihrem AusschluB 1975 war sie Vor-
sitzende der Abteilung. Ihr "gewerkschaftsschadigendes Verhalten be-
stand darin, daB sie ihrem Amt gemaB zwei Vollversammlungen der Ab-
teilung leitete, auf denen per Abstimmung (fast einstimmig) das Gast-
recht fUr Mitglieder.gegen die ein Ausschl uBverfahren lief, durchge-
setzt wurde.
Heidemarie Bischoff-Pflanz nahm ihren GewerkschaftsausschluB nicht
kamDflos hin und trug ihren Fall mit UnterstUtzung der Kollegen durch
alle gewerkschaftlichen Instanzen bis zum Gewerkschaftstag. Sie war
eine von 22 Fallen, die auf dem Gewerkschaftstag vom 13. - 18.6.1976
in Hamburg zur endgultigen Entscheidung anstanden.Diese 22 Falle waren
der bescheidene Rest von liber 4oo AusschluBverfahren.
• In mehr als 4oo Fallen ist vom Hauptvorstand der 0TV ein AusschluB-
verfahren beschlossen worden;
I Nur noch mit 12o dieser Falle hatte sich der GewerkschaftsausschuB
zu bescha'ftigen.
• Obriggeblieben sind davon lediglich 22 Falle, die dann dem Gewerk-
schaftstag zur Entscheidung vorgelegt wurden
Doch auch diese 22 Falle waren dem Gewerkschaftstag zu viel. Kurzer-
hand entmachtete er sich selbst, beschloB eine Satzungsanderung und
schuf die letzte Beschwerdeinstanz ab. Das Ganze nennt sich dann
i nnergewerkschaf tl i che Demokrati e.
AUFLOSUNG DER FACHGRUPPEN
Da aber nicht alle aktiven Mitglieder ausgeschlossen werden konnen,
irgendwo mussen ja noch die Beitrage herkommen, greift man zu anderen
Mitteln urn Ruhe und Ordnung fur die sozialpartnerschaftliche Pontile
aufrechtzuerhalten: die Auflbsung und Verhinderung der Bildung von
Fachgruppen. Beispiele:
4 -
• Frankfurt 1974: Auflbsung der Fachgruppe nach dem Rlicktritt des
Fachgruppenvorstandes; versch. Initiativen zur Wie-
der-einrichtung blieben bisher erfolglos(siehe S.27)
■
• Westberlin 1975: Umstrukturierung der Arbeit: vom Mi tgliederversam-
mlungsprinzip zum Betriebsgruppenprinzip und damit
faktisch zur Auflbsung der Fachgruppe
• Kbln Oktober 1976: Mitgliederversammlungen werden verhindert
t Mlinster November 1976: obwohl 12o aktive Kollegen eine Mitglieder-
versammlung auf Fachgruppenebene forderten,
wurde ihnen die Anerkennung als Fachgruppe
bisher verweigert
• Flensburg Dezember 1976: CTv-Kreisvorstand beschlieBt in einer a.o.
Sitzung die Auflbsung der Fachgruppe
Eine Analyse der verschiedenen Beispiele zeigt das gleiche Strick-
muster^ach dem auch die Fachgruppe in Frankfurt (deren Entwicklung
wir als exemplarisches Beispiel ausfiihrlich dokumentiert haben)
liquidiert worden ist.
Ist die Verankerung der im Sozialbereich arbeitenden Kollegen in der
DTV und umgekehrt noch relativ gering, la'Bt man den aktiven Gewerk-
schaftsmitgliedern viel Spielraum, der sich aber zunehmend verringert,
je starker die Fachgruppe wird.je eindringlicher Interessen artikuliert
und durchgesetzt werden wollen.
Auseinandersetzungen liber verabschiedete Resolutionen und deren Ver-
breitung, Auseinandersetzungen Liber die Handhabung des Prinzips inner-
gewerkschaftlicher Willensbildung kehren immer wieder bzw. werden vom
Apparat anschlieBend administrate gelbst. Die Ruhe scheint bis auf
weiteres wiederhergestellt. Ob die Glaubwurdigkeit der Organisation
darunter leidet Oder der Organisationsgrad und die Motivation der
Kollegen sich aktiv fur ihre Interessen einzusetzen, zuruckgeht,kiim-
mert kaum einen Funktionar.
Trotz aller Kritik an und alien MiSstanden in den Gewerkschaften und
obwohl sich eigentlich der personell mehrheitlich sozialdemokratisch
besetzte Apparat oft genug "gewerkschaftsschadigend" verhalt und in
den obigen Fallen die "Wahrung der beruflichen und fachlichen Inte-
ressen" der Mitglieder verhindert, mu3 flir Sozialisten klar sein.daB
sie auch unter erschwerten Bedingungen eine konsequente an den ge-
werkschaftlichen Interessen orientierte Arbeit vorantreiben mussen.
D.h.
1. daB wir eintreten flir das Prinzip der Einheitsgewerkschaft und alle
weiteren Schritte zur Richtungsgewerkschaft bekampfen werden;
2. daB wir dafiir eintreten,die Isolierung und Zersplitterung der im
Sozialbereich Beschaftigten versuchen auf gewerkschaftlicher Ebene
aufzuheben;
3. daB wir Kontakt und die Zusammenarbeit mit Kollegen aus anderen
Bereichen im Dffentlichen Dienst starker als in der Vergangenheit
anstreben.
- 5 -
Das Blatt
fur die Praxis.
VORBEMERKUNG ZU DIESER AUSGABE
Ober 5000
haben uns schon abonniert!
. . . und cs werden sicherlich noch einige
dazukommen! Denn: pad. extra sozialar-
beit ist keine Zeitschrift fur eine anonyme
Lesermasse, sondernein aktuelles Blatt aus
der Praxis fur Praxis. Lesbar und Aktuell.
Ww bring* ptt. extra sazialartMsit?
Verstandliche Beitrage mit Gebrauchswert
fur die tagliche praktische Arbeit
- aktuelle Praxisberichte und -mforma-
tionen, .
- Dokumentationsdienst wichtiger Ar-
beitsmaterialien,
- Kommunikations-Markt fur Leser,
- Archiv mit aktuelle n „historischen
Texten,
- Hinweise und Besprechungen neuer
Biicher,
- Daten und Fakten als Argumentations-
hilfen, .
- Praktisches Lexikon der Sozialarbeit
auf Karteikarten.
Das ganze zwblfmal im Jahr.jeweils mit
40 Seiten.
Unser Jahresabokostet 38, DM, fur Leute
die gleichzeiiig pad. extra abonnieren,
aanze 20 DM!
•
Und Wer abonniert, der bekommt atie
bisher erschienen Hefte nachgeliefert.
Hefte mit Beitragen und Themen wie
Gasf'arbeiter und Sozialarbeit
fjber das Spanische Zentrum in Essen
_ Repression und Widersland im Sozial-
bereich
Jugendhilfe und Schule - Oder ist
Schulsozialarbeit ein Ausweg aus der
Misere?
_ oder iiber Politische Liedermacher,
dem neuen alten Strafvollzugsgesetz
und viele andere Beitrage
Von Autoren wie z.B. Manfred Rabatsch,
Marianne Kokigei, Erhard Wedekind,
Jiirgen Roth, Ursula Krechel, Peter Paul
ZaW, Manfred Liebel . . .
BESTELLUNGEN AN:
PAD' EXTRA SOZIALARBEIT
Postfach 11 9o 86 , 6000 Frankfurt 2
*
Als linker Kollege muB man in die Gewerkschaft gehen. In einer Zeit
in der die burger! ichen Rechte immer mehr eingeschrankt, in der die
Reste von KlassenbewuBtsein aus den Gewerkschaften herausgesa'ubert
werden, muB der linke fortschri ttl iche Arbeiter und Angestellte erst
recht in die Gewerkschaft gehen."
So Oder ahnlich lauten die Begrundungen, fragt man aktive Kollegen
warum sie in der DTV organisiert sind.
Die Situation im Sozialbereich -
SparmaBnahmen ftir padagogische Programme, Planstellenstop und -kurzung-
en, zunehmende Arbei tslosigkeit fl'r Erzieher und Sozialarbei ter.Ver-
scha'rfung des Arbei tsdruckes durch Erhbhung der Gruppenstarken bzw.
der Fallzahlen, fehlende Praktikantenstel len, Rationalisierungsten-
denzen, Angriffe auf die Ausbildungsinhal te und -formen durch die Kom-
munalen Arbeitgeberverbande, Aushbhlung der Jugend- und Sozialarbeit
z.B. durch Einfiihrung der Jugendpolizei , verstarkte Kontrolle und Dis-
ziplinierung fortschrittlicher Arbei tsansatze -
macht es uberdeutlich: diesen Angriffen auf die Lebens- und Arbeits-
bedingungen von "Klientel" und Sozialarbeiter kann nur organisiert
begegnet werden. Alleine ist man dieser Situation ziemlich ausgelie-
fert und die meisten passen sich den veranderten Bedingungen an und
gedenken zu uberwintern.
"Ja was soil ich auch in der DTV, was geschieht aenn dort an GegenmaB-
nahmen?" "Ich besuche lieber die Seminare des Berufsverbandes , die
sind jetzt auch tariffahig, mehr interessiert mich m'cht"
Typische Antworten einer Vielzahl von Kollegen.
Betrachtet man die offizielle Gewerkschaftspolitik, so kann nan m'cht
nur feststellen, daB der Politik der standi schen Organisationen kaum
etwas entgegengesetzt wird, was die OTV als Interessenorganisation fur
die Kollegen attraktiv macht, weitaus schlimmer:dort wo Kollegen aktiv
geworden sind, gemeinsam begonnen haben ihre Interessen zu vertreten
und es mit der innergewerkschaftl ichen Demokratie sehr genau nehmen,
reagiert der Gewerkschaftsapparat mit Ausschliissen und Auflbsungen.
GEWERKSCHAFTSAUSSCHLDSSE
Die GewerkschaftsausschlLisse stehen in direktem Zusammenhang mit der
vom Staat betriebenen Kampagne gegen Sozialisten und Kommunisten im
Staatsdienst. Parallel zu dem RadikalenerlaB im Dffentl ichen Dienst
haben die DGB-Gewerkschaften die Unvereinbarkeitsbeschlusse formuliert,
die sich nicht nur gegen Kollegen richten, die Mitglied einer Kommun-
istischen Organisation sind, sondern auch gegen Kollegen, die das
Prinzip der innergewerkschaftl ichen Demokratie nicht nur im Munde fu'h-
ren, sondern in der Arbeit anwenden und damit in Konflikt mit dem
- 3 -
Gewerkschaftsapparat geraten.Herausragendes Beispiel ist die Kinder-
gartnerin Heidemarie Bischoff-Pflanz aus Westberlin. Sie trat 1963 in
die OTV ein, engagierte sich stark fur den sozialpadagogischen Bereich,
wurde in den Personal rat gewahlt und 1967 in den Vorstand der Abtei-
lung Sozialarbeit. Von 1971 bis zu ihrem AusschluB 1975 war sie Vor-
sitzende der Abteilung. Ihr "gewerkschaftsschadigendes Verhalten' be-
stand darin, daB sie ihrem Amt geraa'B zwei Vollversammlungen der Ab-
teilung leitete, auf denen per Abstimmung (fast einstimmig) das Gast-
recht fur Mitglieder, gegen die ein AusschluBverfahren lief, durchge-
setzt wurde.
Heidemarie Bischoff-Pflanz nahm ihren GewerkschaftsausschluB nicht
kampflos hin und trug ihren Fall mit Unterstlitzung der Kollegen durch
alle gewerkschaftlichen Instanzen bis zum Gewerkschaftstag. Sie war
eine von 22 Fallen, die auf dem Gewerkschaftstag vora 13. - 18.6.1976
in Hamburg zur endgultigen Entscheidung anstanden.Diese 22 Falle waren
der bescheidene Rest von Liber 4oo AusschluBverfahren.
• In mehr als 4oo Fallen ist vom Hauptvorstand der OTV ein AusschluB-
verfahren beschlossen worden;
• Nur noch mit 12o dieser Falle hatte sich der GewerkschaftsausschuB
zu beschaftigen.
I Obriggeblieben sind davon lediglich 22 Falle, die dann dem Gewerk-
schaftstag zur Entscheidung vorgelegt wurden
Kurzer-
Doch auch diese 22 Falle waren dem Gewerkschaftstag zu viel.
hand entmachtete er sich selbst, beschloB eine Satzungsa'nderung und
schuf die letzte Beschwerdeinstanz ab. Das Ganze nennt sich dann
innergewerkschaftliche Demokratie.
AUFLOSUNG DER FACHGRUPPEN
Da aber nicht alle aktiven Mitglieder ausgeschlossen werden kbnnen,
irgendwo mu'ssen ja noch die Beitra'ge herkommen, greift man zu anderen
Mitteln.um Ruhe und Ordnung fiir die sozialpartnerschaftliche Politnk
aufrechtzuerhalten: die Auflbsung und Verhinderung der Bildung von
Fachgruppen. Beispiele:
- 4 -
• Frankfurt 1974: Auflbsung der Fachgruppe nach dem RLicktritt des
Fachgruppenvorstandes; versch. Initiativen zur wie-
der-einrichtung blieben bisher erfolglos(siehe S.27)
• Westberlin 1975: Umstrukturierung der Arbeit: vom Mi tgliederversam-
mlungsprinzip zum Betriebsgruppenprinzip und damit
faktisch zur Auflbsung der Fachgruppe
I KSln Oktober 1976: Mitgliederversammlungen werden verhindert
• Mlinster November 1976: obwohl 12o aktive Kollegen eine Mitglieder-
versammlung auf Fachgruppenebene forderten,
wurde ihnen die Anerkennung als Fachgruppe
bisher verweigert
I Flensburg Dezember 1976: OTV-Kreisvorstand beschlieBt in einer a.o.
Sitzung die Auflbsung der Fachgruppe
Eine Analyse der verschiedenen Beispiele zeigt das gleiche Strick-
muste^nach dem auch die Fachgruppe in Frankfurt(deren Entwicklung
wir als exemplarisches Beispiel ausflihrlich dokumentiert haben)
1 i qui diert worden ist.
Ist die Verankerung der im Sozialbereich arbeitenden Kollegen in der
OTV und umgekehrt noch relativ gering, la'Bt man den aktiven Gewerk-
schaftsmi tgliedern viel Spielraum, der sich aber zunehmend verringert,
je starker die Fachgruppe wird.je eindringl icher Interessen artikuliert
und durchgesetzt werden wollen..
Auseinandersetzungen liber verabschiedete Resolutionen und deren Ver-
breitung, Auseinandersetzungen Liber die Handhabung des Prinzips inner-
gewerkschaftl icher Willensbildung kehren immer wieder bzw. werden vom
Apparat anschlieBend administrativ gelbst. Die Ruhe scheint bis auf
weiteres wiederhergestell t. Ob die Glaubwlirdigkei t der Organisation
darunter leidet oder der Organisationsgrad und die Motivation der
Kollegen sich aktiv fur ihre Interessen einzusetzen, zurlickgeht.klini-
mert kaum einen Funktionar.
Trotz aller Kritik an und alien MiBstanden in den Gewerkschaften und
obwohl sich eigentlich der personell mehrheitlich sozialdemokratisch
besetzte Apparat oft genug "gewerkschaftsscha'digend" verhalt und in
den obigen Fallen die "Wahrung der beruflichen und fachlichen Inte-
ressen" der Mitglieder verhindert, muB fiir Sozialisten klar sein.daB
sie auch unter erschwerten Bedingungen eine konsequente an den ge-
werkschaftlichen Interessen orientierte Arbeit vorantreiben mu'ssen.
D.h.
1. daB wir eintreten fur das Prinzip der Einheitsgewerkschaft und alle
weiteren Schritte zur Richtungsgewerkschaft bekampfen werden;
2. daB wir dafur eintreten, die Isolierung und Zersplitterung der im
Sozialbereich Beschaftigten versuchen auf gewerkschaftl icher Ebene
aufzuheben;
3. daB wir Kontakt und die Zusammenarbeit mit Kollegen aus anderen
Bereichen im Offentlichen Dienst starker als in der Vergangenheit
anstreben.
Dieser Zielsetzung dient u.a. der Info mit dem Schwerpunktthema"Ge-
werkschaftsarbeit in der OTV".
Wir haben versucht, die historische Entwicklung und die Orgamsatnons-
struktur der OTV so Ubersichtlich wie mbglich darzustellen und einer
Kritik zu unterziehen. Erfahrungsberichte aus Bielefeld und Frankfurt
thematisieren Schwierigkeiten.Erfolge und Niederlagen der bisherigen
Arbeit in Betrieb.Vertrauensleutekorper und Fachgruppe.
Das Verhaltnis von bkonomischer Interessenvertretung, padagogischen
Zielen und politischem Selbstverstandnis naher zu bestimmen und die_
Gewerkschaftsarbeit einzuordnen in die Diskussion poli tisch-padagogi-
scher Kriterien ftir eine fortschrittliche Berufspraxis einerseits
und einer sozialistischen Gesamtstrategie fiir alle gesellschaftlichen
Bereiche anderersei ts, versucht der Beitrag "Gewerkschaftsarbeit und
politische Organisierung von Sozialarbeitern.
Dabei ergeben sich in einem wesentlichen Punkt unterschiedliche Auf-
fassungen im Redaktionskollektiv und zwar dort.wo versucht wird.die
andere Qualita't und den politischen Gehalt der von linken Sozialarbei-
tern zu leistenden Sozialarbeit aus den Besonderheiten des Arbeits-
gegerstandes zu bestimmen. "Wider den linken Caritativismus" bein-
haltet in knapper Form die auf diesen Punkt zugeschnittene Kritik.
Es handelt sich dabei urn eine logische Fortentwicklung derim Info
Heft 13 "Sozialpadagogische Arbeit im Jugendfreizeitheim" beschne-
benen Position. Siehe dazu auch die Auseinandersetzung AKS Westberlin
/Udo Maas im Info Heft 15.
Diese Diskussion ist nicht abgeschlossen - wir fordern alle Leser aut ,
sich daran zu beteiligen und ihre Erfahrungen mit einzubringen.
Arbeitslosigkeit ist nicht mehr nur ein Phanomen.mit dem wir uns aus
Berufsinteresse auseinanderzusetzen haben, nein, mittlerweile sind
viele Sozialarbeiter selbst davon betroffen bzw. haben Aussicht.sich
in das Heer der arbeitslosen Ougendlichen, Frauen und Manner einzu-
reihen. Hier fiir das eigene Berufsfeld genauer zu untersuchen, wie die
Entwicklung in den verschiedenen Tatigkeitsfeldern aussieht bzw.
Fragen an eine solche Untersuchung zu formulieren, versucht der Bei
trag zur Berufsprognostik, ohne allerdings schon fertige Ergebnisse
und Antworten vorlegen zu kbnnen. Eine solche Bestimmung ist aber
nicht unwesentlich fur die gewerkschaftliche Arbeit und eine polit-
ische Strategie.
Wir verstehen diesen Beitrag als Aufforderung an die Gruppen und
Einzelkampfer.uns liber die Entwicklungen an ihrem Ort und in ihrem
Tatigkeitsbereich zu informieren und mitzuarbeiten an einer genauen
Untersuchung.
Neben dem Schwerpunktthema "Gewerkschaftsarbeit" enthalt der Info
folgende Berichte: Arbeitsloseninitiativen-Treffen in Nurnberg -
Aufruf zum PfingstkongreB der Im'tiativen - Angriff auf die Autono-
mic der Jugendverba'nde - Heimerziehung beim International en Bund fur
Sozialarbeit - Aufruf zum Heimerzieherseminar - Jugendwohngemein-
schaftskoordinierungsstelle - Sozialpoliti-sches Informations- und
Aktionszentrum - Materialien und Kleinanzeigen.
AKS Bielefeld:
AUSGEWAHLTE ASPEKTE
DER ENTWICKLUNG DER OTV
UND IHRER KONKURRENZORGANISATIONEN
Die Gewerkschaft Offentliche Dienste, Transport und Verkehr (OTV),
aus der "Trizonalen Arbei tsgemeinschaft der Gewerkschaften der b'f-
fentlichen Betriebe und Verwaltungen, Transport und Verkehr" entstan-
den, ist in vierfachem Sinne des Begriffs " Ei nhei tsgewerkschaf t" und
hat deshalb viele Vorlaufer:
1. Sie beansprucht, die parteipolitisch/konfessionelle Spal tung der
deutschen Gewerkschaftsbewegung vor dem Faschismus in die drei Blbk-
ke (sozialdemokratische) "freie" Gewerkschaften, "christliche" Ge-
werkschaften und "freiheitlich-nationale" Gewerkschaften iiberwunden
zu haben. Wahrend aber die DGB-Gewerkschaften der industriellen und
kommerziellen Lohnarbeiter tatsachlich nur eine sehr kleine eindeutig
rechts stehende Konkurrenz haben: die von den CDU-Sozialausschussen
ungeliebten christlichen Gewerkschaften, des CGB, ist das bei der
DTV und den librigen Gewerkschaften des bffentlichen Dienstes im DGB
(Deutsche Postgewerkschaft, Gewerkschaft der Eisenbahner Deutsch-
lands, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) anders: Die zahlrei-
chen Beamtenbunde - zusammengeschlossen in der Dachorganisation
"Deutscher Beamtenbund" (DBB) - sind auf CDU, CSU und rechten FDP-
Fliigel hin orientierte Richtungsorganisationen, mit Ausnahme wohl
nur der Deutschen Steuergewerkschaft (DStG), die fast alle Steuerbe-
amten organisiert, also eine ahnliche Mitgliederbasis hat, wie die
OTV in anderen Bereichen des Staatsapparats. Das kommt auch in der
partei politischen Zusammensetzung der Gremien zum Ausdruck: SPD-Mit-
glieder haben in den Beamtenbiinden - mit Ausnahme wohl nur der DStG
- dieselbe hoffnungslose Minderheitsposition wie umgekehrt CDU-Mit-
glieder in der OTV und in anderen DGB-Gewerkschaften. Zwar nicht ju-
ristisch, aber von der sozialen Basis her gesehen, ist deshalb auch
der DBB der Weimarer Zeit Vorlauferorganisation der OTV und anderer
DGB-Gewerkschaften des bffentlichen Dienstes: Der Weimarer DBB war
eine von sozialdemokratischen und linksliberalen Funktionaren domi-
nierte Organisation und soil zuletzt mehr Sozialdemokraten und Kom-
munisten in seiner Mitgliederschaft gehabt haben als der rein sozial-
demokratische Richturft-Gewerkschaftsbund "Allgemeiner Deutscher Beam-
tenbund" (ADB) uberhaupt Mitglieder hatte.
2. Die OTV stellt die Einheit der verschiedenen Schichten staatlicher
Lohnarbeiter her: Handarbeiter (Arbeiter im sozialversicherungsrecht-
lichen Sinne und Beamte des einfachen Dienstes) Kopfarbeiter und
speziell Intellektuelle (z.B. angestellte und beamtete Sozialarbei-
ter, Srzte und Juristen) oder wie die burgerliche Jurisprudenz und
Statistik sie einteilt: Arbeiter sowie einfache, mittlere, gehobene
und hbhere Angestellte und Beamte sind in einer Organisation verei-
nigt. Das war in den sozialdemokratischen "freien", "freiheitlich-
nationalen" und "neutralen" (DBB) Verba'nden formal schon immer so.
- 7 -
Die rechtsstehenden hoheren Beamten hatten sich in der WeimarerZei t
allerdings im Reichsbund der hoheren Beamten organisiert und seit
dem Kapp-Putsch wegen des DBB-Aufrufs zur Verteidigung der verfas-
sungsmaBigen Regierung die Verbindung zum "linken" DBB abgebrochen.
Befreit vom Ballast der hoheren Beamten setzte sich der DBB damals
fur eine Nivellierung der Besoldung zugunsten der unteren und mitt-
leren Beamten ein und strich nie das (allerdings umstnttene) btreik-
recht aus seiner Satzung. Die BeamtenbLinde sind heute - mit Ausnah-
me der DStG, die u.a. auch wegen Arbeitskampffragen in dauerndem
Konflikt mit ihrer Dachorganisation DBB lebt - von hoheren und geho-
beTer. Beamten dominiert (und vielleicht deshalb CDU/CSU/FDP-Richtungs-
gewerkschaften).
In der OTV dominieren auf Gewerkschaftstagen und in anderen Gremien
zwar auch die Mitglieder, die nach gehobenen und hoheren Lohn-, Ge-
halts-und Besoldungsklassen bezahlt werden wahrendinsgesamt im ot-
fentlichen Dienst - mit Lehrern! - nur 28 % dazugehoren, im OTV-Be-
reich noch sehr viel weniger. Aber wie die Lohn-Nivellierungspol ltik
der OTV zeigt, mu'ssen auch diese Funktion'a're, die vorwiegend untere
und mittlere Mitgl iederbasis mitberlicksichtigen - anders als die
Beamtenbundler. Die Beamtenbundler (auBer Steuerbeamte) verfolgen
eine eindeutig auf Bitten an den Staat beschrankte Politik ( Peti-
tion! smus"); qelegentlich, wenn die Mitglieder merken, daB sie da-
rn t nirht weit kommen, so zu Beginn der 60er Oahre, drohen trotzige
M tg e3er m t der Forderung nach dem Streikrecht, nicht unmittelbar
mit Streik Die DGB-Gewerkschaften, auch die OTV, haben sich dage-
aen in der Tradition der sozialdemokratischen Gewerkschaften auf
Streiks festqelegt. Auch fur Beamte wird ein (vielfach eingeschrank-
?pO Streikrecht seit Ende der 60er Jahre wieder beansprucht, nacn-
dem es nach dem groBen Eisenbahnerstreik von 1922 durch Ebertsche
Notvlrordnung sowie biirgerliche Rechtssprechung mit Dul dung der sich
insofern als Ordnungsmacht gebenden sozialdemokratischen Gewerkschat-
ten verlorengegangen war. Im ubrigen wird "Dienst nachuVorschntt
als Streikersatz angewandt (so im OTV-Bereich im Dezember 1967).
Deshalb kbnnen auch OTV-Funktioniire der gehobenen und hoheren Lohn-
qruppen nicht umhin, auf diejenigen Schichten mit Lohnnivell lerungs-
fSrder ngen Rucksicht zu nehmen (z.B. 1974/75 Einhei tsbetragsforde-
runal die in Arbeitskampfen fur die anderen "die Kastamen aus dem
Feuerholen" mlissen, und das sind die Kollegen im Arbeiterverhalt:
nis (bei der Stadtreinigung, den Versorgungs- und Nahverkehrsbetne-
ben) und des unteren und mittleren Dienstes.
Die Einhei t der verschiedenen Schichten der Lohnarbeiter wird in der
gewerkschaftlichen Organisation auf verschiedenen Jbenen hergestel It:
Die Lehrer und andere Erzieher (gehobener und hbherer Dienst) der
GEW sind erst auf der Dachverbandsebene mit anderen Schichten der
staatlichen Lohnarbeiter verbunden. Die GEW ist eine schichtbeschrank-
te Gewerkschaft, die ihrerseits in ihren Fachgruppen die Lehrer
und Erzieher wieder nach Schichten gliedert: Grund- und Hauptschui-
lehrer, Realschul lehrer, Gymnasia! lehrer, Sozialarbeiter und -paaa-
gogen. Innerhalb der Lehrer und Erzieher betrieb die GEW in ihrer
Lohn- und Arbeitszeitpolitik eine Vereinheitlichung nach oben.
Die Soz
ftrzte
die
zialarbeiter und -padagogen in der OTV bilden ebenso wie di
und Apotheker, Krankenschwestern und -pfleger sowie Pi loten
eine schichtbeschra'nkte Fachgruppe bzw. Abteilung (mit geringer
Autonomie), stellen also immerhin anders als ihre Kollegen in der
GEW die Einheit der Lohnarbeiter bereits in der Einzel gewerkschaft
(hier: OTV) und nicht in der relativ machtlosen Dachorganisation
(DGB) her. Die Schichten sind bei den Sozialarbei tern/-padagogen
auch breiter vertreten: mittlerer, gehobener und hdherer Dienst im
Angestellten- und Beamtenverhaltnis. Soweit wir sehen, gibt es in
der Fachgruppe Sozialarbeit/Sozialpadagogik in der OTV aber keine
Kollegen aus der Verwaltung, aus dem Schreibdienst, Hausmeister usw.,
sondern nur Angehbrige sozialarbei terischer und sozialpadagogischer
Berufe.
3. Damit kommen wir zum dritten Einheitsprinzip, dem Industriever-
bandprinzip: "Ein Betrieb - eine Gewerkschaft". Manche Vorlauferor-
ganisationen der OTV - z.B. die Gemeindearbeiterverbande - waren die
ersten gewerkschaftlichen Organisationen, die gegen das handwerkli-
che Berufsverbandsprinzip und in standigen Konflikten mit den befreun-
deten nach dem Berufsverbandprinzip organisierten Gewerkschaften je-
nes Einheitsprinzip flir den bffentlichen Dienst durchsetzten. Im Or-
ganisationsbereich der OTV gab es urn die Jahrhundertwende mehrere
hundert und gibt es auch jetzt noch eine dreistellige Zahl von ver-
schiedenen Berufen, und nichts lag flir Arbeiter und Angestellte naher,
als sich den entsprechenden Berufsgewerkschaften anzuschlieBen. Als
Oberrest des Berufsverbandsprinzips finden wir heute noch berufliche
Fachgruppen (z.B. Sozialarbeiter, Bademeister) , zum Teil auch Abtei-
lungen in der OTV. Immerhin ist die Einheit der Berufe auf Einzelge-
werkschaftsebene hergestellt: "Ein Betrieb - eine Gewerkschaft".
Zur Zeit ist die GEW die einzige Gewerkschaft im DGB, die nicht ein-
mal dieses Prinzip beachtet: Schul hausmeister und -sekretarinnen
sind in der OTV organisiert. Die Deutsche Angestell ten-Gewerkschaft
(DAG), die gerne dem DGB beitreten wollte, wurde dagegen mit dem Hin-
weis auf das Industrieverbandsprinzip daran gehindert. Heute, wo
sich durch die Tarifgemeinschaft der DAG und des Marburger (Arzte-)
Bundes mit der Gemeinschaft von Verbanden und Gewerkschaften des bf-
fentlichen Dienstes (GVGbD), "Langnamverein", der auch die Gemein-
schaft der tariffahigen Verbande (GtV) im DBB umfaBt, ein neues Kar-
tell als rechte Alternative zum DGB profilieren will, finden wieder
verstarkt Gesprache des DGB und der OTV mit der Gewerkschaft der Po-
lizei (GdP) statt: Statt die GdP, wie immer gefordert, der OTV im
Namen des Industrieverbandsprinzips einzuverleiben, will man jetzt,
weil die GdP sich gegen das Verschlucken wehrt, neben einer besonde-
ren Lehrergewerkschaft (GEW) eine neue Ausnahme schaffen: die beson-
dere Pol izistengewerkschaft im DGB.
4. Die OTV stellt die Einheit der Angestellten, Arbeiter und Beamten
in einer Gewerkschaft her, auch wenn sie besondere Arbeiter-, Beamten-
und Angestell tenausschiisse auf alien Ebenen und entsprechende Sekre-
tariate im Hauptvorstand unterhalt. Damit steht die OTV in der Tradi-
tion der sozialdemokratischen Gewerkschaften, wahrend die "christli-
chen" und "freiheitlich-nationalen" Organisationen ihre Beamten
1926/8 in den Deutschen Beamtenbund als besondere Beamtenorganisa-
tion Liberfu'hrten. Wahrend die sozialdemokratischen OTV-Vorlauferor-
ganisationen, z.B. der (seit 1929 so genannte) "Gesamtverband der
Arbeitnehmer der bffentlichen Betriebe und des Personen- und Waren-
E
verkehrs" zwar wie die KPD ein sehr progressives Beamtenprogramm,
aber wenig Beamte als Mitglieder hatten - der Allgemeine Deutsche
Beamtenbund (ADB), der alle Beamtenmi tglieder sozialdemokratiscner
Gewerkschaften noch einmal zusammenfaBte, hatte 1929 insgesamt nur
180 000 Mitglieder gegeniiber einer Million des DGB - ist das neute
anders: OTV und die anderen DGB-Gewerkschaften des offentlichen uien-
stes kbnnen sich mit den gegenerischen Organisationen des DBB mes-
sen. Schon seit den 60er Jahren ist der DGB die grbBte Beamtencrga-
nisation der BRD (das wurde und wird nur immer verschleiert durcn
das publikumswirksamere Auftreten des DBB-Vorsitzenden Alfred Krause
und die irrefuhrenden Mitgliederangaben des DBB der zahl re Che
Witwen, Waisen aufgenommen hat und andere Mitglieder doppelt zanitj .
Ebenfalls in der Tradition der sozialdemokratischen Gewerkschaften
der Weimarer Zeit stent die OTV mit der (DGB-)Forderung nach einem
einheitlichen Dienstrecht, das ein (auf das sogenannte Folgerecni,
insbesondere Lohnfestsetzung beschranktes) Streikrecht vorsieht,
also herkbnmiliche beamtenrechtliche Bahnen verla'Bt und die jewel n-
qen Vorteile des Beamten- und des Tarifbeschaftigtenstatus weitge-
hend vereinigt. Weil die realen Angleichungstendenzen zwischen Beam
ten und Tarifbeschaftigten immer starker sichtbar werden und auch
der Zusammenhang zwischen Lohntarifbewegung und Besoldungsbewegung
immer deutlicher erscheint - die Arbeiter und Angestellten erkampten
die Besoldungserhbhungen fur die Beamten - fiirchten der DBB und se
ne Mitgliedsverbande zurecht urn ihr Mitgliederreservoir. Wahrend aie
DGB-Gewerkschaften des offentlichen Dienstes (auBer der GEW) inreri
Orqanisationsgrad (Verhaltnis von beschaftigten Mitgliedern zu alien
Beschaftigten) standig erhbhen konnten (DPG 1974 74 %, GdED 1975
76 % OTV ca. 35 % im offentlichen Dienst) stagniert der DBB; sogar
bei den Beamten hatte der DGB inn bereits vor ca. 10 Jahren uberhoit.
Schon seit langem versuchen die Beamtenbunde, sich deshalb auch ais
Gewerkschaften nicht nur der Beamten darzustellen und nehmen Ange-
stellte und Arbeiter auf (1973 61 000 von insgesamt deklarierten
567 000 Mitgliedern).
Auch die Beamtenbunde fordern ein einheitliches Dienstrecht - da
liegt nicht der Unterschied. Allerdings fordern sie diese Vereinheit-
lichung auf herkbmmlicher beamtenrechtlicher Grundlage, z.B. ohne
Streikrecht und mit "Hingabe"- und "Treue"pf 1 ichten, also Jn*«^
spezifischer Abhebung des einheitlichen offentlichen Dienstrechts vom
sonstigen Arbeitsrecht. Die DGB-Gewerkschaften wollen (in der Tra-
dition von freien Gewerkschaften, SPD und KPD) nur hinsichtlich des
sozialen Inhalts des Berufsbeamtentums: vor all em Wndigungsscnutz
(Anstellung auf Lebenszeit), eine Besonderung ^s offentlichen Dienst
rechts, aber auch das nur als Besonderung auf Zeit rr.it Vorb dcharak
ter: Arbeitsplatzsicherheit ("Recht auf Arbeit") soil ™r alle er
reicht werden. Dabei wird nicht mehr offentlich gefragt, Wie noch in
der Weimarer Zeit, ob dieses "Recht auf Arbeit" nicht die Beseitigung
des Kapitalismus notig macht.
^
lo
STREIK UND ORGANISATION
An der Entstehung mehrerer Vorlauferorganisationen der DTV kann man
sehr gut beobachten, was auch liberale Juristen negieren, indem sie
das Tarifvertragssystem und die Gewerkschaft dem Streikrecht vor-
ordnen und Streikrecht nur fur gewerkschaftliche Streiks urn KoTTek-
tivvereinbarungen gewahren: Historisch wurde der Schutz der Lohnar-
beiter gegen die Despotie des Kapitals und des kapitalistischen
Staates zuerst in spontanen Zusammenschlussen zum Zwecke der Arbeits-
niederlegung institutionalisiert. Erst daraus entstanden Organisa-
ti-onen; daneben gibt es allerdings auch Formen des Schutzes, die
sich darin auBern, daB professionelle Organisationen, die ursprling-
lich gar keine Schutzorganisationen waren (z.B. Lehrer- und manche
anderen Beamtenvereine) ,zu Gewerkschaften umfunktioniert wurden.
Wichtige spontane Arbeitskampf-ZusammenschTusse, die zur Grlindung
von OTV-Vorlauferorganisationen flihrten, waren der groBe Hamburger
Hafenarbeiterstreik und die Streiks der Berliner und Dresdener Ge-
meinde (Gas- und Tiefbau-)arbeiter, alle 1896.
In der Weimarer Zeit gab es zwei groBe Streikbewegungen im Offent-
lichen Dienst: der Berliner Gemeindebescha'ftigtenstreik im Februar
1922, sich uberschneidend mit dem ersten groBen Beamtenstreik (Eisen-
bahner), und der Berliner Verkehrsstreik 1932, besonders von KPD
und NSDAP gefbrdert. Auch 1924/5 hatte der Gemeindearbeiterverband
noch 14 000 bzw. 15 000 Mitglieder an Streiks beteiligt (1912 nur
232), der Transportarbeiterverband 39 000 bzw. 41 000 (1912 17 000).
In der Zeit von 1948 bis 1968 sind im offentlichen Dienst Westber-
1 ins und der BRD mehr als 13 Arbeitsniederlegungen und Arbeitsver-
langsamungen (Dienst nach Vorschrift usw.) gezahlt worden, 1969 dann
alleine mindestens 28. Auch danach blieb die Zahl der Arbeitskampfe
ziemlich hoch, hbher als vor dem Einschritt 1968/9. Die groBe Mehr-
zahl aller dieser Arbeitskampfe war "illegal" im Sinne der burger-
lichen Juristen und Politiker. Die OTV war als Organisation an fol-
genden spektakularen Aktionen im offentlichen Dienst beteiligt:
1948
1954
1958
1962
1966
1967
1969
1970
1971
1972
1973
1974
Teilstreiks und Generalstreik in der Bizone
Streik in Versorgungs- und Verkehrsbetrieben Hamburgs (9 Tage);
Drohung mit Massenstreik (Diese Vorgange flihrten zur Verteufe-
lung des OTV-Vorsi tzenden KummernuB - so wie es spa'ter Klunker
geschah - als "machtigstem Mann der BRD")
Steik von ca. 200 000 OTV'lern (1 Tag)
Streik der Fluglotsen (36 Stunden); Drohung mit Massenstreik
Urabstimmung u'ber Streik terminiert
Urabstimmung liber Streik und Dienst nach Vorschrift
"Spontane" September-Streiks mit OTV-Unterstutzung in mindestens
15 Stadten (1 Stunde bis 1 Tag)
Polizeiaktionen der OTV/GdP-Aktionsausschiisse in Hessen; Urab-
stimmung liber Streik terminiert
Lufthansa-Streik; "Deputat"-Streik in der Frankfurter Stadtver-
waltung
April-Streiks gegen Barzels Kanzlersturzversuch (Beteiligung von
OTV-Betriebsgruppen zweifelhaft)
"Spontane" Januar- und September-Streiks mit OTV-Unterstlitzung
"Spontane" Februar-Streiks mit OTV-Unterstiitzung
11
1976 "Spontane" April-Streiks mit OTV-Unterstiitzung
1977 "Spontane" Februar-Streiks mit OTV-Unterstutzung
Im Bereich Sozialarbeit/-padagogi k sind folgende grbBere Aktionen
uberregional bekanntgeworden:
1969 Streik von Kindergartnerinnen und Sozialarbeitern in Kassel ;
Streik von Kindergartnerinnen in Berlin-Kreuzberg
1970 Streik von Kindergartnerinnen und Sozialarbeitern in rranic-
furt a. Main
1973 Streik der Kita-Beschaftigten in Frankfurt a. Mann
1976 Protestdemonstration von Sozialarbeitern in Hamburg
Alle drei Aktionen fanden auBerhalb der Tarifrunden statt, waren
sehr kurz und hatten sehr verschiedenartige Forderungen zum Inhalt,
die" wenn Uberhaupt, nur zum Teil erfUllt wurden Bel den Kampf en
der Kreuzberger Kindergartnerinnen im September 1969 rief der
"Komba" (Ira Deutschen Beamtenbund) zum Warnstreik auf, wahrend die
OTVdas as "illegal" und "antigewerkschaftlich" brandraar kte.
Der Kreuzberger Kindergartnerinnenstreik zeigt daB Gewerkschaften
des DGB kein Monopol auf Arbeitskampf und Militanz haben, ja, aau
Lohnarbeiter gelegentlich sich mit Arbeitskampfen sogar in einen
Geaensatz zur offiziellen Arbeiterbewegung stellen kdnnen. ts giDX
auch noch andere Beispiele mit anderen auBerhalb der Arbeiterbewe-
qunq stehenden, von ihr als standisch bezeichneten gewerkschart n
chen Organisationen: Eisenbahnerstreik 1922 (Reichsgewerkschaft
Deutscher LokomotivfLihrer),Fluglotsen - Dienst nach Vorschrift una
sick-ins 1968, 1971 und 1973 (Verband Deutscher Flugleiter- vurj,
Finanzbeamte - Dienst nach Vorschrift 1971 (DStG). Mindestens eines
dieser Beispiele, der Eisenbahnerstreik von 1922, zeigt »w aucn
die schwerwiegenden Folgen von Alleingangen, die von den groBen Ar
teitergewerkschaften nicht unterstutzt werden: "ie Bawnten verloren
1922 infolge des Eisenbahnerstreiks das gerade erkampfte btreiKrecnu.
Dadurch, daB die Eisenbahner isoliert von der offiziellen Arbeiter-
gewerkschaftsbewegung vorgingen, wurde es der Regierung und dem
Reichsprasidenten moglich, per Notverordnung den Beamten das itreiK
recht zu nehmen.
KOLLEKTIVE, STANDESPOLITISCHE
UND PROFESSIONELLE ORIENTIERUNGEN
Die Organisationen des DBB und auch die DAG und die ^P werden von
der OTV nicht nur als gegnerische °n>anisatpnen bezeichnet son
dern mit dem Kampfbegriff "Standesorgamsationen1; als tegensatz zu
"Gewerkschaften" belegt. 1st demnach der allgemeine Fortschntt der
Organisierung von staatlichen Lohnarbeitern rn den DGB-GewerkschaT
ten und auch in der OTV (gemessen am Orgamsationsgrad) und das btag
nieren von DBB und DAG als verstarkte gewerkschaftl.iche Orientwung
zu interpretieren, und ist die fortschreitende Organl sierung der
Steuerbeamten in der DStG und der Pollzist^.ln,der„^PiesernBerufs.
fur die fortschreitende standespolitische Onentierung dieser BeruTs
gruppen?
12
Alle genannten Organisationen sind Schutzorganisationen von Lohnar-
beitern gegen die kostenorientierte Lohn-, Arbeitszeit- und Ratio-
nal isierungspolitik des Kapitals und kapital istischen Staates, sie
dienen der Aufhebung der Konkurrenz der Lohnarbeiter untereinander
flir diesen Kampf und sind in diesem (Marxschen) Sinne Gewerkschaften.
Ein Unterschied zwischen OTV und den Beamtenblinden besteht darin,
daB die Versuche, die Konkurrenz der Lohnarbeiter aufzuheben, bei
diesen beschrankt sind: auf staatliche Lohnarbeiter, auf Beamte und
bei den Einzelverbanden auf Beschaftigte einzelner Zweige und Berufe
des Staatsapparats. Man kann in diesem Sinne individuelle, standes-
politische und kollektive Interessenorientierungen von Lohnarbeitern
unterscheiden:
1. Individuelle Interessenorientierung:
Urientierung auf individuell en Schutz (z.B. individuelles Aus-
handeln von Lohn- und Arbeitszei tbedingungen; individueller Auf-
stieg) in Konkurrenz mit alien anderen Lohnarbeitern.
2. Standespolitische Interessenorientierung:
Beschrankung der Konkurrenz durch Orientierung auf Schutz flir
einzelne Abteilungen, Fraktionen, Schichten und Berufe der Lohn-
arbeiter.
3. Kollektive Interessenorientierung:
Mb'glichst vol 1 standi ge Aufhebung der Konkurrenz unter den Lohn-
arbeitern.
Auch die Orqanisationsstruktur des DGB mit der Duldung einer schicht-
beschrankten und nach dem Berufsverbandsprinzip aufgebauten Organi-
sation, der GEW, und auch die Struktur der OTV mit ihren Fachgrup-
pen, Abteilungen, Hauptabteilungen und ihren Personengruppen
und -sekretariaten gibt Raum fiir standespolitische Interessenorien-
tierungen. Allerdings ist es schwer, standespolitische Orientierun-
gen von kollektiven zu unterscheiden: Entsteht der Kampf von Lehrern
urn Besoldung nach "A 13" und von graduierten Sozialarbeitern urn
"A 10" aus standespolitischem BewuBtsein, nur weil eine beschrankte,
keine allgemeine Forderung aufgestellt wird? Ist der wunsch mancher
Kollegen nach prozentualen Gehal tserhohungen standespol itisch, weil
er die oberen Schichten der Lohnarbeiter begiinstigt?
Manche Forderungen um Lohn, Arbeitszeit, Mitbestimmung und vor allem
Arbeitsbedingungen kbnnen nur bereichsspezif isch entwickelt werden,
sind aber prinzipiell verallgemeinerungsfahig. Wir Sozialarbeiter
und -padagogen etwa sind einfach uberfordert, wenn wir von vorneher-
ein alle unsere Forderungen in ihren Impli kationen und Mb'gl ichkeiten
fiir Kollegen in anderen Bereichen abschatzen mliBten. Die Organisa-
tionsstruktur der OTV gibt allerdings anders als die von "Standes-
organisationen" den Kollegen anderer Bereiche (auch Lohnarbeitern
des Kapitals!) die MSglichkeit, unsere Forderungen auf standespoli-
tischen Gehal t zu priifen und notfalls zu korrigieren.
Aber auch unabhangig davon kann man den starkeren Zustrom staatli-
cher Lohnarbeiter zu dieser Gewerkschaft und das Stagnieren vieler
Beamtenbiinde und der Abteilung "bffentlicher Dienst" der DAG als
Ausdruck verstarkter Entwicklung kollektiver Interessenorientierung
13
interpretieren. Es gibt keinen Anhaltspunkt daflir, daB heute die
OTV im Vergleich mit der Weimarer Zeit etwa standespolitischer
Orientierung Konzessionen macht und dadurch fur bestimmte Lohnarbei-
ter, etwa Beamte, attraktiv geworden ist. Die OTV hat in wichtigen
Bereichen ihrer Politik, Lohnnivellierungspolitik und Politik des
einheitlichen Dienstrechts mit Streikbefugnis den Stand ihrer sozial-
demokratischen Vorgangerorganisationen ("Gesamtverband ... und
ADB) nach einer Restaurationsphase in den 50er und beginnendenbOer
Jahren wieder erreicht: eine eindeutige Politik kollektiver, nicht
standespolitisch verengter Interessenvertretung. Ein Unterschied ist
sichtbar: ein Schwinden (nicht: Verschwinden) antikapitalistischen
VokabularsAberwar das antikapitaTTstische Vokabular der Weimarer Ge-
werkschaftsftihrer und -schriftsteller und ist der verbleibende Oder
heute wieder in Mode gekommene Rest je mehr als eben Rhetonk?
DaB der Anteil der Polizisten und Finanzbeamten, die in der OTV sich
organisieren, zuruckgeht und der Anteil in GdP und DStG wachst, ist
umgekehrt nicht so zu interpretieren. daB mehr Kollegen in diesen Be-
reichen standespolitisches BewuBtsein entwickeln: GdP und sogar DStG
betreiben eine Politik, die in vielen Bezbigen der Politik der ent-
sprechenden OTV-Abteilung nahekommt. Die Lage der wenigen OT.V-Mit-
glieder in der Polizei und Finanzverwaltung ist (wohl aus histon-
schen Zufallen heraus) in vielen Dienststellen so hoffnungslos raino-
rita'r, daB auch klar kollektiv orientierte Kollegen im Interesse einer
wirksamen Interessenvertretung in ihrer Dienststelle und ihrem Be
reich sich diesen "Standesorganisationen" anschlieBen.
Von den beiden Formen gewerkschaftlicher Interessenorientierung, der
kollektiven und der standespolitischen, ist die professionelle Orien-
tierung zu unterscheiden. Solche auf die Inhalte der Arbeit bezogene
Interessenorientierung entsteht in Intellektuellen-Berufen, auch in
der Sozialarbeit, im Zuge einer von der biirgerlichen Soziologie viel
beschriebenen "Professionalisierungsbewegung". Z.T. richten sich
die aus solchen Orientierungen entstehenden Aktionen auf Verbesse-
rung der Arbeitsbedingungen im Interesse der "Klienten" oder auf
verbesserte Aus- und Fortbildung. Gerade im bffentlichen 9ien^ wer"
den viele Konflikte manifest durch eine solche in der unmi ttelbaren
Produktion selten vorhandene Orientierung am konkreten Inhalt der
Arbeit. Manche Wissenschaftler, auch SB-Genossen, sehen in dieser be-
sonderheit des bffentlichen Dienstes eine spezifische Chance gerade
staatlicher Lohnarbeiter zur Desillusionierung uber die kapitalisti-
sche Produktionsweise und damit zur Bildungvon KlassenbewuBtsein.
Das zeigt, daB professionelle Orientierung durchaus mit kollektiver
vereinbar ist, ebenso mit standespolitischer. Organisatonscn schiagt
sich die professionelle Organisierung von Sozialarbeitern deshaiD
sehr verschieden nieder:
I z.T. in den DGB-Verbanden GEW und OTV (manche Kollegen fordern
hier z.B. von der Gewerkschaft fachliche Fortbildungsaktivitaten) ,
• z.T. in den zustandigen Gewerkschaften des DBB (z.B. Bund Deut-
scher Kommunalbeamter und -Angestellten - Komba -, Verband Bildung
und Erziehung - VBE) und u.^+n^han
• z.T. in besonderen nur professionellen, nicht gewerkschaft ichen
Berufsverbanden. Der Deutsche Berufsverband der Sozialarbeiter una
- 14 -
w
VORANKUNDIGUNG + VORANKONDIGUNG
Johann Schneider
INTERESSEN UND INTERESSENPOLITIK
DER BESCHAFTIGTEN IM OFFENTLICHEN DIENST
Johann Schneider versucht, ausgehend von der allgemeinen Proble-
matik von Interessen und ihrer organisierten Vertretung in einer
kapitalistischen Gesellschaft die besondere Situation des offent-
uchen Dienstes zu untersuchen. Wiihrend iiber die Gewerkschaften
im privatwirtschaftlichen Sektor und den dortigen Auseinander-
setzungen und Klassenkonflikten eine Menge Literatur vorliegt,
blieb der offentliche Dienst lange ausgespart. Er wurde haufig
mit dem staatlichen Herrschaftsapparat identifiziert, der als solcher
allenfalls im Klassenkampf von oben eine aktive Rolle spielt und
in dem eine vergleich sweise geringere Anzahl von Lohnarbeitern
oder potentiell kritischen Leuten beschaftigt ist. Beide Ansichten
erweisen sich immer mehr als falsch. Dazu kommt, dafi in den letz-
ten Jahren eine grofie Anzahl kritischer Intellektueller und Genossen
in den offentlichen Dienst gegangen ist und damit vor neuen Prob-
lemen stand, die nicht einfach mit dem Rekurs auf "Lohnarbeit und
Kapital" gelost werden konnen.
Es wurde zunehmend notwendig, sich mit den spezifischen Konflik-
ten.Ideologien und Organisationen des offentlichen Dienstes ausein-
anderzusetzen, um dort politische Arbeit machen zu konnen. Aus
diesem Grund gibt es seit einiger Zeit sowohl Versuche, den Staats-
apparat und seine Angehorigen theoretisch abzuleiten oder eine Theo-
rie des offentlichen Dienstes zu entwerfen, als auch eine Vielzahl von
Einzelberichte-n iiber Konflikte und Beitrage zu einer Strategiediskus-
sion firr einzelne Gruppen, z.B.Lehrer oder Sozialarbeiter.
Die Arbeit versucht - aufbauend auf diese unterschiedlichen Beitrage-
nicht nur einen allgemeinen Uberblick iiber die Probleme und Tenden-
zen von Interessenpolitik zu geben, sondern sie in einen systematischen
Zusammenbang zu stellen.
Inhalt:
I. INTERESSEN UND INTERESSENORGANISATION
Die sozialstrukturell bedinglen Interessen von Lohnarbeit/Interessen u. Organisation
ii. der Offentliche dienst
Staat und Staatsapparat/ Modifikationen der Interessen von Lohnarbeit durch die
besondere Situation im offentlichen Dienst/ Der offentliche Dienst als komplexe
Organisation von Arbeitsplatzen und Personen / Die Personalstruktur
III. INTERESSENPOLITIK IM OFFENTLICHEN DIENST
Allgemeine Voraussetzungen/ Historischer RiickbUck/Beamtenrecht und Struktur
des offentlichen Dienstes/Problem des Beamtenstreiks/ Dienstrechtsreform/Quantitat
und Qualitat der staatlichen Aufgaben als Ursache und Ziel von Interessenpolitik /
Funktionsbedingte Probleme und Konflikte der Beschaftigten im offentlichen Dienst
Interne Demokratisierung/ Besoldungs- und Tarifpolitik
Umfang: ca. 12oSeiten; Preis 1*16-7; erscheint Ende April/ Anfang Mai i.
\^ERLAG2ooo GmbH, 6o5 OFFENBACH 4, POSTFACH 591 ^
-padagogen (DBS) 1st ein vorwiegend professionell °>"ientierter
Verband, der sich aber als Schutzorganisation (Gewerkschatt) giDt,
indem er mit dem DBB kollaboriert und uber den "Langnamverein
jetzt auch dem neuen gewerkschaftlichen Anti-OTV-Rechtskartel I
(DAG, Marburger Bund, GGVSD) angeschlossen ist. Ober die E"™ick-
lung der professionell en Verbande, des DBS, aber auch der DBB-
Orqanisationen im Bereich der Sozialarbeit ist wenig bekannt. nan-
che Kollegen wissen nicht einraal, daB der DBS tariff ahig und damit
fur GEW und OTV eine qegnerische Organisation ist; Doppelmitglied-
schaft in GEW oder OTV einerseits und DBS andererseits scheint
nicht sehr selten und von der OTV geduldet zu sein. Fur unswird
es aber notwendig sein, Uber Entwicklung und aktuelle F>oln^1^ von
DBS und DBB-Organisationen mehr in Erfahrung zu bringen und den
Kollegen die lohnarbeiterfeindliche und DGB/OTV/GEW-feindlicne
Politik dieser Organisationen deutlich zu machen.
AUFBAU UND STRUKTUR DER OTV
VERWENDETE SCHRIFTEN:
Die Geschichte einer Gewerkschaft,
1. Franz Josef Furtwangler, OTV
3. Aufl. 1962
2 Johann Schneider, Funktionsbedingte Konflikte im bffentlichen
Dienst, Gewerkschaften und Klassenkampf = Kritisches Jahrbuch
1975
3, Verschiedene Arbeiten (z.T. wbrtlich verwendet) von Klaus Dammann:
a) Gewerkschaftlicher Organisationsgrad und kollektive Interes-
senorientierung staatlicher Lohnarbeiter, Manuskript 1975
b) Gewerkschaftliche Organisierung und Kampfe staatlicher Lohnar
beiter in der BRD. Bericht uber ein Lehrforschungsprojekt
(Soil geklirzt erscheinen in G. Armanski und B. Penth, Hrsg.,
Der bffentliche Dienst in Westeuropa und USA. Berlin-West,
Verlag Olle und Wolter 1977)
c) Hergebrachte Grundsatze des Berufsbearatentums. Skizze einer
Unterrichtseinheit (mit Anhang: Beamtenprogramme der SPD von
1924. des "Gesamtverbandes der Arbeitnehmer bffentlicher Be-
triebe usw." von 1929 und der KPD von 1927). Manuskript.
(Soil erscheinen in gekurzter Form in: W. Hoffmann-Riem, Hrsg.
Sozialwissenschaften im Studium des Rechts. Band II: Verfas-
sungs- und Verwal tungsrecht. Munchen (Beck-Verlag 1 977)
d) OTV contra Standesorganisationen und Berufsverba'nde. (Mit-
schrift eines Vortrags mit Diskussion vor der MV der Fachgruppe
Sozialarbeit der DTV Bielefeld 1976)
BUNDESEBENE:
Per Gewerkschaftstag wird alle 4 Jahre vom Hauptvorstand (HV) ein-
berufen. Er tal It Grundsatzentscheidungen, behandelt und verabschie-
det Antrage, kann Satzungsanderungen vornehmen und bestimmt zumin-
dest formal die Zielsetzung und die Linie gewerkschaftlicher Politik.
Die Delegierten werden von den Mitgliedern gewahlt, 1 Delegierter
auf 2 000 angefangene Mitglieder. "DaB die Gewerkschaftstage gleich-
wohl alles andere als basisdemokratisch ablaufen, daf'ur sorgen vor
all em die Delegierten, die zum grbBten Teil aus Hauptamtl ichen" und
bewahrten Funktionstragern "bestehen und eine straffe KongreB- und
Antragsstrategie durch die Gewerkschaftsfuhrung, die fortschrittl i-
che Antrage entweder abwlirgt, durch Bundelung verwischt Oder durch
Verweisen als Material an den Vorstand" und Kommissionen "vom Tisch
verschwinden la'Bt". (G. Armanski, u.a. "Staatsdiener im Klassen-
kampf" S. 198)
Der Beirat, auch kleiner Gewerkschaftstag genannt, trifft unauf-
schiebbare Satzungsentscheidungen und Erganzungswahlen zum HV, Ge-
werkschaftsausschuB und zur Revisionskommission zwischen den Gewerk-
schaftstagen, er kann auch a.o. Gewerkschaftstage einberufen.
Der Beirat tagt mindestens 4 mal jahrlich und hat z.Z. 77 Mitglie-
der, darunter der geschaftsflihrende HV, 3 Bundessekreta're, jel Ver-
treter von Revisions-Kommission und GewerkschaftsausschuB und die
Delegierten der Bezirke (je einer fur 15 000 Mitglieder).
Der Hauptvorstand (HV) vertritt die Interessen der OTV nach innen
und nach auBen, er bestimmt die Politik der OTV in Obereinstimmung
mit den BeschlLissen des Gewerkschaftstages, beschlieBt Richtlinien,
Wahlordnungen, Geschaftsanweisungen und Leitsatze, Liberwacht die
Einhaltung der Satzung, Beschlusse und Anweisungen und beruft Ge-
werkschaftstag und Beirat ein.
All ein beim HV liegt also die Durchfiihrung der beschlossenen Politik,
alle Entscheidungen sind auf inn zentralisiert. Er fu'hrt die Tarif-
verhandlungen (unterstlitzt von der groBen Tarif kommission), er be-
stimmt, ob und wann Urabstimmungen durchgefiihrt werden, er bestimmt
die Arbeitskampfleitung, ob, wann und wie gestreikt wird. Er ent-
scheidet, ob Mitglieder unterstlitzt und/oder ausgeschlossen werden.
Der HV hat 61 Mitglieder, davon sind 37 Ehrenamtl iche, hinzu kommen
die 12 Bezirksvorsitzenden, 5 Bundessekreta're und der geschaftsflih-
rende HV; die Ehrenamtl ichen werden vom Gewerkschaftstag gewahlt.
0er geschaftsflihrende HV fUhrt die Geschafte der OTV und besteht aus
dem I Vorsitzenden, 2 Stell vertretern und 4 Mitgliedern des HV.
Die Geschaftsfu'hrer der Hauptabteilung, der Chefredakteur und der
16
-•17 -
Leiter der Hauptkasse nehmen beratend an den Sitzungen des HV teil.
npr GewerkschaftsausschuB entscheidet liber alle Beschwerden gegen
HV und Gescha+'tsFuhrung, gegen seine Entscheidung ist Beschwerde
auf dem nachsten Gewerkschaftstag zulassig. Seine 7 Mitglieder wer-
den vom Gewerkschaftstag gewahlt.
nie Revisionskommission kontrolliert die Hauptkasse, pr'Jft Abrech-
nungen und Buchfuhrung.
nip Personengruppensekretariate (Arbeiter, Angestellte, Bearate,
Firaue'n und Jugend) nehmen die allgemeinen Interessen dieser Gruppen
wahr gegenliber Arbeitgeber, Behb'rden und Gesetzgeber und bestehen
auf alien drei Ebenen.
Die Hauptabteilungen haben die Aufgabe der Wahrung besonderer be-
ruflicher, fachhche'r und sozialer Interessen, sowie der berufli-
chen und fachlichen Betreuung ihrer Mitglieder. Prinzipiell ist je-
des OTV-Mitglied zugleich Mitglied einer Hauptabteilung und einer
Fachabteilung. Sozialarbeiter z.B. sind in der Hauptabteilung Ge-
meinden und der Abt. Sozialarbeit, manchmal auch Fachgruppe genannt,
organisiert. Die Richtlinien fur die Arbeit der Abteilung werden
vom HV bestimmt, ihre GeschaftsfUhrung wird durch den geschaftsfuh-
renden HV berufen.
9 Hauptabteilungen sind auf Bundesebene zusammengefaBt und vertre-
ten die insgesamt 48 Abteilungen beim HV. (siehe Schaubild)
BEZIRKSEBENE:
Die Bezirkskonf erenz findet alle 4 Jahre vor dem Gewerkschaftstag
statt; a. o. Bezirkskonf erenzen bedlirfen der Genehmigung des HV.
Die Delegierten werden nach Wahlordnung des HV von den Delegierten-
konferenzen der Kreisverwaltung gewahlt.
Per Bezirksvorstand nimmt die regionalen Interessen der OTV wahr
und ist l'm Auftrag "des HV tatig. Er besteht aus dem Vorsi tzenden,
2 Stellvertretern und den Beisitzern (je 1 Vertreter der Personen-
gruppenausschusse und Vertreter der Abt.), insgesamt 25-30 Mitglie-
der, wobei Ehrenamtliche in der Mehrzahl sind.
Die Bezirksleitung besteht aus dem Bezirksvorsi tzenden und 2 Stell-
vertretern, sie arbeitet hauptamtlich und flihrt die Gescha'fte im
Auftrag des HV. „ .
Ahnlich wie auf Bundesebene gibt es auch hier Personengruppensekre-
tariate und Bezirksabt. , z.B. Bezirksabt. Sozialarbeit. Allgemein
kann man feststellen, daB auf der Bezirksebene die Forderungen der
Kreisverwaltungen (und damit von der Basis?) zusammengetragen wer-
den und dann als Durchschni ttsforderung oder als sog. gemeinsamer
Nenner entscharft an den HV weitergeleitet oder auch schon abge-
schmettert werden.
18
DIE KREISVERWALTUNGSEBENE:
Die Krei s del egi e rtenkonf erenz findet alle 4 Jahre vor der Bezirks-
konferenz und dem Gewerkschaftstag statt, sie nimmt die Geschafts-
und Kassenberichte entgegen, wahlt den ehrenamtlichen Kreisvorstand
und die Delegierten fur Bezirks- und Bundesebene. Zwischendurch sind
Kreisdelegiertenversammlungen mbglich. Die Delegierten werden auf
Mitgliederversammlungen der einzelnen Abteilungen und Fachgruppen,
sowie der Personengruppenausschusse nach der Wahlordnung des HV fur
4 Jahre gewahlt.
Der Kreisvorstand nimmt die Interessen der OTV in seinem Bereich
wahr und setzt sich zusammen aus: dem 1. Vorsi tzenden, 2 Stellvertre-
tern, dem Geschaftsfiihrer (hauptamtl.) und den Beisitzern. Ihm ge-
hbren auch die Vorsitzenden der Personengruppenausschusse und der
Hauptabteilung (mussen von der Del egi ertenkonf erenz nach ihrer Wahl
bestatigt werden) an.
Der Kreisvorstand bestimmt die brtliche Politik und kontrolliert
die einzelnen Bereiche, z.B. die Fachgruppe Sozialarbeit oder die
Vertrauensleute. Er entscheidet u'ber die geplanten MaBnahmen und Ak-
tionen dieser Bereiche, genehmigt oder verbietet Flugblatter, Info
und Offentlichkeitsarbeit. Er hat auch das Recht, an alien Sitzun-
gen und Mitgliederversammlungen der verschiedenen Bereiche teilzu-
nehmen und muB die Wahl en in den Fach- und Betriebsgruppen und bei
den Vertrauensleuten bestatigen, er kann auch ordnungsgema'Be Wah-
len von Mitgliederversammlungen ablehnen.
Der Geschaftsfiihrer tragt gegenliber dem Kreisvorstand, der Bezirks-
leitung und in letzter Instanz dem geschaftsfuhrenden HV die Ver-
antwortung fur die Geschafts- und Kassenfuhrung. In Verbindung mit
dem Vorstand ist er auch fiir die brtliche Schulungs- und Bildungs-
arbeit verantwortlich.
Kein Organ der OTV im Sinne dieser Struktur sind die Betriebsgruppen
(BG) und die Vertrauensleute (VI). Sie sind seit dem letzten Ge-
werkschaftstag zwar in der Satzung verankert, sind aber dort direkt
der Kreisverwaltung unterstellt, d.h. sie sind keine bevollmachtig-
ten Handlungstrager.
PERSONALRAT (PR) ALS BESONDERES STRUKTURELEMENT DER OTV
Zwar ist der Persortalrat kein Organ der OTV, er ist jedoch fur die
Entwicklung und die organisatorische Struktur der OTV und auch als
Gradmesser fur den bewuBtseinsma'Bigen Stand ihrer Mitglieder von
Bedeutung. . .
Fur die Struktur sind Personal- und Betriebsrat deshalb wichtig,
weil ihre Mitglieder, insbesondere ihre Vorsitzenden und die freige-
stellen Personal rate (soweit sie OTV-Kollegen sind), eine wesentli-
che Rolle zumindest auf der Kreisebene spielen. Dies wird dadurch
verstarkt, daB ein wesentlicher Bestandteil offizieller Gewerk-
schaftspolitik auf der betrieblichen Ebene "die starke Fixierung
auf die Personal rate als Belegschaftsvertreter und die Konzentra-
tion auf das Organ Personalrat als wahres Abbild von Belegschaftsin-
teressen" ist (Staatsdiener, S. 181).
19
Nach § 2, Abs. 1 im Personalvertretungsgesetz: "Dienststelle und
Personal vertretung arbeiten unter Beachtung der Gesetze und Tarif-
vertrage vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den in der Dienst-
stelle vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum
Wohle der Bescha'ftigten und zur ErfUllung der der Dienststelle ob-
liegenden Aufgaben zusammen", ist der Personal rat "kein eindeutiges
Organ der Vertretung von Belegschaftsinteressen, sondern ein 'Zwit-
ter', der unter Mi teinbeziehung und Abwagung beider unterschiedl 1-
cher Interessenslagen zu handeln verpflichtet ist" (Staatsdiener,
S. 175). Dementsprechend hat der Personal rat dafu'r zu sorgen, daB
die Arbeit und der "Betriebsfriede" nicht beeintrachtigt werden
('•'Friedenspflicht") und er hat alles zu unterbinden, was den rei-
bungslosen Arbeitsablauf gefahrdet. Darliber hinaus unterliegt er in
allem, was betriebliche Vera'nderungen und Vorhaben betrifft, der
sogenannten "Schweigepfl ifcht" . Friedens- und Schweigepflicht machen
somit den Personal rat zu einem von der Belegschaft abgehobenen Organ,
welches kaum in der Lage ist, die Interessen der Kollegen aufzugrei-
fen, geschweige denn durchzusetzen.
Neben dieser "sozialpartnerschaftlichen Grundkomponente der Persona,! -
rats-Arbeit" wird die Politik und die Arbeitsweise des Personalrats
durch seine "Aufsplitterung nach dem sogenannten Gruppenprinzip"
gepragt. Dieses institutionalisierte Gruppenprinzip, ahnlich dem
Personengruppenprinzip der OTV, also Trennung von Arbeitern, Ange-
stellten und Beamten, erschwert eine einheitliche Wil lensbildung in-
nerhalb des Personalrats und der OTV und dient "als Vehikel der Aus-
einanderdifferenzierung der Belegschaft im Personalrat" (Staatsdie-
ner, S. 176), aber auch der OTV.
Zwar haben jetzt auch Gewerkschaftsvertreter Zutrittsrecht zu Per-
sonal rats-Sitzungen und Personal versartmlungen, aber das dlirfen jetzt
auch Vertreter der Arbeitgeber und der Dienststelle. "Die Anwesen-
heit der 'Arbeitgeber' erschwert unter den gegebenen Kraf teverhal t-
nissen die Diskussion der Belegschaft auf der Personalversammlung
Liber die Durchsetzung ihrer Interessen. Gegenwartig bedeutet dies
vor alien Dingen Hemmungen bei der Kritik von innerbetrieblichen Zu-
sta'nden, Vorgesetztenverhal ten und der Entwicklung gewerkschaftlicher
Gegenstragegien" (Staatsdiener, S. 180). Wenn man noch bedenkt, daB
der Dienststellenleiter Oder auf der Personalversammlung als 'Arbeit-
geber' auftretende Ratsmitglieder gleichzeitig OTV-Funktionare sind,
dann wird die Fragwiirdigkeit dieses Systems und der OTV-Struktur
besonders deutlich'.
Zusammenfassend kann man sagen: "fast jede Verbesserung der Personal-
ratsarbeit im Interesse der Bescha'ftigten mundet in der Installie-
rung von Konfliktregelungsmodellen und Befriedigungsstrategien, die
ein kampferisches und klares Austragen grundsatzlich verschiedener
Interessenlagen vermeiden helfen soil en. Einschneidende betriebliche
Vera'nderungen ... kbnnen zum groBen Tell von den Kollegen nur durch
den 'Filter' Personalrat wahrgenommen werden. Von seiner objektiven
Funktion her bestimmt, und man sollte hier keine Illusionen Uber den
subjektiven Handlungsspielraum von bewuBten Gewerkschaftern in die-
sem Organ haben, sucht er schon im Herangehen an einen solchen Kon-
flikt den Ausgleich zwischen den Pol en 'Dienstherr' und Belegschaft...
und damit der Spontanietat mancher Reaktionen auf sich verscnlecntern-
2o
de Arbeitsbedingungen von vornherein die Spitze abzubrechen" (Staats-
diener, S. 181).
BewuBtseinsm'a'Sig ist der Personalrat insofern von Bedeutung, weil
seine aufgezwungene, aber auch akzeptierte politische Mbglichkeit,
"Interessenvertretung" genannt, am BewuBtsein der Kollegen natu'rlich
nicht spurlos vorliber geht. Der Personalrat als von der Basis nur
alle 4 Jahre kontrollierbares Gremium 'vertritt' die Interessen sei-
ner Kollegen, entfaltet vor den na'chsten Wahlen eine scheinbar fie-
berhafte Aktivita't, urn dann zu der iiblichen Zustimmungspraxis zu-
ru'ckzukehren. Die Folge ist wachsendes Desinteresse. . . an gewerk-
schaftlicher Arbeit im Betrieb, verbunden mit der Einsicht, der Per-
sonalrat 'werde es schon machen1.
Von ihrer gesetzlichen Fixierung her sind die Personalrate aber we-
der in der Lage, "soziale Konflikte im Interesse der Beschaftigten
kompromi 61 os durchzufechten" (Staatsdiener, S. 200), noch konnen
sie fur die Sta'rkung ka'mpferischer Gewerkschaftspoli tik eintreten,
im Ubrigen sind ihnen bei Gewerkschaftsaktionen die Ha'nde gebunden.
Urn aus diesem Dilemma heraus zu kommen, entwickelten sich auch in
der OTV Vorstellungen Liber den Aufbau eines gewerkschaftlichen Ver-
trauensleutesystems, das einerseits die Interessen der Mitgiieder an
der betrieblichen Basis besser vertreten und artikulieren soil, an-
dererseits aber auch die Kontrolle der verstarkten Basisbewegungen
garantiert. Ober die Vertrauensleute sollte auch versucht werden,
die Personalrate starker zu fordern.
DAS GEWERKSCHAFTLICHE VERTRAUENSLEUTESYSTEM
Vertrauensleute sind kein eigenstandiges Organ der OTV, sondern
sind satzungsma'Big der Kreisverwal tung angegl iedert, ihre Aufgaben
werden in den Leitsatzen vom 26.2.75 geregelt.
§ 21, Abs. 1: "Die Kreisverwal tung betreut die Mitgiieder und sorgt
daflir, daB in alien Betrieben und Verwaltungen Mitgiieder geworben
werden und gewerkschaftliche VL tatig sind".
§ 21, Abs. 2: "In alien Betrieben und Dienststellen bilden OTV-Mit-
glieder betriebliche Gewerkschaftsgruppen, die in Mitgliederver-
sammlungen ihre VL wahlen. Diese arbeiten im Rahmen der "Leitsatze"
an der Gestaltung und Festigung der Organisation mit. Bei der Aus-
Libung dieser Aufgaben stehen sie unter dem besonderen Schutz ihrer
Gewerkschaft. Das VL-System ist die Grundlage flir die Abteilungsar-
beit nach § 30 OTV-Satzung"!
In den Leitsatzen werden die VL als "Grundorganisation" bezeichnet,
denen "eine zentrale Aufgabe" zukommt. "Sie sind den Auftragen aus
der Wil lensbildung verpflichtet und gehalten, alle gewerkschaftli-
chen Gremien zu unterstutzen und gewerkschaftliche Beschlusse in
den Betrieben und Verwaltungen durchzusetzen und den gewerkschaftli-
chen Will en der Mitgiieder zu bekunden". Sie "arbeiten im Rahmen der
Satzung, der Beschlusse der Organe und der Richtliriein ... an der Ge-
staltung und Festigung der Organisation mit". Gewahlt werden sie fur
4 Jahre durch die Mitgiieder, "sie bedlirfen der Bestatigung durch
den Kreisvorstand". ., .
Ist eine Wahl der VL nach den Leitsatzen nicht moglich, so werden
- 21 -
VL durch BeschluB der zustandigen Organe bestellt. Die Bestellung
ist zeitlich zu begrenzen" und gilt nur "bis eine Wahl durchgefuhrt
1st".
Die primare Aufgabe der VL liegt in der Information und Aufklarung
der Mitglieder, ihren "Will en festzustellen und an die Kreisver-
waltung heranzutragen, neue Mitglieder zu werben und Mitgliedervei
luste zu verhindern, bei der Bildung von Betriebs- und Personal ver-
tretungen... mitzuwirken" und die Kreisverwaltung "bei gewerkschaft-
lichen Aktionen zu unterstlitzen". Eigenstandige Verbffentlichungen
oder gar Organisierung gewerkschaftl icher Aktionen sind ihnen unter-
sagt, sie haben lediglich das direkte Antragsrecht an den Kreisvor-
stand.
Es ist eindeutig, daB nach dem Willen der OTV-Flihrung die VL als
verlangerter Arm der Kreisverwaltung dienen soil en und daB sie mcht
allein, sondern gemeinsam mit der Kreisverwaltung die gewerkschaft-
liche Politik im Betrieb durchfiihren. "Das dies angesichts der Poli-
tik dieser Gewerkschaftsfiihrung den mit der Verscharfung der Arbeits-
und Lebensbedingungen der staatlichen Lohnarbeiter erwachsenen ge-
werkschaftl ichen Aufgaben in den Augen der Mitglieder immer weniger
fbrderlich ist, liegt auf der Hand" (Staatsdiener, S. 20").
Trotz dieser Einschrankungen und Begrenzungen bilden Betriebsgruppen-
und Vertrauensleutearbeit eine wesentliche Mbglichkeit (alternative.-)
gewerkschaftl icher Organisierung und Politik auf der betriebl ichen
Ebene. Die darin enthaltene Chance, zumindest auf der Kreisebene ein-
zuwirken und die OTV wieder zu einer Gegenmacht werden zu lassen und
ihre Mitglieder zu mobilisieren, sollten wir konsequent wahrnehmen.
EINSCHATZUNG UND KRITIK
DER ORGANISATORISCHEN STRUKTUR DER OTV
ALTERNATIVE
ARBEITS | IEBENSWEISEN
B. Uineweber/K.-L, Schiebel
Die Revolution 1st vorbei - wir haben
geiiegt.
Die community-Bewegung. Zur Organijationi-
froge der Neuen Linken in den USA und der
8RD. 9 DM
Herb Gintis
Zur Diolektik der BewuQrwerdung im
Spatkapitolismui. 5 DM
A. HegedUs/M. Vajdo/A. Heller u, a.
Die Neue Linke in Ungarn . Bd. 1 9 DM
Bd. 2 12 DM
4"ln einem enttduschenden AutmaB haben die
"Militanten selbst ihre Gesellschafrikrilik so
stark 'veraufjerlicht', daB daraut abjtrakte und
unperittnlioSe Forderungen geworden iind, die
weder EinfluB auf ihr eigenei per»tJnlich«i Leben
noch ouf daj derer auiUben, die lie politisieren
wollen. In Wirkllchkelt leugnen lie den Uriprung
ihre! eigenen BewuBtieinl, entpertanlichen die
politiiche Aktivitot und negleren damlt ihre
eigene Militanz."A
MERVE •** -36-
1 Berlin 15, Poitfach 327
THEATER
IM
JUGENDZENTRUM
Das Unabhiingige Jugendzentrum
GLOCKSEE
3ooo Hannover, Glocksecstr. 35
plant im Mai und Juni 1977 eine
THEATERVERANSTALTUNGSREIHE
Gruppen, die
KINDER -
JUGEND -
POLITTHEATER
spielen wollen, schreiben an UJZ.
Da der Organisationsbereich der OTV in die unterschiedlichsten Be-
reiche zerfallt, ist es die Reg el , daB die Kollegen eines Bereiches
nicht wissen, was die Kollegen anderer Bereiche fiir Probleme haben.
Wer in der Kommunalverwal tung arbeitet, kennt z.B. die Probleme
im Nahverkehr nicht, Versorgungsbetn'ebe und allgemeine Bundesbe-
horden haben im BewuBtsein der Kollegen oft nichts miteinander zu
tun. Selbst bei einem gemeinsamen Arbeitgeber sind die verschiede-
nen Probleme untereinander oft nicht bekannt, denn was wissen schon
Sozialarbeiter und Miillarbeiter voneinander oder was haben Feuerwehr
und Sparkasse gemeinsam, alle vier Fachgruppen sind aber in der
Hauptabteilung Gemeinden. Die wenigsten Kollegen werden auch wissen,
daB z.B. Friseure und Rei sebiiroangestell te zum Organisationsbe-
reich der OTV gehbren.
Wie diese zu organisierenden Bereiche selbst, ist auch die Organi-
sation der. OTV im ganzen uniibersichtlich und fur die meisten Kol-
legen nicht uberschaubar. Schon allein wegen der fehlenden forma-
len Obersicht werden immer wieder Kollegen von Funktionaren abge-
schmettert, u.a. weil Antra'ge nicht an die zustandigen Gremien ge-
stellt, weil Fristen nicht eingehalten oder weil der Instanzenweg
nicht eingehalten wurde.
Entsprechend dieser Vielfalt gliedert sich die OTV in viele einzel-
ne Abteilungen, Fach- und Statusgruppen. Diese Aufspli tterung ist u.a
auf die Besonderheit staatl icher Lohnarbeit zuriickzufuhren. Ver-
schiedene Abteilungen werden entsprechend dem jeweiligen Inhalt der
konkreten staatlichen Aufgabe gebildet, so z.B. die Abteilung So-
zialarbeit. Wahrend die Lohnarbeiter beim Kapital branchema'Big or-
ganisiert sind, tritt an die Stelle der Industriebranche beim
Staat dessen einzelne Aufgabe, deren Erledigung abteilungsweise an-
gegangen wird. Wahrend in der Industrie die Branchen durch Kapital-
fluB, die Wanderung der Arbeitskrafte und den Markt in engem Zusam-
menhang zueinander stehen, daher auch gemeinsame Aktionen der Indu-
striearbeiter verschiedener Branchen immer wieder mbglich und not-
wendig werden, sind die Abteilungen des bffentlichen Dienstes von-
einander getrennt.
Ein weiteres Problem ergibt sich aus der dienstrechtl ichen Zersplit-
terung der staatlichen Lohnarbeiter, durch die sogenannten Personen-
qruopen und Statusgruppen und deren Verfestigung durch den orgam-
satorischen Aufbau innerhalb der OTV (Arbeiter, Angestellte, Beamte).
Nicht nur die Anerkennung des Wahlmodus bei Personal- und Betnebs-
ratswahlen, der die Wahllisten nach Personengruppen trennt, son-
dern auch gerade die Tatsachen, daB diese Tei lung der staatHchen
Lohnarbeiter durch die Organisationsstruktur der OTV reproduziert
- 23 -
wird, tragt zu den Spannungen und zu der Spaltung zwischen diesen
Gruppen bei , obwohl hier natLirlich auch bewuBtseinsma'Bige Unter-
schiede nicht geleugnet werden kbnnen (aber auch die haben ja real e
Ursachen!).
Bisher versucht die OTV diese Probleme auf verschiedene Weisen zu
Ibsen. Drei "Problemlbsungsstrategien" sollen dazu kurz angerissen
und selbst wieder problematisiert werden.
1. Um die auseinanderstrebenden Bereiche und Gruppen zusammenzuhal -
ten, hat die OTV eine starke zentralistische Verwaltung aufge-
baut;
2. Um die Status- und Fachgruppen einander naher zu bringen, betont
die OTV das Betriebsprinzip und baut entsprechende Vertrauensleu-
tekbrper auf;
3. Um die Zersplitterung in staatlichen Bereich langfristig aufzu-
heben, fordert die OTV ein einheitliches Dienstrecht, d.h. beson-
ders: Tariffahigkeit aller staatlichen Lohnarbeiter und entspre-
chendes Streikrecht.
STARKER APPARAT
Die kaum zu bestreitende Notwendigkeit einer effektiven gewerkschaft-
lichen Organisation wird in der OTV (und in anderen Gewerkschaften)
dadurch gemeistert, daB "effektiv" gleich "zentralistisch" gesetzt
wird. Unter Beibehaltung bestimmter, wichtiger demokratischer Prin-
zipien (Gewerkschaftstag, Delegationsprinzip, Begrenzung der Zahl
der Hauptamtlichen in bestimmten Gremien) hat sich in der entpoliti-
sierenden Phase der Partnerschaftsideologie gezeigt, daB nichts oh-
ne Zustimmung des Apparats lauft: keine Wahl einer Vertrauensfrau
(-mann), keine Verbffentlichung einer Stellungnahme.
Hinzu kommt noch die Widerspiegelung staatlicher Hierarchie auch
innerhalb der OTV, d.h., daB in der bffentlichen Verwaltung OTV-Kol-
legen, die Vorgesetzten-Funktionen ausliben, gleichzeitig aktive Funk-
tionare in der Gewerkschaft mit wichtigen Leitungsfunktionen sind.
Durch diese Doppelfunktion einer nicht unerheblichen Zahl von Kolle-
gen entstehen vielfaltige Interessenkonflikte, die die Artikulation
und Durchsetzung der Interessen der Masse der Mitglieder erschweren
und u.U. vielleicht auch verhindern. Diese Doppelfunktion erschwert
fur viele Kollegen die Erkenntnis, den Gegner zu definieren bzw. zu
erkennen und kann sowohl am Arbeitsplatz als auch in der Gewerkschaft
zu Anpassung und Resignation flihren.
Diese Konflikte v.erscharfen sich noch, wenn OTV-Funktionare Mandats-
trager in kommunalen Parlamenten, Stadtrate oder gar Personalchefs
stadtischer Betriebe sind. Dann kann es passieren, daB der Leiter
des Personalamtes gleichzeitig im Kreisvorstand ist, also quasi mit
sich selbst verhandelt, oder daB OTV-Funktionare als Stadtarte im
PersonalausschuS der Kommune an einstimmigen BeschlUssen zur Perso-
naleinsparung beteiligt sind und innerhalb der OTV dann wieder dage-
gen "kampfen".
FLir das einfacheMitglied ist eine solche Verflechtung von Funktionen
oft eine Bestatigung des verbreiteten Vorurteils, daB diese Kollegen
um der Karriere willen in diese Funktionen aufgeriickt sind. DaB da-
durch die Organisation in ihrer Handlungsfahigkeit beeintrachtigt
- 24 -
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wird, liegt auf der Hand. Um diese festgefahrenen Strukturen wenig-
stens ansatzweise zu durchbrechen, ist es unbedingt erforderlich,
sich Kenntnisse und Informationen liber Wahlzeiten und Wahl verfahren
zu verschaffen, um auf die Wahl von Funktiona'ren EinfluB nehmen zu
kbnnen und um ein MindestmaB an Garantie zu haben, daB' Interessen
und Forderungen auch wirklich vertreten werden.
BETRIEBSGRUPPEN
Auch wenn das Betriebsgruppenprinzip als Starkun
lichen Einheit zu begruBen ist (vor allem wegen
Vertrauensleutekbrpers), so kann es doch nicht a
Fachgruppenarbeit dienen. Professional isierungs
fachspezifische Belange uberlieBe man dann meist
rufsverbanden. DaB mit dem "linken" Argument der
Betriebsgruppen funktionierende, aber unbequeme
schlagen werden kbnnen, darauf wird in den Erf ah
weiter eingegangen. (Siehe Seite 27ff)
g der gewerkschaft-
des Aufbaus eines
Is Ersatz fur die
probleme und andere
reaktionaren Be-
Propagierung von
Fachgruppen zer-
rungsberichten noch
DIENSTRECHTSREFORM
NatLirlich ist ein einheitliches Dienstrecht fur alle staatlichen
Lohnarbeiter anzustreben. Der PferdefuS liegt nur darin, daB die Ver-
handlungen der OTV z.B. bei den letzten BAT-Rahmentarif-Veranderun-
gen genau das Gegenteil ergaben: namlich eine erneute weitere Dif-
ferenzierung der BAT-Gruppen. '
Daruberhinaus wird bei einer "schrittweisen" Durchflihrung einer
Dienstrechtsreform auf jedem "Schritt" zunachst von Rationalisie-
rungsmbglichkeiten Gebrauch gemacht werden. ("Leistungsgesichtspunk-
te"). DaB dabei Disziplinierungen, Umsetzungen, Einkommensverminde-
rungen und "Privatisierungen" quasi als Nebeneffekte- zusatzliche Be-
deutung bekommen, dafu'r sorgt schon die (vor-)herrschende Machtstruk-
tur im bffentlichen Dienst selbst: Die groBe Koalition von rechter
SPD liber FDP bis hi n zur CDU/CSU samt Kampfverba'nden (BeamtenbUnde).
Die angedeuteten Widerspruche und Probleme la
nur durch starkere Aktivierung der Basis und
starkeren Ruckhalt progressiver Funktionare (
angehen. Langfristig einhergehen muB damit ei
sierung der Organisation selbst - aufbauend a
kbrper.
Um damit sofort anzufangen, soil ten die sozia
ter sich starker um die Wahlen klimmern (s.o.)
greifende Mitgliederversammlungen initiieren,
aufzugreifen, von denen die Kollegen aller B
z.B. Rational isierung im bffentlichen Dienst
reichsspezifische Probleme auszutauschen und
breitere Sol idari sierung zu ermbglichen.
ssen sich mittelfristig
einem damit vorbundenen
auch solche gibt es! )
ne starkere Demokrati-
uf dem Vertrauensleute-
listischen Gewerkschaf-
und z.B. bereichsliber-
um zum einen Interessen
ereiche betroffen sind
Zum anderen, um be-
kennenzulernen, um eine
Eine besondere Bedeutung hat dabei auch die jahrliche Diskussion um
die Tarifrunde im bffentlichen Dienst. In den letzten Jahren sind
die Tarifforderungen des Hauptvorstandes immer frliher herausgegeben
und publiziert worden, als die Diskussionen an der Basis liber die
- 25 -
Tarifrunde stattgefunden haben. Der Vorschlag des Hauptvorstandes
hatte imraer den Charakter einer verbindlichen Empfehlung und ist in
sehr vi el en Kreisen, in denen zur Tarifrunde keine Mitgliederver-
sammlungen stattfanden, sogleich zur Forderung der Mitglieder erho-
ben worden. In anderen Kreisen, in denen DTV-Kol legen sich die Ar-
beit machten, Reallohnverlust, Preissteigerungsrate und Arbeitsin-
tensivierung in Beziehung zu setzen und damit auf eine hohe Lohn-
forderung kamen, wurden diese Forderungen entweder schon von der
Kreisverwaltung oder spatestens auf Bezirksebene abgeschmettert,
wenn aus den Forderungen aller Kreisverwaltungen der Durchschmtt
gebildet wurde, der dann genau dem Vorschlag des Hauptvorstandes
entsprach. ..
Urn diesem Verfahren der Gewerkschaftsfuhrung entgegenzuwirken, sol I-
ten die Diskussionen Liber die Tarif forderungen in alien Kreisen
friiher (mbglichst schon im Oktober/November) , intensiver mnd_ - wenn
moglich - bereichslibergreifend stattfinden.
Ein weiterer Punkt, der in diesem Zusammenhang diskutiert werden muB ,
ist das Schlichtungsverfahren, durch das die Moglichkeit des Arbeits-
kampfes verhindert wird. So heiBt es in den Richtlinien der Gewerk-
schaft OTV liber Urabstimmung und Arbeitskampf : "Ein Streik zur Durch-
setzung tarifrechtlicher Forderungen darf grundsatzlich erst einge-
leitet und durchgefuhrt werden, wenn keine Friedenspflicht mehr be-
steht, evtl. vorgesehene Schlichtungsverfahren erfolglos durchge-
fiihrt, alle zumutbaren Verhandlungsmbgl ichkeiten ausgeschopft und
keine Verstandigung mit der Arbeitgeberseite zustandegekommen ist.
Erstraals eingesetzt wurde das Schlichtungsverfahren von der DTV in
der Tarifrunde 1976 und hat da auch ganz klar seine Funktion bewie-
sen, Tarifabschllisse nur noch Liber den Verhandlungsweg zustande
zu bringen und den Mitgliedern ein wichtiges Werkzeug ihrer Interes-
senvertretung aus der Hand zu nehmen. Das Schlichtungsverfahren soll-
te deshalb in jeder neuen Tarifrunde als hemmendes und abblockendes
Mittel abgelehnt werden.
AKS Frankfurt
DIE ENTWICKLUNG DER FACHGRUPPE "SOZIALARBEIT"
IN DER OTV FRANKFURT
"Die OTV vertritt die wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und
beruf lichen Interessen ihrer Mitglieder."
So einfach sich dies in § 3 der OTV-Satzung liest, so korapliziert
stellt sich die Wahrnehmung der Interessen in der Praxis dar.
Ursache daflir liegt nicht nur in den Strukturen der OTV, die fur das
einzelne Mitglied kaum durchschaubar sind, sondern auch in einer
spezifischen Politik, wie sie hier durch den zustandigen hauptamtli-
chen Sekretar betrieben wurde. DaB der Sekretar in seiner Haltung
und Vorgehensweise den Kreisvorstand repra'sentiert, muB bei der Kri-
tik an ihm wohl nicht jedesmal erwahnt werden.
Man sollte annehmen, seine Aufgabe bestande darin, die Mitglieder
in dem ihm zugeordneten Bereich (hier: Sozialarbeit) zu betreuen,
daftir zu sorgen, daB eine Interessensartikulation mbglich ist, mit
dazu beizutragen, daB eine aktive, mobilisierende und attraktive Arbeit
entwickelt wird. Genau das Gegenteil ist der Fall; das zeigen die
Auseinandersetzungen urn die Abteilung Sozialarbeit in Frankfurt und
das Verhalten des Sekretars Rbhre.
Betrachtet man diese Auseinandersetzung, so drangen sich neben den
Fragen nach
- der Artikulation und Durchsetzung unserer gewerkschaftlichen Inter-
essen angesichts der staatlichen Haushalts- und Strukturpolitik
und der Beruf sverbots- und Disziplinierungspolitik
- der innergewerkschaftlichen Demokratie;
auch die Frage auf, wer betreibt eigentlich "gewerkschaftsschadigen-
des" Verhalten?
In den vergangenen Jahren hat die OTV auf alien Ebenen Kollegen we-
gen satzungswidrigem und gewerkschaftsschadigendem Verhalten ausge-
schlossen. Hintergrund ist, daB diese Kollegen sich dem Prinzip der
innergewerkschaftlichen Demokratie verpflichtet fiihlten, sich ent-
sprechend verhielten und eine aktive Politik gegen die Berufsverbote
aber auch gegen die DGB-Unvereinbarkeitsbeschllisse verfolgten. An
die Stelle der politischen innergewerkschaftlichen Auseinandersetzung
trat/tritt ein formales AusschluBverfahren, das Tendenzen einer so-
zialdemokratischen Richtungsgewerkschaft Vorschub leistet.
Wie aber anders als "gewerkschaftsschadigend" ist das Verhalten eines
Sekretars zu bezeichnen, der durch bewuBte Untatigkeit nicht nur die
entwickelte Arbeit der Abteilung Sozialarbeit zerschlagt, sich sat-
zungswidrig verhalt und demobilisierend auf die Mitglieder wirkt.
Diese Entwicklung soil im folgenden dargestellt werden.
Bis vor wenigen Jahren war der gewerkschaftliche Organisationsgrad
von Sozialarbeitern und eine gewerkschaftliche Arbeit im Sozialbe-
- 27 -
26
w
reich gleich Null. Studentenbewegung, das Aufbrechen von Widerspru-
chen im Sozialbereich, die Pol itisierung von Teilen des Klientels,
der Sozialarbeiter/padagogen und Erzieher fUhrten sowohl zu Selbst-
organisationsansatzen (z.B. Bildung des AKS Frankfurt 1970) aber
auch im Zuge dieser Arbeit zu einer verstarkten gewerkschaftl ichen
Tatigkeit.
Ausgangspunkte daflir waren die Einschatzung, daB
- die Gewerkschaft die derzeit einzige Interessenorganisation der
Arbeiterklasse ist, sie die Moglichkeit des Kontaktes zur arbei-
tenden Bevolkerung bietet und damit Sozialarbeitern Bundmstunk-
tionen anbieten kbnnen,
- Arbeitsrechtsschutz notwendig und
- die OTV Vertretungsorgan fur berufspolitische, Besoldungs- und
T 3 y "i f f )"fl o p n "ist
Ziel war dabei die innergewerkschaftliche Durchsetzung von Forderun-
qen die die Arbeit im Sozialbereich betraf (inhaltliche Konzepte,
Arbeitsplatzprobleme etc.) sowie das Aufbrechen des unter Sozialar-
beitern und -padagogen weit verbreiteten "antigewerkschaftl ichen
BewuBtseins Aufgrund ihrer Klassenlage - Mi ttelschichtsangehonge,
Aufsteiger - verstehen sich auch heute noch viele Sozialarbei ter
nicht als Lohnabhangige. Die Ideologie des Helfens verbietet das Ein-
treten fur materielle Forderungen und erschwert eine politiscne Ein-
schatzung der Funktion von Sozialarbeit.
Bis zum Herbst 1974 stieg nicht nur der gewerkschaftliche Organisa-
tionsgrad unter den Sozialarbeitern/padagogen und Erziehern, "ber
die Mitgliederversammlungen der Fachabteilung gelang auch eine akti-
vierende politisch ausgepragte Arbeit. Im Vordergrund standen larit-
fraqen, Arbeitsplatzkonfl ikte, Fragen der innergewerkschaftl ichen
Demokratisierung, sowie die Kampfe im Stadtteil (Hauserkampf und FVV).
Diese so verstandene politische Arbeit fiihrte nicht nur zu KonriiK-
ten mit dem OTV-Apparat, sondern auch zu erhebl ichen Auseinander-
setzunqen zwischen Mitgliederversammlung und dem Abteilungsvorstand
Sozialarbeit. D.h., der Abteilungsvorstand war nicht in der Lage, die
in den MVs sich arti kul ierenden Interessen aufzunehmen und gewerk-
schaftlich umzusetzen. „„u„~
Im Geqenteil, die von der Mehrheit des Abteilungsvorstandes durcnge-
flihrte Politik wurde von den MVs als blockierend durchschaut und zu-
Dies9fUhrtenam 7.11.1974 zum Rucktritt des Abteilungsvorstandes und
somit zur Lahmlegung der gesamten Abteilungsarbeit.
Begrundet wird der Rucktritt mit dem "Auftreten sektiereri ischer Grup-
pen, die dem Vorstand eine spontaneistische auf kurzfnstige Aktio-
nen ausgerichtete Politik aufgezwungen" ha'tten.
Der Fachgruppenvorstand betrieb eine DKP-onentierte Politik, die von
Beginn an auf eine zunehmende Entmundigung der Fachgruppenmitglieder
und der Mitgliederversammlung ausgerichtet war. (Damit soil mcht ge-
nerell etwas liber DKP-Gewerkschaftsarbeit ausgesagt werden).
Das Ansinnen des Fachgruppenvorstandes, die Mitgliederversammlung nur
noch in groBen Zeitabstanden einzuberufen, sollte das Engagement aer
Mitglieder dampfen und kanalisieren, wenn mcht gar diszip in^^n.
Aus diesem Grunde hat der Vorstand konkrete Auftrage der MVs ^cnt
oder nur unzureichend erfUllt, Forderungen nach Einberufung von ms
nicht beachtet und nichts dazu beigetragen, den gewerkschaft ncnen
- 28
Charakter und die Struktur der aktuell aufgegriffenen Konflikte
aufzuzeigen und zu verallgemeinern.
Der Vorstand trat zu einem Zeitpunkt zurlick, an dem seine abwiegle-
rische Funktion offensichtlich wurde.
CHRONOLOGIE DER EREIGNISSE
Die Entwicklung bis heute zeigt nicht nur die Ignoranz gegenliber den
Mitgliederinteressen, sondern macht auch das gewerkschaftsschadigen-
de Verhalten des Sekretars Rohre und des Kreisvorstandes deutlich,
die nichts unversucht lieBen, alle Bemlihungen zur Wiederankurbelung
der Fachgruppenarbeit zu torpediereh.
7.11.1974
Die Mehrheit des Vorstandes der Fachgruppe Sozialarbeit tritt zur'uck
und gibt somit dem Kreisvorstand die Moglichkeit, ohne vorherige Dis-
kussion mit den Mitgliedern eine Umstrukturierung vorzunehmen.
15./16. 11.1974
BeschluB des Kreisvorstandes zur Arbeit in der Abteilung Sozialarbeit
1. Die Abteilung wird vom Mitgliederversammlungs- auf das Delegierten-
prinzip umgestellt.
2. Demnach werden Delegierte in den einzelnen Sozialstationen, Fach-
stellen und Rmtern etc. gewahlt, die auf Delegiertenversammlungen
die Meinung der von ihnen vertretenen Mitglieder darstellen und ver-
treten. Diese wahlen den Abteilungsvorstand. Dies bedeutet, daB
die Abteilung starker an die Arbeit in den Sozialstationen, Fach-
stellen etc. angebunden wird. So kann man etwa gewahrleisten, daB
in den Delegiertenversammlungen das Meinungsbild der breiten Mit-
gliedschaft und nicht das einzelner Gruppen zum Ausdruck kommt.
3. Die Wahl der Delegierten erfolgt zum Zeitpunkt der allgemeinen
Neuwahlen zu gewerkschaftl ichen Gremien im Fruhjahr 1975.
Damit wird eine Angleichung an die Amtszeit der librigen Ab'teilun-
gen und Hauptabteilungen sowie der Personen gruppen erreicht.
Zur Zeit werden die organisatorischen Vorbereitungen flir die Dele-
giertenwahl in diesem Quartal getroffen.
Dieser BeschluB wird den Mitgliedern mit einem vom 22. Januar datier-
ten Schreiben Ende Marz 1975 mitgeteilt.
26,2.1975
Eine vom AKS mittlerweile gebildete Initiative zur Einberufung einer
MV ruft zur Unterschriftensammlung auf.
Ca. 140 Kollegen unterschreiben die Resolution nach Durchflihrung einer
MV, urn die anstehenden Probleme der Fortflihrung der Abteilungsarbeit
zu diskutieren.
12.3.1975
Unterschriften werden dem Kreisvorstand Ubergeben.
21.3.1975
Der Sekretar Rohre antwortet der Initiative und lehnt die Einberu-
fung einer MV ab.
Er teilt mit, "daB die Vorbereitungen zur Durchflihrung des Beschlus-
ses (vom 15./16.11 . 1974) von dem Kreisvorstand auf seiner Sitzung am
- 29 -
24. /25. 3. 1975 abgeschlossen werde, so daB die Wahlen voraussicht-
lich ab Mitte April durchgefuhrt werden kbnnen."
Wohl aufgeschreckt durch die in der Resolution zum Ausdruck kommen-
de Unzufriedenheit, verschickt Rbhre mit gleicher Post den vom
22.1.1975 datierten Brief.
Die'lnitiative unterrichtet die Sozialarbeiter-Kollegen und kritv-
siert deutlich, daB mit dem bisherigen Vorgehen des ^fisvorstandes
das Prinzip innergewerkschaftlicher Demokratie noch welter aurgeiasT:
wird, zugunsten einer Politik, die von oben nach untenl,lhreJ*?~
schllisse durchsetzen will. Fur den 14. 4. wird zu einer Versammlung
im Gewerkschaftshaus eingeladen.
In der Zwischenzeit wird versucht, von Rbhre nahere Inf?™ati°"®" :=
liber Delegiertenschliissel und Wahlen zu erhalten. Ergebms: auswei-
chende Antworten und ein Hinweis, daB der Kreisvorstand am ib.t.
entscheide.
1!" Gewerkschaftshaus - der Saal wurde erst nach ^"en Verhandlungen
mit Rohre zur Verfugung gestellt - treffen sich uber 100 Kollegen
und Kolleginnen und votieren einstimmig fur einen Fortbestana aer
Abteilung Sozialarbeit,
In den n'achsten Monaten passiert nichts, Anrufe bei Rbhre bleiben
alle ergebnislos.
September 1975 .. in7wi.
Rbhre lud organisierte Sozialarbeiter und Erzieher ein, d e ™™\
schen als Vertrauensleute gewahlt worden waren. Diese fuh^" ."" _
aber nicht berechtigt, als Delegierte zu fungieren, da sie datur von
den Kollegen nicht gewahlt worden waren.
Da die DTV keinen Oberblick uber ihre in den verschiedenen Berelchen
organisierten Mitglieder besitzt, Libernahmen die Vertrauensleute cue
Aufgabe.eine entsprechende Aufstellung zu erarbeiten.
Dezember 1975 . . , _. . „„„ HiA riplp-
Rbhre fordert die Vertrauensleute auf, in den DienststelTen die ueie
giertenwahlen durchzuflihren. Genaue Modalitaten kennt nlemand so
tig.jal sind es TO Sozialarbeiter, die einen Delegierten wahlen,
mal 8, mal 5.
!a2Rohre lediglich die groBen Dienststellen - also Schulamt ""J Jo-
zialverwaltung infonnierte, Jbernimmt der AKS diese Info™a^^!r
mittlung und ruft allgemein zu Delegiertenwahlen auf und roraeri.
ein Treffen im Ma'rz 1976.
Mittlerweile hat die Demobilisierung soweit uin sich 9«rtfJ«"' Jf die
Wahlen auch nur schleppend vorangehen. Fur yiele Kollegen ^s* 3^gh.
schwer einsichtig zu machen, sich als Delegierte aufstellen und wan
Ten zu lassen.
3o -
Obwohl in der Folgezeit die Meldungen Liber die erfolgte Wahl bei
dem Sekretar Rbhre eingehen, bleibt dieser weiterhin passiv.
Fruh.iahr bis Herbst 1976
Einen erneuten VorstoB unternimmt "die Initiative zur Wiedereinrich-
tung der Fachgruppe Sozialarbeit in der DTV", die sich seit Anfang
Februar 1976 regelma'Big in der DomstraBe trifft. Es sind OTV-Kolle-
gen, Delegierte (Sozialarbeiter, Sozialpadagogen, Erzieher), die in
Sozialbereichen der Stadt, bei kirchlichen und "freien" Tragern,
Haus der offenen Tur, Arbeits- und Erziehungshilfe etc. arbeiten.
Diese Kollegen haben den Anspruch, die Gewerkschaft wieder zu dem
zu machen, was sie selbst in ihrer Satzung als Anspruch vertritt.
Diskutiert wird in der "Domstr." einmal, mit welchen Initiativen man
wieder zu der Einrichtung der Fachgruppe kommen kann, sowie liber
Konflikte, die in einzelnen Arbeitsbereichen entstanden. Gerade im
Heimbereich und den Hausern der offenen Tur haben sich die Konflikte
zugespitzt. Beispiel dafiir sind die Jugendwohnheime "Zingelswiese"
und"Ziegelhlittenweg" , wo die Interessen der Jugendlichen und der sich
mit ihnen solidarisierenden Sozialarbeiter im Widerspruch zu den In-
teressen des Tragers gerieten. Entlassungsdrohungen, KLindigungen,
Verlegung der Jugendlichen in andere Heime, Einweisungsstop ,und Schlies-
sung sind eine Auswahl erfolgter Repressionen.
Ein weiteres Problem sind die verstarkten Eingriffe der Polizei in
Sozialarbeiterbereiche:
In den Jugendhausern und -heimen sollen Jugendpolizisten eingesetzt
werden, mit denen die Sozialarbeiter zusammenarbeiten mlissen. (Bis-
her konnten diese Konzepte verhindert werden: siehe Info Nr. 15)
Die Bewahrungshelfer sollen nach einem neuen Gesetzentwurf Liber den
sogenannten sozialen Dienst der Justiz direkte Polizeifunktion liber-
nehmen, indem sie Ermittlungsarbeiten und den sogenannten ambulanten
Strafvollzug durchflihren sollen.
Weitere Probleme sind:
- RUckstufung der Sozialarbeiter-Einstufungsgehalter auf BAT Vb fur
den Zeitraum von 4 Jahren
- Rucknahme von tariflich nicht abgesicherten Leistungen
- RationalisierungsmaBnahmen, Wiederbesetzungssperre, Stellenstrei-
chungen, erhbhte Leistungsanforderungen
- Zunehmende Hierarchisierung.
Die Tatsache, daB seit 2 Jahren die gesamte Arbeit brach liegt, zeigt
natlirlich auch ihre Auswirkungen fur die Entwicklung von gewerk-
schaftlichen GegenmaBnahmen. Die minimalsten Voraussetzungen einer
gewerkschaftlichen Arbeit - also Information und Diskussion von ar-
beitsplatzbezogenen Konflikten - werden von der Interessensorganisa-
tion systematisch verweigert und somit eine gemeinsame Handlungsfa-
higkeit verhindert.
Kollege Rbhre sicherte zwar der Initiative fur Mitte September zu,
zu einem Delegiertentreffen einzuladen, doch wie in' der Vergangen-
heit, es blieb bei Ignoranz und Passivitat.
31
nfctnhw 1976 - Februar 1977 "Initio
Nachdem der Kreisvorstand und der Sekretar nach den von der initia-
tive" einberufenen zwei Treffen mit jeweils Liber 100 interessierten
Kollegen noch immer nicht reagierte (die OTV-Mitglieder muBten sogar-
die Saalmiete im DGB-Haus selbst tragen), lud die Vertrauensleutel ei -
tung der Sozialverwaltung die dort gewahlten Delegierten ein. in
einem ausflihrlichen Schreiben, das auch auf die neuen Beschiusse aes
OTV-Gewerkschaftstages einging, (Oberpriifung der Abtei lungs- una
Fachgruppenarbeit) forderten die Delegierten und die Vertrauensieute-
leitung den Kreisvorstand auf, baldmbglichst die Fachgruppe aut dem
Del egi ertenpr i nzi p ei nzuberuf en .
Der Kreisvorstand befaBte sich - sehr kurz - mit diesem Schreiben.
Der "Erfolg": der zustandige Sekretar lud zum 21.12.76 die bis dan in
gewahlten Delegierten (Liberwiegend nur aus der Sozialverwaltung und
HOT) zu einer nicht bffentlichen Delegiertensi tzung ein. Der tinia
dung lag jeweils ein Delegiertenausweis bei .
Dieses"erste" Delegiertentreffen platzte bevor es eigentlich begann.
Obwohl im Laufe des Abends die Anwesenden mehrheitlich dafiir stimmten,
dieses erste Treffen nicht offentlich abzuhalten (1. um dem Kreisvor-
stand keinen Grund zu bieten, das Ganze wieder abzublasen und 2. mit
dem Ziel, einen arbeitsfa'higen Vorstand wahlen zu kbnnen, der dann
die Offentlichkeit wiederherstellen kbnnte), kam eine ganz kleine An-
zahl von Mitgliedern der Aufforderung, den Saal zu verlassen, nur zo-
gernd nach. Dem Sekretar, der zwei Jahre lang die Kollegen hinhalten
konnte, ging es in diesem Fall nicht schnell genug, er brach die _
Sitzung ab und verlieB den Raum. Nach 2 1/4 Oahren existiert noch im-
mer keine Fachgruppe.
KONSEQUENZEN
Was folgern wir als AKS aus der bisherigen Entwicklung und wo sehen
wir unsere Ansatzpunkte fur eine gewerkschaftl iche Arbeit?
1. Eine Perspektive gewerkschaftl icher Arbeit kann nicht allein aus
der besonderen Situation der Sozialarbeiter entwickelt werden, son-
dern muB ausgehen von den sich verschlechternden Lebensbedingungen^
der arbeitenden Bevblkerung und den sich verscharfenden Klassenaus-
einandersetzungen. . , ■ ,.
Die allgemeine Verschlechterung driickt sich aus in steigender arDeits-
hetze und der damit verbundenen physischen und psychischen Ausbeu-
tung der Arbeiter; Wohnungsnot aufgrund erhbhter Mi eten, mangel nde
personelle und finanzielle Versorgung im Bil dungs- , Sozial- und fae-
sundheitsbereich.
Im Bereich der Sozialarbeit ergibt sich durch die Krise auch ein
verstarkter Druck auf die Sozialarbeiter; erhbhte Belastungen und
Arbeitsanforderungen bedingt durch die zunehmenden sozialen Probie-
me, die personelle Unterbesetzung, bzw. Einstellungsstop. Damit einher
gent auch ein zunehmender disziplinafer Druck.
2. Ausgangspunkt fur unsere Arbeit ist das Prinzip der Einheitsge-
werkschaft und der freien gewerkschaftl ichen Betatigung aller m%-
glieder. Wir wehren uns gegen alle Versuche, durch UnvereinbarKeiTs-
erklarungen, Abgrenzungsbeschlusse und Satzungsa'nderungen die nu-
32
glieder auf eine bestimmte Politik festzulegen und sich der Diskus-
sion gewerkschaftl icher Forderungen zu entziehen.
Ziel, Trager und Ursprung innergewerkschaftl icher Demokratie muB der
artikulierte Wille der Mehrheit der Mitglieder in den unmittelbaren
Willenskundgebungen der Organisationsgliederungen (Betriebsgruppe,
Versammlungen auf Abteilungs-, Kreis- und Bezirksebene etc.) sein.
3. Aus den Erfahrungen der OTV-Arbeit bis zur Auflbsung mLissen wir
selbstkritisch festhalten, daB
- die Gewertschaftsarbeit zu sehr auf die Fachgruppe und die Ausein-
andersetzungen mit dem Kreis- und Abteilungsvorstand beschrankt
blieb,
- die Arbeit gegenuber anderen DTV-Abteilungen isoliert blieb,
- die Interessen der Verwaltungsangestellten in die OTV-Arbeit einzu-
beziehen kaum unternommen wurde, und auch versaumt wurde, bei ihnen
Verstandnis zu wecken fur eine "klientbezogene" Sozialarbeit.
4. Der Schwerpunkt unserer Gewerkschaftsarbeit liegt auf der Entwick-
lung der betrieblichen Basis-Mi tarbeit /bzw. Aufbau von OTV-Betriebs-
gruppen, wobei eine ausschlieBliche Orientierung auf Sozial arbeiter-
kollegen vermieden und die Verwal tungsangstell ten miteinbezogen wer-
den mLissen.
Aufgegriffen werden mLissen alle Probleme, die sich aus dem Arbeits-
verhaltnis der Beschaftigten und -gruppen ergeben: Lohnfragen, Ar-
beitsbedingungen, Arbei tsbelastungen, Eingruppierung, Bildungsurlaub
etc. Versucht werden muB, diese Fragen im Zusammenhang und bezogen
auf die Funktion von Sozialarbeit und ihrer Auswirkung auf das Klien-
tel zu diskutieren.
Die Besonderheiten der Struktur des sozialen Bereichs erfordern dar-
liber hinaus die Notwendigkeit der Information, Koordination und ge-
meinsamen Arbeit auf Fachabteilungsebene.
Dabei geht es um die Diskussion von anstehenden Konflikten im Sozial-
bereich (z.B. Heimsituation) , geplante Strukturveranderungen und Ge-
setzesvorhaben. AuBerdem um eine langerfristige Arbeit, in der wir
innerhalb der OTV eine Politik durchzusetzen versuchen, die sich
nicht allein auf Tarifauseinandersetzungen reduziert. Auch die Aus-
wirkungen derzeitiger padagogischer Arbeit z.B. im Kindergartenbe-
reich mLissen thematisiert und gemeinsam angegangen werden. Die Dis-
kussion ist wichtig und viele Kollegen mLissen auch erst einmal fur
die Probleme sensibilisiert werden. Sie mLissen begreifen lernen, daB
gewerkschaftl iche Organisation mehr ist als ein Versicherungsort.
Formen der Gegenwehr mLissen gefunden werden.
Betriebsgruppenarbeit - Vertrauensleutearbeit - Fachgruppenarbeit
bedingen sich einander und mLissen miteinander verzahnt werden.
- 33
AKS Frankfurt
GEWERKSCHAFTSARBEIT IN DER DIENSTSTELLE
Alios unter
Verschlup
DERTOD EINESANSTALTSLEITERS ODER
EIN GEFANGENER VERSUCHT ANGEHORT
ZUWERDEN
Kiinkeler starb als Held —
,in Erfiillung seiner Pflicht'
DIE AKTIVITATEN DES FRANKFURTER
GEFANGENENRATS - und die Gegenschlage
von Polizei und Justiz
„Sie kummerten sich nach unserem Geschmack
zu stark um einsitzende Straftater"
KNASTALLTAG IN BUTZBACH
„Jede Beamtenreaktian muB den Abbau der
Gefangenenopposition erstreben"
— „Wjr sind nicht langer bereit, dies widerstands-
loshinzunehmen"
UBERLEBEN UND UNDERSTAND -
der Knast besteht nicht nur aus Mauern und
Stacheldraht
— Berichte und Stellungnahmen won Gefangenen—
Die ,Mai-Revolte' in der JVA Ffm-Preungesheim
„..,um auf die Haftbedingungen aufmerksam zu
machen.als deren letztes Opfer unsere Mitgefangene
Ulrike Meinhof zu beklagen ist"
„Unterscha'tzen Sie nicht unseron Unmut -
600 Mann spinnen nicht"
„Die Verhaltnisse haben Sprunge bekommen"
144 Seiten: Dokumentc . Fotos . Bilder und Zeichnungen von Gefangenen
Preis: 8,50 DM . ab 10 Exemplare 8,00 DM . Fiir Knastgruppen: 7,50 DM bzw. 7,00 DM
Bestellungen: Justizgruppe c/o AStA der J.W.Goethe-Universitat Frankf urt, JiigelstraSe 1
Hrsg:AStA Frankfurt am Main
*£TMl
n ik
Betriebsgruppenarbeit zu machen ist leichter gesagt als getan. Der
folgende Bericht zeigt daher auch mehr die Schwierigkei ten auf, als
daB er schon konkrete Handlungsmbgl ichkeiten, die auf ihre Ober-
tragbarkeit zu priifen waren, angeben kbnnte.
Die Anfangssituation stellte sich in der Dienststelle so dar, daB es
zwar einige DTV-Mitglieder gab und auch eine Vertrauensfrau, aber
von gewerkschaftlicher Aktivitat war nichts zu sp'uren.
Jeder arbeitet mehr Oder weniger isoliert vor sich hin. Selbst unter
der Gruppe der Sozialarbeiter ist eine Verstandngung schwierig, ob-
wohl doch jeder das gleiche Aufgabengebiet, die gleichen Kompeten-
zen hat, jeder das gleiche verdient (abgesehen vom Alter) und die
Hierarchie in der Abteilung Familienflirsorge einer Sozialstation
"nur" djrch die Sachgebietsleiterin besteht.
In den jetzt regelma'Big durchgeflihrten Dienstbesprechungen der So-
zialarbeiter werden die verschiedensten Themen aufgegriffen. Oft
kommt es zu groBen Meinungsverschiedenheiten, aber es ist uns schon
ha'ufig gelungen, unsere Meinung Liber anstehende Probleme gemeinsam
zu formulieren und schriftlich weiterzugeben. Dieser ProzeB muB
weitergeflihrt werden, auch wenn dies gerade bei individual istischen
Sozialarbeitern sehr schwierig ist.
Damit wir in der Sozialstation nicht all ei n dastehen, ist ein wei-
teres sehr wichtiges Ziel, daB in anderen Sozialstationen und Ab-
teilungen ahnliche Aktivita'ten gleichzeitig laufen. Leider ist dies
bisher noch wenig mbglich, oft nur Liber informelle Kontakte. Qber
die Abteilung Sozialarbeit in der OTV kann bisher nichts laufen,
weil sie schon seit Liber 2 Jahren nicht mehr existiert.
Noch schwieriger gestaltet
Sozialarbeitern und Verwal
ausgepragte Hierarchie der
gen, die unterschiedl iche
die enorme Arbeitsiiberbela
auf Hbhergruppierung (mehr
durch angepaBtes Verhalten
Sozialarbeitern und Verwal
Ding der Unmbgl ichkeit, al
gegen MiBstande etc. mit d
Zu leicht passiert es, sei
lassen, statt sich an die
de verantwortlich sind.
Auf Drangen der Sozialarbeiter hin finden seit einiger Zeit Bespre-
sich jedoch ein gemeinsames Vorgehen von
tungsangestell ten. Betrachtet man die
Eingruppierung in den Verwal tungsabteilun-
Bezahlung fur nahezu die gleiche Arbeit,
stung der Kollegen, das Angewiesensein
Geld, soziale Sicherheit, Verbeamtung)
, die gegenseitigen Vorurteile zwischen
tungsangestell ten, so scheint es fast ein
le Kollegen zu einem gemeinsamen Vorgehen
er StoBrichtung nach "oben" zu bringen.
nen Unmut am schwacheren Kollegen auszu-
zu werden, die fiir die miserablen Zustan-
35
chungen rait alien Beschaftigten der Dienststelle statt. Leider konn-
te noch recht wern'g gemeinsam erarbeitet werden, da die Berufsgrup-
pen (Verwaltungsangestellte und Sozialarbeiter) mit gegenseitigen
Vorurteilen belastet sind, die von den Vorgesetzten noch stark ge-
schu'rt werden. Durch die gemeinsamen Dienstbesprechungen muB aber
trotzdem der Versuch gemacht werden, ansatzweise einen LernprozeB
in Gang zu setzen, die Vorurteile zwischen den beiden Gruppen ab-
zubauen und durch gemeinsame Aktionen zu erfahren, daB man im Grunde
genommen gleiche Interessen hat.
Wichtig fur ein gemeinsames Vorgehen ist, daB der aktive Teil der
Mitarbeiter anstehende Probleme, MiBstande etc. aufgreift, daruber
diskutiert und die Kollegen gezielt in Einzel- und Gruppengesprachen
anspricht und motiviert, selbst fur ihre Sache mit anderen zusammen
einzutreten. Urn sich gegenseitig besser unterstutzen zu kdnnen, In-
formationen auszutauschen, ist ein ununterbrochener Austausch not-
wendia Dies wird ansatzweise versucht auf der Ebene der Gewerk-
schaftsarbeit. Seit ca. 1 1/2 Jahren gibt es gewahlte Vertrauensleu-
te Mehr Oder weniger regelma'Big gibt es OTV-Sitzungen, an denen je-
doch noch recht wenig Kollegen teilnehmen. U.a. wird diskutiert uber
Probleme am Arbeitsplatz selbst, sowie uber Themen, die die Sozial-
verwaltung insgesamt, die Stadtverwal tung, Vertrauensleutearbeit,
OTV-Arbeit etc. betreffen.
Diese Basisarbeit la'Bt noch sehr zu wunschen ubng. Oft bestent die
Gefahr zu resignieren, wenn sich nur so wenig Kollegen fur ihre ei-
genen Belange engagieren.
Wichtig ist daher, daB diese Arbeit nicht isoliert auf einer Dienst-
stelle lauft Es ist notwendig, daB eine Ebene gefunden wird, auf
der ein Austausch, und weitere Akti vita ten etc. mit Kollegen aus ande-
ren Dienststellen erfolgt. Mbglichkei ten erbffnen sich durch die
Vertrauensleutearbeit in der Sozialverwaltung.
Diaser erste nicht von Sparkassenwerbern sondern von Lehrern fur
Lehrer gemachte Kalender ist ein Gebrauchsbuch, das zugleich an die
lange {wenn auch oft verschiittete) Tradition fortschrittlich-demokra-
tischer Lehreraktivitaten anschlieftt.
Angeregi vom Roten Calender und vom Frauenkalender haben die
Autoren Heinrich Dreidoppel, Gerd Grutzmacher und Barbel Maiwurm
(alle aus Koln) ein umfangreiches Zitatenmosaik zusammengestellt
und mit vielen Fotos, Karikaturen ond Comics illustriert. Man kann
darin hin- und herblattern, kreuz- und querlesen, uberspringen, die
Wut kriegen, sich amiisieren, vergessen, in Konferenzengewichtigda-
rauszitieren.
Die Lekture ergibt ein Kaleidoskop mit Notizen zur Problematik von
Alltag, Schule und Erziehung, vielen konkreten Hinweisen, Anregun-
gen und Materialien zur taglichen Arbeit. Erganzt um Daten der tagli-
chen Repression und deren Vorgeschichte ist der Lehrerkalender zu-
gleich Politkaleidoskop, das Mut macht, auf Einschiichterungen wil-
der solidarisch und politischzu reagieren.
Mit 4 Stundenolanen, 4 SchOler listen fur den Klassen lehrer, 32 No-
tenlisten, einem Term inkal end er und vielen weiteren niitzlichen Ru
briken, Texten und Daten.
Der Lehrerkalender ist aufs Schuljahr bezogen, nicht aufs Kalender-
jahr. Er reicht vom August 1 977 bis zum Juli 1 97B.
DIN A 6, 352 Seiten, flexibler Kunststoffeinband, DM 8,50
ISBN 3-87038-050-0 Erstauslieferung Anfang Mai 1977
Lehrer
Kalender
1977/78
Nauartchaiiiunaan: Qorain lialarber lit liar Band FAKI1IK
ZEITALTEH - Dokumenie zur Gaichlchta dar Indmtriall
lierung am Bailpial von Riiiiuislmim.SOS . to 400 Abbildg
OM 1230. In UortHFaiiung: WEM GEHbHT DIE UNIVER
SITAT7 Unienuchunuen turn Zuummanhang. von V
■chaft i inn Harrictialt snlaMlch d<ti BOOjihrlnen Bmahani
dar Univarsiitt TiJblnoan, mil Baitrieer. von 17 Au
hr*g. von Martin Doahlamann, ca. 360 Saltan, ca DV
Anabu-Vailag
Griinbtro«rSlraS«1B
6300 Lahn-GlaSar> 1
WichtlofurSbiidarballaf:
DitOiMid Katbi IHrtg.l . . . gigti Kind una Kumi
□!• 1927 von bar Hoian Wlfa baiBUKWr™*""
iua dar BthO'den pagan dfa Arball«ki™i»rhaiiT>»
BarkanhoH und „Mop(", dar Hch andan wnialliU
■chan Wandbilda-n Halnrlch Voflalan In Balkan
hot' antiiindata. Dai Buch gibt auth ElnUlK* '"
die ArDall <lar Maim*, am Kill KlndanalchnunBar
und FotO) dar unldftan Vagal ai-Ftaak*
Pti VJO Stiff, tmhli. Abti.
QMSJ&
AKS Frankfurt
VERTRAUENSLEUTEARBEIT
IN DER SOZIALVERWALTUNG FRANKFURT
In der Sozialverwaltung sind ca. 1500 Beschaftigte, Uberwiegend
Angestellte. Ca. 1/3 sind in der DTV organisiert. Der Organisations-
grad in der Sozialverwaltung ist geringer als in anderen stadtischen
Betrieben.
Die Sozialverwaltung teilt sich auf in zentrale Abteilungen und Fach-
stellen, in dezentrale Sozialstationen, auBerdem gehbren Krippen und
Heime zur Sozialverwaltung.
Im Sommer 1975 haben die OTV-Organisierten zum erstenmal Vertrauens-
leute gewahlt. Bisher waren nur einzelne Kollegen von "oben" fur
diese Aufgabe bestimmt oder berufen worden. Die Vertrauensleute aus
den einzelnen Abteilungen und Sozialstationen treffen sich zu Ver-
trauensleutesi tzungen. Unter den Vertrauensleuten bildeten sich zwei
Untergruppen (politisch unterschiedl icher Auffassung), die je eine
Arbeitsgrundlage flir Vertrauensleutearbeit entwickel ten. Nach hefti-
gen Di^skussionen wurde aus den beiden Vorschlagen eine gemeinsame
Arbeitsgrundlage erstellt. Auf dieser Grundlage wurde eine 7-kdpfige
Vertrauensleutel eitung fiir ein Jahr gewahlt, die sich seither ein-
mal wochentlich trifft. Inzwischen wurden nach Vorlegen eines Rechen-
schaftsberichtes Neuwahlen flir die Vertrauensleuteleitung durchge-
fiihrt, wobei die bisherige Leitung bestatigt wurde (ein Mitglied
schied aus, so daB ein Kollege aus dem Heimbereich hinzugewahlt wer-
den konnte.).
Die gewerkschaftlichen Aktivitaten in den einzelnen Bereichen, Ab-
teilungen usw. sind recht unterschiedlich. In manchen Abteilungen
treffen sich die QTV-Mitglieder regelmaBig in Betriebsgruppen, um
die verschiedensten Themen zu diskutieren, Beschlusse zu fassen
usw. In anderen Bereichen treffen sich die Mitglieder nur sporadisch,
und in vielen Dienststellen bleibt die Funktion des Vertrauensmannes/
frau darauf beschrankt, das OTV-Magazin zu verteilen.
Die Vertrauensleute einschlieBl ich der Vertreter (ca. 60 in der ge-
samten Sozialverwaltung) treffen sich durchschnittlich einmal monat-
lich. Wichtigste Aufgabenbereiche fiir die Vertrauensleute und die
Vertrauensleuteleitung waren die Tarifrunde, die Personal ratswahl en,
Abwehr gegen die verschiedensten SparmaBnahmen und gegen den Abbau
von Sozialleistungen, Diskussionen und Stellungnahmen Uber Arbeits-
sicherheit, Tarifrecht (BAT-Snderung) , Umstrukturierung von Arbeits-
gebieten in der Sozialverwaltung, "Auskunftsbesuche" von Verfassungs-
schutzbeamten (ein "Mitarbeiter" des Innenministeriums hatte sich
Auskunft uber einen Kollegen im Jugendamt geholt) usw. Durch Reso-
lutionen, Unterschriften- und Geldsammlungen wurde Solidaritat geiibt
mit den Opfern des spam'schen Faschisraus, mit Berufsverbot Betroffe-
nen, mit Streikenden der IG-Druck und Papier, mit dem Kollegen
Schubart (siehe "links" Nr. 81 und Nr. 85) usw.
Zur Tarifrunde 75/76 und 76/77 wurden Samstagsseminare, an denen
jeweils ca. 40 Kollegen teilnahmen, durchgeflihrt, auf Vertrauens-
leuteversammlungen und Mitgliederversammlungen wurden die Forderun-.
gen artikuliert, in Versammlungen nach dem TarifabschluB 75/76
Kritik geiibt, da er fur uns eine reale Verschlechterung unseres Le-
bensstandardes bedeutete.
Am arbeitsintensivsten war flir die Vertrauensleute die Vorbereitung
auf die Personal ratswahl en im Mai 1976. Der Versuch, mit den bishe-
rigen OTV-Mitgliedern des Personal rates die Wahl vorzubereiten,
scheiterte an deren Weigerung, mit der Gewerkschaft, d.h. den Ver-
trauensleuten und der Vertrauensleuteleitung zusammenzuarbeiten.
Durch intensiven Einsatz der Vertrauensleute und der OTV-Kandidaten
wurden alle Mitarbeiter der Sozial verwaltung angesprochen und ange-
schrieben (Infopapier teilweise sogar in tiirkisch, jugoslawisch
etc.)- In Vertrauensleuteversammlung und Mitgliederversammlung wur-
de ein Aufgaben- und Anforderungskatalog fur OTV-Personal ratsmit-
glieder diskutiert und beschlossen. (Inhalt: Personal ratstatigkeit_
muB verstanden werden als Interessenvertretung durch gewerkschaftl i -
ches Handeln, Info-Arbeit muB gewahrleistet sein, d.h. mehr Perso-
nal versammlungen, mehr schriftliche Inforraationen etc. .Zusammenar-
beit zwischen OTV-Personal rat und Vertrauensleuten mu& gewahrleistet
sein, Aufzahlung vordringlicher Probleme, die angegangen werden mus-
sen). Jede politische Gruppierung hatte alles mobilisiert, urn fUr
sich Stimmen zu bekomtnen, vor allem die "Rechten" urn den bisherigen,
langja'hrigen Vorsitzenden des Personalrates (OTV), der seinen Stuhl
und den seiner Freunde wackeln sah. Trotz zweier Mitgliederversamm-
lungen, die zur OTV-Personalrats-Kandidaten-Aufstellung und Wahl
abgehalten wurden, war es kaum mbglich, eine inhaltliche Kandidaten-
befragung durchzufuhren. Auf der zweiten Mitgliederversammlung wur-
de mit knapper Mehrheit gegen eine inhaltliche Diskussion gestimmt.
Es kam mehr Oder weniger zu einer Kampfabstimmung zwischen den bis-
herigen OTV-Personal raten und den meist jlingeren neuen OTV-Kandida-
ten. An der Nominierung fur die OTV-Kandidatenliste nahmen nahezu
300 Mitglieder tell, was bisher noch nie vorgekommen war. Dies darf
jedoch nicht daruber hinwegtauschen, daB die Aufstellung der OTV-Li-
ste kein sehr demokratischer Vorgang war.
Das Ergebnis der Wahl der OTV-Kandidaten hat nicht alle "Linken" be-
friedigt, wenngleich der o.g. rechte 1. Vorsitzende nur auf den
3. Platz (Nachrlickplatz) gewa'hlt worden war und damit eigentlich bei
der Personal ratswahl keine Aussicht hatte, in den neuen Personal rat
zu kommen. Dies war eindeutig eine Schlappe flir die "alten", flir
die "rechten". Die "neuen", die immerhin ca. die Halfte der OTV-Mit-
glieder im neuen Personalrat stellen, sind ein Erfolg, der jedoch
mit Vorsicht genossen werden muB. So manchem Sozialarbeiter wurde es
etwas unwohl , festzustellen, daB im neuen OTV-Personal rat und in der
Vertrauensleuteleitung Leute sitzen und Gewerkschaftsarbei t machen,
die ein bzw. zwei Jahre vorher aktiv daran beteiligt waren, die Facn-
gruppe Sozialarbeit im Sinne des Kreisvorstandes sterben zu lassen.
Kann man sich auf diese Kollegen verlassen oder verl.assen diese uns,
wenn angeblich wieder Chaoten die Gewerkschaftsarbei t kaputtmachen.
(siehe Bericht Liber Abteilung Sozialarbeit.)
SeitMai/Juni 76 arbeitet der neue Personalrat. Als Ergebnis des
38 -
starken Einsatzes der Vertrauensleute konnte die OTV 7 % mehr Stim-
men erreichen als vor 3 Jahren und dadurch einen Sitz mehr im Per-
sonalrat besetzen. 13 Personal rate, bestehend aus 9 OTV-Personal ra-
ten - davon 5-6 "alte" Oder deren Meinung vertretende und 3-4 "neue"
- und 4 von der "freien Liste". Die OTV war nicht in der Lage, sich
vor der Personal ratswahl auf einen Kandidaten flir den Posten des
Personal ratsvorsitzenden zu einigen. Das Problem der Wahl des Vor-
sitzenden hat sich dann ohne die Mitarbeit der Vertrauensleute "ge-
lost" und zwar durch die "Privatentscheidung" eines ebenfalls "rech-
ten" OTV-Kandidaten, der seinen Listenplatz dem bisherigen Vorsitzen-
den durch RLicktritt zur Verfu'gung stellte. Da die "Linke" keinen hat-
te, der als Vorsitzender kandidierte, wurde der alte wieder gewa'hlt.
Dies erschwert die Zusammenarbeit der OTV-Personal rate mit den Ver-
trauensleuten erst recht. War die Bereitschaft, als Gewerkschafts-
kollegen zusammenzuarbeiten, schon mit dem alten OTV-Personal rat
nicht gegeben, so ist diese Kluft nun auch innerhalb der neuen OTV-
Personalrate gegeben. Entscheidungen im jetzigen Personalrat fallen
nicht nach Gruppierung - hier OTV, dort "freie Liste", sondern hier
"alte" OTV und "freie Liste" gegen "neue" OTV. Trotzdem ist der neu-
gewa'hlte OTV-Personal rat ein Teilerfolg. Informationen aus dem Per-
sonalrat sind nun ansatzweise gegeben, nicht zuletzt dadurch, daB
teilweise Vertrauensleuteleitung und Personalrat identisch sind.
Durch diese Kollegen ist es nun auch eher mbglich, teilweise Ein-
fluB auf Entscheidungen im Personalrat zu nehmen oder gemeinsame
Sache mit den Vertrauensleuten zu machen. Das bedeutet aber auch
meist einen ungeheuren Einsatz dieses Teils der OTV-Personal rate.
Vorbereitung auf die Themen der Personalratssitzungen, Informationen
sammeln, Stel lungnahmen formulieren und stundenlange Sitzungen durch-
stehen gegen den grbBeren Block der rechten OTV und der "freien Li-
ste".
Eines der Hauptprobleme bis zur na'chsten Personal ratswahl wird es
bleiben, wie die alten OTV-Personal rate gezwungen werden kbnnen,
sich an den von alien OTV-Mitgliedern und auch von alien OTV-Kandi-
daten beschlossenen Aufgaben- und Anforderungskatalog zu halten, in
ihrer taglichen Praxis danach zu arbeiten und gegeniiber den OTV-Mit-
gliedern Rechenschaft abzugeben.
Trotz vieler Bedenken wurde in diesem Bericht die Arbeit der Ver-
trauensleute als relativ positiv dargestellt.
Es bleiben aber viele Fragen, Probleme etc. offen, die hier nur
kurz aufgezahlt werden kbnnen:
• In einem so groBen Betrieb wie der Sozial verwaltung ist es relativ
einfach , ein funktionierendes (wie auch immer) Vertrauensleute-
system aufzubauen. Unter einer groBen Anzahl von OTV-Mitgliedern
lassen sich auch leichter aktive Leute zusammengruppieren als in
einem kleinen, isolierten Betrieb.
• In einer von der SPD-regierten Stadtverwal tung wird "vorsich-
tige" Gewerkschaftsarbei t eher geduldet als in Bereichen anderer
Trager (freie, kirchliche etc.)
• Die geschilderte Vertrauensleutearbeit ist noch in keinem Punkt
offensiv aufgetreten, d.h, sie blieb bisher in einem von "oben"
- 39 -
geduldeten Rahmen und wurde daher noch nicht sanktioniert.
• Die Zusammenarbeit mit offiziellen DTV-Gremien, z.B. Kreisvorstand
besteht so gut wie gar nicht, abgesehen von individuellen, Infor-
mellen Kontakten, die immerhin soweit gehen, daB Abzugspapier flir
Einladungen und Informationsschreiben der Vertrauensleuteleitung
an die Mitglieder gestellt wird.
I Die vor 1 1/2 Jahren gewa'tilten Vertrauensleute sind - obwohl dies
die OTV-Vertrauensleuterichtlinien vorschreiben - bis heute noch
nicht durch den Kreisvorstand bestatigt worden (Ausweise). Ob dies
einmal zum Verhangnis wird, bleibt abzuwarten.
I Die Zusammenarbeit mit anderen Vertrauensleutegremien der Hauptab-
teilung Gemeinde ist kaum gegeben, was wohl damit zusammenhangt,
daB das Vertrauensleutegremium der Sozial verwaltung selbst erst
stabiler werden muBte, bevor es Liber informelle Kontakte hinaus
Verbindung mit anderen Gremien aufnimmt, zum anderen darin, daB
der zentrale VertrauensleuteausschuB (AusschuB von Vertrauensleuten
aus den verschiedensten Bereichen der Hauptabteilung Gemeinde) vor
liber einem Jahr vom Kreisvorstand als nicht legitimer Zusammen-
schluB von Vertrauensleuten "abgeschafft" wurde. Ein neues "Gebil-
de" soil entstehen. Der Kreisvorstand hat jedoch noch nicht ent-
schieden.
• Problematisch bleibt bisher in der Gewerkschaftsarbeit der Sozial -
verwaltung das MiBverhaltnis Sozialarbeiter/Verwaltungsangestellte.
Proportional zu den jeweiligen Berufsgruppen sind die Sozialarbei-
ter in den Vertrauensleutegremien Liberreprasentiert. Die oft bes-
seren Artikulationsmdglichkeiten der Sozial arbeiter unterdrucken
sicherlich oft BedLirfnisse von Verwaltungsangestellten.
I Ebenfalls ungelbst ist das Problem der Richtungskampfe innerhalb
der verschiedenen linken Gruppierungen in den Gewerkschaftsgre-
raien. Auch dies geht haufig Liber die Kbpfe der "normalen" OTV-
Kollegen hinweg.
thInc
ZEITSCHRIFT
THINGS on.75,«. ^
Wir wehren uns IGe^en Ju-
^endarbeitslosl^keit und
Abtreibun^aver-bot !
Kritik der KJV-Position
( JZ -Be we sunn; i .d . Dlsktiss . )
THING 12 t
Schwerpunkt :Kernkraf te r-
werke ■+?
.TQ^endverbande:PDP-HBJ f*
Repression, Frouentaaua a.
tfaterialiei)
TRING<a*<»r--'-'
Doppelniiiimer
Arbeiterju(5findzentren und
Juisendarbeitslosi^keit
JZ-Beweguiis: Kritik der HBJ
Position
THING /3 ./j«.
?eplant:St9dt-und Ju^end-
Beitun^en
Justendliche ini Knast
THING ii •'» "' '
p""hTe MS der JZ-Pro-
rin. THIK-.-dlorv:
Ju^endliohe jrbeltsloae-
Driic'teber^er und Fiulen-
lec ?
•
1BLN.1Z
"SUCH
LADEN
CARMERSTR.11
AKS Bielefeld
VERTRAUENSLEUTEARBEIT
BEI DER STADTVERWALTUNG IN BIELEFELD
1. ZUM UNTERSCHIED VON BETRIEBLICHEN
UND GEWERKSCIIAFTLICHEN VERTRAUENSRORPERN
Entsprechend eines Beschlusses des Personal rates der Stadt Bielefeld
vom 16.1.74 gibt es innerhalb der Stadtverwal tung ein sogenanntes
betriebl iches Vertrauensleutesystem. Diese Vertrauensleute sollen
das Verbindungsglied zwischen dem Personal rat und den Beschaftigten
der Stadt sein, haben jedoch keine Rechte im Sinne des Landesperso-
nal vertretungsgesetzes .
Sie sollen an den einzelne Rmter betreffenden "personalwirtschaftli-
chen Entscheidungen beteiligt werden", sowie an "Entscheidungen von
grundsatzlicher und allgemeiner Bedeutung".
Die Vertrauensleute werden in einer Personalversammlung der einzel-
nen Rmter oder Dienstbereiche fiir die Dauer einer Personal ratsperio-
de gewahlt. Bei grb&erer Dienstbereichsgliederung eines Amtes kbn-
nen mit Zustimmung des Personal rates flir verschiedene Abteilungen
und Bereiche mehrere Vertrauensleute gewahlt werden. "Vertrauens-
leute, die Mitglieder des Personal rates und die Jugendvertretung
bilden die Vertrauensleuteversammlung" der Stadtverwal tung, die
sich einen Vorstand w'a'hlt.
Die gewerkschaftlichen Vertrauensleute arbeiten entsprechend den
Leitsa'tzen des Hauptvorstandes der DTV vom 26.2.75, ohne allerdings
satzungsmaBiges Organ zu sein. Die Vertrauensleute werden durch die
OTV-Mitglieder in den einzelnen Betrieben und' Verwal tungen in der
Regel fur 4 Jahre gewahlt.
Die gewahlten Vertrauensleute bilden auf betrieblicher Ebene, z.B.
Stadtverwal tung, die Vertrauensleuteversammlung und wahlen aus ihrer
Mitte die Vertrauensleuteleitung. Fur einzelne Smter, wo mindestens
10 Vertrauensleute tatig sind, gibt es noch Vertrauensleutesprecher.
Da nun in Bielefeld die DTV ziemlich stark ist, zumindest was die
Organisierung betrifft und was sich auch bei Personal ratswahl en
zeigt, hatte man in der DTV beschlossen, die beiden Vertrauensleute-
systeme weitgehend zu vereinigen. Beide Funktionen sollten mbglichst
von einer Person, einem OTV-Mi tgl ied, wahrgenommen werden, um eine
Spaltung zu verhindern.
In der Regel funktioniert das auch, Vertrauensleute gewerkschafts-
feindlicher Organisationen (Kommunaler Beamten Bund und DAG) spie-
len so gut wie keine Rolle. Insofern tri tt diese Trennung auch in
diesem Bericht nicht auf, d.h., wenn hier von Vertrauensleuten die
Rede ist, so sind immer beide Systeme gleichzeitig gemeint.
Lediglich im "fortschrittlichen" Jugendamt spielte diese Trennung
einmal eine Rolle. Hier hatte 1974 die DTV-Mi tgliederversammlung vor
- 41 -
der Personal versammlung die gewerkschaftlichen Vertrauensleute ge-
wahlt und gleichzeitig beschlossen, die gewahlten Vertrauensleute
der DTV sollten auf der anschlieBenden Personal versammlung auch als
betriebliche Vertrauensleute kandidieren.
Nachdem.von der OTV-MV die Vertrauensleute gewahlt worden waren,
stellten einige Mitglieder des Fachgruppenvorstandes entsetzt fest,
daft entgegen ihrer Erwartung ein "Chaot" gewahlt worden war und
das bei nur wenigen Gegenstimmen. Um als Chaot diffamiert zu warden,
reichte es damals aus, als AKS-Mitglied bekannt zu sein. Zwischen
OTV-MV und Personal versammlung wurde also schnell ein anderes DTV-
Mitglied ausgesucht, der dann auf der Personal versammlung entgegen
der OTV-Beschllisse gegen den eigentlichen OTV-Kandidaten kandidier-
te und auch gewahlt wurde.
Diese Trennung spielte dann aber in der betrieblichen und gewerk-
schaftlichen Praxis zum Gliick keine besondere Rolle und wurde ein .,
Jahr spa'ter auch wieder aufgehoben, d.h., der Kollege wurde "trotz"
AKS-Mitgliedschaft auch von der Personal versammlung als Vertrauens-
mann gewahlt.
2. ZUR ARBEIT DER VERTRAUENSLEUTE IM JUGENDAMT
Im Bereich des Ougendamtes, wo ca. 300 Kollegen beschaftigt sind,
arbeiten inzwischen 10 gewa'hlte Vertrauensleute, davon 5 Kollegen
aus dem Bereich der stadtischen Kindergarten, 1 Kollege flir den Be-
reich Heime und HOT und 4 Kollegen entsprechend den Abteilungen im
Jugendamt. Hinzu kommen einzelne Kollegen vom Fachgruppenvorstand
und andere interessierte Kollegen, die sporadisch mitarbeiten.
Die Zusammenarbei t unter den Vertrauensleuten hat sich inzwischen
verbessert, ohne allerdings alle Kollegen zufriedenzustellen. Die
Probleme fangen bereits damit an, daB nicht immer alle Kollegen zu
den monatlichen, bffentlichen Sitzungen kommen konnen, auch wenn
die Vertrauensleute ihre Arbeit wahrend der Dienstzeit machen konnen.
Wesentlich verbessert werden muB vor allem der Kontakt und die Zu-
sammenarbei t mit den ubrigen Kollegen und OTV-Mitgliedern in den
verschiedenen Abteilungen und Einrichtungen. Im eigentlichen Amt
klappt es etwas besser, schwierig ist es vor allem im Bereich der
verschiedenen Einrichtungen des Jugendamtes. Diese liegen teilweise
weit auseinander und es besteht oft nur wenig Kontakt untereinander.
Fiir den Bereich Heime und HOT's wurde hier aber eine organisatori-
sche Ldsung gefunden, die auf Dauer die Kontakte und die Zusammenar-
beit verbessern diirfte, Anzeichen daflir sind vorhanden. Auf Initia-
tive einiger OTV-Mitglieder aus diesem Bereich und des zusta'ndigen
Vertrauensmanns wurde auf der Mitgliederversammlung der Fachgruppe
Sozialarbeit ein Arbeitskreis fur OTV-Mitglieder und interessierte
Kollegen im Bereich der Einrichtungen gegriindet. Dieser AK Heime
und HOT tagt seit September 76 alle 14 Tage. Inhalte der Arbeit
sind einerseits die konkreten Arbeitsplatzprobleme (Oberstunden,
Offnungszeiten, Dienstzeitplane), andererseits gewerkschaftspoliti-
sche Fragen (Tarifrunde, Antrage flir die Fachgruppe, Informations-
austausch zwischen Vertrauensmann und den Mitgliedern).
Eine solche Arbeitsgruppe wurde inzwischen auch fur den Bereich
- 42 -
"Freie Trager" eingerichtet; sie ist momentan Ersatz fur die-Ver-
trauensleutearbeit, da die DTV dort bisher kaum verankert ist.
Offenbar aus Angst vor einer Verse! bstandigung dieser Arbeitskreise
(AK), vor allem was die Inhalte der Arbeit betrifft, hat der Fach-
gruppenvorstand gemeinsam mit dem zusta'ndigen OTV-Sekreta'r inzwi-
schen Richtlinien fiir die Arbeit der AK's erstellt, die dem eindeu-
tigen und auch nicht widersprochenem Ziel dienen, die Arbeitskreise
in ihrer Arbeit an den Fachgruppenvorstand zu binden bzw. diesem zu
unterstellen.
Als wichtigste inhaltliche Arbei tsschwerpunkte der Vertrauensleute
im Jugendamt waren zu nennen:
• seit Mitt 1974 der Kampf gegen die Einfuhrung eines zentralen
Schreibdienstes.
Hier gelang es, eine gemeinsame Front zwischen den betroffenen Kol-
leginnen, den Vertrauensleuten, der OTV, des Personal rates und auch
der Amtsleitung des Jugendamtes herzustellen. Da die Einfuhrung des
zentralen Schreibdienstes gleichzeitig fiir das Tiefbauamt geplant
ist und zugleich einen Versuch der Verwaltungsleitung der Stadt be-
deutet, ein zentrales Schreibburo fiir die gesamte Stadtverwal tung
vorzubereiten, wurde der Abwehrkampf auch von der Vertrauensleute-
versammlung der Stadtverwal tung aufgenommen. Gemeinsam mit dem Per-
sonalrat wurde eine Unterschriftenaktion unter den Beschaftigten
der Stadt durchgefiihrt, die insgesamt ca. 1000 Unterschriften ein-
brachte. Im Jugendamt selber hat kaum ein Kollege seine Unterschrift
verweigert.
Inzwischen wissen wir aber, daB wir diesen Kampf verloren haben, die
sogenannte Schlichtungsstelle hat sich auf die Seite der Stadtver-
wal tung gestellt und alle Argumente der Betroffenen praktisch abge-
lehnt.
• Abwehrkampf gegen Spar- und RationalisierungsmaBnahmen im Bereich
der stadtischen Kindergarten.
Geplant ist, 13 Erzieherstellen einzusparen, insbesondere durch die
Einbeziehung der bisher vom Gruppendienst freigestell ten Leiterinnen
in den Gruppendienst. AuBerdem sollten die Gruppen wieder entspre-
chend des gesetzlichen Rahmens voll belegt werden, Freipla'tze soil-
ten wegfallen.
Die Entscheidung ist bisher noch nicht getroffen worden, da die Kol -
leginnen sich solidarisierten und gegen die Einsparungen vorgingen.
Aus der allgemeine'n Aktivierung entstand auch eine spezielle Arbeits-
gruppe, die inzwischen regelma'Big arbeitet. Weiterhin wurde dazu
eine Mitgliederversammlung der Fachgruppe mit groBer Teilnahme durch-
gefiihrt.
I Auseinandersetzung mit
durchgefiihrten analytis
Hierbei ging es nach Dars
jektives Bewertungs- und
es aber um Arbeitsplatzei
Vertrauensleute und auch
eine einheitliche Reaktio
te nicht erreicht werden.
der von der Verwaltung u.a. im Jugendamt
chen Dienstpostenbewertung.
tellung der Verwaltungsleitung um ein ob-
Beurteilungsverfahren, tatsachlich ging
nsparungen und Kontrollmbgl ichkeiten. Die
die OTV haben hier viel zu spat reagiert,
n und Ablehnung durch die Betroffenen konn-
Im Gegenteil, nach Bekanntwerden der Be-
43
wertungspunkte fur die einzelnen Arbeitsplatze kam es innerhalb der
Kollegenschaft zu echten Spaltungstendenzen, nicht zuletzt auch da-
rum, well die 07V keine einheitliche Position hatte. Durch die ver-
spatete Reaktion konnte lediglich mit einzelnen Erfolgen versucht
werden, die schlimmsten Auswlichse der Bewertung, z.B. Riickstufung ,
zu vermeiden.
■ Auseinandersetzung mit den Anderungen des 38. Tarifvertrages.
Bei der Festsetzung der sogenannten Tatigkei tsmerkmale gelang es ,
in Verhandlungen mit der Amtsleitung und dem Personalamt fur eimge
Kollegen Verbesserungen und Hohergruppierungen durchzusetzen.
I Eingruppierung von Sozialarbeiter/-padagogen und RLicknahme Uber-
tariflicher Zahlungen durch die Verwaltung.
Wahrend Sozialarbeiter/-padagogen in Bielefeld bisher bereits nach
6 Monaten nach BAT IVb bezahlt wurden, statt nach 4 Berufsjahren,
wurde diese Zulage wieder gestrichen. Trotz gemeinsamer Bemuhungen
mit dem Personal rat und der OTV und auch der Betroffenen ist es bis-
her nicht gelungen, diese SparmaBnahmen wieder rlickgangig zu machen.
I Bescha'ftigung mit der Riickstufung von Kindergartenleiterinnen.
Wurden diese bisher nach BAT V bezahlt, so soil nun eine Riickstu-
fung in der Einrichtung erfolgen., die weniger als 3 Gruppen haben.
Ansatzpunkt fur die Verwaltung ist das neue Kindergartengesetz, des-
sen Sollzahlen fUr die Gruppenstarke nicht mit dem Tarifvertrag
ubereinstimmen. Hier wurde Liber die OTV-Kreisdelegiertenkonferenz
eine Entschl iessung an die groBe Tarifkommission verabschiedet, den
Tarifvertrag entsprechend zu a'ndern.
• Unterstutzung von Kollegen eines HOT's der Stadt.
Diese Kollegen waren vom Oberstadtdirektor in Form einer MiBbilli-
gung gemaBregelt worden. Mit dem Personalrat wurde deshalb fur die
RLicknahme dieser MaBnahme gekampft, auch mit dem Ziel, daB die MiB-
billigung aus der Personalakte verschwindet. Ober den Arbeitskreis
Heime und HOT's wurde auf der Fachgruppen-MV eine Resolution verab-
schiedet, die sich gegen solche Disziplinierungen richtet und ihre
Zuriicknahme fordert. Diese Resolution wurde auch von den Vertrauens-
leuten im Jugendamt ubernommen und gleichzeitig auf einer Dienstbe-
sprechung aller HOT-Mitarbeiter verabschiedet. Die MiBbil ligung wurde
zur'Jckgenommen.
Trotz dieser verschiedenen Aktivitaten, die hier natiirlich nicht
alle voll standi g auf gefuhrt werden kbnnen und trotz der relativ gu-
ten Zusammenarbeit mit dem Personalrat und dem Fachgruppenvorstand,
muB einschra'nkend festgestellt werden, daB die Erfolge bescheiden
waren. Ursache daflir war u.a. auch der Tatbestand, daB die Aktivie
rung der Betroffenen oder gar aller Beschaftigten kaum gelang und
das es den Vertrauensleuten nicht gelang, die voile Unterstutzung
der Kollegen zu gewinnen, bzw. von diesen wirklich getragen zu wer
In den wenigsten Fallen konnten wir unsere Vorstellungen durchsetzen,
oftmals konnten wir nur auf beschlossene oder angekundigte MaBnahmen
reaaieren und diese verzbgern. Viele Auseinandersetzungen waren nur
passiver Art unter dem Motto: "Wir mussen das Schlimmste im Interes-
E?n1eil0der9onbenegrenannten-probler„e befindet sich noch im "schwe-
benden Verfahren", ohne aber groBe Erfolgsaussichten zu haben. Das
liegt nicht zuletzt daran, daB die sogenannte "Mitbestimmung" von
Personalrat oder gar Vertrauensleuten nur auf dem Papier steht und
eigentlich nur eine "Mitwirkung" ist, die sehr oft nur in dem Recht
auf "Anhorung" besteht. Sehr oft ist diese "Mitbestimmung" nichts
anderes als eine Knebelung der Interessenvertretung der Beschaftig-
ten im Sffentlichen Dienst, nicht zuletzt wegen solcher Mechanismen
wie "Schweigepflicht".
Im Bereich des Bielefelder Jugendamtes kommt noch ein besonderes
Problem hinzu, namlich die naive Vorstellung von der groBen "Fort-
schri ttlichkeit" dieses Amtes. In Gesprachen mit den Kollegen hort
man immer wieder die Meinung: "Ihr habt ja vielleicht Recht mit
Eurer Forderung, aber in anderen Rmtern ist es noch viel schlimmer"
oder "Uns geht es immer noch besser als anderen Jugendamtern". Der
Gedanke von der besonderen Fortschrittl ichkeit ist auch in der OTV
weit verbreitet und das erschwert sehr oft konkrete gewerkschaftl i-
che Aktionen, vor allem dann, wenn sie gegen MaBnahmen oder Beschlus-
se der eigenen Amtsleitung gerichtet sein muBten. Es soil an die-
ser Stelle nicht bestritten werden, daB es unstatsachlich besser
geht als in anderen Kmtern, aber das entbindet uns nicht von Kritik
und Auseinandersetzung.
3. ZUR ARBEIT IM VERTRAUENSLEUTEKORPER DER STADT VERWALTUNG
Die Arbeit der Vertrauensleute bei der Gesamtstadtverwal tung ist
insofern besser, als ihr EinfluB natiirlich grbBer ist, insbesondere
dann, wenn es zu gemeinsamen und geschlossenen Forderungen kommt. Das
betrifft sowohl den EinfluB auf die Verwaltung als auch auf Perso-
nalrat und DTV- Kreisverwal tung.
So konnten liber die Vertrauensleute in den letzten Jahren wahrend
der Tarifrunden fur den Bereich der Kreisverwal tung Bielefeld immer
wieder Festgeldforderungen durchgesetzt werden, teilweise gegen Po-
sitionen des Kreisvorstandes. In diesem Jahr konnten wir uns aller-
dings nicht durchsetzen, d.h. die Kreisdelegiertenkonferenz hat
sich hinter die Forderung des Hauptvorstandes gestellt, wenn auch
mit kleinen Abweichungen (8 %, mindestens 160.- DM).
Ober die Vertrauensleute gelingt es auch schon mal , fortschrittli-
che Antra'ge auf der Delegiertenkonferenz durchzusetzen. Gemeinsam
mit der Kreisverwaltung und teilweise mit Unterstutzung von "Arbeit
und Leben" organisieren die Vertrauensleute verschiedene Seminare
zur Vorbereitung und Unterstutzung gewerkschaftlicher Aktionen, z.B.
Tarifseminare, Seminare zur Problematik von Rational isierung und
Privatisierung. Z.Zt. lauft ein 14-tagiges Seminar fur und mit Ver-
trauensleuten, das sich mit speziellen Arbeitsplatzproblemen, Ar-
beitsrecht und Tarifpolitik bescha'ftigt.
Flir die Arbeit der Vertrauensleute aus dem Jugendamt ist die Ver-
trauensleuteversammlung auch insofern von besonderer Bedeutung, als
sich hier die Moglichkeit bietet, den spezifischen und eingeengten
Fachbereich verlassen zu konnen und die Solidaritat mit den librigen
Vertrauensleuten zu suchen und herzustellen.
Vertrauensleutearbeit fur Sozialarbeiter ist auch deshalb wichtig,
- 45 -
weil spezifische Fachgruppenarbei t als Gewerkschaftsarbeit einfach
nicht ausreicht. So muBten wir die Erfahrung machen, daB es in der
bzw. Liber die Fachgruppe relativ einfach ist, "fortschrittliche
Antrage durchzusetzen, nur bringen die besten Antrage und Resolutio-
nen gewerkschaftspolitisch nichts ein, wenn sie lediglich per Ab-
stimmung erzielt werden und nicht das Ergebnis von Diskussion una
Auseinandersetzung sind.
ie Erfahrungen anderer Sta'dte (Frankfurt/Berlin) haben deutlich ge-
eigt, daB sich Sozialarbeiter und ihre Fachgruppen leicht in die
Die
zeigt, daB sich Sozialarbeiter und ihre Fachgruppe
"linke" Ecke drangen lassen, daB sie reine Resolutionspolitik ma-
chen, die im Sozialbereich wenig, im Bereich der Ubrigen Stadtver-
waltung nichts in Gang bringt.
Andererseits hat sich flir uns aber auch nicht die Alternative:
Vertrauensleute-, Betriebsgruppen- und/oder Fachgruppenarbeit ge-
stellt, sondern Sozialarbeiter mussen, wenn sie eine fortschrittli-
che OTV-Arbeit machen wollen, auf beiden Beinen (Betriebsgruppe und
Fachgruppe) stehen, einfach um die Mbglichkeit zu haben bzw. zu
nutzen, Antrage etc. innerhalb verschiedener OTV-Gremien erfolgreich
durchzusetzen. Unterhalb Oder neben Vertrauensleute und Fachgruppe
hat sich in Bielefeld ein Kreis fortschrittlicher OTV-Kollegen (Ver-
trauensleute, Mitglieder aus Betriebsgruppen und Fachgruppenarbei ts-
kreise, Jugendvertreter, Kollegen aus dem Sozial- und Gesundheits-
bereich, sowie aus der Frauengruppe) gefunden der sich unregelmas-
sig und in teilweise wechselnder Besetzung trifft, um Mitgliederver-
sammlungen in den verschiedenen Bereichen vorzubereiten, Antrage
usw. zu formulieren Oder vorzudiskutieren, gemeinsames Vorgehen z.
B. in der Tanfrunde zu diskutieren usw. Von dieser Ebene sind eim-
ge Imtiativen ausgegangen und konnten einige Vorhaben durchgesetzt
werden.
Aber auch diese Art von OTV-Arbeit bringt positiv nur dann etwas
fur die Kollegen wenn wir hier wirklich die Interessen aus den un-
terschiedlichen Bereichen aufgreifen, wenn wir fur und nicht Liber
die Kollegen sprechen konnen, weil wir nit ihnen qesprochen haben
und wenn wir nicht einfach von den abstrakten und objektiven "Inter-
essen der Kollegen reden.
Zwei Konflikte sollen noch einmal die Schwieriqkeiten und die Pro-
bleme von Vertrauensleutearbeit deutlich machen:
• An einem grb'Beren Krankenhaus hatte sich im Verlauf von 2-3 Jahren
ein fortschrittlicher Vertrauensleutekorper gebildet, sowie eine
gut funktionierende Betriebsgruppe. Als es den Vertrauensleuten bei
der Personal ratswahl dann gelang, fortschrittliche Kollegen auf die
Wahlliste zu bringen und diese dann auch gewahlt wurden, kam es zu
einem Aufstand der altgedienten OTV-Funktiona're. Personal ratsmi tglie-
der und Funktionare organisierten eine Austrittswelle, wechselten
teilweise zum Beamtenbund, stimmten bei der wahl des Personalrats-
vorsitzenden gegen den OTV-Kandidaten, setzten aktive oder beitritts-
willige junge Kollegen und Auszubildende unter Druck usw.
Daraufhin beschloB der Kreisvorstand.den gesamten Vertrauensleute-
kbrper aufzulbsen und irgendwann einmal Neuwahlen anzusetzen. Begru'n-
dung: Wir mussen der Spaltung entgegenwirken, unter den Kollegen
muB wieder Ruhe herrschen, wir diirfen die altgedienten Funktionare
nicht vor den Kopf stoBen usw.
46 -
Jahresplan '77
Kindermedien (End* turn 1977)
Padagogen, Medienfachleute, Kunstler berichten uber Aktualitat
von Kindermedien - Geschichte der Kindermedien als Teil der
Sozialisationsgeschichte - Verstummelte Volksliteratur - Kinder-
0%mmr theater - Ausschneidebogen - Spielmate-
^Lm rialien - Kaufhausbucher - Medienverbund im
Kleinen: Wundertuten und Uberraschungseier -
inke Kindermedien
Personenfotografie - Volksfoto
Sozial- und Technikgeschichte
Fotodidaktik - DOR
Politisches Fotografieren - Fotoreportagen
Ausbildung
Lernen im Betrieb - Zerstorung von Lern-
prozessen: Schule, Hochschule
Hochschuldidaktik als Ausweg?
Asthetische Praxis/ ^jf\
Alltagsverhalten WW
Krisenasthetik - Staatliche
initiativen - Mai- und
Bastelkultur: Rettung
der Sinnlichkeit?
Eine Neuwahl fand bisher nicht statt, denn alle Informationen deuten
darauf hin, daB die meisten Kollegen aus dem abgesetzten Vertrauens-
leutekbrper lediglich neu bestatigt wiirden.
I In einem Krankenhaus der Stadt haben si ch aus dem Oberkurs der
Pflegeschule 27 Kollegen wegen einer Weiterbeschaftigung beworben.
6 Kollegen wurden abgewiesen, angeblich waren keine Planstellen frei.
Aber welch ein Zuf al 1 , unter den 6 abgelehnten Kollegen waren 3 akti-
ve Gewerkschafter und Vertrauensleute. Naturlich wird nicht offiziell
gesagt, daB die Ablehnung aufgrund von OTV-Aktivitaten erfolgt. Die
schulischen Leistungen waren es auch nicht, nein, als Begrlindung
muBte ein "gestbrtes Verhaltnis" zwischen Pflegeleitung und Schlilern
herhalten. In einem Fall wurde sogar zugegeben, daB eine Einstellung
nicht einmal dann erfolgen wlirde, wenn eine Planstelle frei werden
wlirde.
Die OTV sah sich offiziell nicht in der Lage, die betroffenen Kolle-
gen zu unterstlitzen. Die ganze Sache sei 1. noch ein "schwebendes
Verfahren" und darait Angel egenheit des Personal rates, der sich auch
fur die Kollegen stark gemacht hat und 2. sei die Nichteinstell ung
wegen gewerkschaftlicher Aktivitaten nur eine Vermutung und z.Zt.
nicht beweisbar. Die Diskussion auf der Vertrauensleuteversammlung,
ob man nicht sofort an die Offentlichkei t gehen sollte, wurde nit
dem Hinweis abgeblockt, so etwas wiirde den Kollegen nur schaden und
dann bekamen sie auch bei anderen Anstellungstragern keinen Job.
Beide Beispiele machen die Grenzen von Vertrauensleutearbeit deut-
1 ich und bestatigen, daB Vertrauensleute nicht nur Schwierigkeiten
mit dem Arbeitgeber bekommen, sondern auch mit der OTV, wenn sie
konsequent die Interessen der Kollegen aufgreifen und vertreten.
Wenn man sich aber in der tagl ichen Auseinandersetzung nicht der
vollen Unterstlitzung der OTV sicher sein kann, schrankt das die Mbg-
lichkeiten ftir Vertrauensleute erheblich ein.
Inwieweit Vertrauensleute lediglich der verlangerte Arm des OTV -
Apparates sind, hangt nicht zuletzt von ihnen selbst ab. Blinde po-
litische Aktionen, auch wenn sie kurzfristig noch so bffentlichkeits-
wirksam sind, nlitzen weder den Kollegen noch den Vertrauensleuten.
Wichtiger ist es, in taglicher Kleinarbeit die Kollegen liber konkre-
te Erfahrungen zu mobilisieren und ihnen den Rlicken zu starken, ihre
Probleme aufzugreifen und mit den Kollegen gemeinsame Strategien
und GegenmaBnahmen zu diskutieren und durchzufuhren.
ANSATZE FDR EINE
GEWERKSCHAFTSARBEIT IN DER OTV
EXTRABLATT
ZUM
l.MAI
****
Mitglieder der Arbeitskreise Betrieb & Gewerkschaft aus Frankfurt.Heidelberg
und Stuttgart bereiten ein Extrablatt zum l.Mai vor (express/plakat).
Es wird 4 Seiten(express-Format) umfassen und folgende Themen ansprechen:
l.Mai 1977 / Frauen / Jugendarbeit / Tugendarbeitslosigkcit /Lohnabbau/
Soziale Demontage / Widerstand gegen Atomkraftwerke / Repression in den
Gewerkschaften/ Alltagliche Unterdriickung im Betrieb u.a.
Preis: lo Stk. DM 2, - / 2o Stk. DM 3- / 5o Stk. DM 5 - / looo Stk. DM 4o ,-
Auslieferung ab 18.4. / Bestellungen sofort und bei Vorauszahlung in Bnefmarken,
Scheck oder Bargeld.
VERLAG 2ooo GmbH, POSTFACH 59 1 . 6o5 OFFENBACH 4
Gegen die Krise im bffentlichen Dienst, die als notwendige Folgeer-
scheinung der wirtschaftl ichen Krise auftritt und sich durch Ratio-
nal isierungs- und DisziplinierungsmaBnahmen, Privatisierungstenden-
zen, splirbare Knappheit finanzieller Mittel, Streichung und Nicht-
besetzung von Planstellen und Entlassungen auBert, hat die OTV als
Organisation staatlicher Lohnarbeiter bisher wenig unternommen.
Bei der zunehmenden Arbeitslosigkei t in den sozialpadagogischen Be-
rufen ist es notwendig:
1. standig iiber die neuesten Zahl en arbeitsloser Sozialarbeiter, So-
zialpa'dagogen, Erzieherinnen, Kinderpflegerinnen und ahnlicher Beru-
fe informiert zu sein. Das gleiche gilt flir das Angebot an offenen
Stellen. Hier sollten die Arbeitnehmervertreter beim Landesarbeits-
amt Druck ausiiben, damit wir diese Zahlen bekommen.
2. Das Sozialministerium muB aufgefordert werden, eine Obersicht
liber das derzeitige und zuklinftige Angebot an Stellen der sozialen
Berufe zu liefern.
3. Es muB ein Forderungskatalog erarbeitet werden zur Schaffung
neuer Arbeitsplatze.
4. Die Arbeitsvertragspraxis der Arbeitgeber muB liberwacht werden,
inwieweit sie die gegenwartige Notlage zu ungunsten der Arbeitneh-
mer ausnutzen. Desweiteren mussen RepressionsmaBnahmen der Arbeit-
geber gegenuber gewerkschaftlich aktiven Sozialarbeitern bffentlich
gemacht und bekampft werden.
5. Arbeitslosen Kollegen der Fachgruppen ist konkret zu helfen. Die
Kreisverwal tungen der OTV stehen hier in der Verantwortung, alle
Mbglichkeiten zu nutzen, daB die Kollegen aus dem gewerkschaftl ichen
Rahmen nicht herausfallen. .
Eine Schwierigkeit bei der Umsetzung dieser Forderungen ist sicher-
lich die gering entwickelte Einsicht vieler OTV-Mitgl ieder in die
Mbglichkeiten und Notwendigkeit des gewerkschaftl ichen Kampfes, der
liber den all ja'hrl ichen Lohnkampf hinaus urn Verbesserung und Erhalt
der Arbeitsplatze und Arbeitsbedingungen gehen muB. Dieses Selbst-
verstandnis, welches viele OTV-Mitgl ieder von ihrer Organisation
haben, wird naturlich durch die offizielle-sozialpartnerschaftliche
- Politik der OTV noch unterstlitzt: Zuvor muB nach Kluncker
"die OTV die Interessen ihrer Mitglieder vertreten, aber sie darf
auch ihre Verpflichtungen gegenuber dem allgemeinen Interesse am
Fortschritt, die in einem weiteren Sinn ja auch die Interessen ihrer
Mitglieder sind, nicht darUber aus den Augen verlieren."
Was hier mit "al Igemeinem Interesse am Fortschritt" bezeichnet wird,
ist aber nicht imraer - auch im weiteren Sinn nicht - Interesse der
Lohnarbeiter. Denn technologist Fortschritt geht gerade zur Zeit
einher mit der Wegrationalisierung von Arbeitsplatzen und Stenge-
- 49 -
^
rung der Arbeitsproduktivitat. Das gilt nicht nur fiir die Industrie,
sondern auch fur die Aufgabenbereiche des Staates.
Es ist daher wichtig, die Initiativen gegen die Rationalisierungen -
auch aus anderen Bereichen - zu unterstiitzen; z.B. Aktionen gegen
die Einrichtung eines zentralen Schreibdienstes in GroBraumbiiros
f'uhren (siehe Vertrauensl eutearbeit in Bielefeld). Urn eine Gegen-
strategie entwickeln zu konnen, mlissen Untersuchungen liber die ge-
genwartigen Einsparungstendenzen und Praktiken 1m sozialpadagogi-
schen Bereich durchgefuhrt werden (Haushal tsplane, Personal planung,
Einsparungsrichtlinien).
Es mu'Bte eine Handreichung von moglichen GegenmaBnahmen fiir die
Personal rate und Vertrauensl eute erarbeitet werden.
Der biirgerliche Staat verbreitet iiber sich die Illusion, eine neu-
trale Institution zu sein, die Dienstleistungen fiir alle Burger er-
bringt. Und dieses BewuBtsein findet sich wieder bei vielen staatli-
chen Lohnarbeitern, die ihre Tatigkeit als etwas neutrales, dem All -
gemeinwohl dienliches auffassen. Dieses BewuBtsein verhindert bzw.
verschiebt oft ein Erkennen der eigenen Interessenlage als lohnab-
hangig Beschaftigter und ein Durchsetzen der Interessen durch die
Gewerkschaft. In der taglichen Betriebsarbeit und der Schulungsar-
beit sollte hier angekniipft werden, um die Illusion vom neutral en
Sozial staat und dem angeblich dem All gemeinwohl dienenden Charakter
der eigenen Tatigkeit aufzuheben. Wichtig ist hierbei die unter-
schiedliche BewuBtseinslage der Arbeiter, Angestellten und Beamten
mit einzubeziehen. Wa'hrend fiir Arbeiter die Verpfli chtung auf das
Allgemeinwohl durch ihre konrete Tatigkeit am wenigsten Bedeutung
hat, ist diese bei den Beamten besonders stark ausgepragt und wird
noch verstarkt durch Treuepflicht und fehlendes Streikrecht. Daher"
ist eine wichtige Aufgabe der Gewerkschaftsbewegung, auch den Beam-
ten ihr objektives Abhangigkeitsverhaltnis aufzuzeigen und sie in
die Solidaritat aller abhangig Beschaftigten einzubeziehen. Dazu
gehb'rt auch der Kampf um ein einheitliches Dienstrecht, das den Ar-
beitskampf fur alle Personengruppen ermbglicht.
Die Tatsache, daB Sozial arbeit hauptsachlich institutionelle Arbeit
ist, spricht fur die Notwendigkeit, die gewerkschaftliche Organisa-
tion zu einem Vertretungsorgan unserer materiellen, sozial en und po-
litischen Interessen zu machen. Schwerpunkte konnen die Vertrauens-
leutearbeit, die Betriebsgruppenarbeit und die Fachgruppenarbeit
sein. Daraus ergeben sich u.a. folgende Arbei tsschwerpunkte:
1. Wir sollten iiber den ganzen (Complex Arbeitslosigkeit , SparmaBnah-
men und die Auswirkungen dieser Situation auf die Arbeitnehmer im
sozialen Bereich und die Bevblkerung Material sammeln und eine Do-
kumentation herausgeben.
2. Wir miissen uns ganz dringend mit der Berufsausbildung der sozial-
padagogischen Berufe befassen. Es miissen Gesprache mit den Fachhoch-
schulen und anderen Ausbildungsstatten gefiihrt werden, mit dem Ziel,
eine Gemeinsamkeit herauszubilden (z.B. durch gemeinsame Veranstal-
tungen der FHS, der DTV und des AKS).
Wir miissen auBerdem darauf drangen, daB in den Fachhochschulen und
Fachschulen mehr lehrende Sozialarbeiter beschaftigt werden.
5o
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ZEITSCHRIFT ZUR KRITIK
BURGERLICHER PSYCHOLQGIE
1977 -1.JAHRGANG- HEFT 1
„Psychologie und Gesellschaft"
ist eine Zeitschrift gesellschaftskriti-
scher Psychologen und Sozialwissen-
schaftler, die es sich zur Aufgabe
macht, biirgerliche Psychologie in
Theorie und Praxis zu kritisieren und
Alternativen zu nennen, die aus dieser
Kritik hervorgehen.
Sie richtet sich an Psychologen inner-
halb und auBerhalb der Hochschule,
an Studenten, Lehrer, Sozial- sowie
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3. Wir sollten uns verstarkt der Tarifpolitik zuwenden und an der
Basis Liber die Eingruppierung der Sozialarbeiter und Erzieher disku-
tieren.
4. FLir den Vorschul- und Kindergartenbereich sind, soweit noch nicht
vorhanden, Arbeitsgruppen der Erzieher einzurichten.
Weiterhin ist wichtig:
• Kontakte zu Kollegen aufzunehmen und mbglichst viele in den Dis-
kussionsprozeB Liber spezielle Arbeitsplatzprobleme eirbeziehen;
t die eigenen Interessen und BedLirfnisse akti v zu vertreten und
keine unnbtigen Ruckzugsgefechte machen;
• neue politische Inhalte in die Diskussion einzubringen;
I Sensibilisierung der Kollegen fur arbeitspolitische Fragen und ge-
sellschaftspolitische HintergrLinde berufsspezifischer Probleme;
• VergrbBerung des aktiven Mitgliederpotential s durch Motivierung
und Aktivierung passiver Kollegen;
• kontinuierliche Schulungs- und Bildungsarbeit, die an den Interes-
sen der Arbeiter, Angestellten und Beamten ankn'u'pft;
I Mobil isierung gegen Repression und Disziplinierung;
I Tendenzen, die zur Angst und Anpassung fiihren, aufzufangen;
• Bereichsubergreifende Interessen (Rational isierung, §§ 88a' und
218 usw.) aufzugreifen und Libergreifende GegenmaBnahmen zu. orga-
nisieren;
• den Kommunikationszusammenhang und den InformationsfluB durch Be-
triebszeitungen und Abteilungsinfos zu verbessern (vor allem auch
bereichsubergreifend) ;
• Kenntnisse Liber die Wahlzeiten und das -verfahren der Vertrauens-
leute und der Abteilungsvorstande zu verschaffen, urn Zusammenar-
beit und Einflu&nahme auf die Kollegen, die unsere Interessen ver-
treten soil en, zu garantieren. -jlf-
Wir wehrten una nicht, wir sehwiegen
Erhard Wedekind, Koln
GEWERKSCHAFTSARBEIT UND POLITISCHE
ORGANISIERUNG VON SOZIALARBEITERN
ZUM VERHALTNIS VON OKONOMISCHER INTERESSENVERTRETUNG,
PADAGOGISCHEN ZIELEN UND POLITISCHEM SELBSTVERSTANDNIS
DER HINTERGRUND DER GEWERKSCIIAFTSDISKUSSION IM ARBEITSFELD
Die nachstehenden Gedankengange sind als AnstoB zu verstehen, die
mit Recht starker ins Blickfeld geriickte Diskussion Liber den Stel-
lenwert von Gewerkschaftsarbeit in den komplexen Zusammenhang der
Auseinandersetzung um die Entwicklung einer sozialistischen Strate-
gic im Arbeitsfeld Sozialarbeit zu stellen. Dies ist notwendig, um
nicht nach den mittlerweile begriffenen Erfahrungen mit Einseitig-
keiten und illusionaren Einschatzungen der Vergangenhei t wombglich
neue, nunmehr okonomistische Sackgassen zu schaffen.
Im Info Sozialarbeit Nr. 13 (Redaktionskollektiv: Repression und
politische Arbeit im Sozialbereich - Zur Strategie im Arbeitsfeld
Sozialarbeit) haben wir selbstkri tisch versucht, einige "blinde
Flecken" in unserer Arbeit aufzudecken, die sich im Zuge der Reformr
euphone vergangener Jahre eingeschl ichen hatten und angesichts zu-
nehmender Repression und politischer Disziplinierung in ihren proble-
matischen Folgen Liberdeutl ich geworden sind.
Stichworte dieser Selbstkritik waren u.a.:
- die unvermittelte und kurzschlussige Sol idarisierung mit den Be-
troffenen;
- der Liberproportionale Stellenwert, der Alternativmodellen einge-
raumt wurde;
- die weitgehende Ausblendung der eigenen Lohnabha'ngigkei t und der
damit verbundenen widersprLichl ichen Definition der Berufspraxis;
- die mangelnde Verbindung zwischen Projekten und den Kollegen in den
Amtern und Institutionen, welche tendenziell vernachlassigt wurden.
Als eine Konsequenz aus der
lohnabhangigen Situation als
kere Auseinandersetzung mit
sierung auf. Zugleich gibt d
plexen Rahmen an, in den die
Sozialarbeitern eingebettet
mitteln mit den Bemuhungen,
Kriterien fur eine fortschri
hat sich andererseits in den
mit den Genossen aus anderen
meinsame Strategie von Sozia
frage entwickeln zu helfen.
mangelhaften Beriicksichtigung unserer
Sozialarbeiter drangte sich eine star-
Fragen der gewerkschaftl ichen Organi-
er Strategieartikel aber auch den kom-
Gewerkschaftsarbeit von sozialistischen
sein sollte. Sie ist einerseits zu ver-
im Arbeitsfeld politisch-padagogische
ttliche Berufspraxis zu entwickeln und
Kontext Libergreifender Organi sierung
Arbei tsfeldern zu stellen, um eine ge-
listen in bezug auf die Gewerkschafts-
- 53
Ich will mich vorrangig mit der Nahtstelle zwischen bkonomischer
Interessenvertretung und politisch-padagogischen inhaltlichen Zie-
len beschaftigen, weil diese Frage fur das politische Selbstver-
standnis des Arbeitsfeldes und zur Abklarung des Vernal tnisses von
DTV-Arbeit und AKS-Organisierung zentral ist.
Wie wichtig diese Vermittlungsproblematik ist, zeigen bestimmte Er-
fahrungen der letzten Jahre. Nach der Randgruppenkonferenz wurde das
strategische Verstandnis von Randgruppen als potentieller gesell-
schaftlicher Avantgarde innerhalb einer amorphen Arbeiterklasse ad
acta gelegt. Quasi als Oberreaktion wurde nun von einigen Gruppen vor-
rangig die Formbestimmung der Ta'tigkeit von Sozialarbeitern und Er-
ziehern als Lohnarbeit herausgestrichen. Gleichzeitig drohte der be-
sondere Arbei tsgegenstand, namlich Sozialisationsarbeit in der Arbei-
terklasse zu leisten, tendenziell aus dem Auge verloren zu werden.
Mit der korrespondierenden theoretischen Einscha'tzung von Sozialar-
beit, die eindimensional als objektiv nur kontrollierend, integra-
tionistisch und repressiv eingeschatzt wurde, gab man letztlich die
Mbglichkeit fortschrittlicher Berufspraxis Liberhaupt auf. Dem fru-
strierten Sozialarbeiter blieb so gesehen nichts anderes u'brig, als
sich nach Feierabend in der jeweiligen Partei zu organisieren. Die
von der Organisation verordnete General linie fu'r die Gewerkschafts-
arbeit setzte dann weniger an den konkreten Arbei tsplatzbedingungen
der Erzieher und Sozialarbeiter an, als vielmehr bei den vermeint-
lichen Grundfragen der allgemeinen Klassenauseinandersetzungen.
Dem gegenuber unterstreicht der Arbei tsf el dansatz des SB die Not-
wendigkeit fur die sozialistische Intelligenz im Reproduktionsbe-
reich, das konkrete Berufsfeld zum Ausgangspunkt ihrer politischen
Arbeit zu machen und u'ber eine kritische Auseinandersetzung mit den
Inhalten ihrer Ta'tigkeit einen praktischen Bezug zu den Interessen
und Problemen der Arbeiterklasse und der ubrigen Lohnabha'ngigen her-
zustellen. Dieser Bezug entspringt dann nicht einem aufgesetzten
moral ischen "Sich-Hinwenden" zur Arbeiterklasse, sondern der eigenen
erfahrungsbezogenen sinnlichen und materiel 1 en Betroffenheit im All -
tag. (Vgl. Thesen des SB, Feb. 75, S. 68/69)
GEWERKSCHAFTLICHE FORDERUNGEN UND PADAGOGISCHE INHALTE
Dadurch, daB unser objektiver Arbei tsgegenstand definiert ist als
Herausbildung, Pflege und Erhalt der Ware Arbeitskraft, ergibt sich
ein besonderes Verhaltnis von Formbestimmung und Inhalt von Sozial-
arbeit. Diese Beziehung weist Unterschiede zu den Bedingungen im Pro-
duktions- Oder Verwaltungsbereich auf, wo sich der soziale Bezug erst
durch die notwendige (Cooperation der Produzenten im Umgang mit der
Sache, mit der Herstellung und Verteilung von War en, ergibt und nicht
als solcher primarer Bestandteil der Ta'tigkeit ist.
Konkret: Jnbestritten ist der vor allem durch intensive Gewerkschafts-
arbeit abzudeckende Stellenwert der Arbei tsbedingungen als Lohner-
zieher - Bezahlung, Dienstplan, Stellenplan, Nachtdienst, Oberstun-
den, hierarchische Einstufungen etc. -• All erdings ergibt sich beim
Ineinandergreifen des Formaspektes mit dem Inhalt von Sozialarbeit
eine besondere Brisanz, die anhand von zwei Bei spiel en aus einem
Jugendheim erlautert werden soil.
-- 54 -
1. Die Einflihrung der 40 Stunden-Woche auch im Bereich der Heimer-
ziehung hat zu einer Steigerung der Erzieherzahl pro Gruppe gefuhrt,
die aufgrund der damit verbundenen sta'rkeren Arbeitsteilung Proble-
me fur Kinder/Jugendliche und Mitarbeiter schafft und mit den pa'da-
gogischen Notwendigkeiten kollidiert. Bei vier bis f'u'nf Erziehern
ist eine optimal e Absprache kaum noch gewahrleistet, der ha'ufige
Wechsel der Bezugspersonen ist fiir die Kinder und Jugendlichen mit
negativen psychischen Folgen verbunden. Im Heim hat sich die Mitar-
beiterzahl seit 1969 verdoppelt, was dem angestrebten "sozialthera-
peutischem Lebensfeld" nicht gerade fbrderlich ist. Bleibt man bei
drei Erziehern, ist die Realisierung der 40 Stunden-Woche kaum mbg-
lich. Alternative Formen von Urlaubs- und Freizeitregelungen, die
den spezifischen Bedurfnissen von Heimerziehern angemessen waren,
sind bisher nicht konzipiert worden und wlirden den herkbmmlichen
Rahmen des bffentlichen Dienstes wohl auch sprengen mussen. Der lan-
gerfristige allgemeine Trend zu einer weiteren Arbeitszeitverkurzung
wiirde den eingebauten Konflikt mit den Bedurfnissen der Kinder und
Jugendlichen in Heimen verscharfen bzw. zu einer ansatzweisen Unrea-
lisierbarkeit von stationarer (Lohn-) Erziehung flihren. (Vergl .
Stellungnahme der International en Gesellschaft fur Heimerziehung zur
Arbeitszeitregelung in Heimen, in: Materialien zur Heimerziehung,
3/76)
2. Bei der Diskussion von Mbglichkei ten, die fur Heime typische
totale Versorgungssituation aufzubrechen, wurden Vorschlage entwik-
kelt, die darauf abzielten, daB die Jugendlichen und Sozialarbeiter
die Sauberung und Instandhaltung der Gruppenhauser sowie die Essens-
versorgung und das Kochen mehr in eigener Regie erledigen, urn Selb-
standigkeit und Eigenverantwortung der Jugendlichen und den Gruppen-
zusammenhalt zu starken. Den in der DTV organisierten Kollegen hat
aber eine mbgliche Konsequenz solcher Plane schnell Kopfschmerzen
bereitet, namlich die dann eintretenden Stellenstreichungen im haus-
wirtschaftlichen Bereich. Betroffene: vor allem Frauen mittleren
Alters, die derzeit mit langerer Arbeitslosigkei t zu rechnen ha'tten.
DIE BESONDERE ORIENTIERUNGSPROBLEMATIK LINKER LOHNERZIEHER
Ich will nicht weiter auf die durch diese Beispiele beruhrten Ein-
zelfragen eingehen. Deutlich werden sollte, daB einmal die materiel-
len Interessen der Sozialarbeiter unter dem Aspekt ihres "Lohnerzie-
herdaseins" mit den Bedurfnissen der Jugendlichen kollidieren kbnnen
und daB zum anderen eine Gegensatzl ichkeit von inhal tlich-padagogi-
schen Konzepten und gewerkschaftlichen Gesichtspunkten denkbar ist.
Unsere Schwierigkeit dabei ist, daB unsere Existenz, Erfahrung und
subjektives Selbstverstandnis durch alle angesprochenen Momente zu-
sammen definiert ist: durch unser materielles Interesse an adaqua-
ten Arbeitszeiten und Reproduktionsmbglichkeiten, durch unser Be-
ziehungsinteresse an den Jugendlichen und deren Entwicklung, durch
unsere Solidarita't mit anderen Kollegen, gerade auch aus dem soge-
nannten "Lohnempfa'ngerbereich". Anders ausgedruckt: der fur die Pro-
duktionsweise der burgerlichen Gesellschaft grundlegende Widerspruch
von Arbei ts- und VerwertungsprozeB, von Bedurfnisorientierung und
Funktionalisierung fur die Mehrwertproduktion, weist im Sozial- und
Erziehungsbereich eine besondere Verstrickung auf, die sich fur die
55
"Lohnerzieher" immens belastend auswirkt. Die ansonsten viel leich-
ter entstehende Taktik der Arbeiterklasse bei Auseinandersetzungen
mit dem Kapital, sich radikal auf den Verwertungszusammenhang zu
beziehen, ich meine die informelle Sabotage, die der objektiv ge-
setzten Gleichgul tigkeit gegenuber dem Arbeitsgegenstand entspringt,
kollidiert bei uns mit der solidari schen Betroffenheit, die sich
aus der Beziehung zu unserem Gegenstand ergibt, der Sozialisation
von Kindern und Jugendlichen, der Betreuung von Familien und alten
Menschen.
Erst zusammen mit dieser unmittelbar sinnlich-sozialen Qualitat hat
die bezahlte Sozialisationsarbeit immer auch die Funktion, dieses
System zu erhalten und seine "Sozialstaatlichkeit" zu legitimieren.
"Hilfe" ist so gleichzeitig Gewalt.d.h. ein objektiv durch den So-
zialarbeiter gegenuber dem "Klienten" wirksamer Zwang, die kollek-
tiven Risiken, die der Arbeiterklasse aus der kapi tali sti schen Pro-
duktionsweise entstehen, als individuelle Defizitprobleme einer ge-
storten Psyche oder einer pathogenen Familienkonstellation zu behan-
D^ese widersprlichliche Verknupfung der bereits in sich gebrochenen
gebrauchswertbezogenen Bestimmung unserer Tatigkeit mit ihrer objek-
tiven Funktion im Verwertungszusammenhang des Kapitals, ist in un-
serem Handeln nur unter der Bedingung nach jeweils einer Seite hin
aufzulbsen, daB zerstbrerische Konsequenzen flir uns oder die von
Sozialarbeit Betroffenen in Kauf genommen werden:
• Definieren wir uns einseitig Liber unsere Lohnerziehersituation,
so flihrt dies zur Herausbildung von Gleichgul tigkeit und Desinter-
esse gegenuber den "Klienten", die auch hinter noch so subtil en
wissenschaftlichen Methoden verschanzt, durch ihre brutale Distanz
verheerende Auswirkungen auf diejenigen hat, die Unterdruckungs-
zusammenhange in besonders verdichteter Form am eigenen Leib und
an ihrer Seele erfahren haben.
• Folgen wir dagegen nur den inhal tl ich-padagogischen Anforderungen
unserer Tatigkeit und orientieren uns ausschlieBlich an den Bedurf-
nissen der Betroffenen, kommen wir sehr schnell in die Gefahr, cne
objektiven strukturellen MiBstande in der Sozialarbeit durch unser
Oberengagement ausbligeln zu wollen. Friiher nannte man diese Hal-
tung caritativ. Als solche kann man sie schnell zurlickweisen.
Aber gerade uns als linke Sozialarbeiter verbindet eine ganz spezi-
fische Nahe zu den' "Klienten", die fur uns Teile der Klasse sind,
die nach wie vor perspektivisch "flir die dringendsten Schwierigkei-
ten, in denen die menschliche Gesellschaft steckt, die breitesten
Lbsungen bereithalt" . (Brecht)
Dieser Aspekt der Lohnerziehertatigkeit hat nicht den gleichen Ub-
jektivitatscharakter wie das okonomische Interesse an der Reproduk-
tion der eigenen Arbeitskraft; er entspringt einer einbindenden
Betroffenheit, die sich Liber die Interaktion mit den "Klienten ein-
stellt. Dieser Betroffenheit kbnnen wir uns allerdings nur schwer-
1 ich entziehen.
Die Gefahr, vor dem Hintergrund dieserNahe an den all taglichen Anfor-
derungen kaputtzugehen, ist wirklich keine theoretische. (woher kame
- 56 -
sonst die Motivation, in Al ternativmodellen und auBerinstitutionel-
len Projekten eine scheinbare Form von Widerspruchsfreiheit zu su-
chen?) Ich habe sehr plastisch einige Beispiele von Genossen und Ge-
nossinnen vor Augen, die aufgrund von Oberlastung in eine absolute
Distanzlosigkeit gegenuber ihrer Arbeit getrieben wurden, so daB
sie auch aus i hren pol itisch-sozialen Zusammenhangen al Imahl ich her-
auszufallen drohten. In dieser zugespitzten Form tritt die Problema-
tik nicht in alien Bereichen der Sozialarbeit auf: in uberwiegend
sozialpadagogischen Feldern, wo Beratung, Erziehung und Behandlung
im Vordergrund stehen (Heime, Beratungsstellen, Psychiatrie, offene
Jugendarbeit etc.) wird sie weitaus starker wirksam als bei eher
administrativen Aufgaben.
POLITISCH-PADAGOGISCHE RADIKALITAT UND BERUFLICHER ALLTAG
In der Praxis stellt sich der Umgang mit dieser aufgendtigten wider-
sprLichlichkeit als ein immer wieder neu zu vol lziehender Balanceakt
zwischen eindeutiger Sol idarisierung in der konkreten Beziehung und
reflexiver Distanz gegenuber den Strukturen dar. Wir stehen vor dem
Probl em:
1. Gegenuber der klassisch verwaltenden und autoritaren Form von
Sozialarbeit als kontrol lierender Massenabfertigung aber auch gegen-
uber der reformi sti schen Variante, dem klinisch professionellen Zu-
gang zum Klienten, der letztlich an dem Subjekt - Objekt Verhaltnis
zwischen Sozialarbeiter und Betroffenen nur weitaus subtiler fest-
hailt. Gegenuber diesen zwei Seiten der gleichen "kalten Distanz",
ist an einer unmittelbaren solidarischen Form von Zwischenmenschlich-
keit festzuhalten.
2. Gleichzeitig m'ussen wir darauf achten, daB wir uns nicht indivi-
dualisierend im Gegenuber verlieren. Vielmehr gilt es, den Jugendli-
chen, den alten Menschen, die Familie etc. jeweils vor dem Hinter-
grund ihrer Lebensverhal tnisse und ihrer Klassenlage zu sehen. Das
muB z.B. auch fiir uns heiBen, sich nicht nur auf ein Heim (namlich
das, in dem man arbeitet) zu konzentrieren, sondern sich mit dem Be-
reich der Heimerziehung insgesamt auseinanderzusetzen und an der
Veranderung der Strukturen zu arbeiten. Das bedeutet weiterhin, daB
wir unser Gegenuber auch nicht liber die uns objektiv zugewiesene
Funktion der Anpassung, Integration und Kontrolle im Unklaren lassen
dlirfen, urn nicht falsche Illusionen zu nahren, die autonomes Handeln
der Betroffenen eher unmoglich machen als anregen.
Diese Balance zu finden ist auBerordentlich schwierig und al 1 ein
wohl kaum zu schaffen. In dem einen Fall ist vielleicht ein Arbeits-
einsatz auch Liber die bezahlte 40 Stunden-Woche hinaus angezeigt,
wenn dadurch autonome Entwicklungsprozesse von Jugendlichen hin zu
57 -
Fur Sozialisten im Sozialbereich berlihrt dieser skizzierte Zusammen-
hang nachhaltig die Problematik ihrer Identitat. Wir kbnnen sie fur
uns nur in den Griff bekommen liber die Perspektive einer umfassenden
sozial revolutionaren Veranderung dieser Gesellschaft, in der unsere
"Klienten" nicht raehr als verwaltete Objekte, sondern als handelnde
Subjekte gemeinsam ihre Interessen organisieren. Das hbrt sich viel-
leicht etwas abstrakt und liberzogen an. Gemeint ist aber die bei
uns alien mehr Oder weniger verschUttete Phantasie, aus der alltag-
lichen Zwangsklemme "zwischen Beton und Angst" einen Weg zu Lebens-
formen zu finden, die sich an wesentlichen, sinnhaften Ablaufen von
Zwischenmenschlichkeit festmachen, - eine Phantasie, die letztlich
Linke in jeweils gebrochener Form auch mit demjenigen gemeinsam ha-
ben, der aussteigt, nicht mehr mitmacht, aber nicht mehr oder noch
nicht die Kraft zu einer kollektiven Widerstandsform hat.
Dieses, hinter dan ganzen AusmaB von materiellem und psychischem
Leiden verborgene Bedlirfnis nach unmittel barer Assoziation und Selbst-
verwaltung aller Lebensbereiche relativiert tendenziell die Kluft
zwischen uns und den von Sozialarbeit Betroffenen. Handlungsorien-
tierend kann das fur uns nur heiBen, daB wir immer wieder die Bereit-
schaft aufbringen mUssen, aus dem kalkulierten Lohnarbeiterrahmen
auszubrechen. Die Perspektive alternativer Gesellschaftlichkeit ist
unmittelbar erfahrbar zu machen. In den strukturellen ZusamiHenhangen
dieser Gesellschaft zu denken und das eigene existentielle Bedlirf-
nis nach ihrer Veranderung in die Beziehung zum Gegenuber hineinzu-
nehmen, verlangt von uns gerade nicht permanente polit-bkonomische
Rundschlage und objektivistische Belehrungen, sondern zunachst ein
hohes MaB an Sensibilitat fur die jeweils ganz konkrete Verknupfung
von Klassen- und Lebensgeschichte im Gegenuber.
In der alltaglichen Arbeit, sich urn diese sozialistische Orientierung
des eigenen Handelns zu bemuhen, ist ein Unternehmen, das durchga'n-
gig durch Konfl ikthaftigkeit gekennzeichnet ist. Ich meine die Unsi-
cherheit angesichts der Zwange und Einengungen der Arbeitsplatzbe-
dingungen, ob man den eigenen Ansprlichen geniigt, ob man sich uber-
fordert, das Erlebnis der Ohnmacht angesichts eines iiberma'chtigen
Apparates, die Erfahrung der "Diskrepanz" (vergl . Timm Kunstreich,
Sozialarbeit ist Lohnarbeit, in: Info Sozialarbeit Nr. 9), die immer
wieder auftaucht zwischen dem Bezug auf die gesellschaftlichen Be-
dingungen und dem angestrebten solidarischen Verhalten gegenuber den
Betroffenen, das laufend erschwert und negativ sanktioniert wird.
KONSEQUENZEN FUR DIE ORGANISIERUNG
Um hier nicht zu scheitern und in Resignation zu verfallen, ist eine
kontinuierliche gegenseitige Versicherung in einem engen kollektiven
Rahmen von solidarischen Genossen nbtig, die von den gleichen Schwie-
rigkeiten betroffen sind. Die AKS-Gruppen sind nach unserer Erfah-
rung ein geeigneter Ansatz, um sozialistische Sozialarbeiter kon-
kret an der Basis des Berufsfeldes oder Projektes liber die Schwie-
rigkeit der Vermittlung von Lohnerzieherdasein und- politisch-pa'da-
gogischem Anspruch in einen Erfahrungszusammenhang zu bringen, der
fur die identitatsbezogene Stabilisierung existentiell notwendig
ist und die Voraussetzungen schafft fur die handlungsbezogene Ver-
- 58 -
arbeitung von Erfahrungen = Aktion.
Im Hinblick auf die Entwicklung einer fortschri ttlichen Berufspraxis
stellt sich die Aufgabe, vorwartstreibende Impulse, die die Mbglich-
keit einer sozialistischen Gesellschaft anreiBen, in das Berufsfeld
und daruberhinaus schwerpunktma'Big in Form von Offentlichkeitsarbeit
und Aktionen im lokalen Rahmen einzubringen. Gleichzeitig ist gegen-
uber der real en Gefahr der Berufsbornierung liber den Zusammenhang
des Sozialistischen BLiros die Vermittlung der eigenen Aktivitaten
zu Problemen libergreifender sozialistischer Politik zu leisten, etwa
mit Lehrern und Betriebsgenossen gemeinsam gegen Fahrpreiserhbhun-
gen und Zerstbrung von Stadtvierteln vorzugehen. Ich meine, daB erst
vor dem Hintergrund dieser Fundierung in den politischen Arbeitsfeld-
zusammenhang eine effektive Gewerkschaftsarbeit von Sozialisten in
der OTV gegeben ist. Denn in bezug auf die OTV gilt zweierlei:
1, Bei bkonomischen Interessen am Arbeitsplatz, wo es um die direkte
Verbesserung der Arbeitsbedingungen geht, wo Disziplinierungsversu-
che und Vereinzelungsstrategien des Arbeitgebers abgewehrt werden
miissen, gibt es keine Alternative zur Arbeit in OTV-Betriebsgruppen,
Vertrauensleutegremien und evtl . auch im Personal-/ bzw. Betriebs-
rat. Hier gilt es, eine breite Front aller Kollegen herzustellen.
Gerade die jungsten Rational isierungsmaBnahmen, die mit dem dicken
Hammer massiver Stellenklirzungen einhergehen, zeigen die Notwendig-
keit der gemeinsamen Interessenvertretung aller im bffentlichen
Dienst Beschaftigten. Allerdings wird nach den Erfahrungen mit der
engen personellen Verflechtung von Sozial demokratie, Staatsblirokra-
tie und gewerkschaftlichem Apparat selbst die dkonomische Interessen-
vertretung durch die OTV nicht hinreichend wahrgenommen. - Wir miis-
sen deshalb in den AKS-Zusammenhangen diskutieren, inwieweit nicht
zunachst informelle AnstbSe am Arbeitsplatz nbtig sind, um eine kon-
sequente OTV-Betriebsarbei t Uberhaupt in Gang zu bringen.
2. Mit der immanenten Beschrankung der Gewerkschaften auf die Ver-
tretung bkonomischer Interessen und der alleinigen Thematisierung
der Formbestimmung von Sozialarbeit als Lohnarbeit innerhalb der
Grenzen des bestehenden Systems, - man kann auch sagen mit der Fort-
schreibung der fur die Arbeiterbewegung historisch verhangnisvollen
Trennung von Dkonomie und Politik - bleibt die Vermi ttlungsproble-
matik von Form und Inhalt unserer Lohnerziehertatigkeit ausgeblen-
det, was sich in der Sozialarbeit wie gezeigt besonders verha'ngnis-
voll auf fortschrittliche Kollegen auswirken muB.
In der Arbeit der OTV muB die Behandlung des Zusammenhanges von pa-
dagogischen Zielen und bkonomischen Interessen aufgegriffen werden..
Allerdings ist, angesichts der von Gewerkschaftsausschlussen und
burokratischen Einschrankungen der innergewerkschaftlichen Demokra-
tie gepragten Atmosphare und der zunehmenden Tendenz, die Arbeit
der Fachgruppen "Sozialarbeit" zu beschranken bzw. sie aufzulbsen,
eine offene solidarische Diskussion sehr schwierig bzw. unmbglich.
Diese Situation stellt fur uns eine Herausforderung dar und es gilt,
fUr die notwendigen gewerkschaftlichen Diskussions- und Arbeitsbe-
dingungen zu ka'mpfen.
59
GEWERKSCHAFTSARBEIT UND SOZIALISTISCHER ANSPRUCH
Urn so notwendiger sind Initiativen aus den AKS-Zusammenh'a'ngen, bko-
nomische Forderungen starker an fortschrittlichen padagogischen In-
halten zu orientieren. Ein Beispiel: Die an den Bedingungen des of -
fentlichen Dienstes orientierte hierarchische Einstufung von Heim-
erzi'ehern in einer Kinder- oder Jugendgruppe nach ersten, zweiten,
dritten Erzieher. Teamarbeit wird durch die unterschiedliche Bezah-
lung und ungleiche Verteilung von Verantwortung und Entscheidungs-
kompetenz im Prinzip unmbglich gemacht. Hier kann es nicht ausrei-
chen, daB bei Tarifverhandlungen alle mehr bekommen, die Unterschie-
de in der Einstufung selber miissen abgeschafft werden.
Die konkrete inhaltliche Qualitat der Forderungen ist auch fiir die
Wahl der Kampfmittel entscheidend. Wenn es nicht um den Ausbau stan-
discher Privilegien geht, sondern die Forderungen nach besseren Ar-
beitsbedingungen und erhbhten Mitteln sowohl im Interesse der Mitar-
beiter wie der Betroffenen liegen und so auch in der Offentlichkeit
vermittelbar sind, konnen Streiks kein Tabu sein. - Das hat z.B. der
Streik der Kindergartnerinnen in Frankfurt 1970 (Forderungen: u.a.
Verringerung der Gruppenstarke, bessere Bezahlung, Fortbildung) , der
von den Eltern mitgetragen wurde, deutlich gemacht. Aktuell wird
dieser Zusammenhang durch die Arbei tsniederlegung der Mitarbeiter
in der Frankfurter Drogenberatungsstelle "drop in" unterstrichen.
Die Tatsache, daB solche Aktionen noch sehr selten sind, hangt na-
tlirlich mit dem unterentwickel ten Stand unserer Gewerkschaftsarbei t
zusammen. Vielfach geht es erst einmal darum, die Kollegen vom Nutzen
gewerkschaftlicher Organisierung zu liberzeugen.
Die OTV muB sich in diesem Zusammenhang auch die unangenehme Fest-
stellung gefallen lassen, daB i hi- unzureichendes Interesse fur die
notwendige Verschra'nkung von okonomischen und sozial-padagogisch in-
hal tlichen Forderungen zu dem Mitgl iederanstieg der Berufsverbande
beigetragen hat, die mit ihren demagogischen und irreflihrenden Ver-
sprechungen von Professional isierung, hbherem Status und wissenschaft-
lichem Habitus die Problematik von rechts aufgreifen und sie um-
funktionalisieren in eine spalterische Politik gegenliber alien libri-
gen Lohnabhangigen im bffentlichen Dienst. Das ist grundsatzlich
nichts Neues. Denn Interessen und Bedlirfnisse "bleiben nie herrenlos
auf der StraBe liegen; entweder organisiert sie die eine Seite oder
die andere, entweder rechts oder links." (Oskar Negt, Nicht- nach
Kbpfen, sondern nach Interessen organisieren, in: "links" Nr. 39)
Aus sozialistischer Sieht den Zusammenhang vo
und Lohnerzieherdasein aufgreifen, heiBt frei
fortschrittlicher Forderungen am Arbeitsplatz
sche Basis von Sozialarbeit, das Lohnsystem s
demokratisch fixierten Gewerkschaften schon 1
zu bekampfen. Dazu ist die politische Organis
zialarbeitern in berufsfeldbezogenen Gruppen
mbgliche gegenseitige Unterstutzung in einer
haltung unabdingbar, die ich als "Alltagsradi
mbchte.
n padagogischem Anspruch
lich.uber den Rahmen
hinaus die zerstbreri-
■elber, das die sozial-
angst akzeptiert haben,
ierung von linken So-
notwendig, ist die hier
gemeinsamen Einstel lungs-
kali tat" bezeichnen
- 6o
Rolf Lanrlwehr, Westberlin
WIDER DEN LINKEN CARITATIVISMUS
Zentraler Gegenstand des Artikels von E.W. ist das Verhaltnis zwi-
schen den aus dem Lohnarbeiterdasein des Sozialarbeiters sich erge-
benden Interessen: Verbesserung der Arbei tsbedingungen sowie Ar-
beitskrafterhaltung, und seinen padagogisch-politischen Zielen.Thema-
tisiert wird dies auf dem Hintergrund einer bestimmten Auffassung
der qualitativen Differenz zwischen der Arbeit eines sozialistischen
Sozialarbeiters und gegenwartig ublicher Praxis eines
beliebig anderen. Hier setzt meine Kritik an, die zunachst auf einen
Punkt zielt, den Versuch na'mlich, die andere Qualitat und den poli-
tischen Gehalt der eigenen Arbeit aus den Besonderheiten des Ar-
bei tsgegenstandes zu bestimmen.
Zunachst zum besonderen Arbeitsgegenstand: Diesen bestimmt E.W. als
"Sozialisationsarbeit in der Arbei terklasse" (S.54 ) Das ist zumin-
dest miBverstandlich formuliert, denn
1. ist Sozialisation nicht umstandslos mit "Erziehung" gleichzuset-
zen, sondern ist gerade im Bereich der Sozialarbeit ein den Betrof-
fenen aufgezwungener und oft gewaltsamer ProzeB der Integration und
2. ist es nicht "die Arbeiterklasse" , die der Sozialarbeiter vor
sich hat, sondern es sind die Desintegrierten, gescheiterte Existen-
zen, die aus dem "normalen" Lebenszusammenhang herausgefallen oder
"ausgeflippt" sind. Es geht also schlicht um die zwangsweise Inte-
gration von Desintegriertenin die bestehende Gesellschaft, nicht in
die "Klasse". Gerade der fehlende Klassenzusammenhang kann als ein
mbgliches Moment der Desintegration angesehen werden.
E.W. sieht nun in der eigenen ".. .sinnlichen und materiellen Betrof-
fenheit im Alltag." (S.54 ) den Bezug zu den Interessen und Proble-
men der Arbeiterklasse gegeben. Das klingt, sieht man vom problema-
tischen Gebrauch des Begriffs "Arbeiterklasse" in diesem Zusammen-
hang einmal ab, zunachst plausibel. Von Interesse flir uns ist, wie
dieser Bezug naher zu bestimmen ist und was daraus flir den politi-
schen Gehalt der eigenen Arbeit folgt. Die "Betroffenheit im Alltag",
die tagliche (Confrontation mit dem Elend dieser Gesellschaft in Ge-
stalt des "Klienten" ist sicher das Motiv, das Sozialarbeiter u'ber-
haupt dazu gebracht hat, sich gegen das restlose Aufgehen in der ih-
nen zugedachten Funktion zu wenden, was sie weiterhin dazu gebracht
hat, sich ein BewuBtsein zu erarbeiten, das die Probleme der Sozial-
arbeit als strukturelle gesel lschaftliche Probleme erkennbar wer-
den la'Bt. Daraus folgt Verstandnis flir die Probleme der von Sozial-
arbeit Betroffenen, aber noch langst kein praktischer Bezug zu ihren
Interessen, der fiir die Betroffenen auch praktisch etwas bedeutet.
Fiir den DOlitisch aufgeklarten Sozialarbeiter hat sein Verhaltnis
Zum "Klienten" einen Stellenwert in der Behauptung der eigenen poli-
- 61 -
tischen IdentitatrSein Einblick in die Zusammenhange der Gesell-
schaft, die Bedingungen, die Elend produzieren, gebietet ihm, die
Opfer dieser Gesellschaft nicht auch noch als Schuldige zu denunzieren.
Das kann sich praktisch ausdriicken in intensiverem Bemiihen urn die Pro-
bleme des "Klienten", beispielsweise der Ausschopfung aller gesetz-
lichen Mogl ichkeiten und in einer gewissen Freundl ichkeit des Umgangs,
kurz, dem Versuch, die eigene Arbeit fiir den Betroffenen nlitzlich
zu machen. Ob sie das wirklich ist, sei zuna'chst dahingestellt.
Daraus ergibt sich aber noch kein Kriterium politischer Arbeit.
In der Erscheinungsweise kann das oben Gesagte genauso gut fiir eine
engagiert caritative Arbeit gelten. Eine Differenz ist fiir den Be-
troffenen nicht bemerkbar, weil es sich
1. urn eine Differenz des BewuBtseins handelt und
2. weil in der Regel dem Betroffenen die Tatigkeit des Sozialarbeiters
als Tatigkeit der Institution Sn7ialarhPit- erscheint.
Das heiSt aber, je menr der einzelne Sorfal arbei ter sich fur den
"Klienten" einsetzt, sei es aus politischem oder caritativem Engage-
ment, desto glanzender und intakter erscheinen jenem die sozialstaat-
lichen Einrichtunger. Das politische Engagement kommt also, in gro-
tesker Verkehrung der Intention, der Stabil isierung von Sozialstaats-
illusionen zugute.
Alle Versuche, den politischen Gehalt der eigenen Arbeit aus der Be-
tonung des Gebrauchswerts fur die Betroffenen zu begrunden - was
nebenbei bemerkt auch die caritative Sozialarbeit tut, allerdings
M^tr,,^, u?„c^l a,u, Ule caritative Sozialarbeit tut, alierainys
ohne politischen Anspruch - haben rationalisierenden Charakter. Die
se Versuche wollen die bedrohliche Einsicht vermeiden, daB auch
"fortschnttliche" Praxis dem Ziel sozialer Kontrolle die
Auf diesern Hintergrund muB die Problematik des Vernal tniss
okpnomischen Interessen des Sozialarbeiters, speziell Arbe
erhalturg und politisch-padagogischem Anspruch diskutiert '
ient.
Die unbestreitbareTatsache, daB es, insbesondere in den Berei.chen,
wo Sozialarbeit mit Sozialisationsaufgaben befaBt ist zu Kollisio-
nen zwischen Lohnarbeiterinteressen des Sozialarbeiters und den Be-
durfmssen der Betroffenen kommt (vgl . S.S5 ) bezeichnet genau die
Konfliktstelle, an der wir, sollen unsere Oberlequnqen orientieren-
den Charakter haben, nicht indifferent bleiben dUrfen Diese Indif-
ferenz aber ist dem Beitrag von E.W. vorzuwerfen Sie'ruhrt daher,
daB die Interessen des Sozialarbeiters in bestimrnter Weise mit sei-
nem Arbeitsgegenstand verkniipft werden: der gesamte Argumentations-
zusammenhang beruht auf der Annahme, daB die "Klienten" Teil des
Subjekts gesellschaftlicher Veranderung sind, (vgl. S.56 )• Von da-
her begru'ndet sich das Interesse des selbst an gesellschaftlicher
Veranderung interessierten Sozialarbeiters an seinem Arbeitsgegen-
stand.
Es ist zu problematisieren, ob diese Vorstellung, daB wir durch un-
sere Arbeit als Sozialarbeiter in irgendeiner Weise der Arbeiterklas-
se auf die Beine helfen wiirden, eigentlich noch mehr ist als eine
rhetorische Figur. Oberdenkt man die Geschichte der Sozialarbeiter-
bewegung, so muB man heute sagen, daB der Gedanke, -die "linke" So-
zialarbeit kbnne einen Beitrag zur Herstellung der Bedingungen des
Kampfes der Arbeiter leisten, von jeher wenig Realitatsgehalt hatte,
eher eine theoretische Konstruktion war, die dem subjektiven BedUrf-
62 -
nis nach politischer Legitimierung der eigenen Arbeit entstammt.
Es bleibt aber nicht dabei , daB die Argumentation des oben genann-
ten Typs Illusionen uber den politischen Gehalt der Sozialarbeit
befestigt, sie la'Bt auch die Durchsetzung eigener Interessen, so-
fern sie mit denen der "Klienten" kollidieren, nur schlechten Gewis-
sens zu: das ist das eigentlich Fatal e daran. Die implizit geforder-
te RUcksicht auf die "Klasse" erinnert in seltsamer Weise an die
Ideologie der Gemeinwohlorientierung, die immer dann auftaucht,
wenn es gilt, insbesondere im bffentlichen Dienst Arbeiter und Ange-
stellte beispielsweise von der Durchsetzung ihrer Forderungen per
Streik abzuhalten. Wann immer Krankenhauspersonal , Kindergartnerin-
nen, Verkehrsbetriebe, ja sogar die MUllabfuhr Streikbereitschaft
zeigen, kann man eines all sei ti gen Lamentierens von Pol iti kern, Pres-
se etc. gewiB sein. Ja, aber dann leiden doch die Unschuldigen:
Kranke, Kinder, Verkehrsteilnehmer, Mullproduzenten. Wie egoistisch!
Wie verantwortungslos! Sicher, hier sind die Konsequenzen jeweils
zu bedenken. Ich halte es aber fur gefahrlich, wenn wir uns selbst
diese Argumentationsstruktur zu eigen machen und uns durch die Erwa-
gung, daB natlirlich andere darunter leiden kbnnen, wenn wir unsere
Interessen vertreten, schlieBlich daran hindern. Richtiger ware viel-
mehr, den "Klienten" im konkreten Fall zu vermitteln, daB wir unser
Interesse an Arbeitskrafterhaltung auch gegen ihre Bediirfnisse durch-
setzen mussen. Andernfalls machen wir uns freiwillig zu Luckenbus-
sern fiir strukturelle MiBstande.
Nun findet sich bei E.W. noch ein weiteres Argument, das die beson-
dere Beziehung des Sozialarbeiters zu seinem Arbeitsgegenstand be-
stimmt und dadurch die Sache noch kompliziert. Es ist dies das
"Beziehungsinteresse an den Jugendlichen" (S.56 ). Es soil nicht be-
stritten werden, daB es solche Interessen gibt. Ein Argument gegen
die strukturell bedingte Gleichgultigkeit des Lohnerziehers geben
sie nicht her. "Beziehungsinteresse" ist rein privater und zufa'lli-
ger Art, ist eine subjektive Beigabe. Das gesell schaftliche Verhalt-
nis von "Sozialarbeiter" und "Klient" wird dadurch nicht beriihrt.
Mit der Gleichgiil tigkei t als struktureller GrbBe - nicht aus persbn-
licher Borniertheit - haben wir und haben auch die Betroffenen prin-
zipiell zu rechnen. Betrachten wir die Sache einmal anders: DaB die
Sozialarbeit gerade im Bereich von Sozialisationsaufgaben noch eini-
germaBen funktioniert, liegt sicher nicht zuletzt daran, daB durch
das sta'ndige Bemiihen von engagierten Leuten den "Klienten" das nbti-
ge Vertrauen eingeflbBt und so eire,fur die Funktionsfahigkei t von
Sozialarbeit bedrohliche Tendenz§aufgehal ten wird. Mit unserem Enga-
gement rechnen ja die Anstellungstra'ger. Die Funktion der Sozialar-
beit ist vampirma'Big angewiesen auf die Fa'higkeit, das "persbnliche
Verhaltnis" zu den Betroffenen herzustellen. Diese Fa'higkeit macht
den Gebrauchswert unserer Arbeitskraft aus. Gebrauchswert nicht fur
uns und nicht fiir den "Klienten", sondern fur den Kaufer unserer
Arbeitskraft. Von diesern BewuBtsein her mlissen wir argumentieren,
urn Bedingungen fiir den mbglichst gunstigen Verkauf unserer Arbeits-
kraft zu stellen und endlich damit aufhbren, daB wir unsere Arbeit
wie zu Alice Salomons Zeiten uber den Gebrauchswert fur die "Klienten"
definieren, uns damit ausnutzen lassen und schlechte Arbeitsbedingun-
gen in Kauf nehmen.
63
Wann wir immer noch meinen, daB unsere Betroffenheit den Klienten
etwas nutzt, dann steckt darin auch ein Stuck Selbstrechtfertigung,
ein Stuck weit der Versuch, die eigene Arbeit mit Sinn auszustatten
und sicher ein Stuck Selbstliberschatzung. Das alles ist verstehbar,
bleibt aber objektiv gesprochen Ideologie. Real i tat ist eher, daB
die den Betroffenen auch durch uns aufgezwungenen Dienstleistungen
sie in Abh'a'ngigkeiten bringen, sie an Selbstandigkeit und Selbstorga-
nisation hindern.
Der grundlegende Irrtum des gesamten Artikels, daB primar die eige-
ne Arbeit einen Gebrauchswert fiir den Klienten habe, findet seiner,
theoretischen Ausdruck in der Konstatierung einer "widerspruchlichen
VerknUpfung der bereits in sich gebrochenen, gebrauchswertbezogenen
Bestitnmung unserer Tatigkeit mit ihrer objektiven Funktion im Ver-
wertungszusammenhang des Kapitals. ..". Die Gebrauchswertbezogenheit
gehort substantiell zur Funktion. Diese Funktion ist ja, die destruk-
tiven Folgen des Produktionsprozesses flir die lebendige Arbeit, auf
die dort keine Rlicksicht genommen wird, nachtraglich zu kompensie-
ren. In die Funktion eingehen muB daher die Rlicksicht auf die Tat-
sache, daB an der Ware Arbeitskraft eben ein ganzer lebendiger Mensch
ha'ngt. Was aber ist fur diesen der Gebrauchswert der sozialarbeite-
rischen Tatigkeit? Doch lediglich der, daB seine Arbeitskraft fur
den VerwertungsprozeB gebrauchsfahig erhalten wird, Oder, wenn seine
Arbeitskraft nicht gefragt ist, er soweit unterhalten wird, daB er
eben Uberlebt. Aber das ist in diesem Zusammenhang nicht unser Pro-
blem gewesen, sondern vielmehr dies: Wie entscheidet sich der Sozial-
arbeiter als Verkaufer von Arbeitskraft und als politisch-padagogisch-
Engagierter, wenn seine Lohnarbeiterinteressen in Konflikt mit
"Klientemnteressen geraten? Ohne wenn und aber soil hier verteten
werden, daB das eigene Interesse an Arbeitskrafterhaltung Priori tat
hat. DaB dies keine GleichgUltigkeit gegeniiber den Betroffenen be-
deutet, folgt schon daraus, daB unser ei genes Interesse an politi-
scher Identitat uns zu einem qualitativ anderen Verhalten ihnen ge-
genuber veranlaBt. Dies ist etwas prinzipiell anderes, als wenn wir
unsere Arbeit u'ber den Gebrauchswert flir die Betroffenen definieren.
Wenn von ihrer Seite Anforderungen an uns gestellt werden, milssen
wir uns entsprechend unserer Einschatzung der Situation dazu verhal-
ten, dann aber ohne die roraantisierende Attitude " .an einer unmit-
telbaren solidarischen Form von Zwischenmenschlichkeit" (S.57 ) fest-
halten zu wollen. Wie soil das gehen? Es ist doch wohl eher so, daB
die Fa'higkeit zur Identifikation mit fremden Leiden bei uns alien
gering ist. Als "handlungsorientierend " nun zu empfehlen, gleich-
sam in einem subjektiven Akt die Allgemeinheit der biirgerlichen Kal-
te aufzuheben, und dies innerhalb eines institutionell reglemen-
tierten Verhaltnisses, wie es die Sozialarbeit darstellt, kann nicht
angehen. Wer das auch nur halbwegs ernsthaft versuchte, ware mit sei-
nen psychischen Kraften bald am Ende.
Genau diese Zumutung haben wir an der biirgerlichen Sozial arbei tside-
ologie mit ihrem menschelnden Pathos jahrelang kritisiert; wir kb'n-
nen sie, auch wenn sie auf einer ganz anderen Ebene.mit ganz arderem
Interesse vorgetragen wird, nicht akzeptieren.
64 -
Timm Kunstreich, Hamburg
LOS KUNFTIGER SOZIALARBEITER = ARBEITSLOS?
- FRAGEN ZUR "BERUFSPROGNOSTIK" -
VORBEMERKUNG UND AUFFORDERUNG
In diesem Artikel geht es nicht darum, Antworten auf Probleme der
Tatigkeitsfeldentwicklung zu finden, sondern darum, erst einmal Fra-
gen zu stellen. Diese Fragen richten sich an alle Interessierten
und sind zugleich als Aufforderung zu verstehen, gemeinsam an mbg-
lichen Antworten zu arbeiten. Mit einer solchen gemeinsam und bf-
fentlich gefiihrten Diskussion kbnnen sich mehrere Ziele verbinden:
1. Kritik der biirgerlichen Prognoseforschung.
Seit ein paar Jahren wird mit enormem finanziellen Aufwand versucht,
die Prognosefahigkeit und damit die direkte staatliche Verwertbar-
keit sozialwis5enschaftlicher Daten zu verbessern, bzw. eine solche
erst zu erreichen (z.B. Arbeiten des Instituts fur Arbei tsmarkt-
und Berufsforschung; Forschungsprogramm "Soziale Indikatoren", Lan-
derentwicklungsprogramme usw.) Als Material isten diirfen wir uns nicht
nur auf Ideologiekritik beschranken, sondern mlissen aufzeigen, wie
die grundlegende Krisenhaftigkeit der kapitalistischen Produktions-
form die Aussagefahigkeit sol eher "Daten" begrenzt, ja, auf den
Kopf stellt.
I. Unterstiitzunq sozialer Kampfe mit Gegeninformationen.
i1n Zie] burgerlicher Prognoseforschung ist es, Entscheic
2^
Ein Zie] burgerlicher Prognoseforschung ist es, Entscheidungen des
kapitalistischen Staates zu legitimieren und damit die Betroffenen
zu entmundigen, da nun ja alles "wissenschaftl ich" erwiesen sei .
Bestes Bei spiel: Die Gutachten der "Funf Weisen", die seit einigen
Jahren de facto Lohnleitlinien festlegen. Wie wirksam aber Gegenin-
formationen sein kbnnen, zeigt auf der anderen Seite die Biirgerini-
tiativenbewegung gegen die Kernkraftwerke.
Zu einer Zeit, in der eine ganze Generation vom ProduktionsprozeB
"abgekoppel t" wird, das "soziale Netz" immer mehr Maschen verliert
und das Ausbildungssystem immer starker den Charakter einer Arbei ts-
losen-Lenkung bekommt (wer z.B. studiert, gilt nicht als arbei ts-
los) ist es notwendig, daB die Betroffenen selbst Material in der
Hand haben, das in begrenztem MaBe gegen Resignation schutzt und die
Mystifikationen der individuellen, flexiblen, mobilen etc. Arbeits-
kraft durchbricht.Denn Mystifizierung gesellschaftlicher Prozesse
ist eine wirksame Waffe der Reaktion: Wer daran glaubt, durch indi-
viduelle Anpassung werde er es schon schaffen, dessen Widerstands-
kraft ist gebrochen, bevor er noch nit der kapitalistischen Wirklich-
keit ganz konfrontiert wird. Wer als Sozialarbeiter "nur" moralisch
argumentiert ("Hier muB was getan werden; da muB der Staat doch et-
was machen"), reibt sich vielleicht in Uberstunden auf, wo es sinn-
voller ware, in kollektiven Aktionen die gesellschaftlichen Wider-
sprliche voranzutreiben.
- 65 -
[•■I
3. Ein Projekt flir ein Sozial istisches Forschungsinsti tut
In der Auswertung des Anti-Repressions-Kongresses schla'gt der Ar-
beitsausschuR des SB vor, langfristig den Aufbau eines Soziali sti-
schen Forschungsinstituts anzustreben. Als mbgliche Schritte dazu
werden "erste kleine Projekte" genannt (1)- Aus diesem Vorschlag_
kbnnte sich ein derartiges Projekt entwickeln. Da sich die Beschaf-
tigung mit Prognoseproblemen nur arbeitsfeld'u'bergreifend durchfuh-
ren la'Bt, ist hier zugleich ein Punkt, inhaltlich liber die "Grenzen
der Arbeitsfelder hinweg zusammenzuarbeiten: Die Problematik der
Entwicklung der Ta'tigkeitsfelder der Sozialarbeiter trifft den Leh-
rer und "Gesundheitsarbeiter" in gleicher Weise. Um die Problematik
material istisch zu untersuchen, miissen auch die bornierten Grenzen
der Einteilung wissenschaftlicher Disziplinen durchbrochen werden,^
so daB hier auch ein Ansatz ware flir ein Arbeitsfeld "Wissenschaft"
ira SB.
EIN BEISPIEL BDRGERLICHER PROGNOSEFORSCHUNG
Das "Sozialmagazin" verbffentlichte in Heft 1, 1977, S. 50-52, einen
Aufsatz von U. Frenzel , der ein Teilergebnis einer umfangreichen
Untersuchung Uber die Entwicklung von 60 Berufsgruppen und 34 Wirt-
schaftsektoren darstellt. Auftraggeber war die Bundesanstal t fur Ar-
beit, durchgefiihrt wurde die Untersuchung vom Batelle-Institut in
Frankfurt. Der Arti kel befaBt sich unter dera Titel: "Noch mehr Ar-
beitslose" mit den "Sozialpflegerischen Berufen" und kommt zu fol-
genden Ergebnissen:
1970 hatten knapp 155000 Erwerbstatige einen derartigen Beruf - was
nicht bedeutet, daS sie in ihm auch arbeiteten. Ira Gegenteil, ca.
60 % der so Ausgebildeten arbeiten in anderen Ta'tigkeiten (vor all em
in kaufmannischen). Von diesen 155 000 waren
- 50 % Kindergartnerinnen und -pflegerinnen (97 % Frauen)
- 26 % Sozialarbeiter, -pfleger (83 % Frauen)
- 21 % Sozial padagogen, Heimleiter (66 % Frauen)
- 3 % Arbeits- und Berufsberater (40 % Frauen)
Da es flir den "Dienstleistungsbereich" keine Produktions- und Pro-
duktivitatsvorausschatzungen gibt, geht die Model! rechnung von
Dichteziffern aus, d.h. es werden die Erwerbstatigen mit sozialptie-
gerischen Berufen auf 1000 Einwohner bezogen. Dieses Vernal tniis wird
"Versorgungsgrad" genannt, was offenkundig Unsinn ist, wenn 60 %
gar nicht in ihrem Beruf arbeiten.
Trotzdem wird davon ausgegangen, und es la'Bt sich folgende, ein-
drucksvolle Entwicklung zeigen (sozialpflegerische Berufe pro
1000 Einwohner) :
1950: 1,2
1951: 1,8
197o: 2,5
1980
1990
werden? Wie dem auch sei
nalisiert Unsicherheit.
die etwas wackelige Linie im Schaubild sig-
3.0
3,7
3,2
3,9
Die Schatzung beruht auf einer "abgeschwachten Gesamtentwicklung .
Darf's nicht noch etwas weniger sein - die Finanzrrnnvster mJssen ja
sparen? Oder darf's etwas mehr sein? Die burgerliche Gesellschan
muB doch vor den Folgen ihrer eigenen Produktionsweise gescnutzt
- 66 -
Schaubild 1:
Personalangebot und Personalbedarf in sozialpflegerischen Berufen
in der BRD (1970-1930)
MM
Nun aber zur Model lrechnung selbst:
Bis 1990 werden etwa 47 % ausscheiden (= 72 600 Pers.).
Das ergibt den Ersatzbedarf . Bei der unterstell ten Entwicklung der
Dichteziffer werden weitere 79 500 Pers. benbtigt. Das ist der Er-
weiterungsbedarf. Das ergibt einen "Anspruch an das Bildungswesen"
von 152 100 Ausgebildeten (Ersatzbedarf plus Erweiterungsbedarf ) .
Was aber tut das Bildungswesen? Es schafft "Berge".
Absolventen Oil 1000)
in:
Facb-
Zeitnuun
Berufs-
Fuch-
hoch-
tns-
fith-
scbnlen
schulen/
gesamt
scbulcn
Hoch-
schnlen
1971-75
38,7
48,0
4,9
91,6
1976-80
48,2
57,5
12^
118,6
1981-85
55,5
73,9
21,0
150,4
1986-90
44,9
87,0
25,5
157,4
1971-90
187,3
266,4
64,3
518,0
67 -
w
h fast 520 000 Personen
(Output des Bildungssy-
160 000 keinen Arbeitsplatz
dungsberechtigtem Einsatz
pla'tze zusatzlich verfligbar
ine Tatigkeit auf Dauer an-
um Frauen, die nur phasen-
Personen, die zeitweise
Und dabei kommt folgendes heraus:
"Von 1971 bis 1990 werden voraussichtlic
einen sozialpflegerischen Beruf erlernen
stems). Von diesen Personen werden etwa
auf Dauer suchen, so daB auch bei ausbil
nur fur etwa 360 000 Absolventen Arbeits
sein mu'ssen. Bei den Absolventen, die ke
streben, handelt es sich im wesentlichen
weise erwerbstatig sein werden, sowie um
ins Bildungssystem zurlickkehren.
Bei 'ausbil dungsadaquatem' Einsatz steht einem voraussichtlichen Neu-
angebot von etwa 360 000 Erwerbspersonen mit sozialpflegerischen Be-
ruf en im Zeitraum 1971-1990 nur Personal neubedarf von etwa 152 000
Personen gegenu'ber (Schaubild). Bei den errechneten Bedarfswerten
wiirde das bedeuten, daB - theoretisch - fast 60 % der Absolventen
keine Anstellung im erlernten Beruf erhalten konnen. 'Ausbildungsada-
quater' Einsatz bedeutet, daB alle Ausgebildeten den erlernten Be-
ruf auf Dauer ausiiben. Die Beobachtung der Entwicklung in der Ver-
gangenheit zeigt, daB dies in der hier angesprochenen Beruf sgruppe
nur fur etwa 40 % der Ausgebildeten gilt, wahrend 60 % andere Tatig-
keiten (-) angenonmen haben. Das bedeutet, daB 60 % der Personen,
die in der Vergangenheit einen sozialpflegerischen Beruf erlernt ha-
ben, gegenwartig in einem anderen Beruf tatig sind, in dem sie ihre
berufliche Erstqualifikation vermutlich nur teilweise Oder gar nicht
verwenden konnen". (3)
Was passiert aber, wenn die Frauen (zumeist schlecht ausgebildete
und unterbezahlte Kinderpflegerinnen und - qartnerinnen) nicht an
den Herd wollen oder keinen Platz mehr als Schreibkraft im automati-
sierten Biiro finden? Oder wenn (was sich immer starker abzeichnet)
inner weniger Sozialpadagogen (grad.) weiterstudieren wollen oder
konnen, wenn also, wie Frenzel selbst feststellt, das Auswejchen in
andere Ta'tigkeiten immer unmbglicher wird? Dann wird's schlimm. Dann
drohen uns nach dieser Rechnung Liber 200 000 arbeitslose "Sozial-
ofleger" bis 1990. Da sich a'hnliche Rechnungen fiir fast alle anderen
Berufe aufmachen lassen, muBten bis 1990 2 000 000 zusatzliche Arbeits-
pla'tze geschaffen werden, wenn eine steigende strukturel le ArDeits-
losigkeit vermieden werden soil.
Dem erschreckten Leser sei zur Beruhigung gesagt, daB es auch ganz_
gegenteilige Prognosen gibt, die von einem ungedeckten Bedarf bis in
die 90iger Jahre sprechen (4).
VIELE FRAGEN UND EIN GEGENMODELL
Sicher hat Frenzel recht, wenn er davon ausgeht, daB die Berechnung
der Entwicklung von Dienstleistungen nicht auf "Produktions- und
Produktivitatsvorausscha'tzungen" basieren kann. Wie schon angedeutet,
zeugen aber die zugrundegelegten "Dichteziffern" nicht nur yon der
Abwesenheit jeglicher Theorie, sondern sind einfach. untauglich.
FRAGE: 1st es liberhaupt sinnvoll, von Berufsabschl'u'ssen auszugehen,
wenn 60 % aus einer bunt zusammengewlirfelten Beruf skategorie nicht
im erlernten Beruf arbeiten? Hier interessieren doch vielmehr die
- 68 -
Grlinde, weshalb ein so hoher Prozentsatz nicht dort arbeitet, wo
er wahrscheinlich doch mal arbeiten wollte?
Sind im Bereich der produktiven Lohnarbeiter und der Lohnarbeiter
in der Kapitalzirkulation solche Fragen mit der Monopolisierung des
Kapitals, der Schwankungen der Kapitalfliisse, der Ratio-
nal i si erung und Automati si erung und der damit erzwungenen "Mobil i tat"
und "Flexibilitat" der Lohnarbeiter zu beantworten, so ist bei einer
entsprechenden Untersuchung von Bewegungen von Lohnarbeitern im Re-
produktionsbereich von den Interventionsformen der kapitalistischen
Staatsapparaturen und davon abhangiger Administrationen (z.B. "Freie
Trager") auszugehen.
FRAGE: Wie wirken sich veranderte Interventionsformen des Staatsppa-
rates auf die dort tatigen Lohnarbeiter aus? Wo werden Arbeits-
pla'tze reduziert (Rationalisierung, Privatisierung) , wo werden
neue Arbeitsplatze notwendig (Planung/Organisatoren der Rationa-
lisierung, Reform des Gesundheitswesens)?
Der heute erreichte Stand kapital istischer Produktion ist u.a. da-
durch gekennzeichnet, daB "der auf Sicherung der Reproduktionsbe-
dingungen des Gesamtkapitals gerichtete staatliche Aktivitatsbe-
reich erheblich ausgedehnt wird. Seine entscheidende politische Di-
mension erhalt dieser Zusammenhang dadurch, daB mit fortschrei ten-
der Durchsetzung des Kapital verbal tnisses und der Subsumtion immer
weiterer gesellschaftlicher Produktionsspharen unter das Kapital
das politische Gewicht der in ihren Lebensverhaltnissen nicht unmit-
telbar vom Gang des Akkumul ationsprozesses abhangigen Schichten
abnimmt. Die Sicherung der politischen Herrschaft der Bourgeoisie
wird angesichts dieses sich objektiv verscharfenden Gegensatzes von
'Lohnarbeit' und 'Kapital' immer mehr von einem stbrungsfreien Verlauf
des Akkumul ationsprozesses abhangig." (5) Dieses Ineinanderfl ieBen
von bkonomischer und politischer Krise erfordert eine qualitativ
verbesserte Form von Interventionen. (6)
Das Neue dieser Interventionen beschreibt 0FFE - implizit selbstkri-
tisch gegen seine fruheren Ausflihrungen - wie folgt: "EinigermaBen
schematisierend kann man also einen 'neuen' Typus von Gesellschafts-
politik identifizieren, der zum Ziel hat, die 'Tauschbarkeit' der
Produktionsfaktoren (wieder) herzustellen und dauerhaft zu sichern,
wahrend es dem 'alten' Typus von Sozialpol itik darum geht, gerade
die 'Nicht-Tauschbarkeit' von Arbeit und Kapital von Fall zu Fall
beschutzend und abs'ichernd zu kompensieren." (7)
Die Organisationsmittel, d.h. die rechtlichen Rahmenbedingungen,
Vorschriften, politischen Durchsetzungsstrategien usw. (8), mit de-
nen dieser "neue" Typus von Gesellschaftspoli tik realisiert wird, i
sen dabei drei Funktionen erflillen:
a) Sie mu'ssen die Bedingungen der "Tauschbarkeit" standig verwer-
tungskonform reorganisieren und weiterentwickeln (subsidiare
Funktion).
hi Sie mussen die zerstbrerischen Wirkungen der Tauschbarkeit
soweit neutral i si eren, daB von ihnen keine Gefahrdung des Gesamt
systems ausgeht fkomppnsatorische Funktion).
c) Sie mussen so gestaltet sein, da!J die Massenloyalitat erhalten
- 69 -
miis-
lil
bleibt, d.h. daB sich die Uberwiegende Mehrheit der Gesellschaft
mit den Bedingungen und Ideologien der "Tauschbarkeit" identifi-
zieren kann (Individualisraus, formale Gleichheit, ...)'> d.h. zu-
gleich aber auch, daB das Monopol des Staates, solche Organisa-
tionsmittel bereitzustellen, nicht in Frage gestellt wird - oder
"positiv": das Systemalternativen unterdriickt werden (leqitima-
torische Funktion).
Diese Funktionen sind selten "gleichverteilt", meistens uberwiegt
bei einer Art von Organisationsmittel eine Funktion.
Ein Ansatz, Sozialarbeit als Teilelement einer derartig als neuen
"Typus" von Gesellschaftspolitik verstandenen Sozialpolitik zu
interpret ieren, liegt mit dem "Jahrbuch flir Sozialarbeit 1976" vor
(zitiert als: Jahrbuch) (9). An zwei Beispielen untersuchen dessen
Autoren diese Entwicklung im Bereich der Sozialarbeit. Fur den Be-
reich der Vorschulerziehung werden exemplarisch die Vorga'nge um das
Projekt "Kita 3000" analysiert, und es wird folgender SchluB gezo-
9en:
"Offentliche Vorschulerziehung verliert ... ihren 'sozialindikati-
ven' Charakter und wird tendenziell zur Durchschnittserziehung fur
Kinder, ganz wie es heute schon bei der Schulbildung der Fall ist."
Fiir die Anderungen im Bereich der Flirsorgeerziehung wird exemplarisch
das "Georg-von-Rauch-Haus" (10) herangezogen und festgestellt:
"Auch im Bereich der Jugendhilfe gibt es eine deutliche Tendenz,
nicht mehr nur Randgruppen, sondern al lie Jugendlichen bffentlichen
ErziehungsmaBnahmen zu unterziehen." (ll)
Facit aus beiden Untersuchungen:
"Die Familie kann also ihre bisherige Erziehungsfunktion nicht mehr
'naturwiichsig' leisten. Sie wird selbst zum Gegenstand bffentlicher
Sozialisation." Das bedeutet: "Aufgaben im Bereich der Reproduktion
der Arbeitskraft, die bislang privat geleistet wurden, werden fort-
schreitend verstaatlicht."(12)Entsprechend dieser Tendenz habe-Sozial-
arbeit ihre "Luckenbu'Berfunktion" und ihre Festschreibung auf "Rand-
gruppen" historisch hinter sich gelassen (Oberwiegen der kom-
pensatorischen Funktion). Vielmehr libernimmt sie in immer sta'rkerem
MaBe aktive Sozialisationsaufgaben "auch und gerade fur die bislang
familial sozialisierte Durchschnittsarbeitskraft" (Oberwiegen der
subsidiaren Funktion). (13)
Mit dieser SchluBfolgerung wird allerdings ein Gegensatz zwischen
kompensatorischer und subsidia'rer Funktion konstruiert, der so nicht
haltbar ist. (14) Zu untersuchen ist vielmehr, wie durch das Anwach-
sen von Ta'tigkeitsfeldern mit sta'rkerer subsidia'rer Funktion zu-
gleich die Zugangsmbglichkeiten zu solchen Arbeitsfeldem der Sozial-
arbeit erweitert wird, bei denen die kompensatorische Funktion
Uberwiegt und wie dadurch die Gruppe staatlich verordneter "Rand-
gruppen" erhbht wird (= Effektivierung der sozialen Kontrolle insge-
samt). Weiter birgt die zu einseitige Reduktion auf die Funktions-
verschiebungen von der Familie zu staatlichen Sozialisationsleistun-
gen die Gefahr in sich, den herrschaftsbezogenen Charakter von So-
zialarbeit (legitimatorische Funktion) zugunsten eines schembar
funktionalen Systemerhalts zu vernachla'ssigen. In ihren theoreti-
schen Ausflihrungen vernachla'ssigen die Autoren des Jahrbuches diese
Dimension, obwohl sie sie in den Beispielen deutlich herausarbeiten.
- 7o -
Anhand von vier, flir die Tauschbarkeit der besonderen Ware Arbeits-
kraft zentralen Bereiche soil im weiteren versucht werden, die ge-
nannten drei Funktionen aufeinander zu beziehen, um so Anhalte fiir
die Weiterentwicklung der Tatigkeitsfelder der Sozialarbeit zu ge-
winnen.
Bereich: Qualif ikation/Sozialisation
Zwar gel ten fur Herstellung und Erhaltung der Qualifikationsstruk-
tur und der dominanten Charakterstrukturen im Schwerpunkt je ver-
schiedene Organisationsmittel, zugleich enthalt jede Qual ifikation
aber auch Aspekte der Sozialisation - und umgekehrt. Dieser Bereich
ist grundlegend flir die aktuelle und potentielle Verwertung der Ar-
beitskraft. In jeder Biographie ist die Art der Qualifikation die
"unabha'ngige Variable", von der die individuellen Reproduktionsmbg-
lichkeiten abhaingig sind.
Besteht die subsidia're Funktion dieses Bereiches insgesamt in der
Ausbildung und Qualifikation der Arbeitskraft, so liegt die kompen-
satorische Funktion in der systemkonformen Selektion der Arbeits-
krafte durch die Hierarchien des Ausbildungssystems. DaB beide Funk-
tionen in Widerspruch zueinander stehen kbnnen und wie sie es tun,
hat Offe beispielhaft in seiner Analyse der Berufsbildungsreform
gezeigt. Die legitimatorische Funktion dieses Bereiches liegt darin,
solche Konflikte in einer Weise latent zu halten, die es der iiber-
wiegenden Mehrzahl der Bevblkerung erlaubt, sich mit der Vertei-
lung der Qualifi kationschancen zu identifizieren (z.B. Leistungs-,
Aufstiegsideologien, aber auch Ideologien liber Chancengleichheit)
- was selbst schon wieder eine Sozialisationsleistung ist. (15)
In diesem Bereich liegen insofern alle Tatigkeitsfelder der Sozial-
arbeit als jede ihrer MaBnahmen Sozial isations- oder (De-)Qual ifika-
tionsfolgen hat.
Tatigkeitsfelder im engeren Sinne sind:
- Kindergarten/Vorschulerziehung
- Schulsozialpadagogik/Kinderhort
- "Jugendpflege"
- Erziehungsberatung/Elternschulen
- Jugendzentren
- Teilbereiche der Jugend- und Familienfursorge
(z.B. formlose erzieherische Betreuung/Pflegschaften)
- ...(vom Leser zu erganzen/zu kritisieren)
Tendenz A: Reduktion von Arbeitspla'tzen
I z.B. Kindergarten: Entgegen der im Jahrbuch beschrie'benen Tendenz
gewinnt die Kindergartenerziehung (insgesamt liberwiegend subsidiare
Funktion) wieder ihren nur scheinbar/vorlibergehend verlorengegange-
nen "sozial-indikativen" Charakter: Durch Bestimmung der Aufnahme-
qrunde, wie: Mutter muB arbeiten, von der FaFu festgestell te Erzie-
hungsprobleme, werden nur bestimmte Bevblkerungsgruppen "bevorzugt".
Daruberhinaus fuhrt die Zusammenlegung von Einrichtungen bzw. Grup-
pen und die Streichung/Nichtbesetzung offener Stellen zumindest
- 71 -
[•■I
zu einem Stillstand der Beschaftigten, z.T. sogar zum Abbau (Bei-
spiel: Hamburger Kindertagesheime).
FJWGE: Was sind die zugrunde liegenden Prozesse? Werden keine^Frauen
meFTr in der Produktion gebraucht? Statt "Chancengleichheit" wie-
der "Leistungsgedanken"?
• z.B. Vorschulerziiehung: "Einfrieren" auf dem bisherigen Stand und
Verdra'ngungswettbewerb mit arbeitslosen Lehrern fu'hrt ebenfalls zu-
mindest zu Stillstand der Beschaftigtenzahlen.
• z.B. Gesamtschulen/Ganztaqsschulen: drohen der "Tendenzwende"
zum Opfer zu fa 1 1 en. "'
Tendenz B: Zunahme von Arbeitsplatzen
I z.B.
"Jugendpflege": Auf die durch massenhafte Jugendarbeitslosig-
rursachten Probieroe wird im glinstigsten Fall durch personelle
keit veru
Verstarkung im Bereich "Schule", aber auch der Jugendh'a'user usw
reagiert - aber auch eine Verstarkung der Polizei kommt (eher?) in
Betracht (z.B. "Jugendpolizisten")
• z.B. Erziehungsberatungsstellen/Schulsozialpadagoqik: Die' Erhbhung
der als "verhaltensauttallig" definierten Schuler macht eine Perso-
nal verstarkung in diesem Bereich mbglich. Nur mit Repression und wie-
derentdecktem "Leistungsgedanken" geht es zumindest unter den vor-
herrschenden Legitimationsmustern nicht.
Bereich: Hohnen (Wohngebiet, Verkehrsbedingungen)
In der ersten Aufbauphase nach dem Krieg stand die kompensatorisc
Funktion des Wohnungsbaus ganz im Vordergrund: Aufbau der zerstor
sche
r UIIM.IUN uca nuiiMunaouuuj yoni im vordergrund: Aufbau der zerstbrten
Wohnungenund Eingl iederung der Vertriebenen. Auf ihr basierte zu-
gleich die legi timatorische Funktion ("Sozialer Wohnungsbau") .Die sub-
sidise Funktion lag vor allem im Aufbau einer autogerechten Ver-
kehrsinfrastruktur, damit die Waren besser zum "Markt" kommen konn-
ten (Arbeitskrafte und andere Waren). In dem MaBe, wie die Auswir-
kungen dieser Politik: Zerstbrung der Sta'dte, Neubau-Slums, Zer-
stbrung der Umwelt, hohe Mieten deutlicher wurden, muBten neue Or-
ganisationsmittel gefunden werden, die die daraus resul tierenden
Konflikte regulierten. So sieht z.B. das neue Sta'dtebaufbrderungs-
gesetz erstmals die "Beteiligung der Burger" an Planungsprozessen
vor, vor allem aber wurde die Planungsautoritat der Staatsapparate
erweitert, damit die konfligierenden Funktionen besser, d.h. hier:
vor allem vorausschauender reguliert werden kbnnen (16). Flir die
Sozialarbeit haben sich damit uberhaupt neue Arbeitsfelder ergeben:
Sozialplanung (mit uberwiegend legitimatorischer Funktion) und Ge-
meinwesenarbeit (uberwiegend: subsidia'r). Quantitativ wichtiger (und
auch erweitert) aber ist die "traditionelle" Obdachlosenarbeit
(uberwiegend: kompensatorisch).
Tendenz A: Reduktion von Arbeitsplatzen
I z.B. Gemeinwesenarbeit: Gab es in der Phase der Model leuphorie
72
eine ganze Reihe staatlicher und freier Trager, die Gemeinwesen-
projekte selbst durchfiihrten Oder doch wenigstens unterstlitzten,
so fallt dieser Bereich als eigener Arbeitsplatz heute fast aus:
Gemeinwesenarbeit wird von alien mbglichen Stellen so nebenbei g
macht - meist auch nur proklamatorisch.
ge-
I z.B. Obdachlosenarbeit: Durch Erhbhung der Fallzahl fur den ein-
zelnen Sozialarbei ter la'Bt sich das Problem zunachst bewaltigen.
Tendenz B: Zunahme von Arbeitsplatzen
I z.B. Sozialplanung: Hier ist durchaus Stellenzuwachs zu erwarten.
Allerdings ist dieser Bereich quantitativ nicht sehr bedeutend.
Dariiber hinaus besteht bei staatlichen Auftraggebern die Tendenz,
keine eigene Planung zu betreiben, sondern z.T. kommerzielle Unter-
nehmen damit zu beauftragen.
I z.B. Obdachlosenarbeit: Langfristig ist bei steigenden Mieten und
sinkendem Realeinkommen auch mit einer Erhbhung der Beschaftigten in
diesem Bereich zu rechnen (vielleicht ergibt sich hier ein "lohnen-
der" Einsatz von Sozialassistenten).
Bereich: Sozial e Sicherung
Die Organisationsmittel der Sozialen Sicherung (von der Sozialver-
sicherung Liber die Gesundheitspol i tik bis zur Familienpolitik) kom-
pensieren weitgehend die Risiken, die mit dem Verlust der Fahigkeit,
seine Arbeitskraft zu tauschen, einhergehen (Krankheit, Arbeitslo-
sigkeit, Alter, Kinder-haben, Kind-sein). Sie wirken subsidia'r,
wenn sie die Tauschfahigkeit wieder herstellen. Gerade die Tatsache,
daB viele Errungenschaften der Sozialen Sicherung Erfolge der Ar-
beiterbewegung (Parteien und Gewerkschaften) sind, erhbht zugleich
den legitimatorischen Wert ("Sozialstaats-Illusion"). (1 7)
Lag in diesem Bereich friiher ein zentrales Tatigkeitsfeld der So-
zialarbeit (Fursorge, Wohlfahrtspfl ege, Armenpflege) , als die Sozial-
arbeiter noch direkt an der Verteilung materieller Hilfen beteiligt
waren, so sind mit zunehmendem Ausbau des "Netzes der Sozialen Si-
cherung" neue Tatigkeitsfelder hinzugekommen (z.B. Rehabil itations-
Berater) und alte weiter ausgebaut worden - sowohl quantitativ als
auch qualitativ (Jugend- und Familienfiirsorge, Al ternhilfe) . Gait
dieser Bereich lange als das Paradepferd sozialer Befriedung, so
ist in den letzten Jahren durch die Folgen intensivster Ausbeutung
menschlicher Arbeitskraft die schlechte und teure Gesundheitsver-
sorgung immer starker in den Bereich staatlicher "ReformmaBnahmen"
gerlickt. In diesem Zusammenhang wurden (und werden) vor allem Tatig-
keitsfelder mit eher subsidiarer Funktion erweitert und aufgewertet
(z.B. Nachsorgeeinrichtungen). Verwandte Tatigkeitsfelder auf hohem
qualifikatorischen Niveau sind vor allem Drogentherapie und die An-
satze zur Gemeindepsychiatrie. Eine zunehmende Rolle fiir die legiti-
matorische Funktion spielt - nicht nur in diesem Bereich - die Aus-
weitung des Krankheitsbegriffs auf Bereiche, die friiher als krimi-
nell oder einfach als abweichend galten.
73
[•■
da
Problem: Mit zunehmender Verscharfung der Widerspriiche in diesem _
BereTch (Renten, Sozialversicherung usw. ) kann hier durchaus eine
zentrale Legitimationskrise entstehen.
Tendenz A: Reduktion von Arbeitsplatzen
I z.B. Jugend- und Familienflirsorge; Durch Erhbhung der Fallzahlen
und Rational isierung ist hier durchaus mit einem (zeitweise) Still -
stand der Arbeitsplatze zu rechnen.
z.B. Pflegepersonal: Durch Rational isierung (z.B. kurze Verweil-
uer/Senkumj der Bettenzahl ) verringert sich das Pflegepersonal.
I z.B. Reha-Berater/Berater im Arbei tsbereich: Durch Einschrankung
der "Anspruchsberecntigten" auf dem Verordnungswege kann auch hier
bei objektiv hbherem Bedarf die Beschaftigtenzahl gleichbleiben.
• z.B. Drogentherapie: Mit Abbau der Modelle und Integration der
Drogenabhangigen in den "Normal vollzug" werden Arbeitsplatze ver-
nichtet.
Tendenz B: Zunahme der Arbeitsplatze
I z.B. Psychiatrie: Werden die in der Psychiatrie-Enquete vorge-
schlagenen minima I en Reformen durchgeflihrt, so ist hier sogar mit
einer erheblichen Steigerung/Neuschaffung von Arbeitsplatzen zu
rechnen, vor all em in Vor- und Nachsorgeeinrichtungen.
... obengenannte Tatigkei tsfelder: Trotz Ausnutzung aller Ra-
isierungsmb'glichkeiten kbnnen die objektiven Proble
I z.B.
tional
werden, daB auch hier eine Stellenerweiterung erfolgt.
leme so groB
Bereich: Soziale Kontrolle
Dieser Bereich ist zunachst ein allgemeiner, da soziale Kontrolle
auch in den anderen Bereichen ausgeUbt wird. So la'Bt sich auch je-
des TStigkeitsfeld der Sozialarbeit diesem Bereich zuordnen. Will
man jedoch die Tatsache der sozialen Kontrolle nicht interaktionis-
tisch zu einem liberal 1 vorfindbaren PhSnomen auflbsen, sondern als
historisch formbestimmte verstehen, dann ist es gerechtfertigt, be-
stimmte "Teile" der sozialen Kontrolle als eigenen Bereich hervor-
zuheben. Gemeint sind hiermit die Staatsapparate: Militar, Justiz,
Polizei, aber auch: Allgemeine Verwaltungen. Sicherlich wirken auch
diese Teile kompensatorisch und subsidiar, ihre zentrale Funktion
ist aber die der Legitimation, d.h. die der Aufrechterhaltung der
Massenloyalita't. Die Mittel, die dazu verwandt werden, konnen repres-
siv sein. Tatsachlich sind sie es aber meistens nur potentiell, denn
die Wirkung der blirgerlichen Rechtsform beruht ja gerade farauT,
"den Schein der Gleichstellung alleTHrtglieder der Gesellschaft
durch eine universelle, die Klassenorenzen nicht berlicksichtigende
Geltung von Rechtsnormen" zu erzeugen. (18) Durch die Sicherung aer
zentralen Rechtsinstitute wie Privateigentum, Vertragsfreiheit una
Rechtsstaatsprinzip, wird deren "Charakter als Priviligierung herr-
schender Klassen nicht unmittelbar preisgegeben, (sondern damit wira
- 74 -
in erster Linie) eine Sphare des 'freien Wirtschaf tens' abgesichert
und erhalten, die nunmehr die wesentlichen Vermittlungen des gesamt-
gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses leisten soil". (19)
Auch bei den Tatigkei tsf el dern d
uberwiegt die legitimatorische F
in totalen Institutionen (Gefa'ng
halb, weil der "Abschreckungscha
nachweisbar ist und weil sie im
keit der Ware Arbei tskraft auBer
vorhaben dahin, wenigstens diese
rung) bzw. uberhaupt zu gewahrle
Gerade flir solche Reformvorhaben
te Sozialarbeiter gebraucht.
Tendenz:
(19)
er Sozialarbeit in diesem Bereich
unktion: vor all em bei der Arbeit
nisse, Heime) . Nicht zuletzt des-
rakter" dieser Einrichtungen kaum
Sinne der Erhaltung der Tauschbar-
st dysfunktional sind, gehen Reform-
wi ederherzustel 1 en ( Resozi al i si e-
isten (reformierte Heimerziehung).
werden mehr und besser ausgebilde-
Sind auch hier insgesamt "Rationalisierungsgewinne" mbglich, so ist
doch die ganze Tendenz eher auf Zuwachs ausgerichtet - allerdings
weniger flir Sozialarbeiter. Es sei denn, sie wechselten den Beruf
und gingen in den krisensicheren Bereich der "Inneren Sicherheit".
"AUSBLICK"
Diese Aufza'hlung von Tatigkeitsfeldern der Sozialarbeit erhebt keinen
Anspruch auf Vollstandigkei t. Deutlich werden sollte vielmehr u.a.,daB
sich die Tatigkei tsfelder mit starkerer subsidiarer Funktion erwei-
tert haben und daB diese Tendenz anhalt. Aber auch in den Arbeits-
feldern mit uberwiegender kompensatorischer Funktion ist eine deut-
n die als
als sol-
feldern mit uberwiegender kompensatorischer Funktion ist ein
1 i c he Starkung der subsidiaren Funktion erkennbar, wenn man
Professionalisierung der Sozialarbeit beschriebene Tendenz a
bunaiuiiv-n ucyruiuci-cr nanu i uny ii urd tegi en , USW. J.
tativen Erweiterung und der verbesserten Qualitat wird aber zu-
gleich erreicht, daB dadurch groBere Teile der Bevblkerung von den
MaBnahmen der Sozialarbeit "betroffen" werden kbnnen. Hier deutet
sich eine perfektere, "sanfte" Form von Repression an, die sich we-
gen ihres hohen Legitimationswertes durchaus auch quantitativ (also
in Beschaftigtenzahl en) ausdriicken kann. Wir sollten uns mit diesen
widersprlichlichen Entwicklungen rechtzeitig beschaftigen, damit wir
mithelfen kbnnen, die Widerspriiche in die richtige Richtung voranzu-
treiben.
ANMERKUNGEN:
(1) "links"-Sondernummer, Nr. 85, 1977, S. 10
(■2) U. Frenzel, a.a.O. S. 51
( o\ Hprs S ■ 52
(4) Vergl ! die sehr informativen Aufsatze von Thiersch, Otto,
Weiss'und Muller/Palmen zum Thema Berufssituation der Diplompa-
daqogen, die aber z.T. auch aussagekraftig fur andere Ausbil-
dungsgange sind; in: Neue Praxis, 3/76, S. 240-278.
- 75 -
• "I
Dort ist auch fur diesen Bereich weiterflihrende Literatur ange
(5) J. Hirsch, Staatsapparat und Reproduktion des Kapitals, Frank-
furt/M. 1974, S. 233, Hervorhebungen von mir - T.K.
(6) Eine etwas ausfiihrl ichere Darstellung dieser Dberlegungen una
ihren Bezug zur Sozialarbeit habe ich 1m Kriminologischen Jour-
nal, 4/1976, S. 263-269, versucht. Der folgende Text ist z.i.
mit diesem Aufsatz identisch. , -
(7) C. Offe, Berufsbildungsreform. Eine Fallstudie liber Retormpon-
tik, Frankfurt/M. 1975, S. 43/44
(8) ders., vor allem S. 9-50 . .
(9) F. Barabas, Th. Blanke, Ch. Sachsse, U. Stascheit, Jahrbuch aer
Sozialarbeit 1976, Reinbek bei Hamburg 1975
(lO)Jahrbuch, S. 375
(11 )Jahrbuch, S. 376, Hervorhebung im Jahrbuch
(12)Jahrbuch, S. 376
(13)Jahrbuch, S. 408-409
(14)Weitere Kritikpunkte dieser sonst hervorragenden Arbeit sind.
Der "Neo-Malthusianismus", d.h. die inadequate Interpretation
des Bevolkerungsproblems und die These von der "Sozialisation
zur Partizipation", der m.E. eine Oberhewertung des politiscnen
Systems zugrunde liegt.
(15)Vergl. zu diesem Bereich insgesamt: Jahrbuch, S. 392-402
(16)Vergl. Jahrbuch, S. 402-405
(17)Vergl. Jahrbuch, S. 384-392
(18)F. Werkentin, u.a., Kriminologie als Polizeiwissenschaft oder:
Wie alt ist die neue Kriminologie? in: Kritische Justiz, \9/£,
Heft 3, S. 226/227
(19) dies., S. 226
ARBEITSLOSENINITIATIVEN-TREFFEN
IN NDRNBERG VOM 28.-30JANUAR 1977
MAIMER
soz
AL
REPORT Ml
ENTHALT BEITRAGE
ZU:
JUGENDZENTRUMSINITIATIVEN
it JUGENDWOH.NGEMEINSCHAFTEN
JUGENDPOLIZEI ^ TUGENDAMT
KINDERSPIELPLATZE if FRAUEN-
GRUPPE "^ INFORMATIONEN
MAINZER SOZIALREPORT
c/o Albert Hohner, Kaiser - Friedrich - Ring 45 , 62oo Wiesbaden
NR. I: SO SEITEN, DIN A 5 KOSTET DM 3,5o + VERSANDKOSTEN *
76
Nachdem eine Arbeitsloseninitiative in Nurnberg einige Monate prak-
tische Erfahrungen gesammelt hatte, kam der Gedanke auf, in Nurn-
berg ein Treffen mit anderen Arbei tslosengruppen aus dem Bundesge-
biet zu veranstalten. Insgesamt kamen 60 Teilnehmer, darunter u.a.
Vertreter aus folgenden Sel bsthilfegruppen:
Unabha'ngiqes Juqendzentrum Glocksee
Als Vertreter der Gruppe war lediglich der Sozial arbei ter anwesend.
Die Jugendlichen selbst hatter die Auseinandersetzung mit der Stadt
urn den Fortbestand des Zentrums fur wichtiger erachtet. Das Jugend-
zentrum Glocksee wird von einem Verein getragen. Alle inneren Ange-
legenheiten werden in einem Selbstverwal tungsmodell durch die Ju-
gendlichen bestimmt. Die Stadt zahlt einen jahrlichen ZuschuB an
den Tra'gerverein. Das Jugendzentrum ist 1972 nach einer Hausbeset-
zung entstanden. Die Besucherstruktur hat sich im Laufe des Betriebs
wesentlich verandert. Die anfanglich stark vertretenen Schliler und
Intellektuellen sind nach und nach verschwunden, an ihre Stelle tra-
ten "Rocker". Zur Erhaltung und zur Reparatur der Maschinen der
Jugendlichen wurde eine Bastelwerkstatt eingerichtet. Aus dieser
eingerichteten Motorradwerkstatt entstand nach und nach mit dem
starkeren Auftreten der Jugendarbei tslosigkeit der Gedanke, den Sta-
tus der darin arbeitenden Jugendlichen zu verandern. Sie soil ten
nicht mehr ungelernte Hilfsarbei ter bleiben, sondern eine Qualifi-
kation erhalten. Die langfristige Perspektive soil die Errichtung
einer Uberbetrieblichen Ausbildungsstatte sein. Hierbei ist zu er-
warten, daB die Industrie- und Handel skammer Auflagen erteilt, die
nicht erfu'llbar sind. Fur eine Obergangszeit soil in Zusammenarbeit
mit dem DGB ein breitgefa'chertes Kurzprogramm angeboten werden, das
zwar kein Lehrstellenersatz ist, jedoch in Kurzform wesentliche
Kenntnisse vermittelt.
Dortmunder Selbsthilfe <DSH]
Die DSH wurde vor einem Jahr gegriindet und umfaBt momentan ca. 15
Mitglieder. Sie ist aus der Sozialistischen Selbsthilfe Kbln ent-
standen (SSK). In der Selbsthilfe sind arbeitslose Jugendliche, die
aus Heimen abgehauen sind, bzw. aus Landeskrankenhausern und Pflege-
heimen. Die Gruppe bestreitet ihren Lebensunterhal t vor allem aus
Entriimpelungsaktionen. Der Kampf der Gruppe richtet sich gegen Hau-
serabrisse, gegen Heime und insbesonders gegen das Landeskranken-
haus.
Fmmaus - Stuttgart
Am Anfang der Gruppe standen 3 Leute. Hinzugekommen sind ehemals
Droqenabhangige. Momentan besteht die Gruppe aus ca. 25 Leuten. Ihr
Ziel ist es, sich unabhangig zu machen von alien Institutionen
- 77 -
und gemeinsam zu leben. Die Gruppe unterha'lt sich selbst vor allem
durch Entrumpelung, durch Autotransporte, durch das Herri chten und
Verkaufen von Mbbeln und anderen Gegenstanden auf dem Flohmarkt.
Momentan ist die Gruppe zu groB geworden und sucht nach neuen Raum-
lichkeiten.
Soziale Selbsthilfe Stuttgart (SSS1
Am Anfang stand der Gedanke von einigen Studenten der Sozialpadago-
gik.nach einer alternativen Sozialarbeit zu suchen. Sie griindeten
einen gemeinniitzigen Verein, bekamen von der Stadt durch Verhandlun-
gen ein Haus zugewiesen. Aus Spenden an den Verein wurde ein LKW
angeschafft zum Zwecke von Entriimpelungsarbeiten. Als nachstes kam
der Gewerbeschein fiir den Flohmarkt hinzu. In das Haus wurden vor
alien Dingen die aufgenommen, die auf der StraBe sitzen. Insbe-
sondere kamen ehemals Drogenabhangige, Heimgeschaidigte, Knastentlas-
sene, Leute aus psychiatrischen Kliniken. Derzeit gehbren der SSS
25 Personen an zwischen 15 und 65 Jahren. Momentan gibt es eine po-
litische Auseinandersetzung mit der Stadt. Ab 1. Januar sollen
1 550.- DM Miete an die Stadt abgeflihrt werden. Der SSS weigert sich,
Miete zu zahlen mit dem Argument, daB seine Mitglieder Sozialhilfe
ablehnen und deshalb flir die Stadt Kosten sparen. Darliberhinaus for-
mulieren sie, daB jeder Recht auf Wohnraum hat. Inzwischen ist ge-
plant, neben Entriimpelungsarbeiten und dem Flohmarkt Werkstatten
flir Kerzenproduktion und Holzarbeiten zu errichten. Ziel des SSS ist
es, durch gemeinsames Leben und Arbeiten alternative Verhal tensfor-
men zu entwickeln und seinen Mitgliedern die Entwicklung eines Selbst-
bewuBtseins zu ermbglichen. Die Soziale Selbsthilfe Stuttgart legt
deshalb groBen Wert auf die Entwicklung der zwischenmenschlichen Be-
ziehungen in der Gruppe.
Sozialistische Selbsthilfe Kbln (SSK1
Die Gruppe ist hervorgegangen aus einem von der Stadt Kbln finan-
zierten sozial padagogischen Projekt fiir Heimentlassene. Im Laufe der
Entwicklung hat sich das Selbstverstandnis der Gruppe jedoch ent- _
scheidend gewandelt und sie hat sich inzwischen vbllig von den stad-
tischen UnterstutzungsmaBnahmen losgesagt. Die SSK hat ihre wirt-
schaftliche Grundlage in eigenen Firmen (z.B. Kohlenhandel , Ent-
riimpelung u.a.). Die SSK hat in Kbln 4 Hauser, die z.Teil besetzt,
z,. Teil angemietet sind. Nachdem durch diese Firmen die Grundbedurf-
nisse der Einzelnen abgedeckt sind, hat sich im SSK ein weiterge-
hendes politisches Selbstverstandnis entwickelt. Hauptsa'chliches po-
litisches Ziel ist es, dort Vorreiter eines Kampfes zu sein, wo
die Unterdruckung am starksten ist (z.B. Hausbesetzungen fur andere
zu machen). Die SSK umfaBt in Kbln 4 autonome Gruppen. Einmal wd-
chentlich wird eine Ratssitzung abgehalten, in der alle fiir die Ge-
samt-SSK wichtigen Probleme beraten werden (z.B. Entscheidung uber
Aufnahme neuer Mitglieder). Eine auf dieser Ratssitzung festgeleg-
te politische Maxime heiBt, daB in der SSK niemand mitarbeiten kann.
der einen betrugerischen oder unterdriickerischen Beruf ausu'bt. Dazu
zahlen auch von der Stadt bezahlte Sozialarbeiter.
Bielefelder Splhsthilfe (BIS^
Bei der BIS handelt es sich urn einen Ableger der SSK. Sie haben des-
halb auch ahnliche politische Vorstellungen und Ansatze des Kampres.
Auch die Arbeitsorganisation stimmt im wesentlichen mit der ssk una
- 78
DSH uberein. In Bielefeld sind einige Aktionen gegen Heime abgelau-
fen. Eine der wichtigsten Aktionen war die gegen den Bunker; der
Bunker ist ein Heim fiir alleinstehende Manner, das paramilita'risch
verwaltet wird. Die Bielefelder erhielten die Chance, ein sehr gros-
ses leerstehendes Madchenheim anzumieten. In diesem Haus bewohnt
die Gruppe zwei Etagen selber. Die ubrigen Etagen werden an Obdach-
lose weitervermietet. Die BIS tritt dabei als Untervermieter auf.
Damit ist eine Sicherheit gegeben, Leute auch wieder loszuwerden,
die sich in die Gemeinschaftsordnung nicht einfiigen kbnnen. Die Pro-
bleme des Zusammenwohnens werden auf einer regelmaBigen Hausver-
sammlung geklart. Die Bielefelder berichteten, daB die SSK, die
DSH und die BIS halbjahrige Treffen veranstalten, wo sie ihre Erfah-
rungen austauschen und gemeinsame Strategien festlegen.
Arbeitslosenselbsthilfe Frankfurt - Bonames fASH)
Die ASH Frankfurt ist aus einer Stadtteilkneipe namens Elfmeter her-
vorgegangen. Durch siebekam das Kneipenkollektiv Kontakt mit arbeits-
losen Jugendlichen und deren Problemen. Es entstand der Plan, ge-
meinsam mit ihnen in eine Wohngemeinschaft einzuziehen, urn nach dem
Grundsatz gemeinsam leben, gemeinsam arbeiten, sich zu organisieren.
In Zeitungen wurde annonciert, daB die Gruppe handwerkl iche Arbei-
ten, insbesondere Tapezieren und Transporte ausfiihrt. In dem ersten
Kollektiv waren Leute aus sehr unterschiedlichen Szenen, Studenten,
Arbeitslose, Lehrlinge, Schiiler, Rocker. Es stellte sich im Laufe
der Zeit heraus, daB sehr unterschiedliche Vorstellungen vom gemein-
samen Leben vorherrschten.Die Gruppe fiel auseinander an der Frage
des gleichen Stundenlohns fiir alle. Nach dieser Entscheidung sind
die Leute aus der Rockerszene weggeblieben. Das ursprungliche Haus
wurde zu eng. Es erfolgte eine KLindigung seitens der Stadt Frankfurt.
Die Gruppe zog in eine leerstehende Fabrik urn und machte dort einen
Laden und verschiedene Betriebe auf. Die Kosten der Gruppe sind re-
lativ hoch, allein die Mietkosten der Fabrik belaufen sich auf
3000.- DM. Beim Anbieten von handwerkl ichen Tatigkeiten ergaben sich
Konflikte mit der Industrie- und Handel skammer. In der Folge ver-
legte sich die Gruppe hauptsachlich auf Entriimpelungsarbeiten, Um-
ziige, Transporte und den Verkauf von alten Gegenstanden auf dem Floh-
markt. Hinzu kam die Einrichtung einer KFZ-Werkstatt. Die Gruppe
versteht sich als ein alternativer Betrieb; d.h. die Form des Arbei-
tens ist m'cht hierarchisch.sondern selbstbestimmt.Wesentl icher
Punkt ist dabei, daB die eigenen Bedurfnisse im Mittelpunkt stehen.
Aus dem Vorleben einer alternativen Betriebsorganisation erhoffen
sich die Mitglieder der ASH Modellwirkung flir andere Bereiche. Die
Gruppe legt sehr groBen Wert auf die Entwicklung stabiler zwischen-
menschl icher Beziehungen. Dies geschieht vor alien Dingen dadurch,
daB kollektive Bedurfnisse auch kollektiv gedeckt werden. Beispiels-
weise werden die Mahlzeiten gemeinsam in einem groBen Gemeinschafts-
raum eingenommen und die Freizeit gemeinsam gestaltet. Die Gruppe
umfaBt derzeit ca. 25 Personen. Die Gruppe hat keinen sozialpadago-
gischen Anspruch anderen gegenu'ber, sondern legt Wert auf intakte
Binnenstrukturen. Das bedeutet, daB nicht jeder zu jedem Zeitpunkt
aufgenommen werden kann. Das Hereinnehmen von neuen Mitgliedern wird
sorqfaltig in der Gruppe beraten und nur wenn die Gruppe weitere
Mitqlieder verkraften kann, werden sie aufgenommen. Insgesamt haben
die bisherigen Erfahrungen den Grundsatz vom gemeinsamen Leben und
Arbeiten bestatigt.
- 79 -
Snzialoadagoqische SonderniaBnahmen Berlin (SSB)
Der SSB besteht derzeit aus 5 selbstandigen Kollektiven: das KFZ-
Kollektiv; die Tischlerei und Elektrowerkstatt; das Wohnkollekti v
WeiBbeckerhaus; Jugendzentrum Drugstore, Baugruppe.
Ziel dieser Kollektive i st es, alternative Arbeits- und LebensTor-
men zu entwickeln, wobei langfristig eine Qualifizierung in Form von
Ausbildung, bzw. Lehre angestrebt wird. Das Projekt ist entstanden
aus einer Studentengruppe der Techn.Universitat. Da! We|B~
beckerhaus ist ein Haus fur obdachlose Jugendliche, das vom £ena1:
zur Verfligung gestellt worden ist. Ira WeiBbeckerhaus selbst hat es
innere Schwierigkei ten gegeben. Es gab eine sehr hone Fluktuation.
Urn Gruppenfindungsprozesse voranzutreiben, wurde ein Aufnahmestop
gemacht. Zur Stabilisierung der Gruppenmitglieder wurde beschlossen,
daB jeder arbeiten m'usse. Das immer starker werdende Problem
der Jugendarbeitslosigkeit und die Schwierigkeit.geeignete Arbeits-
statten zu finden, war dann der Grund fur die Einrichtung der °pen
beschriebenen Kollektive. Die langfristige Zielvorstellung der Werk-
statten ist, zu einem Ausbildungsbetrieb zu werden. Die Kollektive
sehen sich selber nicht als eine Alternative zum Betrieb, sondern
wollen einerseits eine Stabilisierung gefahrdeter Jugendlicher fur
den Betrieb erreichen, andererseits aber auch aktive Interessenver-
tretung im Betrieb als weitergehendes Ziel anstreben. In alien Grup-
pen versuchen sie,Hauptschuler zu integrieren. Fur Unqual ifizierte
versuchen sie, uber den Senat in Zusammenarbeit mit der VHS Haupt-
SchulabschluSkurse einzurichten. Die Kollektive entwickeln den An-
spruch, sich selber zu tragen durch die Erf 111 lung von Auftr'a'gen.
Das WeiBbeckerhaus wird noch vom Senat finanziell getragen; die
Werkstatten jedoch werden selber unterhalten.
Arbeitslosenselbsthilfe Mannheim (ASM)
Die ASM ist zuriickzufuhren auf die Idee eines ehemali gen Rockers,
der inzwischen Sozialarbeit studiert. Urspr'unglich ist ein Kqnzept
entwickelt worden, daB ein Haus in verschiedene Bereiche eingeteilt
werden sollte:in den Wohnbereich, den Beratungs- und Werkstattbe-
reich und den Freizeitbereich, Die Idee wurde realisiert mit der
evangelischen Kirche als Trager. Das Haus steht seit nunmehr 2 Jan_
ren und wird von bis zu 100 Jugendlichen besucht. Die meisten Jugend-
lichen kommen aus der Rockerszene. Im Laufe der Zeit si nd immer wie-
der Zerstbrungen sowohl im Freizeit- als auch im Wohnbereich vorge-
kommen. Das Haus war urspr'unglich recht autoritar geleitet, in der
letzten Zeit setzt man auf eine sta'rkere Miteinbeziehung der Jugend-
lichen. Im Zuge der ArbeitsbeschaffungsmaBnahmen sind eine Reihe
von arbeitslosen Jugendlichen in das Haus hereingekommen. Sie erhalten
fur die Dauer eines Jahres einen ZuschuB von 400.- DM. Die Gruppen,
die angeboten werden, sind: Tbpferwerkstatt, Malgruppe. Auf lange
Sicht ist geplant, diese Gruppen unabha'ngig von Zuschussen zu machen.
Die weiterhin auftretenden Reibungen zwischen Rockern und den Jugend-
lichen, die im Rahmen der ArbeitsbeschaffungsmaBnahmen in das Haus
kommen, sind noch nicht beseitigt.
Im Semi narverl auf wurden zahlreiche Unterschiede im Hinblick auf
die politischen Perspektiven, die bkonomische Oberlebens- und txpan-
sionsfahigkeit der einzelnen Ansatze, ihre Binnenstruktur und deren
Bedeutunq fur die Stabilisierung der einzelnen Mitglieder deutncn.
Ihre Einstellung zur offiziellen Sozialarbeit bildete ein gememsa-
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mes Band. Erstaunlich blieb fur alle Teilnehmer die Vielfalt und
Breite der verschiedenen Ansatze, deren Bedeutung durch die Ohn-
macht und Unfahigkeit der verschiedenen sozialen Institutionen -
auch der Gewerkschaften -, das Problem der Jugendarbei tslosigkei t
anzugehen, noch versta'rkt wird.
Neben zahlreicher Kritik am Seminarablauf wurden folgende positive
Aspekte des Seminars festgehal ten:
- Kennenlernen von anderen Initiativgruppen
- erster Erfahrungsaustausch der Gruppen untereinander
- Oberblick uber den Entwicklungsstand einzelner Initiativgruppen.
An Anregungen bot das Seminar:
- besseres Kennenlernen der Arbeit der einzelnen Gruppen durch
gegenseitigen Besuch und Mitarbeit bei den anderen Gruppen und
- gegenseitige Information und Hilfestellung bei aktuellen Proble-
men.
Die Fortsetzung des Erfahrungsaustauschs soil auf einem KongreB
organisiert werden, der im Sommer in Frankfurt stattfindet.
(Auszlige aus dem Protokoll, das vollstandig in einer Sondernummer
der Zeitschrift des Kreisjugendrings Nlirnberg erscheinen wird.)
ADRESSEN DER ARBEITSLOSEN-SELBSTHILFEINITIATIVEN
UJZ Glocksee
Glockseestr.35, 3 Hannover
Dortmunder Selbsthilfe
Dorstfelder Hellweg 13, 46 Do
SSS Stuttgart
Mauchhaldenstr.7, 7 Stuttgart
SSK Kbln
Salierring 41, 5 Koln
Bielefelder Selbsthilfe
Teichstr. 9, 48 Bielefeld
Arbeitslosenselbsthilfe Frankfurt
Am Burghof 2o, 6 Ffm - Bonames
Sozialpadagogische SondermaBnahmen
Tommy-Wei sbecker-Haus
Wilhelmstr.9, 1 Berlin 61
ASH Mannheim
Waldhofstr.221, 68 Mannheim 1
***
PFINGSTKONGRESS
DERARBEITSLOSEN-SELBSTHILFEINITIATIVEN
28. - 3o. MAI IN FRANKFURT
Die in Nlirnberg begonnene Diskussion soil auf breiterer Ebene auf
dem PfingstkongreB fortgefiihrt werden. Die Gruppen haben Gelegen-
heit ihre unterschiedl ichen Ansatze einzubringen, darliberninaus
soil versucht werden fur alle alternativen Projekte Perspektiven
zu diskutieren und Mbglichkeiten der Zusammenarbei t zu finden.
Die Gruppen sind aufgefordert, sich an der inhaltl ichen Vorberei-
tung zu beteiligen. Schreibt sofort an die ASH Bonames (Adr.s.oben)
Spenden f .d.Organisation: Beate Nilsson, Dresdner Bank Frankfurt
k Kto.-Nr. 4.331.278 BLZ 5oo 8oo oo
Bund Demokratischer Jugend
ANGRIFF AUF DIE AUTONOMIE DER JUGEND VERB ANDE
Mit Schreiben vom 12. Januar 1977 forderte der Senator fur Familie,
Jugend und Sport in Berlin den Landesverband des BDP Berlin ultima-
tiv auf, den Leiter der Jugendbildungsstatte KaubstraBe zu entlassen,
andernfalls wlirde dem Landesverband die Fbrderungswlirdigkeit aber-
kannt. Als Begrlindung flihrt der Senator an, es lagen "Erkenntnisse"
vor, die den SchluS nahelegten, der Bildungsstel lenleiter sei Anha'n-
ger des KBW.
Mit dieser ultimativen Aufforderung des Berliner Senats wird ein
weiterer Angriff auf die Autonomie der freien Jugendverbande gestar-
tet. Wie bei den Angriffen auf die Naturfreundejugend im Sommer 1976
wird hier in die Entscheidungsstruktur der Jugendverbande massiv
eingegriffen. Der Verdacht, daS mit Hilfe des JWG, des zuklinftigen
JHG und der "Perspektiven fur den Bundesjugendplan" die freien Ju-
gendverbande starker diszipli niert und an die staatliche Jugendpoli-
tik gebunden werden sollen, wird durch diesen Schritt erhartet. Es
handelt sich nicht nur urn einen Fall von Berufsverbot, wie es im
Sffentlichen Dienst schon langer u'blich ist, sondern daruberhinaus
urn den Versuch der Gleichschaltung der Jugendhilfe und der Jugendver-
bandsarbeiter, nicht nur gegen einen Jugendverband, sondern gegen
demokratische Jugendorganisationen u'berhaupt. Zugleich soil ein de-
mokratischer und fortschrittlicher Jugendverband diszipl iniert wer-
den, der sich fur die Interessen lernender und arbeitender Jugendli-
cher einsetzt, flir demokratische Rechte, gegen RadikalenerlaB und
Berufsverbot, aufgetreten ist.
Die Tatsache, daB die weitere Fbrderung der Bildungsstelle aus Mit-
teln des Bundesjugendplanes nicht nur von der Entlassung des Leiters
abhangig gemacht wird, sondern, daB jeder zukLinftige Leiter vom Bun-
desminister flir Familie, Jugend und Gesundheit genehmigt werden soil,
belegt das zusatzlich.
Da unserer Auffassung nach das persbnliche politische Engagement
einer Person nicht zu verwechseln ist mit seiner beruflichen Tatig-
keit und seinem Verhalten wahrend der Arbeitszeit, ist das an den
Tag gelegte Verlangen des Berliner Senats eindeutig als politische
Erpressung zu sehen und stent im krassen widerspruch zu demokrati-
schen und arbeitsrechtl ichen Prinzipien.
Da es sich hier urn einen eindeutigen Angriff auf die Autonomie der
freien Jugendverbande handelt, fordern wir alle Jugendverbande und
luaendringe sowie andere demokratische Organisationen auf, dagegen
7ii nrotestieren. Der BDP wird alles in seinen Mbglichkeiten liegen-
Hp tun den Angriff des Berliner Senats auf den Landesverband Berlin
abzuwehren. Er braucht dazu die Unterstutzung aller anderen demokra-
ticrhen Organisationen und Institutionen. Weiteres Informationsmate-
rial kann angefordert werden: BDP, Hamburger Allee 49, 6 Frankfurt
3£rtmmateo^oIogt&J)e
ptbliograpfne
Knminalstatisttlc als missing-linkr*
Die leidige "Klassenjustiz"
Gibt es erne Knmtnologie?
«£ur Konkurren? kriminologischer Paradigtnata
Gesamnnhaltsverzeichnis Heft 1—4
Verzeichms der bibliographierten Zeitschriften
Soziale Interaction und Drogenabhangigkeit
2um Stellenweri der Aufklarung in der Rauschmittelkultur
Die Bedeutung der Sozialarbeit im Rahmen des therajwutjchfflB
Konzeptesder Behandiung entwahnungsbediirttigef Rechtsbrecher
"ky" - ein Weg zur Soziologie
Ku rz besprechu ngen
Bibliographic
BESTELLSCHEIN
An die
..Kriminalsoziologische Bibliographie"
c/o Ludwig Bollzmann Institut fu, Kriminalsoziologie
Museumstrafle 12, Justijpalast
A-1Q16 Wien, Postfach 1
Ich besteiie hiemit ein Abonnemftnt der ..Kriminalsoziologischen Biblio-
graphie'. beslehend aus vier Lieferungen turn Preis von
S 75,- (DM 12,-) fur Studenten, Hsftlinge und Soldatsn
S 150- (DM 23.-) fij, Einzelperaonen
S 250- (DM 35.-) liir Institute usw.
Bitte senden Sis ein Probehefi
Unter sohriH
LUDWIG BOLTZMANN
INSTITUT FUR "KRIIW IN ALSOZ I OLOGI E
Projektgruppe Heimerziehung, Frankfurt
DIE "SAUBEREN" METHODEN DES INTERNATIONALEN
BUNDES FUR SOZIALARBEIT
Am Montag, 24. Januar 1977, wurde den Mitarbei tern des Jugendwohn-
heimes ' Zingelswiese' von der Hauptgeschaftsfuhrung des Internatio-
nalen Bundes fur Sozialarbeit - Jugendsozialwerk e.V. offiziell
mitgeteilt, daS das Heim geschlossen werden soil und dem gesamten
padagogischen Personal geklindigt wird (mit Ausnahme von zwei Mitar-
beitern, die erst seit wenigen Wochen in der Einrichtung tatig sind).
Die Jugendlichen sollen in andere Heime verlegt werden, was unter
den gegenwartigen Bedingungen bedeutet, daS sie per Verwaltungsakt
aus ihren bisherigen Lebenszusammenhangen herausgerissen werden und
ihre schulische und berufliche Ausbildung gefahrdet Oder abgebro-
chen wird. Damit verringern sich die Chancen, einen qualifizierten
AbschluB zu erreichen.
Mit der SchlieBung der Zingelswiese fallen in Frankfurt abermals
30 Heimplatze fort, womit sich die Lebensbedingungen der gefahrdeten
Jugendlichen im Frankfurter Raum ein weiteres Mai entscheidend ver-
schlechtern. Die HeimschlieBung reiht sich ein in die Kette jener
Entscheidungen der letzten Zeit, die auf dem Abbau sozialpadagogi-
scher MaBnahmen abzielen und stattdessen Zwangsmittel wie z.B. 'JUPO'
und geschlossene Heime als Problemlb'sung flir die aus gesellschaftli-
chen und familialen Verhaltnissen folgenden Schwierigkeften vorsehen.
In diesem allgemeinen Zusammenhang erscheint es urn so wichtiger, die
HintergrLinde urn den Konflikt in der Zingelswiese bffentlich zu machen.
Es ist das Anliegen dieser Dokumentation, in aller Klirze mbglichst
breite Kreise der Offentl ichkeit uber die Vorgange der letzten Zeit
zu informieren.
Die Entscheidung der Hauptgeschaftsfuhrung (HGF), die Zingelswiese
zu schlieBen, wurde etwa ein halbes Oahr nach dem Konflikt im Sommer
1976 gefallt, als infolge einer Auseinandersetzung mit den Jugendli-
chen sowie der Liberwiegenden Mehrheit des padagogischen Personals
der damalige Heimleiter E. Polzer schlieBlich gehen muBte. Seitdem,
so begrlindet die HGF ihre Entscheidung, habe sich die Situation im
Heim entscheidend verschlechtert, so daB im "Interesse der Jugendli-
chen" die weitere Aufrechterhaltung des Heimes nicht mehr zu verant-
worten sei. Demgegenuber habe die Einrichtung unter der Leitung
E. Polzers "in der bffentlichen Erziehung als vorbildlich gegolten".
(siehe Artikel der Frankfurter Rundschau v. 26.1.77)
In der Tat wurde in den letzten drei Jahren die Zingelswiese vom In-
ternational Bund f. Sozialarbeit (IB) und ihrem Einrichtungsleiter
Polzer als ein Modell angepriesen, das mit einer Reihe ehrwiirdiger
Vorstellungen aus der traditionellen Heimerziehung gebrochen und
stattdessen zeitgemaBere Formen in der Heimpadagogik verfolgt (u.a.
Analiederung von Wohngruppen, Koedukation). Auch wenn E. Polzer aus
rriinden politischen Karrieretums in der Offentl ichkeit den Eindruck
zu erwecken sucht, als ware die Zingelswiese sein alleiniges werk,
- 85 -
so ist doch die pa'dagogische Praxis im wesentlichen von den padago-
gischen Mitarbeitern getragen worden, die imter schwierigs.teji Bedin-
gungen ihren Beitrag zur sogenannten "kontinuierlichen Aufbauarbeit"
(FR v. 26.1.77) im Heim geleistet haben. Entgegen gegenteiliger Be-
hauptung in der FR sind diese Mitarbeiter nach wie vor in der Ziri-
gelswiese bescha'ftigt. Insofern erscheint die von der HGF verbreite-
te Version mehr als unglaubwurdig , daB dieselben Mitarbeiter, die_
an der vorbildlichen Aufbauarbeit beteiligt waren, nunmehr plbtzlich
"unfa'hig" und unerfahren und nicht la'nger in der Lage sein sollen,
ihren padagogischen Auftrag zu erfullen. Die Widerspru'chlichkeit die-
ser Argumentation la'Bt vermuten, das andere als die genannten Griin-
de flir die SchlieBung verantwortlich sind. Die Wende im Vernal tnis
zwischen Sozialarbeitern und Arbeitgeber zeichnete sich bereits im
Mai 1976 ab, als der damalige Heimleiter Polzer den Versuch unter-
nahm, einem miBliebigen Mitarbeiter zu klindigen. Die Jugendlichen
sowie die uberwiegende Mehrheit des padagogischen Temas waren ge-
schlossen der Auffassung, daB die KUndigung keinesfalls gerechtfer-
tigt war und setzten sich dagegen so erfolgreich zur Wehr, daB die
KUndigung zurLickgenommen werden und der Heimleiter Polzer gehen muB-
te. Aufgrund des massiven Drucks der Jugendlichen und der Cffentlich-
keit konnte sich der IB zum damaligen Zeitpunkt keine SchlieBung
erlauben. Es dra'ngt sich nun die Vermutung auf, daB jetzt mit einem
halben Jahr Verspatung, die politische Disziplinierung durch KUndi-
gung und SchlieBung nachgeholt werden soil, urn einen endg'u'ltigen
SchluBstrich unter den fiir den Tra'ger unbequemen Konflikt zu Ziehen.
DaB die SchlieBung set Mai 1976 beabsichtigt war und daB der Tra'ger
nur auf einen gunstigen Zeitpunkt gewartet hat, la'Bt sich anhand
der Entwicklung seit Sommer verfolgen. Im folgenden soil einerseits
die Unhaltbarkeit der Vorwurfe der HGF gegenUber den Mitarbeitern,
andererseits das Vernal ten des Tragers dargestellt werden, der sich
eher als "Fallenlasser" denn als Tra'ger entpuppt hat.
Die Darstellungen des IB's in der Offentlichkeit uber die Vorga'nge
in der Zingelswiese zeichnen in etwa folgendes Bild: die Sozialar-
beiter wurden angeblich tatenlos zusehen, "wie Alkohol- und Drogen-
konsum im Heim zunehmen, wie sich die Jugendlichen kriminalisieren,
wie sich Gewalttaten untereinander als auch gegenUber Mitarbeitern
haufen."
Diese Vorwurfe stellen eine Verleumdung der Mitarbeiter dar. Die
Tatsachen liegen doch genau umgekehrt: Jugendliche kommen in die
Zingelswiese eben weil sie z.T. Erfahrungen mit Drogen (Alkohol,
Rauschgift, Tabletten etc.) gemacht haben, wa'hrend das erkla'rte pa-
dagogische Ziel darin besteht, diese Flucht in eine Ersatzwelt zu-
gunsten einer realitatsgerechten Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt
aufzubrechen.
Inzwischen ist in der Zingelswiese ein weitaus geringerer Alkohol-
konsum zu verzeichnen als vor dem Konflikt im Mai; die Sozialarbei-
ter brachten Jugendliche von der 'Fixe' ab und integrierten sie in
einen geregelten Schulablauf. Das AusmaB an Zerstorungen und Gewalt
konnte verringert werden. Die gunstige Schul- und Ausbildungssitua-
tion der Jugendlichen konnte in den letzten Monaten weiter stabili-
siert werden.
86
Von den bis Oanuar 1977 im H
32 Jugendlichen besuchten
3 Jugendliche die Oberstufe
9 Jugendliche die Mittelstu
lere Reife)
11 Jugendliche den VHS-Kurs
2 Jugendliche einen kaufman
Ein Jugendlicher macht eine
rufsfindungsjahr. Funf Jugen
arbeitslos. Sie bemu'hen sich
Arbeitsplatz.
Es ist unbestreitbar, daB di
uberaus gunstig ist - besond
urn Jugendliche handelt, die
(siehe FR v. 26.1.77)
eim und in den Wohngruppen lebenden
der Ernst-Reuter-Schule (Ziel Abitur)
fe der Ernst-Reuter-Schule (Ziel Mitt-
Ziel HauptschulabschluB)
nischen Lehrgang
Lehre, ein anderer befindet sich im Be-
dliche sind zum gegenwartigen Zeitpunkt
zusammen mit den Mitarbeitern urn einen
eser Schul- bzw. Ausbildungsspiegel
ers wenn man bedenkt, daB es sich hier
als besonders schwierig gel ten".
Zerstorungen und Kucheneinbrliche gehen, soweit sie vorgekommen sind,
im wesentlichen auf das Konto zweier Jugendlicher. Erst nach grbBten
Anstrengungen gelang es uns, die beiden Jugendlichen anderweitig un-
terzubringen. Zweifellos hatten wir diese Schwierigkeiten aufgrund
eines skandalbsen Mangels an Unterbringungsmoglichkeiten fur Jugend-
liche mit derartigen Problemen.
Wa'hrend die Sozialarbeiter unter den schwierigen Bedingungen der
Heimarbeit in den letzten Monaten ihr mbglichstes getan haben, hat
der Tra'ger nichts unversucht gelassen, die Arbeitsbedingungen noch
weiter zu erschweren. Nach dem Konflikt im Sommer 1976 hat der IB
anstatt die Sozialarbeiter und Jugendlichen bei der Neukonzipierung
des Heimlebens zu unterst'iitzen, als erstes in einem admini strati ven
Akt den Mitarbeitern einen neuen Heimleiter vorgesetzt. Wie sich im
weiteren Verlauf leider herausstellte, fehlten diesem die notwendi-
gen Fuhrungsqualita'ten ebenso wie die von einem Heimleiter zu erwar-
tende inhaltlich konzeptionelle Kompetenz. Sta'ndige Kontakte zum
vorgesetzten Abteilungsleiter Forberg, vermochten jenes Qualifika-
tionsdefizit nicht auszugleichen.
Der bauliche und wohnliche Zustand des Hauses war schon seit lan-
gerem fur die Jugendlichen und Sozialarbeiter unzumutbar. Jedoch
wurden die seit Fr'u'hjahr 1975 geplanten Umbau- und Renovierungsar-
beiten immer wieder hinausgeschoben mit dem Argument, daB das Heim
einen Teil der erforderlichen Finanzen selbst erwirtschaften musse.
Dies fUhrte zu einer unverantwortlichen Aufnahmepolitik (Oberbele-
gung, keine padagogisch vertretbare Auswahl von Jugendlichen, sehr
hohe Fluktuation), deren Folgen auch nach dem Sommer 1976 abzutra-
gen waren. Der Tra'ger unternahm nichts, urn den von den zusta'ndigen
Stellen (Stadtjugenda'mter, Landesjugendamt und Landeswohlfahrtsver-
band) seit dem Konflikt verha'ngten Einweisungsstopp wieder aufzuhe-
ben. Die Situation wurde urn ein weiteres verscha'rft, als das Landes-
jugendamt im November 1976 weitere Auflagen machte bezuglich drin-
gend notwendiger Instandssetzungsarbeiten, Renovierung von sanitaren
Anlagen, Anschaffung wohnlichen Inventars usw.
Die Versprechungen des Tragers, er werde die Auflagen bis zum 1.2.1977
erfullen, urn dann im Fruhjahr 1977 endgultig mit. dem Umbau zu begin-
nen, erwiesen sich Anfang dieses Jahres als leere Hinhal tetaktik ge-
- 87 -
genu'ber den Mitarbeitern und Jugendl ichen, die er standig uber ihr
weiteres Schicksal im Ungewissen lieB. Der Trager wuBte, daB die Ver-
nachlassigung der materiellen Vernal tnisse im Heim eine Reaktion des
Landesjugendamtes hervorrufen wlirde, mit dessen Argumentationshilfe
er sich jetzt von diesem ihm miBliebigen Projekt bffentlicher Er-
ziehung glaubt zuru'ckziehen zu kbnnen. War das Heim durch den Ein-
weisungsstopp bereits in die roten Zahlen gekommen, so konnte die
HGF nun gegenliber der Offentlichkeit erklaren, da8 die Kosten fiir
den llmbau (Ende des Jahres 1976 sprach man von DM 170.000. — , jetzt
dagegen von DM 450.000. — !) finanziell nicht zu tragen seien. Da
die Auflagen des Landesjugendamtes "praktisch nicht erflillbar sind"
(siehe FR v. 26.1.1977), glaubt sie, sich als nicht verantwortl ich
darstellen zu kb'nnen: schlieBlich folge sie ja lediglich den Em-
pfehlungen des Landesjugendamtes.
Es zeigt sich, daB der IB als Trager seinen selbst gesetzten An-
spruch, soziale Jugendarbeit zu leisten, irmier weniger nachzukommen
bereit ist. In der Vergangenheit wurden im Frankfurter Raum bereits
das Madchenwohnheim 'Emil-Claar-StraBe' , das Madchenwohnheim Bonames
und das Jugendwohnheim in Darmstadt geschlossen - alles Einrichtun-
gen des IB's. Die SchlieBung der Zingelswiese zeigt wieder einmal,
daB man sich unbequemen Konflikten durch die einfache Problemlb-
sungsmethode 'SchlieBung' zu entledigen sucht. Konkret heiBt das:
der IB will die Jugendlichen loswerden, weil sie im Somnterkonflikt
unter Beweis gestellt hatten, daB sie in der Lage sind, ihre Inter-
essen zu erkennen und selbstbewuBt durchzusetzen; und die Mitarbeiter,
weil sie ein fortschrittliches Erziehungskonzept verfolgen und sich
als aktive Gewerkschafter und Vertrauensleute im IB betatigen und
fur den Aufbau weiterer Betriebsgruppen im Verband einsetzen.
Der HGF geht es urn die Durchsetzung einer 'heilen Welt'. Inmitten
der sich verscharfenden gesellschaftlichen Konflikte, der zunehmen-
den Arbeitslosigkeit und Kriminalisierung der Jugendlichen glaubt
sie offenbar, diese 'heile Welt' mit den alten Methoden der Durch-
setzung einer auBeren Ordnung (standige Rauswurfdrohungen, Sanktio-
nen) herstellen zu miissen. Da sich auf diese Weise die bestehenden
Probleme nicht Ibsen lassen, wird sich der IB der gegenwartigen Ten-
denz in der Jugendarbeit anschlieBen: sowohl die verschiedenen pri-
vaten Trager als auch die kommunalen Instanzen entziehen sich den
Problemen im Frankfurter GroBstadtraum und planen Jugendheime der
alten Form - zuru'ck zur Konzeption von geschlossenen Heimen in land-
lichen Gegenden.
Planung dieser Art und die hinter ihnen stehenden politischen Inten-
tionen widersprechen den elementarsten Prinzipien einer Sozialpada-
gogik, die auffallig gewordene Jugendliche integrieren und zum
selbstandigen und eigenverantwortl ichen Bestehen in ihrer Umwelt be-
fahigen will. Die "Inselpadagogik" geschlossener Heime kann - wie
ausgefeilt die therapeutischen und padagogischen Zielsetzungen auch
sein mbgen - den Jugendlichen keinerlei Verhal tenskompetenzen fLir
ihr spa'teres Leben vermitteln; vielmehr wird sie unserer Meinung
nach die brennenden Probleme der einzelnen Jugendlichen in direkt re-
pressiver Oder aber sublimer Weise unterdriicken Oder verschleiern.
KOORDINIERUNGSSTELLE FDR WOHNGEMEINSCHAFTEN
IM BEREICH
JUGEND- UND SOZIALARBEIT GEGRDNDET
Mehrere 1976 durchgefuhrte Treffen von Vertretern von Jugendwohnge-
meinschaften fUhrten zur Idee, die Koordi nation und Kooperation zu
verstarken. Bei den Treffen khstallisierte sich heraus, daB die
Wohngemeinschaftsarbeit trotz ihrer Ausdehnung von den ehemaligen
Jugendwohnkollektiven der Heimkampagne 1969/70 fiir deklassierte
Jugendliche innerhalb des bffentlichen Erziehungsbereichs auf den
Bereich der offenen Jugendarbeit bis hin zum Resozialisierungsbe-
reich immer noch an der Isolation solcher Einrichtungen untereinan-
der krankt.
Ansatze, diese Isolation zu uberwinden, sind, wie die Jugendwohnge-
meinschaftsbewegung gezeigt hat, meist gescheitert, da nie konse-
quent verfolgt. Nicht zuletzt dadurch wurden die Schwierigkeiten in
padagogischer, rechtlicher und finanzieller Hinsicht in ihrer konse-
quenten Lbsung behindert. Urn diese Isolation vor allem untereinan-
der zu Liberwinden, sollte eine uberregional e Koordinierungsstell e
(KoSt) geschaffen werden.
Inhaltlicher Rahmen
Zur kurzfristigen Perspektive der KoSt soil eine detail lierte Be-
standsaufnahme der Jugendwohngemeinschaftslandschaft einschl ieBl ich
ihrer Modifikationen sowie eine an ihrer inhaltlichen Arbeit/Ziel-
gruppe gemessenen Klassifizierung gehbren; daraus abgeleitet eine
Informationssammlung und -verteilung und eine Koordination von Akti-
vitaten: Organisation eines kontinuierlichen Erfahrungsaustausches,
Organisation von themenspezifischen Tagungen, regionale Koordination
von Interessen, offentlichkeitsarbeit durch kontinuierlichen Bezug/
Information an fachspezifische Publikationen.
Langfristig wird angestrebt, die KoSt auszubauen zu einem zentralen
Punkt der Erfassung/"Archivierung" von relevantem Arbeitsmaterial ,
der Erstellung von Info-Mappen (z.B. Prazisierung und Erweiterung
der Information Liber Rechtsgrundlagen einer Jugendwohngemeinschafts-
arbeit, Katalogisierung von Fbrderungsmbgl ichkeiten, Erfassen von
Bffentlichen Stellungnahmen, Richtlinien, Gesetzesnovel len, Ausfiih-
rungsbestimmungen im Rahmen der Jugend- und Sozialarbeit).
Dabei wird es allerdings notwendig sein, daB die einzelnen Einrich-
tungen sich aktiv von ihrer Seite aus an der Arbeit der KoSt betei-
ligen.
Grundsatzliches Anliegen ist also die Herstellung eines dauerhaften
Austausches, die Realisierung von gegenseitigen Kontakten, die In-
formationssammlung und -verteilung, urn eine Vereinheitlichung des
Diskussionsstandes zu erreichen und dem isolierenden "Vor-sich-her-
arbeiten" entgegenzutreten.
- 89 -
Organisatorischer und finanzieller Rahmen
Die KoSt wird hauptverantwortlich zunachst von einer Person besetzt
sein. Die Arbeit wird auf ein Jahr terminiert, um danach eine Aus-
wertung des Geleisteten vorzunehmen. Um die Arbeit in der Anlaufpha-
se sowie die verantwortliche Person zu unterstlitzen, verpflichten
sich Einrichtungen sowie Einzelpersonen, monatlich feststehende Spen-
den auf ein Sonderkonto zu zahlen. Zur Kontrolle und zur arbeitsmas-
sigen llnterstutzung der Arbeit dieser Person bildet sich eine sechs
bis acht Personen starke Arbeitsgruppe (AG KoSt), die in regelmas-
sigen Abstanden zusatmtentrifft und die anfallenden Probleme sowie
die weitere Organisation diskutiert und beschlieBt.
Wer mitarbeiten will oder dieses Projekt finanziell unterstlitzen will ,
wende sich an:
Elisabeth GILicks
Flaesheimer Str. 10
4358 Hal tern
Tel. 02364/7149
SOZIALPOLITISCHES AKTIONS- UND INFORMATIONSZENTRUM
Seit einigen Monaten gibt es in Heidelberg das Sozialpolitische
Aktions- und Informationszentrum, auch SPAZ genannt, das gleich-
zeitig Regionalbiiro der AG SPAK ist.
Das SPAZ will alien sozialpolitisch arbeitenden Gruppen und Einzel-
personen die organisatorische Mbglichkeit zur lokalen und regionalen
Zusammenarbeit bzw. Kontaktaufnahme bieten.
Mi t dieser Koordi nation soil versucht werden den reaktionaren und
restaurativen Tendenzen, die auch im sozialpolitischen Bereich inner
splirbarer werden, wirksam etwas entgegen zu setzen. Voraussetzung
ist, daB sich die einzelen (und vereinzelten) Gruppen und Personen
zusammenschlieBen, Erfahrungen austauschen, gemeinsame Aktionen
planen und dabei ihre Forderungen durchsetzen.SPAZ will darliber auch
einen sinnvollen Bezug von Theorie und Praxis herstellen, was be-
deutet vor all em eine kritische Reflexion von alten und neuen Erfah-
rungen im sogenannten Randgruppenbereich.
Dies sind erste Uberlegungen, die mit mitarbeitenden Gruppen und
Einzelen diskutiert werden sollen. Bisher wurde ein Psycho-Arbeits-
kreis(18 Uhr Donnerstag.Plbck 32a,Hinterhaus) und ein Arbeitskreis
fiir Sozialarbeiter eingerichtet.FLir den 16./17. April ist ein
sozialpolitisches Regional treffen geplant.
ARBEITSTAGUNG "HEIMERZIEHUNG"
Das Redaktionskollektiv "Info Sozialarbei t" veranstaltet am 25.726. 6.
eine Arbeitstagung zur Heimerziehung im Kolner Lehrer- und Sozialar-
beiterzentrum.
Wir wollen dazu beitragen, daB die Diskussion Liber die Heimerziehung
wieder aufgenommen wird, die nach den Heimkampagnen Ende der sech-
ziger Jahre abgerissen ist. - Geredet wird liber Heine nur noch von
Professoren und Verbandsfunktionaren, wahrend Erzieher und Sozialar-
beiter vereinzelt und isoliert zunehmend resignieren. Die ehemals
versprochenen Reformen sind weitgehend ausgebl ieben. Neue reprasen-
tative Gebaude haben nichts an den liberkommenen inneren Strukturen
geandert. An die Uffentl ichkeit kommen nur noch spektakulare Ausein-
andersetzungen um HeimschlieBungen und Entlassungen von Kollegen.
Ausgespart bleiben die konkreten Arbeitsbedingungen, denen die Erzie-
her und Sozialarbeiter in ihrem Berufsalltag ausgesetzt sind.
Die permanente Oberforderung und psychische Belastung angesichts
der berechtigten aber kaum zu befriedigenden Anspriiche und Bediirfnisse
der Kinder und Jugendlichen und die Ohnmacht gegenuber den institut-
ionellen Strukturen flihren dazu, daB die Kollegen oft nach 2-3 Jahren
aufreibender Sysiphusarbeit die Einrichtungen wieder verlassen.
Die wenigen Modelleinrichtungen haben in erster Linie Alibicharakter
als Aushangeschilder der Verbande, liefern Stoff fiir neue Fachbucher,
aber keine Handhabe zur Verbesserung der allgemeinen Situation in der
iiberwiegenden Mehrzahl der Heime.
Um Mbglichkeiten zu diskutieren, aus dieser Sackgasse herauszukommen
und gemeinsam handlungsfahig zu werden, mu'ssen Erzieher und Sozial-
arbeiter ihre Sache selbst in die Hand nehmen. Wir meinen, daB eine
solche Diskussion hautnah an den taglichen Erfahrungen ansetzen sol-
lte und z.B. folgende Prablemkreise aufgreifen mliBte:
• Erfahrungsaustausch liber Stellenplane.Dienstplane
hierachische Einstufungen.Oberstunden.Nachdienst etc.;
• Mbglichkeiten des Austausches unter den Kollegen am
Arbeitsplatz.padagogische Konzepte,Fortbil dung, Supervision;
• Auswirkungen der Jugendarbeitslosigkeit und der neuen Vol 1-
ja'hrigkeitsregelung auf die Jugendlichen und die padagogische Arbeit;
• Psychische Belastungen aus dem Spannungsfeld zwischen der
eigenen Lohnerziehersituation und der solidarischen Betroffen-
heit gegenuber den Kindern und Jugendlichen;
• Mbglichkeiten gewerkschaftlicher Organisierung
Wir halten es fur sinnvoll, wenn auch Berater aus Jugendwohnkollektiven
an der Tagung teil nehmen. Anmeldunqen an das Redaktionskollektiv.
MATERIALIEN/KLEINANZEIGEN
Heidelberg Free Clinic - Jahresbericht 1976, ca. 4o S.; Bezug gegen
eine Spende liber Free-Clinic, Brunnengasse 2o-24, 69 Heidelberg 1
Frzieher-Zeitung Nr. lo enthalt Beitra'ge zur Kindergartensituation
und das UTV-Grundsatzpapier zur Arbeit mit Erzieherinnen. Gegen vor-
einsendung von DM 2,-- bei EZ-Redaktion, Heinrich-Fuchs-Str.3,
69 Heidelberg
Knast-Dokurcentation zur Aussperrung von ehrenamtlichen Betreuern:
Berichte von 3 Hrojektgruppen und ihrer Aktionen gegen diese Aus-
sperrung, 45 S. Gegen eine Spende zu beziehen liber: AG SPAK,
Friesenstr. 13, 1 Berlin 61
Dokumentation zum Drogenbus, eine Auswertung des durch das Sozial-
ministerium Baden-Wurttemberg zum Scheitern gebrachten Projekts.
Gegen Oberweisung von DM 4.- auf das Konto Nr. 606 136 Kreisspar-
kasse Tubingen liber Johanna Neumann, Bei der Ochsenweide 13,
74 Tubingen 1 zu beziehen
Thi nq-Jugendzei tunq enthalt Berichte liber JZ-Pressefest, Antimili-
taristentreffen, Wolf Biermann, Brokdorf. Bezug: Roter Maulwurf ,
Carmer Str. 11,1 Berlin 12
AMOS-KHtische Blatter aus Westfalen Nr. 5 enthalt: Schwerpunkt-
thema Kernenergie, sowie Berichte aus dem kirchlichen Bereich.
Bezug: AMOS, Querenburger Hbhe 287, 463 Bochum
Literatur zur Frauenbewegung: Im Verlag Arndtstr. 31, 6 Frankfurt
sind soeben erschienen: Hedwig Wohm, Die Antifeministen und Hedwig
Dohm, Werde die Du bist. Oe 9.- DM
"Den Frieden erkampfen - Den Frieden leben" eine 260 seitige Doku-
mentation liber das in. hestival der rriedensdienste 1976. Gegen
Voreinsendung von DM 5.- + Porto zu beziehen bei: Aktion Suhnezei-
chen/Friedensdienste e.V., Jebenstr. 1, 1 Berlin 12
Montagsnotizen - Zeitung von Wohngemeinschaften - rait dem Thema
"Atomkratt-Nein Danke", sowie weiteren aktuellen Berichten und
Hinweisen.Nr. 18/19 soeben erschienen. Gegen Voreinsendung von
DM 1.50 zu beziehen liber "Montagsnotizen", Schanzenstr. 6,
2 Hamburg 6
Neue Jugendzentrumszeitunqen: a) Komm-Zeitung - Jugendeigene Zei-
tung des Kommunikationszentrums Nlirnberg, Kbnigstr. 93. b) Schnlir-
schuh-Zeitung - Jugendeigene Zeitung des Zentrums Fedelhbren 43,
28 Bremen . ' .
Knipperdollinq - Sondernummer liber Jugendpoli ti k und -arbeit in
Munster. Eine Dokumentation liber institutionel le und orgamsato-
Tische Grundlagen, Erfahrungsberichte und Ergebnisse aus einzelnen
Einrichtungen und Veranstaltungen sowie Organisierungsversucne usw.
Geqen Voreinsendung von DM 1.50 + Porto zu beziehen u'ber:
Dieter Schnack, Schillerstr.. 74a, 44 Munster u„hnnempin
Biicher aus der Praxis fur die Praxis, insbes. Bucher zu Wohngemein-
schaftsproblemen, Alternat^projel^n, Antimi itansmus etc. ,
Katalog anfordern: Direkt-Verlag, Bremerstr. 11, 6236 Eschborn
■ Folk Songs und politische Lieder singen Maria & Hinnerick. Gruppen
schreiben an Maria A Hinnerick, Graelstr. 9, 44 Munster, Tel. 0251-
58299
I MEK BILK ist eine Rockgruppe; ihre Lieder beschreiben Situationen,
persbnliche Erlebnisse und sollen Geflihle vermitteln; sie verste-
hen sich nicht als Sprachrohr einer Partei . Wer eine Veranstaltung
mit ihnen machen will, schreibe an: MEK BILK, Hammerstr. 38,
4 Dusseldorf, Tel. 0211/393216
STELLENANGEBOTE/STELLENSUCHE
• NeugegrLindetes, mobiles Kinder- und Jugendtheater sucht flir Vorflihr-
theater, Spielaktionen, Roll enspi el kurse vornehml i ch im Ausland
weitere Mitarbeiter (Schauspieler) ab 1978. Kontakt: Theatergesell-
schaft, Myliusstr. 24/V, 5 Kdln 30, Tel .0221 /520775
I Wir suchen einen Zivildienstleistenden flir Kommuni kationszentrum
und Jugendclub Teestube 16b e.V., Leipziger Str. 165, 64 Fulda
• Mitarbeiter(in) flir Rechtsanwaltsbliro im Ruhrgebiet auf Dauer ge-
sucht. Gute Schreibmaschinenkenntni sse erforderlich. Fachkenntnisse
werden gegebenenfalls vermittelt. Zuschriften unter 3/26 an das
Sozialistische Biiro
> Zivildienstleistender, mbglichst mit sozialpa'dagogischer Ausbildung
flir OT-Jugendheim in Dliren gesucht. Berufspraktikum mbglich. Anfra-
gen unter Chiffre 3/27 an Sozialistisches B'uro
• Mitarbeiterin flir Droqenberatungsstelle ab 1.4.77 gesucht. Bereich:
Knastarbeit mit drogenabhangigen Madchen und Frauen (Einzel- und
Gruppenarbeit, Vermittlung in Therapie etc.). Schriftliche Bewer-
bung an: Release Stuttgart e.V., Neckarstr. 233, 7 Stuttgart 1
• Evangel ische Studentengemeinde Kiel sucht zum Winter-Semester 77/78
Studentenpfarrer. ESG Kiel , Westring 385
I Grundschul lehrer'(in) flir Eingangsstufenversuch mit sozialpadagogi-
scher QualiTikafion und Praxis gesucht. Anfragen: Prof. Arnuld Hopf
Universitat Oldenburg, Ammerlander Heerstr. 67-99, 29 Oldenburg
• Rrzte (All gemeinmed., Kinder- und Gyn.-) und Krankengymnastin flir
Projekt "Gruppenpraxis" in Bielefeld gesucht, Karin Hoffmann,
Ravensbergerstr. 47, 48 Bielefeld 1
• Selbstverwaltetes Jugendzentrum in Neunkirchen/Saarland sucht
2 Sozialarbeiter/Sozialpadaqogen zum 1. April oder spa'ter. Kontakt
liber Michael- Burkert, Wilhelmstr. 4, 668 Neunkirchen/Saar
t Sozialpadagoge, 29 Jahre, verh., 1 Kind sucht Tatigkeit in der Vor-
schul- Oder auf3erschulischen Kinderarbeit im Raum Kbln/Dlisseldorf/
Krefeld. Bisherige Erfahrungen: Abenteuerspielplatz, 0T, Schiiler-
laden. Informationen liber offene Stellen an Sozial istischen Biiro -
Chiffre 3/30
• Sozialarbeiter sucht zum nachstmbglichen Termin eine Stelle flir das
Berufspraktikum, vorzugsweise in den Bereichen Auslanderarbeit/
Jugendarbeit/GWA im Raum Ostwestfalen-Lippe. Bei unterstiitzungswiir-
digen Initiativen Vergiitung entsprechend finanziellen Mbglichkeiten.
Helmut Meier, Oststr. 9, 48 Bielefeld 1
I Sur.he Zivi Idienststell e zum 1. Juli 1977 im Raum Marburg. Habe
Staatsexamen in Geschichte, Deutsch, Padagogik. Zuschriften unter
Chiffre 3/33 an Sozialistisches Biiro
■ Sozialarbeiter sucht zum 1.8. /I. 9. 77 Stelle fur Berufspraktikum
im Raum Hessen oder Ruhrgebiet. Bin 25 J. habe Berufserfahrung in
den Bereichen Verwaltung, Gesundheitswesen und Heim. Zuschriften
an Norbert Maurer, Kronprinzenstr. 67, 469 Heme 1
I Sozialpadaqoge, 35 J., handwerklicher Vorberuf, Berufserfahrung
'in Erwachsenenbildung, Vorschulerziehung, Suchtberatung und ambu-
lante Therapie sucht Tatigkeit im Raum Hamburg. Zuschnften unter
Chiffre 3/35 an Sozialistisches Bliro
• Erzieherin, 27 J. sucht nach Beendigung des Berufspraktikums zum
1.9.77 eine Stelle. Angebote unter Chiffre 3/36 an Sozialistisches
B'u'ro
■ Absolventen (2) der FSP Bethel/Bielefeld suchen fur lhr Anerkennunqs-
jahr ab August/September Stellen in der Kinder- oder Ougendarbei t.
lodo Schirok, Schrbttinghauserstr. 207, 48 Bielefeld
I 2 Sozialpadagoginnen suchen Mogl ichkeit zur Kindergruppenarbeit in
Obdachlosensiedlung Oder Arbeiterviertel . Teamarbeit erwiinscht.
Renate Drechsel , Webergasse 2, 8833 Eichsta'tt
ARBEITS-/WOHN-/FREIZEITKONTAKTE
• Wir suchen ein Haus auf dem Land, das sich als Kleinheim eignet
und Kontakte zu Leuten, die alternative Arbeit mi t behinderten Kin-
dern praktizieren und Erfahrungen in Organisationsarbeii: liaben.
Ursula Obersdorf, Kollegienwall 22, 45 OsnabrLick
I Jugendpsvchiatrie: Wir wollen eine Wohngemeinschaft fur Jugendlicne,
die in stationarer Behandlung waren, griinden. Wir suchen Gruppen,
die ahnliches planen oder bereits arbeiten. Kontakt: Peter Walpurgis,
Semperstr. 66, 2 Hamburg 60
> Aktions- und Pi skussionsapmeinschaft (Frauenemanzipation, Kinder-
erziehung, Initiative^ die sich am SB orientieren) : wer beteiligt
sich am Aufbau? Kontakt: Helmut Schmalenbach, Pastor-Nonne-Str.35,
5830 Schwelm
I Wir (2 w, 1 m, alle ca. 25 J.) suchen Leute im Raum Bonn, zwecks
Griindung einer Wohngemeinschaft. Tel. 02221 /355P6
I Erzieherin (24 J.) sucht bis zum 1.7.77 in Heidelberg, in einer
Wohngemeinschaft ein Ziramer. Susanne Bulka, Beutingerstr. 25,
71 Heilbronn
I Wir (Esther 1, Marco 2, Irene 23, Glinter 26) suchen Kontakt zu
Freunden, Genossen, die mit uns alternative Lebensform praktizieren
wollen. Glinter Schnelle, Berliner Str. 7, 355 Marburg-kichtsberg
BsszsaLest und abonniert dienzzzsasazEzaazafflnzsss
Im Gegensatz zur Ublichen "Fachpresse" berichtet die 'hez' Uber die
Berufswirklichkeit. Probleme in Heim, i. d, Kindertaqesstatte und IB
qendwo ■> >•-. racism r„_ ••-■•
■■ ■ _-fi keine Honorare. Den Inhalt gestalten die Laser in dem
uSCnrilt HaBe, wie sie sich durch ihre Korrespondenzen daran be-
' ' ";ez' erscheint monatlich und kostet pro
ilka tei linen. Uie 'hez' erscneint monatncn una miuij"
Halbiahresabo (Mindestdauer!) 12.— DM einschl. Porto Probeexenplare geqen Vor
auseinsendunq von Z.-ON in Brjefiarken Auszubildende zahlen geaen Zusendung
einer Beschefnigung der Ausbildungss taite pro HaTb ahr nur 9.-QB. RffiJJtf^a
durch Postkarte an die Hern- und Erzieher-Zeitschrift 1 Bin- 61 Urbanstr l-re
(Laden) Alle Zahlungen nur Postschekkonto Bln.W 35 B6 36 - 109 Detlev lariscn.
Im Selbstverlan Reihe Arbeltsuaterialien zur Helnerzlehim. In 2. A"fiagekS7_
schienen' «E nqeschlossen - Ookumentation Hauptpflegeheim Q Ijenhauf rstr KQl-
e en berichteS aus diesem geschlossenen MadcKenheim was Sache Irf. PreU 5.-
Cie 'Arbeitsmaterialien' u. d. 'hez' gehoren an jede >?Wftf ?}}?,,«?, fflft
ler u. Studeneten ein Interesse an der BeruTsmrKHchKeit hauen
•]»»»ll>»»»»><l!ir>n,»»"L
Inhaftierter (29) sucht Briefkontakt mit einer Frau zwischen 25
und 35. Interessen: Zeichnen, Lesen, Franzbsisch.
K. Peter Fritze, Joh.-Schwebel Str. 33, 666 Zweibrlicken
Sozialpadagogin (29) sucht sensiblen Genossen (moglichst im pa'dag.
Beruf tatig) im Raum Dusseldorf-Koln, evtl . fur spatere Arbei ts-
beziehung (Kleinstheim) . Zuschriften unter Chiffre 3/48 an
Sozialistisches BLiro
Wer hat Interesse, mit mir (23 J. m. Sozialarbeiterstudent) in
Gelsenkirchen eine Wohngemeinschaft auf zubauen.
Willi Lemmert, Saatbrucnstr. 5, 43 fessen, 13
Suche AnschlutJ an Wohngemeinschaft im GroBraum Bremen.
Wolfgang Kapp, Bardowlckstr. 185, 28 Bremen 41
MIT DIESER "links"-SONDERNUMMER WIRD DER
PFINGSTKONGRESS 1976 GEGEN POLITISCHE
UNTERDRUCKUNG UND OKONOMISCHE AUSBEUTUNG
DOKUMENTIERT UND SOLLEN DIE ANTIREPRES-
SIOHSARBEIT DES SOZIALISTISCHEN BUROS
UND DIE MIT DEM PFINGSTKONGRESS MOBILI-
SIERTE SOZIALISTISCHE LINKE IN DER BRD
NEUE IMPULSE ERHALTEN . ^ FOLGENDE THEMEN-
BEREICHE WERDEN IN DEN BEITRXGEN DIESER
"links"-SONDERNUMMER BEKANDELT UND MIT MATERIALIEN VOM PFINGSTKONGRESS DOKU-
MENTIERT- -Jr IM ERSTEN TEIL WIRD EINE EINSCHATZUNG GEGEBEN UND WERDEN VORSCHLAGE
ZUR FORTFOHRUNG DER ANTIREPRESSIONSKAMPAGNE GEMACHT. VOR ALLEM DIE KONZEPTION
ZUR ROTARBEIT UND DES SOLIDARITATSFONDS SIND WEITERFOHRENDE PRAKTISCHE KONSE-
QUENZEN-*-IM ZWEITEN ABSCHNITT SIND FAST VOLLSTXNDIG DIE REDEBEITRXGE DOKUMEN-
TIERT DIE AUF DEN ZENTRALEN VERANSTALTUNGEN DES KONGRESSES GEHALTEN KURDEN -ff
AN DRITTER STELLE SIND REFERATE , AUSZUGE VON DISKUSSIONSBEITRAGEN UND PROTO-
KOLLEN SOWIE ANALYTISCHE BEITRAGE AUS DEN ZAHLREICHEN ARBEITSGRUPPEN , DIE AM
PFINGSTSONNTAG STATTFANDEN , DOKUMENTIERT ■fc IM LETZTEN TEIL SIND BEITRAGE VER-
SAMMELT. DIE TEILS VON ANSXTZEN UND AKTI0Nr.N BERICHTEN, DIE SICH IN DER KON-
TINUITXT DER ANTIREPRESSIONSPOLITIK VERSTEHEN, TEILS AKTUELLE KOMMENTARE ZUR
REPRESSIONSPROBLEMATIK DARSTELLEN ■*• UM AUCH DIE STIMMUNG DES PF1NGSTKONGRESSES
ZU DOKUMENTIEREN, KURDEN ZAHLREICHE) BILDER, GEDICHTE, LIEDER AUFGENOMMEN -^- WI E
SEHR DIE REPRESSIONSPROBLEMATIK DEN WIDERSPRUCH "MIT SPITZER FEDER" HERAUS-
FORDERT ZEIG1 EINE VIELFALT VON KARIKATUREN, COLLAGEN, PLAKATEN , DIE IN DIE
SONDERNUMMER ALFGENOMMEN WURDEN-*-DIE » links"-SONDERNUMMER ENTHALT 104 SEITEN
UND KOSTET FONF MARK-^-BEZUG GEGEN VORAUSZAHLUNG: A
VERLAG 2000 GMBH + SOZIALISTISCHES BURO , 6050 OFFENBACH 4, POSTFACH 591 "W
^taaUiWo?0 P?°^hl0'pl«ck 71, 6S
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ODER SO . . .
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I WIE WERDEN DIE KINDER FROH?|