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Full text of "Informationsdienst Sozialarbeit (1972 - 1980)"

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INFORMATIONSDIENST 
SOZIALARBEIT 


vt>  ,  -  ■»  , 


Schwerpunktthema: 
SOZIALARBEIT  IN  JUGENDZENTREN 

AuSerdem:  Sozialarbeit  ist  Lohnarbeit 
Jugendhilferecht 
Jugendpolitisches  Forum 


Offenbach  im  Januar  1975 
Doppel nummer  -  Preis  flinf  Mark 


/1JJZ 


Dieser  Informationsdienst  Sozialarbeit  wird  im  Sozial  i  stischen  Buro 
von  Gruppen,  die  im  Sozialisationsbereich  arbeiten,  herausgegeben. 
Der  Info  dient  der  Kommunikation  und  Kooperation  von  Genossen,  die 
mit  sozialistischem  Anspruch  im  Feld  der  sozialen  Arbeit  tatig  sind. 
Bisher  sind  erschienen: 
Heft  1:  "Fursorgeerziehung"  (72  S./DM  3.--) 

Heft  2:  Sozialarbeit  in  Insti tutionen  -  Geschichte  des  AKS  Frankfurt 
-  Probleme  der  Sozialarbeit  bei  Treien  Tragern  u.a.  (80  S./DM  3.  —  ) 

Heft  3/4:  Sozialarbeit  zwischen  Selbstorganisation  und  Burokratie  - 
Fursorgezoglinge  nehmen  ihre  Sache  selbst  in  die  Hand  -  LehrstUck 
Brackwede  oder  die  objektiven  Grenzen  fortschrittl ichpr  Jugendamts- 
politik  im  Recht  u.a.  (96  S./DM  5.--) 

Heft  5:  Zur  Organisierung  im  Sozialisationsbereich  -  Funktion  dei 
Sozialarbeit  -  Diszipl  inierung  in  der  Fafli  Neukblln  u.a.  (104  S./DM  5. 
Heft  6:  Jugendhi lferecht  und  Jugendhilfetaq  (72  S./DM  3.--) 

Heft  7:  Jugendhi 1 fetag  -  Materi alien  der  Sozial istischen  Aktion 
(80  S./DM  4.  —  )         ' ~ 

Heft  8:  Reform  und  Reformismus  als  Problem  praktischer  Politik  in  der 
Sozialarbeit  -  6  Kurzbenchte  -  Nachrichten/Hinweise  (77  S./DM  4.--) 

Herausgeber:  Sozial istisches  Buro 

6o5  Offenbach  4,  Postfach  591 

Verleger:  Verlag  2ooo  GmbH  Offenbach 

Erste  Auflage;  Januar  1975,  5000  Exemplare 

Alle  Rechte  bei  dem  Herausgeber 

Vertrieb:  Verlag  2ooo  GmbH,  6o5  Offenbach  4 

Postfach  591,  Hone  Str.  28  (Souterrain) 
Postscheck  Frankfurt  Nr.  51041-604 

Preis:  Einzelexemplar  DM  5.-- 

Bei  Abnahme  von  mindestens  lo  Stuck  2o  %   Rabatt 
Weiterverkaufer  (Buchladen,  Buchhandel)  4o  %   Rabatt 
jeweils  zuzuglicn  Versandkosten 

Der  Info  kann  auch  im  Abonnement  bezogen  werden.  Bezugsgeblihren  fiir 
das  Jahr  1975  DM  10.--  +  DM  2.80  Versandkosten.  Das  Jahresabonnement 
enthalt  vier  regulare  Ausgaben  (Einfachnummern) .  Die  Einfachnummer 
kostet  DM  3.-/4.  — ,  eine  Doppel  nummer  DM  5.--. 

Verantwortlich:  Redaktionskol lektiv  Info  Sozialarbeit 
Presserechtlich  verantwortlich:  Glinter.  j>abst  Offenbach 
Druck:  hbo-druck  Bensheim 


■'■A- 


INFO  SOZIALARBEIT,  Heft  9 


INHALT 


Vorbemerkungen  zu  dieser  Ausgabe  Seite   3 

Gerd   Rieger: 

Politik  in  Jugendzentren  Seite       7 

Almut  Jbdicke: 

Madchenarbei t  in  Jugendzentren  Seite     21 

AKS  DLisseldorf: 
Bericht  von  der 
Jugendzentrumstagung,  DLisseldorf,  vom  25. -27. lo. 1974  Seite     27 

Autorengruppe  Bremen: 

Politische  Bildungim  dugendfreizeitheim 

unter  der  Zielsetzung  einer  stadttei Ibezogenen  Arbeit      Seite  31 

Timm  Kunstreich: 

Sozialarbeit  ist  Lohnarbeit  Seite  41 

Aktiv  R  16  Koln/AKS  DLisseldorf: 

Der  Referentenentwurf  -  Jugendhilfegesetz  von  Burokraten 

II.  Teil  Leistungen  der  Jugendhilfe  Seite  50 

Redaktionskol lektiv: 

Bericht  zum  Jugendpol i tischen  Forum  Seite  59 

Detlef  Garbe: 

Jugendpolitisches  Forum 

Beobachtungen  -  Erkenntnisse  -  Erfahrungen  Seite  72 

Professorengruppe: 

Stellungnahme  zur  Absage  des  5.  DJHT 

und  zum  Jugendpol itischen  Forum  Seite  75 

Repressive  MaBnahmen  im  Sozialbereich 

5  Kurzberichte  ,  Seite  77 

Redaktionsmitteilungen  Seite  85 

Nachrichten/Termine  Seite  89 

Material i en  Seite  93 

Kleinanzeigen  Seite  95 


INFORMATIONSDIENST 
ARBEITERBILDUNG 

Schwerpunktthema: 

BILDUNGSARBEIT  MIT  LEHRLINGEN 
IN  EINEM  PARTNERSCHAFTSBETRIEB 


"Immtr  miidbtr  XuAft,  Ju**f*r  M**>*  •   W'r  s>W  ZHttr 
em  PbtH*erstt,&/Vs6tJr*e*,  *bv  W/«mi  dec  d*/*e, 
B*int  un^r  mti»u»  TTseh  tt*s+f  ka£+s+  &u  die/, 
tn*t  6nu/  zunUk  !  " 


VORBEMERKUNG  ZU  DIESER  AUSGABE 


Dieser  Info  Arbeiterbildung  Nr.8  (96  S.  DM  5, — )  dokumentiert  den 
Bericht  uber  einen  "Betriebsunterricht "  mit  etwa  3o  Lebrlingen  in 
der  Firma  Joh.Friedrich  Behrens,  Ahrensburg  und  vermittelt  somit 
Materialien  zur  Bildungsarbeit  in  Partnersehaftsbetrieben. 

1m  Rahmen  dieses  "Betriebsunterrichts"  wurde  ein  Film  gedreht : 

HIER  HUSSEM  DIE  LEHRLINGE  SELB3T  AKTIV  WERPEN 

(Lohnver hand lung en  73/7^  in  einem  Partnerschaftsunternehmen) 

Anfragen  beziiglirh  des  Films  an  das  Redakt  ionskollektiv  des  Tnfo 
Arbeiterbildung,  c/o  Sozialistisches  Biiro,  6o5  Offenbach  It, 
Postfach  591  (bi-tte  nur  schrif tlich ) ;  die  Anfragcn  werden  an  das 
Produzenten-Kol ! rkt iv  ueitergeleitet ,  das  each  benachrichtigt . 


Ausgangspunkt  der  Arbeit  von  Gruppen  am  Informationsdienst  Sozial- 
arbeit  1st  die  Praxis  der  Sozialarbeiter  und  die  daraus  resultieren- 
den  Probleme.  Wir  wollen  durch  unsere  Beitra'ge  aktuelle  Bewegungen 
im  Bereich  der  Sozialarbeit,  in  verschiedenen  Praxisfeldern  und  Be- 
rufssituationen  beschreiben  und  Handlungsmbgl ichkeiten  diskutieren, 
die  einen  Beitrag  fur  die  Weiterentwicklung  einer  sozial istischen 
Strategie  sein  konnten. 


Nach  der  Studenten- ,  Schuler-  und 
Jugendzentrumsbewegung.  Jugendl ich 
kampften  gemeinsam  fur  selbstverwa 
gierte  Sozialarbeiter  unterstiitzte 
Einige  arbeiten  in  Initiativen  fur 
mit,  andere  lassen  sich  hauptamtli 
einstellen,  wieder  andere  versuche 
Jugendfreizeitheimen  Selbstorganis 
zu  unterstlitzen  und  fordern  und  en 
zeptionen. 


Lehrlingsbewegung  entstand  die 
e,  Sozialarbeiter  und  Studenten 

tete  Jugendzentren.  Viele  enga- 
n  und  unterstlitzen  diese  Bewegung. 

selbstverwal tete  Jugendzentren 
ch  bei  den  Kommunen  als  "Berater" 
n,  in  kirchlichen  und  kommunalen 
ationsprozesse  der  Jugendl ichen 
twickeln  stadtteilbezogene  Kon- 


Die  ersten  Erfahrungen  mit  Jugendzentren  und 
und  es  scheint,  daB  mittlerweile  die  mit  der 
'revolutionarer  Berufspraxis '  verbundenen  II 
sind.  Resignation  und  Desorientierung  machen 
wie  zu  der  Zeit,  als  Sozialarbeiter,  die  sich 
kollektiv-Bewegung"  engagiert  hatten,  erkannt 
sei,die  Gesellschaft  durch  Erziehungskonzepte 
verandern  und  sich  der  scheinbar  besseren  pol 
Jugendzentrumsbewegung  zuwendeten,  so  zeigen 
Tendenzen,  Resignation  und  Desorientierung  du 
bar  relevantere  Praxisfelder  (Gemeinwesen  -  u 
liberwinden. 


-heimen  wurden  gemacht 
'Freiraumideologie'  und 
usionen  restlos  zerstbrt 
sich  breit.  A'hnlich, 

in  der  "Jugendwohn- 
en,  daB  es  unmoglich 

wie  "Kleinheime"  zu 
itischen  Praxis  der 
sich  auch  heute  wieder 
rch  die  Flucht  in  schein- 
nd  Stadtteilarbeit)  zu 


Einige  Sozialarbeiter  fu'hlen  sich  bestatigt:  "Wir  haben  schon  immer 
gesagt,  daB  politische  Arbeit  auBerhalb  der  Arbeitszeit  (des  Sozial- 
arbeiters  -  d.  Red.)  stattzuf inden  hat;  das  Proletariat  ist  nicht  in 
den  Jugendfreizeitheimen,  sondern  arbeitet  in  den  Betrieben."  Die 
Trennung  von  Produktions-  und  Reproduktionsbereich  scheint  uns  jedoch 
falsch.  Es  gilt,  im  vollen  BewuBtsein  der  Grenzen  der  Arbeit  im  Frei- 
zeitbereich,  eine  Praxis  zu  entwickeln,  die  tendenziell  die  gesamte 
Lebenspraxis  politisiert,  eingeschlossen  die  des  Sozialarbeiters. 

Das  Jugendpolitische  Forum  in  Frankfurt  zeigte,  daB  die  "undogmati- 
sche  Linke"  noch  kaum  klare  Konzepte  fUr  eine  politische  Praxis  im 
Arbeitsfeld  Jugendzentren  Oder  -freizeitheimen  liefern  konnte  und 
auch  den  plakativen  Aufruf  der  Integration  in  die  "Vol kskampfe"  (?) 


nicht  folgen  kann.  Die 
heimen  (Schlagereien, 
und  Arbeiterjugendl ich 
s ion .  Der  Kommunikatio 
gruppen  und  -Individue 
bzw.  ausgebaut  werden, 
(siehe  dazu:  MATERIALI 
Jugendarbeit,  Heft  12) 


taglichen  Erfahrungen  in  den  Jugendfreizeit- 
Drogenprobleme,  Konflikte  zwischen  Schulern 
en)  waren  viel  zu  wenig  Grundlage  der  Diskus- 
nszusammenhang  zwischen  linken  Sozialarbeiter- 
n  im  Freizeitbereich  muB  erst  hergestellt, 

um  eine  mbgliche  "Pol i tik  in  Jugendzentren" 
EN  zur  THEORIE  UND  PRAXIS  demokratischer 

diskutieren  zu  kbnnen. 


Die  Jugendzentrumstagung  in  Dlisseldorf  zum  Thema:  "Rolle  und  Funk- 
tion  von  Sozialarbei tern  in  Selbstorganisationsprozessen" ,  zu  der 
der  AKS  Diisseldorf  einlud  und  zu  der  ca.  50  Genossen  erschienen, 
zeigte  ebenfalls  die  Enttauschung  und  Ratlosigkeit  vieler  Sozialar- 
bei ter  und  Vertreter  von  Initiativgruppen.  Nachdem  Initiativen  in 
ihrer  Region  ein  Jugendzentrum  erkampft  hatten,  folgte  meist  eine 
Phase  der  Stagnation  (politische  Ziellosigkeit) .  Die  politische 
Brisanz  geht  verloren,  Aktivisten  Ziehen  sich  zuriick  und  eine  inhalt- 
liche  Neubestimmung  der  Arbeit  im  Jugendzentrum  blieb  meist  aus. 
Wie  macht  man  Politik  im  Jugaidzentrum  und  wie  sollen  sich  linke 
Sozialarbeiter  dazu  verhalten?  Mit  der  Jugendzentrumstagung  hatte 
der  AKS  nicht  den  Anspruch,  die  Jugendzentrumsbewegung  zu  organi- 
sieren  und  das  beste  Selbstverwal tungsmodell  auszutiiffteln  (wie  etwa 
Bestrebungen  beim  Koordinationsburo  Neustadt);  es  ging  uns  auch  we- 
niger  um  die  Organisierung  der  Jugendzentrumsbewegung  auf  einem  in- 
haltlich  ausgewiesenen,  sozialistischen  Konzept  (wie  etwa  Bestre- 
bungen beim  BDJ/BDP  -  Material ien  siehe  oben),  sondern  wir  wollten 
von  den  Erfahrungen  der  Sozialarbeiter  in  Jugendclubs  und  -heimen 
ausgehend  ihre  Mbgl  ichkeiten  zur  Unterstiitzung  der  Arbeiterjugend- 
lichen  und  ihren  Kampf  zur  Verbesserung  ihrer  gesamten  Lebenssitua- 
tion  diskutieren. 

Die  Vorbereitung  fur  die  Tagung  lief  schlecht.  Uns  fiel  es  schwer, 
neben  unserer  Arbeit  auf  dem  Abenteuerspielplatz,  in  der  Obdachlo- 
senarbeit,  Jugendclubs  usw.  die  nbtige  Distanz  zu  den  konkreten  An- 
forderungen  aus  der  Praxis  zu  gewinnen,  um  sie  zu  verallgemeinern 
und  Handlungsalternativen  zu  entwickeln.Wir  vermochten  nicht,  neben 
unserer  taglichen  Arbeit  zusatzliche  Untersuchungsarbeit  in  anderen 
Jugendfreizeitheimen  durchzufuhren  und  samtliche  Literatur  zu  diesem 
Thema  aufzuarbeiten.  Auch  die  uns  zugeschickten  Erfahrungsberichte 
sagten  wenig  aus  liber  die  von  uns  formulierten  Fragenstellungen  zur 
Rolle  und  Funktion  von  Sozialarbeit  in  Jugendzentren  (siehe  Info  Nr.7), 
sie  blieben  allgemeinen  Problemen  verhaftet,  die  schon  ausfuhrlich 
in  anderen  Zeitschriften  behandelt  worden  sind. 
Wir  werden  daher  auf  eine  allgemeine  Einscha'tzung  der  JZ-Bewegung 
und  der  Rolle  und  Funktion  von  Sozialarbeit  verzichten.  Im  Mittel- 
punkt  dieses  Heftes  stehen  daher  Erfahrungsberichte  aus  dem  Jugend- 
zentrum Mettmann,  in  denen  die  konkrete  Arbeit  von  Sozialarbeitern 
beschrieben  wird.  Sie  zeigen  auf  der  einen  Seite  die  Schwierigkeiten, 
vor  die   sich  eine  interessenbezogene  Arbeit  gestellt  sieht,  bzw. 
wie  eine  an  formale  Selbstverwaltungsvorstellungen  gebundene  Sozial- 
arbeit den  EntpolitisierungsprozeB  unter  den  Jugendlichen  fbrdert. 
Aus  den  gemachten  Erfahrungen  werden  erste  Konsequenzen  fur  die  zu- 
klinftige  Arbeit  abgeleitet. 

Konsequenzen  aus  ihrer  bisherigen  Arbeit  im  Jugendfreizeitheim  haben 
auch  die  Bremer  Kollegen  gezogen  und  ausgehend  von  einer  thesenarti- 


tigen  Einscha'tzung  der  Politischen  Bildungsarbeit  im  Freizeitheim 
ein  Konzept  einer  stadtteilbezogenen  Jugendfreizeitheim-Arbeit 
entwickelt. 

Neben  diesen  Schwerpunktthemen  enthalt  der  Info  einen  Beitrag  zur 
Funktion  der  Sozialarbeit  (die  Thesen  zur  objektiven  Funktion  der 
Sozialarbeit  und  dem  subjektiven  BewuBtsein  der  Sozialarbeiter,  was 
zu  verschiedenen  Orientierungen  in  der  Sozialarbeit  fUhrt,  beziehen 
sich  auf  eine  im  Hamburger  Ougendamt  durchgeflihrte  empirische  Unter- 
suchung  der  tatsachl ichen  Arbeitsvollzlige  von  Sozialarbeitern), der 
Organisationsfrage,  dem  Jugendpolitischen  Forum,  dem  Jugendhilfe- 
recht  sowie  Kurzbeitra'ge  und  Hinweise. 

Wir  sind  uns  darliber  im  klaren,  daB  die  Beitrage  mehr  Fragen  aufge- 
worfen  als  beantwortet  haben.  Aber  dies  scheint  uns  insgesamt  in  der 
Sozialarbeit  der  Fall  zu  sein.  Angesichts  der  wirtschaftl ichen  Krise, 
der  zunehmenden  Arbeitslosigkeit  mit  ihren  sozialen  Folgen,  dem 
Scheitern  der  Reformmodelle  und  den  zunehmenden  politischen  Diszi- 
linierungen  und  Berufsverboten,  ist  unsere  Arbeit  neu  zu  uberdenken. 
Neben  dieser  Aufgabe,  wird  es  Aufgabe  aller  am  Info  mitarbeitenden 
Genossen  sein,  den  ProzeB  der  politischen  Stabil isierung  'linker 
Sozialarbeit'  und  der  in  ihr  tatigen  Genossen  mit  Hilfe  von  weite- 
ren  Seminaren,  der  Info-Arbeit  und  der  praktischen  Arbeit  am  Ort 
mit  anderen  sozialistischen  Gruppen  zu  forcieren. 

Die  Jugendzentrumstagung  und  die  Diskussionen  auf  dem  Jugendpoliti- 
schen Forum  in  Frankfurt  haben  uns  jedenfalls  gezeigt,  daB  plakati- 
ve  Losungen  fur  unsere  Arbeit  unbrauchbar  sind,  wenn  es  nicht  ge- 
lingt,  sie  mit  unseren  taglichen  Erfahrungen  und  denen  unseres 
"Klientels"  zu  vermitteln.  In  der  Unzufriedenheit  vieler  Sozialar- 
beiter spiegelt  sich  aber  auch  die  Schwierigkeit,  das  Dilemma  der 
professionellen  Sozialarbeit  zu  bewaltigen.  Der  in  alien  mbgl ichen 
Arbeitsfeldern  der  Sozialarbeit  wiederzuf indende  Konflikt,  unter  dem 
Legitimationszwang  vor  dem  Anstellungstrager  die  Interessen  des 
"Klientels"  zu  unterstutzen,  wird  wahrscheinl ich  nicht  von  Sozial- 
arbeitern allein  gelbst  werden  kbnnen.  Einen  Beitrag  dazu  kbnnten 
sie  aber  leisten,  indem  sie  sich  mit  anderen  Sozialarbeitern  zusam- 
menschlieften  (z.B.  in  AKS-Gruppen)  und  sich  in  der  Gewerkschaft  or- 
ganisieren,  um  von  dort  aus  bei  der  Durchsetzung  ihrer  Interessen 
(bzw.  der  Interessen  der  von  Sozialarbeit  Betroffenen)  starkeren 
Druck  ausuben  zu  kbnnen. 


f  RZIEHUNG  UND 
KLASSENKAMPf 

Zeitschrift  fiir  marxistische  Padagogik 

lm  Abonnement  (5  Ausgaben)  DM  22.- 
Einzelheft  DM  5 .-,  Doppelheft  DM  10. 

Nr.  10/11 

Zur  Einschaizung  der  Jugcndzentrumsbewegung  I  Be- 
richtc  aus  Jugendzenlren  /  Zur  Kontroverse  urn  das 
Geoig  von  Rauch-Haus  /  Rezensionen 

yb.12  _    .    , 

Kritik  nalurwisscnschaftlicher  Curricula 

Nr.  13 

Jugendfragc  im  Kapitalismus 


Nr.  M 
Perspcktiven  einer  r 


:uen  Studemenbewegung 


Nr.  15/16  ., 

Zur  Knlik  staatlicher  lugcndpolltlk  und  Jugendpflege 

in  der  BRD 


AMERIKKKA' 


in  Lese- 
Bilder- 
Buch 

Amerika  fuhrt  Krieg  /  Aus  den  30er  Jahren 
Leben  aus  dem  Ghetto  /  Der  schwarze  Cham- 
pion /  Blue  Collar  •  Industriearbeit  /  Suburbia 
Schule  der  Nation  /  Creating  the  Message 
Schwarze  Geschichte  /  amerikanische  Text- 
beispiele 

288  S.,  iiber  100  lUustrationen,  im  Ringbuch  Oder 
ah  Schulausgabe  im  Pappband,  ty&  1 6-' 


Saubere  Mattel 
Starke  Genossen 

Die  roten  Ein-Mark-Romane  der  KPD  der  VVei- 
marer  Republik  haben  in  Westdeutscliland  in 
den  letzten  Jahren  eine  fragwiirdige,  vertrackt 
nostalgische  Popularitat  gefunden. 
Michael  Rohrwasser  weist  in  kritischer  Text- 
analyse  nach,  daB  diese  „proletarisch-revolutio- 
nare"  Literatur  zum  grofiten  Teil  ihren  Vorbil- 
dern  im  biirgerlichen  Trivialroman  bis  in  traditio- 
nell-autoritare  Sprach-  und  Denkmuster  verhaftel 
bleibl.  Wahrend  die  faschistische  Machtiiber- 
nahme  sich  vorbereitet.benutzt  diese  Literatur 
die  Ebene  der  kleinbiirgerlichen  Frivatheit  als 
Element  einer  sich  des  unaufhaltsamen  Sieges 
versichernden  Politik. 

Der  Bereich  des  Priwten  /  Die  Frau  als  Hemm- 
schuh  der  politischen  Arbeit  /  Sexualfeindlich- 
keit  I  Der  mannliche  Kommunismus  /  Sozialfa- 
schhmus  und  Lagermentalitat 


viele  Illustrationen,  1  20  S.,  DM  7.80 


V- 


pJwL°l 


?<f*z. 


■V 


Veriag  Roter  Stem 

6  Frankfurt  Postfach  18  0147 


Gerd  Rieger: 

POLITIK  IM  JUGENDZENTRUM  METTMANN 


Vorbemerkung: 


Seit  1972  arbeite  ich  als  nebenamtl  icher  Mitarbeiter,bzw.  Teamer  im 
Jugendzentrum  Mettmann.  flettmann  ist  eine  Kleinstadt,  ctwa  20  km  von 
Dlisseldorf  entfernt.  Das  Jugendzentrum  besteht  seit  Oktober  1972  und 
ist  durch  sein  Selbstverwaltungsmodell  bundesweit  bekannt.  nas  Modell 
gilt  fiir  viele  Initiativen  als  Vorbild.  Aber  die  Schwierigkeiten 
und  Konflikte,  die  in  dem  Jugendzentrum  aufgetaucht  sind,  kennen  sie 
nicht. 

Dieser  Bericht  soil  zeigen,  v/ie  Sozialarbeiter  durch  ihre  Praxis  den 
Entpol itisierungsprozeB  von  Jugendl ichen  forderten.  Er  zeigt  besonders, 
da3  Ansatze  fortschrittl icher  Arbeit  auch  durch  "gewerkschaf tl ich 
orientierte"  Sozialarbeiter  verhindert  werden  konnen.  Gleichzeitig 
versucht  er  aber,  Perspektiven  fortschrittlicher  Handlungsmoglich- 
keiten  fiir  Sozialarbeiter  im  Jugendzentrum  zu  bestimmen. 


Die  Entwicklung  des  Jugendzentrums 
Ten:  Von  Oktober  72  bis  September 
das  Jugendzentrum  "Alter  Mi  1 chhof " 
terwohlfahrt.  Seit  Oktober  73  wird 
Bau  durch  die  Stadt  getragen. 
Heute  arbeitet  in  diesem  Jugendzen 
beitern.  Das  Team  ist  in  zwei  Frak 
legten  Griinden  verzichten  wir  hier 
zeichnung  der  verschiedenen  Frakti 
Fraktion  (Gremienfliigel )  vorwiegen 
und  Verhandlungsstrategien  mit  der 
chen  wir  (Sel bstorganisationsfluge 
und  Bediirfnisse  von  Arbeiterjugend 
Veranderungsmbgl ichkeiten  ihrer  Le 
aus  fiir  ihre  Existenzbereiche  zu  v 


laftt  sich  in  zwei  Phasen  eintei- 
73  verwalteten  die  Jugendlichen 
unter  der  Tragerschaft  der  Arbei- 
das  Jugendzentrum  in  einem  neuen 


trum  ein  Team  von  zehn  Sozialar- 
tionen  gespalten.  (Aus  wohluber- 

auf  eine  parteipol itische  Kenn- 
onen  -  die  Red.)  Wahrend  die  eine 
d  mit  Gymnasiasten  Gremienpol iti k 

Stadtverwaltung  betreibt,  versu- 
1),  die  spezifischen  Interessen 
lichen  aufzugreifen  und  praktische 
benssituation  vom  Jugendzentrum 
ermi tteln. 


So  sieht  momentan  die  Situation  im  Jugendzentrum  aus: 
"Das  selbstverwaltete  Juaendhaus  Mettmann  wurde  nach  dem  letzten 
Samstag  von  der  Stadt  in  Ubereinstimmung  mit  den  Jugendlichen 
(?  d.   Red.)  und  Sozialarbeitern  geschlossen",    schreibt  der  "Rat  der 
Sprecher",  das  sog.  Selbstverwaltungsgremium  des  Jugendzentrums  in 
einem  Flugblatt  vom  11.1.75.  Uie  kam  es  dazu?  Die  diensthabenden 
Sozialarbeiter  (Gremienflu'gel )  riefen  die  Polizei  wegen  Schlagereien 
im  Haus.  "Diesmal  aber  warden  sie    (die  Polizisten)   von  den  beiden 
Sozialarbeitern,   die  wahrend  des  Krawalls  Dienst  hatten,   unterstiitzt 
und  dringend  gebeten,   das  Haus  zu  scklieBen. "   (Westdeutsche  Zeitung 
14.1.75).  Die  Polizei  verzog  sich  schnell ,  als  die  Jugendlichen  sie 
vor  dem  Haus  mit  "Bullenpack,  haut  ab"  beschimpften.  Die  Sozialar- 
beiter blieben  allein  im  Haus  zurlick.  "Dagegen  meuterten  die  Jugend- 


lichen  erst  recht  und  dann  kam  es  auch  zu  dem  EinUerfen  der  Fenster- 
echeiben."  (Ml)   Sie  stieBen  die  EingangstUre  auf  und  drangen  ins  Haus 
ein.  Die  Sozialarbeiter  zogen  sich  in  das  BUro  zurlick  und  schlossen 
sich  ein.  Sie  riefen  erneut  die  Polizei,  die  daraufhin  einen  Jugend- 
lichen  als  Anstifter  verhaftete.  "Drei  ROdelsfuhrer  sind  inzwischen 
der  Stadtoerwaltung  namentlieh  bekannt.    Sie  werden  in  erster  Linie 
herangezogen,   wenn  es  darum  geht,   die  SchSden  zu  reparieren.   Das 
tvifft  sie  am  Geldbeutel  und  ist  vielleieht  der  einzige  Weg,   von 
ihnen  Ruhe  zu  erwarten."   (WZ)  Mit  quietschenden  Radern  verlieBen 
die  Sozialarbeiter  unter  Polizeischutz  Mettmann. "Gestern  abend 

trafen  sich  die  Jugendlichen    (?  die  Red. )  und  die  Sozialarbeiter,    urn 
zu  Uberlegen,   wie  ein  geordneter  Betrieb  im  Haus  Weiterlaufen  konnte. 
Dabei  sind  sioh  die  Vier  Sozialarbeiter  und  die  aktiven  Jugendlichen 
dariiber  im  Klaren,    •  ■  ■    dali  neue  Wege  gefunden  werden  miiBten,    urn  die 
Gruppe  von  Randalierern  in  den  Griff  zu  bekommen  und  wieder  einen 
geordneten  Betrieb  im  Jugendzentrum  herzustellen. "   (Rheinische  Post 
14.1.75) 

Wie  die  Situation  im  Jugendzentrum  wieder  "in  den  Griff"  zu  bekommen 
ist,  wissen  die  Gymnasiasten  des  "Rat  der  Sprecher  (RdS)"  und  einige 
Sozialarbeiter  schon:  "Wir,  d.h.  Sozialarbeiter,    'RdS'  und  Jugendli- 
che werden  demnaohst  konsequenter  durchgreifen  mttssen,    d.h.    wir 
werden  den  Jugendliahen,   die  Alkohol  und  sonstige  Drogen  mit  ins 
Jugendzentrum  brinaen,   oder  Sahldgereien  anzetteln,  Hausverbot  er- 
teilen."   (Flugblatt  des  'RdS',  14.1.75) 

Polizeieinsatz  und  Hausverbote  sind  m.E.  keine  adaquaten  Antworten, 
um  auf  die  Vernal tenswei sen  von  Arbeiterjugendlichen,  die  sich  aus 
der  verscharfenden  Lebenssituation  ergeben,  zu  reagieren.  Perade 
fur  die  arbeitslosen  Jugendlichen,  die  in  groBer  Zahl  am  Konflikt 
beteiligt  waren  -  es  gibt  etwa  300  arbeitslose  Jugendliche  in  Mett- 
mann -  ist  es  notwendig,  das  Jugendzentrum  den  ganzen  Tag  zu  dffnen, 
um  ihnen  zunachst  die  Mdglichkeit  zu  geben,  sich  mit  anderen  Arbeits- 
losen treffen  und  liber  ihre  Situation  reden  zu  kbnnen.  Anstatt  mit 
Hausverboten  zu  strafen,  sollte  sich  die  Arbeit  verstarkt  auf  die 
Betroffenen  und  ihre  Situation  der  Arbeitslosigkeit  konzentrieren. 

Die  repressive  Praxis  einiger  Sozialarbeiter  und  Jugendlicher  aus 
dem  'RdS'  markiert  den  Hohepunkt  der  falschen  Politik,  die  das  ge- 
samte  Team  seit  zwei  Jahren  betrieben  hat.  Um  die  Entwicklung  dieser 
Praxis  nachzuzeichnen,  Kritik  unserer  Fehler  und  eine  Neubestimmung 
der  Arbeit  zu  leisten,  muB  der  Entstehungszusammenhang  des  Jugend- 
zentrums  dargestellt  werden. 

Die  Sozialarbeiter  im  'Alten  Milchhof  waren  fast  ausschlieBl ich  Mit- 
glieder  des  AKS  Dusseldorf.  Da  die  Entwicklung  des  Jugendzentrums 
wesentlich  durch  die  AKS-Mitglieder  bestimmt  wurde,  werde  ich  in  die- 
sem  Bericht  auch  auf  die  Entwicklung  im  AKS  eingehen.  Ein  Teil  der 
ehemaligen  AKS-Mitglieder  ist  seit  September  1974  aus  der  Arbeit  im 
Jugendzentrum  ausgestiegen. 

Dieser  Bericht  zeigt  noch  wenig  positive  Alternatives  Dies  1 iegt 
vor  allem  daran,  daB  eine  alternative  Arbeit  des  "linken  Flligels" 
erst  in  den  Anfangen  steckt.  Dieser  Beitrag  ist  auch  wenig  distan- 
ziert  und  "objektiv",  weil  er  den  Stand  der  augenblicklichen  Reflexion 
widerspiegelt. 


Die  Entwicklung  des  Jugendzentrums  Mettmann 


Der  AKS  Dusseldorf  besteht  seit  1969.    Seine  Mitglieder  waren  Sozial- 
arbeiter,   Sozialpadagogen,   Erzieher  und  Studenten.    In  den  Jahren 
197 0/7 l   beschaftigten  wir  uns  wie  ahnliche  Gruppen  zur  selben  Zeit 
mit  den  Jugendwohnkollektiven   (JWK) .   Die  Treber  und  von  zu  House 
entwichene  Jugendliche  in  der  DUsseldorfer  Altstadt  waren  fur  uns 
der  AnlaS,   unsere  politischen  und  padagogischen  Vorstellungen  in  die 
Praxis  umzusetzen.    Wir  wollten  ein  eigenes    'JWK'  grilnden  und  verhan- 
delten  mit  dem  Landsahaftsverband  Rheinland,    der  die  Ausfu'hrung 
verzSgerte  und  schlielilich  verhinderte.    (Materialien  zur  Jugend  und 
Sozialarbeit,   Reader  Jugendwohnkollektive  S,    Victor  Gollancz- 
Stiftung,    Ffm  73,   S.    44  ff).    Wir  resignierten  und  wandten  uns  Von 
dem  Projekt   'JWK'  ab;  wir  begannen  unsere  Treffen  zu  versaufen  und  zu 
knobeln.    Gleichzeitig  fanden  wir  einen  Vorwand,    mit  dem  wir  unser 
Saheitern  rechtfertigen  wollten:   Das  Georg  von  Rauch-Raus  in  Berlin 
war  besetzt  worden.   Die  Jugendliahen  organieierten  darin  ihre  Lebens- 
praxis  ohne  Sozialarbeiter.    Sie  wollten  nioht  in   "Kleinheimen"  leben, 
sondern  forderten  selbstorganisierte  Kollektive .   Deshalb  schienen 
fur  uns  die  Bemuhungen  um  das  Projekt    'JWK'   keine  politische  Relevanz 
mehr  zu  haben. 

Die  Knobelphase  Winter  71/72  wurde  bald  durch  eine  Thecrie-Phase  ab- 
gelost,   die  bis  Januar  1973  dauerte.   Im  Zuge  des  Differenzierungspro- 
zesses  der  Linken  setzte  sich  auch  in  unserem  Arbeitskreis  die  Frage 
naah  der  richtigen  Organisation  und  der  richtigen  Linie  durch.    Wir 
luden  Vertreter  verschiedener  politischer  Stromungen  zu  uns  ein,   die 
uns  ihre  Organisationen  vorstellten.    Wir  lasen  u.a.    ihre   "Parteior- 
gane"  und  programmatischen  Erklarungen  und  diskutierten  z.B.    Uber 
Imperialismustheorien.   Daraufhin  fand  im  AKS  eine  ideologische  Spal- 
tung  -  anlehnend  an  die  versahiedenen  Parteien  und  Gruppen  -  statt. 
Parallel  zu  dieser  Diskussion  sahen  einige  von  uns  eine  neue  prakti- 
sche  Perspektive  fur  den  Arbeitskreis:   die  Jugendzentren   (JZ). 

In  Mettmann  existierte  zu  der  Zeit  eine  Gruppe  von  Gymnasiasten,  die 
ein  Jugendzentrum  forderte.  Sie  hatte  mit  der  Stadtverwaltung  verhan- 
delt  und  Raume  im  'Alten  Milchhof  (AM)  zur  Verfiigung  gestellt  bekom- 
men. Zwei  Jugendamtsmitarbeiter  arbeiteten  nach  ihrem  taglichen  Dienst 
im  Jugendzentrum.  Sie  engagierten  sich  wenig:  Es  gab  keine  Angebote 
und  Veranstaltungen  im  'AM'.  Nach  kurzer  Zeit  wurden  die  Raume  wegen 
Drogen  und  Alkohol konsum,  Larm  und  Schlagereien  von  der  Stadtverwal- 
tung geschlossen. 

Die  Gruppe  von  Gymnasiasten  setzte  sich  erneut  zusammen  und  forderte 
aufgrund  der  Erfahrungen  mit  der  Situation  im  'AM1,  die  fur  sie  unbe- 
friedigend  war,  ein  Jugendzentrum  unter  Selbstverwaltung  (SV).  Die 
Stadt  konnte  die  Tragerschaft  nicht  mehr  u'bernehmen,  weil  kein  So- 
zialarbeiter sich  bereit  fand,  im  'AM'  zu  arbeiten.  Deshalb  wandten 
sich  die  Jugendlichen  an  die  Arbeiterwohlfahrt  und  baten  sie,  die 
Tragerschaft  zu  u'bernehmen  und  Sozialarbeiter  einzustellen.  Die  Ar- 
beiterwohlfahrt fragte  Mitglieder  des  AKS,  ob  sie  fortschrittl iche 
Kollegen  kennen  wurden,  die  bereit  waren  im  'AM'  zu  arbeiten.  Mit- 
glieder des  AKS  arbeiteten  bereits  in  der  Region  Mettmann,  in  einem 
Wohnkollektiv,  in  benachbarten  Jugendha'usern  und  bei  freien  Tragern. 
Wir  diskutierten  im  AKS  Liber  die  Mbglichkeit  einer  gemeinsamen  Praxis 
in  Mettmann.  Einige  Studenten  erkla'rten  sich  bereit,  nebenamtlich 


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im  'AM'  zu  arbeiten.  Wir  erhofften  uns,  daB  die  regionale  Zusammen- 
arbeit  zwischen  den  Mitgliedern  intensiviert,  die  Arbeit  im  Stadt- 
teil  mit  anderen  Organisationen  aufgebaut  und  mit  anderen  Sozial- 
arbeiterkollegen  gemeinsame  Strategien  fortschrittlicher  Praxis 
entwickelt  werden  kbnnten.  Die  Arbeiterwohlfahrt  Ubernahm  die  Trager- 
schaft  und  stellte  fUnf  Studenten  des  AKS  als  nebenamtl iche  und 
einen  hauptamtlichen  Teamer  an. 

Wir  Studenten  batten  uns  wahrend  unseres  Studiums  liberwiegend  mit 
"Theorien"  beschaftigt:  Die  BLicher  von  Makarenko  waren  Grundlage 
fur  die  Diskussion  liber  die  ' JWK'  geworden  und  sollten  uns  jetzt  bei 
der  Verwirkl ichung  unserer  pol itisch-padagogischen  Vorstel lungen 
fur  die  JZ-Arbeit  helfen.  Die  Struktur  des  Ougendzentrums  sol  1 te  nach 
den  Ideen  von  Makarenko  aufgebaut  werden:  Interessengruppen  (IG), 
Rat  der  Sprecher  (RdS),  und  Vollversammlung  (VV).  In  der  Obernahme 
dieser  formalen  Kriterien  glaubten  wir  damals,  den  Kern  politischer 
Arbeit  erkannt  zu  haben.  Inhaltlich  diskutierten  wir  das  Modell  im 
AKS  nieht,  weil  wir  uns  gerade  in  der  Theoriephase  befanden.  Das 
Ergebnis  dieser  Phase  war  die  Auflbsung  des  AKS  im  Marz  1973.  Da  wir 
uns  keinen  gemeinsamen  politischen  Standort  erarbeiten  konnten,  war 
auch  das  Konzept  der  gemeinsamen  Arbeit  in  Mettmann  gestorben.  Das 
formal-demokratische  Organisationsmodel 1 ,  das  die  Studenten  des  AKS 
akzeptierten,  gleich  welcher  politischen  Organisation  ihre  Sympathie 
gait,  blieb  Ubrig.  Wir  hatten  uns  mit  den  Gymnasiasten  zusammenge- 
setzt  und  die  Satzung  und  Konzeption  fur  den  'AM'  beraten.  Anstatt 
uns  aber  Uber  die  ortliche  Situation  zu  informieren,  etwa  liber  Kon- 
flikte  innerhalb  der  Stadtverwal tung,  Uber  Lebensweise  und  Probleme 
der  Arbeiterf  ami  lien  und  die  Interessen  und  Bediirfnisse  der  Jugend- 
lichen  in  Mettmann,  klebten  wir  an  formalen  Fragen:  welche  Gruppen 
kann  man  aufbauen,  wie  kann  man  die  Raume  einrichten,  wie  kann  die 
Selbstverwaltung  im  Sinne  Makarenkos  verwirklicht  werden? 

Das  Selbstverwaltungs-Modell  ist  nichts  Neues.  Es  ist  alte  traditio- 
nelle  Sozial arbeiterpraxis:  viele  kleine  Gruppen  zu  grunden  und  darin 
verschiedene  Interessen  isoliert  voneinander  zu  organisieren  (Basteln, 
Foto,  Kochen).  Neu  an  dem  Modell  ist  das  Delegiertenprinzip.  Aus 
jeder  Gruppe  wird  ein  Vertreter  in  den  'RdS'  gewahlt,  dem  geschafts- 
f'u'hrenden  Gremium  des  Hauses.  Er  bestimmt  Uber  den  Ablauf  im  Haus 
und  vertritt  das  Jugendzentrum  nach  auBen.  Die  Sozialarbeiter  haben 
kein  Stimmrecht  in  den  Gremien  -  nur  Rederecht. 

Der  'AM'  wurde  im  Oktober  72  wieder  erbffnet.  Die  Gymnasiasten  schlu- 
gen  Interessengruppen  vor,  grundeten  Lehrlings-,  Theater-,  Info-, 
Veranstaltungsgruppen  usw.  und  wurden  aufgrund  ihres  Engagements  in 
den  'RdS'  oewahlt- 


Durch  die  Auflbsun 
wir  in  die  Gefahr, 
zu  entwickeln.  Uns 
Probleme  im  Haus 
durch  die  Spaltung 
tionsflligel  versta 
nicht  die  gemeinsa 
lediglich  die  Tage 
und  Abrechnungsbbg 


g  des  Kommunikationszusammenhanges  im  AKS  gerieten 

keine  Perspektive  liber  das  Jugendzentrum  hinaus 
er  Gesichtskreis  verengte  sich  imrner  mehr  auf  die 
Der  'AM'  wurde  als  Freiraum  gesehen.  Das  wurde 
des  Teams  in  einen  Gremien-  und  Selbstorganisa- 
rkt.  In  unseren  Teamgesprachen  diskutierten  wir 
men  weiteren  Perspektiven,  sondern  behandelten 
sprcbleme  und  Formal ita ten,  wie  Diensteinteilung 
en.  Dies  flihrte  dazu,  daB  jeder  Sozialarbeiter 


isoliert  seine  politischen  Vorstellungen  in  den  einzelnen  Interessen- 
gruppen vermittelte  und  sich  in  diese  scheinbar  privaten  Inseln 
fllichtete.  Die  politischen  Differenzen  lieBen  keine  solidarischen 
Gesprache  zu. 

Zu  einer  groBen  Auseinandersetzung,  die  wochenlang  andauerte,  flihr- 
te die  Einladung  der  Rockgruppe  "TON  STEINE  SCHERBEN".  Die  Sozial- 
arbeiter (Gremienflligel )  und  einige  SDAJ  Gymnasiasten  versuchten, 
die  Einladung  der  'Tone'  ru'ckga'ngig  zu  machen.  Doch  da  die  meisten 
Jugendlichen  im  Haus  fiir  ihren  Auftritt  waren,  billigte  man  schlieB- 
lich  die  Veranstaltung,  jedoch  unter  der  Voraussetzung,  daB  die 
Lieder:  "Keine  Macht  fiir  Niemand  -  Macht  kaputt,  was  euch  kaputt 
macht",  nicht  gespielt  wurden.  Die  Jugendlichen  sollten  nicht  selbst 
liber  die  Verwertbarkeit  der  Inhalte  entscheiden  dlirfen.  Die  'Tone' 
sangen  naturlich,  was  sie  wollten.  Als  eine  Sozialarbeiterin  die 
Frauen-IG  grlindete,  fragte  die  Gremien-Fraktion  skeptisch:  "Hoffent- 
lich  macht  ihr  da  nicht  so  'nen  Emanzipationskack"  und  "Reicht  mal 
eine  schriftliche  Konzeption  und  regelm'a'Bige  Berichte  rein".  Noch  nie 
waren  die  Teamer  bisher  vor  ihrem  Beginn  der  Arbeit  aufgefordert  wor- 
den,  sie  zu  begrunden  und  Konzeptionen  zu  erstellen. 
Das  gespannte  Kl  ima  im  Team  zwang  die  Sozialarbeiter  verst'arkt  in 
den  Riickzug  auf  ihre  Gruppe.  Sie  hatten  die  Erfahrung  gemacht,  daB 
ihre  Versuche,  ihre  Arbeit  darzustellen  und  der  Kritik  auszusetzen, 
personliches  Abqual ifizieren,  Vorwurfe  und  Diffamierungen  auch  hinter 
ihrem  Rlicken  provozierte.  Auftretende  Konflikte  und  Schwierigkeiten 
in  der  Arbeit  wurden  jetzt  kaum  mehr  in  das  Team  hineingetragen, 
das  fiir  die  Sozialarbeiter  zum  Diszipl  inierungsinstrument  geworden 
war. 


Die  erste  Zeit  im  'AM',  dem  provisoris 
wie  wir  es  uns  vorgestellt  hatten  und 
ven  her  kannten:  Die  Arbeiterwohlfahrt 
beit  gegenliber  der  Stadt  ab.  Die  Gymna 
den  Sozialarbeitern  "fiir  mehr  Geld"  vo 
blatter,  fuhrten  Veranstaltungen  durch 
angebot.  Die  Arbeiterjugendl ichen  inte 
Gremien  (IG's,  RdS),  noch  fur  das  "kri 
hielten  sich  in  der  Diskothek,  in  den 
spielten  Tischtennis  oder  schmusten  in 
Konzept  schien  bei  ihnen  nicht  anwendb 
losigkeit  und  Resignation  bei  den  Gymn 
ein. 


chen  Jugendzentrum,  verlief 
es  von  vielen  anderen  Initia- 

sicherte  die  p'adagogische  Ar- 
siasten  kampften  gemeinsam  mit 
n  der  Stadt,  schrieben  Flug- 

und  sorgten  fiir  linkes  Musik- 
ressierten  sich  weder  fiir  die 
tische  Kulturangebot".  Sie 
Gangen  und  in  der  Kliche  auf, 

den  Ecken.  Unser  Makarenko- 
ar  zu  sein.  Daraufhin  trat  Rat- 
asiasten  und  Sozialarbeitern 


Ab  Januar  73  nahm  die  Zahl  der  Arbe 
Struktur  begann  sich  total  zu  ander 
alle  weg.  Nur  wenige  kamen  einmal  i 
gen.  Ein  Teil  ehemal iger  Rocker  von 
das  Haus  und  half  bei  der  Organisie 
kleinerer  Hausmeisteraufgaben.  Eine 
sogenannten  'Mini-Rocker',  tyrannis 
andere  Jugendliche-  Sie  stbrten  die 
ein  Papierkorb  in  Brand;  dort  flog 
muhevoll  auf  groBes  Papier  geschrie 
rissen  sie  ab.  Ausla'nder  standen  in 
Madchen  auf  den  Hintern.  Eine  ander 
vor  dem  Haus  Rotwein.  Sie  provozier 


iterjugendl ichen  im  'AM'  zu.  Die 
n.  Die  Gymnasiasten  blieben  fast 
n  der  Woche  zu  ihren  IG-Sitzun- 

Mettmann  besuchte  regelmaBig 
rung  des  Kiichendienstes  oder 

Gruppe  von  Hauptschiilern,  die 
ierten  die  Sozialarbeiter  und 

Gruppensitzungen;  plbtzlich  ging 
ein  Ei  an  die  Wand.  Die  Satzung, 
ben  und  an  die  Wande  geklebt, 

den  Gangen  und  schlugen  den 
e  Gruppe  von  Jugendlichen  trank 
ten  kleinere  Schlagereien,  oder 


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L 


schliefen  sich  in  der  Diskothek  aus.  Gleichzeitig  nahmen  jetzt  die 
Arbeiterjugendlichen  die  Aufgaben  wahr,  die  die  Interessengruppen 
laut  Satzung  auszufuhren  hatten.  Sie  fegten  jeden  Tag  das  Haus,  or- 
oanisierten  den  Klichenbetrieb  und  veranstalteten  Feste.  Sie  kannten 
Schleichwege  in  das  Haus  und  blieben  auch  an  geschlossenen  Tagen 
und  nachts  in  Jugendzentrum.  Viele  von  ihnen  waren  ohne  Geld  und 
Arbeit,  Oder  von  zu  Hause  rausgeflogen.  Ab  und  zu  erhielten  sie  von 
den  Sozialarbeitern  den  Schlussel,  urn  im  Haus  aufzuraumen  Oder  Vor- 
bereitungen  flir  Feste  zu  treffen.  Die  Atmosphare  hatte  sich  geandert, 
und  die  Arbeiterjugendlichen  begannen  sich  mit  dem  Haus  zu  identif i- 
zieren. 

Die  Sozialarbeiter  (Gremienflligel )  sahen  ihre  Unterstlitzung  der 
"Selbstverwaltung"  in  der  Hilfe  beira  Aufbau  und  Stabil isierung  der 
Interessengruppen.  Indem  sie  viele  Gruppen  aufweisen  konnten,  glaub- 
ten  sie  an  eine  funktionierende  Selbstverwaltung.  Sie  konnten  nach 
auBen  nachweisen,  daB  im  "selbstverwal teten"  'AM'  viele  Angebote 
liefen  und  eine  fortschrittliche  Jugendarbeit  geleistet  wlirde.  Aber 
die  aktuellen  Probleme  der  Arbeiterjugendlichen  konnten  nicht  aufge- 
griffen  werden,  weil  sich  die  Arbeit  fast  ausschlieBlich  auf  die 
Interessengruppen  beschrankte.  Auch  die  IG-Mitgl ieder  und  der  'RdS' 
versuchten  nicht,  die  Probleme,  wie  Al kohol ismus,  Aggress ivi tat, 
Arbeitslosigkeit  usw.,  aufzugreifen,  sondern  fixierten  sich  an  die 
Sozialarbeiter,  die  sie  kritisierten,  wenn  sie  z.B.  noch  nicht  ver- 
bindlich  in  einer  Gruppe  mi tarbei teten. 

Die  VV  sollte  laut  Konzeption  monatlich  tagen,  doch  sie  tagte  nur 
selten  und  kurz.  Sie  ware  das  Gremium  gewesen,  in  dem  ein  ubergrei- 
fender  Zusammenhang  und  eine  gemeinsame  inhaltliche  Bestimmung  der 
Arbeit  hatte  hergestellt  werden  kbnnen.  Sichtbar  zerfielen  die 
Selbstverwaltungsgremien.und  dennoch  blieb  eine  Neubestimmung  von 
Selbstverwaltung  aus. 

Ab  Mai  72  gab  es  keine  Veranstal tungen  mehr  im  'AM',  da  die  Stadt 
sich  weigerte,  Geld  in  das  Jugendzentrum  zu  stecken.  Die  Raume  waren 
leer,  die  Fensterscheiben  zerstort,  kein  Mobil iar,  Spiele  und  Tisch- 
tennisplatten  mehr  da.  Aber  trotzdem  hielt  sich  jeden  Abend  ein 
Stamm  von  70  Arbeiterjugendl icher  im  Haus  auf.  Im  Sommer  73  sollte 
der  'AM'  endgultig  geschlossen  werden.  Das  neue  Jugendzentrum  war 
einzugsfertig.  Uahrend  die  Gymnasiasten  begeistert  den  Einzug  in 
das  neue  Gebaude  erwarteten,  blieben  die  Arbeiterjugendlichen  skep- 
tisch.  Sie  flihlten  sich  trotz  der  unzureichenden  Angebote  und  dem 
schlechten  Zustand  des  Hauses  im  'AM'  wohl  und  empfanden  ihn  als  ihr 
Haus,  in  dem  sie  sich  nach  der  Arbeit  mit  Freunden  ungestbrt  treffen 
und  ihre  Freizeit  selbst  organisieren  konnten.  Wir  besichtigten 
mehrmals  mit  ihnen  das  neue  Haus,  urn  den  Obergang  zu  erleichtern, 
doch  ihr  MiBtrauen  blieb. 

Ein  paar  Schritte  weit  vom  'AM'  entfernt  hatte  die  Stadt  Mettmann 
ein  neues  Jugendzentrum  flir  fast  drei  Millionen  DM  gebaut.  Der 
'AM'  im  Herzen  Mettmanns  war  ein  alter  klobiger  Betonbau,  ein  Schand- 
fleck  fiir  die  Gemeinde.  Die  neuen  Bebauungsplane  sahen  an  diesem 
Ort  ein  groBes  Hotel  vor.  Die  Umgebung  sollte  architektonisch  eine 
harmonische  Einheit  bilden:  modernes  Schwimmbad,  Hotel,  Einkaufs- 
zentrum  und  Jugendzentrum.  Einige  Gymnasiasten  aus  dem  'RdS'  hatten 
in  einem  Gremium  mit  Architekten  iiber  Ausstattung,  Einrichtung  und 

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Architektur  mitplanen  diirfen.  Sie  freuten  sich  auf  die  Offnung  ihres 
neuen  Jugendzentrums.  Viele  ihrer  Interessen  hatten  darin  verwirk- 
licht  werden  kbnnen.  Die  Ausstattung  fur  die  Gruppen  war  optimal: 
Fotoausrlistung  und  Farbfernseher  flir  die  Foto-IG,  ausfahrbare  Bu'hnen- 
tische  flir  die  Veranstal tungs-IG,  einen  kompletten  Druckraum  mit 
Abzugsgeraten  und  fotomechanischem  Vervielfaltiger  flir  die  Info-IG, 
ein  mit  Teppich  ausgelegter  Raum  in  schwarz  flir  die  Theatergruppe, 
einen  schalldichten  Raum  mit  Entlliftungsanlage,  eingebautem  Misch- 
pult  und  Verstarker  flir  die  Disko-IG,  eine  Cafeteria  mit  Kochplatten 
und  Abstellraum  flir  die  Cafeteria-IG  usw.  Das  Jugendzentrum  hat  etwa 
1  500  qm,  besitzt  zwei  Stockwerke,  viele  Glasscheiben  und  -tliren,  ein 
Amphietheater,  Schwingboden  in  der  Veranstal tungshalle,  viele  Gruppen- 
raume,  zwei  Billardtische,  Werkraume,  Duschen,  eine  Lehrkliche  und 
drei  haupt-  und  zwblf  nebenamtl iche  Sozialarbeiter;  alles  in  allem 
ein  sauberes,  reich  ausgestattetes  Haus. 

Durch  die  Obernahme  der  alten  Sozialarbeiter  der  Arbei terwohlfahrt 
und  der  erprobten  Satzung  ging  die  Stadt  zunachst  grbBeren  Komplika- 
tionen  aus  dem  weg.  Ihr  Jugendzentrum  wurde  bald  liber  Mettmann  hin- 
aus  bekannt  und  als  nachahmenswert  angepriesen.  "Nur  in  wenigen 
Jugendzentren  werden  Demokratie,    Initiative  und  Eigenverantwortlich- 
keit  so   Consequent   (wie  im  Jugendzentrum  Mettmann)   gettbt",    heiBt  es 
in  der  Sozialdemokratischen  Stadtzeitung  "Blickpunkt"  im  Jul i  74. 
Fast  taglich  wird  das  Jugendzentrum  von  Jugendwohlfahrtsausschlissen 
besucht  und  begutachtet.  Auch  die  DKP  Presse  "HZ"  und  "elan"  berich- 
tet  enthusiastisch:  "Das  Jugendzentrum  Mettmann  ist  stadtbekannt. 
Und  dasj    obwohl  das  neue  Jugendzentrum  erst  seit  dem  1.    Oktober   73 
geoffnet   ist.    Warum  das  Jugendzentrum  Stadtgesprach  ist,    erklart  uns 
Dagmar  Kies,    eine  der  drei  hauptamtlichen  Sozialarbeiter. "   ("elan" 
3/74).  Sie  wurde  mittlerweile  zur  1.  Vorsitzenden  des  "Koordina- 
tionsbliro"  der  "Jugendzentrum-Bewegung"  in  Neustadt  gewahlt.  (Zum 
Bu'ro  in  Neustadt  s.  Info  Sozialarbeit  7,  S.  70). 
Der  "elan"-Artikel  tauscht  vor,  daB  das  Jugendzentrum  voller  Aktivi- 
taten  der  Jugendlichen  sei ,  die  ihre  Interessen  in  Gruppen  organi- 
sieren und  inhaltlich  politisch  arbeiten.  Er  verschleiert  die  tat- 
sa'chliche  Misere,  in  dem  das  Jugendzentrum  steckt.  Denn  schon  nach 
zwei  Monaten  zeigten  die  Arbeiterjugendlichen  Aggressionen  und  Wut 
gegen  das  Gebaude,  gegen  Jugendliche  und  Sozialarbeiter.  Sie  stieB 
der  Perfektionismus  des  neuen  Hauses  ab.  "Da  kann  man  ja  nichts 
mehr  selber  machen,  alles  ist  so  pompos."  Im  Jugendzentrum  arbeite- 
ten  jetzt  Putzkolonnen  und  ein  Hausmeister.  Es  durften  nur  noch  mit 
Genehmigung  der  Stadt  die  Raume  angestrichen,  andere  Mbbel  beschafft 
oder  Umstellungen  vorgenommen  werden.  Die  Arbeiterjugendlichen 
konnten  nachher  nicht  mehr  darin  schlafen.und  die  Sozialarbeiter 
durften  ihnen  nicht  mehr  die  Schlussel  flir  das  stadtische  Jugendzen- 
trum uberlassen.  Die  Jugendlichen  schmuggelten  Al kohol  ins  Haus, 
begannen  Schlagereien;  Schmutz  und  Zerstbrungen  vermehrten  sich. 

Die  zwblf  Interessengruppen,  die  mit  der  Erdffnung  des  neuen  Zen- 
trums  gegrundet  wurden,  waren  fast  vb'llig  auseinandergefallen;  der 
'RdS'  lbste  sich  stillschweigend  auf,  und  das  Schild  am  Haus 
"Selbstverwal tetes  JZ"  war  plbtzlich  verschwunden.  Die  meisten  G.ymna- 
siasten  zogen  sich  erneut  aus  dem  Jugendzentrum  zurlick.  Viele  von 
ihnen  studieren  heute,  leben  in  Wohngemeinschaften  oder  sind  in  der 
Drogenscene  untergetaucht.  Sie  waren  die  "Basis"  der  Sozialarbeiter 

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gewesen.  Die  Zusammenarbeit  rait  ihnen  war  relativ  reibungslos  ver- 
laufen.  Sie  fanden  unsere  Vorschla'ge  und  Konzeptionen  gut.  Wir 
konnten  ihnen  unsere  Ideen  leichter  vermitteln  als  den  Arbeiterju- 
gendlichen bodingt  durch  unsere  Sozial  isation,  Erfahrungen  und  Le- 
bensperspektive. 

Die  Unsicherheit  der  Sozialarbeiter  mit  der  neuen  Situation  wurde 
durch  die  fehlende  Basis  von  Gymnasiasten  verstarkt.  Im  Team  begann 
man  Liber  SanktionsmaBnahmen  gegen  die  Zerstorungen  und  den  Alkohol- 
konsum  der  Arbeiterjugendlichen  zu  diskutieren  und  versuchte,  durch 
formale  Anderungen  erneut  das  Geschehen  im  Haus  in  den  Griff  zu  be- 
kormien.  Die  Diskothek  sollte  vom  zweiten  Stock  in  die  Cafeteria  im 
Paterre  verlegt  werden,  eine  Mauer  irgendwo  eingezogen,  eine  andere 
ausgerissen  werden,  Hausverbote  sollten  ausgesprochen,  "wachen"  von 
Sozialarbeitern  in  den  Fluren  aufgestell t  und  Ra'ume  zugeschlossen 
werden.  Von  den  anfangs  400  Jugendlichen  pro  Abend  kamen  nur  50 
bis  100  in  das  Jugendzentrum. 

Oe  starker  den  alten  AKS-Mitgl iedern  der  Zweifel  an  dem  formalen 
Organisationsmodell  kam,  desto  starker  verteidigten  es  jetzt  die 
neuen,  dem  Gremienflugel  zuzurechnenden,  Sozialarbeiter,  die  mit 
Hakarenko  gleichzeitig  Sozial ismus  und  Sowjetunion  verbinden.  Fast 
jede  Kritik  am  Model  1  schien  fur  sie  ein  Angriff  auf  den  "real 
existierenden  Sozial ismus"  zu  sein.  Wahrend  die  Stadt  von  ihrem 
"Heim  der  ganz  Offenen  Tur"  Mettmann,  Am  Kbnigshof  17-19,  schreibt, 
reden  von  Selbstverwaltung  nur  eine  Handvoll  SDAJ-Gymnasiasten  und 
einige  Sozialarbeiter.  Der  Begriff'Selbstverwaltung"  ist  blaB  und 
blutleer  geworden.  Kaum  jemand  verbindet  mit  diesem  Begriff  in 
Mettmann  "Kampf".  Selbstverwal tungs-Tage,  die  die  Geschichte  des 
"Kampfes"  auffrischen  sollen,  fielen  ins  Wasser.  Die  Arbeiterju- 
qendlichen  interessierte  aber  weder  die  theoretische  Reflektion  mit 
vielen  abstrakten  Parolen,  noch  die  Schaubilder,  auf  denen  der  kom- 
plizierte  Aufbau  des  Jugendzentrums  gemalt  war.  Daraus  zogen  die 
Sozialarbeiter  (Gremienflugel)  den  SchluB,  die  Misere  der  Selbstver- 
waltung la'ge  am  'RdS'.  Sie  forderten  deshalb  Neuwahlen  mit  der  Paro- 
le: "Macht  den  'RdS'  stark."  Wir  kritisierten  den  Versuch,  die 
Selbstverwaltung  auf  diese  Weise  aufzupappeln  und  forderten  die 
Arbeit  inhaltlich  neu  zu  bestimmen. 

Eine  Neubestimmung  der  Arbeit  im  Team  blieb  wieder  aus.  Zur  Zeit  der 
Auseinandersetzung  im  Team  entwickel tensich  auch  unter  den  Mitglie- 
dern  des  'RdS'  Konflikte.  Einige  Gymnasiasten  kritisierten  die  Gre- 
mienpolitik  der  SDAJ'ler  und  forderten, den  'RdS'  aufzulbsen.  Da  aber 
auch  diese  Diskussion  von  den  anderen  Besuchern  abgehoben  verlief, 
und  die  Kritiker  noch  keine  klaren  Alternativen  entgegensetzen  konn- 
ten wurden  diese  neuen  Ansatze  der  Neubestimmung  der  Arbeit  im  Ju- 
gendzentrum von  der  DKP-Jugend  abgewurgt.  Die  'RdS'-Kritiker  grunde- 
ten  eine  "Initiativ-IG"  mit  dem  Ziel,  mehr  Selbstverwaltung  im  Ju- 
gendzentrum zu  erzielen.  In  einer  Fragebogenaktion  befragten  sie  die 
Besucher  nach  Interessen  und  Bedurfnissen.  Unsere  Sozialarbeiter 
(Selbstorganisationsflugel)  diskutierten  haufig  mit  diesen  Jugend- 
lichen. Das  verstarkte  die  Spaltungen  im  Team  und  unter  den  Jugend- 
lichen im  'RdS'.  Der  Gremienflugel  versuchte,  uns  zu  kritisieren: 
"Die  Kollegen  wollen  die  Jugendlichen  nur  fur  ihre  politischen  Ziele 
ausnutzen  und  verfiihren."  Diese  Furcht  vor  der  "Chaotisierung"  wurde 


14 


nie  inhaltlich  diskutiert. 

Die  Uneinigkeit  im 'Team  machte  es  der  Stadtverwaltung  leicht,  nach 
und  nach  die  Zugestandnisse  zur'u'ckzunehmen,  die  sie  dem  'RdS'  in 
bezug  auf  die  Selbstverwaltung  gegeben  hatte  und  die  Sozialarbeiter 
starker  mit  Hilfe  von  Dienstanweisungen  unter  Druck  zu  setzen.  Sie 
werden  zur  Stadt  zitiert  und  kbnnen  bei  Zerstorungen  zur  Rechen- 
schaft  und  persbnlich  zur  Verantwortung  gezogen  werden,  wenn  sie 
nicht  die  Namen  von  Jugendlichen  ausliefern. 

Solche  Konfliktsituationen  zogen  am  Team  vorbei,  ohne  daft  sie  aufge- 
griffen  werden  konnten.  Sie  ha'tten  zur  Politisierung  der  Arbeit 
flihren  und  die  Moglichkeit  eines  neuen  Anfangs  bringen  kbnnen.  Aber 
abwiegelndes  Verhalten  und  Zuruckhal  ten  von  Informationen  behinder- 
ten  die  Arbeit.  Die  Hauptamtlichen  ubernahmen  zum  Teil  immer  mehr 
repressive  Funktionen  im  Haus,  holten  in  Konflikten  die  Polizei, 
sprachen  Hausverbote  aus  und  schlossen  die  Ra'ume  vor  den  Jugendli- 
chen ab,  weil  sie  zu  viel  Dreck  machen  wurden.  Einige  vollzogen  ihren 
sta'dtischen  Auftrag  in  alter  disziplinierender  Sozialarbeitermanier. 


Konseguenzen  aus  unseren  Erfahrungen 


Die  Praxis  der  AKS  Mitglieder  orientierte  sich  bisher  immer  an  einer 
vorher,  abstrakt  entwickelten  Theorie.  Die  Praxis  zeigte,  daB  dies 
ein  grundlegender  Fehler  war.  Wir  ha'tten  die  Lebensbedingungen  der 
Arbeiterjugendlichen  und  Gymnasiasten  in  Mettmann  untersuchen  und 
uns  mit  ihren  Problemen,  Sorgen  und  WUnschen  vertraut  machen  mlissen. 

Die  Hauptamtlichen  sollen  uns  die  Informationen  und  wichtige  Daten 
fur  die  Untersuchungsarbeit  aus  den  flmtern  beschaffen,  unsere  Praxis 
gegenuber  dem  Trager  inhaltlich  absichern,  notwendiges  Material  fur 
die  Gruppenarbei t  beschaffen  und  die  Kontinuitat  unserer  Arbeit  ga- 
rantieren.  Doch  Tagesberichte  werden  nicht  geschrieben  und  Informa- 
tionen Liber  das,  was  wahrend  der  Woche  geschieht,  erhalt  man  von 
ihnen  selten.  Nebenamtliche  erhalten  kaum  Einblick  in  die  Arbeit 
der  Hauptamtlichen.  Das  flihrt  zu  Verselbstandigung  und  Opportunis- 
mus  bei  den  hauptamtlichen  Sozialarbeitern. 

Die  Sozialarbeiter  mu'ssen  die  Interessen  und  Bedurfnisse  der  Arbei- 
terjugendlichen in  den  Mittelpunkt  ihrer  Arbeit  rlicken.  Sie  mlissen 
den  Freizeitansatz  u'berwinden,  indem  sie  die  aktuellen  Probleme  der 
Arbeiterbevb'lkerung  (Arbeitslosigkeit,  Wohnprobleme,  Schule,  Arbeit 
usw.)  in  ihre  Arbeit  einbeziehen.  Unvermittelte  Parolen  und  formale 
Konzepte  kdnnen  uns  dazu  wenig  helfen.  Sozialarbeiter  mlissen  sich 
fur  ihre  Arbeit  qual ifizieren,  wenn  sie  den  Anspruch  haben,  poli- 
tisch  und  padagogisch  sinnvoll  zu  arbeiten.  Die  folgenden  Thesen 
dazu  sind  sicherlich  noch  unvoll standi g: 

1.  Untersuchungsarbeit: 

Tffh"  Fehler  der  Arbeit  des  Teams  war  die  Unkenntnis  der  Mettmanner 
Situation.  Uns  fehlten  Daten  und  Zahlen  Liber  Jugendarbeitslosigkeit, 
Alkoholismus,  Auslander,  Kriminalitat,  FE-Heime,  Mietpreise,  Obdach- 
losigkeit  von  Jugendlichen,  Burgerinitiativen  usw.  Wir  wuBten  nicht, 
wie  solches  Material  hatte  beschafft  werden  kbnnen  und  nutzten  bis- 


15 


mam 

zijhtueoiue 
und  praxis 
msnokimhsgher 
.hjgendakijeit 


DER  BDP  IM  BUND  DEMOKRATISCHER 

JUGEND  GIBT  MATERIALIEN  ZUR 
THEQRIE  UND  PRAXIS  DEMOKRATI- 
SCHER JUGENDARBEIT  HERAUS.  DIE 
MATERIALIEN  KSHHEN  IM  ABOHNE- 
MENT  UND  ALS  EINZELHEFTE  UBER 
DEN  VERLAG  JUGEND  UND  POLITIK 
BEZOGEN  WERDEN.  JEDES  HEFT 
BEHANDELT  EIN  ABGESCHLQSSENES 
THEMA.  ABONNEMENTSPREIS  FUR 
6  HEFTB  DM  15,—  INCL.  PORTO 


HAT  2/3 


"    JUGENDZENTREN 


130  Seiten 


Das  Heft    stellt  Dokuroente   zusammen,   die  Entvicklungstendenzen  in  verschiedenen  tvpisch 
verlaufenen  Entvicklungsgeschichten  von  Jugendzentren  darstellen.   Auf  diese  Weise 
vird   ein   Uberblick  geschaffen,    der  erganzt  um  ein  Vorvort   und  Zvischentexte  eine  Ein- 
schatzung   der  Jugendzentrumsbevegung  aus  der  Sicht   des    demokratischen  Jugendverban- 
des   liefert.    In  Anhang   finden  sich  wichtige   Informationen  iiber   Rechtslage,    Raumge- 
staltung  Satzungsfragen  etc. 


MAT      12 


POLITIK   IN  JUGEHDZEHTREH   "      52  Seiten 


Seit  das  Heft   2/3   erschienen    ist,    sind  die  Diskussion   und  die  Entwicklung   in  der 
Jugendzentrumsbewegung   vorongeschritten   und  teilveise    auch  von   den   in  BDP/BDJ 
organisierten  Jugendaentrumsgruppen  vorangetrieben  worden.    Das   Heft   enthe.lt  eine 
Kritik  und  politische   Einschatzung  der  Bevegung,   die   an  konkreten  Beispielen  belegt 
werden.    Das  Heft  ist    fur  Bile  die  gedacht,    die   in  der  Jugendzentrurasdiskussion  auf 
de=  laufenden  bleiben  wollen. 


Mr.    b/5   "Ueltpfadfindertujn  und   Imperia- 
lisms",   9^  Seiten  DM  3, — 

Nr.   6        "Kleinburgertui&-Mittelschicht- 
Neue  Mittelfclasse" 
60  Seiten  DM  2,fi0 

Nr.    7        "Eraanzipation   durcn  politische 
3ildung?"    128  Seiten       DM  3,-- 

Nr.   8       "Klassenorientierung  in  der 
Jugendsoziologie" 
kQ  Seiten  EM  2,50 

Nr.    9        "Hauptschuler-AusganRsbedingun- 
gen  politischer  Bildung" 
39  Seiten  DM  3,-- 

"Leiirlingstheater  und  proleta- 
riate bffentlichkeit 
12?  Seiten  DM  3,50 

"Jugendarbeit    und  staatliche 
Jugendpolitik" 

62  Seiten  DM  3,-- 

nZur  Entuicklungshilfe  - 
Methoden  des    Innerialismus 
MO  Seiten  DM   1,50 


10 


13 


SONSTIGE  TITEL 


Jugendcamp  70  DM  3, — 

Dokumentation  Abenteuerlager  70 

DM  3,-- 

Abenteuerspielplatz  und  Recht 

DM  2,50 

Zur  Praxis  des  Oberschulkampfes 

DM  1,-- 
Faschismus  DM  1  ,-- 

Naehdruck  REFERENTENENTWURF 
ZUM  JUGEHDHILFERECHT      DM  2, — 
Naehdruck  der  BEGRUNDUHGEN 
ZUM  REFERENTENENTWURF     DM  6,— 
TEXTE  ZUR  JUGEHDHILFEHECKTS- 
KRITIK  DM  2,50 


VERLAfi 
JIJGENl)  1J1N1)  PMITtt  GMBH 


6  FRANKFURT  AM  MAIN  90 


JMSER  STHASSE  29 


TEL.  0611  -  779010 


her  auch  nicht  die  Jugendlichen  als  Informationstrager.  Stattdessen 
fixierten  wir  uns  auf  formale  Organisationsmuster,  die  zwar  unserer 
Scheu  vor  muhevoller  Kleinarbeit  entgegenkam,  uns  aber  in  die  Sack- 
gasse  manb'vrierte.  Sichtung,Aufbereitung  und  Interpretation  des  Ma- 
terials der  Untersuchungsarbeit  ist  erst  eine  Grundlage  "der  an  den 
Bediirfnissen  ansetzenden"  Jugendarbeit. 

Z.   Medienarbeit: 

Die  schlechte  Ausbildungssituation  an  den  Hochschulen,  die  Trennung 

von  Theorie  und  Praxis,  flihrt  bei  vielen  von  uns  zur  Ablehnung  media- 

ler  Facher.  Wenn  heute,  wie  auf  dem  Jugendpolitischen  Forum,  Tricks 

verlangt  werden,  wird  gelachelt.  Doch  die  Fragen  bleiben  unbeantwor- 

tet:  Wie  spreche  ich  Jugendl iche  im  Ougendzentrum  an? 

Wie  vermittle  ich  bestimmte  Inhalte? 

Mit  welchen  Gruppen  kann  man  im  Stadtteil  Kontakt  aufnehmen  und  wer 

konnte  zur  Unterstutzung  angesprochen  werden? 

Wie  organisiert  man  Kampagnen,  Feste  und  Wochenendfahrten? 

Versteht  der  Sozialarbeiter  mit  Schreibmaschine,  Druckgeraten,  Foto, 

Film,  Gitarre  und  Rollenspielen  umzugehen? 

Es  sind  nicht  die  Tricks,  denen  hier  das  Wort  geredet  werden  soil. 

Es  gent  um  die  Inhalte,  die  durch  Medien  erarbeitet,  umgesetzt  und 

angestrebt  werden. 

Dazu  ein  Beispiel:  Wahrend  die  'RdS'-Mitgl ieder  und  einige  Sozial- 
arbeiter isoliert  in  den  Interessengruppen  wurschteln,  zeigen  sich 
im  Haus  die  tatsachlichen  Probleme,  wie  Arbeitslosigkeit,  Alkoho- 
lismus,  Schlagerei,  Drogen  usw.  An  diesen  Problemen  muB  angeknlipft 
und  die  Betroffenen  in  die  Losung  einbezogen  werden.  Theater  ist  z.B. 
ein  Medium,  mi t  dem  die  arbeitslosen  Jugendlichen  ihre  Situation 
begreifen  konnen,  wenn  sie  in  Rollenspielen  die  Entgegennahme  ihrer 
Klindigung  und  den  Abschied  von  den  Kollegen  spielen,  Oder  eine  Szene 
liber  einen  Schulabganger,  der  verzweifelt  eine  Lehrstelle  sucht,  ent- 
wickeln.  Sie  konnen  die  Situation  in  der  Fabrik  nach  der  Entlassung 
(steigende  Arbeitshetze,  Drohungen  mit  Entlassung,  Ruckgang  des 
Krankenstandes  usw.),  die  Situation  in  der  Familie  (wie  reagieren 
El  tern,  wenn  der  Sohn/Tochter  arbeitslos  werden;  was  ist,  wenn  El- 
tern  arbeitslos  sind  usw.)  und  die  Situation  in  der  Freizeit  (was 
macht  man,  wenn  man  keine  Arbeit  mehr  hat,  wenn  kein  Geld  flir  Disko- 
thek  und  Kino  da  ist)  im  Rollenspiel  darstellen.  Gerade  dann  spielen 
sich  die  Hauptkonflikte  der  arbeitslosen  Jugendlichen  im  Familien- 
und  Freizeitbereich  ab.  Hier  "erleben"  die  Arbeitslosen  ihre  Arbeits- 
losigkeit. An  diesen  Problemen  gilt  es  anzusetzen  und  sie  zu  vermit- 
teln  im  Hinblick  auf  politische  und  organisatorische  Perspektiven. 
Denn  was  nutzt  die  klarste  politische  Linie,  wenn  man  sie  nicht  ver- 
mitteln  kann.  Was  bringt  die  beste  Vermittlungstechnik,  wenn  inhalt- 
lich  nichts  dahinter  steckt. 

3  Tnriiviriiielle  Unterstutzung : 

flenn  die  Gymnasiasten  im  '  KdS1  nicht  die  Probleme  der  Arbeiterjugend- 
1 ichen  aufgreifen  und  sie  mit  ihnen  gemeinsam  Ibsen  wollen  Oder 
konnen,  dann  sind  die  Sozialarbeiter  gezwungen,  auf  das  Verhalten 
der  Arbeiterjugendlichen  zu  reagieren.  Sie  konnen  unangepaBtes  Ver- 
halten bestrafen:  "Beim  wiederholten  Hausverbot  folgt  generelles 
Hausverbot".  Auf  die  Frage  eines  Jugendlichen,  wer  das  Hausverbot 
durchsetze  und  was  geschehe,  wenn  der  GemaBregelte  handgreifl ich 


17  - 


werde,  antwortete. . .  (die  Sozialarbeiterin):  "In  einem  solchen  Fall 
wird  die  Polizei  eingeschaltet. "  Damit  die  Eltern  informiert  sind: 
"Bei  Hausverbot  werden  sie  schriftlich  benachrichtigt" .  Sie  konnen 
die  Jugendlichen  als  Hemmschuh  ihrer  Selbstverwal tung,  als  Kriminel- 
le,  Suchtige,  Mil ieugeschadigte  und  als  Lumpenproletariat  bezeich- 
nen,  mit  denen  eine  politische  Arbeit  nicht  machbar  sei .  Fortschritt- 
liche  Sozialarbeiter  mlissen  dagegen  den  Arbeiterjugendl  ichen  bei 
ihren  Konflikten  und  Problemen  helfen  kdnnen.  Auf  der  individuellen 
Ebene  mLissen  z.B.  entwichenen  Jugendlichen  Schlafplatze  besorgt, 
flir  FE/FEH-Betroffene  mlissen  fortschrittliche  Heime  gesucht  werden. 
Arbeitslose  Jugendlichen  mlissen  wir  liber  m'dgliche  Geldquellen  nach 
dem  BSHG  etc.  aufklaren  und  Mdgl ichkeiten,  ihre  Situation  zu  veran- 
dern,  diskutieren.  (Lehrwerkstatt  im  Jugendzentrum  Hannover,  Ent- 
rlimpelungsunternehmen/Baukollektiv  der  Jugendlichen  vom  SSK)  Die 
Furcht  der  Arbeitermadchen  vor  dem  Frauenarzt,  der  ihnen  die  Pille 
verschreiben  soil,  kann  eine  Sozialarbeiterin  dadurch  mildern,  indem 
sie  von  ihren  Erfahrungen  berichtet,  Bilder  aus  der  Arztpraxis  zeigt 
und  mit  ihnen  den  Arzt  besucht. 

4.  Organisierung: 

Wir  mJssen  auf  der  kollektiven  Ebene  gesellschaftlich-pol  itische 
Perspektiven  erarbeiten.  Jugendarbeitslosigkeit,  die  Bestimmungen 
zum  Aussageverweigerungsrecht  und  die  repressiven  Gesetze  im  Jugend- 
hilferecht  sind  nur  kollektiv  zu  verandern.  Einige  Mitarbeiter  im 
Jugendzentrum  haben  daraus  im  Januar  74  die  Konsequenz  gezogen, 
einen  neuen  AKS  zu  initiieren.  Heute  diskutieren  wir  mit  Sozialar- 
beitern  aus  verschiedenen  Bereichen  unsere  Schwierigkei ten  in  der 
Praxis,  versuchen,  uns  einen  politischen  Standort  zu  erarbeiten  und 
arbeiten  mit  anderen  Sozialarbeitergruppen  in  der  BRD  und  Westberlin 
zusammen. 


Zusammenfassunq 

Das  Jugendzentrum  Mettmann  ist  das  Ergebnis  reformistischer  Praxis 
und  Politik.  Das  Selbstverwal tungsmodel  1  ist  weit  liber  seine  Grenzen 
Mettmanns  bekannt,  nicht  wegen  der  politischen  Praxis,  die  eine  Ver- 
besserung  der  Lebenssituation  der  Jugendlichen  und  Handlungsperspek- 
tiven  gegen  ihren  Unterdruckungszusammenhang  zur  Folge  gehabt  hatte, 
sondern  weil  es  als  Reformmodell  der  SPD  dem  Prestigebedurfnis  der 
SPD  und  ihrer  Politik  nutzte.  In  gleicher  Weise  wird  das  Organisa- 
tionsmodell  des  Jugendzentrums  Mettmanns  von  dem  Koordinationsbiiro 
Neustadt  und  der  SDAJ  angepriesen.  (s\  "elan"  3/73) 

Den  Sozialarbeitern  und  Studenten  ist  es  bisher  nicht  gelungen,  den 
Interessen  der  Jugendlichen,  insbesondere  der  Arbeiterjugendl ichen, 
eine  politische  Wendung  zu  geben.  Von  den  anfanglichen  Aktivitaten 
der  Gymnasiasten  in  bezug  auf  eine  Verfeinerung  der  padagogischen 
Konzeption  der  Selbstverwal tung  lieBen  sich  die  Sozialarbeiter  auf- 
grund  ihrer  eigenen  Konzeptionslosigkeit  einnehmen.  Diese  Konzeptions- 
losigkeit  resultierte  besonders  aus  der  Schwierigkeit,  eine  gemein- 
same  Perspektive  bei  unterschiedl icher  politischer  Orientierung  zu 
entwickeln.  Der  Aktivismus  der  Gymnasiasten  und  der  sich  daran  an- 


-  1! 


hangenden  Sozialarbeiter  fand  keine  Resonanz  bei  den  Arbeiterjugend- 
1 ichen. 

DAS  FEHLEN  EINER  GEMEINSAMEN  POLITISCHEN  PERSPEKTIVE,  DIE  SICH  AUS 
DEN  INTERESSEN  DER  ARBEITERJUGENDLICHEN  BEGRONDEN  MOSSTE,  FOHRTE 
ZWANGSLfiUFIG  IN  EINE  SACKGASSE! 

Im  neuen  Jugendzentrum  nahm  die  Unterstlitzung  der  Gymnasiasten  fur 
das  Jugendzentrum  ab,  weil  sich  ihre  Perspektive  als  aussichtslos 
erwies,  die  Arbeiterjugendl ichen  in  den  vorgeschlagenen  Interessen- 
qruppen  zu  organisieren. 

DIE  ZUNEHMENDE  PERSPEKTIVLOSIGKEIT  AUFGRUND  DES  FEHLENS  DER  'BASIS' 
LIEFERTE  DIE  SOZIALARBEITER  VERSTARKT  AN  DIE  INTERESSEN  DER  STADT 
AUS  UND  BRACHTE  SIE  GLEICHZEITIG  IMMER  MEHR  IN  WIDERSPRUCH  ZU  DEN 
INTERESSEN  DER  ARBEITERJUGENDLICHEN. 

Die  Entwicklung  des  Jugendzentrums  Mettmann  ist  aber  nicht  aus- 
schlieBlich  den  nebenamtl ichen  Teamern,  den  heute  hauptamtl ichen 
Sozialarbeitern  oder  den  Jugendlichen  im  'RdS'  zuzuschreiben.  Sie 
hangt  sowohl  mit  der  unkritischen  Obernahme  eines  historischen  Mo- 
dells  aus  den  20iger  Jahren  in  RuBland  (Makarenko)  zusammen,  das 
zu  Beginn  auf  die  Mettmanner  Situation  ohne  jegliche  Analyse  uber- 
tragen  wurde,  als  auch  mit  den  Professional isierungstendenzen  der 
Sozialarbeiter.  Unter  diesen  Bedingungen  war  man  nicht  in  der  Lage, 
auf  die  durch  die  wirtschaftl iche  Krise  ausgelbsten  sozialen  Proble- 
me  so  zu  reagieren,  daB  man  diese  nicht  nur  verwaltete. 

Wir  Sozialarbeiter  werden  liber  eine  Sozialarbeit  im  'traditionellen 
Sinne'  nicht  hinauskommen,  wenn  wir  nicht  bereit  sind,  unsere  Arbeit 
immer  wieder  in  Frage  zu  stellen  und  politische  Konsequenzen  daraus 
zu  Ziehen.  Die  Politik  und  Padagogik  im  Jugendzentrum  Mettmann 
unterstlitzte  weniger  den  EntwicklungsprozeS  der  Jugendlichen,  ihre 
Lage  im  sich  verscharfenden  Unterdruckungszusammenhang  anzugehen, 
sondern  diente  eher  der  Verschleierung  der  wirkl ichen  Probleme. 


Ausgewahlte  Literatur 


4. 


Material ien  zur  Theorie  und  Praxis  demokratischer  Jugendarbeit 

Nr.  2/3  Jugendzentren 

Nr.  10  Lehrlingstheater  und  proletarische  Offentl ichkeit 

Nr'.  12  Politik  in  Jugendzentren  (Bestellungen:  siehe  Anzeige) 

Erziehung  &  Klassenkampf 

Nr.  10/11  Jugendzentren  (enthalt  auch  ausflihrl  iche  Literatur- 

liste) 
Nr.  15/16  Ougend  zwischen  Pflege  und  Politik  (Bestellungen: 

siehe  Anzeige) 
Liebel/Lessing:  Jugend  in  der  Klassengesell schaft 
-  marxistische  Jugendforschung  und  antikapitalistische  Jugend- 
arbeit -  Juventa-Verlag  1974 
J.  Alberts  u.a.:  Segmente  der  Unterhaltungsindustrie 
Edition  Suhrkamp  Nr.  651 
Schretzmeier:  Initiativgruppen  f.  Jugendzentren 
deutsche  Jugend  Nov.  74 

-  19 


D.    Damm:    versch.    Beitrage  zur  Jugendbildungsarbeit 
deutsche  Jugend  April/Mai/Oktober  1974 

6.  Bucksch:    Probleme  von  selbstverwalteten  Jugendzentren 
Neue  Praxis   Nr.   4/74 

7.  Medienzentrum  Kreuzberg: 
Arbeiterjugendliche  erzahlen 

Medien  im  Jugendfreizeitbereich  (Bestellungen:  Medienzentrum 
1   Berlin  36,  Mariannenplatz  36) 

8.  H.   Kramer:   Jugendarbeit  und  Freizeitgestaltung 
-Konf  1  i kte-Modell e-Perspektiven- 
(Bestellungen:   M.   Kramer,  1   Berlin  12,  Goethestr.   30) 

9.  Zeitschriften,  die  liber  Jugendzentrumsinitiativen  berichteten: 

-  Wir  wollen  alles 

-  Blickpunkt  (Landesjugendring  Berlin) 

-  Info  Sozialarbeit 

-  'links'    Sozial istische  Zeitung 

-  Info  Berliner  Undogmatischer  Gruppen 

-  Heim  &  Erzieher  Zeitschrift 

-  Thing 

-  LOG-Zeitung 

10.  Zeitschriften  aus  Jugendzentren 

-  Dokumentation  JZ  Rems-Hurr  Kreis  (gegen  DM  2.50  incl.  Porto 
bei:  R.  Witschel,  7064  Geradstetten,  August-Lammle-Str.  56) 

-  Info  1  +  1  -  Jugendzentrum  Fechenheim  (6  Ffm. .Starkenburger  Str.1) 

-  Schinderhannes  -  JZ  Bad  Homburg  -  (638  Bad  Homburg,  Landgrafenstr . 
26) 

-  Spucknapf  -  Jugendclub  Freising  (J.Knobloch,  805  Freising, 
Bismarckstr.  17) 

-  SSK-Dokumentation  (5  Kb'ln,  Brlisseler  Platz  16) 

-  Kblner  Volksblatt  (5  Kbln  60,  Merkenicherstr.  99) 

11.  Filmkataloge  aus  diesem  und  anderen  Bereichen 

-  Zentralfilmverleih  e.V.,  2  HH  36,  Karl  Muck-Platz  9/II 

-  BAG  Jugendfilmclubs,  51  Aachen,  Melatenerstr.  6 

-  Landesbild-  und  filmstellen  (eine  Adressenliste  aller  Film- 
stellen  ist  in  der  Fachinformation  der  AW0,  53  Bonn,  Ollenhauer 
Str.  3  zusammengestellt). 


SOZIALARBEITER(INNEN) 

zur  Mitarbeit  als  Berater  in  Jugendzentren  gesucht. 
Wir  betreiben  drei  Jugendzentren,  es  besteht  eine 
organisierte  Partizipation  der  Arbeiterjugendl ichen. 


Bewerbungen  an: 
Stadtjugendring,  89  Augsburg, 


Kanalstr.  15,  Tel.  51  55  42 


20  - 


Almut  Jbdicke: 

MKDCHENARBEIT  IM  JUGENDZENTRUM 


Vorbemerkung: 


Dieser  Beitrag  will  einige  Erfahrungen  in  der  Arbeit  mit  Arbeiter- 
madchen im  Jugendzentrum  Mettmann  wiedergeben  und  die  Schwierigkei- 
ten  aufzeigen,  die  in  der  eineinhalbjahrigen  Praxis  aufgetreten  sind. 
Gleichzeitig  sollen  aber  auch  Erfolge  und  Mogl ichkeiten  weiterer  Per- 
spektiven  dargestellt  werden.  (Eine  ausflihrl  ichere  Arbeit  von  Almut 
Jbdicke  Liber  "Arbeitermadchen  im  Jugendzentrum"  erscheint  im  Fruhjahr 
in  der  Reihe  Arbeitsmaterial  ien  SA/SP  im  Verlag  2000  GmbH  Offenbach.) 

In  den  letzten  Jahren  entstanden  in  vielen  Stadten  der  BRD  und  West- 
Berlin  Frauengruppen,  die  sich  mit  der  Rolle  der  Frau  in  unserer 
Gesellschaft  und  Emanzipationsfragen  bescha'ftigen.  Bisher  sind  in 
den  Gruppen  fast  ausschlieBl  ich  Frauen  blirgerlicher  Herkunft  organi- 
siert.  Aufgrund  ihrer  gesellschaft! ichen  Ausgangsposition  ist  es 
ihnen  eher  mbgl ich,  Strukturen  und  Zwange  des  Systems  zu  durchschauen 
und  Schritte  zur  Vera'nderung  in  organisatorischem  Rahmen  zu  erarbei- 
ten.  Viele  dieser  Gruppen  verfassen  Berichte  uber  ihre  Erfahrungen, 
die  sie  zum  Teil  in  einigen  Frauenzeitschriften  veroffentl ichen. 
Wer  sich  also  mit  der  "Frauenfrage"  bescha'ftigen  will,  hat  genug 
Material  zur  Verfugung. 

Als  ich  Marz  1973  im  Jugendzentrum  Mettmann  eine  Ma'dchengruppe  auf- 
baute  und  Untersuchungen  und  Erfahrungsberichte  liber  Arbeitermadchen 
suchte,  konnten  mir  diese  Zeitschriften  und  Blicher  kaum  helfen.  Ober 
die  spezifischen  Unterdrlickungsformen  und  ihre  Auswirkungen  auf  das 
Verhalten  von  Arbeitermadchen  fand  ich  nichts.  Die  Berichte  handel- 
ten  entweder  von  der  "blirgerl  ichen  Frau"  oder  der  "proletarischen 
Frau",  ihrer  Doppelrolle,  von  der  Frau  in  der  Familie,  Mlittererwerbs- 
ta'tigkeit,  psychoanalytische  Erkla'rungen  zur  weibl  ichen  Sozial isa- 
tion  usw.  Aber  liber  die  Situation  der  Madchen  aus  der  Arbeiterschicht, 
die  gerade  vor  SchulabschluB  standen  oder  schon  ihre  Lehre  begannen, 
bzw.  als  Hilfskraft  arbeiteten,  gab  es  keine  Informationen. 

Mittlerweile  versuchen  in  vielen  Jugendhausern  fortschrittl iche 
Sozialarbeiterinnen  Kontakte  zu  Arbeitermadchen  herzustellen  und 
Gruppen  aufzubauen.  Im  Zuge  der  Jugendzentrumsbewegung  sind  verein- 
zelt  Arbeitermadchengruppen  entstanden.  Sie  bildeten  sich  nicht  auf- 
grund theoretischer  Schulungen,  sondern  entwickelten  sich  aus  der 
spezifischen  Jugendhaussituation.  Aber  bisher  sind  viele  Gruppen 
schon  in  den  Ansatzen  gescheitert.  Viele  Sozialarbeiterinnen  oder 
Studentinnen,  die  in  Jugendzentren  arbeiten,  kommen  nicht  liber  die 
Fragen  "Wie  und  mit  welcher  Zielvorstellung  sollen  Madchengruppen 
aufgebaut  werden?"  hinaus.  Daher  sind  in  diesem  Beitrag  auch  Gedan- 
ken  enthalten,  die  wir  in  einer  Arbeitsgruppe  auf  dem  Jugendpol iti- 
schen  Forum  entwickelten.  Wir  hatten  dort  eine  Arbeitsgruppe  liber 

-  21  - 


Madchenarbeit  gebildet,  urn  liber  die  Notwendigkeit  von  Madchengruppen 
zu  diskutieren.    In  dieser  Gruppe  arbeiteten  etwa  50  Studentmnen  und 
Praktikantinnen,   die  entweder  praktische  Erfahrungen  in  Jugendzen- 
tren,  Abenteuerspielplatzen  und  in  der  Obdachlosenarbeit  haben,  Oder 
in  Frauengruppen  mitarbeiten.    Unsere  Fragen  liber  existierende  Gruppen 
mit  Arbeitermadchen,   i'ber  Ansa'tze  und  Erfolge,  iiber  die  Inhalte  der 
Gruppenstunden  und  iiber  grundlegende  Fragestellungen  konnte     nur 
ansatzweise  diskutiert  werden,  da  wir  nur  drei  Stunden  Zeit  zur  Ver- 
fugung  hatten.   Deshalb  beschloB  die  Gruppe,  den  Kontakt  untereinan- 
der  aufrecht  zu  erhalten,  und  Pfingsten  ein  Treffen  in  Kassel , 
DbrnbergstraBe  3,   zu  organisieren.   Protokoll  der  Arbeitsgruppe  und 
weitere  Informationen  werden  iiber  folgende  Kontaktadresse  zugesandt: 
uberregional e  Frauengruppe  d.   JupoFo  c/o  Dagmar  Straube,  6  Ffm., 
Hamburger  Allee  49. 


Dieses  Verhalten  der  Arbeitermadchen  pragte  die  Jugendzentrums- 
Situation.   Oft  wurde  im  Sozialarbeiter-Team  liberlegt,  wie  wir  dies 
verandern  kb'nnten.   Im  Marz  1973  versuchte  ich  dann  ohne  genauere 
Vorstellungen  iiber  eine  Arbeit  mit  Arbeitermadchen,  eine  Gruppe  auf- 
zubauen.  Obwohl   ich  bis  zu  diesem  Zeitpunkt  kaum  Kontakt  mit  ihnen 
gehabt  hatte,  entwickelte     sich  innerhalb  von  drei   Wochen  eine 
15  Madchen  starke  "Frauen-IG",  die  sich  regelma'Big  einmal    in  der  Wo- 
che  traf.   Der  Schwerpunkt  der  ersten  Treffen  war  das  Thema: 
:  "Sexual  itat  und  Beziehungen  zu  Freunden'"/  Die  Gruppe  zahlte  regel- 
niaBTg  1 0-13  Mitglieder,  die  seit  Beginn  der  Frauen-IG  dabei  waren, 
obwohl    es  haufig  schwere  Krisen  zwischen  den  Mitgliedern  gab.   Die 
Madchen  waren  alle  zwischen  12  und  15  Jahre     alt.    Die  wenigsten  hat- 
ten  einen  HauptschulabschluB.   Sie  standen  entweder  kurz  vor  dem  Schul- 
abgang,  oder  begannen  wahrend  der  Frauen-IG-Zeit  eine  Arbeit. 
Die  Gruppe  bestand  1   1/2  Jahre.    Im  Oktober  1974  muBte  ich  mein  Aner- 
kennungsjahr  als  Sozialpadagogin  beginnen  und  verlieB     die  Gruppe. 


Darstellung  der  Arbeitermadchen  im  Jugendzentrum 

In  der  Phase  der  Auseinandersetzung  fur  ein  Jugendzentrum  und  bei 
Verhandlungen  mit  der  Stadtverwal tung  sind  Arbeitermadchen  kaum 
beteiligt.   Sie  organisierten  sich  selten  in  den  angebotenen  Inter- 
essengruppen,  zeigen  Desinteresse  an  den  Selbstverwaltungsgremien  und 
den  Veranstaltungen   in  den  Jugendzentren.    In  Mettman  unterschied  sich 
das  Verhalten  der  Arbeitermadchen  stark  von  dem  der  Gymnasial-Schii- 
lerinnen.  Uahrend  die  Schulerinnen  mit  anderen  Schiilem  zusammen  in 
den  Interessengruppen  arbeiteten,   hielten  sich  die  Arbeitermadchen 
in  der  Diskothek  und  den  Ga'ngen  auf.   Gruppenweise  ginger  sie  fur 
langere  Zeit  auf  die  Toiletten,  um  sich  zu  schminken  und  zu  kammen. 
Dann  warteten  sie  im  Haus  darauf,  von  Jungen  angesprochen  zu  werden. 
Die  Jungen  behandelten  sie  wie  Objekte.   Sie  entwickelten  kaum  freund- 
schaftliche  und  za'rtliche  Beziehungen  zueinander.  Die  Jungen  nahmen 
die  Madchen,  umarmten  und  k'uBten  sie,  packten  ihnen  zwischen  die 
Beine  und  an  die  Briiste.  Wehrten  sich  die  Arbeitermadchen,  wurden  sie 
oft  brutal    in  die  Ecke  gezerrt,  von  einem  zum  anderen  gereicht  und 
wieder  losgelassen-   Das  spielte  sich  fast  taglich  in  der  Anfangs- 
phase  im  Jugendzentrum  Mettmann  ab. 

Die  Situation  war  fur  die  Madchen  nicht  einfach:   auf  der  einen  Seite 
suchten  sie  Kontakt  mit  den  Jungen  und  fiihlten  sich  von  ihnen  beach- 
tet,   aber  gleichzeitig  waren  sie  unzufrieden,  da  sie  andere  Formen 
von'seziehungen  erwarteten  und  sich  wie  "ausgenutzt"  vorkamen.   Die 
Madchen  waren  zu  schwach,  sich  gegen  die  Jungen  individuell   zu  weh- 
ren,   und  anstatt  sich  zusammenzuschl ieBen,   entstanden  oft  Konkurrenz- 
und'Rivalitatskampfe  untereinander.   Sie  zeigten  oft  ihre  Neid-  und 
AngstgefLihle,  weinten  und  prligelten  sich  wie  ihre  Stimmung  gerade 
war.   Alkohol    und  Drogen  verstarkten  diese  Verhaltensweisen. 
Ihr'verhalten  orientierte  sich  fast  ausschl  ieBlich  an  den  Bediirfms- 
sen  ihrer  Freunde.   Manche  Madchen  durften  nicht  alleine  durch  das 
Haus  gehen  und  nur  in  Begleitung  ihres  Freundes  eine  Cola  aus  der 
Cafeteria  besorgen.   Die  Madchen  verhielten  sich  in  bezug  auf  das 
Jugendzentrum  total   passiv.  Sie  warteten  auf  Anweisungen  und  Aktivi- 
taten  der  Jungen  und  entwickelten  kaum  Vorstellungen  Liber  eigene 
Wunsche,  noch  setzten  sie  sich  fur  ihre  Bedurfnisbefriedigung     im 
Jugendzentrum  ein. 

-  22  - 


Schwierigkeiten  bei  der  Umsetzung  politischer  Zielvorsetzungen 

Die  Arbeitermadchen  kommen  in  das  Jugendzentrum,  um  ihre  Freizeit 
darin  zu  verbringen.  Sie  wollen  tanzen,  Freunde  treffen  und  abschal- 
ten.  Sie  haben  kein  Interesse.zusa'tzl  ich  zu  "arbeiten"  und  eine 
Selbstverwaltung,  wie  in  Mettmann,  zu  praktizieren.  Im  Gegensatz  zu 
den  Jungen  sind  sie  auBerhalb  ihrer  Arbeitszeit  besonderen  Anforde- 
rungen  ausgesetzt.  Oft  helfen  sie  im  Haushalt  der  Eltern  mit,  erzie- 
hen  ihre  kleinen  Geschwister  und  mussen  die  Kritik  der  Eltern  am 
Jugendzentrum  und  ihren  Freundschaften  ertragen. 
Die  Mitarbeit  in  den  bestehenden  Interessengruppen  hatte  fur  sie 
Zwangscharakter.  Sie  muBten  regelma'Big  erscheinen,  durften  nicht  feh- 
len,  mliBten  ein  Mitglied  in  den  'Rat  der  Sprecher'  schicken  usw. 
(siehe  'Politik  im  Jugendzentrum  Mettmann').  Diese  Gruppen  erinnern 
sie  an  die  Schul-,  bzw.  Arbeitsorganisation. 

Die  Gruppenstunden  mit  den  Arbeitermadchen  verliefen  deshalb  auch 
anders  als  ich  es  von  Sitzungen  mit  Gymnasiastinnen  her  kannte.  Kurz 
vor  Beginn  der  Gruppenstunden  lief  ich  im  Jugendzentrum  herum  und 
muBte  jedes  Madchen  daran  erinnern,  daB  wir  uns  treffen  wollten.  Die 
Madchen  vergaBen  die  Termine.  Ich  flihlte  mich  stark  verunsichert  und 
dachte,  es  lage  an  meiner  Unfahigkeit.  Wahrend  der  Stunde  konnten 
sie  sich  kaum  langer  auf  ein  Thema  konzentrieren;  sie  safien  verstreut 
und  unruhig  im  Raum,  rannten  bei  jedem  aufheulendem  Motorrad  zum 
Fenster  oder  verlieBen  zwischendurch  den  Raum,  um  "auf  Toilette"  zu 
gehen,  d.h.  um  zu  sehen,  was  ihre  Freunde  ohne  sie  machten. 
m  den  ersten  Stunden  gab  es  schwere  Auseinandersetzungen  mit  den 
Jungen.  Sie  waren  durch  den  ZusammenschluB  der  Madchen  verunsichert--' 
und  versuchten,  durch  standiges  Stbren,  Tliren-  und  Fenstereinschla-  (- 
gen,  die  'Frauen-IG'  aufzulbsen.  (Rhnliches  Verhalten  kennt  man  von 
einigen  Mannern,  die  die  Organisierung  von  Frauengruppen  verunsichert.). 
Die  Verhaltensweisen  der  Jungen  trugen  aber  zum  Geflihl  starkerer 
Gruppenzusammengehbrigkeit  bei:  Indem  die  Unterdruckung  der  Madchen 
durch  die  Jungen  hier  konkret  erfahrbar  wurde,  bestatigte  sich  flir 
die  Madchen  die  Notwendigkeit  ihrer  eigenen  Organisierung.  Auch  nach- 
dem  die  Jungen  diese  Verhaltensweisen  aufgaben  und  die  Beziehung 
zwischen  ihnen  kameradschaf tl icher  wurde,  hatten  die  Madchen  nicht 

-  23  - 


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das  Bedlirfnis,  eine  gemischte  Gruppe  zu  machen.  Wenigstens  einmal 

in  der  Woche  wollten  sie  eine  Stunde  lang  unter  sich  bleiben  und  ihre 

Erfahrungen  und  Konflikte  diskutieren. 

Die  Gruppenstunden  dauerten  raeist  nicht  langer  als  20-40  Min.  Das  lag 
daran,  daB  einige  erst  um  18  Uhr  von  der  Arbeit  kamen,  andere  wieder 
urn  20  Uhr  zu  Hause  sein  muBten.  AuBerdem  war  die  Discothek  flir  sie 
inner  sehr  anziehend.  Sie  gerieten  jedesmal  in  einen  Interessenkon- 
flikt,  wenn  ein  beliebter  neuer  Hit  im  Gruppenraum  zu  hbren  war,  und 
wollten  tanzen  gehen. 

Erst  nach  einigen  Monaten  kamen  die  Madchen  ohne  Aufforderung  in  die 
Gruppenstunde.  Sie  konzentrierten  sich  besser  auf  die  Gesprachsthemen. 
Doch  es  war  mir  nie  mbglich,  meine  Vorstellungen  Liber  Inhalte  zu  dis- 
kutieren, z.B.  Rolle  der  Frau  in  unserer  Gesellschaft,  Kapitalismus, 
Proletarischer  Lebenszusammenhang,  Herrschaftsstrukturen  in  der  Fa- 
mil  ie,  §  218  usw.  In  einem  langen  LernprozeB  rait  den  Madchen  erhielt 
ich  einen  kleinen  Einblick  in  ihre  Lebensbereiche  durch  Besuche  der 
Familien  und  der  Arbeitsstellen.  Langsam  lernte  ich  Unterschiede  und 
Gemeinsamkeiten  unserer  verschiedenen  Lebenssituation  begreifen.  Die 
Vermittlung  neuer  Vorstellungen  waren  deshalb  schwierig.  Ich  muBte 
andere  Formen  von  Vermittlungswegen  suchen,  als  ich  es  bei  Gymnasia- 
stinnen  gewohnt  war.  Es  dauerte  eine  lange  Zeit,  bis  die  Arbeiter- 
madchen ein  bewuBteres  Verhalten  im  Jugendzentrum  zeigten. 

Um  kleine  Ansatze  und  Ziele  rait  Arbeitermadchen  verwirkl ichen  zu 
kbnnen,  muB  ein  Rahmen  geschaffen  sein,  der  das  Reden  Liber  ihre  Si- 
tuation erst  ermbglicht.  Die  Identif ikation  mit  TFTrer'Gruppe  war 
"ersTTVoraussetzung,  um  weitergehende  Diskussionen  und  Handeln,  z.B. 
Diskussionen  uber  die  familiare  Situation,  Konflikte  rait  den  Freun- 
den,  Angst  vor  der  Sexual itat,  Xngste  vor  flrzten,  Probleme  bei  der 
Arbeitssuche  und  auf  dem  Arbeitsplatz,  Beziehungen  unter  den  Gruppen- 
riiitgl  iedern  durchzuflihren. 

Die  Madchen  interessierten  nur  die  Inhalte,  die  Beziehung  zu  ihrer 
aktuellen  Lebenssituation  hatten.  Das  kann  Sozialarbeiter  in  Schwie- 
rigkeit  bringen,  wenn  der  Anspruch  der  Madchen  mit  den  eigenen  kolli- 
diert.  Ein  Beispiel  dafiir  erzahlte  eine  Teilnehmerin  in  der  Arbeits- 
gruppe  auf  dem  Jugendpolitischen  Forum: 

"Die  Madchen  wollen  fur  sich  Weihnachtsgeschenke  basteln  und  gegen- 
seitig  schenken.  Hier  ist  einmal  die  traditionelle  Schenkerei  zu 
Weihnachten  im  Spiel,  auf  der  anderen  Seite  aber  das  Bedurfnis,  sich 
gegenseitig  zu  beschenken,  um  die  Zugehb'rigkeit  und  Zuneigung  zu  zei- 
gen.  In  vielen  Situationen  tritt  diese  Zweischneidigkeit  auf,  wo  ich 
mich  als  Sozialarbei terin  mit  bestimmten  Vorstellungen  und  Zielen  im 
Kopf,  die  ich  in  der  Gruppe  realisieren  mbchte,  entscheiden  muB, 
ob  ich  diese  erst  einmal  zuruckstecke,  damit  es  flir  die  Madchen  nichts 
Aufgesetztes  ist,  oder  ob  ich  sie  "massiv"  in  die  Gruppe  einbringe." 

Ahnliche  Schwierigkeiten  treten  fur  die  Sozialarbeiterinnen  auf, 
wenn  sie  sich  zu  den  Bedlirfnissen  der  Arbeitermadchen  nach  Kochen, 
gemeinsamen  Stricken,  Teekliche  organisieren  und  Hausputz  im  Jugend- 
zentrum  verhalten  muB-  Sie  praktizieren  damit  Verhaltensweisen,  die 
sie  fUr  ihr  spateres  Leben  -  fast  alle  mbchten  heiraten,  Hauschen, 
Kinder  -  notwendig  brauchen.  Gleichzeitig  bedeuten  diese  Aktivitaten 
ihre  Identif ikation  mit  dem  Jugendzentrum.  Auf  der  anderen  Seite 

-  24  - 


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zeigen  diese  Bediirfnisse  rollenspezif ische  Komponenten,  die  ich  fLir 
mich  so  nicht  akzeptieren  kann.  Wenn  Madchen  sich  fur  solche  Arbei- 
ten  im  Jugendzentrum  einsetzen,  mu'ssen  sie  in  der  Gruppe  diskutiert 
und  dlirfen  nicht  ohne  weiteres  verstarkt  werden.  Diese  Aktivitaten 
sind  also  gleichzeitig  Ansatz  fiir  eine  Diskussion  Uber  die  "Rolle" 
der  Frau . 

Die  Inhalte  der  Gruppenstunden  werden  durch  die  Existenzbereiche  der 
Madchen  festgelegt.  Der  Hauptproblembereich  ist  die  Beziehung  zu  dem 
Freund,  die  meist  sehr  unbefriedigend  ist  und  das  ambivalente  Em- 
pfindung  und  die  Einstellung  zur  Sexualitat.  Andere  Schwierigkeiten 
gibt  es  mit  dem  Elternhaus,  wobei  eine  Freundschaft  mit  einem  Jun- 
gen meist  noch  zusatzliches  Konfl  iktmaterial  hervorbringt.  Das  Durch- 
sprechen  und  die  Auseinandersetzung  mit  der  Schulproblematik  ist  in 
den  einzelnen  Madchengruppen  unterschiedlich.  In  einigen  Jugendzen- 
tren  machen  Madchen  oft  zusammen  Schularbeiten,  in  einem  anderen 
wird  die  Schulsituation  fast  vol  1  ig  ausgeklammert,  da  keinerlei  Iden- 
tifikation  mehr  mit  dem,  was  in  der  Schule  passiert,  vorhanden  ist. 
Die  Schule  ist  eher  zu  einem  "Warteraum"  geworden,  den  man  bis  zum 
AbschluB  durchsitzen  muB.  Ober  die  Situation  am  Arbeitsplatz  wird 
nur  dann  -  und  das  auch  nicht  immer  -  geredet,  wenn  berufstatige 
Madchen  in  der  Gruppe  sind. 


Mdgl ichkeiten  politischer  Praxis  im  Jugendzentrum  mit  Arbeitermadchen 

Meine  Arbeit  hatte  das  Ziel,  bei  Jungen  und  Madchen  solidarische 
Verhaltensweisen  zu  entwickeln,  den  Warencharakter  von  Beziehungen 
aufzuheben,  die  doppelte  Unterdruckung  von  Frauen  und  Madchen  heraus- 
zuarbeiten  und  daraus  als  Konsequenz  die  "Teilnahme  am  Klassenkampf" 
abzuleiten,  da  er  nicht  von  Mannern  al  1  ein  geflihrt  werden  kann. 
Offene,  taglich  erfahrbare  Unterdruckung,  die  Frauen  und  Madchen 
erleben,  sind  zunachst  oft  durch  den  Mann  bzw.  mannliche  Autorita- 
ten  vermittelt.  Dies  ist  die  Begrtindung  meines  Ansatzes  gewesen. 
Mbgl ichkeiten  emanzipatorischer  Praxis  mit  Arbeitermadchen  lassen 
sich  dann  auf  drei  Ebenen  beziehen: 

1.  Was  soil  eine  Madchengruppe  fiir  die  Madchen  selbst  bringen? 

Die  Madchen  sollen  sich  selbst  erst  einmal  kennenlernen  und  ihr  eige- 
nes  Verhalten  untersuchen,  was  bedeutet,  daB  sie  ihr  rollenspezifi- 
sches  Verhalten  erkennen  und  andere  Verhaltensweisen,  die  selbstbe- 
stimmter  sind,  sich  aneignen.  Sie  mu'ssen  sich  als  Gegengewicht  zu 
den  Jungen  begreifen,  was  zugleich  heiBt,  daB  sie  nur  so  aus  der 
Konkurrenz  untereinander  und  von  der  Fixierung  an  Jungen  herauskom- 
men.  Durch  den  Austausch  ihrer  eigenen  Erfahrungen,  der  gegenseiti- 
gen  Hilfestellungen,  kbnnen  emotionale  Beziehungen  entstehen,  die 
zur  Lbsung  und  zum  Fertigwerden  mit  persbnlichen  Konfl ikten  nbtig 
sind.  Der  ZusammenschluB  in  einer  Gruppe  sta'rkt  das  Sel  bstbewuBt- 
sein  der  Madchen.  Sie  werden  dadurch  befahigt,  ihre  Interessen  zu 
artikulieren  und  durchzusetzen,  um  gemeinsame  Aktivitaten  zu  ent- 
wickeln. 

2.  Welche  Funktion  kann  eine  Madchengruppe  fLir  das  gesamte  Jugendzen- 
trum haben?  Durch  die  Bildung  einer  Madchengruppe  wird  meist  der 
Aufbau  einer  Jungengruppe  provoziert,  wodurch  im  Jugendzentrum  sich 
auch  zwischen  den  Geschlechtern  andere  Kommunikations-  und  Verhal- 

-  25  - 


tensstrukturen  herausbilden  kbnnen.  Geschlechtsspezifisches  Verhal- 
ten,  Denken  und  ihre  Vorurteile  werden  in  den  Jungengruppen  ebenso 
oft  zum  Gegenstand  der  Diskussion  gemacht.  Die  Arbeit  in  der  Madchen- 
oruppe  hi  1  ft  das  Jugendzentrumsgefiige  zu  stabil  isieren,  ihr  Interes- 
se  am  Haus  steigt  mit  dem  Zjgehbrigkeitsgeflihl  zu  einer  Gruppe.  Bei 
Aktionen,  die  das  Haus  betreffen,  Wie  z.B.  bei  der  Forderung  nach 
langeren  Dffnungszeiten,  mehr  finanzieller  Unterstiitzung,  bei  Gefahr 
der  SchlieBung  usw-  haben  die  Madchen  starkes  Interesse,  sich  an 
dem  Kampf  zu  beteiligen  und  gemeinsam  mit  alien  Jugendl ichen  einheit- 
lich  vorzugehen.  Durch  die  Gruppe  kbnnen  Madchen  lernen,  ebenfalls 
bei  Organisationsarbeiten  mitzumachen,  Veranstaltungen  zu  planen 
und  durchzufuhren.  Durch  die  Mitarbeit   in  einer  Madchengruppe  kann 
Angstund  Unsicherheit.in  den  Gremien  mitzuarbeiten  und  bffentlich 
aufzutreten,  abgebaut  werden;  ebenso  kann  man  sich  gegen  solche 
Jungen  zur  Wehr  setzen,  die  bestimmte  Arbeitsbereiche  z.B.  Discothek 
fiir  sich  allein  beanspruchen  Oder  anderweitig  versuchen,  die  Madchen 
abzublocken,  sei  es ,  daB  sie  ihnen  mit  massiven  Vorurteilen  begeg- 
nen,  ("Madchen  haben  kein  Verstandnis  fiir  technische  und  organisato- 
rische  Dinge")  oder  ihr  Wissen  und  Meinungen  nicht  an  Madchen  richten. 

3.  Welche  Mdglichkeiten  haben  Madchengruppen  u'ber  das  Jugendzentrum 
hinaus?  Probleme  und  Arbeitsergebnisse,  die  die  Madchen  selbst  betref- 
fen oder  allgemein  im  Bereich  des  Ougendzentrums  liegen,  kbnnen  in 
der  Gruppe  durch  Erstellung  eines  Flugblattes,  durch  Berichterstattung 
in  einer  Jugendzentrums-Zeitung,  durch  Fragebogenaktionen  nach 
"drauBen"  gebracht  werden.  Wenn  die  Mitglieder  der  Madchengruppe 
die  Schule  verlassen  haben,  muB  die  Frage  nach  beruflicher  Ausbildung 
diskutiert  werden.  Es  kbnnen  Stellenangebote  durchgesehen  werden,  urn 
zu  untersuchen,  in  welchen  Arbeitsbereichen  Madchen  und  Frauen  ge- 
braucht  und  eingesetzt  werden.  Interviews  und  Besichtigung  von  Ar- 
beitsplatzen  ermbglichen  ihnen,  ansatzweise  die  Arbeitslage  und 
-situation  bewuBt  zu  machen. 

Eine  politisch  sinnvolle  Arbeit  im  Jugendzentrum  mit  Arbeitermadchen 
hangt  naturlich  von  vielen  weiteren  Komponenten  ab,  z.B.  Verhaltnis 
zur  Stadtverwaltung  oder  Trager,  Teamsituation,  persbnlicher  Ein- 
satz  der  Sozialarbeiter/Sozialpadagogen  usw.,  die  hier  nicht  be- 
schrieben  werden  kbnnen.  Die  Bedeutung  dieser  Faktoren  sollte  in 
die  Diskussion  auf  dem  Arbeitsseminar  in  Kassel  einbezogen  werden, 
urn  weitergreifende  politische  und  padagogische  Fragen  befriedigend 
beantworten  zu  kbnnen. 


Arbeitskreis  Kritische  Sozialpadagogik, 
Dlisseldorf: 

BERICHT  VON  DER  JUGENDZENTRUMSTAGUNG 
DOSSELDORF  VOM  25.-27.10.1974 


Ober  den  'Info  Sozialarbeit'  hatte  der  Arbeitskreis  Kritische 
Sozialpadagogik  (AKS)  Dlisseldorf  alle  interessierten  Genossen  und 
Jugendinitiativen  zu  einem  Arbeitsseminar  uber  Jugendzentren  einge- 
laden.  Die  erarbeiteten  Ergebnisse  des  Seminars  wollten  wir  fur  die 
Erstellung  des  Info  9  verwerten.  Bei  der  Planung  gingen  wir  davon 
aus  daB  der  Info  die  Arbeit  fortschrittl icher  Sozialarbeiter  in 
Jugendzentren  bzw.  Selbstorganisationsansatze  generell  unterstutzen 
und  neue  Perspektiven  aufzeigen  kann. 

Da  sich  die  meisten  Publikationen  liber  'Selbstverwal tete  Jugendzen- 
tren' bisher  auf  die  Entwicklung  von  Jugendinitiativen  und  deren 
speziellen  Schwierigkeiten  oder  den  Kampf  urn  geeignete  Hauser  be- 
zogen,  stellten  wir  starker  die  Frage  nach  der  inhaltl ichen  Gestal- 
tung  von  selbstverwal teten  Jugendzentren  -  hier  schwerpunktma'Big 
nach  der  Rolle  und  Funktion  von  Sozialarbeitern  in  Selbstorganisierungs- 
Prozessen. 


Zeitschrift  Nr.  1 
erlauf  und  Ergebn 
sflihrliches  Proto 
erscheint  uns  im 
e  keine  neuen  Erk 
rher  bekannt  gewe 

aus  unzahligen, 
r  auf  eine  kurze 

dazu  (Interessen 


1  (Nov.  1974),  die  eine  er- 
is  der  Tagung  abgab,  wurde 
koll  im  Info  9  abgedruckt 
Nachhinein  wenig  sinnvoll, 
enntnisse  oder  Problemlbsun- 
sen  waren;  das  Protokoll  be- 
ungelbsten  Fragen.  Wir  be- 
Beschreibung  des  Verlaufs 
ten  erhalten  das  Protokoll 


26 


In  der  Heim  &  Erzieher 
ste  Stellungnahme  zum  V 
angekundigt,  daB  ein  au 
werde.  Dieses  Vorhaben 
denn  das  Seminar  bracht 
oen,  die  nicht  schon  vo 
steht  im  Gegenteil  eher 
schranken  uns  daher  hie 
und  einer  Stellungnahme 
zugeschickt  -  14  S. ) 

Wir  nahmen  an,  daB  an  der  Tagung  liberwiegend  Sozialarbeiter  teilneh- 
men  wlirden,  die  _ 

a)  in  Jugendzentren  tatig  sind  und 

b)  an  der  Erstellung  der  Info's  mitarbeiten. 

Darauf  stellten  wir  die  inhaltliche  Planung  ab.  Nach  den  Vorstellun- 
oen  des  AKS  soil  ten  drei  Schwerpunkte  diskutiert  werden: 

-  Beqriff  und  Inhalt  von  Selbstverwaltung,  z.B.  welche  Zielvorstel- 
lungen  liegen  ihr  zugrunde?  Warum  wird  sie  gefordert?  Real isierung? 
Rolle  und  Funktion  der  Sozialarbeiter,  z.B.  "doppeltes  Mandat"  der 
Sozialarbeiter,  welche  Aufgaben  haben  sie  innerhalb  eines  'Selbst- 
verwalteten  Jugendzentrums' ,  Diszipl inierung  .Dffentlichkeitsarbeit, 
Organisationsfrage  u.a.? 

-  Umsetzung  der  politisch/padagogischen  Vorstellungen,  z.B.  Method! k, 
Medien,  inhaltliche  Arbeit.  Welche  Faktoren  beglinstigen,  welche 
behindern  die  BewuBtwerdung  von  objektiven  Interessen  der  Ougend- 
lichen?  Unterschiede  zwischen  Schulern/Lehrl ingen/Jungarbeitern/ 
Studenten/  Sozialarbeitern. 

Bei  der  Einladung  hatte  der  AKS  urn  Erfahrungsbenchte  aus  einzelnen 

-  27  - 


Jugendzentren  gebeten,  derm  Ansatzpunkt  der  Arbeit  sollten  die 
praktischen  Erfahrungen  der  Teilnehmer  sein. 

Zu  Beginn  des  Seminars  lag  aber  nur  der  Bericht  liber  das  JZ  "Prisma", 
Berlin  vor.  AuBerdem  erschienen  nicht  nur  Genossen  und  Gruppen,  die 
am  Info  mitarbeiten,  sondern  uberwiegend  Initiativen  (Jugendl iche) 
und  Sozialarbeiter,  die  Interesse  am  Thema  zeigten,  aber  nicht  liber 
den  Zusammenhang  zwischen  Info,  Arbeitsseminar  und  AKS-Gruppen  infor- 
miert  waren. 

Daraus  ergaben  sich  unterschiedl iche  Erwartungshal tungen  an  das  Se- 
minar, die  am  Freitagabend  geauBert  wurden.  Wir  stellten  aus  den 
Ergebnissen  der  Diskussion  einen  neuen  Fragenkatalog  zusammen,  der 
exemplarisch  am  "Prisma"  bearbeitet  werden  sollte. 
Nach  dem  Plenum  am  Samstagmorgen,  in  dem  Bericht  iiber  die  Entwicklung 
im  JZ  'Prisma'  erstattet  worden  war,  bildeten  sich  zwei  Arbeitsgrup- 
pen,  die  hauptsachl ich  zwei  Themenkomplexe  bearbeiten  wollten: 

-  Fortschrittl iche  Arbeit  muB  an  den  Bedlirfni'ssen  der  Jugendl  ichen 
ansetzen,  darum  ist  konkret  zu  klaren,  welche  Bedlirfm'sse  die  Ju- 
aendl iche  haben. 

-  Bestimmung  der  Funktion  von  Sozialarbeitern  in  Selbstorganisations- 
prozessen. 

Abends  trafen  sich  die  Gruppen  wieder  im  Plenum.  Im  Laufe  der  Dis- 
kussion war  eine  Ratlosigkeit  entstanden,  die  mehr  Oder  weniger  bei 
alien  Teilnehmern  eine  resignative  Stimmung  ausloste.  Han  stellte 
die  Realisierung  von  'Selbstverwalteten  Jugendzentren'  infrage  und 
tendierte  zu  der  Meinung,  daB  sich  Sozialarbeiter  oft  an  eine  neue 
Bewegung  "anhangen"  (Randgruppenstrategie,  Jugendwohnkollektive, 
Abenteuerspielplatze)  rait  der  Illusion,  dort  eine  "freiere  -  revo- 
lutionise -  Berufspraxis"  verwirklichen  zu  konnen.  Selbstverwaltung 
sei  eine  den  Jugendl ichen  "aufgesetzte  Wunschvorstellung"  einiger 
progressiver  Sozialarbeiter,  kbnne  aber  nicht  im  Interesse  von  Ar- 
beiterjugendl  ichen  liegen. 

Den  Gegenpol  zu  dieser  Meinung  bildetaidie  anwesenden  Jugendinitia- 
tiven,  die  ohne  Sozialarbeiter  bestehen;  sie  wollten  sich  mit  dieser 
resignativen  Einschatzung  der  Jugendzentrenbewegung  nicht  zufrieden 
geben. 

Die  destruktive  Situation  wurde  erst  am  nachsten  Tag  durch  die  Er- 
gebnisse  der  drei  (am  Vorabend  noch  gebildeten)  Arbeitsgruppen  auf- 
gehoben.  Problemstellungen  der  AG's  waren: 

-  Beispiele,  Mbgl  ichkeiten  der  Verbesserung  von  Freizeitbedingungen 
der  Jugendl iche  ,  Entwicklung  von  Kriterien  fur  eine  fortschritt- 
liche  Arbeit; 

-  Organisationsfrage  zur  Absicherung  fortschrittl icher  Arbeit  und 
Seminarkritik; 

-  Neusser  Jugendl iche  und  die  Hamburger  Jugendinitiative  diskutier- 
ten  praktische  Probleme  in  ihren  Jugendhausern. 

Uns  scheint  nach  dem  Abflauen  der  ersten  Euphorie  eine  realistischere 
Einschatzung  der  JZ-Bewegung  und  ihrer  Mbglichkeiten  gelungen  zu  sein. 
Die  Seminarteilnehmer  kamen  zu  dem  Ergebnis,  daB  unter  kapitalisti- 
schen  Produktionsbedingungen  Selbstverwal tung  nur  beschrankt  mbgl ich 
ist;  der  Begriff  "Selbstverwaltung"  dient  aber  als  "identifikations- 
spendende  Kampfparole"  -  Dariiberhinaus  wurde  vor  einer  Oberschatzung 
der  sozial padagogischen  Arbeit  in  Jugendzentren  gewarnt.  Ein  Sozial- 


-  28 


arbeiter  kann  lediglich  durch  eine  fortschrittl iche  Praxis  Selbst- 
organisationsbestrebungen  der  Arbeiterjugendl ichen  unterstu'tzen  und 
Perspektiven  des  Kampfes  aufzeigen.  Der  Kampf  urn  und  die  Arbeit  in 
Jugendzentren  muB  immer  in  das  politische  Gesamtkonzept  eingeordnet 
werden.  Ein  Selbstverwal tetes  Jugendzentrum  kann  nie  Ziel  ,  sondern 
nur  Mittel  der  politischen  Arbeit  sein.  Es  dient  als  "Durchlaufer- 
hitzer",  als  Feld,  in  dem  Jugendliche  Pol itisierungsprozesse  durch- 
machen  konnen.  Die  Inhalte  der  Arbeit  bestimmen  sich  aus  den  Bedlirf- 
ni'ssen und  Interessen  der  Jugendl ichen  und  ihrer  speziellen  Proble- 
matic die  sich  aus  dem  sozialen  Umfeld  ergibt.  Es  wurde  betont, 
daB  es  fur  Sozialarbeiter  unerla'Blich  ist,  sich  zu  organisieren 
(AKS,  Gewerkschaften  -  hin  zur  Bildung  von  Sozial  istischen  Zentren). 

Diese  Ergebnisse  sind  -  wie  schon  gesagt  -  so  neu  nicht.  Wichtiger 
war  unseres  Erachtens  die  Konstatierung,  daft  die  Zustande  in  fast 
alien  sogenannten  Selbstverwalteten  Jugendzentren  deprimierend  sind 
und  sich  kaum  von  der  Situation  der  blirgerl  ichen  Hauser  der  Offenen 
T'u'r  unterscheiden.  Es  stellte  sich  heraus,  daB  der  Begriff  der  Selbst- 
verwaltung selten  inhaltlich  geflillt,  sondern  eher  ein  formales  Or- 
ganisationskonzept  war.  Daraus  resultiert  dann  spatestens  nach  der 
Erkampfung  eines  geeigneten  Hauses  eine  Interessenlosigkeit  der  Ar- 
beiterjugendl ichen  an  einer  Selbstverwaltung.  Oft  erhalt  eine  Kern- 
gruppe  von  Aktivisten  (meist  Schliler  weiterflihrender  Schulen  und/ 
oder  Studenten)  eine  formale,  biirokratische  Organisationsstruktur 
(=  Selbstverwaltung)  aufrecht. 

Urn  einen  Ausweg  aus  der  Sackgasse  zu  finden,  muB  deshalb  verstarkt 
an  der  inhaltl ichen  Erarbeitung  von  Selbstverwaltung  und  am  Problem 
der  Vermittlung  von  Inhalten  angesetzt  werden.  Bezeichnenderweise 
wurden  die  meisten  Fragen  in  dieser  Richtung  aufgeworfen. 
Eim'ge  Genossen  waren  allerdings  mit  diesem  Trend  der  Diskussion 
nicht  einverstanden.  Es  sei  nicht  so  wichtig,  "Tricks"  fur  die  prak- 
tische Arbeit  weiterzuvermitteln,  weil  dann  die  Gefahr  einer  Hand- 
werkeleidiskussion  heraufbeschworen  wlirde. 

Wir  hatten  dagegen  den  Eindruck,  daB  gerade  den  Praktikern,  die  in 
Jugendzentren  arbeiten,  sehr  viel  an  einem  solchen  Austausch  liegt. 

FUr  die  klinftige  Veranstaltung  von  Arbeitsseminaren  in  Verbindung 
mit  dem  Info  halten  wir  es  fur  hilfreich,  thesenartig  die  Kritik 
weiterzugeben,  die  an  der  Organisation  der  Jugendzentrumstagung  ge- 
leistet  wurde: 

-  Die  Beziehung  zwischen  den  AKS-Gruppen,  dem  Info  Sozialarbeit  im 
Sozial  istischen  Bliro  (als  publ  izistisches  und  organisierendes  Or- 
qan)  und  dem  Arbeitsseminar  war  nicht  deutlich  genug  und  ha'tte 
vorweg  geklart  werden  mlissen; 

-  Die  Tagung  war  nicht  genugend  vorbereitet  und  zu  wenig  strukturiert. 
Es  ist  kaum  effektiv,  zu  hoffen,  daB  aus  dem  Zusammentragen  reiner 
Erfahrungsberichte  weiterfiihrende  Schritte  fur  die  Praxis  erarbei- 
tet  werden  konnen; 

Die  Teilnehmer  erwarteten  vom  AKS  eine  politische  Orientierung: 
z.B.  Diskussionsthesen  liber  die  Einschatzung  der  Jugendzentrums- 
Bewegung.  Das  setzt  allerdings  ein  eindeutiges  politisches  Selbst- 
verstandnis  yoraus;  der  AKS  Dlisseldorf  war  in  seiner  Entwicklung 
noch  nicht  so  weit  fortgeschritten; 

Wenn  der  Info  Sozialarbeit  eine  anleitende  Funktion  fur  die  Basis 
erflillen  will,  darf  die  Redaktion  nicht  nur  Koordinationsaufgaben 


-  29  - 


wahrnehmen  und  auf  freiwillige  Beitrage  von  AKS-Gruppen  warten. 
Sie  muB  auch  die  inhaltliche  Diskussion  fiihren.  z.B.  gesellschaft- 
liche  Bedingungen  analysieren,  Grenzen  abstecken,  Einschatzungen 
liefern,  Verbindl ichkeiten  finden  etc; 

Die  Vorbereitung  des  Seminars  ha'tte  unter  Berlicksichtigung  der 
unterschiedlichen  Interessen  der  Teilnehmer  stattfinden  mussen. 
Die  anwesenden  Jugendlichen  waren  z.T.  mit  der  Diskussionsebene 
nicht  einverstanden  oder  flihlten  sich  Ubergangen  (ein  Beispiel: 
Ein  Lehrling  auSerte  seinen  Unmut  dariiber,  daB  die  Sozialarbeiter 
sich  einbilden,  seine  Interessen  und  Bed'u'rfnisse  bestimmen  zu  kon- 
nen,   ohne  ihn  Uberhaupt  zu  fragen.  Die  Diskussion  erschien  ihm 
allgemein  vie!  zu  theoretiscti  und  abstrakt). 


THESEN-ENTWURF  DES  SOZIALISTISCHEN  BOROS 

Die  wachsenden  gesellschaftlichen  Widerspruche  und  Konflikte  in 
Westdeutschland  und  die  ungenligende  Art  und  Weise,  in  der  viele 
sozialistische  und  kommunistische  Gruppen  bzw.  Parteien  die 
aktuellen  Probleme  sozialistischer  Strategie  und  Taktik  behan- 
deln,  haben  in  den  letzten  Oahren  das  Interesse  am  Sozialistischen 
BLiro  erheblich  verstarkt.  Dieses  zunehmende  Interesse  hat  Kon- 
sequenzen  fur  die  Arbeit  und  fiir  die  Struktur  des  Sozialistischen 
Buros  selbst.  Der  ArbeitsausschuB  des  SB  hat  deshalb  einen  neuen 
Thesen-Entwurf  erarbeitet,  der  versucht,  den  Diskussionsstand 
der  am  Sozialistischen  BLiro  orientierten  oder  in  ihm  in  der 
einen  oder  anderen  Weise  organisierten  Linker  festzuhalten  und 
diese  Diskussion  sowie  den  OrganisierungsprozeB  voranzubringen. 
Der  Thesen-Entwurf  soil  in  den  na'chsten  Monaten  einer  intensiven 
Diskussion  in  regionalen  Arbeitstagungen,  den  Arbeitsfeldern  des 
SB,  den  SB-Gruppen  und  Sympathisanten-Gruppen  sowie  in  den 
Publikationen  des  SB  unterzogen  werden.  Im  Herbst/Winter  1975 
soil  der  Entwurf  dann  auf  Grundlage  dieser  Diskussion  noch  ein- 
mal  uberarbeitet  und  im  Delegiertenrat  bzw.  der  Arbeitsgruppe 
Sozialistisches  Biiro  als  vorlaufige  politische  Positionsbestim- 
mung  des  SB  verabschiedet  werden.  In  die  Diskussion  urn  den 
Thesen-Entwurf  mussen  auch  die  Erfahrungen  und  Notwendigkeiten 
der  einzelnen  Arbeitsfelder  eingehen.  Somit  stellt  sich  auch 
fiir  das  Arbeitsfeld  Gesundheitswesen  die  Aufgabe,  spezifische 
Thesen  des  Arbeitsfeldes  zu  entwickeln  und  diese  Aspekte  in  die 
Thesen  des  SB  einzubringen. 

Der  vom  ArbeitsausschuB  erarbeitete  Thesen-Entwurf,  der  ab 
Februar  1975  als  Broschure  vorliegt,  kann  gegen  Voreinsendung 
von  DM  5.--  bezogen  werden  Liber  Sozialistisches  BLiro,  6o5  Offen- 
bach 4,  Postfach  591. 


30  - 


Autorengruppe  Bremen: 

POLITISCHE  BILDUNG  IM  JUGENDFREIZEITHEIM 

UNTER  DER  ZIELSETZUNG 

EINER  STADTTEILBEZOGENEN  ARBEIT 


Vorbemerkung: 

Dieses  Papier,  das  Bremer  Kollegen  fiir  ihre  konkrete  Arbeitssituation 
erarbeiteten,  ist  kein  fertiges  Konzept  oder  ein  Rezept,  das  man 
einfach  anzuwenden  braucht.  Vor  alien  fehlen  in  diesen  Beitragen 

-  eine  Ableitunn  zur  grundsatzl ichen  Bestimmung  von  politischer 
Bildung  mit  bestimmten  Adressatengruppen  bei  Berlicksichtigung  ihrer 
speziellen  sozio-okonomischen  Situation; 

-  die  Funktionsbestimmung  von  Sozialarbeit  und  Juqendzentrum  und  damit 
der  Arbeit  der  Kollegen  in  den  Jugendzentren; 

-  die  Erklarung  der  allgemeinen  Konzeption  politischer  Bildung  und 
der  Formen  der  Durchsetzung  jugendpol itischer  Forderungen  entspre- 
chend  der  jeweiligen  nesellschaftspolitischen  Situation  und  der 
eingehenden  Widersprliche,  Machtkampfe  und  Krafteverhal tnisse. 

Trotz  dieser  Schwachen  hoffen  wir,  daB  die  Beitrage  die  Diskussion 
um  die  Arbeit  in  Jugendzentren  und  Freizeitheimen  vorantreiben, 
Motivation  und  Hilfen  fiir  konkrete  Projekte  geben,  daB  sie  die  Reflek- 
tion  bisheriger  Arbeit  und  Orientierung  sowie  Oberprlifung  weiterer 
Arbeit  unterstlitzen. 


Thesen  zur  politischen  Bildungsarbeit  im  Jugendfreizeitheim 

Die  Diskussion  Liber  Konzeptionen  von  Jugendfreizeitarbeit  und  poli- 
tischer Bildungsarbeit  dreht  sich  im  Kernpunkt  immer  um  die  Inter- 
essenfrage:  an  wessen  Interesse  orientiert  sich  die  Freizeitarbeit 
und  nach  welchen  Kriterien  bestimmen  sich  diese  Interessen? 

1.  Die  wesentliche  Aufgabe  der  Jugendfreizei theime  nach  1945  bestand 
darin,  insbesondere  Telle  der  Arbeiterjugend  vor  drohender  Verwahr- 
losung  und  Radikalisierung  zu  bewahren.  Dieser  Anspruch  konnte  je- 
doch  inur  unzulanglich  eingelbst  werden,  da  die  Arbeit  von  einem  un- 
spezifischen  Jugendbegriff  ("den  Jugendlichen")  ausging,  der  den  Zu- 
gang  zu  den  konkreten  Problemen  der  Jugendlichen  eher  verstellte  als 
eroffnete.  Das  Resultat  war  der  unreflektierte  Versuch,  die  Arbeiter- 
jugend liber  mittelschicht-gepragte  Bildungsangebote  in  eine  Mittel- 
schichtenkul tur  zu  integrieren,  deren  Sinn  und  Perspektive  den  Ar- 
beiterjugendlichen  objektiv  und  subjektiv  verschlossen  bleiben  muBte. 

2.  In  der  Folgezeit  ergab  sich  als  Konsequenz  eine  starkere  Hinwen- 
dung  zu  den  "Interessen  der  Jugendlichen",  womit  jedoch  in  verkurz- 
ter  Unmittelbarkeit  nur  diejenigen  Interessen  und  Bedurfnisse  gemeint 
waren,  in  denen  sich  die  spontane  Reaktion  der  Jugendlichen  auf  die 
Belastungen  in  der  Arbeitswelt  darstellten:  Aggressionen,  Entspannung 


31 


Erholung,  Zerstreu 
unmittelbar  artiku 
wesentlich  durch  d 
gerade,  das  besteh 
zu  lassen  und  sich 
cher  Kompensation 
chen  Kino,  Kneipe, 
-  ohne  jedoch  mit 
renz  treten  zu  kbn 
padagogisch  als  be 


ung,  Betaubung  etc.  Die  Beschrankung  auf  diese 
lierten  Bedlirfnisse,  deren  Form  zudem  bereits 
ie  Freizeitindustrie  bestimmt  war,  bedeutete  aber 
ende  Verhaltnis  von  Arbeit  und  Freizeit  unberlihrt 

in  der  Jugendfreizeitheim-Arbeit  mit  oberflachl i- 
zu  begnligen.  Das  Jugendfreizeitheim  wurde  ein  biB- 

Sportplatz,  Beatclub,  Reiseburo,  Spielhalle  etc. 
den  kommerziellen  Vorbildern  ernsthaft  in  Konkur- 
nen.  Paradoxerweise  wurde  gerade  dieses  Konzept 
sonders  Adressaten-Jugendorientiert  verklart. 


3.  "Orientierung  an  den  Interessen  der  Jugendl ichen"  bedeutet  also 
weder  die  Durchsetzung  eines  allgemeinen  Bildungsanspruchs,  der  von 
der  tagtaglich  notwendigen  Wiederherstellung  der  Arbeitsfahigkeit 
der  Jugendl ichen  abstrahiert,  noch  die  bloBe  Beschrankung  auf  die 
Verwaltung  der  von  den  Jugendlichen  unmittelbar  geauBerten  Wunsche 
nach  Entspannung  und  Ausgleich. 

<?.  Die  von  den  Jugendlichen  in  unterschiedl icher  Weise  geauBerten 
Bedlirfnisse  und  Interessen  sind  vielmehr  Ausdruck  ihrer  jeweiligen 
Klassenlage.  Sie  beziehen  sich  unmittelbar  auf  ihre  Arbeits-  und 
Lebenssituation  und  lassen  sich  nur  aus  der  Analyse  dieser  Verhalt- 
nisse  begreifen.  Dies  bedeutet,  daB  es  keine  allgemeine  "jugendliber- 
nreifenden"  Interessen  gibt,  denn  es  gibt  nicht  "die  Jugend",  die 
Uber  einheitliche  soziale  Erfahrungen  und  Interessen  verfugt. 

5.  Die  subjektiv  geauBerten  Freizeitbedurfnisse  der  Jugendlichen  sind 
aber  auch  ein  Ausdruck  der  kapitalistischen  Trennung  von  Arbeit  und 
Freizeit:  "Selbstverwirkl ichung"  ist  aus  dem  Arbeitsbereich  verbannt 
und  in  die  Freizeit  verlegt  und  zudem  auf  diejenigen  Formen  einge- 
schrankt,  die  der  Wiederherstellung  der  Arbeitsfahigkeit  der  Indivi- 
duen  dienen. 

6.  Wenn  also  die  Freizeitinteressen  der  Jugendlichen  nach  Entspan- 
nung und  Ausgleich  innerhalb  unserer  Gesellschaftsstruktur  als  not- 
wendig  und  berechtigt  anzusehen  sind,  so  ware  es  doch  eine  Illusion, 
die  Trennung  von  Arbeit  und  Freizeit  Uber  die  Veranderung  allein 
des  Freizeitverhaltens  aufheben  zu  wollen. 

7.  Politische  Bildungsarbeit  im  Jugendfreizeitheim  muB  diese  beiden 
Seiten  in  ein  richtiges  Verhaltnis  zu  setzen  versuchen:  im  Entspan- 
nungs-  und  Zerstreuungsverhal ten  der  Jugendlichen  mlissen  auch  die 
Probleme  undKonflikte  auBerhalb  des  Heims  (Familie,  Arbeitsplatz, 
Stadtteil)  aufgedeckt  und  zuga'nglich  gemacht  werden;  umgekehrt  muB 
das  "Bildungsangebot"  des  Jugendfreizeitheims,  das  sich  auf  die 
Konflikte  der  Jugendlichen  bezieht,  in  eine  Atmosphare  eingebettet 
sein,  die  SpaB,  Freude  und  Entspannung  nicht  ausschlieBt.  Die  starre 
Trennung  beider  Bereiche  muB  aufgehoben  werden. 

8.  Die  Erstellung  eines  solchen  Konzepts  von  politischer  Bildungs- 
arbeit im  Jugendfreizeitheim  ist  nicht  ein  einmaliger  Akt,  sondern 
ein  ProzeB.  Sie  vollzieht  sich  entsprechend  der  genauen  Untersuchung 
des  Verhaltnisses  von  Lebens-  und  Freizeitsituation  der  jeweiligen 
Heimbesucher,  und  durch  das  schrittweise  Begreifen  des  Zusammenhangs 
von  subjektiven  Interessen  und  der  objektiven  Klassenlage.  Dieser 

-  32  - 


ProzeB  kann  nur  gemeinsam 
zogen  werden,  nicht  aber  s 
die  Jugendlichen.  Deshalb 
die  Form  einseitiger  "Indo 
die  Mitarbeiter  bei  der  En 
Aufgabe,  ihre  spezifischen 
chen  beratend  zur  Verfugun 
didaktischen  Umsetzung  von 
der  Bereitstellung  bzw.  de 
die  fur  eine  solche  Arbeit 
gange,  Kontakte  zu  anderen 


von  Jugendlichen  und  Mit 
tel 1 vertretend  von  den  M 
kann  und  darf  dieser  Pro 
ktrination"  annehmen.  Al 
twicklung  einer  solchen 

Kenntnisse  und  Fahigkei 
g  zu  stellen,  so  z.B.  in 

Ideen,  in  der  Nutzung  i 
r  Erkampfung  der  materie 

erforderlich  sind  (Elte 

Institutionen  etc. ) 


arbeitern  voll- 
itarbeitern  flir 
zeB  auch  niemals 
lerdings  haben 
Konzeption  die 
ten  den  Jugendl i- 
der  Frage  der 
hrer  Kontakte  und 
lien  Bedingungen, 
rnarbeit,  Lehr- 


9.  Der  so  beschriebene  Ansatz  von  Jugendfreizeitheim-Arbeit  geht 
nicht  von  einem  statischen  Begriff  der  Freiwill igkeit  aus,  sondern 
davon,  daB  Erkenntnisprozesse  und  Einsichten  in  die  gesellschaftli- 
chen  Verhaltnisse  auch  zur  Veranderung  der  eigenen  Interessenlage 
f'u'hrt.  Darum  kann  eine  solche  Arbeit  sich  nicht  auf  Aktivitaten  in- 
nerhalb des  Heims  beschranken,  sondern  muB  versuchen,  die  Verbindung 
herzustellen  und  Stellung  zu  beziehen  zu  alien  Konflikten  und  Ent- 
wicklungen,  die  den  Zusammenhang  von  Lebenssituation  und  Freizeit- 
nestaltung  deutlich  werden  lassen.  Dies  bedeutet  vor  allem  die  Ent- 
wicklung  einer  aktiven  Zusammenarbeit  der  Heimbesucher  und  Mitarbei- 
ter mit  den  Bewohnern  des  Stadtteil s,  mit  den  El  tern,  Lehrern,  Ar- 
beitskollegen  und  Mitschlilern  der  Jugendlichen  usw.  Die  Zielsetzung 
einer  solchen  Stadtteil-orientierten  Jugendfreizeitheim-Arbeit  ist 
demnach,  das  politische  Lernen  und  die  politische  Aktivierung  der 
Jugendlichen  an  eine  Praxis  zu  binden,  die  sich  auf  Konflikte  und 
Probleme  bezieht,  die  flir  die  Jugendlichen  wie  flir  den  Stadtteil 
gleichermaSen  von  Bedeutung  sind.  Mit  dieser  Zielsetzung  kann  gleich- 
zeitig  ein  Beitrag  dazu  geleistet  werden,  das  Jugendfreizeitheim  aus 
seiner  gesellschaftlich  isolierten  Stellung  heraus-  und  eine  enge 
Wechselbeziehung  zwischen  Jugendfreizeitheim  und  Stadtteil  herbeizu- 
flihren. 

10.  Eine  solche  Arbeit  im  Jugendfreizeitheim  kann  nicht  ohne  Konflik- 
te ablaufen;  vielmehr  gehdren  der  Konflikt,  das  Erkennen  und  die  Aus- 
einandersetzung  mit  gesellschaftlichen  Interessen  und  Machtstruktu- 
ren  sowie  die  Suche  nach  und  die  Praktizierung  von  Losungsstrategien 
zum  Wesen  dieser  Arbeit.  Auch  die  Mitarbeiter  des  Jugendfreizeitheims 
kbnnen  sich  solchen  Konflikten  gegenu'ber  nicht  neutral  verhalten; 
soil  das  Postulat  von  der  "Arbeit  im  Interesse  der  Adressaten"  nicht 
leer  bleiben,  mlissen  sich  die  Mitarbeiter  immer  erneut  des  subjekti- 
ven und  objektiven  Nutzens,  des  Zweckes  und  der  Richtung  ihrer  so 
als  parteilich  verstandenen  Arbeit  versichern.  Entscheidend  ist  da- 
bei  nicht,  ob  eine  solche  Arbeit  stets  die  unmittelbare  und  ungeteil- 
te  Zustimmung  der  Adressaten  oder  der  vorgesetzten  Behbrde  findet, 
sondern  ob  sie  sich  padagogisch,  politisch  und  damit  auch  vor  einer 
breiten  Offentl ichkeit  zu  legitimieren  vermag. 

Beqrundunq  einer  stadtteilorientierten  Jugendfreizeitheim-Arbeit 

Die  Notwendigkeit  und  Berechtigung  einer  stadtteil bezogenen  Jugend- 
freizeitheim-Arbeit ergibt  sich  zum  einen  aus  der  Tatsache,  daB  die 
Jugendfreizeitheime  bisher  weitgehend  vom  gesellschaftlichen  Leben 

-  33  - 


i. 


ihres  Wohnbezirks  isoliert  waren.  Weit  davon  entfernt,  jugendpol  iti- 
sche  Zentren  zu  sein,  verhielten  sie  sich  weitgehend  passiv  gegenuber 
dem  Geschehen  auBerhalb  des  Heims  und  beschrankten  ihr  Angebot  auf 
diejenigen  Kinder  und  Jugendlichen,  die  "freiwillig"  ins  Haus  kamen. 
Aber  auch  diese  Angebote  orientierten  sich  vorwiegend  an  den  subjek- 
tiven,  spontan  geauBerten  Bediirfnissen  der  Adressaten.  Ein  Aufgrei- 
fen,  ja  ein  Kennenlernen  ihrer  tatsachl ichen,  objektiven,  oft  noch 
nicht  bewuBten  Probleme  konnte  deshalb  nur  zufallig  erfolgen  und 
blieb  ohne  Konsequenz  im  Angebot;  entsprechend  oberflachl ich  blieben 
auch  die  MaBstabe  fur  den  "Erfolg"  der  eigenen  Arbeit  (voiles  Haus; 
Besucherzahlen;  spontane  "Zufriedenheit"  der  Besucher  u.a.). 
Zum  anderen  ergibt  sich  diese  Konzeption  aus  einem  veranderten  Be- 
ariff  von  politischer  Bildung:  politische  Bildung  als  Aktivierungs- 
prozeB. 

Dies  bedeutet,  daB  politische  Bildung  nicht  auf  die  Vermittlung  von 
Informationen  bzw.  intellektuelle  Prozesse  reduziert  werden  darf, 
sondern  daB  politisches  Lernen,  das  sich  auf  das  Begreifen  der  eige- 
nen gesel 1 schaf tl ichen  Lage  und  Interessen  und  ihre  aktive  und  selb- 
standige  Vertretung  und  Durchsetzung  richtet,  immer  an  praktisches 
Handel n  gebunden  sein  muB. 

-  Aufhebung  falscher  Trennungen  - 

Eine  solche  Konzeption  der  Vermittlung  von  Theorie  und  Praxis,  von 
Lernen  und  Handel  n  in  der  Jugendfreizeitheim-Arbeit  fiihrt  notwendig 
zur  Aufhebung  von  Trennungen  und  Abgrenzungen,  die  die  Wirkungsmbg- 
lichkeiten  politischer  Bildungsarbeit  im  Jugendfreizeitheim  bisher 
eingeschrankt  haben.  Aufgehoben  werden  muB  die  falsche  Trennung 

-  von  Kindern,  Jugendlichen  und  Erwachsenen,  deren  gemeinsame  Inter- 
essen sich  aus  ihrer  gemeinsamen  gesellschaftlichen  Lage  ergeben. 
Das  bedeutet  naturlich  nicht,  daB  es  nicht  Angebote  geben  muB, 

die  sich  spezifisch  an  Kinder,  Jugendliche  Oder  Erwachsene  richten; 
wichtig  ist  aber,  das  Gemeinsame  und  Obergreifende  zu  berlicksich- 
tigen.z.B. :keine  Kinderarbeit  ohne  Elternarbeit; 

-  von  Jugendfreizeitheim  und  Stadtteil;  konkrete  und  aktuelle  Pro- 
bleme der  Bewohner  im  Stadtteil  sollen  im  Jugendfreizeitheim  auf- 
gegriffen,  bearbeitet  und  wieder  in  den  Stadtteil  hinausgetragen 
werden; 

-  von  Arbeit  (oder  Lernen)  und  Freizeit;  ihr  inhaltlicher  Zusammen- 
hang  ist  zu  thematisieren  und  durch  eine  entsprechende  "Arbeits- 
und  Entspannungs-Atmosphare"  im  Jugendfreizeitheim  zu  realisieren; 

-  der  verschiedenen  Methoden  der  Sozialarbeit  und  Sozialpadagogik; 
Gemeinwesenarbeit,  politische  Bildung,  Gruppenarbeit  und  Hilfe  fur 
Einzelne  schlieBen  sich  gegenseitig  nicht  aus,  sondern  bedingen 
und  fbrdern  einander; 

-  der  "Rollen"  von  Kindern,  Jugendlichen,  Eltern  und  Mitarbeiter; 

im  Rahmen  eines  Untersuchungskonzepts  z.B.,  das  sich  auf  Konflikte 
im  Stadtteil  und  die  Interessen  der  Adressaten  und  Bewohner  rich- 
tet, werden  Jugendliche  und  Eltern  auch  zu  "Lehrenden",  die  Mit- 
arbeiter auch  zu  "Lernenden"  (nicht  nur  umgekehrt).  Die  Orientie- 
rung  an  den  Interessen  der  Bevblkerung  laBt  diese  zur  primaren 
Legitimationsinstanz  der  Sozialarbeit  werden. 


-  34  - 


-  Voraussetzungen 


Die  konkrete  DurchfUhrung  dieser  Verflechtung  von  Jugendfreizeitheim 
und  Stadtteil  hangt  von  einer  Reihe  von  Voraussetzungen  ab,  u.a.  von 

-  der  Struktur  des  Stadtteils  (seiner  Sozialstruktur  und  den  daraus 
resultierenden  Problemen  und  Konflikten);  sie  muB  Gegenstand  der 
Untersuchungsarbeit  sein; 

-  von  den  Interessen,  Fahigkeiten  und  Mogl  ichkeiten  der  Mitarbeiter 
in  dem  Jugendfreizeitheim  (die  jedoch  nicht  statisch  aufgefaBt 
werden  dlirfen,  sondern  sich  nach  MaBgabe  ihrer  eigenen  Lernprozesse 
verandern) ; 

-  von  der  Ausstattung  des  Jugendfreizeitheims  (personell,  raumlich, 
sachl ich) ; 

-  vom  (politischen)  Verhalten  der  vorgesetzten  Behbrden 

Die  Jugendfreizeitheime  kbnnen  nicht  alles  machen;  je  nach  Voraus- 
setzungen miissen  also  Schwerpunkte  gesetzt  werden.  Dies  allerdings 
bedarf  der  Abstimmung  und  Koordination  im  jeweiligen  und  unter  den 
Jugendfreizeitheimen  insgesamt. 

-  Merkmale  von  Kampagnen  - 

Unter  "Kampagne"  wird  die  allgemeine  Form  der  Verflechtung  von  Jugend- 
freizeitheim und  Stadtteil  verstanden:  das  Aufgreifen  von  Problemen 
im  Stadtteil,  ihre  Bearbeitung  im  Jugendfreizeitheim  und  die  prakti- 
sche  Aktion  im  Stadtteil  selbst.  Die  wichtigsten  Merkmale  solcher 
Kampagnen  sind  deshalb: 

-  sie  sind  auf  konkrete  Probleme  der  Bevblkerung  im  Stadtteil  gerich- 
tet  (das  setzt  Untersuchungsarbeit  voraus); 

-  sie  haben  die  Bewegung:  Stadtteil-Jugendfreizeitheim-Stadtteil 
(Verflechtung); 

-  sie  verbinden  die  Formulierung  und  Verfolgung  konkreter  Teilziele 
mit  der  Entwicklung  weiterreichender  Perspektiven  (gerade  in  die- 
ser Verbindung  spielt  sich  politisches  Lernen  ab); 

-  sie  sind  grundsatzl  ich  dffentl  ichkeitsorientiert; 

-  sie  beruhen  auf  gemeinsamem  Vorgehen,  fbrdern  die  Aktivierung  und 
Selbstandigkeit  der  Betroffenen  und  verringern  damit  die  Basis  flir 
alle  Formen  von  Stellvertreter-Pol itik; 

-  sie  bedurfen  der  kontinuierl  ichen  kritischen  Oberprufung. 

-  Schritte  der  Untersuchungsarbeit  - 

Untersuchungsarbeit  heiBt  nicht:  Daten  .sammeln,  aus  denen  nichts  folgt. 
Die  Jugendfreizeitheime  sollen  auch  keine  AuBenstellen  des  Statisti- 
schen  Landesamtes  werden  (dessen  Daten  naturlich  verwandt  werden 
sollen,  wo  sie  weiter  helfen).  Untersuchung  z.B.  der  Bevblkerungs- 
struktur  eines  Stadtteils  heiBt  also,  sowohl  die  objektiven  Lebensbe- 
dingungen  als  auch  ihre  subjektive  Verarbeitung  zu  untersuchen,  das 
BewuBtsein,  die  Angste,  Sorgen,  Hoffnungen  etc.  Dies  allerdings  nicht 
■im  Sinne  eines  Instituts  fur  Meinungsforschung  (95  %   denken  dies, 
5  %   wollen  das),  sondern  urn  Handlungs-  und  Aktivierungsmbgl ichkeiten 
zu  erkunden. 

Auch  findet  nicht  z  u  e  r  s  t  (mehrere  Monate  oder  Jahre)  Untersu- 
chungsarbeit und  d  a  n  n  eine  Kampagne  statt;  vielmehr  durchdrin- 
aen  sich  beide  wechselseitig.  In  jeder  Kampagne  steckt  Untersuchungs- 
arbeit und  umgekehrt.  Auch  die  Untersuchungsarbeit  hat  aktivierenden 

-  35  - 


Charakter  (aktivierende  Befragung);  sie  richtet  sich  nicht  auf  un- 
mundige  Objekte,  sondern  gerade  auf  die  Entfaltung  der  Phantasie, 
Selbstandigkeit,  Initiative  und  Handlungsfahigkeit  der  Menschen. 

Wie  kann  die  Untersuchungsarbeit  aktuell  eingeleitet  werden?  - 

Bezogen  auf  die  Kinder  und  Jugendl ichen  durch  entsprechende  Angebote 
bzw.  Initiativen  (Erkundung:  "unser  Stadtteil";  Ausstellung;  Rollen- 
spiele/Kindertheater;  Sol idaritatsbasare  etc.);  durch  Kontakte  zu 
gewerkschaftl ichen  Gruppen,  Jugendvertretern,  politischen  Jugend- 
gruppen  etc. ; 

Bezogen  auf  die  Intensivierung  und  Vertiefung  der  Kontakte  zu  den 
El  tern  durch  Elternabende  und  -versamml ungen,  die  sich  auf  bestimm- 
te  Programmangebote  (Freizeiten,  Kindertheater,  Feste,  Ausstel 1 ungen 
etc.)  oder  auf  existierende  Problempunkte  im  Stadtteil  beziehen; 
durch  Teilnahme  an  und  Kontakte  zu  Stadtteilbeiraten,Burgerinitiati- 
ven,  Einwohnerversammlungen,  Schulen  (und  anderen  Institutionen,  die 
in  diesem  Zusammenhang  von  Bedeutung  sind); 

Die  Mitarbeiter  miissen  in  der  Untersuchungsarbeit  gegenliber  der  Be- 
volkerung  (den  Eltern  usw. )  ihr  Interesse,  d.h.  ihr  Verstandnis  von 
politischer  Jugendarbeit  darstellen.  Sie  m'u'ssen  erklaren,  warum  sie 
an  bestimmten  Problemen  interessiert  sind  (nicht  einfach  ausfragen); 
auf  dieser  Basis  kann  sich  ein  Vertrauensverhaltnis  entwickeln. 
Entscheidend  ist  dabei  auch,  daB  solche  Untersuchungsarbeit  nie  von 
den  Mitarbeitern  allein  (stell vertretend) ,  sondern  stets  mit  den 
Jugendl  ichen  zusammen  durchgefu'hrt  wird. 

Zum  Problem  der  Aktionen  im  Rahmen  des  stadtteil bezogenen  Jugend- 
freizeitheimes , 

-  Voraussetzung  fur  die  Aktionen  - 

'Jesentl  ich  bestimmend  dafiir,  welche  Projekte  in  den  einzelnen  Jugend- 
freizeitheimen  angegangen  werden,  sind  sicherlich  nicht  zuletzt  die 
Schwerpunkte,  Interessen  und  speziellen  Fahigkeiten  der  jeweiligen 
Mitarbeiter.  Dieser  Faktor  wird  ausschlaggebend  sein,  ob  mbgliche 
Aktionen  im  Bereich  der  Kinder  -,  Lehrlings-  oder  Schiilerarbeit  und 
an  welchen  Fragestell ungen  dort  jeweils  angesiedelt  sind.  Es  mu(3 
weiter  die  Zahl  der  Mitarbeiter  und  die  Mbgl ichkeit  der  Einbeziehung 
von  Honorarkraften  bedacht  werden. 

Die  einzelnen  Einrichtungen  miissen  nach  ihren  rauml  ichen  Moglichkei- 
ten  und  nach  der  Ausstattung  wie  Werkstatt  ,  Vervielfal tigungsmbg- 
lichkeiten,  Fotolabor  u.a.m.  UberprUft  werden. 

Ausschlaggebend  wird  aber  auch  die  Wohngebietsstruktur  des  Stadtteils, 
die  entsprechenden  Konflikte  und  Probleme,  die  Mdgl ichkeit  der  Zu- 
sammenarbeit  mit  den  Institutionen  und  Organisationen,  sowie  die 
Besucherstruktur  des  Freizeitheimes  sein. 

Trotz  aller  Unterschiede,  die  sich  nach  Klarung  dieser  Fragen  in 
den  Jugendfreizeitheimen  ergeben,  zeigt  sich  am  Beispiel  Huchting, 
daB  auch  mit  stark  begrenzten  Mitteln  stadtteil bezogene  Arbeit  mb'g- 
lich  ist. 

Im  Vordergrund  steht  also  nicht  die  Frage  ob  uberhaupt  in  bestimmten 
Jugendfreizeitheimen  diese  Arbeit  mdgl ich  ist,  sondern  w  e  1  c  h  e 

-  36  - 


Erhard  MeuelerfHg.) 

unter 
entwicklung 

arbeitsmaterialien 

ftlr 

schulerjehrer 

und 
akbonsgruppen 

banal 


wem  niitzt  die  armut  der  dritten  welt? 


Aktionen  mit  den  vorhandenen  Mitteln  real  istisch  durchfiihrbar  sind. 
Grundsatzlich  ist  davon  auszugehen,  da|3  es  darum  gent,  Probleme  des 
Stadtteils  aufzunehmen,  sie  im  Heim  zu  besprechen,  um  sie  dann  wieder 
in  den  Stadtteil  hineinzutragen.  Ein  anderer  Ansatz,  bei  dem  allgemei- 
ne  und  aktuelle  Probleme,  die  im  Jugendfreizeitheim  behandelt  und 
im  Stadtteil  zur  Diskussion  gestellt  werden,  ist  ebenfalls  denkbar. 

-  Am  Beispiel  einer  Aktion  zur  Spielplatzsituation  im  Stadtteil, 
soil  exemplarisch  dargestellt  werden,  welche  konkreten  Ablaufe  in 
einem  solchen  Projekt  einbezogen  werden  konnen  - 

Ausgangspunkt  ist  die  von  der  Bevdlkerung  des  Stadtteils  und  den  Be- 
suchern  des  Jugendfreizeitheimes  bemangelte  schlechte  Spielplatz- 
situation der  Kinder.  Folgende  Punkte  kdnnten  bei  der  Aufarbeitung 
und  Verbesserung  dieser  Problematik  unter  Einbeziehung  der  Kinder, 
Jugendl ichen,  interessierten  Eltern  und  Mitarbeitern  angegangen 
werden: 

Die  Kinder  und  Eltern  schildern  die  Spielsituation  im  Stadtteil,  die 
einzelnen  Gruppen  bestimmen,  wie  diese  Situation  aufgearbeitet  werden 
soil: 

-  die  Spielplatze  werden  fotografiert,  die  Fotografien  ausgehangt; 

-  Kinder,  Jugendliche  und  Eltern  aus  dem  Stadtteil  werden  (per  Ton- 
band)  nach  ihrer  Meinung  zu  diesem  Problem  befragt; 

-  u'ber  statistisches  Material  wird  die  Situation  in  Zahlen  darge- 
stellt (z.B.  flir  jede  Wohnung  ein  Abstellplatz  fur  Autos  -  auf 
wieviele  Kinder  ein  Spielplatz? 

-  Aussagen  von  Parteien,  Verbanden  und  Behb'rden  werden  der  Realitat 
gegenubergestel  1 1 ; 

-  Kinder  stellen  auf  Zeichnung  ihre  Spielsituation  dar. 

Die  einzelnen  Ergebnisse  werden  jeweils  sofort  im  Jugendfreizeitheim 
ausgehangt  und  verdffentlicht,  so  daB  die  Information  erfolgt  und 
andere  Interessenten  einbezogen  werden  konnen. 
Als  nachster  Schritt  werden  Alternativmodelle  dargestellt: 

-  Kinder,  Jugendliche  und  Eltern  zeigen  auf,  wie  Spielplatze  sein 
sol lten; 

-  Abenteuer-  Oder  Bauspielplatze  werden  von  den  Beteiligten  besucht; 

-  auf  Fotos,  Bildern  und  im  Text  werden  diese  den  bestehenden  Platzen 
im  Stadtteil  gegenlibergestel  It; 

-  Aussagen  von  Fachleuten  zur  Bedeutung  des  Spiels  werden  festgehal- 

ten; 

-  Modelle  von  "kindgerechten"  Spielplatzen  werden  entworfen  und  von 
einer  Werkgruppe  plastisch  dargestellt; 

-  danach  mu'Bte  iiberlegt  werden,  wie  ein  solcher  Spielplatz  im 
Stadtteil  verwirkl icht  werden  kann; 

-  ein  geeigneter  Platz  wird  ausgesucht,  Kontakte  zu  Behbrden,  Ver- 
banden, Parteien  usw.  werden  aufgenommen.  Fragen  der  finanziellen 
Unterstiitzung  miissen  gekla'rt  werden  usw. 

Die  ganze  Aktion  muB  von  intensiver  Offentl ichkeitsarbeit  begleitet 
werden: 

-  Zusammenarbeit  mit  Presse  und  Rundfunk,  Plakatierung  im  Jugendfrei- 
zeitheim, Flugblattaktion,  Unterschriftensammlung,  Zusammenarbeit 
mit  Jugendorganisationen  usw. 

Wahrend  der  gesamten  Arbeiten  sol lten  inhaltliche  Diskussionen  zu 
Themen  stattfinden: 


38  - 


-  Bedeutung  des  Spiels  fur  das  Kind,  Erziehungsprobleme,  kindgerech- 
te  Wohnungen,  wie  soil  die  weitere  Arbeit  mit  den  Kindern  auf  dem 
geplanten  Alternativspielplatz  aussehen,  welchen  Sinn  haben  Aktio- 
nen wie  diese?  usw. 

HShepunkt  einer  solchen  Kampagne  kdnnte  ein  groBes  Kinderfest  sein: 

-  dieses  kdnnte  auf  dem  Platz  stattfinden,  der  als  solcher  gedacht 

ist; 

-  Kinder,  Jugendliche  und  Eltern  machen  eine  Demonstration  vom  Ju- 
gendfreizeitheim zu  diesem  Platz  und  tragen  Transparente  und  Pla- 
kate  mit  ihren  Forderungen; 

-  auf  dem  Platz  werden  alternative  Spielm'dgl  ichkeiten  provisorisch 
dargestellt  (Baumaterial ,  Malwande)  Spiele  werden  durchgefiihrt  usw.; 

-  Informationsstande  dienen  zur  Darstellung  bisher  erarbeiteter 
Material ien; 

-  In  Form  eines  Kindertheaters  werden  die  Probleme  von  den  Kindern 
gespielt. 

Diese  ganze  Aktion  wurde  deshalb  so  ausfuhrlich  dargestellt,  um 
daran  deutlich  zu  machen,  welche  Vielfalt  an  Mdgl ichkeiten  besteht. 
Die  einzelnen  Punkte  sollen  lediglich  als  Anregung  dienen  und  konnen 
entsprechend  erganzt  oder  weggelassen  werden.  Wichtig  ist  hierbei 
nur,  daB  nicht  mit  der  Durchsetzung  der  Forderungen  die  Aktivita'ten 
beendet  sind.  AnschlieBend  mlissen  die  Aktionen  kritisch  reflektiert 
und  evtl.  die  angesprochenen  Themen  in  Diskussionsgruppen  vertieft 
werden,  um  daraus  mogliche  neue  Aktivita'ten  zu  bestimmen. 

Die  Spielplatzaktion  steht  nur  exemplarisch,  ahnliches  Vorgehen  ist 
auch  auf  andere  Aktionen  Libertragbar: 

-  grdBere  Wohnung  fiir  groBe  Familien 

-  FuBgangerstraBen 

-  Jugendzentrumsinitiativen  usw. 

Auch  aktuelle  Themen  kdnnten  so  in  die  Bevdlkerung  hineingetragen 
werden:   zu  §  218  -   Sol idaritatsbasare  -  Ausbildungssituation  der 

Lehrlinge  -  usw. 

Die  Mitarbeiter  der  Jugendfreizeitheime  haben  in  solchen  Aktionen  an- 
leitende  und  helfende  Funktionen.  Das  Jugendfreizeitheim  stellt  Raume, 
Material,  technische  Gerate  usw.  zur  Verfugung.  Es  bildet  das  Zen- 
trum  solcher  Aktionen. 

Was  kann  bei  solchen  Aktionen  gelernt  werden,  was  hat  das  mit 
politischer  Bildung  zu  tun?  - 

Ziel  einer  solchen  Aktion  muB  es  sein,  den  Beteiligten  zu  verdeut- 
lichen,  daB  politische  Arbeit  nicht  nur  theoretische  Diskussion 
iiber  abstrakte  Themen  heiBt,  sondern  bewuBter  praktischer  Einsatz 
fiir  die  konkreten  Interessen.  Es  gilt  herauszustellen,  daB  eine  sol- 
rhe  qemeinsame  Aktion  nicht  nur  Arbeit,  sondern  auch  SpaB  machen  kann. 
Hier  noch  einmal  kurz  zusammengefaBt  die  Lernprozesse,  die  in  solch 
einer  Aktion  vollzogen  werden  konnen: 

nesel  1  schaftspojjtjsclTe  Erkenntnisse 
aeseTTsc'haftliche  Roll  en,  Normen  und  Strukturen  (Herrschaft  und 
Tdpoloqie)  werden  durchschaubarer,  Zusammenhange  exemplarisch  aufge- 
rollt  und  die  Positionen  der  Betroffenen  in  diesen  Strukturen  deut- 
licher; 

-  39  - 


-  Sol idarita't 

die  Notwendigkeit  sol idarischen  Vorgehens  statt  vereinzelter  Resig- 
nation muB  erkannt  werden.  Gleichzeitig  muB  es  gelingen  zu  verdeut- 
lichen,  daB  in  solch  einer  Aktion  persbnliche  Bedlirfnisse  mit  denen 
der  Gruppe  abzustimmen  sind,  urn  ein  HbchstmaB  an  Gemeinsamkeit  im 
Vorgehen  zu  erreichen; 

-  Technische  Fahigkeiten 

Organisations-  und  Koordinationsfahigkeiten,  sowie  Umgang  mit  Medien, 
Material  und  Maschinen  (wie  Drucken,  Plakatherstellung  usw.)  werden 
erlernt  und  fur  die  eigenen  Interessen  nutzbar  geraacht; 

-  Strategische  Fahigkeiten 

Es  muB  gelernt  werden,  daB  strategische  Fahigkeiten  mehr  als  bloBe 
Aufstellung  von  Zielen  bedeutet,  die  irgendwann  einmal  erreicht 
werden  mlissen,  sondern  daB  es  darum  geht,  mit  Blick  auf  das  Haupt- 
ziel  unter  den  jeweiligen  gegebenen  Mbglichkeiten  (politische  Kraf- 
teverhaltn isse  am  Ort  und  in  der  Gesamtqesellschaft)  erreichbare 
Ziele  zu  formulieren,  Handlungsmbgl ichkeiten  zu  planen.um  notwendi- 
ge  Teilziele  zu  erreichen. 

Es  wird  gelernt  realistisch  einzuschatzen,  welche  politischen  Macht- 
verhaltnisse  bestehen  und  die  Fahigkeit  zu  entwickeln,  Blindnispartner 
zu  gewinnen  zur  Durchsetzung  der  Interessen. 


SOZIALARBEITER/GEMEINWESENARBEITER 

Ab  sofort  fur  ein  GWA-Projekt  im  anstehenden 
Sanierungsgebiet  Frankfurt-Bockenheim  gesucht. 
Er/sie  soil  in  Zusammenarbeit  mit  dem  bestehenden 
Arbeitsteam  insbesondere 

die  Probleme  von  Kindern  und  Jugendlichen 

im  Rahmen  der  anstehenden  Sanierung  bearbeiten. 

Trager  der  Arbeit  ist  das  Nachbarschaftsheim 

Bockenheim  in  Zusammenarbeit  mit  der  Victor-Gollanz-Stiftung 

und  der  Frankfurter  Fachhochschule,  Fachbereich  Sozialarbeit. 

Bezahlung  nach  BAT. 

Bewerbung  an: 

Nachbarschaftsheim  Bockenheim 

6  Frankfurt,  Werrastr.  39,  Telefon  0611/77  55  17 


Timm  Kunstreich: 
SOZIALARBEIT  IST  LOHNARBEIT 


Dieser  Titel  scheint  auf  den  ersten  Blick  trivial  zu  sein.  Mur  ist 
es  manchmal  angebracht,  sich  die  Folgen,  die  mit  der  Lohnarbeit  in 
der  Sozialarbeit  verbunden  sind,  bewuBt  zu  machen.  Qiese  Absicht  ver- 
folgt  dieser  Artikel  -  mit  dem  praktischen  Interesse,  vor  Resignation, 
vor  Illusionen  und  vor  kurzatmigem  Aktivismus  zu  warnen. 
In  den  letzten  Jahren  war  und  ist  viel  vom  "doppelten  Mandat"  und 
ahnlichen  Begriffen  die  Rede,  die  andeuten  sollen:  Der  Sozialarbei- 
ter  befindet  sich  in  einem  Dilemma.  Auf  der  einen  Seite  hat  er  den 
Auftrag  zu  helfen  (u.a.  auch  dabei  die  Gesellschaft  zu  verandern), 
auf  der  anderen  Seite  ist  er  ausfiihrendes  Organ  einer  Blirokratie  des 
kapitalistischen  Staates.  Auch  eine  "linke"  Interpretation  dieses 

■■' ■    "   "-  '-'---"  -••'  --•- .,-t. ,,:,,,.  sozialarbeit  ist  eine  In- 

der 


"doppelten  Mandates"  ist  sehr  verbreitet:  S 
stitution  des  Klassenstaates  -  und  damit  des  Klassengegners 
Sozialarbeiter  aber  soil  Solidaritat  mit  den  von  ihnen  Betroffenen 
Li  ben. 

Aber  wie?  Mit  schlechtem  Gewissen  in  der  "Ougendpflege"  arbeiten  und 
vor  allem  Funktionen  mit  repressivem  Eingriffscharakter  meiden? 
(Z.ii.  die  des  Jugendflirsorgers  oder  Bewahrungshelfers?  -  Nach  dem 
Motto:  LaB  das  lieber  die  "unbewuBten"  Kollegen  machen).  Statt  also 
voreilig  etwas  auszugrenzen  und  dann  zu  abstrakter  Solidaritat  aufzu- 
rufen,  sollten  wir  zunachst  lieber  liberlegen,  welche  Funktionen  Lohn- 
arbeit in  der  Sozialarbeit  objektiv  hat  -  und  "objektiv"  heiBt  hier 
zunachst:  unabhangig  vom  BewuBtsein  derer,  die  hier  ihre  Arbeitskraft 
tauschen. 

'Venn  die  zur  Berstellung  der  allgemeinen  Productions-  und  Verkehrs- 
bedingungen  der  bilrgerliohen  Gesellschaft  notwendigen  Funktionen 
nioht  direkt  vom  Kapital,   sondern  vom  Stoat  iibernommen  werden  und 
die  dort  beschSftigten  Arbeiter  ihre  Arbeitskraft  nioht  gegen  variab- 
les Kapital  tauschen,    sondern  aus  staatlicher  Revenue  bezahlt  werden, 
wird  in  diesen  Bereichen  unproduktive  Lohnarbeit,    aber  notwendige  - 
notwendig  in  bezug  auf  den  gesellschaftlichen  Charakter  der  Produk- 
tion  uberhaupt  -  verausgabt".    (1) 

also  diese  Lohnarbeit  von  der  pro- 
Mehrwert  zu  produzieren  und  von  der 
deren  Kennzeichen  ist  die  Realisa- 
ation  zu  sichern.  Andere  mehrwert- 
bhangige  Arbeit  in  den  Staatsappara- 
ssenschaft,  staatlich  organisierte 
ermittelnde"  Arbeit  nenannt  werden. 


Der  Form  nach  unterscheidet  sich 
duktiven,  deren  Kennzeichen  ist, 
indirekt  produktiven  Lohnarbeit, 
tion  des  Mehrwerts  zu  der  Zirkul 
verbrauchende  Tatigkeiten  (lohna 
ten,  in  Ausbildungssystem  und  wi 
Dienstleistungen)  sollen  hier  _% 
"Vermittelt"  werden  durch  diese 
erhalt  notwendigen  Fertigkeiten 
Ausbildung),  sondern  auch  die  no 
und  die  notwendige  Kontrolle  in 


Tatigkeiten  nicht  nur  die  zum  System- 
und  Kenntnisse  (z.B.  in  Schule  und 
twendige  Legitimation  auf  der  einen 
Form  von  systemnotwendiger  Selektion 


40 


41 


auf  der  anderen  Seite- 

Im  Gegensatz  zu  produktiver  und  weite  Telle  indirekt  produktiver 
Lohnarbeit,  in  denen  Effektivitatsmessungen  -  namlich  Arbeitsproduk- 
tivitat und  Hbhe  des  Profits  -  selbstverstandl ich  (wenn  auch  nicht 
unumstritten,  d.h.  einseitig)  sind,  stehen  Effektivitatsmessungen 
im  Bereich  vermittelnder  Lohnarbeiten  erst  am  Anfang.  Hier,  wo 
"Tati-gkeiten  verwaltet    (wevden) ,    eleven   Ziel  bestimmte  Einwivkung  auf 
Individuen  ist"  (2), ist   "Effektivi tat"  schwer  zu  messen.  Eindimen- 
sionale  in-put-Analysen  deuten  zwar  auf  "Irrational  itat"  nancher 
Institutionen  vermittelnder  Lohnarbeit  hin,  z.B.  wenn  nachgewiesen 
wird,  daB  voll  entlohnte  Straftater  im  Endeffekt  billiger  kommen  als 
solche,  die  in  "Sklavenarbeit"  gehalten  werden,  oder  wenn  nachgewie- 
sen wird,  daft  die  Heime  "Verwahrlosung"  nicht  abbauen,  sondern  wei- 
ter  verfestigen  bzw.  erst  hervorbringen.  Deshalb  kbnnen  Effektivi- 
tatsprobleme  der  vermittelnden  Lohnarbeit  adaquat  nur  erfaBt  werden, 
wenn  man  von  ihrer  Mehrfunktionalitat  ausgeht  und  diese  Funktionen 
in  ihrer  wechselseitigen  Abhangigkeit  untersucht. 

Versucht  man  die  oben  gegebene  Beschreibung  vermittelnder  Lohnarbeit 
zu  systematisieren,  so  lassen  sich  drei  aufeinander  bezogene  Funk- 
tionen ausmachen: 

1.  institutionalisierte  nicht  familia're  Sozial  isation 

2.  institutional isierter  Systemerhalt 

3.  institutionalisierte  Legitimation 

Diese  drei  Funktionen  soil  en  im  folgenden  flir  die  Sozialarbeit  da- 
raufhin  untersucht  werden,  wie  sie  auf  die  Systemprobleme  kapitalisti- 
scher  Produktionsform  reagieren  und  wie  diese  Probleme  in  bezug  auf 
alle  drei  Funktionen  bewa'ltigt  werden  -  und  wo  die  Konflikte  einer 
derartigen  Bewaltigung  liegen. 

-  Institutionalisierte  nichtfamiliare  Sozial isation  - 

Sozialarbeit  vergibt  "Sozial isationshilfen"  entweder  in  "ambulanter" 
Form  (Offene  Jugendarbeit,  Familienfursorge)  Oder  in  "stationarer" 
(Heime,  Strafvollzug  usw.).  Egal ,  ob  diese  Sozial isationshilfen 
eher  restitutiven  oder  eher  repressiven  Charakter  haben,  dem  Inhalt 
nach  ist  diese  vermi ttel nde  Lohnarbeit  der  Sozialarbeiter  gesell- 
schaftlich  notwendig,  der  Form  nach  ist  sie  institutionalisierte  Ge- 
walt  zum  gesellschaftlichen  Erhalt  der  Akkumulationsbedingungen. 
Effektiv  ist  die  Sozialarbeit  in  dieser  Funktion  dann,  wenn  sie  die 
folgenden,  ihr  zugewiesenen  Probleme  ldsen  kann.  (Fur  die  Bewaltigung 
dieser  Probleme  sind  auch  noch  andere  Institutionen  zustandig  -  z.B. 
Schulen  und  Versicherungen.  Diese  Zusammenhange  sollen  hier  jedoch 
nur  insoweit  beru'eksichtigt  werden,  als  sie  von  Wichtigkeit  fur  die 
Sozialarbeit  sind.): 

-  die  Folgen  der  formellen  Subsumption  der  Familie  unter  das  Kapital 
(z.B.  "Erziehungsprobleme"), 

-  die  Folgen  des  Bedarfs  der  erhbhten  Qual ifikation  der  Arbeitskraft 
(Vorschule,  Ganztags-,  Gesamtschulen) , 

-  die  Folgen  der  Dequalifikation  von  Arbeitskraft  (Obdachlosenlager, 
Jugendkriminal itat) , 

insgesamt  also  Folgeprobleme  der  allgemeinen  Monopol isierung  des  Ka- 
pitals  und  der  entsprechenden  ungleichmassigen  Vergesellschaftung 
der  Produktivkrafte. 

-  42  - 


Hie  Aufgaben  der  institutionalisierten  auBerfamil iaren  Sozialisa- 
tion  Snderten  sich  durch 

a)  den  allgemein  steigenden  "tfohl stand"  und  mit  dem  in  den  50iger 
Jahren  vorgenommenen  Ausbau  der  "Sozialen  Sicherung"  (vor  allem 
Renten-  und  Sozialversicherungen) ,  die  der  "Flirsorge"  einen  Teil 
ihrer  Aufgaben  entzog.  Dieser  Aufgabenanderung  wurde  im  BSHG  und 
im  JWG  von  1961  Rechnung  getragen,  in  der  Literatur  wurde  dieser 
ProzeB  Liberwiegend  als  "FunktionseinbuBen"  empfunden  (z.B. 
PETERS,  Moderne  Flirsorge  und  ihre  Legitimation,  1968). 

b)  Das  Ende  der  Restaurationsphase  war  u.a.  auch  das  Ende  der  exten- 
siven  Steigerung  der  Arbeitsproduktivitat,  d.h.  solcher,  die  im 
wesentlichen  auf  Vermehrung  der  Arbeitskrafte  basierte.  Die  nun 
erforderl iche  intensive  Steigerung  der  Arbeitsproduktivitat  ver- 
langte  vor  allem  eine  bessere  Dual ifikation  der  Arbeitskraft.  Der 
Anteil  der  Sozialarbeit  besteht  sowohl  darin,  diesen  ProzeB  zu 
unterstutzen  (wie  Ausbau  der  Vorschule,  Jugendpflege)  als  auch 
darin,  die  Folgen  einer  entsprechenden  Dequalifikation  zu  mildern. 

Betrachtet  man  diesen  ProzeB  als  "Funktionsvermehrung",  so  lassen 
sich  beide  Entwicklungen  zusammen  als  "Funktionsverschiebung"  ver- 
stehen. 

-  Institutionaliserter  Systemerhalt  - 

"er   institutionalisierte  Systemerhalt  muB  auf  mehreren  Ebenen  gesi- 
chert  werden.  Einmal  durch  Selektion  "auffallig"  gewordener  Arbeits- 
kraft d  h.  solche,  die  wegen  zu  geringer  Qualifikation  oder  psychisch 
oder  physisch  nicht  in  der  Lage  ist,  sich  adaquat  auszutauschen  und/ 
oder  solche,  die  schon  von  anderen  Apparaturen  vermittelnder  Lohn- 
arbeit Polizei/Justiz)  selektiert  wurde.  Zum  anderen  durch  Vermitt- 
lunq  von  Fertigkeiten  und  Verhaltensweisen,  urn  den  generell  hbher 
aewordenen  Bedarf  qualifizierter  Lohnarbeit  in  Zusammenarbeit  mit 
anderen  Apparaturen  (Schulen)zu  decken  (Vorschule,  Jugendarbeit). 
Svstemerhalt  zielt  aber  nicht  nur  auf  die  Betroffenen,  sie  geschieht 
auch  durch  die  Rekrutierung  von  Sozialarbeitern  aus  den  "normange- 
benden"  Schichten  und  durch  die  burokratische  Organisation  selbst  als 
Renroduktion  herrschender  Hierarchien.  flit  der  oben  (unter  1.)  ge- 
nannten  "Funktionsverschiebung"  la'Bt  sich  auch  die  Funktion  des  in- 
stitutionalisierten Systemerhalts  in  bezug  auf  die  Betroffenen  be- 
srhreiben.  Per  damit  verbundenen  Verlagerung  der  Sozialarbeit  auf 
Has  "Padagogische"  und  zugleich  auf  "wissenschaftl iches  Wissen" 
muBte  durch  quantitative  Vermehrung  von  Stellen  und  Studienplatzen 
md  nualitative  Verbesserung  im  Ausbildungssystem  Rechnung  getragen 
werden  (Einrichtung  von  FHS  und  Gesamthochschulen) . 

-  Institutionalisierte  Legitimation  - 

niP  Funktion  der  institutionalisierten  Legitimation  erfordert  von 
aI*   ADDaraturen  der  Sozialarbeit,  ihr  Handeln  auf  allgemein  geteil- 
+rNnrmen  vor  allem  auf  die  des  burger!  ich-demokratischen  Rechts-  und 
v^ialstaates,  zu  beziehen,  und  damit  jene  Massenloyalitat  mit  hel- 
fl*   7U  erhalten,  die  "nicht  in  einem  gesicherten  'Gel tungsglauben1 
llnanuber   einer  qegebenen  Ordnung,  sondern  im  Gegenteil,  im  Verzicht 
auf  Legitimationsforderungen  Uberhaupt  besteht"  (3).  Effektiv  muB 

-  43  - 


die  Sozialarbeit  in  dieser  Funktion  vor  allera  dann  sein,  wenn  diese 
Massenloyalitat  in  einigen  Bereichen  (oder  im  Ganzen)  nicht  mehr  ge- 
geben  ist,  d.h.  neue  Former  der  Legitimation  notwendig  werden. 

Probleme  dieser  Art  lassen  sich  beispielhaft  unter  der  in  den  60iger 
Jahren  sich  durchsetzenden  Forderung  nach  Chancengleichheit  be- 
schreiben: 

-  b'konomisch  zielte  diese  Forderung  auf  Nutzung  bisher  nicht  genutz- 
ter  Qualifikationsreserven  (s.o.  Intensivierung  der  Arbeitsproduk- 
tivitat); 

-  politisch  bedeutete  diese  Forderung  zuna'chst  das  Eingestandnis  be- 
stehender  "Chancengleichheit",  die  durch  Erweiterung,  Veranderung 
und  Verbesserung  des  Ausbildungssystems  behoben  werden  sollte  fund 
soil); 

-  wissenschaftlich  bedeutete  diese  Forderung  die  Abkehr  vom  biolo- 
gischen  Begabungsbegriff  hin  zu  einem,  der  auf  Lernen  und  soziale 
Fahigkeiten  basiert; 

-  Fur  die  institutional isierte  Sozialarbeit  bedeutete  (und  bedeutet) 
diese  Forderung  (und  ihre  jeweiligen  Spezifikationen)  zum  einen 
die  Legitimation  ihrer  quantitativen  und  qualitativen  Verbesserung 
(Vorschulen,  Erziehungsberatung,  Jugendarbeit,  Einzelfallhilfe, 
Gruppenarbeit,  Gemeinwesenarbeit)  zum  anderen  aber  auch  Kritik  an 
ihren  Institutionen  (vor  allem  der  Heime)  -  der  aber  durch  eben 
jene  Verbesserungen  wiederum  begegnet  werden  sollte  (soil). 

Der   durch  diese  Prozesse  induzierte  "Wandel"  in  der  Sozialarbeit 
stellte  diese  in  alien  drei  Funktionen  vor  neue  "Effizienzprobleme" : 
Die  "Funktionsverschiebung"  verlangte  neue  Handlungsmuster,  die  nach 
weitgehendera  Wegfall  materiel ler  Hilfen  die  Vergabe  (wachsender) 
nicht-naterieller  Hilfen  mbglich  machte  und  diese  auch  legititnierte  - 
ohne  aber  prinzipiell  die  Individual isierung  und  Personal isierung 
sowohl  der  Ursachen  fur  Hilfebedurftigkeit  als  auch  der  MaSnahmen  in 
Frage  zu  stellen.  Genau  dies  leistet  das  "klinische"  Legitimations- 
r.iuster,  dessen  Kennzeichen  ist,  die  Probleme  der  Betrcffenen  spezi- 
fisch  zu  personal isieren;  d.h.  durch  Bezug  auf  "wissenschaftl iches 
Wissen"  und  erlernbare,  'wissenschaftlich"  begru'ndete  Methoden  ein 
besonderes  von  "normalen"  Beziehungen  unterschiedenes  Verhaltnis  zum 
"Klienten"  zu  haben,  zu  dessen  "Behandlung"  eben  dieses  Wissen  Vor- 
aussetzung  ist.  Dm  dieses  Wissen  zu  erwerben,  sind  in  der  Hierarchie 
des  Ausbildungswesens  die  Fachhochschulen  und  Universitaten  nbtig, 
damit  sowohl  das  notige  "sozial-technische"  Wissen  als  auch  die  damit 
verbundene  allgemein  anerkannte  Legitimation  (durch  Wissenschaft) 
vermittelt  werden  kann. 

Dieses"klinische"  Legitimationsmuster  bedeutet  insgesamt  eine 
Effektivierung  der  Arbeit  der  Sozialarbeiter.  Pamit  gerat  es  aber  in 
Konflikt  mit  einer  anderen  Funktion  burokratischer  Organisation:  der 
Kontrolle.  Wissenschaftlich  sich  verstehendes  Wissen  und  Handel n 
kann  nicht  durch  ein  hierarchisches  Befehl-Gehorsam- System  kontrol- 
liert  werden  und  ist  nicht  mit  Verwal tungsvorschriften  kontrol lier- 
bar.  Im  Gegenteil:  Es  ist  in  seinem  idealtypischen  Selbstverstandnis 
auf  horizontale  und  gleichberechtigte  Kommunikation  und  Kooperation 
angewiesen.  Die  Lbsungstendenzen  dieses  Konflikts  lassen  sich  auf 
zwei  Ebenen  verfolgen: 
Zum  einen  auf  der  innerorganisatorischen  Ebene,  indem  nach  verschie- 


44  - 


denen  Modellen  Teamarbeit  eingefiihrt  wird,  und/oder  die  Trennung  von 
Innen-  und  AuBendienst  aufgehoben  wird.  Qahirter  steht  u.a.  das  Ziel , 
eine  neue,  vom  Team  selbst  getragene  Kontrol lstruktur  zu  finden,  die 
die  "alte"  der  Hierarchie  ersetzt. 

Zum  anderen  besteht  die  Tendenz,  die  Kontrol lfunktion  weitgehend 
auszulagern,  d.h.  Berufsverbande  zu  grunden,  die  liber  das  Berufsethos 
wachen  und  auch  Diszipl inargewalt  haben  (Vorbild:  firzte-  und  Anwalts- 
kammern).  Das  Equivalent  zu  dieser  Auslagerung  ist  die  Verinnerli- 
chung  dieses  Ethos  durch  den  einzelnen  Sozialarbeiter:  statt  Kontrol- 
le von  oben  also  Kontrolle  von  innen  (was  als  "intrinsische  Motiva- 
tion" generell  als  besser,  d.h.  als  stabiler  angesehen  wird). 

Dieser  allgemein  als  Professional isierung  beschriebene  Vorgang  hat 
seine  Ursachen  also  nicht  in  einem  Legitimationsbedurfnis  von  ten- 
denziell  "uberflussig"  werdenden  Sozialarbeitern,  wie  PETERS  (1968) 
glauben  machen  will,  ist  auch  nicht  Ausdruck  eines  immanenten  Ver- 
wissenschaftlichungsdranges  der  "Industriegesellschaft"  (4),  sondern 
Reaktion  auf  Systemprobleme  der  kapitalistischen  Produktionsweise 
(und  damit  der  Staatsapparaturen)  (5). 

Allgemein  bezeichnet  Professional isierung  also  einen  ProzeB,  in  dem 
die  notwendige  Steigerung  der  Arbeitseffektivitat  mit  der  Form  tra- 
ditioneller  Kontrolle  in  Konflikt  gerat  und  durch  Auslagerung  von 
Kontrollfunktionen  (mehr  horizontale  Kooperation/Verwissenschaftli- 
chung/Berufsverbande)  und  durch  Verinnerl ichung  von  spezifischem 
Handlungswissen  neue  Formen  der  Kontrolle  geschaffen  werden. 
Dieser  ProzeB  bewirkt  zweierlei: 

Zum  einen  werden  historisch  "gewachsene"  Organisationsformen  auf  eine 
neue  Stufe  der  Vergesellschaftung  gehoben;  ein  ProzeB,  der  seine  Ana- 
logie  im  Bereich  der  produktiven  Lohnarbeit  findet:  Entwicklung 
vom  Handwerksbetrieb  zum  Industriebetrieb.  Wie  dort  mit  der  Erwei- 
terung der  produktiven  Lohnarbeit  Positionen  mit  bestimmten  Leitungs- 
funktionen  entstanden  sind  (z.B.  Ingenieure,  fiir  die  ahnliche  Pro- 
fessionalitatsprobleme  existieren)  -  sind  hier  aus  "Sozialhandwer- 
kern"  (mit  relativ  unspezif ischem,  d.h.  hier:  umfassend  personal isie- 
rendem  Wissen)  "Sozial ingenieure"  geworden  (mit  spezifisch-personali- 
sierendem  Wissen,  d.h.  klinisch-wisschenaftl ichem  Wissen).  Dieser 
ProzeB  der  fortschreitenden  Vergesellschaftung  auch  von  formell  unter 
das  Kapital  subsumierten  Bereichen  enthalt  eine  Reihe  von  progressi- 
ven  Elementen: 

-  mehr  horizontale  Kooperation  und  damit  Abbau  hierarchischer  Struk- 

turen; 

-  Verwissenschaftl ichung  des  Handlungswissens,  bessere  Ausbildung, 
Tendenzen  der  Egalisierung   im  Ausbildungsbereich  selbst; 

-  st'a'rkere  gesel  lschaftl  iche  Planung. 

Zum  anderen  aber  steht  diesem  Aspekt  der  Vergesellschaftung  der  der 
institutionaliserten  Gewalt  zum  Erhalt  der  Akkumulationsbedingungen 

qen'u'ber,  dn>   der  Form  nach  bewirken  dieselben  Elemente  das  gleiche 
wie  die  weniger  vergesellschaftete  Arbeit,  nur  auf  einer  anderen, 

hb'heren  Ebene: 

neue  Formen  von  Kooperation  modifizieren  zwar  die  blirokratische 
Organisation,  machen  sie  insgesamt  in  alien  ihren  Funktionen  aber 
auch  effektiver; 
Verwissenschaftlichung,  die  sich  in  den  Grenzen  des  vorwissenschaft- 

-    45    - 


lichen  Handlungswissen  bewegt  (hier:  Psychologisierung,  Patholo- 
gisierung,  individuell  klinisches  Wissen)  und  die  die  Hierarchisie- 
rung  von  Wissen  im  Ausbildungssystem  konsolidiert,  bleibt  "Herr- 
schaftswissen" ,  das  die  Handlungsvollziige  zwar  besser  qualifizie- 
ren  kann,  zugleich  aber  auch  systemimmanent  und  legitimierend 
bleibt  -  zumal  wenn  die  damit  verbundene  Ideologie  einer  "beson- 
deren  Profession"  das  Entstehen  eines  "Lohnarbeiter-BewuBtseins" 
verhindert  und  Gewerkschaftspol itik  als  Standespol itik  verstanden 
wi  rd ; 
-  die  damit  verbundenenFormen  gesellschaftlicher  Planung  finden  nicht 
nur  ihre  Grenzen  im  partikularen  Interesse  des  Kapitals,  sondern 
dienen  diesem  in  Form  von  Interventionen  und  Planungen  des  kapita- 
listischen  Staatsapparates.  (Es  ware  interessant  -  aber  hier  nicht 
mbglich  -  die"  entsprechenden  Probleme  der  Professional isierung  in 
anderen  Bereichen  vermittelnder  Lohnarbeit  zu  untersuchen;  z.B. 
Lehrer,  Psychologen,  Soziologen,  aber  auch  solche  der  "alten" 
Professionen:  der  Arzte  und  Anwalte). 

Diesem  "klinischen"  Legitimationsmuster  entspricht  subjektiv  eine 
darauf  basierende  klinische  Orientierung,  die  allem  Eindruck  nach 
die  unter  Sozialarben tern  am  weitesten  verbreitete  ist.  Welche  Pro- 
bleme entstehen  aber  bei  liber  dieses  BewuBtsein  hinausgehenden,  spe- 
zifisch  politischen  Orientierungen,  die  man  -  von  der  bekannten  Zer- 
splitterung  mal  abgesehen  -  unter  dem  Begriff  der  sozial istischen 
Orientierung  zusammenfassen  kann.  Auch  diesen  Sozialarbeitern  stehen 
ja  nur  die  gleichen  MaBnahmen  und  Mittel  innerhalb  der  gleichen  Or- 
ganisation zur  Verfugung. 

Allgemein  trifft  ftir  die  sozialistische  Orientierung  wohl  folgendes 
zu: 

Bezogen  auf  die  Ursachen  der  Probleme  der  Gruppen,  mit  denen  man 
zusammenarbeitet,  werden  die  Verhaltenserwartungen,  die  durch  die 
Mittel,  MaBnahmen  und  die  Organisation  der  Apparatur,  in  der  man 
arbeitet,  als  nicht  zutreffend  oder  nicht  ausreichend  erfahren. 
(Z.B.  Jugendzentrum  fur  die  Probleme  der  Arbeiterjugend) 
Bezogen  auf  die  einzelnen  Erscheinungen  dieser  Probleme  werden  die 
Mittel,  MaBnahmen  usw.  als  Unterstutzung  der  individuellen  Reproduk- 
tionsschwierigkeiten  der  Betroffenen  interpretiert,  aber  auch  als 
Kontrolle  der  Betroffenen  bzw.  -  bei  MaBnahmen  mit  repressivem  Ein- 
griffscharakter  -  als  Eingriff  in  die  Identitat  der  Betroffenen. 
(Z.B.  Jugendfu'rsorge) 

Besonders  in  diesen  Fallen  zeigt  sich  die  Konfl ikthaftigkeit  der 
sozial istischen  Orientierung. 

Kann  die  klinische  Orientierung  durch  ihren  Bezug  auf  wissenschaft- 
liches,  also  "hbheres"  Wissen  z.B.  "Verwahrlosung"  als  "innere  Ver- 
wahrlosung"  definieren  und  den  damit  als  "gestort"  erklarten  Betrof- 
fenen mit  MaBnahmen  belegen,  die  dieser  evtl .  gar  nicht  einsehen 
kann  (weil  er  gestort  ist)  und  somit  die  MaBnahme  letztlich  als  Hil- 
fe  definieren, 

so  bleibt  der  sozial istischen  Orientierung  "nur"  die  Einsicht,  daB 
dieser  Eingriff  im  Verhaltnis  zu  den  Orsachen  unangemessen  ist  und 
das  Gefiihl,  zu  etwas  gezwungen  zu  sein,  das  man  letztlich  nicht  recht- 
fertigen  kann.  Entsprechende  Rational isierungsmuster  fehlen  also. 


In  diesen  Fallen  ist  die  Auspragung  des  Konfl ikts  am  scharfsten.  Er 
bleibt  aber  auch  in  alien  anderen  denkbaren  Situationen  objektiv  ge- 
geben  -  wenn  auch  mit  z.T.  starker  graduellen  Abstufungen.  Ist  somit 
bei  der  "klinischen"  Orientierung  eine  grundsatzl iche  Konsistenz  des 
eigenen  Handel ns  mit  den  Erwartungen  an  sich  selbst  gegeben,  so  be- 
steht  fur  die  sozialistische  Orientierung  eine  grundsatzl iche  Diskre- 
panz,  d.h.  das  eigene  Handeln  entspricht  eben  nicht  den  Erwartungen 
an  sich  selbst:  es  wird  als  nicht  ausreichend  oder  als  die  eigent- 
lichen  Probleme  gar  nicht  treffend  interpretiert. 
Somit  liegt  in  dieser  Diskrepanz  ein  flir  die  eigene  Identitat  be- 
drohlicher  Konfl ikt. 

FLir  die  Bewaltigung  dieses  Konflikts  spielt  es  weniger  eine  Rolle, 
von  wo  z.B.  ein  Zwang  ausgelibt  wird,  etwas  zu  tun,  was  in  bezug 
auf  die  Ursachen  falsch  ist:  ob  er  eher  aus  der  aktuellen  Situation 
der  Betroffenen  resultiert  oder  aus  der  Apparatur  kommt.  Uichtiger 
ist  vielmehr,  daB  die  eigene  Motivation  "gespalten"  ist:  zum  einen  be- 
zieht  sie  sich  auf  gesellschaftl iche  Bedingungen  und  Ursachen  bzw. 
auf  politische  Organisationen,  die  an  der  grundlegenden  Knderung 
dieser  Bedingung  interessiert  sind  (sein  soil  ten):  z.Zt.  vor  allem 
auf  die  Gewerkschaften;  zum  anderen  bezieht  sie  sich  auf  das  Elend 
der  Betroffenen,  denen  gegenuber  man  sich  solidarisch  verhalten  mbch- 
te.  Da  man  -  zum  dritten  -  aber  auch  sich  individuell  reproduzieren 
muS,  miissen  die  beruflichen  Zwange  (Gesetze,  Vorschriften,  Organisa- 
tionsform)  soweit  "in  Kauf"  genommen  werden,  soweit  man  sie  nicht 
als  sol idarische  Unterstutzung  interpretieren  kann  (Jugendarbeit, 
individuelle  Hilfen,  KTH-Platze). 


es  die  wesentl i- 

,  auf  die  Dauer 

st,  wird  deutlich 

haben,  eine  Chan- 

sich  darauf  zu- 

u  erleichtern  und 

rtra'gl  ich  zu  ma- 
bewuBt  in  den 
und  Berufsmoti- 


wird,  daB  unter 
fhebbaren)  Sach- 
ittlers  von  mate- 


Da  damit  dieser  Zwang  ein  "all tagl icher"  wird,  ist 
che  Schwierigkeit  der  sozial istischen  Orientierung 
diesen  Konfl  ikt  durchzuhalten.  Wie  schwierig  das  i 
bei  den  "resignierten  Sozialisten" ,  die  aufgegeben 
ce  der  gesellschaftl ichen  Veranderung  zu  sehen  und 
riickziehen,  dem  einzelnen  Betroffenen  seine  Lage  z 
Eingriffe  nur  im  auBersten  Fall  vorzunehmen. 
Eine  weitere  Mbglichkeit,  diesen  Zwang  subjektiv  e 
chen,  ist,  die  genannte  "Spaltung"  der  Motivation 
Vordergrund  zu  stellen,  d.h.  politische  Motivation 
vation  zu  trennen,  wobei  letztere  so  interpretiert 
Ten  gegebenen  (zwar  hinterfragbaren,  aber  nicht  au 
zwangen,  fur  sich  selbst  nur  die  Position  des  Verm 
riellen  und  organisatorischen  Hilfen  gesehen  wird. 

Die  Alternative  zu  Resignation  und  Ruckzug  ist,  diesen  Konflikt 
kollektiv  zunachst  zu  ertragen  und  damit  zumindest  subjektiv  ertrag- 
Tich  zu  machen,  indem  sowohl  in  der  Apparatur  versucht  wird,  kollek- 
tTv^zu  arbeiten  als  auch  auBerhalb  in  Organisationen,  die  den  eige- 
nen Standpunkt  teilen:  insgesamt  also  durch  Solidaritat  unter  den 
Sozialarbeitern  und  mit  anderen  Lohnarbeitern. 

Diese  kurzen  AusfLihrungen  mbgen  genugen,  urn  die  beiden  Hauptaspekte 

cn7ialistischer  Orientierung  zu  verallgemeinern: 

^"K'ollektivitatsorientierung  -  aber  nicht  an  kollektiven  "Normen" 
Xwie  "Hilfe"),  sondern  an  der  kollektiven  sozial en  Lage  der  Be- 
troffenen; . 

_  antiadministrative  Orientierung  -  aber  mcht  (nur),  urn  den  eigenen 


46 


47  - 


Status  zu  verbessern,  sondern  ihn  so  zu  verandern,  daB  man  nicht 
objektiv  eine  Funktion  ausiibt,  die  unabhangig  von  der  subjektiven 
Einstel lung  selektierend,  kontroll ierend  und  diskriminierend  wirkt; 
d.h.  man  versucht,  Arbei tsorganisationen  zu  entwickeln,  die  die 
genannten  Konflikte  zunachst  ertraglich,  auf  Dauer  aber  verander- 
bar  machen. 
DaB  diese  Orientierung  konf likttrachtig  fur  die  Identitat  des  einzel- 
nen  ist,  daflir  wurden  oben  schon  einige  Beispiele  gegeben.  Der  Ver- 
such,  politische  und  berufliche  Motivation  nicht  zu  trennen,  kann 
aber  auch  andere  Folgen  haben:  Die  Disziplinierungsversuche  durch 
Berufsverbote  (bzw.  der  Drohung  damit)  sind  Beispiele  dafu'r. 

Wir  hatten  schon  festgestel It,  daB  in  der  Sozialarbeit  die  klinische 
Orientierung  den  drei  genannten  Funktionen  vermittelnder  Lohnarbeit 
"am  besten"  entspricht.  Wie  steht  es  damit  bei  der  "sozial istischen 
Orientierung"?  Auch  sie  genu'gt  objektiv  zwei  dieser  Funktionen,  nam- 
lich  der  der  '  nichtfamil iaren  Sozial isation'  und  der  des  'Systemer- 
halts';  der  'Funktion  der  Legitimation'  aber  widerspricht  die  sozia- 
listische  Orientierung  -  intentional  ihrem  Selbstverstandnis  nach  - 
faktisch,  wenn  solidarisch  orientierte  Sozialarbeiter  versuchen, 
delegitimierend  zu  wirken  z.B.  in  Aktionen  oder  neuen  Formen  der 
Kooperation  mit  den  Betroffenen.  DaB  in  diesem  Zi el  der  Delegltima- 
tion  zugleich  die  politische  Brisanz  und  die  politischen  Konflikte 
stecken,  zeigen  die  Reaktionen  der  Apparaturen  mit  Berufsverbot  bzw. 
der  Drohung  damit,  aber  auch  z.B.  der  Entwurf  eines  neuen  Jugendhil- 
ferechts.  Dieses  ist  ausschlieBlich  dem  "klim'schen"  Legitimations- 
muster  verpflichtet,  und  mit  ihm  bemu'ht  man  sich  u.a.,  die  daraus 
potentiell  erwachsenden  Legitimationsprobleme  zu  meistern,  indem 
jegliche  antikapitalistische  Orientierung  von  Sozialarbeit  entweder 
als  nicht  mit  der  "freiheitl ich-demokratischen  Grundordnung"  verein- 
bar  oder  aber  als  "nicht-anerkannte"  Methode  unterbunden  werden  soil. (6) 

Wie  weit  die  sozial istische  Orientierung  sich  unter  diesen  Bedingun- 
gen  entwickeln  kann,  hangt  wesentlich  von  der  Starke  der  eigenen 
politischen  Organisation,  vor  allem  in  den  Gewerkschaften,  ab: 
"Die  Forderung  nach  Veranderung  der  institutionellen  Stellung  der 
Sozialarbeiter  ist  eine  politische  Forderung,   die  nicht  individuell 
durch  Petitionen,    sondern  nur  gemeinsam  mit  einer  Vielzahl  von  Kol- 
legen  durchgesetzt  werden  kann,    ebenso  wie  eine  Reihe  anderer  Forde- 
rungen, die  Bezahlung,  Arbeitsbedingungen  und  Ausbildung  betreffen. 
Als  Organisationen,    in  denen  und  mit  denen  solche  Forderungen  durch- 
gesetzt werden  konnen,   bieten  sich  zunachst  die  Gewerkschaften  an. 
Dies  wird  nicht  alien  einleuchten,    da  die  Gewerkschaften  nach  dem 
Kriege  fast  nur  Tarifpolitik  im  engeren  Sinne  betrieben  und  sich 
wenig  urn  inhaltliche  Forderungen  gekiimmert  haben  und  da  weiterhin  die 
Sozialarbeiter  in  mehreren  Gewerkschaften  bisher  nur  kleine,   relativ 
einfluRlose  Fachgruppen  bildeten:   in  der  QTV,   der  GEW,    ...    Dennoch 
scheint  es  uns  im  Augenbliak  keine  andere  Organisation  von  Gewicht 
zu  geben.Eine  Chance  gegen  die  Gefahr,   dali  partielle  Reformen  einer- 
seits  Zufriedenheit  und,   daraus  resultierend,    Untatigkeit,    anderer- 
seite  politische  Resignation  erzeugen,    liegt  darin,   den  Kampf  von 
Anfang  an  nicht  nur  gewerkschaftlich  und  innerhalb  der  Verwaltung, 
sondern  auch  in  Zusammenarbeit  mit  nicht  integrierten,   oppositionel- 
len  Kraften  zu  fuhren.  "   (?) 


-    48 


AUTORENKOLLEKTIV.   Techn.    Int.: 
Ml    BECKENBACH,  Niels;  BRACZYK,   Hans-Joachim,   HERKOMMER,   Sebastian 

MALSCH,  Thomas;  SELTZ,  Riidiger;  STOCK,  Heiner, 

Klassenlage  und  BewuBtseinsformen  der  technisch-wissenschaftl i- 

chen  Lohnarbeiter.   Zur  Diskussion  u'ber  die  "Technische   Intel!  i- 

qenz",  Frankfurt/M  1973,  S.   102 
12)   HEYMANN,  Kajo,   Blirokratisierung  der  Klassenverhal tnisse  im  Spa't- 

kapitalismus:  HESCHKAT,   Klaus;  NEGT,  Oskar  (Hrsg),  Gesel lschafts- 

strukturen,  Frankfurt/M  1973,  S.   96 

(3)  OFFE     Claus,   Politische  Herrschaft  und  Klassenstrukturen:    in 
KRESS/  SENGHAAS   (Hrsg.),   Pol itikwissenschaft,   Frankfurt  1969, 
S     155  -   189   (hier:   Sonderdruck) 

(4)  Vgl.    OTTO/  UTERMANN   (Hrsg.),   Sozialarbeit  als  Beruf.   Auf  dem 
Weqe  zur  Professional  isierung?  MLinchen  1971 

,c,   uolFF     Reinhart,  Sozialarbeit  als  Beruf  -  der  Traum  vom  unabha'n- 
cigen'sachverstandigen   (Rezension  von  OTTO /UTERMANN,    1971),    in: 
Erziehunq  und  Klassenkampf ,   Nr.  4/1971,   S  73-77 
fyql     Beilage  zu:   Neue  Praxis,  3,   1974,   S.   7/8,   19/20; 
Informationsdienst  Sozialarbeit,  Nr.   6,   1974  -  Schwerpunktthe- 
men-   Jugendhilferecht  und  Jugendhilfetag) . 

m  AKS  Berlin,  Sozialarbeit  zwischen  Verwaltung  und  Caritas  oder: 
Was  die  Sozialarbeiter  hindert,  die  Interessen  der   'Klienten' 
zu  vertreten:   HOLLSTEIN/MEINHOLD  (Hrsg.),  Sozialarbeit  unter 
kapitalistischen  Produktionsverha'ltnissen,  Frankfurt  1973,  S.226- 

242. 


(6) 


AMBULANTES  GESUNDHEITSZENTRUM 

In  der  Nahe  von  Frankfurt  laufen  zur  Zei t  die  Bauvorberei- 
tungen  fur  ein  ambulantes  Gesundheitszentrum.   In  diesem 
qeplanten  Gesundheitszentrum  wollen  in  ca.   18  Monaten 
mehrere  Krztinnen  und  Arzte  mit  Sozialarbeitern.Psychologen, 
Arzthelferinnen,  Krankengymnastinnen,  MTA's  usw.  auf  einer 
mbglichst  gleichberechtigten  Basis  zusammenarbei ten.   Fest 
mitarbeiten  werden  bisher:   1  allgemeine  Arztin,   1  Frauenarzt, 
1  Internist,   1  Kinderarzt,   1  Sozial padagogin,   1  Sozialarbeiter, 
1  Psychologe,    2  Arzthelferinnen,    1  MTA,   1  Verwaltungsfachmann. 

Urn  die  endgiiltige  Planung  fur  die  erste  und  die  zweite  Bau- 
stufe  dieses  Projekts  mit  mbglichst  alien  zukunftigen  Mitar- 
beitern  ab-  und  die  inhaltliche  Konzeption  durchsprechen  zu 
konnen     versuchen  wir  so  rasch  wie  mbglich  abzuklaren,  welche 
Arzthelferinnen,  firzte  und  Arztinnen  evtl .   noch   Interesse  hatten, 
in  diesem  Gesundheitszentrum  mitzuarbeiten. 
Vom'  Bedarf  her  ist  vor  allem  gedacht  an:    1  Augenarzt,   1  Ortho- 
TJaVli"    1  HNd-Arzt,   1  Kontgenologe,   1  Psychiater  (Neurologe),   1 
weiterer  Allgemeinmediziner,   1  Beschaf tigungstherapeut(in) , 
2-4  Arzthelferinnen. 

Interessenten  bitte  mbglichst  bald  melden  unter  Telefon 
06021/12534  oder  schriftlich  Liber  Sozialistisches  Buro, 
6o5  Offenbach  4,  Postfach  591. 


-  49 


Aktiv  R  16/AKS  D'dorf: 

DER  REFERENTENENTWURF  - 
JUGENDHILFEGESETZ  VON  BOROKRATEN 


Vorbemerkung: 

Der  Leistungsteil  des  Entwurfs  entha'lt  keine  entscheidenden  Impulse 
fiir  eine  grundsatzliche  Verbesserung  der  Sozial  isations-  und  Eman- 
zipationschancen  der  aufgrund  Skonomischer  Verhaltnisse  benachteil ig- 
ten  und  deswegen  in  besonderem  MaB  auf  Leistungen  der  Jugendhilfe 
angewiesenen  Kinder  und  Jugendl ichen. 

Statt  deren  Probleme  und  Interessen  offensiv  aufzugreifen,  reagiert 
die  Jugendhilfe  -  nach  dem  Entwurf,  der  hierin  die  herrschende 
Praxis  widerspiegelt  -  in  der  Regel  erst,  wenn  sie  "sozial  auffallig" 
werden,  also  Probleme  flir  die  gesellschaftl  iche  Ordnung  entstehen. 
Die  "Erziehungshilfen"  und  "SchutzmaBnahmen",  die  dann  "geboten"  sind, 
haben  primar  eingreifenden  und  reglementierenden  und  nicht  positiv 
unterstiitzenden  und  fb'rdernden  Charakter.  Aufs  Ganze  gesehen  bedeu- 
ten  sie  fur  die  Betroffenen  zusatzliche  gesel lschaftliche  Diskrimi- 
nierung  und  Einschrankung  ihrer  Entfaltungschancen,  was  ihre  diszi- 
plinierende  Funktion  noch  besonders  unterstreicht. 


Symptomatisch  flir  dieses 
Ausbau  der  mit  Eingriffen 
men  ("besondere  Erziehung 
lichen  Kontrollmbglichkei 
ner  Jugendhilfe  ("Schutz 
einen  -  und  die  Festschre 
Jugendbi ldung  sowie  der  a 
("al Igemeine  Forderung  ju 


jugendpolitische  Konzept  ist  der  weitere 

verbundenen  jugendfiirsorgerischen  MaBnah- 
ishilfen")  sowie  die  Ausweitung  der  behb'rd- 
ten  Uber  auBerinstitutionelle  Formen  offe- 
von  Kindern  und  Jugendl ichen")  auf  der 
ibung  der  Randstellung  der  auBerschul ischen 
llgemeinen  Jugendfbrderung  liberhaupt 
nger  Menschen")  auf  der  anderen  Seite. 


Teil  I:  Gestal tungsgrundsatze  der  Jugendhilfe  siehe  Info  Sozialarbeit 
Heft  7. 


II.  Teil:  Leistungen  der  Jugendhilfe 


1.  ANGEBQTE  DER  "ALLGEMEINEN  JUGENDFDRDERUNG" 

Die  Randstellung  der  "allgemeinen  Jugendfbrderung"  kommt  augenfallig 
im  Fehlen  qual  if  izierter  Rechtsanspriiche  und  Gewahrleistungsverpfl ich- 
tungen  zum  Ausdruck.  Sie  druckt  sich  auch  darin  aus,  da(5  sie  auf  die 
auBerschul ische  Jugendbildung  eingeengt  wird,  und  ihre  Angebote  sich 
fast  ausschlieBlich  auf  die  Freizeitsituation  beziehen  -  unter  Aus- 
blendung  der  Wohn-  und  Arbeitsprobleme. 

Diese  inhaltliche  Eingrenzung  ist  u.a.  auch  dafiir  verantwortl  ich, 
daB  neue  auf  der  Basis  der  Selbstorganisation  der  Betroffenen  ent- 
wickelte  Formen  offener  Jugendhilfe  wie  informelle  Konfl iktberatungs- 
stellen  oder  selbstverwaltete  Wohnkollektive  nicht  als  Angebote  der 
allgemeinen  Jugendfbrderung  erscheinen,  sondern  -  entsprechend  um- 
funktioniert  -  dem  reglementierenden  jugendfiirsorgerischen  Bereich 
eingegliedert  wurden. 

Im  librigen  scheint  sich  die  integrative  Zielbestimmung  der  Jugend- 
flirsorge  zumindest  teilweise  auch  auf  die  Angebote  der  allgemeinen 
Forderung  ubertragen  zu  haben.  §  28  stellt  als  Ziele  der  auBerschu- 
1  ischen  Jugendbildung  ausdrlickl  ich  die  Anleitung  zur  "Achtung  der 
Rechte  anderer"  und  zur  "Erfiillung  der  Pflichten  gegeniiber  Staat  und 
Gesellschaft"  heraus.  Auch  der  Wegfall  der  vorrangigen  Forderung 
selbstorganisierter  Initiativen  (gegeniiber  dem  Diskussionsentwurf ) 
ist  ein  Indiz. 

An  konkreten  Angeboten  im  Rahmen  der  allgemeinen  Forderung  bzw.  der 
auBerschul ischen  Jugendbildung  nennt  der  Entwurf  u.a.  die  "politi- 
sche  Bildung",  die  "Forderung  des  sozialen  Engagements",  die  "Vor- 
bereitung  auf  Ehe  und  Familie",  die  "Angebote  flir  sozial  Benachtei- 
ligte". 

-  "politische  Bildung"  (§  30): 

Die  Problematik  der  politischen  Bildungsangebote  aufgrund  ihrer  An- 
bindung  an  die  Interessenlage  der  in  Staat  und  Gesellschaft  Herrschen- 
den  wurde  bereits  erbrtert. 

-  "Forderung  des  sozialen  Engagements"  (§  34): 

Eine  Konsequenz  des  im  Entwurf  skizzierten  Verstandnisses  politischer 
Bildung  ist  nicht  zuletzt  eine  tendenzielle  Entpol itisierung  aller 
sonstigen  Lern-  und  Handlungsfelder  der  auBerschul ischen  Jugendbi 1- 

Das  wird  besonders  deutlich  an  der  inhaltl ichen  Bestimmung  der  Ange- 
bote zur  "Fbrderung  des  sozialen  Engagements".  Bei  ihnen  geht  es 
darum,  "individuelle"  (d.h.  von  ihrem  gesamtgesel lschaftl ichen  Bezug 
abgeschnittene)  soziale  Notlagen  bewuBt  zu  machen  und  Erfahrungen  zu 
vermitteln,  die  das  "VerantwortungsbewuBtsein  fiir  das  Gemeinwohl" 
starken.  Offenbar  soil  nicht  ins  BewuBtsein  treten,  daB  bei spiel s- 
weise  die  Obdachlosigkeit  einer  kinderreichen  Arbeiterfamil ie  keine 
"individuelle"  soziale  Notlage  darstellt,  sondern  Ausdruck  bestehen- 
der  Klassenverhaltnisse  ist,  und  die  Lbsung  letztlich  nicht  in  kari- 
tativen  Hilfen  zu  sehen  ist,  sondern  im  politischen  Kampf  gegen  eine 
"Ordnung",  die  laufend  Obdachlosigkeit  produziert.  Eine  solche  Er- 


50  - 


51 


kenntnis  ware  wohl  auch  wenig  geeignet,  das  "VerantwortungsbewuBt- 
sein  gegenliber  dem  Gemeinwohl"  (im  Sinne  des  Entwurfs)  zu  starken. 

-  "Vorberei tung  auf  Ehe  und  Familie"  (§  29): 

Eine  bestimmte  Ideologiebildung  wird  offensichtlich  auch  mit  den 
Angeboten  zur  "Vorbereitung  auf  Ehe  und  Familie"  bezweckt.  Sie  die- 
nen  der  ideologischen  Vermittlung  des  familialen  Ordnungsschemas 
(bzw.  der  entsprechenden  "Orientierungshilfen,  Wertvorstellungen  und 
Verhaltensweisen")  in  Form  von  Gruppengesprachen  und  Arbeitskreisen 

-  und  m'cht,  was  wiinschenswert  ware,  der  Sicherung  der  materiellen, 
insbesondere  wohnungsma'Bigen  Voraussetzungen  fiir  junge  Leute,  die 
eine  kollektive  Existenz  auBerhalb  ihrer  angestammten  Familie  auf- 
bauen  wollen. 

-  "Angebote  fiir  sozial  Benachteil  igte"  (§  36): 

Die  "Angebote  fiir  sozial  Benachteiligte"  (fruher  hieB  es  noch:  "Aus- 
gleich  sozialer  Benachteil igung" )  geben  einen  schwachen  Hinweis  auf 
das,  was  die  Jugendhilfe  und  speziell  die  "allgemeine  Fb'rderung" 
zu  leisten  hatte. 

Wer  aber  unter  diesem  Titel  zunachst  gesicherte  Rechtsansprliche  fiir 
die  Gruppe  der  soziobkonomisch  Benachteiligten  -  etwa  auf  anonyme 
Konfliktberatung,  konkrete  Unterstutzungsangebote  bei  der  Organisie- 
rung  von  Wohnkol  lektiven  -  erwartet  hatte,  sieht  sich  getauscht. 
Es  wird  an  die  Trager  der  bffentlichen  Jugendhilfe  appelliert, 
"darauf  hinzuwirken" ,  daB  fur  stigmatisierte  jugendliche  Randgruppen 
(wie  z.B.  "berufsunreife  junge  Menschen")  erforderl ichenfalls  Son- 
dereinrichtungen  (wie  z.B.  Wohnheime)  bereitgestell t  werden.  Mehr 
nicht.  In  der  ursprUngl ichen  Fassung  des  Referentenentwurf  gab's 

-  aus  AnlaB  schulischer  oder  beruflicher  Qual ifizierung  noch  einen 
Anspruch  auf  einen  Wohnheimplatz.  Er  wurde  gestrichen  wegen  der 
500  Mill.  DM,  die  das  Wohnheimprogramm  gekostet  hatte! 


2.  "ERZIEHUNGSHILFEN" 

Bei  den  "Erziehungshilfen"  unterscheidet  der  Entwurf  "allgemeine" 
und  "besondere". 

a)  "ALLGEMEINE  ERZIEHUNGSHILFEN" 


Die  "allgemeinen  Erziehungshilfen"  umfassen  uberwiegend  Angebote  fiir 
Kinder  (Kindergarten:  §  45;  Kinderhort:  §  46),  die  sinnvoller  dem 
Bereich  der  "allgemeinen  Fbrderung  junger  Menschen"  zuzuordnen  warer 
Ihr  allgemeiner  Fbrderungs-  und  Bildungscharakter  ware  dann  besser 
herausgestell t  und  der  Gefahr  begegnet  worden,  sie  ausschl ieBlich 
dls  Einrichtungen  "zur  Unterstiitzung  und  Erganzung  der  in  der  Fami- 
lie begonnenen  Erziehung"  (§  2;3)  zu  sehen. 

Bei  der  Durchsicht  der  Angebote  fa'llt  auf,  daB  schulpfl  ichtige  Kin- 
der nicht  einmal  dann  einen  Anspruch  auf  einen  Platz  in  einem  Kin- 
derhort haben,  "wenn  infolge  des  Ausfalls  der  Eziehungsleistung  der 
El  tern  eine  erhebliche  Gefa'hrdung  oder  Stbrung  der  Entwicklung  des 
Kindes  droht"  (§  46),  und  daB  von  den  Eltern  verlangt  werden  kann, 
"ihr  Einkomraen  in  voller  Hbhe  (!)  einzusetzen,  wenn  sie  ihr  Kind 
in  einen  Kinderhort  geben  (§  140;1).  Sollten  die  Autoren  des  Ent- 

-  52  - 


wurfs  von  der  beruflichen  Emanzipation  auch  der  Arbeiterfrauen  und 
der  zunehmenden  Entwicklung  proletarischer  Schulerladen  eine  Auflocke- 
rung  der  repressiven  Unterschichtensozial isation  befurchten? 

b)  "BESONDERE  ERZIEHUNGSHILFEN" 

Dem  grundsatzl ichen  Verzicht  auf  eine  offensive  Vertretung  der  In- 
teressen  der  unterprivilegierten  Kinder  und  Jugendl ichen  entspricht 
der  verstarkte  Ausbau  der  reglementierenden  "besonderen  Erziehungs- 
hilfen" fiir  die  Gruppe  der  "entwicklungsgefahrdeten  und  -gestbrten" 
Kinder  und  Jugendl ichen.  Ihr  eingreifender  Charakter  wie  vor  alien 
auch  ihre  ausschl ieBl iche  Zuordnung  zu  dieser  Zielgruppe  beglinstigen 
die  Stigmatisierung  und  soziale  Isolierung  derer,  denen  "geholfen" 
werden  soil . 

Die  Zerstbrung  der  sozialen  Identitat  der  proletarischen  Kinder  und 
Jugendlichen,  die  ja  in  erster  Linie  betroffen  sind,  wird  nicht 
zuletzt  auch  liber  individual  isierende  und  gruppendynamische  Konzepte 
betrieben,  die  deren  spezifische  Sozial  isationserfahrungen  ausbl en- 
den  und  auch  eine  aktive  Beteil igung  ihrer  Bezugsgruppen  in  Stadt- 
teil,  Schule  und  Betrieb  am  "Hilfe"-prozeB  nicht  vorsehen. 


Die  "besonderen  Erziehungshilfen"  unters 
betroffenen  Kinder  und  Jugendlichen  auch 
sie  diese  in  ihren  Konflikten  mit  Eltern 
sten  und  ihnen  emanzipatorische  Alternat 
Familienerziehung  erbffnen.  Sie  zielen  v 
die  Institution  "Familie"  (als  Agentur  z 
licher  Normen  und  Zuteilung  sozialer  Rol 
ob  eine  Familie  im  konkreten  Fall  aufgru 
nisse  iiberhaupt  in  der  Lage  ist,  angemes 
bieten,  interessiert  dabei  nicht. 


tiitzen  die  Sozial  isation  der 
nicht  in  der  Weise,  daB 
,  Lehrern,  Lehrherrn  entla- 
iven  zu  einer  repressiven 
ielmehr  eindeutig  darauf  ab, 
ur  Vermittlung  gesel 1 schaft- 
len)  abzustlitzen.  Die  Frage, 
nd  miserabler  Wohnverhal t- 
sene  Entfaltungschancen  zu 


Ein  wesentliches  Struktunnerkmal  der  "besonderen  Erziehungshilfen" 
ist,  da3  sie  in  einem  relativ  geschlossenen  Systemzusammenhang  ste- 
hen  und  einander  im  Sinn  zunehmender  Verscharfung  zugeordnet  sind. 
Wenn  "Hilfen"  mit  geringem  Sanktionscharakter  "nicht  ausreichen", 
sind  starker  in  die  Rechte  der  Betroffenen  eingreifende  ("wirksamere" ! ) 
"geboten".  Dadurch  verlieren  beispielsweise  die  "fachliche  Beratung" 
(§  52)  und  die  "Wohngemeinschaft"  ihr  emanzipatorisches  Potential. 

Das  Disziplinierungssystem  der  "besonderen  Erziehungshilfen"  kann 
allerdings  nur  funktionieren,  wenn  die  Betroffenen  kein  eigenstan- 
diges  Wahlrecht  (z.B.  hinsichtlich  der  Alternative  Wohngemein- 
schaft oder  Erziehungsheim)  haben.  In  ihrer  Stellungnahme  zum  3.  Ju- 
gendbericht  hatte  die  Bundesregierung  noch  ein  entsprechendes  Wahl- 
recht der  Betroffenen  "zur  Gewahrlei stung  ihrer  Entfal tungsfreiheit" 
in  Aussicht  gestellt.  Das  war  sehr  voreilig;  im  vorliegenden  Ent- 
wurf ist  davon  nicht  mehr  die  Rede. 

Eine  Mbglichkeit,  den  Betroffenen  die  sie  betreffenden  Entschei- 
dungen  weitgehend  abzunehmen  und  sie  als  Objekte  administrativer 
MaBnahmen  zu  qualifizieren  ("Die  behandeln  uns,  aber  wir  kbnnen  die 
nicht  behandeln!"),  bietet  sich  an  in  Form  eines  ausgeklungel ten 
sozialtechnokratischen  Diagnose-  und  Zuweisungsverfahrens. 


53  - 


Auffallige  Kinder  und  Jugendliche  werden,  urn  sie  in  den  "Griff"  zu 
bekommen,  zunachst  als  Individuen  identifiziert  und  nach  §  51  einer 
"psychosozialen  Diagnose"  evt.  auch  einer  besonderen  "Begutachtung" 
jnterworfen.  Diese  entscheidet  iiber  die  Zuordnung  des  Betroffenen 
zur  Gruppe  der  "Entwicklungsgefahrdeten  und  -gestbrten"  und  trifft 
Festlegungen  hinsichtl ich  der  "gebotenen  Hilfen". 

Besonders  bezeichnend  fiir  die  "padagogische"  Konzeption  des  Entwurfs 
i st,  daB  der  Betroffene  zwar  bei  der  Aufstellung  des  Erziehungsplans 
beteiligt  werden  soil,  daS  aber  seine  Mitwirkungsbereitschaft  nicht 
als  eine  Voraussetzung  fiir  die  "Gewahrung"  "erzieherischer  Hilfen" 
angesehen  wird.  "1st  ein  Jugendlicher  nicht  gewillt  oder  nicht  in 
der  Lage,  das  Angebot  einer  nach  den  §§  57  bis  63  angezeigten  und 
nach  dem  Gesamtplan  gema'B  §  51  erforderlichen  Erziehungshilfe  anzu- 
nehmen  und  an  ihrer  Ausfiihrung  raitzuwirken",  kann  dem  mit  einer 
vormundschaftsgerichtlichen  Anordnung  abgeholfen  werden  (§  65; 1 ) - 
Der  Entwurf  geht  dabei  von  der  Oberlegung  aus,  daB  die  Kinder  und 
Jugendlichen  einen  "Rechtsanspruch"  auf  "Leistungen"  wie  Erziehungs- 
kurs  und  Heimerziehung  haben  und  die  bffentliche  Jugendhilfe  die  Ein- 
lbsung  dieses  "Rechtsanspruchs"  zu  gewahrleisten  hat. 

ba)  Flankierende  "Hilfen" 

Die  flankierenden,  die  Erziehung  in  der  eigenen  Farnilie  unterstiitzen- 
den  "Hilfen"  sollen  die  "Erziehungsarbeit"  der  Eltern  effektivieren 
und  bedeuten  eine  verstarkte  administrative  Kontrolle  der  betroffe- 
nen Kinder  und  Jugendlichen.  Sie  sind  also  nicht  zu  verstehen  als 
informelle,  den  Betroffenen  entlastende  Angebote. 

-  "Fachliche  Beratung  und  Behandlung"  (§  52): 

"Fachliche  Beratung"  (bezeichnenderweise  in  einen)  genannt  mit 
"therapeutischer  Behandlung)  setzt  an  bei  "Verhaltensauffall igkeiten, 
Entwicklungsstbrungen  oder  Erziehungsschwierigkeiten"  junger  Men- 
schen,  bezieht  sich  im  Grund  also  auf  Probleme  der  Eltern  und  sonsti- 
ger  Erziehungsinstanzen.  Sie  wendet  sich  zwar  unmittelbar  auch  an 
Kinder  und  Jugendliche,  ohne  aber  fiir  diese  solidarische  Beratungs- 
und  Unterstutzungsangebote  zu  entwickeln. 

-  "Offene  und  halboffene  Hilfen"  (§  53): 
Auf  der  gleichen  Linie  liegen  die  "offenen  u 
unter  denen  im  wesentlichen  sozialpa'dagogisc 
Einzel-,  Gruppen-  und  Famil ienarbeit  zu  vers 
der  "Verhlitung  oder  Beseitigung  von  Entwickl 
grundsa'tzl  ich  reglementierenden  Charakter.  " 
penarbeit"  hat  also  nichts  zu  tun  mit  einem 
selbstorganisierter  und  stadtteilbezogener  J 
den  Betroffenen  echte  Identif ikations-  und  s 
bieten. 


nd  halboffenen  Hilfen", 
he  oder  therapeutische 
tehen  sind.  Sie  dienen 
ungsstbrungen"  und  haben 
Sozialpadagogische  Grup- 
Anregen  und  Unterstu'tzen 
ugendinitiativen,  die 
ioziale  Lernmbglichkeiten 


-  "Erziehungsbeistand"  (§  54): 

Die  Regelungen  zum  "Erziehungsbeistand"  ("grundsatzlich  eine  haupt- 
amtliche  Fachkraft",  kein  Vorschlagsrecht  des  Betroffenen)  blockie- 
ren  weitgehend  die  Mbglichkeit,  Vertrauensleute  Oder  Bezugsgruppen 
des  Jugendlichen  in  seinem  konkreten  Lebens-  und  Arbeitsbereich  mit 
dieser  Aufgabe  zu  betrauen.  Im  ubrigen  ist  die  Verpfl ichtung  des 


-   54   - 


"Erziehungsbeistands",   "jeden  Umstand  mitzuteilen,  der  AnlaB  geben 
kbnnte,  weitere  Erziehungshilfen  (z.B.   Heimerziehung!)  zu  leisten", 
geeignet,  die  Basis  fur  ein  solidarisches  Verhaltnis  zum  Betroffenen 
zu  zerstbren. 

bb)    "Erziehungshilfen  auBerhalb  der  eigenen  Farnilie" 


tzung  der   'Erziehungskraft' 
kommt  die  klassische  Fur- 
alb  der  eigenen  Farnilie") 
auffalligen  Kinder  und  Ju- 
wieder  ins  Elternhaus  ein- 
em Zweck  werden  auch  die 
sonstigen  Bezugsgruppen!) 
irksamkeit"  dieser  "Hilfen" 
ndrechtspositionen  des  Be- 
e  Wahrung  des  Briefgeheim- 


Wenn  die  flankierenden  MaBnahmen  zur  Stli 
der  eigenen  Farnilie  nicht  mehr  "helfen" 
sorgeerziehung  ("Erziehungshilfen  auSerh 
zum  Zug.  Ihre  Aufgabe  besteht  darin,  die 
gendlichen  soweit  zu  "festigen",  daB  sie 
gegliedert  werden  kbnnen  (§  63).  Zu  dies 
famil iaren  Bindungen  (nicht  etwa  die  zu 
besonders  gepflegt  (§  56;2,3).  Urn  die  "W 
zu  gewahrleisten,  werden  wesentliche  Gru 
troffenen  relativiert,  beispielsweise  di 
nisses  (§  66): 

Nach  §  66  kbnnen  Schreiben  angehalten  werden,  wenn  sonst  "die  Er- 
ziehung auBerhalb  der  eigenen  Farnilie  erheblich  gefahrdet  wlirde". 
"Ausgehenden  Schreiben,  die  unrichtige  Angaben  enthalten,    kann  ein 
Begleitschreiben  beigefligt  werden,  wenn  das  Kind  oder  der  Jugendliche 
auf  der  Absendung  besteht".   Zur  Vermeidung  gerichtl icher  Komplikatio- 
nen  wird  festgestellt,  daB  diesbeziigl  iche  Entscheidungen  "den  Tra- 
gern  der  Jugendhilfe  zugerechnet  werden",   konkret  also  den  Jugendbe- 
hbrden  bzw.  den  sogenannten  freien  Tragern  (Caritas,   Innere  Mission 

u.a. )  • 

Damit  Rechtsprofessoren  wie  Prof.  Denninger  (  Grundrechte  und  Heim- 
erziehung") gegen  diese  wie  entsprechende  andere  Regelungen  nicht 
makeln  kbnnen,  erklart  Artikel  4  §  7  (Einschrankung  von  Grundrechten) 
ohne  Umschweife:  "Die  Grundrechte  der  Freiheit  der  Person  (Art.  2 
Abs.  2  Satz  2  des  GG),  des  Brief-,  Post-  und  Fernmeldegeheimnisses 
(Art.  10  Abs.  1  des  GG),  der  Freiziigigkeit  (Art.  11  Abs.  1  des  GG) 
und  der  Unverletzlichkeit  der  Wohnung  (Art.  13  Abs.  1  des  GG)  werden 
nach  MaBgabe  dieses  Gesetzes  (!)  eingeschrankt". 

Unter  den  "Erziehungshilfen  auBerhalb  der  eigenen  Farnilie"  werden 
aufgeflihrt:  "Erziehungskurs" ,  "Heim",  "Wohngemeinschaft"  (daneben 
auch  "Pflegefamilie",  "besonders  qualifizierte  Farnilie",  "Kinder- 
und  Wohnheim") 

-  "Erziehungskurs"  (§  59): 

Fiir  den  "Erziehungskurs",  der  neu  in  die  Jugendhilfe  eingefuhrt  wird, 
hat  der  Jugendarrest  Model  1  gestanden.  Er  steht  zur  Heimerziehung 
etwa  im  gleichen  Verhaltnis  wie  dieser  zur  Jugendstrafe. 
Das  wird  u.a.  in  §  59  (1)  verdeutlicht:  "Kinder  und  Jugendliche,  bei 
denen  eine  schwere  Fehlentwicklung  noch  nicht  vorliegt,  die  aber 
einer  kurzzeitigen  erzieherischen  Einwirkung  bediirfen,  haben  Anspruch 
auf  Teilnahme  an  einem  Erziehungskurs.  Der  Anspruch  besteht  nur,  wenn 
die  Voraussetzungen  einer  Erziehungshilfe  nach  §  62  (also  der  Heim- 
erziehung!) nicht  gegeben  sind". 

Der  "Erziehungskurs",  den  wohl  kaum  ein  Kind  oder  Jugendlicher  frei- 
willig  in  "Anspruch"  nehmen  du'rfte,  dauert  mindestens  (!)  3  Wochen, 


55 


maximal  6  Monate,  findet  in  einer  "besonderen  Einrichtung"  statt 
und  soil  in  Form  von  "Obungs-  und  Erfahrungskursen"  "eingehende  Hil- 
fen  zur  Konfl iktverarbeitung  bieten".  Es  ist  schwer  vorstellbar, 
wie  in  einer  vom  Lebensraum  des  Betroffenen  isolierten  Einrichtung 
und  noch  dazu  in  einer  repressiven  Atmosphare  dessen  Konflikte  ada- 
quat  -  d.h.  unter  Verzicht  auf  psychische  Manipulationen  -  aufgear- 
beitet  werden  kb'nnen. 

Es  ist  vielmehr  zu  erwarten,  daB  der  "Erziehungskurs"  noch  zusatzlich 
die  Probleme  des  Betroffenen  verscharft.  Hier  ist  vor  allem  an  die 
Probleme  des  Jugendlichen  in  Schule  und  Betrieb  zu  denken.  Der 
"Zweck  des  Erziehungskurses"  geht  na'mlich  dem  Interesse  des  Jugend- 
lichen an  einer  gesicherten  Ausbildung  und  Arbeit  vor  ("Erziehungs- 
kurse  kbnnen  (!)  unter  Aufrechterhal tung  des  bestehenden  Ausbildungs- 
oder  Arbeitsverhaltnisses  durchgeflihrt  werden,  wenn  (!)  dies  mit 
Zweck  des  Erziehungskurses  vereinbar  ist"). 

-  "Erziehungshilfe  in  einem  (heilpad.  Oder  pad.-therapeut. )  Heim" 
(§62): 

Ohne  das  Problem  der  Deklassierung  von  Kindern  und  Jugendlichen  durch 
die  konventionelle  Heimerziehung  anzusprechen  und  die  Weichen  fur 
eine  emanzipatorische  Neuorientierung  der  Heimerziehung  zu  stellen, 
sprechen  die  Autoren  des  Entwurfs  von  "Entwicklungsgefahrdungen  und 
-stbrungen,  die  nur  (!)  mit  Mitteln  der  (..)  Heimerziehung  behoben 
werden  kbnnen".  Die  Mbglichkeit  bzw.  hohe  Wahrscheinlichkeit  einer 
zusatzl ichen  Schadigung  durch  das  soziale  Ghetto  Erziehungsheim  steht 
der  "Gewahrung"  bzw.  Anordnung  dieser  "Erziehungshilfe"  nicht  entge- 
gen. 

-  "Erziehungshilfe  in  einer  Wohngemeinschaft"  (§  61): 

Die  "Wohngemeinschaft  wird  im  Entwurf  nicht  als  eine  selbstorgani- 
sierte  kollektive  Lebensform  konzipiert,  sondern  als  offenere  Varian- 
te  der  Heimerziehung.  Sie  unterliegt  grundsatzlich  den  gleichen  Be- 
dingungen  wie  das  Erziehungsheim.  Es  bestimmen  nicht  die  Mitglieder 
der  "Wohngemeinschaft",  "wer  rein  kommt  (Jugendliche  kbnnen  sogar 
gegen  ihren  Willen  eingewiesen  werden!)  und  wer  raus  muB",  und  wie 
"Beratung  und  Betreuung"  geregelt  werden.  Entsprechend  einer  Kommen- 
tierung  des  vorausgehenden  Diskussionentwurfs  ist  die  "Wohngemein- 
schaft" in  erster  Linie  fiir  Jugendliche  vorgesehen,  die  durch  Heim- 
erziehung bereits  etwas  "gefestigt"  (d.h.  diszipliniert!)  worden  sind. 
Jedes  Mitglied  der  "Wohngemeinschaft"  steht  im  librigen  unter  dem 
permanenten  Druck,  die  "Anforderungen  eines  Ausbildungs-  und  Arbeits- 
verha'Hnisses zu  erfiillen",  und  muB  -  falls  das  nicht  gelingt  -  mit 
einer  Riickverlegung  ins  Erziehungsheim  rechnen.  Der  Spielraum  fiir 
kollektive  Lernprozesse  und  die  Entwicklung  produktiver  Perspektiven 
und  Hotivationen  ist  infolge  dieser  Pressionen  auBerst  begrenzt. 


3.  HASSNAHMEN  ZUM  "SCHUTZ  VOR  GEFKHRDUNG" 

In  den  MaBnahmen  zum  "Schutz  von  Kindern  und  Jugendlichen  vor  Gefahr- 
dung"  driickt  sich  in  sehr  deutlicher  Weise  die  Tendenz  des  Entwurfs 
aus,  einer  Verselbstandigung  junger  Menschen  gegenliber  Elternhaus 
und  Jugendburokratie  entgegenzuwirken. 


-    56    - 


-  Kontrolle  auBerfamili 
Der  Kontrolle  informell 
zunehmend  als  Alternati 
tionen  entwickeln,  dien 
Bestimmungen  liber  "Einz 
Die  "Anzeigepflicht"  de 
von  Kindern  und  Jugendl 
den  El  tern  erfolgt)  wil 
wurfs  "das  'Untertauche 
unkontrollierte  Entsteh 
S.    155). 


arer  Gemeinschaften: 

er  Formen  kollektiven  Wohnens,  wie  sie  sich 

ve  zur  "Familie"  und  den  Jugendhilfeinstitu- 

en  vor  allem  die  "Anzeigepflicht"  sowie  die 

el-  und  Betriebserlaubnis". 

s  §  99  (unverzligl  iches  Anzeigen  der  Aufnahme 

ichen  auch  wenn  diese  im  Einverstandnis  mit 

1  nach  den  Ausflihrungen  des  Diskussionsent- 

n'  junger  Menschen  ebenso  verhindern  wie  das 

en  neuer  auBerfamili arer  Gemeinschaften"  (DE 


Die  Regelungen  liber  die  "Einzelerlaubnis"  nach  den  §§  97  u.  100 
(sie  ist  erforderlich  bei  der  Aufnahme  eines  Kindes  oder  Jugendli- 
chen Liber  einen  Zeitraum  von  mehr  als  8  Wochen)  und  die  Bestimmun- 
gen zur  "Betriebserlaubnis"  nach  den  §§  102  ff  (sie  ist  bei  der  Auf- 
nahme von  mehr  als  5  Kindern  Oder  Jugendlichen  vorgeschrieben)  er- 
moglichen  es  der  Jugendverwaltung,  vor  allem  selbstorganisierte 
Wohnkollektive  institutionell  in  den  Griff  zu  bekommen  und  Liber 
besondere  Auflagen  zu  reglementieren. 

Die  Kriterien  der  "erforderl  ichen  Zuverlassigkeit"  (§  97),  des  "fiir 
Leitungs-  u.  Erziehungsarbeit  entsprechend  vorgebildeten  Fachperso- 
nals"  und  der  "rauml ichen  und  wirtschaftl ichen  Voraussetzungen" 
(§  102)  bieten  den  Jugendbehbrden  sogar  eine  Handhabe,  sie  admini- 
strate zu  zerschlagen. 


-  Reaktion  auf  das  Entweichen  von  Kindern  und 
Besonders  kennzeichnend  fur  die  Art  und  Weise, 
Entwurfs  auf  Probleme  von  Kindern  und  Jugendl i 
ihre  "Angebote"  fiir  junge  Menschen,  die  aufgru 
Spannungen  aus  dem  Elternhaus  Oder  Erziehungsh 
Statt  sich  an  bereits  praktizierten  Modellen  i 
tren  fiir  diese  Zielgruppe  zu  orientieren  und  d 
sichern,  werden  ausschl ieBl ich  die  ordnungsrec 
zwecks  schnelleren  Aufgreifens  der  Trebeganger 


Jugendl ichen: 

wie  die  Autoren  des 
chen  eingehen,  sind 
nd  oft  unertragl icher 
eimen  entwichen  sind. 
nformeller  Kontaktzen- 
iese  gesetzlich  abzu- 
htl ichen  Bestimmungen 

verscharft. 


In  diesem  Zusammenhang  ist  nicht  nur  a 
Entfernung")  i.V.  mit  §  133  (Entscheid 
ge  Vollziehung  der  Entscheidung)  zu  de 
Strafbestimmungen  fiir  Blirger,  die  sich 
engagieren  ohne  sie  gleich  der  Polizei 
zuliefern.  Hier  ware  §  147;1  (Verletzu 
§  145  ("Behinderung  der  Hilfe")  zu  nen 
Besondere  Bedeutung  fiir  die  "Lbsung"  d 
§  110  und  der  in  ihm  geregelten  admini 
Hier  wird  kein  Spielraum  gelassen,  urn 
fenen  Losungsperspektiven  zu  entwickel 
braucht  man  eine  angemessene  Karrenzze 
aber  jeder  Schritt  (Rlickflihrung  bzw.  U 
neten  Einrichtung"  bei  gleichzeitiger 
sorgeberechtigten,  "Gewahrung"  bzw.  ge 
"geeigneten  Hilfe")  unter  dem  Imperati 
das  ganze  Verfahren  sind  maximal  48  St 
Daruber  hinaus  legt  der  §  110  natlirlic 
fest,  das  mehr  oder  weniger  polizeilic 


n  §  110  ("Inobhutnahme  bei 
ung  ohne  Anhorung  und  soforti- 
nken,  sondern  auch  an  die 
fiir  jugendliche  Trebeganger 
oder  den  Jugendbehbrden  aus- 
ny  der  "Anzeigepflicht")  und 
nen. 

er  Trebeproblematik  kommt  dem 
strativen  "Inobhutnahme"  zu. 
in  Abstimmung  mit  dem  Betrof- 
n  und  real  abzusichern.  Daflir 
it.  Nach  dem  Entwurf  steht 
nterbringung  in  einer  "geeig- 
Benachrichtigung  der  Personen- 
richtliche  Anordnung  der 
v  des  "Unverzligl  ichen".  FLir 
unden  kalkuliert. 
h  auch  ein  Handlungsschema 
hen  Charakter  hat.  Bezeichnen- 


57 


derweise  erhalten  die  Beamten  und  Angestellten  des  Jugendamts  die 
Befugnis,  Wohnungen  nach  entwichenen  Jugendlichen  zu  durchsuchen  und 
diese  festzuhal ten. 


Redaktionskollektiv: 

BERICHT  ZUM  JUGENDPOLITISCHEN  FORUM 


ZUSAHMENFASSUNG 

Die  Analyse  des  Entwurfs  hat  deutlich  gemacht,  daB  er  sich  m'cht 
primar  an  den  Interessen  der  gesellschaftlich  unterprivilegierten 
Kinder  und  Jugendlichen  orientiert,  sondern  darauf  abzielt,  die 
etablierten  gesellschaftl ichen  Interessenspositionen  abzusichern. 
Statt  die  Emanzipationschancen  der  betroffenen  Kinder  und  Jugendli- 
chen grundsatzlich  zu  verbessern,  entwickelt  er  ein  ausgeklungeltes 
System  sozialtechnokratischer  Kontrollen  und  Zugriffsmbgl ichkeiten, 
um  die  Betroffenen  noch  starker  als  bisher  in  den  "Griff"  bekommen 
und  diszipl inieren  zu  kbnnen. 

Zur  Absicherung  dieses  Konzepts  intendiert  er  ganz  offenkundig  die 
Zerschlagung  emanzipatorischer  Praxisansatze  in  der  Jugendhilfe. 
Dabei  greift  er  bereitwillig  die  Strategien  und  Instrumentarien  auf, 
die  von  reaktionaren  Jugendverwaltungen  in  der  Auseinandersetzung 
mit  engagierten  Sozialarbeitern  und  Basisinitiativen  bereits 
"erprobt"  wurden.  Das  geplante  Jugendhilfegesetz  ist  ein  Knebelge- 
setz,  das  es  entschieden  zu  bekampfen  gilt. 


INFORMATIONSDIENSTE  DES  SOZIALISTISCHEN  BOROS 
-  Materialien  der  Arbeitsfelder  - 


Sozial istische  Lehrer,  Sozialarbei ter,  Bildungsarbeiter,  Krzte 
usw.  arbeiten  heute  vereinzelt  oder  in  kleinen  Gruppen  noch 
ohne  ausreichenden  Kontakt  untereinander.  Sie  werden  oft  kon- 
frontiert  mit  Problemen  und  Konflikten,  mit  denen  andere  Grup- 
pen schon  ihre  Erfahrungen  gesammelt  haben.  Die  Infos  der 
Arbeitsfelder  im  Sozial  istischen  Bliro  dienen  der  fortlaufenden 
Information  und  Kooperation  zwischen  Gruppen  und  einzelnen,  die 
mit  sozial istischem  Anspruch  Berufspraxis  leisten.  Bisher  gibt 
es  folgende  Info-Reihen: 

INFORMATIONSDIENST  DES  SOZIALISTISCHEN  LEHRERBUNDES 
INFORMATIONSDIENST  SOZIALARBEIT 
INFORMATIONSDIENST  ARBEITERBILDUNG 
INFORMATIONSDIENST  GESUNDHEITSWESEN 
Ein  INFO  FOR  HISSENSCHAFTSARBEITER  ist  in  Vorbereitung. 

Die  Informationsdienste  kbnnen  als  Einzelhefte  oder  im  Jahres- 
abonnement  bezogen  werden.  Informationsblatter  Liber  die  Abo- 
Bedingungen  kostenlos;  Probehefte  der  Infos  konnen  nur  gegen 
Bezahlung  abgegeben  werden. 

Verlag  2ooo  GmbH,  6o5  Offenbach  4,  Postfach  591,  Hone  Str.  28 


Sechs  Wochen  nach  dem  Jugendpol  itischen  Forum  in  Frankfurt  liegen 
die  ersten  Stellungnahmen  und  Arbeitsergebnisse  vor. 
Abgesehen  von  einigen  wenigen  Tageszeitschriften  und  Rundfunkanstal- 
ten  (F.R.,  Berliner  Tagesspiegel ,  HR,  WDR  u.  SFB)  wird  das  Jugendpo- 
litische  Forum  in  der  blirgerlichen  Presse  totgeschwiegen.  Wie  die 
jugendpol itische  Fachbffentlichkeit  reagieren  wird,  bleibt  abzuwar- 
ten.  Die  Stellungnahmen  der  beteiligten  Kollegen,  der  Jugendlichen 
und  der  pol itischen  Gruppen  reichen  von  vorbehaltloser  Zustimmung 
und  Zufriedenheit  liber  den  Verlauf  und  die  Ergebnisse  des  Forums, 
Liber  eine  Kritik  der  fehlenden  organisatorischen  und  politischen 
Perspektive  bis  hin  zur  Ablehnung  als  "eine  auf  der  Grundlage  des 
Reformismus"  zustandegekommene  Veranstaltung  (Bericht  des  Kommuni- 
stischen  Jugendverbandes  (KJV)  in  Rote  Fahne  Nr.  51.) 

Handelt  es  sich  bei  den  Berichten  anderer  linker  Gruppen  (GIM,  SJD, 
Die  Fal ken-Hannover,  KBW)  um  eine  solidarische  Kritik,  die  nicht 
die  Ergebnisse  des  Forums  selbst  unterschlagt,  so  gefallt  sich  der 
KJV, in  der  gewohnten  Art  und  Weise  mit  Unterstellungen,  Verfal- 
schungen  und  Verdrehungen  zu  arbeiten:  So  wird  weiterhin  behauptet, 
"kommunistische  junge  Arbeiter  sollten  von  vorneherein  vom  Forum 
ferngehalten  werden",  die  Initiatoren  wollten  die  Teilnehmer  durch 
die  zwei  Erdffnungsveranstaltungen  spalten,  wobei  im  gleichen  Atem- 
zug  die  gemeinsame  AbschluBveranstaltung  kritisiert  wird,  da  "im 
Freien  ....  die  Bedingungen  fiir  eine  Diskussion  ungiinstig"  seien. 
Da  der  KJV  ja  die  "kampfende  Jugend"  anflihrt,  muB  er  die  Teilnehmer- 
zahl  naturlich  herunterspielen  -  "1500  Sozialarbeiter  und  Studenten" 
Legitimiert  wird  dann  sein  eigenes  Auftreten  mit  der  Parole  "KJV 
erfolgreich  gegen  den  Reformismus"  -  kein  Wort  zu  den  Aussagen  der 
Jugendlichen,  kein  Wort  zu  den  verabschiedeten  Resolutionen  und  den 
KJV-Resolutionen,  die  abgelehnt  worden  sind. 

Liest  man  allerdings  die  "Liberale  Berliner  Zeitung",  so  kbnnte  man 
fast  annehmen,  der  KJV  hat  recht:  "Sie  (die  Jugend)  erwartet  von 
der  Bundesregierung  ein  entschiedenes  Eintreten  fur  Reformen.  Nur 
in  einer  solchen  positiven  Alternative  zum  konservativen  Lager  kann 
die  sozial  liberale  Koalition  wieder  Stimmen  flir  sich  gewinnen." 

Solche  Interpretation  der  Ergebnisse  des  Jugendpol itischen  Forums 
entsprechen  allerdings  nicht  den  Tatsachen. 

Wer  die  AG-Ergebnisse  und  Resolutionen  deutlich  lieBt,  wird  fest- 
stellen,  daB  die  Liberwiegende  Mehrheit  der  Teilnehmer  klare  Aussa- 
nen  getroffen  hat: 

-  der  staatlichen  Jugendpolitik  wurde  eine  Absage  erteilt; 

-  die  Politik  des  Reformismus  als  gescheitert  erklart  (was  nicht 
heiBt,  daB  Sozialisten  nicht  auch  fur  Reformen,  die  die  Lage  der 
Arbeiterjugendl ichen  verbessern,  kampfen). 


-  58 


59  - 


Im  folgenden  wollen  wir  -  ohne  der  Dokumentation  vorzugreifen  - 
eine  Zusammenfassurg  der  wichtigsten  Ergebnisse  auf  der  Grundlage 
der  eigenen  Eindrucke  und  der  vorliegenden  Protokolle  vornehmen. 
Das  Jugendpolitische  Forum  ist  organisiert  worden  auf  die  Absage 
des  5.  DJHT.  Mit  dieser  Absage,  die  von  der  AGJ  mit  einer  Diffamie- 
rungskampagne  gegenLiber  der  Sozial istischen  Aktion  (im  wesentlichen 
reprasentiert  durch  Gruppen,  die  in  einem  mehr  Oder  weniger  festen 
organisatorischen  Zusammenhang  des  Info  Sozialarbeit  im  SB  und  der 
Redaktion  Erziehung  &  Klassenkampf  stehen)  eingeleitet  wurde,  hatte 
die  AGJ,  als  eine  vom  Bundeshaushalt  abhangige  Institution,  die  ihr 
zur  VerfUgung  stehenden  Mittel  institutioneller  Gewalt  angewendet, 
urn  die  'Fachbasis'  mundtot  zu  machen.  Dieser  Gewalt  sollte  die  brei- 
te  Solidaritat  der  Betroffenen  entgegengesetzt  werden. 
Gemeinsam  mit  dem  Bund  Demokratischer  Jugend  und  den  Jungdemokraten 
forderte  die  Sozialistische  Aktion  alle  Basisgruppen,  Jugendverban- 
de,  Sozialarbeiter,  Wissenschaftler  zur  Teilnahme  an  der  konstitu- 
ierenden  Tagung  ' Jugendpolitisches  Forum'  auf. 

Es  kam  uns  darauf  an,  mit  alien  Gruppen  und  Individuen,  die  sich  mit 
Jugendarbeit  beschaftigen  bzw.  von  ihr  betroffen  sind,  einen  Erfah- 
rungsaustausch  zu  organi sieren,  der  ausging  sowohl  von  der  Situa- 
tion und  den  Problemen  der  Arbeiterjugendl ichen  wie  auch  den  Proble- 
rnen  der  Berufspraxis  der  im  Sozialbereich  Tatigen.  Das  Forum  sollte 
mit  dazu  beitragen,  die  Isolierung  in  der  Jugendarbeit  zu  uberwin- 
den,  Kommunikationszusammenhange  zu  verbessern,  konkrete  Formen 
der  Kooperation  zu  diskutieren  und  gemeinsame  Handlungsperspektiven 
zu  entwickeln.  Dabei  war  es  erklartes  Ziel  aller  spa'ter  in  der  Ini- 
tiative zusammenarbeitenden  Gruppen  (DJD,  BDJ/BDP,  NFJH,  Sozialisti- 
sche Aktion), eine  politische  Offenheit  zu  gewahrleisten,  die  die 
Artikulation  der  verschiedenen  Gruppen  und  Verbande  auf  dem  Forum 
mbgl ich  machte. 

Unterstlitzt  haben  die  Initiative  u.a.  folgende  Gruppen:  verschiede- 
ne  Fachhochschulen  und  Universitaten,  Jungsozialisten  UBA  Ffm., 
Landesjugendring  Hessen  und  Bremen,  Sozialistisches  Biiro  Offenbach, 
SJD  Die  Fal ken-Hannover- ,  Stadtjugendring  Darmstadt)  und  uber  80 
namhafte  Wissenschaftler. 

Im  Laufe  der  Vorbereitungen  wurde  aber  auch  deutlich,  daft  das  ange- 
strebte  breite  'linke  BLindnis'  Llicken  aufweisen  wiirde.  Die  Bundes- 
vorstande  der  Jugendverbande  insbesondere  die  Gewerkschaftsjugend, 
SJD  Die  Falken,  Naturfreundejugend,  Jungsozialisten  zeigten  kein  In— 
teresse  bzw.  lehnten  diese  Initiative  ab.  KSV/KJV  sowie  der  Ring 
BLindischer  Jugend,  die  sich  auf  dem  Kasseler  Treffen  vom  6.-8.9.74 
nicht  durchsetzen  konnten,  distanzierten  sich  mit  dem  Argument,  daB 
dieses  Bundnis  "Abgrenzungsbeschlusse  gegenli'ber  Kommunisten  prakti- 
ziere" . 

Aber  weder  das  Totschweigen  bzw.  die  Ablehnung  dieser  Initiative, 
noch  der  Versuch  der  SDAJ,  die  Initiative  in  eine  'links-sektiere- 
rische'  Ecke  zu  drangen,  konnte  die  Hitglieder  dieser  Organisationen 
und  daruber  hinaus  Jugendliche  aus  Jugendzertrums-Initiativen,  par- 
tei-  und  gruppenunabhangige  Sozialarbeiter  und  Lehrer  etc.  daran 
hindern,  an  dem  Forum  tei Izunehmen. 

Die  Teilnahme  von  Liber  2000  Sozialarbeitern,  Lehrern  etc.  und  ca. 
S00  Jugendl  ichen  Liber  traditionelle  BLindnisgrenzen  hinweg  und  der 
Ablauf  des  Forums  entlarven  den  Versuch  der  SDAJ,  wie  sie  die  Vor- 
wurfe  des  KSV/KJV  widerlegen.  Auf  dem  Forum  wurde  kein  'Antikommu- 


60  - 


nismus'  betrieben,  sondern  solchen  politischen  Einschatzungen  und 
Vorstellungen  eine  Absage  erteilt,  wo  sie  nicht  mehr  mit  den  Erfah- 
rungen  der  teilnehmenden  Sozialarbeiter  und  Jugendl ichen  vermittelt 
wurden. 

Andererseits  sollte  dieses  Bundnis  insbesondere  die  Jugendverbande 
zu  einer  Teilnahme  ermutigen,  die  auf  der  AGJ-Mitgliederversammlung 
gegen  die  Absage  des  Jugendhilfetages  gestimmt  haben  und  damit  fur 
ein  offenes  Forum  eingetreten  waren  (an  sie  richtet  sich  auch  die 
Resolution  gegen  den  AGJ-Delegiertentag). 

Trotz  der  Teilnahme  von  Mitgliedern  aus  diesen  Verbanden  durfen  wir 
uns  nicht  darliber  hinwegtauschen:  dieses  Ziel  ist  nur  in  Ansatzen 
erreicht  worden. 

DaB  wir  dieses  Forum  aus  eigener  Kraft  organisieren  konnten  -  an 
Spenden  und  Beitragen  sind  fast  DM  30.000.-  aufgebracht  worden  - 
und  solidarische  Diskussionen  insbesondere  in  den  Arbeitsgruppen 
mbgl ich  waren,  ist  fur  viele  Teilnehmer  eine  Erfahrung  gewesen,  die 
in  der  derzeitigen  gesellschaftl ichen  und  politischen  Situation 
nicht  zu  unterschatzen  ist.  Beinhaltet  sie  doch  auch  die  Aufforde- 
rung  und  Ermutigung.mit  der  begonnenen  Arbeit  am  Ort  weiterzuma- 
chen. 

Natlirlich  liefen  die  Vorbereitungen  zum  Forum  und  das  Forum  selbst 
nicht  ohne  Probleme  ab',  viele  Fragen  in  den  Arbeitsgruppen  sind  of- 
fen  geblieben  und  in  den  AbschluBresolutionen  und  -erklarungen  fehl- 
ten  die  konkreten  Handlungsperspektiven. 

Die  unterschiedl ichen  zum  Teil  weitabweichenden  politischen  Positio- 
nen  der  in  der  Initiativ-Tragerschaft  reprasentierten  Gruppen  machten 
lange  Diskussionen  Uber  die  Gestaltung  des  Forums  notwendig. 
Kennzeichnend  war,  daB  die  politischen  Kontroversen  nicht  zugedeckt, 
sondern  ausgetragen  wurden.  Die  wichtigsten  Kontroversen  bezogen  sich 
auf  die  Einschatzung  der  Rolle  des  Staates,  der  Politik  der  Bundes- 
regierung  und  die  Frage,  ob  durch  Einwirkung  auf  parlamentarische 
Gremien  -  wie  sie  der  Politik  der  Jungdemokraten  entspricht  -  Inter- 
essen  der  Arbeiterjugend  im  geplanten  neuen  Jugendhil  fegesetz  BerLick- 
sichtigung  finden  konnen. 

Die  Intensitat  der  Diskussion  fand  nicht  zuletzt  darin  ihren  Nieder- 
schlag,  daB  das  bereits  gedruckte  Erbffnungsreferat  am  Erbffnungstag 
noch  wesentlich  korrigiert  wurde- 

Im  Hinblick  auf  die  beabsichtigte  Offenheit  des  JupoFo  halten  wir 
das  in  der  Koordinierungsgruppe  reprasentierte  BLindnis  von  Jungdemo- 
kraten, Bund  Deutscher  Pfadfinder  im  BDJ,  Sozialistische  Aktion 
und  der  Naturfreundejugend  Hessen  auch  nachtraglich  flir  richtig. 
Es  besteht  fLir  uns  jedoch  nach  AbschluB  der  auswertenden  Dokumen- 
tation kein  AnlaB,  dieses  BLindnis  fortzusetzen.  Jeweils  am  Ort  und 
unter  Berucksichtigung  der  politischen  Situation  und  der  Ziel - 
setzung  wird  sich  erweisen,  ob  solche  BLindnisse  auch  weiterhin  ein- 
gegangen  werden  und  tragfahig  sind. 

Die  am  Info  Sozialarbeit  im  Sozial  istischen  BLiro  mitarbeitenden 
Gruppen  werden  sich  jedoch,  was  die  kommenden  politischen  Aufgaben 
anbelangt,  urn  eine  weitere  punktuelle  Zusammenarbeit  insbesondere 
mit  dem  BDP/BDJ  (z.B.  Jugendzentrumsarbeit)  und  der  Zeitschrift 
Erziehung  &   Klassenkampf  bemu'hen. 

-  61  - 


Ein  politisch  brisanteres  Problem  stellte  auf  dem  Forum  das  Verhalt- 
nis  Sozialarbeiter  -  Jugendliche  dar. 

Bereits  in  den  b'rtlichen  Vorbereitungen  wurde  deutlich,  daB  entgegen 
unserer  Absicht  die  Struktur  des  Jugendpol itischen  Forums  den  Ar- 
beiterjugendlichen  wenig  Mb'gl  ichkeiten  bieten  wird,  ihre  Erfahrungen 
und  Interessen  unmittelbar  einzubringen. 

Das  Jugendpolitische  Forum,  aus  der  Sozialistischen  Aktion  Jugend- 
hilfetag  entstanden,  war  Uberwiegend  von  den  Problemen  der  Sozial- 
arbeiter bestimmt.  Es  gelang  nicht,  iiber  einzelne  Absprachen  mit 
Jugendzentren  und  Lehrl ingsgruppen  hinaus  relevante  politische 
Gruppen  der  Arbei terjugend  an  den  Vorbereitungen  und  der  Durchfuh- 
rung  des  Forums  zu  beteiligen. 

Die  Tatsache  jedoch,  daB  rund  500  Jugendliche  am  Jugendpol  itischen 
Forum  teilgenommen  und  auch  in  den  Arbei tsgruppen  und  Plenen  mit- 
diskutiert  haben,  zeigt  die  Bereitschaft  der  Jugendl  ichen,  ein  BLind- 
nis  mit  sozialistischen  Sozialarbeitern  einzugehen. 
In  ihren  Erfahrungsberichten  aus  Jugendzentren,  Wohnkollektiven  und 
Heimen  wurde  (unabhangig  von  den  pol  itischen  Intentionen  der  enga- 
gierten  Sozialarbeiter)  ein  verbleibender  Interessengegensatz  sicht- 
bar.  Dieser  Widerspruch  rlihrt  aus  der  repressiven  Funktion  der  In- 
stitutionen  an  die  auch  sozial  istische  und  kommunistische  haupt- 
amtliche  Sozialarbeiter  angebunden  sind. 

Dieses  Problem  haben  auch  die  Vertreter  der  Jugendzentren  und 
-kollektive  erkannt.  Sie  forderten  deshalb  die  Zusammenarbeit  mit 
Sozialarbeitern  unter  ihrer  Kontrolle  und  betonten  gleichzeitig, 
daB  ihre  Zentren  und  Kollektive  nicht  dazu  da  seien,  die  Probleme 
der  Sozialarbeiter  zu  Ibsen.  Aus  dem  gleichen  Grund  miBlangen  auch 
die  Versuche  des  KSV/KJV  und  der  KPD/ML,  einen  Keil  zwischen  Arbei- 
terjugendl iche  und  sozial istische  Sozialarbeiter  zu  treiben,  urn  si ch 
selbst  als  Flihrungskraft  zu  etablieren. 

Trotz  dieser  prinzipiellen  Schwierigkeit  war  der  Anspruch  des  Jugend- 
politischen  Forums,  Arbei terjugendl iche  zu  beteiligen,  richtig. 
Dieser  Anspruch  ist  politisch  darin  begriindet,  daB  wir  den  Kampf 
gegen  den  repressiven  Charakter  der  Jugendhilfeinstitutionen  nicht 
ohne  Orientierung  an  der  fortschrittl ichen  Bewegung  und  den  objek- 
tiven  und  subjektiven  Interessen  der  Arbeiterjugend  bestimmen  kbn- 
nen. 


-  Ergebnisse  aus  den  Arbei tsschwerpunkten  - 

Urn  eine  erste  Obersicht  der  Arbeitsgruppenergebnisse  vorzulegen, 
haben  wir  die  bisher  eingegangenen  Protokolle  zusammengefaBt. 
Diese  Zusammenfassung  ist  allerdings  keine  geschlossene  inhaltliche 
Wiedergabe  der  Arbeitsgruppendiskussionen,  sondern  stellt  einige 
Problemkreise  heraus,  die  insbesondere  die  Rolle  und  Funktion  von 
Sozialarbeit  berlihrt.  An  dieser  Stelle  mbchten  wir  alle  Teilnehmer 
des  Jugendpol itischen  Forums  bitten,  uns  ihre  Notizen,  Protokolle 
aus  den  Arbei  tsgruppen  zuzuschicken,  damit  wir  diese  fLir  die  Doku- 
mentation  verwerten  kbnnen. 


1.  Arbeitsschwerpunkt  "Arbeitssituation  und  Jugendarbeitslosigkei t" 

Alle  Arbeitsgruppen  wurden  durchgeflihrt,  bei  einer  Teilnehmerzahl 
von  30  bis  70  Leuten.  Die  starkste  Resonanz  fand  die  Arbeitsgruppe  6 
"Freizeitheim-Jugendzentrum".  Hier  waren  auch  die  meisten  Jugendl i- 
chen  vertreten.  (Je  1/3  Jugendliche,  Studenten  und  Sozialarbeiter). 
Zur  Auswertung  liegen  uns  flinf  Protokolle  vor,  in  denen  folgende 
Problemkreise  andiskutiert  wurden: 

-  Verschiebung  der  Arbei tsschwerpunkte  im  Freizeitbereich  in  Krisen- 
situationen:von  der  Alternative  zu  kommerziellen  Angeboten  (Knei- 
pen,  Diskothek)zur  Bewaltigung  der  Probleme  der  von  Jugendarbeits- 
losigkeit  Betroffenen  und  zu  mehr  Verbindung  und  Zusammenarbeit 
mit  Betriebsgruppen  und  Gewerkschaft  ; 

-  strukturelle  Unterschiede  der  Arbeitslosigkeit;  Verhaltnis  zwischen 
Ballungszentren  und  Randgebieten; 

-  Alkoholismus  und  Aggression  -  (die  Saufereien  nehmen  zu  und  als 
Folge  davon  die  Schla'gereien  -auch  unter  den  besten  Kumpels- 
und  z.T.  auch  die  Zerstbrungen  der  Freizeiteinrichtungen) ; 

-  Spaltung  der  Gruppen,  Forderung  der  Konkurrenz  untereinander, 
Isolation  von  Teilgruppen  (bestehende  Gruppen  Ibsen  sich  zum  Teil 
auf,  es  bilden  sich  neue,  namlich  mit  Arbeitslosen  untereinander. 
Teilgruppen  -  besonders  Auslander  -  werden  isoliert,  sie  werden 
als  Alleinschuldige  an  der  eigenen  Situation  gesehen); 

-  abnehmende  Sol  idarita'tsbereitschaft  (Je  langer  jemand  arbeitslos 
ist  und  sich  damit  verbunden  Resignation  Liber  die  Perspektivlosig- 
keit  breitmacht,  desto  schwieriger  entwickeln  sich  Formen  der  Or- 
ganisierung.  Sie  versuchen  dann,  individuell  auch  auf  Kosten  ande- 
rer,   ihre  materielle  Situation  zu  verbessern). 

-  Verstarkte  Anziehungskraft  von  Bundeswehr,  Polizei  und  BGS 

-  Entwicklung  von  Handlungsschritten  flir  Sozialarbeiter 

-  verscharfte  Diszipl inierung  und  Anpassung  am  Arbeitsplatz  (durch 
die  verbreitete  Angst,  auch  noch  den  Arbeitsplatz  zu  verlieren, 
wird  auf  Rechte  verzichtet,  wie  z.B.  Bildungsurlaub). 

Mbgliche  Handlungsschritte: 

-  Bildung  von  regionalen  Gruppen  zur  Oberwindung  der  Isolation  und 
Spaltung,  wobei  die  Verbindung  zu  den  Betrieben  und  Gewerkschaften 
hergestellt  werden  muB; 

-  Organisierung  von  Gewerkschaftsausschussen; 

-'  Untersuchung  der  Misere  im  regionalen  Bereich;  Feststellung  der 
Ursachen  an  nachvollziehbaren  Beispielen; 

-  Einliben  von  gemeinsamen  sol  idarischem  Handeln   (z.B.:   die  nbtigen 
Behbrdengange  gemeinsam  erledigen,   urn  den  Frust  zu  mildern  und 

urn  den  Arbei tsamtern  die  Mbglichkeit  zu  nehmen,  dem  einzelnen  die 
Schuld  in  die  Schuhe  zu  schieben  oder  z.B.   SSK:in  Kbln  wurden 
vom  SSK  Arbei tskollektive  aufgebaut,    in  denen  Arbeitslose  Sperr- 
mlill   sammeln  und  in  verschiedenen  Gruppen  liberholen  z.B.   Mbbel , 
Elektro  und  verkaufen); 

-  Offentlichkeitsarbeit  (Veranstal tungen,  Feste,   Flugblatter,    Info- 
Stand,  StraI5entheater,  Film  usw.) 

Unterstutzungsmbgl ichkeiten  von  Sozialarbeitern 

-  Beschaffung  von  Raumen     fur  Initiativgruppen; 

-  Wohnungsbeschaffung; 

-  Arbei tsbeschaffung; 


-  62  - 


-  63 


-  WDhngeld,  Arbeitslosengeld,  Sozialhilfe  u.a.; 

-  Behbrdengange; 

-  Ausfullen  von  Formularen  und  anderen  Schreibarbeiten; 

-  Informationen  weitergeben; 

-  Kontakte  zu  anderen  Gruppen  herstellen; 

-  Sozialarbeiterkollegen  zur  Mitarbeit  auffordern. 

Folgende  Resolutionen  wurden  aus  diesem  Arbeitsschwerpunkt    entwickelt 
und  auf  der  AbschluBveranstaltung  verabschiedet: 

-  RESOLUTION  ARBEITSLOSIGKEIT  UND  SCHULE  - 
(mehrheitl ich  angenommen,  bei  vielen  Enthaltungen) 

Angesichts  zunehmender  Arbeitslosigkeit  zeigt  sich  in  noch  grdBerer 

Deutlichkeit  als  bisher  der  Klassencharakter  des  westdeutschen  Bil- 

dungssystems. 

Schulabganger  sehen  sich  heute  den  folgenden  Verhaltnissen  ausge- 

setzt: 

1.  der  Entwertung  von  Schulabschliissen  durch  die  wachsende  Konkur- 
renz  auf  dem  Arbeitsmarkt; 

2.  der  Dequal if ikation,  d.h.  dem  Ansteigen  von  Hilfsarbeiten  und 
angelernten  Tatigkeiten; 

3.  der  Trennung  von  wenigen  hochqual ifizierten  Arbeitern  von  der 
Masse  der  Minderqual ifizierten  durch  die  Stufenausbildung; 

4.  dem  rapiden  Absinken  des  Angebots  an  Lehrstellen; 

5.  der  Blockierung  der  Ausbildungsmbgl ichkeiten  von  breiten  Teilen 
der  Hauptschliler  durch  verscharfte  Auslese  in  den  weiterflihren- 
den  Schulen  und  Numerus  Clausus  an  den  Hochschulen; 

6.  der  Verscharfung  der  Konkurrenz  auf  dem  Arbeits-  und  Lehrstellen- 
markt  durch  nicht  zum  Studium  zugelassene  und  vorzeitig  aus  der 
Schule  gedruckte  Oberschiiler; 

7.  der  Verscharfung  von  Disziplinierung  und  politischer  Reglemen- 
tierung  am  Arbeitsplatz. 

Diese  Verhaltnisse  sind  bedingt  durch  die  Gesetze  der  kapitalisti- 
schen  Produktionsweise,  folglich  der  kapitalistischen  Form  des 
Arbeitsmarktes:  Qualifikationen  werden  nur  den  unmittelbaren,  kurz- 
fristigen  Verwertungsinteressen  des  Kapitals  entsprechend  abverlangt 
und  bei  Verwertungsschwierigkeiten  des  Kapitals  wird  die  Konkurrenz 
auf  dem  Arbeitsmarkt  verscharft.  In  dieser  Gesellschaft  kann  es 
daher  niemals  wirkliche  soziale  Sicherheit  fur  die  Arbeiterklasse 
geben. 

Die  gleiche  krisenhafte  Entwicklung  des  Kapitals  wirkt  sich  nicht 
nur  auf  dem  Arbeitsmarkt,  sondern  auch  innerhalb  der  Schule  aus: 

1.  In  der  Verschlechterung  der  Ausbildungsbedingungen  in  den  Haupt- 
schulen; 

2.  in  der  Verscharfung  der  Selektion  und  dem  Ansteigen  der  Oberwei- 
sungen  als  in  Fbrderkurse  getarnte  Abschiebekurse,  auf  Sonder- 
schulen  und  ahnliches; 

3.  der  Verscharfung  der  Disziplinierung  und  politischen  Reglemen- 
tierung  auch  in  der  Schule. 

Diese  Entwicklung  zeigt:  Fur  die  Arbeiterjugend  wird  die  Ausbildung 
im  Kapitalismus  stets  zur  Sackgasse. 


64 


Die  vorherrschende  Politik  der  Reformisten  besteht  darin,  den  Arbei- 
terjugend! ichen  und  den  Arbeitereltern  zu  versprechen,  daB  die  Aus- 
bildung eine  gesicherte  berufliche  Zukunft  gewahrleisten  kbnne. 
Diese  Politik  hat  zu   Illusionen  Liber  die  Planbarkeit  und  Verander- 
barkeit  von  Ausbildung  und  Arbeitsmarkt  im  Kapitalismus  gefiihrt. 
Diese  Politik  ist  nicht  nur  gescheitert,   sondern  sie  hat  gerade  die 
anwachsende  Jugendarbeitslosigkeit  mit  verursacht. 

Die  Politik  des  Reformismus  ist  gescheitert  -  jetzt  heiBt  es: 

-  diejenigen  zusammenzufassen,  die  sich  mit  Reformversprechen  nicht 
mehr  zufrieden  geben  wollen; 

-  die  Ka'mpfe  urn  Schul programme  und  Ausbildungsbedingungen,   Lehr- 
stellen und  Arbeitsplatze  im  Interesse  der  Arbeiterjugend  zu  or- 
ganisieren; 

-  den  Kampf  urn  die  Verbesserung  der  Lern-  und  Arbeitsbedingungen  als 
Bestandteil  des  Kampfes  fur  den  Sozialismus  zu  fuhren. 

-  ppsm  IITION  DF.S  ,lllGFNnPOLITISr.HFN  FORUMS  - 

(mit  groBer  Mehrheit,  bei  wenigen  Enthaltungen,  angenommen) 

Die  Teilnehmer  des  Jugendpolitischen  Forums  unterstutzen  lokale  und 
Uberregionale  Aktionen  der  Gewerkschaftsjugend  gegen  Jugendarbeits- 
losigkeit und  Lehrstellenverknappung  und  fordern  dazu  auf,  entspre- 
chende  brtliche  Kampagnen  zu  initiieren  und  zu  unterstutzen.  Dabei 
muB  deutlich  gemacht  werden,  daB  die  aktuelle  Situation  einen  Ban- 
krott  der  nach  kapitalistischen  Maximen  betriebenen  Berufsausbildung 
in  Unternehmerhand  darstellt  und  eine  Ausbildung  im  Interesse  und 
unter  Kontrolle  der  Arbeiter  und  ihrer  Organisationen  durchgesetzt 
werden  muB- 


2.  Arbeitsschwerpunkt  "Famil ienkonfl ikte  und  -flucht  von  Jugendlichen" 

In  den  8  Arbeitsgruppen  sowie  Untergruppen  des  Schwerpunktes  arbei- 
teten  jeweils  40-60  Sozialarbeiter  mit.  Da  nur  wenige,  z.T.  unvoll- 
kommene  Protokolle  aus  den  AGs  vorliegen,  ist  es  schwierig,  eine 
zutreffende  Darstellung  des  vielfach  sprunghaften  Diskussionsver- 
laufs  zu  geben.  Nur  wenige  Jugendliche  auBerten  sich  in  der  Diskus- 
sion,und  die  vorliegenden  Protokolle  bestatigen,  daB  vorwiegend  die 
Arbeits-  und  Organisationsprobleme  von  Sozialarbeitern  diskutiert 
wurden,  die  in  ihrer  praktischen  Arbeit  versuchen,  entgegen  ihrer 
objektiven  Funktion  die  Interessen  und'  Im'tiativen  der  Arbeiterju- 
gendlichen  zu  unterstutzen. 


Ausgegangen  wurde  von  der  erkennbaren  V 
Lebensverhaltnisse,  die  sich  vor  all  em 
niederschlagen.  Die  in  Beratungsstellen 
richteten,  daB  finanzielle  Probleme  von 
( Ki ndergel df ragen ,  Ei nkommensmi nderunge 
losigkeit,  Stellenvermittlung),  Wohnung 
klagen)  und  soziale  Probleme  (Scheidung 
inhalte  der  Beratungstatigkeit  sind.  Di 
Belastungen  der  Famil ie  fuhren  zu  Neuro 
dingter  Krankheit  und  zu  einer  Zunahme 
tatigkeiten  zwischen  Ehepartnern  und  zw 


erschlechterung  famil ialer 
in  materiel len  Problemen 
tatigen  Sozialarbeiter  be- 
Familien  und  Teilfamilien 
n,  geringer  Lohn,  Arbeits- 
sprobleme  (Mieten,  Raumungs- 
sfragen,  Abtreibung)  Haupt- 
e  daraus  resul tierenden 
sen  und  psychosomatisch  be- 
von  Spannungen  und  Gewalt- 
ischen  El  tern,  Elternteilen 


-  65  - 


und  Kindern.  (Zunahme  von  KindesmiBhandlungen,  Scheidungen),  deren 
AusmaB  aufgrund  der  Privatheit  der  Familie  nur  schwer  erkennbar  sei. 
Die  Krise  der  Familie  ist  dabei  selbst  nur  ein  Ausdruck  fur  die 
unterprivilegierte  Arbeits-  und  Lebenssituation  der  Arbeiter  und 
daher  kein  Problem  individuellen  Versagens.  Die  Formen  der  Gewalt 
in  der  Familie  spiegelt  die  Gewalt  der  kapitalistischen  Gesellschaft 
wider,  in  der  fur  die  lohnabhangige  Bevb'lkerung  keine  Mbglichkeiten 
der  Selbstverwirklichung  und  Selbstbestimmung  bestehen. 

In  der  AG  "Fluchttendenzen"  wurde  die  Flucht  vieler  Jugendlicher  aus 
der  Familie  als  eine  Reaktion  auf  die  fehlenden  materiel len  Mbglich- 
keiten der  Familie  und  die  "Zerstbrtheit"  ihres  Kommunikationszusam- 
menhanges  diskutiert.  Her  Teufelskreis:  miese  Famil iensituation  - 
Schulschwanzen  -  Druck  der  Schule  auf  Jugendliche  und  Familie  - 
Familienkrach  oder  miese  Famil iensituation  -  Schulschwanzen  -  "MiB- 
erfolg"  in  der  Schule  -  fehlender  SchulabschluB  -  Arbeitslosigkeit 
wie  auch  Jugendarbeitslosigkeit  als  Ausdruck  der  gegenwartigen  Wirt- 
schaftskrise  und  Ausbildungskrise  fiihrt  bei  vielen  Jugendlichen  zur 
Flucht  aus  der  Familie.  Die  Schaffung  alternativer  Lebensformen  wie 
die  Grlindung  von  Wohngemeinschaften  scheitert  oft  an  den  fehlenden 
materiel len  Mbglichkeiten  bei  den  Jugendlichen  und  auch  den  begrenz- 
ten  Mitteln,  der  mit  ihnen  zusammenarbeitenden  Sozialarbeiter. 

Sozialarbeiter  haben  in  ihrer  Berufssituation  keine  Mbglichkeiten, 
die  in  der  Struktur  der  kapitalistischen  Gesellschaft  wurzelnden 
Ursachen  der  Famil ienkrise  und  der  Probleme  der  Jugendlichen  zu  be- 
seitigen.  Sie  kbnnen  jedoch,  wenn  der  Klassencharakter  der  Gesell- 
schaft erkannt  ist,  Liber  die  gesellschaftl ichen  Ursachen  und  den  ge- 
sellschaftlichen  Charakter  dieser  Probleme  aufklaren  und  eine  Pol i- 
tisierung  der  Jugendlichen  unterstlitzen.  Eine  Position,  die  diese 
Politisierung  als  zweiten  Schritt,  d.h.  erst  nach  dem  Versuch  einer 
psychischen  (Selbst-)  Stabilisierung  fur  mbglich  halt,  wurde  abge- 
lehnt.  Selbststabilisierung  und  individuelle  Problemlbsung  und 
Politisierung  wurden  als  Bestandteile  eines  Prozesses  begriffen. 

Beratungsstellen,  insbesondere  solche,  die  der  behbrdlichen  Sozial- 
arbeit  vorgelagert  sind,  kbnnen  und  m'ussen  nach  Meinung  der  Teilneh- 
mer  eine  konmunikative  und  organisatorische  Basis  fur  politische 
Initiativen  sein.  Dazu  wurden  Beispiele  aus  Berlin  und  Stuttgart 
diskutiert.  Eine  solche  Arbeitsweise  kann  auf  "Einzelfallhilfe" 
nicht  verzichten.  Diese  muB  im  Rahmen  einer  politischen  Perspekti- 
ve  erfolgen. 

In  der  AG  "Familie  und  Vorschulerziehung"  wurde  herausgearbeitet,  daB 
die  Obernahme  der  These  vom  Funktionsverlust  der  Familie  die  Ober- 
nahme  burgerl icher  Positionen  bedeutet,  weil  sie  von  den  gesellschaft- 
lich  bedingten  Belastungen  der  Familie  ablenke  und  die  Frage  aus- 
klamraere,  welche  Funktion  die  Familie  heute  habe.  Neben  der  Repro- 
duktion  des  Individuums  habe  die  Familie  flir  das  Kapital  die  Aufga- 
be,  die  Produktion  der  Ware  Arbeitskraft  sicherzustellen.  Die  Ent- 
wicklung  der  Produktivkrafte  stelle  neue  Anforderungen  an  die  Quali- 
fikation  der  Arbeitskraft,  die  eine  zunehmende  Vergesellschaftung 
der  Erziehung  im  Interesse  des  Kapitals  erfordert.  Die  Vergesell- 
schaftung der  Erziehung  mache  Erziehungsprozesse  zunehmend  bffent- 
lich  und  bietet  daher  mehr  Mbglichkeiten,  diese  in  die  politischen 

-  66  - 


Auseinandersetzungen  einzubeziehen.  Die  in  den  Kindertagesstatten 
eingefiihrte  Mitbestimmung  der  El  tern  erweist  sich  dabei  jedoch  als 
unzureichend  und  ungeeignet,  weil  die  Mitbestimmung  in  den  Kinder- 
garten sich  nicht  an  den  Problemen  der  Arbeitereltern  und  -kinder 
orientieren  kann. 

Die  politische  und  gewerkschaftl  iche  Drganisierung  der  Erzieher  ist 
daher  eine  wichtige  Bedingung,  urn  die  Interessen  der  Arbeitereltern 
aufgreifen  zu  kbnnen. 

Die  Frage,  wofu'r  sind  Eltern  bereit  zu  kampfen,  konnte  in  dieser  AG 
nicht  beantwortet  werden.  Festgehalten  wurde  jedoch,  daB  aus  der 
Sicht  der  Eltern  die  Orientierung  am  Problem  wichtiger  sei  als  die 
"richtige"  politische  Linie.  Ihr  Engagement  ist  also  abhangig  von 
der  konkreten  Nlitzl  ichkeit,  die  sie  von  politischen  Aktionen  erwar- 
ten.  Deshalb  blieb  auch  die  Frage  offen,  was  die  sozial  istischen  In- 
halte  eines  Sozialkampfes  im  Bereich  der  Vorschulerziehung  sind. 

Ein  nicht  abgeschlossenes  Problem  in  den  Arbeitsgruppen  blieb  die 
Frage,  wie  Sozialarbeiter  praktische  Solidaritat  mit  den  Jugendli- 
chen und  Arbeiterfamilien  Iiben  kbnnen.  Die  Funktion  des  Sozialarbei- 
ters  stellt  ein  objektives  Hindernis  fur  Solidaritat  dar.  Die  in 
der  AG  "Diszipl inierung  von  Sozialarbeitern"  diskutierten  Beispiele 
und  Ansatze  genligten  den  Diskussionteilnehmern  nicht.  Es  wurde  am 
Beispiel  der  Jugendgerichtshilfe  herausgearbeitet,  daB  das  Bespre- 
chen  des  JGH-Berichtes  mit  dem  Jugendlichen,  die  Aufklarung  Liber  die 
ProzeBsituation,  das  Eintreten  fiir  die  Herabsetzung  des  StrafmaSes 
und  die  Aufklarung  liber  die  gesellschaft!  iche  Situation  des  Jugend- 
lichen keine  ausreichende  Solidaritat  darstelle.  Die  Funktion  der 
Sozialarbeit  bleibe  dabei  erhalten.  Eine  Bedingung  fiir  die  Entwick- 
lung  praktischer  Solidaritat  wurde  in  der  gewerkschaftl ichen  und 
politischen  Organisierung  der  Mitarbeiter  der  Einrichtungen  gesehen, 
d.h.  unter  EinschluB  auch  der  Verwaltungskrafte.  Die  aus  diesem 
OrganisierungsprozeB  resultierende  Basis  ist  eine  wichtige  Voraus- 
setzung,  urn   Konfl iktsituationen  zwischen  Verwaltung  und  Sozialarbei- 
tern,die  sich  gemeinsam  mit  ihren  "Klienten"  politisch  fiir  die  Ver- 
besserung  der  Lebensbedingungen  einsetzen,  besser  durchstehen  zu 
kbnnen. 


3.  Arbeitsschwerpunkt:  "Freizeitsituation  und  Selbstorganisation 
von  Jugendl ichen" 

In  den  15  Arbeitsgruppen  fanden  sich  ca.  1200  Leute  zusammen.  Da 
erst  wenige  Protokolle  hier  eingegangen  sind,  kbnnen  wir  nur  einige 
zentrale  Fragestellungen  zusammenfassen,  die  in  diesen  Arbeitsgrup- 
pen diskutiert  wurden. 
Schwerpunkte  der  Diskussion  waren  vor  allem: 

1.  die  Frage  der  Selbstorganisation  (SO) 

2.  Politisierungsmbgl ichkeiten  in  Jugendzentren 
3!  Rolle  und  Funktion  des  Sozialarbeiters 

zu  1.)  In  der  Diskussion  bestand  die  Schwierigkeit  der  inhaltlichen 
Bestimmung  des  Begriffs  der  Selbstorganisation,  dessen  Auslegung  in 
verschiedene  Richtungen  mbglich  ist.  Selbstorganisation  von  Jugend- 
lichen ohne  Angabe  eines  Ziels,  wohin  diese  flihren  soil,  kann  dem- 

-  67  - 


nach  auch  durchaus  im  Sinne  der  Sozialbiirokratie  sein,  die  Methoden 
der  Jugendarbeit  zu   effektivieren.  Man  kam  Ubereinstimmend  zu  der 
Auffassung,  daB  Selbstorganisation  als  organisierte  Vertretung  und 
Durchsetzung  von  Interessen  und  Bediirfnissen  der  Jugendlichen  gegen- 
Liber  der  Stadt  zu  begreifen  sei  und  in  einem  inneren  Zusammenhang 
zu  der  Frage  der  Pol itisierungsmbglichkeit  von  Jugendlichen  stehe. 
Der  Kampf  ura  selbstverwaltete  Jugendzentren  kann  die  BewuBtwerdungs- 
prozesse  zum  Versta'ndnis  der  gesellschaftlichen  Realitat  in  Gang 
setzen,  wirksam  eingreifen  kann  dieser  Kampf  jedoch  nur  dann,  wenn 
er  verbunden  wird  mit  der  organisierten  Durchsetzung  von  Interessen 
im  Betrieb. 

zu  2.)  Dem  Jugendzentrum  selbst  wurde  die  Funktion  eines  politischen 
Durchlauferhitzers  zugewiesen.Die  konkreten  praktischen  Erfahrungen 
in  Bezug  auf  die  Auseinandersetzungen  mit  der  Behb'rde  urn  das  Jugend- 
zentrum und  um  die  Inhalte  im  Jugendzentrum  sollten  Ansatzpunkte 
bei  der  Vermittlung  eines  parteilichen  Bildes  der  gesellschaftlichen 
Realitat  sein,  sowie  die  pol itische  Wirksamkeit  des  Jugendzentrums 
zu  erhbhen.  Dabei  wurden  "Kapitalschulungen"  als  denkbar  ungeeigne- 
tes  Mittel  der  politischen  BewuBtseinsbildung  angesehen,  dennoch 
sollten  Bedurfnisse  nach  theoretischen  Erkenntnissen,  die  auf  Erfah- 
rungen aufbauen,  nicht  abgeblockt,  sondern  aufgegriffen  und  weiter- 
entwickelt  werden,  damit  diese  wieder  in  die  praktische  Arbeit  hin- 
einschlagen. 

zu  3.)  In  der  Diskussion  um  die  Selbstorganisation  wurde  die  Rolle 
und  Funktion  des  Sozialarbeiters  immer  wieder  problematisiert.  Dem 
Sozialarbeiterbild  der  K-gruppen,  die  in  ihm  einzig  und  allein  einen 
"Agenten  der  Bourgeoisie"  sehen,  wurde  entgegengehalten,  daB  Sozial- 
arbeit  objektiv  zwar  als  Integrationsapparat  des  kapital istischen 
Staates  aufzufassen  sei,  daB  jedoch  Sozialarbeitemmit  sozialisti- 
schera  Anspruch  die  Aufgabe  zufiele,  die  ihnen  gesellschaftlich  zuge- 
wiesene  Funktion  der  Diszipl inierung,  Reglementierung  der  Jugend- 
lichen und  deren  Integration  in  den  kapitalistischen  Verwertungs- 
zusammenhang  zu  unterlaufen.  Da  man  aufgrund  dieser  unterschiedl ichen 
Positionen  hierliber  keine  Einigkeit  erzielen  konnte,  blieb  auch  die 
Diskussion  um  mbgliche  Perspektiven  in  der  berufl ichen  Praxis  in 
Ansatzen  verhaftet  . 


ierung 
ie 
interessen  aer  ioziaiarDener  una  aer  Jugenancnen  in  vielen  hallen 
unterschiedlich  sind  und  der  Sozialarbeiter  von  daher  partiell  der 
Gefahr  von  opportunistischen  Verhaltensweisen  unterliegt.  Die  Mbg- 
lichkeiten  der  solidarischen  Unterstlitzung  von  Jugendlichen  durch 
die  Sozialarbeiter  konnten  in  einigen  Arbeitsgruppen  anhand  konkre- 
ter  praktischer  Erfahrung  problematisiert  werden. 

Es  wurde  als  notwendig  angesehen,  die  Isol ierung  der  Jugendzentren 
aufzuheben,  d.h. 

1.  die  Verankerung  im  Stadtteil,  das  bedeutet  Teilnahme  an  den  dort 
stattf indenden  Kampfen,  sowie  Information  u'ber  die  Forderungen  und 
Auseinandersetzungen  der  Jugendlichen  mit  dem  Ziel  Solidaritat  von 


-  68 


Seiten  der  Bewohner.  Dieser  Zielvorstel  lung  steht  jedoch  das  Bediirf- 
nis  der  Jugendlichen,  Freizeit  zu  machen  ,  entgegen.  Dabei  wurde  fol- 
gende  Problematik  aufgeworfen:  Wie  sind  die  vorhandenen  Alltagsbe- 
dlirfnisse  zum  Ausgangspunkt  kollektiver  Arbeit  zu  machen  und  wie 
sind  sie  weiterzuentwickeln? 

2.  Die  Mbglichkeit  eines  Erfahrungsaustausches  auf  lokaler-regiona- 
ler  -  und  Uberregionaler  Ebene  zu  schaffen. 

Als  herausragendstes  Ergebnis  sind  die  Diskussionen  in  der  AG: 
"Madchenprobleme  im  Jugendzentrum"  anzusehen.  Sie  war  die  einzige, 
die  den  direkten  Versuch  unternahm,  einen  neuen  emanzipatorischen 
Weg  zu  gehen.  Zielgruppe  sind  Arbei termadchen,  als  Ausdruck  davon, 
daB  "proletarische  Madchen  der  am  meisten  unterdriickte  Teil  in  der 
allgemeinen  gesellschaftlichen  Unterdrlickung"  sind. 
Zielvorstellungen  dieser  Madchengruppe  sind:  sich  selbst  kennenzuler- 
nen,  das  eigene  rol lenspezifische  Verhalten  zu  erkennen,  sich  neue 
Verhaltensweisen  anzueignen.  Die  Madchen  sollen  sich  als  "Gegenge- 
wicht"  zu  den  Jungens  verstehen,  um  ihr  SelbstbewuBtsein  zu  starken, 
aus  ihrem  Konkurrenzverhal ten  untereinander  herauszukommen  und  sich 
von  ihrer  Fixierung  an  die  Manner  zu  losen.  Der  ZusammenschluB  in 
einer  Madchengruppe  ermbglicht  ihnen,  ihre  Interessen  zu  artikulie- 
ren  und  durchzusetzen  und  durch  ihre  gemeinsamen  Aktivitaten  ein 
Sol  idaritatsgefuhl  zu  entwickeln.  Noch  eine  Forderung  aus  dieser  AG 
ist  bemerkenswert:  als  Folge  der  Entstehung  einer  Madchengruppe 
soil  sich  eine  Jungengruppe  konstituieren,  die  ihr  geschlechtsspezi- 
fisches  Verhalten,  Denken  und  ihre  Konkurrenz  untereinander  zum 
Gegenstand  ihrer  Diskussion  machen  soil.  Aus  dieser  AG  hat  sich  eine 
Liberregionale  Frauengruppe  des  JupoFo  gebildet,  die  an  diesen  Fragen 
weiterarbeiten  will.  (Siehe  S-  21) 

Die  Diskussionsergebnisse  der  AG's  im  Bereich  Freizeit  werden  nur  dann 
einen  Erfolg  verzeichnen,  wenn  sie  sich  langfristig  in  den  jeweili- 
gen  Arbei tsbereichen  niederschlagen.  Grundsatzl ich  Neues  wurde  auf 
dem  JupoFo  nicht  erzielt,  die  Erfahrungen  aus  der  Jugendzentrumsbe- 
wegung  konnten  allerdings  konkretisiert  und  Ansatze  antikapital isti- 
scher  Praxis  aufgezeigt  werden.  Dabei  erwies  sich,  daB  mit  aufge- 
stlilpten  "fUr-gegen-Forderungen"  dem  Charakter  der  staatl  ichen  Ju- 
gendpolitik  nicht  beizukommen  ist. 

4.  Arbei tsschwerpunkt:  "Jugendhilferecht" 

Zu  diesem  Arbeitsschwerpunkt  liegen  bisher  keine  Protokolle  vor. 
Folgende  Resolutionen  sind  aus  dieser  Arbeitsgruppe  entwickelt  und 
auf  der  AbschluBveranstaltung  verabschiedet  worden: 

-  ERKLSRUNG  DER  JUGENDLICHEN,  DER  SOZIALARBEITER,  ERZIEHER,  l.EHRER  UND 

STUDENTEN  AUF  DEM  JUGENDPOLITISCHEN  FORUM  - 

(mit  uberwaltigender  Mehrheit  angenommen) 

Die  Jugend  der  arbeitenden  Klasse  wird  in  der  westdeutschen  Gesell- 
schaft  vorbereitet  auf  ein  Leben  als  Lohnarbeiter  fur  die  Kapita- 
listen.  Ihre  Ausbildung  und  Erziehung  ist  darauf  ausgerichtet,  daB 
sie  lernt,  unter  dem  Kommando  und  zum  Nutzen  der  Kapital isten  zu 
arbeiten.  Produzenten  des  gesellschaftlichen  Reichtums  sollen  die 


69  - 


Jugendlichen  werden,  aber  eines  Reichturas,  den  die  Besitzer  der 
Produktionsmittel  sich  aneignen.  Sie  selbst  erwartet  ein  Leben  in 
Abhangigkeit  von  den  Besitzern  der  Produktionsraittel  .  Ihre  ganze 
Freiheit  wird  darin  bestehen,  daB  sie  ihre  Arbeitskraft  an  den  meist- 
bietenden  Ausbeuter  verkaufen  mlissen.  Das  ist  keine  gute  Zukunfts- 
perspektive,  welche  die  kapitalistische  Gesel lschaft  fur  die  Jugend 
der  arbeitenden  Klasse  bereithalt.  Es  erwartet  sie  ein  Leben,  das 
bestimmt  ist  durch  Mangel  und  Unsicherheit,  durch  Schikane,  Gange- 
lei  und  Erstickung  aller  Selbstandigkeit.  Entsprechend  sind  Gange- 
lung,  Rechtfertigung  der  Ausbeutung,  Gewbhnung  an  die  Ausbeutung 
und  fru'he  Unterwerfung  unter  die  Lohnabhangigkeit  die  Hauptmethoden 
der  Ausbildung  und  Erziehung,  welche  Staat  und  Kapitalisten  flir  die 
Jugend  der  arbeitenden  Klasse  bereithalten. 

Diese  Erziehung  und  Ausbildung  durch  den  Staat  und  die  Kapitalisten, 
die  Perspektive  lebenslangl icher  Lohnabhangigkeit  stbBt  bei  der 
Jugend  auf  Widerstand.  Wir  unterstiitzen  diesen  Widerstand. 

Insbesondere  wehren  wir  uns  gegen  den  Entwurf  der  Bundesregierung 
zu  einem  Jugendhilfegesetz.  Wenn  dieser  nach  neuesten  Infcrmationen 
in  dieser  Legislaturperiode  auch  nicht  mehr  auf  Bundesebene  verab- 
schiedet  werden  soil,  besitzt  er  als  Ausdruck  staatlicher  Jugendpo- 
litik  und  im  Hinblick  auf  seine  Anwendung  auf  Landerebene  doch  poli- 
tische  Bedeutung.  Dieser  Gesetzentwurf  ist  notwendig  geworden,  weil 
die  Verschlechterung  der  Lebensverhaltnisse  flir  die  Arbeiterklasse 
den  Nachwuchs  von  gefugigen  und  arbei tsfahigen  Lohnarbeitern  gefahr- 
det.  Beseitigen  kann  der  Gesetzentwurf  diese  Probleme  nicht.  Er 
sieht  MaGnahmen  vor,  die  allesamt  auf  die  biirokratische  Bevormun- 
dung  der  Jugendlichen  hinauslaufen.  Die  staatliche  Fbrderung  von 
MaBnahmen  der  Jugendhilfe  wird  davon  abhangig  gemacht,  daB  die  be- 
stehende  politische  und  gesellschaftliche  Ordnung  anerkannt  wird, 
welche  das  Elend  der  Jugendlichen  hervorgebracht  hat.  Allen  selbstan- 
digen  Initiativen  von  Jugendlichen  soil  jede  Fbrderung  verweigert 
werden;  allgemein  unterliegt  ihre  Tatigkeit  der  Genehmigungspfl icht 
durch  die  staatlichen  Jugendbehbrden.  Gleichzeitig  bekommen  die 
kirchlichen  Verbande  weiterhin  bffentliche  Mittel  flir  ihre  Jugendar- 
beit,  mit  der  sie  religiose  Ideologien  verbreiten  und  den  Geist  der 
Duldsarakeit  predigen. 

Ein  solches  Gesetz  ist  gegen  die  Interessen  der  arbeitenden  Jugend 
gerichtet.  Es  behindert  die  Erkenntnis  und  die  politische  Durch- 
setzung  dieser  Interessen.  Es  zielt  darauf  ab,  die  Sozialarbeiter, 
Erzieher  und  Lehrer  noch  direkter  als  bisher  zur  Durchsetzung  der 
blirgerlichen  Erziehung  und  Schikanierung  gegen  die  arbeitende  Jugend 
einzusetzen.  Wir  weisen  dieses  Gesetz  zuriick  und  wenden  uns  insbeson- 
dere an  die  gewerkschaftl ich  organisierten  Arbeiter  und  Angestellten 
mit  der  Aufforderung,  gegen  dieses  Gesetz,  das  direkt  die  Interessen 
ihrer  Kinder  verletzt,  aufzutreten.  Die  Jugend  der  arbeitenden  Klasse 
muB  Raum  haben  zur  Entfaltung  ihrer  Selbstandigkeit.  Sie  braucht 
die  Selbstandigkeit,  um  die  Fahigkeit  zu  erwerben,  die  Verhaltnisse 
zu  erkennen  und  die  organisierte  Kraft  zu  entwickeln,  um  sie  umzu- 
walzen.  Darum  treten  wir  fur  solche  JugendhilfemaBnahmen  ein,  welche 
die  Selbstandigkeit  der  Jugend  fbrdern.  Wir  fordern,  daB  die  sozia- 
len  Probleme  der  Arbei terjugend  nicht  isoliert,  sondern  an  ihrem  je- 
weiligen  gesellschaftl ichen  Ort  -  i m  Betrieb,  im  Stadtteil  -  auf- 

-  70  - 


gegriffen  und  solidarisch  mit  den 
Wir  unterstiitzen  auch  entschieden 
teten  Jugendzentren,  die  unter  den 
gefunden  hat.  Wir  fordern  dafiir  di 
tel  und  weisen  jede  inhaltliche  Ei 
zuruck.  Die  hier  versammelten  Sozi 
erklaren,  daB  sie  bereit  sind,  in 
initiativen  unter  der  Kontrolle  de 
sie  dagegen  ankampfen  werden,  als 
vorgesetzten  Behbrden  miBbraucht  z 
gegen  die  Disziplinierung  all  jene 
diese  Ziele  einsetzen. 


Betroffenen  angegang 
die  Forderung  nach  s 
Jugendlichen  ein  br 
e  Bereitstel  lung  sta 
nmischung  des  Staate 
alarbeiter,  Erzieher 
solchen  selbstverwal 
r  Jugendlichen  zu  ar 
Kontrolleure  der  Jug 
u  werden.  DaB  sie  si 
r  Kollegen  wenden,  d 


en  werden. 
elbstverwal- 
eites  Echo 
at!  icher  Mit- 
s  entschieden 
und  Lehrer 
teten  Jugend- 
beiten.  DaB 
end  von  den 
ch  entschieden 
ie  sich  fiir 


-  RESOLUTION  ZUM  AUSSCHLUSS  DER  OFFENTLICHKEIT  BEIM  SOGENANNTEN 

"riELEGIERTFNTAG"  DER  AGJ       

(mit  iiberwaltigender  Mehrheit  angenommen) 

-  Das  JupoFo  verurteilt  die  Praxis  von  Bundesregierung  und  AGJ, 
Jugendpol itik  in  zunehmendem  MaBe  unter  AusschluB  der  Offentlich- 
keit,  iiber  die  Kbpfe  der  Betroffenen  hinweg,  zu  verhandeln. 

-  Ausdruck  dieser  Pol itik  war  die  Absage  des  5.  DJHT  durch  die  AGJ, 
verbunden  mit  einer  Kriminal isierung  fortschrittl icher  Sozialar- 
beiter und  -padagogen. 

-  Ausdruck  dieser  Pol itik  ist  vor  allem  auch  die  Tatsache,  daB  die 
AGJ  in  Abstimmung  mit  dem  Bundesjugendministerium  einen  sog. 
"Delegiertentag  der  Jugendhilfe"  hinter  verschlossenen  Tiiren  plant 
und  sich  damit  anmaBt,  fur  die  gesamte  Jugendhilfe  in  der  BRD  zu 
sprechen. 

-  Dies  ist  eine  unerhbrte  Provokation  gegenuber  der  Fachbasis,  den 
von  Jugendhilfe  Betroffenen  und  den  Basisinitiativen,  die  ausge- 
schlossen  bleiben. 

-  Das  JupoFo  fordert  deswegen  alle  Verbande  und  Institutionen,  die 
gegen  die  Absage  des  5.  DJHT  stimmten,  insbesondere  die  Falken  und 
die  Naturfreundejugend  auf,  sich  nicht  an  diesem  Ersatzjugendhil- 
fetag  zu  beteiligen,  wenn  dort  keine  Dffentl ichkeit  zugelassen  wird. 

-  Darliberhinaus  fordern  wir  die  Landesjugendringe,  die  Gewerkschafts- 
jugend,  DTV  und  GEW,  die  Jungsozialisten,  die  Arbei terwohlfahrt 
sowie  die  fortschrittl ichen  Fraktionen  in  anderen  Jugend-  und 
Wohlfahrtsverbanden  auf,  sich  nicht  an  dieser  Jugendhilfetags- 
Karrikatur  zu  beteiligen. 

(Drei  weitere  Resolutionen  zur  Disziplinierung  im  Jugendhilfebereich, 
wie  der  Of fene  Brief  gegen  die  Isolationshaft  politischer  Gefangener 
und  die  abgelehnten  Resolutionen  werden  in  der  Dokumentation  der 
Initiative  verbffentl icht) . 


71  - 


Detlef  Garbe: 

JUGENDPOLITISCHES  FORUM 

BEOBACHTUNGEN  -  ERKENNTNISSE  -  ERFAHRUNGEN 


Als  Jugendlicher,  der  in  einer  Initiative  flir  ein  unabhangiges  und 
selbstverwaltetes  Jugendzentrum  an  bzw.  mit  der  Basis  in  einem  be- 
schra'nkten  regionalen  Rahmen  arbeitet,  war  es  wohltuend,  an  einem 
uberregionalen  Erfahrungsaustausch  teilzunehmen,  in  dem  die  Betrof- 
fenen  -  auch  Sozialarbeiter  sind  im  gewissen  Sinn  Betroffene  staatli- 
cher  Jugendpolitik  -  selbst  zu  Wort  kamen.  Es  war  also  kein  Forum, 
auf  dem  Verbandsfunktionare  einmal  mehr  den  elitaren  Anspruch  flir 
sich  gel  tend  gemacht  haben,  die  Bedu'rfnisse  von  Jugendlichen  zu  ar- 
tikul ieren. 

Ein  Wort  des  Lobes  sei  hier  erst  einmal  vorangestel  It.  Daflir,  da(3 
die  Organisatoren  des  JUPOFO  nicht  die  genaue  Teilnehmerzahl  voraus- 
planen  konnten,  klappte  die  Organisation  sehr  gut.  Dies  ist  bei 
2  500  Teilnehmern  sicherlich  keine  leichte  Aufgabe  gewesen. 

Die  fru'he  Trennung  von  Jugendlichen  aus  Jugendzentren  von  dem  Forum, 
um  ihre  Probleme  und  Erfahrungen  selbstandig  im  JZ  Fechenheim  disku- 
tieren  zu  konnen,  hat  bestimmt  nicht  zu  einem  besseren  inhaltlichen 
Verlauf  des  JUPOFO  beigetragen.  Gerade  durch  diese  Isolierung  ist 
vielleicht  eine  versta'rkte  Problematisierung  des  Verhaltnisses  von 
Jugendlichen  und  Sozialarbeitern  ausgeblieben  -  noch  dazu,  wo  die 
Zahl  der  anwesenden  Jugendlichen  sowieso  schon  viel  zu  gering  war. 
Oeshalb  haben  sich  auch  nicht  alle  Freunde  und  Kollegen  aus  den  Ju- 
gendzentren der  Aktion  des  JZ  Fechenheim  angeschlossen. 

Die  Diskussion  z.B.  Liber  den  Charakter  von  Reform  und  Repression 
(eine  Problematik,  die  gerade  im  jugendpol itischen  Bereich  sehr  ak- 
tuell  ist,  gerade  auch  flir  Jugendzentren,  da  ja  immer  wieder  viele 
Jugendzentren  in  Verhandlungen  mit  staatlichen  Einrichtungen  sich 
dieser  Fragestel lung  ausgesetzt  sehen)  kann  nur  mit  den  fortschritt- 
lichen  Sozialarbeitern  geflihrt  werden,  da  sie  ja  konkret  diesen 
doppelzlingigen  Charakter  staatlicher  Jugendpolitik  erleben.  Wir  Ju- 
gendlichen ha'tten  bei  einer  versta'rkten  Teilnahme  am  JUPOFO  auch 
versta'rkter  unsere  Forderungen  und  Erwartungen  an  die  Sozialarbeiter 
vertreten  konnen.  Wir  Jugendlichen  ha'tten  auch  gemeinsam  mit  den 
Sozialarbeitern  Forderungen  aufstellen  konnen,  wie  z.B.  die  Aufnahme 
der  Forderung,  daB  Jugendzentren  selbst  ihre  Sozialarbeiter  anstel- 
len.und  daB  diese  Sozialarbeiter  den  Selbstverwal tungsorganen  ver- 
antwortl ich  sind. 

Der  Diskussionverlauf  wahrend  des  Forums  wurde  -  wie  eigentlich  zu 
erwarten  war  -  des  b'fteren  dadurch  gestbrt,  daB  einige  Gruppen  eine 
Selbstdarstellung  ihrer  Position  einbrachten.  Trotzdem  darf  dieses 
nicht  Liberbewertet  werden,  wie  es  anscheinend  in  der  Stellungnahme 
zum  JUPOFO  in  der  "links"  (Januar  75)  den  Eindruck  macht.  Denn  die 
K-Gruppen  werden  selbst  im  Basisbereich,  d.h.  in  den  Betrieben, 
Schulen,  Jugendzentren  etc.  den  Wert  und  die  Richtigkeit  ihrer 

-  72  - 


pol  itischen  Aussagen  Liberprufen  konnen.  Sie  werden  unter  den  Ge- 
sichtspunkten  einer  kritischen  Analyse  selbst  ihre  Starke,  ihren 
EinfluB  und  die  Resonanz  der  Arbeiterjugend  erkennen  konnen. 

Woher  nehmen  diese  Gruppen  eigentlich  den  Anspruch, flir  die  Arbeiter- 
jugend sprechen  zu  konnen?  (wie  es  auf  dem  JUPOFO  versucht  worden  ist). 
Flir  die  Arbeiterjugend  kann  nur  die  Arbeiterjugend  selbst  sprechen  - 
aber  die  Sprache  der  Arbeiterjugend  artikuliert  sich  zur  Zeit  anders 
als  "in  revolutionaren  Aktionen"  Oder  auf  "jugendpol itischen  Foren". 
Dies  ist  das  Problem!  Wo  drangt  denn  bitte  konkret  die  "Arbeiterju- 
gend zur  Revolution"  (Beitrag  der  roten  Garde  (KPD/ML)).  Die  Praxis, 
die  sich  sowohl  den  fortschrittl ichen  Sozialarbeitern  wie  Jugendli- 
chen stellt,  sieht  doch  anders  aus.  Sicherlich  sind  sich  die  Arbei- 
terjugendl ichen  -  gerade  jetzt  -  im  klaren  Liber  ihre  miserable  Lage. 
Aber  was  fehlt,  ist  doch  die  konkrete  Verhaltensal ternative  (mit 
Erfolgsaussichten)  zu  der  um  sich  greifenden  Resignation  und  Anpas- 
sung-  Daru'ber  ha'tte  auf  dem  JUPOFO  verstarkt  geredet  werden  mUssen. 
Es  gent  auch  nicht  darum,  die  "Arbeiterklasse  zu  belehren" 
(KPD-Beitrag  zur  Funktion  des  JUPOFO),  es  gent  darum,  gemeinsam  Kon- 
flikte  aufzuzeigen,  zu  erfassen,  zu  analysieren  und  zulbsen. 

Die  Mehrheit  der  Arbeiterjugendl ichen  -  konkret  die  Mehrheit  der  Be- 
sucher  eines  JZ  oder  die  Mehrheit  der  Teilnehmer  am  JUPOFO  sollen 
ruhig  ohne  moral ische  Skrupel  ihre  Interessen  und  Bedurfnisse  gegen 
"verbale  Hauptakteure"  durchsetzen.  Dies  ist  auch  ein  politischer 
LernprozeB  und  hat  absolut  nichts  mit  "Antikommunismus"  zu  tun. 
Wohlgemerkt  -  dies  sollte  nicht  daran  hindern,  in  gewissen  Punkten 
solidarisch  mit  den  Genossen  der  K-Gruppen  zu  sein  (z.B.  bei  der 
Verfolgung  der  K-Gruppen  durch  den  Staatsapparat) ,  denn  laBt  uns 
endlich  in  Theorie  und  Praxis  verstehen,  daB  der  Feind  noch  immer 
rechts  stent  und  daB  unsere  heutige  Aufgabe  die  Entlarvung  der  dop- 
pelzlingigen  Politik  des  Staatsapparates  ist. 

Die  Tra'ger-Organisationen  des  JUPOFO  haben  die  Bedeutung  des  Forums 
richtig  eingescha'tzt,  wenn  sie  feststellen,  daB  der  politische  Kampf 
nicht  auf  einem  solchen  Forum  geflihrt  werden  kann,  sondern  eben  nur 
an  der  Basis.  Das  Forum  konnte  nur  ein  wenig  den  Erfahrungsaustausch 
vorantreiben  und  auf  einheitliche  Strategie  der  oft  isoliert  arbei- 
tenden  Jugendlichen  und  Sozialarbeiter  drangen.  An  der  Basis  mussen 
neue  Solidarita'tsformen  entwickelt  werden,  die  Zusammenarbei t  von 
jugendpol itischen  Organisationen  an  der  Basis  wird  zu  einer  Unter- 
hohlung  der  Funktionarsspitze  der  Jugendorganisationen  flihren. 

Kritik  am  Jugendpol itischen  Forum 

1.  Die  konstruktive  Arbeit  in  den  Arbeitsgruppen  ha'tte  noch  starker 
Bestandteil  des  Forums  sein  mussen.  Dabei  ha'tte  auf  eine  Unterschei- 
dung  der  Arbeitsschwerpunkte  der  Gruppen  nicht  nur  nach  inhaltlichen 
Anhaltspunkten,  sondern  auch  nach  Sozialstruktur  (Stadt-Land)  und 
Klassenstruktur  (Schu'ler-Lehrlingsarbeit),  da  die  Bedingungen  der 
Arbeit  sehr  verschieden  sind,  erfolgen  mussen. 

2.  Es  waren  im  Verha'ltnis  noch  viel  zu  wenig  Jugendliche  anwesend, 
die  Gefahr,  daS  das  Forum  doch  zu  einer  berufsstandischen  Veranstal- 
tung  wurde,  war  zeitweise  vorhanden. 

3.  Die  erreichbaren  Ziele  einer  solchen  Veranstal tung  mussen  den 


73 


Teilnehmern  bewuBter  werden.  Damit  verbunden  ist  das  richtige  Ein- 
schatzen  der  mdglichen  Gespr'achsgegenstande  (es  geht  weder  darum, 
wie  "die  Vol kskampf e  hin  zum  Sozialismus  gefuhrt"  werden,  noch  um 
die  Frage.  "warm  der  Sozialarbei ter  im  Jugendzentrum  wem  den  Schlu's- 
sel  geben  darf . " 

4.  Es  muS  auf  alle  Falle  vermieden  werden,  solche  Foren  nur  zu 
Treffen  verschiedener  Jugendorganisationen  zu  machen. 

5.  Es  mufr  weiterhin  die  Basis  fur  ein  solches  Forum  angesprochen 
werden,  denn  nur  dann  sind  die  Betroffenen  Teilnehmer. 

6.  Um  die  Lage  der  Jugendorganisationen  richtig  darzustellen,  da 
das  BLindnis,  das  das  Jugendpol  itische  Forum  getragen  hat,  nicht 
liberbewertet  werden. 


darf 


VorankLindigung 

ARBEITSMATERIALIEN  SOZIALARBEIT/PA'DAGOGIK 

Almut  Jbdicke: 

ARBEITERMADCHEN   IM  JUGENDZENTRUM 


Erscheint   Ende  Februar,   Preis  voraussichtlich  DM  5.--   -   DM  6. 
Bezug:   Verlag  2ooo  GmbH,  6o5  Offenbach  4,  Postfach  591 


74  - 


Professorengruppe: 

STELLUNGNAHME  ZUR  ABSAGE  DES  5.  DJHT 

UND  ZUM 

JUGENDPOLITISCHEN  FORUM  V.    6.-3.12.1974 


Vorbemerkung: 

uber  80  Erziehungs-  und  Sozialwissenschaftler  aus  der  BRD  und  West- 

berlin  haben   in  einer  Erklarung,  die  zum  Jugendpol itischen  Forum  ver- 

bffentlicht  wurde,  die  Absage  des   5.    DJHT  und  die  Durchfuhrung  einer 

geschlossenen  AGJ-Delegiertenversammlung  verurteilt.    Sie  haben  das 

Jugendpol  itische  Forum  begriiBt  und  unterstlitzt. 

Die   unterzeichneten   Institutsdirektoren  und  Professoren  wenden  sich 

zwar  gegen  die  Absage  des  5.   DJHT,   kbnnen  aber  das  Jugendpol itische 

Forum  nicht  unterstutzen. 

Wir   drucken  hier  ihre  Stellungnahme  -   lediglich   kommentiert  durch 

einige  Bilder  -  ab. 

"Die  unterzeichneten  Erziehungswissenschaftler  sind  sum  Teil  von  den 
Initiatoren  des  fiir  Anfang  Dezember  geplanten  jugendpolitischen  Kon- 
qresses  aufgefordert  worden,   diese  Veranstaltung  durch  Unterzeich- 
nung  eines  Aufrufs  zur  Teilnahrr.e  und  FOrderung  der  Veranstaltung  zu 
unterstutzen. 

Sie  sind  dieser  Av.fforderv.ng  nicht  gefolgt,   obwohl  sie  wie  die  andern 
diese  Stellungnahme  Mitunterzeichnenden  die  Absage  des  geplanten 
S.    Deutschen  Jugendhilfetages  durch  die  AGJ  nicht  haben  dkzeptieven 
konnen  und  Von  vorneherein  die  dadurch  heraufbescluorenen  Gefahren 
einer  weiteren  Erschwerung  und  Verhartung  der  gerade  in  der  gegen- 
wartigen  Lage  so  notwendigen  offenen  jugendpolitischen  Diskussion 
gesehen  und  als  verhangnisvoll  eingeschatzi  haben.    Gerade  deswegen 
fiihlen  sie  sich  jedoch  veranlaUt,   die  Grttnde,    die  sie  zu  diesem 
Schritt  veranlaBt  haben,   offen  darzulegen  und  ihren  Standpunkt 
deutlich  zu  machen.    Was  wir  befiirchtet  haben,    ist  eingetreten;   auch 
wenn  die   Veranstalter  ausdrucklich  betoner.,    dali  der  jugendpolitische 
KongreB  keine  Gegenveranstaltung  zum  abgesagten  ■Jugendhilfetag  sei, 
so  kann  er  doch  nach  Lage  der  Dinge  nicht  anders  aufgefalit  werden. 


75    - 


' 


Angesiohts  der  durah  die  Absage  des  Jugendhilfetages  entstandenen 
Situation  und  angesiohts  des  "Aufrufs"  sahlielit  er  faktisch  den  groBten 
Teil  der  Trager  und  der  dort  tatigen  Sozialpiidagogen  und  Sozialar- 
beiter  aus. 

Die  Chance,   die  die  bisherigen  Jugendhilfetage  boten,  daB  namlich 
Forderuhgen  und  Probleme  der  Praxis  zwisohen  Sozialarbeitern,   An- 
stellungstragern  der  VerbSnde  und  Vertretern  der  Jugendbehorden  dis- 
kutiert  werden  konnten,    ist  angesiohts  dieser  Situation  nicht  gege- 
ben;  weder  eine  Veranstaltung ,   die  es  vornehmlioh  auf  Resolutionen 
abgeeehen  hat,   schon  gar  nioht  eine  Konferenz,   die  sich  auf  geladene 
Teilnehmer  besahrankt,    soheinen  uns  diese  Diskussionsohanoe  zu  bieten. 

Diese  Diskussion  dber  muli  gefiihrt  werden.   Angesiohts  der 

-  einsohneidenden  finanziellen  Besohrankungen,    vor  denen  die  Jugend- 
hilfe  ateht 

-  der  ausstehenden,   auch  strukturellen  Reformaufgaben, 

-  dem  notwendigen  Ausbau  einer  Foreohung  und  wissenschaftlichen  Dis- 
kussion, die  daftir  Vorauesetzungen  liefert, 

-  der  Notwendigkeit  der  Strukturierung  und  Qualifizierung  der  Aus- 
bildung 

ware  niohts  verhangnisvoller  als  die  Belastung  oder  Unterbrechung 
der  gemeinsamen,    offenen,   saohbezogenen  Diskussion. 

Die  Vnterzeiohneten  appellieren  deshalb  an  die  AGJ  ebenso  wie  an 
die  Teilnehmer  des  jugendpolitisohen  Forums,    trotz  Polarisierung 
und  der  Gefahr  der  Verhdrtung,   Briloken  nioht  abzubreahen,   sinnvolle 
Differenzen  der  Positionen  nioht  in  Irrationalismen  umschlagen  zu 
lassen,   sondern  alles  zu  tun,   damit  Diskussion,   Auseinandersetzung 
und  gemeinsame  BemUhungen  urn  eine  Verbesserung  der  Jugendhilfe  auch. 
kitnftig  gemeinsam  und  zwischen  alien  an  der  Jugendhilfe  engagierten 
Gruppen  mSglioh  bleiben. 

gez.  Dr.    Wolfgang  Bttuerle,   Institut  f.   Sozialarbeit  und  SozialpSda- 

gogik  Remagen 

gez.  Prof.   Dr.   Hanns  Eyferth,   Hannover 

gez.  Prof.   Dr.   Andreas  Flitner,    Universitat  Tubingen 

gez.  Prof.   Dr.    Halter  Hornetein,   Deutsohes  Jugendinstitut  MUnohen 

gez.  Prof.   Dr.   Klaus  Mollenhauer,    Universitat  GSttingen 

"gez.  Prof.   Dr.  Hans  Thiersch,   Universitat  Tubingen.  " 


REPRESSIVE  MASSNAHMEN 
IM  SOZIALBEREICH 


Fall  1:  Wo  sitzen  die  Gesetzesbrecher? 


In  schon  fast  regelma'Bigen  Abstanden  wird  durch  Presseberichte  und 
Anfragen  der  CDU  im  Landtag  versucht,  die  Ausbildungskonzeption  der 
FHS  Frankfurt  -  Fachbereich  Sozialarbeit  zu  torpedieren.  War  es  in 
jungster  Zeit  die  'Frankfurter  Abendpost-Nachtausgabe' ,  die  unter 
der  Schlagzeile  -  "GEGEN  DIE  ANARCHISTEN  WAR  NICHTS  ZU  MACHEN"  -  auf 
nicht  mehr  zu  duldende  Vorgange  an  der  Fachhochschule  wa'hrend  des  Ju- 
gendpol itischen  Forums  hinwies,  so  startete  der  CDU-Abgeordnete  Bor- 
sche  im  September  wieder  eine  seiner  diffamierenden,  von  jeder  Sach- 
kenntnis  ungetrlibten  Anfragen  in  der  Absicht,  die  Institution  und 
deren  Mitarbeiter  zu  verunsichern  und  unter  Druck  zu  setzen  und  wohl 
in  der  Hoffnung,  irgendwann  einmal  richtig  zuschlagen  zu  kbnnen. 

Kleine  Anfrage  des  Abg.  Borsche  (CDU)  v.   24.9.74  im  Hessischen  Land- 
tag: 

Ich  frage  die  Landesregierung : 

1 .  1st  der  Landesregierung  bekannt,   daB  im  Fachbereich  Sozialarbeit 
an  der  FHS  Frankfurt  sowohl  im  Fach  Jugendhilfe  als  auch  im  Fach 
Berufsfeldanalyse  Lehrveranstaltungen  unter  dem  Thema   "Sozialarbeit 
trotz   Gesetz"  fur  das  Wintersemester  1974/75  angekiindigt  werden? 

2.  Hdlt  es  die  Landesregierung  fiir  angebracht,   daB  -  wie  diese  Ankun- 
digung  erkennen  laBt  -  in  einer  staatlichen  Fachhochschule  von  einem 
Landesbediensteten  Lehrveranstaltungen  durchgefuhrt  werden,    die  of- 
fensiohtlioh  eine  Art  der  Sozialarbeit  darstellen  sollen,   die  auBer- 
halb  des  gesetzlichen  Rahmens  liegen  soil?  Venn  nein:   Wird  die  Lan- 
desregierung Konsequenzen  aus  diesem  Vorgang  ziehen?  Welohe? 


76  - 


Die  Fachbereichskonferenz  hat  zu  dieser  Anfrage  einstimmig  Stellung 
bezogen: 

"1.  Der  Abg.  Borsche  verdachtigt  einen  Kollegen,  in  seinen  Lehrver- 
anstaltungen 'eine  Art  Sozialarbeit  dar(zu)stenen' ,  'die  auBerhalb 
des  gesetzlichen  Rahmens  liegen  soil.'  Dieser  Verdachtigung  liegt  - 
nimmt  man  sie  beim  Wort  -  die  Vorstellung  zugrunde,  rechtmaBige 
Sozialarbeit  kbnne  in  der  Bundesrepublik  Deutschland  nur  auf  Grund 
und  im  Rahmen  von  Gesetzen  geschehen.  Eine  solche  Vorstellung  ist 
bar  jeder  Sachkenntnis.  Dem  Bildungsexperten  Borsche  seien  folgende 
Tatsachen  in  Erinnerung  gerufen: 

a)  Weite  Bereiche  der  Sozialarbeit  werden  noch  immer  von  privaten 
Tra'gern  verwaltet.  Diese  privaten  Trager  haben  sich  bisher  meist 
erfolgreich  gegen  eine  Bindung  ihrer  Arbeit  an  Gesetze  gewehrt  mit 

-  77  - 


:*. 


der  Folge,  daB  ein  erheblicher  Teil  ihrer  Sozialarbeit  zwar  unter 
Verwendung  von  bffentlichen  Steuergeldern,  aber  'auBerhalb  des 
gesetzlichen  Rahmens '  und  ohne  parlamentarische  Kontrolle  geschieht. 
Tatkraftig  unterstiitzt  werden  die  privaten  Trager  bei  ihrer  Sozial- 
arbeit 'auBerhalb  des  gesetzlichen  Rahmens'  von  der  Partei  des  Abg. 
Borsche.  Entweder  rait  Spruchen  wie: 

"Martin  Luther  wendet  sich  in  diesen  Fragen,   von  denen  Berr  Von 
Bodelschwingh  so  schffn  gesproahen  hat,   uberhaupt  gegen  eine  Sffent- 
liohe  Zustandigkeit."   (So  Dr.  Barzel  (CDU/CSU)  in:  Verhandlungen  des 
Deutschen  Bundestages,  3.  Wahlperiode,  Stenographische  Berichte, 
Band  49,  S.  9039). 

Oder  mit  Gesetzesbestimmungen  wie  §  10  BSHG,  dessen  Abs.  2  Satz  2 
"betont   ...  die  Selbstandigkeit  der  freien  Wohlfahrtspflege  und  damit 
deven  Unabhangigkeit  von  den  Bestimmungen  des  BSHG.  "   (CDU/CSU  Bundes- 
regierung  zu  dem  von  ihr  vorgelegten  Entwurf  eines  BSHG;  Verhandlun- 
gen des  Deutschen  Bundestages,  3.  Wahlperiode,  Drucksache  1799, S. 39) 

b)  Aber  auch  soweit  Sozialarbeit  staatlich  organisiert  ist,  bewegt 
sie  sich  nicht  selten  'auBerhalb  des  gesetzlichen  Rahmens'.  Hinge- 
wiesen  sei  hier  nur  auf  den  Strafvollzug,  der  alles  andere,  nur  nicht 
durch  oder  aufgrund  eines  Gesetzes  geregelt  ist.  (Vgl.  BeschluB  des 
BVerfG  vom  14.3.1972,  BVerfGE  33,  1  ff). 

Da  demnach  Sozialarbeit  'auBerhalb  des  gesetzlichen  Rahmens'  durch- 
aus  ublich  ist,  kommt  der  Fachbereich  Sozialarbeit  nicht  umhin, 
in  Lehrveranstal tungen  diese  Art  der  Sozialarbeit  darzustellen. 
Keinem  Kollegen,  der  solche  Lehrveranstaltungen  anbietet,  kann  daraus 
ein  Vorwurf  erwachsen.  Der  Vorwurf:  Sozialarbeit  'auBerhalb  des  ge- 
setzlichen Rahmens'  trifft  -  wenn  uberhaupt  jemanden  -  dann  den 
Gesetzgeber,  d.h.  unter  anderen  den  Abg.  Borsche  selbst. 

2.  Damit  die  Kleine  Anfrage  -  jedenfalls  fur  den  Abg.  Borsche  - 
uberhaupt  einen  Sinn  bekommt,  muB  man  aus  ihr  wohl  die  Unterstel- 
lung  herauslesen,  der  von  der  Anfrage  betroffene  Kollege  propagiere 
in  seinen  Lehrveranstaltungen  eine  Sozialarbeit  auch  'gegen'  das 
Gesetz.  Das  ist  nicht  der  Fall. 

Der  betroffene  Kollege  behandelt  in  seinen  Lehrveranstaltungen  aller- 
dings  das  -  gerade  Sozialarbeiter  bedrangende  -  Problem  des  Verhalt- 
nisses  von  Gesetz  und  gesellschaftlicher  Entwicklung.  Dieses  Pro- 
blem ist  nicht  neu.  Dem  Bildungsexperten  und  Frankfurter  Burger 
Borsche  ist  sicher  bekannt,  daB  ein  ber'u'hmter  Frankfurter  Jurist 
dieses  Problem  mit  den  Worten  zu  beschreiben  versucht  hat: 

"Es  erben  sich  Gesetz  und  Reahte  wie  eine  ewige  Krankheit  fort. 

Sie  echleppen  von  Geschleaht  sich  zu  Geschlechte  und  riXcken  sacht 

von  Ort  zu  Ort. 

Vernunft  wird  Unsinn  -  Wohltat  Plage. 

Weh  dir,  daB  du  ein  Enkel  bist." 

Die  hier  beschriebene  Ruckstandigkeit  von  Gesetzen  ist  es,  die 
Sozialarbeiter  bedruckt.  So  stehen  beispielsweise  Sozialarbeiter  in 
der  Jugendhilfe  taglich  vor  der  Frage,  wie  sie  sinnvoll  arbeiten 
soil  en  trotz  einer 
"Gesetzgebung    (,   die)  mit  dem  Streben  junger  Mensohen  naoh  Emanzi- 


78 


pation  und  Mitverantwortung  nicht  Schritt  gehalten  hat.  " 

(So  Kate  Strobe!,  Bundesministerium  fur  Jugend,  Familie  und  Gesund- 

heit  in:  Dritter  Jugendbericht,  Bonn  1972,  Vorwort.) 

Diese  Frage  muB  in  der  Ausbildung  von  Sozialarbeitern  nicht  nur  ge- 
stellt  werden;  es  mlissen  auch  Wege  diskutiert  werden,  die  aus  diesem, 
vom  Gesetzgeber  mitproduzierten  Dilemma  herausfuhren.  Dabei  bieten 
sich  viele  Wege  an,  die  ohne  den  vom  Abg.  Borsche  unterstell ten 
Bruch  von  Gesetzen  auskommen. 

Ober  die  unmittelbare  Beantwortung  der  Anfrage  hinausgehend  sei  fest- 
gestellt,  daB  sich  die  Frage  von  Gesetzestreue  nicht  nur  dann  stellt, 
wenn  reaktionare  Gesetze  Sozialarbeiter  an  vernunftiger  Arbeit  hin- 
dern-  Auch  der  umgekehrte  Fall,  daB  ein  vernal  tnisma'Big  fortschrittl  i- 
ches  Sozialarbeitsgesetz  von  Regierungsspitzen  systematisch  miBach- 
tet  wird,  ist  in  der  Bundesrepubl ik  Deutschland  nicht  ausgeschlossen. 
Diese  Behauptung  laBt  sich  beispielsweise  belegen  an  der  Geschichte 
des  niedersa'chsischen  Jugendarbeitsschutzgesetzes  von  1948,  die  Ge- 
genstand  einer  Lehrveranstal tung  des  von  der  Anfrage  betroffenen  Kol- 
legen im  Sommersemester  1974  war.  Dieses  Gesetz  sah  den  Schutz  von 
Lehrlingen  und  Jungarheitern  in  viel  groBerem  Umfang  vor  als  alle 
fr'u'heren  und  spateren  Jugendarbeitsschutzgesetze.Deshalb  ist  das  Ge- 
setz auch  von  fast  alien  Unternehmern  nicht  eingehalten  worden.  Aber 
nicht  nur  die  Unternehmer,  auch  die  Landesregierung  hat  sich  an  das 
Gesetz  nicht  gebunden  gefLihlt: 

"Seit  dem  1.    September  1949  ist  das  Gesetz  voll  in  Kraft,    aber  es 
wird  nirgends  durchgefiihrt.    Die  Landesregierung  hat  dariiber  hinaus 
sogar  einen  BesahluB  gefalit,    wonach  Anzeigen  wegen  Ubertretung  des 
Gesetzes  naoh  diesem  Paragraphen  als  Bagatellfalle  niedevgesohlagen 
werden  eollen".    (Bundesminister  fur  Arbeit  Storch  in:  Verhandlungen 
des  Deutschen  Bundestages,  1.  Wahlperiode,  Stenographische  Berichte, 
S-  4312) 

Der  damalige  niedersachsische  Arbeitsminister  Kubel  und  heutige 
m'edersachsische  Ministerprasident  erkla'rte  vor  dem  Landtag: 
"Ich  habe  starke  Hemmungen  gehabt,   das  vom  Landtag  besohlossene  ur- 
spriinglicke  Gesetz  durehzufiihren,    und  ich  habe  alien  Anfeindungen 
zum  Trotz  es  in  der  Tat  auch  nicht  durchgefiihrt.  ..  "(Zitiert  nach: 
Verhandlungen  des  Deutschen  Bundestages,  1.  Wahlperiode,  Stenogra- 
phische Berichte,  S.  4311). 

Die  Fachbereichskonferenz  ist  sicher, wurde  ein  Sozialarbeiter  oder 
ein  Lehrer  eine  solche  Aussage  wagen,  er  wurde  noch  heute  entlassen. 

Die  Fachbereichskonferenz  weist  schlieBlich  darauf  hin,  daB  es  unter 
den  Parteifreunden  des  Abg.  Borsche  einige  gegeben  hat  und  gibt,  die 
inuner  dann  auf  Gesetz  und  Ordnung  beharren,  wenn  diese  Gesetze  und 
diese  Ordnung  hinter  den  Anforderungen  fortschrittl  icher  gesellschaft- 
licher Praxis  zuriickbleiben,  daB  sie  aber  schnell  jedes  Gesetz  bei- 
seite  schieben,  wenn  die  von  ihnen  fur  notwendig  gehaltene  Herstel- 
lung  von  Ruhe  und  Ordnung  durch  parlamentarisch  legimitierte  Gesetze 
erschwert  wird. " (Auszug  aus  der  Stellungnahme  an  das  hessische  Kul- 
tusministerium) 

Wie  wir  mittlerweile  erfahren  haben,  lieB  die  nachste  Anfrage  nicht 
lange  auf  sich  warten,  sie  beschaftigt  sich  mit  der  Dozentenstelle 


79 


fur  das  Fach  "Sozialmedizin".  Vorgeschlagen  aber  noch  nicht  berufen 
ist  Dr.  Mausbach  (bekanntgeworden  durch  seine  Fernsehsendung  "Hal b- 
gbtter  in  WeiB");  fur  den  "Vol  ksabgeordneten"  Borsche  das  Signal  ein- 
mal  nachzufragen,  ob  "diese  Art  von  Beschaftigung  von  Herrn  Dr.  Maus- 
bach im  bffentlichen  Dienst  fur  vereinbar  mi t  der  Ministerprasiden- 
tenlibereinkunft  Liber  die  Beschaftigung  von  Radikalen  im  bffentlichen 
Dienst  gehalten  (wird),  nachdem  sich  Herr  Mausbach  raehrfach  flir  die 
Ziele  1 inksextremer  Gruppierungen  eingesetzt  hat  und  auch  als  stan- 
diger  Mitarbeiter  kommunistischer  Publ ikationen  erwahnt  wird.  Diese 
Anfrage  stammt  vom  2.12.1974  -  die  nachste  kommt  bestimmt. 


Fall  2:  Verscharfung  der  Priifungsbestinimungen  an 
sozialpadagogischen  Fachschulen 


Zum  1.  Januar  1975  soil  an  den  Fachschulen  fur  Sozialpadagogik  eine 
verscharfte  Prufungsordnung  in  Kraft  treten.  Dadurch  soil  verhindert 
werden,  daS  sich  noch  weitere  Erzieheranwarter  bewerben.  Konkret 
sieht  die  Situation  bis  heute  so  aus:  Voraussetzung  flir  die  Aufnahme 
an  einer  sozialpadagogischen  Fachschule  sind  der  mittlere  Bildungs- 
abschluB,  ein  Mindestalter  von  16  Jahren  sowie  ein  einjahriges  Vor- 
praktikum.  wer  alle  diese  Voraussetzungen  erflillt,  muS  sich  zusatz- 
lich  einem  Ausleseverfahren  unterziehen,  da  in  der  Regel  die  Bewerber- 
zahl  weitaus  hbher  liegt,  als  die  Zahl  der  vorhandenen  Studienplatze. 
(1974  gab  es  flir  360  Bewerber  100  Studienplatze) 
Dieses  ist  der  erste  Numerus  clausus. 

Die  Priviligierten,  die  sich  trotz  dieses  Ausleseverfahrens  einen 
Platz  an  der  Schule  errungen  haben,  werden  zur  Zeit  an  der  Hedwig- 
Heyl-Schule  folgendermaBen  ausgebildet: 

Von  den  angegebenen  Wochenstunden.ca.  35,  fallt  von  vornherein  ca.1/4 
aus,  das  sich  in  verschiedenen  Klassen  aufteilt.  Prlifungsfacher  wie 
Psychologie,  Padagogik,  Didaktik,  Englisch  usw.  fallen  teilweise  aus 
(in  einer  Klasse  wurde  von  April  bis  Oktober  gar  keine  Psychologie 
unterrichtet! )  Oder  werden  unter  unzumutbaren  Raumverhal tnissen  wie 
z.B.  Treppenhauser,  Raucherzimmer,  Schlileraufenthaltsra'ume  und  Leh- 
rerzimmer  erteilt.  Musikerziehung  wird  Liberhaupt  nicht  unterrichtet. 
Erkrankte  Lehrkrafte  werden  nur  selten  vertreten.  Nach  Angaben  des 
Stadtschulamtes  ist  die  Hedwig-Heyl-Schule  eine  der  bestbesetzten 
Schule.  Wie  sieht  es  dann  erst  an  weniger  gut  besetzten  Schulen  aus?! 

Aus  all  diesen  Fakten  resultiert  ein  eklatanter  Widerspruch:  GroBer 
Unterrichtsausfall  einerseits  -  verscharfte  Prufung  andererseits! 
Der  Entwurf  dieser  neuen  Prufungsordnung,  die,  im  Gegensatz  zur  der- 
zeit  gliltigen  Prufungsordnung,  vier  statt  bisher  zwei  schriftliche 
Klausuren  nebst  tnLindl  icher  Prufung  enthalten  soil,  wurde  bereits 
unter  der  Auflage  der  Schweigepflicht  Schiilern  gegenliber,  an  die  Leh- 
rer   zur  schriftl  ichen  Stellungnahme  weitergeleitet. 

Was  bedeutet  diese  verscharfte  Prufungsordnung  flir  Lehrer  und  Sch'u'ler? 
Durch  die  Mehrkorrekturen  werden  die  schon  liberlasteten  Lehrkrafte 
iiberfordert.  Aus  diesem  Grund  stimmen  sie  auch  nicht  mit  der  neuen 
Prufungsordnung  iiberein  und  setzten  sich  bereits  zur  Wehr.  Die  SchU- 
ler,  die  zu  den  derzeit  gliltigen  Priifungsbestinimungen  in  die  Schule 

-  80  - 


eingetreten  sind  und  die  Ober-  und  Unterstufen  besuchen,  werden  da- 
rliber  im  Unklaren  gelassen,  ob  die  neue  Prufungsordnung  zur  kommen- 
den  Prufung  in  Kraft  tritt  oder  erst  diejenigen  betrifft,  die  sich 
nach  dem  1.1.75  bewerben.  Man  begnligt  sich  damit,  die  Sache  zu  ver- 
schleiern  und  die  Schliler  mit  fadenscheinigen  Argumenten  wie  "die 
Sachlage  ist  ja  noch  gar  nicht  akut"  abzuspeisen.  Folge  davon  ist, 
daB  verschiedenartige  Geriichte  wie  "ErzieherabschluB,  jedoch  keine 
Fachhochschulreife  mit  nur  2  Klausuren"  im  Umlauf  sind. 

Was  soil  damit  erreicht  werden? 

Nichts  anderes,  als  daB  die  verscharfte  Prufungsordnung  ohne  jegli- 
ches  Zur-Wehr-Setzen  der  Schliler  stil lschweigend  am  1.1.75  verabschie- 
det  werden  kann  und  bei  der  kommenden  Prufung  in  Kraft  tritt,  was 
flir  die  Schulerschaft  einen  zweiten  NC  bedeutet.  Eine  verscharfte 
Prufungsordnung  darf  nicht  in  Kraft  treten,  bevor  sie  nicht  dem  Aus- 
bildungsstand  der  Schliler  entspricht! 

(Bericht  der  Fachschulklassen  der  Hedwig-Heyl-Schule,  Ffm.) 


Fall  3:  Pol izeiaktion  gegen  Jugendzentrum 


"Euch  ist  das  Nutzungsrecht  entzogen  worden.  Ihr  m'u'Bt  hier  raus". 

Mit  gezlfckterPistole  drangen  mehrere  Polizisten  ins  "Alte  Haus"  ein. 

Das  Jugendzentrum  in  der  Tiergartenstr.  wurde  geraumt.  Jugendliche, 

die  hier  endlich  eine  Mbglichkeit  gefunden  hatten,  ihre  Freizeit  zu 

verbringen,  setzte  man  auf  die  StraSe.  Vor  2  Jahren  funktionierten 

70  Jugendliche  das  "Alte  Haus"  in  wochenlanger  Kleinarbeit  zu  ihrem 

Treffpunkt  urn. 

Mit  dem  Eigentlimer  des  Gebaudes  der  Deutschen  Eisenbahnversicherung 

(DEVK)  wurde  ein  Nutzungsrecht  vereinbart,und  die  Bevblkerung  unter- 

stlitzte  die  Arbeit  der  Jugendl  ichen  mit  Spenden. 

Am  5.  Dezember  1974  war  der  Traum  von  einem  eigenen  Haus  ausgetraumt, 

die  Polizei  raumte  brutal,  ohne  rechtliche  Handhabe  das  Gebaude. 

Als  Argument  flir  die  Aktion  wurde  der  schlechte  Zustand  des  Hauses 

angeflihrt.  Warum  das  Haus  sich  aber  in  einem  solchen  Zustand  befin- 

det,  diese  Frage  wurde  nicht  gestellt.  Die  aufgebrachten  Eigenmittel 

und  die  Spenden  reichten  bei  weitem  nicht  aus;  die  Stadt  unterstlitzte 

das  Jugendzentrum  nur  halbherzig  -  pro  Halbjahr  gab  es  nur  DM  4.000, 

so  daB  kaum  die  anfallenden  Hausunterhal tungskosten  beglichen  werden 

konnten. 

Nach  einigem  Hick-Hack  durften  die  Jugendl ichen  das  Haus  wieder  be- 

ziehen.  Kurz  vor  den  nordrhein-westfal ischen  Landtagswahlen  verspra- 

chen  ihnen  die  Politiker  Hilfe  und  ausreichende  Unterstu'tzung.  Aber 

den  Jugendlichen  sitzt  die  Angst  immer  noch  im  Nacken,  eines  Tages 

kbnnte  sich  die  Aktion  gegen  das  Jugendzentrum  wiederholen. 

Auf  der  Vollversammlung  mit  Stadtverordneten  und  Jugendamt  artiku- 

lierten  die  Jugendlichen,  was  sie  von  den  Versprechungen  halten: 

"Eine  Hinhaltetaktik,  so  was  kennen  wir  schon.  Die  DEVK  will  namlich 

auf  diesem  Gebiet  ein  Blirohaus  errichten." 

Mit  den  ihnen  zur  Verfugung  stehenden  Mitteln  werden  die  Jugendlichen 

sich  dagegen  wehren. 

(Kontaktadresse:  Jugendzentrum  Riehl,  5  Koln,  Tiergartenstr.  10) 

-  81  - 


*. 


Fall  4:  Diszipl  inierung  des  Ringes  Biindischer  Jugend  e.V.  Hamburg 
durch  Mittelentzug  und  Ablehnung  der  Fbrderungswlirdigkeit 


Seit  1973  laufen  die  Auseinandersetzungen  zwischen  der  Jugendbehbrde 
und  dem  R.B.J.  Hamburg.  Durch  eine  Reihe  von  Auflagen  (siehe  Brief- 
wechsel  des  R.B.J,  rait  der  Behbrde)  wurde  versucht,  den  R.B.J,  poli- 
tisch  an  die  Kette  zu  legen.  Gegen  diese  Form  subtiler  Disziplinie- 
rung  hat  sich  der  Jugendverband  gewehrt  und  seine  politische  Eigen- 
standigkeit  betont. 

Hit  Schreiben  vom  25.9.74  ist  die  Jugendbehbrde  der  Stadt  Hamburg 
zum  offenen  Kampf  gegen  einen  demokratischen  Jugendverband  iiberge- 
gangen:  Die  Anerkennung  als  Trager  der  freien  Jugendhilfe  wurde  dem 
R.B.J,  aberkannt.  Vage  Begrundung:  er  biete  nicht  mehr  die  Gewahr 
fiir  "eine  den  Zielen  des  Grundgesetzes  fbrderliche  Arbeit",  auch 
wiirde  "die  freiheitliche-demokratische  Grundordnung  nicht  mehr  be- 
jaht". 

Gegen  diese  Diszipl inierung  haben  die  Hamburger  Jugendverbande  (u.a. 
Jugend  der  Deutschen  Angestell tengewerkschaft,  SJD  Die  Falken, 
CVJM,  Ev.  Jugend,  Jungdemokraten  und  Sozial istische  Deutsche  Arbei- 
terjugend)  sich  gewandt  und  die  Weiterfbrderung  des  R.B.J,  gefordert: 
"Der  BeschluB  und  seine  Begrundung  sowie  die  Stellungnahme  von  Sena- 
tor Apel    lassen  erkennen,    dali  es  hier  offensichtlich  darwn  gent, 
junge  Menschen,    die  imbequeme  Meinungen  offentlich  duBern,    rriit  den 
Mitteln  des  Geldentzugs  sum  Sahweigen  zu  bringen. 

Auah  die  unterzeichneten  Jugendverbande  haben  untereinander  Meinungs— 
Verschiedenheiten  tiber  die  bestmdgliche  Art  und  Weise  der  Durch- 
setzung  und  Vertretung  demokratischer  Jugendpolitik.    Keiner  von  ihnen 
halt  es  aber  fiir  ein   legitimes  Mittel,   einen  anderen  demokratischen 
Jugendverband  durch  finanziellen  und  anderweitigen  materiellen  Druak 
und  Zvang  zu  disziplinieren  und  in  seiner  Entfaltung  zu  behiv.devn. 
Dies  aber  tut  der  Senat  gegeniiber  dem  RBJ  Hamburg.   Fur  die  unter- 
zeichneten hamburger  Jugendverbande  ist  die  von  der  Deputation  gege- 
bene  Begrundung,    die  auf  die  geleistete  Jugendarbeit  des  RBJ  und 
seiner  Mitgliedsverbande  nicht  eingeht,    keine  Grundlage  fiir  eine  Ab- 
erkennung  der  Forderungstfiirdigkeit  des  RBJ.    Vielmehr  sehen  sie  darin 
einen  Angriff  gegen  das  Grundrecht  der  freien  MeinungsauBerung  aller 
Hamburger  Jugendverbande-    Der  Zusammenhang  mit  den  Berufsverboten 
im  Offentlichen  Dienst  und  den  Angriff en  von  Unternehmern  gegen 
gewerkschaftliche  Jugendvertreter  liegt  nahe, 

Daher  weisen  die  unterzeichneten  Jugendverbande  den  von  der  CDV 
initiierten  und  vom  Senat  durchgefilhrten  Angriff  auf  den  RBJ  zuviick. 
Sie  protestieren  gegen  die  Beschneidung  des  Rechtes  der  Jugendver- 
bande auf  freie  MeinungsauBerung  und  Entfaltung  eigenstSndiger  Ju- 
gendarbeit und  fordern  fiir  den  RBJ  und  seine  Mitgliedsverbande  die 
weitere  staatliche  Anerkennung  und  Fdrderung. " 

Auf  der  AbschluBveranstaltung  des  Jugendpolitischen  Forums  wurde  mehr- 
heitlich  eine  Resolution  zum  R.B.J,  verabschiedet,  in  der  "gegen  die 
staatliche  Diszipl inierung  demokratischer  Jugendverbande"  prote- 
stiert  wird. 
-  82  - 


-  Aktionen  gegen  die  Aberkennung  der  Fbrderungswlirdigkeit  des  RBJ  - 

Am  4.10.74  wurde  von  ca.  800  Teilnehmern  einer  Protestveranstal tung 
eine  Demonstration  gegen  den  Angriff  des  Hamburger  Senats  auf  den 
BDJ/RBJ  beschlossen.  Es  sollte  deutlich  gemacht  werden,  daB  es  sich  bei 
der  gegenwartigen  Jugend-  und  Bildungspol  itik  des  Senats  urn  einen 
zielgerichteten  Angriff  auf  die  Rechte  der  Bevblkerung  und  insbe- 
sondere  der  Mehrheit  der  Jugendlichen  handelt.  Alle  Jugendl ichen, 
die  von  der  Verschlechterung  und  den  politischen  Angriffen  im  Bil- 
dungswesen,  in  der  Jugendarbeit  und  im  Betrieb  betroffen  sind,  soil- 
ten  sich  zusammenschlieBen  und  dagegen  vorgehen. 
Diese  Demonstration  wurde  am  8.11.74  von  ca.  2  600  Personen  gegen 
die  reaktionare  Jugend-  und  Bildungspol itik  des  Hamburger  Senats 
durchgeflihrt.  Sie  wurde  unterstutzt  von  ca.  40  Schuler-,  Studenten- 
und  Jugendvertretungen,  Jugendorganisationen  und  Jugendinitiativen, 
Gewerkschaftsgruppen  und  politischen  Organisationen,  die  sich  zu 
einer  Aktionseinheit  zusammengeschlossen  hatten.  Die  Hauptparole 
der  Demonstration  war  -  Gemeinsam  im  Kampf  gegen  den  Abbau  der 
demokratischen  Rechte  -. 

Am  6.12.74  f'u'hrte  die  Aktionseinheit  "Gegen  die  reaktionare  Jugend- 
und  Bildungspol itik  des  Senats"  eine  Diskussions-Veranstal tung  durch, 
auf  der  die  1  000  Anwesenden  einstimmig  eine  Demonstration  im  Januar 
beschlossen.  Schwerpunkt  dieser  Demonstration  sollte  der  Protest 
gegen  die  Verschlechterung  der  Berufsausbildung  (Stufenausbildung, 
Lehrstellenverknappung,  Jugendarbeitslosigkeit)  und  gegen  die  jLing- 
sten  Sparmaftnahmen  des  Senats  sein.  Urn  diese  Aktion  auf  eine  mog- 
lichst  breite  Basis  zu  stellen,  wurde  der  Koordinations-Konferenz 
der  Hamburger  Jugendverbande  der  Vorschlag  unterbreitet,  sich  die- 
ser Aktionseinheit  anzuschl  ie(3en.  Nachdem  sich  Vertreter  der  Jung- 
demokraten und  Falken  fur  eine  gemeinsame  Demonstration  ausgespro- 
chen  hatten,  lehnte  der  Vertreter  der  SDAJ  dies  grundsatzl ich  ab, 
da  es  keine  inhaltliche  Gemeinsamkeiten  gabe.  Die  SDAJ  und  der  von 
ihr  majorisierte  KJA  (KreisjugendausschuB  des  DGB)  beschlossen,  eine 
eigene  Demonstration  am  19.2.75  durchzufuhren. 
Die  Demonstration  der  Aktionseinheit  gegen  die  Lehrstellenverknap- 
pung, Jugendarbeitslosigkeit  und  reaktionare  Bildungspol itik  des 
Hamburger  Senats  wurde  am  17.1.75  mit  ca.  3  000  Teilnehmern  durch- 
gefuhrt. 

Der  RBJ  hat  am  11.10.74  Widerspruch  gegen  die  Aberkennung  der  For- 
derungswlirdigkeit eingelegt.  Dieser  Widerspruch  wurde  am  14.11.74 
ablehnend  beschieden.  Eine  Klage  gegen  die  Freie  und  Hanse-Stadt 
Hamburg  lauft. 

(Dokumentation  gegen  Voreinsendung  v.  DM  1.50  R.B.J. ,  2  Hamburg  13, 
Schlliterstr.  4) 


-  83 


Fall   5:  Diszipl inierung   im  Berufspraktikum 


REDAKTIONSMITTEILUNGEN 


Am  24.12.74  erhielten  drei   Berufspraktikanten  der  FHS-Hamburg  die 
Mitteilung,  daB  sie  den  zweiten  Abschnitt  des  Berufspraktikums  im 
Projekt  Steilshoop  am  2.1.75  aus  bestimmten  Grlinden  nicht  beginnen 
diirften. 

Nach  einem  Gedachtnisprotokoll  erkla'rte  der  Senatsdirektor  der 
Arbeits-  urtd  Sozialbehb'rde  (AuSB)  zur  Begriindung  sinngemaB  folgendes: 
"Er  habe  eine  Mitteilung  bekommen,  (auf  die  Frage  "von  went?"  entgeg- 
nete  Frau  Schtirer:    "Nun  stellen  Sie  siah  nicht  diimmer  als  Sie  sind.  " 
Herr  Winckelmann:    "Vom  Verfassungsschutz  nattirlich.  ")  aus  der  her- 
vorgehe,   daB  alle  drei  Betroffenen  Mitglieder  der  Kommunistischen 
Partei  und  Uber  das  Mali  hinaus  aktiv  seien. 

Er  bedauere,   daB  diese  Mitteilung  erst  so  spat  eingetroffen  sei, 
da  man  sonst  bereita  zu  einem  friiheren  Zeitpunkt  hatte  Vorkehrungen 
treffen  kOnnen.    Herr  Winckelmann  betonte  ausdruoklich,   daB  in  Zukunft 
solahe  Entscheidungen  bereits  im  Zwischenpraktikum  fallen  konnen. 
Herr  Winckelmann  betonte  ausdriicklioh,   daB  entspreahende  Mitteilun- 
gen  dee  Verfassungsschutzes  dernnachst  der  AuSB  friiher  vorliegen 
werden,   so  daB  bereits  bei  der  Praktikumsplanung  eingegriffen  werden 
kOnne. 

Auf  die  drei  Betroffenen  bezogen  betonte  Herr  Winckelmann,   daB  sei- 
ner Entecheidung  keine  fachlichen  Criinde  zugrunde  lagen,   sondern 
deren  allgemeine  politisahe  Tatigkeiten. 

Er  stellte  mehrfaah  fest,   daB  er  die  drei  Berufspraktikanten  von 
ihrer  praktisehen  Tdtigkeit  her  nicht  beurteilen  kdnne.   Herr 
Winckelmann  erklarte,   daB  seine  Entscheidung,   die  mit  seinem  Vor- 
gesetzten  abgestimmt  sei,   im  Rahmen  des  Senatebeschlusses  lage.   Er 
wis8e  zwar,   daB  die  Ausbildung  betreffend  kein  fSrmliaher  Senatsbe- 
BahluB  vorlage,   er_  wiirde  jedoch  in  jedem  Fall  so  handeln. 
Er  betonte,   daB  dies  zum  Vorteil  der  Berufspraktikanten  sei,   denn 
dieee  administrative  MaBnahme  bedeute  eine  Aufschiebung  der  Prlifung 
des  Einzelfallee  bis  zum  Ende  der  Ausbildung.   Nur  durch  diese  Auf- 
schiebung sei  die  Beendigung  der  Ausbildung  mOglich. " 


SOZIALARBEITERIN/PADAGOGIN 

ab  sofort  fur  Jungenwohngemeinschaft  (FE/FEH) 
gesucht.   (Auch  Jahrespraktikanten) 

Teamarbeit  erforderl ich. 
Bezahlung:   BAT  IV 

Bewerbung  an: 

Arbeitsgemeinschaft  Soziale  Arbeit  e.V. 

5  Kbln  41,  Mommsenstr.  6 


84  - 


1.  Arbeitsprogramm  1975 

Auf  den  Redaktionssitzungen  am  25.10.  in  Dusseldorf  und  am  10. /ll. 1.75 
in  Frankfurt  haben  wir  uns  eingehend  mit  der  Info-  und  Arbeitssemi- 
narplanung  fiir  1975  beschaftigt. 

Urspriinglich  war  vorgesehen,  den  Info  Nr.  9  "Sozialarbeit  in  Jugend- 
zentren"  noch  1974  herauszubringen.  Die  Vorbereitungen  zum  Jugend- 
politischen  Forum  und  seine  Durchfuhrung  haben  uns  aber  so  in  An- 
spruch  genommen,  daS  eine  Fertigstellung  im  Dezember  nicht  mehr  mbg- 
lich  war.  Hinzu  kommt.daB  wir  mit  der  Herausgabe  der  Info-Hefte 
Nr.  6-8  (Nr.  6  Einfachnummer  72  Seiten  /  Nr.  7  80  Seiten/  Nr.  8 
72  Seiten)  die  vorgesehene  Kapazitat  des  Info's  fiir  1974  (Herausga- 
be von  4  Heften  mit  max.  je  56  Seiten)  voll  ausgeschbpft  haben. 
Trotz  gestiegener  Papier-  und  Druckkosten  haben  wir  den  Abonne- 
mentpreis  1975  nicht  erhbht.  Dies  setzt  aber  voraus,  daB  wir  uns 
jeweils  in  dem  fiir  alle  Informationsdienste  des  Sozialistischen  Bliros 
geltenden  Kapazitatsrahmen  bewegen. 

Der  Info  Nr.  9  erscheint  daher  als  1.  Heft  im  Abonnement  1975. 
Da  neben  dem  Schwerpunktthema  noch  Berichte  zum  Jugendpolitischen 
Forum  und  zum  Jugendhilferecht  etc.  anfielen,  haben  wir  uns  ent- 
schlossen,  zu  Beginn  des  Jahres  eine  Doppelnummer  herauszubringen. 

Folgende  Themen  sind  fiir  die  na'chsten  Hefte  geplant: 

-  Sozialarbeit  im  Knast  (dazu  Arbeitsseminar  v.  21.-23.3.75) 

-  Organisierung  von  Sozialarbeitern  (Arbeitsseminar  v.  1.-4.5.75) 

-  Institutionelle  Probleme  stadtteilbezogener  Sozialarbeit 
(6.-8.6.75) 

Neben  dem  Informationsdienst  werden  wir  1975  weitere  Broschuren  in 
der  Reihe  "Arbeitsmaterialien  fiir  Sozialarbeit/Sozialpadagogen" 
verbffentlichen.  In  wenigen  Wochen  erscheint  die  2.  Broschiire 
"Arbeitermadchen  im  Jugendzentrum". 

2.  Kurzinformation  zum  Arbeitsseminar  "Selbstverstandnis  Info 
Sozialarbeit  im  Sozialistischen  Bliro"  v.  27.-29.9.74 


AnlaB  dieses  Seminars  war  auf  der  einen  Seite  der  vielseitige  Wunsch, 
im  Zuge  der  Weiterentwicklung  innerhalb  des  Sozialistischen  Bu'ros 
und  der  in  diesem  Zusammenhang  mitarbeitenden  Gruppen,  diese  Weiter- 
entwicklung zu  diskutieren  und  nutzbar  zu  machen  fiir  unsere  eigene 
Arbeit,  auf  der  anderen  Seite  wurde  sporadisch  immer  wieder  von 
einzelnen  Genossen  die  Eingebundenheit  des  Info  Sozialarbeit  in  den 
Zusammenhang  Sozialistisches  Bliro  problematisiert  und  infrage 

-  85  - 


_k. 


gestell t. 

Das  Seminar  sollte  dazu  dienen,  diese  Fragen  zu  klaren 

-  im  Hinblick  auf  eine  innere  Stabil isierung  des  Arbei tsbereiches; 

-  auf  das  Herausarbeiten  der  Grenzen  unseres  berufsfeldbezogenen 
Arbeitsansatzes; 

-  auf  die  dariiber  hinausgehenden  Organisationsschritte  und  -stufen. 

Teilgenommen  haben  30  Genossen  und  Genossinnen:  Neben  einzelnen  Ge- 
nossen  aus  Frankfurt  und  Marburg,  Vertreter  aus  folgenden  Gruppen: 
AKS  Westberlin,  AK  Karol inenviertel  Hamburg,  AKS  DUsseldorf,  AKS 
Frankfurt,  SZ  Mlinchen,  FHS-Initiative  MUnchen,  SLB,  Info  Arbeiterbil- 
dung  und  Vertreter  des  Arbeitsausschusses  Sozial istisches  Buro. 
Eine  Reihe  weiterer  Gruppen  und  Genossen  hatten  sich  entschuldigt. 

Zum  Seminar  wurden  drei  Arbeitspapiere 

-  Chronologie  und  aktuelle  Probleme  des  Info  Sozialarbeit 

-  Organisation  als  Ausdruck  artikulierter  Basisinteressen 

-  Berufsstandische  Oder  politische  Organisierung 

vorgelegt,  die  in  den  Diskussionszusammenhang  an  bestimmten  Punkten 
eingebracht  wurden. 

Ausgangspunkt  war  die  Frage  "Was  hei3t  Info  Sozialarbeit  im  Sozia- 
listischen  Euro?  Welche  Konsequenzen  hat  dies  fur  unsere  Arbeit? 
Welche  Interessen  werden  von  uns  formuliert  und  wie  kbnnen  sie  in 
den  Zusammenhang  SB  eingebracht  werden.  Zwei  Probleme  standen  dabei 
in  der  Diskussion,  die  nicht  immer  stringent  gefiihrt  wurde,  im  Vor- 
dergrund 

-  Problem  des  berufsfeldbezogenen  Arbeitsansatzes 

-  Organisationsansatz  der  im  SB  zusammenarbeitenden  Gruppen. 

Ober  die  Frage,  an  welchen  Problemen  arbeiten  die  verschiedenen  Grup- 
pen z.Zt.,  wurden  Problemzusammenhange  formuliert,  die  fiir  eine 
Zusammenarbeit  mit  anderen  Gruppen  im  Rahmen  des  SB  relevant  sind: 

-  Welche  Rolle  spielt  die  Sozialarbeit  in  Selbstorganisationsprozessen? 

-  Welche  Folgen  hat  das  neue  Jugendhilferecht  fiir  die  realen  Arbeits- 
bedingungen? 

-  Probleme  der  Ausbildung  an  den  Fachhochschulen? 

-  Perspektiven  beruflicher  Arbeit  -  Pol itisierung  der  Kollegen  und 
Studenten 

-  Zielrichtung  und  Perspektive  gewerkschaftlicher  Arbeit  -  Tarif- 
auseinandersetzungen. 

In  der  Diskussion  am  Beispiel  "Selbstorganisation  von  Interessen" 
einmal  herauszuarbeiten,  was  es  heiBt  "Organisierung  im  Zusammen- 
hang des  Sozial  istischen  Biiros"  .stand  immer  wieder  das  Problem  der 
Vermittlung  von  aktuellen  politischen  Notwendigkeiten  bezogen  auf 
konkrete  Interessen  und  eine  u'bergreifende  politische  Strategie, 
im  Vordergrund.  So  wurden  Fragen  wie  "Has  ist  eigentlich  soziali- 
stisch  an  unserer  Tatigkeit?"  oder  "Verfolgen  wir  mit  unserer  Arbeit 
eine  berufsreformerische  oder  sozial istische  Strategie?"  und  aktuel- 
le Probleme  z.B.  Einfuhrung  des  Praktikantenamtes  nebeneinander  dis- 
kutiert. 

Obereinstimmung  herrschte  jedoch  darin,  daB  nach  einer  inneren  Sta- 
bilisierung  in  dem  Arbeitsfeld  Sozialarbeit  die  Zusammenarbeit  mit 
Sozial isten  in  den  anderen  Bereichen  zunehmend  wichtiger  wird. 

-  86  - 


Einen  Ansatzpunkt  fiir  eine  solche  Zusammenarbeit  bieten  z.B.  die 
Sozialistischen  Zentren  (die  z.T.  vorhanden  bzw.  noch  aufgebaut  wer- 
den mUssen),in  denen  die  Genossinnen  und  Genossen,  die  ihre  politi- 
sche Praxis  im  Zusammenhang  des  SB  bestimmen,  zueinander  auf  regio- 
naler  Ebene  Kontakt  finden  kbnnen.  Die  Form  dieser  Zusammenarbeit 
kann  sicher  erst  dann  bestimmt  werden,  wenn  klar  ist,  welche  gemein- 
samen  politischen  Interessen  und  Anforderungen  auf  alle  Berufsbe- 
reiche  zutreffen,  wenn  sich  Erfahrungen  in  den  Betrieben  mit  denen 
in  anderen  Bereichen  verbinden  lassen.  Beruhrungspunkte  eines  Erfah- 
rungsaustausches  und  gemeinsamen  politischen  Ansatzes  bieten  neben 
aktuellen  Erfordernissen,  z.B.  Kampagnen,  Probleme  der  Selbstorgani- 
sation und  die  Aufarbeitung  von  Erfahrungen. 

Kritisiert  wurde  nun,  daB  nicht  mehr  die  Entscheidungsfrage,  welches 
Verhaltnis  haben  die  am  Info  Sozialarbeit  mitarbeitenden  Gruppen  und 
Genossen  zum  Sozialistischen  Buro,  im  Vordergrund  stehe. 
Dem  wurde  entgegengehal ten,  daB  das  Verhaltnis  der  Gruppen  zum  SB 
nicht  bestimmt  wird  durch  ein  "ja"  oder  "nein",  sondern  von  den  Pro- 
blemlagen  der  einzelnen  Gruppen  und  Genossen  und  es  notwendig  sei , 
ausgehend  von  der  Situation  der  Sozialarbeiter  ihr  Verhaltnis  zu 
bestimmen. 

Wie  die  Diskussion  zeigte,  ist  dies  fiir  den  uberwiegenden  Teil  der 
Gruppen  und  Genossen  eh  keine  Frage  mehr.  Sie  gehen  davon  aus,  daB 
die  politische  Infrastruktur  des  SB  dazu  beitragen  kann,  die  Proble- 
me und  die  Situation  von  Sozialarbeitern  in  einem  groBeren  Rahmen 
zu  diskutieren  und  sich  Perspektiven  fur  Sozialarbeiter  aufzeigen. 
Allerdings  sollten  die  Prinzipien,  die  fiir  eine  Zusammenarbeit  mit 
verschiedenen  Gruppen  irmerhalb  des  Biiros  sprechen,  herausgearbeitet 
werden,  damit  sich  andere  Gruppen  mit  dieser  Position  auseinander- 
setzen  kbnnen;  es  sollte  verdeutlicht  werden: 

-  was  meinen  wir  mit  dem  berufsfeldbezogenen  Arbeitsansatz  (der  Vor- 
wurf  der  Berufsbornierung  muB  politisch  gewendet  werden); 

-  was  verstehen  wir  unter  alternativer  Praxis,  bei  Ablehnung  "der 
revolutionaren  Berufspraxis" . 

Obereinstimmung  bestand  weiterhin  darin,  daB  die  vorgelegten  Dis- 
kussionspapiere  entsprechend  den  Diskussionen  auf  dem  Arbeitsseminar 
Uberarbeitet  werden  sollen.  Daran  sollten  sich  problematisierende 
Diskussionsfragen  anschlieBen: 

1.  Welche  ubergeordnete  Bedeutung  hat  der  berufsfeldbezogene  Arbeits- 
ansatz? 

2.  Welcher  strategische  Stellenwert  hat  die  Selbstorganisation? 
3!  Wie  kann  der  Kommunikationsrahmen  innerhalb  des  SB  erweitert 

werden? 

Diese  Arbeitspapiere  sollen  alien  bisher  am  Info  mitarbeitenden  Grup- 
pen und  Einzelnen  zugesandt  werden;  sie  sind  aufgefordert,  sich  an 
dieser  Diskussion  zu  beteiligen.  Diese  Diskussion  wird  bffentlich 
gefiihrt  und  das  Info  ha'tte  die  Aufgabe,  diese  zu  publizieren  und 
voranzutreiben. 

Gleichzeitig  sollte  ein  Kommunikations-  und  Orgamsationsrahmen  inner- 
halb des  Sozialistischen  Biiros  mit  entwickelt  werden,  der  aufbaut 
auf  unseren  bisherigen  Erfahrungen  und  von  zwei  Prinzipien  ausgeht: 


87 


rt 


-  die  Kommunikaticn  zu  organisieren,  kann  nicht  mehr  allein  dem 
Zufall  Uberlassen  bleiben;  die  gemeinsame  Arbeit  muB  eine  grbBere 
Verbindl ichkeit  erhalten,  sowohl  im  Arbeitszusammenhang  Info 
Sozialarbeit,  wie  auch  im  Rahmen  des  SB; 

-  die  Mbgl ichkeit  der  Mitarbeit  von  anderen  Gruppen  Oder  Einzelnen 
(die  den  politischen  Schritt  zu  einer  verbindl ichen  Arbeit  im 
Zusammenhang  des  SS  nicht  oder  noch  nicht  vollziehen  wollen,  aber 
ein  Interesse  haben,  im  Rahmen  des  Info  Sozialarbeit  an  den  Pro- 
blemen  der  Berufspraxis  mitzuarbeiten)  ist  wesentlicher  Bestand- 
teil  unserer  Arbeitsweise. 

Anmerkung: 

Auf  der  letzten  Redaktionssitzung  haben  wir  beschlossen,  die  im 
Herbst  begonnene  Diskussion  auf  einem  Arbeitsseminar  vom  1.  -  4.5.75 
fortzusetzen.  Ausgehend  von  den  oben  genannten  Beitragen  und  im  Zusam- 
menhang  mit  der  SB-Thesendiskussion  sollen  folgende  Themenkomplexe  im 
Mittelpunkt  stehen: 

-  Verhaltnis  Produktions-  zum  Reproduktionssektor, 

Rolle  und  Funktion  der  Sozialarbeit  im  Zusammenhang  mit  der  Staats- 
analysej 

-  Gewerkschaftsfrage; 

-  ortliche  Organisierung. 

Die  Seminarergebnisse  sollen  dann  Inhalt  eines  der  nachsten  Info-Hefte 
sein,  das  sich  schwerpunktma'Sig  mit  der  Organisierungsfrage  beschaftigt. 

3.  Haterialien  zur  Jugend-  und  Sozialarbeit 

Wir  erhalten  immer  wieder  Anfragen  nach  Materialien  und  schwer  zugang- 
lichen  Papieren  aus  dem  Bereich  Jugend-  und  Sozialarbeit.  In  der  Redak- 
tionssitzung vom  lo./ll . 1.75  haben  wir  daher  auf  Anregung  der  Sozial- 
arbeitergruppe  im  SZ  Dortmund  beschlossen,  zu  bestimmten  Themen  solche 
Material ienmappen  auf  einfache  und  billige  Art  und  Weise  zusammenzu- 
stellen. 

Den  ersten  Versuch  machen  wir  mit  dem  Perspektivplan  des  Bundesjugend- 
ministeriums.  Dieses  Diskussionspapier  des  BMFJG  zum  Bundesjugendplan, 
das  allein  der  Abklarung  zwischen  den  zustandigen  Ressorts  von  Bund, 
Landern  und  Gemeinden  dienen  soil,  wurde  bisher  der  Offentl ichkeit 
nicht  zuganglich  gemacht.  Interessierte  erhalten  dieses  23  Seiten 
starke  Papier  gegen  Voreinsendung  von  DM  2.5o  incl.  Porto  zugesandt. 
Den  Vertrieb  uberninvnt:  Sozialarbeitergruppe  im  SZ  Dortmund,  c/o  JLir- 
gen  Heinze,  46  Dortmund-Horde,  Postfach  149. 

Geplant  ist  weiterhin  eine  Zusammenstel lung  wichtiger  Daten  und  Berichte 
zur  Jugendarbei tslosigkei t. 


88 


NACHRICHTEN/TERMINE 


1.)  Jugendarbei tslosigkei t  nimmt  zu 

Wie  eine  Sonderuntersuchung  der  Bundesanstalt  f.  Arbeit  ergab,  ist 
die  Zahl  der  arbeitslcsen  Jugendlichen  im  Zeitraum  von  September  1973 
bis  September  1974  urn  253  %  gestiegen  (allgemeiner  Anstieg  154  %) . 
Das  heiSt  69  800  Jugendliche  unter  20  Jahren  stehen  auf  der  StraBe; 
ftir  3  800  Jugendliche  konnte  das  Arbeitsamt  keinen  Ausbildungsplatz 
vermitteln.  Seit  September  ist  diese  Zahl  urn  30  000  gestiegen. 
DaB  die  tatsachl iche  Zahl  in  der  BRD  weit  hbher  liegen  diirfte,  wird 
daran  deutlich,  daB  die  Statistiken  nur  den  Teil  der  arbeitslosen 
Jugendlichen  erfassen,  der  sich  arbeitslos  meldet.  Ebenso  fallen  die 
Jugendlichen  heraus,  die  kurzfristig  beschaftigt  oder  in  Fortbil- 
dungsveranstaltungen  untergebracht  sind.  (siehe  dazu  "express"  Nr.1/75) 


2.)  Lehrstellenruckgang  - 

"eine  Folge  der  Agitation  von  linken  Systemkritikern" 

Diese  Bemerkung  des  CDU-MdL  Weirich  Ibste  heftige  Gegenreaktionen 
der  Vollversammlung  des  Hessischen  Jugendringes  aus,  der  in  Hessen 
ca-  500  000  Jugendliche  reprasentiert. 

Auf  ihrer  VV  beschaftigte  sich  der  Jugendring  mit  Fragen  der  beruf- 
lichen  Bildung,  wobei  er  deutlich  machte  ,  daB  die  Lehrstellenver- 
knappung  und  die  zu/iehmende  Jugendarbeitslosigkeit  "einen  Bankrott 
der  von  den  Unternehmern  verwalteten  Berufsausbildung  darstelle". 
Die  Antwort  der  Parteienvertreter  fiel  durftig  aus,  sie  konnten  keine 
Lbsungsmbgl ichkeiten  anbieten.  Die  VV  forderte  das  Land  Hessen  auf, 
eine  Situationsanalyse  der  beruflichen  Bildung  zu  erstellen,  das 
Berufsgrundbildungsjahr  auszubauen,  das  Bildungsurlaubsgesetz  zu 
novellieren  und  einen  Anspruch  auf  mindestens  10  Tage  Bildungsurlaub 
mit  ausschlieBlich  politischer  und  sozialer  Bildung  sicherzustellen, 
sowie  die  Schaffung  von  uberbetriebl ichen  Ausbildungszentren. 
In  weiteren  Resolutionen  forderte  die  VV  den  Wegfall  des  Anerkennungs- 
verfahrens  flir  Kriegsdienstverweigerer  und  wandte  sich  gegen  die 
politische  Disziplinierung  im  Bereich  der  auBerschulischen  Jugendbil- 
dung.  Insbesondere  wurden  die  Disziplinierungen  des  Stadtjugendrin- 
ges  Darmstadt,  des  Ringes  Bundischer  Jugend  und  des  SHB  und  SVI 
durch  Streichung  der  bffentl  ichen  Mittel  verurteilt. 


3.)  Berufsverbot  verfassungswidrig  -  Stadt  MUnchen  geht  in  die 
Revision 

Im  Info  Sozialarbeit  Nr.  6/74  berichteten  wir  liber  die  Nichteinstel- 
lung  des  Sozialarbeiters  H.G.  Frieser  durch  die  Stadt  Munchen. 


Die  Einstellung  wurde  mit  seiner  DKP-Mitgl  iedschaft  begrlindet. 
Das  Munchner  Arbeitsgericht  hat  nun  gegen  die  Stadtverwal tung  ent- 
schieden:  das  Berufsverbot  ist  rechts-  und  verfassungswidrig.  Die 
Mitgl iedschaft  in  einer  nicht  verbotenen  Partei  (DKP)  "kann  nicht 
fur  die  mangelnde  Eignung  fUr  ein  bffentliches  Amt  hergenommen  wer- 
den".  "Nach  Art.  33  Abs.  2  GG  haben  alle  Deutschen  gleichen  Zugang 
zu  jedem  offentlichen  Amt  nach  Eignung,  Befahigung  und  fachlicher 

Leistung  (die  wurde  ihm  nie  von  der  Stadt  bestritten,  d.  Red.) 

dem  stent  nicht  entgegen,  daB  Frieser  Mitglied  der  DKP  ist." 
Betont  wird  im  Urteil,  daB  "Mitglieder,  Funktionare  und  Anhanger 
einer  Partei  (dies  gilt  auch  flir  Angestellte  und  Beanite  im  offent- 
lichen Dienst)bei  der  Ausiibung  ihrer  parteipolitischen  Tatigkeit" 
durch  das  Parteienprivileg  Art.  21  Abs.  2  GG  geschutzt  wird. 
Wie  wir  erfahren  haben,  wird  sich  die  Stadt  Munchen  nicht  an  dieses 
Urteil  halten,  sie  verfolgt  mit  alien  Mitteln  die  Aufhebung  des  Ur- 
teils  und  wird  in  die  Revision  gehen,  denn  dieses  Urteil  kbnnte  ja 
Damme  brechen  und  die  Diszipl inierung  und  Berufsverbotspraxis 
zumindest  erschweren. 


H.)    KPD-Fraktion  aus  der  Heim  &  Erzieher  Zeitschrift  (Westberlin) 
ausgeschlossen 


Nach  langen  internen  und  offentlichen  Au 
'hez'  10/74)  wurde  am  7.1.1975  auf  einer 
(nicht  parteigebundenen  Mitgliedern)  geg 
haltung  (2  Redaktionsmitgl ieder  waren  ni 
von  8  KPD-Sympathisanten  beschlossen. 
Der  AusschluB  wurde  mit  ihrer  Redaktions 
KPD  orientierte  Interessenpol itik)  und  d 
heitsbeschlussen  begrundet.  So  wurdenz.B 
kel  gekennzeichnet,  obwohl  sie  nicht  abg 
Anzeige  in  dem  anla'Blich  des  Jugendpolit 
Flugblattes  "Initiative  fur  einen  Bund  s 
Erzieher"  war  nicht  von  der  Redaktion  be 


seinandersetzungen  (siehe 
Redaktionssitzung  mit  13 
en  7  Stimmen  bei  einer  Ent- 
cht  anwesend)  der  AusschluB 

politik  (zunehmende  an  der 
er  Nichteinhaltung  von  Mehr- 
Artikel  als  Reaktionsarti- 
esprochen  waren;  eine  'hez' 
ischen  Forums  verteilten 
ozialistischer  Lehrer  und 
schlossen  worden. 


Am  28.  Januar  1975  findet  in  der  FHSS  (Goltzstr.  43)  eine  dffentli- 
che  Veranstaltung  statt,  in  der  iiber  den  AusschluB,  aktuelle  Proble- 
me  im  Heimbereich  und  die  zukunftige  'hez'-Arbeit  diskutiert  werden 
soil.  (Wir  werden  darLiber  berichten) 

5.)  Seminare  und  Ski-Freizei ten  im  Jugendbildungszentrum  Ronneburg 

Im  Rahmen  des  Bildungsurlaubs  werden  Wochenendseminare  zum  Thema 
"Gesellschaft  und  sozialer  wandel"  durchgefuhrt.  Termine:  15.2.  - 
16.2.75  und  10.3.  -  14.3.75. 

Preiswerte  Ski-Freizeiten  in  Kirchberg  und  Kitzbuhl/Tirol  vom 
15.  -  23.3.75/16.  -  26.3.75  und  in  Saalbach/Hinterglemm  vom 

31  3  -  7  4  75 

Informationen:  JBZ  Ronneburg,  6451  Ronneburg,  Hess.  2,   Am  weiBen  Berg. 


-  91 


6.)  Treffen  der  Frauengruppe  Jugendpolitisches  Forum 

Vom  16.-19.  Mai  75  sollen  die  in  der  AG  "Arbeitermadchen  im  Jugend- 
zentrum"  aufgeworfenen  Fragen  und  Probleme  weiterdiskutiert  werden 
(siehe  auch  Seite  69).  Interessierte,  die  in  Jugendzentren  mit  Ar- 
beitermadchen arbeiten,  wenden  sich  bitte  an  die  Kontaktadresse: 
Oberregionale  Frauengruppe  JupoFo  c/o  Dagmar  Straube,  6  Ffm., 
Hamburger  Allee  49. 


7.)  Arbeitsseminare  Info  Sozialarbeit 

-"Sozialarbeit  im  Knast":  21.  -  23.  Ma'rz  1975  in  Gdttingen 

Kontaktadr.:  Dbrthe  Uhlendorf,  34  Gbttingen,  Ruhstrathbhe  7 

(AnmeldeschluB:10.3.1975) 
-"Organisierunq  von  Sozialarbeitern" :  1.  -  4.  Mai  1975 

Anmeldung:  Info  Sozialarbeit 
- "Inst.  Probleme  stadtteilbezogener  Sozialarbeit" : 

6.  -  8.  Juni  1975  in  Hamburg 

Kontaktadr.:  Herbert  Effinger,  2  HH  1 ,  Repsoldstr.  49. 


8.)  Treffen  fur  Stadt-,  Regional-  und  Landesplaner 

Genossen  aus  dem  Raum  Hessen,  Westfalen  und  su'dliches  Niedersachsen, 
die  in  diesen  Bereichen,  sowie  in  Burgerinitiativen  und  Stadtteil- 
gruppen  arbeiten,  wenden  sich  bis  zum  1.  Ma'rz  an  E.  Beerens,  355 
Marburg,  Haspelstr.  4. 

9.)  Wohngemeinschaftstreffen 

Vom  28.2.-7.3.75  auf  Burg  Rothenfels/Main.  Anfragen  an:  Elmar 
Senghaas,  c/o  KSG/87  Wlirzburg,  Hofstallstr.  4,  Tel.  0931/51607 

lo.)  Nicht  bffentlicher  JugendhilfekongreB  der  AGO 

Vom  3.-5.6.75  soil  in  Dusseldorf  der  AGJ  JugendhilfekongreB  zum  Thema 
"Jugend  und  Recht"  vor  ausschlieBl ich  geladenen  Gasten  stattfinden. 
Nach  dem  Hillen  der  Organisatoren  wollen  Sozialadministration  und 
Verbandsfunktionare  unter  sich  diskutieren.  Die  Jugendverbande  stellen 
15o,  Wohlfahrtsverbande  loo,  Fachorganisationen  loo,  landesjugendamter 
8o  und  oberste  Jugendbehorden  5o  Teilnehmer. 


MATERIALIEN 


1.  Ausbeutung  im  Knast,  eine  Dokumentation  liber  die  Produktionsver- 
haltnisse  im  Knast  in  der  von  den  Gefangenen  selbst  auf  die  bko- 
nomisch  und  politisch  relevante  Funktion  des  Knastes  hingewiesen 
wird. 

Herausgeber:  Kollektiv  Rote  Hilfe  Munchen;  Bestellungen  bei  Peter 
Schult,  8  Mlinchen  90,  Germersheimerstr.  26,  qegen  Voreinsendung 
von  DM  2.50  +  Porto  (ab  10  Ex.  DM  2.  —  ). 

2.  info  Strafvollzug,  herausgegeben  von  der  AG  Knast  Darmstadt.  Nr.  3 
bringt  u.a.  Beitrag  zur  Gefa'ngnisarchitektur,  zu  Holger  Meins, 
Bericht  eines  Gefangenen  auf  Transport.  Gegen  Voreinsendung  von 

DM  1.—  in  Briefmarken  bei  AG  Knast  c/o  AStA  FHS,  61  Darmstadt, 
Schbfferstr.  3. 

Nachrichtendienst  der  Gefangenenrate  Nr.  6  bringt  Berichte  aus 
Haftanstalten  und  psychiatrischen  Anstalten  des  In-  und  Auslan- 
des,  Briefe  von  Eingeschlossenen.Dokumente  zum  Hungerstreik  etc. 
Zu  beziehen:  Gefangenenrat  Frankfurt  c/o  B'uro  Poller,  6  Ffm., 
Glauburgstr.  75a,  gegen  Voreinsendung  von  DM  2.—  (fur  Inhaftier- 
te  kostenlos). 

'Ausgeklammert'  -  Gefanqenenzeitschrift  der  OVA  Ludwigsburg  und 
Schwibisch  Gmiind  Nr.  7:  u.a.  Beitra'ge  zum  Thema  Weihnachten,  zur 
Arbeit  der  Einweisungskommission,  Bericht  liber  eine  Tagung 
"Gefangenenzeitung".  Kostenlos  erha'ltlich  liber:  Redaktion 
"ausgeklammert?",  7140  Ludwigsburg,  Postfach  727. 
Spanien  -  Aktuell  -  deutsch-spanischsprachige  Informationszeit- 
schrift  der  Sol idaritats-Kommissionen  mit  den  politischen  und 
sozialen  Gefangenen  Spaniens  -  bringt  u.a.:  Chronologische  Dar- 
stellung  der  Kampfe  in  Spanien,  Mariscos  und  Francoismus,  Pefan- 
gene  im  Hungerstreik,  Briefe  aus  Spanien.  Gegen  Voreinsendung 
von  DM  1.—  +  Porto  bei  Ernst  Otto  Kess,  8  Miinchen  1,  Postfach  568. 
Neue  Material ien  zum  Thema  Bundeswehr  und  Kriegsdienstverweigerung: 
Dokumentation  "Bundeswehr:  Wolf  im  Schafspelz"  (DM  2.—  +  --5U 
Porto);  Dokumentation  "Jugend,  Dffentlichkeit,  Bundeswehr" 
(DM  2.—  +  -.50  Porto);  Zusammenstellung  "Bundeswehr  probt  den 
Notstand"  (DM  -.40  +  -.50  Porto).  Bezug:  Arbeitskreis  Bundeswehr 
und  KDV,  c/o  F.  Roth,  54  Koblenz  1,  Schutzenstr.  40. 
AMOS  -  Kritische  Blatter  aus  Westfalen  Nr.  2/74:  Eeitrage  zu 
Portugal,  Spanien,  40  Stunden-Woche,  Strafvollzug,  Zur  Sozialis- 
mus-Diskussion  etc.  Oahresabonnement  DM  10.  —  ;  Redaktion:  463  Bo- 
chum,  Lennershofstr.  66/8.  ,.,„,- 

8   Sozialtherapie  Frankfurt  -  Informationen  uber  die  1973  gegrunde- 
te  'Gruppe,  Konzept  des  geplanten  gemeindepsychiatnschen  Zen- 
trums,  Bericht  uber  den  Entwicklungsstand  des  Projektes.  Gegen 
Einsendung  eines  Unkostenbeitrages  von  DM  6.—  (PSCHKto  Ffm., 
13191-601,  Sozialtherapie  Ffm.,  Postfach  2832). 

9 .  Dokumentation  -  Gegen  Berufsverbote  und  Auslanderverfolgung,  -  am 


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-  93 


Bei spiel  Karam  Khella's.  21  Seiten;  Sol idaritatspreis  DM  1.-. 
Bezug:  Fachschaftsrat  SPZ,  Uni  Hamburg,  2  HH,  Sedanstr. 
Jugendwohnkollektive  -  der  1 .  Bericht  des  SPAK  Konstanz  ist 
vergriffen.  Interessenten  kann  gegen  Voreinsendung  von  DM  3.— 
+  Porto  der  zweite  Erfahrungsbericht  Uber  die  Arbeit  des  SPAK 
Konstanz  zugesandt  werden.  Bezug:  W.  Knappe,  775  Konstanz, 
Friedrichstr.  22 

"roter  Falke"  -  Zeitschrift  der  SJD  Bezirk  Hannover  -  bringt  in 
der  Januar  Ausgabe:  u.a.  Jugendpol itisches  Forum,  Thesen  zur  RAF, 
Berichte  aus  dem  Verband.  Bezug:  SJD,  3  Hannover,  Walderseestr  .100. 
Basis-Press  -  die  Sozial istische  Korrespondenz  Sudbayern  -  Nr.6/7 
entha'lt  u.a.  Arbeitsergebnisse  zur  GrUndung  eines  Sozialistischen 
Zentrums,  sowie  Aspekte  zur  Lage  in  Bayern.  Bezug:  gegen  Vorein- 
sendung von  DM  1.--  +  Porto  in  Briefraarken  Uber  Hans  Poppel , 
8  Munchen  80,  Kirchstr.  83. 

Kblner  Volksblatt  -  BUrgerinitiativen  informieren  -  Nr.  1/75 
u.a.  von  der  Wirtschaftsfront,  Experimente  der  Bayer-Werke, 
Polizeieinsatz  im  Jugendzentrum.  Bezug:  gegen  Voreinsendung  von 
DM  1.—  liber  Betrieb  Rode/Stankowski,  5  Kbln  60,  Merkenicherstr.99. 
Hochschulbrief  Ev.  Fachhochschulen  1/74  entha'lt  einen  Beitrag 
ZUr  Auseinandersetzung  um  den  5.  DJHT  zwischen  AGJ  und  Soziali- 
stische  Aktion.  Bezug:  Ev.  FHS  Reutlingen,  741  Reutlingen, 
Ringelbachstr.  221. 

Hessische  Jugend  3/74  Heftthema:  Ein  neues  Gesetz  flir  Jugendhil- 
fe?  u.a.  Beitra'ge  zum  neuen  Jugendhilferecht  u.  Jugendpolit. 
Forum.  Bezug:  Hess.  Jugendring,  62  Wiesbaden,  Albrechtstr.  15. 
Dokumentation  zur  Auflosung  der  FHS  des  Caritas-Verbandes  in 
Heidelberg,  sie  entha'lt  neben  den  Berichten  zur  Auflosung,  Bei- 
trage zur  Funktion  der  Sozialarbeit  im  Kapitalismus,  zur  Ausbil- 
dung  der  Sozialassistenten.  Bezug:  AStA  Kath.  FHS,  78  Freiburg, 
Wolflinstr.  4. 
17.  Konzept  flir  ein  Jugendzentrum.  Kann  angefordert  werden  bei: 
Jugendwohn-  und  Lehrlingsheim  der  AWO,  87  Wlirzburg,  Berliner 
Platz  10. 


KLEINANZEIGEN 


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JUGENDSEKRETAR 

Die  SJD-Die  Falken,  Kreisverband  Ko'ln, 
sucht  flir  die  Jugendarbeit  in  Kb'ln 
hauptamtlichen  Mitarbeiter 
zum  1. April  1975 

Voraussetzung  sind: 

mindestens  21  Jahre  alt,  abgeschlossene  Berufsausbildung 

oder  abgeschlossenes  Studium  als  Sozialarbeiter,  Lehrer  etc. 

Bezahlung  und  andere  Leistungen  erfolgen  in  Anlehnung  an  BAT. 

Die  Bewerbungsunterlagen  sind  zu  schicken  an: 

SJD-Die  Falken,  5  Koln  1,  Severinswall  32,  Telefon  32  13  77 


Pa'dagoge  (MagisterabschluB  in  Soziologie  und  Padagogik)  sucht  Arbeit 
im  Bereich  der  Erwachsenen-  oder  Jugendbildung,  auch  Lehrtatigkeit 
erwlinscht;  mbglichst  Raum  Mlinchen.  Angebote  an  das  Sozial  istische 
Bu'ro  unter  Chiffre  2/16. 

FHS-Absolventin  (Sozialpadagogik)  sucftStelle  in  der  Kinder-  und 
Jugendwohnkollektivarbeit,  Jugendverbandsarbeit  oder  Jugendbildungs- 
arbeit.  Praktische  Erfahrungen  in  diesen  Arbeitsfeldern  sind  vorhan- 
den.  Angebote  unter  Chiffre  2/17. 

FHS-Student  (Munchen),  Ausbildungsschwerpunkt  Gemeinwesen  und  Stadt- 
teil  sucht  ab  Herbst  1975  Arbeitsstelle  zur  Ableistung  der  Praxis- 
semester.  Bevorzugt:  Mitarbeit  in  Gruppen,  die  mit  Sanierung  be- 
schaftigt  sind.  Angebote  Uber  Chiffre  2/18. 

Betriebswirt  grad.  (Personal-  u.  Ausbildungswesen,  Sozialpsychologie, 
■Rechtspolitik)  sucht  zum  1.4.75  oder  spater  entsprechende  Tatigkeit 
im  sozialen  Bereich.  Norbert  Mehles,  3501  Niestetal,  Schladeweg  7. 
Drei  Zivildienstleistende  gesucht  fur  die  Arbeit  mit  dissozialen  und 
drogengefahrdeten  Jugendl ichen.  Gesucht  werden  Leute,  die  selbstandig 
arbeiten  kbnnen  und  evtl .  uber  padagogische  Erfahrungen  verfugen. 
Kontakt  uber  Volkhard  Knigge,  34  Gb'ttingen,  GoBlerstr.  23  T. 0551/57957. 
Sozialarbeiter  gesucht  fur  die  padagogische  Betreuung  einer  Jugend- 
wohngemeinschaft  mit  mannl ichen  Jgdl.  ab  15  Jahren.  Bezahlung  BAT  IV a, 
Fahrgeld.  Es  arbeiten  mit:  Schul pa'dagoge,  Berufspraktikantin,  Ersatz- 
dienstleistender,  Psychologe  und  ehrenamtliche  Mitarbeiter.  Anfragen: 
Verein  f.  soziale  Jugendarbeit,  463  Bochum,  wittenerstr.  462. 
Bildungsreferenten(in)  fu'r  Bildungsarbeit  mit  Arbeiterfamil  ien  ge- 
sucht. Sozialpadagogische  Ausbildung  oder  entsprechendes  Studium, 
sowie  prakt.  Erfahrungen  in  der  Erwachsenenbildung  ist  Voraussetzung. 
Bezahlung  BAT,  13.  Monatsgehalt,  14  Tage  Bildungsurlaub  u.  4  Wochen 
Mindesturlaub.  Bewerbungen  an:  Progressiver  Eltern  u.  Erzieherverband 
NRW,  465  Gelsenkirchen,  Bahnhofstr.  74/76. 
Gesucht  werden  Material ien,  Hinweise,  Kontakte: 

-  "Die  sozialen  u.  psychischen  Folgen  von  Arbeitslosigkeit" 
Dagmar  Egnstfed,  58  Hagen,  Dahlenkampstr.  12; 

-  "Kontroverse  zwischen  standesarztlicher  u.  gewerkschaftlicher 
Gesundheitspolitik"  Michael  Penners,  5  Kbln,  Bachemerstr.  27; 

-  "Integration  des  Berufspraktikums/Curriculumentwicklung  an 
Sozialarbeiterfachhochschulen"  Elisabeth  Welte,  78  Freiburg, 

-  "Geschichte  der  Sozialarbeit>Kinder-  u.  Jugendfreizeit,  Erwachsenen- 
bildunn"  H.  Steffens,  32  Hildesheim,  Struckmannstr.  8; 

-  Wer  hat  Anti-Cdipus  gelesen?  W.  Reiter,  8  Munchen  40,  Motorstr.  38; 

-  "Aspekte  studentischer  Dffentlichkeit/pol itische  Agitation  von 
stud  Gruppen"  Helga  Eibl,  2  HH  76,  Hirschgraben  59; 

-  "R  Dutschke,  Rebellion  der  Studenten  rororo  1043" 
Hans-J.  Still,  4178  Kevelaer  1,  Schillerstr.  24; 


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"Aufbau  eines  Jugendwohnkol  lektivs"   Hans-J.    Karnatz,  4812  Brackwede, 

Hallerstr.    14; 

"Entwicklung  der  Jugendsoziologie/Vorschulerziehung/  zur  Ausein- 

andersetzung  um  Gesamtschule/Bildungssituation  auslandischer  Ar- 

beiterkinder"  Michael  Selbmann,  48  Bielefeld,  Paulusstr.  21; 

"Verhaltnis  zwischen  Sprachdidaktik  u.  Literaturdidaktik  am  Bspl . 

Hess.  Rahmenrichtlinien  Deutsch  Sek.  I" 

Karl  Georg  Beckmann,  34  Gdttingen,  Am  Kreuze  15; 

"Arbeit  mit  auslandischen  Arbeitern/Deutschkurse  f.  TLirken" 

Barbara  Kettler,  181 2  Brackwede,  Hauptstr.  73 

Engelhardt,  43  Essen  1,  Postlagerkarte  064395  A; 

"Sozial padagogi k  an  Gesamtschulen" 

Torn'  Wagner,  6051  Dudenhofen,  Frankfurter  Str.  48; 

"Kindliches  Spiel /Rquivalent  Arbeit?  -  Entwicklung  des  kindl . 

Spiels,  Analyse  kommerziellen  Spielzeugs  -  Doris  Garnatz,  35  Kassel  , 

Kirchweg  28; 

"El ternarbeit  im  Bereich  Schule  u.  Sonderschule" 

Inge  Sachsse,  5  Kdl n  41,  Bachemerstr.  27. 


PROBLEME 
DES  KLASSEN- 
KAMPFS 


• 


DM  7,00 


Gerhard  Armanski 

Staatliche  Lohnarbeiter  im  Kapitalismus 

Thorsten  Graf/Mimi  Steglitz 

Homosexuellenunterdruckung  in  der  biirgerlichen  Gesellschaft 

W.  Schoeller/W.  Semmler/J.  Hoffmann/E.  Altvater 

Entwicklungstendenzen  des  Kapitalismus  in  Westdeutschland  (II) 

Bodo  v.  Greiff/Hanne  Herkommer 

Die  Abbildtheorie  und  „Das  Argument" 

Bedingungen  sozialistischer  Solidaritat 


Probieme  des  Klassenkampfs  erscheint  mit  jahrlich  ca.  750Seiten  Umfang.  die  in  der  Regel 
in  !mi  Emfach-  und  zwvei  Doppelheften  geliefert  werden.  Preis  des  Einfachheftes  DM  7.00, 
des  Doppelheftes  DM  10.00.  Abonnements  sind  nur  direkt  vom  Verlag  be2iehbar.  Abo-Preis 
fur  6  Emfachhefte  (bzw.  2  Einfacb-  und  2  Doppelhefte)  is!  DM  31.00  inktusive  Versandko- 
sten.  Luftpostabonnement  (nur  auSerhatb  Mitieleuropas] :  DM36.00.  Die  Lieferung  wird 
aufgenommen.  sobald  der  Betrag  von  DM  31,00  bzw.  DM  36.00  beim  Verlag  eingegangen 
ist.  Dabei  ut  anzugeben,  ab  welchem  Heft  die  Zusendung  gewunscnt  wtrd.  wobei  fruhest- 
moghcher  Abo-Begmn  das  zuietzt  erschienene  Heft  ist.  Evtl.  fruhere  Hefte  werden  zum  Nor 
malpreu  auf  Rechnung  portofrei  zugesandt,  sofern  sie  nicht  gerade  vergnffen  sind.  —  Son 
derhefte  sind  im  Abo  nicht  enthalten,  sondem  werden  auf  Bestellung  jeweils  nach  Erschei 
nen  portofrei  zugesandt.  Sonderhefte  kosten  nach  Umfang  und  Auflagenhohe  unterschied- 
lich  viel.  Bezahlung  des  Abos  durch  Uberweisung  an  Politladen  GmbH,  Erlangen,  Konto 
3234-850  beim  Postscheckamt  Nurnberg  Oder  Konto  1190  bei  der  Raiffeisenkasse  Effel 
tnch/Oberfranken.  -  Auslandsuberweisungen  bine  ausschheftlich  per  Post! 


POLITLADEN 


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Au[3erdem:    "Reformer"   stoppen  Reformen 
Das  Ende  der  Victor-Gollancz-Stiftung? 
Disziplinierung:   Flinf  Kurzberichte 
Redaktionsmitteilungen/Materialien 


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Offenbach  im  Jul i  1975 
Einfachnummer  -  Preis  DM  3,50