Skip to main content

Full text of "Informationsdienst Sozialarbeit (1972 - 1980)"

See other formats


druckungsmechanismen  und  fur  Demokratie  reichen  nicht  aus  Vielmehr 
konnen  wir  den  verhangnisvol len  Wirkungen  der  Repression  nur  dann  ent- 
gegenarbeiten,  wenn  wir  den  Widerstand  uber  diesen  KongreB  hinaus  or- 
gamsieren.  Deshalb  war  der  Pf ingstkongreB  fur  uns  nur  ein  Schritt  im 
ProzeB  der  Organisierung  der  Gegenwehr  gegen  alle  Formen  der  Repres- 
sion: K 

-  Aktive  Arbeit  gegen  die  Repression  muB  in  erster  Lime  am  jeweiligen 
Arbeitsplatz  erfolgen,  in  der  Information  der  Kollegen,  in  der  Hilfe 
fur  Betroffene,  Bedrohte,  Angstliche  und  nicht  zuletzt  in  organisier- 
tem  Widerstand. 

-  Aktiye  Gegenwehr  erfordert  finanzielle  Unterstiitzung  der  direkt  und 
indirekt  Betroffenen  und  Gefahrdeten.  Jeder,  der  Liber  eine  feste  Be- 
rufsposition  verfugt,  ist  aufgefordert,  finanzielle  Unterstutzung  zu 
leisten.  -  Wir  geben  mi t  diesem  KongreB  die  Griindung  eines  Solidari- 
tatsfonds  bekannt,  aus  dem  Falle  besonderer  Not,  aber  auch  politische 
Aktivitaten  gegen  die  Repression  und  Projekte  selbstorganisierter  "Rot- 
arbeit"  zu  finanzieren  sind.  Aus  dem  bisherigen  Spendenauf  koimien  der 
Anti-Repressionskampagne  des  Sozial istischen  Buros  werden  als  Grund- 
stock  30  000  Mark  in  den  Fonds  eingebracht.  Das  ist  nicht  viel,  aber 

es  ist  ein  Anfang.  Wir  rufen  auf  zu  einer  Spendenaktion  zugunsten 
dieses  Solidari  ta'tsfonds !  -  Gleichzeitig  fordern  wir  die  politisch  Ak- 
tiven  auf,  sich  in  ihren  liberschaubaren  Arbeits-  und  Wohnzusammenhan- 
gen  so  fest  zu  organisieren,  daB  sie  RepressionsmaBnahnten  gegen  ein- 
zelne  gemeinsam  abmildern  konnen. 

-  Aktive  Bekampfung  von  Repression  und  ihrer  Folgen  benotigt  auch  die 
politische  Arbeit  derjenigen,  die  durch  Beruf sverbote  und  andere  Re- 
press ionsmaBnahmen  aus  dem  ArbeitsprozeB  hinausgeworfen  wurden.  Ihre 
Arbeitskraft  kann  der  isolierenden  und  individualisierenden  Wirkung 
von  Berufsverbot  und  Arbei  tslosigkeit  entgegensteuern.  Ihre  Fa'hig- 
keiten  und  Arbeitskraft  mu'ssen  zu  einem  Instrument  der  kollektiven 
Organisierung  und  Pol i tisierung  werden.  -  Wir  rufen  deshalb  auf  zur 
Initiierung  solcher  Vorhaben  organisierter  "Rotarbeit"  wie  Lern-  und 
Freizeitprojekte  fur  arbeitslose  Schulabganger,  soziale  Projekte  in 
Stadtteilen,  Schulungsprojekte  fur  Arbei terbi Idung,  praxisbezogene  For- 
schungsprojekte  zur  Situation  der  Arbei terklasse  in  den  verschiedenen 
Berufssektoren,  Erarbeitung  von  emanzipatorischen  Unterrichtsmodel- 
len,  Kulturarbeit  usw. 

-  Aktive  Bekampfung  der  politischen  Unterdruckung  erfordert,  daB  re- 
pressive MaBnahmen  in  alien  gesel  lschaftl  ichen  Bereichen  zugleich  an 
die  DTfentlichkeit  gebracht  werden,  danit  m'emand  noch  einmal  sagen 
kann,  er  habe  von  alldem  nichts  gewuBt.  Die  Politik  der  Repression 
versucht  mit  alien  Mitteln,  die  bffentliche  Meinung  fiir  sich  zu  mani- 
pulieren.  Deshalb  miissen  wir  Gegendffentlichkeit  herstellen! 

-  Aktive  Bekampfung  von  Repression  erfordert  die  Zusammenarbei t  ins- 
besondere  mit  der  Linken  in  Westeuropa,  da  die  Diszipl inierung  von 
Demokraten  und  Sozialisten  in  der  Bundesrepubl ik  auch  sie  bedroht. 
Wir  rufen  sie  auf,  mit  uns  gemeinsam  gegen  politische  Unterdruckung 
und  okonomische  Ausbeutung  zu  kampfen! 

DER  NHCHSTE  SCHRITT  IST  ES,  DIE  AUF  DEM  PFINGSTKONGRESS  GEWONNENEN 
ERFAHRUNGEN  UND  DIE  HIER  ENTWICKELTEN  ARBEITSMDGLICHKEITEN  IN  ALLEN 
BEREICHEN  DER  BUNDESREPUBLIK  IN  PRAKTISCHE  POLITISCHE  ARBEIT  UMZU- 
SETZEN!  DIESER  KONGRESS  WAR  NUR  EIN  ANFANG!  SETZEN  WIR  GEMEINSAM  DEN 
KAMPF  GEGEN  DIE  UNTERDRUCKUNG  FORT! 

SPENDEN  FOR  DEN  SOLIDARITSTSFONDS  sind  zu  Uberweisen  an  Sozialistisches 
Buro  Offenbach,  Postscheckkonto  Frankfurt  Nr.  295680-605  Oder  Girokonto 
DARITATSFONDS     W1>tSChaft  °fferbach'  Nr.  17413263  -  Kennwort:  SOLI- 


INF0RMATI0NSDIENST 
S0ZIALARBEIT 


rf 


Hindernislauf  eines  Berufspraktikanten 


AUSSERDEM: 

BEITRAGE  ZUR  JUGENDARBEIT  UND  JUGENDPOLIZEI 


Offenbach  im  Dezember  1976 
Einfachnummer  -  Preis  5,— 


AJTX 


,     .    ,      c      iail  stischen   BUYo 
Dieser    Informal ionsdiens t   Sozi alarbe. t  „, rd    im  Sozia  ben_ 

von  GfLppen,   die    Im   Sozial  I  sat  .onsber.i  ch   ^rbeiten.      Genossei1i    dle 
Der    Info  dient   der    Kommun  1  ka  1 1  on   und   Kooperatlon   von  ^^ 

mit   sozial istischem  Anspruch    in  Feld  der   sozlalen  Ar  ^  dj<; 

Der    Info  enthSlt   neben   einem   Schwerpunkt thema    Darste  ^   Sozjalar- 

Organisatlonsmodelle  und   Bas i sakt i v I tSten      soz,a    i * t  nen   und 

beiter/-padagogen,    Erzieher  etc.,    Kurzberlchte      '"£,ie  Material  ien, 
Analysen  aus  dem  Sozial-   und   Gewerkschaf tsbereich   sow 
Hinweise,   Stel  lenangebote   und   Klelnanzelgen. 

,  .     ,    .  ,    ;_   Jahr)    verBffent- 

Neben  den,   I  nformat  ionsdienst    (erscheint   VJerma       «  £erlB,len   zum 
lichen  wir    in  unregelmSBIgen   AbstSnden  Arbei tsfeldmate 
Sozialbereich.    In   dieser   Reihe   sind   bisher  erschienen. 

Arbei tsfeldmaterial ien    (AMS)  DM  8   -- 

Heft    I:    Projektstudlum  am   Bspl  .    Helmerz lehung ,    200   :>  •  . 

Heft  2:    Arbei termSdchen    im  Jugendzentrum,    56  S.  ,    DM   "»•" 

Heft  3:    Knastalltag   am  Beispiel    Mannheim,    128   S.,    Oh   7 .~ 

Heft  l»:    Der    I  nst  i  tut  iona!  i  si  erte    Konflikt,    200   S.,    DM    10." 

Heft  5:    SozialpSdagogik  und  Arbei  teri  nteressen,   A8    S.  ,   DM  3.— 

Heft  6:   Staatllche   Sozial pol I ti k,    1 36  S. ,    DM  8.-- 

Herausgeber:    Sozial i st i sches    BUro 

605  Offenbach  k,   Postfach  591 

Verleger:  Verlag   2000  GmbH  Offenbach 

Erste  Auflage:    Dezember   1976,    5000  Exemplare 

Alle  Rechte   bei   dem  Herausgeber 

Vertrieb:   Verlag    2000  GmbH,    605   Offenbach  U 

Postfach  591,   Hohe   Str.    28    (Souterrain) 
Postscheck  Frankfurt   N'r  .    6 1 0^  l-60ti 

Preis:    El nzelexemplar    DM   5.-- 

bei    Abnahme  von  mind.    10  Stuck   20   %   Rabatt 
WelterverkSufer    (BucMSden,    Buchhandel)    'tO   *   Rabatt 
jewel  Is   zuzUgllch  Versandkosten 

Oer    Info  kann  auch   Im  Abonnement   bezogen  werden.    BezugsgebUhren   flir 
das   Jahr   1976(Heft    12   -   15)    DM   15,"-  und   DM   2,80  Porto 

Verantwortl Ich:    Redakt ionskol lekt Iv    Info  Sozialarbei t 
Presserechtl ich  verantwortl Ich:    GDnter   Pabst   Offenbach 
Karikaturen:    K.F.Waechter 
Beilagen:    1.    Flugblatt   "Studenten   im  Hungerstreik  an  der   Ev   Fach- 

hochschule  Westberlin; 

2.   Abonnementkarte   "Info   Sozlalarbeit" 
Drtick:    SOAK,    Am  Taubenfelde    30,    3   Hannover,    Tel.l    76    18 


INFO  SOZIALARBEIT,   Heft  15 


IN HALT 

Redaktionsmitteilung 

Kan'n  Tups: 

Zur  Kritik  des  Fa'cherstudi  urns 

AKS  Hamburg: 

Praktische  Ansatze  fachbereichsbezogener  Hochschulpoli tik 

an  der  FHS  Hamburg  im  Fachbereich  SozialpSdagogik 

Kurt  Sprenger: 

Berufspraktikum:  0b  einphasig.ob  integriert, 

wer  sich  nicht  wehrt,  wird  angeschmiert 

Ulrich  Stascheit: 

Zur  arbeits-  und  versicherungsrechtl ichen  Lage 

der  Berufspraktikanten 

Axel  Hubner: 

Das  Elend  mit  den  Praktikantenstellen-am  Bspl.  Hessen 

Laizos  Praktikus: 

Tragi komodie  eines  Berufspraktikanten 

Ausgewahlte  Literatur* 

FHS  Freiburg: 

Das  Mass  ist  voll! 

Brief  eines  Prufungskandidaten: 
"PrLifungsterror  Mord" 

Jugendpolizei  in  Frankfurt 

Sozial  pa'dagogische  Arbeit  im  Jugendfreizeitheim 
-  Eine  Auseinandersetzung  - 


Materialien/Kleinanzeigen 


Seite  2/18 

Seite  3 

Seite  19 

Seite  31 

Seite  41 

Seite  65 

Seite  69 

Seite  71 

Seite  73 

Seite  75 

Seite  79 

Seite  83 

Seite  87 


REDAKTIONSMITTEILUNG 


Mit  dem  Info  "Sozialarbei t:Studi um  und  Berufspraktikum"  legen  wir  em 
weiteres  Ergebnis  unserer  diesjahrigen  Arbeit  vbr. 
Vorausgegangen  war  ein  Arbeitsseminar  1m  April   1976,  sowie  eine  Re- 
daktionskonferenz  1m  November  76  zum  Thema  "Sozialistische  Hochschul- 
politik  an  der  FHS". 

Das  gesteckte  Ziel,  die  weithin  vorhandene  Trennung  von  Theone  und 
Praxis, von  Ausbildungsbereich  und  praktischer  Sozialarbeit  zumindest 
in  den  Ansatzen  einer  sozialistischen  Hochschulpolitik  aufzuheben, 
haben  wir  nicht  erreicht.   Die  Ursachen  allein  in  den  disparaten  Dis- 
kussionsansatzen  an  den  verschiedenen  Hochschulorten  und  den  daraus 
resultierenden  unterschiedlichen  Erwartungen(Informationsaustausch 
liber  die  jeweilige  Situation  in  den  anderen  Bundeslandern.Tips  fur 
die  Hochschulpolitik, Tips  fur  die  Organisierung  von  Berufs-AKS  und 
Hochschulgruppe  etc.)  an  das  Arbeitsseminar  zu  suchen,  wurde  ledig- 
lich  unsere   (mit  einigen  Ausnahmen)   bisherige  Gleichglil tigkeit  ge- 
genuber  dem  Ausbildungsbereich  und  die  mangelhafte  orgamsatonsche 
Verankerung  an  den  Fachhochschulen  verschleiern. 
Es  gibt  zwar  an  fast  alien  Fachhochschulen  Gruppen,  Dozenten  und 
Studenten,  die  sich  am  SB  orientieren(wie  es  so  schb'n  heiBt)  oder 
auch  im  SB  organisiert  haben,  eine  kontinuierliche  Zusammenarbeit 
dieser  Gruppen  und  Individuen  konnte  bisher  nicht  hergestellt 
werden,  geschweige  denn  eine  VerknLipfung  von  Hochschulpolitik.Be- 
rufs-  und  Gewerkschaftsarbei t. 

Die  in  diesem  Heft  zusammengestellten  Beitra'ge  sind  daher  auch  nur 
zum  Teil   aus  Gruppenzusammenhangen  entstanden  und  enthalten  ledig- 
lich  rudimenta're  Ansatze  einer  sozialistischen  Strategie  fur  die 
Arbeit  an  den  Fachhochschulen.  Die  Beitrage  sind  daher  als  Aufforde- 
rung  an  uns  und  die  Leser  zu  verstehen,  an  dieser  Punkten  weiterzu- 
di'skutieren.  Wir  werden  die  Diskussion  sowohl   in  einem  der  nachsten 
Hefte  fortsetzen,  wie  ein  weiteres  Arbeitsseminar  organisieren.das 
der  Entwicklung  einer  organisierten  Kommuni kation  und  Kooperation 
dient. 

Ein  weiterer  Schwerpunkt  unserer  Arbeit  war  die  Vorbereitung  und 
Durchfiihrung  der  Arbeitsgruppe  Sozialarbeit  auf  dem  Antirepressions- 
kongreB  Pfingsten  1976  in  Frankfurt.  Krise.Arbeitslosigkeit.Reduzie- 
rung  der  Sozialleistungen.Abbau  der  Reformen.Disziplinierungen  und 
Widerstand  sind  einige  der  Stichworte,  die  die  Diskussion  in  den 
Arbeitsgruppen  bestimmten.   Das  von  uns  vorgelegte  Einleitungsreferat, 
sowie  eine  ausfiihrliche  Zusammenfassung  der  Diskussionsergebnisse 
enthalt  die  im  Februar  1977  erscheinende  "links"-Sondernummer  zum 
AntirepressionskongreB.   "links"-Abonnenten  erhalten  sie  anstelle  der 
Februar-Ausgabe;   Info-Lesern  wird  sie  gegen  Voreinsendung  von  DM  5,- 
(Briefmarken/Scheck)  zugesandt.  Umfang  lo4  Seiten.  (Fortienung  S.  IS) 


Karin  Tups 

ZUR  KRITIK  DES  FACHERSTUDIUMS 


VORBEMERKUNG 

Ausgangspunkt  der  Auseinandersetzung  rait  "Reformen"  innerhalb  der 
Sozialwesen-Hochschulausbildung  ist  die  am  28.2.1975  vom  wissen- 
schaftsministerium  in  Nordrhein-Westfalen  erlassene  PrUfungsordnung 
flir  die  Studienrichtung  Sozialwesen  an  Gesamthochschulen  und  Fach- 
hochschulen (1). 

Anhand  der  beim  Versuch  ihrer  Umsetzung  gemachten  Erfahrungen  an  der 
Gesamthochschule  Siegen  im  Fachbereich  Sozialwesen  soil  gezeigt  wer- 
den, welche  Konsequenzen  die  wiedereinfiihrung  des  Facherstudiums 
flir  den  Studienbetrieb  hat.  Einbezogen  werden  sowohl  die  hochschul- 
politischen  Auseinandersetzungen,  wie  auch  die  festzustellenden  ge- 
sellschaftlichen  Anforderungen  an  die  Sozialarbeit  und  damit  auch 
an  die  Ausbildung  von  Sozialarbei tern. 

Dabei  gehen  wir  davon  aus,  daB  trotz  der  landerspezifischen  Ausfor- 
mungen  der  Sozialarbeiterausbildung,  die  in  NRW  festzustellenden 
Tendenzen  auch  auf  die  Ausbildungssituation  an  anderen  Hochschulen 
ubertragbar  sind. 

Die  Ausfiihrungen  bleiben  allerdings  insoweit  unzureichend,  da  Folge- 
rungen  fur  die  Hochschulpolitik  linker  Basisgruppen  lediglich  ange- 
deutet  und  nicht  weiter  konkretisiert  werden.  Dies  bleibt  einem  wei- 
teren  Artikel  vorbehalten.  Es  konnte  auch  nicht  auf  alle  Aspekte 
der  Sozialwesen-Ausbildung  eingegangen  werden  (z.B.  auf  die  Interes- 
sen  der  Berufsverbande  und  deren  teilweise  dem  jetzigen  Studium  wider- 
sprechende  Forderungen,  Oder  auf  den  Widerspruch  insbesondere  inner- 
halb von  Kurzzeitstudiengangen  zwischen  einer  breiten  allgemeinen 
Grundlagenqualifikation,  die  die  flexible  Einsetzbarkeit  garantiert 
und  einer  vertiefenden  spezialisierten  Ausbildung,  die  die  prakti- 
sche  Kompetenz  garantiert).  Damit  sind  weitere  Fragen  angedeutet,  an 
denen  hoffentlich  nicht  nur  die  Gruppen,  die  innerhalb  des  Arbeits- 
feldes  Sozialarbeit  im  SB  arbeiten,  diskutieren. 


EXKURS:  KURZE  DARSTELLUNG 

DER  WICHTIGSTEN  INHALTE  DER  PRDFUNGSORDNUNG  (PO) 

•  Generelle  Abschaffung  des  schwerpunkt-  und  projektorientierten  Stu- 
diums,  indem  sie  das  reine  Facherstudium  durch  den  Zwang  zu  acht 
Fachpriifungen  (2  durch  benotete  Leistungsnachweise)  zum  Inhalt  des 
Studiums  macht  (dies  ist  uns  weiterhin  durch  Erlauterungen  und  Erlas- 
se  des  Ministeriums  deutlich  gemacht  worden). 

t   Projektorientierung  verstanden  als  Bemlihen  um  eine  Theorie/Praxis- 
Vermittlung  an  Problember-eichen  der  Sozialarbeit  wird  ausgetauscht 


3  - 


mit  einera  unvermittelten  Nebeneinander  von  Studlura  der  Theorien  der 
e  nze  nen  Fachdisziplinen  mit  begleitenden  Fachprufungen  auf  der 
e  nen  und  90  Tagen  Praktika  (abzuleisten  in  den  Semesterfenen  als 
lo-Tage  Blockpraktikum  und  40  Tage  als  studienbegleitendeTagesprak- 
tikum)  auf  der  anderen  Seite. 

.  Leistungsdruck  und  Studienkontrolle  werden  erhoht  durch  vermehrte 
f  11  htstunden  Leistungsnachweise,  Prufungsvcrleistungen  und  ru- 
funqen  und  dem  Versuch  der  Festlegung  der  Hochschule  auf  Erstellung 
vonTtudienverlaufsplanen  d.h.  eindeutige  vorgeschnebene  Stunden- 
plane  fur  jedes  Semester  (ErlaB  zur  Studienordnung). 

•  Festschreibung  auf  ein  6-semestriges  Regelstudium  (§  2  der  PO) 

.  Manifestierung  der  Trennung  von  Sozialarbeit  und  Sozialpadagogik 
durch  unterschiedliche  Prlifungsanforderungen  je  nach  Facnern 

•  Einschrankung  der  Wahl  des  Prufers  (§  5  Abs.  3) 

•  Einschrankung  der  Wiederholbarkei t  von  Priifungen  (§  15) 

•  Einschrankung  der  Mitbestimmungsrechte  der  Studenten  in  Prufungs- 
angelegenheiten  (§  5  und  §  4) 

•  Einschrankung  der  Mbglichkeit  zu  Gruppenprufungen  (§  8  Abs. 5  u.6) 

•  Die  in  §  8  Abs.  3  genannte  Moglichkeit  zur  facherintegrativen  PriJ- 
fungwird  durch  den  folgenden  Absatz  5  wieder  erheblich  eingeschrankt. 

,  Insgesamt  ist  eine  vermehrte  Zuweisung  von  Korapetenzen  «"  Jn  PrU- 
fungsausschuB  und  dessen  Vorsitzenden,  sowie  an  das  Wissenschaftsmi 
nisterium  festzustellen. 

.  Trotzalledem  formuliert  die  PO  den  Anspruch  an  den  Prufling  in  den 
5     8-  "durch  die  Prufung  soil  der  Kandidat  nachweisen,  daB  er 
uldllche  Fachkenntnisse  erworben  hat  und  befah  lot  St  1n  der  F  ch- 
richtung  Sozialwesen  auf  der  Grundlage  wissen  chaft  icher  Me tho den 
selbstandig  zu  arbeiten."  Und  an  anderer  Stelle:  daB  er  in  der  La 
ge  ist,  fachliche  und  facherUbergreifende  Zusammenhange  zu  erfassen_ 
und  die  erworbenen  Kenntnisse  und/ahigkeiten  auf  das  Berufsteid  bo 
zialarbeit/Sozialpadagogik  zu  beziehen." 

■  Studienablauf  ist  also  kurz  gefaBt  fol gender: 

Ab  eSem  Semester  Erbringung  Lr  Vorleistung  fur  Fac hpru fungen   us 
die  benoteten  Leistungsnachweise  plus  die  durch  die  Studienordnung 
(Oder  auch  Studienverlaufs+lane  zusatzlich  geforderten  Leistungen 
plus  Blockpraktikum  in  den  Semesterferein;  Tanpqnrak- 

ab  drittem  Semster:  Ableistung  der  Fachprufungen  und  des  Tagesprak 

EnSe'des  sechsten  Semester:  AbschluBarbeit  und  -prufung  (Graduierung) 
und  Berufspraktikum  mit  abschlieBenden  Kolloquien  (staatl.  Anerken 
nung). 


1   FACHERSTUDIUM/HOCHSCHULRAHMENGESETZ 
UND  KAPAZITATSVERORDNUNG 

Ein  Instrument  des  Staates  zur  Kapazitats-/Bedarfskontrolle  ist 
neben  dem  numerus  clausus  die  Kapazitatsverordnung  (2).  DaB  in 
der  Verordnung  m'cht  nur  eine  Kosten-Nutzen-Rechnung  gesehen  werden 
darf,  zeigt  die  Tatsache,  daB  diese  nur  dann  gelingen  kann  ,  wenn 
Ausbildung  weitgehendst  technokratisch  organisiert  ist,  d.h.  meBbare 
Inhalte  vermittelt  und  erbracht  werden,  quantifizierbare  Prufungs- 
und  Studienordnungen  vorliegen.  Dies  setzt  weiterhin  voraus,  die 
Einschrankung  der  Hochschulautonomie:  Die  Einschrankung  der  Ent- 
scheidungen  liber  Forschung  und  Lehre  und  deren' Inhalte  und  Formen. 
Das  HRG  (3)  steht  dabei  in  enger  Verbindung  zur  Kapazitatsverordnung 
(Kapvo).  Es  bildet  die  rechtliche  Grundlage  staatlich  zentralisier- 
ter  Hochschulpolitik,  indem  es  zugleich  richtungsweisende  Grundsatze, 
das  entsprechende  Instrumentarium.  Kompetenzen  und  Aufgaben  fur 
Bund,  Lander  und  Hochschulen  angibt.  Insbesondere  sind  hier  die  er- 
hbhten  staatlichen  Anweisungs-,  Eingriffs-  und  Kontrollmbglichkeiten 
zu  nennen,  welche  Hochschulplanung  und  Studienreformen,  Organisa- 
tion und  Verwaltung  der  Hochschule  mit  lezter  Entscheidungsbefugnis 
in  die  Hande  von  staatlichen  Stellen  (Bund  u.  Lander)  legen  (4). 
Das  HRG  dient  der  Schaffung  einer  hochstmb'glich  effizienten  Organi- 
sation der  universitaren  Ausbildung,  auf  reibungslose  Anpassung  von 
Forschung,  Lehre  und  Studium  an  "die  Bediirfnisse  der  beruflichen 
Praxis  und  die  notwendigen  Veranderungen  in  der  Berufswelt"  (E)  und 
stellt  die  Mittel  zu  deren  Erzwingen  (6). 

Vergleicht  man  die  nordrhein-westfal  ische  Priifungsordnung  mit  den 
HRG-Aussagen  zu  Studium  und  Prufung  (7),  so  stellt  man  fest,  daB 
NRW  die  geforderten  Anpassungsleistungen  an  das  HRG  bereits  vorge- 
nommen  bzw.  in  dieser  Priifungsordnung  schon  umgesetzt  hat  (obwohl 
diese  vor  dem  HRG  erlassen  wurde).  Durch  das  HRG  wird  deutlich, 
welch  ein  Aufwand  an  staatl icher  Planungsarbeit  und  Kontrolle  von 
Studenten,  Hochschullehrern  und  Hochschule  Voraussetzung  sind,  um 
der  notwendigen  Rational isierung  und  Funktionalisierung  der  For- 
schungs-  und  Lehrtatigkeit  besser  gerecht  zu  werden.  Insgesamt  sind 
sowohl  die  Auswirkungen  wie  die  Voraussetzungen  der  Kapvo  nicht 
nur  rein  formal -organisatorischer  Art,  sondern  weit  wichtiger  in- 
haltlicher  Art.  So  war  die  Reaktion  des  Wissenschaftsministeriums 
auf  die  vom  FAchbereich  Sozialwesen  erarbeitete  Studienordnung  (8), 
die   neben  dem  Facherstudium  weiterhin  geforderten  Ausbildungsinhal- 
te  zu  bezweifeln  bzw.  als  notwendige  Studienleistung  nicht  anzuer- 
kennen,  mit  der  BegrLindung,  es  sei  nicht  ersichtlich,  "ob  es  sich 
um  Prlifungsvorleistungen  oder  Leistungsnachweise  handelt"  (9).  Be- 
troffen  waren  die  Unterrichtseinheiten,  die  ein  projektorientiertes, 
in  Ansatzen  fa'cherintegratives  Studium  ermbglichen  soil  ten,  wie 
"berufspraktische  Grundlagen-Seminare"  in  der  Orientierungsphase, 
"integrierte  Schwerpunktseminare"  (vergleichbar  mit  Projektarbei t) 
und  "schwerpunktbezogene  Seminare"  in  der  Schwerpunktphase.  Weiter- 
hin forderte  der  ErlaB  des  Ministeriums,  daB  der  PrufungsausschuB 
"die  Form  des  Leistungsnachweises  fur  jedes  Semester  verbindlich 
fest  (zu  legen)"  habe  und  daB  die  in  der  Studienordnung  geforderte 
Pflichtstundenzahl  noch  weiter  zu  erhbhen  sei.  Der  Hochschule  wird 
die  Aufgabe  erteilt,  die  Studienordnung  so  zu  formulieren,  daB  sie 
Hie  "Grundlage  fur  die  Planung  des  Lehrangebots  und  fur  die  jahrlich 
zu  erstellenden  Studienplane",  wie  "fur  eine  sinnvolle  (!)  Gestaltung 

-  5  - 


4  - 


des  Studiums"  ist  und  weiter:    "diese  Funktion  kann  die  Studienord- 
nung  nur  erflillen,  wenn  sie  die  Struktur  des  Studienganges  nach   In- 
halt  und  Form  sowi'e  nach  deren  funktionalem  Zusammenhang  und  zeit- 
licher  Abfolge  beschreibt  (...),  wenn  sie  die  Studienziele  nennt, 
sowie  Studieninhalte,  Vermittlungsformen  und  Studienaufbau  im  Zusam- 
menhang  und  zeitlich  quantifiziert  in  Form  von  Studienelementen 
(damit  operiert  auch  die  Kapvo,  d.V.)  beschreibt...   Es  ist  notwen- 
dig,  die  Studienstruktur  und  die  -inhalte  im  einzelnen  zu  beschrei- 
ben,  nach  Semestern  und  Veranstaltungstypen  zu  gliedern,  das  dafur 
jeweils  vorgesehene  Studienvolumen  anzugeben  und  die  Studieninhalte 
den  in  der  Priifungsordnung  genannten  Prlifungsfa'chern  zuzuordnen." 
(10)  Was  der  Minister  wohl  von  der  Zuordhung  "Projekt  Obdachlosen- 
siedlung"  zu  dem  Fach  "Sozialphilosophie"  halten  wlirde?   ... 

Eine  weitere  Tendenz  der  Umorientierung  der  Ausbildung  ist  die  Ab- 
trennung  der  Methoden  von  wissensinhal ten, durch  die  die  Methoden  zum 
wesentlichen  Inhalt  von  Forschung  und  Studium  gemacht  werden  (sollen) 
(11).  Vielleicht  mag  man  sich  bei  den  vorausgegangenen  Ausflihrungen 
zur  Hochschul reform  gefragt  haben,  was  diese  mit  der  Oberschrift  des 
Artikels  gemein  hatten;  dies  muB  spatestens  bei  der  Beantwortung 
der  Frage,  was  das  bedeutet:    "Quantifizierbare  Studienordnungen 
deutlich  geworden  sein,  die  die  Verschulung  vorantreiben  durch  em 
zeitlich  und  inhaltlich  fixiertes  Facherstudium.   Das   Pnnzip  ist 
einfach:  mehr  Stunden,  Stoff  und  Abfragewissen  und  alles  mbglichst 
planvoll  und  diszipliniert.   Aber  diese  Planung  und  Ordnung  auf  der 
einen  Seite  b  edeutet  fur  die  Situation  in  den  Fachbereichen  gerade 
das  Gegenteil,  denn  "fur  alle  Projekte,  deren  kapazitatsfbrderne 
Wirkung  nicht  klar  nachgewiesen  ist,  werden  in  Zukunft  die  Mittel   ge- 
strichen.   DaB  eine  inhaltliche  Selektion  unter  dem  Mantel  des  Sach- 
zwanges  stattfindet,  braucht  nicht  erst  betont  zu  werden.  Die  Ent- 
wicklung  neuer  Lernformen  und  Seminarinhal te,  Projektstudium,  Aufhe- 
bung  der  Schranken     zwischen  den  Disziplinen,  Herstellung  neuer  Pra- 
xisbezlige  kurz:   alles,  was  bisher  unter  dem  Stichwort  "inhaltliche 
Studienreform"  diskutiert  worden  ist  und  zum  grbBten  Teil   nur  durch 
Experimenti eren  vorankommen  kann,  fallt  unter  den  Hammer  der  Kapazi- 
ta'tspolitik.    In  Obereinstimmung  mit  dem  HRG  werden  dort  Regelstu- 
dienzeit  und  starre,  verschulte  Studienga'nge  festgesetzt.   Diese  quan- 
titative Studien'Veform"  bedeutet  flir  uns  konkret,  daB  das  herr- 
schende  Chaos  formal isiert  und  festgeschrieben  wird"   (12)-  Genau 
dies  erfahren  wir  als  Studenten  und  auch  Hochschul lehrer  seit  Inkraft- 
treten  der  Priifungsordnung  verstarkt  an  den  Hochschulen  in  NRW;  wir 
machen  gleichzeitig  die  Erfahrung,  daB  das  dem  wissenschaftsministe- 
rium  erstmal   gleichgiiltig  ist;  nach  dem  Prinzip,  das  Chaos  wird 
schon  zur  Regel  und  damit  nicht  mehr  chaotisch  erfahrbar  werden. 
Hauptsache  ist  die  MeBbarkeit  von  "fachlichem"  wissen  und  diese  wird 
sich  spatestens  realisieren  bei  den  Prlifungen,  beim  Bestehen  oder 
nicht  Bestehen. 


2.  ALLGEMEINE  SOZIALISATIONSFUNKTION 

Die  durch  das  Fa'cherstudium  bedingte  schulma'Bige  Organisation  des 
Studiums  hat  in  Verbindung  mit  dem  dauernden  Prlifungsdruck  die  Ver- 
scharfung  der  ohnehin  bestehenden  Konkurrenzsituation  zur  Folge: 
Die  unter  dem  Leistungsdruck  wachsende  Konkurrenz  fiihrt  zur  weite- 


6  - 


ren   Isolierung  der  Studenten  untereinander  und  erhbht  damit  Angst- 
und  StreBsi tuationen  zunehmend.  Die  Mbglichkeit  kollektiver  Ausein- 
andersetzung  mit  der  Ausbildung  zum  Sozialarbeiter ,  das  Erlernen 
der  Fa'higkeit,  gemeinsam  zu  arbeiten,  die  Entwicklung  alternativer 
Ausbildungsformen  und  -inhalte  und  die  kritische  Auseinandersetzung 
mit  der  Berufsperspektive  werden  damit  fast  unmbglich  gemacht. 

Das  Lernen  fUr  einzelne  Fa'cher  bzw.  Fachdozenten  und  die  von  ihnen 
erwarteten  Prlifungsleistungen  bedeutet  flir  das  Verhaltnis  Dozent- 
Student  auf  der  einen  Seite  eine  starkere  individuell-wirksame  Ab- 
ha'ngigkeit  des  Studenten  vom  einzelnen  Dozenten.   Zum  anderen  bedeu- 
tet die  Aufsplitterung  des  Studiums  fur  das  Studium  einzelner  Facher 
eine  Art  Versachlichung  des  Lern-  und  Lehrverhaltnisses:   Der  Dozent 
wird  zum  Warenverka'ufer,  der  die  "richtige"  Wissenschaft  verkauft, 
der  ihr  vermittels  seiner  Fachautoritat  und  mit  der  Priifungsordnung 
im  Rlicken  die  notige  Wertscha'tzung  verleihen   kann.   Umgekehrt  lernt 
der  Student,  sich  mehr  und  mehr  danach  zu  orientieren,  was  in  vor- 
handenen  Angeboten  in  Blick  auf  die  Anforderung  der  Studien-  und 
Priifungsordnung  Relefanz  besitzt.   Er  lernt,  das  Angebotene  mehr  nach 
seinem  Tauschwert  (im  Blick  auf  die  Fachprufung) ,  nicht  nach  seinem 
Gebrauchswert  (im  Blick  auf  die  Praxis)  zu  hinterfragen  und  einzu- 
schatzen. 

Hieran  wird  deutlich,  daB  das  Fa'cherstudium,  wie  es  die  derzeitige 
Priifungsordnung  in  Nordrhein-Westfalen  festschreibt,   nicht  nur  unter 
dem  Aspekt  der  Vermittlung  instrumentel ler  Fertigkeiten  und  Fahig- 
keiten,  sondern  auch  unter  dem  Aspekt  seiner  "geheimen"  Sozialisa- 
tionswirkungen  gesehen  werden  muB.    (13)   Bei  der  Analyse  der  derzei- 
tigen  Entwicklung  der  Studienreform  wird  vorwiegend  jener  erste, 
stoffliche  Aspekt  gesehen,  indem  von  den  sich  verscha'rfenden  Wider- 
sprlichen  im  sozialen  Feld  und  von  den  Professional  isierungsbestre- 
bungen  institutionalisierter  Sozialarbeit  auf  eine  wachsende  Diffe- 
renzierung  der  Studieninhalte  geschlossen  wird.  Hierbei  gerat  jedoch 
jener  andere  Aspekt,  welcher  mit  der  Formbestimmtheit  des  Studien- 
betriebs  unter  der  Dominanz  des  Facherstudiums  gegeben  ist,  auBer 
Sicht.   Zielt  das  Facherstudium  einerseits  auf  den  Erwerb  instrumen- 
teller  Qualifikationen  ab  (in  Hinsicht  auf  die  Ausei nandersetzungen 
mit  "Fallen",  mit  dem  "Klintel"  in  der  spateren  Praxis),  so  geschieht 
andererseits  durch  die  mit  dem  Fa'cherstudium  sich  verscharfende  Reg- 
lementierung  Einlibung  in  die  spezifischen  Bedingungen,  in  denen  spa- 
ter  diese  Arbeit  zu  geschehen  hat.  Mit  der  Vermittlung  instrumen- 
teller  Fa'higkeiten  und  Fertigkeiten  geht  es     zugleich  urn  die  Ver- 
mittlung spezifischer  "Interaktions-  und  Vernal tensmuster",  urn  An- 
passungs-,  Umstellungs-  und  Verantwortungsleistungen.    (14) 
In  diesem  Sinne  ware  der  These  von  Bamme/Holling  zuzustimmen,  derzu- 
folge  Qualifizierung  und  Sozialisation  nicht  als  zwei  voneinander 
unabha'ngige  Dinge  zu  betrachten  sind,  sondern  die  "Qualifikation" 
aus  einer  "Kombination  von  Kenntnissen  und  Vernal tensweisen  (z.B. 
die  Kenntnis  dessen,  was  der  Vorgesetzte  von  einem  erwartet,  und 
die  Fa'higkeit,  diesen  entsprechend  angemessene  Verhal tensweisen  um- 
zusetzen)..."  besteht.   (15) 

Blieb  die  mit  der  neuen  Studien-  und  Priifungsordnung  gegebene  Sozia- 
lisationswirkung  auf  die  Studenten  bislang  unbeachtet,  so  ware  es 
auf  der  anderen  Seite  falsch,  diesen  Aspekt  der  "geheimen"  Soziali- 


sationswirkungen  des  Studienbetriebes  nun  seinerseits  zu  verabsolu- 
tieren.  Solches  deutet  sich  bei  Bamme  und  Holling  an,  wenn  sie  in 
ihrem  Aufsatz  "Qualifikation,  Sozialisation"  die  These  wagen,  "... 
daB  -  bis  zu  einem  gewissen  Grade  die  dem  Erziehungs-  und  Ausbildungs- 
prozeB  zugrunde  gelegten  Inhalte  beliebig  sind."  (16)  Hier  entsteht 
der  Eindruck,  daB  der  konkrete  Inhalt  der  Ausbildung  auf  Sozialar- 
beit  bezogen:  Handlungswissen  (Methoden  -  Recht  -  Verwaltungskennt- 
nisse)  wie  Legitimationswissen  (vermittelt  innerhalb  der  einzelnen 
sozialwissenschaftlichen  Fa'cher)  unbedeutend  ware.  Wir  meinen  dem- 
gegenu'ber,  daB  beide  Aspekte,  die  Vermittlung  instrumentel  ler  Fertig- 
keiten  wie  die  "geheimen"  Sozialisationswirkungen  der  gegenwartigen 
Studien-  und  Prufungsordnung  wirksam  werden,  daB  sie  in  ihrem  Zusam- 
raenhang  und  in  ihrem  Widerspruch  gesehen  werden  m'ussen. 

Diesen  Widerspruch  kann  man  dahingehend  bezeichnen,  daB  die  Studen- 
ten  durch  die  mit  der  neuen  Studienordnung  und  Prufungsordnung  her- 
gestellten  Studienbedingungen  funktionale  Autonomie  lernen  sollen. 
("17)  So  sollen  sie  einerseits  "...auf  der  Grundlage  wissenschaft!  i- 
cher  Methoden  selbstandig  ...  arbeiten. . .",  sollen  lernen,  "fachli- 
che  und  facherubergreifende  Zusammenha'nge  zu  erfassen  und  die  er- 
worbenen  Kenntnisse  und  Fahigkeiten  auf  das  Berufsfeld  Sozialarbeit/ 
-padagogik  zu  beziehen"  (18).  Kurz:  Sie  sollen  lernen,  Autonomie  zu 
entfalten  hinsichtlich  der  Anwendung  der  auf  der  Hochschule  gelern- 
ten  Methoden  am  je  konkreten  Fall. 

Andererseits  sollen  sie  lernen,  dies  alles  in  den  funktionalen  Zu- 
sammenhang  ihres  spateren  Amtes  einzuordnen.  Sie  sollen  lernen,  Ari- 
weisungen  widerspruchslos  hinzunehmen,  Frustrationen  zu  tolerieren, 
starke  Belastungssituationen  auszuhalten,  zuverlassig  und  diszipli- 
niert  zu  arbeiten. 

Allgemein  gesagt,  stent  die  Anforderung  an  die  Qualifikation  der 
Sozialarbeiter  unter  der  Spannung,  Sozialarbeiter  zu  produzieren, 
welche  einerseits  den  administrate  vorgegebenen  Rahmen  ihrer  Arbeit, 
d.h.  auch  deren  Zielsetzungen  weder  hinterfragen  noch  in  ihrer  Pra- 
xis zu  durchbrechen,  andererseits  jedoch  innerhalb  dieses  Rahmens 
ein  HbchstmaB  an  Eigenaktivita't  und  "Selbststandigkeit"  entwickeln. 
So  fordert  die  Bundesvereinigung  der  kommunalen  Spitzenverbande 
einerseits,  die  Sozialarbeiter  ha'tten  "in  ihren  Zielen  die  verfassungs- 
ma'Bige  Ordnung  und  die  gesell schaftliche  Wirklichkeit  in  der  Bundes- 
republik  (zu  achten)",  wie  ihrem  Dienstherrn  gegeniiber  absolute  Loya- 
list zu  beweisen.  Andererseits  bema'ngeln  sie  die  Unselbstandigkeit 
und  die  "Angst  vor  der  praktischen  Arbeit"  vieler  Berufspraktikanten, 
sie  "verursachten  in  ihrer  Behbrde  oder  in  ihrem  Arbeitsfeld  Kon- 
flikte,  statt  sie  zu  lb'sen;  (...)  Ziel  der  Ausbildung  muB  ein  So- 
zialarbeiter sein,  der  den  ihm  in  der  Praxis  gestellten  vielfaltigen 
Aufgaben  fachlich  und  von  seiner  persbnl ichen  Haltung  her  gewachsen 
ist."  (19)  Wichtig  ist,  daB  die  Sozialarbeiter  "gegebenen  Spielraum" 
ausf'ullen,  und  das  heiBt  unter  anderem,  daB  sie  "sicher  auftreten" 
kbnnen,  Initiativen  im  Betriebsinteresse  entfalten,  in  bestimmtem 
Rahmen  Entscheidungen  treffen  kbnnen.  Sie  mlissen  die  Ziele  des  Be- 
triebes  "internal isiert  haben  und  auf  die  Entscheidungssituation 
Ubertragen  kbnnen."  (20)Man  kbnnte  auch  sagen:  "Gewiinscht  ist  weder 
der  Dummgehaltene  noch  der  Denkende,  gewiinscht  ist  der  mitdenkende 
Arbeiter."  (21) 


Ist  "funktionale  Autonomie"  in  sich  schon  ein  Widerspruch,  so  kolli- 
diert  sie  erst  recht  mit  der  Notwendigkeit  einer  technokratischen 
Hochschulreform,  wie  sie  im  ersten  Teil  des  Aufsatzes  skizziert  wird. 
So  wird  die  Vermittlung  instrumentel  ler  Fertigkeiten,  wie  sie  die 
Prufungsordnung  im  Blick  auf  die  Erfordernisse  der  Praxis  intendiert, 
verunmbglicht  durch  die  geforderte  Quantifizierung,  Segmentierung 
und  Operational isierung  der  Studieninhal te,  welche  keine  (Sinn-Zu- 
sammenhange)  mehr  entstehen  la'Bt,  sondern  nur  noch  eine  Anhaufung 
unvermittelt  nebeneinander  stehender  Stoffquanten,  die  kein  quali- 
tatives  Ganzes  mehr  ergeben  und  sich  allenfalls  vol  Tig  abstrakt 
unter  dem  Titel  "Sozialwesen"  zusammenwlirfeln  lassen.  So  wird  Ver- 
mittlung relativer  bzw.  funktionaler  Autonomie  verunmbglicht  durch 
die  rigide,  starre  Verschulung  des  Studiums,  welches  ein  Organisa- 
tionssystem  entstehen  la'Bt,  welches  den  angestrebten  Vernal tensdis- 
positionen  und  der  Eigenaktivitat  genau  zuwiderlauft.  Falls  darunter 
mehr  zu  verstehen  ist  als  "selbstandiges"  Pauken  fur  Prlifungen  und 
individuelles  Bestehen  der  Konkurrenz,  wird  der  Student  kaum  dazu 
in  der  Lage  sein. 

Nicht  die  permanente  Betonung  einer  sich  scheinbar  unumstbBlich 
durchsetzenden  Rational  itat  im  Ausbildungssystem  flihrt  systemvera'n- 
dernde  Praxis  weiter,  sondern  das  Ansetzen  an  solchen  sich  in  der 
Studienreform  zeigenden  Widerspruchen.  Geht  es  mit  der  gegenwartigen 
Reform  des  Studiums  m'cht  nur  urn  repressive  Anpassungsprozesse,  son- 
dern auch  urn  -  in  der  Notwendigkeit  beruflicher  Praxis  begrlindete  - 
Autonomie,  so  ware  in  Blick  auf  die  hochschulpolitische  Arbeit  zu 
fragen,  wie  an  solchen  Widerspruchen  anzusetzen  ist.  Wie  etwa  die 
Forderung  nach  projektorientiertem  Studium  ansetzen  kann  an  den  in 
der  Prlifungs-  und  Studienordnung  formulierten  Ansprlichen,  wie  wir 
sie  mit  dem  Begriff  "funktionale  Autonomie"  beschrieben  haben. 

3  FACHERSTUDIUM,  WISSENSCHAFTLICHKEIT 
UND  FUNKTION  IN  AUSBILDUNG  UND  BERUF 

Zwei  Fragen  stehen  im  Mittelpunkt: 

•  Inwieweit  liegt  die  Dominanz  der  Einzeldisziplinen  begrundet  in 
dem  Zustand  der  blirgerl  ichen  Wissenschaft? 

•  Inwieweit  erfordert  die  Erflillung  der  Sozialarbeiter-Funktion  ge- 
rade  dieses  Studium  von  Einzeldisziplinen? 

Dabei  ist  festzustellen,  daB  ausgenommen  der  Fa'cher  Verwaltung,  Or- 
ganisation, Methoden  und  Sozialmedizin  die  einzelnen  Disziplinen 
unter  den  Begriff  der  GEistes-  bzw.  Gesell schafts-  und  Sozialwissen- 
schaften  zu  fassen  sind,  und  weiterhin  mit  dem  Facherkatalog  eine 
differenziertere  und  "umfassendere"  Ausbildung  angestrebt  wird.  (22) 

3.1.  Differenzierung  der  Wissenschaft  in  Spezialdisziplinen  und 
deren  Funktion 

Mit  der  Entwicklung  der  Produktivkrafte  im  Kapitalismus  geht  die 
Entfaltung  seiner  Widerspruche  einher  und  nicht  nur  auf  der  Ebene 
der  Produktion  (Krisen,  umwel tzerstbrende  Industrie,  verscharfte  Ar- 
beitsbedingungen,  extreme  Arbeitsteilung  etc.),  sondern  auf  alien 
Ebenen  der  menschl ichen  Existenz  (dauernde  Not  der  Arbeiter-Familien, 
Entfremdung  und  Vereinzelung  innerhalb  der  sozialen  Beziehungen). 


-  8  - 


"Die  Akkumulation  von  Reichtum  auf  dem  einen  Pol   ist  also  zugleich 
Akkumulation  von  Elend,  Arbeitsqual.  Sklaverei,  Unwissenheit     Bruta- 
lisierunq  und  moralische  Degradation  auf  dem  Gegenpol,   ...     \") 
Das  verstarkte  Auftreten  von  materieller  Not  und  psychosozialem  Elend 
in  den  vielfaltigsten  Erscheinungsformen  kennzeicnnet  heute  die 
entwicke  ten  kapitalistischen  Industriestaaten.    (24    Diese  sind  nicht 
mehr  in  der  Lage,  ihre  geschaffenen  WidersprUche  und  Probleme  und 
die  dadurch  provozierten  sozialen  Konflikte  mit  rein  cantatiyen, 
SizinisThen?polizeilichen  und  ideologischen  Mitteln  zu  bewaltigen. 

Hier  stellt  sich  die  Aufgabe  an  die  Wissehschaft,  das  vorhandene 
Instrumeniarium  zur  Konfliktfruherkennung  und  Regelung,  ideo  ognscher 
Manipulation  und  Verschleierung  zu  verfeinern  bzw.  ?"  f^S     s^'hS 
bei  hat  sie  nicht  wirklich  Ursachenforschung     zu  betre  ben     Sie  hat 
vielmehr  MiBstande  auf  der  Ebene  ihrer  spezifischen  ^swirkungen  be 
zliqlich  der  betroffenen  sozialen  Gruppen  und  Individuen  irnt  ihrem  wis 
se'nschaftlichen  Apparat  festzustellen  und  in  dlastn  Grenzen  zu  ana- 
lysieren  (25)  Dieser  Aufgabe  versucht  sie  gerecht    zu  werden  durcn 
£er  weUere  Differenzierung  innerhalb  der  trad  tionellen     inzel- 
wissenschaften  (denke  man  nur  mal  an  die  vielen  Richtungen  und   ineo 
•rtSTKKK  der  Psychologie),  sowie  durch  Einr  chtung  von jmer 
mehr  Soezialdiszipl inen  (z.B.   Sozialmedizin,  welche  bereits  wieaer 
Tn  sich      fferenziert  ist).  Diese  erfassen  die  Auswirkungen  gesamtge- 
el       SaflfSr  Widerspru'che,  indem  sie  sich  auf  einzelne  Phanomene 
beziehen,  lediglich  begrenzt  und  damit  unzulanglich  und  falscn  aur 
d"  Ebene  von  oVflachenerscheinungen   (z.B.  wird.der    ^menhang 
von  Neurosen  und  entfremdeten  ProduktionsprozeB  nicht  erkannt). 

In  diesem  ProzeB  der  "Verwissenschaftlichung"  hat  sich  die  Funktion 
5er     ogena     ?en  Geisteswissenschaften  ver'andert,  die  sich  zunehmend 
die  Regelung  der  Verkehrsformen  der  Menschen  in  der  burgerlichen  Ge- 
sellschaft  zu  ihrem  Forschungsgegenstand  macht.  Sie  hat  also  nicht 
mehr  rein  Theorie-Erklarungsmodelle  zu  entwickeln,      e  ^rschaft 
und  Ausbeutung  ideologisch  absichern   (Legitimationsfunktion),  son 
dern  auch  Rezepte,  Handlungsmodelle     Interventionsstrate en  U .a 
snyiaitprhnokratischer  Art  zu  entwerfen.  Sozialtecnnokratiscn  des 
ha  lb    weil  durch  die  Srientierung  auf  die  Behandlung  von  Einzelsymp- 
tomen.  sowie  durch  positivistisches  analytisches  Vorgehen    welches 
eln    Zustand,  eine  Situation,  einen  ProzeB  lediglich  beschreibend 
festhalt  und  nicht  in  seinen  inneren  Wesenszusanmenhangen  erforscht 
zwangslaufig  mit  dem  Forschungs-  und  Behandlungsgegenstand,  also  dem 
Menschen,  verfahren  werden  muB  wie  mit  einem  naturwissenschaft  ichen 
Geoenstand     Bei   dieser  empirisch-analytischen  Vorgehensweise  wird 
SS«SSt,  daB  Behandlungsmethoden  fur  die  betreffende  Sruppe  und 
das  Individuum  abzuleiten  waren,  welche  in  der  Lage  sind,  Jie  oesw 
henden  Konflikte  zu  Ibsen.  Indem  sie  von  den  gesellschaf til cnen, 
bkonomischen  und  sozialen  Bedingungen,  in  denen  sich  Menschen  betin- 
den  und  Konflikte  abspielen,  abstrahiert,  kann  sie  Probleme  ledig- 
lich technokratisch  sehen  bzw.   nicht  zu  einer  grundl egenden  Losung 
beitraqen.  Dies  Vorgehen  und  BewuStsein  liegt  alien  burgerlichen  psy 
chologischen,  padagogischen,  soziologischen  Modellen  zugrunde  und 
ist  speziell   in  solchen  Fachern  wie  Psychopathologie  und  Psychothera 
Die  nachzuvoll Ziehen.  Genau  dies  Verstandnis  von  Wissenschaft,  diese 


Soezifierzung,  Individualisierung,  Technokratisierung  und  Begrenzt- 
heit  findet  in  der  Sozialwesen-Ausbildungs-'Veform"  ihren  Niederschl 


ag. 


-  lo 


Ausgestattet  mit  solch  sozial technischem  Wissen  und  daraus  abgelei- 
teten  wissenschaftlichen  technokratischen  Methoden  soil  der  Sozial- 
arbeiter  in  der  Lage  sein,  soziale  Probleme  zu  bewaltigen.  Der  Ver- 
such,  gesellschaftliche  Probleme  durch  Spezialisierung  zu  erfassen, 
ist  nicht  eine  Besonderheit  von  auf  soziale  Probleme  gerichtete 
Wissenschaft.  Er  ist  vielmehr  burgerlicher  Wissenschaft  von  Anbeginn 
immanent.  Denn  wlirde  sie  nicht  beim  Beschreiben  und  dem  so  begrenz- 
ten  Kurieren  von  Oberflachenphanomenen  stehen  bleiben,  sondern  ver- 
suchen,  gesellschaftliche  Realitat  in  ihrer  Gesamtheit,  also  ihren 
ursachlichen  Bedingungszusammenhangen  zu  erfassen,  muBte  sie  notwen- 
dig  und  in  letzter  Konsequenz  die  kapital'istische  Produktionsweise/ 
die  blirgerliche  Gesellschaft  infrage  stellen  und  daraus  gesellschafts- 
verandernde  Praxis  ableiten.  Dies  aber  kann  und  darf  sie  nicht,  ist 
sie  doch  auf  die  Notwendigkeit  festgeschrieben  und  aus  dieser  ent- 
standen,  gerade  die  aus  dem  Kapitalismus  entstehenden  unmenschl ichen 
existenzbedrohenden  Lebensverhal tnisse  und  Ausbeutungsmethoden  zu 
rechtfertigen,  zu  verschleiern  und  sie  damit  als  naturgegeben  festzu- 
schreiben.  In  diesem  Kontext  ist  auch  die  Funktion  der  bestehenden 
Einzeldisziplinen,  die  die  Sozialwesen-Ausbildung  beherrschen,  zu 
begreifen;  die  Zersplitterung  in  verschiedene  Facher,  wie  deren 
jeweilige  Inhalte. 


3.2.  Auswirkung  auf  die  Sozialwesen-Ausbildung 


Die  Sozialarbeit  bezieht  nun  ihre  Existenznotwendigkeit  und  Arbeits- 
aufgaben  aus  dem  genannten  Widerspruch  von  privatem  Reichtum  und  ge- 
sellschaftlicher  Armut  und  dessen  sozialen  und  politischen  Auswirkun- 
gen. Ihre  Funktion  -  hier  kurz  skizziert  -  ist  die  krassesten  Auswir- 
kungen materieller  und  psychosozialer  Not  zu  mildern  und  damit  den 
"Sozialstaat"  zu  legitimieren,  Deklassierungsprozesse  innerhalb  der 
Arbeiterklasse  aufzuhalten  und  Ausgeflippte  in  die  Gesellschaft  bzw. 
den  ProduktionsprozeB  wieder  einzugliedern  (Resozialisation),  sowie 
praventiv  tatig  zu  sein  bezuglich  dem  organisierten  Kampf  der  Ar- 
beiterklasse gegen  das  Elend  des  Kapitalismus  (betrifft  in  erster 
Linie  Bereiche  der  Sozialisation  und  Bildung),  dabei  hat  sie  die  Pro- 
bleme zu  individualisieren  und  zu  pathologisieren  (nicht  die  Ge- 
sellschaft krankt,  sondern  das  Individuum).  (26) 
Ihre  Bedeutung  fUr  das  reibungslose  Funktionieren  der  Ausbeutungs- 
verhaltnisse  hat  sich  mit  der  verstarkten  Krisenanfalligkeit  des 
BRD-Kapitals  in  den  letzten  10  Jahren  stark  erhbht,  so  wie  sich  ih- 
re Aufgabenbereiche  gewandelt  bzw.  erweitert  und  differenziert  haben. 
Die  Umwandlung  der  Fachschulen  in  Fachhochschulen  und  dem  damit  ver- 
bundenen  Anspruch  von  Wissenschaftlichkeit  begriindet  sich  aus  dieser 
Entwicklung  und  den  daraus  resultierenden  Neu-  und  Hbheranforderun- 
gen  an  die  Qualification  des  Sozial arbeiters.  Eine  eigenstandige 
Theorie/wissenschaftliche  Disziplin  der  Sozialarbeit  ist  bisher  nicht 
entwickelt  worden  und  steht  auch  sehr  in  Frage,  da  die  halbakademi- 
schen  Fachhochschulausbildungsgange  Arbeitskrafte  zu  qualifizieren 
haben,  die  im  Produktions-  oder  Reproduktionsbereich  nicht  entwickeln, 
forschen  und  grSBere  Verantwortungsbereiche  verwalten  sollen,  son- 
dern in  erster  Linie  auszufUhren  haben,  d.h.  auf  der  Grundlage  von 
vorhandenem  weitgefachertem  und/oder  spezialisiertem  Wissen  "Rezepte" 
konkret  anzuwenden. 


Di 


esen  Zustand  innerhalb  der  Sozialwesen-Ausbildung  zu  vera'ndern,  wie 


-  11  - 


zum  Bei spiel  durch  den  Versuch  eines  Pro jektstudi urns,  welches  ge- 
sellschaftliche  Ursachenforschung  und  problemfeldbezogene  Theone- 
arbeit  bzw.. -rentwlcklung  notwendig  einbeziehen  muB,  Jiegt  mcht  im 
Interesse  einer  herrschaftssichernden  Sozialarbeit.  Handel t  es  sich 
bei   Sozialarbei tern  doch  nicht  um  privi legierte  zur  burgerl   chen  Eli- 
te gehbrende  "Kopfarbei ter",  sondern  um     Rezeptanwender   ,  die  im 
argsten  Dreck  des  "Sozialstaates"  derart  zu  wuhlen  haben,  daB  Sie 
inn  auch  noch  als  solchen  legitimieren.  Dies  setzt  voraus,  daB  sie 
derAusb  Idung  dermaBen  zugerichtet  (verblbdet    worden  sind     um 
selbst  noch  an  die  Existenz  oder  zumindest  W9lichk.lt  eines  sozia- 
len  Kapitalismus  zu  glauben.   Das  Ziel  der  administration  Durch 
setzung  des  Facherstudiums  ist  es  unter  anderem.die  Erkenntn  smog 
licnkeit  der  Studenten  von     poli tbkonomischen  Verbal tmssenund 
W  derspriicnen  in  burgerl  icher  Theorie  und  Praxis  weitgehends  zu 
verhindern    wie  den  Versuch, spa ter  als  Sozialarbei ter  statt  anpas 
2K  zu  wirken.  loW  sich  die  Sozialwesen-Aus    Idu  g 
aus  den  Resultaten  einer  Masse  von  Einzel  disziplinen  von  denen  ange 
nommen  wird,  daB  sie  irgendwie  was  mit  Sozialarbeit  zu  tun  haben     In 
der  PrLifungs-  und  Studienordnung  formuliert  man  da     in  der  Behaup 
tung,  "Das  Facherstudium  (Die  Fachprufung)  erstreckt  (er^cken) 
sich  auf  die  fur  den  jeweiligen  Studiengang  relevanten  Gebiete  fol 
gender  Fa'cher:. . ."   (27) 

Was  nun  relevant  ist,  bestimmt  nicht  etwa  die  p™*^'  ^J^tudien- 
einzelne  Fachdozent  oder  wird  administrate  festgelegt  durch  btudien 
verlalfsp  Sne,  die  kritische  Vorstellungen  von  Studentensei te  aus- 
sch  ieBen     Wi   senschaftlichkeit  wird  dabei   gleichgesetztnnt  Fach- 
„      e  fund  je  hbher  deren  Quantitat   (mehr  Spezialdiszip  inen     St  off 
und  Abfragewissen)  desto  wissenschaftlicher,  desto    qualifizierter. 
Entsorechind  antwortete  Wissenschaftsminister  Rau  auf  unsere  Argu- 
mentation fUrein  Projektstudium  sinngema'B:  Meinetwegen.erkan.pfen 
s  solch  wissenschaftlich  mangelhaftes  Studium    be klagen  sie 

^ich  nur  nicht,  wenn  sie  dann  keine  Anstellung  finden  (!).  Dieser 

r        1  St  won     einerseits  die  benannte  Vorstellung  von  Wissen- 
KSffichkSt  zugrunde,  wie  andererseits  die  Able hnung  einer  ver- 
tiefenden  Ausbildung  durch  die  Schwerpunktlegung  auf  ein  Projekt. 
Die  in  Projektstudium  angelegte  Form  des     exemplar     chen  Lernens 
wird  von  dieser  Seite  dann  entsprechend  als  "Spezialisierung     diT 
famiert;  denn  die  Spitzenverbande  fordern  "eine  groBe  Verwendungs- 
bre  te"  fur  die  Waren  Sozialarbei ter.  "Berufsanfanger  ohne  breite 
Einsatzmbglichkeit  laufen  Gefahr,  daB  sie  nur  einen  sehr  engen  Ein- 
stiea  in  de  Praxis  finden."  "Eine  Spezialisierung  sollte  grundsatz- 
lich  eine  durch  Pflichtpriifungen  belegte  breite  Grundausbi ldung  zur 
Voraussetzung  haben..."   (28). 

Die  SuBerunqen  der  Spiztenverbande  sind  nicht  immer  so  eindeutig 
rat  den  Vorstellungen  des  Wissenschaftsministers  gleichzusetzen 
7so  in  der  Frage  der  Trennung  von  Sozialarbeit  und  Sozia  pada- 

aoQik'oder  der  der  "wissenschaftlichen"  Ausbildung).  Dies  erkl art 
s?ch  daraus,  daB  die  subjektiven  Interessen  der  Berufsverbande  nicht 
durchgangig  den  objektiven  Notwendigkeiten  der  Sozialwesenausbi  dung 
entsprechen.  Denn  ware  dies  der  Fall,  so  ware  es  unnotig,  Ausbildung 
in  einem  vom  ArbeitsprozeB  abgetrennten  Bereich  zu  organisieren,  wie 
es  die  Hochschule  ist.  Festzuhalten  bleibt;  Ebenso  wie  in  der  Berufs- 
praxis  auf  die  erhbhten  Anforderungen  an  die  Sozialarbeit  nicht  mit 


-  12 


qualitativen  Veranderungen,  sondern  mit  Erhbhung  der  Effizienz  von 
MaBnahmen  (Rationalisierung,  erhbhte  Fallzahlen,  Leistungssteige- 
rung  durch  Befdrderungsanreize)  reagiert  wird,  glaubt  man, die  Aus- 
bildung mit  technokratischen,  formal istischen  und  quantiativen  Ver- 
anderungen in  den  Griff  zu  bekommen.  Dies  verbirgt  sich  hinter  den 
Schlagwbrtern  von  "Professionalisierung"  und  "Verwissenschaftlichung" 
der  Sozialarbeit  (Verbesserung  von  Interventionsstrategien  durch 
Entwicklung  von  rationelleren  Methoden).  DaB  dabei  soziale  Probleme 
und  Menschen  in  Einzelaspekte  zerstu'ckelt  werden,  geht  diesen  "Re- 
formern"  und  "Fachleuten"  nicht  in  den  Kopf,  erst  recht  nicht  in 
ihre  toten  Sinne.  So  funktional  diese  frdgmentarische  Ausbildung  auf 
der  einen  Seite  auch  sein  mag,  so  ist  sie  doch  andererseits  fiir  die 
Systemsicherung  unzureichend.  Denn  in  der  Praxis  stellen  sich  die 
Probleme  nicht  nur  ausschnittsweise,  sondern  ebenso  auch  als  kom- 
plexe,  den  "ganzen"  Menschen,  eine  Klasse  und  den  gesamten  sozia- 
len,  politischen  und  bkonomischen  Lebensbereich  der  Gesellschaft 
umfassend.  Demzufolge  muB  auch  der  Sozialarbei ter  eine  Ahnung  ha- 
ben von  umfassenderen  sozialen  Erscheinungen,  um  "angemessen"  da- 
rauf  reagieren  zu  kbnnen.  Auf  diesen  Widerspruch  innerhalb  der 
Ausbildungsanforderungen  sind  wir  bereits  in  Teil  2  eingegangen. 
Hier  zeigt  er  sich  in  den  gleichzeitig  vorhandenen  Anspruchen  von 
umfangreichem  Fachwissen  und  fa'cherubergreifendem  Wissen.  Die  Ziel - 
formulierungen  in  PrLifungs-  und  Studienordnung,  wie  Interdiszipli- 
narita't, Fa'cherintegration,  Anwendung  auf  Probleme  der  Sozialarbeit/ 
Sozialpadagogik  deutet  auf  die  Erkenntnis  von  derartigen  Notwendig- 
keiten hin.  Wie  sich  diese  Widerspruche  innerhalb  der  Ausbildung  dar- 
stellen,  wollen  wir  im  folgenden  an  einigen  Beispielen  ausfiihren. 

Interdisziplinarita't 

Nach  dem  pluralistischen  Verstandnis  werden  jeder  Wissenschaft  und 
jedem  theoretischen  Ansatz  innerhalb  der  einzelnen  Disziplinen  eige- 
ne  Modelle  der  Erkla'rung  von  Problemen  zugebi 11 igt,  die  aneinander- 
qereiht  das  Ganze  ergeben,  wobei  jede  ihre  Fachautonomie  bewahren 
will/kann/soll.  Dabei  kbnnen  die  Analysen/Theorien/Ergebnisse  von 
derartigen  Disziplinen  durchaus  sehr  widerspruchlich  sein,  solange 
sie  im  Endeffekt  zur  Stabi lisierung  der  bestehenden  gesellschaftli- 
chen  Verhaltnisse  beitragen.  Dazu  ist  gerade  die  Trennung  in  Einzel- 
wissenschaften  erforderlich,  die  soziale  Wirklichkeit  von  Menschen 
und  Verhaltnissen  in  daflir  zustandige  Fa'cher  zerlegen.  Da  zudem  je- 
der Fachvertreter  "seine"  Wissenschaft  und  "seine"  Methode  fur  die 
einzig  wahre  halt,  kann  unter  diesen  Bedingungen  von  Wissenschaft 
im  allgemeinen  und  der  PrLifungs-  und  Studienordnung  im  besonderen 
Interdisziplinarita't  oder  wie  die  Prufungsordnung  formuliert  "fa- 
cheriibergreifendes  w-jssen"  nicht  mehr  bedeuten  wie  Aneinanderreihen 
von  Erkla'rungs-  und  Handlungsmodellen  der  verschiedenen  Disziplinen 
zu  einem  bestimmten  Problem,  wobei  diese  Reihe  nur  addiert  werden 
braucht,  die  Summe  daraus  das  Rezept  ergibt.  Meist  sagt  dieses  auch 

•cnt  mehr  aus,  als  ha'tte  man  der  Reihe  nach  die  Fachvorlesungen 
besucht.  Mit  diesem  Fa'chersalat  werden  wir  dann  in  PrLifungs-  und  Be- 
rufspraxis  geschickt.  Auch  ein  noch  so  fortschrittl icher  Fachver- 
treter kann  die  beschriebenen  Grenzen  nicht  uberspringen.  Fraglich 
ist  ob,  mit  diesem  unzusammenhangenden  bruchst'u'ckhaftem  Wissen  aus- 
aestattet,  der  Student  in  der  Lage  ist,  diese  "erworbenen  Kenntm's- 
se  und  Fahigkeiten  auf  das  Berufsfeld  Sozialarbeit/Sozialpadagogik 

-  13  - 


zu  beziehen"   (29),  geschweige  denn  als  fur  die  berufliche  Praxis 
bedeutend  zur  Losung  konkreter  sozialarbeiterischer  Probleme  nutz- 
bar  zu  machen.  Wie  soil   im  ubrigen  der  Student  interdisziplinare  Lei- 
stungen  erbringen,  wenn  dies  bisher  kaum  einraal   von  den  Einzelwis- 
senschaftlern  geleistet  worden  ist  und  nun  nicht  einmal  mehr  von 
ihnen  gefordert  werden  kann. 

Theorie/Praxi  s-Verhal  tni  s 

Gesellschaftliche  Praxis,  die  sowohl   die  Produktion  meterieller  Gu- 
ter,  wie  die  der  menschlichen  Lebensverhaltnisse  und  Verkehrsformen 
insgesamt  umfaBt,  stellt  nowendig  Anforderungen  an  die  Wissenschaft. 
Wissenschaft  steht  im  Kapitalismus  aber  nicht  im  Dienste  der  Verbes- 
serung  menschlichen  Daseins.  Vielmehr  bezieht  sie  sich  reaktiv  auf 
die  sich  anarchisch  entwickelnde  Produktion  und  deren  negative  Aus- 
wuchse.  Das  Verhaltnis  von  Theorie  und  Praxis  bzw.   Studium  und  Be- 
ruf  entspringt  diesem  verkehrten  Verhaltnis  von  Wissenschaft  und 
Gesellschaft,  welches  unter  diesen  Bedingungen  kein  dial ektisches, 
sondern  notwendig  ein  falsches  jeweils  einseitiges  sein  kann.   Ent- 
sprechend  wird  Praxiserfahrung  innerhalb  einer  vorrangig  theoretisch 
bestimmten  Ausbildung  zum  Sozialarbeiter,  dessen  Beruf  aber  hand- 
lungsorientiert  ist,  zwar  von  "unseren  Bildungsrefortnern"  als  erfor- 
derlich  erkannt,  dient  aber  gerade  nicht  der  besseren  Erkenntnis  von 
Problemen  und  MiBstanden,  sondern  lediglich  dem  Vertrautmachen  mit 
diesen  MiBstanden,  die  die  unabanderl  iche  berufliche  Realitat  aus- 
machen.  Ausschnittsweise  Praxiserfahrung  steht  der  Theorie  unvermit- 
telt  als  Block  gegeniiber,  denn  Praxis  darf  nicht  in  einem  systema- 
tischen  Zusammenhang  zur  theoretischen  Ausbildung  gestellt  werden. 
Das  Projektstudium  bildet  eine  Gefahr,  weil  fruhzeitig  der  Wider- 
spruch  zwischen  sozialer  Realitat  und  den  "wissenschaft! ichen"  Er- 
kla'rungsmodellen  offensichtlich  werden  kbnnte  (spater  im  Beruf, 
falls  nicht  bereits  durch  die  richtige  Zurichtung  in  der  Ausbildung 
dazu  unfahig  gemacht,  ist  diese  Erkenntnis  nicht  mehr  so  von  Be- ■ 
deu'tung,  da  man  dort  all  ein  sehen  muB,  mit  dem  Rrgsten  zurande  zu 
kommen,  das  erdrlickt  schon  genug).   Der  Versuch  von  Hochschulseite, 
einen  Teil  des  abzuleistenden  Praktikums  in  die  Schwerpunkt-  bzw. 
Projektphase  zu  integrieren,  wurde  vom  Wissenschaftsminister  abge- 
wiirgt.    (30)  Ferner  kb'nnten  Fragen  nach  richtigen,  die  Realitat  auf- 
deckenden  Erklarungen,  wie  nach  grundsa'tzlicheren  Losungsmbgl  ich- 
keiten  in  einer  Kritik  und  in  AnsprLiche  an  die  Ausbildung  mlinden, 
die  sie  nicht  aufnehmen  kann  und  darf.   Praxiserfahrung  an  sich 
reicht  nicht  aus,   urn  damit  sowohl   Rolle  und  Funktion  der  Sozialar- 
beit  hinterfragen  zu  kbnnen,  wie  das,  was  einem  an  der  Hochschule 
als   "wissenschaftliche  Ausbildung"   verkauft  wird.   Sie  wirkt  in  die- 
ser  Form  eher  als  zusatzliche  Belastung,  der  man  allein  und  relativ 
hilflos  ausgeliefert  ist,  da  sie  notwendig  unverarbeitet  und  re- 
flektiert  bleibt.  Dies  wirkt  angsterregend  und  produziert  Unfa'hig- 
keitsgefiihle,  die  statt  zur  Kritik  an  bestimmten  Theorien  zu  einer 
allgemeinen  Theoriefeindlichkeit  fiihren  kbnnen.  Dem  Student  wird 
durch  die  Vorrangigkeit  des  fachlichen  Lernens  und  der  Fachprufun- 
gen,  wie  der  gesamten  Studienorganisation  kaum  die  Moglichkeit  ge- 
geben,  seine  Praxisprobleme  und  -erfahrungen  als  Bediirfnisse  und 
Impulse  in  die  Hochschulausbildung  einzubringen.  Und  wenn,  beschrankt 
sich  dies  in  der  Regel  auf  die  Fa'cher  Recht  und  Methoden,  die  das 
unerla'BlicheHandwerkszeug  der  Sozialarbeit  darstellen. 

-  14  - 


Verhaltnis  Methoden  und  Praxis  bzw.  Methoden  und  Einzelwissenschaften 

Die  Methoden  der  Sozialarbeit  erscheinen,  was  ihre  Inhalte  betrifft, 
wie  die  Form  in  der  sie  vermittelt  werden,  als  von  ihren  Hintergrlin- 
den  und  Implikationen  abgetrennte  neutrale  und  objektiv  erforderli- 
che  Fertigkeiten  des  Sozialarbeiters,  die  demzufolge  in  der  Praxis 
dann  ihre  technokratische  Anwendung  finden.  Sie  werden  in  der  Prii- 
fungsordnung  als  ein  selbstandiges  Fach  gleichrangig  neben  anderen 
aufgefUhrt,  als  waren  sie  selbst  schon  Disziplin  fur  sich  und  nicht 
abzuleiten  aus  den  Theorien  und  der  Ideologie  bestimmter  Einzelwis- 
senschaften. Sie  bilden  als  Handlungswissen,  neben  den  Fachern  mit 
der  Intention  konkret  verfugbares  Wissen  zu  vermitteln,  also  Recht 
und  Verwaltung,  einen  dritten  Block,  angesiedelt  zwischen  Theorie 
und  Praxis.  Dieser  Block  gewinnt,  wie  allgemein  als  Tendenz  inner- 
halb von  Forschung  und  Lehre  zu  verzeichnen  ist,  zunehmend  an  Bedeu- 
tung,  nicht  zuletzt  aufgrund  der  Unmbglichkeit.aus  mit  einer  Summe 
von  Fachwissen  vollgestopften  Studenten  handlungsfahige  Sozialarbei- 
ter zu  machen.  So  schreiben  die  Spitzenverbande:  "Unumga'ngl  ich  sind 
auf  die  Praxis  ausgerichtete  Lehrpla'ne  und  die  Einschrankung  der  an 
vielen  Fachhochschulen  zu  weitgehenden  Wahlfreiheit.  Zu  fordern  sind 
gediegene  Kenntnisse  mit  Prufungspfl  icht  in  den  fundamentalen  und 
in  der  Praxis  unverzichtbaren  Basisfachern.  Zu  diesen  za'hlen  auf  je- 
den  Fall  die  nachstehenden  Fa'cher,  die  heute  in  zahlreichen  Fachhoch- 
schulen vernachlassigt  werden:"  Es  folgen  dann  verschiedene  Rechts- 
fa'cher,  Verwaltungskunde  und  Gesundheitshilfe.  (31) 

Die  Methoden  und  Recht-  und  Verwaltungslehre  werden  wohl  zukunftig 
den  Raum  ausfullen,  den  ehemals  das  Projektstudium  eingenommen  hat. 
So  seltsam  es  aber  klingen  mag:  dieses  formal  und  zerstuckelt  aufge- 
baute  Studium  erscheint  zur  Zeit  als  eine  "gute"  (!)  Voraussetzung 
zur  Funktionserfullung  der  Sozialarbeit,  gerade  wegen  der  Atomisie- 
rung  von  Ausbildungsinhalten.  "Die  Verwendung  isolierter  Teilstucke 
zur  Beurteilung  des  Klienten  spiegelt  die  in  der  Ausbildung  zum 
Sozialarbeiter  erfahrene  parzellierte  Vermittlung  von  Ausschnitten 
einzelner,  nicht  aufeinander  bezogener  Teildisziplinen  (...)  wider. 
Eine  solche  Ausbildung  befahigt  den  Sozialarbeiter  ausschlieBlich 
zur  Behandlung  einzelner  Problembereiche,  deren  Stellenwert  im  Le- 
benszusammenhang  des  Klienten  nicht  erkannt  werden  diirfte  .  'Die  Aust 
schmi tthaftigkeit  ist  nicht  allein  mit  dem  Hinweis  auf  methodologi- 
sche  Sachzwange  zu  rechtfertigen  oder  mit  dem  Hinweis  auf  die  Ar- 
beitsteilung  der  Wissenschaft.  Die  Ausschnitte  werden  vielmehr  unver- 
sehens  zu  verselbstandigten  Gedankengebilden,  werden  oft  wie  voll- 
standige  und  gultige  Modelle  behandelt  und  fixieren  sich  zu  Vorein- 
genommenheiten.  Sie  sind  nicht  zufallig,  sie  zeigen  ihre  massive  Be- 
frachtung  mit  biirgerlicher  Ideologie,  sie  sind  selber  gesellschaft- 
lich  gepragte  Erscheinungen  unserer  'Geistes1-  bzw.  Sozialwissen- 
schaft."1  (32) 

Mit  dem  Erkennen  der  Rolle  und  Funktion,  die  Sozialarbeit  derzeit 
hat  wird  es  moglich,  den  Zusammenhang  von  Ausbildungsform  (Fa'cher- 
studium)  und  Inhalt  des  jeweiligen  Faches  (Symptomerfassung  beim 
kranken  Individuum),  wie  den  von  Handlungswissen  (Methoden,  Recht  und 
Verwaltungskenntnisse)  und  ideologischem  Legitimationswissen  (biir- 
aerliche  Gesellschaftstheorie)  zu  erkennen,  sowie  den  uber  diese 
Ausbildungsreform  vermittelten  Zweck  der  "Professionalisierung"  der 

-  15  - 


dk. 


Sozialarbeit.  Diese  ist  nicht  trennbar  von  dem  Bestreben  beim  Stu- 
denten  bzw.  Sozialarbeiter  ein  BewuBtsein  zu  bilden,  welches  ein 
klinisches  Versta'ndnis  von  sozialer  Arbeit  zugrunde  liegt.  (33)  Die 
Einbildung  im  Besitz  von  "wissenschaftlichem  Wissen"  und  "wissen- 
schaftlich"  begriindeten  Methoden  zu  sein,  erzeugt  ein  noch  weiter 
entfremdetes  Verhaltnis  von  Sozialarbeiter  und  Betroffenem,  und  zwar 
dem  gleich  eines  Kranken  und  eines  akademisch/fachlich  zur  Behand- 
lung  Qualifiziertem.  Dies  soil  einerseits  mbgliche  Solidansierungs- 
prozesse,  wie  Erkennen  der  eigenen  Lohnarbeitersituation  verhindern 
und  andererseits  die  Loyal i tat  des  Sozialarbeiters  der  bestehenden 
Ordnung  gegeniiber  bestarken,  indem  ihm  vorgegaukelt  wird,  nun  auch 
zur  gesellschaftlichen  Elite  zu  gehb'ren. 


4.  ANMERKUNGEN 

(1)     Minister  fur  Wissenschaft  und  Forschung;  Prufungsordnung  fur  die 
Fachrichtung  Sozialwesen  in  Fachhochschulstudiengangen  und  ent- 
sprechenden  Studiengangen  an  Gesarathochschulen  Nordrhein-West- 
falens"  ErlaB  I  A  3  8138.13-;  Dusseldorf  28.2.1975.   Die  in  der 
Einleitung  genannten  §en  und  Zitate  sind  dieser  Prufungsordnung 
entnommen.  .  . 

Damit  ist  die  von  den  Kultusmini  stern  1975  erlassene  einheitli- 
che  Verordnung  zur  Ermittlung  und-Festlegung  der  Kapazitaten 
an  den  einzelnen  Hochschulen  der  Lander  zur  Vergabe  von  Stu- 
dienplatzen  gemeint.   Diese  beruht  auf  dem  BVG-Urteil   vom  18.7.72 
(Entscheidungen  des  BVG,  Bd.  33,  S.  303  ff.). 
Bundesminister  fur  Bildun  g  und  Wissenschaft;   Hochschulranmen- 
gesetz,  Koblenz  Januar  1976 

ebenda,  siehe  insbesondere  die  §en:  §  9  Studienreformkommission, 
§  58  Rechtsstellun  g  der  Hochschule,  §  59  Aufsicht,  §  60  Zusam- 
menwirken  von  Land  und  Hochschule,  §  67  Hochschulentwicklungs- 
plan,  Ausstattungsplane,  §  68  Hochschulgesamtplan,  §  69  Gemein- 
same  Grundsa'tze  der  Planung. 
ebenda,  §  8  Studienreform 

ebenda,  §  28  Widerruf  der  Einschreibung  (bekannt  unter  der  Be- 
zeichnung  Ordnungsrecht);  §  36  Mitgliedschaft;  §  41   Studenten- 
schaft;  sowie  dienstrechtliche  Vorschriften  in  den  §en  42  bis 
57  Wissenschaftliches  und  ku'nstlerisches  Personal,  Tutoren. 
ebenda,  z.B.  Aussagen  zur  Regelstudienzeit  in  §  10  Studiengange 
des  HRG  mit  §  2  Studiendauer  der  P0;  §  7  Ziel  des  Studiums, 
§  8  Studienreform  des  HRG  mit  §  1   Zweck  der  PrLifung  der  PO; 
sowie  die  §en  15  Pru'fungen  und  17  Prlifungsfristen  des  HRG  mit 
der  PO. 

Studienkommission  der  Fachbereiche  1-5  der  Gesamthochschule 
Siegen.  Vorla-fige  Studienordnung  der  Fachrichtung  Sozialwesen, 
Siegen,  den  10.12.1975. 

Minister  flir  Wissenschaft  und  Forschung,  MaBgaben  zur  Studien- 
ordnung der  Fachrichtung  Sozialwesen  an  der  Gesamthochschule 
Siegen  vom  10.12.1975,  ErlaB  -I  A  3-8112. 2/120-,  Dusseldorf, 
den  30.4.1976. 
ebenda 

vgl.  dazu  HRG  §  7  Ziel  des  Studiums,  und  §  22  Aufgaben  der  For- 
schung. 

Schellmuffski,  H.,  Kapiazitatspolitik:  Taylorisierung  der  Hoch- 
schule, in  Diskus-Frankfurter  Studentenzeitung.Heft  3,26,Jahr- 
gang,  April  1976,  S.  31. 


(2) 

(3) 
(41 


(5) 
(6) 


(7) 


(8) 


(10) 
(11) 

(12) 


(13)  Vgl.   Bamme,  A./Holling  E.,  Qualifikation-Sozialisation. 
Zum  Verhaltnis  von  Produktion,  Qualifikation  und  Arbeit  des 
Lehrers,  in:   Pad  Extra  Nr.   2,  Frankfurt/Main  1976,  S.17  ff 

(14)  vgl.  a.a.0.,  S.   25 

(15)  ebenda 

(16)  a.a.0.,  S.   17 

(17)  Vgl.   Bamme/Holling,  welche  von  einer  "relativen  Autonomie" 
sprechen,  a.a.0.,  S.   26 

(18)  Minister  fur  Wissenschaft  und  Forschung,  Prufungsordnung  flir 
die  Fachrichtung  Sozialwesen  in  Fachhochschulstudiengangen  und 
entsprechenden  Studiengangen  an  Gesamthochschulen  Nordrhein- 
Westfalens,  ErlaB  I  A  3  8138.13-,  Dusseldorf  28.2.1975  §  1 
Zweck  der  PrLifung  und  §  8  Fachprufungen. 

(19)  Gesamtvorstand  der  Bundesvereinigung  der  kommunalen  Spitzenver- 
bande,   EntschlieBung  zur  Ausbildung  der  Sozialarbeiter/Sozial- 
padagogen  an  den  Fachhochschulen,  Aktenzeichen  4/31-02,  Kbln 
14.9.1976. 

(20)  Bamme  A./Holling  E.,  a.a.0.,  S.   26 

(21)  Ehlich  K./Hohnha'user  J./Muller  F./Wiehle  D.,  Spa'tkapitalismus- 
Soziolinguistik-Kompensatorische  Spracherziehung,  in  Kursbuch 
24,   Berlin/West  Juni   1971,  S.   36 

(22)  Die  Prufungsordnung  NRW  schreibt  in  §  8  folgende  Fa'cher  vor: 
Politikwissenschaft,  Sozialpolitik,  Soziologie,  Erziehungswis- 
senschaft,  Heil-  und  Sonderpadagogik,  Ssthetik  und  Kommunikation 
(Medienpadagogik),   Psychologie,  Psychopatologie,  Sozialmedizin, 
Sozialethik,  Sozialphilosophie,  Recht,  Verwaltung  und  Organisa- 
tion, Methoden  der  Sozialarbeit,  Methodik  und  Didaktik  der  So- 
zialpadagogik  und  ein  weiteres  sozialwissenschaftliches  Fach. 
Die  Fa'cher  sind  hier  zusammengefaBt  und  ohne  Rangfolge  aufge- 
fiihrt.    Eine  Trennung  von  Sozialarbeut  und  Sozialpadagogik  ergibt 
sich  durch  die  Schwerpunktlegung  auf  unterschiedliche  Fa'cher  bei 
der  PrLifung;  bei  Sozialarbeit  mehr  auf  Verwaltung,  Recht  und 
Organisation,  bei  Sozialpadagogik  Methodik/Didaktik  und  Pa'dagogik 

(23)  Marx,   K.,   Das  Kapital,   Bd.  1,  in:  Marx/Engels  Werke,  Bd  23, 
Berlin/DDR  1970,  S.   675 

(24)  Vgl.   Roth  J.,  Armut  in  der  BRD-Ober  psychische  und  materielle 
Verelendung,  Frankfurt/Main  1974 

(25)  Vgl.  dazu  die  Auswirkungen  innerhalb  der  Theorie  und  Praxis  der 
Sozialarbeit,  z.B.  Meinhold  M.   Zum  Selbstversta'ndnis  und  zur 
Funktion  von  Sozialarbeitern.  Am  ei spiel  von  Theorie  und  Praxis 
der  sozialen  Einzelfallhilfe,  in:   Hollstein  W. /Meinhold  M., 
Sozialarbeit  unter  kapitalistischen  Produktionsbedingungen, 
Frankfurt/Main  1973,  S.  208  ff. 

(26)  Vgl.   ebenda,   Hollstein  W. ,  Diskussionsthesen  zur  Funktion  der 
Sozialarbeit,  S.   205  ff. 

Sowie:  Arbeitskreis  kritische  Sozialarbeit,  Geschichte  und  Funk- 
tion der  Sozialarbeit,  Frankfurt/Main  1971 

(27)  Minister  fur  Wissenschaft  und  Forschung,  Prufungsordnung  fur 
die  Fachrichtung  Sozialwesen  in  Fachhochschulstudiengangen  und 
entsprechenden  Studiengangen  an  Gesamthochschulen,  ErlaB-I  A3- 
8138.13-,   Dusseldorf  28.2.1975,  §  8  Fachprufungen 

(28)  Gesamtvorstand  der  Bundesvereinigung  der  kommunalen  Spitzenver- 
ba'nde,  EntschlieBung  zur  Ausbildung  der  Sozialarbeiter/Sozial- 
pa'dagogen  an  den  Fachhochschulen,  Aktenzeichen  4/31-02,  Koln 
14.9.1976. 


17 


(29)  Priifungsordnung  flir  Sozialwesen  NRW,  a.a.O.,   §  8  Fachprufungen 

(30)  So  geschehen  in  dem  ErlaB  des:  Minister  fur  Wissenschaft  und 
Forschung,  MaBgaben  zur  Studienordnung  der  Fachrichtung  Sozial- 
wesen an  der  Gesamthochschule  Siegen  vom  10.12.75,  ErlaB-I  A  3- 
8112.2/120,  Diisseldorf  30.4.76. 

(31)  Gesamtvorstand  der  Bundesvereinigung  der  kommunalen  Spitzenver- 
bande,  a.a.O.  . 

(32)  Meinhold  M.,  Zum  Selbstverstandnis  und  zur  Funktion  von  bozial- 
arbeitern    Am  Beispiel  von  Theorie  und  Praxis  der  sozialen  Ein- 
zelfallhilfe,  in:   Hoi  1  stein  W./Meinholf  M.,  Sozialarbeit  unter 
kapitalistischen  Produktionsbedingungen,  Frankfurt/Main  1971, 

S     225 

(33)  Vgl.   Kunstreich  T.,  Der  institutionalisierte  Konflikt,  Offen- 
bach November  1975,  S.   133-176. 


FORTSETZUNG:    REDAKTIONSMITTEILUNG 

Info-Leser  haben  im  Herbst  die  Null-Nummer  von  pad.extra-Sozialarbeit 
erhalten.Im  Januar  1977  erscheint  die  erste  Ausgabe.  Sie  entnalt  u.a. 
auch  einen  Beitrag  des  Redaktionskoll^ktivs  uber  Repression  und  Wider- 
stand  im  Sozialbereich.  ,.   ,llt.      , 
Wir  haben  das  Projekt  einer  aktuellen  Monatszeitschnft  diskutiert 
jnd  uns  fur  eine  Mitarbeit  an  pad.extra-Sozialarbeit  entschlossen. 
Gerade  angesichts  der  fiir  fortschrittliche  Berufsarbeit  sehr  schW1er- 
igen  Situation,  1st  eine  engere  Kommunikation  und  Kooperation  zwischen 
Einzelen  und  arbeitenden  Gruppen  notwendig.   Pad.extra-Sozialarbeit 
stellt  daher  fiir  uns  ein  Medium  dar,  sowohl   schneller  in  aktuel  le 
Konflikte  einzugreifen,  wie  auch  umfassender  aus  dem  Sozialbereich 
zu  berichten.   D.h.,  daB  der  1977  im  6.   Jahr  erscheinende  Info  Sozial- 
arbeit nun  nicht  reduziert  wird  oder  gar  eingestellt  wird  -  m  Gegen- 
teil:  wir  begreifen  beide  Zeitschnften  als  notwendige  Erganzungen 
Die  Genossen,  die  im  Redaktionsbeirat  von  Pad.extra-Sozialarbeit  nut- 
arbeiten,  werden  daher  diese  Arbeit  mit  der  Arbeit  im  Arbeitsfeld 
Sozialarbeit  im  SB  verbinden. 

Fiir  1977  haben  wir  folgende  Schwerpunktthemen  geplant: 

•  Gewerkschaftsarbeit  im  Sozialbereich 

•  Kinderarbeit 


•  Altenarbeit 

•  Heimerziehung/Jugendwohnkollektive 

Die  zu  diesen  Themen  stattfindenden  Arbeitsseminare  werden  wir  in  der 
nachsten  Ausgabe  des  Info  Sozialarbeit  bekanntgeben. 
Wer  Interesse  an  einer  Mitarbeit  hat.Materialien  zur  Verfiigung  stellen 
kann  etc.  wende  sich  bitte  an  das  Redaktionskollektiv  Info  Sozialar- 
beit im  Sozialistischen  BLiro,  Postfach  591,  6o5  Offenbach  4. 

Wer  Kontakt  aufnehmen  will  zu  einer  Srtlichen  AKS-Gruppe,  findet  die 
Adressen  auf  der  3.  llmschlagseite  dieses  Heftes. 

-  18  - 


AKS  Hamburg 

PRAKTISCHE  ANSATZE  FACHBEREICHSBEZOGENER 
HOCHSCHULPOLITIK  AN  DER  FHS  HAMBURG 
IM  FACHBEREICH  SOZIALPADAGOGIK 


Neben  Libergeordneten  Thematiken  und  Aktionen  miissen  auch  Fragestel- 
lungen,  die  sich  auf  die  direkte  Situation  an  den  jeweiligen  Fach- 
bereichen  beziehen,  Gegenstand  sozial istischer  Politik  an  der  Hoch- 
schule  sein. 

Fiir  uns  standen  in  dieser  Hinsicht  zwei  Fragestellungen  im  Mittel- 
punkt  der  Hochschularbeit  in  den  letzten  Jahren: 

1.  Welche  Mdglichkeiten  gibt  es  an  unserem  Fachbereich,  die  Mehr- 
zahl  der  weitgehend  politisch  abstinenten  Studenten  in  einen 
Poli tisierungsprozeB  einzubeziehen  und  sie  zur  Vertretung  ihrer 
Interessen  zu  motivieren? 

2.  Welche  Moglichkeiten  gibt  es,  studentische  Vorstellungen  zur 
Studienreform  punktuell  durchzusetzen? 

Zum  ersten  Problem  stellen  wir  einen  Versuch  dar,  quer  zu  den  ver- 
schiedenen  sich  bekampfenden  Gruppierungen  eine  breite  Eigenaktivi- 
ta't  mbglichst  vieler  Studenten  zu  erreichen.  Zum  zweiten  Problem 
berichten  wir  von  einem  Einfuhrungsseminar.  Auch  dieses  Projekt 
hat  u.a.  das  Ziel,  Selbstorganisation  zu  ermbglichen.  Beide  Ansatze 
sind  noch  nicht  abgeschlossen.  Wir  haben  deshalb  die  Form  der  Doku- 
mentation  gewahlt,  urn  den  Verlauf  und  daraus  resultierende  Proble- 
me  besser  verstandlich  zu  machen.  Auf  eine  tiefer  gehende  Analyse 
haben  wir  verzichtet. 

Besonders  im  ersten  Bericht  kann  es  manchmal  erscheinen,  als  ver- 
treten  wir  hier  einen  organisationsfeindlichen  Standpunkt.  Das  ist 
nicht  der  Fall  -  nur:  Wenn  die  vorfindbare  Realitat  selbst  einseitig 
ist  (hier:  Stellungskrieg  der  linken  Gruppen),  ist  es  notwendig,  das 
Moment  der  Antithese  (hier  Selbstorganisation  auf  der  Basis  gemein- 
samer  Interessen)  zu  betonen.  Im  zweiten  Bericht  spielt  diese  Frage 
nur  eine  untergeordnete  Rolle.  Hier  arbeiten  Vertreter  aller  politi- 
schen  Gruppen  mit. 


ZUM  POLITISIERUNGSPROZESS 

Zwei  Voraussetzungen  sind  unserer  Meinung  nach  zur  Realisierung 

der  Integration  der  Studenten  in  einen  PolitisierungsprozeB  an  der 

Hochschule  notwendig: 

-  die  Aufhebung  der  Vereinzelung  im  Studium  durch  die  Schaffung 
eines  institutionalisierten  Kommunikationsrahmens,  der  die  Mb'g- 
lichkeit  zur  ungehemmten  Diskussion  und  zur  kollektiven  Problem- 
losung  bietet; 

die  Aufhebung,  bzw.  das  Verhindern  einer  Spaltung  der  Studenten 
in  aktive  Kader,  die  sich  aus  Frustration  urn  die  Muhseligkeit  der 
Aktivierung  ihrer  Kommilitonen  in  der  internen  Diskussion  isolie- 
ren,  und  die  schweigende  Mehrheit. 

-  19  - 


Diese  Oberlegungen  waren  Grundlage  einer  Initiative  -  die  auf  Stu- 
denten  zuruckgeht,  die  heute  z.T.   1m  AKS-Hamburg  mitarbeiten  -, 
die  Studentenschaft  des  Fachbereichs  in  kleinen  uberfraktionellen 
Basisgruppen  zu  organisieren.  Hierzu  muBten  praktische  Ansatzpunkte 
gefunden  werden,  die  das  Interesse  vieler  Studenten  beruhrten,  um 
die  Motivation  flir  einen  solchen  ProzeB  zu  schaffen. 
1971  organisierten  Studenten  des  1.   Semesters  "Vorlesungsgruppen   . 
Die  Studenten  besuchten  die  Vorlesungen  arbei tsteilig  und  erstell- 
ten  flir  alle  Teilnehmer  der  Vorl esungsgruppe  Protokolle.   In  den 
Gruppen  wurde  dann  der  Stoff  aufgearbei tet  und  es  ergab  si  en  auch 
die  Mdglichkeit  zur  politischen  Diskussipn. 

Hierdurch  wurde  ein  groSer  Teil  des  Semesters  uber  das  materiel le 
Interesse  angesprochen,  nicht  alle  Vorlesungen  besuchen  zu  mussen 
und  so  Zeit  und  Arbeit  zu  sparen. 

Als  1972  der  Studienbetrieb  weitgehend  von  Vorlesungen  aut  beminare 
umgestellt  wurde,  verloren  die  Vorlesungsgruppen  ihre  Funktion. 
Als  neuer  Ansatzpunkt  boten  sich  die  berufskundlichen  Seminare  an. 
Diese  Seminare  soil  ten  Studienberatungsfunktion  haben  und  eine  Ein- 
fuhrung  neuer  Studenten  in  den  Studienbetrieb  ernibglichen.  Neue 
Studenten  wurden  in  diesen  Seminaren  mit  ca.   10  -  15  Teilnehmern, 
die  von  einem  Dozenten  als  Berater  geleitet  wurden,  zusammengetaBt. 
Seit  dem  WS  72/73  nehmen  auch  Studenten  hoherer  Semester  als  Bera- 
ter an  diesen  Seminaren  teil.  Seit  dem  SS  1973  wird  die  Teilnahme 
von  studentischen  Beratern  an  der  Erstsemestereinfuhrung  von  einer 
studentischen  AG-Einfuhrung  planmaBig  vorbereitet  und  durchgetuhrt. 
Die  studentischen  Berater  nahmen  zunachst  ohne  Bezahlung  an  der 
Einfuhrung  teil,  s tell  ten  jedoch  schon  bald  die  Forderung  nach  be- 
zahlten  Tutorenstel len  und  nannten  sich  studentische  Tutoren.    lm 
WS  73/74  konnte  die  Bezahlung  der  studentischen  Tutoren  gemali  der 
Richtlinien  fur  ein  Tutorenprogramm  an  den  Hamburger  Hochschulen 
durchgesetzt  werden. 

Die  Ausschreibung  fur  die  Tutorenstellen  erfolgt  nach  den  Richtli- 
nien hochschuloffentlich.   Jeder  Student  kann  sich  also  fur  solch 
eine  Stelle  bewerben.   Im  WS  73/74  faftte  die  studentische  Vo  lver- 
sammlung  des  Fachbereiches  Sozialpadagogik  jedoch  den  Besch uts, 
daB  sich  nur  noch  Studenten  fur  Tutorenstellen  bewerben  sol  I  ten, 
die  von  der  AG-Einfiihrung  vorgeschlagen  und  von  der  VV  bestatigt 
wurden.   Die  Gelder  (76.-DM/mtl . ) ,  die  die  Tutoren  erhalten,  sol len 
nach  diesem  BeschluB  fur  einen  durch  die  VV  festgelegten  Zweck  ge- 
spendet  werden  (z.lt.  Einrichtung  eines  Rechtshilfefonds  fur  die 
Studenten  des  Fachbereichs).   Diese  Beschllisse  wurden  bis  auf  eine 
Ausnahme  bisher  von  den  Studenten  eingehalten. 

Die  studentischen  Tutoren  trafen  sich  einmal  wochentlich,  um  ihr 
Vorgehen  in  den  berufskundlichen  Seminaren  (Tutorengruppen)  ab- 
zustimmen.  Ober  die  Hilfestellung  in  der  unsicheren  Anfangssitua- 
tion  der  neuen  Studenten  hinaus  sollten  in  den  Tutorengruppen  auch 
hochschulpolitische  Fragen  sowie  Fragen  der  Berufsperspektive  dis- 
kutiert  werden. 

Die  ursprungliche  Zielsetzung  der  Initiatoren  des  studentischen  Tu- 
torenprogramms  konnte  nur  im  Ansatz  realisiert  werden.  Die  Tutoren- 
gruppen sollten  nach  der  Einflihrungsphase  weiterhin  auch  in  den 
hbheren  Semestern  (natiirlich  ohne  Anleitung  durch  studentische 


2o  - 


Tutoren  Oder  Dozenten)  bestehenbleiben.  Fur  jedes  Semester  sollte 
eine  Koordinationsgruppe  eingerichtet  werden,  die  sich  aus  je 
2  Delegierten  der  einzelnen  Gruppen  zusammensetzen  und  die  Aktivi- 
taten  des  gesamten  Semesters  koordim'eren  sollte     (Informationsaus- 
tausch,  Vorbereitung  von  Semesterversammlungen,  Unterstiitzung  und 
Kontrolle  des  Fachschaftsrates  usw.).  Gekoppelt  daran  war  die  Vor- 
stellung,  daB  auch  der  Fachschaftsrat  sich  aus  je  2  Delegierten 
jedes  Semesters  zusammensetzen  sollte.  Zur  Erlauterung  fol gender 
Auszug  aus  einem  Flugblatt,  das  zur  FSR-Wahl   im  WS  75/76  erstellt 
wurde:  


NICHT  DEN  FACHSCHAFTSRAT, 

SONDERN  DIE  STUDENTENSCHAFT  STARKEN 

"Die  entscheidende  Frage  ist:   Wie  konnen  die  Studenten  auf  brei- 
tester  Ebene  zur  Interessenwahrnehmung  mobilisiert  werden? 
Dies  kann  gesahehen  durch  eine  Institutionalisierung  der  breiten 
und  permanenten  Diskussion  in  der  Studentenschaft  mit  dem  Ziel 
der  gemeinsamen  Aktion.   Modell  ist  die  organisierte  Diskussion 
alter  Semester  in  Semester  gruppen  nach  dem  organisatorischen  Mu- 
ster der  Tutorengruppen,    die  durch  eine  aus  Delegierten  bestehen- 
de  Semesterkoordination  zusammengefalit  werden.    Der  FSR  sollte 
die  Aktivitaten  der  Semester  koordinieren  und  sich  daher  aus 
Vertretern  der  jeweiligen  Semester  zusammensetzen,   Ein  Sohritt 
auf  diesem  Ueg  kdnnte  die  Wahl  von  je  2  Delegierten  aus  jedem 
Semester  sein,   die  dann  den  FSR  bilden  sollten,   nachdem  sie  auf 
der  W  bestatigt  wurden.    Grundlage  far  ihre  Arbeit  im  FSR  waren 
Handlungsanweisungen,   die  sich  aus  der  Diskussion  in  monatlich 
stattfindenden  Semesterversammlungen  ergeben  sollten.   Im  1.    und 
2.  Semester  wdre  eine  zusatzliohe  Kontrolle  durch  die  Koordina- 
tionsgruppe gegeben. 

Der  Vorteil  eines  solchen  FSR  im  Hinblick  auf  die  Motivierung  und 

Aktivierung  der  Studentenschaft  ware 

0  fog  grOliere  Basis nahe     (zu  Semesterversammlungen  kommen  mehr 
heute  als  zu  Vollversammlungenj   die  Delegierten  sind  in  ihrem 
Semester  besser  bekannt  und  haufiger  in  Seminaren  ansprechbar) ; 

$  die  starkere  Widerspiegelung  der  Stromungen  in  der  Studenten- 
schaft   (der  FSR  ware  dann  pluralistisch  und  nicht  nur  von  Sym- 
patisanten  einer  Organisation  besetzt;  ein  Beitrag  zur  Aufhe- 
bung  der  Zersplitterung  konnte  dadurch  geleistet  werden,    dali 
die   Vertreter  der  Organisationen  gezwungen  waren,    im  FSR 
Kompromisse  im  Interesse  der  Studentenschaft  zu  schlieBen). 

Wir  wollen  diesen  Vorschlag  nicht  als  das  Ei  des  Kolumbus  artprei- 
aert  aber  es  scheint  notwendig,   einen  Weg  aus  der  politischen 
Saskgasse  zu  finden,   in  die  unser  Faahbereich  geraten  ist,   und 
neue  Ideen  zu  entwickeln.   In  diesem  Sinne  schlagen  wir  vor: 
§  Absetzen  der  FSR-Wahlen   (der  alte  FSR  arbeitet  kommissarisch 

$  Wahl  von  Delegierten  auf  Semesterversamnlungen   (Bestatigung 

t  Diskussion  in  Semesterversammlungen  im  Hinblick  auf  Handlungs- 
anweisungen fUr  die  Delegierten  im  FSR. " 


-  21  - 


Dieser  Vorschlag,  der  auch  schon  in  frliheren  Semes  tern  gemacht  wur- 
de,  konnte  sich  bisher  nicht  durchsetzen.  Entsprechende  Antrage 
bekamen  maximal   20  %  der  Stimmen.   Wenn  sich  die  Orgamsationen  an 
unserem  Fachbereich  sonst  auch  noch  so  sehr  bekampfen,  in  diesem 
Punkt  sind  sie  sich  einig:  Es  muB  weiterhin  eine  Listenwahl  geben, 
bei   der  sich  die  Studenten  zwischen  verschiedenen  Organisations!  l- 
sten  mit  dazugehbrigen  Programmen  entscheiden  sollen.  Auch  der  Ver- 
such  scheiterte,  quasi  von  "unten"  her  eine  derartige  Semesteror- 
ganisation  aufzubauen.   Die  Tutorengruppen  und  die  Koordinationsgrup- 
pe  losten  sich  immer  spatestens  Ende  des  zweiten  Semesters  auf. 

Ein  wesentlicher  Grund  fur  diese  Entwicklung  war,  daB  sich  die  ak- 
tivsten  Studenten  aus  den  Tutorengruppen  entweder  einer  der  Orgam- 
sationen (MSB/DKP,  SSB/KB,  SSG/KBW)  anschlossen,   (die ^hrerseits 
die  Tutorengruppen  hauptsachlich  als  Rekrutierungsfeld  fur  neue  Mi  t- 
glieder  ansahen),   oder  sich  in  Selbstorganisationsgruppen  zusammen- 
schlossen.  Sie  nahmen  die  Mitarbeit  an  den  Tutorengruppen  nicht 
mehr  so  ernst  und  isolierten  sich  schlieBlich  von  der  Masse  der  stu- 
denten in  ihrem  Semester.   Ohne  die  Mobilisierung  durch  die  aktiven 
Studenten  versandete  die  Diskussion  in  den  Tutorengruppen  und  sie 
losten  sich  schlieBlich  auf. 

Wir  haben  aus  diesen  Erfahrungen  gelernt,  daB  die  an  sich  wunschens- 
werte  Organisierung  der  Studentenschaft  in  Uberfraktionellen  Gruppen 
z.Zt.   nicht  realisierbar  ist,  da  gerade  die  neuen  Studenten  durch 
die  Probleme,  die  mit  der  Aufnahme  des  Studiums  verbunden  sind,  sich 
sehr  verunsichert  fuhlen  und  nach  einer  starken  Onentierung  Aus- 
schau  halten,  die  ihnen  sehr  bereitwillig  von  den  bekannten  politi- 
schen  Studentenorganisationen  angeboten  wird.  Dies  hat  zur  hoige, 
daB  ein  Teil  der  Studenten  relativ  kritiklos  auf  den  Organisations- 
zug  aufspringt  und  sich  fur  eine  sehr  engsichtige  Parteiladenpoli- 
tik  vereinnahmen  laBt,  die  an  unserem  Fachbereich  eine  starke  Poia- 
risierung  der  linken  Gruppierungen  bewirkt  und  so  eine  eigentncn 
notwendige  konstruktive  Zusammenarbei t  weitgehend  unmoglich  gemacht 
hat. 

Die  Konsequenz,  die  wir  daraus  gezogen  haben,  ist  der  Aufbau  einer 
zusatzlichen  AKS-Gruppe  im  Ausbildungsbereich,  um  einerseits  dem 
Bedlirfnis  der  aktiven  Studenten  nach  einer  politischen  Diskussion   , 
die  liber  die  Mbglichkeiten  in  den  Tutorengruppen  hinausgeht,  Recn- 
nung  zu  tragen  und  andererseits  auch  bei  diesen  Studenten  das  Be- 
wuStsein  Liber  die  Notwendigkeit  der  politischen  Arbeit  mit  wemger 
aktiven  Kommilitonen  zu  scharfen,  um  so  der  Isolierungstendenz 
vorzubeugen.  ,    ,.       .   . 

DaB  eine  derartig  "basisorientierte"  Gruppe  durchaus  auf  dies  mter- 
esse  der  parteimiiden,  aber  politisch  interessierten  Studenten  stoBt, 
zeiqten  die  ersten  bffentlichen  Versammlungen  der  AKS-Gruppe  Hoch- 
schule  zu  Beginn  des  WS  76/77.   Ca.    40-50  Studenten  beteiligten  sich 
an  einer  Info-Veranstaltung.  Die  AKS-Gruppe  Hochschule  selbst  hat 
z.Zt.   ca.   15  Mitglieder. 


22 


ANSATZE  ZUR  STUDIENREFORM 


Aufgrund  der  rechtlichen  Rahmenbedingungen  sind  z.Zt.  die  Mbglich- 
keiten zur  Durchsetzung  studentischer  Vorstellungen  zur  Studien- 
reform  gering,  dennoch  sollten  punktuelle  Mbglichkeiten  zur  Veran- 
derung  auf  der  Grundlage  von  einigermaBen  klaren  Vorstellungen  fur 
ein  Ausbildungskonzept  unbedingt  wahrgenommen  werden. 
Durch  die  Beschrankung  der  uns  zur  Verfugung  stehenden  Seitenzahl 
kann  hier  nicht  auf  die  rechtlichen  Rahmenbedingungen,  generelle 
Durchsetzungsmbglichkeiten,  die  Darstellung  der  gegenwartigen  Aus- 
bildungssituation  und  der  Diskussion  Liber  die  Studienreform  in  Ham- 
burg, sowie  auf  die  bisher  von  uns  entwickelten  Vorstellungen  flir 
ein  Ausbildungskonzept  eingegangen  werden.   Da  es  jedoch  viele  Paral- 
lelen  zu  anderen  Fachbereichen  der  Sozialarbei t/-padagogik  geben 
dlirfte,  sollten  die  folgenden  AusfLihrungen  auch  ohne  den  entspre- 
chenden  Hintergrund  verstandlich  sein. 

Nur  soviel   zum  Verstandnis:   Das  "Berufskundl iche  Seminar"  lauft 
zweistundig  in  den  ersten  beiden  Semestern  (s,o.).   Sein     Ziel   ist 
die  Einflihrung  in  Probleme  des  Studiums  und  der  spateren  Berufs- 
felder.   Es  ist  gekoppelt  mit  einer  Studienfachberatung.  Nachdem 
die  oben  geschilderten  Ansatze,   die  sich  aus  solchen  Berufskund- 
lichen  Seminaren  entwickelt  hatten,  gescheitert  waren,  versuchte 
eine  Gruppe  Zweitsemester  und  einige  Studenten  hbherer  Semester, 
dieses  Seminar  selbst  umzustrukturieren.   Damit  wurden  zugleich 
die  bisherigen  Erfahrungen  aufgearbeitet.   Diese  "AG  Einflihrung" 
legte  im  Dezember  75  den  dozentischen  Tutoren  in  einem  Vorberei- 
tungsgesprach  flir  die  Erstsemestereinfiihrung  im  SS  76  folgenden 
Vorschlag  vor: 

Zur  inhaltlichen  und  organisatorischen  Gestaltung  der  berufskundl  i- 
r^fP  Spminare  im  SS  76  und  WS  76/77 

1     Inhaltliche  Gestaltung 

Zielsetzungen  der  Seminare: 

I  Einflihrung   in  den  Studienbetrieb,  d.h.,   Vermittlung  notwendiger 

Grundinformationen  liber  das  Studium  und  den  Fachbereich,  Hilfe- 

stellung  bei  Anfangsschwierigkeiten 
|  Fbrderung  von  Kontakten  unter  den. neuen  Studenten 
t  gemeinsame  Reflektion  aktueller  Probleme  am  Fachbereich 

1  ansatzweise  Erarbeitung  einer  Berufs-  und  der  damit  verbunden 
Studienperspektive. 

Die  zur  Verfligung  stehende  Zeit  betragt  2  Wstd.   im  Zeitraum  von 

2  Semestern.  Die  Seminare  werden  von  einem  dozentischen  Tutor  in 
Zusammenarbei t  mit  maximal   2  studentischen  Tutoren  geleitet. 

Die  "AG     Einfiihrung"  schlagt  folgende  Grobstruktur  vor: 

1  Phase  -  Kennenlernen,  Studieneinstieg,  Grundinformationen  z.B. 
Stundenplan,  Scheine,  was  ist  wo  usw.   (ca.  4  Sitzungen). 

2  Phase  -  a)     Reflektion  aktueller  Probleme  am  Fachbereich 

b)     ansatzweise  Erarbeitung  einer  Berufs-  und  Studien- 
perspektive mittels  des  Versuchs  einer  ansatzweisen 
Analyse  des  Sozialinstrumentariums  in  einem  begrenz- 
ten  Wohngebiet. 
Die  zeitliche  Gewichtung  der  beiden  Aspekte  muB  noch  diskutiert 
werden  (14tagiger  Wechsel  oder  Teilung  der  wbchentlichen  Sitzun- 
gen). 


Fur  die  Realisierung  von  Punkt  b)  werden  folgende  Schritte  vorge- 
schlagen: 

1.  Fragestellung  -  was  wird  auf  dem  Gebiet  der  SA/SP  im  betreffenden 
Wohngebiet  gemacht?  Auflistung  der  Einrichtungen  und  Initiative^ 
Lernen  von  Moglichkei ten  der  Informationsbeschaffung  (wo  kann 
man  nachschlagen,  hingehen,  anrufen) 

2.  Erstellung  eines  Fragegeriistes  zur  systematischen  Sammlung  der 
Inforraationen  Liber  Einrichtungen  und  Initiativen  im  Wohngebiet: 
t  Auftrag  der  Einrichtung   (welcher  und  wo  festgelegt/Gesetz) 

Trager 

•  materielle  Situation 

-  personelie  Kapazitat 

Soil /Real ita't,  Fallzahl  o.a.,  Arbeitsbelastung,  Vorbildung 
der  Mitarbeiter 

-  finanzielle  Kapazitat  (welche  Mittel  stehen  zur  Verfugung, 
woher  kommen  sie?) 

-  Raume,  Material 

•  Konzeption  .  . 

•  Entscheidungsstmktur  (Wie  1st  sie  rechtlich  deternnmert,  wie 
laufen  Entscheidungen  tatsachlich  ab,  gibt  es  Mitarbeiterbe- 
sprechungen,  wie  haufig?) 

•  Wirksamkeit  der  Einrichtung  im  Wohngebiet  (Zielgruppe,  Verhalt- 
nis  Bevblkerung-Aktenbevblkerung,'  Dffentlichkeitsarbeit,  Beur- 
teilung  der  Wirksamkeit  durch  die  Mitarbeiter) 

•  Zusammenarbeit  mit  anderen  Einrichtungen 

•  Sammlung  von  Strukturdaten  Liber  das  Wohngebiet 

3.  Erkundungsphase,  Einholen  der  Information  mit  Hilfe  des  Frage- 
gerlistes   (Einteilung  der  Gruppe  in  Kleingruppen,  2-4) 

4.  Auswertung,  Verallgemeinerung ,  Konsequenzen 

(insbesondere  im  Hinblick  auf  die  Berufsperspektive  und  Studien- 
ordnung)  . .  . 

Eine  Zusammenarbeit  mit  anderen  Seminaren  ware,  soweit  mogncn, 
langfristig  anzustreben.  (z.B.  Recht,  Soziologie,  Padagogik). 

2.  Organisatorische  Gestaltuna 

Einteilung  der  Studenten  in  die  Tutorengruppen 

Der  bisherigen  Aufteilung  der  Erstsemester  in  Tutorengruppen  (berufs- 
kundliche  Seminare)  lagen  keine  besonderen  Gliederungsprinzipien 
zugrunde.  Sie  ergab  sich  eher  zufallig. 

Als  sinnvolles  Gliedrungsprinzip  bietet  sich  die  Einteilung  der 
Studenten  nach  brtlichen  Gesichtspunkten  an.  Die  Studenten  sollten 
so  auf  die  Tutorengruppen  verteilt  werden,  daB  diejenigen,  die  in 
raumlicher  Nahe  zueinander  wohnen,  in  einer  Gruppe  zusammengefaBt 
sind.  Das  entsprechende  Wohngebiet  kbnnte  den  Rahmen  fur  den  Versuch 
der  Analyse  des  brtlichen  Sozial instrumentariums  durch  die  jeweili- 
ge  Gruppe  darstellen. 

Dieses  Gliederungsprinzip  kann  m'cht  in  alien  Fallen  konsequent 
durchgehalten  werden  (Umzug,  Massierung  der  Studenten  in  bestimmten 
Wohngebieten),  bietet  aber  einen  Ansatz  fur  eine  sinnvolle  Auftei- 
lung. 


-  24 


Die  Vorziige  dieses  Gliederungsprinzips  sind  folgende: 

•  Es  kniipft  an  den  soziobkonomischen  Bedingungen  der  Studenten  an 
und  berucksichtigt  den  gemeinsamen  Erfahrungshintergrund  bezogen 
auf  Wohnbedingungen,  Abhangigkeiten  von  dense! ben  Verwaltungen  usw. 

•  Es  fordert  die  Kontaktaufnahme  unter  den  Studenten  und  begiinstigt 
eine  gemeinsame  Handlungsebene. 

Die  "AG  Einflihrung"  bietet  sich  an,  die  organisatorischen  Vorarbeiten 
zu  Libernehmen: 

•  Durchsehen  der  Listen  der  angenommenen  Bewerber 
t  Einteilung  nach  den  o.g.   Kriterien 

•  Verschicken  eines  Informationsbriefes  vor  Semesterbeginn 

Supervision  der  Tutoren 

•  Die  "AG  Einflihrung"  schlagt  vor,  einen  Studienberater  der  Allgemeinen 
Studienberatung  der  Fachhochschule  als  Supervisor  zur  Begleitung 

der  Einflihrung  einzusetzen.   Die  AG  Einflihrung  wird  als  Seminar  insti- 
tutional isiert.  Die  Teilnahme  der  dozentischen  Tutoren  wird,  soweit 
die  Arbeitsbelastung  der  Dozenten  dies  zula'Bt,  begru'Bt.   Die  studen- 
tischen  Tutoren  sind  zur  Teilnahme  verpflichtet.   Das  Interesse  der 
Allgemeinen  Studienberatung  der  Fachhochschule  ist  die  Erprobung 
neuer  Mbgl  ichkeiten  der  Studienberatung.  und  Einflihrung  in  das  Stu- 
dium,  die  Auswertung  eines  solchen  Versuchs  und  die  OberprLifung  von 
Obertragungsmbgl ichkeiten  auf  andere  Fachbereiche. . . 

Ein  Teil   der  Dozenten  war  mit  dem  Konzept  einverstanden  und  sagte 
eine  Zusammenarbeit  zu.   Der  andere  Teil  war  skeptisch  bis  ablehnend. 
Als  Begrlindung  fur  die  teilweise  ablehnende  Haltung  wurde  genannt: 

-  Aufwendigkeit  des  Konzeptes 

-  inhaltliche  Ausrichtung  (einige  Dozenten  wollten  das  Seminar  zu 
einer  Veranstal  tung  flir  die  Vermittlung  von  Techniken  des  wissen- 
schaftlichen  Arbeitens  machen) 

-  die  geplante  Beteiligung  eines  Angehbrigen  der  Prasidialverwal tung 
(Studienberater)  als  Supervisor  der  Tutoren. 

Die  "AG  Einflihrung"  legte  daraufhin  ein  weiteres  Papier  vor,  in  dem 
die  Planung  flir  den  Ablauf  der  berufskundlichen  Seminare  konkreti- 
siert  wurde: 

7um  Ablauf  des  Berufskundlichen  Seminars  SS  76  -  WS  76/77 

1 .   Zielsetzung 

Mit  den  im  Vorschlag  vom  Dezember  75  genannten  Zielsetzungen  (Ein- 
flihrung in  den  Studienbetrieb,  Fbrderung  von  Kontakten,  Reflektion 
aktueller  Probleme  am  FB,  Studien-  und  Berufsperspektive)  verbinden 
sich  didaktische  Zielsetzungen: 

•  Im  neuen  Sozialisationsfeld  "Fachhochschule"  sollen  nicht  nur 
kognitive,  sondern  auch  affektive  Erfahrungen  aufgearbeitet  werden, 
(Ansprache  von  fingsten,   Isolation  und  Konkurrenzmechanisnen; 
Gruppenbildung  nach  Wohnbereichen). 

•  Das  Reflektionsvermbgen  dariiber  soil   geweckt  bzw.   verstarkt  werden. 
t  Durch  die  Arbeit  in  Gruppen   (kooperatives  Lernen)   sollen  ansatzwei- 

se  Handlungsalternativen  entwickelt  werden,  damit  die  zukiinftige 
Studien-  und  Berufssituation  nicht  passiv  hingenommen  wird,  sondern 
eine  aktive  Auseinandersetzung  mit  ihr  mbglich  wird. 

-  25  - 


2.  Verhaltnis  Dozenten     (dozentische  Tutoren)  -  Tutoren  (studenti- 
sche  Tutoren)  -  Studenten 

Das  Verhaltnis  dieser  drei  Gruppen  1st  nle  "P»nnu|J9»\"tf  JS"™**" 

frei.  ErfahrungsgemaB  ergeben  sich  drei   typische  Konstellationen. 

.Der  Tutor  iden?ifiziert  sich  mit  den,  Dozenten  als  Lehrenden  und 
unterstiitzt  damit  das  starke  HierarcMeempfinden  der  Studenten  - 
besonders  bei  den  Erstsemestern  und  besonders  bei  der  Tendenz  bei- 
der     LehrVortraqe  zu  halten.  „.     ..  .. 

.  Der  Tutor  identifiziert  sich  mit  den  Studenten  -  haufig  "gegen" 
den  Dozenten.  Die  Auseinandersetzung  bqider  bestimmt  den  Seminar- 
verlauf, wobei  der  Tutor  die  Interessen  der  Studenten  zu  vertre- 
ten  glaubt  -  und  damit  die  Eigeninitiative  der  Studenten  verhin- 
dert     deren  Frustration  sich  dann  haufig  gegen  den  Tutor  wendet) . 

.  SSnffi  und  Tutoren  sind  sich  dieser  Risiken  bewuBt  und  p  anen 
gemeinsara  ihren  jeweiligen  Part  -  unter  moglichst  fruhzeitiger 
Einbeziehung  der  Studenten. 

3.  Das  Tutorenseminar 

In  der  Darstellung  dieser  drei  Mbglichkeiten  ist  enthalten.  daB  nur 
Sie  dritte  die  anstrebenswerte  ist.   Hierbei  mitzuwirken     ist  die 
eine  Funktion  des  Tutorenseminars  -  z.B.  durch  Besprechung  von  Pro- 

tokollen   ("Fall besprechung" ).  ru.i,„.Hnn    nahPi 

Die  andere  Funktion  hangt  eng  damit  zusannen:  die  Evaluation.  Dabei 
aeht  es  nicht  in  erster  Linie  um  "Produktevaluation   ,  d.h.   z.B     urn 
die  Ms  welches  Wissen  in  den.  Seminar  '^haW  wurte,  sondern 

urn  "Verfahrensevaluation",  d.h.  um  standige  Reflexion  darube r    ob 
die  Durchfuhrung  des  Seminars  den  Zielen  angemessen  ist     bzw •  daru 
ber,  welche  Mnderungen  im  Vorgehen  notig  sind     Diese  Funktionen  kon 
nen  nur  erfUllt  werden,  wenn  neben  den  studentischen  Tutoren  mog 
lichst  viele  dozentische  Tutoren  bei   der  gemeinsamen  Planung  im   lu 
torenseminar  mitwirken. 

4.  Zeitplanung 

Dera  Seminar  stehen  im  SS  und  WS  35  Stunden  zur  VerfUgung   (19  +  16 
WStd   )  Da  erfahrungsgemaB  immer  eimge  Stunden  ausfa  len,  kann  von 
31   bzw    32  WStd.   ausgegangen  werden.  Daraus  ergibt  sich  folgende 
mbgliche  Zeiteinteilung: 
Einfuhrungsphase  J  "*?»• 

Fachhochschulbezogene  Phase  14  Wbtd. 

Berufskundliche  Phase  14JW5r*i.      *>     J1(,h.  Phasa  soli- 

Die  fachhochschulbezogene  Phase  und  die  berufskundliche  Phase  soil 
til  im  wSchentlichen  Wechsel  stattfinden.  Dabei  ist  eine  hohere 
Flexibility  fur  den  Fall  gegeben,  daB  eine  Phase  mehr  Zeit  ertor- 
dert. 

5.  Inhaltliche  Planung 

Die  inhaltliche  Planung  und  die  Durchfuhrung  kbnnen  und  sol len  nicht 
starr  festgelegt  sein,  da  sonst  eine  Revision  wa'hrend  der  Durchfuh- 
rung schwierig  ist.   Besonders  fur  die  Planung  des  WS  konnen  nur  all- 
gemeine  Rahmenbedingungen  genannt  werden. 


26 


5.1.  EinfUhrungsphase 

Ziele  der  Einfuhrungsphase: 

•  Gegenseitiges  Kennenlernen  der  Seminarteilnehmer 

•  Hilfen  geben  zur  Bewaltigung  der  neuen  Situation  (Studienplanung 
(PO,  Sto),  Hochschulpol itik,  Ansprache  sozialer  Angste) 

•  Sinn  und  Ziele  des  berufskundlichen  Seminars  erbrtern. 

Vorschlag  fiir  die  Durchfiihrunq  der  ersten  Stunde: 

•  Tutoren  und  Studenten  stellen  sich  vor;  Namensschilder  werden  auf- 
gestellt  (sich  mbgl  ichst  haufig  mit  Mamen  ansprechen)! 

•  Ausgabe  von  anonymen  Bbgen  mit  zwei  Fragen: 

-  Welche  Erwartungen  hast  Du  an  das  Studium? 

-  Welche  Beflirchtungen  verbindest  Du  mit  dem  Studium,  besonders 
mit  der  jetzigen  Anfa'ngersitutation? 

•  Antworten  unter  allgemeinen  Kategorien  an  Tafel  sammeln,  Haufig- 
keiten  festhalten   (z.B.   Lernerfolg,  soziale  Lage,  Berufsfelder 
etc.) 

•  Diskussion  der  Schwerpunkte  unter  dem  Gesichtspunkt,  welche  Erwar- 
tungen/Befiirchtungen  wo  und  wie  angesprochen  werden.  Damit  ist  zu- 
gleich  ein  StUck  Seminarplanung  besprochen,  in  die  darn  ausflihrli- 
cher  eingestiegen  werden  kann. 

•  Gegen  Ende  der  Stunde:   Eingabe  der  Papiere 

-  Einfuhrungspapier 

-  Papier  zu  Seminarverlauf 

-  Fragebogen  zu  Studienmotivationen/Berufsvorstellungen/Klientel- 
gruppen. 

Leitfaden  fur  die  2.  bis  4.  Stunde  ist  das  Einfuhrungspapier  und  Pa- 
pier zum  Seminarverlauf. 

5.2.  Fachhochschulbezogene  Phase 

Die  Vorausplanung  dieser  Phase  ist  kaum  mbglich.  Da  Themen  sowohl 
Probleme  der  Studiensituation  als  auch  des  Fachbereichs  der  Fach- 
hochschule  sein  konnen,  reicht  die  Spannweite  von  den  Prufungsforde- 
rungen  und  Studientechniken  bis  hin  zur  Hochschulpol itik  (z.B.  Ge- 
samthochschule). 

Determinanten  dieser  Phase  sind  zum  einen  die  Inhalte,  die  in  der 
Einfuhrungsphase  bearbeitet  werden,  zum  anderen  die  aktuellen  Pro- 
bleme der  Studenten  in  den  anderen  Seminaren. 
Beachtet  werden  sollten  in  dieser  Phase  folgende  Punkte: 
t  "Dort  anfangen,  wo  der  Student  steht",  d.h.  z.B.  auch  Details  be- 
sprechen,  die  einem  selbst  schon  selbstverstandlich  sind,  oder: 
nicht  Informationsquellen  nur  nennen,  sondern  auch  den  Weg,  wie 
man  an  sie  herankommt. 
I  "Die  Situation  im  Seminar  selbst  zum  Thema  machen",  d.h.  die  Dis- 
kussion von  Problemen  der  Gruppe/in  der  Gruppe  sollte  in  der  Form 
einer  laufenden  Seminarkritik  stattfinden  (z.B.  immer  am  Ende 
einer  Stunde).  Damit  ist  zugleich  eine  OberprLifung  der  Position 
der  dozentischen  und  studentischen  Tutoren  verbunden,  die  einen 
Teil  der  Verfahrensevaluation  ausmacht. 


-  27 


5.3.   Berufskundliche  Phase 

1.  Abschnitt:   Stadttpi Ibeoehunq 

Ziel:   Benennung  einer  Soll-Struktur  sozialer  Einrichtungen/MaBnahmen 

in  einem  Stadtteil.   Durchflihrung:    (ca.   3  Std.) 

•  Stadtteil  begehung  ....         •, -!.„..„„•- 

•  Protokollieren  der  Eindriicke:   Bausubstanz,  geschatzte  Wohnungs- 
groBen,  Versorgung  mit  Laden,  Gaststatten,  Waschsa  ons,  Verhaltms 
von  Worn-  und  Arbeitsplatzen  usw..   Die  Begehung  sollte  nit  der  ge- 
samten  Gruppe  stattfinden  oder  zumindest  so,  daB  der  Endpunkt  em 
oemeinsamer  Treffpunkt  ist  (Gastst'a'tte) . 

.  Vert  efung  des  protokollierten  Eindrucks  durch  Statistiken  und 
Beschreibungen  (das  Material  muB  vorher  von  der  Tutorengruppe  er- 
arbeitet  werden).  „  .„.-,■,_ 

•  Diskussion  der  Ergebnisse  mit  dem  Ziel,  eine    ideale     soziale 
Infrastruktur  zu  beschreiben.    (Soll-Struktur) 

2    Abschnitt:  Vorbereitung  HPr  Berufsfelderkundung 
zi el     rests  tell ung  der  Ist-Struktur  sozialer  Einrichtungen  und  Er- 
ste    una  von  Fragebbgen.  Durchfuhrung:   (ca.  3  Std.  bis  Ende  des  SS) 
Unterlei'lung  der  Gruppe  nach  Klientelgruppen,  deren  Jestl^ng 
aus  der  Soll-Struktur  hergeleitet  wird  (Kinder,  Jugendliche,  Alte) 

(Pro  Gruppe  ca.  2-3  Stud.) 

•  Aufgabe  dieser  Untergruppen  ist  es 

-  herauszufinden,  welche  institutionen/MaBnahmen  es  fur  lhre  Klien 
telqruDPe  in  dem  Stadtteil  gibt, 

-  einen  sbeziellen  Fragebogen  fur  diese  Institutionen  zu  entwik- 
ke?n  (Die  Grundstruktur  des  Fragebogens  sollte  vorgegeben  wer- 
den, damit  die  Vergleichbarkeit  gesichert  bleibt  -  vergl .  Vor- 

t  DieCTutorenZunterstutzen  die  Untergruppen  bei  ihrer  Aufgabe 
(Eingabe  von  Adressenmaterial  usw.)  „.,„„,.. 

•  Austausch  der  Ergebnisse  in  der  Gruppe  und  deren  Diskuss!on. 

3.  Abschnitt:  flrheitsfelderkundunq  (WS  76/77) 

Ziel:  Analyse  der  Ist-Struktur  sozialer  Einrichtungen  in  einem  Stadt- 
teil 

•  Befragung  der  Institutionen  anhand  der  Fragebogen 

•  Auswertung  der  Fragebogen 

.  Diskussion  der  Ergebnisse  (Vertiefung/Verallgeraeinerung). 

Eine  Einschatzung  des  bisherigen  Verlaufs  gibt  das  Protokoll  des 

Tutorentreffens  void  8.7.1976  wieder: 

"Der  Verlauf  in  den  Gruppen  war  auBerordentlich  unterschiedncn. 

Einige  Gruppen  fUhrten  das  Konzept  mit  Erfolg  durch,  andere  hielten 

sich  zwar  an  das  Konzept,  waren  damit  aber  unzufrieden,  wiederum 

andere  haben  das  Konzept  nur  ansatzweise  realisiert. 

Folgende  Probleme  wurden  angesprochen: 

1  Dadurch,  daB  das  Seminar  neben  den  Vollversammlungen  mittwochs 
stattfand,  fielen  vor  allem  zu  Beginn  viele  Sitzungen  aus.  Die  Ent- 
wicklung  in  den  Gruppen  verlief  allein  schon  deshalb  unterschiedlich. 

2.  Die  Zweiteilung  in  fachhochschulbezogenen  Teil  und  berufskundli- 
chen  Teil  wurde  z.T.  als  problematisch  empfunden. 


28 


•  Da  zunachst  Studienprobleme  aller  Art  im  Vordergrund  standen, 
wirkte  der  berufskundliche  Teil  haufig  "aufgesetzt".  Schwierig 
war  es  auch,  den  Stellenwert  des  berufskundlichen  Teils  im  Zusam- 
menhang  mit  dem  Gesamtkonzept  zu  vermitteln. 

•  Die  Gruppen,  die  von  einer  positiven  Verkoppelung  beider  Teile 
sprachen,  nannten  dafUr  folgende  Grlinde: 

-  Zusammensetzung  der  Gruppe 

-  Wahl  des  Stadtteils,  Art  der  Stadtteil begehung. 

In  diesem  Zusammenhang  wurde  diskutiert,  wie  man  die  Einfuhrungs- 
phase  verbessern  kbnne  (z.B.  Blockseminare),  bzw.  wie  man  den  be- 
rufskundlichen Teil  besser  einbringen  kbnnte  (z.B.  starkerer  Bezug 
zur  Schwerpunktwahl ) . 

3.  In  den  Gruppen  wurde  die  Stadtteil begehung  in  unterschiedl icher 
Weise  mit  unterschiedl ichem  Erfolg  durchgeflihrt. 

•  Aufteilung  der  Gruppe  in  Kleingruppen  mit  speziellen  "Auftragen", 
z.B.  Spielplatze,  bzw.  Spielmoglichkeiten  zu  erkunden,  Erkundung 
spezieller  Einrichtungen  einzel ner  Klientelgruppen. 

•  Gemeinsames  Begehen  mit  der  ganzen  Gruppe  ohne  vorherige  Differen- 
zierung  oder  vorherige  Information. 

•  Die  Gruppen,  die  zu  einem  Zeitpunkt  die  Stadtteil begehung  durch- 
fiihrten,  trafen  sich  danach  in  einer  Wirtschaft.  Einige  Gruppen 
gingen  auch  einzeln  oder  in  kleinen  Gruppen  zu  unterschiedl ichen 
Zeiten  in  den  Stadtteil. 

■  Die  Vorbereitungen  flir  die  Stadtteil  begehung  waren  ebenfalls  sehr 
unterschiedlich.  Sie  reichten  von  der  Diskussion  urn  das  Problem  der 
Stadtteil begehung  bis  zur  Beschaftigung  mit  Statistiken. 
Ein  eindeutiger  Zusammenhang  zwischen  Art  der  Stadtteil begehung  und 
Erfolg  konnte  nicht  festgestellt  werden.  Insgesamt  war  die  Zufrieden- 
heit  Liber  die  Stadtteil  begehung  nicht  sehr  hoch.  Vor  allem  das  Pro- 
blem der  Auswertung  konnte  bis  jetzt  von  keiner  Gruppe  gelost  wer- 
den. 

4.  Beklagten  einige  Gruppen  die  rezeptive  Haltung  der  Studenten,  das 
Abbrbckeln  der  Teilnehmer,  das  Desinteresse  am  b.T.,  berichteten  an- 
dere Gruppen  von  starker  Initiative  der  Studenten,  gleichbleibenden 
Teilnehmerzahlen  und  starkem  Interesse. 

«  Vor  allem  aus  Gruppen  des  ersten  Typs  kam  die  Frage  nach  formal  en 
Regelungen:  Kann  der  Schein  flir  Fachstudienberatung  ausgegeben  wer- 
den, wenn  die  Teilnahmezu  selten  war?  Kann  die  rezeptive  Haltung 
der  Studenten  durch  starkere  Strukturierung  oder  durch  "Anreize" 
abgebaut  werden? 

«  Vor  allem  aus  Gruppen  des  zweiten  Typs  kamen  dagegen  die  Oberlegun- 
gen:  Wird  durch  zu  starke  Strukturierung  und  inhaltliche  Planung 
die  rezeptive  Haltung  verstarkt  und  Initiativen  abgeblockt? 

5.  Obereinstimmend  positiv  bewertet  wurde  die  Zusammensetzung  der 
Studentengruppen  nach  Wohngebieten.  Das  hat  die  soziale  Integration 
der  Anfanger  in  ihre  neue  Situation  wesentlich  erleichtert  (wahrend 
der  Zusammenhang  mit  der  Stadtbegehung  nicht  immer  gesichert  war). 
Als  positiv  wurden  weiter  die  privaten  Treffen  auBerhalb  der  Seminar- 
stunden  gewertet.  Die  positive  emotionale  Atmosphare  beinhaltet  al- 
lerdings  die  Gefahr,  daB  die  Inhalte  zu  kurz  kommen.  Vor  allem  flir 
den  weiteren  Verlauf  ist  das  wichtig:  Mit  zunehmender  Sicherheit  im 
Studium  verliert  das  Seminar  diese  soziale  Funktion,  der  Schwerpunkt 

-  29  - 


muB  jetzt  auf  den  zu  vermittelnden  Inhalten  liegen.    ... 

6     Vor  all  em  von  den  studentischen  Tutoren  wurde  Unbehagen  und 
Kritik  an  ihrer  eigenen  Rolle  geiibt.  Zum  einen  fuhlten  sich  eimge 
in  die  Rolle  des  "Lehrenden"  gedrangt,  die  sie  ablehnten,  zum  ande- 
ren  kritisierten  sie  die  Rezeptivitat  der  Studenten  und  forderten 
starkere  inhaltliche  Strukturierung  und  didaktische  Mittel  -  also 
mehr  "Attribute"  des  Lehrenden.   Dieses  Dilemma  wurde  zusatzlicn 
durch  die  nicht  ausreichenden  Vor-  und  Nachberei tungsmoglicnkeiten 
verstarkt.  Ober  das  Verhaltnis  der  drei  Gruppen  zueinander  wurde 
nicht  eingehend  diskutiert.  Zu  starken  Spannungen  zwischen  den  Grup- 
pen scheint  es  aber  nicht  gekommen  zu  sein... 

Zum  WS  1976/77  wurde  folgender  Vorschlag  diskutiert  und  angenommen: 

1.  Stunde:   Diskussion  der  allgemeinen  Probleme  von  Bel egen/Studi en- 
plan  usw.  „  ,  .  .  , 
Am  Ende  der  Stunde:  Ausgabe  des  Schwerpunktepapiers 

2     und  3.  Stunde:   Diskussion  des  Papiers  und  Sammlung  von  Fragen, 
die  in  der  Diskussion  nicht  beantwortet  werden  konnen.  Soweit  notig: 
Probleme  des  Belegens/Studienplan. 

4  Stunde:   1.  gemeinsame  Veranstal tung  aller  Gruppen: 
Einfuhrung  in  die  Schwerpunkte  "Erziehung  und  Bildung     (Vorschul- 
erziehung,  Heimerziehung,  Heilpadaogik  u.a.)  durch  die  zustandigen 
Dozen ten. 

5  Stunde:   2.  gemeinsame  Veranstaltung  aller  Gruppen: 
Einfuhrung  in  die  Schwerpunkte  "Soziale  Behandlung"   (Jugend- .  Fami- 
lienfiirsorge,  Gruppenarbeit,  Gemeinwesenarbeit  u.a.)  durch  die  da 
fiir  zustandigen  Dozenten. 

6  Stunde  und  nachfolgende:  Exemplarische  Aufarbeitung  der  Stadt- 
teilbegehung  unter  Einbeziehung  der  in  der  Gruppe  mteressierenden 

Be?spieM:6Arbeit  in  Hausern  der  Jugend:  Vergleich  der  sozialen  und 
demographischen  Struktur  der  Jugend  mit  der  Besucherstruktur  der 
Hauser  der  Jugend.  Diskussion  der  sich  daraus  ergebenden  Probleme 
mit  den  Mitarbeitern  von  Hausern  der  Jugend. 

BeisDiel   2-   Verqleich  der  sozialen  und  demographischen  Struktur  der 
Familien  mit  der  Klienten-"Struktur"  der  Jugend  und  Famil lenfursor- 
ge.   Diskussion  der  daraus  sich  ergebenden  Probleme  mit  den  Jugena- 
und  Famil  ienf'ursorgern. 

Mit  diesem  Vorschlag  wollen  wir  dem  Bedlirfnis  bei   vielen  Erstsemestern, 
mdglichst  schnell   und  umfassend  uber  die  mbglichen .Schwerpunkte  in- 
formiert  zu  werden,  entgegenkommen.Da  jeden  aber  mcht  alle  icnwer 
ounkte  interessieren,  auf  der  anderen  Seite  aber  Interesse  manchnal 
erst  durch  Erfahrung  geweckt  wird,  scheint  das  exemplarische  Vorgehen, 
bezogen  auf  einen  Stadtteil,  am  sinnvollsten. 

Z.Zt.   konstituiert  sich  eine  neue  "AG  Einfuhrung"  fur  die  Erstseme- 
ster  des  SS  77.  Sie  wird  damit  beginnen,  die  gemachten  Erfahrungen 
aufzuarbeiten. 


-  3o  - 


Kurt  Sprenger 

BERUFSPRAKTIKUM : 

OB  EINPHASIG,  OB  INTEGRIERT, 

WER  SICH  NICHT  RUHRT,  WIRD  ANGESCHMIERT 


"Modern  ausgebildete  Sozialarbeiter  sind  renitent 
Sie  sind  etwas  uberheblich,  zu  theoretisch  und  zu 
xis  orientiert,  wollen  die  Gesellschaft  verandern 
gern  unter  und  wollen  die  Innenstruktur  der  Amter 
Einschatzungen  teilen  rund  40  %  der  Leiter  von  So 
a'mtern. 

Dr.  Bauerle,  Leiter  des  von  der  Arbeiterwohlfahrt 
tuts  fiir  Sozialarbeit  und  Sozialpadagogik,  sprach 
"Oberqualifizierung"  der  Fachhochschul-(FH-)Absol 
Dr.  Bauerle  diese  Oberqualifizierung  bejaht,  da  d 
bildung  ...  das  einzige  in  der  notwendigen  Breite 
ment  (sei),  die  Praxis  zu  reformieren"  (2),  spric 
einigung  der  kommunalen  Spitzenverbande  "schlicht 
ret i  si erenden  Verwi  ssenschaf tl  i  chung" . 

Nachdem  die  goldenen  Zeiten  familialer  Kooperation  zwischen  Ausbil- 
dungsstatten  und  Anstellungstragern  mit  Einfuhrung  der  Fachhochschu- 
len  endgultige  Vergangenheit  sind,  fordert  diese  einfluSreiche  Ver- 

•  .  • ~„    ^.-i  na    'Miii-z-K    Pf  1  -i  r  hf  nv^iif  I  inrtan    halonf  a    hraitfl    ^v.|  mHa  nc  K-i  1  Hun 


und  unpraktisch." 
wenig  an  der  Pra- 
ordnen  sich  nicht 
andern.  (1)  Diese 
zial-  und  Jugend- 

getragenen  Insti- 
1972  dezenter  von 
venten.  Wahrend 
ie  Reform  der  Aus- 
wirksame  Instru- 
ht  die  Bundesver- 
von  einer  "theo- 


die  "die  Mogncnkeit  des  TiexiDien  Kersonaieinsatzes"  ermdgl  ■.„.. „. 
Die  "zu  weitgehende  Wahlfreiheit"  soil  zugunsten  der  Verwaltungs- 
und  Rechtsfa'cher  abgebaut  werden.  Die  unangepaBten  Sozialarbeiter 
"verursachten  in  ihrer  Behbrde  ...  Konflikte  statt  sie  zu  Ibsen". 
Deshalb  erwarten  die  Sta'dte,  Gemeinden  und  Kreise  von  der  Ausbildung 
an  den  Fachhochschulen,  daB  sie  in  ihren  Zielen  die  verfassungsma'Bi- 
ge  Ordnung  und  die  gesellschaftl iche  Wirklichkeit  in  der  Bundesrepu- 
blik  achtet.  In  den  Fachhochschulen  muB  auch  vermieden  werden,  den 
Sozialarbeitern  eine  falsche  Grundhaltung  gegeniiber  ihren  kommunalen 
Dienstherren  zu  vermitteln.  Wer  in  den  Dienst  einer  kommunalen  Ge- 
bietskbrperschaft  tritt,  hat  die  Entscheidungen  der  kommunalen  Orga- 
ne  zu  achten  und  auszufuhren.  Es  ist  verfehlt,  eine  Grundhaltung  zu 
vermitteln  oder  zu  fbrdern,  die  die  Zustandigkeiten  der  kommunalver- 
fassungsrechtlichen  Organe  infrage  stellt  und  dazu  flihrt,  daB  offen 
gegen  sie  gewirkt  wird." 

Die  kommunalen  Spitzenverbande  fordern  deshalb  auf  "Landerebene  in- 
formelle  (!)  Gesprachskreise. .. ,  in  denen  Vertreter  aus  dem  Bereich 
der   b'ffentlichen  und  freien  Trager  des  Jugend-,  Sozial-  und  Gesund- 
heitswesens,  der  Fachhochschulen  sowie  Vertreter  der  fachlich  betrof- 
fenen  und  die  Aufsicht  ausiibenden  Ministerien  gemeinsam  die  zentra- 
len  Ausbildungsinhalte  und  andere  Fragen  der  Ausbildung  erdrtern, 
inn  deren  Praxisbezogenheit  sicherzustellen".  Sie  drohen  unmiBver- 
ct-andlich:  "Fachhochschulen,  die  diese  (o.g.)  Notwendigkeit  mcht 
beachten,  laufen  Gefahr,  den  beruflichen  Erfolg  ihrer  Absolventen  zu 


-  31  - 


beeintrachtigen."  (3)  Da  "informelle  Gesprachskreise'  den  notwendigen 
EinfluB  auf  die  "autonomen"  Fachhochschulen  nicht  gewahrleisten, 
soil  das  Berufspraktikum  entsprechend  den  Empfehlungen  des  Deutschen 
Vereins  fur  bffentliche  und  private  Fursorge  zweiphasig  (s.  weiter 
unten)  organisiert  werden. 


nicht  erschdpft  ist,  zeigt  die 
ters  Rau:  "Die  Anstellungstrager, 
n  in  gleicher  Weise,  haben  durch 
daruber  gelassen,  daB  sie  nicht 
n  Berufsvollziige  zu  wenig  ausge- 
u  erwartenden  hbheren  Gehaltsfor- 
seinfUhrungsjahr  (!)  bei  den  nach 
Fachhochschulen  bleiben  sollte." 
sungsmittel  dienen  die  Plane  fur 
(5). 


DaB  das  Repertoire  an  Druckmitteln 
AuBerung  der  NRW-Wissenschaftsminis 
und  zwar  die  koramunalen  wie  private 
ihre  Spitzenverbande  keinen  Zweifel 
bereit  sind,  die  fur  die  praktische 
bildeten  FH-Absolventen  mit  ihren  z 
derungen  abzunehmen,  wenn  das  Beruf 
ihrer  Meinung  hierfur  ungeeigneten 
(4)  Als  wei teres  politisches  Erpres 
eine  "Sozialassistentenausbildung" 

WIE  1ST  DAS  PROBLEM  ENTSTANDEN? 

1960  wurden  die  Berufsakademien  und  Wohlfahrtsschulen,  die  bis  dahin 
den  Berufsnachwuchs  ausgebildet  hatten     in  Hohere  Fachschulen  tur 
Sozialarbeit/-padagogik  umgewandelt     Die  Gliederung  der  Ausbil dung 
(ein  Jahr  Vorpraktikum  -  zwei  Jahre  Studium  einschl lefll ich  Block-  und 
Begleitpraktika  -  ein  Jahr  Beruf spraktikum)  wurde  ajgunsten  der  the- 
oretischen  Ausbildung  angehoben:   drei  Jahre  Studium  e inschl eBl   ch 
Block-  und  Begleitpraktika  plus  ein  Jahr  Berufspraktikum.  FUr  alle 
Praktika  -  auch  das  Berufspraktikum  -  war  eindeutig  die  Lenkungs- 
kompetenz  der  Hbheren  Fachschule  gegeben,  das  Berufspraktikum  ein- 
deutig  Teil   der  Ausbildung. 

Diese  Anhebung  der  Ausbildung  zahlte  sich  fur  die  Sozialarbeiter, 
jetzt  eindeutig  Angestellte  oder.Beamte  des  .^hobenen  Dienstes 
erst  1971   aus.   Spatestens  nach  vier  Berufsjahren  (bis  zur  Krise   19/4/ 
75  wegen  des  Sozialarbeitermangels  meist  fruher)  erfolgt  d  e  Eingrup- 
pierung  in  die  Gehaltsstufe  BAT  IV  b  statt  bis  dahin  BAT  VI  b. 

Im  Zuge  der  Hochschul reform,  auf  die  hier  nicht  naher  eingegangen 
wird,  wurden  die  "HFS"-en  zu  "FHS"-en  (Fachhochschulen).   Die  Abkur- 
zungsbuchstabenumgruppierung  tauschte  jedoch  nicht  nur  eine  "«us- 
anhebung  der  Absolventen  vor,  die  jetzt  ihre  theoretische  Ausbildung 
mit  der  Graduierung  abschlieBen,  sondern  war  zugleich  mit  biidungs- 
politischen  Extravaganzen  verbunden,  wie  sie  nur  auf  dem  Boden  kui 
turhoheitlichen  Provinzialismus  der  BRD  gedeihen  kbnnen.  Wahrend  in 
Bayern  und  Baden-Wurttemberg  die  Ausbildung  formal   der  EWG-Norm 
(achtsemestriges  Studium)  angepaBt  wurde,  dauert  in  alien  anderen 
Bundeslandern  die  FHS-Ausbildung  nur  sechs  Semester.  Unklar  und  zu- 
nehmend  uneinheitlicher  ist  das  daran  anschlieBende  Berufspraktikum 
geregelt,  obwohl   Gewerkschaften,  Beruf sverbande  und  Ausbildungsstat- 
ten  die  Integration  des  Berufspraktikums  in  die  theoretische  Ausbil- 
dung forderten. 

INTEGRIERTES  BERUFSPRAKTIKUM  -  "FORTSCHRITT"  AUF  BAYRISCH 

Das  formal  achtsemestrige  Studium  in  Bayern  und  Baden-Wiirttemberg. 
(die  Regelungen  in  Baden-Wiirttemberg  sind  denen  in  Bayern  ahnlich. 
Im  folgenden  werden  daher  die  bayerischen  Verhaltnisse  dargestellt.) 


32  - 


ist  keineswegs  eine  "fortschrittliche"  Lbsung.  Auf  "die  Erfordernisse 
der  Industrie,  Wirtschaft,  Verwaltung,  Behbrden,  sozialen  Einrichtun- 
gen  und  Kirchen  besonders  ausgerichtet"  (6),  absolvieren  die  Sozial- 
arbeiterstudenten  in  Bayern  in  5.  und  6.  Semester  zwei  praktische 
Stud i en semester  unter  Betreuung  durch  die  Fachhochschule.  "Da  die 
praktische  Ausbildung  Bestandteil  des  Studiums  ist,  steht  dem  Studie- 
renden  ein  gesetzlicher  Anspruch  auf  eine  Vergutung  durch  die  Aus- 
bildungsstelle  nicht  zu.  ...  Etwaige  Vergiitungen  der  Ausbildungs- 
stellen  werden  auf  die  Leistungen  nach  dem  Bundesausbildungsfbrde- 
rungsgesetz  voll  angerechnet."  (7) 

Damit  der  EinfluB  der  Fachhochschule  nicht 'zu  groB  wird,  bindet  die 
"Studienordnung  ...  den  Studierenden  an  die  Ordnung  seiner  Ausbil- 
dungsstelle  (d.h.  der  Dienststelle,  d.V.)  ...  VerstbBe  gegen  die 
Ordnungen  kbnnen  einen  wichtigen  Grund  bilden,  der  die  Ausbildungs- 
stelle  zur  vorzeitigen  AUflbsung  des  Vertrages  berechtigt."  (8)  Ein 
solches  Praxissemester  muB  durch  die  FHS-Prufungskommission  anerkannt 
werden  und  es  wird  im  Rahmen  eines  Collogquiums  gepruft,  ob  das  je- 
weilige  Ausbildungsziel  erreicht  wurde  Oder  nicht.  "Das  Bestehen  der 
Priifung  ...  ist  Voraussetzung  fur  das  Weiterstudium."  (9) 

Damit  trotz  achtsemestrigem  Studium  -  und  darin  liegt  insbesondere 
der  formale  Charakter  der  bayerischen  Lbsung  begru'ndet  -  der  gradu- 
ierte  Sozialarbeiter  (eine  staatliche  Anerkennung  wird  nur  auf  Wunsch 
erteilt,  urn  Nachteile  in  anderen  Bundeslandern  zu  vermeiden)  nicht 
auf  den  Gedanken  kommt,  er  sei  Angehoriger  nicht  des  "gehobenen  Dien- 
stes",  sondern  des  "hbheren  Dienstes",  werden  die  Praxissemester 
laufbahnrechtlich  nicht  anerkannt.  Die  Ausbildung  endet  mit  der  Gra- 
duierung. 

Wahrend  in  Bayern  unserer  Kenntnis  nach  die  staatliche  Anerkennung 
als  Sozialarbeiter/-padagoge  auf  bloBen  Antrag  hin  erteilt  wird, 
mussen  die  graduierten  Sozialarbeiter  in  Baden-Wurttemberg  vor  einer 
Kommission  des  Regierungsprasidenten  -  beteiligt  sind  auBerdem  Ver- 
treter  der  Trager  von  Sozialarbeit  und  Dozenten  der  FHS  -  ein  Kollo- 
quium  bestehen.  Besondere  "Praxisnahe  ":  Im  Sommer  1976  sind  Liber- 
durchschnittlich  viele  graduierte  Sozialarbeiter  durchgefallen.  (Ge- 
naue  Zahlen  fehlen,  vergl .  Artikel:  "Prufungsterror:  Mord"  S.    ) 
DaB  mit  diesen  Regelungen  die  Forderung  nach  einphasiger  Ausbildung 
kaum  formal  erfullt  sind,  dlirfte  bereits  klar  sein. 

SOZIALARBEITERAUSBILDUNG  IN  BERLIN  - 

DER  SEN  AT  BEFRIEDIGT  DIE  PERSONALBEDURFNISSE  SEINER  AMTER 


Gegen  den  heftigen  Widerstand  von  Gewerkschaften,  Berufsverbanden 
und  Fachhochschulen  wurden  1974  in  Berlin  Bezirksseminare  eingerich- 
tet,  die  Auswahl  und  Anerkennung  der  Praxisstellen,  Genehmigung  des 
Ausbi'ldungsplanes,  Betreuung  der  Praktikanten  und  AbschluBkolloquien 
durchfiihren.  Zwar  sind  Dozenten  der  Fachhochschule  beteiligt.  In  den 
Gremien  der  Seminare  und  in  Kommissionen  zur  Abnahme  der  Kolloquien 
stellen  sie  zusammen  mit  den  Beruf spraktikanten  eine  Minderheit 
gegenliber  den  Vertretern  der  Rmter  dar.  Der  damalige  Wissenschafts- 
senator  Stein  formulierte  in  einer  Stel lungnahme  zur  Verhinderung 
von  KampfmaBnahmen  an  der  Fachhochschule  eindeutig:  "Die  Zustandig- 
keit  fur  die  Beruf spraktikanten  kann  allerdings  nicht  bei  der  FHS 
liegen.  Sie  sind  in  dieser  Phase  der  Ausbildung  Bedienstete  des  Lan- 
des  Berlin  (soweit  sie  nicht  von  einem  freien  Trager  eingestellt 

-  33  - 


sind)  und  nicht  mehr  Studenten  der  FHS    Ju.  diesem ^u«l.  J.«n  .uch 
die  primare  Zustandigkeit  ...   nicht  Dei   aer  ens   neye  ,  Gestal_ 

bei  den  behbrdlichen  Anstellungstragern.  Wenn  d  e  FHS  an  der  Gesta^ 
tung  der  zweiten  Phase  mitwirken  sol    .so  kann  dies  nur  im  rammer,  aer 
behbrdlichen  Zustandigkeit  erfolgen."   (10)  Auch  hinsichtlich  der  in 
haltlichen  Gestaltung  der  Prakt,  j .is  tto Ein  fluMe    B  JfdJ.*^ 

tieren. 

HESSEN  HINTEN  -  HESSEN  VORN? 

In  Hessen  gelten  wie  in  den  meisten  BurriesUndern  noc}  die  alten.  vor 
E?n?Uhrung9der  Fachhochschulen  in ,r1nzip s  -  ^frS  ^         "o Se 
lungen.   Danach  dauert  die  Ausbildung  der  So     alar  eite  ^ 

stfssysis.SBaw  is j  ^^^r^s 

das  von  der  Fachhochschule  gelenkt  und  uberwacht  "JrJtellenSSchte 
digkeit  fur  das  Kolloquium,  die  Bewertung  der  PraxissteHenbencnte 

ehend  gewahrleistet.   Hinzu  kommt ,     d  B  die  Be rufsp        ikan     n  e  n 
mal  wbchentlich  zu  Praxisreflex  onen    dl^"^stei  i en  a 
wiegend  einen  Studientag)  und  einmal   je  Semester  zu  emwocmgen 
Fortbildungsveranstaltungen  zusammengezogen  werden. 

Diese  Regelungen  sind  oedoch  ubergangsregelungen     Die  ^Jhochschul- 

gesetze  sehen  eine  Re9e1st"dlenze^,inrd-erFa"hnochschulen  unzustan- 
bestandenem  Examen  und  Graduierung  s in    die  Fachn ch  en  ^ 

dig.   Berufspraktikanten  sind  desalb  aucn  ^elne.el^eLnanpn  -  be- 
denten  und  deren  Rechte  -  z.B.  die  Mitwirkung  in  FH-Organen 

stritten. 

EXKURS  ZUR  HOCHSCHULREFORM 

Nach  AbschluB  der  Wiederaufbauphase  der -BRD  verscharfte  Si^Anfang^ 
j«^  criav   bhro  fir  das  Kaoital    das  rrouiem,  nnscniuw  =•■ 

C  £    Pro KtS«SL£B  der  entwickeltsten  Industnena  lone 
USA  und  UdSSR  zu  finden.   Die  Extraprofite  aus  dem  Aufba der  BKU  wur 
den  von  steigenden  Lbhnen  aufgefressen,  auf  dem  Weltrnarkt  konnre  a  e 
bundesdeuttche  GroBindustrie  wegen  des  relativen  techno! ogischen  Ruck- 
Sdes  nur  schwer  konkurrieren!  Die  Einflihrung  f°rtgeschnttener 
t     u     i„«*L  ctPllte  iedoch  neue  Qualifikationsanforderungen  an  das 

schaftliche  Intelligenz.  Die  burgerlichen  Bildungspolitiker  waren 
deshalb  gezwungen,  das  Bildungssystem  der  BRD  zu  refonr  eren     Inst*. 
Sere  der  kostenaufwendige  Hochschul berech  muBte  rationel  er  und 
effektiver  gestaltet  und  den  Verwertungsinteressen  des  capitals  unter 
wTrfen  werdin.  Die  an  Wissenschaftsdisziplinen  orientierte  Ordmnen- 
unive?snat  erwies  sich  aufgrund  der  Autonomie  und  Autarkie  der  Hoch- 


34 


schulen  als  sehr  widerstansfahig.  Unterhalb  der  Ebene  der  Universi- 
taten  waren  Ingenieurschulen,  Fachschulen  institutionell  und  hin- 
sichtlich der  Ausbildungsinhalte  auBerordentl ich  zersplittert. 

In  dieser  Situation  bot  der  Ausbruch  der  Studentenbewegung  einen 
wi 1 1 kommenen  AnlaB,  den  Reformwillen  der  Studenten  vor  den  Karren 
der  Hochschul reform  zu  spannen.  Der  Kampf  der  Studenten  gegen  die 
Ordinarienu.niversitat  erleichterte  die  Auflbsung  verknbeherter  Struk- 
turen,  die  Errichtung  der  "demokratischen"  Hochschule  und  ihre  zu- 
nehmende  Unterwerfung  unter  die  Verwertungsinteressen  des  fortge- 
schrittenen  Kapitals.  Sobald  dieser  Durcbbruch  gelungen  war,  konn- 
ten  die  Bildungspolitiker  darangehen,  den  EinfluB  der  politisch  or- 
ganisierten  Studentenschaft  einzudammen,  ihre  Mitbestimmungsrechte 
in  den  Hochschulgremien  zurlickzunehmen.  Sozialistisch  orientierte 
Studentengruppen  sollen  mit  Hilfe  eines  neuen  Disziplinarrechts  und 
der  Praxis  der  Berufsverbote  zurLickgedrangt  werden.  Damit  dieses 
Ziel  nicht  erreicht  wird,  muB  der  Kampf  der  Studenten  gegen  Diszipli- 
nierung  und  Berufsverbote,  fur  demokratische  Studienbedingungen  und 
-inhalte  taglich  neu  organisiert  werden. 

Der  Kampf  der  Studentenbewegung  richtete  sich  jedoch  nicht  nur  gegen 
die  verrottete  Universitatsstruktur,  sondern  ebenso  gegen  die  Aus- 
bildungsinhalte. Die  sozialistische  Studentenbewegung  versuchte,  die 
Ausbildungsinhalte  an  den  Interessen  und  Bedlirfnissen  der  Arbeiter- 
klasse  zu  orientieren,  politisch-gesellschaftliche  Praxis  zu  entwik- 
keln  und  die  Erfahrungen  dieser  Praxis  mit  den  theoretischen  Inhal- 
ten  des  Studiums  zu  vermitteln.  Der  Versuch,  kritische  Theorie  und 
Praxis  in  der  Ausbildung  durch  das  Projektstudium  zu  verbinden,  muB- 
te  von  fortschrittlichen  Studenten  und  Dozenten  gegen  die  Hochschul- 
bu'rokratie  durchgesetzt  werden.  Im  Zuge  der  inzwischen  gestoppten 
Hochschul reform  wurde  das  Projektstudium  funktionalisiert,  und  in  die 
Teilreform  integriert.  Der  Boden  fUr  diese  Integration  wurde  durch 
die  Bundesassistentenkonferenz  bereitet,  die  die  Kriterien  des  Pro- 
jektstudiums  formal isierte,  indem  diese  von  den  konkreten  antikapi- 
talistischen  Kampf perspektiven  abstrahiert  wurden.  Projektstudium  im 
Sinne  der  Hochschul teilreform  hat  mehr  die  Anpassung  des  Studiums  an 
vorgegebene  Berufsanforderungen  zum  Ziel. 

In  Analogie  zum  Projektstudium  wurde  von  der  fortschrittlichen  Stu- 
dentenbewegung, insbesondere  im  Bereich  der  Sozialarbeiter/-padago- 
genausbildung,  die  Einphasigkeit  der  Ausbildung  gefordert.  Das  an 
das  theoretische  Studium  anschlieBende  Berufspraktikum  sollte  in 
Form  von  Praxissemestern  in  ein  insgesamt  mindestens  achtsemestriges 
Studium  integriert  werden. 

Die  formale  Einphasigkeit  des  Modells  Bayern  ist  jedoch  nicht  das 
Resultat  studentischen  Kampfes,  sondern  entspricht  Interessen  der 
Industrie,  die  ihre  Ingenieure  unangefochten  im  europaischen  Bereich 
einsetzen  mbchte. 

IST  DIE  EINPHASIGE  AUSBILDUNG  FORTSCHR1TTLICHER  ALS  DIE  DUALE? 

Die  einphasige  Ausbildung  wird  von  den  Gewerkschaften,  Berufsverba'n- 
dpn     der  Bundesarbeitsgemeinschaft  der  freien  Wohlfahrtspflege,  den 
Fachhochschulen    und  Teilen  der  Studentenschaft  gefordert.  Begriin- 
j  t  w-jrc|  diese  Forderung  mit  uberwiegend  hochschuldidaktischen  Griin- 


det  wi 


35 


den.  Die  Ausbildung  soil  an  und  in  Auseinandersetzung  ■ It  der  Pra 
xis,  teilweise  auch  alternativen  bzw.  modellhaften  Prax  i  de r  Sozial 
arbeit  erfolqen  und  die  Theorie  an  dieser  Praxis  onentiert  werden. 
Dadurch  kbnnte  das  praxisfre.de  Facherstudium  uberwunden  werden  und 
eine  realistische  Berufsvorbereitung  stattfinden. 

Gegner  der  einphasigen  Ausbildung  und  Bef iirworter  einer  Meiterent- 
wicklung  der  dualen  Ausbildung  sind  insbesondere  der  Deutsche  Ver 
ein  fur  offentliche  und  private  Fursorge,  die  koramunalen  Dachverb&n 
de,  das  Land  Berlin  und  die  Landesregierung  von  Ncrdrhein  "esttalen. 
Die  Hauptargumente  fur  die  Entwicklung  der  f^Bhasigen  Ausbildung 
hat  der  NRW-Wissenschaftsminister  Rau  am  6.9.19M  in  einem  SenraiDen 
an  den  Vorsitzenden  der  AG  Bildungspolitik  des  SPD-Landesvorstandes 

Nordrhein-Westfalen  formuliert:  vorantwortuna 

-  "Die  Einfuhrung  der  Nachwuchskrafte  gehort  in  die  Verantwortung 
derieniaen     die  die  Verantwortung  fur  die  Praxis  tragen. 

-  -         "       egraiton  der  Praxissemester  in  die  Fachhochsc  u  en     irgt 
die  Gefahr  in  sich,  die  Theorieaspekte  vorrangig  in  die  Praxis  ein 
zubringen,  ohne  daB  die  Studenten  zu  elner  verantwortung sbewuBten 
Berufshaltung  gefiihrt  werden     Es  zeigt  sic     schon  jetzt    daB  es 
den  Fachhochschulen  nicht  gelungen  1st,  den  Bezug  *ur  ™  |^it 
herzustellen,  daB  die  Absolventen  auf  die  berufliche  Soziaiaroeit 

ausreichend  vorbereitet  waren."  cnj+7envprhande  kei- 

-  "Die  Anstellungstrager,   ....   haben  durch  ihre  Sp  ^nverbande  kei 

nung  hierfur  ungeeigneten  Fachhochschulen  blelben  so lite. 
Sie  drohen  deshalb  mit  der  Durchsetzung  der  zur  Zeit  auf  Eis  geleg 
ten  Ausbildung  von  Sozialassistenten. 

Diese  Aussagen  machen  die  Funktion  der  dualen  Ausbildung  klar  Die 
Traoer  der  Sozialarbeit  sind  an  bequemen  und  fungiblen ^rb"tsKraT 
ten  interessiert     Da  sie  dieses  Interesse  uber  die  Fachhochschulen 

h        wfhrleisiet  sehen,  soil   das  Berufseinfuhrungsjahr  die  erf     - 
Herliche  Anoassung  der  Sozialarbeiter  grad.  an  die  Anforderungen  oer 
Dienststellen  leisten.   Das  Berufspraktikum  -  begriff lich  noch  Aus- 
l  lSun  sa  pekte  enthaltend  -  wird  durch  den  Begriff  Berufseinfuh- 
rungsjahr  -  Gewbhnung  an  die  Bewaltigung  des  Arbei tsanfalls  und 
dienststellengerechte  Erledigung  -  ersetzt.   Das  Kolloquium  zur  staat- 

chen  Anerkennung  kann  -  da  selektierend  -  als  Drue  ins  rumen 
einaesetzt  werden.   In  d  esem  Sinne  konsequent  enthielt  der  NKW  Ke 
q  erungsentwurf  zur,  Berufspraktikum  so  gut  wie  keine  Verbesserungen 
der  ffiikantenausbil dung"  Die  Erteilung  der  staatlichen  Anerken- 
nung sollte  dagegen  u.a.  an  die  Voraussetzung  gebunden  werden,  da 
sich  der  Bewerber  "nicht  eines  Vernal  tens  schuldig  gemacnt  hat,  aus 
dem  sich  die  Unzuverlassigkeit    zur  Ausubung  des  Berufs  ergibt     (ii>. 
Es  darf  angenommen  werden,  daB  diese  Regelungen  und  der  DrucK  des 
Einfuhrungsjahres  gewichtig  genug  sind.  die  Ausbildung  an  fachhoch- 
schulen und  die  Orientierung  der  Studenten  entscheidend  auch  wanrena 
des  Studiums  zu  beeinflussen  und  auf  Tragerinteressen  zu  tixieren. 

Die  einphasige  Ausbildung,  wie  sie  in  Bayern  praktiziert  wird,  stellt 
-  wie  oben  dargestellt  -  jedoch  zur  dualen  Ausbildung  keine  Alterna- 


36 


tive  dar.  Auch  bei  integrieten  Praxissemstern  sind  weder  die  Indu- 
strie (fur  die  technischen  Studiengange)  noch  die  Trager  der  Sozial- 
arbeit bereit,  sich  von  kultusministeriellen  Richtlinien  gangeln  zu 
lassen.  Die  praktische  Ausbildung  soil  an  ihren  Bedurfnissen,  ihrer 
Struktur  und  ihren  Kapazitaten  ausgerichtet  werden.  "Vorschriften 
Oder  Empfehlungen,  die  liber  den  Rahmenplan  hinausgehen  und  detail- 
liertere  Angaben  enthalten,  sollten  nicht  ausgegeben  werden,  weil 
die  Betriebe.je  nach  ihren  spezifischen  Fragen  und  Mbglichkeiten 
Freiheitsgrade  behalten  mussen."  (12) 

1st  die  Ableistung  der  Praxissemester  Voraussetzung  flir  ein  Weiter- 
studiura,  bietet  sich  dadurch  ein  von  den  Tragern  gehandhabter  NC  an. 
Ein  von  Behbrden  und  Tragern  verantwortetes  Kolloquium  verscharft  die- 
se Situation.  So  haben  in  diesem  Jahr  "uberraschend"  viele  Absolven- 
ten der  Fachhochschule  Mannheim  das  Kolloquium  trotz  intensiver  Vor- 
bereitung  nicht  bestanden:  Es  liegt  nahe,  einen  Zusammenhang  mit  der 
vor  eineinhalb  Jahren  vom  baden-wurttembergischen  Kultusministerium 
durchgeflihrten  Nacht-  und  Nebelaktion  zu  vermuten.  Damals  wurden 
schriftliche  Ausarbeitungen  der  Studenten  beschlagnahmt,  weil  der  Ver- 
dacht  bestand,  der  Fachbereich  Sozialarbeit  sei  "eine  linke  Kader- 
schmiede".Mehrere  nebenamtl iche  Dozenten  muBten  nach  der  Aktion  den 
Dienst  quittieren.  DaB  der  Druck  dieser  Kolloquien  terroristische 
Formen  annehmen  kann,  beweist  der  "Frei"-tod  einer  graduierten  So- 
zialarbeiterin  in  Freiburg  nach  nicht  bestandenem  Kolloquium. 
Gegeniiber  den  nur  scheinbar  gegensa'tzl ichen  Konzepten  der  Sozialar- 
beiterausbildung  muB  die  "alte"  Regelung,  Berufspraktikum  nach  der 
Graduierung  unter  Betreuung  der  Fachhochschule  geradezu  als  erstre- 
benswerter  und  ausbaufahiger  KompromiB  erscheinen. 

Die  Fachhochschulgesetze  erzwingen  jedoch  eine  "Reform"  der  Studien- 
brdnungen.  Zugleich  stehen  die  Kultusministerien  unter  dem  Druck, 
die  Beendigung  der  Sozialarbeiterausbildung  bis  zur  Staatlichen  An- 
erkennung zu  gewahrleisten.  Da  sie  jedoch  bei  den  Tragern  der  Sozial- 
arbeit keine  -  aufgrund  des  Praktikantentarifvertrages  -  "teuren" 
Ausbildungsplatze  bei  den  Tragern  der  Sozialarbeit  erzwingen  kbnnen, 
erhalt  die  einphasige  Ausbildung  eine  Chance.  Langzeitpraktika  waren 
dann  Bestandteil  der  Ausbildung,  die  Studenten  wurden  auch  wahrend 
des  "Berufs-  Praktikums  BafbG-gefbrdert,  wurden  also  den  Tragern  der 
Sozialarbeit  billig  -  wenn  nicht  kostenlos  -  zur  Verfugung  gestellt. 
Nur  so  ist  zu  erklaren,  daB  das  Hessische  Kultusministerium,  das  die 
einphasige  Ausbildung  bisher  ablehnte,  eine  Arbeitsgruppe  zu  dieser 
Problematik  eingerichtet  hat.  Selbstverstandlich  sollen  die  Praxis- 
zeiten  nicht  als  Studiensemester  angerechnet  werden,  so  daB  weiter- 
qehende  besoldungsrechtliche  Anspruche  von  den  Sozialarbeitern  nicht 
qestellt  werden  kbnnen. 

Die  von  der  Bundesvereinigung  kommunaler  Spitzenverbande  geforderte 
zweiphasige  Ausbildung  nach  dem  Muster  des  Deutschen  Vereins  hat  da- 
nach  nur  geringe  Chancen.  Das  bedeutet  jedoch  nicht,  daB  die  vom 
Deutschen  Verein  und  den  kommunalen  Spitzenverba'nden  angestrebten 
Disziplinierungsmechanismen,  die  geforderte  Anpassung  an  die  beste- 
hende  Berufspraxis  zu  den  Akten  zu  legen  waren.  Vielmehr  mussen  Kri- 
terien  fur  die  einphasige  Ausbildung  entwickelt  werden,  an  denen  der 
studentische  Kampf  orientiert  werden  kann. 


37 


KRITERIEN  FUR  EINE  EINPHASIGE  AUSBILDUNG 

1.  Die  Zustandigkeit  der  Fachhochschulen  fur  Berufspraktikanten 
bzw.  Praxissemester  muB  gewahrleistet  werden. 

•  Trotz  fehlender  Pan'tat  kann  die  Lenkungs-  und  Oberwachungsfunk- 
tion  der  Fachhochschule  gegenliber  den  Praktika  noch  am  ehesten  von 
Studenten/Praktikanten  beeinfluBt  werden.  Die  Fachhochschulen  sind 
aufgrund  ihres  Status  relativ  geschiitzt  vor  Einfliissen  der  Trager. 
Insbesondere  mu(3  die  Verantwortung  fur  die  Durchflihrung  der  Kollo- 
quien  und  die  Bewertung  der  Praxisleistungen  bei  den  Fachhochschu- 
len verbleiben. 

2.  Das  Praktikum  muB  auf  der  Grundlage  eines  arbeitsrechtlichen  Aus- 
bildungsvertrages  durchgefiihrt  werden. 

•  Diese  Forderung  ist  beim  "traditionellen"  Ber  ufspraktikum  gege- 
ben,  muB  auch  flir  Praxissemester  gewahrleistet  werden.  Die  Praxis- 
semester,  z.B.  in  Bayern,  werden  ohnehin  nur  als  "Null -Semester", 
also  nicht  gerechnet,  die  Praktikanten  gelten  als  Studenten,  Nur 
der  Arbeitnehmerstatus  begrlindet  jedoch  die  Kompetenz  der  Gewerk- 
schaften.  Die  Praktikanten  kbnnen  sich  zur  Durchsetzung  gewerk- 
schaftlich  organisieren. 

3.  Praxissemester  nur  bei  angemessener  Bezahlung  durch  den  Trager. 

•  Die  Tatigkeit  der  Praktikanten  wahrend  der  Praxissemster  muB  durch 
den  Trager  angemessen  vergutet  werden.  Die  quasi  berufliche  Tatig- 
keit erfordert  zusatzliche  Ausgaben  (z.B.  Kleidung,  Fahrgeld,  erhoh- 
te  Unkosten  fur  Essen  usw.),  die  durch  BefoG  nicht  erstattet  werden. 

•  Es  ist  nicht  vertretbar,  daB  Praktikanten  ihre  Arbeitskraft  dem 
Trager  kostenlos  zur  Verfligung  stellen.  Die  aufgrund  der  BafoG-Fi- 
nanzierung  fur  den  Trager  kostenlose  Arbeitskraft  wird  oft  deshalb 
nicht  den  Ausbildungszielen  entsprechend  eingesetzt.  Von  Studenten 
bayerischer  Fachhochschulen  liegen  Berichte  vor,  daB  sie  wahrend 
des  Praxissemesters  nur  zu  "Hilfsarbeiten"  wie  Oberwachung  des  Or- 
ganisationsplanes  von  Bildungsstatten,  Verteilung  von  Schreib-  und 
Arbeitsmaterialien  fur  Seminarteilnehmer  beschaftigt  wurden.  Lei- 
stet  der  Praktikant  jedoch  den  Berufsanforderungen  adaquate  Autga- 
ben,  so  ist  nicht  einzusehen,  warum  er  nicht  wie  bisher  tantver- 
traglich  abgesichert  bezahlt  werden  soil. 

•  Eine  qroBe  Zahl  von  Studenten  wird  nicht  durch  BafoG  getoroert, 
sondern  muB  neben  dem  Studium  jobben.  Die  Mbglichkeit  zu  jobber  wird 
ihnen  jedoch  durch  das  Praktikum  genommen.  Ein  vom  Trager  nicht 
bezahltes  Langzeitpraktikum  bedeutet  fiir  diese  Studenten  einen  ma- 

teriellen  NC. 

•  Da  die  Studenten  unter  normal  en  Arbeitsbedingungen  8  btunaen  tag- 
lich  arbeiten,  mussen  sie  hinsichtlich  der  Renter-  und  Arbeitslosen- 
versicherung  regularen  Beschaftigten  gleichgestellt  werden. 

4.  Der  Ausbildungscharakter  des  Langzeitpraktikums  muB  gewahrleistet 
werden. 

•  Das  Praktikum  muB  nach  einem  von  Praktikant,  Fachhochschule  und 
Trager  abgestimmten  Ausbildungsplan  durchgefiihrt  werden. 

•  Studientag,  Studienwoche  und  ausreichende  Reflexionsmoglichkeiten 
flir  den  Praktikanten  sind  unverzichtbar. 


-  38 


Praxisplatze  mussen  gewahrleistet  sein. 
Diese  Forderung  ist  unverzichtbar,  wenn  -  wie  in  Bayern  -  die  Ab- 
leistung  der  Praxissemester  Voraussetzung  flir  die  Fortsetzung  des 
Studiums  ist.  Angesichts  der  Arbeitslosigkei t  von  Sozialarbeitern/ 
-padagogen  mussen  Kultusministerien  und  Sozialministerien  gezwun- 
gen  werden,  mehr  als  bisher  flir  die  Gewa'hrlei stung  von  Arbeits- 
platzen  flir  Praktikanten  zu  investieren.  Zum  Beispiel  ist  denkbar, 
daB  Landeszuschlisse  zu  Personal  kosten  nur  dann  gewahrt  werden, 
wenn  in  einem  festzulegenden  Verhaltnis  Praktikanten  ausgebildet 
werden.  Neben  der  finanziellen  Forderung  von  Ausbildungsplatzen 
ist  eine  Verpflichtung  der  Trager  zur'Ausb  ildung  von  Praktikanten 
denkbar. 

Dabei  muB  das  Interesse    an  einer  fachlich  qualifizierten  An- 
leitung  bedacht  werden.  In  der  Regel  stellen  Praktikanten  fiir  an- 
leitende  Sozialarbei ter  eine  zusatzliche  Belastung  dar.  Deshalb 
muB  einerseits  flir  die  Anleiter  Reduzierung  der  Arbeitsaufgaben, 
Fortbildung  und  Ref lexionsmbgl ichkeit  gefordert  werden,  anderer- 
seits  muB  verhindert  werden,  daB  der  Status  der  Anleiter  an  forma- 
le  Kriterien  gebunden  wird  und  die  Hierarchisierung  der  Sozialar- 
beiter  fbrdert. 


6.  Kiindigungsschutz,  Urlab,  AbschluB  der  Ausbildung. 

•  Wahrend  des  Langzeitpraktikums,  insbesondere  wenn  es  in  zwei  Ab- 
schnitte  geteilt  werden  sollte,  ist  ein  erzwungener  Wechsel  der 
Praktikumsstelle  unmbglich  und  wlirde  stets  auf  eine  zeitliche  Ver- 
langerung  des  Studiums  hinauslaufen.  Entsprechend  dem  Ausbildungs- 
charakter des  Praktikums  und  der  damit  verbundenen  Ausbildungsver- 
antwortung  des  Tragers  muB  eine  Kundigung  des  Praktikantenverha'l t- 
nisses  durch  den  Trager  ausgeschlossen  werden. 

•  Ein  Praktikant,  der  wie  andere  Sozialarbeiter  8  Stunden  taglich  ar- 
beitet,  hat  Anspruch  auf  entsprechenden  Urlaub. 

•  Der  Trager  muB  verpflichtet  werden,  alles  zu  tun,  um  den  er- 
folgreichen  AbschluB  des  Praktikums  zu  sichern. 


w 

s 

u 

p 

l/J 

lz 

w  « 

S 

z 

N 

w 

c 

2 

i-< 

~^ 

4 


=-  t^=cT"  HINDERNISLAUF  FDR  BERUFSPRAKTIKANTEN 


ANMERKUNGEN: 


(1) 
(2) 

(3) 

(4) 
(5) 


(7) 
(8) 
(9) 

(10) 
(11) 

(12) 


Untersuchungsergebnisse  verbffentl icht  von  der  Deutschen  Zentra- 

le  fur  Volksgesundheitspflege,  Ffm,  1975 

W.  Bauerle,  Bildungsplanung  und  Praxisveranderung,  in  Tneone 

und  Praxis  der  Sozialen  Arbeit,  Bonn,  Heft  1/72 

Alle  Zitate  aus  der  Entschlie&ung  des  Gesamtvorstandes  der  Bun- 

desvereim'gung  der  kommunalen  Spitzenverba'nde  vom  14.9.76. 

Klammerzufugungen  vom  Verfasser. 

Schreiben  des  NRW-Wissenschaftsministers  Rau  an  den  Vorsitzenden 

der  Arbeitsgemeinschaft  fur  Bildungspolit.ik  beim  SPD-Landesvor- 

stand  vom  6.9.74.  Mit  diesem  Schreiben  sollte  die  SPD-Landtags- 

fraktion  zur  Zustimmung  zur  2-phasigen  Ausbildung  bewegt  werden. 

Die  Plane  flir  die  Ausbildung  von  Sozialassistenten  werden  haupt- 

sa'chlich  in  NRW  vorangetrieben.   Sie  ruhen  zur  Zeit  in  den  Schub- 

laden  der  zustandigen  Ministerien.   Beabsichtigt  ist  ein     Sozial- 

arbeiter"  auf  Fachschulebene.  Offiziell,  so  die  Begrundung,  soil 

der  "Sozialassistent"  dem  Sozialarbeiter  zugeordnet  werden;  von 

den  Ausbildungsinhalten  her,  soil   er  i hn  in  vielen  Arbeitsplatzen 

ersetzen.  D.Verf. 

Bekanntmachung  des  Bayerischen  Staatsministeriums  fur  Unter- 

richt  und  Kultur  vom  30.1.73  S.  1 

a.a.O.  S.  7 

Verordnung  Uber  die  praktischen  Studiensemester  fiir  Studieren- 
de  der  Fachhochschulen  in  Bayern  vom  30.1.73,  §  6 
Schreiben  des  Senators  fiir  wissenschaft  und  Kunst  an  den  Rek- 
tor  der  FHSS  Berlin  vom  5.7.74,  S.  2 

Entwurf  eines  Gesetzes  Uber  die  staatliche  Anerkennung  von  So- 
zialarbeitern  (grad.)  und  Sozialpadagogen  (grad.)  vom 
12.3.1974,  Landtag  NRW-Drucksache  7/3685  §  4         . 
Besprechung  im  bayerischen  Staatsministerium  fur  Unterricht  und 
Kultus  am  9.11.1970,  zitiert  in  "Das  Industriesemester  ,  Infor- 
mations broschil  re  des  AK  Praktikum  an  der  Fachhochschul e  Munchen, 


Seite  7. 


*•* 


5 

u 
s 

z 

< 

a 

o 

s 

§ 

a 

w 

in 

W3 

h 

H 

/, 

&j 

** 

u 

N 

U4 

-J 

U 
S3 
O 

N 
W 

0 

0- 

< 

a 

1— 

tj 



& 

M 


Ulrich  Stascheit 

ZUR  ARBEITS-  UND  VERSICHERUNGSRECHTLICHEN  LAGE 
DER  BERUFSPRAKTIKANTEN  (1) 


EINLEITUNG 

Die  folgenden  juristischen  Hinweise  dienen  einem  doppelten  Zweck: 
Einmal  sollen  sie  Berufspraktikanten  eine  erste  Orientierungshilfe 
auf  dem  weg  durch  den  arbeits-  und  versicherungsrechtlichen 
Dschungel  bieten.  Zum  anderen  kbnnen  sie  Argumente  liefern  flir  die 
Diskussion  der  Frage:  Soil  das  Berufspraktikum  beibehalten  oder  in 
ein  einphasiges  Studium  integriert  werden?  In  diesem  Zusammenhang 
ist  die  unterschiedliche  rechtliche  Ausgestal tung  von  Berufs-  und 
"integriertem"  Praktikum  lange  Zeit  vernachlassigt  worden.  Das  hat 
sich  geracht.  Viele  Studenten  und  zahlreiche  Dozenten  hatten  sich 
flir  das  integrierte  Praktikum  zurlickhal tender  eingesetzt,  hatten 
sie  die  im  Vergleich  zum  Berufspraktikanten  miserable  finanzielle, 
arbeits-    und  versicherungsrechtliche  Lage  des  "integrierten" 
Praktikanten  (2)  vorausgesehen. 

WIE  LASST  SICH  DAS  BERUFSPRAKTIKUM  RECHTLICH  EINORDNEN? 

Der  Oberblick  uber  die  rechtliche  Lage  des  Berufspraktikanten  wird 
dadurch  erschwert,  daB  Berufspraktikanten  rechtlich  "Zwitter"  sind. 
Ihr  Rechtsverhaltnis  vereinigt  in  sich  Elemente  eines  Ausbildungs- 
verhal tnisses  und  -  wenn  auch  modifiziert  -  Bestandteile  eines  re- 
gularen  Angestel ltenverhal tnisses .  Je  nachdem  welche  der  beiden  Sei- 
ten  man  betont,  kbnnen  Rechtsfragen  unterschiedlich  beantwortet  wer- 
den. Es  ist  deshalb  von  praktischer  Bedeutung,  den  Rechtsstatus  des 
Berufspraktikanten  genauer  zu  klaren: 

l.  Sind  Berufspraktikanten  rechtlich  Studenten? 
Vereinzelt  wird  die  Auffassung  vertreten,  Berufspraktikanten  hatten 
noch  den  Status  eines  Studenten  (3).  Diese  Auffassung  ist  nicht  halt- 
bar.  Aus  der  Landerhochschulgesetzgebung,  insbesondere  den  landes- 
rechtlichen  Ausbildungs-  und  Prufungsordnungen  ergibt  sich,  dal3  das 
Studium  und  damit  der  Status  als  Student  mit  der  Graduierungsprufung 
endet.  Deshalb  haben  das  Landessozialgericht  Niedersachsen  (4),  der 
Hessische  Verwaltungsgerichtshof  (5),  das  Bundesarbeitsgericht  (6) 
und  neuestens  das  Bundessozialgericht  (7)  es  abgelehnt,  Berufsprak- 
tikanten rechtlich  als  Studenten  zu  betrachten. 

2_  Sind  Berufspraktikanten  regulare  Auszubildende? 
Sind  demnach  Berufspraktikanten  auch  keine  Studenten,  so  befinden 
sie  sich  doch  in  Ausbildung.  Der  Ausbildungscharakter  des  Berufsprak- 
tikums  ergibt  sich  insbesondere  aus  den  Ausbildungs-  und  Prufungs- 
ordnungen der  Lander.  In  der  geltender  hessischen  Ausbildungs-  und 
Prlifungsordnung  ist  beispielsweise  von  "Ausbildung",  "Ausbildungs- 
stellen",  "Ausbildungsplan"  die  Rede.  Auch  der  Hessische  Verwaltungs- 

-  41  - 


gerichtshof  (5)  und  das  Bundessozialgericht  (7)  betonen  den  Ausbil- 
dungschrakter  des  Berufspraktikums. 

Fraalich  ist     ob  Berufspraktikanten  wegen  dieses  Ausbildungs^harak- 
tP«als  "Auszubildende"   im  Sinne  des  Beruf sbildungsgesetzes  (BebiG) 

legte  berufliche  Grundbildung"  veflfllttelt  wUrde  (§  l/^hrend  dls 
Eine  solche  berufliche  Grundbildung  sollte  aber  schon  wah^™  °e* 

di m    erfolgen.  Das  Beruf spraktikum  dient  mehr  dazu.  eine  in.  Sta- 
dium erworbene  Grundbildung  zu  erganzen  und  abzurunden. 

■,     cir.A  n=».,.fcnraktikanten  den  Auszubildenrien  ahnlicpp  Personen? 

Oder  Erfakrungen  zu  erverben,   ohm**  *JL  «T  3bie18  mit  der  Mali- 
dung  im  Sinne  dieses  <*****  *w*"j iJtVL }|     ^uf  die   Vertragsnieder- 
gabe,   daB  die  gesetzliche  Probezeit  abgeku r^t     auf  diev       J 
sJhrtft  verzichtet  und  bei  vorzeiUger  LOsung  des   VjfW«f*££ 
nisses  naeh  Ablauf  der  Vvobezeit  ahletchend  von  §  16  Abs. 

f^T:atHtS?Vb1Zr9leblGfUr  Berufspraktikanten  gilt    Das 
Es  ist  umstntten,  ob  §  19  MDib  t  k  AnWendung  des 

r^^1C       Jeruft     i   h  date     zu  Unrecht  auf  das  Bundesarbeitsge- 
lint^nn  2slS  sarbeitsgericht  bat  in  dem uS  f-nten       -_ 

s1  sa  r«aa "  w?a&§-  ^rfs^rrj-flt- 

Sraktikum  absolvieren"   (9).  Das  helBt.  nach  Auffassung  Jes^Bundes 

erfaBt"  wird  (10). 

4.  Kann  mit  Berufspraktikanten  rechtswirksam  ein  regularer  Arbeits- 
vertrag  abgescillSSiSP  werden? _.  , , — -— tTTC^Pnver^ 

r  ieS       Aenannten'Be^tLungen  des  BebiG  aber  nurdannAn- 

2,  "soweit  nicht  ein  Arbeitsve^ 
die  Fa'lle  nicht  selten,  in  denen  Berufspraktikanten  re  me 
vertrage"  abschlieBen  (mUssen).  Entgegen  dem  Wortlaut  d  eser  Ver 
traae  kann  sich  der  Berufspraktikant  auch  in  diesen  Ml  en  auT  aen 
A    9b  1         scharakter  berufen  mit  der  Folge    daB  uter  §  19  B eb  G 

ein  Teil   der  Bestimmungen  des  BebiG  an"f  dbar,blel";nD?"?sachlicn 
tkantenverhaltnis  wird  inhaltlich  mcht  nur  durch  den  »«acnncn 
ab  e  ch  ossenen  Vertrag  geregelt.  Auch  die  .Best  lounger   d ^j«t 
lichen  Ausbildungsordnungen  gestalten  als  offent  i ch-rechtl  1  cne  «us 
b    dungsvorschriften  unmittelbar  das  Berufspraktikantenver  a  tnis 
(1).  Da  diese  Vorschriften  (z.B.  liber  die  Notwendigkeit  eines 
h    dunqsplans")  zwingend  den  Ausbildungscharakter  betonen,  kann 
rechtlich  zuVassig  mit  einem  Berufspraktikanten  kein  reines  Arbeits- 


42  - 


verha'ltnis  vereinbart  werden. 

Andererseits  la'Bt  sich  nicht  leugnen,  daB  das  Beruf spraktikanten- 
verhaltnis  gewichtige  Elemente  eines  regularen  Angestell tenverhalt- 
nisses  enthalt.  Deutlich  zeigt  das  der  Praktikantentarifvertrag 
(vgl.  unten  S.   ).  Zwar  spricht  auch  er  vom  "Ausbildungsverha'l  tnis" 
Die  Hbhe  des  "Entgelts"  und  die  im  Tarifvertrag  vorgeschriebene 
Geltung  der  fur  vergleichbare  Angestellte  maBgebenden  "sonstigen  Ar- 
beitsbedingungen" riicken  den  Berufspraktikanten  gleichzeitig  in  die 
Na'he  eines  regularen  Angestellten.  Regularer  Angestellter  wird  er 
aber  hinsichtlich  der  "sonstigen  Arbeitsbedingungen"  nicht.  Denn 
diese  gel  ten  nach  dem  Wortlaut  des  Praktikantentarifvertrags  nur 
"sinngema'B".  "Sinngema'Be  Geltung"  bedeutet  dabei:  die  fiir  regulare 
Angestellte  maBgebenden"sonstigen  Arbeitsbedingungen"  gelten  nur  in- 
soweit  fiir  das  Beruf spraktikum,  "soweit  sich  aus  seinem  Wesen  und 
Zweck  und  aus  dem  (2.  Teil  des)  Berufsbildungsgesetz  nichts  anderes 
ergibt  (vgl.§§  19,  3.  Abs.  2  BebiG).  Zweck  des  Berufspraktikums  ist 
die  Ausbildung.  Soweit  dieser  Ausbildungszweck  gefahrdet  oder  ver- 
eitelt  wu'rde,  gelten  die  "sonstigen  Arbeitsbedingungen"  vergleich- 
barer  regularer  Angestellter  nicht  fiir  Berufspraktikanten. 

5.  Ergebnis 

Als  Ergebms  kbnnen  wir  festhalten;  das  Beruf spraktikantenverhal tnis 
ist  weder  ein  reines  Angestellten-  noch  ein  Berufsausbildungsverhalt- 
nis  im  Sinne  des  BebiG.  Es  ist  vielmehr  ein  Vertragsverhaltnis  eige- 
ner  Art,  auf  das  Liber  §  19  BebiG  ein  Teil  der  fiir  Auszubildende  gel- 
tende  Vorschriften  und  Uber  §§19,  3.  Abs.  2  BebiG  (in  Verbindung 
mit  §§  4,  5  des  Prakti kantentarifvertrages)  auch  angestell tenrecht- 
liche  Bestimmungen  insoweit  Anwendung  finden,  als  sie  den  Ausbil- 
dungszweck des  Berufspraktikums  nicht  beeintrachtigen. 

Diese  Zwitterstel lung  mag  das  folgende  januskopfige  Schaubild  ver- 
deutlichen.  Es  gibt  einen  groben  und  unvoll  sta'ndigen  Oberblick  iiber 
die  Rechtsquellen,  die  das  Berufspraktikumsverha'ltnis  beeinflussen. 
Der  Oberblick  muB  deshalb  grob  und  unvoll standi g  bleiben,  weil  Be- 
rufspraktikanten bei  unterschiedlichen  Tra'gern  arbeiten.  Fiir  jeden 
dieser  Trager  gelten  zum  Teil  unterschiedliche  Bestimmungen  je  nach- 
dem,  ob  es  sich  beispielsweise  um  einen  Trager  im  bffentlichen  oder 
privaten  Bereich,  ob  es  sich  um  einen  konfessionellen  oder  nichtkon- 
fessionellen  Trager,  ob  es  sich  um  einen  GroBunternehmer  in  Sachen 
"Soziales"  oder  um  einen  winzigen  eingetragenen  Verein  handelt. 

EINZELFRAGEN  ZUM  BERUFSPRAKTIKANTENVERTRAG 


1.    VertraqsabschluB 

Nicht  selten  hbrt  man  von  Berufspraktikanten,  die  schon  einige  Wo- 
chen  ihres  Berufspraktikums  abgeleistet  haben,  den  Satz:   "Ich  ar- 
beite  schon  x  Wochen,   habe     aber  noch  immer  keinen  Vertrag."  Diese 
Praktikanten  kbnnen  beruhigt  schlafen.  Besteht  mit  der  Praktikanten- 
stelle  Einigkeit  Liber  die  Ausbildung  als  Berufspraktikant  bei  einer 
bestimmten  VergLitung,   so  ist  ein  Beruf spraktikantenvertrag  geschlos- 
sen.  Denn  zu  seiner  GLiltigkeit  bedarf  der  Berufspraktikantenvertrag 
wie  der  ein  regulares  Berufsausbildungsverhaltnis  begrlindende  Ver- 
trag  (12)   nicht  der  Schriftform.   Ist  demnach  auch  der  mlindlich  ver- 
einbarte  Berufspraktikantenvertrag  giiltig,  so  empfiehlt  es  sich  den- 

-  43  - 


HOCHST  UNVOLLSTANDIGE  OBERSICHT  VON  RECHTSOUELLEN 


ZUM  BERUESPRAKTIKANTENVERHALTNIS 


Allgemeine,  fur  regulare  Angcstellte  geltende  Rechtsquellcn 


Besondere,  fiir  Bcrufspraktikanten  geltende  Rechtsquellen 


Gesetze 

z.B.  Bundes- 

urlaubsGs; 

Mutterschutz- 

Gs;  GrundGs; 

Arbeiterfor- 

derungsGs; 

Reichsversi- 

cherungsord- 

nung;  Perso- 

nalvertretungs- 

gesetze;  Betr.- 

VerfassungsGs. 


Kirchen- 

gesetze 
z.B.  Kirchen- 
gesetz  iibcr 
Mitarbeiter- 
vertretung  i.d 
Ev.Kirche  in 
I  lessen  u. 
Nassau 


Rechtspre- 

chung 

der  Vcrfas- 

sungs-,  Arbeits-, 

Verwaltungs-, 

Sozialgcrichtc 


larifver- 
triige 

z.B.  BAT  nebst 
Sonderregelun- 
gen,  z.B.  fiir 
Angestcllte  in 
Anslalten  und 
Heimen  (SR  2b 
BAT);Bundes- 
Mantellarifver- 
trag  zwischen 
Arbcilcrwohl- 
fahrt  u.BTV 


Tarifmtrag 

u.B.  Prakti- 
kantentarif- 

vertrag 


Betriebsver- 
einbarungen 

z.B.  in  der  Ar- 
beiterwohlfahrt 
iiber  die  Erstal- 
tung  von  Fahrt- 
kosten 


Einzel- 
arbeits- 
vertrag 


Arbeitsver- 

tragsricht- 
linien 

Richtlinicn 

fiir  Arbeits- 

vcrtrage... 

des  Deutschcn 

Paritiitischen 

Wohlfahrtsver- 

bandes 


Dienstan- 
weisungen 

z.B.  Allgemei- 
ne Dienstan- 
weisung  Stadt- 
verwaltung 
Frankfurt; 
Einzclanwei- 
sungen  des 
Vorgesetzten 


Praktikanten 
vertrag  mit 
Ausbildungs 
plan 


zr 


4r 
4r- 


Recht- 
sprechung 

z.B.  der 

Arbeitsge- 

richtsk.zum 

BebiG 


Spezielle  Ar- 
beitsvertrags- 
richtlinien  f. 
Berufsprakti- 
kanten 

z.B.  Anlage  711 
zu  Richtlinien 
fiir  Arbcitsver- 
triige  in  den 
Einrichtungen 
des  Dcutschen 
Caritasverbandes 


Verord- 
nungen 
z.B.  Aus- 
bildungs- 
ordnungen 
der  Lander 


Gesetze 
z.B.BebiG 
iiber  §  Id 
BebiG 


noch,  ihn  schriftlich  abzuschlieBen.   Bei  Schriftform  laBt  sich  das 
Vereinbarte  leichter  beweisen.  Jedenfalls  sol  1 te  der  Beruf sprakti- 
kant  versuchen,  den  Ausbildungsplan  als  Teil  des  Praktikantenvertra- 
ges  schriftlich  zu  vereinbaren.   Die  Schriftform  des  Ausbildungsplans 
zwingt  Praktikumsstelle,  Berufspraktikanten  und  Praxisdozenten  ,  sich 
Gedanken  Liber  die  Art,  die  Phasen  und  das  Ziel  des  Beruf  spraktikums 
zu  machen.   Ein  ausbildungsfreundlicher,  schriftlich  fix  erter  Aus- 
bildungsplan erlaubt  es  dem  Berufspraktikanten  zudem,  sich  auch  ju- 
ristisch  erfolgreich  gegen  die  Aufburdung  ausbildungsfremder,  zeit- 
lich  sich  hinziehender  Routinearbei t  zu  wehren. 

o     a^„Ainnnn  Hpg  Rpnif spra kt i kantenverha  1  tni sses   (I  J) 
AnaeHchts  der  zuneh^enden  bewerberzahl   und  der  3gnTverbundtnen 
Angesicnts  aer  zunenmc,  Berufspraktikanten  zu  bekomnien, 

zuhbhlen.  At~~\S^ 

PH4  S000 

}<mQ  f        /ur\d{  wsere .     - 


2.1.  Warm  ist  eine  fristqemaBe  Kundigung  mbqlich? 
So  emptienlt  beispielsweise  der  Hessische  Arbeitgeberverband  der  Ge- 
meindenund  Kommunalverbande  seinen  Mitgliedern,  in  Berufspraktikan- 
tenvertragen  eine  Kiindigungsfrist  von  nur  zwei  Wochen  zum  Monats- 
schluB  festzulegen.  Der  Hessische  Minister  der  Justiz  zwang  den  im 
Justizdienst  beschaftigten  Berufspraktikanten  sogar  elnen  Praktikan- 
tenvertrag  auf,  der  eine  jederzeitige  ordentliche  Kundigung  mit  Frist 
von  einer  Woche  zum  Monatsende  zulieB.  Eine  solche  Klausel  ist  nicht 
nur  unsozial,  sie  ist  zudem  auch  gesetzwidrig. 

Selbst  die  nach  Protest  der  Fachhochschule  Frankfurt  vom  Justizmini- 
ster  in  Anlehnung  an  §  53  Abs.  1  BAT  eingera'umte  Kiindigungsfrist  von 
2  Wochen  zum  Monatsende  ist  gesetzwidrig.  Gent  man  mit  der  oben  ver- 
tretenen  Auffassung  davon  aus,  daB  gema'B  §  19  BebiG  auf  das  Berufs- 
praktikantenverha'ltnis  ein  GroBteil  der  Bestimmungen  des  zweiten 
Teils  des  BebiG  anwendbar  sind,  so  gilt  hinsichtlich  der  fristgemas- 
sen  (ordentlichen)  Kundigung  folgendes: Gema'B  §  15  BebiG  ist  nach  Ab- 
lauf einer  Probezeit  eine  fristgema'Be  Kundigung  durch  die  Praktikums- 
stelle   nicht  mehr  moglich,  eine  dennoch  vereinbarte  Kiindigungs- 
frist zugunsten  der  Praktikumsstelle   rechtlich  bedeutungslos  (14). 

Allerdings  kann  nach  Ablauf  der  Probezeit  auch  der  Berufspraktikant 
seinerseits  gema'B  §§  19,  15  Abs.  2  Nr.  2  BebiG  fristgema'B  nur  dann 
klindigen,  "wenn  er  die  Berufsausbildung  aufgeben  oder  sich  fiir  eine 
andere  Berufsta'tigkeit  ausbilden  lassen  will".  Dabei  muB  er  eine 
Kiindigungsfrist  von  4  wochen  einhalten.  Kiindigt  ein  Berufspraktikant 
ordentlich  ohne  diesen  Grund  (er  will  z.B.  in  eine  andere  Praktikan- 
tenstelle  uberwechseln) ,  und  halt  er  vielleicht  noch  nicht  einmal 
die  4-Wochen-Frist  ein,  so  passiert  ihm, jedenfalls  juristisch  (15), 
nichts.  Insbesondere  braucht  er  keinen  Schadenersatzanspruch  zu  be- 
furchten.  Anders  als  bei  regula'ren  Auszubildenden  ist  ein  Schadens- 
ersatzanspruch  wegen  vertragswidriger  vorzei tiger  Ldsung  des  Berufs- 
praktikantenverhaltnisses  nach  Ablauf  der  Probezeit  ausgeschlossen 
(§§  19,  16  Abs.  1  S.  1  BebiG)  (16). 


2.2.  Probezeit  wa'hrend  des  Berufsprak-ti  kantenverha!  tni  sses 
Halt  man  unter  Berufung  auf  §§  19,  15  BebiG  eine  fristgema'Be  Kundi- 
gung durch  den  Trager  auBerhalb  der  Probezeit  fur  unzulassig,  so  muB 
man  allerdings  gleichzeitig  damit  rechnen,  daB  der  Trager  sich  ent- 
sprechend  §§  13,  15  Abs.  1  BebiG  eine  Probezeit  ausbedingt,  inner- 
halb  derer  eine  Kundigung  "jederzeit  ohne  Einhaltung  einer  Kiindi- 
gungsfrist" moglich  ist.  Zur  Wirksamkeit  bedarf  die  Kundigung  der 
Schriftform  (§§  19,  15  Abs.  3  BebiG). 

Gema'B  §  13  S.2  BebiG  darf  die  Probezeit  hbchstens3  Monate  betragen. 
Die  Lange  dieser  Probezeit  mag  angesichts  der  in  der  Regel  3  Jahre 
dauernden  Berufsausbildungsverhaltnisse  angemessen  sein.  Fur  das 
nur  1  Jahr  dauernde  Berufspraktikum  ist  eine  Probezeit  von  3  Mona- 
ten  zu  lang.  Man  wird  als  angemessene  Probezeit  1  Monat  ansehen 
mussen. 

Anders  als  beim  Berufsausbildungsverhaltnis,  bei  dem  gema'B  §  13  S.2 
BebiG  die  gesetzliche  Probezeit  mindestens  1  Monat  betragen  muB, 
kann  beim  Berufspraktikanten  gema'B  §  19  BebiG  auch  eine  kiirzere  Pro- 
bezeit als  1  Monat  vereinbart  werden.  Die  Probezeit  kann  demnach  bei 
Berufspraktikanten  auf  1  Tag  beschrankt  werden.  Vereinzelt  wird  so- 

-  47  - 


gar  die  Auffassung  vertreten,  eine  Probezelt  kBnne  bei  ^^bi  dungs 
verhaltnissen  nach  §  19  BebiG  entfa  len  (17  .  Wer  also  das  GlUck  hat, 
.It  seiner  Praktikumsstelle      ledlglich  Beginn  und  Ende  des  Prjkti 
kantenverhaltnisses  vereinbart  zu  haben,  muB  sich  1«  Kon  l^ttai  i 
nicht  nachtraglich  eine  Probezeit  und  damit  die  umstandslose  Kund 
barkeit  aufdrangen  lassen. 

2  3    Erneute  Probezelt  nach  Dbernahme  der  Berufspraktikapten? 
s'kommHmmer  wieder  vor,  daB  Trager   .hren  p^gSbfter 
sie    nach  Beendigung  des  Berufsprakt  kws  auf  eine  S«l"«rbe1t«r 
stelle  Ubernehmen,  eine  neue  Probezeit  (<im  offentlichen  Dienst  ge 
ml  5  BAT*  Sate)  aufhalsen  wollen.  Wahrend  dieser  Pr  bezel  - 

ben  die  Trager  dann  erneut,  mit  einer  verkurzten  Frist  (imottentn 
chen Dienst  genSB  §  53  Abs.  1  BAT:  2  Woe  hen  j :m  Monat  s  ch  ; 

t"  S    VkfnnenfdaB  sich  der  Berufspraktikant    erpro        hat. 

StehtNfrh  I  I  kann  mi?einm  Sszubildenden,  der  iibernonunen  wird, 
to  ne "problzeiSehr  5ere  ntaX  werden.  Auch  wenn  §  5  BAT  wegen 
r i  f  RAT  nicht  unmittelbar  anwendbar  ist,  so  muB  doch  der dem  §  5  BAT 
Lgrundf  liegende  RechSgedanke  auch  fur  den  ubernommenen  Berufs- 
praktikanten  gelten. 

Bevor  iTdie  Frage  beantworte,  muB  -  «,  keine  Verwirrung  zu  stif- 
+„„  a^  uorhaltnis  dieser  sechsmonatigen  Wartezeit  zur  HroDezeit 
te^"  t  Jn  nnwohl  d  e  Probezeit  bei  Arbei tnehmern  haufig  (vgl . 
It  I  I  5  £\  SSlSift  is  6  Monate  dauert,  muB  die  sechsmonatige 
fitetelt  Jlch  §  KSchG  von  der  Probezeit  eines  Arbei tnehmers  ge- 
5  1  h  getrennt  werden.  Als  Faustregel  kann  man  Sic h  mer  en:  D  e 
Probezeit  eines  Arbei tnehmers  bedeutet  in  der  Regel.  daB  die  KUmH 

r^m   ^ezeit^nTl^l  ShftE     t  S ^  ts 
fir  d  e  ilk  rzung    on  Ku nd    ungsfristen,  sondern  nur    daB  wahrend 
dieseJ  Wartezeit  der  Arbeitgeber  fristgemaB  kundigen  kann,  ohne  daB 
er  linen  In  §  1  Abs.   2,3  KSchG  genannten  Grund  haben  muB. 

Nun  zur  Beantwortung  der  Frage:  fech  inzwischen  elnhelliger  Meinung 
zahlt  bei  der  Berechnung  der  Wartezeit  nach  §  1   Abs.   1   Kbchb  die 
Ausbildungszeit  mit  (19).  Deshalb  brauchen  von  ihrer  Praktnkum  stel- 
le  ins  Angestell  tenverha'ltnis  ubernommene  Berufspraktikanten  nicht 
die  sechsmonatige  Wartezeit  abwarten.   Sie  konnen  sich,  wird  ihnen 
nach  der  Obernahme  fristgemaB  gekundigt,  sofort  auf  das  Kicnu.  Deru 
fen. 


48 


2.5.  Wann  ist  eine  fristlose  Kundigung  moqlich? 

Wahrend  der  gesamten  Dauer  des  Berufspraktikums  kann  dem  Berufsprak- 
tikanten, auch  wenn  das  nicht  ausdrlicklich  vereinbart  worden  ist, 
fristlos  "aus  einem  wichtigen  Grund"  gekundigt  werden  (§§  19,  is' 
Abs.  2  Nr.  1  BebiG).  Einem  Trager,  der  dem  Berufspraktikanten  frist- 
gemaB nach  Ablauf  der  Probezeit  nicht  kundigen  kann,  bleibt  demnach 
noch  genug  Spielraum,  einen  miBliebigen  Berufspraktikanten  fristlos 
loszuwerden.  Denn  was  ein  "wichtiger  Grund"  ist,  bestimmen  die  Ar- 
beitsgerichte,  die  -  insbesondere  wenn  es  um  politische  Betatigung 
und"Stb'rung  des  Betriebsfriedens"  geht  -  an  den  "wichtigen  Grund" 
nicht  allzu  hone  Anforderungen  stellen.  Auf 'die  umfangreiche  schwam- 
mige  Rechtssprechung  zum  "wichtigen  Grund"  kann  hier  nicht  eingegan- 
gen  werden.  Ich  muB  mich  hier  auf  drei  Tips  beschranken,  die  fur  den 
fristlos  entlassenen  Berufspraktikanten  vielleicht  hilfreich  sein 
konnen: 

2.5.1.  Das  Bundesarbeitsgericht  laBt  die  fristlose  Kundigung  gegen- 
uber  Auszubildenden  nur  unter  erschwerten  Voraussetzungen  zu.  Bei 
der  Prufung  des  "wichtigen  Grundes"  ist  "nicht  nur  die  Zweckbestim- 
mung  des  Vertrages,  na'mlich  zu  einem  BerufsabschluB  fur  den  Auszu- 
bildenden zu  fuhren,  sondern  auch  die  im  Zeitpunkt  der  Kundigung 
bereits  zuriickgelegte  Ausbildungszeit  im  Verhaltm's  zur  Gesamtdauer 
der  Ausbildung  zu  berucksichtigen"  (20).  Je  naher  also  der  AbschluB 
des  Berufsausbildungsverhaltnisses  geriickt  ist,  desto  groBere  An- 
forderungen sind  an  das  Vorliegen  eines  "wichtigen  Grundes"  zur  frist- 
losen  Kundigung  zu  stellen.  Diese  Rechtssprechung  muB  entsprechend 
fur  Berufspraktikanten  gelten,  umso  mehr,  als  eine  Unterbrechung 
des  Berufspraktikums  nicht  nur  dessen  AbschluB  hinauszogert,  sondern 
auch  die  Anrechenbarkei t  bereits  abgeleisteter  Teile  des  Berufsprak- 
tikums gefa'hrdet,  falls  die  Unterbrechung  langer  als  (in  Hessen) 
6  Monate  dauert. 

Inzwischen  vertreten  einzelne  Arbeitsgerichte  sogar  die  Auffassung, 
daB  "kurz  vor  Prufungsbeginn  die  fristlose  Kundigung  eines  Auszu- 
bildenden in  der  Regel  nicht  mehr  mbgl ich  ist"  (21). 

2.5.2.  Die  fristlose  Kundigung  muB,  um  wirksam  zu  sein  -  anders  als 
der  AbschluB  des  Berufspraktikantenvertrages  -  schriftlich  erfolgen. 
Zur  Wirksamkeit  der  fristlosen  Kundigung  gehort  auch  die  schriftli- 
che  Angabe  des  wichtigen. Grundes  (§§  19,  15  Abs.  3  BebiG).  Nach  Auf- 
fassung des  Bundesarbeitsgerichts  "mlissen  die  Kundigungsgrunde  jeden- 
falls  so  bezeichnet  werden,  daB  der  Kundigungsempfanger  eindeutig 
erkennen  kann,  um  welche  konkreten  Vorfalle  es  sich  dabei  handelt" 
(22). 

2.5.3.  Eine  fristlose  Kundigung  ist  unwirksam,  wenn  die  ihr  zugrunde 
liegenden  Tatsachen  dem  zur  Kundigung  Berechtigten  langer  als  2  Wo- 
chen  bekannt  sind  (§§  19,  15  Abs.  4  S.  1  BebiG). 

DIE  VERFAHREN  VOR  DEM  ARBEITSGERICHT  NACH  EINER  KUNDIGUNG 


|.  Klage 


1.1.  Wann  sollte  der  gekUndigte  Berufspraktikant  klage 
Bei  ordentlichen  fristgemalien  Kundigungen  nach  Ablauf 


gen? 

Bei  ordentnenen  tnstgema&n  Kundigungen  nach  Ablauf  der  Probezeit 
und  bei  fristlosen  Kundigungen  sollte  der  geklindigte  Berufspraktikant 
regelma'Big  Klage  erheben.  Die  Erfolgsaussichten  dieser  Klagen  von 
Berufspraktikanten  sind  hoher  als  entsprechende  Klagen  regularer  An- 


qestellter.  Denn  eine  fristgemaBe  Kundigung  1st  ja  nach  Ablauf  der 
Probezeit  ausgeschlossen;  und  auch  an  eine  fristlose  Kundigung  eines 
Berufspraktikanten  werden  -  wie  auf  Seite      dargelegt  -  J°™^  "™ 
mit  Fortgang  der  Ausbildungszeit  auch  mhaltUch  htfhert  Anforderun- 
gen  gestellt  als  bei   fristlosen  Kundigungen  gegenuber  einem  regula- 
ren  Angestell ten. 

JernaJtnfisBlS  kompliziert  ist  es,  die  Frage  nach  der  Frist  zu  be- 
antworten,  innerhalb  derer  vor  dem  Arbeitsgericht  gegen  "neKUndl- 
qung  geklagt  werden  muB.   Die  fUr  regulare  Arbeitnahmer  geltende  Faust- 
reSel!  wonach  die  Klage  innerhalb  von  drei  Wochen  seit  Zugang  der 
Kundigung  beim  Arbeitsgericht  eingegangen  sein  muB  (§§  4,  13  Abs.   1 
KSchG),   gilt  fur  Berufspraktikanten  in  der  Regel   nicht. 
GekUnd  gte  Berufspraktikanten  nuissen  m  folgenden  Fa     en  d  e  3-Wo- 
chen-Frist  nicht  einhalten,  kbnnen  also  auch  noch  spater  kagen. 
I  In  den  ersten  6  Monaten  des  Berufspraktikums,  gleichgultig  ob  ihnen 
fHstSemSB  oder  fristlos  gekUndigt  worden  1st;  denn  in  den  ersten 
6  Monaten  gilt  gemaB  §  1   Abs.   1   KSchG  das  Kundigungsschutzgesetz 
und  damit  die  3-Wochen  Frist  des  §  4  KSchG  noch  nicht. 
•  In  den  zweiten  6  Monaten  des  Berufspraktikums  nach  fristgemaBer 
Kiindigung;  denn  das  Kundigungsschutzgesetz  und  damit  §  4 ;  KSchG 
findet  gemaB  §  13  Abs.   3  KSchG  auf  befnstete  Arbeits-  und  Ausb!l- 
dungsverhaltnisse  keine  Anwendung   (23).  f^c-fln^r  KiinHi 

I  In  den  zweiten  6  Monaten  des  Berufspraktikums  nach  fnstloser  Kundi- 
gung, wenn  die  fristlose  Kundigung  wegen  fehlender  Schriftform 
(vgl.  SeiteW  )  unwirksam  ist  (24). 

Die  3-Wochen-Frist  des  §  4  KSchG  muB  gemaB  §  13  Abs     1   Satz  2  nur 
einaehalten  werden,  wenn  dem  Berufspraktikanten  in  der  2.  Halfte  des 
B        s     a  ?ikums  fristlos  gekUndigt  worden  ist  und  er  die  Kundigung 
wegen  Fehlens  oder  zu  spater  Gel tendmachung  des  wichtigen  Grundes 
(vgl..  Seitekl  )  fur  unwirksam  halt  (25). 


2     EinstweiligeVerfuqunq  .         .      .      .,. 

2.1.  Warum  sollte  der  gekundigte  Berufspraktikant  eine  einstweilige 

VerfLiqung  beantragen? -. 1 — 7 r- 

Selbst  wenn  der  Berufspraktikant  den  kundigungsprozeb  gewinnt,  ent- 
stehen  ihm  in  Folge  des  schon  in  erster  Instanz  monatelang  dauernden 
Verfahrens  erhebliche  Nachteile:   Durch  die  Unterbrechung  des  Berufs- 
praktikums wahrend  des  Prozesses  wird  die  Beendigung  des  Berufsprak- 
tikums und  damit  die  staatliche  Anerkennung  als  Sozialarbeiter  ver- 
zbgert.   In  Landern,  in  denen  -  wie  in  Hessen  -  eine  mehr  als  sechs: 
monatige  Unterbrechung  des  Berufspraktikums  grundsatzl ich  unzuiassig 
ist    muB  der  Berufspraktikant  zudem  befurchten,  daB  auch  schon  absoi- 
vierte  Teile  des  Berufspraktikums  nicht  angerechnet  werden. 
Gegen  diese  Gefahren  kann  das  Eilverfahren  der  einstweil igen  vertu- 
qunq  helfen:   Im  Wege  der  einstweiligen  VerfLigung  kann  der  Berufsprak- 
tikant durchsetzen,  auch  wahrend  der  Dauer  des  Kundigungsprozesses 
weiterbeschaftigt  und  -ausgebildet  zu  werden.  Das  einstweilige  Ver- 
fugungsverfahren  dauert  meist  nur  2  bis  3  Wochen.  Allerdings  bringt 
die  zugunsten  des  Berufspraktikanten  erlassene  einstweilige  verfu- 
gung  keine  endgultige  Entscheidung,  sondern  garantiert  nur  die  Fort- 
fuhrung  des  Berufspraktikums  wahrend  der  Dauer  des  Kundigungsprozes- 
ses.  Die  einstweilige  Verfiigung  nimmt  die  Entscheidung  im  Kundigungs- 
prozeB  nicht  vorweg,  kann  deshalb  auch  die  Erhebung  der  Kiindigungs- 
klage  nicht  ersetzen. 


2.2.   Was  setzt  die  einstweilige  Verfiigung  voraus? 
gin  eine  einstweilige  Verfiigung  zu  erhalten,  muB  der  Berufspraktikant 
beim     zustandigen  Arbeitsgericht  beantragen,  "dem  Antragsgeqner 
(Praktikumsstelle)   im  Wege  der  einstweiligen  Verfiigung  -  weqen  der 
Dnnglichkeit  ohne  miindliche  Verhandlung  -  bei  Vermeidung  eines  vom 
Gencht  fur  jeden  Fall  der  Zuwiderhandlung  festzusetzenden  Zwanqsqel- 
des  zu  verpflichten,  den  Antragsteller  (Berufspraktikant)  entspre- 
chend  dem  Praktikantenvertrag  weiterauszubilden  und  zu  beschaftiqen  " 
Die  einstweilige  Verfiigung  setzt  -  vereinfacht  dargestellt  -  dreierlei 
voraus: 

hZ'll  2!n.so?enannten  "Verfugungsanspruch",  d.h.  der  Gekundigte  muB 
glaubhaft  darlegen,  daB  er  weiter  ausgebildet  werden  muB,  weil  die 
Kundigung     offensichtlich  unwirksam"  ist  (26).  Wahrend  es  fur  einen 
regularen  Arbeitnehmer  in  der  Regel  sehr  schwer  ist,  glaubhaft  zu  ma- 
chen,  seine  Kundigung  sei   "offensichtlich  unwirksam",  wird  dies  einem 
Berufspraktikanten  vor  allem  in  folgenden  Fallen  einfach  gelingen- 
Bei  der  fristgemaBen  Kundigung  nach  Ablauf  der  Probezeit,  weil  nach 
•  wahrend  der  Probezeit,  wenn  die  Kundigung  nicht  schriftlich  er- 

folgt  ist; 
I  immer  nach  Ablauf  der  Probezeit,  weil   nach  Ablauf  der  Probezeit 

eine  fristgemaBe  Kundigung  ausgeschlossen  ist. 
Bei  der  fristlosen  Kundigung, 

wenn  die  Kundigung  und  der  "wichtige  Grund"  nicht  schriftlich  mit- 

geteilt  worden  sind; 

wenn  seit  Kenntnisnahme  vom  "wichtigen  Grund"  mehr  als  14  Tage 

verstrichen  sind; 

wenn  der  Berufspraktikant  unmittelbar  vor  Beendigung  des  Berufs- 
praktikums steht; 

in  anderen  Fallen,  wenn  der  "wichtige  Grund"  offensichtlich  an 
den  Haaren  herbeigezogen  worden  ist. 


51  - 


tra  bar  ist  und  der  1^bildungsansp™ch      ^gehen d  du ^esetzt        _ 
werden  muB.  Anders  als  be    regularen  Arbeitnehnern  be  t  t 


denkbar,  daB  ein  rechts  ranges  ur«   ,     n  .mw   -.» -        -       ^ 

erst  nach  Ablauf  eines  Jahres  oder  noch  spater  erge ne 

die  Gefahr  besteht,  daB  der  Antrags ^Jer  im  Fal  e  elne  8 

den  Urteils  seine  Ausbildung  mcht  menr  moigreicn  u   _ 

£l  eine  kontinuierliche  Ausbildung  mcht    r? g  g^,. 

anderer  Stelle  des  Urte  lis  begrUndet  da s  Arbe  tsge ncn  feh1enden  Lehr. 

EilbedUrftigkeit  zusatz  "chda.1t.da B    ang esichts  ae  ^ 

stellen  ...  dera  Auszubildenden  mcht  einmai  mogncn  :>= 

neue  Ausbildung  zu  beginnen"  (28).  Auszubildenden  sprechen, 

Die  Griinde,  die  fur  die  Eilbedurftigkeit  be    «""U^i  k 

gel  ten  auch  fur  Berufspraktikanten    Eine  ^itere^ber^  g     3     h       be_ 

zusatzlich  dafUr    be1  ^^)SsWd£^r\S^^  e'erufspraktikant 
jahen.  Anders  alsein  reguiarer  «u»"  ,       vertragSW1. 

kelnen  Ersatz  des  Schadens  verlangen.  den  er  durch  elne  vt       g 

£15  TsTbs19!  s"  19BeMGr( »  nnlin'zu'unrecht  gekundi   ter 

KUndigung  entstandenen  Schaden  geltend  machen,  so  mu»  er 

gung  Je?bundeneH  Schaden  so  gering  wie  noglich  zu  halten. 

2  2  3    Verfligungsanspruch  und  Verfugungsgrund  f  «en  gUubhaft  ge-_ 

ot'von^eugerd^Gerfcht'vTrsichern,  daB  seine  Behauptungen 

richtig  sind. 

DIE  PRAKTIKANTENTARIFVERTRAGE 


m.  jgg  TnHfiiertraqe  in  Hffpntnchen  Dienst 
r  lm  bffenthchen  Mensttatige  Berutspraktikar 


I^^Uffireffiff^  in  der  Fassung  vo, 

b)  der^TarSvertrag  liber  eine  Zuwendung  fur  Praktikantinnen  (Prak- 

HkantenV  vora  12.10.1973  in  derFassung  vom  7.11.19". 
n»r  Prmlkintentarlfvertrag  regelt  einen  Teil  der  Ausbil dungs-  und 
KB  ngSngen  der  Beruf sprlkti  kanten .  Der  "Tari f vertraj ,  uber 
eine  Zuwendung"  legt  die  Voraussetzungen  und  die  Hohe  des  Heihnachts 

AusdpiatzgrUnden  kann  hier  nur  der  Praktikantentarifvertrag  -  aus- 
Li  A      ahopdruckt  werden    Der  "Tari f vertrag  Uber  eine  Zuwen- 
dS?     St  in  dfn  gSeren  BMlKoLentaren  (30)  und  bei  Kiihne  ,ren 
Jandzio!  Rech?  der  sozialen  Arbeit,  Reihe  Goldmann  Gesetze  Nr.  Gol 
8049,  Munchen  1976  zu  finden. 

-  52  - 


- .  Tarifv<rtrag  . :'>    . '"'.  '.■  ;/  \V.  /■':  \/,-  ::..-;.;-.-.^  W:;':r'  '^ 

vpml7,  DpzcmbtT  19?0 

fiber  die  Re  gc  lung  der  ArbeJlsbedlngungen  der  Praktikantrn  (Praktikantinnen) 

fttrBerufe  dec  Sozial-  und  tie*  Erzlehungsdienstes, 

zulelzt  gciindert  durihdcn  Andorung9-T«rilv<?rttag  vom  17  Mai  1976 

z*yi*chc*\  ■  .'■ 
■|.pi«^Bund^5republikI!>eatstJilaniJ,\ 
^■.iVjWfl'retcft  dttrch  den  BumWsminSsierdes  Iruiprn, 
::r;der-Tarifg«meins^aftdi;»t9cher  lander,    . 
it^ertcpJondur^dcn  Vorsil/erdcs  Vorstandcs,    . 
dor  Vcreinigung  der  kommunnJcn  ArbeilgcbcrverliSndc, 

vctfretcn  durch  -icn  Vor»nnd,  eioeiiCiU 

und.  :_■_■.■■■ 

detf  tte^'crkschaft  Dffcnllivity  PJensle,  Transport  und  Verkehr 
-nau^iVOrBtand-* 
'::|'iier:Dcti^dhpn'An'gcfrtc])iim*GewerksdiQ/t'' 
-  Btindesvomand  -  andctct  jeiti 

wird  fur  di?  Praktikflnlcti  tProk(iknntinnen) : 

a)  fur  den  Beruf  des  r>o;ul.itbcit«r«/dcfi  Sozi.iIpHdogogen  wjhiend  der  praktl- 
■  s^iepTtitigkelt,  die  ji;uh  den  geltendeft  AusbUdungsordn 
Anc.kcnnun^  ah  S02i.1I;  cbeltej.'als  Sozi.tIpadagogc  vorauazngchenhat, 

..b)fut  den  Bfirafdes  Erjiidhers/ider  Erzleherin/ 's  *      inei.       <       or      nn 

w^hrend  dci  praktlschen  TatigkcK,  die  nach  <Vn  gcltcnden  Au^Mldungsord- 
nur.j-.n  d«*r  srootlichrn  Anerkennung  .il^  Crzielier/iils  Kindcrg3ilncrln  bnv, 
dot  sr.uiliclu-n  Priidti.u  j\\  Klndergarlncrln'ali  Hortnrrin  vorauszugchon  Ini 

c)   Kir  d#n  Ucruf  di*r  Kijidcrpde^erin  wahrend  der  pr.iku;tncn  Tatickpll    die 

nach  den  ge^enden  AuEbildungEordnungen  der  •> 
■  ■ . .  Kinderpflegerin  voraiiwiigeKeniiat,,. 

A.folgCfyles  v«ci(u»arl: 

Si 
G  e  1 1  u  n  g  i  b  e  r  e  i  c  h 

Dieser  Tarifvcflrag  gilt  fiii  I?rjktik.>n!cn  (Praktikantinnen),  die  in  einem  Aus- 
blldungsvcrhdllni!!  ;mn  l-.nid.  zu  eineni  Land  oder  flnem  Mit^lied  elnes  Mlt- 
glledverbandce  der  Vcrcinigungder  komnuitulen  Arb«ilgcberverbinde  slehen. 


I  n  t  g  c  1 1 


.^kiiUfl 


.'■lu-n  nionadlA  folgendirs  Hntgclt  und 


Fnlgelt 
DM 


:  VerKvirjfoitfi*: 

viuchJ  g 

DM 


1333,07 

?0.88 

1333.W 

70.83 

IIOO,W 

67.50 

UOO.'i 

♦  7/-> 

11O0.7* 

47^,0 

1042.04 

67  JO 

dec  Co;i.'.lp.;d.n;ogcn 

'Ki  sind      artnerin 

der  Hortnrrin 

der  KihdfrpDfgt'rln 

lttt  die  Z.thtuiig  de>  Vcrl^irjtetcnauitkUgs  gttt  $42  des  Bund»besoy^|^>j 
gesetze-;  ciiUprechenJ. 

Das  Enlgelt  isr  101  Funftehnlen  eln«s  fi'drji  Monats  (Ur  d«n  1aufend«n  Monat 

A  rbel  tazcif 

Dtc  AibeittKelt  rithiol  sich  n«ch  d*n  tvi  drm  Aibcllgaber  fur  die  ent»pred\«n- 
4en  Ange«tdlten  }evvcjl<  mafigebonden  Betttmntui^eri. 


a)  bei  tiller  iatch  IMall  Oder  Krenkhei   vcrurmehttn  Arb.l ttuaflM|k*fl "?" 

wiihrend  «ta«r  von  elitem  Soalalveraichcrung.  IrSger  oder  ciner  Vw    »8> 

behorde  verordnctcft  Kur  oder  Unci  Hcllverfaiircn.  bii  mr  Dauer  von  ikm 

Wochen, 

W  b»i  etaer  Arbelt.unfahlgkeit  Infolge  Arbeli.imf.l!.. [Oder  B«niffkr»nUii««  l» 

Sinn*  d«  Relch«v»r>lcherung*ordnuitg  bl.  «u  olncr  Dauer  von  wolf  Wocnen, 

ledoch  nicht  ilber  die  Dtucr  del  AofblUun»«v,rMlt„l»e.  hlniwi.,  weli«. »«M 

St.  -  Ah.  tu.nri  der  Praklikant  (die  I'rakt  kantln)  aleh  dit  ArbelNunfahlgkelt  vor- 

fu^^t&Z&itoi**™  nlchl  gen.hmlg.en  NriMtfMlk*  «•» 

.ogenhat,  J4s 

Anwendung  de«««Sat*i 

fcelStk«dciii«iuU«i<*Pllkhtl,8'»1!"D,u" 

[  Vbm  Abdfutk  <tw  §  «■«  »»•«»  *"«*  «**!?"***■] 

§5 
SonsilgeArbeitsbedingung.n 
1    '«,  '«■   ,«ji    !)„i„^.,Auiiccn  flirt]b«r«tunden,  Bt«IUoh»fl»dl«n»t  und  Rufbe- 

Bcslimmungdn  jlnniwnHS  an.uwcnd.n. 
Far  Ober.lu.idcn,  D«.ll«h?fl.dtei*  R^?^JL ^A^I^JS 

,T  rar'dlc  M  do.  SuliluMtan  und  de.  ^laloSd.gogen  M  v.  H.  '«  filr  die 

AotendlienderVirgUlungigrupreVooAi, 
:   b)  (Ur  V  -We  ...  taivhm.  da  K)ndergar.n„ir,  undder  Hor.ner  ■  50  V.  H 

tofikdl«A«g.st*lllcnderVergUlung»sruppcViIBAT, 
t)  fUr  d«n  Beraf  der  Kimlerrnegerln  so  v,  H.  der  flir  die  Ange»l.llt«n  der  Ver- 

HlUo.nat'fifuppe VfitUAT  ,  ' 

ltw.ll.  maSgebervden  BolrSg*  gcuhlt.  Die  Zcl(*M.chWp  (llr  die  Arbeit  an  bams, 
i  „ ..  >n  d«  Zelt  von  »  Uta  bl.  21  Uiu  ""J  «"I»""J  <*«  N«"<  w«rd,!n  >wlc";h 
mvolfcrHohegeiahit 

Dm  Wen  elmr  gewUhrien  Unlerkunft  wird  ta  Berel*  der  ■""arlfgemelrusheft 
d.  ,«  uX  «. d  i«.  tterelA  der  Verelnlgung  der  kommuna  en  ArtdW*«- 
, « r  In  ;<..,«  dem  TarUvirtrag  liber  die  Bewertung  der  Personaltrnterkanf e  fUr 
\mI«.Ml«W«  iB  d„  Jewell.  «eltend,.nh..urig  J>ofd« 
•.., .  '  l  ,  er  M.8gabe  ..ngcrechnel.  J.ie  der  ru>d<  $  3  Abs. 1  Unter.b..  1  d«» 
1  p  iten  '.rlfvertroges  maBgebende  Quadratmetcr.au  urn  15  v.  H.  iu  kuraen 
1st 

5  o 
SchwelgepHlckt 

i      .       n  (Praktlkimllnnen)  nnlerUrgen  beeflglldi  drr  SAwelgepflidil  den- 
,       -      mungen  wle  die  enieptenSendon  Ange.lelllen  d«  Arbeilgeben. 

S  1 
AuxchluSfrl.t 

Ansorllctie  no.  e.nem   Au.hilJung>v«ihi»nl».  dn<  dlctetn    rorilvertrag  ur.ler- 
Hi  st    u%'  h  ,>erhalb  einec  Au««hlu8frl«  von  «ecb»  Monaten  mcb  Enl.tehen  del 

A     y        «    ijnMtllch  gellend  JU  mJchen. 

S» 

§» 
Inkraf  ttrelen,  t»uf  reil 

lies'    T«  ivertrag  Iritl  am  Lfek^w  >.«.   in  Krafi.  Er  kann  mil  clner  Frist 
•    Mmm.   jeweil»    lum    Ende   elnes    Kalendervleilelj.hret   «hrlfllidl 
rden.  §  2  Saiz  1  Irltl  mlt  dem  AuSerkrafttrelen  de»  (.well,  gtlteti- 
den  Verguhmg«larifvetlMg.«  mm  BAT  au8ef  Kraft. 


2.   Hinweise  zutn  Praktikantentarifyertraq 

Aus  Platzgrllnden  ist  es  merit  mbglich,  Jen  Praktikantentarifvertrag 
detailliert  zu  komnentieren.  Die  folgenden  knappen  Hinweise  kbnnten 
aber  hilfreich  sein: 

2.1.  Zur  soaenannten  Tarifqebundenheit 

Ein  unmittel  barer  und  unabdingbarer  tarifvertraglicher  Anspruch  kann 
grundsa'tzlich  nur  innerhalb  eines  Vertragsverha'ltnisses  entstehen. 
dessen  beide  Parteien  Mitglieder  der  tarifschlieBenden  Verba'nde  sind 
(§  3  Abs.   1  Tarifvertragsgesetz).  Danach  ha'tten  einen  unmittel baren 
und  unabdingbaren  Anspruch  aus  dem  Praktikantentarifvertrag  nur: 

•  gewerkschaftlich  organisierte  Berufspraktikanten  im  bffentlichen 
Dienst.nicht  aber: 

•  nicht  organisierte  Berufspraktikanten  im  bffentlichen  Dienst; 

•  organisierte  Berufspraktikanten  bei  freien  Tragern; 

•  nicht  organisierte  Berufspraktikanten  bei   freien  Tragern. 

In  der  Praxis  kommen  aber  regelma'Big  auch  nicht  organisierte  Berufs- 
praktikanten im  bffentlichen  Dienst  und  haufig  auch  Berufspraktikan- 
ten bei  freien  Tragern  dadurch  unmittel bar  in  den  GenuB  des  Prakti- 
kantentarifvertrags,  daB  in  ihrem  Praktikantenvertrag  die  Geltung 
des  Praktikantentarifvertrags  vereinbart  wird. 

9.2.  Zu  5  1:  Geltungsbereich 

Der  Tarifvertrag  gilt  nur  fiir  Berufspraktikanten.   In  der  Niderschrift 
liber  die  Verhandlungen  der  Tarifvertragsparteien  vom  18.1.1972  ist 
ausdrlicklich  festgehalten  worden:  Zwischen  den  Tarifvertragsparteien 
besteht  Einvernehmen,  daB  dieser  Tarifvertrag  nur  fur  die  Praktikan- 
ten  gilt,  die  nach  AbschluB  ihrer  theoretischen  schulischen  Ausbil- 
dung  ein  echtes  Berufspraktikum  ableisten.  Der  Tarifvertrag  gilt  dem- 
nach  nicht  flir  Personen,  die  wahrend  ihrer  theoretischen  schulischen 
Ausbildung  Praktika  ableisten. 

7..?.  Zu  §  2:  Entgglt 

2.3.1-  Durch  den  Anderungstarifvertrag  vom  17.5.1976  wird  -  anders  als 
bisher  -  nicht  mehr  ein  gesondertes  Entgelt  flir  verheiratete  Berufs- 
praktikanten ausgewiesen,  sondern  ein  Verheiratetenzuschlag  ge- 
zahlt.  Gema'8  §  2  Abs.  2  Praktikantentarifvertrag  haben  Berufsprakti- 
kanten einen  Anspruch  auf  diesen  Verheiratetenzuschlag  unter  den  glei- 
chen  Voraussetzungen,  unter  denen  Beamte  auf  Widerruf  (Anwa'rter) 
den  Verheiratetenzuschlag  erhalten.  Der  Anwarterverheiratetenzuschlag 
ist  in  §  62  Abs.  1  Bundesbesoldungsgesetz  geregelt.  §  62  Abs.  1  lau- 

tet: 

n  Ben  Anw&rteiv>er>heiratetenzuschlag  . . .   erhalten 

1,  verheiratete  Amo&rter  und  verwitaete  Anwarter, 

2.  Anwa'rter,  deren  She  geeakieden,  aufgehoben  oder  far  nichtig 
erklart  worden  ist,  wertn  sie  aus  der  Ehe  zum  Unterhalt  verpfliah- 
tet  sind, 

S.   andere  Anwarter, 

a)  denen  Kindergeld  nach  dem  Bundeskindergeldgesetz  zusteht  oder 
o}me  BerUokeichtigung  des  §  3  oder  §  8  des  Bundeskindergeldge- 
setzes  zustehen  wttrde, 

b)  die  in  ihrer  Wohnung  einev  anderen  Person  nicht  nur  vorttber- 
gehend  Vnterkunft  und  Unterhalt  gew&hren,  Weil  sie  gesetzlich 
oder  sittlich  dazu  verpflichtet  sind  oder  aus  gesundheitlichen 
Gminden  ihrer  Hilfe  bediirfen." 
2-4  kbnnen  aus  Platzgrllnden  hier  nicht  abgedruckt  werden.) 


(Abs 


-  55  - 


2.3.2.  Die  Teilnahme  an  Ausbildungsveranstal tungen  der  das  Prakti- 
kum  lenkenden  und  uberwachenden  Fachhochschule  darf  nicht  zu  einer 
Minderung  des  Entgelts  fiihren  (Abschnitt  II  Nr.  2  der  Niederschrift 
uber  die  Verhandlungen  der  Tarifvertragsparteien  vom  17.12.1970). 

2.3.3.  In  der  Vergangenheit  ist  die  Praktikantenverglitung  entspre- 
chend  den  Verglitungen  ira  bffentlichen  Dienst  kontinuierlich  gestie- 
gen.  In  Zukunft  besteht  die  Gefahr,  daB  die  Vergutung  drastisch  ge- 
senkt  wird.  Eine  konzertierte  Aktion  zur  Verbilligung  der  Berufsprak- 
tikanten  haben  jiingst  die  Landesregierungen  gestartet: 

"Die  Veranderung  der  Situation  seit  Einfiihrung  des  Praktikantenta- 
rifvertrages  -  damals  herrschte  groBer  Fachkraftemangel  -  zwingt 
dazj,  das  Problem  des  Unterhaltes  von  Praktikanten  neu  zu  uberden- 
ken.  Da  das  Berufspraktikum  in  den  Ausbildungsordnungen  verankert 
und  als  Teil  der  Ausbildung  definiert  ist,  wurde  die  systematisch 
richtige  Ldsung  nicht  in  einer  tarifvertraglichen  Vergutung,  son- 
dern  in  einer  FbYderung  nach  dem  Bundesausbildungsfbrderungsgesetz 
bestehen."  (31  .„  , 

"Das  Berufspraktikum  gilt  als  Bestandteil  der  Ausbildung  mit  der 
Folge,  daB  die  Berufspraktikanten  nach  dem  Ausbildungsfbrderungsge- 
setz  gefbrdert  werden  kbnnen,  sofern  die  Voraussetzungen  dafur  vor- 
liegen".  (32) 

2.4.  Zu  §  5:  Sonstige  Arbeitsbedingungen 

Nach  §  5  des  TaHfvertrags  gelten  hinsichtlich  der  dort  aufgezahlten 
Arbeitsbedingungen  der  Berufspraktikanten  "die  fur  entsprechende 
Angestellte  bei  dem  Arbeitgeber  jeweils  maBgebenden  Bestimmungen  . 
Allerdings  gelten  sie  nur  "sinngema'B".  "Sinngema'Be  Geltung"  bedeutet: 
die  fur  regulare  Angestellte  maBgebenden  Arbeitsbedingungen  sind  nur 
insofern  auf  das  Berufspraktikum  anwendbar,  "soweit  sich  aus  seinem 
Wesen  und  Zweck  und  aus  dem  (2.  Teil  des)  Berufsbi ldungsgesetz 
nichts  anderes  ergibt"  (vgl.  §§19,  3  Abs.  2  BebiG). 
Zweck  des  Berufspraktikums  ist  die  Ausbildung.  Soweit  dieser  Ausbil- 
dungszweck  gefa'hrdet  Oder  vereitelt  wlirde,  gelten  die  Arbeitsbedin- 
gungen regularer  Angestellter  nicht  fur  Berufspraktikanten.  DaB 
auch  die  Tarifvertragsparteien  die  Arbeitsbedingungen  regularer  An- 
gestellter nur  unter  diesem  Ausbildungsvorbehal t  angewendet  sehen 
wollen,  beweist  zum  Beispiel  die  Niederschrift  iiber  die  Verhandlung 
der  Tarifvertragsparteien  vom  5./6.3.1 972.  Danach  besteht  zwischen 
den  Tarifvertragsparteien  Einvernehmen,  "daB  Oberstunden,  Bereit- 
schaftsdienst,  Rufbereitschaft  und  Nachtdienst  grundsatzlich  nur  zu 
Ausbildungszwecken  abgeleistet  werden." 

Zu  den  im  bffentlichen  Dienst  geltenden,  "sinngemaB"  auf  Berufsprak- 
tikanten anwendbaren  Bestimmungen  gehbren  neben  dem  BAT  insbeson- 
dere  die  sogenannten  "Sonderregelungen"  zum  BAT.  Je  nach  Arbeitsfeld 
sollte  sich  der  Berufspraktikant  mit  folgenden  Sonderregelungen 
vertraut  machen: 
•  Sonderregelungen  fur  Angestellte  in  Kranken-,  Heil-,  Pflege-  und 

Entbindungsanstalten  ...  (Sr  2a  BAT); 
I  Sonderregelungen  fur  Angestellte  in  Anstalten  und  Heimen,  die 

nicht  unter  die  Sonderregelungen  2a  fallen  (Sr  2b  BAT). 
In  diesen  "Sonderregelungen"  werden  insbesondere  die  Arbeitszeit  und 
Oberstunden  der  in  Anstalten  und  Heimen  Beschaftigten  geregelt. 


56 


VERSICHERUNGSRKCHTI.1CHK  FRA<;EN 


1.  RENTFNVERSICHERUNG 

Berufspraktikanten  sind  versicherungspfl  ichtig  in  der  Rentenversi- 
cherung  der  Angestellten.  Das  hat  das  Bundesozialgericht  jiingst  klar- 
gestellt  (7).  Die  Versicherungspfl icht  folgt  aus  §  2  Abs.  1  Nr.  1 
Angestelltenversicherungsgesetz  (AVG).  Nach  dieser  Vorschrift  wer- 
den u.a.  alle  Personen  versichert,  "die  als  Angestellte  (  §  3)  gegen 
Entgelt  (§  160  Reichsversicherungsordnung)  oder  die  als  Lehrlinge 
Oder  sonst  zu   ihrer  Ausbildung  fur  den  Beruf  eines  Angestellten  be- 
scha'ftigt  sind".  Das  Bundessozralgericht  betonU  daB  das  Berufsprak- 
tikum "Ausbildung  fur  den  Beruf  eines  Angestellten"  i.S.  §  2  Abs.  1 
Nr.  1  AVG  und  deshalb  versicherungspflichtig  ist. 
Versicherungsfreiheit  "als  ordentlicher  Studierender"  nach  §  4  Abs.l 
Nr.  4  AVG  kommt  nicht  in  Frage.  Nach  dieser  Bestimmung  ist  u.a. 
derjem'ge  versicherungsfrei ,  "der  wahrend  der  Dauer  seines  Studiums 
als  ordentlicher  Studierender  einer  Hochschule  ...  gegen  Entgelt  be- 
schaftigt  ist".  Da,  wie  oben  betont,  das  "ordentliche  Studium"  mit 
der  Graduierung  beendet  ist,  kann  ein  Berufspraktikant  nicht  versi- 
cherungsfrei sein. 


2.  KRANKENVERSICHFRllNfi 

Bis  1975  waren  Berufspraktikanten  gema'B  §  172  Abs.  1  Nr.  5  Reichs- 
versicherungsordnung (RVO)  alter  Fassung  krankenversicherungsfrei . 
Mit  der  Knderung  des  §  172  Abs.  1  Nr.  5  RVO  durch  das  "Gesetz  Liber 
die  Krankenversicherung  der  Studenten"  vom  24.6.1975  ist  die  Versi- 
cherungsfreiheit fur  Berufspraktikanten  beseitigt  worden.  Sie  sind 
seit  dem  1.10.1975  versicherungspflichtig. 

Fraglich  ist  nur,  ob  Berufspraktikanten  nach  §  165  Abs.  1  Nr.  2  RVO 
oder  nach  §  165  Abs.  1  Nr.  6  RVO  krankenversicherungspflichtig  sind. 
Nach  §  165  Abs.  1  Nr.  2  RVO  sind  Angestellte,  nach  1  §  165  Abs.  1 
Nr.  6  RVO  "Personen,  die  eine  in  Studien-  oder  Priifungsordnungen 
vorgeschriebene  berufspraktische  Tatigkeit  verrichten"  versicherungs- 
pflichtig. Je  nachdem  welcher  Paragraph  fur  Berufspraktikanten  gilt, 
gestaltet  sich  die  Versicherungspfl icht  unterschiedlich.  Unterschie- 
de  ergeben  sich  insbesondere  hinsichtlich  der  Befreiungsmbglichkeit 
(Versicherungspfl  ichtige  nach  §  165  Abs.  1  Nr.  6  RVO  kbnnen  gema'B 
§  173d  RVO  von  der  Versicherungspfl icht  befreit  werden)  und  hinsicht- 
lich der  Aufbringung  und  Hbhe  der  Beitrage  (vgl.  fiir  Versicherungs- 
pflichtige  nach  §  165  Abs.  1  Nr.  2  RVO:  §  381  Abs.  1  RVO;  fiir  Ver- 
sicherungspfl ichtige  nach  §  165  Abs.  1  Nr.  6  RVO:  §  381a  RVO). 

Obwohl  -  dem  Wortlaut  nach  -  die  Berufspraktikanten  nach  §  165 
Abs.  1  Nr.  6  versicherungspflichtig  zu  sein  scheinen,  folgt  die  Ver- 
sicherungspflicht  dennoch  aus  §  155  Abs.  1  Nr.  2  RVO  (33).  Berufs- 
praktikanten unterliegen  der  Versicherungspfl icht  nach  dieser  Vor- 
schrift, weil  sie  das  Berufspraktikum  im  Rahmen  eines  Beschaftigungs- 
verhaltm'sses  berufsma'Big  ableisten.  Ergibt  sich  die  Versicherungs- 
pflicht  aber  schon  aus  §  165  Abs.  1  Nr.  2  RVO,  so  kommt  eine  Versi- 
cherungspfl icht  nach  §  165  Abs.  1  Nr.  6  RVO  nicht  mehr  in  Betracht, 
da  §  165  Abs.  1  Nr.  6  RVO  gegenuber  §  165  Abs.  1  Nr.  2  RVO  subsidiar 
ist  (vgl.  §  165  Abs.  6  Satz  2  RVO). 

Als  Versicherungspfl ichtiger  nach  §  165  Abs.  1  Nr.  2  RVO  tragen  der 
Berufspraktikant  und  die  Praktikumsstelle  jeweils  die  Halfte  des 
Krankenkassenbeitrags  (§  381  Abs.  1  RVO).  Eine  Befreiung  gema'B 
§  173  d  RVO  von  der  Versicherungspfl icht  kann  der  Berufspraktikant 
nicht  verlangen. 

-  57  - 


* 

I 

Q 

J 
W 

o 
z 

w 

8 

C/5 

fa 

w 

z 

z 
0 


N 
H 
W 
en 


Z 
W 

o 

N 
C 


II 

II 

•a  w 

II 


{II 

sis 


T 

ills 
ill 

jff  i 

=  1-1 
-  til 

a"'5 - 


I 


^     £     N     u 

IsSl 


E 

3 
1 


2  if 

U3   -O 


II 
Ik 


3.  WBEITSLusbNVFRsrrHFRii^ 

Mit  der  zunehmenden  Verschlechterung  des  Stellenmarktes  fUr  Sozial- 
arbeiter werden  Fragen  der  Absicherung  1m  Falle  von  Arbeitslosiqkeit 
auch  fur  Berufspraktikanten  immer  wichtiger. 

Arbeitslosigkeit  kann  den  graduierten  Sozialarbeiter  in  folgenden 
Phasen  seiner  Ausbildung  treffen: 

•  Er  findet  nach  AbschluB  des  Studiums  keine  Stelle  als  Berufs- 
praktikant. 

0  Er  findet  nach  Unterbrechung  des  Berufspraktikums  keine  neue 
Berufspraktikantenstelle. 

•  Er  findet  nach  AbschluB  des  Berufspraktikums  keine  Stelle  als 
Sozialarbeiter. 

Will  ein  angehender  Sozialarbeiter  nun  wissen,  unter  welchen  Voraus- 
setzungen  er  in  den  unterschiedlichen  Phasen  mbglicher  Arbeitslosig- 
keit Arbeitslosengeld  (Alg)  oder  Arbeitslosenhi Ife  (Alhi)  erhalten 
kann,  so  muB  er  die  folgenden  Fallgruppen  unterscheiden.  Das  Schau- 
bild  auf  S.S*  erleichtert  die  Unterscheidung, 

3.1.  Der  Berufspraktikant  wird  nach  AbschluB  des  Studiums  arbeitslos 
Hier  sind  fiinf  Fallgruppen  zu  unterscheiden: 

•  Der  graduierte  SozialarbeiUr  war  vor  Studienbeginn  beschaftigf. 
War  er  vor  dem  Studium  beitragspfl ichtig  beschaftigt,  so  kann  ein 
Anspruch  auf  Arbeitslosengeld  nicht  entstehen,  weil  die  beitrags- 
pflichtige  Beschaftigung  langer  als  3  Jahre  (■  6  Semester  Studium) 
zuruckliegt  (vgl.  §§  100  Abs.  1.  104  Arbeitsforderungsgesetz  (AFG)). 
Auch  ein  Anspruch  auf  Arbei tslosenhilfe  besteht  nicht.  Zwar  kann  Alhi 
beanspruchen,  wer  innerhalb  eines  Jahres  vor  Beginn  der  Ausbildung 
eine  entlohnte  Beschaftigung  von  mindestens  26  Wochen  (bei  mindestens 
20  Arbeitsstunden  pro  Woche)  nachweisen  kann  (vgl.  §  134  Abs.  1 

Nr.  4c  1.  Halbsatz  AFG). Urn  Alhi  zu  erhalten  ,  muB  die  Ausbildung  aber 
abgeschlossen  oder  nicht  nur  vortibergehend  aufgegeben  worden  sein. 
Der  graduierte  Sozialarbeiter  hat  aber  seine  Ausbildung  nicht  abge- 
schlossen; denn  nach  §  134  Abs.  1  Nr.  4c  2.  Halbsatz  AFG  "gilt  eine 
Ausbildung  nicht  als  abgeschlossen,  wenn  ...  fur  den  angestrebten 
Beruf  eine  noch  zu  leistende  zusa'tzliche  Ausbildung  oder  praktische 
Tatigkeit  vorgeschrieben  1st".  Da  fur  den  Beruf  des  Sozialarbeiters 
die  Ableistung  des  Berufspraktikums  notwendig  ist,  entsteht  kein  An- 
spruch auf  Alhi;es  sei  denn,  der  graduierte  Sozialarbeiter  kann  dem 
Arbeitsamt  plausibel  machen,  daB  er  die  Sozialarbeit  ein  fur  allemal 
an  den  Nagel  gehangt  hat.  Dann  hat  er  zwar  Hoffnung  auf  Alhi,  muB 
aber  auch  eine  minderqualifizierte  Arbeit  annehmen. 

*  Der  graduierte  Sozialarbeiter  hat  wahrend  des  Studiums  nicht  oder 

weniger  ale  10  Wochen  in  entlohnter  Beschaftigung  gestanden. 
Es  kann  weder  ein  Anspruch  auf  Alg  noch  ein  Anspruch  auf  Al"hi  entste- 
hen. 

0  Der  graduierte  Sozialarbeiter  hat  zwar  wahrend  des  Studiums  mehr 
ale  10  Wochen  in  entlohnter  Beschaftigung  gestanden,   diese  Beschaf- 
tigung liegt  aber  nicht  innerhalb  eines  Jahres  vor  Studiumsende: 
Es  kann  weder  ein  Anspruch  auf  Alg,  noch  -  wie  sich  aus  der  folgenden 
Fallgruppe  ergibt  -  ein  Anspruch  auf  Alhi  entstehen. 

0  uer  graduierte  Sozialarbeiter  hat  wdhrend  des  Studiums  innerhalb 
eines  Jahres  vor  Studiumsende  mindestens  10  Wochen  in  entlohnter  Be- 

-  59  - 


schaftiounq   (bei  mindestens   20  Woahenstunden)   gestanden): 
Er  kknn  geSsB  §  134  Abs.l  Nr.   4b  AFG  AIM   erhalten,  falls  die  son- 
stigen  Voraussetzungen  fur  Alhi(also  insbesondere  Bedurftigkei t)  vor- 
lieqen     (Auf  den  AbschluB  der  Ausbildung  kommt  es,  anders  als  in  der 
ersten  Fallgruppe  nicht  an,  da  der  Anspruch  auf  Nr     4 ,  urn n  cht  auf 
dem  Ersatztatbestand  der  Nr.   4c  des  §  134  Abs.   1  AFG  beruht.) 

•  Der  graduierte  Sozialarbeiter  hat  innevhalb  von  I  Jahren  vor  Stu- 
dimsende  mindestens  26  Wochen  beitragopflichtig  gearbe%tet. 
Er  hat  gemaG  §§  100  ff.  AFG  Anspruch  auf  Alg. 


Exkurs:  Wann  liegt  bei  Studenten  eine  bei tragspfl ichtige  Beschafti- 
gung vor? 

Da  der  Anspruch  aufAlg  eine  bei tragspfl ichtige  Beschaftigung  von  min- 
Sestens  "eVchen  voraussetzt,  1st  « .  fllr  Studenten  sc  on  jeshalb 
wichtig  zu  wissen,  wann  eine  Beschaf tigung  bei tragspfl icntig  1st. 
Zwei  Arten  von  Beschaftigungen  sind     zu  unterscheiden: 
1.  Wahrend  des  Studiums  ausgeiibte,  jedoch  nicht  nit  dem  Studium  in 
Zusanunenhang  stehende  Beschaftigungen  smd^er^cherungsrechtl^ch 
wie  folat  zu  beurteilen:   "Studenten,  die  eine  Beschaftigung  yon  min 
desteS920  Stunden  wbchtentlich  ausiiben,  untarllegen  gr  und rttzl  ch 
der  Versicherungspflicht  in  der  Kranken-,   Renten-  und  Arbeitslosen 
v  rsicherung.   Versicherungsfreiheit  besteht  nur  dann,  we nn  die  wb- 
chentliche  Arbeitszeit  weniger  als  20  Stunden  betragt     die  Hohe  des 
Arbeitsentgelts  ist  dabei   ohne  Bedeutung.  Wird  eine  Be™tigung  mlt 
einer  wochentl  ichen  Arbeitszeit  von  weniger  als  20  Stunden  ledigbch 
in  der  vorlesungsfreien  Zeit  ( Seme sterfe Hen)  auf  20   Stunden  Oder 
mehr  ausgeweitet,  so  ist  auch  fur  diese  Zeit  Versicherungsfreiheit 
anzunehmen. 

Daruber  hinaus  besteht  fur  solche  Studenten  Versicherungsfreiheit 
die  zwar  20  Stunden  oder  mehr  arbeiten,  deren  Besch&ftlgungsverha  t 
nis  aber  von  vornherein  auf  nicht  mehr  als  drei  Monate  befristet  ist, 
auch  in  diesen  Fallen  spielt  die  Hbhe  des  Arbeitsentgelts  keine  Rol- 
le    W  1?d  Sr  Zeitraum  von  drei  Monaten  wider  Erwarten  uberschntten, 
tritt  Versicherungspflicht  von  den  Zeitpunkt  des  Oberschreitens  an 
el  ?  sSlli  sich  ber'eits  1.  Laufe  der  Beschaftigung    eraus,  daj    le 
lanaer  als  drei  Monate  dauern  wird,  so  beginnt  die  Versicherungs 
f     c ht  lit  Si  Tage,  an  de.  das  Oberschreiten  der  Zeit dauer     < Jannt 
wird     Fiir  die  zuruckliegende  Zeit  bleibt  es  bei  der  Versicherungs 
fretheit"  Unabhangig  davon  ist  Versicherungsfreiheit  auch  noch  be 
solchen  Beschaftigungen  anzunehmen     die  zwar  langer  als  dre     ^te 
andauern,  aber  ausschlieUl ich  auf  die  vorlesungsfreie  Zeit  (Semester 
ferien)   begrenzt  sind. 

Obt  ein  Student  im  Laufe  eines  Jahres  mehrmals  eine  Beschaftigung  aus, 
ist  zu  priifen,  ob  er  seinem  Erscheinungsbild  nach  noch  als  ordent- 
licher  Studierender  anzusehen  ist  oder  bereits  zum  Kreis  der  Be- 
schaf tigten  gehbrt.  Von  einer  Zugehbrigkeit  zum  Kreis  der  Beschat- 
tigten  ist  dann  auszugehen,  wenn  ein  Student  im  Laufe  eines  Jahres 
mindestens  26  Wochen  beschaftigt  ist.   Der  Jahreszeitraum  ist  in  der 
Weise  zu  ermitteln,  daB  vom  voraussichtlichen  Ende  der  zu  beurtei- 
lenden  Beschaftigung  ein  Jahr  zuruckgerechnet  wird.  ffnzurechnen  sind 
alle  Beschaftigungen  in  diesem  Zeitraum,   in  denen  -  unabhangig  von 


-  6o 


der  versicherungsrechtl ichen  Beurteilung  -  die  wbchentliche  Arbeits- 
zeit mindestens  20  Stunden  betragt.   Dabei  spielt  es  keine  Rolle,  ob 
die  Beschaftigungen  bei  demselben  Arbeitgeber  oder  bei  verschiedenen 
Arbeitgebern  ausgeiibt  werden.  Ergibt  die  Zusammenrechnung,  daB  ins- 
gesamt  Beschaf tigungszei ten  von  26  Wochen  oder  mehr  vorliegen,  be- 
steht vom  Beginn  der  zu  beurteilenden  Beschaftigung  an  bzw.  von  dem 
Zeitpunkt  an,   in  dem  erkennbar  ist,  daS  der  vorgenannte  Zeitraum  er- 
reicht  wird,  Versicherungspflicht  in  der  Kranken-,  Renten-  und  Ar- 
beitslosenversicherung.  Fur  die  Vergangenheit  bleibt  es  bei  der  bis- 
herigen  Regelung."   (34) 

2.  Soweit  der  Sozialarbeitsstudent  ein  sogenanntes   "Blockpraktikum" 
ableistet,  unterliegt  er  nicht  der  aufgrund  einer  Beschaftigung  ein- 
tretenden  Versicherungspflicht  in  der  Renten-,   Kranken-  und  Arbeits- 
losenversicherung.  Als  eingeschriebener  Student  gehbrt  er  vielmehr 
zu  dem  krankenversicherungspflichtigen  Personenkreis  nach  §  165 
Abs.   1   Nr.   5  RVO  (35),  der  nicht  nach  §  168  AFG  bei tragspfl  icntig  zur 
Arbeitslosenversicherung  ist. 

3.2.   Der  Berufspraktikant  wird  nach  Unterbrechung  des  Berufsprakti- 

kums  arbeitslos 

Hier  sind  drei   Fallgruppen  zu  unterscheiden:  " 

»  Der  Berufspraktikant  verliert  die  Praktikantenstelle  in  den  ersten 

10  Wochen  des  Praktikums: 

Ein  Anspruch  auf  Al hi  oder  Alg  kann  nicht  entstehen;  es  sei   denn,  es 

liegen  die  unter  3.1.   aufgefuhrte  4.   oder  5.   Fallgruppe  vor. 

$  Der  Berufspraktikant  verliert  die  Praktikumsstelle  zwisahen  der 
11,    und  26.    Woche  des  Praktikums. 

Hier  kann  er  einen  Anspruch  auf  Alhi  gema'B  §  134  Abs.   1   Nr.   4b  gel  - 
tend  machen.  Allerdings  mu3  er  mit  einer  vierwbchigen  Sperrzeit 
gemaB  §§  1 19  Abs .   1   Nr.   1 ,  134  Abs.   2  AFG  rechnen,  falls  er  "das  Ar- 
beitsverhaltnis  gelbst  oder  durch  ein  vertragswidriges  Verhalten  An- 
lal3  fiir  die  Kundigung  des  Arbeitgebers  gegeben  und   ...  er  dadurch 
vorsatzlich  oder  grobfahrlassig  die  Arbeitslosigkei t  herbeigefuhrt 
(hat)". (36) 

0  Tier  Berufspraktikant  hat  mehr  als  26  Woohen  seines  Praktikums  hin- 
ter  sich  gebraoht: 

Jetzt  hat  er  Anspruch  auf  Alg.   Denn  als  Berufspraktikant  ist  er  bei- 
tragspflichtig  zur  Arbeitslosenversicherung  (vgl.  §§  100,  104,  168 
AFG  in  Verbindung  mit  §  165  Abs.   1   Nr.   2  RVO).  Allerdings  kann  ihm 
auch  hier  eine  vierwbchige  Sperrzeit     drohen  (vgl.   §  119  Abs.   1 
Nr.    1   AFG). (36) 

3,3.   Der  Berufspraktikant  wird  nach  der  Anerkennung  als  Sozialarbei- 

jgC  arppitslos. 

Der  Berufspraktikant,  der  nach  Beendigung  des  Berufspraktikums  keine 
Stelle  als  staatlich  anerkannter  Sozialarbeiter  findet,  hat  -  wie 
in  der  unter  3.2.  aufgeflihrten  3.   Fallgruppe  Anspruch  auf  Alg.   Be- 
messungsgrundlage  fur  die  Hbhe  des  Alg  ist  nicht  die  Praktikanten- 
verqutung,  sondern  das  Arbeitsentgelt,  das  ein  anerkannter  Sozial- 
arbeiter erhalt  (vgl.  §  112  Abs.   5  Nr.   2  in  Verbindung  mit  §  112 
Abs.    7  AFG). 


-  61 


B  . .       <""-' ' 


ANMERKUNGEN 


(1) 


(14) 


(2) 

(3) 

(4) 
(5) 

(6) 


und 


(7) 

(8) 
(9) 


gen  studienganges  ein  integriertes  Praktikum  absolvieren. 
vgl.   nierzu  den  kritischen  Beitrag  von  R.   Kiihnel ,  Praktikum 
Arbeit  ohne  Lohn,  in:  Sozialmagazin  Heft  1/1977. 
bo  das  Verwaltungsgericht  Kassel,  Urteil  vom  23.11.1973 
ii-    -:       .    „87/73);  auszugsweise  wiedergegeben  in:  Erziehung 
Wissenschaft  Heft  4/1974,  S.  24 

Urteil  vom  11.7.1973  (Az.:   L  4Kr  55/72).  Das  Urteil   bezieht 
sicn  auf  das  Berufspraktikum  in  Nordrhein-Westfalen. 
tml  Wm.  10-6-1974;  abgedruckt  in:  Arbeitsrechtliche  Praxis 
(AP)  Nr.   2  zu  §  3  BAT.   Das  Urteil   betrifft  das  Berufspraktikum 
in  Hessen  und  hat  das  in  FuBnote  3  genannte  Urteil   des  Verwal- 
tungsgenchts  Kassel  aufgehoben. 

Urteil  vom  19.6.1974;  abgedruckt  in:  AP  Nr.   3  zu  §  3  BAT.   Das 
Urteil  befaBt  sich  mit  der  Rechtsstellung  der  "integrierten" 
rraxtikanten  in  Baden-Wurttemberg.   Beilaufig   (vgl .   Blatt  4  des 
Urteil sabdrucks)  halt  das  Bundesarbeitsgericht  das  frUhere 
Berufspraktikum  in  Baden-Wurttemberg  fur  ein  "von  der  Schulaus- 
bi Idung  (an  der  Hdheren  Fachschule)  rechtlich  und  tatsachlich 
vollig  getrenntes  Praktikum". 

Kml  ]  V°u  31:8-1976  (Az.:   12/3/12  RK  27/74),   beziiglich  des 
truheren  baynschen  Berufspraktikums. 
Urteil  vom  21.7.1976   (Az.:  4  Ca  152/76). 
Blatt"  S9eHcht'  a-a-°-   <Fu0note  6)>  Leitsatz  2  und 

(10)  Bundesarbeitsgericht,  a.a.O.   (FuBnote  6),  Blatt  3.  Auch  H.  Weber 
(in  der  Anmerkung  zum  Urteil  des  Bundesarbeitsgerichts)  und 
.    t.   von  Rotenhan  (Das  Praktikum,  1976,  S.   99  f.)   bejahen  die 

fin  n?R  kS     ♦  nV9  BebiG  fUr  Berufspraktikanten. 

'  n?c  off^.tll9h-rechtliche  Schutzvorschriften  die  Rechtsverhalt- 
nisse  abhangig  Beschaftigter  unmittelbar  und  zwingend  gestalten, 

fl?l  vni  §h!  J"?endfr^itsschutzgesetz  (alter  Fassung)   klargestellt. 
]  22  7  ?i7/la[St!llu^9  durch  das  Bundesarbeitsgericht  im  Urteil  vom 
schHftl?;^?!?^  in:  AP  Nr"   1   zu  §  15  BBiG.   Selbst  eine 
I  2  llVr  «<     Ni.ederlegung  ^s  wesentlichen  Vertragsinhal ts,  wie 
fiir  Hon  R"e*  ur  de"  BerufsaiJsbildungsvertrag  vorschreibt,  1st 
verz?rht»ff Takui-aut?nVertra9  nicnt  *t1g;  denn  §  19  BBiG 
tiae  SfpSLc  ndr^kllChufUr  Berufspraktikanten  auf  eine  derar: 
chin  J     f/?  5TU  Berufspraktikanten  im  bffentli- 

fHi  SB" ^t^^Z^^^  -  Iieds1cHCK  3f  BAT  er- 

esse  der  LohnahhKnninJT     •       •      '  Elnen  allgemeinen,  am  Inter 

Dieser  Ratgeber  1st  qeaen  3  5fi  n«f hl1fe  zum  Arbei tsrecht". 
Initiativko^itee  Arbl?te?h?i'fe    V"  *riefm.arken"zu  erhalten  *'■ 
Str.  41,  c/o  H.  Theis  '  2  Hambur9  19,  Methfessel 

-  62  - 


(15) 

(16) 

(17) 

(18) 

(19) 

(20) 

(21) 

(22) 

(23) 

(24) 

(25) 
(26) 


(27) 


Selbst  wenn  man  den  Berufspraktikanten  als  regu  atizn)inister 

ten  behandeln  kbnnte,  ware  die  vom  W»^™ band  vorgeschriebene 

und  vom  Hassischen  Kommunalen  ArbeitgeDerve  tzwidrig.   Nach 

KLindigungsfrist  von  2  Wochen  zum  Monatsenae  y  ngestellten 

§  622  Abs.   1   S.   2  BGB  kann  einzel vertraglicn  m^^  zum  Mopats_ 

als  kurzeste  Kundigungsfrist  eine  Frist  vu        Tat,.fvertrag  zu 

ende  vereinbart  werden.   Davon  kann  zwar  "  Aber  selbst 

Lasten  auch  des  Angestellten  abgewichen  "='   f  prakti kanten  an- 

wenn  der  BAT  -  entgegen  §  3  f  BAT  -  ^5!™  gsfr1st  -  auBer- 

wendbar  ware,  so  kbnnte  als   kurzeste .K"n°^yvor  4  Wochen 

halb  der  Probezeit  -  doch  auch  nur  eine  rr         2  my 

zum  MonatsschluB  vereinbart  werden     §  M"»'       Nachteile  fur  "ach' 

DaB  der  unkorrekte  Umgang  mit  praktt=^n     eteht auf  einem  ande- 

wachsende  Berufspraktikanten  haben  kann,  * 

ren  Blatt.  .    fi  fi?8  abs  2  BGB  scheidet 

Auch  ein  Schadensersatzanspruch  nacn  9  ot  Kommentar 

wohl   aus   (vgl.  J.   Herkert,  Berufsbildungsgesex. 

Stand  Marz  1976,  RandNr.   15  zu  §  19);        t       in:   Der  Betrieb 

So  H.   Monjau,  Das  neue  Berufsbildungsgesetz, 

1969,  S.   1841   ff.    (1847).  "innerhalb  der  Probe- 

Als  typischen  Fall  vgl.   §  53  Abs.  1   BAT       inn  Monatsscnlu&.< 

zeit  betragt  die  Kundigungsfrist j!  woe  Kommer 

Vgl.   A.   Hueck.  G.  Hueck,   K'undigungsschutzgese 


.jr^lbt-nen    rail     vji.     3    --  Unrhpn    ZUm    NOnaww-" 

,  betragt  die  Kundigungsfr  ist  2  Wocnen  t  Kommentar, 

Vgl.  A.  Hueck,  G.  Hueck,  K'undigungsschutzgese 
9.  Aufl.  1973,  RandNr.  33  zu  §  1. .        abgedruckt  in: 
Bundesarbeitsgericht  Urteil  vom  10. b. !»/■>. 
APNr.  3  zu  §  16  BBiG.  urteil  vom  16.5.1975, 

So  z.B.  Arbeitsgericht  Hildesheim,  Urteil 

3hn.j„,„i,t  ,■„.  n„^  Rotrieb  19/D,  >•  '  __'    _, AvurVX. 


(28) 
(29) 

(30) 

(31) 


..■druckt  in:    Der  Betrieb  1975,  5.    \u-       abgedruckt  in: 
Bundesarbeitsgericht,  Urteil   vom  2Z.Z.IJ"*. 
AP  Nr.   1    zu  §  15  BBiG.  8  6  1972, abgedruckt  in. 

Vgl.   Bundesarbeitsgericht,  Urteil   vomS.b.i^ 
AP  Nr.   1   zu  §  13  KSchG  (1969).  Kundigungsschutzgesetz, 

Zur  Begrundung  vgl.   A.   HueCK,  a.  13_ 

Kommentar,  9.  Aufl.   1973,  RandNr.  15  zu  9 
Vgl.   Bundesarbeitsgericht  \lf'£^™.  Einzelne  Arbeitsge- 
So  die  wohl    herrschende  Rec"ssprechung.       verlangen  einzelne 
richte  stellen  geringere  Anforderungen.  =  Kundigung    mit 

Kan^ern  des  Arbei tsgerichts    am  ugrda^^  ist  (Urteil  vom 

uberwiegender  Wahrschei nlichkeit  unoeg 
4.7.1974,  Az.:    16  Ga  19/74) .  !. 12. 1972,   W 

Z.B.   Arbeitsgericht  Ber  ",  Urtei  icht  Hamburg,  Urte 

AP  Nr.   2  zu  §  15  BBiG;  Lan^sarbe itsg  Hamburg  .Urteil 

vom  5.6.1974,  Az.:   4  Ta  7(^;/Landesarbeitsgericht  Hamburg, 
vom  4.7.1974,   Az.:    16  Ga  19/74,  Arbeitsgericht  Emshorn^ 

Urteil   vom  15.8.1974,  Az.:   1  Sa  ^^.'Arbeitsgericht  H  ldesheim, 
Urteil   vom  16.5.1975,  Az.:  2  Ga  Wj*.        ^  s     1225  f . .  vgl. 
Urteil   vom  16.5.1975,  1n:  ^*£  vom  22.10.1975,  Az..  2  Ca 
auch  Arbeitsgericht  Bremen,  Urtei 

Arbeitsgericht  Hamburg,  a-a.O.   W**g\  628*Abs.   2  BGB  ist 
Auch  der  Schadensersatzansprucn  g  ^^     f FuBnote   1    n 

wohl   ausgeschlossen   (vgl.  ^  "^     LoSeblattausgabe, 
Z.B.    Bbhm-Spiertz,  BAT,  Komm  .ne 

1976,  Teil   V.  „.  cm.nisters  vom  7-10-19/6  aur 

Antwort  des  Hess.   Kultusministers 


(32; 


(33) 


Anfrage  der  CDU-Fraktion  ira  Hess.   Landtag  betreffend  Prakti- 
kantenstellen  fiir  Erzieher  und  Sozialpadagogen. 
"Thesen  zur  zweiphasigen  Ausbildung  von  Sozialarbeitern  und 
Sozialpadagogen"  vorgelegt  vom  Minister  fur  Wissenschaft  und 
Forschung  und  vom  Minister  fur  Arbeit,  Gesundheit  und  Soziales 
des  Landes  Nordrhein-Westfalen  vom  19.11.1976,  These  Nr.   9. 
So  der  Verband  der  Angestellten-Krankenkassen  e.V.   (Schreiben 
vom  5  4  1976  an  den  Verfasser);  der  Bundesverband  der  Ortskran- 
kenkassen  (Rundschreiben  vom  30.4.1976);  Der  Senator  fur  Inne- 
res  Berlin  (Rundschreiben  VI  Nr.  97/1975  vom  3.11.1975). 

(34)  So  das  Ergebnis  der     Besprechung   (11/76)  der  Spi tzenverbande  der 
Krankenkassen,  des  Verbandes  Deutscher  Rentenversicherungstra- 
ger  und  der  Bundesanstal t  fur  Arbeit  vom  22. /23. 9. 1976. 

(35)  So  fur  "Blockpraktika"  in  Berlin,  Der  Senator  fur  Inneres 
Berlin,  Rundschreiben  VI   Nr.   97/1975  vom  3.11.1975. 

(36)  Gegen  Sperrzeiten  muB  man  -  da  sie  ha'ufig  in  gesetzeswidriger 
Weise  von  Arbeitsamtern  verhangt  werden  -  Widerspruch  einlegen. 
Naheres  hierzu  in  dem  informativen  "Arbeitslosenratgeber"  des 

"Initiativkomitees  Arbeiterhilfe",  S.  22  ff;  der  "Arbeitslosen- 
ratgeber" ist  gegen  2.50  DM  in  Briefmarken  zu  beziehen  iiber: 
Initiativkoinitee -Arbeiterhilfe  e.V.,  2  Hamburg  19,  Methfessel 
Str.   41,  c/o  H.  Theis.  


ARBEITS-/W0HN-  UND  FREIZEITKONTAKTE 


Alternativprojekt  1m  Raum  Baden    -  wir  mbchten  ein  Projekt  lm 
Bereich  Ausbi ldung/Sozialarbeit  initiieren,  wobei  Wohnen,  Beruf 
und  Offentlichkeitsarbeit  im  verbindlichen  Zusammenhang  einer  Ge 
meinschaft  stattfinden  sollen.  Wir  suchen  Kontakt  zu  annlicnen 
Projekten  in  der  BRD  und  zu  leuten,  die  solche  Projekte  planen. 
Zuschriften  unter  Chiffre  1/23  an  Sozial istisches  Buro. 
Wir  -  Fotograf  (34)  und  Sozialarbeitern  (23)  -  suchen  Menschen, 
mit  denen  wir  leben  und  arbeiten  konnen.  Monika  Nieswand, 
Sengsbank  29,  46  Dortmund  1. 

Zwei   Frauen  und  ein  Mann  suchen  wei teres  Mitglied  fur  Wohngemein 
schaft  in  Kleinstadt  zwischen  Minden  (2D  km)  und  Hannover  (40  km 
ab  1.10.1977.   Haus  vorhanden.   Zuschriften  unter  Chiffre  1/27 
an  Sozialstisches  Buro. 

Ab  1.  Januar  1977  sind  Pla'tze  fiir  Schulkinder  ab  1.   Klasse  in 
Schulerladen  frei.   Gebffnet  ist  Mo-Fr  von  11-17  Uhr. 
Kontakt:   Schulerhort  Weyertal   e.V.,  Eyertal   30,   5  Kbln  41, 
Telefon  422509. 

Das  Oberstufenkolleg   (OS)  an  der  Uni   Bielefeld  nimmt  fur  Septem- 
ber 1977  wieder  Kollegiaten  auf  und  ermbglicht  Leuten  mit  9./10. 
Schuljahr  und  abgeschlossener  Lehre  eine  4ja'hrige  Ausbildung  in 
zwei   sel bstgewahl ten  Fachern  bis  zum  AbschluB  des  Grundstudiums 
und  Obergang  ins  Hauptstudium.Auswahlriterium:   reprasentativer 
Sozialschliissel   und  nicht  die  Noten.  Bewerbungsfrist:   14.1.   - 
21.2.1977;  Unterlagen  anfordern:  Oberstufenkolleg  des  Landes  NW 
an  der  Universitat  Bielefeld,  48  Bielefeld  1,  Universitatsstr. 
Wir  suchen  ein  Haus  auf  dem  Land,  das  sich  als  Kl§inheim  eignet 
und  Kontakte  zu  Leuten,  die  alternative  Arbeit  mit  behinderten 
Kindern  praktizieren  und  Erfahrungen  in  Organisationsarbeit  haben 
Ursula  Obersdorf,  Kollegienwal  1   22,  45  DsnabrLick. 


Axel  Hiibner 

DAS  ELEND  MIT  DEN  PRAKTIKANTENSTELLEN 
AM  BEISPIEL  HESSEN 


§  2  der  in  Hessen  noch  gultigen  "Ordnung  fiir  die  Ausbildung  und  die 
Priifungen  an  den  hbheren  Fachschulen  fur  Sozialarbeit"  sieht  vor: 
"Die  Ausbildung  dauert  vier  Jahre.  Sie  gliedert  sich  in 

1.  einen  theoretischen  Teil,  der  sechs  Semster  an  einer  Hbheren  Fach- 
schule  fur  Sozialarbeit  einschlieBlich  Block-  und  Begleitpraktika 
umfaBt  und  mit  der  staatlichen  AbschluBpru'fung  abgeschlossen  wird 
und 

2.  ein  einjahriges  Beruf spraktikum,  das  mit  einem  Kolloquium  abge- 
schlossen wird." 

In  welchen  Fristen  das  Praktikum  abgeschlossen  sein  soil,   ist  im 
§  59  geregelt: 

"1.   Voraussetzung  fur  die  staatliche  Anerkennung  ist,  daB  der  Bewer- 
ber  nach  der  bestandenen  PrLifung  als  Sozialarbeiter  ein  von  der  Schu- 
le  gelenktes  und  uberwachtes  einjahriges  Beruf spraktikum  ableistet 
2.    Das  Beruf spraktikum  soil   spatestens  drei  Jahre  nach  der  Prufung 
beendet  sein.  Es  darf  -  auBer  bei  Vorliegen  besonderer  Grlinde  - 
nicht  langer  als  6  Monate  unterbrochen  werden." 

Wenngleich  also  die  Ausbildungs-  und  Pru'fungsordnung  eindeutig  fest- 
legt,   daB  die  Ausbildung  als  Sozialarbeiter  erst  mit  AbschluB  des  Be- 
ruf spraktikums  beendet  ist,  haben  sich  das  Hessische  Kultusministe- 
rium  und  das  Hessische  Sozialministerium  bisher  stets  geweigert,  eine 
Verantwortung  fiir  die  Mbglichkeit  des  Studienabschlusses  -  also'fiir 
genUgend  Praktikantenstellen  -  zu  ubernehmen.  So  bedeutet  die  Suche 
nach  einer  Stelle  also  weiterhin  einen  unuberschaubaren  Hindernislauf . 
Da  passiert  es  in  zunehmendem  MaBe,  daB  Interessenten  bei  der  Frage 
nach  einer  Stelle  folgende  Antwort  erhalten: 

Landesaohlfahrtsverband  Hessen 
Beilersiehungsheim  Kalmenhof 

Sehr  geehrter  Herr  XXJ 

Wir  danken  fiir  Ihre  Bewerbung  vom  18,5.1976.   Die  Einstellung  von 
Jahrespraktikanten  ist  una  leider  nicht  mehr  mOglich,  da  keine  Plan- 
stellen  sur   Vepfilgung  stehen. 

Sollten  Sie  in  der  luge  sein,   sioh  Ihr  Jahrespraktikum  selbst  zu  fi- 
nanzieren    (evtl.   Ausbildungsbeihilfe)  kSnnte  eine  Einstellung  evfpl- 
gen.    Viv  bedauern,   diese  Aussage  machen  zu  rmissen  und  hoffen,   da/3 
Sie  doch  noch  eine  Jahrespraktikantenstelle  finden  werden. 

Mit  freundlichem  GruB 

Ohne  daB  dies  bffentlich  diskutiert  wird,  scheint  es  besonders  bei 
Studenten  in  Fachbereichen,  die  in  ihrem  Einzugsbereich  uber  wem'g 

-  65  - 


Stellen  verfugen,  Liblich  zu  werden,  sich  auf  derartige  Angebote  - 
gezwungenermaBen  -  einzulassen.   Die  uble  materielle  Lage,  in  der 
bisher  schon  Studenten  in  integrierten  Studienga'ngen  stecken,  wird 

hier  nach  uberboten.  .         .      . . 

Eine  andere  typische  Erfahrung  bei  der  Stellensuche  ist  die  depri- 
mierende  Zahl  an  Ablehnungen,  ohne  daB  es  iiberhaupt  zu  einem  tin- 
stellungsgesprach  kommt.   Ein  Student  hat  im  Jahre  1976  30  derartiger 
Ablehnungen  eingesammel t.  Aus  den  Begrundungen: 

"Leider  mUssen  wir  Ihnen  jedoch  mitteilen,  daB  unaer  Verband  nur  in 
Einzelfallen  die  MOgliohkeit  hat,   Praktikanten  zu  beaohdftigen;  tiber 
ausgesproohene  Praktikantenstellen  verfUgen  wir  nicht.    Die  Sofmevfg- 
keit  liegt  darin,  daB  wir  Praktikanten  nur  auf  nomaUn  Planstellen 
fur  Mitarbeiter  einsetzen  ktinnen. "  (Jugendsozialwerk) 

"Als  Sozialetation  Nordweststadt  haben  wir  vor  1978  leider  keinen 
Platz  mehr  und  milssen  Ihnen  bedauerlioherweiae  dbsogen. 

"...alls  Praktikantenatellen  im  Bereioh  unserer  Einrichtungen  sind 
langfristig  besetzt".    (Frankfurter  Verein  far  soziale  Ueimstatten  e. 

"Leider  mUssen  wir  Ihneh  mitteilen,   daB  wir  keine  Praktikanten  mehr 
einstellen  kSnnen".    (Jugendberatung  und  Jugendhilfe  e.V.,tranKJurt] 

"In  unserer  HauptgeschSftsetelle  kOnnen  wir  aus  fachlichen  und  orga- 
nisatorischen  GrUnden  keine  Praktikantenstelle  bereitsteUen   . 
(Deutsaher  Paritdtiaoher  Wohlfahrtsverbond  e.V.) 

"Wir  sind  duroh  die  derzeitig  angespannte  Finanzlage  nicht  in  der 
Lage,  Praktikanten  einzustellen" .    (Veuteohes  Rotes  Kreuz,  LV  Heesen) 

"In  Ikren  Bewerbungsunterlagen  sollte  ersiahtlioh  sein,  welcher  Kon- 
fession  Sie  angehSren".    (Caritas-Verband  Frankfurt) 

"dariXberhina.ua  legen  wir  Wert  darauf,  daB  Praktikanten 
Stadtjugendpfarramt  ev.  RegligionszugehSngkeit  sind  . 
gendpf arrant) 

"Es  ist  mir  bei  der  gegebenen  Arbeitssituation  und  der  hieraus  resul- 
tierenden  Belastung  meiner  Faohdienete  niaht  mBgUoh,  Thre  Praktikan- 
tenausbildung  zu  Ubernehmen".    (Landesarbeitsamt  Hessen) 

"He  Finanzsahwierigkeiten  in  unserem  Eaus  lassen  z.Zt.   keine  weite- 
ren  Einstellungen  zu".    (Nachbarsahaftshaus  Wiesbaden  e.V.) 

Die  Konferenz  der  Fachbereich'e  des  Sozialwesens  in  Hessen  hat  diese 
Situation  zum  AnlaB  genommen,  um  in.einem  Schreiben  am  31.1.1975  an 
das  Hessische  Kultusministerium  (HKM)die  Bereitstellung  von  genugend 
Praktikantenstellen  zu  fordern.   In  seiner  Antwort  vom  19.3.75  lie- 
fert  das  HKM  in  Obereinstimmung  mit  dem  Hessischen  Sozialministerium 
eine  neue  Variante  flir  eine  Begriindung  des  numerus  clausus  fur  Stu- 
diengSnge  des  Sozialwesens: 


v.) 


in  unserem 
(Ev.   Stadtju- 


"Bei  friiherer  Gelegenheit  hat  der  Sozialminister  allerdings  bereite 
darauf  hingewiesen,   daB  er   'eine  Gewtihrleistungspflicht  in  Bezug 
auf  die  Praxisstellen'  jedoch  nicht  Ubernehmen  kOnne.   Ein  Grund  sei 
der,   dad  er  keinen  EinfluB  auf  die  Kapazitat  der  Ausbildungsst&tten 
habe,  die  den  Bedarf  an  Praxisstellen  bestimmt.  'Im  Grunde  genommen 
mU&te',   so  meint  der  Sozialminister,    'wenn  Engpdsse  in  der  Mitte 
oder  am  Ende  der  Ausbildung  vermieden  werden  sollen,  die  Zahl  der 
Studienpldtze  an  Fachhochsahulen  von  der  Zahl  der  verfilgbaren  Praxis- 
stellen abhangig  gemaoht  werden." 

1976  sind  endlich  die  Gewerkschaften  in  der  Frage  der  Praktikanten- 
stellen aktiv  geworden.   In  einem  Schreiben  des  GEW  Hauptvorstandes 
vom  28.1.76  an  Kultusminister  der  Bundeslander  heiBt  es: 
"Jeder,  der  eine  sozialpadagogisahe  Ausb  ildung  beginnt,  hat  einen 
Anspruoh  auf  eine  Praktikantenstelle,  solange  far  die  staatliahe 
Anerkennung  ein  Praktikum  Voraussetzung  ist  und  die  Berufsausbildung 
nur  so  beendet  werden  kann.   Der  Stoat  hat  daher  die  Verpfliohtung 
£"?  ri  *?f0**e*M°'»  ^eahl  von  Praktikantenstellen  Sovge  zu  traqen.  " 
Bei   Erfullung  dieser  Bedingung  forderte  die  GEW  dann  weiter  die  Ein- 
richtung  einer  zentralen  Praktikantenvermittlungsstelle,  um  den  Vor- 
gang  der  Stellensuche  transparenter  zu  raachen. 

in  seiner  Antwort  vom  18.3.76  erwies  sich  der  Hessische  Kultusmini- 
ster dann  als  eifnger  Verfechter  der  "freien"  Marktwirtschaff 
"Haoh  alledem  trifft  es  nur  bedingt  zu,   daB  jeder,   der  eine  Ausbil- 
dung    zum  Sozialarbeiter  oder  Sozialpadagogen  begonnen  hat,    einen 
'Anspruoh'  auf  eme  Praktikantenstelle  hat.   Vielmehr  gilt  leider 
auoh  auf  diesem  Gebiet  das  Weahaelspiel  von  Angebot  und  Nachfraae   " 
Des  weiteren  wurde  dann  ausgefuhrt.  daB  auch  die  Trager  nicht  qe-' 
zwungen  werden  konnten,  freie  Stellen  zentral  zu  melden    Eine  zen- 
trale  Vernnttlungssteile  -  die  dann  Uber  nichts  als  eine  Adressen- 
liste  der  Trager  verfugen  wurde  -  die  konne  man  getrost  einrichten 
Die  hessischen  Fachbereiche  des  Sozialwesens  haben  dieses  Ansinnen' 
dann  mit  gutem  Grund  geschlossen  abgelehnt.  Es  bestand  die  Gefahr, 
daB  die  Vernnttlungssteile  Kriterien  flir  die  Vergabe  von  Praktikan- 
tenstellen entwickelt  hatte  und  damit  eine  Situation  wie  in  der  Re- 
ferendarausbildung  von  Lehrern  eingetreten  ware. 

In  dem  Schreiben  des  HKM  vom  18.3.1976  taucht  zugleich  ein  Argument 
auf,  das  in  der  weiteren  Diskussion  um  die  Behebung  des  Stellenman- 
gels  in  den  Vordergrund  geriickt  ist: 

"Dem  guten  Willen  der  Anstellungatrager  sind  allerdings  insoweit 
finanzielle  Grenzen  gesetzt,   als  den  Berufepraktikanten  schon  ein 
tarifrechtliah  gesioherter  Vergtitungaanepruch  von  monatlich 
1.269.59  DM  (Ledige)  bzw.    1.337.54  DM  (Verheiratete)  zusteht.   Hinzu 
komnen  die  Arbeitgeberanteile  zur  Sozialversiaherung . " 

In  der  Antwort  des  HKM  auf  eine  kleine  Anfrage  der  CDU  Fraktion  im 
Hessischen  Landtag  "betreffend  Praktikantenstellen  fur  Erzieher  und 
Sozialpadagogen"  vom  7.10.76  wird  dieses  Argument  weitergefiihrt: 
"Die  Veranderung  der  Situation  seit  EinfUhrung  des  Praktikantenver- 
trages   (gemeint  ist  der  Tarifvertrag  filr  Praktikanten,  d.V.)-damals 
herrachte  groBer  Faehkraftemangel  -    zwingt  dazu,  das  Problem  des 
Unterhaltes  von  Praktikanten  neu  zu  tiberdenken.  Da  das  Berufsprak- 
tikum  in  den  Ausbildungsordnungen  verankert  und  als  Teil  der  Ausbil- 


66 


67  - 


dung  definiert  ist,  wiivde  die  systematise*!  richtige  Ldsung  mcht  %n 
einer  tavifvevtraglichen  Vergutung,    sondern  in  einer  FOrderung 
nach  dem  Bundesausbildungsfbrderungsgesetz  besteken.    Nach  §  2  Abs.4 
BafoG  iat  AusbildungsfDrderung  zwav  auch  filr  diese  Berufspraktzkan- 
ten  zu  leiaten;  wenn  dedoch  ein  Anspruch  auf  PraktikantenvevgUtung 
nach  tarifvertraglicher  Vereinbarung  besteht,   so  hat  dtesev  Anspruch 
Vormng.  " 

Diese  Vorstellungen  des     HKM  gehen  einher  mit  einem  Schwenk  in  der 
Einschatzunq  des  integrierten  Berufspraktikums:  Hatte  das  HKM  es 
bisher  abqelehnt,  das   integrierte  Berufspraktikum  in  ganz  Hessen  ein- 
zufiihren,  so  wurde  jetzt  im  HKM  eine  Arbeitsgruppe  eingenchtet,  die 
qenau  dieses  vorbereiten  soil.   Der  Zusammenhang  ist  klar:  Wenn  die 
Kosten  des  Praktikums,  die  bisher  die  Trager  belasteten,  uber  die 
BafbG-Finanzierung  zum  groBeren  Teil   auf  die  Praktikanten,  zum  klei- 
neren  auf  den  Bund  abgewalzt  werden,  werden  in  Zukunft  genugend 
Stellen  zur  Verfugung  stehen. 

Da  die  hochschulpolitischen  und  hochschuldidaktischen  Argumente, 
die  in  der  Vergangenheit  fur  das  integrierte  Praktikum  sprachen, 
weiterhin  bestehen,  sollte  das  integrierte  Praktikum  angestrebt 
werden  -  auch  wenn  die  materiellen  Nachteile  fur  die  Studenten  deut- 
lich  sind.   Allerdings  ware  die  Zustimmung  an  eine  Reihe  von  Forde- 
rungen  zu  knUpfen,  die  in  vorhergehenden  Artikeln  dargestellt  sind. 


JOURNAL 


KctuiMgctiehefi  voro  Kultutkomile 
lur  iin^l. I  Arbciinehmcr. 
Stuttgart 


Aus  dem  Inhall: 

Schwerpunkt-Thema : 

Auslanderpolitik 
Jor  europaischen 
uewerkschaf ten. 
Berichte  und  Ana- 
lysen  zur  3.  In- 
tern. Gewerk- 
schaftskonferenz 
in  Stuttgart. 

AuBerdem: Inter- 
views, Dokumente 
und  Presseberich- 
te. 

Kh./.t-lh.-ll  3.S0  RctkktJoit  Jouraal  G 

plus  Porto  StfcloMcntntBe  36 

Abonnemenl:  7UOO  Stuttgart  1 

S  Aiucibcn  18.-  DM  Tel.  0711  ■  647X09 
plus  Porto 


[UGENDSEKRETAR 

Die  SJD  -  Die  Falken  -.Kreisverband  Koln 
sucht  fur  die  Jugendarbeit  in  Koln  zum 

1.  Februar  1977 

einen  hauptamtlichen  Mitarbeiter. 

Arbeitsschwerpunkt  waren  die  Bewaltigung 

von  Organisationsaufgaben  sowie  die  Be- 

treuung  der  Bildungsarbeit  des  Kreisver- 

bandes. 

Bevorzugt  werden  Bewerber,  die  eine 

haupt-  bzw.   nebenamtliche  Tatigkeit  bei 

der  SJD-Die  Falken  -  nachweisen  kbnnen. 

Voraussetzung  sind: 

-  mindestens  21  Jahre  alt 

-  .abgeschlossene  Berufsausbil dung  oder 
abgeschlossenes  Studium  als  Sozial- 
arbeiter.Lehrer. 

Bezahlung  und  andere  Leistungen  erfolgen 
in  Anlehnung  an  BAT(Kommunaltarif ) . 

Bewerbungen  an: 

SJD  -  Die  Falken  -,  Severinswall   32 

5ooo  K  b  1   n  1 

•  *• 


-  68 


Laizos  Praktikus: 

TRAGIKOMODIE  EINES  BERUFSPRAKTIKANTEN 


Als   ich  mich  nach  25  schriftlichen  Absatjen  und  mindestens  eben 
soviel   nichtsbringenden  Telephonaten  fast  beginne  damit  abzufinden, 
demna'chst  irgendwo  irgendwas  zu  jobben,  erhalte  ich  von  einer  Be- 
kannten  einen  "heiBen  Tip"  fur  die  Arbeit  an  einem  kleinen  Jugend- 
amt. 

Konzeptionslos,  froh,  u'berhaupt  eine  Stelle  gefunden     zu  haben,  be- 
gebe  ich  mich  in  das  Einstellungsgesprach.   Das  einzige,  was  wir  in 
dem  noch  nicht  mal   10  Minuten  dauernden  Gesprach  vereinbaren     ist 
die  gesetzliche  Norm  zu  erflillen,  ein  halbes  Jahr  Verwaltungsprak- 
tikum  und  danach  das  halbe  Jahr  Sozial praktikum  zu  machen. 
Endlich  ist  es  soweit,  ich  kann  die  groBe  Barriere  zwischen  Theore- 
tikern  und  Praktikern  Liberwinden;  ich  hatte  zwar  schon  vorher  Ob- 
dachlosenarbeit  gemacht  und  mit  streunenden  Jugendlichen  gearbeitet 
aber  sowas  zahlt  ja  nicht  richtig  bei    "Praktikern".  Umso  schlimmer 
wirkte  das  auf  mich,  was  ich  in  den  nachsten  Monaten  an  "Praxis" 
vol lziehen  sollte. 

Als  ich  am  ersten  Tag  handl ungsschwanger  im  Jugendamt  auftauche    er- 
kla'rt  man  mir,  daB  das  erste  Arbeitsgebiet  die  wirtschaftliche  Ju- 
gendhilfe  sei.  Man  flihrt  mich  in  das  Zimmer  eines  Kollegen,-  der  sich 
gerade  im  Urlaub  befindet;  aufgrund  der  Raumnot  sei   es  nicht  mbg- 
1 ich,  mir  einen  festen  Arbeitsplatz  zur  Verfugung     zu  stellen     Nach 
anderthalb  Wochen  kommt  der  Kollege  aus  dem  Urlaub  zuruck  und'fur 
mich  beginnt  ein  Wanderzug,  der  im  nachsten  halben  Jahr  nicht  mehr 
aufhbrt;  ich  sitze  jeweils  in  dem  Zimmer,  dessen  normaler  Benutzer 
sich  zur  Zeit  entweder  im  AuBendienst,  auf  Gericht  oder  auf  dem  Kran- 
kenbett  befindet;  jeden  Tag  des  abends  muSte  ich  neine  wahrend  des 
Tages  geschaffene  Ordnung  auf  einen  Haufen  packen,  urn  inn  am  nachsten 
Tag  irgendwoanders  wieder  neu  aufzubauen;  aber  das   ist  ja  nicht  das 
einzige;      mal    ist  man  bei  einem  Kollegen  im  Zimmer,  der  jeden  Rau- 
cher  ermorden  will,  am  nachsten  Tagtreibt  der  Kollege  mit  seiner 
Pafferei  einem  die  Tranen   in  die  Augen;  ein  Einstellen  auf  die  Ver- 
nal tensweisen  des  anderen  ist  so  schwer  mbglich. 

Meine  sozialarbeiterische  Tatigkeit  ist  kaum  zu  beschreiben,  da  das, 
was  ich  mache,  mit  Sozialarbeit  soviel  zu  tun  hat,  wie  Rudolf  Schock 
mit  den  Rolling  Stones.  Mein  Aufgabengebiet  hat  mehr  Tatigkeitsmerk- 
male  eines  EDV-Angestell ten  als  eines  Sozialarbeiters;  ich  uberprii- 
fe  die  Einzahlungen  der  Unterhaltspflichtigen  gegeniiber  ihren  nicht 
im  eigenen  Haushalt     untergebrachten  Kindern.  Zahlt  jemand,  so  ist 
es  gut,  ich  trage  es  in  die  daflir  vorgesehene  Liste  eini  zahlt  je- 
mand nicht,  so  sag  ich  meiner  "Praxisanleiterin"  Bescheid.  Diese 
"Praxisanleiterin"  ist  nicht,  wie  in  der  Ausbildungsordnung  vorge- 
schrieben,  eine  Sozialarbeiterin  (was  sollte  die  auch  in  einem 
solchen  Arbeitsgebiet),  sondern  eine  Verwaltungsangestellte;  es  ist 
mir  nicht  mbglich,  die  Hintergrunde  zu  erfahren,  auf  die  sich  die 

-  69  - 


Arbeit  stiitzt,  zum  Beispiel,  warum  jemand  nicht  in  der  Lage  ist, 
seinen  Unterhal tsverpflichtungen  nachzukommen.   Es  ist  nicht  Unfahig- 
keit  meiner  "Praxisanleiterin",  mir  das  zu  vermitteln,  sie  weiB  es 
selber  nicht,  sie  leistet  typisch  entfremdete  Arbeit  (dieser  Begriff 
wird  mir  hier  plastisch  vor  Augen  vorgefiihrt)  undyist  me  dazu  ge- 
kommen,  zu  hinterfragen,  was  sie  eigentlich  macht. 
Zahlungen  an  die  Heime  verfuge  ich  auch;  zu  diesem  Zweck  hat  man  mir 
als  "Hilfswerkzeuge"  flinf  Stempel   gegeben;  ich  mbchte  keinem  Info- 
Leser  damit  auf  die  Nerven  gehen,  daB  ich  die  einzelne  Funktion  die- 
ser Dinger  erklare,  es  genugt,  wenn  ich  bei  dieser  ScheiBarbeit  fast 
psychisch  vor  die  Hunde  gegangen  bin. 

Als  ich  psychisch  immer  mehr  absinke,  versuche  ich  mit  dem  Amtslei- 
ter  zu  reden;  bringt  nichts-er  erklart  mir,  daB  meine  Arbeit  ver- 
waltungstechm'sch  notwendig  sei   und  "als  Sozialarbei ter  muBte  ich 
eben  iiber  verschiedene  Arbei  tsgebiete  einen  Uberblick  erhalten"; 
im  iibrigen  stellt  er  mir  die  Versetzung  in  die  Abteilung  allgemeine 
Jugendhilfe  in  ungefa'hr  zwei  Monaten  in  Aussicht.   Die  Sozialarbei- 
terkollegen  versuchen,  mir  auf  der  individuellen  Ebene  zu  helfen, 
indem  sie  mich  zu  Hausbesuchen  Oder  Gerichtsterminen  mitnehmen; 
so  kann  ich  wenigstens  ab  und  zu  mal   eine  Kontonummer  verdinglicht 
als  Mensch  vor  mir  se'hen  und  bin  wenigstens  fur  einen  Nachmittag 
meinem  stupiden  Kram  entflohen. 

Gegen  Ende  des  Jahres  steigert  sich  das  Ganze  ins  Tragi sch-Absurde: 
das  Haushaltsjahr  muB  abgeschlossen  werden.   Hierbei   fuhrt  man  einen 
regelrechten  Krieg  an  mehreren  Fronten:   gegen  das  Rechnungspriifungs- 
amt,  das  groBe  "Fahndungsaktionen"  auslbst,  wenn  auf  einem  Konto 
50  Pfennig  fehlen;  mit  den   (Verwaltungs)kollegen,  der  Stadtkasse, 
die  ein-  oder  ausgehende  Gelder  falsch  gebucht  haben;  gegen  den 
Computer  in  der  Buchungszentrale,  der  manchmal  anders  handelt,  als 
es  die  Logik  von  ihm  verlangt. 

Das  gesamte  Amt  befindet  sich  in  einer  Hektik  und  Gereiztheit,  die 
man  wahrscheinlich  nur  mit  der  Stimmung  nach  einer  Niederlage  der 
deutschen  FuBbal lmannschaft  gegen  einen  Zwergstaat  vergleichen  kann. 
Der  dickste  Hund  passiert,  als  ich  eines  morgens  zur  Amtsleitung  ge- 
rufen  werde  und  man  mir  vorwirft,   ich  liefe  immer  mit  einem  solch 
mifimutigen  Gesicht  durch  die  Gegend,  daB  man  vermuten  konnte,  ich 
hatte  Probleme  zu  Hause.    Ich  versuchte     zu  erklaren,  daB  bei  mir  zu 
Hause  alles  in  Ordnung  sei;  was  nicht  stimme,  sei  die  Tatigkeit, 
zu  der  ich  gezwungen  wlirde.   Da  kbnnten  sie  nichts  dran  machen,  dies 
sei   nun  mal   notwendig.   Wer  will   bei  solch  uberzeugender  Argumentation 
noch  weiterreden;  ich  gebe  mich  geschlagen  und  hoffe  aufs  Oberleben. 

Endlich,  es  ist  vollbracht,  ich  "darf"  in  die  Abteilung  allgemeine 
Jugendhilfe  liberwechseln.   Das  erste,  was  ich  mit  meinem  neuen  Pra- 
xisleiter  ausmache,  ist,  trotz  der  dann  herrschenden  Raumnot  noch 
einen  Schreibtisch  ins  Zimmer  zu  stellen,  damit  meine  "Wanderei' 
endlich  ein  Ende  hat. 

Heute,  nachdem  ich  auch  dieses  halbe  Jahr  absolviert  habe,  stecke 
ich  mittendrin  in  der  Praxis;  ich  fulle  einen  Arbeitslosengeldan- 
trag  aus  -  nicht  den  eines  Klienten,  meinen  eigenen. 


7o 


AUSGEWAHLTE  LITERATUR 


1.  Ausbildungsbereich  und  Hochschulpolitik 

E.  Altvater,  F.   Huisken  (Hg.) 

Materialien     zur  politischen  Okonomie  des  Ausbildungssektors, 

Erlangen  1971 
G.   Armanski,  B.   Penth,  J.   Pohlmann 

Lohnarbeit  im  Offentlichen  Dienst  der  BRD,  westberlin  1976 
M.   Baethge,  Ausbildung  und  Herrschaft 

Frankfurt  am  Main  1970 
P.    Bruckner,  T.   Leithauser,  W.    Kriesel 

Politisierung  der  Wissenschaften,  Rotdruck  Band  27,  s'Gravenhage 

1973 

F.  Hiusken 

Zur  Kritik  blirgerlicher  Didaktik  und  Bildungsbkonomie,  Miinchen 

1972 
II   Manifesto 

Thesen  zur  Schul-  und  Hochschulpolitik,   Internationale  Marxisti- 

sche  Diskussion  25,  Berlin  1972 
Institutsgruppen  Bonn 

Kritik  der  Studienreform,  Sozialistische  Hochschulpolitik  Nr.   2, 

Bonn  1974 
Institutsgruppen  Bonn 

Kritik  der  Vermittlungswissenschaften,  Sozialistische  Hochschul- 
politik Nr.   3,  Bonn  1975 
J.    Kluver,  F.D.   Wolf  (Hg.) 

Wissenschaftskritik  und  sozialistische  Praxis,  Hamburg  1975 
F.J.T.   Lee, 

Technische  Intelligenz  und  Klassenkampf ,  Frankfurt  am  Main  1974 
Marxistische  Gruppe  Erlangen 

Kapitalistische  Hochschul reform  Erlangen  1972 
M.   Masuch 

Politische  Dkonomie  der  Ausbildung,  Hamburg  1972 
Rotzeg  Miinchen 

Wissenschaft  und  Kapital,  Miinchen  1972 
AStA  Miinchen 

Materialien  z  ur  Hochschul  reform,  Miinchen  1973 


2.  Projektstudium 

AStA  der  PHN  Abt.  Gbttingen  (Hg.) 

Materialien  zum  Projektstudium  in  der  Sozialpadagogik,  Gbttingen 

1972 
R.   Bauer 

Die  Methoden  der  Sozialarbei t/-padagogik  unter  kapitalistischen 

Produktionsverhaltnissen,  in:   Neue  Praxis  2/1973 

-  71  - 


E.-B.   Berndt  u.a. 

Erziehung  der  Erzieher:    Das  Bremer  Reformmodell ,  Hamburg  1972 
W.   Bbdecker,  0.  Frey,  U.   Maas 

Projektorientiertes  Grundstudium  fur  Sozialarbeit/Sozial  padagogik, 

in:    Neue  Praxis  3/1974 
H.   Brammerts,  R.  Zech 

Das  Projektstudium  in  Kontext  staatlicher  Bildungspol  i  ti  k,   in: 

Studentische  Pol i ti k  Heft  2/3/1972 
Curriculumarbeitsgruppe  Sozialarbeit/Sozi a  1 padagogik 

Zur  Reform  der  Ausbildung  fur  sozialpadagogische  Berufe,  Kassel 

1973 
G.   Deutscher  u.a. 

Projektstudium  am  Beispiel  Heimerziehung,  Arbei tsmaterialien 

Sozialarbeit/Sozialpadagogik,  Offenbach  1974 
G.   Hanschen 

Zur  Strategie  emanzipatorischer  Sozialarbeit,  in:  Neue  Praxis 

1/1973 
G.   Heitmann 

Zielsetzungen  und  Bedingungen  projektorientierter  Studiengange,  in: 

Studentische  Polijik  5/6/1970 
S.   Keller 

Projektorientiertes  Studium  an  Fachhochschulen  flir  Sozialwesen- 

Versuch  einer  Planung,   in:    Neue  Praxis  4/1973 
P.  Moltke  u.a. 

Das  Projektstudium  al s  Bindeglied  zwischen  Theorie  und  Praxis  in 

der  Ausbildung  von  Sozialarbeitern-Sozialpa'dagogen,  in:   Nachrich- 

tendienst  des  Deutschen  Vereins  fur  bffentliche  und  private  FLii — 

sorge  5/1975 
0.   Schiitt 

Zur  Didaktik  an  Fachhochschulen-Fachbereich  Sozialarbeit,  in: 

Neue  Praxis  2/1972 
SVI  e.V.    (Hg.) 

Universitatsneugrundungen  in  der  Bundesrepubl ik  Deutschland, 

Materialien     zur  Unineugrundung  2,  o.O.,  o.J. 
H.  Ulich  (Hg.) 

Aktuelle  Konzeption  der  Hochschuldidaktik,  Munchen  1974 
Verband  deutscher  Studentenschaften   (Hg.) 

Info  3  zum  Projektstudium  1,  o.O.,  o.J. 
H.   Wagner 

Das  Prljekt  Georg-von-Rauch-Haus,   in  :Neue  Praxis  2/1973 
K.H.   Wehkamp 

Zur  Einschatzung  des  "Bremer  Modells",   in:   Erziehung  und  Klassen- 

kampf  5/6/1971 


DAS  MASS  1ST  VOLL! 

-  WARNSTREIK  AN  DER  FHS  FREIBURG 


MATERIALIEN  GESUCHT 


I  Fur  eine  Ausstellung  Bilder  gegen  den  Paragraphen  218.  Plakate, 
KLinstlerische  Arbeiten  etc.  (auch  leihweise)  Jula  Dech,  Steifen- 
sandstr.  5,  1  Berlin  19. 

•  Zum  Thema  Freizeitverhal  ten  von  kbrperlich  behinderten  Jugendli- 
chen.  Kosten  werden  erstattet  Mia  Brink,  Bergstr.  45,  58  Hagen. 

I  Suche  Materialien  und  Adressen  fur  Examensarbeit  "Internationaler 
Jugendaustausch"  (schwerpunktmaTiig  Vergleich  kapitalistische/ 
sozialistische  Lander.  Uschi  Sossalla,  Bahrfeldstr.  7,  32  Hildes- 
heim. 


Vom  30.11.  bis  2.12.1976  beteiligten  sich  die  Studenten  der  Katholi- 
schen Fachhochschule  flir  Sozialwesen  in  Freiburg  an  dem  bundeswei- 
ten  Warnstreik.  In  der  grbBten  Vollversammlung  (VV)  der  Geschichte 
dieser  FHS  hatten  sich  liber  86  %  der  Studenten  flir  den  Streik  aus- 
gesprochen.  In  Arbeitskreisen  wurden  die  Forderungen  der  VDS  erar- 
beitet.  Aus  der  spezifischen  Situation  an  der  Katholischen  FHS  erqa- 
ben  sich  weitere  Forderungen: 

•  Abschaffung  des  Ordnungsrechts 

Als  eine  der  ersten  Fachhochschulen  der  Bundesrepublik  verfiigt  die- 
se  Schule  seit  Januar  1975  iiber  ein  Ordnungsrecht,  das  der  Schullei- 
tung  die  Mbglichkeit  gibt,  jederzeit  Studenten  zu  relegieren,  die 
den  Frieden  des  Schulbetriebs  stbren. 

•  Abschaffung  der  Genehmigungspflicht  flir  Gruppen 

Um  sich  an  der  Schule  als  studentische  Gruppe  konstituieren  und 
auliern  zu  kbnnen,  bedarf  man  der  ausdrucklichen  Genehmigung  der 
Schulleitung.   Eine  Genehmigung  erhalt  naturlich  nur  diejenige  Grup- 
pe, die  auf  dem  Boden  der  katholischen  Glaubens-  und  Sittenlehre 
steht. 

•  Abschaffung  der  Raumvergabe-  und  Plakatierungsordnung 
Veranstaltungen,  die  der  AStA  oder  anerkannte  studentische  Gruppen 
durchftihren  wollen,  miissen  vorher  vom  Rektor  genehmigt  werden,  unter 
Einhaltung  der  festgelegten  inhaltlichen  und  formalen  Vorschn'ften. 
Plakate  und  Wandzeitungen  dlirfen  ebenfalls  nur  von  den  o.g.  Gruppen 
aufgehangt  werden,  und  das  auch  nur  zu  hochschul-politischen  Themen. 

Wahrend  sich  an  anderen  Hochschulen  Dozenten  und  Rektoren  mit  den 
Forderungen  der  Studenten  solidarisch  erklarten,  reagierte  unsere 
Schulleitung  in  altbekannter  Manier:   Exmatrikulationsandrohung  an 
alle  AStA-Mitglieder  und  einen  weiteren  Kommil itonen. 
Begrundung: 

•  der  AStA  habe  zum  Streik  aufgerufen.  Dabei   ist  der  AStA  lediglich 
seiner  Informationspflicht  nachgekommen,  indem  er  auf  einer  Wandzei- 
tung  die  VV-Beschlusse  bekanntgab. 

•  der  AStA  habe  eine  verbotene  Veranstaltung  durchgefuhrt. 

Diese  Veranstaltung  -  Filme  und  Diskussion  iiber  Berufsverbote  -  war 
bereits  seit  langerer  Zeit  genehmigt,  wurde  jedoch  kurzfristig  und 
ohne  Angabe  von  Gru'nden  verboten.  Aufgrund  eines  Beschlusses  der  Stu- 
denten wurde  die  Veranstaltung  trotzdem  durchgefuhrt  -  im  Freien 
auf  dem  Gelander  der  Schule,  da  wir  an  diesem  Streiktag  ausgesperrt 
waren. 

,  ein  Student  habe  ein  Flugblatt  mit  dem  Aufruf    zum  Streik  verteilt. 
Das  Flugblatt  enthielt  ebenfalls  Informationen  uber  die  Streik-VV. 

-  73  - 


Die  Aktivitaten  der  emporten  und  betroffenen  Studenten  und  ein  mas- 
siver  Druck  durch  die  Offentlichkeit,  die  von  den  Studenten  mobili- 
siert  worden  war,  zwangen  den  Rektor,  die  angedrohten  Kundigungen 
des  Ausbildungsvertrages  zu  verleugnen  und  stattdessen  "nur  Verwar- 
nungen  auszusprechen.  Aber  auch  damit  kdnnen  wir  uns  mcnt  zufrie- 
dengeben.  Denn  jetzt  ist  der  Punkt  erreicht,  wo  das  MaB  vol!  1st. 
In  den  vergangenen  3  Jahren  hat  sich  die  Ausbildungssituation  stan- 
dig  verschlechtert  und  der  Druck  auf  die  politischen  Aktivitaten 
der  Studenten  ist  iramer  starker  geworden,  z.B.  Streohung  ernes 
gesamten  Fachbereiches  (Sozialpsychiatrie  in  Heidelberg),  Mangel  an 
qualifizierten  Dozenten,  die  diversen  Einschrankungen  von  Grund- 
rechten  (s.o.),  Relegation  eines  AStA-Mi tgliedes,  Exmatrikulations- 
versuch  bei  weiteren  Studenten,  Exmatrikulationsandrohung  an  den 
jetzigen  AStA  aufgrund  einer  DGB-Forderung  in  seiner  Wahlplattform 
etc. 

Nachdem  sich  lange  Zeit  ein  Klima  der  Angst  unter  der  Studentenschaft 
ausgebreitet  hatte,  ist  in  den  letzten  Wochen  wieder  eine  starke 
politische  Bewegung  an  der  Schule  festzustellen.  Am  14.12  wurde 
ein  ltagiger  Streik  durchgefuhrt  und  seitdem  wurde  das  Rektorat  bis 
zu   den  Weihnachtsfenen  "belagert".  An  diesem  Sit-In,  bei  dem  neue 
Formen  des  Protestes  entwickelt  wurden,  beteiligte  sich  ein  groBer 
Teil  der  Studenten. 

Weitere  Informationen:  AStA  der  Kathol.  Fachhochschule, 
WbflinstraBe  4,  7800  Freiburg  


THING 


ZEITSCHRIFT 


Nr.Null,   f/2  und  3 
vers;rif  fen . 


4  *5  und  G  enthalten  die 
Portsetnn^sserie    zur    J2- 
B   ewenjung:    Illusion    der 
Selbstverwaltun^  Oder  Tell 
des   Karapfes  des    jua;endli -hen 
Proletariats? 

TmMmJNGI      nur.    :ieu    In- 

haltsverzeictinis   von  0-7 
Zur  Perspective   der   THINT 
Aktlon   Jupjendhaus  Werthn. 

THINGS  okC.75,«s. 

Wir  wehren   uns    IGe^en   Ju- 
sr,endarbeitslosii$keit   und 
Abtreibun^sverbot ! 
Kritik  der  KJV-Position 
(  JZ-Bewe^una;   i  .d  .Dlskuss. ) 


THINGS 

Doppel 


Febr.73 
Dfcppelnummer 

Arbeit or jugendzentren   and 
Jui^endarbeitalosigkeit 
JZ-BewegLing:  Kritik   der    RBJ 
Position 


THING  ii 

Periohte   bus  der   JZ-Pro- 
vlnz  THINfi-Story: 

Jui?endll?he   Arbeitslose- 
Driickeber^er   und   Fgulen- 
ier   ? 

THING  12  ok e.75 

Schwerpunkt :Kernkraf ter- 

werke 

Ju^endverbande :BDP-KBJ 

Repression ,Frauenh3US  ii. 

Materialien 

THING  13  llez./.T-n. 

replant  :e>tadt-und    ,lu<3;end- 
zei  tuns;en 
Jagsndliche  im  Knast 

REIKI 
1BLN.12 
BUCH 
LADEN  v 
CARMER  STR.11 


-  74 


'PRUFUNGSTERROR:  MORD" 


Diese  Anklage  "sierte"  in  diesem  Sommer  die  AuBenfassade  der  Frei- 
burger  Fachhochschule  fiir  Sozialarbeit,  nachdem  die  graduierte  So- 
zialarbeiterin  Hildegard  ...  nach  niaht  bestandenem  Kolloquium 
"Selbst"-Mord  beging.  Keine  Priifung  ist  sinnloser  als  diese.  Urn  so 
deutlicher  ihv  barbarischer,  "Identitat  gewahrender"  und  Identitat 
verweigernder  Charakter.  Wie  diese  Priifung  erlebt  wird,  schildert 
der  naahfolgende  Brief  eines  Kommilitonen : 


Lieber. . . 

Vor  der  Priifung  ma 
und  meine  Nervosit 
Fal Is  ich  die  Pruf 
liber  meine  Qua  l  i  f  i 
gemessen  werden  wi 
gung,  Versagensang 
nicht  in  mei  nem  Ve 
Was  mir  Angst  bere 
weigerung  der  staa 
los) ,  al s  vielmehr 
fert  zu  sein,  die 
als  reaktionar  und 


F...,  den  3. II .76 

chte  ich  mir  ein  paar  Gedanken,  die  mich  beruhigen 

at  dampfen  sol lten. 

ung  bestehe,  wei3  ich  nicht  mehr  und  nicht  weniger 

kation  als  Sozial arbei ter ,  we  i I  dies  rami ich  nicht 

rd,  sondern  die  Fahigkeit,  Priifungsterror,  Demiiti- 

st  und  Ausgeliefertsein  auszuhalten  bzw.  dies 

rhalten  erkennbar  werden  zu  lassen. 

itete,  waren  weniger  die  moglichen  Folgen  einer  Ver- 

tlichen  Anerkennung  (ich  bin  mit  und  ohne  arbeits- 

die  Tatsache,  30  Hinuten  sechs  Leuten  ausgelie- 
ich  wahrend  meines  Studiums  (zumindest  drei  davon) 

studentenfeindl ich  kennengelernt  habe. 


Ich  empfand  diese  Prufung  ais  ungeheure  Demtit  igung  durch  dieses  Aus- 
geliefertsein aber  auch  deswegen,  weil  ich  wuBte,  daS  es  in  dieser 
Priifung  nur  zwei  Arten  von  Prtifern  geben  wird: 

a)  diejenigen,  die  so  gr6Senwahnsi nnig  sind  und  in  Selbstuberschatzung 
tatsachlich  giauben,  diese  Prufung  mit  ihren  fiinf  Minuten  fur  jeden  ' 
Pruf ling  ermogliche  eine  objektive  Einschatzung  der  Fahigkeiten  und 
Kenntnisse  (das  sind  diejenigen,  die  von  staatlicher  Seite  als  Prii- 
fer  eingesetzt  wurden); 

b)  diejenigen,  die  sich  Ober  den  Charakter  der  Prufung  im  klaren 
sind  und  die  aus  Loyal  i  tStsgrllnden  geforderte  Form  und  Inhalt  mehr 
als  erforderlich  einhalten  und  voll  durchziehen. 

Uber  die  Gefahrl ichkei t  beider  will  ich  mich  nicht  naher  auslassen. 

Aber  all  meine  Gedanken,  die  meine  Angst  mildern  sollten,  reich- 

ten  nicht  aus;  sie  steigerte  sich  ins  unermeBl iche,  als  sich  die 

PrUfung  urn  2  Stunden  und  20  Minuten  verzogertl! 

"Das  GefCihl,  ausgeliefert  zu  sein,  wird  zum  Grundgefiihl  des  entfrem- 

deten  Lebens.  Ausgeliefert  sein  bedeutet  Angst.  Die  Angst  selbst 

wird  vom  entfremdeten  Menschen  erlebt  als  naturhafte  fremde  Macht. 

...  Im  Richterbl  ick  des  iiberlegenen  Anderen  verliert  der  Mensch  seine 

Souvera'ni  tat."  (Duhn,  Angst  im  Kaptalismus  S.  47) 

Inzwischen  hatte  ich  lieber  5  Klausuren  geschrieben,  als  diese  mtind- 


75  - 


liche   PrUfung   du rchzustehen.    Jm    11.10  Uhr  ware   unsere   "Gruppe"   dran- 
gewesen.    Es  war   keine  Gruppe,   sondern   es  waren   bunt   zusammengewurfel - 
te    Individuen,    die   eines    gemeinsam   natter,:    A  ngst    und  em,   wenn   auch 
nur  entfernt   ahnliches   Thema. 

Wir   kannten  uns  kaum.    Der   Sinn  dieser   "Gruppen"prijfung    liegt  auf 
der   Hand: 

a)  Zei  tersparni  s 

b)  Vergleichsmoglichkelt  der  PrUflinge.  (Die  Bewertung  emer  Leistung 
im  kapital istischen  System  erfolgt  inner  im  Vergleich  zu  anderen  - 
Versagen  anderer  hebt  die  eigene  Leistung  -  latente  Feindsel igkei t 
der  Menschen  untereinander)  i 

Urn  die  lange  Wartezeit  zu  uberbrucken,  gingen  einige  in  em  Cafe 
oder  Restaurant,  um  nicht  stundenlang  vor  dem  Priif  ungsraum  s  i  tzen 
zu  mUssen  und  langsam  durchzudrehen. . .  Soweit  mir  bekannt  ist,  ist 
lediglich  die  1.  Gruppe  termingerecht  drangekommen .  Bei  alien  ande- 
ren hat  sich's  jeweils  um  15,  30  etc.  Minuten  verzogert.  Kurz  vor 
der  Mi  ttagspause  der  Priifer  gab  ein  Dozent  bekannt,  die  Prufung  gin- 
ge  um  H.OO  Uhr  weiter,  man  konne  also  getrost  noch  etwas  trinken 
gehen. 


Zwischendurch,  so  gegen  13.00  Uhr,  wurd 
und  ging  zurilck  zur  Schule.  Dort  habe  i 
um  13.30  weiterginge  mit  meiner  "Gruppe 
Hof  in  der  Annahme,  es  ginge  um  l'l.OO  U 
hoi te  ihn. 

Zu  meiner  Angst  kam  jetzt  immer  mehr  oh 
ha'tten  auch  ohne  die  fehlenden  Prufling 
Pech  gewesenll  Mir  wurde  uberdeutlich 
Leute  ausgeliefert  sein  werden,  was  mir 
fijhrte.  Wenn  sie  wollen,  konnen  sie  all 
einmal  dran  war  wahrend  des  Studiums.  I 
gehort,  dal3  in  einer  der  vorangegangene 
Fragen  gestellt  wurden  -  behandelt  im  1 
war,  daS  ein  groUer  Teil  der  Fragen  aus 
rectus  stammen  wird  und  da3  man  durchfa 


e  ich  im  Cafe  wieder  unruhig 
ch  dann  erfahren,  daB  es  schon 

K.  saB  noch  im  Elzta'ler 
hr  weiter.  Ich  raste  los  und 


nmachtige  Wut.  Diese  Herren 
e  angefangen  -  ware  wohl  i hr 
daB  wir  der  Will kur  dieser 

diese  Sache  klar  vor  Augen 
es  fragen,  was  i rgendwann 
ch  habe  von  Kommilitonen 
n  Gruppen  Uber  Vertragsrecht 
oder  2.  Semester!  -  Bekannt 
dem  Bereich  des  Verwal tungs- 
1 t ,  wenn  man  nix  sagt . 


Um  13.30  Uhr  ging's  also  los:  sechs  Prufer  gegen  sechs  PrUflinge 


Uns  wurde  ein  Fall  vorgetragen.  Z 
zelne  gerichtet,  jedoch  nach  ein 
stellt,  daB  keiner  wuBte,  wer  nun 
so  jeder  gegen  jeden?  -  oder  noch 
drauf losquatschen  auf  die  Gefahr 
danken  abzuschneiden ,  jemandem  di 
was  zu  sagen  und  dami t  zu  bestehe 
Zogern  leisten,  gerade  jetzt,  wo 
die  nachsten  Fragen  selbst  nicht 
sondern  auch  anderen  (von  K. . .  we 
durch  den  Kopf  schossen,  entstand 
was  diese  sel bstherrl ichen  Prufer 
fa'higkeit  bewerteten,  was  sie  hin 
(Zitat  sinngemaB:  "Sie  haben  zwar 
Ubrigen  werden  Sie  ja  selbst  geme 
groBe  Lucken  aufwelsen.  Ich  muS  I 
wie  Sie  nicht  einstellen  wiirde  au 


unachst  wurden  die  Fragen  an  ein- 
ger  Ze i t  wurden  die  Fragen  so  ge- 
eigentlich  gefragt  ist  -  alle,  al- 
der vorher  Befragte?  Soil  jeder 
hin,  jemandem  das  Wort  oder  den  Ge- 
e  Moglichkeit  zu  nehmen,  doch  noch 
•n??  Kann  ich  selbst  mir  jetzt  ein 
ch  etwas  weiB;  vietleicht  kann  ich 
beantwortenl?  Weil  nicht  nur  mir, 
iB  ich's  sicher)  solche  Fragen 
;en  unheimiich  lange  "Denkpausen", 

natiirlich  als  Unkenntnis  oder  Un- 
,terher  auch  zum  Ausdruck  brachten. 
bestanden,  jedoch  recht  knapp.  Im 
rkt  haben,  daB  Ihre  Kenntnisse 
hnen  gestehen,  daB  ich  solche  Leute 
f  meinem  Amt  .")■ 


76 


Weil  wir  so  knapp  bestanden  ha'tten,  sagte  ein  Priifer:  "Im  Zweifels- 
falle  fUr  den  Angeklagten"  und  traf  dami  t  tatsSchl  ic!r  den  Nagel  auf 
den  Kopf! I 

Als  ich  horte,  daB  Hildegard  die  staatliche  Anerkennung  nicht  bekom- 
men  hat,  wuBte  ich,  daB  sie  das  gegen  sich  beziehen  wird,  sich  als 
Versager  sehen  wird.  Ihren  Tod  sehe  ich  als  Konsequenz  (Vollzug) 
dessen,  was.ihr  im  Priif ungsergebnis  bereits  bescheinigt  wurde: 
E i ne  Identitat  bzw.  soziale  Existenz  wird  ihr  verweigert. 
Eine  radikale  Konsequenz  auf  unmensch! iche  Bedingungen. 


Ich  habe  in  pa'd.  extra  Nr .  18/lg  etwas  en 
te  verdeutl ichen  soil.  Das  ganze  geht  au 
offens i cht 1 ich  zu  diesem  Thema  einiges  ge 
M.L.  Moeller  fand  bei  empirischen  Untersu 
nicht  nur  zahlreiche  vegetative  Storungen 
St6rungenj wie  z.B.  Konzentrat ionsunfahigk 
fiihle,  Gedankenblock  etc.,  also  alles  Sto 
tuelle  Lei stungsfahi gkei t  beeintra'cht  igen 
Nach  Moeller  ist  nicht  nur  die  aktuelle  P 
suchungsinteresse,  sondern  auch  Prufungsm 
tungszeit,  Prufer  und  PrUflinge,  die  Bede 
bl  ick  auf  das  soziale  Umfeld  des  Prufling 
das  sogenannte  Entgegenkommen  der  Realita 
neurotischer  Konflikte  dar....  Wenn  unbew 
reaktiviert  werden,  entsteht  Angst."  (pad 


tdeckt,  was  das  oben  Gesag- 
f  M.L.  Moeller  zuruck,  der 
schrieben  hat,  falls  Du's 
chungen  von  PrUflingen 

sondern  auch  psychische 
eit,  Minderwert igkei tsge- 
rungen ,  die  die  intellek- 

rUf ungssi tuat ion  von  Unter- 
aterie,  Pruf ungsvorberei - 
utung  der  Prufung  im  Hin- 
s.  "Diese  Faktoren  bilden 
t  fUr  die  Wiederholung 
uBte  neurotische  Konflikte 
.extra  S.  38) 


Laut  Duhm  (Angst  im  Kapi tal i smus)  ist  fast  jede  Angst  eine  Art 
"PrUfungsangst".  Durch  Uber ich-Bi Idung  wird  diese  neurotische  irra- 
tionale  Angst  hervorgerufen.Reale  Angst  ist  in  den  wenigsten  Fallen 
vorhanden  (also  Angst  vor  einer  wirkl ichen  drohenden  Gefahr).  Quelle 
dieser  Angst  ist  die  Herrschaf ts-Waren-Konkurrenzstruktur  des  Kapi- 
tal ismus . 

Moeller  geht  kurz  auf  die  histor i sch-gesel 1 schaf tl iche  Funktion  von 
Priifungen  ein,  was  ich  auch  recht  interessant  finde:  Er  sieht  als 
Vorlaufer  der  Prufungen  die  "Ini tiationsr i ten"  (Vorgang  bei  Kulturen, 
die  keine  Pubertat  kennen,  zur  Ubernahme  von  Erwachsenenrol len  bei 
Kindern  und  Abgabe  der  Elternrolle  der  Eltern  und  Ubernahme  neuer 
Roll  en).  Allerdings  wird  dort  auf  beiden  Seiten  (Eltern  und  Kind) 
eine  Gefahrdung  der  eigenen  Position  erlebt  und  bei  beiden  entsteht 
Angst;  jedoch  wird  dieser  ProzeB  filr  beide  als  optimale  Bewal  t  i  gungs- 
form  aufgefaBt,  da  sich  die  Rollen  immer  wieder  erganzen  und  auch 
fur  beide  identi tatsbi 1 dende  Funktion  hat.  (Z.B.  der  Jugendliche  ge- 
winnt  Identitat  durch  Ablosung  von  den  Eltern)  In  Bezug  auf  die  heu- 
tige  gesel I schaftl iche  Funktion  bedeutet  dies:  In  der  Prufung  sollen 
Fahigkeiten  und  Kenntnisse  gemessen  werden,  um  dem  PrUfling  als  An- 
erkennung den  angestrebten  sozialen  Status  zuzuweisen. 
"Entscheidend  ist  hier  jedoch,  daB  alle  Arten  von  Examina  in  einer 
Gesel 1 schaf t,  deren  Grundstrukturen  von  den  VerwertungszusammenhSn- 

gen  des  Kapitals  bestimmt  sind die  Funktion  der  Selektion  und 

Stabi 1 isierung  der  sozialen  Schichtung  haben.  Diese  gesel 1 schaf tl  i- 
che  Funktion  der  Prufung  determiniert  die  Priif ungsordnung. ..  ,  wi  rkt 
bis  in  die  zwi schenmenschl ichen  Prozesse  der  Pruf ungss i tuat ion  hin- 
ein  und  pervertiert  deren  identi tatsbi I dende  und  rationale  Funktion. 


77  - 


Das  Prufungsri tual  ist  in  unseren  Ausbi I dungssystemen  asymetr i sen, 
d.h.  ml  t  einer  Ha'ufung  von  Macht  auf  Se  i  ten  der  PrUfer  angelegt. 
Der  Prufling  befjndet  sich  in  einer  angst igenden  Abhang igkei itsbe- 
ziehung  zum  Priifer.  Die  Priifung  induziert  Angst,  begrenzt  die  intel- 
lektuelle  Lei stungsfahigkei t  (Denkstorungen)  des  PrUflings  sowie 
die  Urtei  lsbi  Idung  des  Priifers  und  verhindert  damit  exakt  das,  was 
sie  zu  messen  vorgibt.  Ferner  legiert  die  Art  der  Prufungen  die 
Identi tatsf indung  via  Stuatuszuwe i sung  mlt  starker  Angst."  (pad. 
extra  S.  38)  Die  Verweigerung  dieser  Ident i tStsf i ndung  bzw.  ihre 
Moglichkeit  dazu,  fltiFJt  vers  ta'ndl  icherwei  se  starke  Angst  ein,  denn 
die  Priifung  spricht  eine  soziale  Existenz  aus  oder  auch  nlcht. 
Identi tatsbi Idung  und  Gewahr lei  stung  von  Identitat  vermittelt  durch 
Prufungen  und  auf  ind ivi duel ler  Ebene  erlebt,  spiegeln  nur  die  Herr- 
schaftsverha'l  tnisse  im  gesel  Ischaf  tl  ichen  und  okonomi schen  Bereich 
wieder,  der  die  Moglichkeit  zur  Ident i tatsf i ndung  durch  Statuszuwei- 
sung  von  der  aktuellen  Arbei tsmarktlage  und  von  politischen  Verhalt- 
nissen  (Arbei  ts  los  igkei  t ,  Beruf  sverbote,  Verscha'rf  ung  der  PrUfungs- 
und  Studienbedingungen)  abhangig  macht.  Also  Steuerung  des  Arbeits- 
kraftebedarfs  durch  Priifungs-,  Beruf sverbotsterror  auf  Kosten  von 
psychischem  und  physis-chem  "Exi s tieren". 


* 


• 

SOZIALARBEITER/SOZIALPADAGOGE 

Fur  ein  Alternativprojekt  werden 
2  mannliche  Mitarbeiter  mit 
Erfahrungen  in  der  Kinder-  und 
Jugendarbeit  gesucht,  die  sich 
engagiert  in  einem  Team  von 
15  Kollegen/innen  einbringen 
wollen.   SpaB  an  intensivem 
Gruppendienst  ist  erforderlich. 

INFORMATIONEN: 
Institut  flir  Sozial-  und 
Heilpa'dagogik,  GroBer  Plan  13 
31oo  C  e  1    1    e 

•  • 


•••••••••• 

INTERNATIONALE]* 
JUGENDGEMEINSCHAFTSDIENST 

Wir  kdnnen  Euch  mit  einer  in- 
ternational Gruppe  jugend- 
licher  und  junger  Erwachserer 
(16  -  25  Jahren)  in  Projekten 
(z.B.  Kinderarbeit.Jugend- 
zentren.Behi  ndertenarbei  t,Um- 
weltschutz  etc.   helfen. 

Wi  r  organisieren 

INTERNATIONALE 
JUGENDGEMEINSCHAFTSDIENSTE 

fur  drei   Wochen  zu  Ostern 
und  im  Sommer. 

INFORMATIONEN: 

Internationale  Jugend- 
gemeinschaftsdienste-IJGD 

Kaiserstr.   43,  . 

53oo  B  o  n  n     1 


-  78 


DER  JUGENDBULLE  KOMMT 


Was  fiir  Berlin  und  Miinchen  gul  ist.solltc 
auch  fiir  Frankfurt  gut  genug  scin,dachte 
sich  Polizcipriisident  Miiller  und  richtete 
eine  Arbeitsgruppe  ein,  die  am  25.1 1.76 
ihr  "Rahmenkonzept  zur  Bekiimpfung  de 
Jugcndkriminalitiit"  vorstellte.  In  jedem 
Revicr  soli  ein  speziell  gcschultcr  Beamtei 
fiir  Jugendfnigen  zustiindig  scin. 
DaB  die  "Jugendpolizislen"  nicht  nur  eine 
Flaschc  Bier  mil  den  Jugendlichcn  auf  Be- 
triebskosten  trinken,  ist  vor  alien  den  Ju- 
gendlichen  klar,  die  ihre  Erfahrungen  mit 
der  Frankfurter  Foli/.ei  gemacht  haben. 
Statt  wirksame  Konzepte  gcgen  Jugend- 
arbeitslosigkeit  und  Lehrstcllcnmangcl, 
gegen  Schulmisere  und  Lehrlingsausbeu- 
tung  vorzulegen,  versucht  man  cs  mit  Kon 
trollc,  Disziplinicrung  und  Kriminalisic- 
rung. 

Bishcr  ist  allerdings  der  Versuch  das  Kon- 
zept  "Jugcndpolizei"  durchzusetzen  gc- 
scheitcrt.  Jugcndliclic.Sozialarbeiter, 
WissenschaftlerJugendrichter.OTV- 
Betricbsgruppen,  die  Bezirksgnippe  der 
Gcwerkschaft  der  Polizei,  die  Arbeits- 
gemeinschaft  Frankfurter  Jugendhiiuser, 
Hcssischcr  Jugendring  etc.  haben  sich 
bisher  durch  offcntliche  Stellungnahmcn, 
Protestveranstaltungen.Resolutionen 
erfolgreich  dagegen  gewehrt. 
Zu  einer  offentlichen  Veranstaltung 
haben  Jugendliche  ein  Plakat  cntworfen, 
das  wir  hier  als  weitere  Kommentierung 
vorstellcn: 


Uni  lich  ungozwunotn  in  dor  Jugwtdiuna  bewegsn  lu  kdnntn, 
■olltt  dv  Juotndpollzlrt  winen  Diantt  grundsatzlich  in  burpw- 
lienor  Kllidung  varnhan. 


HWSo. 


SoWBEEN  UESHI&)1 


WIE  SICH  DIE  POLIZEI 
SO  DIE  ZUKDNFTIGE 
"JUGENDARBEIT" 
IN  FRANKFURT 
VORSTELLT 


Dor  Jugendpolizirt  tollta  m6glichst  airier  Altarfgrupp* 
/wuchun  22  und  3b  Jstven  angettdrfln. 


NtCW  $0  ALT.  ..   NiCHTiHi.3UiG...a)eR.  (S1  VXHtTK?' 


-  79 


]^&w\aT<iJggl 


'■-„,.■■■  .'v, 


V!  f 


WStk* 


(It 


Smfe? 


j  a  p     * 


<*CT* 


^^      ...  und  Hinweis  auf  Einrichtungen  zur  Freizeitgestalturtg. 


Die  Zitatc  sind  der  "Rahmenkonzeption  zur  Bckampfung 
der  Jugendkriminalitat"  void  25.11.1976  entnommen. 


KONTROLLE  UND    . 


Polizeiliche  Beratung 
der  Jugend lichen ... 


KRIMINALISIERUNG 


Zur  Koordinierung  Am  Einsatzesder  Jugandpolizisten,  Erkanntninammlung 
und  Auswertung,  Ruckkopplung  und  Informationuteuerung  ist  die  Installation 
eines  INFORMATIONSKOPFES  erfordarlich. 


DENKSTE 


PRODUKTIV- 


JUGENDi 


j  MANFRED 
IIEBELOBER 
AKTUELLE&  HISIORISCHE  ASPEKTE 
DER  ARBEITERJUGENDFRAGE 
IM  KAPITAUSMUS 


Der  Verfasser,  Professor  an  dor  PSdagoglschen 
Hochschule  Berlin,   untersuchc  akruelte  und  histori 
sche  Aspokte  der  Arbeiterjugendfrage  Im  Kapita- 
lismus.  "Jugend"  cliarakierisiert  keinen  unabhangig 
von  der  Klassenlago  existlerendcn-"sozlalen  Status" 
sondern  ist  eln  dem  Lebensaltor  entsprcchender 
sozialer  Aspekt  der  gesellsL-haftlichen  Existent. 
Die  kapir.il!  stiselie  I'roduktionsweise  hat  eine  beson 
dere  Jugendphase  hervorgehrachu,   In  der  sieh  dor 
ihr  immanente  Grundwidersprueh  von  I  ohnarbeit 
und  Kapital  im  HntscehungsprozelS  einer  biirger- 
tichen  Jugend  einerseits  und  einer  prolerarisehen 
Jugend  anderersclts  herausblldote.Aus  dem  Inhalt; 

Arbeiterjugend  und  Emanzipatlon  -  Zur  liegiun- 
dung  des  Lebenszusammennanges  der  Arbeiterju- 
gend -  Vom  kapitalistischen  Fortschriti  der  Ju- 
gendfrageam  Beispiel  der  USA  -  Zum  Zusammen- 
hang  von  Schule,  Arbeit  und  Arbuitsloslgkeit  in 
der  BRD  -  Selbstiindigkeif  und  Selbstorgnnisacion 
als  Problem  von  Arbelterjugendbewcgungen. 


Hamburger  Allee  49 
6  Frankfurt  a.M.  90 

ISBN  3-88203-027-5 
160  Seiten  DM  12,80 


SOZIALPADAGOGISCHE  ARBEIT  IM  JUGENDFREIZEITHEIM 


1.  Udo  Maas,  Mannheim: 

LINKE  SOZIALPADAGOGEN  UND  DIE  ANGST  VOR  DER  PRAXIS 

Der  Arbeitskreis  Kritische  Sozialarbeit,  westberlin,  greift  in  sei- 
nem  Aufsatz  "Sozialpadagogische  Arbeit  im  Jugendfreizeitheim  -  Zum 
Verhaltrns  von  politischem  Anspruch  und  padagogischer  Real i tat  -" 
(Info  Sozialarbeit  13  1976)  die  politische  Praxis  einiger  Genossen 
an,  die  sich  in  Konfl rkten  von  Arbeiterjugendlichen  im  Zusanmenhang 
mit  Jugendfreizeitheimen  gegenuber  den  Arbeiterjugendlichen  solida- 
risch  verhalten  haben.  So  werden  die  Aktivitaten  und  Einschatzungen 
der  Verfasser  des  Aufsatzes  iiber  Jugendzentren  in  "Erziehung  und 
Klassenkampf  10-11/1973  ebenso  mit  der  Floskel  "linker  Altruismus" 

!2ge^n  [,','   Wle  unsere  Arfaelt  im   Stadtteil  Mannheim-Rheinau 
(S.  30:  linkscantativ").  Uns  wird  vorgeworfen,  wir  seien  volliq 
kritiklos  auf  die  Forderungen  von  Jugendlichen  eingegangen  und  hatten 
eigene  Bedurfnisse  und  Anspruche  negiert.  Zum  Beweis  zitieren  die 
Verfasser  den  Artikel  "Kippe  kaputt"  des  AKS  Mannheim  in  "links"  vom 
Juni  1975.  Die  Verfasser  haben  es  versaumt,  unsere  ihnen  gut  bekann- 
te  Gegendarstellung  zu  jenem  "links"-Artikel  (in:  "links"  Oktober 
1975)  und  unsere  ausfuhrliche  Schilderung  und  Analyse  der  Rheinauer 
Arbeit  in  den  Arb  eitsfeldmaterialien  des  Sozial  istischen  Biiros 
(Anneliese  und  Udo  Haas,  Ingrid  Schwarz,  Sozialpadagogik  und  Arbei- 
tennteressen,  Offenbach  1975)  auch  nur  zu  erwahnen,  geschweige  denn, 
sich  mit  der  dort  beschnebenen  praktischen  Arbeit  und  theoretischen 
Position  auseinanderzusetzen.  Trotzdem  halten  sie  sich  fur  berech- 
tigt,  unsere  Arbeit  als  "politisch  perspektivlos"  einzustufen  (S.30). 
Solche  Urteile  beruhen  mcht  allein  auf  wissenschaftlich  schlampi- 
gem  Vorgehen,  sondern  auf  nicht  eingestandenen  Angsten. 

Es  ist  eine  fur  uns  inzwischen  einigermaBen  verkraftbare  Erfahrunq 
geworden,  dal3  praktische  Solidaritat  mit  Arbeiterjugendlichen  fur 
uns  selbst  allmahliche  Isolierung  von  vielen  Genossen  zur  Folqe  hat 
well  viele  -  vom  Anspruch  her  politisch  motivierte  -  Intellektuelle' 
verunsichert  werden,  den  Ruckzug  antreten  und  Abwehrhal tungen  ent- 
wickeln,  wenn  Solidaritat  mit  Arbeitern  auf  ihre  eigenen  Lebensver- 
haltnisse  zuruckwirkt.  So  zeigt  sich  auch  in  dem  Aufsatz  der  West- 
berliner  AKS  ler,  daB  sie  immer  dann,  wenn  sie  an  den  Punkt  gelangen 
wo  man  Aussagen  zu  praktischen  Konsequenzen  erwartet,  flugs  abstrakt 
werden  -  und  damit  unverbindl ich:  so  besonders  bedauerlicherweise 
bei  den  "Thesen  zu  einer  bedurfnisorientierten  Arbeit  im  Jugendfrei- 
zeitheim" (S.  40  ff).  Hier  geht's  von  Negt/Kluge  iiber  Seve  bis  zu 
Paolo  Freire  und  endet  mit  der  Feststellung,  daB  politische  Arbeit 
im  Jugendfreizeitheim  nur  begrenzte  Auswirkungen  haben  kann  -  eine 
Binsenweisheit  nach  soviel  Theorie.  Es  fehlt  die  entscheidende  Aus- 

-  83  - 


I 


sage  dazu,  was  Sozialpadagogen  denn  machen  sollen,  wenn  ihre  lm 
Juqendfreizeitheim  begonnene  politische  Arbeit  den  Rahmen  des  Jugend- 
freizeitheims  verla'Bt.  Politik  ist  namlich  nicht  zerlegbar  1n  einen 
beruflichen  (institutionellen)  Teil    (mit  Arbeiterjugendlichen)  und 
einen  Feierabendteil    (mit  Genossen)   (vgl     S.  29)  -  oder  umgekehrt. 
Aus  beruflicher  Arbeit  im  Jugendfreizeitheim  kann  sich  durchaus  die 
Notwendigkeit  eines  langfristigen,  umfassenden  Lebenszusammenhanges 
mit  Arbei terj ugendli chen  auch  auBerhalb  des  Jugendf re! zei thelitis  er- 
geben  und  dann  erweist  sich,  inwieweit  Intellektuelle  lhr  politisches 
Engagement  flir  Arbei  ter  ernst  nehmen. 

Nachdem  funf  Mitarbeiter  des  Nachbarschaftshauses  Rheinau  wegen  ihrer 
solidarischen  Unterstutzung  der  Jugendlichen  1974  ihre  Kwidigung 
erhalten  hatten,  war  fur  einen  Teil   von  ihnen  die  politische  Arbeit 
zusammen  mit  diesen  Jugendlichen  nicht  beendet.  Sie  haben  auf  der 
Seite  der  Jugendlichen  gestanden,  als  diese  urn  einen  Clubraum  im 
neben  dem  Nachbarschaftshaus  stehenden  Kippe-Haus  gekampft  haben 
(vgl.  Anneliese  und  Udo  Maas,  Ingrid  Schwarz,  a.a.O.)  und  sie  haben 
die  Jugendlichen  bisher  erfolgreich  bei  den  gegen  sie  laufenden  Pro- 
zessen  wegen  Landfriedensbruch  unterstlitzt  {a.a.O. ).  Aus  der  darnal   - 
qen  Arbeit  im  Jugendfreizeitheim  haben  sich  inzwischen  vielschicnti- 
ge  Ansatze  eines  kollektiven  Lebenszusammennanges  von  Arbeiterju- 
gendlichen im  Stadtteil  entwickelt,  in  die  wir,  selbstverstandlich 
in  unserer  Funktion  als  Intellektuelle,  durchaus  eng  verstrickt  sind. 

Wie  wenig  der  Aufsatz  des  AKS  Westberlin  fur  eine  praktische  politi- 
sche Arbeit  mit  Arbeiterjugendlichen  hergibt,  wird  besonders  deutlich, 
wenn  man  ihn  mit  den  von  Jbrg  Krausslach,  Friednch  U.  Duwer  und 
Gerda  Fell  berg  beschriebenen  Erfahrungen  mit  Hamburger  Arbeiterju- 
gendlichen vergleicht.   (Aggressive  Jugendliche,  Ju9endarbeit  zwischen 
Kneipe  und  Knast,  1976)  Hier  werden  klar  und  kompromisslos  Voraus- 
setzungen  und  Folgen  einer  an  den  Interessen  und  Bedurfnissen  der 
Arbei terj ugend  orientierten  Jugendarbeit  offengelegt,  und  zwar  weder 
anonym  noch  theoretisch,  sondern  Satz  fur  Satz  mlt1el^^p^^1^hprn 
belegt  und  daher  von  Grund  auf  ^g  tiniiert.   Krausslach/Duwer/Fellberg 
setzen  voraus,  daB  man  als  mtellektueller  "existentiell  nutzlich 
fUr  die  Jugendlichen  wird,  d.h.   sich  im  Handeln  und  nicht  im  Reden 
beweist;  sich  fur  die  Jugendli chen. erf ahrbar  mit  ihnen  soli  arisiert, 
selbst  existentielles  Risiko  auf  sich  mmmt..."   (a.a.O    S    68)     Wer 
das  als  "linken  Altruismus"  bezeichnet,  hat  nicht  verstanden,  was 
denn  Arbeiterjugendliche  uberhaupt  dazu  veranlassen  sollte,  Intel- 
lektuellen  zu  vertrauen. 

Naturlich  darf  das  Jugendfreizeitheim  nicht  als  Zentrum  der  Gesell- 
schaftsveranderung  miBverstanden  werden.  Aber  darum  geht  es  hier  gar 
nicht     Es  geht  darum,  wie  Politisierung  im  Jugendfreizeitheim  statt- 
finden  kann  vom  Ansatz  an  denjenigen  Bedurfnissen  her,  deren  Befrie- 
digung  die  Jugendlichen  im  Jugendfreizeitheim  erwarten,  aber  meist 
nicht  erreichen.  Und  es  geht  darum,  wie  sich  Sozialpadagogen  vernal- 
ten  sollen,  wenn  sie  diese  Politisierung  wollen,  aber  von  deren  prak- 
tischen  Konsequenzen  selbst  ergriffen  werden.  Hierzu  weist  der  AKb- 
Artikel   keine  Lbsungen  auf,  sondern  Auswege.  Der  eine  Ausweg  be- 
steht  darin,  durch  Politisierung  der  Jugendlichen  auftretende  Kon- 
flikte  aus  dem  Jugendfreizeitheim  hinaus  zu  befbrdern:   "Die  dort  ge- 
auBerten  Bedlirfnisse  ...  sind  letztlich  nicht  in  ihm  zu  befriedigen. 


-  84 


An  diesem  Punkt  muB  die  Zusammenarbeit  mit  Gruppen  und   Institutionen 
iiber  den  Bereich  des  einzelnen  Freizeitheims  hinaus  angestrebt  wer- 
den: mit  Gewerkschaften,  Schulen,  Jugendgruppen,  Burgerinitiativen 
usw."    (S.43)  Ja  werden  denn  dort  die  im  Jugendfreizeitheim  auftreten- 
den  Bedlirfnisse  befriedigt?  Der  andere  Ausweg  besteht  darin,  das 
Jugendfreizeitheim  als  padagogischen  Freiraum  ("pa'dagogische  Pro- 
vinz")  zu  defim'eren:    "Ansatze  gibt  es  ferner  mit  den  Methoden  der 
Projekt-  und  medienpadagogischen  Arbeit.  Am  ehesten  lassen  sich  noch 
Bedlirfnisse  nach  Erholung  und  Entspannung  sowie  nach  sozialer  Aner- 
kennung  und  nach  Orientierung  im  Jugendfreizeitheim  verwirkl ichen." 
(S.  44)  Wo  bleibt  der  behauptete  Unterschied   (S'.   33)  zur  burgerli- 
chen  Sozialpadagogik  -  zum  Beispiel   im  Stil  Mu'ller,   Kentler,  Molle- 
hauer,  Giesecke   (Was  ist  Jugendarbeit?  Vier  Versuche     zu  einer  Theo- 
rie,  1.  Auflage  1964)? 

Der  AKS  Westberlin  lehnt  Konfliktstrategien  ab,  sagt  dies  aber  nicht 
eindeutig.   Er  verwirft  ausdriicklich  nur  "Konfrontationsstrategien 
mit  dem  Staat"  und  kritisiert  klug  "verklirzte  Konfl  iktstrategien"und 
ein  "falsches  Konf lik-tverstandnis"   (S.   10),  versaumt  es  aber  anzuge- 
ben,  was   "nicht-verkiirzte"   Konfliktstrategien  und  ein  "richtiges" 
Konfl iktverstandnis  sind.  Nur  das  hatte  den  Aufwand  gelohnt. 
Urn  theoretische  Voraussetzungen  fur  Politik  im  Jugendfreizeitheim 
zu  bestimmen,   ist  es  notwendig,  die  Elemente  einer  differenzierten 
Konfl iktstrategie  herauszuarbeiten.   Dabei   ist  auszugehen  von  der  Tat- 
sache,  daB  Arbeiterjugendliche  im  Jugendfreizeitheim  zwangslaufig  in 
Konflikte  geraten,  wenn  sie  ihre  Bedlirfnisse  befriedigen  wollen  - 
und  mit  ihnen  Sozialpadagogen,  wenn  sie  Arbeiterjugendliche  unter- 
stlitzen. 


2.  EINE  ENTGEGNUNG  DES  AKS-WESTBERLIN 


Die  Kritik  von  U.  Maas  an  unserem  Artikel   liber  Jugendarbeit  beruht 
Z.T.   auf  MiBverstandnissen,  zum  anderen  aber  vertritt  er  eine  ande- 
re Position. 

Zunachst  zu  den  MiBverstandnissen. 

Es  ging  uns  in  unserem  Artikel   nicht  darum,  die  politische  Praxis 
von  Genossen  anzugreifen,  auch  nicht  darum,  deren  solidarisches  Ver- 
halten  Jugendlichen  gegenliber     zu  kritisieren.  Wir  bestreiten  auch 
nicht,  daB  solches  Verhalten  in  Einzelfallen  mbglich  und  richtig 
war.  Worum  es  uns  vielmehr  ging,  war  die  Frage,  ob  solche  Versuche 
derSolidarisierung  mit  Jugendlichen  verallgemeinerungsfahig  waren 
und  sind.  Ganz  allgemein  gesagt  kamen  wir  zu  dem  Ergebnis,  daB  es 
illusionar  und  politisch  falsch  ware,  Einzelfalle,  wo  sich  Genossen 
unter  persbnlichem  Einsatz  -  aus  welchen  Griinden  auch  immer  -  auf 
die  Seite  der  Jugendlichen  gestellt  haben,  zum  Modell  fortschrittl  i- 
cher  Jugendarbeit  allgemein  zu  erklaren.  In  diesem  Zusammenhang  ha- 
ben wir  solidarisches  Verhalten  hinterfragt  und  versucht,  daraus 
resultierende  Probleme  aufzuzeigen. 

U.a.   kam  es  uns  auch  auf  die  Feststellung  an,  -  und  hier  vertreten 
wir'wohl  eine  andere  Position  als  U.  Maas  -  daB  Altruismus  und 

-  85  - 


Caritas   (die  Charakteristika  traditioneller  engagierter  Sozialar- 
beit,  die  wir  im  librigen  keineswegs  denunzieren  wollen)  eben  auch  in 
der  Linken  eine  Rolle  spielen.  Von  daher  ist  der  Begriff  der  politi- 
schen Praxis  zu  relativieren,  deshalb,  weil  die  politische  nMomente, 
die  uns  von  traditioneller  Sozialarbeit,  die  nicht  mehr  will   als 
Caritas  unterscheiden,  sich  z.Zt.  eben  so  gut  wie  gar  nicht  in  Praxis 
darstellen  lassen,  sondern  oft  eher  nur  eine  Differenz  des  BewuBt- 
seins  bezeichnen. 

Darliberhinaus  sind  wir  der  Auffassung,  daB  politisches  BewuBtsein 
sich  nicht  einzig  und  allein  im  Eintreten  fiir  Interessen  der  Betrof- 
fenen  ausdriickt  -  das  ware  bloB  traditionelle  Sozialarbeit  -,  son- 
dern auch  und  entscheidend  im  Eintreten  fiir  eigene  Interessen.  Es 
liegt  auf  der  Hand,  daB  es  in  diesem  Fall   selbstverstandlich  Inter- 
essengegensatze  zwischen  Sozialarbeitern  und  Jugendlichen  geben  muB. 
Dieser  objektive  Interessenkonflikt  -  darum  ging  es  uns-  darf  nicht 
ignoriert  werden,  sondern  muB  in  den  Begriff  politischer  Praxis  ein- 
gehen. 

Aus  der  nochmaligen  Lektlire  des   "Kippe"-Artikels  von  Maas/Schwarz 
in  "links"  Nr.   70/0kt.   75  ergibt  sich  nichts,  was  die  Zuru'cknahme 
unserer  kurzen  Bemerkungen     zu  dem  Konflikt  rechtfertigen  wiirde. 
Dort  besta'tigt  sich  vielmehr,  was  wir  kritisiert  haben:  Die  Verfas- 
ser  gehen  nicht  von  ihren  politischen  Vorstellungen  aus,  sondern 
richten  ihr  Verhalten  an  den  schwankenden  Bedurfnissen  der  Jugendli- 
chen aus.  Als  -  wie  es  dort  heiBt  -  die  Jugendlichen  "...ein  drin- 
gendes  Bedurfnis  nach  dem  Kippe-Club  bekamen,   ..."   ("links"  70, 
S.   25),  was  verstandlich  ist,   stellen  sie  sich  dahinter,  was  auch 
verstandlich  ist,  dies  jedoch  ohne  den  Jugendlichen  von  vornherein 
klarzumachen,  daB  dazu  bestimmte  Bedingungen  eingegangen  und  einge- 
halten  werden  mu'ssen   (Unfal  lversicherung,  Aufsicht,  Offnungszei ten) , 
wie  sie  die  Mitarbeiter  der  im  gleichen  Haus  stattfindenden  Straf- 
gefangenenarbeit  gefordert  hatten.   Das  ohne  Eingehen  auf  diese  Be- 
dingungen ein  Selbstverwaltungsmodell  scheitern  muBte,  sollte  den 
beteiligten  Sozialpadagogen  klar  gewesen  sein.   Unverstandlich  ist 
daher,  wieso  sie  dies  den  Jugendlichen  nicht  rechtzeitig  vermitteln 
konnten. 

Wenn  Genossen  ihren  politischen  Anspruch  so  fassen,  daB  er  fiir  sie 
das  Eingehen  eines  umfassenden  Lebenszusammenhangs  mit  Arbeiterju- 
gendlichen  einschlieBt,   (vgl.   die  Erwiderung  von  U.   Maas)  dann 
ist  das  eine  persbnliche  Haltung,  die  wir  akzeptieren,  nicht  aber 
die  politische  Strategie  von  Jugendarbeit. Diese  Haltung  ist  alt- 
ruistisch,  solange  nicht  das  eigene  Interesse  der  Sozialpadagogen 
an  diesem  "Lebenszusammenhang  mit  Arbeiterjugendlichen"  erkennbar 
ist.  Weshalb  machen  sie  das?  Welches  sind  die  eigenen  langerfristi- 
gen  Interessen,  ohne  die  ein  solcher  Lebenszusammenhang  nicht  durch- 
gehalten  werden  kann?  Was  profitieren  die  Sozialpadagogen  von  den 
Jugendlichen?  Wir  stellen  diese  Fragen  keineswegs  in  polemischer 
Absicht,  sondern  weil  wir  von  denjenigen  die  Konzepte  padagogischer 
Arbeit,  wie  das  oben  Angesprochene  vertreten(  hier  Antworten  erwarten. 
Vielleicht  fehlt  uns  dazu  ein  Stuck  Phantasie.   Unsere  eher  skepti- 
sche  Haltung,  aus  der  heraus  wir  solche  Versuche  fiir  moralisches 
Engagement  halten,  resultiert  daraus,  daB  die  Begrundungen  dafu'r  1m- 
mer  nur  einseitig  sind.  DaB  man  als  Intellektueller  "existentiell 
nlitzlich"  fiir  die  Jugendlichen  werden  kann  -  wie  U.  Maas  schreibt  - 
ist  uns  klar  und  bedarf  keiner  Erla'uterung,  aber  inwiefern  gilt  das 
in  ahnlicher  Weise  auch  umgekehrt. 


MATERIALIEN/KLEINANZEIGEN 


I  Dokumentation  "Geschichte  einer  Bewegung  -  Initiative  Jugendzen- 
rum  Cuxhaven"  schildert  auf  71   S.   das  Organisationsmodell   und  die 
Arbeit  des  Jugendzentrums  und  die  Spaltung  durch  den  KJVD.   Gegen 
Voreinsendung  von  DM  4.-  zu  beziehen  Liber  AG  SPAK  Publ  ikationen, 
Friesenstr.    13,   1    Berlin  61. 

I  Falkenkalender  1977  DIN  A  2  beidseitig  bedruckt  mit  vielen  Comics. 
Gegen  Voreinsendung  von  DM  1.-   (in  Briefmarken)  zu  beziehen  liber 
SJD-Die  Falken,  Postfach  1923,  465  Gelsenkirchen. 

I  Kreuzberger  Stadtteilzeitung  -  Erfahrungsberichte  liber  die  Proble- 
me  von  Obdachlosen.  Auseinandersetzung  mit  der  SozialbLirokratie, 
die  Arbeit  von  Initiativgruppen  etc.    Bezug  u'ber  Ulrike  Urban, 
Fuggenstr.    33,   1    Berlin  30. 

•  "Starke  12"  -  Jugendzeitung  desNiebiiller  Jugendzentrums  -  berich- 
tet  Liber  Atomkraftwerke,   die  Arbeit  im  JZ,  Frauengruppe  im  JZ  etc. 
Gegen  Voreinsendung  von  DM  1.-   (in  Briefmarken)  zu  beziehen  u'ber 
Jugendzentrum  NiebUII,  Gotteskoogstr.   22,   226  Nieblill. 

•  Blickpunkt  Ausla'nder  Nr.   10/76  entha'lt:  Welche  Kultur'flir  ausla'n- 
dische  Arbeitnehmer?  -   Islam  -  Zur  TLirkei   -  Mieterberatung  in 
Kreuzberg  -;  Gegen  Voreinsendung  von  DM  3.   -  zu  beziehen  liber 
Centre  Europeen  Immigres,   51   rue  Vanderindere,   1180  Bruxelles/ 
Belgien. 

•"Knoblauch",   sozial  istische  Schulerzeitung  Zeitung  fiir  (nicht  nur) 
den  zweiten  Bildungsweg  in  Kassel.   Diesmal:   Was  ist  unsere  Schu- 
le  wert?,  gegen  1.50  DM  in  Briefmarken  liber  "knoblauch",  c/o 
Hessenkolleg,  Witzenhauser  Str.   5,   3500  Kassel. 

•  Das  Kronenburg-Projekt  -  Zwischenbilanz  eines  seit  Frlihjahr  1974 
laufenden  Projektes.   Ausgangssi tuation  fiir  das  Projekt  war  die  Er- 
fahrung  gesellschaftlicher  Isolation  des  Einzelnen  und  der  An- 
spruch,  politisch  arbeiten  zu  wollen.    Das  Projekt  wurde  als  selbst- 
verwaltetes  Wohnhaus  konzipiert,  welches  den  Reproduktions-  und 
Produktionsbereich  (verbunden  mit  4  Wohnetagen  und  einer  Kneipe) 
vieler  zusanrnenlegen  und  bewa'ltigen  helfen  sollte.   192  S., 

DM  11,50.  Gegen  Voreinsendung  liber  Klaus  Mankowski,  Steinfurter 
Str.    103,  44  Mlinster. 

•  Dokumentation  "Selbstorganisation  und  Selbstbestimmung  am  Bei- 
spiel   des  Club  alpha  60"  -  10  Jahre  Clubarbeit  (AK  Vietnam     - 
Emanzipation  -  Lehrlinge  -  Musik  etc.)  -  10  Jahre  Auseinander- 
setzung.  315  S./DM  15  +  2  DM  Porto.   Gegen  Voreinsendung  auf  das 
Konto  Volksbank  Hall   Nr.   1076  000  Club  alpha  60,  Pfarrqasse  3, 
717  Schwabi sch  Hall.  J * 

•  Das  Referat  Jugendarbeit  der  DFG/VK  hat  eine  Torrbildschau  Liber 
Kernwaffen  zusamrnengestellt.   Die  Tonbildschau  entha'lt  fiir  viele 
sicherlich  wichtige  und  auch  neue  Informationen.   Sie  kann  sowohl 
fur  bffentliche  Veranstaltungen  als  auch  fur  Gruppendiskussionen 
verwendet  werden.   Vorbestellung  (mindestens  vier  Wochen  vor  der 
beabsichtigten  Veranstaltung)  bei   Erwin  Eisenhardt,  Goethestr.   16, 
7253  Renmngen,  Telefon  07159/5817. 

-  87  - 


"*S 


I  Informationsbulletin  des  Vereins  zur  Fbrderung  von  Gemeinwesenar- 
beit  Nr.   3'stellt  zur  Diskussion   "GWA-Arbeit:   Ordnungsmacht  oder 
Gegenfaktor. 

i  Montagsnotizen  -  Zeitung  von  Wohngemeinschaften  -  mi t  dem  Thema 
"Atomkraft-Nein  Danke",   sowie  weiteren  aktuellen  Berichter  und 
Hinweisen  Nr.   18/19  soeben  erschienen.   Gegen  Voreinsendung  von 
DM  1.50  zu  bezieher  Liber  "Montagsnotizen",  Schanzenstr.   6, 
2  Hamburg  6. 

Heim  und  Erzieher  Zeitschrift  Nr.   12  entahlt  Materialien     zur 
tJTV-Tarifrunde,    Informationen  aus  den  Dienststellen,  SparmaBnah- 
men  bei   freien  Tragern,  Jugendpol izei ,   KKW,   Heimsituation  etc. 
Bezug:  HEZ,  Urbanstr.   126,   1   Berlin  61. 


STELLENANGEBOTE/SUCHE 


•  Sozialarbeiter(in)/Padagoge(in)  zum  1.1.1977   (1.2.1977)  fur  Ougend- 
arbeit  in  einem  Frankfurter  Obdachlosengebiet  gesucht.   Praxis  in 
der  Jugendarbei t  erwunscht.   Teamarbeit.   Bewerbungen  an: 

Kurt  Degenhard,  Nibelungenstr.    8,   6  Frankfurt. 
I  Wir  suchen  einen  Zivildienstleistenden  und  einen  Sozialarbeiter 
flir  ein  neu  eingerichtetes  Jugendhaus  in  Bietigheim/Na'he  Stuttgart, 
Bewerbungen  an:   Dieter  Petri,  Comeniusstr.   14,  712  Bietigheitm- 
Metterzimmern,  Telefon  07142/44151. 

•  Sozialarbeiter  zum  1.7.1977/1.10.1977  von  einer  Dachorganisation 
Behinderter  in  Dlisseldorf  gesucht.   Selbstandige  Arbeit  im  Freizeit- 
bereich  (regional  und  u'berregional )  erforderlich.  Zuschriften  unter 
Chiffre  1/15  an  Sozialistisches  BLiro. 

•  Wohnheim  flir  Behinderte  sucht  Ersatzdienstleistenden. 
Tel.:   0511/504898. 

I  Wir  suchen  einen  Zivildienstleistungen  flir  Kommunikationszentrum 
und  Jugendclub  Teestube  165  e.V.,   Leipziger  Str.   165,  64  Fulda. 

•  Berufspraktikantin  (Sozialarbei t)  sucht  Stelle  im  Bereich  therapeu- 
tischer  Wohngemeinschaften  (Drogen),  Jugendarbei t  im  Raum  Heidel- 
berg.   Beginn  zwischen  April    und  Oktober  1977,   Uschi    Kropp, 
Karpfengasse  2,  69  Heidelberg. 

•  Suche  Zivildienststelle  im  RAum  Marburg  ab  Anfang  1978.   Habe     dann 
Examen  in  Germanistik  und  Politik.   Zuschriften  Liber  Chiffre  1/20 
an  Sozialistisches  BLiro. 

•  Suche  Stelle  als  Sozialarbeiter  ab  April   1977;  bis  25  J.,  verh. 
wohnortunabhangig  und  bringe  Erfahrungen  aus  der  Praktischen  Ar- 
beit in  der  Familienflirsorge,  der  Jugendarbeit  und  "Wohnkollektiv- 
arbeit  mit,  ebenso  abgeschlossene  Mechanikerlehre. 

Glinter  Hamburger,  Hugenottenstr.   16,  68  Mannheim  71. 
I  Sozialpadagoge,  29  J.  verh.,  1   Kind  sucht  Tatigkeit  in  der  Vor- 
schul-  Oder  auBerschulischen  Kinderarbeit  im  Raum  Kbln/Dusseldorf/ 
Krefeld.   Bisherige  Erfahrungen:  Abenteuerspielplatz,  0T,  SchLiler- 
laden.   Informationen  Liber  offene  Stellen  an  Sozialistisches  BLiro  - 
Chiffre  1/1. 

•  Sozialarbeiter  sucht  zum  nachstmbglichen  Termin  eine  Stelle  flir 
das  Berufspraktikum,  vorzugsweise  in  den  Bereichen  Auslanderar- 
beit/Jugendarbeit/GWA  im  Raum  Ostwestfalen-Lippe.  Bei  unterstlit- 
zungswlirdigen  Initiativen  Verglitung  entsprechend  finanzielle  Mog- 
lichkeiten.   Helmut  Meier,  Oststr.   9,  48  Bielefeld  1. 

-  88  -