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Full text of "Informationsdienst Sozialarbeit (1972 - 1980)"

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PROBLEME 
DES  K  LASSEN - 

KAMPFS  *  10 

ca.  150Seiten  ^^  DM6.°° 


Helga  Fassbinder: 

Redaktionskollektiv 
Gcwerkschaften: 

Manfred  Scharrcr/ 
Dieter  Schuttc 


beini 


973 


Preisbildung,  Monopol  und  Spekulatio" 

stadtisehen  Boden 

Neue  Momente  in  der  Klassenbewegung 

inder  Metallindustrie 

Die  Jiterarischcn  Reprasentanten"  der  i> 

Kritik  am  Projekt  Klassenanaly.se 


Protokoll  der  Diskussion  in  der  Redaktio"^ 

irrer/Scli»tle 

Zu  den  Klassenkampfen  in  Chile 


konferenz  zum  Aufsatz  von  Scharrer 

ikiimpfen  in  Chile 

Interview  mil  Urs  Miiller-Plantenberg 


Initiativgruppe 
Bad  Soden: 


Erklarung  zur  Unterdriiekung  von  oppoS 

nellen  Kraften  in  Peru 

Thesen  zum  Editorial  der  Redaktionsko'1 

ferenz(ProklaNr.6) 


itio- 


Erhaltlich.in  den  Buchladen  oder  direkt  beim  Verlag: 
POLITLADEN         852  ERLANGEN  POSTFACH  2849 


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r°St-  da  tonkuberweuungen  mi,  Gebuhren  belasle,  werden. 


JNFORMATIONSDIENST 
SOZIALARBEIT 


artM^ 


"  .Q-V)I^'1u^''lPft 


Schwerpunktthemen: 

Jugendhilferecht 
Und  Jugendhilfetag 

Aufierdem:  'Genscher-Beform' 
5  Palle  von  Disziplinierung 
Nachrichten/Termine/Hinweise 


6 


Offenbach  1m  April  1974,  Preis 


DM  3. 


Dieser  Informationsdienst  Sozialarbeit  wird  im  Sozialistischen  Buro 
von  Gruppen,  die  im  Sozialisationsbereich  arbeiten,  herausgegeben 
Der  Info  dient  der  Kommunikation  und  Kooperation  von  Genossen,  die 
rait  sozialistischem  Anspruch  im  Feld  der  sozialen  Arbeit  tatig  sind. 
Herausgeber:  Sozialistisches  Buro 

6o5  Offenbach  4,  Postfach  591 
Verleger:  Verlag  2ooo  GmbH  Offenbach 
Erste  Auflage,  April  1974,  5ooo  Exemplare 
Alle  Rechte  bei  den  Herausgebern 

Vertrieb:  Verlag  2ooo  GmbH,  6o5  Offenbach  4 

Postfach  591,  Hohe  Str.  28  (Souterrain) 
Postscheck  Frankfurt,  Konto  Nr.  61041-604 
Preis:  Einzelexemplar  DM  3.— 

Bei  Abnahme  von  raindestens  lo  Exemplaren  2o  %  Rabatt 
Weiterverkaufer  (Buchladen,  Buchhandel)  4o  %   Rabatt 
jeweils  zuzuglich  Versandkosten 

Der  Info  kann  auch  im  Abonnement  bezogen  werden.  Bezugsgebuhren  fUr 
das  Jahr  1974  DM  lo.—  +  DM  2.8o  Versandkosten.  Das  Jahresabonnement 
enthalt  vier  regulare  Ausgaben  (Einfachnummern) .  Die  Einfachnummer 
kostet  DM  3.--,  eine  Doppelnummer  DM  5.--. 

Verantwortlich:  Redaktionskollektiv  Info  Sozialarbeit 
Presserechtlich  verantwortlich:  Glinter  Pabst  Offenbach 
Druck:  hbo-druck  Bensheim 


INFO  SOZIALARBEIT,  Heft  6 


I    N   H  A  L  T 

Vorbemerkungen  zu  dieser  Ausgabe 

Kurzinformation  zum  JHG-Entwurf 

Giinter  Steinvorth  Frankfurt: 

Gegen   sozial technokratische  Tendenzen 

im  Jugendhilfegesetzentwurf 

Aktiv   R16  Koln: 

Analyse  und  Forderungskatalog 

zur   Reform  des  Jugendhilferechts 

Kritische  Gruppe  Westberlin: 

'Genscher-Reform'    des  dffentlichen  Dienstrechtes 

Kurt  Sprenger  Frankfurt: 
Sozialarbeit  und  der  5.  DJHT 

Glinter  Pabst  Frankfurt: 

Die  Sozialistische  Aktion 

auf  dem  Jugendhilfetag  Nlirnberg 

Redaktionskol lektiv: 

Zusarrmenfassender  Bericht  der  konstituierenden  Tagung 

der  Sozialistischen  Aktion  Jugendhilfetag  Hamburg 

Sozialistische  Aktion  Jugendhilfetag: 
Brief  des  Geschaftsfuhrers  der  AGJ 
und  Offerer  Brief  an  die  AGJ 

Repressive  MaBnahmen  im  Sozialbereich 
5   Kurzberichte 

Nachrichten/  Termine 

Materialien 

Kleinanzeigen 


Seite  2 

Seite  3 

Seite  13 

Seite  17 

Seite  31 

Seite  3  5 

Seite  39 

Seite  47 

Seite  55 

Seite  59 

Seite  65 

Seite  69 

Seite  71 


VORBEMERKUNGEN  ZU  DIESER  AUSGABE 


KURZINFORMATION 

ZUM  JUGENDHILFEGESETZENTWURF 

(Diskussions-Entwurf) 


Zwei  Schwerpunkte  werden  in  diesem  Heft  behandelt:  Jugendhilferecht 
und  Jugendhilfetag. 

In  einer  Kurzinformation  zum  JHG  versuchen  wir,  die  wesentlichen  Pa- 
ragraphen  des  Diskussionsentwurfes  zusammenzufassen,  so  daB  es  dem  Le- 
ser  moglich  ist,  sich  einen  Oberblick  zu  verschaffen,  ohne  gleich  die 
Materialberge  von  Stel lungnahmen  und  Erlauterungen  durcharbei ten  zu 
mussen.  Es  fa  1  It  nicht  schwer,  die  sozial technokratischen  Tendenzen 
des  Jugendhilfegesetzentwurfes  aufzuzeigen,  sowie  die  Tatsachen,  daB 
der  JHG-Entwurf  nichts  wesentliches  an  den  Lebensbedingungen  der  Ju- 
gendlichen  a'ndern  wird,  fortschrittliche  Sozialarbeiter  eingeschrankt 
und  Selbsthilfeim'tiativen  abgewurgt  werden  sollen.  Beide  Analysetex- 
te  sowie  der  Forderungskatalog  zur  Reform  des  Jugendhilferechts  blei- 
ben  auf  der  gesetzesimmanenten  Ebene  stehen;  da  sie  jedoch  die  Inter- 
essen  der  Jugendlichen  und  Sozialarbeiter  zum  Ausgangspunkt  der  Ana- 
lyse und  Forderungen  machen,  bieten  sie  eine  Alternative  gegenuber  den 
vielen  liberalen  bis  scheindemokratischen  Entwlirfen  der  Ministerial- 
biirokratie  und  der  Tragerverbande.  Ein  Vergleich  des  Forderungskata- 
logs  mi t  dem  Diskussionsentwurf  zeigt,  welcher  wirkliche  Stellenwert 


diesem  zukommt  und  wie  ernst  es  dem  Staat  mit  dem  Kindes- 
recht  ist. 


und  Jugend- 


DaB  die  Aufmerksamkei t  nicht  nur  auf  das  Jugendhilferecht  gen'chtet 
sein  sollte,  zeigt  ein  erster  Blick  in  die  Vorschlage  "fur  eine  zeit- 
gema'Be  Weiterentwicklung  eines  modernen  bffentlichen  Dienstes". 
Soil  ten  diese  Vorschlage  Gesetz  werden,  werden  sie  die  Praxis  der  So- 
zialarbeiter weit  mehr  bestimmen  als  das  alte  oder  auch  neue  Jugend- 
hilferecht. Deshalb  gilt  es,  schon  frlihzeitig  den  Kampf  gegen  die 
"Genscher-Reform"  aufzunehmen. 

"Sozialarbeiter  und  der  5.  DJHT",  "Die  Sozial istische  Aktion  Nlirnberg' 
und  der  "Bericht  iiber  die  konsti  tuierende  Sitzung  der  Sozial  istischen 
Aktion  Jugendhilfetag  Hamburg"  sind  erste  Arbei tspapiere  fiir  das  Vor- 
bereitungstreffen  in  Hamburg.  Auf  den  Brief  des  Geschaftsfuhrers  der 
AGJ  vom  17.1.1974  haben  wir  mit  einem  Offenen  Brief  an  die  AGJ  (28.2. 
74)  geantwortet.  Wir  haben  unseren  Standpunkt  zum  Jugendhilfetag  dar- 
gelegt  und  insbesondere  betont,  daB  wir  keinen  Sinn  darin  sehen,  mit 
der  AGJ  hinter  verschlossenen  Tiiren  zu  verhandeln.  Auf  unsere  Forde- 
rungen hat  die  AGJ  bis  heute  noch  nicht  reagiert. 

Hittlerweile  hat  der  Geschaftsfiihrer  Dieter  Greese  seinen  im  Brief  an- 
geklindigten  Artikel  unter  Einbeziehung  unserer  Kritik  in  der  Deut- 
schen  Jugend  Ma'rz  1974  veroffentlicht.  Die  Sozialistische  Aktion  wird 
dazu  noch  Stel lung  nehmen. 

Im  nachsten  Info  werden  die  Arbei tspapiere  der  Sozial istischen  Aktion 
zum  Jugendhilfetag  in  Hamburg  veroffentlicht. 


Vorbemerkung 

Diese  Kurzinformation  ist  fiir  Kollegen  der  Jugend-  und  Sozialarbeit 
geschrieben,  die  vor  dem  Papierwust,  der  zum  neuen  JGH  bisher  verof- 
fentlicht wurde,  verzagen,  und  die  auch  nicht  die  Zeit  haben,  sich 
selbst  durch  den  ganzen  Entwurf  "durchzuwlihlen". 

Ober  eines  sollte  man  sich  beim  Durcharbei  ten  allerdings  von  vorne- 
herein  im  Klaren  sein,  ein  neues  Jugendhilferecht  bedeutet  noch  keine 
verbesserte  Jugendhilfepraxis. 

Abgesehen  davon,  wie  das  neue  Jugendhilfegesetz  formuliert  wird,  eine 
Realisierung  der  gesetzlichen  Anspriiche  hangt  von  der  finanziellen, 
personellen  und  organisatorischen  Ausstattung  der  Jugendhilfetrager 
gnd  -maBnahmen  ab,  die  bisher  allerdings  in  keinster  Weise  konkreti- 
siert  worden  sind: 

Fjinanziell:  der  Bund  lehnt  bisher  jede  Finanzilfe  ab;  damit  bleibt 
"Dugendnilre  wie  bisher  an  der  Finanzmisere  der  Lander  und  insbeson- 
dere der  Kommunen  hangen; 

persgnell :  eine  bessere  personelle  Besetzung  ist  weder  durch  entspre- 
cRende  Ausbildungsangebote  (Fachhochschulen,  Universitaten),  noch 
durch  entsprechende  Fortbildungsmoglichkeiten  abgesichert; 
organisatorisch:  die  fiir  eine  "neue"  Jugendhi  1  f e  dringend  notwendige 
Umorganisation  der  Jugendhilfeinstitutionen  (Abschaffung  der  Ent- 
scheidungshierarchie  und  unsinniger  Kompetenzgrenzen,  Lockerung  der 
Abhangigkeit  der  Jugend-  und  Sozialarbeiter  vom  Anstellungstrager, 
Abschaffung  diszipl inierender  Vorschriften  wie  Aussage-  und  Anzeige- 
pflicht  usw.)  kann  nicht  gesetzlich  garantiert  werden.weil  sie  in 
die  Selbstverwaltungskompetenzen  der  Gemeinden  fallt. 

Nach  den  bisherigen  Praxiserfahrungen  der  Sozialarbeiter/Sozialpada- 
qogen  muB  sogar  mit  einer  Verscharfung  der  Arbeitsbedingungen  gerech- 
net  werden.  Neben  dem  neuen  Jugendhilfegesetz  wird  die  zukunftige 
Arbeit  von  der  allgemeinen  Reform  des  bffentlichen  Dienstrechtes 
(sog.  "Genscher-Refornr)  bestimmt  werden.  Ziel  dieser  Reform  ist  es, 
zum  besseren  "Vollzug  des  Staatswillens"  alle  Bediensteten  des  bf- 
fentlichen Dienstes  unter  die  Knute  des  Beamtenrechts  zu  bringen  und 
damit  gewerkschaftlich  und  politisch  zu  entrechten.  AuBerdem  soil 
durch  ein  ausgetiifteltes  Leistungsbewertungssystem  die  kapital  istische 
Leistungshetze  und  der  Konkurrenzdruck  auch  im  bffentlichen  Dienst 
vol!  zur  Entfaltung  gebracht  werden.  (siehe  dazu  Seite  31) 


3 


Schwerpunkte  des  JHG-Entwurfs 


1-  Die  General klausel  des  §  1  (allgemeine  Zielrichtungen  des  JHG) 
§  1  Recht  auf  Erziehung  und  Bildung 

(1)  Jeder  junge  Mensah  hat  ein  Reoht  auf  Erziehung  und  Bildung.   Sie 
sollen  ihm  ermdglichen,  sioh  kSrperlich,  geistig  und  seelisoh  seinen 
Antagen  und  Neigungen  gemdS  zu  entwickeln,   seine  Personlichkeit  zu 
entfaiten,   die  Reahte  anderer  zu  aehten  und  seine  Pfliahten  gegenuber 
der  Gesellschaft  zu  erfiillen. 

(2)  Die  Jugendhilfe  hat  dieses  Recht  unbeschadet  der  Reahte  und  Pfliah- 
ten der  Eltern  zu  gewanrleisten. 

Die  Zielsetzung  des  §  1   ist  nicht  konsequent  von  den  Grundrechten 
der  Betroffenen  her  entwickelt  worden.   Dies  ha'tte  nahegelegen,  nach- 
dem  das  BVG  in  seinem  Urteil  v.  29.7.68  festgestellt  hatte:   "Das  Kind 
ist  ein  Wesen  mit  eigener  Menschenwtlrde  und  dem  eigenen  Recht  auf 
Entfaltung  seiner  Persbnlichkeit  im  Sinne  des  Art.   1  Abs.   1  und 
Art.  2  Abs.  1  GG"  und  die  Beachtung  dieser  Grundrechte  zur  Maxime 
erziehjrischen  Handelns  erkla'rt  hatte. 

§  1   akzentuiert  die  integrative  Funktion  von  Erziehung  und  Bildung, 
indem  er  darauf  hinweist,  daB  dem  jungen  Menschen  zu  "helfen"  ist, 
"die  Rechte  anderer  zu  aehten  und  seine  Pflichten  gegenuber  der  Ge- 
sellschaft zu  erfullen",  und  deckt  damit  gleichzeitig  die  stark  ein- 
greifenden  bzw.  disziplinierenden  MaBnahmen  im  Rahmen  der  Erziehungs- 
hilfen  fur  "gefa'hrdete"  junge  Menschen  ab. 

Im  ubrigen  wird  der  Erziehungs-  und  Bildungsanspruch  der  Kinder  und 
Jugendlichen  vom  Elternrecht  her  zusatzlich  eingeschra'nkt  (vgl.  §  1; 
2  und  §  2!). 

§  2  Rechte  der  Erziehungsberechtigten 

(1)  Eltern  und  sonetige  Erziehungsberechtigte  haben  ein  Reaht  darauf, 
bei  der  ErfUllung  ihrer  Erziehung spfliahten  durch  die  Jugendhilfe 
beraten,   unterstiitzt  und  gefOrdert  zu  werden. 

Sie  kdnnen  siah  zu  diesem  Zweck  jederzeit  an  einen  Trager  der  Jugend- 
hilfe wenden. 

(2)  Die  Jugendhilfe  hat  die  Von  den  Personensorgebereahtigten  be- 
stimmte  Grundriahtung  der  Erziehung  zu  beaekten,  sofern  hierdurch 
das  Wohl  des  jungen  Menschen  nicht  gefdhrdet  wird. 

2.  Neuordnung  des  Jugendpflegebereichs   (Allgemeine  Forderung  der 
Jugend):        * 

Ein  eigenstandiger  Sozialisationsbereich  der  Jugendhilfe  wlirde  er- 
fordem,  daB  die  allgemeine  Jugendhilfe  ihre  randstandige  Position 
verliert,  daB  sie  ausgebaut,  differenziert  und  gesetzliche  Anspriiche 
konkretisiert  wiirden,  so  daB  Jugendhilfe  den  Charakter  der  Not-Hil- 
fe  abstreifen  kbnnte. 

AuBerdem  ware  dazu  erforderlich,  allgemeine  "Forderung"  und  speziel- 
le  "Erziehungshilfe"  so  zu  integrieren,  daB  Jugendhilfe  ihren  stig- 
matisierenden  Charakter  verlieren  wiirde. 


§  24   Ziel  der  allgemeinen  Forderung  der  Jugend 

(1)  Der  Forderung  der  Jugend  dienen  alia  Hi! fen,   die  gee-ignet  sind, 
junge  Menschen  generell  zu  befahigen,   ihre  korperlichen,   geistigen 
und   seelischen  Rralfte  zu  entfaiten  und  sich  zu  selbstbestimmten  Per- 
sSnliahkeiten  zu  entwickeln,   die  in  der  Lage  sind,   ihre  Stellung  in 
FamiUe,    Beruf,    Staat  und  Gesellschaft  auszuftillen,    ihre  Interessen 
und  Reahte  wahrzunehmen,   sich  solidariseh  zu  verhalten  und  am  wirt- 
scnaftliahen,    sozialen  und  politischen  Leben  verantwortlich  mitzuwir- 
Tten    (Hit fen  zur  Jugendarbeit) . 

(2)  Die  Trager  der  Jugendhilfe  haben  die  erforderlichen  Hilfen  zur 
Jugendarbeit  anzubieten.    Zu  diesem  Zweck  haben  sie  im  Rahmen  des  Be- 
darfbdie  dafiir  geeigneten  Einrichtungen  zu  fdrdern  oder  bereitzustel- 

len   und  geeignete  Veranstaltungen  zu  fordern  oder  durchzufiihren. 

§   25  Angebote  der  allgemeine"  Forderung  der  Jugend 

(1)  Zu  den  Hilfen  zur  Jugendarbeit  gehoren: 

J,    die  Forderung  von  AktivitiLten  junger  Menschen,    insbesondere  in 
Jugendclubs,  Neigungs-  und  Initiativgruppen,  Jugendverbdnden, 
Jugendringen  und  Jugendgemeinschaftsdiensten; 

2.  die  FSrderung  der  Vorbereitung  junger  Menschen  auf  Partnerschaft, 
Ehe  und  "amilie;  die  Rechte  und  Pflichter,  als  Burger  und  das  ver- 
antuortliche   Verhalten  als  Verbraucher; 

Z.    Angebote  in  alien  Einrichtungen,    die  der  Jugendhilfe  dienen,    insbe- 
sondere aber  in  Informations-  und  Beratungsstellen,   Bildung s-  und 
Begegnungsstatten,    Spiel-,    Sport-  und  Erholungsstdtten; 

4.     Veranstaltungen  der  politischen,    kulturellen  ,    sozialen  und  sport- 
liahen  Jugendbildung,    zur  Untersttitzung  und  Ergdnzur.g  der  Schul- 
und  Berufsausbildung  sowie  der  internationalen  Jugendbegegnung . 

(2)  Selbstorganisierte  Zusammenschliisse  und  Aktivitdten  junger  Men- 
schen  sollen  vorrangig  gefOrdert  werden. 

fBl    Zu  den  nil  fen  zur  Jugendarbei.t  gehort  ferner  die  Fort-  und  Weiter- 
bildung-  von  ehren-  und  nebenamtlichen  Mitarbeitern. 

(4)  Zu  den  Hilfen  zur  Jugendarbeit  kennen  geeignete  wissenschaftliche 
BegZeitung  und  Ausweriung  gehoren. 

(5)  Bei  alien  Hilfen  zur  Jugendarbeit  sind  Mitwirkung  und  Mitbestim- 
mung  der  jungen  Menschen  in  einer  der  jeweiligen  Altersstufe  entspre- 
chenden  Weise  sicherzustellen. 

Auf  diese  Hilfen  zur  Jugendarbeit  besteht  aber  kein  einklagbarer 
Rechtsanspruch. 

Interessant  ist  auch,  daB  hier  die  einzige  Stelle  im  JHG-Entwurf  ist, 
an  der  selbstorganisierte  Jugendinitiativen  berlicksichtigt  werden. 
Einschrankend  ist  allerdings  zu  sagen,  daB  diese  Initiativen  nach 
§  15  den  Status  "anerkannter  freier  Trager"  haben  miissen,  wenn  sie 
gefordert  werden  wollen  .  Voraussetzung  dafiir  ist  u.a.  die  politische 
Loyalitat  gegenuber  der  herrschenden  Gesellschaftsordnung. 

3,  Neuordnung  der  Jugendfursorqe: 

3.1.  Allgemeine  Erziehungshilfen 

Wichtigstes  Angebot  ist  hier  die  Garantie  des  Vorschulkindergarten- 

platzes: 


5 


§  32  Frtihkindliche  Erziehung 

Jedem  Kind  ist  fur  die  Zeit  vom  vollendeten  3.   lebensjo.hr  bis  zum 
Beginn  der  Sahulpflicht  Erziehungshilfe  in  einer  Tages-  oder  Balb- 
tagseinrichtung  zu  gew&hren. 

Weiterhin  za'hlt  dazu: 

-  Beratung  und  Unterstiitzung  (§  31 ) 

-  Erziehungshilfe  in  sonstigen  Tageseinrichtungen("§  33) 

-  Erziehung  in  Pflege-  und  Adoptionsfamil ie  (§  34,  35) 

-  Aufnahme  in  Kinder-  und  Wohnheimen  (§  36) 

Wohngemeinschaften  z.B.  werden  nicht  genannt,  an  selbstorganisierte 
Formen  allgemeiner  Erziehungshilfe  ist  augenscheinlich  nicht  gedacht. 
Wenn  man  den  diskriminierenden  Charakter  der  Jugendfiirsorge  abbauen 
wollte,  hatte  dieser  Bereich  unbedingt  vorrangig  behandelt  werden 
raiissen. 

Selbst  die  offenen  und  halboffenen  Formen  von  Erziehungshilfe  tauchen 
erst  unter  den  speziellen  Hilfen  (Erziehungshilfen  bei  Gefahrdung 
oder  Stbrung  der  Entwicklung)  auf  und  werden  mit  dem  Weisungsrecht 
aus  dem  JGG  verkniipft: 

§  48  Offene  und  halboffenen  Erziehungshilfen 

(1)  Bedarf  es  zur  Verhinderung  oder  Beseitigung  von  Entwicklungsstd- 
rungen  Uber  die  allgemeinen  Erziehungshilfen  hinaus  weiterer  offener 
oder  halboffener  Erziehungshilfen,   sind  diese  nach  den  Erfordernis- 
sen  des  Einzelfalles  unter  Einbeziehung  dee  sozialen  Umfeldes  zu  ge- 
wShren,   insbesondere  duroh: 

1.  sozialpSdagogische  Einzel-  oder  Gruppenarbeit, 

2.  heilpSdagogisohe  Behandlung, 

3.  Einzel- j   Gruppen-  oder  Familientherapie . 

(2)  Zur  Regelung  der  Lebensfiihrung  sind  geeignete  Empfehlungen  oder 
erforderliahenfalls  Weisungen  insbesondere  Uber  den  Aufenthaltsort, 
das  Wohnen  in  einer  Familie,   in  einem  Heim  oder  in  einer  Wohngemein- 
schaft,   den  Umgang  mit  bestimmten  Personen  und  den  Besueh  bestirrmter 
Einriohtungen  zu  erteilen. 

3.2.  Erziehungshilfen  bei  Gefahrdung  oder  Storung  der  Entwicklung 

a)  Ausbau  der  Diagnostik 

§  47  Anspruoh  auf  Erziehungshilfe 

(1)  Einem  jungen  Mensahen,   dessen  Entwicklung  aus  GrUnden,   die  in 
seiner  Person,   seinen  sozialen ."' Beziehungen  oder  Umweltbedingungen  lie- 
gen,   gefOhrdet  oder  gestOrt  ist,   ist  Erziehungshilfe  naoh  den  folgen- 
den  Vorsohriften  zu  gew&hren..   Die  Erziehungshilfe  bezieht  mit  dem 
jungen  Menschen  auch  seine  Familie  und  Umwelt  in  die  Hilfe  ein. 

(2)  Zur  Entscheidung  uber  die  zu  gewahrende  Erziehungshilfe  ist  eine 
psychoBoziale  Diagnose     duroh  FaahkrSfte  zu  erstellen.  'Bedarf  es 
zur  Feststellung  von  Art,   Ursaahe  und  Umfang  der  Erziehungsschvie- 
rigkeiten  weiterer  Unter suahungen,    ist  vor  Einleitung  der  Erziehungs- 
hilfe fur  eine  mehrdimeneionale  mediziniach-~p8uchologische  Begutaah- 
tung  des  jungen  Mensahen  zu  sorgen.   Evr.  solches  Gutachten   ist  erfor- 
derliah,   wenn  Erziehungshilfe  auBerhalb  des  Elternhauses  gewShrt  wer- 
den soil. 

(3)  Auf  der  Grundlage  dieser  Untersuahungen  ist  ein  Gesamtplan  fitr 
die  Gew&hrung  der  Erziehungshilfe  aufzustellen.   Bei  der  Aufstellung 


dee  Geeamtplanes  soil  der  Trager  der  Jugendhilfe  den  jungen  Mensahen, 
die  Personensorgebereahtigten  und  andere  mit  der  Erziehung  und  Aus- 
bildung  des  jungen  Mensahen  befaSte  Personen  beteiligen.    Der  Gesamt- 
plan  ist  im  Verlauf  des  Hilfeprosesses  den  siah  verandemden  Erzie- 
hungeerfordernissen  anzupassen. 

Der  hier  geplante  Ausbau  der  Diagnostik  dlirfte  (falls  realisierbar) 
zu  einem  fUr  die  Betroffenen  undurchschaubaren  Spezialistentum  fiih- 
ren.  Es  besteht  auBerdem  die  Gefahr,  dali  ein  individuelles  Krank- 
heitsbewuBtsein  gefbrdert  wird,  statt  daB  die  Skonomischen  und  sozia- 
len Ursachen  sogenannter  "Erziehungsschwierigkeiten"  und  "Entwick- 
lungsstbrungen"  aufgedeckt  und  bekampft  werden.  Sinnvoller  ware  die 
Einschatzung  der  Gesamtsitjation  gemeinsam  mit  den  Betroffenen. 
(siehe  S.   ). 

b)  stigmatisierende  Sonderbehandlung  und  Isolierung  der  "gefahrde- 
ten"  Kinder  und  Jugendlichen: 


Mit  der  Definierung  von  "gefahrdeten"  jungen  Menschen  und  der  Ent- 
wicklung eines  Katalogs  spezieller  "Hilfen"  flir  diese  Gruppe  wird 
einerseits  deren  Deklassierung  gefbrdert,  andererseits  von  den  "ge- 
fahrdenden"  soziobkonomischen  Verhaltnissen  abgelenkt. 
Zwar  ist  -  wie  in  §  47  -  hin  und  wieder  davon  die  Rede,  daS  die  Er- 
ziehungshilfe auch  die  Umwelt  des  jungen  Menschen  miteinbeziehen 
soil-  Doch  wird  dieser  gemeinwesenorientierte  Ansatz  im  Gesetz  nir- 
qendwo  konkret  gefaBt  und  flir  die  "geschlossenen"  Formen  der  Er- 
ziehungshilfe wieder  ganz  fallen  gelassen. 

3,3.  Sogenannte  "Schutz"-MaSnahmen  flir  "gefahrdete"  junge  Menschen 

a)  Trebe-Problematik  (Weglaufer) 

r  sg  Vorlitufige  Inobhutnahme  bei  Entfernung 

(2)  Der  Trager  der  Jugendhilfe  ist  bereahtigt,   einen  Minder jahrigen 
voriibergehend  in  Obhut  zu  nehmen,   wenn  er  sich  aus  der  Obhut  des  Per- 
eonensorgebereohtigten  entfernt  hat. 

f2)   Der  Minder jdhrige  ist  unverzUgliah  dem  Personensorgeberechtig- 
ten  zuzufuhren,   sofern  dieser  erreiahbar  ist  und  keine  in  seiner 
Person  und  seinem  erzieherisohen  Verhalten  liegenden  Grtinde  entgegen- 

tehen.  Andernfalls  ist  der  MinderjShrige  unverzUgliah  in  einer  Fa- 
rn^ilie  oder  Einrichtung  unterzubringen,   die  fur  eine  vorl&ufige  Inob- 
hutnahme geeignet  ist.    In  jedem  Fall  ist  dem  Personensorgebereohtig- 
for  Aufenthalt  des  Minderjahrigen  unverzUgliah  mitzuteilen. 

(3)  Mit  Zustimmung  des  Personensorgeberechtigten  hat  der  Trager 
der  Jugendhilfe  unverzUgliah  die  geeignete  Erziehungshilfe  zu  ge- 

■ahren,   urn  eine  weitere  Gefahrdung  oder  Sch&digung  von  dem  Minder- 
■ahrig'en  abzuwenden.  Ist  die  Zustimmung  nicht  zu  erlangen  oder  liegen 
Ale  Voraussetzungen  des  §  9  Abs.   1  vor,  hat  er  unverzUgliah  eine 
^viohtliche  Anordnung  herbeizufUhren. 

14)  In  den  Fallen  der  AbsHtze  1  und  2  ist  der  TrSger  der  Jugendhtlfe 
%  veohtigt,   eine  Wohnung  jederzeit  zu  betreten.  Das  Grundrecht  der 
jfverletzlichkeit  der  Wohnung   (Artikel  13  Abe.    1  des  Grundgesetzes) 
^ird  inaoweit  eingeschrdnkt. 


Sere 


its  in  Berlin  und  Kbln  entwickelte  Formen  von  Anlaufstationen 


.. 


8 


(Kontaktzentren)  fLir  Trebeganger  werden  hier  uberhaupt  nicht  aufge- 
nommen,  sondern  es  soil  weiterhin  die  dbrigkeitsstaatliche  "R'u'ckfuh- 
rung"  praktiziert  werden. 

b)Vorbeugema6nahmen 

§  70  Vorlaufige  Anordnung  bei  Verfehlungen 

Begeht  ein  Jugendlicher  eine  Verfehlung,   die  rtach  den  allgemeinen 

Vorschriften  rrrit  Strafe  bedroht  ist,    kann  ein  Vormundschaftsgericht 

vorlaufige  Anordnungen  zur  Erziehung  treffen,   insbesondere  die  einst- 

aeilige  Vnterbringung  in  einem  dafur  geeigneten  Heim  anordnen,   wenn 

dies  geboten  ist,   urn  den  Jugendliehen  vor  weiterer  Gefahrdung  oder 

weiteren  Verfehlungen  zu  bewahren. . . 

Dieser  Paragraph  zeigt,  wie  nach  Auffassung  der  Autoren  des  Entwurfs 

das  Problem  der  Jugendkriminal itat  gelost  werden  soil:  durch  poli- 

zeiliche  MaBnahmen,  konkret  durch  eine  Art  Vorbeugehaft. 

Besonders  bedenklich  ist,  daB  das  Vormundschaftsgericht  in  den  Fal- 
len des  §  68  und  des  §  70  ohne  Anhorung  des  Betroffenen  entscheiden 
kann: 

§  121  Sofortige   Vollziehung 
Das   Vormundschaftsgericht  kann 

1.  in  den  Fallen  des  §  68  Abs.    3  und  des  §  SS  auf  (Antrag  des  Trdgers  der 
Jugendhilfe 

2.  im  Falle  des  §  70  ohne  Anhorung  entscheiden  und  die  sofortige 
Vollziehung  der  Entsaheidung  anordnen. 

4.0bjektrolle  der  Betroffenen  (Mitwirkung  und  Mitbestimmung) 

Ein  allgemeines  Mitwirkungs-  und  Mitbestimmungsrecht  der  Betroffenen 
gibt  es  im  JHG-Entwurf  nur  fur  den  Bereich  der  allgemeinen  Jugend- 
fbrderung.  Im  §  25  (5)  heiBt  es: 

(5)  Bei  alien  Hilfen  zur  Jugendarbeit  sind  Mitwirkung  und  Mitbestim- 
mung der  jungen  Menschen  in  einer  der  deweiligen  Altersstufe  entspre- 
ohenden  Weise  aioherzustellen. 

Im  Bereich  der  "Erziehungshilfen"  wird  dem  Jugendliehen  nur  ein  Sol  1  - 
Recht  der  Mitwirkung  bei  der  Erstellung  des  Erziehungs-Gesamtplans 
eingera'umt  (§  47  JHG-Entw.)-  Ansonsten  ist  der  Gesetzentwurf  wie  das 
alte  JWG  weitgehend  durch  die  passive  Objekt-Rolle  der  Betroffenen 
gekennzeichnet.  Allgemein  wird  kein  Wahl-,  Vorschlags-  oder  Antrags- 
recht  der  Betroffenen  (insbesondere  fur  den  Bereich  "Erziehungshilfe") 
begriindet,  Jugendhilfe  bleibt  weiterhin  MaBnahmerecht  und  kann  "ver- 
ordnet"  werden. 

Als  handelndes  Subjekt  mit  eigner  Verantwortung  wird  der  Jugendliche 
nur  negativ  zur  Rechenschaft  gezogen:  fur  "Verfehlungen" 
(§  49  JHG-Entw.),  "sozialschadliches  Verhalten"  (§  50  JHG-Entw.) 
oder  "schwere  und  ha'ufig  wiederholte,  mit  Strafe  bedrohte  Verfehlun- 
gen" (§  57  JHG-Entw.).  Positive  eigene  Verantwortung  gibt  es  kaum, 
der  Jugendliche  wird  weiterhin  "verwaltet": 

-  In  den  "psychosozialen  DiagnoseprozeB"  (nach  §  47  JHG-Entw.)  wird 
der  Betroffene  nur  als  Objekt  einbezogen; 


-  nach  §  118  kann  ein  Jugendlicher  bis  zu  3  Monaten  zur  Beobachtung 
und  Untersuchung  eingesperrt  werden,  bevor  eine  Erziehungshilfe 
anqeordnet  (!)  wird; 

-  nach  §68  (1 )  sollen  Jugendliche  weiterhin  von  Polizei  und  Jugend- 
hilfeinstitutionen  eingefangen  und  "ru'ekgefiihrt"  werden,  wenn  sie 
weggelaufen  sind. 

Insbesondere  durch  Hereinnahme  der  JGG-Bestimmungen  (s.u.)  behalt  das 
neue  JHG  den  Zwangscharakter  des  alten  JWG  und  ist  nicht  ein  eindeu- 
tig  positives  Leistungsangebot. 

5,  Familienideologie 

S  52.    1  Erziehungshilfen  guBerhalb  des  Elternhauses 
Einem  jungen  Menschen  ist  Erziehungshilfe  auBerhalb  des  Elternhauses 
zu  gewahren,    wenn  eine  Entwicklungsgefahrdung  oder  -  storung  auf  an- 
dere  Weise  nicht  zu  beheben  ist. 

An  Institutionen  werden  angeboten:  §  48  Offene  und  halboffene  Erzie- 
hungshilfen, Erziehungskurse  (§  50)  und  Bestellung  eines  Erziehungs- 
beistandes  (§  51)  und 

R  34  Erziehung  in  einer  Pflegefamilie 

(1)  Ist  die  eigene  Familie  eines  jungen  Menschen  nicht  in  der  Lage, 
die  notwendige  Erziehung  zu  leisten,  ist  Erziehung  in  einer  Pflege- 
familie zu  gewahren. 

§  42 

(4)   Bei  der  Gewdhrung  der  Hilfe  ist  darauf  zu  achten,   dali  auch  dem 
behinderten  jungen  Menschen  die  Erziehung  in  der  Familie  so  lange  wie 
mdglich  erhalten  bleiben  muli  - 

§58  .   . 

(2)  Ein  junger  Mensch  wird  in  einer  Einmchtung  betreut,   wenn  nach 

Qewahrung  einer  Erziehungshilfe  nach  den  §§  B4  ff.    zur  Wiedereinglie- 
derung  in  die  familidre  und  berufliche  Vmwelt  noch  ein  voriibergehen- 
der  Auf en  thai t  auRerhalb  des  Elternhauses  geboten  ist. 

Das  bedeutet:  Entwicklungsgestorte  Jugendliche  zun'a'chst  einmal  urn  je- 
den  Preis  in  der  eigenen  Familie  zu  halten;  wenn  es  gar  nicht  mehr 
qeht:  Pflegefamilie,  und  falls  das  nicht  geht:  ins  Heim  (oder  eine 
andere  Einrichtung) .  Das  Ideal  der  Familie  wird  hier  also  auch  dann 
noch  hochgehalten,  wenn  die  betroffenen  Kinder  und  Jugendliehen  ge- 
rade  an  der  Familie  gescheitert  sind,  gerade  in  der  Familie  ein  groBer 
Teil  ihres  Dissozial  isierungsprozesses  abgelaufen  ist.  Ja,  man  ver- 
steigt  sich  sogar  zu  der  Forderung,  Jugendliche,  die  la'ngst  aus  der 
Familie  herausgewachsen  sind,  durch  nachgehende  Betreuung  wieder  in 
ihre  familiare  Umwelt  zu  reintegrieren. 

6.  Fachlichkeit  der  Jugendhilfe 

<?  4   -facnlichkeit  der  Jugendhilfe 

Jugendhilfe  ist  auf  der  Grundlage  wissenschaftlicher  Erkermtmsse  und 
der  anerkannten  Methoden  der  Sozialpadagogik  und  Sozialarbeit  im  Zu- 
sarnmenwirken  von  Fachkraften  zu  leisten. 

Mit  der  Festlegung  auf  "anerkannte"  Methoden  wird  die  experimentelle  y 


A 


Weiter-  und  Neuentwicklung  von  Methoden  der  Jugend-  und  Sozialarbeit 
behindert.  -  Die  Jugend-  und  Sozialarbeit  wird  im  wesentlichen  auf 
die  Einzelfallhilfe  und  Gruppentherapie  verpflichtet. 
Dariiber  hinaus  werden  die  Mbglichkeiten,  im  Rahmen  der  JH  flir  die 
betroffenen  Kinder  und  Jugendlkhen  solidarische  und  den  Prinzipien 
einer  fortschrittl  ichen  Sozialpadagogik  entsprechende  Hilfsangebote 
zu  entwickeln,  durch  die  Beistandspflicht  gegenliber  der  Staatsanwalt- 
schaft  und  anderen  Behtirden  entscheidend  eingeschra'nkt: 

§  IS  Mitverantwortliahe  Zusammenarbeit 

(1)  Die  Trdger  der  Jugendhilfe  oder  andere  BehOrden  und  Offentliche 

Einrichtungen,   die  mit  der  Jugendhilfe  im  Zusammenhang  stehende  Auf- 

gaben  wahrnekmen,    haben  sich  untereinander  abzustirrmen 

Dies  gilt  insbesondere  fiir  das  Zusammenwirken  der  Trager  der  Jugend- 
hilfe mit  den  Sozialhilfetragern,Gerichten,   Staatsanwaltschaften, 
Schulen,   den  Schul-,      Gewerbeaufsichts-,   Gesundheits-  und  Polizeibe- 

hOrden 

§  128  Aufgaben  des  Trdger s  der  Jugendhilfe 

Erfdhrt  der  Trdger  der  Jugendhilfe  von  der  Verfehlung  eines  Jugend- 
liahen  und  halt  er  naah  §  11  die  Anwendung  des  Jugendgeriahtsgesetzes 
fur  erforderlich,    so  hat  er  dies  der  Staatsanwaltschaft  mitzuteilen. 
Erhd.lt  er  diese  Kenntnis  nach  §  127  so  hat  er  dem  Staatsanwalt  seine 
Entsoheidung  mitzuteilen. 


1.   Abblocken  von  Basisinitiativen: 


10 


In  §  15  werden  Fbrderungsvoraussetzungen  definiert,  die  sich  offensicht- 
lich  gegen  fortschrittl iche  Basisinitiativen  richten.  Es  werden  vor- 
ausgesetzt:  "angemessene  Eigenleistungen",  "entsprechende  Einrichtun- 
gen und  Fachkra'fte".  AuBerdem  mlissen  die  Initiativgruppen  als  "freie 
Trager"  anerkannt  sein.  Das  werden  sie  aber  nur,  wenn  sie  "die  Gewa'hr 
fiir  eine  den  Zielen  des  GG  fbrderliche  Arbeit  bieten"  und  die  wei- 
teren  Bedingungen  erfullen,  die  durch  bundeseinheitliche  Rechtsverord- 
nungen  (!)  festgelegt  werden  konnen. 

Die  Bestimmungen  uber  "Einrichtungen"  (§  97,  98)  gewahrleisten  da- 
riiber hinaus  auch  die  Kontrolle  und  Reglementierung  der  Arbeit  auBer- 
institutioneller  Projektgruppen,  die  keine  b'ffentliche  Forderung  er- 
halten. 


8.  Einbeziehung  des  Jugendgerichtsgesetzes  (JGG) 

Man  kann  allgemein  sagen:  Was  an  der  Fursorgeerziehung  refonniert 
wird,  kommt  aus  dem  JGG  wieder  in  der  alten  Form  herein:  "Auferle- 
gung  besonderer  Pflichten",  "Jugendarrest"  und  "Jugendstrafe"  soil  en 
kiinftig  (teilweise  unter  anderem  Namen)  im  JHG  untergebracht  werden. 
Der  positive  Anspruch  dabei  ist,  diesen  Bereich  der  Justizverwaltung 
zu  entreiBen,  der  negative  Effekt  davon,  daB  das  neue  JHG  kein  posi- 
tives Leistungsangebot  ist,  sondern  wieder  zum  MaBnahmerecht  mit 
Strafcharakter  degradiert  wird. 

§  49  Auferlegung  besonderer  Pfliahten.    (Weisungen) 

(1)  JugendHchen,   denen  eindringliah  zum  BeWuBtsein  gebracht  werden 

muB,    daB  sie  fiir  eine  von  ihnen  naah  Vollendung  des  14.   Lebensjahres 


begangene  Verfehlung  einzustehen  haben,   konnen  auf  Antrag  des  Tra- 
gevs  der  Jugendhilfe  besondere  Pflichten  auferlegt  werden,   insbeson- 
dere 

1.  einen  angeriohteten  Sahaden  wieder  gutzumachen, 

2.  eine  bestimate  Arbeitsleistung  zu  evbringen, 

3.  ein  Ausbildungs-  oder  Arbeitsverhdltnis  einzugehen, 

4.  an  einem  Verkehrsunterrioht  teilzunehmen, 

5.  eine  GeldbuBe  zugunsten  einer  gemeinntttzigen  Einriohtung  zu  zah- 
len. 

(2)  Die  Pflichten  konnen  nebeneinander  auferlegt  werden. 

(3)  ErfUllt  ein  Jugendlicher  die  ihm  auferlegten  Pflichten  nicht  und 
sind  andere  Erziehungshilfen  unangebracht,   kann  auf  Antrag  des  Tra- 
gers   der  Jugendhilfe  Erzwingung shaft  bis  zu  vier  Woahen  verhSngt  wer- 
den,  wenn  der  Jugendliche  Uber  die  Folgen  schuldhafter  Nichterfiillung 
belehrt  worden  ist.    Sie  darf  nur  in  Einrichtungen  fur  junge  Menschen 
vollzogen  werden. 

(4)  Uber  die  Auferlegung  besonderer  Pflichten  und  die  Erzwingung shaft 
entsoheidet  das  Vormundschaftsgericht. 

§  SO  Erziehungskurs  e   (Jugendarrest) 

(1)  Ein  Jugendlicher  hat  an  einem  Erziehungskurs  teilzunehmen,  wenn 
iivn  eindringliah  ein  sozialsahadliches  Fehlverhalten  bewuBt  gemacht 
icnd  Hege  zur  Korrektur  seines   Verhaltens  gezeigt  werden  mtissen. 

(2)  Die  Teilnahme  an  einem  Erziehungskurs  soil  mindestens  zwei  Wo- 
chen  und  hSchstens  sechs  Monate  dauern.    Die  Teilnahme  an  einem  schon 
begonnenen  Kurs  oder  ein  vorzeitiges  Aussaheiden  Bind  nicht  zulassig. 

(3)  Erziehungskurse  sind  zeitlich  befristete  Ubungs-  und  Erfahrungs- 
kurse,   die  auf  der  Grundlage  eines  therapeutisch-p&dagogischen  Kon- 
zepts  eingehende  Hilfen  zur  Konfliktverarbeitung  Jugendlicher  bieten, 
wenn  eine  schwere  Fehlentwicklung  noch  nicht  vorliegt. 

§  57  Sozial-therapeutisches  Jugendzentrum   (Jugendstrafe) 

(1)  In  ein  sozial-therapeutisches  Jugendzentrum  wird  ein  Jugendli- 
cher nach  Vollendung  des  16.   Lebensjahres  aufgenommen,   dessen  stark  auf- 
fitllige    Verhaltsstb'rungen  auf  eine  weitreichende  Fehlentwicklung 
schlieBen  lassen,   wenn  diese  ihren  Ausdruck  in  schweren  oder  hdufig 
wiederholten,   mit  Strafe  bedrohten  Verfehlungen  gefunden  haben. 

(2)  Der  Aufenthalt  dauert  mindestens  ein  Jahr,  hoohstens  drei  Jahre 
und  wird  durch  den  Eintritt  der  Volljdhrigkeit  nicht  beendet. 

(3)  Nach  der  Entlassung  wird  Bewahrungshilfe  bis  zu  einer  HOchstdau- 
er  von  zwei  Jahren  gew&hrt. 

problematisch  ist  hier  insbesondere,  ob  die  beiden  neuen  Formen 
"Erziehungskurs"  und  "sozialtherapeutisches  Jugendzentrum"  nur  neue 
Etiketten  fiir  die  alten  Schubladen  darstellen,  oder  ob  diese  Formen 
auch  mit  neuen  Inhalten  gefilllt  werden  konnen. 


Literaturhinweise 


1.  Bundesminister  fur  Jugend,  Familie  und  Gesundheit: 
Diskussionsentwurf  eines  Jugendhilfegesetzes,  Bonn  -  Bad  Godesberg 
1973  (vergriffen  -  Die  AG  SPAK,  8  MUnchen  15,  Postfach,  hat  den  Ent- 
wurf  nachgedruckt.  Selbstkostenpreis  DM  3.-;  Vorauszahlung  auf 
PSCHA  MUnchen  20547-808) 


11 


^ 


2.  Entwurf  fiir  ein  neues  Jugendhilfegesetz  der  Kommission  der 
Victor  Gollancz-Stiftung,  Frankfurt,  Okt.  1973  (kostenlos); 

3.  Sonderheft  der  Zeitschrift  "Theorie  und  Praxis  der  Sozialen  Ar- 
beit" :  Vorschlag  der  Arbeiterwohlfahrt  fiir  ein  Gesetz  zur  Fbrderunq 
der  Jugend  (JFG) 

4.  jugendpolitischer  dienst  (jpd):  Hearing  zum  Jugendhilferecht, 
Bonn  1973 

5.  R.  Laerum:  Verwaltung  der  "Einheit"  der  Jugendhilfe  in:  deutsche 
jugend,  9/73 

6.  W.  Bu'ttner:  Zum  Diskussionsentwurf  fiir  ein  neues  Jugendhilfege- 
setz in:  deutsche  jugend,  8/73 

7.  Sonderheft  der  Zeitschrift  "Neue  Praxis"  zum  Jugendhilfegesetz- 
entwurf 

8.  B.  Simonsohn:  Wieviel  Fortschritt?  Grundsatzl iche  Betrachtungen 
zum  Diskussionsentwurf  eines  Jugendhilferechts,  in:  Theorie  und 
Praxis  der  sozialen  Arbeit  11/73. 


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GEGEN  SOZIALTECHNOKRATISCHE  TENDENZEN 
IM  JUGENDHILFEGESETZENTWURF 


Soziale  Technokratie  ist  eine  dem  kapitalistischen  System  immanente 
Herrschaftsform  (auf  die  historische  Herleitung  des  Begriffs  "sozia- 
le Technokratie"  aus  der  Entwicklung  der  kapitalistischen  Produk- 
tionsweise  kann  hier  nicht  eingegangen  werden).  Soziale  Technokratie 
ist  allgemein  dadurch  gekennzeichnet,  daB  aus  Subjekt-Subjekt-Be- 
ziehungen  Subjekt-Objekt-Beziehungen  gemacht  werden.  Anders  ausge- 
dru'ckt:  Menschen  und  soziale  Prozesse  werden  verdinglicht,  man  strebt 
danach,  sie  zu  steuern  und  zu  kontrol  lieren  und  allgemein  verfiigbar 
zu  machen,  wie  man  sich  durch  die  Technik  die  unbelebte  Natur  unter- 
warf.  Soziale  Technokratie  dient  der  Herrschaft  von  Menschen  liber 
Menschen,  bloB  ist  sie  eine  entpersonal isierte,  technologische 
Herrschaftsform.  Mit  Marx  kbnnte  man  sagen,  sie  ist  eine  Herrschafts- 
form, die  die  Entfremdung  des  Menschen  von  sich  selbst  zum  Ausdruck 
bringt. 

Was  im  alten  Jugendwohlfahrtsgesetz  noch  of fen  als  Herrschaft  erkenn- 
bar  war,  dem  ist  im  neuen  Jugendhilfegesetz  (JHG)-Entwurf  seine 
beiBende  Scharfe  genommen  worden.  Herrschaft  wurde  verschleiert,  ver- 
wissenschaftlicht  -  aber  sie  ist  im  neuen  JHG-Entwurf  nicht  weniger 
enthalten. 

Wir  finder  sie  wieder  vor  all  em  in  Form  der  verstarkten  Objekt-Rolle 
der  betroffenen  Kinder  und  Jugend"!  ichen:  sie  sollen  fr'u'her  und  besser 
als  bisher  erfaBt,  beobachtet,  begutachtet,  sortiert,  isoliert  und 
behandelt  werden  -  von  Spezial isten,  deren  Vokabular  und  Methodik 
sie  noch  weniger  verstehen  werden  und  gegen  die  sie  sich  als  mensch- 
liche  Subjekte  noch  weniger  werden  wehren  kdnnen  wie  gegen  die  Pol i - 
zisten,  Sozialarbeiter,  Heimerzieher  und  Richter,  mit  denen  sie  es 
bisher  zu  tun  hatten. 

6  118  des  JHG-Entwurfs  sieht  vor,  daB  Kinder  und  Jugendliche  bis  zu 
3  Monaten  zur  Beobachtung  und  Untersuchung  eingesperrt  werden  kbnnen, 
bevor  eine  Erziehungshilfe  angeordnet  (!)  wird.  §  47  (im  folgenden 
Tmmer:  die  §§  des  JHG-Entwurfes)  sieht  vor,  daB  zur  Entscheidung 
uber  die  Art  der  EH  eine  "psychosozialeDiagnose  durch  Fachkrafte  zu 
erstellen"  ist,  falls  das  nicht  ausreicht,  soil  sogar  eine  "mehrdimen- 
sionale  medizinisch-psychologische  Begutachtung"  erfolgen.  Aus  all 
dem  soil  dann  ein  "Gesamtplan  fur  die  Gewahrung  der  EH"  aufgestellt 
werden,  bei  der  u.a.  auch  der  Betroffene  beteiligt  werden  soil  (!) 
(nicht  muB) . 

Beim  gesamten  DiagnoseprozeB  ist  der  betroffene  'junge  Mensch'  total 
in  der  Objekt-Rolle:  Seine  eigene  Einschatzung  von  sich  selbst  und 
seiner  Lage,  seine  Meinung  zu  den  Urteilen  der  Fachleute  sind  nicht 
qefragt.  Die  "Fachkrafte"  brauchen  ihre  Gutachten  auch  weder  vor  lhm 
noch  vor  sonst  jemandem  zu  legitimieren  -sie  sind  eben  "Fachkrafte  . 
Niemand  scheint  sehen  zu  wollen,  was  damit  dem  betroffenen  jungen 
Menschen1  angetan  wird,  wie  hier  seine  Subjekthaftigkeit,  seine 


13 


14 


Existenz  als  Mensch,  als  Wesen  mit  eigenera  Willen  und  Verstand,  mi t 
FLiBen  getreten  wird.  Statt  endlich  einmal  die  bisherige  Begutachtungs- 
und  Beurteilungspraxis  in  ihrer  Fragwlirdigkei  t  einer  kritischen  Revi- 
sion zu  unterziehen,  wird  sie  im  Sinne  sozial technischer  Verfugbar- 
keit  -  unter  dem  Beifall  aller  sozialen  Spezialisten  oder  derer,  die 
sich  dafUr  halten  -  blindlings  so  wie  sie  ist,  ausgebaut  und  ver- 
starkt. 

Damit  will  ich  nicht  behaupten,  daB  Diagnostik  Liberhaupt  unsinnig 
und  liberfllissig  ware,  aber  sie  sollte  und  konnte  sinnvollerweise  ver- 
standen  werden  als  eine  gemeinsame  Einschatzung  der  individuellen 
und  sozialen  Situation  ernes  geschadigten  'jungen  Menschen',  die~in 
einem  gemeinsamen  VerstandigunqsprozeB  von  den  "Fachkraften"  und  dem 
betroffenen  'jungen  Menschen'  zusammen  zu  leisten  ist,  Nur  dann, 
wenn  Fachleute  es  verstehen,  ihr  Spezialwissen  in  den  Dienst  des 
'jungen  Menschen'  zu  stellen  und  sich  ihm  verstandlich  zu  machen  und 
der  'junge  Mensch'  eine  Chance  hat,  einen  LernprozeB  durchzumachen, 
der  ihm  hilft,  seine  Situation  besser  einzuschatzen,  nur  dann  hat 
Diagnostik  in  meinen  Augen  einen  Sinn  und  ist  nicht  entfremdet  und 
nicht  repressiv. 

Im  Rahmen  dieser  hier  kritisierten  Tendenz  zur  Verfligung  Liber  den 
'jungen  Menschen'  muB  auch  die  Tatsache  gesehen  werden,  daB  unter  den 
allgemeinen  Erziehungshilfen  (§31  -  37)  keine  einzige  Form  selbstbe- 
stimmter  Erziehungshilfe,  wie  z.B.  selbstorganisierte  Jugendwohnge- 
meinschaften,  selbstorganisierte  Schul-  und  Arbeitshilfen,  Sexualhil- 
fen  usw.  zu  finden  sind.  Der  einzige  Ansatz  in  dieser  Richtung,  die 
Beratungsverpfl ichtung  nach  §  31  bleibt  allgemein  Anspruch  und 
wird  nicht  konkretisiert. 

Allgemein  wird  dem  'jungen  Menschen1  kein  Wahl-  oder  Vorschlagsrecht 
fur  eine  zu  gewahrende  Erziehungshilfe  eingeraumt,  weder  bei  den  all- 
gemeinen Erziehungshilfen  noch  bei  den  speziellen.  Auch  einen  Erzie- 
hungsbeistand  darf  ein  Jugendlicher  z.B.  nicht  selber  vorschlagen 
und  nach  §  52  (5)  sind  bei  Erziehungshilfen  auBerhalb  des  Eltern- 
hauses  die  WLinsche  des  jungen  Menschen  nur  soweit  zu  berlicksichtigen, 
wie  der  Erziehungszweck  nicht  gefahrdet  wird  und  ein  ausdrucklicher 
Wille  der  Personensorgeberechtigten  nicht  entgegensteht.  Der  betrof- 
fene  'junge  Mensch'  wird  als  Subjekt  also  nur  soweit  ernst  genommen, 
wie  er  mit  Erziehungszweck  und  Personensorgeberechtigten  einig  ist, 
d.h.  aber,  er  wird  im  Grunde  als  selbstandiges.von  diesen  Instanzen 
unabhangiges  Subjekt  (eben  fLir  sich)  uberhaupt  nicht  ernst-genommen. 

Als  handelndes  Subjekt  wird  der  'junge  Mensch'  nur  im  negativen  Sinne 
verantwortlich  gemacht:  fur  "Verfehlunqen"  (§  49),  "sozialschadli- 
ches  Fehlverhalten"  (§  50)  Oder  "schwere  oder  ha'ufig  wiederholte, 
mit  Strafe  bedrohte  Verfehlungen"  (§  57).  Der  Zynismus  liegt  gerade 
darin,  daB  man  den  'jungen  Menschen'  sein  Symptom  als  "frei  handelndes 
Subjekt"  hervorbringen  la'Bt  und  ihn  individuell  dafur  haftbar  macht, 
ihn  unmittelbar  danach  aber  zum  reinen  Objekt  der  Jugendhilfeinsti- 
tutionen  und  der  Justiz  degradiert,  ihn  seiner  Freiheit  beraubt  und 
als  Subjekt  nicht  mehr  gel  ten  la'Bt.  So  wird  der  Pflege-  und  Erziehungs- 
vertrag  nach  §  63  vollig  ohne  Mitwirkung  des  betroffenen  jungen  Men- 
schen  uber  seinen  Kopf  hinweg  geschlossen.  hr  wird  zum  Objekt  bur- 
gerlicher  Vertragsfreiheit.  So  geben  §  55  -  57  Kriterien  flir  die  Zu- 
ordnung  zu  bestimmten  Erziehungshilfeeinrichtungen  an,  auf  die  der 


betroffene  'junge  Mensch'  keinerlei  EinfluB  hat,  er  wird  begutachtet 
und  zugeordnet.  So  kann  der  'junge  Mensch'  weiterhin  wie  Freiwild 
von  Polizei  und  Jugendhilfeinstitutionen  eingefangen  und  eingesperrt 
werden,  "wenn  er  sich  aus  der  Obhut  des  Personensorgeberechtigten 
entfernt  hat"  (§  68  (1)),  sein  Aufenthalt  wird  auch  gegen  seinen  Wil- 
len auf  jeden  Fall  mitgeteilt  (§  68  (2))  und  hat  der  'junge  Mensch' 
gar  noch  eine  mit  Strafe  bedrohte  "Verfehlung"  begangen,  so  kann  er 
zwangsweise  in  einem  Heim  untergebracht  werden  (§70). 

Diese  Paragraphen  haben  den  Zwangscharakter  des  alten  JWG  recht  unge- 
schminkt  beibehalten.  DaB  das  Problem  der  wegla'ufer,  der  Tramper 
und  Trebega'nger  und  sonstigen  illegal isierten  Jugendlichen  auf  diese 
Art  und  Weise  nicht  zu  ldsen  ist,  haben  die  vergangenen  10  Jahre 
Jugendwohlfahrtsgesetz  eigentlich  hinreichend  demonstriert.  Trotz 
dieser  Bedrohung  machten  ja'hrlich  tausende  von  Kindern  und  Jugendli- 
chen "die  Flatter",  d.h.  sie  entziehen  sich  trotz  Strafdrohung  und 
GroBfahndung  immer  wieder  dem  Druck  in  Heim  und  Elternhaus  und  ver- 
schwinden  im  Untergrund  der  GroBstadte.  Ihre  Lebensperspektive  dort 
heiBt:  Prostitution  und  Kriminalitat.  Der  Berliner  Senat  schatzt  die 
Zahl  dieser  Kinder  und  Jugendlichen  in  Berlin  z.Zt.  auf  etwa  4  000, 
in  Kb'ln  rechnet  man  mit  mindestens  2  000,  die  ohne  jede  Existenz- 
grundlage  der  Willkiir  von  Zuhaltern,  kriminellen  Banden,  Polizei, 
Justiz  und  Jugendburokratie  ausgeliefert  sind. 

Inzwischen  selbst  von  der  offiziellen  Jugendhilfe  in  einzelnen  Regio- 
nen  akzeptierte  und  praktizierte  Problemlbsungsansatze  wie  anonyme 
Anlaufstationen  und  Kontaktzentren  (Berlin  und  Koln),  die  den  Jugend- 
lichen zumindest  ansatzweise  als  menschliches  Subjekt  behandeln  und 
seine  Menschenwurde  zu  wahren  versuchen,  werden  vom  JHG-Entwurf 
nicht  beriicksichtigt  und  in  Zukunft  sogar  wieder  verhindert.  DaB 
"Weisungen"  (§  48)  und  "Auferlegung  besonderer  Pflichten"  (§  49) 
mit  Bedrohung  durch  "Erzwingungshaft"  -  alles  Reminiszenzen  aus  dem 
Jugendgerichtsgesetz  -  von  dem  betroffenen  'jungen  Menschen'  nur 
blinden  Kadavergehorsam  und  nicht  selbstandiges,  selbstbewuBtes 
und  selbstverantwortliches  Handel n  erwarten  und  verlangen,  braucht 
wohl  nicht  erlautert  zu  werden. 

Etwas  schwieriger  ist  es  schon  mit  der  Verordnung  eines  Erziehungs- 
kurses  (§  50)  oder  der  Einweisung  in  ein  "sozialtherapeutisches  Ju- 
gendzentrum"  (§  57).  Zumindest  liegt  die  Vermutung  nahe,  daB  es  sich 
nur  urn  Jugendarrest  und  Jugendstrafe  in  neuem  Gewande  handeln  wird, 
daB  die  Padagogisierung  dieser  MaBnahmen  nur  Etikett  bleibt  und  sich 
inhaltlich  nichts  andert.  Oder  aber,  was  beinahe  noch  schlimmer  wa- 
re, "Erziehungskurs"  und  "sozialtherapeutisches  Jugendzentrum"  wer- 
den im  Zuge  sozialtechnokratischer  Reformen  zu  subtileren  und  ver- 
schleierteren  Instrumenten  sozialer  und  psychischer  Manipulation  bis 
hin  zur  "sanften  Gehirnwa'sche". 

Immerhin  lassen  die  gesetzlichen  Formulierungen  (insbesondere  §  50 
(3))  auch  zu,  die  betroffenen  'jungen  Menschen'  als  Subjekte  mit 
eigenen  Interessen,  Vorstellungen  und  Einschatzungen  zu  sehen  und 
zu  behandeln  und  von  dieser  Ausgangsposition  her  diese  Erziehungshil- 
fen mit  Inhalt  zu  full  en. 


15 


Zusammenfassend  mbchten  wir  noch  einmal  betonen,  daB  wir  eine  groBe 
Gefahr  in  der  Tendenz  des  Gesetzes  sehen,  die  'jungen  Menschen1  noch 
mehr  an  soziale  Spezialisten  auszuliefern,  statt  sie  in  Selbstbestim- 
mung  und  Selbstverantwortung  zu  fb'rdern,  und  im  Bereich  der  Erzie- 
hungshilfe  noch  starker  als  bisher  die  'jungen  Menschen'  nach  Symp- 
tomen  zu  differenzieren,  auszusondern  und  ihre  Symptome  spezifischer 
zu  behandeln,  statt  den  Ursachen  ihrer  "Stbrung"  nachzugehen  und 
Jugendhilfe  primar  in  dem  Bereich  anzusetzen,  in  dem  die  "Stbrung" 
entsteht. 

Statt.  Jugendhilfe  immer  spezielleren  Institutionen  zu  uberantworten, 
die  die  'jungen  Menschen1  immer  starker  als  Einzelfall  isolieren 
und  behandeln,  ware  die  Jugendhilfe  eher  starker  zuruckzuverlagern 
in  die  normalen  Lebensbereiche  der  betroffenen  Kinder  und  Jugendli- 
chen,  d.h.  ins  Wohnviertel,  in  Schule  und  Betrieb,  und  hatte  dort 
mit  konkreten,  emanzipatorischen  Hilfen  anzusetzen,  die  von  der  kol- 
lektiven  Situation  der  hier  betroffenen  'jungen  Menschen1  ausgehen. 
Erziehungshilfe  sol  He  vor  allem  von  Personen  gegeben  werden,  die 
den  betroffenen  Kindern  und  Jugendlichen  nahestehen,  denen  sie  Ver- 
trauen  schenken  und  rait  denen  sie  in  ihrem  taglichen  Leben  sowieso 
zu  tun  haben.  Weitgehend  sollte  sie  in  Selbsthilfe  verwandelt  werden 
und  ihr  Ort  miiBte  das  jeweilige  Wohnviertel  der  betroffenen  jungen 
Menschen  sein.  In  diesem  Sinne  ware  Jugendhilfe  zu  entspezial isieren 
und  so  weit  es  geht  in  die  Hand  derer  zu  legen,die  es  unraittelbar 
betrifft. 


OTTO  RliHLE 


Reimut  Reiche 


y^Tmimmimm 


Leben  und  Werk    i  und  Gesellschaft 


Otto  RUhle  legt  in  dieser  Marx  -  Biografie, 
die  1928  erschien,   besonderen  Wert  darauf, 
nicht  nur  die  Fakten  und  Daten  aus  dem 
Leben  von  Karl  Marx  zu  benennen,   sondern 
einen  umfassenden  Uberblick  iiber  die  ge- 
samte  weltgeschichtliche  Epoche  zu  zeich- 
nen,  deren  verschiedene  Stromungen  ihren 
NLederschlag  in  der  Entwicklung  Karl  Marx 
und  seines  Werkes  fanden. 


In  der  Schiiler-  und  Studentenbewegung  stellte 
sich  regelmSBig  heraus,  daB  alle  Versuche,  die 
seelischen  Leiden  und  Verkriippelungcn  des  Ein- 
zelnen  zu  iiberwlnden,  auf  eine  yesellsc.haftliche 
Schranke  stolen,  die  hbher  ist,  als  dafi  der  Sn- 
zelne  sie  iiberspringen  konnte.  Einige  dieser 
Schranken  -  wirtschaftlichc,  kulturelle  und  psy  - 
chische  werden  hier  vorgefiihrt,  Sie  sind  so  fesi- 
gefiigt,  dafl  sie  vielletcht  von  einer  starken  r*vo- 
lutioniiren  Bewegung . . .  ganz  gewiB  nicht  durch 
padagogisches  Bemiihen  eingerissen  werden  kon- 


EDITORA  OUEIMADA  I  I  EDITORA  QUEIMADA 


Aktiv  R  16,   Kbln: 

ANALYSE  UND  FORDERUNGSKATALOG 
ZUR   REFORM  DES  JUGENDHILFERECHTS 


Vorbemerkung: 


Einzelbestellungen  an 

MAULWURF   BUCHVERTRIEB,    1   Berlin  62,   Crellestr.    22 


Die  Bundesregierung  hat  den  Referentenentwurf/Regierungsentwurf  zur 
Reform  des  Jugendhilferechts   (JHR)   fur  Ende  Marz  angeklindigt.   Vor- 
aussichtlich  Anfang  Herbst  beginnt  die  1.    Lesung  im  Bundestag  -  An- 
fang   1975  soil   das  JH-Gesetz  verabschiedet  sein. 
Die  Grundzlige  der  Gesetzesvorlage  fiir  ein  neues  JHR  sind  durch  den 
Diskussionsentwurf  der   "Kommission  fur  die  Reform  des  JHR"  im  Friih- 
jahr  1973  der  Dffentl ichkei t  bekanntgegeben  worden.   Mitglieder  dieser 
vom  Bundesminister  ftir  Jugend,  Familie  und  Gesundheit  am  10.7.1970 
eingesetzten  "Sachverstandigenkommission"  sind: 

Dipl-   Psychologe  Dr.    Ulrich  Beer,  Altencelle, 

Eheberater,   Publizist 

Sozialarbeiter  grad.   Jiirgen  BUssow,   Dusseldorf  (zeitweise) 

(Gewerkschafts jugend) 

Frau  Lt.   Regierungsdirektorin  Dr.   Erdmuthe  Falkenberg, 

Wiesbaden,   Leiterin  des  Landesjugendamtes  Hessen 

Landesrat  Dr.   GUnter  Happe,  Munster, 

Leiter  des  Landesjugendamtes  Westfalen-Lippe 

Dipl .-Volkswirt  Gerhard  Heun,   Stuttgart, 

Abteilungsleiter  im  Diakonischen  Werk 

Dipl  .-Volkswirt  Hubert  us  Junge,   Freiburg, 

Abteilungsleiter  flir  Jugendhilfe  im  Caritasverband 

Hermann  Kumpfmuller,  Mlinchen   (zeitweise), 

President  des  Bayerischen  Jugendrings 

Stadt.   Direktor  Dr.    Hans  Peter  Mehl  ,  Freiburg, 

Direktor  des  Sozial-  und  Jugendamtes 

Amtsgerichtsdirektor  Dr.  Gunther  Restel ,  Kiel, 

Jugend-   und  Vormundschaftsrichter 

Prof.   Dr.   Friedrich  Schaffstein,  Gbttingen, 

Ordinarius  flir  Strafrecht  und  Kriminologie 

Dr.   Heinz  Schneider,    (zeitweise),   verstorben  am  6.2.1971 

(AWO)  .      . 

Alfred  Thauer,   Dusseldorf,  Vorsitzender  der  Jugendrechtskommission 
des  Deutschen  Bundesjugendringes 
Kreisdirektor  Dr.   Heribert  Wesche,  Paderborn, 
Sozial-   und  Jugendezernent  des   Kreises  Paderborn. 
Rechtsanwalt  Erich  Schumann,  Bonn,    (zeitweise) 

Vorsitzender  der  Kommission  ist  der  Leiter  der  Jugendabteilung  im 
BMJFG,  Ministerialdirektor  Otto  Fichtner,   sein  Stel 1 vertreter: 
Dr.   GUnter  Happe,   LjA,  Westfalen. 


17 


Der  von  der  Kommission  vorgelegte  DE  wurde  hauptsachlich  durch 
2  Vorlagen  inhaltlich  strukturiert: 

-  die  im  Auftrag  des  BMJFG  vom  Deutschen  Verein  (DV)  fur  offentliche 
und  private  Fiirsorge  und  in  dessen  Auftrag  vom  friiheren  Leiter  des 
Sozial-  und  Jugendamtes  der  Stadt  Freiburg,  Herrn  Dr.  Franz  Flamm, 
ausgearbeitete  synoptische  Gesamtiibersicht,  Materialien  und  Re- 
formansatze  zur  Neuordnung  des  JHR 

-  den  Rohentwurf  eines  neuen  JHR,  den  das  Referat  Jugendhilferecht 
im  BMJFG  eben  anhand  der  vom  DV  vorgelegten  Thesen  ausarbeitete. 

Wie  zu  erwarten  war,  haben  die  Jugendbehbrden  und  etablierten  Ver- 
bande,  die  diese  Kommission  stellten,  in  ihrem  Entwurf  die  emanzi- 
patorischen  Interessen  der  betroffenen  Kinder  und  Jugendlichen  ihren 
Eigeninteressen  untergeordnet. 

Die  von  uns  erarbeiteten  Texte  "Analyse"  (der  gesellschaftspoliti- 
schen  Funktion  des  geltenden  OUR  und  des  entsprechenden  Reformvorha- 
bens  der  Bundesregierung  und  "Forderungen"  (zur  Reform  des  Jugend- 
hilferechts)  wurden  auf  dem  Hintergrund  konkreter  Auseinandersetzun- 
gen  mit  der  Sozialbiirokratie  konzipiert.  Da  das  Aktiv  bisher  nur  mit 
Jugendlichen  -  speziell  mit  Arbeiterjugendlichen  -  konkret  zu  tun  hat- 
te.beschranken  sich  die  Aussagen  bewuBt  auf  deren  Situation. 

Vorab  zu  kla'ren  ist  noch,  was  unter  "offentlicher  Jugendhilfe",  urn 
deren  Reform  es  hier  gent,  zu  verstehen  ist. 

Die  offentliche  oder  institutionelle  Jugendhilfe  (JH)  bezeichnet  den 
Komplex  der  bffentlichen  Dienste  und  Einrichtungen,  die  das  "Wohl" 
der  Kinder  und  Jugendlichen  gewa'hrleisten  sollen,  zumal  dann,  wenn 
andere  Sozial isationsinstarzen  (Familie,  Schule,  Betrieb)  versagen. 
Trager  der  bffentlichen  JH  sind  neben  Jugendamtern  die  anerkannten 
"freien"  Tragerverbande,  insbesondere  die  Kirchen,  Gesetzliche  Grund- 
lage  der  bffentlichen  JH  ist  im  wesentlichen  das  Jugendwohlfahrts- 
gesetz  (JWG). 

Der  Bereich  der  bffentlichen  JH,  der  sich  auf  die  Gruppe  der  Jugend- 
lichen bezieht  -  und  nur  von  ihm  soil  hier  die  Rede  sein  -.umfaBt 
neben  den  "Hilfen  zur  allgemeinen  Fbrderung  der  Jugend"  (Jugendpfle- 
ge)  den  Komplex  der  spezifischen  "Hilfen  fiir  gefahrdete  Jugendli- 
che"  (Jugendf'u'rsorge). 

Die  allgemeinen  jugendpflegerischen  Aktivitaten  nehmen  nun  in  der 
Jugendhilfe  eine  eindeutige  Randstellung  ein.  Sie  beschranken  sich 
auf  offene  Freizeithilfen  und  richten  sich  uberwiegend  an  die  Jugend- 
lichen aus  der  Mittelschicht,  also  speziell  an  die  Gruppe  der  Ober- 
schuler. 

Im  Gegensatz  dazu  fiillt  die  Jugendflirsorge  nahezu  den  gesamten  Be- 
reich der  auf  Ougendliche  bezogenen  Hilfen  aus.  Ihre  "Angebote"  ha- 
ben durchgangig  den  Charakter  eingreifender,  obrigkeitsstaatlicher 
MaBnahmer  und  beziehen  sich  faktisch  ausschlieBlich  auf  die  Gruppe 
der  Arbeiterjugendlichen.  Kernstuck  der  Jugendflirsorge  ist  die  Heim- 
erziehung.  (85-90  %   der  Heimzbglinge  stammen  aus  Arbeiterfamilien) . 


18 


Analyse 

Fiir  eine  Analyse  der  bffentlichen  Jugendhilfe  ist  von  zentraler  Be- 
deutung,  daB  sie  bewuBt  nach  Arbeiter-  und  nach  Mittelschichten-Ju- 


gendlichen  differenziert  und  sich  der  Arbeiterjugendlichen  in  einer 
ganz  spezifischen  Weise  annimmt. 

Die  Lage  der  Arbeiterjugendlichen  ist  gekennzeichnet  durch  eine  weit- 
gehende  Einschrankung  ihrer  Entfaltungsmbglichkeiten  in  Familie, 
Schule  und  Betrieb.  Es  fehlen  ihnen  aufgrund  ihrer  untergeordneten 
Stellung  im  ProduktionsprozeB  und  unzureichenden  Wohnverhaltnisse, 
Mbgl  ichkeiten  uneingeschrankter  Kommunikation  und  Entwicklung  kollek- 
tiver  Selbstorganisation.  Biirgerliche  Bildung  wird  ihnen  aufgezwun- 
gen,  die  nicht  an  ihre  Klassenlage  anknupft  und  dazu  dient,  ihre 
Klassenlage  zu  verschleiern.  Sie  sind  gezwungen,  ihre  Arbeitskraft 
zu  verkaufen,  dem  Disziplinierungsdruck  in  Familie,  Schule  und  Be- 
trieb kbnnen  sie  sich  nicht  entziehen,  ohne  massiv  gegen  herrschen- 
de  Normen  und  Vorstellungen  zu  verstoBen.  lirsache  der  Einschrankungen 
ihrer  individuellen  und  sozialen  Entfaltung  ist  das  Profitinteresse 
des  Kapitals  und  dem  daraus  resultierenden  bkonomischen  Druck.  Statt 
dem  Arbeiterjugendlichen  konkrete  Emanzipationschancen  zu  erbffnen, 
erganzt  und  verscharft  die  offentliche  Jugendhilfe  den  Disziplinie- 
rungsdruck, dem  der  Arbeiterjungendliche  in  Familie,  Schule  und  Be- 
trieb ausgesetzt  ist. 

Symptomati  sch  fiir  Diszipl  inierungsmaBnahmen  ist  die  Heimerziehung, 
welche  mit  dem  besten  Willen  nicht  als  angemessene  "Hilfe"  fiir  sozial 
benachteiligte  Jugendliche  angesprochen  werden  kann.  Erziehungsheime 
arbeiten  fast  ausschlieBlich  auf  der  Basis  gesellschaftlicher  Isolie- 
rung,  der  nahezu  totalen  Reglementierung  aller  Lebensbereiche  und 
des  weitgehenden  Entzugs  von  Bildungs-  und  Berufschancen.  Es  ist  da- 
her  gut  zu  verstehen,  wenn  die  Erziehungsheime  von  den  Arbeiterjugend- 
lichen als  zusatzliche  Bedrohung  ihrer  sozialen  Existenz  erlebt  wer- 
den. 

."Urn  die  Heimerziehung  zu  halten",  (aus  einem  Protokoll  des  LJA  Rhein- 
land),  werden  alle  Formen  der  Jugendhilfe,  die  eine  emanzipatorische 
Alternative  zur  Heimerziehung  darstellen,  massiv  bekampft:  Kontakt- 
zentren  fiir  entwichene,  im  Untergrund  lebende  Jugendliche  werden  ri- 
goros  liquidiert  und  ursprungl ich  selbstorganisierte  Jugendwohnkol- 
lektive  werden  durch  Richtlinien,  Befriedungsstrategien  etc.  ihrer 
politischen  Intensionen  beraubt  und  als  "Kleinheime"  in  das  offent- 
liche System  von  Jugendhilfe  integriert. 

Die  auf  die  Diszipl inierung  der  Arbeiterjugendlichen  ausgerichtete 
Praxis  der  bffentlichen  Jugendhilfe  wird  verstandl ich,  sobald  man 
die  gesellschaftliche  Institution  "JH"  in  den  Bezugsrahmen  der  kapi- 
talistischen  Gesellschaftsordnung  der  BRD  einordnet: 
Geht  man  davon  aus,  daB  die  derzeitige  Gesellschaftsordnung  der  BRD 
auf  der  Grundlage  der  Unterdriickung  und  Ausbeutung  der  Arbeiterklas- 
se  funktioniert,  dann  ist  die  Funktion  einer  systemgerechten  Jugend- 
hilfe, die  kollektive  Emanzipation  der  Arbeiterjugendlichen  zu  ver- 
hindern.  Es  ist  also  nur  folgerichtig,  wenn  die  etablierten  Trager 
der  Jugendhilfe  als  Teil  des  Systems  alles  daran  setzen,  "die  Heim- 
erziehung als  Disziplinierungsinstrument  zu  erhalten,  indem  entspre- 
chende  Voraussetzungen  geschaffen  werden,  die  Entwicklung  emanzipato- 
rischer  Absichten  zu  unterbinden. " 

Daher  kann  das  kapitalistische  System  der  BRD  die  Entwicklung  einer 
bffentlichen  Jugendhilfe  mit  emanzipatorischen  Absichten  nicht  gut 
tolerieren  und  versucht,  sich  auf  vielfaltige  Weise  gegen  eine  sol- 
che  Mbglichkeit  abzusichern. 


19 


20 


Mittel    hierzu  ist  das  neue  Jugendhilferecht:    "Auffallig"  gewordene 
Jugendliche  werden  in  soziale  Ghettos  abgeschoben,  da  der  burger! i - 
che  Staat  kein  Interesse  hat,   ihre  Probleme  aufzufangen  und  eraanzi- 
patorisch  aufzuarbeiten.   Auch  das  neue  JHR  andert  nichts  an: 

-  der  Deklassierung  der  Arbeiterjugendlichen; 

-  der  'Knebelung'   fortschrittlicher  Sozialarbeiter; 

-  dem  Abwiirgen  von  Selbsthilfeinitiativen. 

Die  de-facto-Entrechtung  der  Jugendlichen  wird  im  Jugendhilferecht 
dadurch  abgesichert,  daB  die   "Minderja'hrigen"  nicht  als  Subjekte, 
sondern  als  Objekte  irgendwelcher  erzieherischen  MaBnahmen  definiert 
werden: 

-  sie  haben  keine  einklagbaren  Rechtsansprliche  auf  spezifische  Hilfen 
zur  Selbstverwirkli chung; 

-  "Hilfen"kbnnen  ihnen  aufgezwungen  werden; 

-  gegen  willkiirliche  Einschrankungen  ihrer  Persbnlichkeitsrechte  ha- 
ben sie  keinen  effektiven  rechtlichen  Schutz; 

-  von  eigener  Interessenvertretung  Oder  qualifizierter  Mitbestimmung 
im  Bereich  der  JH  ist  nicht  die  Rede. 

Die   'Knebelung'   der  Sozialarbeiter  wird  gewahrleistet 

-  liber  ihre  Verpfl  ichtung  auf  ein  repressives  ' Erziehungskonzept  in 
Form  einer  Vielzahl  gesetzlicher  Bestimmungen  ,  die  auf  eine  ord- 
nungsdienstliche  Kontrolle  der  Jugendlichen  und  ihre  Bewahrung  vor 
alien  mbglichen  "erzieherischen  Gefahrdungen"  hinauslaufen; 

-  sowie  durch  die  Festschreibung  ihrer  Abhangigkeit  von  der  Verwal- 
tung  und  den  meist  konfessionellen  Tragerorganisationen. 

Damit  wird  praktisch  verhindert,  daB  die  Sozialarbeiter  eigene  pada- 
gogische  Grundvorstellungen  und  Handlungsstrategien  entwickeln,bzw. 
ihre  Arbeit  an  den  kollektiven  Interessen  der  'Arbeiterjugendlichen' 
ausrichten  kdnnen. 

Das  Abwiirgen  der  Selbsthilfeinitiativen  schlieBlich  wird  ermbglicht 
liber  spezifische  Organisationsprinzipien  und  Strukturen  der  Sffent- 
lichen  Jugendhilfe,  die  einer  kleinen  Gruppe  konservativer  Trageror- 
ganisationen eine  Monopolstellung  einra'umen  und  keinen  Raum  fur  ba- 
sisdemokratische  Initiativen  lassen. 
In  diesem  Zusammenhang  sind  besonders  zu  nennen: 

-  die  Subventionsmechanismen  des  "Subsidiaritatsprinzips",  die  prak- 
tisch nur  den  etablierten  "freien"  Tragern  die  Realisierung  ihrer 
Projekte  ermbglichen  und 

-  die  besondere  Konstruktion  der  Jugendwohlfahrtsausschusse,  die  es 
den  etablierten  Tragern  erlaubt,  abgeschirmt  gegen  bffentliche  Kon- 
trolle ihre  Interessenpositionen  optimal  abzusichern. 

DaB  sich  die  Bundesregierung  zum  jetzigen  Zeitpunkt  flir  eine  Reform 
des  Jugendhilferechts  entschlossen  hat,  liegt  ohne  Zweifel  daran, 
daB  nach  1968  fUr  die  bffentliche  JH  eine  neue  Situation  entstanden 
ist.  Diese  la'Bt  sich  etwa  so  kennzeichnen: 

Aufgrund  systemkritischer  Analysen  haben  sozialistische  Initiativ- 
gruppen  die  bffentliche  Jugendhilfe  und  insbesondere  ihren  Kernbe- 
reich,  die  Heimerziehung.als  Instrument  zur  Disziplinierung  der  Ar- 
beiterjugend  identifiziert  und  in  kampferischer  Solidaritat  mit  den 
Jugendlichen  konkrete  Projekte  einer  an  ihrer  Klassenlage  orientier- 
ten  Jugendhilfe  entwickelt.  Mit  dem  Aufbau  von  Kontaktzentren,  Ju- 


gendkollektiven  und  politischen  Lehrl ingsgruppen  ermbgl ichten  sie 
den  Arbeiterjugendlichen,  ihren  Wohn-  und  Freizeitbereich  als  Teil 
ihrer  Lebenspraxis  ansatzweise  selbst  zu  organisieren  und  sich  kol- 
lektiv  gegen  Unterdrlickung  und  Disziplinierung  zu  wehren. 
Angesichts  dieser  Initiativen  wurden  die  Sozialarbeiter  in  ihrer  bis- 
herigen,  systemstabil  isierenden  Praxis  verunsichert  und  flir  neue 
Mbglichkeiten  sozialpadagogischen  Handelns  sensibilisiert.  Sie  versu- 
chen,  insgesamt  ihr  Verhaltnis  zu  ihren  Klienten  neu  zu  definieren 
und  kundigen  als  Konsequenz  politischer  Lernprozesse  vielfach  die 
Loyal i tat  zu  ihren  Arbeitgebern  auf. 

Diese  Vorgange  bezeichnen  einen  ProzeB  der  Pol itisierung  bei  Sozial- 
arbeitern,  Jugendlichen  und  der  Offentlichkeit,  der  auf  die  Dauer 
die  institutionelle  Jugendhilfe  als  Instrument  zur  Stabilisierung  der 
kapitalistischen  Klassengesellschaft  infragestellt. 
Bei  der  Auseinandersetzung  mit  den  sozialistischen  "Initiativgruppen" 
konnte  die  Sozialbiirokratie  in  Verbindung  mit  der  Polizei  durch  das 
Aufgreifen  von  progressiven  Ansatzen  und  durch  die  Entwicklung  spe- 
zieller  Zerschlagungsstrategien  (Hinhaltetaktik,  Kriminalisierung, 
Aufspaltungsstrategien  u.a.)  gewisse  Erfolge  buchen  . 

Wesentlich  schwieriger  zu  Ibsen  ist  das  Problem  der  Verunsicherung 
bzw.  "Resignation"  der  Sozialarbeiter  flir  die  traditionellen  Jugend- 
hilfe- Ins titutionen. 

Das  voile  AusmaB  der  "Resignation"  der  Sozialarbeiter  macht  der 
4.  Jugendhilfetag  (Nlirnberg,  1970)  sichtbar. 

Iii  einer  Reihe  von  Resolutionen  bekannten  sich  die  auf  dem  KongreB 
versammelten  Sozialarbeiter  zu  den  Grundsatzen  einer  antikapitalisti- 
schen  Jugendarbeit. 

Der  4.  Jugendhilfetag  wurde  flir  die  Spitzenfunktionare  der  offentli- 
chen  Jugendhilfe  zu  einem  Schllisselerlebnis.  Er  liberzeugte  sie  von 
der  "Notwendigkeit  von  Reformen".  Aufgrund  ihrer  Analysen  zum  Verlauf 
des  Jugendhilfetages  konstatierten  sie  libereinstimmend. . . 

-  Die  "Resignation"  und  "Beunruhigung"  der  Sozialarbeiter  kann  nur 
durch  eine  "iiberzeugende  Reform  der  JH"  abgefangen  werden; 

-  die  Reform  des  JH-Rechts  muB  als  wichtiger  Schritt  angesehen  wer- 
den, die  JH  neu  zu  legitimieren; 

-  im  Gegensatz  zu  den  Forderungen  der  Sozialarbeiter  mussen  die  Re- 
formen insgesamt  "stabil isierenden  Charakter"  haben.  (vgl.  Horn- 
stein,  Kindheit  und  Jugend  in  der  Gesellschaft,  Dokumentation  des 
4.  Dt.  Jugendhilfetages,  Juventa  Paperback). 

Damit  ist  das  Problem  umschrieben,  das  mit  der  Reform  des  Jugendhil- 
ferechts gelbst  werden  soil:  Es  geht  vorrangig  urn  die  Stabilisierung 
des  kapitalistischen  Systems  und  nicht  urn  die  Emanzipation  der  Ar- 
beiterjugend.  Die  proklamierte  Reform  soil  die  in  der  bffentlichen 
Jugendhilfe  in  Gang  gekommenen  Politisierungsprozesse  durch  das  Auf- 
zeigen  einer  scheinbar  positiven  Perspektive  abfangen  und  ruckgangig 

machen.  .         ,,   „ 

Der  Diskussionsentwurf  der  Bundesregierung  zeigt  dies  mit  aller  Deut- 
lichkeit:  Es  wurde  keineswegs  auf  die  Positionen  des  geltenden  Ju- 
qendhilferechts  verzichtet,  die  es  den  Interessenvertretern  des  Kapi- 
tals  ermbglichen,  die  Arbeiterjugendlichen,  Sozialarbeiter  und  basis- 
demokratischen  Initiativgruppen  zu  reglementieren.  Diese  werden  durch 
eine  vorgespiegelte  Progressivitat  (sporadisches  Aufgreifen  und  Ver- 
falschen  urspriinglich  progressiver  Ansatze)  nur  geschickter  als  bis- 


21 


her  verschleiert. 


Forderung  zur  Reform  des  Jugendhilferechts 

Der  folgende  Forderungskatalog  zur  Reform  des  Jugendhilferechts  ist 
nicht  so  zu  verstehen,  daB  wir  glauben,  durch  eine  Veranderung  des 
Jugendhilferechts  kbnne  sich  die  Situation  der  Jugendlichen  und  So- 
zialarbeiter  grundlegend  andern.  Die  von  uns  aufgestellten  Forderun- 
gen  stellen  Minimalforderungen  an  ein  "emanzipatorisches  Jugendrecht" 
dar,  sie  sprengen  grundsatzl ich  nicht  den  Rahmen  des  geltenden  Rechts- 
systems.  Mit  ihrer  Realisierung,  womit  bei  den  derzeitigen  gesell- 
schaftlichen  Machtverhaltnissen  allerdings  auch  nicht  zu  rechnen  ist, 
wiirde  auch  noch  kein  aktiver  Schritt  zur  Beseitigung  der  etablier- 
ten  Klassengesellschaft  getan.  Recht  ist  Ausdruck  der  konkreten  ge- 
sellschaftlichen  Situation  und  Machtverhaltnisse.  Es  kann  den  Kampf 
urn  eine  Verbesserung  der  Lebensbedingungen  nicht  ersetzen.  Die  von 
uns  aus  den  konkreten  Erfahrungen  entwickelten  Forderungen  kb'nnen 
einmal 

-  den  Widerspruch  deutlich  machen  zwischen  dem  Anspruch  der  Bundesre- 
gierung,  ein  emanzipatorisches  JH-Recht  zu  schaffen  und  ihrer  kon- 
kreten gesetzlichen  Realisation, und  zum  anderen  implizieren  sie 
eine  Aufweichung  des 

-  systemstabilisierenden  Charakters  der  Jugendhilfe,  eine  Verbesse- 
rung der  Kampfbedingungen  fiir  die  proletarischen  Jugendlichen  und 
einige  verbesserte  Voraussetzungen  flir  Sozialarbeiter,  die  eine 
Praxis  im  Interesse  der  von  Sozialarbeit  Betroffenen  entwickeln 
wollen. 

Eine  Kurzform  der  Analyse  und  der  Forderungskatalog  wurde  am  9.2.74 
von  der  Bundesdelegiertenkonferenz  der  Jungdemokraten  in  Bad  Honnef 
verabschiedet: 

Generelle  Forderungen 

Die  Bundesregierung  wird  aufgefordert,  die  in  Aussicht  gestellte  Re- 
form des  Jugendhilferechts  konsequent  an  den  emanzipatorischen  Inter- 
essen  der  soziobkonomisch  benachteiligten  Kinder  und  Jugendlichen 
auszurichten;  d.h. 

1.  fur  die  betroffenen  Kinder  und  Jugendlichen: 

eine  grundsatzl iche  Verbesserung  ihrer  rechtlichen  Situation,  ins- 
besondere  eine  klare  Absicherung  ihres  Anspruchs  auf  emanzipato- 
rische  Leistungen; 

2.  flir  die  Sozialarbeiter: 

die  Absicherung  ihrer  fachlichen  Autonomie  bzw.  ihre  Befreiung 
aus  alien  Abhangigkeiten,  die  es  ihnen  unmbglich  machen,  konse- 
quent auf  die  Probleme  der  betroffenen  Kinder  und  Jugendlichen 
einzugehen  und  ein  sol idarisches  Verhaltnis  zu  ihnen  zu  entwickeln; 

3.  hinsichtlich  der  Organisation  der  Jugendhilfe: 

die  Gewahrlei stung  der  Transparenz  und  Burgernahe  der  Arbeit  der 
Jugendbehbrden,  die  Dffnung  der  Jugendhilfe  fur  Selbsthilfeinitia- 
tiven.sowie  den  Abbau  der  monopolistischen  Stellung  der  konfes- 
sionellen  Trager  im  Bereich  der  Jugendhilfe. 


22 


Detaill ierte  Aufgliederung  der  Forderungen 
1 .  Forderungen  fur  die  Kinder  und  Jugendlichen 

1  a)  Erweiterung  der  staatsbu'rgerlichen  Rechte  der  jungen  Menschen: 

-  Die  Rechte  der  jungen  Menschen  sind  im  Zuge  der  Reform  des  Jugend- 
hilferechts  entschieden  zu  erweitern.  Entsprechendes  ist  u.a.  auch 
fur  die  Neufassung  des  elterlichen  Sorgerechts,  des  Berufsbildungs- 
und  des  Jugendarbeitsschutzgesetzes  zu  fordern. 

-  Forderungen  zur  Neuregelung  des  elterlichen  Sorgerechts: 

o  eigenstandiges  Antragsrecht  gegenuber  dem  Vormundschaftsgericht 
ab  12  Jahren; 

o  freie  Wahl  der  Ausbildung  und  des  Berufs  ab  14  Jahren; 
Schiedsentscheid  des  Vormundschaftsgerichts  in  Fragen  der  Aus- 
bildung und  des  Berufs  ab  8  Jahren; 

o  freier  Umgang  mit  Dritten  ab  12  Jahren  sowie  eigenes  Aufenthalts- 
bestimmungsrecht  ab  14  Jahren.  (Diese  Rechte  kbnnen  im  Fall  eines 
konkreten  und  nicht  unerheblichen  Gefahrdungstatbestands  vom 
Vormundschaftsgericht  eingeschrankt  werden.) 

-  Forderungen  zur  Neufassung  des  Berufsbildungs-  und  Jugendarbeits- 
schutzgesetzes: 

o  Bildungsurlaub  von  3  Wochen  fiir  Lehrlinge  und  berufstatige  jun- 
ge  Menschen:  (Urn  ihnen  zu  ermbgl ichen,  die  Bildungsangebote 
der  Jugendhilfe  starker  in  Anspruch  zu  nehmen.) 

o  ersatzlose  Streichung  des  Erziehungsvorbehalts  im  Jugendarbeits- 
schutzgesetz:  (Es  ist  nicht  einzusehen,  warum  die  Schutzbestim- 
mungen  des  JArbSG  nicht  auch  fiir  erzieherisch  und  therapeutisch 
ausgerichtete  Tatigkeiten  gel  ten  soil  en.) 

1  b)  Emanzipatorische  Zielbestimmung  der  Jugendhilfe: 
.  Die  Jugendhilfe  hat  ihre  Aufgabe  ausschlieBlich  darin  zu  sehen, 
das  Recht  der  jungen  Menschen  auf  Wahrung  ihrer  Menschenwlirde  und 
freie  Entfaltung  ihrer  Persbnlichkeit  entsprechend  den  Artikeln  1 
Abs.  1  und  2  Abs.  1  des  Grundgesetzes  einzulbsen. 

-  Daraus  ergeben  sich  flir  sie  folgende  Gestaltungsgrundsatze: 

o  konsequente  Unterstiitzung  der  jungen  Menschen  bei  ihrem  Bemlihen, 
sich  aus  einengenden  Abhangigkeitsverhaltnissen  zu  Ibsen; 

o  aktives  Hinwirken  auf  eine  grundsatzl iche  Verbesserung  der  Sozia- 
lisations-  und  Emanzipationschancen  jg.  Menschen  anstelle  bloBen 
Reagierens  auf  aktuelle  Erziehungsnotstande; 

o  vorrangige  Entwicklung  aktivierender  Fbrderungsangebote  fiir  die 
Gruppe  der  soziobkonomisch  benachteiligten  jungen  Menschen  zur 
Verminderung  von  Chancenungleichheit; 

o  voile  Gewahrlei stung  der  Mitwirkung  und  Mitbestimmung  der  betrof- 
fenen jungen  Menschen  bei  alien  Leistungen  der  Jugendhilfe. 

1  c)  Qberwindunq  der  Randsta'ndigkeit  und  Exklusivita't  des  Bereichs 
der  allgemeinen  ^orderung: 

.  Die  Leistungen  zur  allgemeinen  Forderung  junger  Menschen  sind  liber 
die  Fixierung  qualifizierter  Rechtsanspruche  und  Gewahrleistungs- 
verpflichtungen  zum  Kernstiick  der  Jugendhilfe  auszubauen. 

-  Die'allgemeine  Forderung'muB  eine  generelle  Verbesserung  der  Le- 
bens-  und  Arbeitsbedingungen  der  soziobkonomisch  benachteiligten 
jungen  Menschen  zum  Ziel  haben.  Gesellschaftliche  Initiativen,  die 
diesem  Ziel  dienen,  sind  aktiv  zu  unterstiitzen. 


23 


24 


-  Fur  soziookonomisch  benachteiligte  Familien  sind  besondere,  dis- 
kriminierungsfreie  Entlastungs-  und  Bildungsangebote  zu  entwickeln, 
urn  die  Sozialisationschancen  ihrer  Kinder  zu  verbessern: 

o  Vermittlung  angemessenen  Wohnraums;  finanzielle  Entlastung;  Er- 

mbglichung  auBerfamiliarer  Kollektiverziehung. 
o  Anregung  und  Fbrderung  von  El ternaktiven  und  El terninitiativen; 

Elternbildungsarbeit,  insbesondere  durch  Einbeziehung  der  El  tern 

in  die  sozialpadagogische  Arbeit  ntit  Kindern. 

-  Die  herkbmmlichen  Freizeit-  und  Bildungshilfen  sind  entsprechend 
den  emanzipatorischen  Bediirfnissen  der  soziookonomisch  benachtei- 
ligten  jungen  Menschen  neu  zu  konzipieren.  Das  betrifft  insbeson- 
dere  die  Angebote  der  politischen  und  soziokulturellen  Bildung: 

o  Im  Rahmen  der  politischen  Bildung  sind  flir  die  jungen  Menschen 
Lernfelder  zu  schaffen,  die  es  ihnen  ermbglichen,  die  bestehen- 
den  Herrschaftsverhal tnisse  kritisch  zu  hinterfragen,  ihre  eigene 
Position  in  der  Gesellschaft  zu  erkennen  und  Handlungsstrategien 
zur  solidarischen  Durchsetzung  ihrer  gesellschaftlichen  Interes- 
sen  zu  entwickeln. 

Zu  fordern  sind  u.a.  entsprechende  Seminare,  Diskussionsveranstal  - 
tungen,  Publikationen,  Aktionen,  Projekte. 

o  Die  Angebote  der  soziokulturellen  Bildung  mu'ssen  darauf  gerichtet 
sein,  den  jungen  Menschen  die  Entwicklung  kollektiver  Kreativi- 
tat  und  Selbstorganisation  zu  ermbglichen  und  sie  beim  ProzeB 
der  Verselbstandigung  solidarisch  zu  unterstiitzen. 
In  diesem  Zusammenhang  sind  u.a.  zu  gewahrleisten:  Aktivspielplat- 
ze,  selbstverwal tete  Jugendzentren,  Jugendobjekte  im  kulturellen 
und  Produktionsbereich,  Jugendwohngemeinschaften  und  Jugendpen- 
sionen  in  Verbindung  mit  spezifischen  Bildungsangeboten  fiir  lohn- 
abhangige  Jugendliche. 

-  Zur  Verminderung  von  Chancenungleichheit  sind  soziookonomisch  be- 
nachteiligten  jungen  Menschen  konkrete  Ansprliche  auf  erganzende  und 
stutzende  Leistungen  einzuraumen: 

o  im  Sauglingsalter:  finanzielle  Entlastung  der  Bezugsperson;  vom 

Kleinkindalter  an:  sozialpadagogische  Arbeit  in  Kleingruppen; 

im  Vorschul-  und  Schulalter:  spezifische  Fbrderungsprogramme; 

in  Arbeit  und  Berufsausbildung:  Wohnmbglichkeiten  in  Jugendpen- 

sionen  und  wohngemeinschaften. 
o  darliber  hinaus:  besondere  Leistungen  und  materielle  Hilfen,  urn  den 

jungen  Menschen  die  Inanspruchnahme  der  allgemeinen  Freizeit-  und 

Bildungsangebote  zu  ermbglichen. 

1  d)  Auflbsung  des  MaBnahmen-  bzw.  repressiven  Charakters  der  speziel- 
1  en  jugendf ursorgeri  schen  Hi  1 f en : 

-  Eine  Verselbstandigung  der  Hilfen  fiir  junge  Menschen  in  besonderen 
Lebenslagen  gegenuber  dem  Bereich  der  allgemeinen  Fbrderung  ist  un- 
bedingt  zu  vermeiden: 

o  Aufbau  einer  integrierten  Stadtteilarbeit,  deren  Ziel  es  ist,  De- 
klassierungsprozessen  aktiv  entgegenzuwirken; 

o  grundsatzlicher  Verzicht  auf  eine  Differenzierung  zwischen  Lei- 
stungen fur  "entwicklungsgefahrdete"  und  fiir  andere  ( "normal  e") 
junge  Menschen. 

-  Fiir  junge  Menschen  in  besonderen  Lebenslagen  sind  -  in  Erganzung 

der  Leistungen  der  allgemeinen  Fbrderung  -  vorrangig  besondere  infor- 
melle  und  umweltbezogene  Sozialisationsangebote  ohne  Diskriminie- 
rungscharakter  zu  entwickeln. 


Hier  ware  etwa  an  folgende  Angebote  zu  denken:  anonyme  Jugendbera- 
tung,  ambulante  Therapie,  soziale  Gruppenarbeit  unter  Einbeziehung 
von  Bezugspersonen  Oder  -gruppen  der  jungen  Menschen. 

-  Die  Heimerziehung  ist  weitgehend  auszutrocknen  und  verbindlich  auf 
eine  emanzipatorische  Zielsetzung  zu  verpflichten: 
o  Es  ist  sicherzustellen,  daB  junge  Menschen  in  Heimerziehung  keinem 

wie  auch  immer  gearteten  Sonderrechtsstatus  unterworfen  und  ihre 
staatsburgerlichen  Rechtevoll  gewahrleistet  werden  (Unzulassig- 
keit  des  Einziehens  der  Personal-  und  Arbeitspapiere,  der  heim- 
internen  Postkontrolle  u.  dgl.). 
o  Die  Heimerziehung  ist  darauf  zu  verpflichten,  den  emotionalen, 
sozialen  und  gesellschaftlichen  Bediirfnissen  und  Interessen  der 
jungen  Menschen  voll  Rechnung  zu  tragen  (Realisierung  des  Prin- 
zips  der  Koedukation,  Institutional isierung  von  Selbstorganisation 
bzw.  qualifizierter  Mitbestimmung,  Offnung  gegenuber  der  sozialen 
und  gesellschaftlichen  Umwelt,  Vermittlung  qualifizierter  Bil- 
dung und  Ausbildung  u.  dgl.). 

-  Die  Privilegierung  der  Erziehung  in  einer  Kleinfamilie  gegenuber 
der  Kollektiverziehung  ist  abzubauen: 
o  Unterstlitzung  der  Bindung  des  jungen  Menschen  an  seine  eigene  Fa- 

milie  nur,  wenn  dies  seinen  Sozialisations-  und  Emanzipationsin- 
teressen  entspricht; 

o  Anerkennung  von  Famil ienkooperativen  und  Wohngemeinschaften  als 
Pflege-  und  Adoptivstellen; 

o  Entwicklung  und  umfassende  Fbrderung  selbstorganisierter  Jugend- 
wohngemeinschaften und  Ougendpensionen  als  Alternative  zur  Fami- 
lien- und  Heimerziehung. 

1  e)  F-ntDonalisierung  der  jugendgerichtlichen  MaBregeln: 

Das  "Strafmundigkeits"-alter  ist  von  14  auf  16  Jahre  heraufzusetzen. 
Gleichzeitig  ist  fiir  die  Gruppe  der  16-25jahrigen  ein  Jugendkonfl  ikt- 
recht  zu  schaffen,  das  den  Sozialisations-  und  Emanzipationsanspru- 
chen  der  jungen  Menschen  gerecht  wird. 

Alternativ  zur  herkbmmlichen  Jugendstrafe  und  zum  Ougendarrest  sind 
Sozialisationsangebote  ohne  Sanktionscharakter,  unter  anderem  For- 
men  offener  Therapie,  zu  entwickeln  und  auszubauen. 
Die  jungen  Menschen  sind  in  besonderer  Weise  vor  dem  Zugriff  der 
politischen  Justiz  zu  schiitzen:  Go-ins  in  bffentlichen  Einrichtun- 
qen,  Besetzungen  leerstehender  Hauser  und  a'hnliche  Aktionen  diirfen, 
soweit  sie  von  den  jungen  Menschen  als  Mittel  zur  Durchsetzung  ih- 
rer legitimen  Interessen  eingesetzt  werden,  nicht  kriminalisiert 
werden . 

■j  f\   Fntwicklung  von  Alternativen  zu  obrigkeitlichen  "Schutz"maBnahmen: 
Der~'Schutz  junger  Menschen  in-  und  auBerhalb  der  eigenen  i-amine 
hat  sich  ausschlieBlich  auf  die  Gewahrlei stung  ihrer  Rechte  und 
emanzipatorischen  Interessen  zu  richten. 

Auf  eine  grundsatzliche  Erlaubnispflicht  fur  die  Unterbringung  jun- 
aer   Menschen  auBerhalb  der  eigenen  Familie  ist  zu  verzichten. 
Die  administrative  Kontrolle  von  Pflegeverhaltnissen  ist  grundsatz- 

"  i  ch  zugunsten  der  Institutional isierung  bffentlicher  Kommunikation, 
rilr  Vermittlung  stutzender  Leistungen  sowie  der  Erweiterung  und  Ab- 
sicherung  der  Anrufungsmogl ichkeiten  fur  die  betroffenen  jungen 

.  Sfverfahren'dervorlaufigen  Inobhutnahme  ist  von  seinem  polizei-   25 


lichen  Charakter  zu  befreien: 

o  Fur  entwichene,  drogenabha'ngige  und  andere  gefa'hrdete  junge  Men- 
schen  sind  informelle  Kontaktstellen  einzurichten. 

o  Zur  Gewahrlei stung  der  Arbeit  der  Kontaktstellen  fur  entwichene 
junge  Menschen  ist  fur  die  anlaufenden  Kinder  und  Jugendlichen 
eine  mindestens  14-tagige  Anonymitatsphase  abzusichern: 
keine  Oder  nur  bedingte  Mitteilung  des  Aufenthal tsorts,  Ruhen 
aller  RLickfLihrungsgesuche,  Abstimmung  aller  Schritte  mit  dem  be- 
troffenen  jungen  Menschen,  Mbglichkeit  der  Verlangerung  der  Ano- 
nymitatsphase auf  BeschluB  des  Vormundschaftsgerichts. 

o  Die  ublichen  Unterkunftsauflagen  fur  nicht  seBhafte  junge  Men- 
schen unter  Androhung  von  Inhaftierung  sind  fiir  unzulassig  zu  er- 
kla'ren. 

-  Die  Bestimmungen  zum  "Schutz  junger  Menschen  in  der  Offentl ichkeit" 
sind  zu  1 iberal isieren  bzw.  weitgehend  durch  indirekte  SchutzmaB- 
nahmen  zu  ersetzen. 

1  g)  Gewahrlei stung  einer  qual ifizierten  Mitbestimmung  des  jungen 

Menschen  bei  der  hntwicklung  eines  speziellen  Sozial isationspro- 
gramms:  

-  Ira  Rahmen  der  Entwicklung  spezieller  Sozial  isationsprogramme  fiir 
junge  Menschen  in  besonderen  Lebenslagen.ist  auf  die  Anwendung  sozial- 
technokratischer,  den  Betroffenen  isolierender  und  objektivierender, 
Diagnose-  und  Zuweisungsverfahren  zu  verzichten:  * 

o  Zuna'chst  ist  geraeinsam  mit  dem  betroffenen  jungen  Menschen  -  unter 
Einbeziehung  seiner  Eezugspersonen  bzw.  Bezugsgruppe  -  eine  Ana- 
lyse seiner  soziobkonomischen  und  psychosozialen  Situation  zu  er- 
stellen  und  eine  allgemeine  Lbsungsperspektive  zu  entwickeln. 

o  Zur  konkreten  Bestimmung  der  speziellen  Erziehungs-  und  Bildungs- 
hilfen  sind  dem  jungen  Menschen  vergleichbare  Alternativen 
(z.B.  Heira  -  oder  Wohngemeinschaft)  anzubieten  und  seine  daruber 
hinausgehenden  Wunsche  zu  beriicksichtigen. 

o  Kbnnen  sich  das  Jugendamt  und  der  junge  Mensch  trotz  Einschaltung 
eines  unabhangigen  -  vom  Jugendbeirat  (siehe  1  h)  vorzuschlagen- 
den-Fachgremiums  nicht  einigen,  liegt  die  Entscheidung  beim  Vor- 
mundschaftsgericht. 


26 


1  h)  Fbrderung  der  Selbstorganisation  und  Institutional isierung  der 
kollektiyen  Mitbestimmung  der  jungen  Menschen  ira  Bereich  der 
JugendhiTTel 

-  Selbstorgamsierte  ZusammenschlLisse  und  Projekte  junger  Menschen 
sind  vorrangig  zu  fbrdern: 

o  Dies  muB  sowohl  fiir  den  Bereich  der  allgemeinen  Fbrderung  als  auch 
den  der  speziellen  Erziehungs-  und  Bildungshilfen  gelten. 

o  Die  Jugendinitiativen  sind  unter  Verzicht  auf  administrative 
Reg lementie rung  zu  fbrdern. 

o  Urn  den  jungen  Menschen  die  Obernahme  auch  grbBerer  baulicher  Kom- 
plexe  -  wie  etwa  Jugendzentren  -  in  Selbstorganisation  zu  ermbg- 
lichen,  haben  die  Jugenda'mter  mit  ihnen  entsprechende  Nutzungs- 
vertrage  abzuschl ieBen. 

-  In  alien  Einrichtungen  der  Jugendhilfe  mlissen  die  jungen  Menschen 
die  Mbglichkeit  erhalten,  autonome  Jugendvertretungen  zu  wahlen. 

-  Zur  Vertretung  der  Interessen  der  Jugend  gegenuber  dem  Jugendamt 
und  anderen  Institutionen  ist  ein  kommunaler  Jugendbeirat  zu  kon- 
sti tuieren: 


Er  setzt  sich  zusammen  aus 
mitbestimmung,  der  studenti 
und  Jungarbeiter  in  den  Bet 
Einrichtungen  der  Jugendhil 
leuten. 

Den  Jugendvertretungen  und 
ihrer  Aufgaben  notwendigen 
o  Anspriiche  auf  angemessene 
o  Anspruch  auf  Informierung 
vanten  Vorgange  und  Entwi 
derte  Uffentl ichkeitsarbe 
O  qualifizierte  Initiativ 
Anhbrungs-,  Antrags-,  Vor 
te  des  Jugendbeirats  gege 
entsprechende  Initiativre 
Jugendvertretungen  in  den 


den  von  den  Vertretungen  der  Schliler- 
schen  Selbstverwaltung,  der  Lehrlinge 
rieben  und  der  Jugendvertretungen  in 
fe  demokratisch  gewahlten  Vertrauens- 

dem  Jugendbeirat  sind  die  zur  ErfLillung 
Rechte  und  Anspriiche  einzuraumen;  wie  z.B 

Mittel  und  Raume; 

liber  alle  fiir  die  jungen  Menschen  rele- 
cklungen  sowie  insbesondere  auf  unbehin- 
it; 

und  Mitbestimmungsrechte: 
schlags-  und  Beteil igungs-Kontrollrech- 
nu'ber  Jugendamt  und  Jugendhil feausschuB; 
chte  und  paritatische  Mitbestimmung  der 

Einrichtungen  der  Jugendhilfe. 


1  -j)  Verstarkung  der  Garantien  zur  Gewahrlei  stung  der  Rechte  der  jun- 
gen Menschen: 

_  Die  Stel lung  des  jungen  Menschen  1m  vormundschaftsgerichtlichen  Ver- 
fahren  ist  insbesondere  durch  folgende  Rechte  und  Anspriiche  zu  star- 
ken: 
o  Anhbrung  bei  alien  Entscheidungsfal len  des  Vormundschaftsgerichts 

-  ab  8  Jahren; 

o  eigenstandiges  und  umfassendes  Antragsrecht  gegenuber  dem  Vor- 
mundschaftsgericht  sowie  die  Befugnis  zum  Einlegen  weiterer  Rechts- 
mittel  -  ab  12  Jahren; 

o  Anspruch  auf  Mitteilung  der  Begrlindung  vormundschaftsgerichtl  icher 
Beschllisse  -  ab  12  Jahren; 

o  Anspruch  auf  einen  vom  Jugendamt  unabhangigen  rechtlichen  Beistand 

-  ebenfalls  ab  12  Jahren. 

-  Die  Voraussetzungen  fur  Freiheitseinschrankungen  im  Bereich  der 

Jugendhilfe  sind  wesentlich  zu  verscharfen: 

o  Unterbringung  in  einer  geschlossenen  Einrichtung  nur  im  Fall  einer 
unmittelbar  drohenden  erheblichen  Gefahr  und  aufgrund  eines  vor- 
mundschaftsgerichtlichen Beschlusses; 

o  Oberpriifung  der  Freiheitseinschrankung  durch  das  Vormundschaftsge- 
richt  nach  spatestens  3  Wochen;  Mbglichkeit  der  Verlangerung  der 
Freiheitsbeschra'nkung  urn  jeweils  3  Wochen. 

Den  jungen  Menschen  -  insbesondere  denen  in  offentl icher  Erziehung 

-  ist  es  zu  ermbglichen,  sich  effektiv  gegen  die  MiBachtung  ihrer 

Rechte  und  Verwal tungswillkur  zu  wehren: 

o  Verpflichtung  des  Jugendamts  zur  umfassenden  Aufklarung  der  jungen 
Menschen  liber  ihre  Rechte  und  Rechtsmogl  ichkeiten; 

o  Recht  des  jungen  Menschen  auf  Akteneinsicht  und  vorhenge  Kennt- 
nisnahme  aller  Berichte,  die  an  andere  Stel len  weitergeleitet  wer- 

o  Verpflichtung  des  Jugendamts,  auf  Bitten  und  Beschwerden  junger 
Menschen  hin  unverzuglich  tatig  zu  werden  und  innerhalb  von  14 
Taaen  zu  antworten; 

o  Mbqlichkeit  fur  den  jungen  Menschen,  bei  Konflikten  mit  dem  Jugend- 
amt  Oder  Tragern  von  Einrichtungen,  seine  Interessenvertretung  ein- 

o  MbqlichkeU  der  Anrufung  des  Vormundschaftsgerichts  durch  den  jun-  ^-, 
gen  Menschen  in  alien  Fallen,  in  denen  seine  Rechte  und  Entfal-    d.1 


tungsmbglichkeiten  beeintrachtigt  werden. 
Institutional isierung  eines  Jugendbeauftragten,  an  den  sich  jun- 
ge  Menschen  bei  Konflikten  mit  der  Verwaltung  wenden  kdnnen: 
Der  Jugendbeauftragte  ist  vom  Rat  auf  Vorschlag  des  Jugendbeirats 
zu  bestimmen.  Er  hat  die  Aufgabe,  junge  Menschen  vor  Verwaltungs- 
willkiir  zu  schutzen.  Ihm  steht  jederzeit  das  Recht  auf  Zutritt 
zum  jungen  Menschen  und  auf  Akteneinsicht  mit  Zustimmung  des  Be- 
troffenen zu.  Auch  ist  er  berechtigt,  zur  Vertretung  der  Interes- 
sen  des  jungen  Menschen  vormundschafts-  und  verwaltungsgerichtl  iche 
Verfahren  in  Gang  zu  setzen  und  zu  flihren. 


2.  Forderungen  fur  die  Sozialarbeiter. 

2  a)  Ermbgli chung  eines  einheitl ichen  klientenorientierten  Wissens- 
standes:  


-  Ausrichtung  der  Ausbildungsinhalte  an  den  emanzipatorischen  Inter- 
essen  der  betroffenen  jungen  Menschen; 

-  Entprivatisierung  bzw.  Entkonfessional isierung  der  Ausbildung  und 
Vereinheitlichung  der  Ausbildungsgange  im  Rahmen  einer  kunftigen 
Gesamthochschule; 

-  Ermbglichung  einer  intensiven  und  regelma'Bigen  berufl  ichen  Fortbil- 
dung  (unter  anderem  durch  Sicherung  der  Freistellung) . 

2  b)  Vermeidunq  einer  Formierung  der  konkreten  inhaltl  ichen  Arbeit: 

-  keine  Verpf I ichtung  auf  die  "anerkannten",  pol itisch-integrativen 
Methoden  der  Sozialarbeit; 

-  weitestgehender  Abbau  administrativer  Reglementierungen,  urn  die 
Entwicklung  neuer,  an  den  konkreten  Bedu'rfnissen  der  Klienten  orien- 
tierter,  konzeptioneller  Ansatze  und  fachlicher  Standards  zu  ermog- 
lichen. 


28 


2  c)  Abanderung  gesetzlicher  Bestimmungen,  die  ein  solidarisches  Ver- 
haltnis  zu  den  Klienten  ausschlieBen: 

-  Auflosung  der  Verpfl  ichtung,  Verfehlungen  von  Klienten  anzuzeigen 
und  in  Strafprozessen  gegen  sie  als  Zeuge  auszusagen.  (Normierung 
einer  Schweigepflicht  und  eines  Aussageverweigerungsrechts  fur  So- 
zialarbeiter! ) 

-  Streichung  des  Kuppeleiparagraphen. 

-  Lockerung  der  geltenden  Aufsichts-  und  Haftungsbestimmungen  (insbe- 
sondere  bei  Liberwiegend  von  den  Betroffenen  selbst  organisierten 
Projekten). 

2  d)  Liberal isierung  des  Arbeitsrechts  im  bffentl ichen  Dienst: 

-  Aufhebung  des  Berufsverbots  fiir  konsequente  Demokraten  und  Sozia- 
listen  im  bffentlichen  Dienst. 

-  Gewahrlei stung  des  BLirgerrechts  der  Sozialarbeiter,  sich  von  den 
Intentionen  und  MaBnahmen  der  Verwaltung  zu  distanzieren  und  sich 
mit  ihr  bffentl ich  auseinanderzusetzen  (keine  Verpfl ichtung  zu 
"partnerschaftl icher  Zusammenarbeit" ;  Lockerung  der  Schweigepflicht 
nach  dem  BAT!). 

-  Ablbsung  der  Fachaufsicht  des  Verwaltungsleiters  zugunsten  einer 
grbBeren  fachl ichen  Autonomie  der  Basisteams  im  Jugendamt  und  an- 
deren  kommunalen  Einrichtungen  der  Jugendhilfe. 


2  e)  Erweiterung  des  Handlungs-  und  Entscheidungsspielraums  der  bei 
privaten  Tragern  beschaftigten  Sozialarbeiter: 

_  offentliche  Forderung  nur  solcher  Tragerorganisationen,  die  den 
Sozialarbeitern  -  und  betroffenen  jungen  Menschen  -  in  ihren  Ein- 
richtungen einen  angemessenen  eigenen  Gestal tungsraum  bei  der  Lo- 
sung  der  padagogischen,  organisatorischen  und  personellen  Fragen 
zugestehen  und  sie  nicht  auf  die  Beachtung  besonderer  weltanschau- 
licher  Leitlinien  verpflichten,  und  sofern  in  ihren  Einrichtungen 
die  Einhaltung  der  Grundrechte  gewahrleistet  ist 


3_  Forderungen  hinsichtlich  der  Organisation  der  Jugendhilfe. 

3  a)  Oualifizierung  des  Jugendamts  als  biirgernaher  Leistungstrager: 
_  Die""tragerschaft  fur  alle  offentlichen  Ougendhi  Ifeleistungen  ist 
auf  das  kommunale  Jugendamt  zu  verlagern.  (genauer:  auf  das  brtliche 
Jugendamt,  in  dessen  Bereich  sich  der  betroffene  junge  Mensch 
Liberwiegend  aufhalt.) 

Eine  Reglementierung  der  Arbeit  des  kommunalen  Jugendamts  durch 
weitreichende  Verwaltungsakte  (Rechtsverordnungen,  Erlasse,  Richt- 
Tinien)  Ubergeordneter  Instanzen  ist  auszuschl ieBen. 

-  Die  Beistandspflicht  des  Jugendamts  gegenuber  anderen  Behbrden  darf 
nur  gelten,  soweit  sie  nicht  mit  den  Interessen  der  betroffenen 
jungen  Menschen  kollidiert. 

Die  innere  Organisation  des  Jugendamts  hat  sich  primar  an  den  In- 
teressenlagen  der  betroffenen  jungen  Menschen  zu  orientieren: 
o  Die  ressortmaSige  Trennung  der  Bereiche  der  allgemeinen  Forderung 
und  der  speziellen  Erziehungs-  und  Bildungshilfen  ist  im  Interes- 
se  der  Realisierung  einer  integrierten  Stadtteilarbeit  aufzugeben. 
o  Die  hierarchische  behbrdliche  Entscheidungsregelung  ist  zugunsten 
der  Entwicklung  kooperativer  Arbeits-  und  Entscheidungsformen  - 
unter  effektiver  Beteiligung  der  Betroffenen  -  abzubauen. 
Eine  starkere  Kontrolle  der  Arbeit  des  Jugendamts  durch  die  Offent- 
lichkeit,  insbesondere  die  betroffenen  jungen  Menschen, ist  sicher- 

o^Das  Jugendamt  ist  zu  verpflichten,  alle  Planungskonzepte  und  Be- 
schluBprotokolle  offenzulegen  und  daruber  hinaus  regelmaBig  of- 
fentliche Diskussionsforen  zu  aktuellen  Fragen  der  Jugendhilfe 
durchzufuhren.  .  ... 

o  Das  Jugendamt  hat  die  betroffenen  jungen  Menschen  fruhzeitig  an 
der  Entwicklung  von  Planungsvorhaben  zu  beteiligen  und  lhnen  je- 
derzeit Rechenschaft  uber  die  Erfullung  seiner  gesetzlichen  Auf- 
gaben  zu  geben. 
3  b)  Abbau  der  Reprasentation  privater  Traqerverbande  im  Jugendhilfe- 

-  DerTu|eTiHh"ilfeausschuB  ist  als  normaler  RatsausschuB  zu  konstitu- 

7Mr6Koordinierung  der  Initiativen  des  Jugendamts,  der  privaten 
"  Tragerorganisationen  sowie  der  Jugend-  und  Eltemvertrj stungen.   d 

neben  dem  JugendhilfeausschuB  besondere  Arbeitsgemeinschaften  der 

lunendhilfe  zu  institutional isieren. 

ner  JugendhilfeausschuB  hat  bffentl ich  zu  tagen  und  Eingaben  pp  - 
'  vater  TrSger  oder  Gruppen  von  Betroffenen  zu  Fragen  der  Jugendhilfe 

mit  eigener  Stellungnahme  dem  Rat  zuzuleiten. 


29 


3  c)Ablbsung  des  Prinzips  der  yorrangigen  Forderung  der  privaten 
Trager  (bzw.  des  Subsidiaritatspfinzips) : 

-  Die  bffentliche  Hand  muB  eine  hinreichende  Anzahl  von  entsprechen- 
den  Einrichtunger,  die  weltanschaulich  neutral  und  fur  jeder  zugang- 
lich  sind,  zur  Verfligung  stellen. 

-  Private  Trager  sind  nur  dann  zu  fbrdern,  wenn  die  von  der  Einrich- 
tung  Betroffenen  eine  demokratische  Kontrolle  ausiiben  Oder  den 
Trager  selbst  stellen. 

3  d)  Offnung  der  Juqendhilfe  fiir  Blirqerinitiativen: 

-  Die  Fbrderungsbedingungen  fiir  private  Trager  sind  zugunsten  der 
BUrger-  und  Selbsthilfeinitiativen  zu  andern: 

o  Basisnahe  Initiativ-  oder  Projektgruppen  sind  mit  Vorrang  und 

unbiirokratisch  zu  fbrdern. 
o  Die  Forderung  darf  nicht  void  AnschluB  an  einen  Spitzenverband 

und  der  politischen  Loyalitat  zur  etablierten  gesellschaftlichen 

Ordnung  abhangig  gemacht  werden. 
o  Bei  der  Forderung  ist  die  Finanzkraft  des  jeweiligen  Tragers  ange- 

raessen  zu  berlicksichtigen. 

-  Auf  eine  administrative  Reglementierung  selbstorganisatorischer  bzw. 
emanzipatorischer  Projektansatze  ist  zu  verzichten: 

o  Ins  einzelne  gehende  Normierungen  der  raumlichen  und  wirtschaft- 
lichen  Voraussetzungen,  der  Anzahl  und  Ausbildung  des  Fachperso- 
nals  oder  der  zu  praktizierenden  Methoden  der  Sozialarbeit  sind 
zu  unterlassen. 

o  Oberwiegend  selbstbestimmte  Jugendwohngemeinschaften,  -pensionen, 
-zentren  und  dgl .  ,sowie  von  Eltern  oder  Elterngruppen  fiir  ihre 
Kinder  betriebene  Einrichtungen  sind  von  der  Heimaufsicht  zu  be- 
freien. 

o  Dem  Jugendamt  ist  es  zur  Pflicht  zu  machen,  Konflikte  mit  auBer- 
institutionellen  Projekten  oder  Model lversuchen  grundsatzlich 
fachlich-argumentativ  unter  Verzicht  auf  administrative  MaBnahmen 
aufzuarbeiten. 

-  FUr  Blirger-  und  Selbsthilfeinitiativen  ist  ein  besonderer  Rechts- 
schutz  zu  schaffen: 

o  Sie  mussen  das  Recht  auf  Anhbrung  im  JugendhilfeausschuB  und  Rat 

erhalten. 
o  Darliber  hinaus  ist  ihnen  -  bei  Konflikten  mit  der  Verwaltung  - 

ein  Anspruch  auf  einen  kostenlosen  rechtlichen  Beistand  einzurau- 

men. 


30 


3  e)  Gewahrlei stung  der  perspektivischen  Weiterentwicklung  der  Jugend- 
hilfe: 

-  Dem  Jugendamt  ist  zur  vorrangigen  Aufgabe  zu  machen,  die  Jugend- 
hilfepraxis  standig  von  den  Bediirfnissen  der  betroffenen  jungen 
Menschen  her  zu  analysieren  und  aufgrund  dieser  Analysen  mittel- 
und  langerfristige  Programme  zur  aktiven  Verbesserung  der  Soziali- 
sations-  und  Emanzipationschancen.speziell  der  soziobkonomisch  be- 
nachteiligten  jungen  Menschen, zu  entwickeln  und  in  die  Praxis  um- 
zusetzen. 

-  Das  Jugendamt  ist  besonders  darauf  zu  verpflichten,  emanzipatori- 
sche  Modelle  und  Projektansatze  institutionell  abzusichern  und 

zu  verallgemeinern. 

-  Zur  materiellen  Absicherung  der  Arbeit  des  Jugendamts  -  vor  allem 
im  Bereich  der  allgemeinen  Forderung  -  sind  die  Ausgaben  fiir  Bun- 
deswehr,  Bundesgrenzschutz  und  "innere  Sicherheit"  entsprechend 
zu  reduzieren  und  die  frei  werdenden  Finanzen  auf  die  Kommunen 
umzulegen. 


Kritische  Gruppe,  Westberlin: 

'GENSCHERREFORM'  DES  UFFENTLICHEN  DIENSTRECHTES 


Just  zu  einem  Zeitpunkt,  an  dem  der  Cffentl ichkeit  mit  einem  schein- 
liberalen  neuen  Jugendhilfegesetz  und  mit  einem  Jugendhilfetag  das 
(kritische)  "Maul  gestopft"  werden  soil,  werden  die  Ergebnisse  (1) 
einer  Kommission  bekannt,  die  unter  der  demokratischen  Beteiligung 
von  Vertretern  der  Esso-AG,  von  IBM  und  des  BDA,  Vorschlage  zu  einer 
Veranderung  des  bffentlichen  Dienstrechtes  ausarbeiten  soil  ten.  Wenn 
diese  Vorschlage  einmal  Gesetz  werden,  und  der  1.  Mann  im  Kampf  um 
"unsere  Demokratie"  wird  schon  dafur  sorgen  wollen,  kann  sich  jeder 
im  sozialpadagogischen  Bereich  Ta'tige  ausrechnen,  was  wohl  fiir  seine 
Praxis  mehr  Relevanz  haben  wird:  ein  neues  Jugendhilfegesetz,  "was 
ja  noch  soviel  positive  Mbglichkeiten  offen  laBt",  oder  ein  neues 
bffentliches  Dienstrecht! 

uir  kbnnen  also  nicht  die  Reform  des  neuen  Jugendhilfegesetzes  disku- 
tieren,  ohne  gleichzeitig  auch  die  Reform  des  bffentlichen  Dienst- 
rechtes mitzudiskutieren;  im  Grunde  miiBte  gleichzeitig  auch  das  Ju- 
aendschutzgesetz,  das  Berufsausbildungsgesetz,  die  Verscharfung  der 
Sozialarbeiterausbildung,  die  negative  Veranderung  der  Praktikanten- 
ausbildung  und  die  Frage  des  Zeugnisverweigerungsrechtes  fur  Sozial- 
arbeiter  diskutiert  werden.  Das  kbnnen  wir  im  Augenblick  nicht  lei- 
sten  und  so  wollen  wir  versuchen,  im  folgenden  die  StoBrichtung  der 
geplanten  Veranderung  des  bffentlichen  Dienstrechtes  darzustel len. 

nie  Kommission  sollte  Vorschlage  fiir  eine  "zeitgemaBe  Weiterentwick-; 
lima  eines  modernen  bffentlichen  Dienstes"  erarbeiten.  Dabei  ging  die 
Kommission  davon  aus,  d'aB  der  "Stellenwert  der  rechtsstaatl  ichen  Ga- 
rantiefunktion  fur  die  Sicherheit  und  Freiheit  der  Burger  wachst 
und  die  Bedeutung  "der  bffentlichen  Leistungs-  und  Gestaltungsauf- 
aaben"  zunehme.  D.h.,  die  Kommission  ging  davon  aus,  daB  die  politi- 
schen Integrations-  und  Unterdruckungsaufgaben  des  Staates  einerseits 
umehsen  und  er  andererseits  gezwungen  ist,  um  kostspielige  Rationa- 
Visierunqen  des  eigenen  Apparates  zu  umgehen  und  weil  die  okonomischen 
Kompetenzen  des  Staates  wachsen,  das  kapital istische  Prinzip  der  Lei - 
ctunqshetze  auch  in  seinen  Arbeitsbereichen  einzufuhren.  Unter  ab- 
^oluter  Ausklammerung  anderer  notwendiger  Reformvorhaben  wurden  unter 
Zn   qenannten  Aspekten  ausschl  ieBl  ich  Vorschlage  zur  Reform  des 
nienstrechtes  erarbeitet,  Fragestellungen  einer  Verwaltungsreform 
oder  Gebietsreform  wurden  nicht  behandelt.  Die  gemachten  Vorschlage 
haben  wesentlich  zwei  Auswirkungen: 

i  die  politische  Entrechtung  der  Beamten  wird  auf  alle  Bedienstete 
hps  bffentlichen  Dienstes  ausgeweitet  und  damit  soil 
2  die  "Funktionstaugl ichkeit"  der  Verwaltung  gesichert  und  gestei- 
□ert  werden. 


Die 


"schutzwurdigen  Interessen"  der  bffentlich  Bediensteten,  derer  Ol 


32 


sich  diese  durch  "Selbstbindung"  weitgehend  begeben,  sollen  durch 
ein  "geregeltes  Verfahren  der  internen  Kommunikation  zum  Zwecke  des 
Interessenaustauschs"  zwischen  Weisungen  gebenden  und  bekommenden 
derartig  gewahrt  bleiben,  als  das  in  soTchen  Gesprachen  den  "Entschei- 
dungstragern  wichtige  Informationen  (!)  Liber  die  Vorstel  lungen  der 
von  solchen  Regel ungen  Betroffenen"  "vermittelt"  werden  sollen.  Eine 
derartige  Regel ung  fbrdere  das  "Zustandekommen  realistischer  Kompro- 
misse"  und  diene  "damit  zugleich  dem  Arbeitsfrieden  und  erhbhe  die 
Leitungsbereitschaft". 

Mit  diesen  freundlich  -demokratischen  Ausflihrungen  sind  die  Betrach- 
tungen  zu  den  Beteil igungsrechten  der  bffentlich  Bediensteten  in  den 
Vorschlagen  der  Kommission  beendet! 

Im  weiteren  hat  die  Kommission  zwei  Vorschlage  zur.  Reform  des  bffent- 
lichen Dienstrechtes  erarbeitet,  die  von  dem  Wunsch  nach  Vereinheit- 
1 ichung  der  augenbl icklich  geteilten  Rechtssituation  (Beamtendienst- 
recht  wird  gesetzlich  geregelt,  das  der  Angestellten  und  Arbeiter 
teils  gesetzlich,  teils  durch  tarifvertragliche  Regelungen)  ausgehen, 
im  Grunde  aber  beide  nur  eine  Ausdehnung  des  Beamtenstatus   auf  alle 
bffentlich  Bediensteten  bedeuten.  Im  ersten  "Model!"  (Verfechter  u.a. 
Esso,  BDA,  FDP,  CDU,  DBB  und  der  Staatssekretar  des  Bundesinnenmi- 
nisteriums),  dem  sogenannten  "Gesetz-Model 1 ",ist  eine  totale  Verbe- 
amtung  enthalten,  das  Dienstrecht  wird  ausschl ieBl ich  durch  Gesetze 
geregelt;  denn  "nur  die  Allzustandigkeit  des  Gesetzgebers  kann  den 
bffentlichen  Dienst  vom  Machtbereich  gesel lschaftl icher  Gruppen  fern- 
halten  und  eine  unparteiische,  zuverlassige  und  vertrauenswiirdige  Ver- 
waltung  sichern".  Um  "il legitime  AuBeneinwirkungen"  zu  verhindern, 
muB  die  "Regel  ungskompetenz"  nicht  mehr  langer  auf  Gesetzgeber  und 
Gewerkschaften  verteilt  sein,  das  wlirde  bedeuten,  daB  "die  Gewerkschaf- 
ten  bestimmenden  EinfluB  auf  das  ganze  Dienstrecht  gewinnen",  sondern 
kann  halt  nur  noch  beim  Gesetzgeber  liegen.  Das,  zumal  der  Staat 
durch  die  Gewerkschaften  "nicht  Liber  die  zur  Verfolgung  seiner  Ver- 
handlungsziele  erforderliche  Dispositionsfreiheit"  verfugt.  Deswegen 
muB  ein  gesetzl iches,  bffentliches  Dienstrecht  ohne  Streikrecht  fur 
die  Bediensteten  her,  denn:  "Der  einzelne  und  die  Gesel lschaft  sind 
von  der  Funktionszuverlassigkeit  kollektiver  Leistungssysteme  so 
abhangig  geworden,  daB  selbst  zeitweilige  Storungen  (Streiks,  d.Verf.) 
nachhaltige  Schaden  anrichten  kbnnen."  So  illegale  MaBnahmen  wie 
Dienst  nach  Vorschrift  sollen  von  Anfang  an  durch  eine  "konzertier- 
te  Aktion"  verunmbgl icht  werden. 

-  Wann  verbeamtet  Esso  seine  Arbeitnehmer?!  - 

Das  andere,  sogenannte  "Gesetz-Tarif-Model 1 "  (u.a.  IBM,  DGB,  DAG, 
SPD)  sieht  eine  Einschrankung  der  bisher  existierenden  Tarifautono- 
mie  vor;  alle  bis  dato  durch  Mantel tarifvertrag  geregelten  Arbeits- 
bedingungen  werden  durch  Gesetz  geregelt.  Das  gesamte  Bezahlungs- 
system,  Dienstpostenbewertung,  Urlaub,  Bemessung  der  regelma'Bigen 
Arbeitszeit,  sonstige  finanzielle  Leistungen  und  die  Zusatzversor- 
gung  werden  durch  Gesetz  geregelt.  Fur  diese  Bestandteile  des  Arbeits- 
verhaltnisses  darf  gestreikt  werden,  allerdings  mit  folgenden  Ein- 
schrankungen  fiir  bffentlich  Bedienstete  der  folgenden  Bereiche: 

-  Schutz  von  Leib,  Leben  und  Gesundheit; 

-  Schutz  vor  VerstbBen  gegen  die  Strafgesetze; 

-  Schutz  des  Staates  vor  Angriffen  von  auBen; 


-  Schutz  der  verfassungsma'Bigen  Ordnung; 

-  Schutz  der  obersten  Verfassungsorgane  in  Bund  und  Landern. 

Innerhalb  beider  Model! e  sollen  die  Arbeitsplatzbedingungen  unwahr- 
scheinlich  verscharft  werden.  Das  Dienstpostensystem  soil  durch  ein 
"Funktionsgruppensystem"  ersetzt  werden.  Dabei  ist  allerdings  nicht 
an  Teamarbeit  oder  a'hnl  iches  gedacht,  sondern  das  "Funktionsgruppen- 
system zeichnet  sich  gegenuber  dem  her-kbmml ichen  Laufbahngruppen- 
system  des  Beamtenrechts  durch  eine  groBere  Fahigkeit  zur  funktions- 
qerechten  Differenzierung  aus  und  ist  damit  besser  geeignet,  als 
Grundlage  der  Personal steuerung  zu  dienen.  Dadurch  kann  der  Laufbahn- 
gedanke  frei  von  formal  en  Begrenzungen  verwirklicht  werden." 
Dieser  wichtige  Gesichtspunkt  der  Personal steuerung  wird  dann  noch 
weiter  ausgebaut  durch  ein  Ankurbeln  der  "Leistungsmotivation"  der 
Bediensteten.  Diese  Leistungsmotivation  soil  durch  ein  neues  Beurtei- 
lungssystem,  das  zwischen  Befahigung  und  Leistung  der  bffentlich  Be- 
diensteten unterscheidet,  geschaffen  werden. 

Die  Befahigung  eines  Bediensteten  soli  prinzipiell  alle  4  Jahre  durch 
eine  "Verwendungsbeurteilung"  (und  nach  einer  Probezeit  oder  einem 
Funktionswechsel),  deren  Ergebnis  ein  "Befahigungsprofil "  ist,  fest- 
qestell  t  werden.  . 

Die  Leistung  soil  alle  2  Jahre  durch  eine  "Leistungsbewertung"  uber- 
prlift  werden.  Das  Ergebnis  ist  dann  die  Grundlage  zur  Bemessung  von 
Leistungszulagen  (vgl .  unten  Liber  Lohn)  oder  fur  Befbrderungen 
(Z.B.  Versetzung  in  die  na'chst  hbhere  Funktionsgruppe) . 

Sowohl  bei  der  Oberprufung  der  Befahigung  als  auch  der  Leistung,  steht 
fur  die  Kommission  fest,  daB  "auch  klinftig  von  dem  Grundsatz  einer 
t-elativ  freien  Umsetzbarkeit  der  Bediensteten  auszugehen"  ist.  Wo- 
hei  Befbrderungen  nicht  mehr  nach  dem  bisher  praktizierten  System 
der  individuellen  Befbrderung  mbglich  sein  sollen,  sondern  sich  an 
den  allgemein  anerkannten  Qual ifikationsmbglichkeiten  ausrichten 
(Fach-  und  Hochschulabschlusse).  Befbrderungen  sind  grundsatzlich 
nur  mit  Probezeit  mbglich  (s.o.). 

Deqradierungen  sind  jederzeit  mbglich,  und  zwar  bei  "orgamsatonschen 
Umdispositionen"  (allerdings  bei  Fortbezahlung  der  alten  Gehalts- 
stufe)  oder  bei  zweimalig  negativ  ausfallender  Leistungsbeurteilung. 
Des  weiteren  sind  zur  Fortbildung  "auch  nur  ausgewahlte  Bedienstete" 
zuzulassen,  wobei  sich  aus  der  erfolgreichen  Absolvierung  einer  der- 
artiqen  Fortbildung  kein  Anspruch  auf  Beforderung  ergibt  denn: 
"7iel  der  Fortbildung  ist  nicht  die  Vermittlung  von  Bildung  als  Selbst- 
zweck,  sondern  die  Steigerung  der  Leistungsfahigkeit  des  bffentlichen 
Dienstes". 

Das  neue  Bezahlungssystem  soil  "Funktions-  und  leistungsorientiert"_ 
sein  die  einzelnen  Funktionsgruppen  werden  entsprechend  ihrer  Schwie- 
riakeit  den  Bezahlungsgruppen  zugeordnet.  AuBer  in  den  Spitzenposi- 
tionen,  wo  es  ein  festes  Grundgehalt  gibt,  kbnnen  die  Grundgehalter 
in  den  niederen  und  mittleren  Positionen  bis  zu  funfmal  abgestuft 
werden.  Zu  jedem  Grundgehalt  gibt  es  zeitlich  begrenzte  Leistungs- 
7,jlaaen.  (s.o.)  Diese  Leistungszulagen,  die  sich  aus  der  Leistungs- 
heurteilunq  ergeben,  sollen  allerdings  nur  max.  15  %   der  Bedienste- 
ten erreichen  kbnnen  und  dadurch  besonders  leistungsmotivierend  wir- 
kPn  AuBerdem  gelten  sie  nur  fur  max.  2  Jahre  -  bis  zur  nachsten 
Leistungsbeurteilung.  Ziel:"Die  Begrenzung  des  Empfangerkreises  und 


33 


die  Befristung  auf  zwei  Jahre  werden  verha'ltnisma'Big  viele  zu  iiber- 
durchschnittl  ichen  Leistungen  anspornen." 

Daruberhinaus  sol]  die  Abstufung  im  Grundgehalt,  wobei  jeder  Bedien- 
stete  in  der  Regel  alle  3  Jahre  die  nachst  hbhere  Stufe  erkl immen 
kann,  durch  "Verzogerung  des  Aufsteigens  im  Gehalt"  als  negative  Sank- 
tion  ebenfalls  zu  hbchster  Leistungshetze  benutzt  werden. 
Daruberhinaus  soil  das  Parlament  mit  "UnterstLitzung"  eines  "Bezah- 
lungsbeirates"  alle  Jahre  die  Fortentwicklung  der  Einkommer  der  of- 
fentlich  Bediensteten  Liberprlifen  und  soil  die  Moglichkeit  erhalten, 
"bei  der  Fortentwicklung  der  Einkommen  im  bffentl ichen  Dienst  ... 
von  den  BezugsgrbBen  aus  haushalts-  jnd  konjunkturpol itischen  Griinden 
abzuweichen"! !  D.h.,  die  Regierung  soil  die  Moglichkeit  bekommen, 
die  Lbhne  der  bffentl  ich  Bediensteten  in  dem  MaBe  zu  drlicken,  wie 
sie  gerade  will ! ! 

Im  Bereich  der  politischen  Interessenvertretung  der  Bediensteten 
wirkt  sich  die  Verbeamtung  nat'Jrlich  auch  klar  aus.  Die  Beamtenpfl  ich- 
ten  sollen  fur  alle  gelten.  "Die  Angehbrigen  des  bffentl ichen  Dien- 
stes  miissen  auch  in  Zukunft  verpflichtet  sein,  sich  durch  ihr  gesam- 
tes  Verhalten  zu  der  FDGO  im  Sinne  des  Grundgesetzes  zu  bekennen  und 
fiir  deren  Einhaltung  einzutreten.  ...  Dabei  kann  auch  die  Zugehbrig- 
keit  zu  einer  bestimmten  Gruppierung  -  unabhangig  von  der  Zula'ssig- 
keit  einer  Gruppierung  als  solcher  -  ein  Indiz  fiir  mangelnde  Eignung 
des  einzelnen  Bewerbers  ergeben." 

Die  aufgezeigte  Reform  wurde  in  ihrer  Gesamtheit  abgelehnt  vom  DGB 
als  "verfassungswidrig",  von  der  OTV  als  "Einschrankung  der  Grund- 
rechte"  und  von  der  DPG  als  "Beseitigung  der  Tarifautonomie". 
Mit  dieser  Reform  soil  die  Abspaltung  der  bffentlich  Bediensteten 
von  den  ubrigen  Lohnabhangigen  perfektioniert  und  die  bffentlich  Be- 
diensteten noch  eindeutiger  unter  die  Interessen  dieses  Staates  ge- 
zwungen  werden.  Deswegen  muS  in  alien  Organisationen  die  Diskussion 
um  diesen  Entwurf  aufgenommen  werden,  urn  dann  den  Kampf  gegen  ein 
derartiges  Gesetz  zu  flihren. 


(1)  Bericht  der  Kommission  fiir  die  Reform  des  Dienstrechtes, 
Nemos-Verlag,  Baden-Baden,  Mai  1973. 


Merve 
Verlag 


1  Berlin  15 
Poatfach  327 


CGIL/CISL 

Zur  Geschichte  und  Theorie  der  italienischen  Gewerkschaftsbewegung 
(Mit  einem  Nachwort  des  Redaktionskollektivs  Gewerkschaften  von 
"Probleme  des  Klassenkampfs")     2  Bande  je  Band         DM  7,- 

Vertreter  der  verschiedenen  Gewerkschaftsverbande  (V. 
Foa,  B.  Trentin,  P.  Carniti,  u.a.)  setzen  sich  mit  Problemen  auseinander 
wie  Verhaltnis  der  Gewerkschaften  zur  kapitalistischen  Entwicklung, 
zur  staatl ichen  Planungspolitik,  zu  den  politischen  Parteien,  Gesell- 
schaftskonzeption,  Forderungspolitik,  Verhandlungs-  und  Vertragssy- 
stem,  Qualifikation,  Prasenz  im  Betrieb,  neue  Organisationsformen  der 
Arbeiterautonomie  usw.  Die  Texte  sind  Ausdruck  von  Kampferfahrun- 
gen,  die  fiir  die  Arbeit  in  den  Gewerkschaften  und  die  Internationalisie- 
rung  des  Klassenkampfs  relevant  werden. 


Bte^ 


Kurt  Sprenger,   Frankfurt: 
SOZIALARBEIT  UND  DER  5.   DJHT 


Die  APO  tanzte,  die  Reaktion  kreischte  und  der  Veranstalter  distan- 
zierte  sich.  So  endete  der  4.  Jugendhilfetag  1970  in  Niirnberg.  Die- 
ses Ende  dokumentiert  die  Ohnmacht  der  etablierten  Jugendhilfe,  ihr 
angstliches  Schielen  auf  die  der  kapitalistischen  Verfassung  der  BRD 
verpflichteten  Politiker,  die  Liber  weitere  Subventionen  der  Jugend- 
hilfeverbande  zu  entscheiden  haben.  Die  Interessen  der  Verbande  waren 
in  Gefahr. 

Die  Analysen  der  Sozialistischen  Aktion  4.  Jugendhilfetag  hatten  das 
BLindnis  der  Verbande  mit  der  herrschenden  Klasse  aufgedeckt.  Sie  hat- 
ten  deutlich  gemacht,  daB  die  unterprivilegierten  Jugendlichen  eine 
konsequente  Vertretung  ihrer  Interessen  von  denjenigen  Institutionen 
nicht  erwarten  kbnnen,  die  unter  dem  Motto,  dem  "leiblichen,  geisti- 
aen  und  seelischen  Wohl"  der  Jugend  zu  dienen,  deren  weitere  Depra- 
vierung  betreiben.  Nicht  die  MiBachtung  der  individuellen,  arbeitsin- 
tensiven  Bemlihungen  von  Erziehern,  Sozialarbeitern  usw.  waren  Ziel- 
scheibe  der  Sozialistischen  Aktion,  sondern  die  januskopfige  Politik 
der  Trager  der  Sozialarbeit,  die  diese  Mitarbeiter  mit  dem  Appell  an 
den  padagogischen  Idealismus  zusatzlich  ausbeuten.  Die  von  den  Ver- 
tretern  der  Bundesregierung  vorgenommenen  Hochrechnungen,  mit  denen 
der  materielle  Utopismus  der  von  der  Sozialistischen  Aktion  erhobenen 
Forderungen  (6-Stunden-Arbeitstag  fur  alle,  5  Wochen  Urlaub,  1-jah- 
riqe  bezahlte  Freistellung  der  Mutter  nach  der  Geburt  lhres  Kindes, 
aleicher  Lohn  fiir  Manner  und  Frauen  usw.)  bewiesen  werden  sollte, 
erwiesen  sich  als  purer  Zynismus,  als  waren  jemals  der  Lage  der  Ju- 
gendlichen angemessene  Forderungen  erfu'llt  worden. 

Der  aus  der  Konkurrerz  der  Monopole  und  Einzelkapitale  resultierende 
Zwang  zum  Einsatz  neuer  industrieller  Technologien  zur  gesteigerten 
Erpressung  von  Mehrwert  hat  eine  rapide  Verscharfung  der  Arbeits- 
intensitat  zur  Folge.  "Dequalifizierung  und  erhbhter  VerschleiB 
Apr   Arbeiter  finden  ihren  Niederschlag  nicht  nur  in  Arbeitsunfal  en 
fAnstieq:  195Q  -  1970  um  24,5  %   (1)  ),  Berufskrankheiten  und  schlech- 
terem  Gesundhei tszustand,  sondern  letztlich  auch  in  einer  erhohten 
Invalidenhaufigkeit  und  dem  vorzeitigen  Ausscheiden  aus  dem  Erwerbs- 
leben."  (2)  Die  "Rational isierung"  der  Betriebe  fuhrt  zu  einer  stei- 
aenden  Zahl  von  Freisetzungen  und  Einsparung  von  Arbeitsplatzen 
/allein  in  der  Industrie  seit  1960  ca.  3  Millionen  freigesetzte  Ar- 
beitskrafte  und  zusatzlich  ca.  4,6  Millionen  eingesparte  Arbeits- 
ola'tze)  (3).  Mit  der  Konsequenz,  daB  Tausende  von  Arbeitern  jahrlich 
prhebliche  EinkommenseinbuBen  und  Arbeitsplatze,  an  denen  lhre  be- 
ruflichen  Qualifikationen  und  Erfahrungen  an  Bedeutung  verlieren, 
hinnehmen  mussen.  Unter  Beriicksichtigung  der  gestiegenen  Zahl  der  Lohn- 
abhangigen hat  sich  ihr  Anteil  am  Volkseinkommen  (1970)  auf  38  %   net-  - 
to  (1950  46  %)   verringert,  (4)  das  "Wachstum"  der  Reallohne  betrug    OD 


36 


1973  ca.  1  %.   Gleichzeitig  wachst  als  Folge  der  Oberproduktions-  und 
internationalen  Wahrungskrisen  die  Arbeitslosigkeit. 

Fur  die  Bundesregierung  stellen  sich  diese  verscha'rften  Ausbeutunqs- 
bedingungen  als  Wirtschaftswachstum  dar,  das  Prioritat  besitzt  vor 
dem  sozialen  Fortschritt.  Es  "vollzieht  sich  nicht  harmonisch 
so  daB  soziale  Spannungen  unvermeidlich  sind."  (5)  Diese  "sozialen 
Spannungen"  finden  u.a.  ihren  Ausdruck  in  der  Verscharfung  der  Klas- 
senauseinandersetzungen.  Urn  den  Widerstand  der  Arbeiter  zu  brechen 
und  zu  kontrollieren,  werden  die  UnterdrLickungs-  und  Diszipl inierungs- 
instrumente  staatlicher  Gewalt  ausgebaut  (AufrUstung  des  Bundesgrenz- 
schutzes  fur  den  inneren  Emsatz,  RadikalenerlaB,  Genschers  Gesetz- 
entwurf  zur  Vereinheitl  ichung  des  Personal rechts  im  b'ffentl  ichen 
Dienst,  Schwarze  Listen  usw.).  Politische  Polizei  bespitzelt  Arbei- 
ter, die  fur  menschlichere  Arbeitsbedingungen  kampfen  (wie  in  Baden 
Wurtt.),  technologisch  hoch  ausgeriistete  und  bewaffnete  Spezialein- 
heiten  der  Polizei  werden  zur  Zerschlagung  von  ("gegen  die  verfas- 
sungsmaBige  Ordnung  gerichteten")  Widerstandsgruppen  und  politisch 
gefa'hrlichen  Streikbewegungen  ausgerlistet. 

Einen  nicht  nur  Bild-haften  Eindruck  von  der  "Erziehungs"gewalt  of- 
fentlicher  Einrichtungen  erhalten  die  ach  so  erziehungsbediirftigen 
Jugendl ichen,  wenn  Hunderte  von  Polizisten  ihre  Kollektive  belagern 
und  sturmen;  wie  in  Berlin,  Hamburg,  Frankfurt  usw.  Die  Obdachlosen, 
denen  menschliche  Wohnungen  nicht  zur  Verfugung  gestellt  werden  kbn- 
nen,  damit  die  Profiterwartungen  privater  Baulbwen  nicht  beeintrach- 
tigt,  leerstehende  Luxuswohnungen  nicht  falsch  belegt  werden,  kbnnen 
sich  ein  Bild  von  staatlicher  Investitionsfreude  machen  angesichts 
der  burgerknegsma'Big  durchgefiihrten  Raumung  der  'Belgiersiedlung' 
in  Kassel.  Staatlich  kontrollierte  Banken  kbnnen  Hunderte  von  Milli- 
onen  fur  Samerungen  lockermachen,  die  mehr  "Lebensqual itat"  fur  die 
Haben-Seite  der  Baugesellschaften,  aber  nicht  fur  die  Mieter,  bedeu- 
ten.  Urn  die  Finanzierung  dieser  "wichtigen  Aufgaben"  zu  ermbglichen, 
bleiben  nur  Brosamen  fur  die  Bildungs-  und  Sozialpol itik,  insbeson- 
dere  fur  alle  Bereiche,  die  nicht  unmittelbar  der  Produktion  und  Re- 
produktion  der  Ware  Arbeitskraft  dienen. 

Von  der  Verscharfung  der  Klassenauseinandersetzungen  bleiben  die 
Sozialarbeiter/-padagogen  nicht  ausgenommen.  Spatestens  seit  sich  das 
sogenannte  "Klientel"  in  Kollektiven,  Interessengemeinschaften,  Biir- 
gerimtiativen,  Stadtteilgruppen  zur  Durchsetzung  seiner  Interessen 
und  Bedurfmsse  organisiert  und  von  sozial  istischen  und  liberalen 
Sozialarbeitern  solidarisch  unterstlitzt  wird,  gelten  in  den  Augen  der 
herrschenden  Klasse  die  im  Sozialbereich  Tatigen  nicht  mehr  nur  als 
gutglaubige  padagogische  Narren  und  systemkonforme  Ideal isten.  Ihre 
Kritik  und  ihre  Energien  des  Protestes  und  Widerstandes  gegen  die 
Repressionsfunktion  der  Sozialarbeit  kann  nicht  mehr  allein  in  frucht- 
losen  Modelldiskussionen  kanalisiert  werden.  Das  politische  Instru- 
mentanum  zur  Unterdruckung  aufmiipfiger  Sozialarbeiter/Sozialpadago- 
gen  und  die  Mittel  zu  ihrer  Disziplinierung  sind  verfeinert  worden. 
Sozialarbeiter,  die  in  Klassenauseinandersetzungen  offen  fur  die  In- 
teressen der  Betroffenen  ka'mpfen  Oder  sich  in  sozial  istischen  Grup- 
pen  orgamsieren  oder  aktiv  ihre  Arbeitnehmerinteressen  vertreten, 
werden  ebenso  mit  Berufsverbot  belegt  wie  fortschrittliche  Arbeiter, 
Jugendsprecher  usw..  Die  Verfolgung  einzelner  kritischer  Sozialar- 


beiter/-padagogen  hat  das  Ziel,  die  groBe  Zahl  kritischer  Sozialar- 
beiter zu  disziplinieren  und  insbesondere  von  einer  Organisierung 
in  sozial istischen  Gruppen  abzuhalten.  Meldungen  haufen  sich,  wonach 
Sozialarbeiter/-padagogen  fristlos  entlassen  werden  oder  keine  an  die 
Probezeit  anschlieBenden  Arbeitsvertrage  erhalten,  wenn  sie  sich 
mit  den  von  ihnen  "Betreuten"  zu  solidarischen  Aktionen  zusammen- 
schlieBen.  Urn  die  von  den  Ausbildungsstatten  ausgehende  Gefahr  der 
Pol  itisierung  der  sozialpadagogischen  Berufe  einzudammen,  werden  kri- 
tische,  fur  eine  demokratische  Ausbildung  kampfende  Dozenten  diffa- 
miert  und  ihre  Berufung  abgelehnt.  Graduierte  Sozialarbeiter,  die 
sich  im  Berufspraktikum  fur  eine  "staatliche  Anerkennung"  qualifizie- 
ren  raiissen,  unterliegen  einer  starken  politischen  Kontrolle,  sobald 
sie  versuchen,  die  traditionellen  Arbeitsstrukturen  zu  durchbrechen. 
Kollektive  Arbeitsansatze  im  Praktikum  werden  durch  Dienstzeitrege- 
"lungen  und  Isolierung  der  Praktikanten  durch  Einsatz  in  verschiede- 
nen  Abteilungen  unterdriickt.  Der  Deutsche  St'a'dtetag  wie  der  Deut- 
sche Verein  fiir  bffentliche  und  private  Flirsorge  fordern  die  Ausglie- 
derung  des  Berufspraktikums  aus  der  Kompetenz  der  Ausbildungsstatten 
und  die  Starkung  des  Einflusses  der  Anstel lungstrager. 

Das  Urteil  des  Bundesverfassungsgerichts  zum  Zeugnisverweigerungs- 
recht  hat  Sozialarbeit  auf  ihren  gesellschaftl ichen  Nenner  gebracht 
und  selbst  liberale  Sozialarbeiter  desil  lusioniert.  Der  Sozialarbei- 
ter begegne  einem  "Klienten"  "immer  zugleich  als  Reprasentant  von 
Gesellschaft  und  Staat".  Was  er  von  dem  "Klienten"  erfahrt,  unterliegt 
daher  zwangslaufig  der  Verfugungsbefugnis  seines  Dienstherrn.  Sozial- 
arbeiter also  als  Blittel  und  Spitzel  im  staatlichen  System  der  Si- 
cherung  der  kapital istischen  Produktionsbedingungen.  Ihre  Funktion 
soil  darauf  beschrankt  werden: 

-  die  Arbeitswilligkeit  und  Arbeitsfahigkeit  des  aus  dem  Produktions- 
prozesses  herausgefallenen  "Klientels"  zu  sichern; 

-  die  Zeugungs-  und  Erziehungsbereitschaft  des  "Klientels"  zu  erhal- 
ten; 

-  die  Wirkungen  der  beschleunigten  Produktivkraftentwicklung  auf  den 
Arbeiter  zu  mi  Idem; 

-  sie  mit  den  unzureichenden  Lebensbedingungen  im  Wohnbereich  auszu- 
sbhnen; 

-  durch  Vorwegnahme  von  Burgerinitiativen,  Aktivierung  und  Partizi- 
pation  die  Loyal itat  der  Zielgruppen  gegenuber  dem  System  zu  si- 
chern; 

-  als  Fruhwarnsystem  (Sozialtechnokraten)  zu  funktionieren  und  durch 
ihre  Existenz  die  "Sozial "-staatlichkeit  zu  legitimieren. 

Der  Kampf  sozial istischer  Sozialarbeiter  richtet  sich  aber  genau 
gegen  diese  Funktionen.  Statt  Information  uber  die  "Klienten",  In- 
formation an  die  "Klienten".  Der  Kampf  fur  die  Verbesserung  der  Lage 
der  Arbeiter,  der  Kampf  gegen  weitere  Verelendung,  die  Reintegration 
bereits  deklassierter  Individuen  und  Gruppen  in  die  Arbeiterklasse, 
die  Mitarbeit  in  proletarischen  Hilfeorganisationen  (6)  erfordert 
die  enge  Kooperation  mit  vorhandenen  sozial istischen  Gruppen  und  die 
eigene  politische  Organisierung. 

Das  neue  Jugendhilferecht  andert  nichts  an  dem  prinzipiellen  Objekt- 
status  der  Jugendlichen  und  ihrer  Eltern,  der  Abbau  antiquierter     07 
Entscheidungshierarchien  ist  ebenso  wenig  zu  erwarten  wie  eine  we-    O/ 


sentliche  Verbesserung  der  finanziellen  und  personellen  Situation 
der  Jugendhilfe.  Es  ist  zu  erwarten,  daB  die  Veranstalter  des  5.Deut- 
schen  Jugendhilfetages  dies  den  erwarteten  "ca.  3  000  aus  der  Theo- 
rie  und  Praxis  kommenden  Teilnehmern"  ebenso  verschleiern  wollen 
wie  die  Tatsache,  daB  die  wesentl ichen  Entscheidungen  fur  ein  neues 
Jugendhilferecht  bereits  gefallen  sind.  Die  Verpflichtung  zur  Soli- 
da  ri  tat  mit  der  Arbeiterklasse  verpflichtet  deshalb  sozial istische 
Sozialarbeiter,  das  Forum  des  5.  DJHT  zu  benutzen,  den  systemsichern- 
den  Charakter  des  geplanten  Jugendhilfegesetzes  zu  entlarven  und  fur 
eine  Verstarkung  jener  Arbeits-  und  Organisationsansa'tze  einzutreten, 
die  grb'Bere  Mb'gl  ichkeiten  beruflicher  Praxis  im  Interesse  der  Arbei- 
ter  und  ihrer  Familien  bieten. 


(1)  Osterland  u.a.,  Materialien  zur  Lebens-  und  Arbeitssituation  der 
Industriearbeiter  in  der  BRD,  S.  85,  Frankfurt  1973 

(2)  dito,  S.  93  f. 

(3)  dito,  S.  44 

(4)  Boni  u.a.,  Materialien...,  in  Sozial istische  Politik  Nr.  14/15, 
S.  20,  Westberlin  1971 

(5)  Sozialbericht  der  Bundesregierung  1970,  These  23 

(6)  Paulsen,  Zum  Problem  der  Organisierung  von  Sozialarbeitern,  in 
Erziehung  und  Klassenkampf  Nr.  4,  S.  24  ff,  Frankfurt  1971. 


REIHE  BETRIEB  UND  GEWERKSCHAFTEN 

Spontane  Streiks  1973 

-  Krise  der  Gewerkschaftspol itik 


Die  Broschlire  informiert  umfassend  liber  Ursachen,  Verlauf  und 
die  wichtigsten  Probleme  der  spontanen  Streiks  flir  Teuerungszu- 
lagen  im  Jahre  1973.  Untersucht  werden  die  Skonomische  Entwick- 
lung  und  die  Krise  der  gewerkschaftl ichen  Vertretungspol itik, 
die  zu  dieser  Streikbewegung  geflihrt  haben.  Forderungen  und 
Kampfformen,  die  Rolle  der  Vertrauensleute  und  Betriebsrate,  das 
Verhalten  der  Gewerkschaf tsapparate,  die  Aktivitat  der  auslan- 
dischen  Arbeiter  und  die  Rolle  politischer  Gruppen  werden  ebenso 
analysiert  wie  die  Polizeieinsatze  wahrend  der  Streiks  und  die 
MaSregelungen,  denen  Streikende  im  AnschluG  an  die  Aktionen  aus- 
gesetzt  waren.  In  einzelnen  detaillierten  Berichten  werden  die 
wichtigsten  Streiks  dargestellt  und  kommentiert.  Die  Konsequen- 
zen  flir  die  sozialistische  Betriebs-  und  Gewerkschaf tsarbeit 
werden  auf  der  Grundlage  der  Erfahrungen,  die  in  den  Streiks  ge- 
macht  wurden,  erbrtert.  Eine  Dokumentation  von  mehr  als  2oo  be- 
kannt  gewordenen  Streiks  vervollstandigt  diese  Broschure.  Die 
Schrift  dient  der  Verarbeitung  der  Streikerfahrungen  des  vergan- 
genen  Jahres,  der  Diskussion  der  zutage  getretenen  Schwachen  und 
der  Ansatzpunkte  flir  die  weitere  sozialistische  Betriebs-  und 
Gewerkschaftsarbeit. 

16o  Seiten,  broschiert,  DM  6.-- 

Verlag  2ooo  GmbH,  5o5  Offenbach  4,  Postfach  591 


GUnter  Pabst,  Frankfurt: 

DIE  SOZIALISTISCHE  AKTION  AUF  DEM  JUGENDHILFETAG  1970 


Um  Ziele  und  Vorgehensweisen  flir  eine  Sozialistische  Aktion  zum  Ju- 
gendhilfetag  in  Hamburg  1974  bestimmen  zu  kbnnen,  sind  nicht  nur  die 
heutigen  gesellschaftl ichen  Verhaltnisse,  Stand  der  Klassenausein- 
andersetzungen,  Situation  der  Sozialarbeit,  BewuBtsein  (auch  Organi- 
sationsgrad)  der  Sozialarbeiter  und  Sozialpadagogen,  die  inhaltli- 
chen  Vorstellungen  der  AGJ  zu  berlicksichtigen,   sondern  es  ist  not- 
wendig,  Ziele  und  Organisation  der  Sozial  istischen  Aktion  Nlirnberg 
aufzuarbeiten  und  miteinzubeziehen. 


Ziele 

Als  Voraussetzung  einer  sinnvollen  Beteiligung  am  JHT  wurden  folgen- 
de  Bedingungen  formuliert: 

-  die  gesellschaftl ichen  Bedingungen,  die  heute  Jugendhilfe  bestim- 
men, mussen  ungehemmt  analysiert  werden, 

-  Ansatze  einer  systemkritischen  Berufspraxis  sind  zu  entwickeln, 

-  Wege,  um  die  von  der  Jugendhilfe  "Betroffenen"  an  alien  Entschei- 
dungen zu  beteiligen  und  ihre  Emanzipation  zu  ermbglichen,  sind 
aufzuzeigen, 

-  der  JHT  bietet  Geleqenheit,  sozialistische  Kritik  zu  ube"  'nd  die 
Kommunikation  unter  Sozialisten  im  Berufsfeld  Sozialarbeit  kann 
intensiviert  werden. 

Die  Sozialistische  Aktion  hatte  sich  zum  Ziel  gesetzt,  den  JHT  als 
Forum  zu  benutzen,  um  folgende  Gesichtspunkte  darzustellen: 

1.  den  Ausbeutungs-  und  Klassencharakter  der  westdeutschen  Gesell- 
schaft  im  Hinblick  auf  die  Lage  der  Arbeiterklasse  (insbes.  der 
Ki/Jgdl.) 

2.  die  gesellschaftl ichen  Bedingungen  und  die  bisherige  systemstabi- 
lisierende  Funktion  der  Jugendhilfe 

3.  die  Berufssituation  der  Sozialarbeiter  und  Wege  flir  eine  system- 
liberschreitende  politische  Praxis  in  und  auBerhalb  der  Institution, 
sowie  die  Notwendigkeit  der  Organisierung. 

Dazu  wurde  zur  Vorbereitung  der  Teilnehmer  Arbeits-  und  Diskussions- 
papiere  zusammengestellt: 

-  Zusammenhang  von  Sozial isation  und  Klassenkampf 

-  DeklassierungsprozeB  proletarischer  Kinder  und  Jugendlicher  und 
ihre  Disziplinierung  durch  das  Erziehungsheim 

-  Klassenspezifische  Sozialisation  im  Betrieb 

-  Lage  der  Arbeiterkinder  und  -.  jugendl ichen  im  Bildungssystem. 
Diese  Papiere  sollten  die  gemeinsame  theoretische  Grundlage  schaf- 
fen,  von  der  eine  gezielte  Analyse  und  Agitation  ausgehen  konnte. 


39 


Organisation 

Ausgangspunkt  fur  die  Grundung  einer  Sozialistischen  Aktion  zum  JHT 
war  die  Initiative  von  Genossen  aus  dera  Sozialistischen  Biiro,  die  am 
17.3.1970  verschiedene  Gruppen  und  Genossen,  die  im  Sozial isations- 
bereich  arbeiten,  zu  einem  1.  Vorbereitungstreffen  einluden.  Teil- 
genonmen  haben  Genossen  aus  Bochum,  Detmold,  Dlisseldorf,  Frankfurt, 
GSttingen,  Hamburg,  Steinkimmen,  Stuttgart  und  West-Berlin,  die  als 
'Sozial istische  Aktion'  die  Vorbereitungen  inhaltlich  und  organisa- 
torisch  getragen  haben. 

Wesentliche  Momente  der  iiberregionalen  Vorbereitung  waren  Aufrufe, 
Plakate,  Vorbereitungspapiere,  Protokolle  und  Artikel  in  der  Sozial- 
padagogischen  Korrespondenz  und  "Links",  sowie  die  Bildung  von  Dis- 
kussionskader  fur  die  einzelnen  Konfliktbereiche,  die  dazu  fuhrte, 
daB  eine  groBe  Anzahl  von  Genossen  aus  dem  Sozial isationsbereich 
teilrahmen. 

Vor  Beginn  des  offiziellen  Teils  wurden  auf  einem  Einleitungs-Teach- 

in  an  Hand  der  Papiere  folgende  Schwerpunkte  diskutiert: 

1.  Klassengesellschaft  und  Sozial isation  -  besondere  Frage:  Was  be- 

deutet  Deklassierung  im  Kapitalismus,  welche  Faktoren  produzieren 

sie?  Abhangigkeit  des  Sozialisationssektors  vom  Kapitalverwer- 

tungsprozess. 

Deklassierung,  Dissozial itat  am  Beispiel  Heimerziehung. 

Orgam'sationsansatze  im  Rahmen  der  Stadtteilarbeit  zur  revolutio- 

naren  Erziehungsperspektive 

Klassenspezifische  Sozial isation  in  Schule  und  Betrieb 

Frage  nach  der  Berufsorganisation  der  Sozialarbeiter 
und  die  taktischen  Schritte  iiber  ein  gemeinsames  Vorgehen  in  den  aus- 
gewahlten  Arbeitsgruppen  (Vorschulerziehung,  Heimerziehung,  Familie, 
Schule  und  Beruf)  besprochen. 


Fur  das  Vorgehen  in  organisierter  Form  haben  ferner  dazu  beigetragen: 


INFORMATIONSDIENST  DES  SOZIALISTISCHEN  LEHRERBUNDES 

FOLGENDE  INFO-AUSGABEN  SIND  NOCH  ERHALTLICH: 

Ausgabe  12  (Doppelnummer) :  In  dieser  Ausgabe  sind  die  wichtigsten 

Beitrage  aus  den  bisher  erschienenen  Infos  zusammengestellt. 

Ausgabe  13:  Schwerpunktthema  "Grundschule" 

Ausgabe  14:  Schwerpunktthema  "Gesamtschule" 

Ausgabe  15  (Doppelnummer):  Schwerpunktthema  "Berufsschule" 

Ausgabe  16  (Doppelnummer):  Schwerpunktthema  "Gewerkschaft 

Erziehung  und  Wissenschaft" 

Einfachnummer  DM  3.--,  Doppelnummer  DM  5.-- 

Bezug:  Verlag  2ooo  GmbH,  6o5  Offenbach  4,  Postfach  591 


Nl 


ein  eigenstandiges  Informations-  und  Organisationszentrum  (es  war 
wesentlich  flir  die  Aufnahme  von  Kontakten,  Quartierbeschaffung  und 
Informationsweitergabe) 

Tagungszentrum  (es  ermbglichte  ein  konzentriertes  und  stbrungsfrei- 
es  Arbeiten,  stellte  die  notwendige  Dffentl  ichkeit  flir  die  Vorberei- 
tungsdiskussionen  dar,  es  bildeten  sich  ad  hoc  Gruppen,  die  sich 
dann  flir  die  Arbeitsgruppen  am  nachsten  Tag  vorbereiteten,  damit 
war  die  Grundlage  geschaffen,  die  Isolierung  zwischen  den  getrennt 
anreisenden  Gruppen  aufzuheben  und  ein  Solidarita'tsbewuBtsein  zu 
entwickeln.  Das  Kommunikationszentrum  integrierte  nicht  nur  die 
Sozialarbeiter  und  Studenten,  die  sich  der  Sozialistischen  Aktion 
verbunden  flihlten,  sondern  wurde  auch  von  Sozialarbeitern  aufge- 
sucht,  die  nicht  an  der  Sozialistischen  Aktion  beteiligt  waren.) 


p0 s jtion  der  Sozialistischen  Aktion  am  Beispiel  des  Konfliktfeldes 
Heimerziehung 

Am  Beispiel  der  Heimerziehung  sollte  der  Beitrag  herkbmml icher  So- 
zialarbeit  und  ihrer  Institutionen  im  "Klassenkampf  von  oben"  darge- 
stellt,  ihre  traditionelle  Ideologie  zerstbrt  und  Perspektiven  einer 
sozialistischen  Sozialarbeit  aufgezeigt  werden. 

Nach  dem  AGJ-Einleitungsreferat  von  J.  Parstorfer,  Kb'ln,  uber  "Heim- 
erziehung in  der  Kritik",  das  zwar  bestimmte  MiBsta'nde  nannte,  libe- 
rals Verbesserungen  forderte,  aber  unpolitisch  blieb,  schloB  man  sich 
dem  Vorschlag  der  Sozialistischen  Aktion  an,  im  Plenum  unter  folgen- 
den  Problemstellungen  zu  diskutieren: 

-  Soziale  Herkunft  und  Zusammensetzung  der  in  Heimen  befindlichen 
Kinder/Jugendlichen 

_  Zusammenhang  von  Sozial isations-  und  Deklassierungsprozessen 

-  Funktion  der  Heime,  Heimstruktur 

-  Alternativen  zur  gegenwa'rtigen  Praxis. 

Fur  den  nachsten  Tag  waren  Praktiker-Berichte  vorgesehen,  denen  die 
Sozial istische  Aktion  einen  klassenanalytischen  Bezugsrahmen  voraus- 

"Deklassierungsprozesse,  die  zu  abweichenden  oder  dissozialem  Ver- 
halten  Jugendl icher  fiihren,  die  zum  uberwiegenden  Teil  aus  der  Ar- 
heiterklasse  stammen,  haben  ihren  Ursprung  in  den  kapitalistischen 
Produktionsverhaltnissen  unserer  Gesellschaft.  Sozialarbeit  stellte 

■ch   bisher  als  Erflil lungs- hi lfe  und  Disziplinierungsapparat  zur 
Aufrechterhaltung  und  Durchsetzung  der  herrschenden  Normen  und  deren 
Vprtretern  dar.  Will  sie  nicht  weiterhin  nur  an  Symptomen  kuneren 
und  die  augenfalligsten  "MiBsta'nde"  verschTeiern  helfen,  muB  Sie 
ihre  Arbeit  unter  antikapitalistische  Perspektiven  ste  len.  Sie  muB 
sich  selbst  organisieren  und  sich  organisatorisch  mit  denen  verbin- 
Aen     die  sich  dieselben  Ziele  gesetzt  haben. 

Andererseits  gibt  es  unter  den  gegebenen  gesellschaft! ichen  Bedin- 
aunqen  fUr  Jugendliche,  die  den  gesellschaftlichen  Zwang  und  die  mehr 
odS?  wenlger  verschleierte  Unterdruckung  in  der  Heimerziehung  ohne 
Mafke manifest  erfahren  haben,  keine  annehmbare  und  praktikable  Zu- 
Snftsperspektive,  die  nicht  die  Oberwindung  bestehender  Herrschafts- 
verhaltnisse  beinhaltet." 


41 


42 


Daraus  ergaben  sich  folgende  Fragen  an  die  Praxis  von  Heimerziehung: 

1.  Wird  an  die  Sozialisationserfahrungen  der  Arbeiterjugendlichen  an- 

gekniipft? 

2:   In  welchem  Verhaltnis  zueinander  stehen  therapeutische  und  politi- 

sche  Intentionen? 

3.  Welche  Art  von  (Re-)Integration  ist  intendiert:  bewusstlose  Anpas- 
sung  oder  klassenbewusste  Sol idaritat? 

4.  Wie  geht  die  Entwicklung  von  Solidaritat  mit  dem  klassenbewuBten 
Proletariat  in  die  Projekt-Konzeption  ein? 

5.  Tragt  das  Projekt  in  irgendeiner  Weise  zur  politischen  Organisa- 
tion auch  der  beteiligten  Sozialarbeiter  und  Erzieher  bei? 

Der  erste  Referent,  R.  Werner,  liber  das  Jugendheim  Abtshof  in  Hennef, 
erwies  sich  als  unfahig,  diese  Fragen  auch  nur  zu  verstehen,  geschwei- 
ge  denn  zu  beantworten.  Der  zweite,  W.  Ayass,  Liber  das  Jugendwohn- 
heim  Christophorus-Haus  in  Kalrsruhe,  zeigte  immerhin  ProblembewuBt- 
sein  und  einigen  guten  Willen,  auf  die  angesprochenen  Fragen  einzu- 
gehen.  Im  Bericht  Liber  die  Lehrlings-Kollektive  in  Frankfurt  versuch- 
ten  wir  diese  Fragen  politisch-padagogisch  zu  beantworten,  wenn  wir 
auch  vielleicht  der  Tendenz  zur  unpolitischen  Rezeption  eines  inter- 
essanten  pa'dagogischen  Versuchs  noch  nicht  entschieden  genug  entge- 
gengetreten  sind. 

Ein  Heimerzieher,  der  selbst  7  Jahre  in  einem  FLirsorge-Erziehungs- 
Heim  gewesen  war,  stellte  an  die  Versammlung  die  Frage,  warum  man 
iiber  den  Problemkreis  "Heimerziehung"  diskutiere,  ohne  daB  die  Betrof- 
fenen,  namlich  Heimzbgl inge,  eingeladen  worden  seien,  urn  uber  ihre 
Erfahrungen  zu  berichten.  Seine  Beitra'ge  scheinen  die  Mehrzahl  der 
Erzieher  ziemlich  zu  schockieren;  als  er  namlich  auf  Sexual i tat  zu  spre- 
chen  kam,  verlieBen  eirige  den  Saal,  darunter  mehrere  Nonnen. 
"Dort  wird  konsequent  die  Homosexual  i tat  gezlichtet.  Es  werden  Minder- 
wertigkeitsgefiihle  erzeugt,  das  GefLihl  der  vblligen  Ohnmacht  vermit- 
telt  und  der  Wille  gebrochen,  etwas  positiv  zu  verandern.  Versetzt 
euch  nur  einmal  in  unsere  Lage!  Erst  die  Repression  der  Eltern: 
Wenn  Du  nicht  parierst,  kommst  Du  ins  Heim!  Aber  welches  Heim  ist 
nach  dem  Prinzip  aufgebaut,  uns  zu  helfen,  damit  wir  uns  selbst  hel- 
fen  kbnnen?" 

Als  sich  die  Versammlung  bemussigte,  auf  die  Vorwurfe  einzugehen,  wur- 
de  aber  vielmehr  diskutiert,  ob  ein  Erzieher  dasselbe  Mittagessen  zu 
sich  nehmen  konne  wie  die  Heimzbgl inge.  Sie  schienen  ihre  eigenen 
Schlagwbrter  Uber  demokratisches  Verhalten  vergessen  zu  haben,  denn 
von  solchen  Ideen,  wie  die  Schaffung  eines  Heimrates,  in  dem  die  Zbg- 
linge  ihre  Interessen  vertreten  kbnnen,  hatte  man  noch  nichts  gehbrt. 
Insgesamt  hatte  man  den  Eindruck,  daB  es  unbequem  war,  auf  die  tag- 
ta'glichen  Probleme  der  Heimerziehung  einzugehen;  es  war  namlich  viel 
einfacher,  in  altbewa'hrter  Methode  progressive  Reden  zu  halten,  urn 
damit  der  Realitat  auszuweichen. 

In  derDebatte  urn  die  Praxisberichte  wurden  bereits  Forderungen  erho- 
ben,  die  unmittelbar  zur  Diskussion  und  Verabschiedung  einer  Resolu- 
tion u'berleiteten.  Zwei  Resolutionen  wurden  vorgelegt,  die  eine  so  un- 
spezifisch  und  abstrakt,  daB  sie  zu  jedem  beliebigen  Zeitpunkt  der 
letzten  150  Jahre  hatte  zusammengestellt  sein  kbnnen;  sie  konnte  kein 
ernsthafter  Diskussionsbeitrag  sein.  Die  zweite,  von  uns  eingebracht, 
versuchte  einen  allgemeinen  klassentheoretischen  Bezugsrahmen  mit 


einer  Reihe  von  konkreten  Forderungen  zu  verbinden.  Bevor  sie  aber 
n'chtig  diskutiert  werden  konnte,  verlieB  die  Reaktion  (ca.  400  Leu- 
te)  geschlossen  den  Raum;  die  ubrigen  (ca.  200)  Teilnehmer  diskutier- 
ten  dann  die  Resolution  auf  einer  politisch  angemessenen  Ebene,  wo- 
bei  sich  Linksliberale  (z.B.  Mollenhauer)  und  Linke  (die  Mehrheit) 
qegenliberstanden.  Nach  etwa  zweistundiger  Debatte  wurde  die  Resolu- 
tion von  der  beschriebenen  Restgruppe  mit  7  Gegenstimmen  angenommen. 

Forderungen  der  Sozial istischen  Aktion 

In  alien  Arbeitsgruppen  wurden  aus  der  Diskussion  heraus  allgemeine 
wie  auch  spezifische  Forderungen  zu  den  einzelnen  Arbeitsbereichen 
formuliert.  Die  wesentlichsten  Forderungen  wollen  wir  hier  noch  ein- 
mal wiedergeben. 

Allgemeine  in  alien  Arbeitskreisen  gestellte  Forderungen: 

Orientierung  der  pa'dagogischen  Arbeit  an  Sozialisationserfahrungen 
der  Kinder  iind  Jugendlichen  und  Vorbereitung  auf  solidarische  Wahr- 
nehmung  ihrer  klassenspezifischen  Interessen; 
Zusammenfassung  aller  pa'dagogischen  Berufe  im  Hochschulbereich; 

_  vierwbchiger  Bildungsurlaub; 

Mindestgehalt  von  DM  1  500  fur  alle  Sozialpadagogen  etc./  Prakti- 
kanten  DM  1  000.  —  . 

Forderungen  zum  Vorschulbereich: 

-  Einsetzen  eines  proletarischen  El ternbei rates  fur  jede  Kindertages- 

_  6  Stunden  Arbeitstag/6  Wochen  Urlaub; 
_  250.—  DM  Kindergeld; 

einjahrige  Freistellung  aller  Mutter  nach  der  Geburt  ihres  Kindes; 
Z   qleicher  Lohn  flir  Manner  und  Frauen; 

la'ngere,  bessere,  kostenlose  und  bezahlte  Aus-  und  Fortbildung, 

die  die  Probleme  der  .Erziehung  aller  Kinder  (insbesondere  der  Ar- 

beiterkinder)  in  den  Mittelpunkt  stellt; 
_  Entkonfessionalisierung;  ,„„.■.      P  .,  „**  , 

Ausbau  aller  Vorschuleinrichtungen/  bis  zu  10  Kinder  pro  Fachkraft  / 

kostenlose  Vorschulerziehung  fur  alle  Kinder. 

Forderungen  zur  Heimerziehung: 

npmokratisierung  der  Heimerziehung:  Aufhebung  der  hierarchischen 

"  Heimstruktur,  Selbstverwaltung,  Dffentlichkeit,  tarifgerechte 
Fntlohnung,  polytechnische  Erziehung  und  Berufsausbildung,  Ab- 
schaffung  sexueller  Repression,  Koedukation,  Aufhebung  des  Ghetto- 
rharakters  der  Heime;  , 

aitprnativen:  Einrichtung  von  Jugendwohnkollektiven,  anonyme  Ju- 

"  Sendberatungsstellen,  Einrichtung  von  Jugendhotels  als  voruberge- 
hpnde  Wohnmbglichkeit;  „..,.   UJ.\ 

PrUitives  Kinder-  und  Jugendrecht  Jugendkonfliktrecht). 

"  Aufenihaltsbestimmungsrecht,  freie  Berufswahl ,  Selbstbestimmung  - 
recht  in  alien  institutionellen  Zusammenhangen,  Aufhebung  der  Kup- 
Seleiparagraphen,  Anspruch  auf  Deckung  der  person! i chen.  Unterhalts- 
kosten,  Wohnungs-  und  Einrichtungskosten. 


43 


Forderungen  zu  "Schule  und  Betrieb": 

-  Beseitigung  des  "dualen"  Ausbildungssystems  (fur  ein  bffentliches 
Ausbildungssystem  unter  ausschl ieBl icher  Kontrolle  der  Lohnabhan- 
gigen; 

-  mindestens  DM  250.--  Ausbildungsvergiitung  flir  Schiiler; 

-  mindestens  DM  500.--  Ausbildungsvergiitung  fur  Lehrlinge; 

-  selbstgewahlte  Industriepraktika  fllr  alle  Schiiler  der  letzten  bei- 
den  Klassen; 

-  Schaffung  selbstandiger  Schulerkollektive  in  alien  Schulen; 

-  UnterstLitzung  aller  Ansatze  von  Selbstorganisation  von  Schlilern 
und  Lehrlingen  zur  Durchsetzung  ihrer  Interessen. 


44 


Probleme/Kritik 

1.  Die  Agitation  wurde  weitgehend  von  exponierten  Genossen  getragen, 
die  auch  bei  anderen  Gelegenheiten  in  der  Lage  sind,  von  einer  sozia- 
listischen  Position  aus  Stellung  zu  beziehen.  Gruppenzusammenhange 
waren  erst  in  Ansatzen  -  wenn  iiberhaupt  -  vorhanden,  die  "linken 
Massen"  waren  weitgehend  unfahig,  auf  ideologisch-reaktionare  Vor- 
stellungen  statt  mit  lautstarker  Emporung  mit  sezierender  Argumenta- 
tion und  Agitation  zu  antworten; 

2.  Kinder/Ougendliche  hatter  auf  dem  JHT  wenig  Gelegenheit,  sich  und 
ihre  Probleme  darzustellen; 

3.  In  den  meisten  AG  bestimmte  die  Sozialistische  Aktion  die  Diskus- 
sionen;  durch  ihre  Diskussionsbeitrage  konnte  sie  weitgehend  die  Ver- 
treter  liberaler  und  reaktionarer  Inhalte  aus  der  Reserve  locken, 
eine  Polarisierung  herbeiflihren  und  durch  konsequente  sozialistische 
Argumentation  ihre  Basis  verbreitern,  was  zu  Abstimmungserfolgen  bei 
der  Verabschiedung  von  Resolutionen  fiihrte.  D.h.  konsequente  sozia- 
listische Argumentation  bedeutet  nicht  eine  Isolierung.  Die  Frage 
bleibt  aber,  inwieweit  das  Vorgehen  der  Sozial istischen  Aktion  nicht 
nur  ein  Augenblickserfolg  war  und  welche  Relevanz  die  verabschiede- 
ten  Resolutionen  fur  die  weitere  Praxis  hatten. 

Die  individuelle  und  informelle  Diskussion  mit  Tagungsteilnehmern 
ha'tte  noch  intensiver  geflihrt  werden  miissen  -  die  emotional  en  Schran- 
ken  fur  viele  Teilnehmer  gegeniiber  dem  Auftreten  der  Sozial istischen 
Aktion  als  Block  waren  dadurch  eher  abzubauen  und  werden  es  dem  Geg- 
ner  erschweren,sich  ebenfalls  als  Block  zu  formieren; 

4.  Stellenweise  geriet  man  in  der  Diskussion  zu  sehr  in  eine  wissen- 
schaftlich-irformierende  Haltung,  die  zwar  einem  Informationsbediirf- 
nis  entsprach,  aber  auch  den  entpolitisierenden  Tendenzen  der  Diskus- 
sion Vorschub  leisteten; 

5.  Die  Taktik,  die  Erzieher  aus  ihrer  Praxis  sprechen  zu  lassen,  urn 
das  Material  dann  agitatorisch  zu  wenden,  beruhte  auf  einer  falschen 
Einscha'tzung;  die  Zeit  dazu  war  zu  kurz  und  gab  der  Reaktion  Gelegen- 
heit zu  schrankenloser  Rechtfertigung; 

5.  Ambivalenz  von  Sozialarbeitern  auf  linke  Argumentationen  -  ist 
ein  Reflex  der  ambivalenten  Situation  der  Sozialarbeiter  (permanente 
Konfrontation  mit  Widerspriichen  der  Klassengesellschaft,  aufstiegs- 
orientiert,  antiproletarisch-ideologisches  Selbstverstandnis)  und 
Reflex  ihrer  psychischen  Lage: 

das  labile  Gleichgewicht  zwischen  der  hohen  ethisch-idealistischen 
Selbstanforderung  und  der  resignativer  Einsicht  in  die  begrenzten 
Mbglichkeiten  wird  durch  politische  Angriffe  empfindlich  gestort,  so 
daB  oft  zwar  die  Richtigkeit  insgeheim  zugestanden  wird,  offiziell 


aber  aggressiv  abgewehrt  werden  muB; 

7.  Streckenweise  vorherrschender  Schlagwortcharakter  der  Diskussion; 

8.  Die  Erwartung,  daB  sich  aus  diesem  ersten  Ansatz  iiberregionaler 
Zusammenarbeit  von  Sozialarbeitern  im  Sozialisationsbereich,  eine 
weitergehende  politische  Zusammenarbeit  entwickelt,  die  iiberregiona- 
lenKontakte  ausgebaut  wlirden  und  die  Erfahrungen  von  NUrnberg  in 
den  Gruppen  aufgearbeitet  werden,  hat  sich  in  der  Form  nicht  erfiillt. 
Als  direktes  Ergebnis  des  Jugendhilfetages  ist  allein  die  Grundung 
der  Zeitschrift  "Erziehung  und  Klassenkampf"  zu  nennen.  Ziel  der  Zeit- 
schrift:  "einen  Beitrag  zu  leisten,  in  dem  sie  die  ideologischen  und 
politischen  Auseinandersetzungen  im  Bereich  von  Erziehung  und  Jugend 
strategisch  fundiert,  intensiviert,  ausweitet  und  organisatorisch 
wendet. 

Die  politische  Organisierung  der  Sozialarbeiter/Sozialpadagogen  war 
noch  nicht  so  weit  entwickelt,  daB  vom  Jugendhilfetag  aus  eine  regi- 
onal e  Organisierung  der  verstreuten  sozial istischen  Individuen  und 
Griippchen  wenigstens  ansatzweise  ha'tte  vorgenommen  werden  kbnnen. 
Allerdings  wurde  auch  auf  dem  Ougendhilfetag  versaumt,  die  Organisa- 
tionsansatze  zu  diskutieren  und  mit  den  regionalen  Gruppen  die  Aus- 
wertung  der  Sozialistischen  Aktion  zu  betreiben.  Erst  1971  wurde  an 
diesen  Ansatz  wieder  angeknu'pft.und  Gruppen  aus  Bochum,  Dusseldorf, 
Freiburg,  Frankfurt,  Bielefeld,  Mainz  und  Kdln  entschlossen  sich 
in  Verbindung  mit  dem  Sozialistischen  B'uro  zur  Zusammenarbeit  und 
Herausgabe  des  Informationsdienstes  Sozialarbeit. 


Organisatorische  SchluBfolgerungen  fur  eine  neue  Sozialistische 
Aktion:  Jugendhilfetag  1974 

1.  Einbeziehung  von  Jugendlichen  und  ihrer  Situation  -  zumindest  aus 
dem  Raum  Hamburg; 

2.  Fru'hzeitige  Vorbereitung  und  Schulung  in  den  regionalen  Gruppen 
unter  Einbeziehung  interessierter  Sozialarbeiter  an  Hand  der  Vor- 
bereitungspapiere  in  Verbindung  mit  den  konkreten  Praxiserfahrun- 
gen,  so  daB  die  sozialistische  Argumentationsfahigkeit  auf  eine 
breite  Basis  gestellt  und  eine  Massenmobil isierung  ermSglicht  wird. 
Bildung  von  iiberregionalen  Diskussions-  und  Vorbereitungsgruppen; 
genaue  taktische  Vorbereitung  unter  Berlicksichtigung  der  Nlirnber- 
ger  Erfahrungen; 

Schaffung  eines  Informations/Organisations-  und  Tagungszentrums 
unter  Einbeziehung  Hamburger  Gruppen  und  Genossen; 
breite  Information  in  alien  Dienststellen/Schulen  etc.  durch  Auf- 
rufe,  Plakate,  Papiere  (Zentral/regional)  etc. 


3. 

4. 


6. 


I  iteraturhinweise: 

Dokumentation  und  Auswertung  der  Sozialistischen  Aktion,  Offenbach 
1970,   Sozial padagogische  Korrespondenz  Nr.   9/10  u.   11. 
Erziehung  und  Klassenkampf  Nr.   1,  Dokumentation  zum  Jugendhilfetag 
(AK,   Neue  Erziehung,  Berlin),  Hornstein,  Kindheit  und  Jugend, 
juventa-Verlag. 


45 


&  Kritische 
*>  Tustiz 


Heft  4/73:  Schwerpunkt  Arbeitsrecht 

Thomas  Blanks 

Probleme  einer  Theorie  des  Arbeitsrechts 

Walther  Muller-Jentsch  /  Rainer  KoBler 

Spontane  Streike  In  der  BRD 

Ulrlch  Muckenberger 

Dockarbeiterstreik,  Streikrecht  und  die  Rolle  der  Arbelterorganlsation  in  England 

Thomas  Blanke  /  Rainer  Erd  /  Helde  Erd-Kuchler 

LIP-Legalitat  und  Klassenkampf 

Rainer  Erd 

Streik    und    Auasperrung.    Berlcht    von    der    wlaaenschaftlichen    Tagung    der 

IG-Metall  in  Munchen 

Kontroverae   urn  daa   sozialistieche   Patlenten-Kollektiv   (SPK)   zwischen   Peter 
Bruckner  und  Erich  Wulff 

Heft  1/74:  Schwerpunkte  Jugendrecht,  Krimlnologie,  Mietrecht, 
Sozialarbeit 

Gunnar  Hein8ohn  /  Rolf  Knleper 

Erzlehung»recht»reform  in  der  BRD 

Fritz  Barabaa  /  Chrlstoph  Sachae 

Funkllon  und  Grenzen  der  Reform  des  Jugendhllferechts 

Andreas  Treppenhauer 

Krlmlnalitat  und  Krimlnalisierung 

Chrlstoph  Kremer 

Vermieterjuttiz  und  Mieteratreik* 

AuBerdem:   Urteile   zum    Mieteratreik   und    zur   Kiindlgung  von   Sozialarbeltern 


..KritischeJustiz'' erscheintvierteljahrlicri. 

Abonnement:  Jahrlich  26,-  DM  zuziiglich 

Zustellgebiihr,  fur  Studenten  20,-  DM, 

Einzelheft  7,50  DM. 

Bestellung  an:  Bund-Verlag  GmbH,  Ver- 

trieb  „Kritische  Justiz",  5  Koln  21,  Post- 

fadi210140, 


E*A 

EuropaischeVeriagsanstalt 
Frankfurt  am  Main 


Redaktionskollektiv: 

ZUSAMMENFASSENDER  BERICHT  ZUR 

KONSTITUIERENDEN  TAGUNG  DER 

SOZIALISTISCHEN  AKTION  JUGENDHILFETAG  HAMBURG 


Zum  1-  Arbeitsseminar  des  Info-Sozialarbeit  flir  1974  -  Thema: 
"Jugendhilfetag  Hamburg"  -  waren  ca.  14  Gruppen  und  einzelne  Genossen  aus 
Westberlin,  Dusseldorf,  Bielefeld,  Frankfurt,  Bochum,  Hamburg,  Koln, 
NeuB,  Gbttingen  und  Wattenscheid  erschienen. 

Wahrend  der  Tagung  ging  es  im  wesentlichen  urn  eine  Klarung  der  Fra- 
ae,  welche  Artikulationsmbglichkeiten  sich  auf  dem  von  der  AGJ  ver- 
anstalteten  5.  DJHT.sozialistisch  orientierten  Gruppen  bieten  und 
welche  inhaltlichen  und  organisatorischen  Vorarbeiten  zu  leisten 
sind,  um  auf  dem  JHT,  zu  dem  immerhin  ca.  3  000  Teilnehmer  erwartet 
werden,  eine  reelle  Chance  zur  Vermittlung  sozial istischer  Positio- 
ner! zu  haben. 

Diskutiert  wurde  weitgehend  auf  dem  Hintergrund  der  Erfahrungen  des 
letzten  Jugendhilfetages  (Nurnberg  1970)  und  an  Hand  der  uns  vorlie- 
qenden  Unterlagen  der  AGJ  zur  inhaltlichen  und  organisatorischen 
DurchfUhrung  des  5.  DJHT  in  Hamburg. 

pie  Arbeitsgemeinschaft  Jugendhilfe  veranstaltet  mit  zwei jahriger 
Verspatung,als  Interessengemeinschaft  von  ca.  60  bundeszentralen 
Jugendhilfeorganisationen  (Landerjugendminister,  LJA,  Wohlfahrtsver- 
bande,  die  im  DBJR  organisierten  Jugendverbande,  Aktion  Jugendschutz 
etc.), den  5.  DJHT  unter  dem  Thema  "Jugend  und  Recht".  Seit  Februar 
1972  laufen  die  Vorbereitungen  der  AGJ  fur  den  Jugendhilfetag  in 
Hamburg.  Nach  ihrem  eigenen  Selbstverstandnis  will  "die  AGJ  einen 
KongreS  vorbereiten,  dessen  Inhalt  von  den  Teilnehmern  bestimmt  wird", 
"viele  (sollen)  die  Chance  zur  Mitgestaltung  und  Mitwirkung  nutzen". 
Mit  alien  Interessierten  will  sie  Liber  die  Planungen  diskutieren. 
DaB  aber  die  grundlegende  inhaltliche  und  organisatorische  Struktur 
schon  festgelegt  ist,  verschweigt  die  AGJ,bzw.  die  Information  der 
Kollegen  in  den  Dienststellen  und  Ausbildungsstatten  beschrankt  sich 
bisher  auf  wenige  allgemeine  Ankundigungen  (wir  zitieren  daher  die 
AGJ  so  ausflihrlich). 

nas  Thema  "Jugend  und  Recht"  wurde  vom  Vorstand  der  AGJ  gewahlt,  weil 
"eine  umfangreiche  Neukodifizierung  des  Jugendgesetzgebungsbereiches 
,Recnt  der  elterlichen  Sorge,  Adoptionsrecht,  Jugendhilferecht,  Be- 
rufliche  Bildung  etc.)  anstand".  Es  soil  keine  juristische  Fachtagung 
sein,  sondern  die  Teilnehmer  sollen  prlifen,  ob  die  verschiedenen 
Juqendrechtsgesetze  "den  heutigen  Bedlirfnissen  und  der  Stellung  der 
luqend  in  der  Gesellschaft  entsprechen,  Oder  ob  Anderungen  notwendig 
prscheinen".  Jedoch  soil  in  den  Arbeitsgruppen  darauf  geachtet  wer-_ 
Hpn  "daB  das  Jugendhilferecht  ausreichend  im  Blickpunkt  bleibt,  weil 
FYae'bnisse  des  DJHT  bei  der  Diskussion  um  das  neue  Jugendhilferecht 
von  den  Gesetzgebungskbrperschaften  erwartet  und  zeitlich  durchaus 
hpr'ucksichtigt  wlirden".  A~7 

Zielsetzung  des  Kongresses  ist  es  ."rechtspol itisch  relevante  Empfeh-   M-/ 


lungen  an  den  Gesetzgeber  zu  erarbeiten". 

Fur  uns  ist  aber  klar,  daB  damit  die  Interessen  der  Klienten  und  der 
Sozialarbeiter/Sozialpadagogen  auf  der  Spielwiese  Jugendhilfetag 
kanalisiert  werden  sollen,  wahrend  dessen  die  Entscheidungen  iiber 
den  Inhalt  des  Jugendhilferechts  schon  langst  gefallen  sind. 
Belegt  wird  dies  durch: 

-  Der  von  der  AGJ  fur  1973  geplante  Jugendhilfetag  wurde  auf  Inter- 
vention der  Bundesregierung  verschoben; 

-  Im  November  1973  hat  die  AGJ  bereits  eine  Expertentagung  mit  Spit- 
zenfunktionaren  der  ihr  angeschlossenen  Verbande  durchgefuhrt, 
aufgrund  deren  Ergebnisse  die  AGJ  ihre  eigene  Position  zum  Jugend- 
hilfegesetzentwurf  bestimmt  hat; 

-  Im  Ma'rz/April  wird  der  Referenten/Regierungsentwurf  vorgelegt  und 
wer  die  parlamentarischen  Gepflogenheiten  kennt,  weiB,  daB  wesent- 
liche  Anderungen  am  Gesetzesinhalt  nicht  mehr  mb'glich  sind; 

-  Eine  gemeinsame  AbschluBveranstaltung  und  damit  die  Mbglichkeit, 
gemeinsame  Interessen  und  Forderungen  zu  artikulieren  und  bffent- 
lichkeitswirksam  darzustellen,  ist  nicht  vorgesehen;  "die  Auswer- 
tung  des  JHT  bleibt  einer  Expertentagung  der  AGJ  im  Dezember  1974 
vorbehalten". 


48 


Weiterhin  gehen  wir  davon  aus,  daB  die  AGJ  als  Reaktion  auf  die  Pol i- 
tisierung  des  Jugendhilfetages  Niirnberg  liber  eine  weitgehende  inhalt- 
liche  und  organisatorische  Vorprogrammierung  sowie  die  Ausklammerung 
gro'Serer  Forumsdiskussionen  im  vornhinein  eine  grundsatzl iche  politi- 
sche  Auseinandersetzung  abblocken  will.  Auch  waren  wir  uns  daruber 
eim'g,  daB  die  hinter  der  AGJ  stehenden  etablierten  Verbande  und  Mi- 
nisterialblirokratien  den  Jugendhilfetag  offensichtlich  dazu  benutzen 
wollen,  ihren  ohne  Beteiligung  der  Betroffenen  ausgeku'ngelten  jugend- 
politischen  Gesetzesvorlagen  ein  plebiszitares  Votum  zu  verschaffen: 
Der  Jugendhilfetag  als  ein  Zustimnungs-  und  Legitimationsgremium, 
aber  nicht  als  Artikulationsmbglichkeit  der  sonst  vielbeschworenen 
Fachbasis. 

Aus  dieser  -  hier  kurz  skizzierten  -  Einschatzung  heraus  haben  wir 
uns  folgende  Aufgaben  gestellt: 

-  Den  . acheindemokratischen  Charakter  des  Jugendhilfetages  zu  ent- 
larven; 

-  Die  "fachlicher"  Fragestel lungen  der  AGJ  in  ihrem  politischen  Zu- 
sammenhang  zu  diskutieren; 

-  Den  Jugendhilfetag  zu  benutzten,  urn  sozialistische  Jugendpolitik 
darzustellen  und  den  OrganisationsprozeB  der  im  Sozialbereich  Ta- 
tigen  voranzutreiben; 

-  Auf  dem  Jugendhilfetag  den  aktuellen  Kampf  sozial istischer  Jugend- 
licher  in  Hamburg  zu  unterstu'tzen. 

In  einem  weiteren  Arbeitsschritt  wurden  die  von  der  AGJ  formul ierten 
Fragestellungen  zu  den  4  verschiedenen  Sozial isationsfeldern  konkret 
daraufhin  diskutiert,  inwieweit  sie  Ansa'tze  zur  Vermittlung  sozial i- 
stischer  Positionen  und  Perspektiven  bieten  bzw.  durch  neue  Frage- 
stellungen zu  ersetzen  sind. 

In  diesen  von  der  AGJ  vorgesehenen.auf  Sozial isationsfelder  konzen- 
triertenArbeitsgruppen  sollen  die  Teilnehmer  "das  Recht  unter  gesell- 
schaftspolitischen  relevanten  Aspekten,  namlich  unter  padagogisch- 


psychologischen,  soziologischen,  wirtschaftl  ichen  und  politischen 
Aspekten  untersuchen  und  zwar  daraufhin,  ob  es .  den  jungen  Menschen 
ausreichend  Leistungen  gewahrt,  ihn  schiitzt,  ob  die  Forderungen,  die 
es  an  ihn  stellt  angemessen  sind." 

Entsprechend  der  allgemeinen  Uberlegungen  haben  das  vom  AGJ-Vorstand 
beauftragte  Vorbereitungskomitee  und  4  Unterausschiisse  folgende  The- 
men  fur  die  Arbeitsgruppen  ausgearbeitet: 

"Sozial isationsfeld  "Familie" 

1)  Emanzipation  des  jungen  Menschen  in  der  Familie  und  ihre  stufen- 
weise  rechtliche  Verwirklichung 

2)  Elternrecht  -  Kindesrecht  -  Staatliches  Wachteramt 

3)  Anspruch  des  Kindes  auf  gleiche  Entwicklungschancen  in  der  Familie 

4)  Familienunterstlitzende  und  famil  ienerganzende  Hilfen  und  ihre 
rechtliche  Ausgestaltung 

5)  Die  rechtliche  Stellung  des  Minderjahrigen  in  familia'ren  Sonder- 
situationen  -  Verstarkung  der  Hilfsmbglichkeiten 

6)  Integrationshilfen  flir  Auslanderkinder 

7)  Die  rechtliche  Stellung  kbrperlich  und  geistig  behinderter  Kinder 

8)  Das  Kind  in  der  Pflegefamilie 

9)  Das  Kind  in  der  Adoptivfamil ie 

10)Erfordern  neue  Formen  menschl ichen  Zusamnenlebens  (z.B.  GroBfa- 
milien)  besondere  rechtliche  Regelungen? 

^nzialisationsfeld  "AuBerfamiliare  Erziehung  (Erziehungshilfen)" 

T)  Kindertagesstatten  als  eigenstandige  und  als  famil ienerganzende 
sozial padagogische  Hilfen 

2)  Ambulante  Beratung  und  Therapie  als  erzieherische  Hilfe 

3)  Besondere  Formen  der  Fbrderung  und  sozialpadagogischer  Hilfen  flir 
junge  Menschen  aus  sozialen  Brennpunkten 

4)  Das  Heim  als  therapeutisches  Milieu 

5)  Gewahrlei stung  von  schulischer  und  beruflicher  Ausbildung  im  Rah- 
men  von  Erziehungshilfen 

6)  Grundrechte  junger  Menschen  im  Heim 

7)  Wohngemeinschaften  als  Erziehungshilfe 

8)  Reaktion  auf  dissoziales  Verhalten:  Der  Erziehungskurs 

9)  Reaktion  auf  delinquentes  Verhalten:  Das  sozialtherapeutische 
Jugendzentrum 

10)Die  Funktion  der  freien  Trager  in  der  Erziehungshilfe 
n)Erfu'llung  der  Erziehungsbedu'rfnisse  Minderjahriger  durch  Zusam- 
menwirken  von  Jugendhilfe  und  Schule. 

Sn7ialisationsfeld  "Jugendarbeit  und  Freizeit" 

1)  Eigenstandigkeit  der  Jugendarbeit 

?[   Jugendarbeit  und  Verfassung 

3  Notwendigkeit  und  Absicherung  der  Vielfalt  von  Zielen,  Inhalten 

und  Methoden  in  der  Jugendarbeit 
a)   Die  rechtliche  Situation  des  Mitarbeiters  in  der  Jugendhilfe 
5)  Beteiligungsrechte  Jugendlicher 
6  Unabhangige  Jugendzentren 
7^  EinfluB  der  Medien  auf  die  Jugend 
8  Sexual straf recht  in  der  Jugendarbeit 


49 


9)  Beibehaltung  Oder  Abschaffung  tier  Jugendschutzgesetze? 
10)Freizeit  -  Mbglichkeiten  flir  die  Jugend 

Sozialisationsfeld  "Ausbildung  und  Beruf" 

1)  Sozial isationsergebnisse  von  Bildungsprozessen  und  privatwirt- 
schaftlicher  Verantwortung 

2)  Die  Oberwindung  der  Trennung  von  beruflicher  und  allgemeiner  Bil- 
dung 

3)  Die  Rolle  der  Schule  und  der  Beruf sberatung  bei  der  Vorbereitung 
der  Jugendlichen  auf  die  Arbeitswelt 

4)  Die  Ausbildungsfbrderung  und  die  Bediirfnisse  der  Jugend 

5)  Ausbau  der  Schutzrechte  flir  Jugendliche  im  ArbeitsprozeB  und  in 
beruflicher  Ausbildung 

6)  Mitverantwortung  und  Mitbestimmung  Jugendlicher  in  der  berufli- 
chen  Bildung" 

Nach  unserer  Einschatzung  zielen  die  vorgesehenen  Theraenbereiche  auf 
eine  "Verrechtlichung"  und  "Verfachlichung"  der  Diskussion  und  damit 
auf  die  Leugnung  materiel ler  und  politischer  Interessen  der  Trager- 
verbande  und  die  Verharmlosung  und  Neutral isierung  gesellschaftl icher 
widerspruche.  Die  Widerspriichlichkeit  der  Sozialarbeit  als  Versor- 
gungs-und  Disziplinierungsinstrument  staatl icher  Politik,  die  reale 
Verschlechterung  der  Lebensbedingungen  der  Arbeiterklasse  greift  die 
AGJ  ebensowenig  auf  wie  die  aktuellen  Kampfe  der  Arbeiterbewegung 
und  die  politischen  Konflikte  im  Sozialbereich. 

Wir  gehen  aus  von  der  diskutierten  Aufgabenstellung  der  Sozialisti- 
schen  Aktion  und  der  Einschatzung,  daB  die  bei  vielen  Sozialarbeitern/ 
Sozialpadagogen  vorherrschende  Meinung  -  ein  besseres  Jugendhilfe- 
recht  bringe  eine  bessere  Jugendhilfepraxis  -  aufgebrochen  werden 
ino'Bte  .  Daher  soil  nicht  das  neue  Jugendhilferecht  im  Hittelpunkt  der 
Diskussion  stehen,  sondern  die  derzeitige  Jugendhilfepraxis  mit  all 
ihren  Problemen,  Behinderungen  und  Disziplinierungen,  sowie  die  all- 
gemeine  Situation  der  Arbeiterjugendl ichen,  Fragen  des  Berufsverbots, 
politische  Justiz,  urn  nur  einige  Aspekte  zu  nennen. 
Auf  folgende  thematische  Schwerpunkte  bereitet  sich  die  Sozialisti- 
sche  Aktion  vor  und  wird  sie  in  die  Arbeitsgruppen  auf  dem  Jugend- 
hilfetag  einbringen: 

1 . )  Famil ie 


50 


Familie  als  Sozialisationsinstanz  in  der  kapitalistischen  Gesell- 
schaft; 

Zusammenhang  der  soziobkonomischen  Situation  der  Arbeiterfamilie 
und  den  Sozial isationsbedingungen  von  Arbeiterkindern  unter  beson- 
derer  Berlicksichtigung  der  Familie; 

Vergesellschaftsungstendenzen  im  Erziehungsbereich  (Vorschule  etc.) 
Eingriff  des  Staates  in  die  Erziehungsgewalt  der  Familie  -  Schutz 
und  Recht  der  Kinder  im  Hinblick  auf  die  Versorgung  und  ihre  Bediirf- 
nisse im  Zusammenhang  mit  der  Arbeitskraft-Qual ifizierung; 
Sozialtherapeutische  Funktion  der  Familie/Familie  als  Terrorzusam- 
menhang  (KindesmiBhandlung); 
Kleinfamilie  versus  Wohnkollektive  flir  Kinder  und  Jugendliche. 


2.)  AuBerfamiliare  Erziehung 

-  Zusammenhang  zwischen  der  allgemeinen  Lage  der  Arbeiterjugendl ichen 
und  der  Deklassierungsproblematik; 

-  FUrsorgeerziehung/Strafvollzug  als  Diszipl inierungsinstrumente  - 
Doppelcharakter  anderer  gesellschaftl icher  Erziehungshilfen  (Ver- 
sorgung/Qualifikation  -  Kontrolle/Disziplinierung); 

-  Verschleierung  der  Diszipl inarfunktion  von  ErziehungsmaBnahmen 
durch  sozial integrative  Methoden; 

-  Gewaltsame  Zerschlagung/Kriminalisierung  von  Selbstorganisationsan- 
satzen  durch  Polizei  und  Justiz; 

-  Professionelle  Alternativen  im  Interesse  der  Arbeiterjugendl ichen 
(keine  Trennung  zwischen  'dissozialen'  und  'normalen'  Arbeiterju- 
gendl ichen). 

3.)  AuBerschulische  Jugendarbeit  und  Freizeit 

-  Situation  der  Arbeiterjugendl ichen  im  Freizeitbereich; 

-  Rolle  des  Staates  und  der  Verbande  im  Bereich  der  Jugendpflege; 

-  Jugendinitiativen  als  Kritik  an  der  herrschenden  Jugendpflege  und 
damit  am  Staat; 

-  Politische  Perspektive  von  Sozialarbeitern/Verhaltnis  zu  selbstver- 
walteten  Jugendzentren; 

_  Dokumentation  der  politischen  Diszipl inierung  jugendlicher  Initia- 
tivgruppen  und  Jugendorganisationen. 

4.)  Ausbildung  und  Beruf 

-  Analyse  der  Lage  der  lohnabhangigen  Jugendlichen  im  Produktionsbe- 
reich  und  Reproduktionsbereich; 

-  Forderungen  an  ein  neues  Arbeitsschutz-  und  Berufsbildungsgesetz; 

-  Oberwindung  des  dualen  Systems  (Verstaatlichung  der  Berufsausbil- 
dung/Interesse  des  Kapitals  an  der  Berufsausbildung  -  Reformtenden- 
zen:  Durchsetzung  von  prozeBunabhangigen  Qual ifikationen). 

Der  organisatorische  Ablauf  ist  von  der  AGJ  unter  folgendem  Kommu- 
nikationsschema  geplant: 

I  Erbffnungsteil: 

8  September  nachmittags:  "Finer  redet  zu  alien" 
"Mbglichst  sachlich  und  ohne  groBes  Zeremoniell "  soil  der  Jugend- 
hilfetag  erbffnet  werden;  GruBworte  sollen  schriftlich  vorgelegt 
werden-  Frau  Focke  -  BMJFG  -  wird  nach  unseren  Informationen  das 
Eroffnungsreferat:  "Kind  -  Recht  -  Gesellschaft"  halten.  Eine  Diskus- 
sion ist  nicht  vorgesehen. 

TI  Informationsteil: 

g  September  9-12  Uhr:  "Weniae  diskutieren  st.fl  1  Yfirtretend 
Fntsprechend  der  4  Sozialisationsfelder  sind  4  getrennte  Podiumsdis- 
kussionen  von  maximal  2  Stunden  Dauer  geplant.  Pro  Sozialisations- 
feld wird  mit  ca.  500  -  800  Teilnehmern  gerechnet.  "Die  Podien  sollen 
mit  6  Personen  besetzt  sein:  1  General isator  (ein  Wissenschaftler  - 
r  tragt  in  einem  Statement  die  Fragestellungen  vor  und  ninmt  dann 
an  der  Diskussion  teil);  1  Vermittler  zwischen  Theorie  und  Praxis 
bzw  zwischen  den  verschiedenen  Interessen  stehend;  3  unterschiedli- 


51 


52 


chen  Interessen  zuzuordnende  Praktiker.  Geleitet  wird  das  Podium 
von  einem  sachyerstandigen  Mitarbeiter  der  bffentlichen  Medien. 
DieZunorer  sollen  sich  an  der  Diskussion  nicht  beteiligen;  auch 
Fragen  sind  mcht  zugelassen." 

Ill  Diskussionsteil: 

9.  September  14.30  -  17.30  Uhr: 

10. September     -  17.30  Uhr. 


"Alle  diskutieren" 


li*tj        J611  SOllen  ca-   40  ■  50  Einzelthemen  behandelt  werden.  Die 
tJll  I         ^uPPen  sollen  aus  nicht  mehr  als  hbchstens  50  Teilnehmern 
'      ?'     ?etreu*  ^rden  die  Gruppen  von  Sachverstandigen,  die  fUr 
die  Diskussionen  Arbeitspapiere  formuliert  haben." 

IV  Ergebnisteil: 

11.   September  9  -  12  Uhr:   "Wenige  diskutieren  stellvertretend'L 


&H»??«S?      5    rechtspolitisch  wichtigsten  Probleme  jedes  einzelnen 
l^lll        I lonsfeldes"  (getrennt  voneinander)  in  einem  Podium  disku- 
llt  ,JZ  «  den;,'S  dlesem  Podium  sind  vertreten:  Moderator,  Generalisa- 
*Z  "nd.Ve[;mlt"er  aus  dem  Informationsteil ,  sowie  3  Personen  aus 
dZ  Mnrili?  T    zelS-l  dl?  1n  einem  lusti9en  Oemokratiespielchen  (nach 
X£  £Lter  fcMeniitverwItung}  Sewahlt  werden:  "Jede  AG  wahlt 
d  e     r  ,?PTCher:   Innerhalb  eines  Sozialisationsfeldes  bilden 

wa-hit  h™? n|precher  J»«  Sprecherkonferenz.   Die  Sprecherkonferenz 
wahlt  drei   Personen  fur  das  Podium  aus   " 

gebffnet1werdenE"9ebniSteil   ka"n  3UCh  fUr  Fragen  aus  dem  Publ1kum 

di»StraH?tn?nn^wtUHP^n^P  des  ^gendhi  If  stages  erinnert  stark  an 
An  der  SnliT      teudalis^schen  Orientierungen  der  Sozialarbeit: 
schani^^i^Tn?     '  !  "  E  R  "  kraft  Fischer  Weisheit  (Herr- 
I  UN    fojgt  der  (wissenschaftliche)     K  L  E  R  U  S     und  spricht  stell" 
o'h     he i?i~  Ka«er  "I'll  T  durch  einen  Ver^i   t  er       e     elzt  werden. 
Ser     »  d        H?a     '   Dann  darf  das  'Baneine  Volk'   untereinan- 

schwktzl  wirrf     ut  T  ]  r-den-  Dam1t  dafaei  nicht  duim.es  Zeug  ge- 

| z ww  fiaasr&,sBa,5r,A  ,o° "°der,,or' 

sich  8  ^SnT^'wi^K^^^  aUS' 

AufganbenblreichenPtde°r9,;r  S"  i^o™«onsfbren  zu  bestl-te" 
Erfahrunqslus?ausch  IT"1  !e  an9eboten  werden,  die  (z.B.)  den 
lichen  "  dle  Selbstdarstellung  von  Projekten  ermbg- 

ln  diesem  Rahmen  soil  auch  ein  "Raum  zur  Verfugung  gestellt  werden, 


H  ^  M°9lichkeiten  bietet,  sowohl   Podiumsdiskuss^nen  durchzufUh-  __ 
58ft Ma]s  auch  Kontakt-  und  Inforraationsgesprache     in  kleinen  u 
SeWlnun9  des  Vorbereitungskomitees  zu  dieser  Moglichke " 
gej^torganisation  von  Interessen  und  Bedurfnissen  war  allerdings 

""  -LS"teht  die  Gefahr> daB  mn  Hiife  dieses  Forums  eine  Art  "Neben 

'    {««  llilnehm^dieses  DJHT  sollen  nicht  nur  Informations-  und  01^ 
^sionsmbglichkeiten  haben,  sondern  die  einnalige  Chance      g 
"«zen,  durch  konkrete  Vorschlage  auf  die  ?«etzgebung 

.    "eues  Ougendhilferecht  auf  breiter  Basis  einzuwirKen.  ^  ^ 

wenn  zahlreiche  spontane  Arbeitsgruppen  entstenen,  "  AuBer. 

!ahr  der  organisatorischen  Oberforderung  des  Ve«a 

-    auf  2Urfte  *s  an  ausreichendem  ^uml  chen  Angebot  fehlen        ^ 
lu1  den  Informationsforen:   kbnnten  sich  Mmderheiten 9    ^ 
^lieren  und  dadurch  aggressive  Auseinandersetzungen  verm 

jolcS'Foren  bdten  die  Mbglichkeit,  Themen,  dl**^^18"™ 
programn,  2U  kurz  gekommen  sind,  doch  noch  zu  behandem. 

fje  Art  und  Weise.wie  dieser  Jugendhilfetag  i^altlich  und  organisa- 
AGJ  H^n  "rukturiert  werden  soil,  machen  fur  uns  deutnc  , 
die  2]e  A«einandersetzung  im  J"gendhilfebereich  "^erdruc  ^ 

SoLK?nfl1kte  und  Disziplinierungen  sowohl   vonn^Sige  Aufsplitte- 

runa    arbeitern  nicht  5eh*"  wil1-   Dien-nahecinns    rker  ommt  zwar  dem 
CV/S  °"9endhilfetages  in  kleine  ^^^^"l^hringsaustausch 
sch"-fnis  vieler  Kollegen  nach  "berregionalem  Erfahrung  die 

Art?  nbar  entgegen,  erschwert  aber  in  der  vorgesehenen  hon      Durch_ 
^kulation  gemeinsamer  Interessen  und  tragt  dazu 
■-zung  zu  verhindern. 

wie  wir  auf  diese  Struktur  reagieren  ^^'diTpraxiskon- 
-=..cionen  in  die  Arbeitsgruppen  einbnngen^  ngchsten  Vorbe- 
thematisiert  werden  kbnnen  etc. ,  SOI  i  ■>      L _,__  „„m  pfi.   .  28.4. 


n-tlntent 


^■e  I, 


reit.      theraatisiert  werden  kbnnen  etc. ,  sou  °       .    rg  vom  26. 
^^ngstreffen  der  Sozial  istischen  Aktion  in  Hambu  g 
Die Vr°rtert  werden.  Tu     Qnhor(5iche  Ubernehmen  einzel- 

*l*  ">haltliche  Vorbereitung  der  4  Themenbereicne  Gruppen  auf. 

be^!S10na1e  Arbeitsgruppen.  Ferner  sind      « ^ l  dhilfetag  zu 

fWert,  weitere  Vorbereitungsgruppen  fUr  *fj»$d  Ausbildungsstat- 
KjdW  ^nd  die  Diskussionen  in  die  Dienststellen 

D,     nineinzutraqen.  .  mt  ein  Mberregionaler  Koor 

da?r9ani"toriLhe  Vorbereitung  uberni^teinbe^g^^^.^^. 

^tionsausschuB,  zu  dessen  Aufgaben  bis  zum 
'  VerBff9ehbren:  "     ^'1ali! 


.    i ,<;tischen  Aktion 
'"Wfintii chung  eines  "Aufrufes  ^r  Soziai  f      an  die 

fculierung  und  Verbffentlichung  eines    utre 

-  W  «         28  4  1974  in  Hamburg- 

Vo|-bereitung  der  Tagung  vom  26.   -  28.4.  ^  ^ 

S^ktadresse  fur  die  Sozialistische  Aktion:    Info  SOgZia  ar 

g es°2ial istischen  Buro,  605  Offenbach  4.  «      Effinger,  2  Hamburg 

£j  Kontaktadresse  fiir  Hamburg  lautet.  Heroe 

KePsoldstr.  49 


53 


H  I  N  W  E  I  S  E  : 

1.  Die  Vorbereitungsmaterialien  der  AGJ  fiir  den  Jugendhilfetag  sind 
anzufordern  bei:  AGJ  53  Bonn  1,  Haager  Weg  44 

2.  Wir  bitten  die  Gruppen  und  Genossen,  sich  fiir  das  Vorbereitungs- 
treffen  bis  spatestens  2o-  April  anzumelden,  damit  wir  uns  orga- 
nisatorisch  darauf  einstellen  konnen. 

3.  Folgende  Regional gruppen  "Jugendhilfetag  Hamburg"  haben  sich  bis- 
her  gebildet: 

Berlin:  c/o  AKS,   1  Berlin  41,  Wielandstr.   26 

Bielefeld:  c/o  KKS,  Friedhelm  Peters,  4801  Jbllerbeck,  Bielefel- 

der  Str.   23 

Diisseldorf:  c/o  AKS,  Gerd  Rieger,  4  Dusseldorf,  Oberkasselerstr.7 

Frankfurt:  c/o  AKS,  Elisabeth  Knb'pp,  6  Frankfurt,  Eppsteinerstr.26 

Gb'ttingen:  c/o  Db'rte  Uhlendorf,  34  Gottingen,  Ruhstrathbhe  7 

Hamburg:  c/o  Herbert  Effinger,  Hamburg  1,  Repsoldstr.  49 

Kassel:  c/o  Peter  Bauche,  3501  Fuldabru'ck  1,  Neue  Str.  3o 

Kbln:  c/o  Michael  Fest,  5  Kbln,  Siegburgerstr.  28o 

Mannheim/ 

Heidelberg:    c/o  H.-J.Kreutzer ,  59  Heidelberg,  Friedr.-Ebert- 
Anlage  47 

MUnchen/      c/o  Verband  Sozialarbeiter  in  Bayern,  8  Mu'nchen  8o, 
Bayern:       Burggrafenstr.  4 

Wir  bitten  alle  interessierten  Sozialarbeiter,  Sozialpadagogen  etc., 
sich  an  die  Kontaktadressen  zu  wenden  und  sich  an  den  Vorbereitungen 
zum  Jugendhilfetag  zu  beteiligen. 


PROBLEME 
DES  KLASSEN- 
KAMPFS      U/I2 


ca.  350  Seiten 


* 


9,00  DM 


Erhaltlich  in  den  Buchladen  oder  direkt  beim  Verlag: 
POLITLADEN  ERLANGEN  852  Erlangen   Postfach  2849 

AbonrMmanM  und  nur  dirakt  rain  Verlag  beitehbar.  Abo-Pren  Fur  6  Emfachhifte  (bzw. 
2  EmfaCrv  und  2Dopp«lhshil  HI  DM  27,00  inkluuue  Vmandkoilan  LuitpotiaQonne- 
mtnlt  Inui  j  utter  hilb  Mineleuropii)  DM  32,00.  Die  Lieferung  wnd  aufganommen,  »■ 
bald  der  AbD-Betr*g  barm  Verlafl  amrjiBansen  Hi.  Oabai  hi  arnunetwri,  ib  walcnem  Hat! 
die  Ztiwndunfl  BBwumchi  wird,  wobai  fruhenmogi-cher  Abo-Bagmn  da!  lutein  er*eh'«- 
nene  Hah  nt. 

BfUhiung  djrch  UWrwauung  an  Polnliden  GmbH.  B52  Errangan,  Konta  Nr.  3234-850 
PotttchMkirrH  NurnberB  <"»«'  Konto  Nr,  1190  Harlfeiwnkatw  Effellr.ch/Oberfrinken. 
Au»!«ndiub*rwenungen  bitte  nui   per  Poit,  da  B»nt<ub«,^*l«ungan  mil  Gebuhren  be  la  He  i 


R  abehl/  Spohn.'  Wolier 

Halbheiten  in  der  Uberwindung  des 
Leninismus,  Zur  Leninkritik  des 
Projekts  Klassenanalyse. 

N  !  K  adntike 

Kritik  der  Sozialfaschismus-Theorie 
n  ■  Olle 

Zur  Theorie  des  Staatskapitalismus. 
Probleme  von  Theorie  und  Geschichte 

BfuhrW  Wolftns/  Koehr 

Das  Geld  im  Imperialismus 

E  .   A  Iwaier 

Vorwort  zu  den  Aufsatzen  von  Massa- 
rat  und  Tahmassebi 

M     Mitiiui 

Energieknse  Oder  die  Krise  des  Kapita- 
lismus 

Zur  Situation  der  erdolexportierenden 
Lander  des  Nahen  Ostens 


SOZIALISTISCHE  AKTION  JUGENDHILFETAG 


Wakrend  der  konstituierenden  Sitzung  der  Sozialistisshen  Aktion  zum 
Jugendhilfetag  Hamburg  erreiehte  uns  der  folgende  Brief  des  AGJ- 
GesahaftsfUhrers  Dieter  Greese  mit  einem  10-seitigen  Artikel  zum 
5.    DJHT   "Die  AGJ  und  die  Not  der  Konzeption".   Aus  Platzgrunden 
sind  wir  nieht  in  der  Lage,   diesen  Artikel  abzudruoken,   nehmen  aller- 
dings  an,   dali  er  in  nachster  Zeit  in  einer  "geeigneten  Zeitsohrift" 
verOffentlicht  wird.    Auf  die  Integrationsversuche  der  AGJ,   ihre  organi- 
satorische  und  inhaltliche  Planung  des  Jugendhilfetages  haben  wir 
mit  einem   "Offenen  Brief"  an  die  AGJ  geantwortet.   Im  folgenden  werden 
der  Brief  des  AGJ-Gesahaftsfuhrers  und  der   "Offene  Brief"  an  die  AGJ 
abgedruskt: 


A  B 


S  C  H  R  I  F  T 


Dieter  Greese  in  Arbeitsgemeinschaft  fiir  Jugendhilfe 


An  das 

Sozialistische  Bu'ro 
605  Offenbach  4 
Postfach  591 

Betr.:   5.  Deutscher  Jugendhilfetag 


5300  Bonn  1 ,  Haager  Weg  44 
Telefon   (022  21)  28  15  20 
Sparkasse  Bonn  10.651.081 
17.1.1974  gr-ha 


Liebe  Genossen,  

wie  ich  aus  Veroffentlichungen  im  JW-Dienst  und  im  Verlagsprospekt 
des  "R0TEN  STERN"  gelesen  habe,  bereitet  Ihr  wieder  eine  sozialisti- 
sche Aktion  fiir  den  5.   Deutschen  Jugendhilfetag  vor.  Es  scheint  mir 
dabei  wichtig,  daB  Ihr  einige  Hintergrundinformationen  beriicksichtigt. 

Seit  1970  hat  sich  in  der  Geschaftss telle  der  AGJ  einiges  verandert. 
Mit  Hilfe  der  Gewerkschaftsjugend  bin  ich  Mitte  1973  mit  knapper 
Mehrheit  zum  Geschaftsfu'hrer  der  AGJ  gewahlt  worden.   In  der  Geschafts- 
stelle  der  AGJ  arbeitet  ein  junges  Team  mit  Referenten,  die  sich  nach 
Kra'ften  urn  fortschrittliche  Lbsungen  der  anstehenden  Probleme  bemuhen. 
Ich  selber  habe  den  Vorsitz  im  Vorbereitungskomitee  fiir  den  5.  Deut- 
schen Jugendhilfetag  noch  zu  einer  Zeit  gefuhrt,  als  ich  noch  Gewerk- 
schaftsjugendsekretar  in  Rheinland-Pfalz  war.  Mit  einigen  anderen 
Genossen  haben  wir  uns  bemiiht,  soweit  wie  mbglich  Konzeption,  Themen- 
stellung  und  personelle  Besetzung  des  Jugendhilfetages  zu  beeinflus- 
sen.  Wir  muBten  dabei  einerseits  Kompromisse  eingehen,  andererseits 
ist'es  uns  aber  an  vielen  Stellen  gelungen,  unsere  Vorstellungen 


55 


durchzusetzen.  Mi t  welcher  Intention  wir  an  der  Gestaltung  des  Ju- 
gendhilfetages  gearbeitet  haben,  geht  aus  dem  beiliegenden  Papier  her- 
vor,  das  ich  demnachst  als  Aufsatz  in  einer  geeigneten  Zeitschrift 
verdffentlichen  rabchte. 

Es  mag  sein,  daB  von  Euch  unsere  Arbeit  anders  bewertet  wird.  Mbgli- 
cherweise  sind  wir  auch  partiell   betriebsblind  geworden.   Uraso  wich- 
tiger  ware  es,  mbglichst  bald  in  einen  Dialog  einzutreten,  urn  zu  ver- 
meiden,  daB  Ihr  gegen  Pappkameraden  ka'mpft  und  die  Genossen,  die  im 
Rahmen  der  AGJ-Arbeit  mitverantwortlich  sind,  fur  den  5.    DJHT  vor 
den  Kopf  gestoBen  werden.   Darliber  hinaus  ist  es  derzeit  noch  mbglich, 
personelle  und  thematische  sowie  in  begrenztem  Umfang  auch  strukturel- 
le  Vorschlage  zu  berlicksichtigen.  Wir  bitten  Euch  deswegen  herzlich 
darura,  uns  in  die  Organisierung  der  Sozialistischen  Aktion  einzube- 
ziehen.   Wegen  der  drangenden  Zeit  bitten  wir  urn  Eure  baldige  Reaktion. 

Mit  freundlichen  GrliBen 
gez.    (Dieter  Greese) 


f.d.R.   Gu'nter  Pabst 


Offenbach,  15.   Ma'rz  74 


OFFENER  BRIEF 

DER  "SOZIALISTISCHEN  AKTION" 


Offenbach,  28.2.1974 


AN  DIE  "ARBEITSGEMEINSCHAFT  FOR  JUGENDHILFE  (AGJ)" 
ZUM  5.  DEUTSCHEN  JUGENDHILFETAG         


Die  AGO  hat  namens  ihres  Geschaftsflihrers  Dieter  Greese  am  17.1.1974 
an  die  mutmaBlichen  Initiatoren  einer  "Sozialistischen  Aktion"  auf 
dem  bevorstehenden  Hamburger  Jugendhilfetag  einen  Brief  gerichtet,  in 
dem  "herzlich"  darum  gebeten  wird,  die  AGJ  "in  die  Organisierung  der 
Sozialistischen  Aktion  einzubeziehen". 

Auf  einer  Versammlung  von  14  Sozialarbeitergruppen  aus  dem  Bundesge- 
biet  und  Westberlin  hat  sich  am  20.1.1974  in  Bielefeld  eine  "Sozia- 
listische  Aktionsgruppe"  fur  den  kommenden  Jugendhilfetag  konstitu- 
iert.  Die  Versammelten  haben  einen  AUFRUF  beschlossen,  der  in  den 
vergangenen  Wochen  in  verschiedenen  Publ ikationsorganen  verdffent- 
licht  wurde. 

Der  Brief  der  AGO  ist  auf  der  Bielefelder  Versammlung  diskutiert  und 
als  Versuch  bewertet  worden,  die  auf  dem  Jugendhilfetag  bffentlich 
zu  fiihrende  Auseinandersetzung  iiber  die  Situation  im  Bereich  der  Ju- 
gendhilfe  in  das  nicht-bffentliche  Vorbereitungsgremium  der  AGJ 
vorab  zu  verlagern  und  damit  auf  dem  Jugendhilfetag  selbst  zu  ver- 
hindern.  Die  weiteren  Vorbereitungstreffen  der  "Sozialistischen  Ak- 
tion" werden  im  Gegensatz  zu  den  Vorbereitungssitzungen  der  AGJ 
bffentlich  sein. 


56 


Die  "Sozial istische  Aktion"  sieht  hingegen  keinen  Sinn  darir,  mit 
der  AGJ  hinter  verschlossenen  Turen  darliber  zu  verhandeln,  ob  sie 


"personelle  und  thematische  sowie  in  begrenztem  Umfang  auch  struktu- 
relle  Vorschlage  zu  berlicksichtigen"  geneigt  sein  mag.  Veranstalter 
des  Jugendhilfetages  ist  die  AGJ,  nicht  die  "Sozialistische  Aktion", 
und  die  AGJ  wird  den  von  ihr  konzipierten  Jugendhilfetag  auch  selbst 
zu  verantworten  haben. 

Die  AGJ  hat  bis  heute  auBer  allgemeinen  Anklindigungen  keine  konkreten 
Angaben  liber  den  vorgesehenen  Ablauf  des  Jugendhilfetages  verbffent- 
licht.  Dies  macht  es  interessierten  Kollegen  im  Bereich  der  Jugend- 
hilfe,  die  nicht  in  dem  von  oberen  Behbrden-  und  Verbandsvertretern 
beherrschten  Vorbereitungskomitee  und  den  Vorbereitungsausschussen 
vertreten  sind,  unmbglich,  auf  die  Planting  des  Jugendhilfetages  Ein- 
fluS  zu  nehmen. 

Nach  aufmerksamem  Studium  der  uns  bisher  vorliegenden  internen  Vorla- 
gen  und  Protokolle  sind  wir  zu  dem  SchluB  gekommen,  daB  der  diesjah- 
rige  Jugendhilfetag  sich  in  der  Art  der  Fragestellungen  und  dem  vor- 
gesehenen Ablauf  nicht  wesentlich  von  dem  Nlirnberger  Jugendhilfetag 
1970  unterscheidet,  lediglich  auf  das  bisher  ubliche  Zeremoniell  von 
Regierungsansprachen  soil  verzichtet  werden,  und  flir  die  Diskussion 
werden  einige  methodische  Auflockerungen  anvisiert:  weniger  Referate, 
Einsatz  von  Medien  und  ahnliches. 

Die  vorgesehenen  Fragestellungen  hingegen  zielen  mehr  noch  als  dies 
in  Nu'rnberg  der  Fall  war  -wo  Konfliktsituationen  immerhin  ausdriick- 
lich  thematisiert  wurden  -  auf  eine  "Verrechtlichung"  und  "Verfachli- 
chung"  der  Diskussion  ab  und  damit  auf  die  Leugnung  materieller  und 
politischer  Interessen  und  die  Verharmlosung  und  Neutral isierung  ge- 
sellschaftl  icher  Widersprliche.  Beispielsweise  wird  auch  von  der  po- 
litischen  Disziplinierung  und  den  immer  zahlreicheren  politisch  moti- 
vierten  Entlassungen  und  Berufsverboten  im  Jugendhilfebereich  in  kei- 
ner  Weise  Notiz  genommen,  geschweige  denn  nach  ihren  gesellschaftli- 
chen  Ursachen  gefragt. 

Die  nahezu  vollstandige  Aufsplitterung  des  Jugendhilfetages  in  kleine 
Diskussionszirkel  kommt  zwar  dem  Bedlirfnis  vieler  Kollegen  nach 
Uberregionalem  Erfahrungsaustausch  scheinbar  entgegen,  erschwert  aber 
in  der  vorgesehenen  Form  die  Artikulation  gemeinsamer  Interessen  und 
tra'gt  dazu  bei,  ihre  Durchsetzung  zu  verhindern.  Stattdessen  sollen 
die  Teilnehmer  an  parlamentarische  Gremien  und  Gesetzgebungsprozedu- 
ren  fixiert  werden.  "Aufgabe  der  Diskussionsleiter  ist  es,  die  Dis- 
kussion in  den  Arbei tsgruppen  in  den  Grenzen  der  Thematik  (Jugend  und 
Recht)  zu  halten  und  auf  das  Ziel,  mbglichst  Vorschlage  fur  die  Recht- 
setzung  zu  erarbeiten,  zu  lenken."  (1.  Konzeption  der  AGJ  v. 14. 3. 73) 
Die  Arbeitsgruppen  sollen  "sich  geordnet  nach  Sozialisationsfeldern 
zusammenfinden  und  ihre  Ergebnisse,  Wunsche  und  Forderungen  an  den 
Gesetzgeber  vortragen."  (Vorlage  des  Vorbereitungskomitees  v. 28. 8. 73 
an  den  Vorstand  der  AGJ) 

Die  Teilnehmer  sollen  zwar  eintrachtig  und  in  kleinen  liberschaubaren 
Gruppen  miteinander  diskutieren  und  sich,  wenn  nbtig,  die  Kbpfe  heiB 
reden.  Aber:  "An  eine  gemeinsame  SchluBveranstal tung  aller  Arbeits- 
gruppen ist  nicht  gedacht."  (Vorlage  v.  28.8.73)  Und:  "Beschlusse 
werden  nicht  gefaBt."  (1.  Konzeption  v.  14.3.73). 

Aus  den  vorgesehenen  Fragestellungen  und  dem  geplanten  Ablauf  geht 


57 


hervor,  daB  auch  der  5.  Jugendhilfetag  der  scheindemokratischen  Le- 
gitimation der  Jugendpolitik  der  Regierungen  und  der  Verbandsfuhrun- 
gen  dient  und  zugleich  die  Loyalitat  der  "Fachbasis"  gegenuber  dem 
blirgerlichen  Staat  sicherstellen  soil.  Er  soil  die  Illusion  verbrei- 
ten  und  festigen  helfen,  die  Masse  der  rait  Kindern  und  Jugendlichen 
beruflich  befaBten  Sozialarbeiter  und  Sozialpadagogen  kbnne  mitreden 
und  raitentscheiden  bei  der  "hohen  Jugendpolitik". 

Aus  den  uns  vorliegenden  Unterlagen  konnten  wir  beim  besten  Willen 
nicht  entnehmen,  welche  "fortschrittlichen  Losungen  der  anstehenden 
Probleme"  der  "Genosse"  Geschaftsflihrer  Greese  im  Auge  hatte  und  die 
er  meint,  zusammen  rait  dem  ihm  verbundenen  "jungen  Team"  flir  den  kom- 
menden  Jugendhilfetag  "an  vielen  Stellen"  durchgesetzt  zu  haben.  Be- 
sonders  deutlich  wird  dies  am  Beispiel  der  Finanzierung  des  Jugendhil- 
fetages.  Obwohl  die  AGJ  schon  1970  aufgefordert  wurde,  die  Teilneh- 
mergebuhren  zu  streichen,  da  den  Teilnehmern  nicht  zugemutet  werden 
kann,  neben  Fahrt-  und  Unterkunftskosten  auch  die  Tagung  der  AGJ  zu 
finanzieren,  werden  wiederum  Teilnehmergeblihren  zurFinanzierung  des 
5.  DJHT  in  Hamburg  in  Hb'he  von  DM  30.--  erhoben. 

Die  Kosten  des  5.  DJHT  werden  auf  DM  250  000  geschatzt,  davon  tragt 
das  Bundesministerium  flir  Jugend,  Familie  und  Gesundheit  DM  160  000, 
die  Hansestadt  Hamburg  und  die  Teilnehmer  jeweils  DM  45  000.  Allein 
30  %   der  anfallenden  Kosten  sind  Reisekosten  fiir  Vorbereitungsgre- 
mien,  Referenten,  Arbeitskreisleiter,  Vorstand  und  Geschaftsstelle 
und  Honorare  flir  die  Referenten  und  die  Teilnehmer  der  Podiumsdiskus- 
sionen.  Es  ist  dabei  nicht  einzusehen,  daB  Sozialarbeiter,  Kinder- 
gartnerinnen,  Erzieher  etc.  mit  ihren  Teilnehmergebiihren  noch  die 
Honorare  und  Reisekosten  der  Verbandsfunktionare  bezahlen  sollen. 

Um  eine  mdglichst  breite  Teilnahme  am  Jugendhilfetag  und  die  effek- 
tive  Artikulation  der  Interessen  und  Vorstellungen  der  Teilnehmer 
zu  gewahrleisten,  richtet  die  "Sozial istische  Aktion"  an  die  AGJ 
folgende  Forderungen:  -UNVERZOGLICHE  INFORMATION  DER  UFFENTLICHKEIT, 
DER  K0LLEGEN  IN  DIENSTSTELLEN  UND  AUSBILDUNGSSTKTTEN  DURCH  DIE  V0R- 
BEREITUNGSPAPIERE.  DER  AGJ  EINSCHLIESSLICH  DER  VON  ANDEREN  GRUPPEN 
ERARBEITETEN  PAPIERE  -  VERZICHT  AUF  TEILNEHMERGEBOHREN  -  DISKUSSI0N 
AUF  DER  EROFFNUNGSVERANSTALTUNG  -  KEIN  EROFFNUNGSREDNER,  DER  P0LI  - 
TISCHE  DISZIPLINIERUNGEN  UND  BERUFSVERBOTE  GEGEN  FORTSCHRITTLICHE 
KOLLEGEN  MITZUVERANTWORTEN  HAT-  ERKLARUNG  DER  AGJ  GEGEN  DIE  BERUFS- 
VERBOTE, GEGEN  DIE  KRIMINALISIERUNG  VON  POLITISCHEN  AKTIVITBTEN 
JUGENDLICHER  UND  DIE  BRUTALE  BEHANDLUNG  VON  GEFANGENEN(INSBESONDERE 
DER  POLITISCHEN  GEFANGENEN)  IN  DER  BRD  -  STELLUNGNAHME  ALLER 
REFERENTEN  AUF  DEM  5. DJHT  ZU  DEN  BERUFSVERBOTEN  UND  POLITISCHEN 
DISZIPLINIERUNGEN  IM  SOZIALBEREICH  -  KOSTENLOSE  BEREITSTELLUNG  VON 
DRUCKMOGLICHKEITEN  FOR  ALLE  TEILNEHMER  UND  INITIATIVGRUPPEN  AUF  DEM 
JUGENDHILFETAG  -  BEREITSTELLUNG  VON  RfflJMEN  FOR  NICHT  IM  PROGRAMM 
VORGESEHENE  VERANSTALTUNGEN  VON  TEILNEHMERN  UND  INITIATIVGRUPPEN  AUF 
DEM  JUGENDHILFETAG  -  GEMEINSAME  ABSCHLUSSVERANSTALTUNG  ALLER  ARBEITS- 
GRUPPEN  MIT  DER  MOGLICHKEIT,  GEMEINSAME  INTERESSEN  UND  FORDERUNGEN 
ZU  ARTIKULIEREN. 


58 


Die  "Sozialistische  Aktion"  erwartet  von  der  AGJ,  daB  sie  umgehend 
zu  diesen  Forderungen  bffentlich  Stellung  nimmt. 

Sozialistische  Aktion  Jugendhilfetag 


REPRESSIVE  MASSNAHMEN 
IM  SOZIALBEREICH 


Fall    1:   RausschmiB  der  Dip! .-Politologin  I.  Wawrzyniak 


Am  5-   Marz  1974  entband  die  Stadt  Wuppertal  die  Jugendreferentin  flir 
politische  Bildung  des  Deutschen  Volkshochschulverbandes  Diplom- 
Politologin  Ingrid  Wawrzyniak,  die  an  der  Volkshochschule  Wuppertal 
ein  Jugendprogramm  entwickelt  hat,  von  alien  stadtischen  Diensten. 
Als  Griinde  flir  diese  "Trennung"  lieB  die  Stadt  durchsickern,  daB 
die  Einstellungsbedingungen  der  Stadt  Wuppertal  nicht  erflillt  seien. 
Es  wurden  Meldungen  uber  ein  pol izeiliches  Fuhrungszeugnis  laut,  das 
Vorstrafen  aufweisen  soil.  Angeblich  allein  aus  diesen  Grlinden,   'die 
in   ihrer  Person  liegen'   (Oberstadtdirektor  Krurasiek)  hat  die  Stadt 
Wuppertal   der  Jugendreferentin  gleichzeitig  ein  Hausverbot  fur  alle 
stadtischen  Dienstraume,  besonders  fur  das  Haus  der  Erwachsenenbil- 
dung,  erteilt. 

Was   steckt  wirklich  dahinter? 

Ingrid  Wawrzyniak  hat  ein  einwandfreies  pol izeiliches  Fuhrungszeugnis. 
Keine  Eintragungen  bestatigte  die  Registerbehbrde  der  zustandigen 
Staatsanwaltschaft  in  diesem  Fuhrungszeugnis. 

Am  2.   Marz  1974  fand  in  der  Volkshochschule  Wuppertal   im  Rahmen  des 
Jugendprogramms  eine  Diskussionsveranstaltung  zum  Thema   'Selbstver- 
waltetes Jugendzentrum'.  statt,  diese  Veranstaltung  war  Teil  des  Ju- 
gendprogramms von  Ingrid  Wawrzyniak  und  wurde  von  ihr  geleitet.   Einge- 
laden  waren  alle  Jugendorganisationen  Wuppertals,  von  den  kirchlichen 
Jugendverbanden  liber  die  Gewerkschaftsjugend  bis  zu  den  Jugendorga- 
nisationen der  Parteien.   Eingeladen  waren  besonders  die  Eltern  der 
jugendlichen  aus  der  'Initiative  fiir  ein  selbstverwaltetes  Jugend- 
zentrum'  selbst,  die  seit  rund  einem  Jahr  aus  150  -  200  Jugendlichen 
Wuppertals  besteht.   Denn  urn  ihre  Forderungen  -  Verfu'gungstellung  eines 
leerstehenden  Hauses  und  Finanzierung  der  laufenden  Kosten  flir  ein 
selbstverwaltetes  Jugendzentrum  -  ging  es  in  dieser  Diskussion. 


60 


sche  Drahtzieher  im  Hintergrund  andichten. 

In  der  Woche  vor  der  Veranstaltung,  die  am  2.3.74  stattfand,  wurde 
Ingrid  Wawrzyniak  wegen  dieser  Diskussionsveranstaltung  bereits  der 
RausschmiS  angedrcht.  ("Ihr  Kopf  liegt  auf  einem  silbernen  Tablett, 
ihr  Kopf  wackelt"  Oberstadtdirektor  Krumsiek).  Drei  Tage  nach  der 
Veranstaltung  wurde  die  Drohung  wahrgemacht,  ohne  daB  man  die  wahren 
Gru'nde  nennen  wollte.  Das  Wuppertaler  Tageblatt  'NRZ'  setzte  Lugen 
Liber  das  FLihrungszeugnis  in  die  Welt.  Damit  glaubte  man,  den  Fall 
erledigt  zu  haben.  Die  Stadt  empfahl  der  Jugendreferentin,  die  Tren- 
nung  'stillschweigend'  hinzunehmen,  d.h.  nichts  anderes  als  sich 
einem  politischen  WillkLirakt  ohne  Gegenwehr  zu  beugen. 

Im  gleichen  Atemzug  gent  man  daran,  'der  VHS  die  Flligel  zu  stutzen' 
(NRZ),  versucht  man,  ihr  einen  Maulkorb  umzubinden.  Die  Volkshoch- 
schule  hat  kiinftig  eine  Liste  von  Veranstaltungen,  die  hinsichtlich 
ihrer  Wirkung  problematisch  erscheinen,  der  Stadt  zurEntscheidung 
vorzulegen.  (NRZ) 

Diskutiert  werden  soil  offensichtlich  nur  das,  was  der  Stadt  gefallt. 
Wir  protestieren  aufs  scharfste  gegen  dieses  Vorgehen  der  Stadtver- 
waltung  Wuppertal  und  fordern  auf,  sich  dem  Protest  anzuschlieSen. 
Wir  betrachten  dieses  Vorgehen  der  Stadtverwaltung  als  einen  Angriff 
auf  die  Informations-  und  Meinungsfreiheit.  Soil  in  der  Stadt  Wupper- 
tal tatsachlich  der  Zustand  herrschen,  daB  diejenigen,  die  ein  von 
der  Stadtverwaltung  'unerwunschtes '  Thema  diskutieren  oder  eine  sol- 
che  Diskussion  ermbglichen,  keinen  Platz  in  der  Jugendarbeit  Wupper- 
tals  haben?  Soil  es  so  sein,  daB  Forderungen,  die  von  den  Jugendli- 
chen  selbst  kommen,  nicht  einmal  mehr  diskutiert  werden  dlirfen. 
Das  kdnnen  und  dlirfen  wir  nicht  zulassen. 

Wir  betrachten  dieses  Vorgehen  der  Stadtverwaltung  weiter  als  einen 
Einschlichterungsversuch  und  eine  Drohung  gegen  alle,  die  sich  ernst- 
haft  mit  kritischen  Themen  auseinandersetzen  wollen.  Wir  fordern  auf, 
sich  gegen  diesen  Angriff  auf  Informations-  und  Meinungsfreiheit  zu 
wehren. 

FOR  DIE  SOFORTIGE  WEITERBESCHRFTIGUNG  DER  JUGENDREFERENTIN 
INGRID  WAWRZYNIAK  IN  WUPPERTAL! 

GEGEN  DIE  EINSCHRANKUNG  DER  INFORMATIONS-  UND  MEINUNGSFREIHEIT! 

SCHICKT  BITTE  EURE  S0LIDARITA7SADRESSEN  an: 

-  Stadt  Wuppertal,  OSTDir.  Krumsiak  und  Kulturdezernent 
Dr. Dr.  Revermann,  56  Wuppertal  2,  Rathaus,  Telf.  531 

-  Asta  der  Gesamthochschule  Wuppertal  1,  Friedrich-Engels-Str.  89 

(Aus:  Flugblatt  des  Asta) 


Fall  2:  Berufsverbote  jetzt  auch  bei  der  Stadt  Munchen 


HANS-GEORG  FRIESER,  23  Jahre  und  Sozialarbeiter  arbeitete  uber  ein 
Jahr  als  Berufspraktikant  beim  Stadt jugendamt  in  einer  Mlinchner 
Obdachlosensiedlung.  Das  Studium  hat  er  mit  der  Gesamtnote  1  abge- 
schlossen,  und  auch  seine  Arbeit  wurde  von  den  Kollegen  und  den  Vor- 
gesetzten  als  ausgezeichnet  bestatigt. 

Im  Jul i  1973  bewarb  er  sich  urn  eine  feste  Anstellung  beim  Stadtju- 

qendamt.  Dann  horte  er  einige  Monate  nichts Man  wollte  inn 

offensichtlich  "aushungern".  Doch  seine  Arbeitskollegen,  die  in  eini- 
qen  Briefen  seine  sofortige  Einstellung  forderten,  beschlossen,  ihn 
bis  zu  einer  endgliltigen  Entscheidung  in  eigener  Regie  weiterzube- 
schaftigen  und  einen  Teil  des  ausfallenden  Lohnes  aus  eigener  Tasche 
zu  bezahlen. 

Qie  von  ihm  betreuten  Menschen  in  der  Obdachlosen-Siedlung  sammelten 
Unterschriften  fur  seine  Einstellung,  Dozenten  und  Studenten  der  FHS 
schlossen  sich  dieser  Forderung  an,  ebenso  viele  andere  Sozialarbei- 
ter. 

Am  26.  Oktober  1973  wurde  er  dann  zu  einer  "Einvernahme"  ins  Rathaus 
bestel'lt,  zusammen  mit  einem  Rechtsvertreter  der  QTV.  Dort  wurde  er 
befragt  Liber  seine  DKP-Mitgliedschaft,  iiber  sein  Verhaltnis  zu  den 
deutschen  La'ndern  -  kein  Ton  Uber  seine  Vorstellungen  zur  Arbeit 
pines  Sozialarbeiters. 

Dieses  Gesprach  als  auch  die  Nachforschungen  des  Verfassungsschutzes 
erbrachten  nichts  Nachteiliges,  dennoch  entschied  die  SPD-Stadtrats- 
fraktion,  auf  Betreiben  von  OB  Kronawitter,  mit  34  zu  7  Stimmen 
aeqen  die  Einstellung  von  H.G.  Frieser.  Am  11.  uezember  1974  fallte 
^er  personal ausschuS  di.e  endgultige  negative  Entscheidung:  Keine 
Einstellung! 

(Aus:  Knast  +  Randnotizen  Nr.  4/74) 


Fall  3;  Kinderhaus  brutal  von  Polizei  gera'umt  und  zerstbrt 


B^r"''-'tes  AbriSteam'mit  einer  von  Bezirksstadtrat  Schmidt  angeord- 
neten  ca.  3oo  Mann  starken  Polizeieinhei t  an.  Zu  dieser  Zeit  befanden 


61 


sich  etwa  3o  Kinder  und  Jugendliche  in  tier  Mittelbaracke.   Die  Polizei 
zerschlug  die  Fensterscheiben  und  stiirmte  die  Mittelbaracke,  bedrohte 
die  Kinder  nit  Gummiknlippeln  und  ging  brutal   gegen  die  weinenden  Kin- 
der vor.  Danach  wurde  auch  die  Inneneinrichtung  von  der  Polizei   zer- 
trummert  und  die  Jugendliclien  auf  die  StraBe  getrieben.  Die  StraBe  und 
Umgebung  wurde  von  Polizeieinheiten  hermetisch  abgeriegelt.   Dadurch 
war  der  Weg  fur  das  AbriBkommando  f rei .  Der  AbriB  fand  statt,  ohne 
daB  das  Bezirksamt  sich  dariiber  einig  ist,  was  auf  dem  Gelande  gebaut 
werden  soil . 

In  der  Abendschau  teilte  der  Blirgermeister  mit,  daB  der  gesamte  Nut- 
zungsvertrag  fitr  das  Jugendzentrum  geklindigt  ist;  datnit  steht  die  ge- 
samte Zerstbrung  des  Ougendzentrums  bevor, 

Nahere  Information:   Schbneberger  Jungarbeiter-  und  Schlilerzentrum  e.V., 
1  Berlin  62,   Belziger  Str.  4-6. 

Am  31.3.74  sollte  auch  die  "Putte"  geraumt  werden  (wir  berichteten 
dariiber  im  Info  5).  Urn  dies  zu  verhindern,  wurde  von  der  IG  Westber- 
liner  Jugendzentren  eine  Putte-Aktionswoche  veranstal tet,  die  mit 
einer  Demonstration,  an  der  sich  ca.  3ooo  Menschen  beteiligten,   ihren 
vorlaufigen  Hbhepunkt  fand. 


Fall   4:   Jugendliche  bei  Hausbesetzung  verhaftet 


62 


Die  Initiative  Selbstverwaltetes  Jugendzentrum  wurde  Anfang  Mai   1973 
in  Wuppertal  gegrlindet  (siehe  Bericht  "links"  Nr.  49/November  73).   Sie 
hat  sich  zum  Ziel  gesetzt,  gegen  den  wilier  der  Stadtverwaltung  ein 
selbstverwaltetes  Jugendzentrum  zu  erkampfen,  in  dem  die  Jugendlichen 
liber  ihre  Freizeit  ohne  Kontrolle  wirklich  selbst  bestimmen  kdnnen. 
Der  SPD-Stadtrat  und  die  ganze  Stadtverwaltung  standen        der  ISJ  von 
Anfang  an  feindlich  gegenliber.  Deshalb  waren  die  Jugendlichen  ge- 
zwungen,  zur  Selbsthilfe  zu  greifen: 

Am  15.9.73  besetzten  die  liber  loo  Jugendlichen  eine  leerstehende  Villa, 
urn  ihren  Forderungen  Nachdruck  zu  verleihen.  Wahrend  die  etwa  15o  Ju- 
gendlichen vor  dem  Haus  von  zwei  Hundertschaften  brutal  weggetrieben 
wurden,  drangen  andere  Polizisten  gewaltsam  in  das  besetzte  Haus  ein 
und  verhafteten  lo6  Jugendliche.  Diese  lo6  stehen  oder  standen  vor  Ge- 
richt.  Die  liber  18-jahrigen  werden  zu  Geldstrafen  zwischen  loo  und 
4oo  DM  verurteilt.  Die  Gesamtstrafe  betragt  etwa  2o.ooo. —  DM! 
Bei  einer  weiteren  (miBlungenen)  Hausbesetzung  am  16.2.74  nahm  die 
Polizei   9  Jugendliche  fest,  die  sich  als  "Radelsfuhrer"  it.  Pressebe- 
richt  zu  verantworten  haben  wegen:   Kbrperverletzung ,  Hausfriedensbruch , 
Beleidigung,  versuchte  Gefangenenbefreiung,  Widerstand  und  VerstoB 
gegen  das  Versammlungsgesetz.   Es  ist  zu  erwarten,  daB  die  Strafen  flir 
diese  9  wesentlich  hbher  liegen  werden! 

Genossinnen  und  Genossen,  die  Lehrlinge  sind  nicht  in  der  Lage,  von 
ihrer  geringen  Lehrlingsbeihilfe  die  Geldstrafen  selbst  zu  bezahlen, 
sie  benbtigen  eure  finanzielle  Unterstlitzung. 

Geldspenden  an:   Initiative  Selbstverwaltetes  Jugendzentrum,  Wuppertal, 
Girokonto-Nr.   9316787  Stadtsparkasse  Wuppertal ,  Stichwort  "Prozesse". 


Fall    5:   Jugendwohnheim  MarthastraBe/NUrnberg  von  SchlieBung  bedroht 

Das  Heim  dient  Lehrlingen,  Jungarbei tern  und  Schlilern  als  notwendige 
Wohnmogl ichkeit,  da  viele  von  ihnen  von  auswarts  sind  oder  nicht  bei 
ihren  Eltern  wohnen  kbnnen  oder  wollen.  Weiterhin  dient  es  ihnen  als 
Freizeitstatte  und  gibt  ihnen  die  Mogl ichkeit,  ihre  Erfahrungen  und 
Probleme  aus  Betrieb  und  Schule  gemeinsam  zu  diskutieren  und  MaBnah- 
men  gegen  die  verscharfte  Ausbeutung  im  Betrieb,  die  Verschlechterung 
ihrer  Ausbildung  und  die  Situation  in  der  Schule  zu  ergreifen. 
Solche  politischen  Diskussionen  kbnnen  aber  nur  geflihrt    werden,  wenn 
die  Jugendlichen  das  Heim  selbstverwalten:  das  heiBt,  ohne  Aufsicht 
von  der  Stadt  bezahlten  und  ihr  "verantwortl ichen"  Heimleiter,  die 
diese  politischen  Veranstal tungen  und  Diskussionen  oft  genug  verhin- 
derten. 

Der  bisherige  Trager  der  "Verein  zur  Schaffung  und  Fbrderung  von  Ju- 
qendheimen"  hat  Konkurs  gemacht,  die  Stadt  libernimmt  dieses  Heim  und 
will   es  anderen  Zwecken  zufuhren.   Der  bisherige  Heimleiter  (Dipl.- 
Soz.),   der  wesentlich  die  Interessen  der  Jugendlichen  nach  Selbstver- 
waltung  unterstlitzt  und  gefbrdert  hat,  soil   entlassen  werden.   Hinter- 
qrund  flir  die  SchlieBung  ist  dabei,  die  von  den  Jugendlichen  entwickel 
te  Selbstverwaltung.   Diese  zu  sichern  ist  wesentliches  Ziel   der  Lehr- 
linge, Jungarbeiter  und  Schliler  aus  Nordbayern  und  Niirnberg. 
Sie  fordern  daher  von  der  Stadtverwaltung: 

1.   Weiterbetrieb  des  Heimes  -  ohne  personelle  Veranderungen. 

?'    Mietvertrag  zwischen  der  Stadt  und  dem  "Verein  Alternative  Niirn- 
berg e.V.".   Der  Verein,  dem  Uber  3o  der  betroffenen  Jugendlichen 
und  Erwachsene  angehbren,  libernimmt  die  wirtschaftliche  und  pa'da- 
gogische  Weiterfuhrung  des  Heimes. 

Finanzierung  der  notwendigen  Umbau-  und  Renovierungsarbeiten. 
Zinsloses  oder  zinsbeglinstigts  Darlehen  flir  die  Fortsetzung  des 
Wohnheimbetriebes.    . 

5.   Regelma'Biger  ZuschuB  flir  die  Freizeiteinrichtungen. 

Unterstlitzt  die  Forderungen  der  Jugendlichen  durch  Solidaritatsadres- 
sen  an  die  Stadt  Nurnberg,  OB  Urschlechter,  85  Nurnberg,  Hauptmarkt. 
Weiter  Informationen  kbnnen  beim  AStA  Uni   Erlangen-NUrnberg,  852  Er- 
langen,  Hindenburgstr.   2  angefordert  werden. 

fpys:  Materialien  der  Jugendheiminitiativen) 


3. 
4. 


SOZIALISTISCHES  BORO  +  VERLAG  2000  GMBH 
ALLE  LIEFERBAREN  TITEL:  FRfiHJAHR  1974 

Ansatzpunkte  sozialistischer  Politik  in  der  BRD  -  Thesen  der 

Arbeitsgruppe  Sozial istisches  Biiro,  DM  2.-- 
Kofler/Buro:  Vom  Handelskapitalismus  zum  Neo-Imperialismus  der 

Gegenwart.  Eine  Einfuhrung  in  die  Entwicklung  der  biirgerlichen 

Gesellschaft,  DM  5.-- 
Conert:  Die  politischen  Grundrichtungen  innerhalb  der  deutschen 

Sozialdemokratie  vor  dem  ersten  Weltkrieg,  DM  5. — 
Schafer:  Die  Kommum'stische  Internationale  undtfsr  Faschismus,  DM  8.-- 
Evers/Lehmann:  Politisch-Okonomisclie  Determinanten  fur  Planung  und 

Politik  in  den  Kommunen  der  BRD,  DM  10.-- 
Autorenkollektiv  Assistentenpool :  Bedingungen  und  Perspektiven  der 

Stadtteilarbeit,  DM  4.-- 
Van  Spall:  Obersicht  deutschsprachiger  Periodika  der  unabhangigen 

sozialistischen  Linken,  DM  2.50 

REIHE  BETRIEB  UND  GEWERKSCHAFTEN 

Redaktionskollektiv  "express":  Spontane  Streiks  1973  -  Krise  der 

Gewerkschaftspol  itik,  DM6.-- 
Politisches  Ende  der  EVA?  Dokumentation  zum  Medienverstandnis  der 

Gewerkschaften,  DM  3.— 
Conert:  Gewerkschaften  heute  -  Ordnungsfaktor  Oder  Gegenmacht?  DM  3.3o 
Kosack/Castles:  Auslandische  Arbeiter  und  Klassenkampf ,  DM  4.— 
Redaktionskollektiv  "express":  Gewerkschaftliche  Vertrauensleute 

fur  eine  antikapitalistische  Betriebsstrategie,  DM  2.5o 
Betriebsratswahl  Merck  1972.  Eine  Dokumentation,  DM  4.— 

REIHE  INTERNATIONALE  SOLIDARITAT 

Dokumente  zur  Entwicklung  in  Chile,  DM  5.— 

Wenzel/Krippendorff/Agnoli:  Klassenkampfe  und  Repression  in  Italien. 

Am  Beispiel  Valpreda,  DM  5.-- 
Brasi lien-Report,  DM  2.5o 

Industrial isierung,  Freffldkapital  und  Zwangsarbeit  in  Siidafrika,  DM  4.— 
Portugal  und  die  NATO,  DM  4.— 

REIHE  ROTER  PAUKER 

Unterrichtseinheit  (UE)  Arbeit,  DM  4.— 

UE  Verhaltenssteuerung  -  Abweichendes  Verhalten,  DM  4.— 

UE  Lehrlingsausbildung  in  der  BRD,  DM  3.5o 

UE  Lateinamerika,  DM  4.— 

Disziplinierung  von  Lehrern.  Materialien,  Analysen,  Hinweise  zum 

Berufsverbot,  DM  4.— 
Materialien  zur  Arbeitsfeldanalyse  des  Lehrerberufs,  DM  4.— 
Materialien  zur  Geschichte  der  politischen  Lehrerbewegung  I 

(1789  -  1933),  DM  2.5o  " 

Materialien  zur  Schulbuchproduktion.  Analyse,  Tendenzen,  Alterna- 

tiven,  DM  4.— 
UE:  Bundeswehr  und  Riistung  in  der  BRD,  DM  5.— 
PLAKAT-BAUERNVERLAG 

Alavi:  Theorie  der  Bauernrevolution,  DM  4.-- 

Rechtziegler:  Westdeutsxhe  Landwirtschaft  im  Spatkapital  ismus,  DM  5.— 
Bauer  was  nun?  Beitrage  zur  Agrarfrage  in  der  BRD,  DM  4.— 
Kemper:  Marxismus  und  Landwirtschaft,  DM  5.— 
Bergmann:  Agrarpolitik  und  Agrarwirtschaft  sozialistischer  Lander, 

DM  lo.— 

Verlag  2ooo  GmbH,  6o5  Offenbach  4,  Postfach  591 


NACHRICHTEN/TERMINE 


1.  LUneburg:  Brutale  Obergriffe  der  Polizei  gegen  Ougendliche 

In  der  Nacht  vom  9.  auf  10.  Februar  1974  wurden  20  Jungen  und  Madchen 
-  nachdem  sie  vorher  wegen  Auseinandersetzungen  in  einer  Gaststatte 
in  Wiesen/Luhe  von  der  Polizei  festgenommen  und  erkennungsdienstlich 
behandelt  und  dann  wieder  freigelassen  wurden  -  im  Hauptbahnhof  Lune- 
burg  von  10  Polizeibeamten  mit  Schlagstock  und  Maschinenpistole  em- 
pfangen.  Die  Jugendlichen,  die  sich  nicht  einer  erneuten  Personalien- 
feststellung  unterziehen  wollten,  wurden  mit  Schlagstocken  und  dem 
Knauf  der  Maschinenpistole  geschlagen  und  durch  die  Stadt  gejagt; 
der  Abtransport  eines  verletzten  Jugendlichen  durch  einen  DRK-Kran- 
kenwagen  wurde  von  der  Polizei  verhindert. 
Die  Arbeitsgemeinschaft  sozialpadagogische  SondermaBnahmen  LUneburg 
hat  gegen  diese  Art  der  Behandlung  beim  Nieders.  Innenministerium 
Dienstaufsichtsbeschwerde  unter  Bezugnahme  des  Art.  19  Abs.  4  GG 
eingelegt  und  gleichzeitig  Presse  und  Jugendhilfeinstitutionen  (u.a. 

auch  die  AGJ)  unterrichtet.  ,„,..,     c  1+ 

Nahere  Informationen:  ASSL  c/o  Hans  v.  Hagen,  314  Luneburg,  Soltau- 

erstr.  5 

(Aus:  Dienstaufsichtsbeschwerde  des  ASSL) 

2^_  Butzbach:  Ein  Gefangener  im  Kafig 

Der  aus  "Sicherheitsgrunden"  nach  der  Bruchsaler  Revolte  zuerst  in 
die  Vollzugsanstalt  Stamnheim  und  erst  vor  drei  Wochen  in  die  JVA 
Butzbach  verlegte  Gefangene  Siegfried  Knutz  1st  im  Gefangms  Butzbach 
in  einem  Kafig  eingeschlossen.  Die  Zelle,  in  der  er  sich  aufhalten 
muB  1st  von  Fenster  und  TLir  durch  Gitterwande  abgetrennt.  In  einem 
Brief  an  uns  schrieb  K.  am  3.2.:  "Untergebracht  bin  ich  in  einer 
kafigartigen  Zelle.  Gehst  du  in  den  Zoo  und  dort  zu  den  Raubtierkafi- 
aen  dann  hast  Du  eine  ungefShre  Vorstellung.  Die  JVA  Stammheim  hat 
mir'offenbar  eine  warme  Empfehlung  mitgegeben.  Kann  nichts  schreiben. 
Die  achten  auf  jedes  Wort.  Wenn  es  ihnen  nicht  passt,  wird  bescniag- 
nahmt.  Die  Beschwerde  kannst  du  dir  schenken.  Recht?  Das  Bind  die  in 
iuristisch  verbindliche  Normen  gegossenen  wirtschaftlichen  Interessen 
der  herrschen  Klasse.  Und  wir?  Wenn  wir  uns  zur  Wehr  setzen,  dann  wird 
kriminalisiert  -  hier  und  drauBen.  Wobei  es  hier  nur  noch  scnlimmer 
1st  denn  als  Gefangener  bist  du  rechtlos.  Jede  andere  Gruppe  hat  ir- 
qendeine  Vertretung,  irgendeinen  EinfluB  -  durch  Bestechung  oder  wie 
sonst,  was  haben  wir?  Nichts.Die  Gesetze  werden  uber  unseren  Kopfen 
yprfliat  -  in  Erwagung  unserer  Schwache." 

Der  Rechtsanwalt  von  Knutz  hat  gegen  die  Anstaltsleitung  Strafanzeige 
erstattet.  Protestbriefe  sind  zu  richten  an:  Staatsanwaltschaft  Frank-  RC- 
furtt  GerichtsstraBe,  und  an  die  Anstaltsleitung  der  JVA  Butzbach,    DD 


Postlei tzahl  6308,  Kleebergstr.  23.  Spender  fur  Knutz  werden  auf  dem 
Postscheckkonto  Frankfurt,  Bezeichnung  GR,  Nr.  537298-602  entgegen- 
genommen. 


(Aus:  Informationsdienst  Nr.  25 


v.  4.3.741 


56 


3.  Waiblingen:   Demonstration  urn  Jugendhaus 

In  Waiblingen  (Wu'rtt.)   fand  am  1.3.   eine  Demonstration  statt.   Etwa 
300  Schuler  und  Lehrlinge  wehrten  sich  mit  dem  Verein  Jugendzentrum 
gegen  die  Kurzung  ihres  zugesprochenen  Geldes  von  DM  160  000  auf 
DM  110  000.   Nach  einer  Kundgebung  am  Rathaus  fand  1m  DGB-Haus  ein 
teach-in  statt. 
Informationen:  Verein  Jugendzentrum,  705  Waiblingen 

4.  Nordrhein-Westfalen:   Progressiver  Eltern-  und  Erzieherverband  ge- 

grlindet 

"Fur  Sozialisten  ist  es  wichtig  mit  Familien  -  besonders  mit  Arbei- 
terfamilien  -  politisch  zu  arbeiten.  Wir  kbnnen  es  nicht  zulassen, 
daB  sich  biirgerliche,  konservative  bis  reaktionare  Kra'fte  und  Insti- 
tutionen  allein  in  vielfaltiger  Form  urn  die  Familien  bemlihen." 
Der  in  NRW  mit  Unterstlitzung  der  'SJD  Die  Falken1  gegrlindete  und  im 
Aufbau  begriffene  sozialistische  Familienverband  will  an  folgenden 
Problembereichen  ansetzen:  Vorschulerziehung,  Schule  und  Familien- 
erziehung.  Er  will  an  den  konkreten  Interessen  und  Bedurfnissen  von 
Arbeiterfamilien  ankniipfen  und  versuchen,  zusammen  mit  Erziehern, 
Lehrern  und  Sozialarbeitern  sozialistische  Erziehungsansatze  weiter- 
zuentwickeln. 
Adresse:  PEV  (e.V.)  465  Gelsenkirchen,  Bahnhofstr.  74-76  Tel . :62153/54 

5.  Stuttgart:  Intern.  Festival  auf  dem  Stuttgarter  "Killesberg" 

Das  Kulturkomitee  flir  auslandische  Arbeitnehmer  wird  auch  in  diesem 
Jahr  wieder  ein  internationales  Festival  unter  dem  Motto  "Zu  Gast 
bei  Gastarbeitern"  veranstalten.  Das  Festival  soil  auf  Stuttgarts 
"Killesberg"  stattfinden;  voraussichtl ich  Ende  Mai.  Das  Kulturkomi- 
tee bittet  alle  Gruppen,  die  mit  Auslandern  zusaramenarbeiten  bzw. 
Kontakte  haben,  urn  Erfahrungsaustausch  und  Adressen,  vor  allem  von 
kulturellen  Gruppen  oder  Einzelklinstlern,  die  an  so  einer  Veranstal- 
tung  mitwirken  kbnnten.  Das  Kulturkomitee  gibt  auf  Anfrage  detail  1 ier- 
te  Informationen  zu  dem  geplanten  Festival.  Kulturkomitee  fur  auslan- 
dische Arbeitnehmer,  7  Stuttgart  1,  Schlosserstr.  36,  Tel .: 0711/609009. 

6.  Hamburg:  Vorbereitungstreffen  Sozialistische  Aktion 

Vom  26.  -  28.  April  1974  findet  in  Hamburg  das  Vorbereitungstreffen 
der  Sozialistischen  Aktion  Jugendhilfetag  statt. 
Anmeldungen  bis  spa'testens  20.  April  1974  an  die  Kontaktadresse: 
Info  Sozialarbeit 

7.  Redaktionsmitteilunq:  Info  Sozialarbeit  "Thema:  Jugendzentren" 

Auf  dem  Arbeitsseminar  in  Bielefeld  wurde  darauf  hingewiesen,  daB 
alle  interessierten  Gruppen  und  Genossen,  die  im  Bereich  "Jugendzen- 


tren" arbeiten,  mit  uns  gemeinsam  ein  Info  unter  diesem  Schwerpunkt 
vorbereiten  kbnnen. 

Es  ist  wichtig  zu  wissen,  welche  Probleme  flir  Sozialarbeiter  in  der 
Praxis  auftauchen, urn  im  Info  an  ihrer  Situation  anzuknupfen.  Ohne 
diese  Mitarbeit  kbnnen  wir  kein  Arbeitsseminar  vorbereiten  und  Schwer- 
punkte  setzen.  Deshalb  sendet  uns  bitte  Fragestellungen  und  Berichte 

zu. 

Wegen  der  Vorbereitung  der  Sozialistischen  Aktion  zum  Jugendhilfetag 

wird  das  Arbeitsseminar  "Jugendzentrum"  auf  den  Herbst  1974  verscho- 

ben. 

Kontaktadresse  flir  dieses  Thema:  Gerd  Rieger,  4  Dlisseldorf,  Oberkas- 

selerstr.   7 


8.  Das  im-Info  Nr.   5  anqeklindiqte  Treffen  der  "Knast-Gruppen"  findet 
nun  am  20. /21.   April    1974  statt.   Treffpunkt  und  Anmeldung: 

8  Munchen  80,   Burggrafenstr.   4 
im  SSHK-Buro,    10  Uhr. 

9.  In  Berlin  erscheint  seit  einem  Monat  der  Info  "BERLINER  UNDOGMATI- 
sr.HER  GRUPPEN".   In  wbchentlichen  Ausgaben  wird  liber  die  verschiedenen 
Aktivitaten  der  Gruppen  berichtet  (Jugendzentren,  Chile,  Abenteuer- 
spielplatze,  Rote  Hilfe,  Mietkampf  etc.). 

Zu  beziehen  gegen  DM  o.5o  in  Briefmarken: 
Info  UBG  c/o  RC,   1  Berlin  21,  Stephanstr.   6o. 

la.    JUGENDZENTREN   KONTRA  KPD 

Offener  Brief  der  Initiativgruppe  Westberliner  Jugendzentren  an  die 
KPD,   den  KJV,  den  KOV,  den  KSV,  die  Liga  gegen  den  Imperial ismus  und 
die  diversen  Kampfkomitees. 

Mitglieder  eurer  Organisationen  haben  wiederholt  in  verschiedenen 
Westberliner  Jugendzentren  und  -heimen  unter  dem  Vorwand  solidarischer 
Unterstlitzung  das  Vertrauen  der  dort  arbeitenden  Jugendlichen  miB- 
braucht  und  Vereinbarungen  gebrochen.   Zum  Beispiel  wurde  in  euren 
Flugbla'ttern  liber  die  Putte  durch  die  Aufmachung  der  Eindruck  er- 
weckt,  die  Putte  sei  eine  Untergruppierung  des  KJV.   Ein  Flugblatt  der 
Liga  wurde  unter  anderem  mit  "Prisma-Kollektiv"  unterzeichnet,  obwohl 
es  dieses  Kollektiv  gar  nicht  gibt  und  kein  Menschen  im  Prisma  von 
dem  Flugblatt  wuSte.  Obwohl  dieses  Vorgehen  wiederholt  von  uns  kriti- 
siert  wurde,  erschien  vor  kurzem  wieder  ein  Flugblatt  des  KJV,  in  dem 
falschlicherweise  behauptet  wird,  daB  Mitglieder  des  KJV  in  der  Putte 
und  im  Georg  von  Rauch-Haus  mitarbeiten.  Zusagen,   ku'nftige  Flugblatter 
vor  Erscheinen  gemeinsam  zu  besprechen,  wurden  wiederholt  nicht  ein- 
gehalten.  Mitglieder  eurer  Organisationen  erscheinen  immer  nur  dann 
bei   uns,  wenn  es  was  zu  bequatschen  gibt  und  nie,  wenn  handfeste  Ar- 
beit ansteht.   Bei  Diskussionen  unterdruckt  ihr  meistens  die  Bedlirf- 
nisse  der  Jugendlichen,   indem  ihr  laufend  liber  abgehobene  Dinge  (z.B. 
Ziele  und  Politik  eurer  Partei  bzw.  Organisation)   redet  und  die  Leute 
damit  vergrault.  Das  Rauch-Haus  hat  seine  Stellungnahme  in  einem 
Brief  an  den  KJV  schon  klargemacht.  Wir  sind  ebenfalls  der  Meinung, 
daB  euer  Verhalten  nicht  mit  "technischen  Pannen"  oder  "individuellen 
Fehlern"   zu  erklaren  ist,  sondern,  daB  sich  darin  eure  grundsatzli- 
che  politische  Linie  zeigt. 


67 


Ihr  yersucht,  euch  Imtiativen,  die  ihr  nicht  angeleiert  habt,  unter 
den  Nagel   zu  reiBen;   nicht  urn  die  Jugendlichen  zu  unterstiitzen,  son- 
de™ urn  Eigenwerbung  zu  betreiben.  Und  das  alles  unter  dem  Deckman- 
tel   der  Solidarita't. 

Die  Jugendzentren  und  Jugendzentrumsinitiativen,  die  durch  euch  in 
inrer  Arbeit  behindert  werden,  haben  beschlossen,  euch  Hausverbot  zu 
erteilen,     wenn  sich  euer  Verhalten  uns  gegeniiber  nicht  grundlegend 
andert.  Dieses  Hausverbot  tritt  sofort  in  Kraft,  wenn  dieser  offene 
Brief  nicht  ungekiirzt  in  der  jeweils  nachsten  Nummer  der  "Roten 
Fahne',  der  "Ka'mpfenden  Jugend",  der  "Schulkampf "  der  "Dem  Volke  die- 
nen"  und  der  "International  Solidarita't"  sowie  die  Stel lungnahme 
des  Rauch-Hauses   in  der  nachsten  KJ  abgedruckt  wird. 

Initiativgruppe  Westberliner  Jugendzentren:   Putte,  Jugendzentrum  Pris- 
ma, Georg  von  Rauch-Haus,  JZI  HeerstraBe  Nord,  Tommy  Weissbecker-Haus 
Jugendclub  TomasiusstraBe,  Drugstore,  Schbneberger  Jugendarbeiter-  und 
Schu'lerzentrum. 


MATERIALIEN 


INFORMATIOlNSDIENST  ARBEITERBILDUNG 

Heft  6,  Doppel nummer,  Dezember  1973,  DM  5. 

Heft  7,   Einfachnummer,  Ma'rz   1974,   DM  3.— 

SCHWERPUNKTTHEMA  - 

BILDUNGSARBEIT  IM  DFFENTLICHEN  DIENST 


Die  Hefte  6  und  7  des  Info  ARBEITERBILDUNG  bringen  fur  die  Bil- 
dungsarbeit  im  Bereich  des  bffentlichen  Dienstes  wichtige  Mate- 
rialien.    Im  Teil    I  des  Schwerpunktthemas   "Bildungsarbei t  im 
bffentlichen  Dienst"   (Info  6)  werden  die  Entwu'rfe  fur  neue  Leit- 
sa'tze  fur  Vertrauensleute  der  Gewerkschaft  DTV  behandelt  und  der 
Entwurf  einer  Bildungskonzeption  der  Gewerkschaft  DTV  wiederge- 
geben.   Im  Teil   II   (Info  7)   erscheinen  im  einzelnen  folgende  Bei- 
tra'ge  bzw.   Erfahrungsberichte:   1)  Zum  Beamtenstreikrecht;  2)  Ein 
Beispiel   gewerkschaftlicher  Erwachsenenbildung  rait  Postkol legen; 
3)   Erfahrungsbericht  einer  Postler-Gruppe;  4)  Die  "subjektive 
Seite"   (Arbeitserfahrungen  und  Lehrgangserfahrungen  aus  Wochen- 
lehrgangen  mit  Teilnehmern  aus  dem  bffentlichen  Dienst);  5)  Die 
OTV-Gesamtorganisation. 

Flir  1974  sind  noch  folgende  Hefte  vorgesehen: 

-  ein  Heft  mit  Beitragen  Uber  Arbeiterbildung  und  Volkshochschule 

-  ein  Heft,   in  dem  vor  allem  die  Arbeit  des  Berufsfortbildungs- 
werks  untersucht  wird 

-  ein  Heft  iiber  Bildungsarbeit  mit  ausla'ndischen  Arbeitern 

Einfachnummer  DM  3.--,  Doppelnummer  DM  5.--,  Jahresabo  DM  12. 8o 
Bezug:   Verlag  2ooo  GmbH,   6o5  Offenbach  4,   Postfach  591. 


1-) 

2.) 
3.) 

4.) 

5.) 
6.) 

7.) 

8.) 
9-) 


10 


11 


Leitsatze  fur  die  Regelung  der  zweiten  Phase  der  Ausbildung  von 
Sozialarbei tern/Sozialpadagogen:  Entwurf  und  Kritik  -  zu  erhal- 
ten  bei:  Praktikanteninitiative  Bezirksamt  Tiergarten,  1  Berlin  21, 
Turmstr.  35 

Zur  Lage  des  Abenteuerspielplatzes  (M'a'rkisches  Viertel,  Berlin) 
gegen  DM  -.30  +  Porto  in  Briefmarken  zu  erhalten  bei:  Abenteuer- 
spielplatz  1  Berlin  26,  Senftenberger  Ring  25 
FORUM  -  Zeitschrift  flir  Theorie  u.  Praxis  Transnational  Pol i - 
tik,  DM  I.—  bei:  Junge  Europaische  Fbrderalisten,  53  Bonn, 
Markt  4 

Heimerzieherzeitschrift  Nr.  16:  Demonstration  f.  Jugendzentren, 
Arbeitsentlohnung  und  Taschengeld  im  Heim,  Streik  im  bffentli- 
chen Dienst  u.a.  Bezug:  HEZ  -  1  Berlin  61,  Urbanstr.  126  Flur 
SPAK-Materialien:  M  17  -  Material ien  zur  Obdachlosigkeit  II 
Bezug:  SPAK  8  Munchen  2,  Kobellstr.  12 

Nachrichtendienst  der  Gefanqenenrate  Nr.2  mit  umfangreichen  Nach- 
richten  aus  dem  In-  und  Ausland  ist  erschi enen . 
Bezug:  Gefangenenrat  Frankfurt  c/o  Bu'ro  Goller,  6  Frankfurt, 
Glauburgstr.  75  a;  Einzelpreis  DM  2.  — /Abonnement  DM  6.— 
Die  Arbeitsgemeinschaft  Sozialpol itischer  Arbeitskreise  in  der 
BRD  (AG  SPAK)  hat  den  Diskussionsentwurf  zum  Jugendhilfegesetz 
vom  BMJFG  nachgedruckt.  Der  Umfang  betragt  ca.  300  Seiten  (Dis- 
kussionsentwurf  mit  offiziellem  Kommentar)  Selbstkostenpreis 
DM  3.  —  ;  AG  SPAK  8. Munchen  15,  Postfach;  Vorauszahlung  auf  das 
PSCHA  Munchen  20  547  -  808 

Dokumentation  zur  Politischen  Praxis  des  Hess.  Diakonievereins 
am  Beispiel  des  Studentenwohnheims;  zu  beziehen  uber  den  ASTA 
Ev.  FHS,  61  Darmstadt,  Moosbergstr.  2 
KASCHOTT  -  Nachrichten  von  Drinnen  fur  DrauBen  - 
Sent  1972  wird  "KASCHOTT"  von  einer  Gruppe  Gefangener  der  JVA 
Wolfenbiittel  in  eigener  Verantwortung  hergestellt.  Die  Zeitung 
erscheint  alle  2  Monate  in  einer  Auflage  von  750  Stuck.  Sie  wird 
aus  freiwilligen  Beitragen  der  Abonnenten  finanziert. 
Die  Herausgeber  wunschen  sich  eine  weitere  Verbreitung  von 
"Kaschott".  Sie  suchen  den  brieflichen  Gedankenaustausch  mit  in- 
teressierten  Lesern,  urn  durch  Kritik,  Zustimmung  und  Anregungen 
immer  wieder  den  Mut  zum  Weitermachen  zu  finden.  Bisher  sind 
9  Hefte  erschienen:  Redaktion  Kaschott,  334  Wolfenbiittel, 
Ziegenmarkt  10 

)ARCH  +  Heft  Nr.  21  "Themenbereich:  Stadtteilarbeit" 
iTa-  Diskussion  uber  Burger i n i t i ati ven ,  Gemei nwesenarbei t  als 
Ideologle  und  soziale  Kontrolle:  Sozialarbeit  im  Stadtteilbereich 
Bezug:  VSA-Verlag,  1  Berlin  36,  Erkelenzdamm  7,  Preis  DM  8.50 

)Der  Bund  Deutscher  Pfadfinder  gibt  "Material ien"  zur  Theorie  und  £,q 
Praxis  demokratischer  Jugendarbeit"  heraus.  Die  Material  ien  kon-   UC7 


70 


im  Abonnement  und  als  Einzelhefte  bezogen  werden. 
Abonnementpreis  flir  6  Hefte  DM  15.--  incl.  Porto/  Einzelpreis 
je  nach  Seitenzahl  von  DM  2.--  (16  Seiten)  bis  DM  3.50  (iiber 
94  Seiten).  Folgende  Hefte  liegen  u.a.  vor: 

-  Jugendzentren  -  Texte  zur  Jugendsoziologie  -  Emanzipation  durch 
politische  Bildung  -  Politische  Bildung  rait  Hauptschu'lern. 
Bestellungen  an:  Bund  Demokratischer  Jugend  6  Ffm.  90,  Hamburger 
Allee  47,  Tel.:  0611/77  70  10  -  Postscheckkonto  Ffm.  256949-601 

12. )Broschure  zum  Bochumer  StudentenprozeB  des  J.C.  Papalekas. 

Reihe  Bochumer  Texte  zur  politischen  Repression.   Titel:    Der  ge- 
wbhrliche  Faschismus  an  einer  westdeutschen  Universitat.  Mit 
Beitra'gen  von  J.  Agnoli,  Ch.  Sigrist  u.a. DM  5.  —  .   Bezug  Liber  den 
linken  Buchhandel    bzw.    Bochumer  Texte,  463  Bochum,  Lennershof- 
str.  66/8. 

13. )Drogenberatunq  wo?  Obersicht  Liber  institutionelle  und  auSerinsti- 
tutionelle  Einrichtungen;  zu  erhalten  bei  der  Bundeszentrale  fur 
Gesundheitliche  Aufklarung,  5  Koln  91,  Postfach  930  103   (kosten- 
los). 

14.)Gese11schaftliche  Paten  der  BRD  1973;     statistisches  Material   zu 
folgenden  Bereichen:   Bevblkerung,  Gesundheit,  Bildung,  Arbeit, 
Einkommen,  Soziale  Umwelt  etc..   Kostenlos  zu  erhalten  beim  Pres- 
se-  und  Informationsamt  der  Bundesregierung,  53  Bonn  1,  Postfach. 

15.)Die  Sozialistische  Jugend  Deutschlands  veranstaltete  in  Verbin- 
dung  mit  dem  PEV  ein  Forum  zu  zentralen  Erziehungsproblemen, 
das  von  Liber  350  Erwachsenen  und  ca.  450  Kindern  besucht  wurde. 
Die  Protokolle  der  Arbeitsgruppen  (Vorschulerziehung,  Wohnen, 
Tagesmutter,  Schule  und  Spielplatze)  kbnnen  angefordert  werden 
beim:   PEV,  465  Gelsenkirchen,  Bahnhofstr.   74-76. 

16.)AKID  Febr.   1974  Heftthema:   Funktionen  kirchlicher  Sozialarbeit 

u.a.   Vom  Almosen  zur  Sozialarbeit,  Reform  des  JHR,  Disziplimerung 
in      bkumenischer  Eintracht,  kirchliche  Fachhochschulen  etc. 
Preis:   DM  1,50  bei   AKID,   5  Kbln  51,  Vorgebirgsstr.    115. 

17.)Zeltlager  der  Westberliner  Bezirksamter  (eine  Untersuchung, 
ca.  40  Seiten)  Preis:   DM  2,—  (+  -,50  Porto ) . 
Informationszei tun 
u.a.   Berichte,  Anal 
Preis:   DM  1.--   (+  -,50  Porto) 

gegen  Voreinsendung  in  Briefmarken  an  Rainer  Steffen, 
1   Berlin  65,  Martin-Opitz-Str.   5. 

18.)Broschuren  "Zur  Kritik  und  Theorie  der  Kirche  in  der  Gesellschaft" 
Nr.   1   u.a.   Zur  Kritik  kirchlicher  Konzepte,  antiimperialistischer 

Kampf  und  christlicher  Glaube;  Preis  -.50  DM  +  Porto 
Nr.   2  u.a.   Zur  Soziologie  des  Urchristentums,  Reformation  und 

Bauernkrieg,  kann  es  eine  klassen-neutrale  Theologie 
geben?  Preis  DM  1.--  +  Porto 
ESG  Bochum,  463  Bochum,  Lennershofstr.   66  B  8 

19QKNAST  Heft  Nr.   4  u.a.   Gerichtshilfe  was   ist  das?  Berufsverbot  fur 
Sozialarbeiter  in  Miinchen,  Homosexuelle  Aktion  Munchen,  Knastbe- 
richte.   Preis:   DM  1.50,  Bestellungen  an:    "Knast+Randnotizen" 
c/o  SSHK  e.V.,  8  Munchen  80,  Burggrafenstr.  4 

2Q.)Berliner  Heimerzieherzeitschrift  Nr.  3/Marz  1974 

u.a.   07V-Streik  -  Einschatzung,  Kollegen  aus  dem  KH.Bethanien 
gefeuert,  Jugendarbeit  in  Neukblln,  Zur  Situation  an  Berliner 
Erzieherausbildungsstatten,  Padagogische  WohlstandsmLillverwer- 
tung.   Preis  DM  1,50,  Bestellungen  an  HEZ,  1   Berlin  61, 
Urbanstr.    126. 


KLEINANZEIGEN 


una  der  BLirgerinitiative  Wedding  e.V. 
nalysen  Liber  Kinder-  und  Jugendarbeit; 


Sozial padagogin,  Examen  SS  1974,  Schwerpunkt  Straffalligenpadagogik, 

'Erfahrung  in  der  Arbeit  mit  Jugendl  ichen,  die  nach  dem  JWG  als 

"Verwahrloste"  definiert  werden  sowie  mit  strafentlassenen  Ougend- 

lichen,  Kenntnisse  in  kl ientenzentrierter  Beratung  und  Gruppenar- 

beit,  sucht  bis  Herbs t/Wi_nter  1974  eine  Stelle  in  einer  mittleren 

Oder  GroBstadt  Wurttembergs.   Das  Arbeitsfeld  soil   prophylaktisch 

Oder  therapeutisch  ausgerichtet  sein  und  sozialpolitische  Perspek- 

tiven  ermbglichen.  Angebote  an  Info  Sozialarbeit  im  Sozialistischen 

BLiro,   605  Offenbach  4,  Postfach  591. 

FRSATZDIENSTSTELLE  gesucht:    in  einem  Jugend-  oder  Freizeitheim  oder 

iTner  a'hnlichen  tinrichtung,  vorzugsweise  in  Hessen.   Bisher  habe  ich 

in  der  gewerkschaftlichen  Jugendbildung  gearbeitet  und  mbchte  meinen 

Ersatzdienst  in  einer  entsprechenden  Weise  weiterfuhren. 

Ulrich   Trostowitsch,7417  Pfullingen,  Achalmstr.  75 

Wir  brauchen  dringend  fur  unseren  ABENTEUERSPIELPLATZ  in  Pinneberg 

ERTTIHER/SOZlALPfiDAGOGE ; 

Robinsohnspielplatz  c/o  Lydia  Ewers,  208  Pinneberg,  Rethwiese  26 

Tel  •:   64108-74388  (abends) 

Wir  suchen  Material:   PRODUKTIONSSPIELE  fur  eine  Kindergruppe  SJD- 

nTe  Falken,  bib  Duren,  Girbelsratherstr.   15 

TLirkei-Komitee  sucht  Kontakte  zu  Gruppen  und  Einzelpersonen  mit  Moti- 

•vlftion  fur  eine  Turkei-Arbeit  (antiimperial  istische  und  Emigrations- 

arbeit).   Turkei-Komitee,  Postfach  299,  CH-8035  Zurich. 

.lunendfreizeit-  und  Bildungszentrum  333  Helmstedt,   Stepl  ingerode  25/26 

iTjEFt  Folklore-,  Blues,  Jazz-,  Skiff legruppen,  politisches  Kabarett, 

Theatergruppen  usw.   Besonders  interessiert  sind  wir  an  Gruppen,  die 

was  mit  fortschrittlichen  deutschenTexten  machen. 

Material   gesucht  zum  Thema  "Ausbildung  von  Sozialarbeitern  und  Sozial- 

padTgogen",  auch  Literaturhinweise  etc:   Hans-GLinter  Ritz,  64  Fulda, 

Von-Stauffenberg-Str.    10. 

Das  fiemeinschaftszentrum  Horstmarer  Landweg,  Trager  Cartas  Verband 

PRTnTter/Westtalen  sucht  sofort  1   Sozialpadagoge(in)/1    Sozialarbei- 

?pr   fin)    zum  Ausbau  der  Schulkinderarbeit ■  Arbeitsfeld  Wohnsiedlung 

mit  sozial   benachteil igten  Familien,   tlternarbeit,  Gemeinwesenarbeit, 

Teamarbeit.   Bewerbungen:  Gemeinschaftszentrum  Toppheide,  44  Munster, 

ToDPheideweg  71a,  Telefon  0251/46875. 

A  ^nzialarbeiter/Sozialpadagogen  suchen  zum  Herbst  1974  fur  inr 

^TTrfgprakt.ikum  Stel  len  in  der  Jugendarbeit   (Jugendzentren,  Jugend- 

wlFnlollektive  u.a.:   Hans-Diebold  Maurer,   /8  Freiburg.  Heinnch-von 

^z?alwissenschaftler  fur  grbBeres,  mehrjahriges  Universitatsprojekt 
frEiflewerkschaftspolitische  Fragen  (in  Zusammenarbeit  mit  Praktikern) 
n0<;ucht.  Mbglichkeiten  zur  Lehre  im  Fachbereich.   Eilt:  Forma ler 
AusschreibungsschluBtermin  28.2.74!   Kontaktadresse  wird  vermittelt 
jber  Sozial istisches  BLiro . 


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