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Full text of "Informationsdienst Sozialarbeit (1972 - 1980)"

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Geschichte  und  Funktion 
der  Sozialarbeit 


Auszlige  aus  Vorwort  und   Inhaltsverzeichnis 


Das  vorliegende  Papier. 
schen  "Analyse"  und  Fun 
Novum  in  ihrer  Geschich 
heit  gewordenen  Auseina 
tion  der  Arbeiter  nach 
tionare  Krafte.z.B.  Cla 
hilfe",  eine  Organisati 
al  Itaglichen  Klassenkam 
die  spatere  AWO-Begrund 
stischer  Gesinnung  die 
beutung  mit  Hilfe  einer 
wollte, 


der  Versuch  einer  material istischen  histori- 
ktionsbestimnung  der  Sozialarbeit   ist  ein 
te  -  zumindest  seit  der  offenbar  zur  Vergessen- 
ndersetzung  urn  eine  "Fursorge"-Sel  bstorganisa- 
dem  1.  Weltkrieg.   Damals  standen  sich  revolu- 
ra   Zetkin,   die  das   Konzept  der   "Roten  Arbeiter- 
on   praktischer  Selbsthilfe  und  Sol idaritat   im 
ipf,  vertraten,  und  Revision! sten  in  der  SPD  urn 
erin  Marie  Juchacz  gegeniiber,  die  aus  humani- 
schlimmsten  Auswirkungen  kapital istischer  Aus- 

caritativen  Wohlfahrtsorganisation  verhindern 


Das  vorliegende  Papier  zeigt,  daB  diese  historisch  zuruckl iegende  Al- 
ternative auch  heute  nicht  an  Aktualitat  eingebiiBt  hat;  es   stellt  sich 
dar  als  ein  Arbeitsergebnis  einer  immer  groBer  werdenden  Zahl   von 
Sozialarbeitern,  die  begreifen,  daB  sje  bisher  bewuStlos  und  ohnmach- 
tig  an  den  Symptomen  eines  Ausbeutungssystems,  der  kapital istischen 
Gesel Ischaft ,   kuriert  haben  und  die  begriffen  haben,  daB  die  Vernach- 
lassigung  ihres  Arbeitsfeldes    (die  vielfach  beklagte  Situation  fehlen- 
der  Mittel,    fehlenden  Personals  und  mangel hafter  Ausbildung)   strukturell 
bedingt  ist   in  einem  gesel lschaftl ichen  System,  in  dem  Profit  und 
private  Aneignung  von  Reichtum  an  erster  Stelle  und   "Kosten"  verursachen- 
de  "soziale  Fragen"  an  allerletzter  Stelle  rangieren, 

Aus  dem   Inhalt:   Zur  gesel 1 schaftl ichen  Situation  der  Armenpflege  in 
der  feudalen  Gesellschaft   -  Sozialarbeit  im  Umbruch  zur  kapital i sti - 
schen  Gesellschaft  -  Marx'  Analyse  der  burger! ichen  Gesellschaft  und 
ihre  Bedeutung  fur  eine  Analyse  der  Sozialarbeit  -  Bismarck'sche 
Sozialpolitik  und  Sozialarbeit  -  Geschichte  der  Sozialarbeit  1880  -   1930 
Sozialarbeit  im  Faschismus   1933  -  1945  -  Geschichte  des  Jugendhilfe- 
rechts   (das  RJWG   1923,  Jugendhilfe-Recht   im  Faschismus,   Diskussion  urn 
die  Novelle  1953,  Diskussion  urn  das  JWG  1961)  -  Ausgewa'hlfce  Literatur 
zur  Sozialarbeit. 

Ca.  7o  Seiten,  vervielfaltigt  mit  festem  Umschlag.  DM  3.— 

Bezug  Liber  AKS,  c/o  Glinter  Pabst,  5  Frankfurt,  Hamburger  Allee  47 

Sozialistisches  BLiro,  6o5  Offenbach  4,  Postfach  591 


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JNFORMATIONSDIENST 
SOZIALARBEIT 


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Inhalt:    Zur   Organisierung  -  Funktion 
der   Sozialarbeit   -  Disziplinierung 
in  der  Familienfiirsorge  Neukolln  - 
6  Falle  von  Disziplinierung  -  Hinweise 


5 


Offenbach,  Dezember  1973/Januar  1974 
Doppelnummer,  Preis  DM  5.-- 


Dieser  Informationsdienst  Sozialarbeit  wi'rd  im  Sozialistischen  BUro 
von  Gruppen,  die  im  Sozialisatfonsbereich  arbeiten,  herausgegeben. 
Der  Info  dient  der  Kommum'kation  und  Kooperation  von  Genossen,  die 
mit  sozialistischen)  Anspruch  ira  Feld  der  sozialen  Arbeit  tatig  sind. 

Herausgeber:  Sozialistisches  BUro 

6o5  Offenbach  4,  Postfach  591 
Verleg£r:  Verlag  2ooo  GmbH  Offenbach 
Erste  Auflage,  Dezember  1973/Januar  1974,  5ooo  Exemplare 
Alle  Rechte  bei  den  Herausgebern 

Vertrieb:  Verlag  2ooo  GmbH,  6o5  Offenbach  4 

Postfach  591,  Hohe  Str.   28  (Souterrain) 
Postscheck  Frankfurt,  Konto  Nr.   61041-604 

Preis:  Einzelexemplar  (Doppelnumraer)  DM  5.-- 

Bei  Abnahme  von  mindestens  lo  Exemplaren  2o  %  Rabatt 
Weiterverka'ufer  (Buchladen,  Buchhandel)  4o  %  Rabatt 
jeweils  zuzu'glich  Versandkosten 

Der  Info  kann  auch  im  Abonnement  bezogen  werden.  Bezugsgebiihren  fur 
das  Jahr  1974  DM  lo.—  +  DM  2.8o  Versandkosten.   Das  Oahresabonnement 
enthalt  vier  regulare  Ausgaben  (Einfachnuramern) .  Die  Einfachnummer 
kostet  einzeln  DM  3.  —  ,  eine  Doppelnummer  DM  5.--. 

Titelblatt:  Die  Karikatur  ist  entnommen  aus  der  revolutionaren 
Sozialarbeiter-Zeitschrift  "Case  Con": 
Case-Con  Basement  Flat 
110  Landsdowne  Way 
London  SW  8  (GroBbritannien) 

Verantwortlich:  Redaktionskollektiv  Info  Sozialarbeit 
Presserechtlich  verantwortlich:  Giinter  Pabst  Offenbach 

Druck:  hbo-druck  Bensheim 


u 


INFO  SOZIALARBEIT,  Heft  5 


Sei 
Sei 


I   N  H  A  L  T 

Vorbemerkungen  zu  dieser  Ausgabe 

Redaktionskollektiv: 

Zur  Organisierung  im  Sozialisationsbereich 

Kritische  Gruppe  Westberlin: 

Zur  Problematik  von  Rolle  und  Funktion 

der  Sozialpadagogik 

am  Bei spiel  der  Kollektivpadagogik 

Theori e-Praxi  s-Gruppe  Westberl  i  n : 

Politische  Disziplinierung  von  Sozialarbeitern 

in  der  Familienfiirsorge  Neukolln 

Repressive  MaGnahmen  im  Sozialbereich 

Berufsverbot  -  Disziplim'erungen  -  Entzug  finanzieller  Mittel 

6  Kurzberichte  sei 

Nachrichten/Termine 

Material  i  en 

Kleinanzeigen 

Aufruf  zur  Sozialistischen  Aktion 


te   3 
te   5 


Seite  15 


Seite  29 


Sei 
Sei 
Sei 
Sei 


Leserzuschriften 

Zur  Organisation  des  Sozialistischen  Buros 


Sei 
Sei 


te  49 

te  73 

te  77 

te  81 

te  85 

te  87 

te  89 


INFORMATIONSDIENST  SOZIALARBEIT 


Der  Info  Sozialarbeit  client  der  Information  und  Zusammenarbeit 
zwischen  sozialistischen  Gruppen  und  einzelren,  die  im  Sozialbe- 
reich  arbeiten  und  wendet  sich  an  Sozialarbeiter,  Sozialpa'dagogen, 
Heimerzieher,  Kindergartnerinnen,  Sozialplaner,  Psychologen,  Dozen- 
ten  und  Studenten  an  FachausbildungsstStten  etc.  -  Der  Info  behan- 
delt  jeweils  ein  bestimmtes  Schwerpunktthema  und  entha'lt  aktuelle 
Nachrichten,  Material ien  etc.  -  Obergreifender  Gesichtspunkt  der 
Aufarbeitung  von  Praxiskonflikten  und  Modellen  ist  die  kontinuier- 
liche  Diskussion  liber  eine  sozialistische  Strategie  im  Sozialbe- 
reich.  -  Wir  fordern  interessierte  arbeitende  Gruppen  auf: 
1)  Uns  Materialien,  Kritiken  und  Anmerkungen,  aktuelle  Nachrichten 

und  Informationen  sowie  Berichte  liber  Arbeitskonflikte  und  Dis- 

ziplinierungen  zuzusenden; 
2}  Mit  uns  Kontakt  aufzunehmen  und  am  Info  Sozialarbeit  mitzu- 

arbeiten. 

Folgende  Ausgaben  sind  bisher  erschienen: 

Heft  1:   "Ftirsorgeerziehung" 

Editorial   zur  Herausgabe  des  Info  Sozialarbeit  im  Kapitalismus  - 
Konzeption  flir  den  Aufbau  eines  Jugendwohnkollektivs  -  Ausziige  aus 
einer  Kollektivzeitung  etc. 

Heft  2:  Sozialarbeit  in  Institutionen 

Geschichte  des  AKS  Frankfurt  -  Probleme  der  Sozialarbeit  bei  freien 
Tragern  (Evangelische  Familienberatung)  -  Kollektivpraktikum  im 
Heim  -  Gemeinwesenarbeit  mit  Obdachlosen  -  Hinweise,  Nachrichten, 
Leserzuschriften  etc. 

Heft  3/4  (Doppelnummer):   Sozialarbeit  zwischen  Selbstorganisation 
und  BLirokratie 

Drei  Aufsatze  aus  der  Case-Con  -  Flirsorgezoglinge  nehmen  ihre  Sache 
selbst  in  die  Hand  -  Das  Lehrstiick  Brackwede  oder  die  objektiven 
Grenzen  fortschrittl  icher  Jugendanttspolitik  im  Recht  -  Kampf  zwi- 
schen Eltern  und  Arbeiterwohlfahrt  urn  eine  Spielstube  -  Materia- 
lien, Hinweise,  Zeitschriftenbibliographie  zur  Heimerzieheung  etc. 


VORBEMERKUNGEN  ZU  DIESER  AUSGABE 


Mit  dieser  Ausgabe  des  Info  Sozialarbeit  setzen  wir  unser  Vorhaben 
fort,  Konflikte  im  Bereich  der  Sozialarbeit  darzustellen  und  zu  pro- 
blematisieren,  Diese  Konflikte  sind  beispielhaft  auch  fur  andere  Aus- 
einandersetzungen  in  diesem  Bereich,  da  anhand  ihrer  die  momentanen 
Grenzen  der  sozialarbeiterischen  Praxis  und  das  Vernal tnis  des  Staates 
zu  den  Aufgabenstellungen  der  Sozialarbeit  deutlich  werden. 
Den  vielen  punktuell   auftretenden  Konflikten  in  den  Bereichen  der 
sozialen  Arbeit  ist  gemein,  dafl  unter  den  Praktikern  eine  breite  Dis- 
kussion urn  die  Mb'glichkeiten  und  Grenzen  einer  im  institutionellen 
Rahmen  festgemachten  Sozialarbeit  begonnen  hat.  Die  geschilderten  Ver- 
suche,  eine  andere  als  bisher  gelaufene  Arbeit  zu  machen,  die  den 
"Klienten"  die  Moglichkeit  gibt,  ihren  Lebensraum  selbst  zu  bestinmen 
und  zu  erkennen,  fiihrten  zwangslaufig  zu  Konflikten  mit  den  Tragern 
dieser  Arbeit,  Anhand  der  Berichte  erkennen  wir,  daB  der  Anspruch  und 
die  zur  Verfiigung  gestellten  Hilfsmittel,  also  der  organisatorische 
Rahmen,  soweit  auselnander  klaffen,  daS  von  einer  Hilfestellung  oder 
Beseitigung  einer  Notlage  kaum  gesprochen  werden  kann.  Die  Sozialar- 
beiter,  die  ihre  Arbeit  ernst  nehmen,  werden  diese  Widerspr'u'che  recht 
bald  erkennen  und  versuchen,  an  ihrer  Praxis  Veranderungen  herbeizu- 
fiihren.  Das  flihrt  zwangslaufig  zu  Konflikten,  die  oft  durch  repressi- 
ven  Eingriff  der  Trager  zunachst  beendet  werden.  Wir  kb'nnen  und  wollen 
in  diesem  Rahmen  keine  fertigen  Analysen  iiber  mbgliche  Veranderungen 
und  taktische  Schritte  liefern,  sondern  wollen  die  Diskussion  urn  die 
MSglichkeiten  in  der  Arbeit  anregen.   Dazu  fordern  wir  die  Gruppen  auf, 
die  aufgrund  ihrer  Tatigkeit  spezifische  Erfahrungen  mit  der  Sozial- 
biirokratie  gemacht  haben,  mit  uns  in  die  Diskussion  und  Zusammenarbeit 
zu   kommen,  Wir  verstehen  das  Sozialarbeiter-Info  als  Plattform  fur  die 
Praktiker,  dort  ihre  politischen  und  berufsspezif ischen  Probleme  dar- 
zustellen, miteinander  zu  diskutieren,  die  konkreten  Erfahrungen  zu 
verallgemeinern,  urn  eine  sozialistische  Strategie  im  Sozialbereich  ent- 
wickeln  zu  kb'nnen. 


Kurzform  eingehen  mbchten, 

So  ist  es  dann  nicht  verwunderlich,  wenn  der  Umfang  des  Heftes  uber 

das  iibliche  MaB  hinaus  zunimmt;  ca.   80  Seiten  sind  aber  fur  ein  Ein- 

«1heft  zuviel   und  fur  eine  Doppelnummer  zu  wem'g. 

mI  haben  uns  daher  entschlossen,  1n  diesem  Heft  die  Arbeitsergebnis- 

se  und  die  vom  Sozialistischen  BUro  vorgelegten  Papiere  zur  ftrbeits- 


gruppentagung  des  Sozialistischen  BLiros  am  3. /4. 11. 73  zu  verb'ffent- 
lichen. 

Damit  soil  einraal  dem  Informationsbed'u'rfnis  der  Genassen  und  Gruppen 
geniige  getan  werden,  die  nicht  den  "Zentralen  Rundbrief"  oder  "links" 
lesen  und  zum  anderen  alien  die  Moglichkeit  gegeben  werden,  sich  rait 
dem  organisatorisch-politischen  Rahmen  des  Sozialistischen  Biiros  aus- 
einanderzusetzen,   ihr  Vernal tnis  zum  Sozialistischen  Bu'ro  genauer  zu 
bestinmen  bzw.   ihre  Interessen  in  den  Diskussions-  und  Auseinander- 
setzungsprozeB  starker  als  bisher  einzubringen .  Wir  hoffen,  daB  sich 
ein     mb'glichst  groBer  Kreis  von  Gruppen  und  Einzelnen  an  dieser  Dis- 
kussion  beteiligt  und  durch  die  Mitarbeit  am  Tnfo  der  Kooperations- 
und  KommunikationsprozeB  der  im  Sozialbereich  Tatigen  verstarkt  wird. 

Ein  Wort  miissen  wir  noch  dazu  sagen,  warum  das  vorliegende  Heft  so 
spat  erscheint.   Zu  berucksichtigen  gilt  einmal,  da|3  das  Heft  von 
Praktikern  gemacht  wird,  die  diese  Arbeit  neben  ihrer  Berufsarbeit 
und  der  politischen  Arbeit  am  Ort  leisten  mu'ssen  und  zum  anderen 
blieb  die  Arbeit  am  Heft  Nr.   5,  obwohl  eine  Reihe  neuer  Gruppen  zusa'tz- 
lich  am  Info  mitarbeiten  wollen,  einigen  wenigen  uberlassen.  Auf  den 
letzten  Redaktionssitzungen  haben  wir  dieses  Problem  ausfiihrlich  dis- 
kutiert;  die  bei  dieser  Diskussion  neu  hinzugekommenen  Gruppen  muBten 
sich  erst  formieren  und  in  ihren  DiskussionsprozeB  die  Mitarbeit  am 
Info,  was  ja  auch  eine  disziplinierte  termingerechte  Mitarbeit  bedeu- 
tet,  aufnehmen, 

Wir  meinen  aber,  daB  durch  die  Neuorganisation  der  Arbeit  fur  1974, 
diese  sowohl   inhaltlich  und  organisatorisch  besser  strukturiert  wer- 
den kann  und  die  zuklinftigen  Hefte  termingerechter  erscheinen  kb'nnen. 

Die  nachste  Ausgabe  des   Info  Sozialarbeit  (Heft  Nr.  6)  beschaftigt 
sich  mit  dem  neuen  Jugendhilferecht  und  dient  der  Vorbereitung  zum 
Jugendhilfetag  Hamburg.  Das  Heft  wird  rechtzeitig  zum  nachsten  Vor- 
bereitungstreffen  am  26.    -  28.  April    in  Hamburg  erscheinen. 


An  dieser  Ausgabe  haben  folgende  Gruppen  mitgearbeitet: 

AKS  Berlin,  Kritische  Gruppe  Berlin,  Theorie-Praxis-Gruppe  Berlin, 
AKS  Frankfurt,  ehemalige  Mitarbeiter  des  EWH  Berlin  und  Genossen  aus 
Gb'ttingen  und  Kdln, 


Redaktionskol  lekti  v: 

ZUR   ORGANISIERUNG  IM  SOZIALISATIONSBEREICH 

(Ergebnisse  der  Arbeitstagung  vom  10, /IT. 3. 73 
und  des  Arbeitsseminars  vom  26.-28.10.73) 


Fast  1    1/2  Jahre  sind  mittlerweile  seit  der  1.  Redaktionssi tzung  vom 
8.7.72  in  Frankfurt  vergangen, 

Ausgangspunkt  und  Motivationen  fur  eine  uberregionale  Zusammenarbeit 
innerhalb  des  Sozialistischen  Biiros  war 

-  die  seit  dem  Jugendhilfetag  1970  formul  ierte,  aber  bishernicht 
realisierte  Solidarisierung  und  Zusammenarbeit  der  im  Sozialisa- 
tionsfeld  Arbeitenden, 

-  das  Fehlen  eines  Kommunikationsorgans,  das  die  von  sozialistischen 
Gruppen  und  Einzelnen  gemachten  Erfahrungen  wiedergibt  und  aufar- 
beitet, 

-  die   Isolierung  und  Zersplitterung  von  Einzelnen  und  Gruppen   und  die 
Gefahr  der  Berufsbornierung  bei   Festhalten  bisheriger  Arbeitsan- 
satze. 

Deshalb  hatten  wir  uns  entschlossen,  im  Rahmen  des  Sozialistischen 
Buros,   das  in  anderen  Bereichen  ahnliche  Projekte  organisiert   (Express, 
Info  Arbeiterbildung,   Informationsdienst  des  SLB  etc.),  einen   Infor- 
mationsdienst  Sozialarbeit  herauszugeben   und  zukunftig  unter  Einbe- 
ziehung  weiterer  interessierter  Gruppen  und  Genossen  diesen  zu  einem 
Instrument  der  Kommunikation,  Koordination  und  Organisierung  auszu- 
bauen.   Durch  den  Info  soil  den  im  Sozialisationsbereich  tatigen  Grup- 
pen  und  Genossen  dadurch  Unterstiitzung  gegeben  werden,   indem  sie  die 
Hoglichkeit  erhalten  und  aufgefordert  werden,  ihre  Erfahrungen,  un- 
mittelbaren  Probleme,  Konflikte  und  Bediirfnisse  darzustellen  und  mit 
anderen  Gruppen  in  einen  gemeinsamen  Erfahrungsaustausch  zu  treten. 
Ergebnis  dieses  Versuchs,  die  Zusammenarbeit  und  den  Erfahrungsaus- 
tausch verschiedener  Gruppen  zu  organisieren  ,ist: 

•j)    Informationsdienst  Sozialarbeit 

Der  Info  Sozialarbeit,  dessen  1.  Heft  im  November  1972  erschien,  hat 
eine  Auflage  von  5  000  Exemplaren;  davon  sind  mittlerweile  ca.   750  Abon- 
nenten. 

Folgende  Schwerpunkte  wurden  bisher  behandelt: 

Heftl:  Fiirsorgeerziehung 

Heft  2:  Sozialarbeit  in  Insti  tutionen 

Heft  3/4:  Sozialarbeit  zwischen  Selbstorganisation  und  Bu'rok 

tie 
Heft  5:  (  dlese  Ausgabe) 

Stattgefunden  haben  dazu  6  Redaktionssitzungen  mit  unterschiedlich 
starker  Gruppenbeteiligung.  Der  Stamm  der  Gruppen   (Bielefeld,  Bochum,     O 
Dusseldorf,  Frankfurt),  die  bisher  den  Info  getragen  haben,  hat  sich 


ra- 


bis  heute  auf  13  aktiv  mitarbeitende  Gruppen  und  Einzelgenossen  und 
ca.   20  Gruppen,  die  ihre  Bereitschaft  zur  Mitarbeit  erklart  haben   und 
in  den  Informationsaustausch  einbezogen  sind,  erweitert. 

2.  Sozialarbeiter-Tagung  am  10. /n.  Ma'rz  1973  in  Frankfurt 

Um  die  im  1.  Heft  skizzierte  Konzeption  sowie  den  zukLinftigen  Erfah- 
rungsaustausch  und  die  Zusammenarbeit  zu  diskutieren  und  verbindlich 
festzulegen,  fllhrten  wir  im  Ma'rz  eine  zweitagige  Tagung  in  Frankfurt 
durch.  Daran  beteiligten  sich  17  Gruppen  und  liber  150  Sozialarbeiter 
und  Studenten. 

Zu  Beginn  wurde  von  einem  Vertreter  des  Info  Sozialarbeit  kurz  der 
Zusammenhang,  1n  dem  der  Info  stent,  skizziert: 

"DaI3  die  Kontakte  zum  Sozialistischen  BUro  gesucht  und  aufgebaut  wer- 
den,  1st  nicht  zufa'llig.  Viele  Gruppen  und  Genossen  stehen  insbeson- 
dere  sent  dem  Jugendhilfetag  in  NLirnberg  (Sozialistlsche  Aktion)   lose 
in  Verbindung  oder  suchten  in  den  vergangenen  Wochen  und  Monaten  ver- 
sta'rkt  den  Kontakt  mit  dem  Sozialistischen  BUro,  was  letztlich  mit 
der  politischen  Perspektive  und  einer  entsprechend  groSzUgigen  offe- 
nen  Arbeitsweise  des  Sozialistischen  Bliros  zusamnenhangt,   namlich  die 
organisierte  Kooperation  autonomer  sozialistischer  Gruppen  herzustel- 
len.  Das  Sozialistische  BLfro  geht  davon  aus,  daS  die  Gruppen  den  Ar- 
beitsansatz  der  sozialistischen  Linken  in  der  BRD  und  West-Berlin  mit 
Hilfe  einer  nichtautoritaren  Organisation  entwickeln  kb'nnen  und  be- 
reits  heute  in  der  Organisierung  ihrer  Zusammenarbeit  traditionelle 
biirokratische  Orgam'sationsvorstellungen  uberwinden  lernen  und  die 
Entwicklung  einer  neuen  sozialistischen  Bewegung  im  LemprozeB  der 
Klassenauseinandersetzungen  in  den  Betrieben  und  Bu'ros,  Ausbildungs- 
statten  und  anderen  gesellschaftlichen  Bereichen  mbglich  wird. 
in  der  Sozialarbeit  beobachten  wir,  daB  sozialistische  und  kritische 
Sozialarbeiter  einem  zunehmenden  institutionellen  Druck  und  Diszi- 
plinierungsmaBnahmen  ihrer  Anstellungstrager  ausgesetzt  sind.  Diesen 
wird  man  nur  dann  wirksam  entgegentreten  kbnnen,  wenn  wir  einen  soli  - 
darischen  ZusammenschluB  aller  im  Sozialbereich  Ta'tigen  erreichen. 
Die  Aktivitaten  von  sozialistischen  Gruppen  im  Bereich  der  Sozialar- 
beit erfordern  zweifellos  Kooperation,  gegenseitige  Solid*.ritat,  urn 
gemeinsam  erarbeitete  Arbeitsansatze  verteidigen  und  ausbauen  zu  k8n- 
nen.  Daxu  mu'ssen  die  bisherigen  Erfahrungen  der  arbeitenden  Sozial- 
arbeitergruppen  ausgewertet  werden.  Der  Erfahrungsaustausch  muB  auf 
eine  neue,  breitere  Ebene  gebracht  werden,  damit  sich  die  Perspekti- 
ve dieser  Arbeit  langerfristig  genauer  bestimmen  lassen  kann. 
uer  Info  Sozialarbeit  kann  diese  Aufgabe  nur  teilweise  erfu'llen;  er 
muB  erga'nzt  werden  durch  direkte  Kontakte  von  sozialistischen  Sozial- 
arbeitergruppen  untereinander  und  mit  sozialistischen  Gruppen  aus 
anderen  Arbeitsfeldern   (Betrieb,  Schule  etc.).  Dazu  bietet  die  Or- 
ganisationsstruktur  des  Sozialistischen  Bu'ros  giinstige  Voraussetzun- 
gen. 

Das  Ziel  dieser  Tagung  sollte  daher  sein: 

1.  Die  Herstellung  verbindlicher  Kommunikation  und  Kooperation  mit 
bestehenden  autonomen  Gruppen. 

2.  Die  Herstellung  einer  organisierten  Basis  der  Solidaritat  mit  de- 
nen  vom  Berufsverbot  betroffenen  Genossen. 

3.  Die  Diskussion  der  Widersprliche  am  Arbeitsplatz  und  ansatzweise 


Entwicklung  einer  politischen  Strategie  (wie  Widerspr'uche  angegan- 
qen  werden  mlissen). 
4.   Die  Diskussion  uber  Funktion  und  Konzeption  des  Infos  Sozialarbeit. 

Unter  der  Fragestellung  "Wie  kann  organisierte  Kommunikation  fur  die 
im  Sozialbereich  Ta'tigen  aussehen?"  wurde  im  Plenum  und  in  nach  Re- 
aionalbereichen  untergliederten  Arbeitsgruppen  unter  dem  Aspekt  spa- 
te re  r  Zusammenarbeit  folgende  Punkte  unterschiedlich  intensiv  disku- 
tiert: 

-  Gewerkschaftsfrage  ■*».-*< 

-  Funktion  des  Sozialistischen  B'Jros  /Auseinandersetzung  mit  Partei- 
aufbauorganisationen 

-  Funktion  der  Sozialarbeit  und  die  Organisierung  in  diesem  Bereich 

-  Verha'ltnis  Ausbildung  und  Beruf. 


Als  Einstieg  in 
stellung  der  Arb 
tige  Information 
ger  Bestandteil 
nehmerkreis  eine 
diirfnis  der  Teil 
Orten  zu  informi 
an   unterschiedli 


die  Diskussion  benutzten  alle  Arbeitsgruppen  die  Vor- 
eitsbereiche  von  Einzelnen  und  Gruppen.  Die  gegensei- 

nahm  einen  sehr  breiten  Raum  ein;  sie  war  notwendi- 
der  Tagung,  um  liberhaupt  bei  diesem  heterogenen  Teil- 

Diskussionsbasis  zu  erreichen  und  entsprach  dem  Be- 
nehmer,  sich  Liber  die  Arbeit  und  Probleme  an  anderen 
eren.  Die  weitere  Diskussion  in  den  Gruppen  setzte 
chen  Problemkreisen  an: 


Das   Protokoll  der  AG  Dlisseldorf  gibt  drei  Schwerpunkte  an,  die  dis- 

kutiert  wurden:  Funktion  der  Sozialarbeit/Organisierung  in  der  Ge- 

werkschaft/Funktion  des  Sozialistischen  Biiros. 

Aus   der  Funktionsbestimmung  der  Sozialarbeit  als  "disziplimerende, 

knn troll lerende  und  reglementierende  Aufgabe"  und  der  Zuordnung  der 

Sozialarbeiter  "als  Teil  des  Staatsapparates".  wurde  die  Notwendig- 

keit  der  Organisierung  abgeleitet,  wenn  der  Sozialarbeiter    Bundms- 

oartner  des  Proletariats  sein  will". 

Als   notwendige  politische  Erganzung  zur  Gewerkschaftsorgamsierung 

wurde  die  Mitarbeit  in  einer  "Aufbauorganisation"  anvisiert: 

"nie  AO's  zeigen  politische  Perspektiven  auf,  in  wieweit  in  der  Pra- 

Jll   nolitische  Arbeit  mbglich  ist.  Es  werden  ideologische  Auseinan- 

dersetzungen  gefUhrt.  Der  Sozialarbeiter  muB  sich  in  einer  proleta- 

rischen  Partei   organisieren,  um  seinen  Platz  bestimmen  zu  konnen. 

n„nn  ist  er  in  der  Lage,  Agitation  innerhalb  der  Sozialarbeit  zu  be- 

treiben;  die  Jugendlichen  aufzuklaren,  die  Sozialstaatsideologie  der 

Sozialarbeiter  abzubauen,  proletarisches  BewuBtsein  zu  schaffen  und 

s?dl  mit  den  Arbeitern  zu  solidarisieren." 

"nas  Sozialistische  BUro  sollte  die  Koordination  der  sozialistischen 

Sozialarbeiter-Organisationen  betreiben,  um  die  Ansa'tze  der  verschie- 

denen  Gruppen  uberregional   angehen  zu  konnen." 

Die  Arbeitsgruppe  "SUd"  diskutierte  starker  die  Schwierigkeiten  der 
Organisierung  von  Sozialarbeitern,  die  an  folgenden  Punkten  fest- 

aemacht  wurden:  ....  .   ,       D       ■  u 

-  Zweifel   an  der  Relevanz  der  politischen  Arbeit  im  sozialen  Bereich. 
Zersplitterung  in  viele  Organisationsansatze. 

'.  Oberbelastung  durch  ihre  Ta'tigkeit;  die  Bereitschaft,  sich  auBer- 
halb  der  Dienstzeit  zu  engagieren  ist  nicht  stark  genug,   die  zu- 
satzlichen  Anforderungen  auszuhalten. 

-  Sozialarbeiter  sind  keine  homogene  Gruppe;  Interessen,  Ziele  und 


BedUrfm'sse  sind  verschieden,  sie  konkurrieren  um  Geld   und  Klientel 
Organisationsansatze  flatten  daher  u.a.  anzusetzen  an  der  eigenen  Un- 
sicherheit,  den  Schwieri'gkeiten  des  Einzelnen  im  persb'nlichen,   all- 
taglichen  Kontakt  zu  den  Klienten  etc.   Eine  engere  Zusammenarbeit 
ortlich  naher  Gruppen  sollte  in  Verbindung  mit  dem  SZ  Tubingen   und 
Stuttgart  geschehen. 

Das  Protokoll  der  AG  "Rhein-Maingebiet"  gibt  eine  Funktionsbestim- 
mung  der  Gewerkscfiaften  wieder  (siehe   unten),  sowie  Aufgabenstellung 
und  Gedanken  zur  praktischen  Umsetzung  der  im  Sozialbereich  Tatigen. 
Aufgabenstellung: 

1.  Aufhebung  der  Trennung  von  praktischer,  isolierter  Arbeit  und   theo- 
retischer  Ausbildung. 

2.  Erarbeitung  einer  Berufsperspektive  im  Sozialbereich. 

3.  Welche  Funktion  hat  die  Sozialarbeit  und  verwandtes  in  der  heuti- 
gen  Gesellschaft?  Wie  wird  sie  eingesetzt?  Von  wem?  Ab  welchem  Punkt 
ehTstehen  Konflikte?  Theoretische  Verarbeitung  dieser  Fragen  aus  prak- 
tischen Erfahrungen. 

4.  Welche  politische  Perspektive  la'St  sich  entwickeln  fiir  eine  Arbeit 
im  Reproduktionssektor?  1st  es  mbglich,  sich  aus  einem  gesellschaftli - 
chen  Bereich  zuriickzuziehen?  Reichen  Biirgerinitiativen  aus?  Warum 
politische  Partei   in  spe? 

Praktische  Umsetzung: 

1.  Standige  verbindfiche  regionale  Arbeitsgruppen  von  Be rufs tatigen 
und  Studenten  im  Sozialbereich. 

Welche  Ziel gruppen  kann  man  fiir  eine  solche  Arbeit  ansprechen 
(Berufsanfa'nger  -  Sozialisten  im  sozialen  Bereich)?     Kann  man  daruber 
politisieren  (Sozialarbeiter  und  Klienten)? 

2.  Informationsdienst:   Praktische  Projekte  darstellen;  Konflikte 
analysieren;  Forschungsergebnisse  verbreiten;  Auseinandersetzung  mit 
verschiedenen  politischen  Linien. 

3.  Oberregionale  Tagungen  zu  festgelegten  Themen. 

4.  Eintritt  in  die  Gewerkschaft  (OTV) . " 

Diese  Arbei tsgruppenergebnisse  wurden  anschlieBend  im  Plenum  disku- 
tiert.  Weitgehende  ubereinstimmung  bestand  in  der  Einschatzung  der 
Funktion  von  Sozialarbeit,  der  Notwendigkeit  einer  starkeren  Organi- 
sierung insbesondere  in  der  Gewerkschaft,  der  Organisationsform  in 
der  der  uberwiegende  Teil  der  Arbeiter  und  Angestellten  orqanisiert 
sind.  3 

Der  Gewerkschaft  (fur  die  uberwiegende  Anzahl  der  Sozialarbeiter  die 

orv;  wurden  folgende  Funktionen  zugewiesen- 

"1.  Bundnis  auf  breitester  Ebene  im  Kampf  mit  den  Werktatigen 

i.  Uruck  von  der  Basis   in  der  Gewerkschaft 

3.  Durchsetzen  eigener  Interessen  als  Arbeitnehmer 

4.  Einzige  Moglichkeit,  sich  zu  schiitzen  uber  eine  breite  flffentlich- 
keitsarbeit,  Solidarisierung  mit  und  durch  die  Gewerkschaftskol  legen. 
Arbeitsrechtsschutz." 

ubereinstimmung  bestand  auch  in  der  Einschatzung,  da6  eine  Organi- 
sierung in  den  Gewerkschaften  nicht  ausreicht.  Kontrovers  diskutiert 
wurde  dann  die  Frage,  wo  denn  der  politische  Ort  der  Organisierung 
der  Sozialarbeiter  etc.   sei   und  welche  Funktion  in  diesem  Zusammen- 
O       hang  das  Sozialistische  Buro  und  der  Info  Sozialarbeit  einnimnt. 


Die  Aufforderung  von  Teilnehmern,  sich  in  "einer  proletarischen  Par- 
tei   zu  organisieren,  den  kommunistischen  Aufbauorganisationen,  die  die 
Arbei terklasse  als  Sozialisten  vertritt"  wurde  von  dem  iiberwiegen- 
den   Teil   der  Sozialarbeiter  als  Z.Zt.  nicht  relevant  fiir  ihre  Praxis 
angesehen.   In  den  Diskussionsbeitragen,  die  sich  mit  dieser  Position 
auseinandersetzten,  kam  zum  Ausdruck,  dal3  es   fiir  Sozialarbeiter  als 
Lohnabh'a'ngige  aber  nicht  als  Angehorige  des  Proletariats  nicht  allein 
darum  gehen  kann,  sich  in  einer  Organisationsform,  die  glaubt,  die 
richtige  zu  sein  und  die  Interessen  des  Proletariats  vertritt,  anzu- 
schlieBen. 

Ausgehend  von  der  politischen  Situation  in  der  BRD,  der  noch  wenig 
entwickelten  Klassenkampfe,  der  Bindung  der  u'berwiegenden  Mehrheit 
der  Arbeiter  und  Angestellten  an  den  reformistischen  Weg  der  SPD, 
stellt  sich  fur  die  Mehrheit  der  Teilnehmer  nicht  die  Frage  nach  dem 
Parteiaufbau, insbesondere  nicht  nach  der  Dbernahme  historisch  u'ber- 
holter  Organisationsformen.   Es  geht  darum,  erst  einmal  selbst  sich  an 
dem  Ort,  wo  man  arbeitet,  zu  politisieren,  d.h.  nicht  zu  trennen  zwi- 
schen  Beruf  (als  Reproduktionsort)  und  Freizeit  (als  politischer  Ort 
der  Organisierung),  sondern  anzusetzen  an  den  eigenen  Interessen  und 
Bedlirfnissen. 

Die  Politisierung  im  Zuge  der  antiautori ta'ren  Studentenbewegung  schuf 
in   alien  gesellschaftl  ichen  Bereichen  eine  Vielzahl   von  Basisaktivi- 
taten  und  Selbstorganisationsansa'tzen;  so  auch  im  Sozialisationsbe- 
reich     Fur  die  im  Sozialbereich  Tatigen  gilt  es,  diese  Erfahrungs-  und 
Selbstorganisationsansatze  zu  intensivieren  und  auszubauen,  sowohl 
bezogen  auf  die  eigenen   Interessen,  wie  auf  die  Interessen  des  Klien- 
tels     Dabei    tauchen  eine  Vielzahl   von  Fragen  auf  (s.   Protokoll  AG 
Rheiii-Main-Gebiet),  die  bisher  nur  unzureichend  gelbst  und  beantwor- 
tet  sind.  Die  Erfahrungen  aus  den  verschiedenen  Bereichen  aufzuar- 
beiten,  zu  veral  lgemeinern,   die  Isolierung  der  Einzelnen  und  Gruppen 
zu  durchbrechen,  einen  Kommunikationsrahmen  zu  haben,  dazu  sollte  der 
Informationsdienst  Sozialarbeit  dienen. 

Nach  dieser  Kontroverse  u'ber  die  grundsatzli  che  Onentierung  von  Grup- 
nen  im  Sozialbereich  kam  es  nctwendigervjeise  auch  zu  unterschiedli - 
chen  Funktionsbestimmurigen  ces  Info  Sozialarbeit.  Die  Vorstellung 
eim'ger  Teilnehmer,  daB  der  Info  Sozialarbeit  uber  kommumstische 
und  sozialistische  Organisationen  zu  berichten  ha'tte,  daB  z.B.  Be- 
richte  aus  der  "Roten  Fahne"  Oder  dem  "Roten  Forum"  zu  iibernehmen 
waren,  wurde  zuruckgewiesen,  da  es  nicht  um  die  Selbstdarstel  lung  der 
verschiedenen  Gruppen  gehen  kann,   sondern  prima'r  um  die  Diskussion 
und  Weiterentwicklung  bisheriger  sozialistischer  Arbei tsansatze  im 
Sozialbereich. 
Tm  einzelnen  wurden  dem  Info  folgende  Aufgaben  zugewiesen: 

Darstellung  von  verschiedenen  Projekten  in  der  Sozialarbeit, 
-  Analyse  von  Konflikten  am  Arbei tsplatz 

Kla'rung  des  Ver.haltnisses  von  Theorie  und  Praxis 

Veral lgemeinerung  der  Erfahrungen,  Kla'rung  der  politischen   Funktion 

von  Sozialarbeit. 


Die  iiberregionale  Kommunikation  und  Zusammenarbeit  mit  dem  Sozia- 
listischen  Biiro  schafft  die  Moglichkeit,  Kontakte  mit  anderen  Grup- 
nen  z.B.   aus  dem  Produktionsbereich  aufzunehmen  und  verringert  da- 
durch'die  Gefahr  der  Berufsbornierung.  Die  Zusammenarbeit  mit 
diesen  Gruppen     wurde  sich  dann  allerdings  nicht     aus  der  ab- 


strakten  Bestimnung  des  Bundnisses  mit  der  Arbeiterklasse  ergeben, 
sondern  ansetzen  an  den  konkreten  Erfahrungen  und  BedUrfnissen. 

3)  Arbe  its  seminar  am  26.  -  28.  Oktober  1973  in  Frankfurt 

Nach  einem  Jahr  Arbeit  am  Info  Sozialarbeit,  der  Herausgabe  von 
3  Schwerpunktheften,  War  es  notwendig  geworden,  die  bisherige  Arbeit 
des  Redaktionskollektivs  selbstkritisch  zu  hinterfragen  und  zu  u'ber- 
legen,  wie  die  Arbeit  stabilisiert  und  weiter  ausgebaut  werden  kann. 
Wir  haben  festgestellt,  da6  die  notwendigen  Grundsatzdiskussionen 
bisher  in  den  Redaktionssitzungen  nur  ungenllgend  gefuhrt,  die  Arbeit 
der  einzelnen  Gruppen  nicht  zum  Gegenstand  der  Diskussion  gemacht 
worden  sind,  sondern  mehr  oder  weniger  die  redaktionelle  Arbeit,  d.h. 
die  Fertigstellung  des  Infos  1m  Vordergrund  gestanden  hat.  Insofern 
hatten  die  bisherigen  Infos    -  bis  auf  wenige  Ausnahmen  -  kaum  Rele- 
vanz  fiir  die  mitarbeitenden  Gruppen. 

2  Schwerpunkte  standen  auf  diesem  Arbeitsseminar,  an  dem  sich  32 

/, *,- ;+..,„,- ,.„  -JC\  p„„„.„„„  ,,,..  0--K-.     „, ...   ,..,.,    ,-,,.,         OLisseldorf, 

.■,ui.<.=pi.iuN   uca   MMU  :,  n.uci  tsweise  aes  KeaaKiionsKoilekti  vs 
(Frage,  wie  kbnnen  praktische  Fragen  theoretisch  aufgearbeitet 
werden,  mit  welcher  Zielrichtung  und  wie  kdnnen  Sozialarbeiter 
organisiert  werden). 
b)  Einschatzung  und  Vorbereitung  einer  Sozialistischen  Aktion  zum 
Jugendhilfetag  1974  in  Hamburg. 


Da  neben  den  Stamm-Gruppen  eine  Reihe  weiterer  Gruppen  und  Genossen 
erschienen  waren,   die  ebenfalls  kontinuierlich  am  Info  mitarbeiten 
wollen,  nahm  die  gegenseitige  Information  Uber  Arbeitsansatze,  Pro- 
bleme, Motivation  und  Erwartungen  an  eine  Zusammenarbeit  wiederum 
einen  breiten  Raum  ein.  Folgende  Problemkreise  bzw.  Fragestellungen 
wurden  in  dieser  Diskussion  aufgeworfen,  die  zuklinftig  von  uns  ange- 
gangen  werden  miissen: 

-  Wenn  der  Info  die  Orgam'sationsfrage  durch  praktische  Beitra'ge  in 
Gang  halten  soil,  wie  miissen  dann  diese  Berichte  aussehen,  wie  kbn- 
nen wir  eine  Strategiediskussion  erbffnen  und  wie  erfolgt  die  theo- 
retische  Verbindung  zu  den  praktischen  Problemen? 

-  Trafen  die  bisherigen  Info-Artikel  die  praktisch/theoretischen 
Probleme  der  arbeitenden  Gruppen;  in  welchem  Rahmen  steht  der  Info? 

-  Gemeinsame  Probleme  aller  Sozi'alarbeiter-Gruppen  sind:  Verbindung 
von  Theorie  und  Praxis,  Problem  der  politischen  Organisierung,  Pro- 
blem der  politischen  Strategic 

Die  Funktion  des  Info  wurde  im  Hinblick  auf  folgende  Fragestellungen 
diskutiert: 

1.  Organisation  (a)  Gewerkschaft,   (b)  Selbstorganisation 

2.  Funktion  von  Sozialarbeit  (a)  Berufsrolle  des  Sozialarbeiters, 
(b)  Funktion  der  Sozialarbeit  als  Institution 

3.  Aufgaben  und  Ziele  des  Info  (Diskussion  anhand  des  Editorials). 

IU      la)  Von  alien  beteiligten  Gruppen  wurde  die  Gewerkschaft  als  notwen- 


diger  Bestandteil  der  Organisierung  angesehen.  Zur  Einschatzung  des 
Gewerkschaftsapparates  und  zur  Strategie  sozialistischer  Gruppen  wur- 
den   unterschiedliche  Positionen  deutlich.  Die  unterschiedlichen  Po- 
sitionen  blieben  jedoch  in  der  Diskussion  unvernrittelt  nebeneinander 
stehen.  . 

lb)    Die  Selbstorganisation  von  Sozialarbeitern  war  dann  begrundet, 
daB  man  seine  Interessen  durch  Gewerkschaften  und  berufsstandische 
Orqam'sationen  nicht  vertreten  glaubte.  Gleichzeitig  war  mit  der 
Selbstorganisation     (in  AKS-Gruppen  etc.)  der  Anspruch  verbunden,  auch 
den   Klienten  zur  Durchsetzung  ihrer  Interessen  diese  Mbglichkeit  nahe- 
zuleqen     Selbstorganisation  der  von  Sozialarbeit  Betroffenen  wurde 
dann   tendenziell  die  Sozialarbeit  in  ihrer  bisherigen  Kontroll-  und 
Disziplinierungsfunktion  in  Frage  stellen. 

Selbstorganisation  kann  einerseits  ein  Ansatz  zur  Organisierung  be- 
rufsstandischer  Interessen  sein  (Verbesserung  der  allgemeinen  Arbeits- 
bedingungen)  mit  dem  Ziel,  diese  gegenUber  den  Institutionen  besser 
durchsetzen  zu  kbnnen,  andererseits  ein  Ansatz,  der  auf  die  Verbes- 
serung der  Lage  des  Klienten  gerichtet  ist. 

Diskutiert,  aber  nicht  vollig  geklart,  wurde  die  Frage,  ob  die  Info- 
Arbeit  eine  Form  der  Selbstorganisation  darstelle,  bzw.  eine  weiter- 
qehende  Organisierung  vorbereiten  kbnne. 

2a)   Gegenwartig  ist  auf  jeden  Fall   deutlich,  daB  Sozialarbeit  -  sei 
es  behSrdliche  oder  bei  freien  Tragern  -  ganz  allgemein  gesprochen 
kontrollierende  und  disziplinierende  Funktion  hat.  Objektiv  ist  der 
Sozialarbeiter  Funktionstra'ger  der  Institution,  die  ihn  beschaftigt. 
r-jn   sich  politisch  verstehender  Sozialarbeiter  hat  sta'rkeres  Inter- 
esse     die  Betroffenen  zu  unterstlitzen,  wobei  er  notwendigerweise  in 
den  Widerspruch  zu  seiner  objektiven  Funktion  innerhalb  der  Institu- 
tion qerat.  Was  darliberhinaus  mbglich  ist,  bedarf  noch  einer  genaue- 
ren  Einschatzung  und  Bestimnung.  Der  Sozialarbeiter  muB  lernen,  selbst 
fMr  seine  eigenen  Interessen  zu  kampfen. 

?b\   Die  Vergesellschaftung  der  Sozialarbeit  im  Kapitansmus  kommt  in 
fnititutioneller  Form  zum  Ausdruck.  Das  Hilfsprogramm  tritt  sowohl 
Hpm  Sozialarbeiter  als  auch  dem  Klienten  als  fertige  Struktur  gegen- 
Uber    Will  man  dagegen  etwas  tun  -  was  sicher  zu  Auseinandersetzungen 
flihrt  -  dann  kann  man  davon  ausgehen,  daB  die  innerinstitutionelle 
k'nnfliktstrategie  nicht  ohne  Formen  der  Selbstorganisation  auskommt. 
nip  institutionelle  Organisation  der  Sozialarbeit  ist  in  sich  wider- 
cnrUchUch:  Einerseits  ist  die  Institution  auf  die  Sozialarbeiter  an- 
npwiesen     sie  kann  bei  der  Durchfu'hrung  notwendiger  Reformen  nicht 
„hne  weiteres  Uber  deren  Kbpfe  hinweg  handeln,  andererseits  kann  sie 
2,i  kritische"  Basisinitiati ven  weitgehend  verhindern  und  die  Betei- 
niaten  disziplinieren.  Wie  und  mit  welcher  Persoektive  die  hier  vor- 
handenen  EinfluBmbglichkeiten  gen utzt  werden  kbnnen,  muBte  Gegen- 
stand der  Info-Berichte  sein. 

i     npr  Einschatzung  der  Lage  der  Sozialarbeit  im  Editorial   1/72  wurde 
.ilaemein  zugestimmt.  Allerdings  ist  die  Funktion  des  Staatsappara- 
lll   zu Toberflachlich  beschrieben.  Ob  die  Zielsetzung  des  Info  reali- 
•prbar  ist     la'St  sich  gegenwartig  nicht  sagen,  dazu  ist  der  Erfah- 
S  noszeitraum  zu  kurz.  Die  Zeiten,     in  denen  die  Verbffentlichung  von 
^nfliktfallen  allein  schon  politisch  wirkte   (Gegenbffentlichkeit) 
"einen  vorbei  zu  sein.  Notwendig  scheint  uns  jetzt,  wo  die  Anforde-  II 


12 


rungen  der  praktischen  Arbeit  wachsen   und  politisch  schwien'ger  werden, 
eine  griindliche  theoretische  Bearbeitung  und  politische  Einschatzung 
von  Praxiskonflikten. 

Dazu  ist  es  notwendig,  im  Info  m'cht  einzelne  nebeneinanderstehende 
Themen  abzuhandeln,  sondern  zu  einer  kontinuierlichen  Diskussion  Uber 
eine  sozialistische  Strategie  im  Reproduktionsbereich  zu  kommen. 
Obergreifender  Gesichtspunkt  der  Aufarbeitung  von  Praxiskonflikten 
und     -modellen  mu'sste  diese  Strategieentwicklung  sein.  Dabei   soil  ten 
die  in  alien  Praxisbereichen  iitmer  wieder  auftauchenden  Probleme  der 
Selbstorgam'sation,  Gewerkschaftsfrage,   Konfliktbewaltigung  etc.   auf 
einer  mbglichst  konkreten  Ebene  abgehandelt  und  theoretisch  verallge- 
meinert  werden.  Der  Einwand,   daB  die  theoretische  Auseinandersetzung 
bei  uberma'Biger  Anforderung  in  der  praktischen  Arbeit  kaum  moglich 
sei,  wurde  rait  der  Begrlindung  abgelehnt,  daB  es  gerade  dann  wichtig 
sei,  ein  dialektisches  Verhaltnis  zwischen  Theorie  und  Praxis  herzu- 
stellen.  Erst  diese  Arbeitsweise  ermoglicht  eine  qualitative  Verbes- 
serung  des  Diskussionsprozesses   um  die  brennenden  Fragen  im  Sozialbereicr 
Diese  Arbeitsweise  impliziert  einen  groBen  organisatorischen  Auf- 
wand,  der  nur  dann  zu  bewa'ltigen  ist,  wenn  alle  mi tarbeitenden  Grup- 
pen  einen  hohen  Grad  der  Verbindlichkeit  gegeniiber  der  Arbeft  am  Info 
haben.  Der  Vorschlag,  ein  Redaktionskollekti v  vcn  4  -  5  Genossen  zu 
wahlen,  wurde  m'cht  akzeptiert.  Ein  solches  Vorgehen  wurde  eine  kon- 
tinuierliche  Verbindung  zwischen  Theorie  und  Praxis  wieder  unmbglich 
machen.   In  diesem  Zusammenhang  spielt  die  Einsicht  in  die  Bedeutung 
des  Infos  fur  die  Sozialarbeitergruppen  eine  groBe  Rolle.  Wenn  der 
politische  Stellenwert  und  die  Wichtigkeit  dieses  Konmunikationsmi  t- 
tels  erkannt  werden,  steigert  sich  auch  die  Motivation  zur  Mitarbeit. 

Fur  die  Mitarbeit  und  Strukturierung  des  Info  Sozialarbeit  gelten  vor- 
la'ufig  folgende  Gesichtspunkte: 

1.  Trennung  von  Arbeitsseminar  und  Redaktionssitzung:  4  x  im  Jahr  wer- 
den Arbeitsseminare  durchgefiihrt,  die  sich  mit  einem  jeweiligen  Schwer- 
punktthema  beschaftigen.  Am  Arbeitsseminar  kb'nnen  sich  Gruppen  und 
Einzelne  beteiligen,   die  sich  mit  dem  Thema  auseinandergesetzt  bzw. 
die  vorab  verschickten  Thesen  und  Papiere  gelesen  haben;  die  Arbeits- 
seminare sollen  gleichzeitig  den  Zusammenhang  der  verschiedenen  Grup- 
pen intensivieren  und  als  iibergreifenden  Gesichtspunkt  die  Entwick- 
lung  einer  sozialistischen  Strategie  thematisieren.  Gruppen  oder  Ein- 
zelne, die  daran  interessiert  sind,  setzen  sich  mit  dem  Redaktions- 
kollekti v  in  Verbindung  bzw.  nehmen  Kontakt  zur  Koordinationsgruppe 
auf.  Die  Offenheit  der  Seminare  findet  allerdings  dort  ihre  Grenze, 
wo  die  Mitarbeit  lediglich   im  Besuch  des  Seminars  besteht.  Wir  wer- 
den nur  arbeitsfahig  sein,  wenn  sich  alle  auf  den  jeweiligen  Schwer- 
punkt  grundlich  vorbereiten  und  an  den  gemeinsauten  Fragestellungen 
arbeiten.  Die  Ergebnisse  des  Arbeitsseminars  dienen  der  inhaltlichen 
Gestaltung  des  Info  Sozialarbeit. 

An  den  Redaktionssi tzungen  nehmen  nur  die  GruDpen  und  Einzelne  teil, 
die  sich  bereit  erklart  haben,  kontinuierlich'  mitzuarbei  ten. 

2.  Jeweils  eine  Gruppe  wird  ein  Schwerpunkt thema  inhaltlich  vorbe- 
reiten und  ist  fiir  die  Koordination  und  den  organisatorischen  Ablauf 
verantwortlich.  Die  von  ihr  ausgearbeiteten   und  zusammengestellten 
Papiere  (Thesenpapiere,  Literaturlisten,  exemplarische  Falldarstellung) 


werden  rechtzeitig  zu  jedem  Arbeitsseminar  versandt. 

3.  Eine  Jahresvorausplanung  ist  allein  schon  aus  techm'schen  Grunden 
erforderlich. 

4.  Die  Themenauswahl   soil  den  verschiedenen  Praxisfeldern  Rechnung 
tragen. 

5  Innerhalb  der  verschiedenen  inhaltlichen  Schwerpunkte  muB  eine 
Kontinuitat  in  der  Entwicklung  der  Iibergreifenden  Fragestellungen 
gesi chert  werden. 

6.   Die  Schwerpunktthematik  soil  nicht  bedeuten,  daB  andere  aktuelle 
Beitrage  ausgeschlossen  werden. 

7     Ort  der  Arbeitsseminare  ist  der  Sitz  der  jeweiligen  Koordinations- 
gruppe (mit  Ausnahme  des  Arbeitsseminars  Jugendhilferecht) . 

8.   Aktuelle  Informationen,  Berichte,  Materialien  etc.  werden  der  je- 
weiligen Koordinationsgruppe  zugeleitet. 

Folgende  Themenschwerpunkte  und  Termine  wurden  fur  1974  festgelegt: 

Info  Heft  Nr.  6   (1/1974) 

Thema:  Jugendhilferecht/Vorbereitungsheft  zum  Jugendhi  lfetag  Hamburg 

Arbeitsseminar:  Mitte  Januar  in  Bielefeld 

Info  Heft  Nr.   7  (2/1974) 

Thema :  Jugendzentren/Jugendcl ubarbei t 

Arbeitsseminar:  Ende  April   in  Diisseldorf 

Koordination:   Gerd  Rieger,  4  Diisseldorf,  Oberkasselerstr.  7 

Info  Heft  Nr.  8  (3/1974) 
Thema:  Reformismus  in  der  Sozialarbeit 
Arbeitsseminar:  Ende  Juni/Anfang  Juli   in  Berlin 
Koordination:  AKS  Berlin  41,  wielandstr.   26 

Info  Heft  Nr.   9  (4/1974) 

Thema:   Psychisch  Kranke 

Arbeitsseminar:  Ort  steht  noch  nicht  fest 

Koordination:  Hans  Groffebert,  8  Miinchen  2,  Kobellstr.   12 


f.d.R.  Christine  Miiller,  Gunter  Pabst 


13 


MATERIALIEN 

ZUR  JUGEND-  UND  SOZIALARBEIT 


Kritische  Gruppe  Westberlin: 

ZUR  PROBLEMATIK  VON  ROLLE  UND  FUNCTION 

DER  SOZIALPKDAGOGIK 

AM  BEISPIEL  DER  KOLLEKTIVPKDAGOGIK 


NR.      1 

ZWI5CHENAUSWERTUNG  DES  PROJEKTE8  IN 
DER  FAMLIENFURSORGE  DER  8TADT  K0LN 
Margcc    DeLla 

Dla    twiachanauavartung    atallt  dai 
iriLi   Jahr    dar    Axbalt    alnar    Brojakt- 
gryppa     ir    6*t     Tit,  I 1  laniOr  lonj  «    dar 
Itadt   Roln    dar    ala    iriti    Fhaaa    Bur 
■ntwlcklung   ainaa   Varandartingtao- 
ahdrdlloha    Jugand- 


aiala 


<  oh  2. so; 


HAIDHAUSERl    VERTEIDIGT   EURE   LE3ENS- 

BEDlNGVn'GENl    GHA    IN  H<lNCHEN-HAID- 

HAU8EN 

ARBEITSBERICHT  197o/71 

Baldhaiiaan-luio 

Dar  arata  iarioht  baaohialbt  dla 
Arbalt  a*a  von  dar  victor  aeilanea- 
ttlftung  gatraganan  ArbaltaEaLdao- 
dalli  "Baldhauaan-BOro,  ■tadteall- 
Inforaatlon'  tc  Itadtarnauarungaga- 
fct.t  ■aaeaan-laldhaataa  ■(hr.nd  da* 
■altrauaaa  Dumbii  ISlo  -  Ok to bar 
1871    and   aathllt   aaata    llaachalasa- 


KAMPF   UM  EIN  JUGENDWOHNKOLLEKTJV 
PLANSPIEL   UND   WIRKLICHrtlT 

Christian    .«r:inn/k/t,iit.i,raM, 
Kodalla    ortana    Jogandhilfa 
in    alnaai    Flanapial,    daaaan    fiplalpha- 
■«a    uofl    Konfllkta    ail    OQKuaantan    ana 
dar    Gaachlc-hta    dar    Jugandvohnkollak- 

aucht.     daa    Spannungafald    uftunlgtn, 
In    daaalch  Juganduotinkol  lakt  Iva    ba- 

dia  apaalflarhan  pici:,,,  dar  Jug.nd 
wohnkoll.ktlva  dtutllch,  aondarn  auch 
11a  funktlon  von  Soalalarbalt  la  tu- 
taaaaniplal    von     BahQrdan,     Irmi,     Fo- 

laalbaikoaianpiela    DH    S.oo] 


Auaw.rtung    alnar    Bafragung    von    58    G«R. 
Frojaktan     In    dar    mo    lm    j»hra     19  71.     Ir 

untaraucht    dla    Bonxaptlcn    dar    Ftojakta 
und     lhr.    "«,u,     di.    praktlacha    Pm- 


■a    dar    Arbalcapl ltd 
atlndnla    und    dla    Qui 


■  -!■'-:  n  :,-,..:. 


NR.      5     UND  NR,      6 

READER   JUGENDWOHNKOLLEKTIVE 
Arbaitagiuppa    Kodalla    Offana   Jugand- 
Mlfa 

Dla    Intnlcklunn    dar    Jugandwohnkollak- 
tlva    vlrd    In    lhraa   polituctian    Suaaa- 
■anhang    daroaatallt,    itaua    Tandanaan 
wardan   haraaBgaarbaitat.    Cabal   vltd 
gaiaigt,    das    alna   wirkaaaa    lllfa   auoh 
In    JugandaohnkBllaXtlvan    nlcnt   adg- 
Lleh    lit,    aolanga    nioht    lnhaltlich    und 
aathodlach   an   dar  gaaa&tan   iui,-,nita- 
ation  Jugandllchar   angaaatat   wlrd.    Dar 
Kaadai   anthlLi   alna   Raltia   biahar 
achval   luglmjlichar   Taitta    aovla   alna 
auafQfcrlleha    LlttttUfllllt. 
[lolbitkoatanprali   kx.I      cm  fl.oc 

KB. 6       DH    j.oo) 


haidhauser!  verteidigt  eure  lebenb- 
bedingungen!  gwa  in  mOnchen-haid- 
hau3en-  arbeitsbericht  i9/1//2 

Saldhauaan-luro 


Dar    a.aita    Barlch 
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WEITERE   VEROFFENTLICHUnGEN 

ZUR   THE0R1EB1LDUHG  DER  5RUPPEN- 

PADAGOGIK 

BERICHT  USER   EIN   EXPERTENGESPR^CH 

in  dlaiar  thrift  vatdan  dl.  Etgabnl 
alnai  Ixpar tantag ung  dbar  Gruppanpad. 
goglk    varoftantllcht    und    dl.    E.poaaa 

von    Glaala    Konopka,     Narnar    Loch.     Klai 


ENTHLIRF   FUR   EIN   NEUES   JUGENDMI LFEGESETZ 
DER    KOMMISS10N    DER   VICTOR   GOLLAHCZ- 
ST1FTUNG 


Ltlrllni, 


I    dan    In- 


aaclit    auf    Crslahung    und   Bildur.g, 
.    Jugandhllfa    ala    alganatind  Igar    Soala 
llaatlonabacalch, 

(■anxlpatlon    ala    Elalrlehtung    dar    Ju 
gandhllfa, 
Angahan    von   Chancanungl alchhalt    aoii' 


MATERIALIEN    IN   V0RBERE1TUHG 


READER   IUR   THEORIE  UND   STRATEGIE  DER 
GEWEINWENSENARBEIT 


oratiacfc.E 

Obar    Si.    s,. 
tatan    Banal 


NR.       9 

BERICHT   [IfiER   DEN   VERLAUF  DES   PROJEK- 

TES    IN  DER   FAMILIENFtlRSORGE   DEB    STJta* 

KfiLN      (Arbaltitltal) 

Alba  it agruppa    Intralnatltutiooalla 

HDdaUa 


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lcklung  daa 
bahfirdlieha 
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10 


ZUR   DIDAKTIK   INTERNATIONALER   FORT- 
B1LDINGSKURSE      (Arbaitatltali 
Dar    Bailcht    gaht    voa    Irfahruagaa    Baa. 
'tntacnatlonalaa    itll 


'    ga.oaran 


UlJl 


Die  VICTOR  GOLLANCZ-STIFTUNG  E.   y.  VWBtUaBbt 

als  tiundesier.trale  EinridiCung  Kartbllxiirrj   fajj 
die  Ptixis  durch  Praxis  ftlr  in  der  Ji^stl-   anl 
532ialaj±eit  Tatlge  in  Hlnf  AztoadtabajBaA^aBBi  i 
" Intrainstltutlonelle  Modeile*.    "Prax-w^r-i^.. 
tende  Fortblldung",    "Hadfelle  Offme  Ju?crd- 
hilfe".   GanelrawEaHiarbelLaocdelle" .    "Irtcaa-- 
natlonoles  Studlenprcqram" . 


BESTELLUNG 


MATERIALIEN   ZUR  JUGEJO-  UW)  SDZIAQWa-IT 

-...Expl.    HR,    l    (dh  I.Sol  T^aaatprala    

.  ...&tpl,    NX.    4    l»  l.«l    Cautprala    

Cxpl.   KR.    5    (DH  S.ool    GaaaatpialB    

.  ...dpi.    KT.    6    (DM   6.a>]    Cautprala    

, ...Cxpl.    NR.    7    [OH  6.00}    Caaaatprala    

. . . -Expl.    ZUB  TKCOBIEalLOaNC     DEK 

PXdaSXiIX    [DH  S.OO)C«a™ipr. 
...-Expl.    EKTWURT  TVS  El"  NEUES   JUCEJCV 

HlLTEGEScn       Igratla) 
VOROESTELLUNO: 

Expl.      NR.       6 

Expl.      NR.      9 

Expt.      NR.    10 


(Pralanachlafi    in 


VICTOR     GOLLANCZ  -  STIFTUNG 

6000  FRANKFURT- MAIN  1      WILHELM-LEUSCHNER-STRASSE  25 


Vorbemerkung: 

Dev  folgerAe  Avtikel  e'tellt  eine  Uberarbeitung  uneeree  Ax-tikele 
("Vereuah  einer  kvitieahen  Reflektion  der  MOgliohkeit  und  UnmSglioh- 
keit   von  XollekHvpSdcyogik")   aue  dem  hiaterialien  Band  S  -  "Reader 
jugenduohnkollektive"  -  der  Victor-Gollancs-Stiftung  dar.   Dem  Leeer, 
der  nodh  niaht  intenaiv  mit  der  dort  dokumentierten  Diakuaeion  be- 
fatit  war,  mSahten  air  es  dringend  zum  beseeren  Veratandnia  der  im  fol- 
genden  behandelten  Problematiken  empfehlen,  eioh  dieaen  Reader  und 
den  erg&nzenden  Band  6  bei  der  obengenannten  Stiftung  in  Frankfurt 
(f/ilhelm-Leusohner-Str.   25)  zu  beeohaffen. 

Mit  dem  vorliegenden  Artikel  soil  eine  Diskussion  weiter  vorangetrie- 
ben  werden,  die  seit  dem  ersten  Heft  immer  wieder  unter  verschiedenen 
Blickwlnkeln  kontlnuierUch  geflihrt  wurde.  Es  handelt  slch  dabei   m 
die  Bestinmung  der  Funktion  von  Sozialarbeit  im  Kapitalismus  einerseits 
und  urn  die  Bestinmung  der  Mb'glichkeiten  (und  auch  der  Grenzen)  enga- 
qierter  Sozialpadagogen  innerhalb  dieser  Gesellschaft  andererseits . 
Dabei   soil   zum  ersten  Mai   versucht  werden,  diese  Thematik  nicht  nur 
deskriptiv  und  formal  klassenanalytisch  anzugehen,  wie  es  dann  not- 
wendigerweise  mit  einer  stark  resignativen  Tendenz  vor  allem  im 
Heft   1  des   "Info's"   geschehen  ist,  sondern  gleichzeitig  mindestens 
ansatzweise  reale  Perspektiven  zu  entwickeln.  Das  ist  uns  bestimmt 
oft  nur  sehr  mangelhaft  gelungen,  trotzdem  dieser  Artikel   auf  einer 
dreijahrigen  Diskussion  mit  Kollektivberatern  basiert,  die  sich  ehe- 
mals  in  einer  Arbeitsgruppe  innerhalb  der  Victor-Gollancz-Stiftung 
trafen,   und  trotzdem  ein  GroBteil  eben  jener  Berater  jetzt  zum  stan- 
diaen  Mitarbeiterkreis  des  vorliegenden  Info's  gehbrt.  Gruppen,  die 
die  Mangelhaftigkeit  der  nachfolgenden  Diskussion  mit  beheben  helfen 
kbnnen,  sind  somit  dringend  aufgerufen,  den  vorliegenden  Info  auch 
a1s  ihr  Organ  zu  begreifen  und  durch  kontinuierliche  Mitarbeit  die 
Diskussion  mit  vorantreiben  zu  helfen! 

Die  "APO   -  Zeiten"  haben  im  Bereich  der  Sffentlichen  Erziehung  ein 
spezielles  Ergebnis  hervorgebracht:  Die  Kollektive! 
Heimjugendliche,  die  auf  Grund  der  diversen  Heimkampagnen  im  bundes- 
renublikanischen  Raum  aus  den  Heimen  verschwanden  und  andere  Trebe- 
aanger  wandten  sich  mit  der  Bitte  urn  Unterstutzung  bei   der  Lbsung 
ihrer  Probleme  an  Studenten  der  damaligen  politischen  Scenerie  bzw. 
erhielten  diese  Jugendlichen  von  den  Studenten  direkt  die  agitato- 
-scne  Aufforderung,  sich  in  den  studentischen  Kampf  zu  integrieren 
Und  somit  auch  ihre  Probleme  zu  Ibsen.   In  dem  MaBe,  wie  sich  diese  IO 


16 


Zielsetzung  als  falsch  und  undurchfuhrbar  erwies,  wurden  die  Kollek- 
tive  (teils  gemischte  aus  Heimjugendlichen  und  Studenten,   teils  - 
etwas  spater  -  nur  aus  Heimjugendlichen  bestehende),  die  sich  aus 
einem    politischen  Anspruch  und  aus  einem  polftischen  Zusammenhang 
heraus  gebildet  hatten,  geschlossen  bzw.   verstarkt  unter  padagogi- 
schen Gesichtspunkten  gesehen.  Die  studentischen  Genossen  zogen  sich 
einerseits  massenhaft  aus  dem  vorher  eingegangenen  Engagement  zuruck, 
die  verbliebenen  diskutierten  die  Kollektive  der  ehemaligen  Heimju- 
gendlichen zunehmend  nicht  mehr  unter  politischen  Gesichtspunkten, 
sondern  verstarkt  unter  dem  padagogischen  Gesichtspunkt  der  Aufar- 
beitung von  "Schadigungen"  der  betroffenen  Jugendlichen. 

Die  genannte  grobe  Skizzierung  trifft  so  allerdings  nur  fur  die  BRD 
zu.   In  Westberlin  verlief  die  Entwicklung  insofern  anders,  als  hier 
das  auslbsende  Moment  keine  irgendwie  gearteten  Heimkampagnen  waren, 
sondern  die  "Randgruppenarbeit"   (zumeist  Arbeit  mit  Rockern)   und 
deren  theoretische  Aufarbeitung  einerseits,  andererseits  die  Ausein- 
andersetzung  mit  den  Heimkampagnen  in  der  BRD.  Von  daher  wurden  die 
ersten  Kollektive  von  linken  Sozialarbeitern  und  -padagogen  sofort 
auf  Grund  der  vorher  gelaufenen  Diskussionen  als  padagogische  ge- 
plant  und  gegrlindet:  man  verstand  sich  als  Gegenmodell,  als  Alterna- 
tive zur  herkbmmlichen  Heimerziehung. 

Innerhalb  der  Gollancz-Stiftung  schufen  sich  die  beteiligten  Sozial- 
padagogen  eine  Plattform  zur  Diskussion  und  Aufarbeitung  der  im  Zu- 
sammenhang  mit  den  padagogischen  Kollektiven  auftretenden  Probleme. 
Schon  in  den  ersten  Diskussionen  wurde  klar,  daB  im  Grunde  keiner 
der  Beteiligten  seine  ideologische  Verankerung  in  der  APO  leugnen  konn- 
te:  die  Ansicht,  mit  Hilfe  des  Gegenmodells  Jugendkollektiv  eine  wir- 
kungsvolle  Alternative  zur  Heimerziehung  zu  liefern  und  dadurch  revo- 
lutiom'erend  auf  den  Bereich  der  gesamten  offentlichen  Erziehung 
wirken  zu  kbnnen,  herrschte  allgemein  vor.  Nur  noch  ein  paar  funktio- 
nierende  Kollektive,  und  die  Herrschenden  wurden  reumlitig  ihre  Heine 
schleifen  und  statt  dessen  uberall   Kollektive  griinden  lassen!   - 
in  den  folgenden  Diskussionen,  zu  denen  sich  nahezu  alle  Kollektiv- 
berater  der  BRD  und  Westberlin  in  von  der  Victor-Gollancz-Stiftung 
organisierten  Seminaren  in  Dietzenbach  trafen,  wurde  nicht  nur  sehr 
bald  klar,  daB  die  Auswirkungen  der  Kollektive  auf  die  etablierte  Heim- 
padagogik sehr  gering  waren,  sondern  daB  im  Gegenteil   die  Sozialbiiro- 
kratie  und  ahnliche  Funktionen  wahrnehmende  Kontrollorgane  alles  da- 
ran  setzen  und  auch  fernerhin  setzen  wurden,  die  (angenommenen)Frei- 
raume  der  Kollektive  einzuengen  und  in  gangige  Formen  von  Heimpada- 
gogik zu  re-integrieren.   (Das   la'Bt  sich  in  den  Verdffentlichungen 
in  der    Deutschen  Jugend"  und  neuerdings  im  "Info  Sozialarbeit"  genau 
verfolgen. 

Vor  allem  an  Hand  der  solchermaBen  durch  die  Sozialbu'rokratie  aufge- 
zwungenen  Kollektivreali tat  einerseits  und  der  padagogischen  Praxis 
der    Berater"  in  den  Kollektiven  andererseits  setzte  sehr  bald  eine 
heftige  und  kontroverse  Diskussion  liber  die  exakte  Bestimmung  der 
politischen  und  padagogischen  Inhalte  und  Formen  der  in  den  Kollekti- 
ven zu  praktizierenden  Padagogik  ein,  eine  Diskussion,  die  leider  nie 
bis  zu  einem  genauen  Ergebnis  gefiihrt  wurde. 


Ausqegangen  wurde  von  dem  Begriff  der  "Alternative  zur  Heimerzie- 

hung"  aus  den  Anfangen  der  "Kollektiv-Kra",  als  die  Initiatoren  von 
Jugendwohngemeinschaften  auf  Grund  der  Analyse  der  Heimpadagogik  da- 
zu  kamen,  eine  qualitativ  andere  Sozialpadagogik  machen  zu  wollen, 
welche  die  betroffenen  Jugendlichen  nicht  zu  lebens"untikhtigen" 
Menschen  verforme,  sondern  sie  befa'higen  sollte,  sich  auf  der  Basis 
einer  vollendeten  Schul-  und/oder  Berufsausbildung  kritisch  in  die 
Gesellschaft  zu  integrieren.  Damit  ist  gemeint,  Verlassen  der  gesell- 
schaftlich  randstandigen  Rolle  als  "deviante"  Jugendliche  und  Integra- 
tion  ins  Proletariat  als  Voraussetzung  jeglicher  proletarischen,  ge- 
sellschaftspolitischen  BewuBtwerdung.  Das  waren  Ziele,  von  denen  man 
wuBte,  daB  sie  von  der  Heimpadagogik  gangigerweise  nicht  geleistet 
werden. 

Die   Kritik  an  dem  Begriff  "Alternative"  setzte  einerseits  an  der  Rele- 
vanz  der  Kollektive  im  Hinblick  auf  die  Heimerziehung  an,  anderer- 
seits,  und  das  war  der  gewichtigere  Punkt,  an  dem  Vorhandensein  von 
bezahl'ten  Padagogen  (Erziehern).  Die  Kritiker  waren  der  Meinung,  daB 
man   nicht  von  einer  Alternative  sprechen  kbnne,  solange  man  eine 
Grundstruktur  der  Heime,  die  Gliederung  in  "Zoglinge"   und  "Erzieher", 
Libernehme.  Dabei  wurde,  und  das  ist  wichtig  zum  Verstandnis  des  Fort- 
gangs  der  Diskussion,  auf  eine  objektivistische  Weise  vorgegangen  und 
unter  weitgehender  Vernachlassigung  der  subjektiven  Ebene  (Selbstver- 
standnis  des  "Beraters",  Zielbestimmung  der  Arbeit,  Praxis  der  Ar- 
beit,  u.a.)  nur  das  Vorhandensein  der  Berater  als  Padagogen  zum  An- 
satzpunkt  der  Diskussion  genommen  unter  Einbeziehung  der  reglementie- 
renden  Strategie  der  Sozialbiirokratie,  die  weitgehend  als  ubermach- 
tig  und  letztlich  unschlagbar  gesehen  wurde.  Das  ist  wichtig  im  Hin- 
blick auf  die  Beurteilung  der  spater  diskutierten  Alternativen  zur 
Kol  lektivarbeit. 

Nach   langen  Diskussionen  einigte  man  sich  schlieBlich  darauf,   "nur" 
Differenzierung  von  Heimerziehung  zu  sein.  Die  Diskussion  um  die  in- 
haltlichen  padagogischen  und  politischen  Moglichkeiten  einer  solchen 
Differenzierung  und  der  sich  daraus  fur  in  diesem  Bereich  arbeitende 
Padagogen  ergebende  Forderungen  und  Kampfesformen   (auch   und  gerade 
aeqenLiber  der  Sozialbiirokratie)  wurde  nicht  ausreichend  geleistet. 
Unter  dem  Eindruck  des  inzwischen  entstandenen  Georg-von-Rauch- 
Hauses   in  Berlin  verengte  sich  die  Diskussion  zunehmend:   Das  Georg- 
v0n  Rauch-Haus  als  selbstorganisiertes  Kollektiv  verstand  sich  selbst 
und  wurde  von  vielen  an  den  Diskussionen  beteiligten  verstanden  als 
die  einzig  legitime  Alternative  zur  Heimerziehung.  Unter  diesem  Blick- 
winkel  wurde  die  Diskussion   um  padagogische  Kollektive  nur  noch  sehr 
verklirzt  geflihrt:  man  war  nicht  mehr  bereit,  selbst  nach  dem  Prinzip 
Her  Selbstversorgung  und  der  tendenziellen  Selbstverwaltung   "gefuhr- 
ten"  Kollektiven  das  positive  Pradikat  "Differenzierung  von  Heimer- 
ziehung" zuzuerkennen,  sondern  man  sprach  nur  noch  von  einer  "Wie- 
derholung  der  Heimerziehung  mit  anderen  Mitteln". 

7usammen  mit  dieser  Diskussion  lief  die  Auseinandersetzung  uber  den 
nnlitischen  Anspruch  der  zu  leistenden  Padagogik.  Auch  hierbei    tra- 
Vpn  schwere  Differenzen  auf.  Die  eine  Fraktion  wollte  mehr  eine  poll  - 
Hsche  Bestimmung  der  padagogischen  Inhalte  der  Arbeit  vornehmen, 
wahrend  die  andere  Fraktion  eher  die  Diskussion  um  die  direkte  poli- 


17 


18 


tische  Aktivierung  der  Jugendlichen,  urn  die  Verbindung  von  padago- 
gischer  Arbeit  und  aktivem  Kampf  zusammen  mit  den  Jugendlichen  fUh- 
ren  wollte.  Das  ging  einher  nrit  der  Auseinandersetzung  um  das  Ziel 
der  Reintegration  der  Jugendlichen  ins  Proletariat  einerseits  und  um 
die  verlangte  gemeinsame  Integration  von  Beratern  und  Jugendlichen 
in  den  politischen  Kampf  andererseits,  ja,  die  gemeinsame  Integra- 
tion in  den  politischen  Kampf  wurde  zur  Voraussetzung  uberhaupt  einer 
mbglichen  und  erfolgreichen  nicht-integrativen  Sozialpadagogik. 

Aus  unserer  Sicht  ist  eine  solche  Diskussionsweise  falsch  und  ist 
zu  teilweise  schwerwiegenden,  falschen  Ergebnissen  gekommen.  Um  die 
Basis  anzugeben,  auf  der  wir  diese  Diskussion  und  ihre  Ergebnisse 
bewerten  und  eine  andere  Perspektive  entwickeln,  seien  im  Folgenden 
einige  Absatze  aus  Erziehung  und  Klassenkampf  4/71  zitiert: 
Im  Editorial  wird  festgestellt,  daB  die  Klarung  der  Kampfaufgaben 
von  Sozialarbeitern  und  Sozialpadagogen  erst  am  Anfang  stehe  und  in 
dieser  Situation  die  Gefahr  besonders  groB  sei   "entweder  idealistische 
Entwlirfe  zu  machen  oder  in  Bereiche  auszuweichen,  in  denen  sich  auf 
den  ersten  Blick  revolutionare  Intentionen  am  ehesten  in  die  Berufs- 
praxis  einbringen  lassen."  Weiter  heiBt  es:   "So  hat  sich  nach  der 
auf  der  Westberliner  Randgruppenkonferenz  im  Februar  1970  zu  recht 
geubten  scharfen  Kritik  an  der  Randgruppen-Euphorie  auch  unter  Sozial- 
arbeiter-Studenten  die  Tendenz  breit  gemacht,  nur  noch  die  "normale" 
Jugendarbeit  und  die  Vorschulerziehung  als  politisch  relevante  Hand- 
lungsbereiche  anzusehen.    (In  unserem  Fall  war  es  die  Stadtteil-  und 
Jugendzentrumsarbeit  -  s.  weiter  unten  -  d.  Verf.)  Diese  Tendenz 
wird  noch  dadurch  gefordert,  daB  die  Verwertungsinteressen  des  Kapitals 
in  den  sozialpadagogischen  Berufsfeldern  der  vorschulischen,  der 
auBerschulischen  bzw.  der  sogenannten  Freizeitpadagogik  teils  nicht 
unmittelbar  in  Erscheinung  treten,   teils  noch  nicht  so  umfassend 
wirksam  geworden  sind,  so  daB  hier  idealistische  Freiraumillusionen 
noch  am  ehesten  sich  ausb  reiten  konnen. 

Um  das  immer  erneute  Entstehen  von  Illusionen  zu  verhindern,  miissen 
wir  uns  deshalb  immer  wieder  die  Widerspruche  klar  machen,  denen 
auch  der  sozialistische  Sozialarbeiter  und  Sozialpadagoge  in  alien 
Berufsfeldern  ausgesetzt  ist.  Sein  praktisches  Handeln  wird  in  vie- 
len  Fallen,  ganz  unabhangig  von  seinem  politischen  BewuBtsein,  auch 
(Hervorheben  durch  d.  Verf.)  eine  herrschaftsstabilisierende  WirkTJng 
haben.  Es  gibt  keine  (dito)  Praxis  in  der  kapi talistischen  Gesell- 
schaft,  die  es  uns  gestattet,  den  diese  Gesellschaft  konstituieren- 
den  WidersprUchen  zu  entgehen.  Jede  Beschrankung  auf  nur  aufgeklarte, 
individuelle,  unorganisierte  Sozialarbeit  und  Erziehungspraxis  ist 
notwendig  zum  Scheitern  verurteilt  und  fordert  Illusionen  und  Resig- 
nation."  (E  &  K  S.  3-4) 

In  der  genannten  E  &  K-Ausgabe  findet  man  auch  folgendes  Hoernle- 
Zitat:     Kommun  is  tische  Kinderheime!  Auch  dieses  Wort  klingt  manchen 
Genossen  beruckend  im  Ohr.  Auch  hier  ein  Stuck  falscher  Romantik. 
Es  ist  eine  Illusion  zu  glauben,  die  kommunistische  Partei  oder  Ju- 
gend  konne  revolutionare  Heimerziehung  leisten,  ohne  vorher  die  po- 
litische  Macht  zu  besitzen."  (S.  37) 

Ferner  werden  an  anderer  Stelle  Aussagen  Liebknechts  zur  Fiirsorge- 
erziehung  aus  den  "Leitsatzen"  und  aus  einem  Referat  zur  Begrundung 
der  Leitsatze    zitiert:   "...;  der  Zweck  der  Flirsorge,  die  Zb'glinge 


fijr  das  Erwerbsleben  brauchbar  zu  machen,  darf  einzige  Richtschnur 
sein    "   und:   "Die  FLirsorgeerziehung  soil  einzig  und  allein  dafiir  sor- 
gen.'daB  die  Zoglinge  dem  Kampf  ums  Dasein  geistig  und  kb'rperlich 
gewachsen  sind."   (S.  29) 

Dieses  Zitat  soil  noch  nrit  einer  Aussage  Bernfelds  naher  erla'utert 
werden:    "Fur  die  dem  Zbgling  freundlich  gesinnten  Erzieher  -  denen 
auf  Grund  ihrer  politisch-padagogischen  Zielsetzung  nicht  dieselben 
subjektiven  Grenzen  in  der  Erziehung  gesetzt  sind,  wie  denjenigen, 
die  die  Zusta'nde  in  den  Heimen  dulden  oder  sogar  noch   tatkra'ftig 
aufrechterhalten   -  sagt  Bernfeld,  daB  es  gilt,  aus  einem  "gewissen 
Teil    der  Zoglinge  normale  proletarische  Jugendliche  (zu)  machen, 
denen  gegeniiber  die  Arbei terbewegung  die  normale  Aufgabe  der  Aufklarung, 
Klassenerziehung  und  Organisation  hat!."   (E  &  K  S.  30/31) 

L/as  wird  nun  aus  den  Zitaten  im  Vergleich  zu  der  vorhin  umrissenen, 
unserer  Meinung  nach  illusionaren  Position  der  gemeinsamen  Integra- 
tion  von  "Erziehern"  und  "Zb'glingen"  in  den  Klassenkampf  deutlich? 
Um  das   herauszuarbeiten,  muB  man  noch  einmal  bei  den  Ursprungen  der 
Kollektivbewegung  und  der  ideologischen  Verankerung  im  Gedankengut 

□fe   in°den  zitieften  Passagen  des  Editorials  formulierte  Kritik  an 
"nur  aufgeklarten,   indi viduellen,  unorganisierten"  Formen  der  Er- 
7-iehunqspraxis,  der  "idealistischen  Freiraumillusionen"  verbunden  mit 
"idealistischen  Entwiirfen"  und  der  Versuch,  in  Gebiete  auszuweichen, 
in   denen  scheinbar  die  Verwertungsinteressen  des  Kapitals  nicht  so 
faestimmend  sind,   trifft  voll   die  Phase  der  Konstituierung  von  Kollek- 
tiven     Es  wurden  Heimkampagnen  durchgefuhrt,  die  getragen  wurden  von 
p-iner'berechtigten  Kritik  an  den  Formen  der  Heimerziehung  in  unserer 
rpsellschaft,  die  politische  Mobilisierung  der  Betroffenen  zielte 
aber  meistens  ausschlieSlich  auf  die  Jugendlichen  ab,  eine  gezielte 
Mobilisierung  des  padagogischen  Personals  unterblieb  in  der  Regel. 
nipse  Heimkampagnen  wurden  getragen  von  auBerhalb  der  Heime  befind- 
lichen  Kritikern  und  hatten,  da  Erfolge  kurzfristig  nicht  zu  erreichen 
l\ren     auch  eine  weitgehende  Orientierung  der  betroffenen  Jugendli- 
rhen   nach  auBen  zur  Folge.  Das  fiihrte  zur  Konstituierung  von  Jugend- 
unhnaemeinschaften,  erst  unter  sich  als  illusionar    erweisenden  poli- 
tischen Zielsetzungen,  spater  unter  padagogischen  "Alternativvorstel- 
lungen". 

ua<-   stand  aber  anders  hinter  den  Vorstellungen,  mit  den  Kollektiven 
ine  Alternative  zur  gangigen  Heimpadagogik  zu  liefern,  als  eben  jene 

FrPiraumillusion,   "in   (einen)  Bereich  auszuweichen,   in  denen  sich 
iif  den  ersten  Blick  revolutionare  Intentionen  am  ehesten  in  die  Be- 
nfsDraxis  einbringen  lassen"?  Was  aber  stand  bestenfalls  dahinter 
il   iene  von  Hoernle  als   "falsche  Romantik"  kritisierte  Illusion, 

innerhalb  der  kapi  talistischen  Gesellschaft  eine  kommunistische  Er- 

riehunq  betreiben  zu  konnen? 

Tm  Zuqe  vieler  Diskussionen  der  Gruppe  wurden  diese  Illusionen  als 
niche  auch  klar  erkannt  und  so  setzte  die  Diskussion  ein,  um  die 

rpalen  Mbglichkei ten  der  Kol lektivpadagogik  unter  den  bestehenden 
^ellschaftlichen  Bedingungen  einerseits  und  um  die  zunehmenden  Ver- 

cfirhe  der  Sozialbiirokratie.  die  Kollektive  voll  in  den  Bereich  der 

•ffentlichen  Erziehung  und  damit  auch  unter  die  iiblichen  Repressionen      l» 


20 


einzugliedern,  andererseits.  Und  an  diesem  Punkt  wurde  wieder  deut- 
lich,  daB  die  Beteiligten  weitgehend  noch  immer  in  den  alten  Ideologies 
befangsn  waren: 

Wurde  vorher  immer  Liber  die  Isolation  der  Kollektive,  liber  ihre  pada- 
gogische  und  politische  Bedeutungslosigkeit  gejammert,  so  wurde  jetzt 
die  Integration  der  Kollektive  in  den  Bereich  der  b'ffentlichen  Er- 
ziehung  einerseits  und  das  Entstehen  von  Kollektiven  innerhalb  von 
Heimen  und  auBerhalb  durch  sogenannte  Heimausgliederung  wiitend  abge- 
lehnt.  Der  Beginn  der  Reform  der  Heimerziehung  insofern,  als  Heime 
Kollektive  bildeten  und  in  Berlin  der  neue  Jugendhof  z.B.  so  geplant 
ist,  dal3  innerhalb  des  Heims  Kollektive  mit  Betreuung  und  auBerhalb 
in  einem  entstehenden  Neubauviertel  Kollektive  aus  Heimjugendlichen 
mit  und  ohne  Betreuung  gebildet  werden,  wurde  ein-dimensional   nur  als 
Versuch  der  Herrschaftssicherung  und  Aufrechterhaltung  althergebrach- 
ter  Machtstrukturen  interpretiert.  Als  Ergebnis  dieser  Erkenntnis 
wurde  der  Kommunikationszusammenhang  aufgegeben,  der  bdse  kapitalisti- 
sche  Staat  hatte  sich  seiner  Ideen    bema'chtigt,  man  zog  sich  resignie- 
rend  zuriick.  D.h,,  zu  einem  Zeitpunkt,  als  die  Kollektive  und  die  da- 
rin  hangenden  Padagogen  zum  ersten  Mai  aus  ihrer  politischen  und  pa'da- 
gogischen  Bedeutungslosigkeit  herauskamen,  als  diese  Form  der  Erzie- 
hung  zum  ersten  Mai  gesel  Ischaftliche  Relevanz  bekam,  zu  einem  Zeit- 
punkt, wo  man  gezwungen  war,  seine  Oasen  zu  verlassen  und  wo  der  poli- 
tische Kampf  -  allerdings  unter  der  Oberschrift  Heimerziehung  - 
uberhaupt  erst  hatte  beginnen  miissen  und  konnen,  formulierte  man  eine 
irreale  Kritik  und  teilweise  neue  Ideen  von  neuen  angeblichen  Frei- 
raumen,  wo  man  besser  seine  revolutionaren  Vorstellungen  verwirkli- 
chen  konne,  und  zog  sich  zuriick.  Kampfeslos  wurde  dem  Staat  nun  wirk- 
lich  em  Gebiet  iiberlassen,  zur  Herrschaftssicherung  und  Transfor- 
mierung  alter  Strukturen,  ein  Gebiet,  in  dem  man  hatte  doch  einige 
Veranderungen  herbeifiihren  konnen.  Das  hatte  einer  genauen  Analyse 
bedurft. 

Statt  diese  Diskussion  zu  fiihren   und  eine  Strategie  zur  Durchsetzung 
der  eigenen  Vorstellungen  zu  entwickeln,  fluchtete  man  vor  dem  staat- 
ichen  Zugriff,  bezeichnete  das  Georg-von-Rauch-Haus  als  die  einzig 
legitime,  nicht-reformistische  Alternative  zur  Heimerziehung  und 
postulierte  die  Stadtteil-  und  Jugendzentrumsarbeit  als  die  fur 
sozialistische  Sozialpadagogen  einzig  mdgliche  revolutionare  Perspek- 
tiye.  Wohlbemerkt,  hier  soil  nicht  gegen  die  Notwendigkeit  von  Stadt- 
teilarbeit, gegen  die  positiverTMoglichkei ten  von  Jugendzentren   und 
gegen  die  Tatsache,  daB  das  Georg-von-Rauch-Haus  fur  die  betroffenen 
Jugendhchen  wirklich  die  einzige  Alternative  zur  Heimerziehung  war, 
gesprochen  werden,  aber  folgende  Punkte  sind  unseres  Erachtens   ver- 
drangt  worden: 

1.  Die  Auseinandersetzur.g  wurde  unter  und  nit  Sozialarbeitern  gefiihrt, 
die  in  dar  ,->egel  staatlich  angestellt  sind  oder  bei  Organisationen, 
die  direkt  oder  indirekt  staatlicher  Kontrolle  unterliegen.   Von   daher 
ergibt  sich: 

"  "G(r°r9~yon-Rauch-Hauser"  als  von  Jugendlichen  selbstorganisierte 
K.o   lektive  sind  keine  Berufsperspektive  von  wie  stark  auch  immer 
poiitisch  engagierten  Sozialpadagogen.  Diese  konnen  hochstens  auBer- 
naib  ihrer  Berufspraxis  als  befreundete  Genossen  Unterstiitzung  lei  - 
sten  . 


-  Stadtteilarbeit  ist  keine  Berufsperspektive  fur  Sozialpadagogen. 
Stadtteilarbeit  ist  die  Aufgabe  von  politischen  Organisationen, 
in   denen  der  einzelne  Sozialpadagoge  als  organisierter  zwar  mit- 
arbeiten  kann,  aber  ebenfalls  weitgehend  auBerhalb  seiner  Berufs- 
praxis. . 

-  Jugendzentrumsarbeit  ist  ebenfalls  keine  Berufsperspektive  von 
Sozialpadagogen,  sollen  aus  den  Jugendzentren  nicht  wieder  neue 
"Hauser  der  offenen  Tlir"  werden. 

D  h.    im  Grunde  nichts  anderes,  als  daB  der  Verfall   der  alten  Kollek- 
ti  v-Freiraumillusionen  bedauert,  dieses  Bedauern  aber  nicht  poiitisch 
qewendet  wurde  in  Form  einer  Perspektivdiskussion  und  in  Form  der 
Aufnahme  des  Kampfes  urn  die  Veranderung  und  Verbesserung  der  Heimer- 
ziehung. Die  beteiligten  und  alle  anderen  Sozialarbeiter,  die  in  den 
Kollektiven  die  Chance  einer  Verbesserung  der  Heimerziehung  sahen, 
wurden  mit  ihren  Problemen  sitzen  gelassen.   Es  ist  wesentlich  wieder 
das   uber  nur  mangelhafte  Kommunikationsmbglichkeiten  verfu'gende  Ein- 
zelkampfertum,  das  vielleicht  einige  Verbesserungen  im  Heimsektor  er- 
reichen  wird  konnen. 

Wie  hatte  nun  eine  Diskussion  aussehen  miissen,  die  nicht  wieder  der 
Illusion  verfallt,  eine  Identi tat  von  Berufspraxis  und  politischen 
Kampf  herstellen  zu  konnen,  bzw.  wie  mu3  sie  in  Zukunft  gefu'hrt  wer- 

den' 

Bei  "der  Diskussion  hatte  von  der  allgemein  anerkannten  Zielbestim- 
muna  der  Reintegration  von  Heimjugendlichen  ins  Proletariat  ausge- 
-JaTTqen  werden  mussen.  Von  dieser  politisch/padagogischen  Zie  1  bes ti m- 
muna   her  hatten  die  bestehenden  Kollektive  und  ihre  Praxis  analysiert 
werden  mussen,   und  zwar  mit  dem  Ziel  der  Erarbeitung  der  notwendig 
konstitutiven  Voraussetzungen  fur  die  Erreichung  dieses  Zieles.   Eini- 
ae  dieser  Voraussetzungen  sind  auch   tatsachlich  erarbeitet  worden: 
Koedukation,  Homogenitat  der  Gruppe   (Klassen-  und  Schichten-spezi - 
fisch     altersma'Big  und  berufsmaBig:  Schuler  oder  Lehrlinge  oder  Jung- 
arbeiter),  Aufhebung  der  Versorgung  uber  Pflegesatze,  Zwang  zur  Be- 
ctreitung  des  Lebensunterhalts  uber  eigene  Erwerbstatigkei t  bzw. 
uber  allgemein  gultige  UnterstUtzungssatze  (Ausbildungsbeihi  lfe, 
Sozialunterstlitzung  etc.) 

Die   Verarbeitung  der  genannten  Ergebnisse  blieb  allerdings  weitge- 
hend folgenlos.  Nur  in  Berlin  wurden  auf  Grund  eines  relativ  guten 
korrniunikationszusammenhanges  Verbesserungen  erkampft:  Koedukation 
herrschte     in  den  Berliner  Kollektiven  schon  inner;  in  zwei   als  Heim- 
ausaliederungen  entstandenen  Kollektiven  konnte  jetzt  die  Beendi- 
qung  der  Versorgung  uber  Pflegesatze  durchgesetzt  werden.  Nur  ist 
das   nicht  ausreichend. 

Ausaehend  von  der  Tatsache,  dal  in  den  solchermaBen  konsti  tuierten 
Kollektiven  auch  einige  Erfolge  erzielt  werden  konnten,  hatte^die 


Fruooe  den  Kampf  urn  die  Erweiterung  ihrer  Basis  einerseits  und  vor 
lien  Dingen  urn  die  Durchsetzung  der  genannten  Bedingungen  fur  alle 

kollektive  andererseits  aufnehmen  mussen.  Das  hatte  auch  bedeutet, 
ich  massiv  in  Diskussionen  urn  Veranderungen  und  Neuplanungen  von 

Mpimen  einzuschalten,  Nur  das  ware  wahrscheinlich  eine  politische 

Knnsequenz  der  gemachten  Erkenntnisse  gewesen.  Dariiber  hinaus  hatten       21 
rvh  verstarkt  die  Diskussionen  urn  reale  Problems  von  Kollektiven  c-1 


noch   verst 


gefiihrt  werden  mu'ssen:  Konnen  sich  Kollektive  der  genannten  Art 
durch  einen  gemeinsamen  Arbeitszusammenhang  definieren  oder  mu'ssen    sie 
das  sogar?  Es  gibt  ja  Padagogen,  die  unter  Hinweis  auf  Makarenko   so 
was  fordern,  z.B.  die  Einrichtung  einer  kleinen  Autowerkstatt  Oder 
einer  kleinen  Druckerei.  Unserer  Meinung  nach  kann  dies  nur  mit  Kol- 
lektiven  mit  ausgesprochen  therapeutischem  Charakter  gemacht  werden; 
denn  man  ubersieht_,  daB  man  mit  der  Einrichtung  solcher  Werkstatten 
die  Jugendlichen  einerseits  ihren  normalen  proletarischen  Lebensvei — 
haltnissen  entzieht  und  sie  andererseits  nur  eine  Ausbildung  bekom- 
men  konnen,  die  in  der  "freien  Wirtschaft"  kaum  noch  eine  Mb'glichkeit 
zum  Leben  und  langfristig  keine  Berufsperspekti  ve  bietet. 
Ferner  ha'tte  das  Problem  der  Vermittlung  von  den  Moglichkeiten  des 
kollektiven  Zusammenlebens  durch  den  Padagogen  an  die  Jugendlichen 
genauer  gekla'rt  werden  mu'ssen.  Der  Umstand,  daS  von  Padagogen  ein 
Kollektiv  flir  Jugendliche  gegrundet  wird  und  dafl  nicht  die  Jugend- 
lichen selbst  es  sind,  die  das  kollektive  Leben  als  Mbglichkeit  zur 
Lb'sung  ihrer  Probleme  erkannt  haben,  bringt  ungeheure  Probleme  mit 
sich.  Will  man  nicht  tatsachlich  nur  "Heimerziehung  mit  anderen  Mit- 
teln"  betreiben,  d.h.  will  man  nicht  die  betroffenen  Jugendlichen  doch 
wieder  zu  Erziehungsobjekten  einer  wenn  auch  noch  so  "wohlmeinenden" 
aber  doch  alten  Abhangigkeiten  und  Unmundigkeitsstrukturen  tradierenden 
Padagogik  machen,  so  mu'ssen  von  vornherein  klare  Ziele  und  Forderun- 
gen  gestellt  werden,  die  sich  als  aus  der  Klassenlage  der  Jugendli- 
chen objektiv  ergebende  Notwendigkei ten  und  als  Lb'sungsmb'glichkei- 
ten  ihrer  subjektiv  speziellen  Schwierigkei ten  darstellen.  Das  wa'ren 
z.B.  die  Forderungen  nach  Vollendung  der  Schul-  bzw.  Berufsausbil - 
dung,  nach  kontinuierlichem  Schulbesuch  oder  Arbei  tsaufnahme,  Aufgabe 
eines  kriminellen  Problemldsungsverhaltens  und  Erlernung  von  sozialen 
Verhaltensformen  in  und  mit  der  Gruppe,  Aufgabe  eines  Fluchtverhal- 
tens  mit  Hilfe  von  Alkohol  oder  Drogen  aller  Art. 

Allerdings  konnen  u.E.  Erfolge  mit  einer  derartigen  Padagogik  nur 
erreicht  werden,   und  das  zeigen  alle  Erfahrungen  in  der  gesamten  Kol- 
lektivarbeit  in  der  BRD  und  Westberlin  durchga'ngig  und  mit  aller  Deut- 
lichkeit,  wenn  sich  diese  Forderungen  nicht  nur  darstellen  als  pa'da- 
gogische  -  gestellt  durch  die  Berater  -  ,  sondern  sich  ganz  deutlich 
und  zuweilen  auch  in  aller  Harte  ausweisen  als  materielle  Notwendig- 
kei ten,  d.h.  wenn  ohne  Versorgung,  ohne  Pflegesatze  gearbeitet  wird. 
Die  betroffenen  Jugendlichen  begreifen  auf  Grund  ihrer  durch  lange 
Heim-  und  Trebeerfahrung  fest  verwurzelten  Erwartungshaltung  auf  Ver- 
sorgung oder  sich   "durchschmarotzen"  nur  auf  Grund  realen  b'konomischen 
Drucks,  daB  die  Forderung  nach  kontinuierlicher  Arbeit  durch  die  Be- 
rater nicht  eine  irgendwie  geartete  moralische  ist,  sondern  ihrer 
realen     Lebenssi tuation  entspringt. 

Ein  derartiges  padagogisches  Vorgehen  setzt  allerdings  bei  den  ent- 
sprechenden  Sozialpadagogen  selber  eine  weitgehende  BewuBtwerdung 
voraus;  ist  es  doch  eine  nicht  selten  zu  findende  Fehlhaltung  gera- 
de  unter  "linken"  Padagogen,  die  Eingliederung  in  den  ArbeitsprozeB 
eindimensional  als  nur  im  Interesse  des  Kapitals  stehend  zu  sehen  und 
von  daher  Skrupel  zu  haben,  die  einem  "anvertrauten"  Jugendlichen 
der  Ausbeutung  auszusetzen.  Die  Argumentation,  die  Jugendlichen  mu'Bten 
es  lernen,  sich  selbst  zu  unterhalten,  sonst  wurden  sie  als  Flirsorge- 
empfa'nger  notwendig  kriminalisiert  oder  aber  als  "Parkpenner"  enden, 
fu'hrt  dann  oft  zu  einer  mehr  halbherzigen  und  deswegen  inkonsequenten 


22 


Haltung. 

Im  folgenden  soil  versucht  werden,  eine  grundsatzlichere  Position 
unsererseits  zur  Diskussion  zu  stellen: 

Die  Merschwerdung  des  Menschen  vollzieht  sich  in  der  Bewaltigung  der 
Natur,   indem  er  sich  die  Natur  untertan  macht.  Das  geschieht  heute 
auf  der  Ebene  des   Produktionsprozesses.  Erst  indem  der  Mensch  Bestand- 
teil   dieses  Produktionsprozesses  wird,  nimmt  er  Teil   an  der  Bewalti- 
gung der  Natur,  definiert  er  sich  selber  als  Mensch,  als  das  die 
Natur  beherrschende  Wesen. 

Das   ware  die  grundsatzliche  Ebene.  Im  kapi talistischen  Produktions- 
□rozeB  kommt  noch  eine  Ebene  hinzu:  Das  Kapital   ist  am  Menschen  und 
dessen  Ware  Arbeitskraft  nur  unter  dem  Gesichtswinkel  der  Mehrwert- 
schaffung  interessiert,  d.h.,  es  macht  aus  seiner  Sicht  die  Menschen 
zu  Objekten  seiner  Mehrwertschinderei .  Umgekehrt  sind  die  Menschen 
dem  ProduktionsprozeB  als  der  Bewaltigung  der  Natur  und  sich  selbst 
als   denjenigen,  die  diesen  ProzeB  beherrschen,  entfremdet.  Erst 
indem  sich  die  Menschen  -  die  Arbeiter  -  klar  werden,  daB  sie  es 
sind     die  den  ProduktionsprozeB  beherrschen  und  aufrechterhal ten, 
also'die  Natur  beherrschen  -  "wir  sind  es,  die  alien  Reichtum  schaf- 
fen"   -  werden  sie  zu  bewuBten  Subjekten,  die  anfangen,  den  Kampf  urn 
ihr  Leben  aufzunehmen,  d.h.  die  tendenziell  auch  ihre  Objektrolle 
dem  Kapital   gegenu'ber  verlassen.  Das  bedeutet  aber  ganz  klar,  Mensch- 
werdung  ist  nur  als  Teilnehmer  am  gesellschaftlichen  Produktionspro- 
zeB als  Voraussetzung  zur  gesellschaftlichen  BewuBtwerdung  moglich. 

Die  Schwierigkeit  besteht  darin,  daB  sowohl   das  Kapital   als  auch  wir 
als  Sozialpadagogen  ein  Interesse  haben,  die  Jugendlichen  in  den 
ArbeitsprozeB  einzugliedern,  allerdings  mit  unterschiedlichen  Moti- 
ven     Aber  wie  sollen  Jugendliche  bestimmende  Subjekte  auBerhalb  des 
Produktionsprozesses  werden?  Als  Objekte  der  totalen  Unterstutzung 
einer  mdglicherweise  wohlmeinenden  Sozialarbeiterschaft,  als  Fu'rsor- 
geempfanger,   "Parkpenner",  Hippies,  Rocker  etc.? 

An  diesem  Punkt  mu'Bte  das  Problem  der  Rolle  und  Funktion  von  Bera- 
tern  noch  einmal  neu  diskutiert  werden,  und  zwar  sehr  wohl   unter  der 
Voraussetzung,  die  die  Mehrzahl  der  Sozialpadagogen  mitbnngt,  nam- 
lich  instituionell  angestellter  Sozialpadagoge  zu  sein.   In  den  schon 
aelaufenen  Diskussionen  wurden  zwar  die  alten  illusiona'ren  Vorstel- 
lunqen  des  Sozialpadagogen  als  "Gleicher  unter  Gleichen"  ausgeraumt, 
p.;  wurden  aber  neue,  ebenso  illusionare  produziert.   Die  Rolle  der 
(water  wurde  an  der  der  befreundeten  Genossen  des  Georg-von-Rauch- 
Hauses  qemessen,  man  sah  letztlich  in  den  selbstorganisierten  Kollek- 
Hven  und  damit  in  der  dort  erfolgten  Bestimmung  der  Rolle  und  Funk- 
tion der  befreundeten  Genossen  das  Vorbild  zur  Bestimmung  der  eigenen 
Funktion. 

Genau  das  stimmt  aber  nicht:  Dieser  Standpunkt  Ubersieht,  daB  sich 
pine  berufsperspektivische  Diskussion  von  Sozialpadagogen  uber  das 
Rauch-Haus  eriibrigt;  von  einem  selbstorganisierten  Kollektiv  werden 
mit  Recht  keine  Padagogen  gefordert,  noch  sind  sie  niitzlich.  Eine 
Diskussion  kann  nur  insofern  erfolgen,  als  es  urn  eine  solidarische 
Unterstutzung,  d.h.  um  eine  politische  Unterstutzung  der  Rauch-Haus- 
Gruppe  geht.  Zum  anderen  ubersieht  dieser  Standpunkt,  daB  es  eine 


23 


&?: 


eim 
zjeher  ._ 
eitschrift 


1.  Zeitschrift  von  Erziehern  fur  Erzieher  in  Beruf 
und  Ausbildung.  Als  Forum  von  Praktikern  flir  Prak- 
tiker  will   die  Heimerzieher-Zeitschrift  (hez)  die 
Heimsituation  analysieren,  die  praktischen  Erfah- 
rungen  der  Kollegen  verallgemeinern,  Liber  Konflik- 
te  mit  der  Sozialblirokratie  berichten,  Modelle 
diskutieren  und  relevante  Informationen  weitergeben. 


Schwerpunkte  einzelner  noch   su  beziehender  Hefte 

Wo   h      z.B.    Gedanken   zum  Spiegelinterview  von  Reichl  iiber  Jugendkri- 

minalitat.   Beilage:   Berliner  Heimverzeichnis 
No   5      z.B.   Rechtsgutacbten  des  FU-Professors  Heinz  Wagner  zura 

Nutzungsvertrag  des  Georg  v.  Rauch  Hauses  Berlin  West 
No  6     z.B.   Totale  Verbeamtung  des  offentlichen  Dienstes  Diszipli- 

nierung  der  Ar"beiter  und  Angestellten  durch  einheitliches 

Dienstrecht 

Kritik  der  SesamstraBe 
No  7     z.B.    Zun  3erufsbild  des  Heimerzieher  I    (Beilage:    "Schniiffeln 

-  Was   tun") 
No  8     z.B.    Zura  Berufsbild  des  Heimerziehers  II    (Beilage:    "Gruppen- 

prozeB-Perspektive") 
No  9/  Schu-erpunkt :    Jugendtfohngemeinschaften  - 
10  Erfahrungsberichte  aus  Berlin 

Abenteuerspielplatze    (Doppelheft  DM  2.-) 
No  11  z.B.   Statutenentwurf  der  hez  -  Zum  Jugendarbeitsschutz 
No  12  z.B.   Jugendvohngemeinschaften  Bochum,  Berlin,  Munohen 

Das  langsame  Ende  des   "Modellheims"  Hans-Zullinger-Haus  I 
No  13  z.B.   Skandal  in  einem  Berliner  DRK-Heim 

Das  langsame  Ende  des   'Modellheims"  Hans-Zullinger-Kaus  II 

Kampf  utn  Kinderpoliklinik  Bethanien 
No  it   z.B.   DRK-Massenentlassungen,   Trebe   Bambule 

Zur  Erz. ausbildung  an  PfH 

Kampf  urn  Jugendzentrum 
No  15  Senat  diszipliniert  Heime 

Kindersexualitat   im  Heim 

Bezugsbedingungen 

Bei  monatli chem  Erscheinen   im  Abonnement: 

1/2  Jahr  DM  9.-i   1  Jahr  DM  18.-  fur  12  Nummern. 

Kundigung  jeweils  1  Monat  vor  Ablauf  des  Abonnements ,    sonst  auto- 

matische  Verlangerung  um  ein  weiteres  1/2  Jahr, 

Einzelpreis:  DM  1,50  im  Freihandverkauf , 

Probeexemplare  gegen  Einsendung  von  DM  1,50  in  Briefmarken. 

Durchsehnittlich  32  Seiten. 

Adresse:   hez,   1  Berlin  6l,  Urbanstrafie  126,  Flur. 

Alle  Zahlungen  auf  das   Postseheckkonto  Berlin  West,  Detlef  Tarts  eh, 

Nr.   35  86  36  /  109. 


Reihe  von  Jugendlichen  gibt,  die  entweder  selbst  m'cht  in  der  Lage 
sind     in  einem  solch  groBen  MaSe  initiativ  zu  werden  (eine  Reihe  von 
juqendlichen  sind-im  Rauch-Haus  nicht  aufgenommen  bzw.  sind  rausge- 
schmissen  worden),  Oder  sich  nicht  in  der  besonderen  historischen  und 
geographischen  Situation  befinden,  die  das  Zustandekommen  eines  Georg- 
von-Rauch-Hauses  ermbglichte  (u.a.). 

Bei   der  genaueren  Bestimmung  der  Funktion  von  Beratern  sind  wir  wie- 
der  bei  dem  oben  zitierten  Bernfeld:  Aufgabe  der  Erzieher  ist  es,  die 
Reintegration  der  "ZSglinge"  in  die  proletarische  Klasse  zu  betreiben, 
denen  gegenu'ber  die  proletarische  Organisation  dann  keine  anderen  Auf- 
gaben  mehr  hat,  als  den  ubrigen  Klassenangehb'rigen  gegenuber  auch. 
(Da3  es  z.T.   keine  im  Proletariat  verankerte  Massenpartei  gibt,  a'ndert 
nichts  an  der  Richtigkeit  des  Satzes;  kann  aber  auch  nicht  bedeuten, 
daB  Padagogen  jetzt  meinen,  Aufgaben  der  Organisation  iibernehmen  zu 
kbnnen.)   Damit  hat  der  "Kollektivberater"  logischer-und  konsequenter- 
weise  keine  anderen  Aufgaben,  als  jeder  andere  Erzieher  auch,  nur 
vielleicht  ein  paar  mehr  Moglichkeiten. 

Das  wlirde  bedeuten,  daB  der  Berater  sich  auf  die  notwendigsten  MaB- 
nahmen  beschr'a'nkt,   um  die  Entwicklung  von  Eigeninitiati  ven  der  Ju- 
gendlichen nicht  unnbtig  zu  beschranken,   als  da  sind:   Unterstiitzung 
bei   der  Erlernung  der  notwendigen  Techniken  und  bei   der  Erwerbung 
des  notwendigen  Wissens  zur  Auseinandersetzung  mit  der  Sozialbliro- 
kratie; Hilfe  und  Unterstiitzung  bei  der  Eingliederung  in  den  Ar- 
beitsprozeB  Oder  bei  der  Erlangung  eines  Schulplatzes;  Initiierung 
eines  Gruppenprozesses  innerhalb  der  Wohnung,  der  die  Gruppe  befa'higt, 
als  Anfang  einer  Verselbstandigung  mb'glichst  bald  das  Zusammenwohnen 
eiqenstandig  zu  regeln;  notwendige  Unterstiitzung  bei  Auseinanderset- 
zungen  mit  Arbeitgebern  oder  der  Schule,  deren  Grad  liber  die  augen- 
blicklichen  Moglichkeiten  der  betroffenen  Jugendlichen  herausqeht; 
Initiierung  eines  Prozesses  zur  aktiven  Wahrnehmung  der  eigenen  In- 
teressen  als  Mitglieder  einer  bestimnten  Klasse;  Aufarbeitung  schwe- 
rer  individueller  Scha'digungen,  die  den  Jugendlichen  hindern,  sich 
aktiv  mit  seiner  gesellschaftlichen  Situation  auseinanderzusetzen, 
weil    alle  Energien  im  Kampf  gegen  gesellschaftliche  Diskriminierung 
eiqener  individueller  Scha'digungen  verbraucht  werden.  Dabei   ist  nicht 
nemeint,  daB  es  individuelle  Scha'digungen  sind,  flir  die  der  einzelne 
Schuld  ist,   sondern  daB  bestirrmte  Individuen  mit  gesellschaftli  ch  ver- 
iirsachten  Scha'digungen  ausgestattet  sind,  wobei  sich  diese  auch  signi- 
fikant  bestinmten  gesellschaftlichen  Schichten  zuordnen   lassen. 

Rpi   all  diesen  pa'dagogischen  Interventionen  ist  jeweils  zu  bestimmen, 
nb  sie  in  der  jeweiligen  Situation  unerlaBlich  stattfinden  niissen, 
oil  ein  Unterlassen  flir  das  Individuum  oder  die  Gruppe  eine  unver- 
rhuldet  ernsthafte  Bedrohung  darstellen  wlirde,  oder  ob  sie  unterlas- 
len  werden  mu'ssen,  weil  sie  sonst  die  einzelnen  oder  die  Gruppe  hin- 
ritrn  wiirden,  eigene  Lb'sungsschritte  zu  unternehmen.  D.h.     alle  Inter- 
wfntionen  liber  ein  substanziell  notwendiges  MaB  hinaus  ha'tten  zu 
unterbleiben,  dieses  MaB  wiederum  bestimmt  sich  nach  dem  "Scha'digungs- 
grad"  der  Zielgruppe. 

Uip  sieht  nun  die  Gegenposi  tion  zu  unserer  Bestimmung  der  Berater- 
olle  aus?  Die  Kritik  geht  aus  von  dem    Vorhandensein  eines  "Beraters",  do 


26 


Erziehers,  eines  Sozialpadagogen  iiberhaupt:  wo  ein  Erzieher  ist,  muB 
auch  ein   "Zbgling",  ein  Erziehungsobjekt  sein;  d.h.  allein  das  Vor- 
handensein  eines  Padagogen  ist  diesen  Kritikern  ausreichend  zur  Ein- 
stufung  der  betroffenen  Jugendlichen  als  Objekte.  An  diesetn  Punkt 
feiert  im  Grunde  bei   "linken"  Kritikern  wieder  eine  biirgerliche, 
posi'tivistische  Betrachtungsweise  UrstandlDas  politische  Selbstver- 
sta'ndnis  des  jeweiligen  Beraters,  sein  poiitischer  Kampf  urn  Verbes- 
serungen  im  Erziehungsbereich,  sein  Ziel,  zusammen  mit  den  Jugendli- 
chen  deren  Reintegration  in  die  Klasse  zu  erreichen,  was  ja  m'chts 
anderes  heiBt,  als  daB  die  betroffenen  Jugendlichen  die  gesellschaft- 
liche  Objekthaltung  ihnen  gegenuber  bekampfen  lernen   und"  die  eigene 
Objekthaltung  sich  selbst  gegenuber  aufgeben  und  zu  bewuBten,  handeln- 
den  Subjekten  werden  -  das  alles  wird  total   auBer  acht  gelassen.  Na- 
tiirlich  wird  auch  ein  solcher  "Berater"  diese  Aufgabe  nicht  widerspruchs- 
frei  innerhalb  der  vorhandenen  Strukturen  ldsen  kbnnen,  doch  wie  hieB 
es  in  E  &  K?:   "Sein  praktisches  Handeln  wird  in  vielen  Fallen,   ganz 
unabhangig  von  seinem  politischen  BewuBtsein,  auch  eine  herrschafts- 
stabilisierende  Funktion  haben.  Es  gibt  keine 'Praxis  in  der  kapita- 
listischen  Gesellschaft,   die  es  uns  gestattet,   den  diese  Gesellschaft 
konstituierenden  Widersprlichen  zu  entgehen." 

Ferner  stellen  diese  Kritiker  fest,  daB  "Reformen  dieser  Art  (z.B. 
Einrichtung  von  Jugendwohngemeinschaften)  grundlegend  m'chts  andern 
wollen".     Auf  den  einzelnen  Jugendlichen  bezogen  stellen  sie  dann 
fest:   "Subjektiv  stellt  die  Wohngemeinschaft  fur  ihn  eine  Verbesse- 
rung  dar,  objektiv  besteht  die  Gefahr,  daB  er  von  seiner  Klasse  und 
damit  auch  von  seinen  Interessen  und  Bedurfnissen  als  Angehb'riger 
dieser  Klasse  entfremdet  wird".    (Reader  5  S.   143)  Zuna'chst  einmal   ist 
es  keine  Frage,  ob  Reformen  etwas  grundlegend  vera'ndern  wollen,  son- 
dern  sie  kbnnen  es  nicht.  Das  muB  man  sich  doch  nun  endlich  einmal 
klar  machen!   Es  ist  einfach  eine  Illusion,  zu  glauben,  daB  es  irgend- 
einer  Reform  bedurfe,   im  Bereich  der  bffentlichen  Erziehung  etwas  grund- 
legend andern  zu  kbnnen.  Das  ginge  nur,  wenn  man  an  die  gesellschaft- 
lichen  Ursachen  heranka'me,  die  dafiir  verantwortlich  sind,  daB  es  so 
etwas  wie  eine  bffentliche  Erziehung  in  ihrer  heutigen  Erscheinungsfortn 
gibt.  Das   liegt  aber  auBerhalb  der  Mbglichkeiten  von  Padagogen. 

Nun  zur  zweiten  Aussage:  Natlirlich  besteht  die  Gefahr,  daB  auch  die 
Leute  in  den  Jugendwohngemeinschaften  ihrer  Klasse  entfremdet  wer- 
den. Deswegen  ist  ja  auch  der  Kampf  urn  Voraussetzungen  zu  fu'hren,   die- 
se Gefahr  mbglichst  klein  zu  halten;  ganz  wird  man  sie  nicht  ausschlies- 
sen  kbnnen.  Aber  wieviel  starker  besteht  die  Gefahr  in  den  Heimen   alt- 
hergebrachter  Couleur;  wer  stellt  denn  den  Nachschub  fur  Nutten,  Strich- 
jungen  und  Gefa'ngnisse?  Politisch  formuliert  geht  es  auch  und  gerade 
darum  (das  sollte  mal   in  grbBerer  Ausfu'hrlichkei  t  bei   Bernfeld,  Zetkin 
und  Liebknecht  nachgelesen  werden),   den  Anteil   am  Lumpenproletariat 
mbglichst  klein  zu  halten. 

In  dieser  Weise  kbnnte  man  sich  noch  mit  vielen  problematischen  Stand- 
punkten  auseinandersetzen,  z.B.  mit  der  Bestimmung  von  Jugendwohnge- 
meinschaften als  auf  Grund  von  Ei  gen  initiative  von  den  betroffenen 
Jugendlichen  total  selbstverwaltete  und  selbstbestimmte  (und  zwar  von 
Anfang  an),  wo  doch  auch  die  Erfahrungen  des  Georg-von-Rauch-Hauses 
deutlich  zeigen,  daB  ein  verhaltnisma'Big  groBer  Anteil  von  Jugendli- 
chen dazu  zuna'chst  eben  nicht  in  der  Lage  ist;  oder  mit  der  Absicht, 


prophylaktisch  Jugendwohngemeinschaften  aus  dem  Stadtteil  herauszu- 
bilden  -  mit  dort  verankerten  Jugendlichen-,  wobei  sich,  abgesehen 
von  der  Frage,  ob  die  Bildung  von  Jugendwohngemeinschaften  mit  quasi 
"normalen"  Jugendlichen  Berufsperspektive  von  angestellten  Sozialpa- 
dagogen sein  kann,  die  Frage  ergibt,  ob  es  iiberhaupt  politisch  sinn- 
voll   ist,  immer  mehr  Bereiche  des  proletarischen  Lebens   (prophylak- 
tisch) zu  pa'dagogisieren!?  Aber  gerade  die  letzte  Frage  muB  an  ande- 
rer  Stelle  noch  einmal   ausfuhrlichst  diskutiert  werden. 

Wir  wollen  im  folgenden  nur  noch  einmal   versuchen,  das  Ergebnis  des 

vorstehenden  Artikels  thesenartig  zu  fassen: 

1.)  Es  gibt  in  der  Regel  fur  Sozialpadagogen   (Erzieher  etc)  keine 
politisch  relevante  Alternative  zur  Arbeit  in  den  bestehenden  Er- 
ziehungsinstitutionen.  Dort  sind  die  entsprechenden  Vera'nderungen 
zu  erkampfen,  und  nicht  in  irgendwelchen  Freira'umen,  die  friiher 
oder  spa'ter  sich  doch  als  unhaltbar  erwiesen. 

2.)  Selbstorganisierte  Einrichtungen  von  proletarischen  Jugendlichen 
(Rauch-Haus,  Jugendzentren  etc.)  sind  politisch  zu  unterstu'tzen, 
bieten  aber  (logischerweise)  keine  Berufsperspektive. 

3.)  Es  gibt  keine  Mbglichkeit,  sich  den  gesellschaftlichen  Widersprii- 
chen,  die  sich  immer  auch  in  der  eigenen  (Berufs-)  Ta'tigkeit  aus- 
driicken,  zu  entfliehen.  Die  eigene  Ta'tigkeit  wird  immer  Doppel- 
charakter  haben:  einmal  einen  herschaftssichernden   (qua  "Liberali- 
sierung",  Feigenblattfunktion  etc.),  zum  anderen  einen  die  reale 
Situation  der  proletarischen  Jugend  verbessernden   (qua  Verbesse- 
rung  der  Situation  der  von  Heimerziehung  betroffenen  Jugendlichen, 
Minderung  des  Droh-  und  Disziplinierungscharakters  der  Heimerzie- 
hung etc.). 


Das  Gemeinschai'tszentrum  Horstmarer  Landweg,   Trager  Caritasver- 
band  fur  Stadt   und  Landkreis  Munster   e.V.,in  Munster/Westf . ,   sucht 
zum  baldmoglichsten  Zeitpunkt 

1      SOZIALPADAGOGE      /      IN 

oder 

1      SOZIALARBEITER      /      IK 

zum  Ausbau  der  Schulkinderarbeit.   Arbeitsfeld:   Wohnsiedlung 
mit    sozial  benacbteiligten  Familien.    Zu  den  Aufgaben   zahlen 
auBerdem  Elternarbeit   und   Gemeinwesenarbeit.    Die  Arbeit   ge- 
schieht   im  Team.   Geboten  werden  partnerschaftliches  arbeiten, 
5  -  Tage  -  Woche,   Vergutung  nach  AVR:    lib,   zusatzlicher  Fort- 
bildungsurlaub  vertraglich. 

anfragen  und   Bewerbungen   an:   Gemeinschaftszentrum  Toppheide/ 
Horstmarer  Landweg,   kk  Munster,   Toppheideweg  71    a 
Telefon  0251    -   ■»   68  75 


4.)  Eine  widerspruchsfreie  sozialistische  Praxis  ist  nicht  mb'glich, 
sondern  nur  eine  antikapi talistische  insofern,   als  'daS  die  Praxis 
burger! icher  Heimerziehung  -  Deklassierung  -  tendenziell   aufgeho- 
ben  wird  in  Richtung  Reintegration  in  die  proletarische  Klasse. 

5.)  Eine  Objektbeziehung  sozialistischer  Erzieher  zu  "ihren  Zb'glin- 
gen"  ist  ein  Widerspruch  in  sich:  Kennzeichnet  sich  die  Objektbe- 
ziehung biirgerlicher  Erzieher  etc.   in  Praxis  und  Ergebnis  weitge- 
hend  dadurch,  daB  sie  sich  sowohl  Uber  objektive  Bedlirfnisse  der 
Jugendlichen   (gegenteiliges  Ergebnis:  Deklassierung)  als  auch  uber 
ihre  subjektiven  Bedlirfnisse   (s.  ga'ngige  Heimpraxis)   total  hinweg- 
setzen,  so  ka'mpfen  sozialistische  Pa'dagogen  gerade  um  das  Gegen- 
teil:  Ausgehend  von  den  objektiven  Bediirfnissen  der  proletarischen 
Jugendlichen  ka'mpfen  sie  gemeinsam  mit  ihnen  urn  deren  Reintegra- 
tion verbunden  mit  dem  Versuch  grb'Btmbglicher  Befriedigung  subjek- 
tiver  Bedlirfnisse. 

6.)  Alle  Reformen,  die  die  Mb'glichkeiten  in  der  genannten  Richtung 
verbessern,  sind  zu  unterstlitzen  bzw.  aktiv  zu  erkampfen.  Dabei 
wird  man  immer  wieder  an  Grenzen  stofien,  Aber  es  gilt,  den"AusstoB" 
der  Heime  an  Berufskriminellen,  Nutten  und  Ausgeflippten  zu  ver- 
mindern.  Denn  dieses  Lumpenproletariat  ist  ihrer  Klasse  nun  wirk- 
lich  entfremdet  und  jede  proletarische  BewuBtwerdung  ist  bei   ihnen 
in  der  Regel   ausgeschlossen. 

7.)  Um  nicht  im  bloBen  Reformismus  stecken  zu  bleiben,  hat  der  So- 
zialpadagoge  sich  zu  organisieren  und  den  organisierten  Kampf  um 
seine  Interessen  aufzunehmen. 

Erste  Schritte  in  dieser  Richtung  waren: 

-  Orgam'sierung  aus  dem  Arbeitszusanmenhang  heraus  auf  regionaler 
Ebene  (z.B.   in  einer  der  diversen  regionalen  AKS-Gruppen) 

-  Orgam'sierung  in  der  Gewerkschaft  0TV 

-  aktive  Beteiligung  an  der  Organisation  eines  uberregionalen  Kom- 
munikationsrahmens  innerhalb  des  "Info's  Sozialarbeit" 

Mit  diesen  drei  Schritten  ist  allerdings  die  Problematik  der  Organisa- 
tionsfrage  fur  Sozial pa'dagogen  noch  nicht  einmal   geniigend  umrissen. 


INFORMATIONSDIENST  DES  SOZIALISTISCHEN  LEHRERBUNDES 

FOLGENDE   INFO-AUSGABEN  SIND  NOCH  ERHA1TLICH: 

Ausgabe  12  (Doppelnummer):   In  dieser  Ausgabe  sind  die  wichtigsten 

Beitrage  aus  den  bisher  erschienenen  Infos  zusammengestel It. 

Ausgabe  13:    Schwerpunktthema  "Grundschule" 

Ausgabe  14:   Schwerpunktthema  "Gesamtschule" 

Ausgabe  15  (Doppelnummer):  Schwerpunktthema   "Berufsschule" 

Ausgabe  16  (Doppelnummer):  Schwerpunktthema  "Gewerkschaft 

Erziehung  und  Wissenschaft" 

Einfachnummer  DM  3.  —  ,  Doppelnummer  DM  5.-- 

Bezug:    Verlag  2ooo  GmbH,  6o5  Offenbach  4,   Postfach  591 


Theori  e-Praxi  s-Gruppe ,  Westberl in 

POLITISCHE  DISZIPLINIERUNG  VON  SOZIALARBEITERN 
IN  DER  FAMILIENFORSORGE  NEUKtfLLN 


Zur  Situation  der  Sozialarbeit  in  Berlin 

Die  Sozialarbeit  in  kommunalen  Institutionen,  deren  Anteil   in  Berlin 
bei   ca.   90  %  liegt,  findet  hauptsachlich  in  den  zwb'lf  Bezirksa'mtern 
statt.  Die  Sozialarbeiter  arbeiten  isoliert  voneinander  und  indivi- 
duell   in  den  drei  Bereichen  Jugendamt,  Sozialamt  und  Gesundheitsamt. 
Jeder  Sozialarbeiter  ist  zustandig  fiir  bestimmte  in  seinen  Bereich 
fallende  Aufgaben  in  einem  geographisch  abgegrenzten  Bezirksteil. 
Die  allenthalben  bekannten  Strukturen  biirokratischer  Organisation 
behindern  die  Sozialarbeit  in   vielfacher  Weise:   zeitraubende   Instanzen- 
wege,  Vetorecht  des  Vorgesetzten  bei  miBliebigen  Eigeninitiativen 
der  Basis,  Monopolisierung  der  Informationen  an  den  Spitzen  der  Hierar- 
chie,   Parzellierung  der  "Fa'lle",  was  bedeutet,  daB  die  Probleme  der 
Klienten  nach  verwaltungstechnischen  Gesichtspunkten  formalisiert 
werden   und  dann  jede  Abteilung  an  seinem  Symptom  herumfummelt;  all 
dies  macht  eine  an  den  Interessen  der  Bevblkerung  orientierte  Arbeit 
fast  unmbglich.  Der  Widerspruch  zwischen  Behdrdenwirklichkeit  und  An- 
spruch  erzeugt  bei  den  Sozialarbeitern  einerseits   lahmende  Frustration, 
andererseits  jedoch  auch  auf  Veranderung  der  bisherigen  Sozialarbeit 
zielende  Kritik. 

Aber  erst  seit  etwa  1968,   als  die  Sozialarbeiter  im  Zusammenhang  mit 
der  Studentenbewegung  eindringlicher  und  geschlossener  als  bisher  ge- 
gen  bestehende  MiBstande  protestierten  und  als  die  Forderung  nach 
Veranderung  der  institutionellen  Kontrolle  zu  entgleiten  drohte,  kam 
es  zu  Kooperationsangeboten  der  Sozialburokratie  an  die  kritischen 
Sozialarbeiter.     Etwa  gleichzeitig  mit  der  Basisbewegung  der  Sozial- 
arbeiter nbtigte  der  Reformbedarf  des  "Sozialstaats"   leitende  Gremien 
und  ihre  Expertenstabe  dazu,  ihrerseits   Plane  zu  entwickeln,  die  die 
Sozialarbeit  im  Sinne  des  Systems  effektiver  machen  und  gleichzeitig 
die  Unruhe  unter  den  Sozialarbeitern  kanalisieren  sollte.  Unter  der 
Sprachregelung  "Experiment"  oder  "Model Iversuch"  werden  seither  kriti- 
sche  Initiativen  von  Sozialarbeitern  geduldet,  um  gegebenenfalls   in 
Reformen  von  oben  umgewandelt  oder,  wenn  sie  "zu  kritisch"  sind,   li- 
qudiert  zu  werden.  Eine  Einscha'tzung  von  Reformmodellen  und  Reform- 
praxis  in  verschiedenen  Bezirken  Berlins  soil   im  INFO  Heft  8/74  er- 
scheinen. 

Diese  Vorbemerkung  soil   nur  dazu  dienen,  einen  Einblick  in  die  Situa- 
tion zu  geben,  auf  deren  Hintergrund  die  Arbeit  von  einer  Sozialar- 
beitergruppe  im  Bezirksamt  Neukblln  zu  bewerten  ist.   Im  folgenden 
soil  jetzt  die  Arbeit  von  6  Sozialarbeitern  in  der  Familienfiirsorge 
Neukblln  dargestellt  werden,  die  zur  Folge  hatte,  daB  scharfe  Eingrif- 
fe  der  Bezirksverwaltung  gegen  die  Gruppe  eingeleitet  wurden   (Kuridi- 


29 


30 


gung  einer  Sozialarbeiterin,  Nichteinstellung  eines  Sozialarbeiters 
und  einer  Berufspraktikantin,  die  bereits  die  miindliche  Zusage  des 
Bezirksamtes  zur  Einstellung  hatten  und  Auflbsung  des  gesamten  Pro- 
jekts).   Es  soil  dann  in  diesem  Artikel  versucht  werden,  einzuschatzen, 
warum  die  Arbeit  der  Gruppe  zerschlagen  wurde  und  was  dies  politisch 
fur  uns  heiBt. 


Ausgangssituation  der  Gruppe  im  Bezirksawt  Neukolln 

Es  ist  hier  notwendig,  die  besondere  Ausgangssituation  im  Bezirksamt 
Neukolln  darzustellen. 

Neukolln  ist  ein  traditioneller  Arbeiterbezirk,  der  von  einer  SPD- 
Mehrheit  verwaltet  wird.  Besonders  auffa'llig  in  diesem  Bezirk  ist, 
daB  innerhalb  der  SPD  der  rechte  Flugel  dominiert.  Auch  der  fur  diese 
Sozialarbeiter  zustandige  Stadtrat  fiir  Jugend  und  Sport  gehbrt  zur 
rechten  Fraktion. 

In  der  Familienfursorge   (FaFu)  des  Bezirks,  die  auch  von  liberalen 
Sozialarbei tern  als  besonders  reaktionar  eingeschatzt  wird  und  die 
deshalb  von  erheblichem  Personal  man  gel  betroffen  ist,  gab  es  zur  Zeit 
der  Diskussion  um  die  Errichtung  einer  Gruppe  ca.   15  offene  Planstel- 
len.  Auf  Arbeitstagungen  und  Arbei tsbesprechungen  der  Sozialarbeiter 
wurden  auch  in  Neukolln  schon  ca.   1969  Beschlusse  gefaSt,   in  Neukolln 
Gruppenarbeit  zu  praktizieren.  Diese  Beschliisse  blieben  jedoch  unver- 
bindlich  und  ohne  jede  praktische  Konsequenz.  Angesichts  der  ange- 
spannten  Personalsituation  machte  der  Amtsleiter  Diegel  Ende  1972 
Sozialarbeitern,  die  schon  einige  Jahre  in  Neukolln  tatig  waren   und 
die  spa'ter  Teil  der  Gruppe  wurden,  das  Angebot,   in  der  FaFO  Neukolln 
Gruppenarbeit  zu  entwickeln.  Diese  Sozialarbeiter  erarbeiteten  dann 
ab  Anfang  73  mit  anderen  Sozialarbeitern  und  Berufspraktikanten 
(ab  Mai   73  in  Neukolln  tatigen)  ein  Konzept,  das  auf  einem  Arbeits- 
seminar  Anfang  Mai  73  von  der  Amtsleitung  gebilligt  wurde.    (Konzept 
siehe  Anlage). 

Die  Gruppe  fing  am  1.   Mai   73  mit  ihrer  Arbeit  an.  Die  Amtsleitung 
wollte  mit  dieser  Entscheidung  zweierlei   erreichen: 

-  erstens  die  Personalnot  beheben 

-  zweitens  der  FaFii  des  Bezirksamtes  Neukolln  ein  progressives  Image 
verleihen. 

Der  Amtsleiter  der  FaFu  Diegel   auSerte  seine  Absichten  bei   der  Ein- 
stellung in  einem  Papier  void  30,1.73  recht  deutlich.   In  seinen   "Ge- 
danken  zur  Errichtung  einer  Projektgruppe  der  FaFu  Neukolln"  schreibt 
er: 

"Unmittelbares  Motiv,  das  soil   gar  nicht  verschwiegen  werden,   ist 
die  gegenwartige  Personalnot.  Hierdurch  werden  Fantasien  freigesetzt, 
hierdurch  werden  auch  Widerstande  uberwindbar.  Das  weitere  Motiv 
liegt  in  dem  Bestreben,  der  gegenwartig  mit  dem  Schwergewicht  auf 
besoldungspolitische  Fragen  und  berufspolitisch  iibergewichtig  gefiihr- 
ten  Diskussionen  in  Hinwendung  auf  die  Probleme  des  Klienten  entge- 
gen  zu  setzen." 

Im  weiteren  zeigt  er  in  diesem  Papier,  obwohl  er  darin  von  einem  er- 
heblichen  und  notwendigen  Freiraum  spricht,  auch  schon  die  Grenzen 
der  Gruppenarbeit  auf.  Es  heiBt  darin,  da3  "das  Team  unter  Beachtung 


der  bestehenden  Rechts-  und  Amtspflichten  souveran  ist,  d.h.  konkret, 
daB  Mehrheitsentscheidungen  des  Teams  von  der  Amtsleitung  im  Konflikt- 
fall    grundsatzlich  zu  tragen  sind.  Das  Team  tolen'ert,  daB  auch  Ent- 
scheidungen,  die  nicht  die  Mehrheit  erreichen,  von  der  Amtsleitung 
qetragen  werden  konnen.   (...)  Konflikte  der  Gruppe  und  der  Amtslei- 
tung diirfen  nicht  zur  Einstellung  gewahrter  Moglichkeiten  fiihren, 
wenn  MaBnahmen  der  Amtsleitung  nicht  die  Billigung  der  Gruppe  finden, 
gi'bt  es  nicht  die  Mbglichkeit  der  Anordnung,  sondern  nur  der  Selbst- 
auflb'sung  der  Gruppe." 

Aufgrund  ihrer  Arbeit  im  Schwerpunkt  "Schule"  sind  die  Sozialarbeiter 
bereits  im  Juni   73  auf  die  MiBstande  an  der  Kielhorn-Sonderschule 
gestoBen,  die  in  ihrem  Bezirk  liegt.  Viele  Kinder,  die  von  Sozialar- 
beitern betreut  werden,  besuchen  diese  Schule.  Es  erschien  den  Sozial- 
arbeitern als  eine  Selbs.tverstandlichkeit,  ihre  Informationen  alien 
Kollegen  der  FaFu  zu  vermitteln.  Zu  diesem  Zweck  erarbeiteten  sie  ein 
Papier,  das  sie  auf  einer  Arbei  tsbesprechung  an  die  Kollegen  der  FaFu 
mit  dem  Ziel   verteilten,  die  berechtigten  Forderungen  von  Eltern  und 
Lehrern  zu  unterstutzen.  Sie  schildern  in  diesem  Papier  die  Situation 
einer  Sonderschule,  die  in  ihrem  Bezirk  liegt  und  deren  Schiiler  sie 
zum  grb'Bten  Teil  betreuen. 

Folgende'Tatsachen  bestimmen  seit  1  anger  Zeit  die  Situation  an  der 
Kielhorn-Sonderschule: 

"Seit  Jahren  hat  die  Kielhorn-Sonderschule  in  der  KopfstraBe  Filialen 
in  Grund-,  Haupt-  und  Realschulen,  seit  1972  noch  eine  in  der  Donau- 
straBe.     Die  Schiiler  in  der  DonaustraBe  sind  extrem  benachteiligt  da- 
durch.'daB  sie  in  einem  nackten  Filialraum  in  einer  abgeleqenen  Fremd- 
schule   unterrichtet  werden  mu'ssen.  AuBerdem  fehlen  z.B.  BLicher  und 
Karten;  es  gibt  keine  Projektoren,  Fachraume  und  Turnhalle.  Es   fehlen 
Hie  notwendigen  Tische,  StLihle,  Pulte,  Schra'nke,  Tafeln  usw." 
Zu  der  standigen  Dauerfrustration  der  Lehrer  und  Schiiler  kam  nun  im 
Marz  73  die  Nachricht  des  Schulamts,  daB  im  Herbst  73  erneut  eine  Fili- 
ale  entstehen  soil.   In  die  z.Zt.  bestehende  Filiale  sollen  flinf  Gymna- 
sialklassen  gelegt  werden.  Die  im  Herbst  neu  einzurichtenden  Sonder- 
schulklassen  sollen  in  einer  neuen  Filiale  untergebracht  werden. 

Die   Gruppe  formulierte  dazu  folgende  Forderungen 

1  Die  Zusammenlegung  aller  Klassen  der  Kielhorn-Sonderschule  in  einem 
'   Gebaude  als  mi ttelfristiges  Ziel,  wie  es  fur  die  meisten  Schulen 

selbstverstandliche  Wirklichkeit  ist.  Diese  Mbglichkeit  der  Arron- 
dierung  unserer  Schule  muB  seitens  der  Schulplanung  ausgewiesen 
sein  und  damit  terminlich   verbindlich  nachgewiesen  werden  konnen. 

2  Als  SofortmaBnahme  eine  Raumplanung,  die  es  uns  gestattet,  bis  zur 
Vereinigung  in  einem  Gebaude  mit  einer  Filiale  auszukommen. 

•a     Fiir  diese  Filiale  eine  sofortige,  unbiirokratische  Ausstattung  mit 
allef.  was  anderen  Schulen  recht  ist  aus  Mitteln,  die  fur  Hartefa'l- 
1e     wie  dem  unsrigen  zur  Verfiigung  stehen.   Kir  erwarten  vor  allem 
eine  schnelle  Grundausstattung  mit  den  notwendigen  Lehr-  und  Lern- 
mitteln  und  sind  bereit,  diesen  Katalog  zu  erstellen. 

4     Die  sofortige  Einrichtung  einer  Sekretarinnenstelle  in  der  Donaustr. 
'  mit  einer  Stundenbeschaftigung,  wie  sie  der  Berechnungsschlussel        ol 


32 


fur  13  bzw.   18  Klassen  (Herbst  73)  ausweist.  Hierzu  sind  die  Amts- 
ra'ume  so  zu  gestalten,  daB  sinnvolle  Arbeit  gewa'hrleistet  ist. 
Bei  der  Schwierigkeit  der  Kommunikation  und  dem  ungeregelten  Infor- 
mationsfluB  kann  z.Zt.  m'cht  fur  geregelte  Aufsichten,  Vertretun- 
gen  ben   Erkrankungen  und  die  Kenntnis  aller  Kollegen  der  Mitteilun- 
gen  seitens  der  Dienstbehbrde  gerechnet  werden. 
5.  SchlieBlich  und  zuletzt  erwarten  wir,  daB  die  Verantwortlichen 
seitens  der  Schulbehbrde  schnelle,   unvoreingenommene  Bereitschaft 
zur  Abhilfe  der  MiBstande  und  zur  Zusammenarbeit  zeigen. 

Die  Mehrheit  der  Kollegen  in  der  Fafii  war  wie  die  Gruppe  der  Meinuna, 
daB  es  die  Aufgabe  der  Sozialarbeiter  ist,  dieses  Problem  aufzugrei- 
fen.  Die  Amtsleitung  berief  daraufhin  ein  erneutes  Arbeitsgespra'ch 
ein,  um  die  Situation   genauer  zu  erbrtern.  Die  Amtsleitung  erklarte, 
mit  dem  Schulamt  Kontakt  aufzunehmen. 

Die  Kollegen  waren  sich  einig,  daB  weitere  Gesprache  mit  Lehrern  und 
Eltern  stattfinden  mu'Bten  und  daB  man  an  der  Schulelternversammlung 
am  21.6,73  teilnehmen  wiirde. 

Am  20.6.73  fand,  wie  alien  Kollegen  und  der  Amtsleitung  bekannt  war, 
ein  Treffen  mit  Lehrern  der  Schule  statt,  auf  dem  gekla'rt  werden 
sollte,  in  welcher  Weise  die  Sozialarbeiter  die  Lehrer  und  Eltern 
unterstiitzen  kbnnen. 

Von  seiten  der  Amtsleitung  wurde  gegen  dieses  Treffen  kein  Widerspruch 
erhoben.  Am  21.6.73  nahmen  daher  die  Sozialarbeiter  an  der  Schulel- 
ternversammlung teil.  Vor  Beginn  der  Versammlung  wurden  die  anwesen- 
den  Sozialarbeiter  vom  Schulrektor  und  van  Stadtrat  fiir  Volksbildung 
aufgefordert,  den  Raum  zu  verlassen.   Einige  Eltern  schalteten  sich  ein 
und  forderten  das  Verbleiben  der  Sozialarbeiter.  Dem  Stadtrat  fiir  Volks- 
bildung, Bohm,  wurde  von  den  Eltern  diktatorisches  Verhalten  vorgewor- 
fen.  Er  begriindete  sein  Verhalten  damit,  daB  die  Sozialarbeiter  sich 
nicht  an  den  Dienstweg  gehalten  haben  und  auBerdem  ein  "Flugblatt" 
mit  "u'blem  und  verleumderischen"   Inhalt  verteilt  hatten.  Die  Informa- 
tion der  Kollegen  wurde  von  Stadtrat  Bohm  als  "Agitation"  bezeichnet. 
Dann  forderte  er  alle  Sozialarbeiter  auf,  den  Raum  zu  verlassen.  Die 
Sozialarbeiter  versuchten  zu  erklaren,  warum  sie  an  der  Veranstaltung 
teilnehmen.  Daraufhin  forderte  Bohm  nochmals  auf,  den  Raum  zu  verlas- 
sen und  sagte:   "Wir  sprechen  uns  morgen  wieder!"  Um  Stadtrat  Bohm 
keinen  formalen  AnlaB  zu  geben,  disziplinarische  MaBnahmen  einzuleiten, 
verlieBen  sie  gegen  den  t/illen  der  Eltern  den  Raum.  Von  diesem  Sach- 
verhnlt  informiert.cn  sie  die  Kollegen  aw  22.6.  schriftlich. 

Reaktion  der  Verwaltung  -  DisziplinarmaBnahmen  - 

Am  gleichen  Tag  wurden  die  betroffenen  Sozialarbeiter  wahrend  ihrer 
Sprechstunden  zu  Stadtrat  Bohm  zitiert   (Bb'hm  -  Stadtrat  fiir  Volks- 
bildung war  zur  Zeit  gerade  Vertreter  des  Stadtrats  fiir  Jugend  und 
Sport,  der  Urlaub  hatte.) 
Es  wurde  ihnen  erb'ffnet,  daB 

1.)  disziplinarische  Schritte  gegen  sie  eingeleitet  werden; 
2.)  ein  Sozialarbeiter, nicht  wie  vereinbart.ab  1.7.73  eingestellt  wird; 

er  war  Berufspraktikant  und  wurde  aufgefordert,  Urlaub  zu  nehmen; 
3.)  den  drei  Sozialarbeitern,  die  noch  im  Probehalbjahr  waren,  wurde 


mitgeteilt,  daB  dem  Stadtrat  fur  Ougend  und  Sport  empfohlen  wird, 
die  Probezeit  als  nicht  bestanden  zu  erklaren  und  eine  Weiterbe- 
sch'a'ftigung  abzulehnen. 
Die   Begrundung  von  Stadtrat  Bohm  war,  daB  es  den  Sozialarbeitern  le- 
diglich   um  Agitation  und  Polemik  geht.   Er  gab  den  Sozialarbeitern 
keine  Gelegenheit,  zu  der  Sache  Stellung  zu  nehmen  und  seine  Behaup- 
tunrjen   richtig  zu  stellen. 

Zu   diesem  Zeitpunkt  war  klar,   daB  eine  Unterstiitzung  nur.  aufgrund 
einer  breiten  Offentlichkeit  des  Konfliktes  mbglich  ist,  Es  wurden 
Dokumentationen  verteilt,  die  zu  zahlreichen  Resolutionen  und  Schrei- 
ben   flihrten,   in  denen  sich  Ablehnung  und  Empbrung  fiber  die  geplanten 
MaBnahmen  ausdruckten.  Berichte  und  Stellungnahmen  erfolqten  im  Sen- 
der Freies  Berlin, in  der  "Berliner  Morgenpost"  und     in  verschiedenen 
Fachzeitschriften.   Der  grdBte  Teil   der  Neukbllner  Fafii-Kol  legen  sprach 
sich   gegen  die  disziplinarischen  MaBnahmen  aus,  Trotz  der  vielen  Stel- 
lungnahmen verscharften  sich  die  Disziplinierungen  weiter. 
Der  Berufspraktikant  wurde  nicht  eingestellt.   Eine  der  Sozialarbeite- 
rinnen  im  Probehalbjahr  wurde  am  13,7,  zum  31.7.73  ohne  Begrundung 
geklindigt.  Der  Personalrat  hat  dieser  Kundigung  mehrheitlich  zugestirtmt, 
ohne  die  Betroffene  gehdrt  zu  haben.  AuBerdem  wurde  das  Konzept  der 
Gruppe  fiir  ungiiltig  erklart  und  der  GroBbezirk  muBte  wieder  in  Einzel- 
bezirke  aufgeteilt  werden. 

Eine  inhaltliche  Begrundung  dafiir  konnte  der  Gruppe  weder  von  der 
Arnts-  noch  von  der  Abtei  lungslei  tung  gegeben  werden.  Die  Personalsitu- 
ation   hat  sich  durch  diese  MaBnahmen  weiter  verscharft. 

In  einem  von  Stadtrat  Bohm  mit  Vertretern  der  DTV-Betriebsfachgruppe 
Zehlendorf  am  12.7.73  gefiihrten  Gesprach  sagte  dieser  wbrtlich: 
"Die  Entlassung  hat  rein  politische  Grunde."  Um  die  Hintergrunde  zu 
erhellen , hatte  sich  die  Sozialarbeiterin  bereit  erklart,   die  in  der 
Personal akte  befindlichen  Schreiben  zu  verbffentlichen. 


Dokumentation  der  Schreiben  aus  der  Personal akte 


An  die 

Abteilung  Personal  und  Verwaltung  26.6.73 

Betr.:  Sozialarbeiterin  Frau  B. 

Wir  beantragen  hiermit,  die  Probezeit  zum  nachstmbglichen  Termin  zu 

beenden. 

Aufgrund  der  Vorkonmnisse  in  der  Kielhorn-Sonderschule  hat  die  Ange- 

stellte  eine  Haltung  gezeigt,  die  es  unsunmdglich  macht,  das  Arbeits- 

verhaltnis  fortzusetzen. 

gesehen  der  Personalrat 

Bohm 


33 


Abt.  Personal  u.  Verwaltung 

An  den  Personalrat 

Betr.:   Klindigung  des  Bescha'ftigungsverha'ltnisses  der  Sozialarbeiterin 
Frau  B. 

Anliegend  libersenden  wir  Ihnen  ein  Schreiben  der  Abt.   Jugend  und  Sport 
vom  2.7.73  mit  Anlagen  iiber  Vorkommnisse  bei  einer  ElternausschuBsit- 
zung  an  der  Kielhorn-Schule   (Sonderschule  fur  Lernbehinderte)  am  Don- 
nerstag,  den  21.6.73,  an  der  die  obengenannte  beteiligt  war. 
Wegen  der  Einzelheiten  verweisen  wir  auf  die  Ausflihrungen  der  Abt. 
Jugend  und  Sport. 

Wir  schlieBen  uns  der  Auffassung  der  Abt.  Jugend  und  Sport  an  und 
sehen  in  dem  Verhalten  der  o.g.  ebenfalls  einen  schweren  VerstoB  in 
der  Erledigung  der  Dienstpflichten  bzw.  eine  Schadigung  des  Anse- 
hens   des  BA  Neukb'lln  von  Berlin. 

Aus  diesem  Grunde  beabsichtigen  wir,  das  Beschaftigungsverhaltnis 
wa'hrend  der  Probezeit  ohne  Angabe  von  Grunden  mit  einer  Kundigungs- 
frist  von  2  Wochen  zum  MonatsschluB,  d.h.  zum  31.7.73  zu  kiindigen. 
Wir  bitten  um  Zustimmung  zu  dieser  MaBnahme. 

Stiicklen 


wurde  der  Raum  unter  Protest  verlassen.  Dabei  beta'tigte  sich  beson- 
ders  Frau  B.   in  ubler  Weise,  indem  sie  lautstark  den  Stadtrat  als 
Diktator  beschimpfte  und  die  anwesenden  Eltern  aufforderte,   durch 
Abstimmung  das  Verbleiben  der  Sozialarbeiter  zu  ermb'glichen. 
"Wenn  die  Eltern  abstimroen,  daB  wir  hier  bleiben  sollen,  kann  uns 
auch  der  Stadtrat  m'cht  aus  dem  Raum  weisen." 

In  diesem  Verhalten,  besonders  dieser  Mitarbeiterin,  sehen  wir  einen 
schweren  VerstoB  in  der  Erledigung  von  Dienstpflichten  bzw.  eine 
Schadigung  des  Bezirksamtes  Neukb'lln  von  Berlin.  Es  ist  auf  die  Dauer 
m'cht  zuzumuten,  mit  Mitarbeitem,  die  es  bewuBt  auf  Konfrontation 
mit  Vorgesetzten  und  einer  Schadigung  des  Bezirksamtes  in  der  Offent- 
lichkeit  abgesehen  haben,  weiter  zu  arbeiten.  Die  Abt.  Jugend  und 
Sport  sieht  sich  daher  auBerstande,  in  dieser  Angelegenheit  eine  ande- 
re   Entscrteidung  zu  treffen  als  oben  gefordert  wird.   Insbesondere  ist 
aus  dem  Verhalten  zu  schlieBen,  daB  m'cht  zu  erwarten  ist,  daB  sie 
den  Anforderungen,  die  wir  an  unsere  Mitarbeiter  stellen  miissen,  ge- 
recht  werden  wird. 

AuBerdem  fligen  wir  in  Fotokopie  zwei  Anlaqen  bei,  aus  denen  ersicht- 
lich   ist,  in  welch  unzula'ssiger  Weise  sich  die  Gruppe  von  Sozial- 
arbeitern  in  die  Belange  der  Abt.  Volksbildung  einmischen.   Vier  wei- 
tere  Anlagen  zeigen,  wie  diese  Angelegenheit  in  die  Offentlichkeit 
zum  derzeitigen  Zeitpunkt  getragen  wurde. 
Die  Verfugung  wurde  von  Stadtrat  Bb'hm  mitgezeichnet. 

gesehen:  Simanowski 


34 


Abt.  Jugend  und  Sport 
JUg  BS  -  4005 

An  die 

Abt.   Personal   und  Verwaltung 

Personalamt 

Betr.:  Sozialarbeiter   ... 

Wir  beantragen  hiermit  die  Kundigung  wa'hrend  der  Probezeit  zum  na'chst- 
mbglichen  Termin. 

Begrundung: 

Am  Dormers  tag.  dem  21.6.73  fand  um  20.00  Uhr  in  der  Kielhorn-Schule 
eine  El ternausschuBsitzung  statt.   Kurz  vor  Beginn  dieser  Versammlung 
erschienen  ungeladen  7  Sozialarbeiter  der  FamilienfLirsorge,  unter 
ihnen  Frau  B.  Der  Aufforderung  des  Schulleiters  und  des  1.   Elternvor- 
sitzenden  den  Raum  zu  verlassen,   da  sie  weder  zum  Kreise  der  Eltern- 
vertreter  noch  zum  Lehrkbrper  gehbrten,   kamen  diese  Sozialarbeiter 
nicht  nach.  Als  sie  daraufhin  vom  Leiter  der  Abt.  Volksbildung,  Herrn 
BzStr  Bbhm,  der  anwesend  war,  ebenfalls  aufgefordert  wurden,  den 
Raum  zu  verlassen,  weigerten  sie  sich  weiter.  Auch  der  Hinweis,  daB 
der  anwesende  Bezirksstadtrat  im  Augenblick  amtierender  Leiter  der 
Abt.  Jugend  und  Sport  sei   und  die  dienstliche  Anweisung  an  diese  So- 
zialarbeiter erteilte,  den  Raum  sofort  zu  verlassen,  um  den  Geschafts- 
gang  m'cht  zu  verhindern,  kamen  sie  zunachst  auch  nicht  nach.  Erst 
nach  eindringlichen  Verweisen  auf  mbgliche  disziplinarische  Folgen 


BA  Neukblln  von  Berlin  Berlin  44,  den  13.7.73 

PV  PA  IV/6 

1.   Frau  B.  Abt.  Jugend  und  Sport  -  ist  seit  dem  1.  Mai   1973  als  Sozi- 
alarbeiterin  ta'tig.  Die  Dienststelle  beantragt  mit  Schreiben  vom 
2  7.73,  das  Beschaftigungsverhaltnis  innerhalb  der  Probezeit  zu  lb- 
Seni   da  Frau  B.   fur  die  Ta'tigkeit  als  Sozialarbeiter  nicht  geeignet 
ist'   Dem  Antrag  der  Dienststel le  wird  entsprochen.  Das  Beschafti- 
gungsverhaltnis ist  innerhalb  der  Probezeit  gem.  § 
^hnp  Anaabe  von  Grunden  fristgema'B  zum  31.7.73  zu  k 


ohne  Angabe  von 


53  Abs.   1   BAT 
kiindigen. 


2     Die  Personal vertretung  hat  am  13.7.73  zugestimmt, 

Dieser  Verfugung  folgte  das  KLindigungsschreiben  an  die  Sozialarbei- 
terin. 


Auf  einer  Mitgliederversammlung  der. Abt.  Sozialarbeit  der  Gewerk- 
schaft  tJTV  Berlin  wurde  beschlossen,  eine  bffentliche  Informationsver- 
anstaltung  einzuberufen. 

Zu  dieser  Veranstaltung  wurden  alle  Sozialarbeiter  Berlins  und  der 
Bezirksblirgermeister  von  Neukb'lln,  der  Meukbllner  Stadtrat  fiir  Volks- 
bildung  und  der  Stadtrat  fur  Jugend  und  Sport,  sowie  Vertreter  des         35 


Personalrats  eingeladen. 

An  der  Informationsveranstal tung  nahmen  ca.   200  Sozialarbeiter  tail. 
Die  eingeladenen  Vertreter  des  Bezirksamtes   lehnten  die  Teilnahme 
an  der  Veranstaltung  ab.   Ihre  Begriindung  im  Schreiben  des  Bezirks- 
biirgermeisters  von  Neukolln  an  die  OTV: 

"Die  von  Ihnen  angefu'hrten    Vorga'nge  sind  bereits  Thema  mehrerer  Ge- 
sprache  der  Beteiligten,  einschlieBlich  des  Personalrats,  in  meiner 
Verwaltung  gewesen.  Dabei  ist  klargestellt  worden,  daB  der  Teilnehmer- 
kreis  fur  Schulelternversammlungen  nach  der  DVO  zu  §  18  Schulgesetz 
fest  umrissen  ist.  Rechtswidrig  ist  daher  die  Teilnahme  von  Personen, 
die  nicht  zu  diesem  Teilnehmericreis  gehb'ren.   Es  ist  auch  erb'rtert 
worden,  daB  es  Aufgabe  der  Bediensteten  ist,  die  Vorgesetzten  zu  be- 
raten  und  zu  unterstlitzen  und  Bedenken  gegen  die  Rechtsma'Bigkeit 
von  MaBnahmen  der  Verwaltung  gegenuber  den  Vorgesetzten  gel  tend  zu 
machen.  Soweit  fehlerhafte  MaBnahmen  der  Verwaltung  in  Frage  stehen, 
ist  es  im  Rahmen  des  geltenden  Rechts  Aufgabe  der  Gerichte  dies  zu 
Iiberpriifen. 

Das  Bezirksamt  sieht  sich  somit  auBerstande,  Personalprobleme,  die 
seine  Mitarbeiter  betreffen,   in  der  Uffentlichkeit  zu  behandeln." 

Das  Ergebnis  dieser  Versammlung  war  erst  einmal  die  Resolution  der 
Versammelten  und  die  Forderung  des  anwesenden  Personal ratsvorsi  tzen- 
den  aus  Neukolln  nach  einem  Gesprach  zwischen  Stadtrat  Bb'hm,  Simanowski, 
der  0"TV,   dem  Personalrat  und  der  Gruppe.  Dieses  Gesprach  hat  bis   heu- 
te  nicht  stattgefunden. 


Ein       Antrag  bei   der  07V   von    auf  Rechtsschutz  gegen  die  KLindi  - 

gung  wurde  abgelehnt,  da  nach  Meinung  der  OTV  diese  KUndigung  recht- 
ma'Big  gewesen  ist. 

Die  Sozialarbeiterin  reichte  trotzdem  beim  Arbeitsgericht  Klage  ein 
mit  folgenden  Forderungen: 

1.  Unwirksamkeit  der  Kiindigung 

2.  Schadensersatz  fur  das  ausgefallene  Gehalt 

3.  Herausnahme  der  Vermerke  aus  der  Personalakte 

Ein  Vergleichsvorschlag  des  Arbeitsgerichtes  wurde  vom  Bezirksamt 
abgelehnt  .  Das  Bezirksamt  besteht  auf  einem  ProzeB,  der  bis  heute 
jedoch  noch  nicht  stattgefunden  hat. 


36 


Verhaltnis  der  Gruppe  zu  den  Kollegen  in  der  Fafu 

Der  Gruppe  war  von  Anfang  an  klar,  daB  sie  ihre  Vorstellungen  nur 
dann  in  die  Praxis  umsetzen  kb'nne,  wenn  sie  sich  auf  eine  Verankerung 
-  zunachst  in  der  Mitarbeiterschaft  -  beziehen  kb'nne.  Sie  hat  des- 
halb  versucht,  schon  bevor  ihre  Arbeit  im  Mai  73  begann,  auf  Arbeits- 
besprechungen  den  Kollegen  ihre  Vorstellungen  darzustellen  und  mit 


ihnen  zu  diskutieren  und  itimer  wieder  durch  Informationen  ihre  Ar- 
beitsinhelte  b'ffentlich  zur  Diskussion     gestellt. 
Die  Gruppe  wurde  von  den  Kollegen  erst  einmal  grundsatzlich  akzep- 
tiert,  da  sie  vor  allem  eine  Verbesserung  der  Arbeitssituation  (Ent- 
lastung  von  Vertretungsarbei t)  aller  Mitarbeiter  der  Fafu  mit  sich 
brachte.  Zum  anderen  fu'hrte  die  Arbeitssituation  und  die  Unzufrieden- 
heit  mit  der  eigenen  Arbeit  bei  den  liberalen  Sozialarbeitern  zu 
einer  Offenheit  gegenuber  anderen  Arbeitsformen.   Es  gab  jedoch  auch 
Bedenken  gegen  das  Projekt,  "es  sind  alles  so  junge  Kollegen,  die 
keine  Erfahrung  in  der  Praxis  haben"  usw. 

Das  schriftlich  fixierte  Konzept  der  Gruppe  wurde  jedoch  -  entgegen 
der  Zusage  des  Stadtrats,  der  der  Gruppe  verboten  hatte,  das  Konzept 
selbst  zu  verbffentlichen,  selbst  jedoch  die  Verteilung  unter  den  Kol- 
leqen  zugesagt  hatte  -  erst  dann  alien  Kollegen  zug'a'nnlich  gemacht, 
als  der  Konflikt  mit  der  Gruppe  schon  vorbei  war.  Dieses  Verhalten 
von  Stadtrat  Simanowski  zeigt,  daB  er  -  obwohl  grundsatzlich  mit  dem 
Konzept  einverstanden  -  eine  offene  Diskussion  unter  den  Kollegen  ver- 
hindern  und  Unsicherheit  hervorrufen  wollte,  um  so  eine  Solidan'sie- 
rung  zu  verhindern. 

Die  Auseinandersetzungen  der  Gruppe  mit  der  Amtsleitung  fuhrten  dann 
im  Konflikt  zum  ersten  Mai   in  Neukolln  zu  einer  Solidaritat  der  Kol- 
lpaen     Zwar  wurde  das  Vorgehen  der  Gruppe  teilweise  kritisiert,   aber 
die  scharfen  Angriffe  der  Amtsleitung  fuhrten  dazu,  daB  Teile  der  So- 
7-ialarbeiter  die  Gruppe  z.B.   in  Arbei tsbesprechungen  massiv  unter- 
ItUtzen   und  von  der  Amtsleitung  und  dem  Stadtrat  eine  Rechtfertigung 
ihrer  MaBnahmen  forderten.  Diese  Auseinandersetzung  mit  der  Fuhrungs- 
cnitze  der  Burokratie  fu'hrte  zu  einer  Politisierung,  die  zum  ersten 
Mai   in  Neukolln  die  Folge  hatte,  daB  Sozialarbeiter  versuchten,  sich 
^mpinsam  zu  wehren.  Diese  Politisierung  hat  jedoch   langfristig  noch 
wlinen  Erfolg  gezeigt.  Dadurch,  daB  der  Druck  der  Burokratie  starker 
linrden  ist,  die  Vereinzelung  grbBer  und  die  Einschlichterungsversu- 
hP  offensichtlich  gewirkt  haben   (auch  die  Solidari  tatskampagne  keinen 
sichtbaren  Erfoig  gebracht  hat),   herrscht  zur  Zeit  eine  weitgehende 
Resignation  unter  den  Sozialarbeitern. 

Ration  in  der  Gewerkschaft  OTV  auf  die  VorgSnge 
^^fi^milienfUrsorqe  in  Neukolln        

n-p  firuDDe  hatte  bereits  im  Mai   73  Kontakt  zu  dem  von  der  OTV  be- 
u       crhten  Personalrat  im  Bezirksamt  Neukolln  aufgenommen.  AnlaB 
j  f-l  war  die  Erwartung  einer  Unterstutzung  bei   der  Durchsetzung  der 
ca«£runq  nach  einer  Verwaltungskraft  fur  die  Gruppe.  Zu  diesem  Zeit- 

1%  wurde  dem  Personalrat  das  Konzept  ausgehandigt,  das  von  den 
pSonalratsmitgliedern  in  Gesprachen  auch  gebilligt  wurde. 

,     Da/,inn  der  Arbeit  lieBen  sich  alle  Mitglieder  der  Gruppe,  soweit 
ZU         rh  nicht  in  der  OTV  waren,  in  die  Gewerkschaft  aufnehmen,  ohne 
VI  Hie  Auseinandersetzung  iiber  Sinn  und  Ziel  einer  aktiven  Gewerk- 

Z   f^arbeit  bereits  abgeschlossen  war.  Vorla'ufig  hatte  man  folgende 
sc     j^Litinnen  zur  Gewerkschaft  einqenommen:  es  sollte  vor  allem  an 
GrunrPwprkschaftsbasis  gearbeitet  werden,  die  Gewerkschaft  sollte 
der  ^^.ert  werden  fur  die  Interessen  der  Bevblkerung,  bzw.   fur  die 


37 


Arbei tsplatzsi tuation.   Bei   politischen  Disziplinierungen  sollte  in 
der  Gewerkschaft  Unterstiitzung  gefordert  werden. 

Erstmals  muBte  sich  der  Personal  rat  mit  der  Gruppe  beschaftigen,   als 
sich  Kollegen  des  Grundstucksamtes  uber  ein  Papier  beschwerten,  das 
die  Forderung  nach  einem  Mitspracherecht  der  Fafu'  bei  der  Vergabe 
von  Wohnungen  des  Grundstucksamtes  enthielt.  Eine  Stellungnahme  er- 
fol"te  nicht. 

Als  die  Grjppe  den  Drohungen  des  Bezirksamts  aufgrund  des  Konflikts 
an  der  Kielhorn-Sonderschule  ausgesetzt  war,  schaltete  sie  selbst 
den  Personalrat  ein,   der  ebenfalls  vom  Bezirksamt  selbst  informiert 
worden  war. 

Ein  Teil  der  Personalratsmitglieder  nahm  an  der  ersten  Arbeitsbespre- 
chung  mit  dem  Stadtrat  fiir  Volksbildung  teil.  Diese  Mitglieder  a'ufter- 
ten  sich  jedoch  nicht  dazu,  sondern  versprachen  nur,  die  Angelegen- 
heit  grlindlich  zu  Uberprlifen. 

Erst  nachdem  der  Personal  ratsvorsitzende  aus  dem  Urlaub  zuriickkam, 
gingen  von  ihm  Aktivi  taten  aus,  die  hoffen  lieBen,  daB  der  Personal- 
rat  die  Gruppe  unterstutzen  wiirde.  Auf  einer  OTV-Sitzung,  bei   der  die 
meisten  der  PR-Mi tglieder  anwesend  waren,  hatte  die  Gruppe  die  Gele- 
genheit,  den  Konflikt  aus  ihrer  Sicht  darzustellen.  Teilweise  wurde 
dem  Vorgehen  der  Gruppe  zugestimmt,  teilweise  wurde  sie  kritisiert, 
die  Plane  des  Bezirksamtes  fanden  zum  Teil  keine  Unterstiitzung. 
Wenig  spa'ter  stimmte  der  Personalrat  jedoch  mit  groSer  Mehrheit  der 
Kiindigung  von  Frau  B.   zu.  Gegen  die  Kiindigung  hatte  u.a.   der  Vorsit- 
zende  gestimmt,  die  DTV-Vertreter  der  Fachgruppe  Sozialarbeit  stimm- 
ten  jedoch  zu. 

Die  Betriebsfachgruppe  Sozialarbeit  unternahm  trotz  wiederholter  Auf- 

forderungen  nichts,  Aktivitaten  wurden  abgeblockt,  da  angeblich  zu 

wenig  Informationen  vorhanden  waren,  die  Sache  sollte  nicht  weiter 

eskaliert  werden,  man  sollte  Ruhe  bewahren  usw.  Die  Kollegen  an  der 

Basis,  die  organisiert  waren,  waren  inaktiv.  Der  Vorstand  war  der 

Auffassung,  daB  man  harmonisieren  muBte  und  stimmte  in  der  Abtei  lungs - 

versarrmlung  gegen  eine  Offentlichkei tsveranstaltung. 

Allerdings  haben  diese  Vorgange  nicht  zuletzt  dazu  gefiihrt,  daB  sich 

ein  grb'Berer  Teil  der  jungen  Kollegen  in  der  UTV  organisiert  hat, 

um  in  der  Gewerkschaft  zu  erreichen,  daB  die  MiBstande  in  der  Familier- 

fu'rsorge  dort  aufgegriffen  und  bekampft  werden. 

Erst  nachdem  die  Gruppe  zerschlagen  war,  beschaftigte  sich  die  Be- 

triebsgruppe  der  07V  mit  diesem  Konflikt  und  verurteilte  das  Verhal- 

ten  des  Bezirksamtes. 

Inzwischen  hat  sich  die  Betriebsgruppe  aktiviert,  auf  ihre  Initiative 

wurde  bei  der  letzten  Abtei  lungs  vers  amm  lung  der  Bezirksverwaltungen  ein 

Antrag  angenommen,  der  die  Arbeit  der  Kommission  gegen  das  Berufsver- 

bot  der  Abteilung  Sozialarbeit  unterstiitzt. 

Die  Aktivitaten  der  Abteilung  Sozialarbeit  sind  bereits  geschildert 

worden. 


38 


Vorlaufige  Einschatzung  des  Neukbllner  Konflikts 

Die  Arbeit  der  Neukb'llner  Sozialarbeitergruppe  la'St  sich  grob  in  zwei 
Phasen  unterteilen:  Aufbau-  und  Konfliktphase.  Eine  Stabilisierung  er- 
folgte  nicht.  Die  Aufbauphase  gait  zu  dem  Zeitpunkt  fur  abgeschlossen, 
nachdem  die  Gruppe  eine  Arbei tskonzepti on  erstellt  hatte  und  die  er- 
sten noch  unabgeschlossenen  Konzeptionsvorstellungen  an  die  Kollegen 
vermittelt  waren.  Aus  methodischen  Griinden  wird  bei  der  DarstelTung 
der  Aufbauphase  zwischen  Vorbereitungszeit  und  Konzeptionserstellung 
unterschieden. 

I     Aufbauphase 

1 .    Vorbereitungszeit 

Tjie   Neuko  I  Iner  Uruppe  setzte  sich  aus  Praktikern  und  Studenten  der 
Sozialarbeit  zusanmen,  die  vor  dem  AbschluB  ihres  Anerkennungsjahres 
standen.  Dieser  Zusammensetzung  entsprachen  Unterschiede  in  den  poli- 
tischen Positionen,  in  der  politischen  Einschatzung  der  Funktion  der 
Sozialarbeit,  den  Praxiserfahrungen  und  der  Motivation  der  Gruppen- 
bildung  im  Amt. 

Praktiker 

Sent  1969  wurde  im  Bezirksamt  (BA)  Neukdlln  in  der  Farm  lienfiirsorge 
fFafu)  die  Frage  mb'glicher  Gruppenbildungen  diskutiert  mit  der  allei- 
nigen  Konsequenz,  daB  informelle  Gruppen  aufgebaut  wurden.  D.h.  in 
einigen  Berliner  Bezirksamtern  wurden  nach  formalen  Gesichtspunkten 
innerhalb  der  Fafu  Gruppen  gebildet,  die  jeweils  einen  Gruopenleiter 
hatten,  der  besondere  Unterschriftsbefugnisse  hat  und  an  regelma'Bigen 
Gruppenleiterbesprechungen  teilnimmt.  Diese  Gruppenleiterbesprechun- 
aen  sollten  die  Diskussion  zwischen  Amtsleitung  und  den  Sozialarbei- 
tsrx\  gewahrleisten.  Diese  Gruppenbildung  hatte  weder  eine  Neubestim- 
mnna  der  SA  noch  eine  Aufhebung  der  indi  viduel  len  Arbei  tssi  tuation 
zur  Folge  und  bedeutete  eine  weitere  HierarchTsierung  innerhalb  der 

FafU. 

Auf  dem  Hintergrund  der  auBerordentlich   ung'u'nstigen  Personalsi tuation 
-in  der  Fafu  Neukdlln  wurden  seit  1972  die  Anstrengungen  zur  Gruppen - 
arbeit  von   verschiedenen  Seiten  her  forciert:   Insbesondere  die  ju'nge- 
ren  Kollegen,  frustriert  von  den  ergebnislosen  Diskussionen,  wollten 
siCh  nicht  mit  der  von  einer  breiten  Basis  der  Kollegen  getragenen 
Forderung  nach  Anhebung  der  Besoldungsgruppen  fiir  die  in  der  Fafu 
tatigen  Sozialarbeiter  begniigen.   Sie  wollten  zu  einer  praktisch  rele- 
vanten  Gruppenarbeit  kommen,  wobei   sie  unterschiedliche  Priori taten 
setzten   (Gruppenbildung  unter  gruppendynamischen  Aspekt;  Arbeitsent- 
lastung  durch  Effektivierung  der  praktischen  Arbeit;  Neubestimmung 
der  Aufgaben  der  SA  unter  politischem  Aspekt  und  den  Bedingungen  der 
Gruppenarbeit.)  Gleichzeitig  wurde  auf  der  mittleren  hierarchischen 
Ebene   (Amtsleitung)  Gruppenbildung  mit  der  Erwartung  angestrebt, 
durch  Initiierung  von  Modellen,  die  Arbeit  in  der  Fafii  attraktiver 
zu  machen  und  so  die  personellen  LUcken  aufzufiillen  und  mit  dem  ent- 
sorechenden  Erfolg  im  Riicken  die  eigene  Position  absichern  und  ver- 
bessern  zu  kdnnen.  Dieses  Ziel  der  mittleren  Hierarchie  muBte  gegen- 
Uber  der  rechtskonservativen  oberen  Bezirkshierarchie  mb'glichst  weit-    Oo 


40 


gehend  entscha'rft  und  abgesi chert  werden. 

Eine  Gruppe  von  5  jlingeren  Kollegen  und  die  Amtsleitung  leiteten  aus 
der  beschriebenen  Situation  ihre  Interessengleichheit  ab  und  planten 
fur  das  Fruhjahr  1973  die  Installierung  einer  reformerisch-technokra- 
tischen,  organisatorisch  relativ  selbstandigen  und  mit  gewissen  Pri- 
vilegien  ausgestatteten  Gruppe. 

Studenten 

Seit  1972  arbeiten  einige  Studenten  und  Berufspraktikanten  mit  der 
Perspektive  zusammen,  sich  auf  eine  gemeinsame  Amtspraxis  vorzuberei- 
ten.  Die  politischen  Voraussetzungen  waren  vergleichbar:  mehr  Oder 
weniger  stark  praktisch  engagierte  Teilnahme  an  der  "Bewegung"  seit 
der  Studentenrevolte,  Selbstversta'ndnis  als  "Nichtrevisionisten"  ohne 
die  Konsequenz  zur  Orgam'sierung  in  einer  nichtrevisionistischen  Pai — 
tei;  Aktivitaten  im  Ausbildungsbereich   (mit  antiinstitutionell   akzen- 
tuiertem  Kampf)   ;  geringe  Erfahrungen  in  der  behordlichen  Sozialarbei t. 
Die  Gruppe  ging  von  der  Annahme  aus,  daB  es  politisch  notwendig  ist,   die 
Arbeit  fortschrittlicher  Sozialarbei ter  in  den  kommunalen  Behb'rden 
zu  unterstlitzen,  zu  verstarken  und  zu  koordinieren.  Die  Zusammenarbei t 
mit  Basisgruppen  im  Stadtteil  sollte  angestrebt  werden.   Ihre  Vorstel- 
lungen  von  einer  politisch  relevanten  Sozialarbeit  veranlaSte  sie  zu 
folgenden  Eintscheidungen: 

a)  Arbeit  in  kommunalen  Behb'rden,  nicht  in  AuBenstellen,  sondern  in 
Ratha'usern,  weil   dort  die  Masse  der  Sozialarbei  ter  tatig  und  erreich- 
bar  ist. 

b)  Arbeit  in  der  Fafti,  weil  die  Tatigkeit  in  der  Fafii  nicht  speziali- 
siert  ist.  Von  einer  nicht-spezialisierten  Tatigkeit  versprach  man 
sich  die  Mdglichkeit,  an  den  Bediirfnissen  aller  Bevblkerungsgruppen 
anknlipfen  zu  kbnnen.   Zudem  sind  in  der  Fafii  die  berufsspezifischen 
Eigeninteressen  am  wenigsten  entwickelt  und  somit  von  dorther  am 
ehesten  Initiativen  zur  Umstrukturierung  der  behordlichen  Sozial- 
arbeit zu  erwarten. 

c)  Arbeit  in  einem  Arbei terbezirk. 

Die  Studenten  beabsichtigten  nicht  als  formale  Gruppe  zu  arbeiten, 
vielmehr  wollten  sie  sich  als  einzelne  im  selben  Amt  bewerben  und 
nach  der  Einstellung  zunachst  informell   zusammenarbei  ten.   Dariiberhin- 
aus  hielten  sie  die  Annahme  fiir  illusorisch,  als  formale  Gruppe  An- 
stellungsvertrage  zuerhalten.   Insgesamt  waren  die     Vorarbeiten  die- 
ser  Gruppe  vage  und  undifferenziert.  Notwendige  Analysen   (z.B.   vom 
Stadtteil)  wurden  nicht  erstellt. 

Die  Gruppe 

Die  Studenten  sahen  in  Neukblln  die  Mbglichkeit,  gemeinsam  in  einem 
Arbei  terbezirk  in  der  Fafii  arbeiten,  und  liber  die  Einbeziehung  der 
Praktiker  in  die  eigenen  politischen  Aktivitaten  mit  einer  erweiter- 
ten  Basis  im  Amt  arbeiten  zu  kbnnen.  Die  Vorarbeiten  der  Praktiker 
zu  einer  Gruppenarbeit,  der  Installierung  eines  GroBbezirks  schien 
akzeptabel.   In  die  von  beiden  Seiten  in  Obereinstimmung  gefiihrten  Ver- 
handlungen  zwischen  Praktikern  und  Amtsleitung  brauchte  nur  einge- 
stiegen  zu  werden. 

Umgekehrt  versprach  sich  ein  Teil  der  Praktiker  von  der  Zusammenarbei t 
mit  den  Studenten  die  Abklarung  der  in  ihrer  Gruppe  bestehenden  diffu- 
sen  Motivationen  zur  Gruppenbildung  sowie  eine  klare  politische  Aus- 


richtung. 


2.   Konzeption 

Politische  Zielsetzung 

Die  GroBgruppe  konzentrierte  ihre  Arbeit  auf  die  Zielgruppe  proleta- 
rische  Jugendliche.  Hierzu  wurden  innerhalb  der  Gruppe  arbeitsteilig 
Schwerpunkte  gebildet,  na'mlich  Schulsituation,  Wohnsituation  und  Ar- 
bei t/Frei  zei  tbereich , 
Ziel    der  Arbeit: 

-  Informationen,  die  sie  in  ihrer  Funktion  als  Sozialarbeiter  erhiel- 
ten,   zu  sammeln,   z.B.  Informationen  Uber  Mietwucher,  Schulrepres- 
sionen,   bes.  skandalbse  Ausbeutung  von  Lehrlingen  u.a. 

-  den  Jugendlichen  Mbglichkeiten  zur  Wahrnehmung  ihrer  Bediirfnisse  und 
Interessen  aufzeigen,  z.B.  Orgam'sierung  in  Jugendzentren,  Mitarbeit 
in  Stadtteilgruppen,  Griindung  von  Wohngemeinschaften  usw. 

-  Es  erschien  ihnen  mbglich,  daB  die  Aktivitaten,  die  sie  als  Sozial- 
arbeiter meinten  unterstlitzen  zu  kbnnen,  vom  Stadtteil  aus  weiterge- 
tragen   und  vorangetrieben  werden. 

Politische  Arbeit  unter  den  Kollegen 

Unter  den  Kollegen  sollte  eine  breite  Basis  geschaffen  werden,  die  dazu 

bereit  ist,  fur  die  Interessen  der  Arbeiter  auch  gegen  den  Widerstand 

der  Sozialbiirokratie  zu  kampfen . 

Sie  meinten,  dies  dadurch  erreichen  zu  kbnnen,  daB  sie 

-  ihre  Arbei tskonzepti on  zur  Diskussion  stellten, 

-  Konflikte  (z.B.  Schulkonflikte)   aufgreifen,    Informationen  hierzu 
verteilen  und  zur  Unterstiitzung  von  Aktionen  auffordern, 

die  Frage  nach  der  Umstrukturierung  der  Fafii,   insbesondere  nach  der 
Auflbsung  der  Spezialfiirsorgen   (FafiiM  zustandig  fiir  ma'nnliche  Jugend- 
liche ab  14  Jahren,  Pflegeamt  -  zustandig  fiir  Prostituierte,  Jugend- 
qerichtshilfe)  wieder  aufgreifen  und  zur  Diskussion  stellen, 

-  den  Abbau  hierarchischer  Amtsstrukturen  -  zunachst  am  schwa'd 


ichsten 


Glied  der  Hierarchie,  den  Gruppenleitern,  fordern. 


II     Konfliktphase 

Bereits  im  Juni    1973,  als  die  Gruppe  1   1/2  Monate  im  Amt  arbei tete, 
wurde  von  ihnen  ein  Konflikt  aus  ihrem  Arbei tsbereich   (Kielhorn-Son- 
Herschule)  aufgegriffen.  wir  meinen,  daB  bei  einer  offenen  Konfronta- 
tion  mit  der  Burokratie  be  Kicks  ichtigt  werden  muB,  inwieweit  die  Kol- 
leqen  im  Amt  verankert  sind  und  wie  ihre  Position  arbei tsrechtlich 
Abaesi chert  ist.  , 

7um  Punkt  Verankerung  im  Amt  soil  an  Hand  von  Beispielen  aufgezeigt 
werden,  warum  eine  breite  Solidaritat  der  iibrigen  Kollegen  la'ngerfri- 
stiq  nicht  erfolgte: 

Die  Gruppe  setzte  sich  fiir  die  Auflosung  der  Soezialfursorgen  ein, 
"  was  automatisch  Rngste  und  Aggressivitat  bei  den  in  den  Spezialfiir- 
sorgen arbei tenden  Kollegen  provozierte. 
Die  Gruppe  versuchte,  im  Zusammenhang  ihrer  Installierung  die  Funk- 


41 


tion  des  Gruppenleiters  anzugreifen;  indem  sie  selbst  kei'nen  Gruppen - 
leiter  hatten,  konnte  es  scheinen,als  wenn  sie  mit  der  Forderung 
nach  Abbau  der  hierarchischen  Kontrolle  nur  ihre  eigene  relativ 
pHvfligierte  Situation  rechtfertigen  wollte. 
-  Durch  den  Modellcharakter  der  Gruppe  war  ihre  Arbeit  einer  erhb'hten 
Kontrolle  durch  Amtsleitung  und  Verwaltung  und  einem  gesteigerten 
Legitimatioisdruck. gegeniiber  den  Kollegen  unterworfen.Dies  setzte 
sozialpsychologische  Gruppenmechanismen  in  Gang,  die  bewirkten,    daS 
sie  sich  im  Gegensatz  zu  ihrer  Intention  von  den  Kollegen  abschirm   - 
ten. 

Zur  arbeitsrechtlichen  Absicherung:  Es  ist  zu  kritisieren,   daB  m'cht 
beachtet  wurde,  daB  einige  Kollegen  noch  im  Probehalbjahr  standen   und 
damit  jederzeit  ohne  Angabe  von  Grunden  kurzfristig  gekundigt  werden 
konnten  und  die  Berufspraktikanten  noch  keine  Arbeitsvertrage  hatten. 

Die  Gruppe  ging  zwar  davon  aus,  daB  eine  revolutiona're  Berufspraxis 
nicht  mbglich  ist.  Wie  aus  dem  Konzept  der  Gruppe  aber  ersichtlich 
wird,  orientiert  sich  ihr  berufspolitisches  Versta'ndnis  an  basisorien- 
tiert  arbeitenden  Gruppen.  Sie  sahen  hier  die  Mb'glichkeit,  ihre  Arbeit 
als  Sozialarbeiter  im  Amt  mit  einer  politischen  Arbeit  im  Stadtteil 
zu  verbinden,  indem  sie  Basisakti  vita  ten  unterstiitzen  wollten. 
Wir  meinen,  daB  jeder  Sozialarbeiter,  der  den  politischen  Anspruch  hat, 
Initiativen  der  Bevolkerung  zu  unterstiitzen,  die  sich  gegen   die  Btiro- 
kratie  und  kapitalistische  Arbeits-  und  Lebensbedingungen  richten, 
in  den  Widerspruch  zu  seiner  objektiven  gesellschaftlichen  Funktion 
gera't. 

Der  Sozialarbeiter  in  seiner  Funktion  als  Vertreter  des  Staatsapparats 
muB  daher  genau  untersuchen,  welche  Mbglichkeiten  er  als  Sozialarbei- 
ter im  Amt  hat,  die  Interessen  der  Bevolkerung  zu  unterstiitzen  und 
welche  Grenzen  ihm  gesetzt  werden. 

Auf  der  Grundlage  dieser  allgemeinen  Einschatzung  muB  der  Sozialar- 
beiter daher  versuchen,  die  Inhalte  seiner  berufsspezifischen  Arbeit 
so  zu  bestimmen,  daB  sie  nicht  reformistisch  abgeschlossen  wird,  son- 
dern  grundsatzlich  fur  eine  Zusammenarbeit  mit  dem  Stadtteil   of  fen 
bleibt. 

Bei   dem  Konflikt  in  der  Neukollner  Familienflirsorge  zeigte  sich,  daB 
dem  Sozialarbeiter  in  der  Institution  in  Bezug  auf  Information  der 
Offentlichkeit  klare  Grenzen  gesetzt  werden,  d.h.  er  muB  nach  auBen 
die  Stellungnahmen  seiner  Dienstbehbrde  vertreten   (die  Verwaltung 
tritt  nach  auBen  als  Einheit  auf);  er  darf  Entscheidungen  der  Verwal- 
tung nicht  bffentlich  kritisieren;  MiBstande,  die  offensichtlich  sind, 
nicht  bffentlich  diskutieren. 

In  der  letzten  Zeit  wurden  in  Berlin  Dienststellen  des  Senats  fur  Fami- 
lie,  Jugend  und  Sport  ausdriicklich  Anweisungen  erteilt,  keine  offent- 
lichen  Stellungnahmen  oder  Resolutionen  abzugeben,  die  den  Verlautba- 
rungen  der  Senatsjugendbehb'rde  entgegenstehen.  Bei  Nichtbeachtung  wird 
mit  Disziplinarverfahren  gedroht. 

Am  Beispiel  Neukb'lln  wird  deutlich,  daB  eine  direkte  Verbindung  von 
politischer  Basisaktivita't  und  der  Arbeit  als  Sozialarbeiter  in  der 
Institution  nicht  mbglich  ist. 
42     Der  Sozialarbeiter  im  Amt  hat  die  Mb'glichkeit,  uber  den  Dienstweg 


und  innerhalb  des  Amtes  auf  MiBstande  und  Konflikte  aufmerksam  zu 
machen  und  seine  Position  (orientiert  an  den  Interessen  und  BedLirf- 
m'ssen  der  Bevolkerung)  darzustellen. 

Die  notwendige  Information  der  Offentlichkeit  muB  aber  von  politischen 
Gruppen,  zu  denen  er  Verbindung  hat,  geleistet  werden.   In  der  Offent- 
lichkeit kann  der  Sozialarbeiter  nicht  als  Vertreter  der  Institution 
auftreten,  wenn  er  die  MaBnahmen  der  Institution  beka'mpfen  will. 
Wir  halten  es  fur  strategisch  richtig,   daB  Sozialarbeiter  zu  politischen 
Gruppen  Verbindung  aufnehmen.   In  beiden  Bereichen   (Arbeit  im  Amt  und 
politische  Arbeit  in  Stadtteil  gruppen,   Initiativgruppen  o.a'.)  muB 
jedoch  eine  unterschiedliche  Taktik  angewandt  werden,  die  sich  aus 
den   unterschiedlichen  Bedingungen  ergibt. 


A  n   1    a  g  e    : 

Konzepti on  fur  die  Arbeit  in  der  Familienfiirsorge 

Einleitung: 

Die  Gruppe  wird  sich  besonders  urn  die  Jugendlichen  im  GroBbezirk  be- 
miihen  und  ihre  Arbeit  auf  drei  Schwerpunkte  beziehen: 

-  Schule 

-  Arbeitsprobleme  von  Lehrlingen  und  Jungarbeitern 

-  Wohnsituation,  wirtschaftliche  Schwierigkeiten 
Unsere  Auffassung  ist,  daB  die  primare  Funktion  unserer  Arbeit  sein 
mug     die  Lebensverhaltnisse  der  arbeitenden  Bevolkerung  soweit  es  in 
unseren  Mbglichkeiten  liegt,  zu  verbessern.  Es  hat  sich  herauskristal- 
lisiert,   daB  bestinmte  Problemkreise  bei  Kindern  und  Jugendlichen  einen 
starken'stellenwert  einnehmen.  Deshalb  muB  vor  alien  Dingen  ihnen  die 
Unterstutzung  der  bffentlichen  Sozialarbeit  zugute  kommen.  Die  Arbeit 
mit  Juqendlichen  und  Kindern  stellen  wir  uns  folgendermaBen  vor.  Der 
einzelne  Sozialarbeiter  hat  durch  SchwerDunktarbei t  die  Mbglichkeit, 
fundierte  Erkenntnisse  zu  erwerben  und  anzuwenden,  urn  dadurch  konzen- 
triertere  Hilfe  fur  die  Kinder  und  Jugendlichen  zu  leisten.  Anhand 

der  konkreten  Lebenssituation  der  Kinder  und  Jugendlichen  ergeben 
sich  folgende  Arbeitsgebiete. 

l     Schulsituation 

Aufqrund  ihrer  spezifischen  Sozialisation  haben  Arbeiterkinder  beson- 
dere  Schwierigkeiten,  den  Leistungsanforderungen  der  Schulen  gerecht- 
7uwerden.   In  diesem  Zusammenhang  braucht  man  sich  nur  die  in  den 
letzten  Jahren  entstandenen  Untersuchungen  iiber  den  Zusaranenhang  von 
iprnmotivationen  und  Sprachentwicklung  und  Schichtenzugehbrigkeit 
vor  Auqen  zu  fuhren.  Die  Administration  war  bisher  nicht  in  der  Lage, 
ausreichende  Hilfestellung  zur  Bewa'ltigung  dieser  Probleme  zu  geben, 
trotz  der  Erkenntnis,  daB  eine  gute  schulische  Ausbildung  Vorausset- 
zunq  fur  die  spatere  Besetzung  qualifizierter  Berufspositionen  ist: 
Obwohl  gesellschaftlich  anerkannt  ist,  daB  das  schulische  Versagen 
Apr  Kinder  m'cht  durch  Strafe  des  Kindes  Oder  Disziplinierung  der  El- 
tern  zu  beheben  ist,  1st  letztgenanntes  tagliche  Praxis  der  Schulbiiro- 
kratie    Wir  erleben  dies  konkret  in  Form  von  Schulversaumnisanzeigen,    4o 


44 


worauf  die  Kinder  und  Jugendlichen  von  der  Sozialbiirokratie  erfaBt 
und  negativen  Sanktionen  unterworfen  werden. 

Das  Postulat  der  Sozialarbeit,  ihrem  Klienten  zu  helfen,  Wird  an  diesem 
Punkt  Adabsurdum  gef&'hrt.  Den  Kindern  und  Jugendlichen  muB  erfcennbar 
gemacht  werden,  daB  es  sich  m'cht  urn  individuelles  Versagen  handelt. 
Durch  eine  BewuBtmachung  der  Problemlage  bei  Eltern,  Lehrern  und  Schu- 
lern  ist  anzustreben,  daB  Schulversaumnisanzeigen  nicht  mehr  gestellt 
werden. 

Da  es  sich  bei   den  Schulschwierigkei ten  nicht  urn  Einzelprobleme  han- 
delt,  sehen  wir  ein  notwendiges  Hilfsangebot  in  den  vorhandenen  Schul- 
arbeitsgruppen,  die  aber  auf  jeden  Fall  weiter  ausgebaut  werden  mu's- 
sen  und  die  punktuell   verandert  werden  sollten. 

Die  in  dem  Schwerpunkt  Schule  arbei'tenden  Sozialarbeiter  werden  in 
den  nachsten  Wochen  und  Monaten  gezielte  Infortnationen  sammeln  und 
Verbindungen  zu  den  Lehrern  herstellen.  Sie  sollen  an  Elternabenden 
teilnehmen  und  eine  konstruktive  Zusammenarbeit  mit  den  Lehrern  an- 
streben  mit  der  Perspektive,  die  Schulschwierigkei ten  gemeinsam  zu 
reflektieren  und  zu  lb'sen. 

2.  Arbeitsprobleme  von  Lehrlingen  und  Jungarbeitern 

Die  soziale  und  psychische  Situation  der  in  der  Produktion   tatigen 
wird  weitgehend  bestimmt  durch  ihre  Arbeitsplatzsituation.   Dies  gilt 
insbesondere  flir  Lehrlinge  und  Jungarbeiter,  Sie  stellen  als  Jugend- 
liche  neben  Frauen  und  auslandischen  Arbeitnehmern  den  Teil   der  Ar- 
beiterschaft,  der  arbeitsrechtlich  und  lohnpolitisch  verscharften  Be- 
dingungen  unterworfen  ist,  wodurch  die  Lebensverhaltnisse  zusatzlich 
bestimmt  werden. 

Von  der  jeweiligen  Ausbi  ldungssi  tuation  wird  der  Grad  kiinftiger  Ab- 
hangigkeit  von  der  Arbeitsmarktlage  festgelegt.    (Arbeitsplatzwechsel , 
Arbeitslosigkeit). 

Sozialarbeit  wurde  bisher  lediglich  wirksam  im  Hinblick  auf  die  Fol- 
geerscheinungen:  Wenn  Jugendliche  z.B.  aufgrund  unzureichender  Ar- 
beits-  und  Ausbildungsverhaltnisse  in  Berufsschule  und  Betrieb  oder 
Jungarbeiter  (ungelernte  und  Anlernlinge)  wegen  erzwungener  Arbeits- 
platzaufgaben  als   "Schule-Schwanzer,  Arbeitsscheue  oder  Kriminalisier- 
te  erfaBt  werden".  Oft  genug  erleben  wir,  daB  bei  der  Ausbi ldung  in 
Handwerks-  und  Kleinbetrieben  nicht  die  Qualifizieruna  der  Auszubil- 
denden,  sondern  die  Verwertung  der  Arbeitskraft  im  Vordergrund  stehen. 
Die  daraus  resultierende  Enttauschung  u'ber  die  Nichterfu'liung  ihrer 
Erwartungshaltung  driickt  die  Arbeitsmotivation  der  Jugendlichen  und 
hat  haufig  zur  Folge,  daB  sie  versuchen,  sich  dem  ArbeitsprozeB  zu 
entziehen. 

Als  Sozialarbeiter  haben  wir  oft  dann  mit  den  Jugendlichen  zu  tun, 
wenn  sie  aus  dem  ProduktionsprozeB  herausgefallen  sind.  Wie  wir  der 
Gefahr  einer  weiteren  Deklassierung  dieser  Arbeiter-Jugendlichen  im 
Zusammenhang  mit  unserer  Amtstatigkeit  in  der  FafU  begegnen  kb'nnen, 
diskutieren  wir  weiter.  Folgende  Ansatzpunkte  erscheinen  uns  gegeben 
zu  sein: 

-  Den  Jugendlichen  darzustellen,  warum  fur  sie  die  Aufnahme-  bzw. 
Fortsetzung  einer  qualifizierten  Berufsausbi ldung  nach  Mb'glichkeit 


in  einem  GroBbetrieb  notwendig  ist. 

-  Aufklarung  der  Jugendlichen  sowie  vermittelnde  Hilfestellung  bei 
arbeitsrechtlichen  Fragen. 

-  An  die  Arbeitsprobleme  der  Jugendlichen  werden  wir  oft  nur  uber 
den  Freizeitbereich  herankonmen.  Deshalb  halten  wir  es  flir  wichtig, 
die  Freizeitakti vita  ten  in  unserem  Bezirk  zu  kennen.   Die  Mb'glich- 
keit  zur  Initiierung  und  Gestaltung  einer  Freizeitgruppe  mit  Arbei- 
ter-Jugendlichen von  unserer  Seite  aus,  muB  noch  ausdiskutiert  wer- 
den. 

3.   Mohnsi tuation 

Die  Erfahrungen  in  der  Praxis  der  Sozialarbeit  haben  gezeigt,  daB  zuneh- 
mend  mehr  Kinder  und  Jugendliche  aufgrund  der  Konflikte  im  Elternhaus 
sich   verselbsta'ndigen  wollen  oder  sogar  Heimerziehung  vorziehen.   Die 
Konflikte  zwischen  Eltern  und  Kindern  in  den  Familien  entstehen  haupt- 
sachlich  aufgrund  der  Arbeitsplatzsituation  der  Erwachsenen  und     jugend- 
lichen Arbeiter,  wie  in  Punkt  2  ausgefuhrt  wurde,  der  beengten  Wohn- 
verhaltnisse  und  der  Unfahigkeit,  die  Konflikte,  die  sich  daraus  er- 

wte^ieht  die  Wohnsi tuation  in  der  arbeitenden  Bevolkerung  aus?  Die 
Uohnsituation  ist  meistens  schlecht.  Arbeiterfamilien  wohnen  iiberwie- 
□end  in  Altbauwohnungen,  Hinterhbfen   und  menschenunwiirdigen  AbnBwoh- 
nunaen  oder  miissen  in  kleinen  Neubauwohnungen  zu  hohe  Mieten  zahlen. 
naraus  erqibt  sich,  daB  die  Kinder  und  Jugendlichen  kein  eigenes  Zim- 
mer  und  in  den  seltesten  Fallen  eine  Spielecke  oder  einen  angemesse- 
nen   Platz  haben,  urn  ihre  Schulaufgaben  ungestort  zu  erledigen.  Durch 
Mp  beenqten  hauslichen  Verhaltnisse  werden  die  bestehenden  Konflikte 
uic  --."  _,-_•._!. j.     n^_  ii i:_ n ^ ^.ui^^-i *■     e- ^ *-k  -in  Q-in  ^"inenes 


auRert:    Die  Jugendli-.  ,. 

Hause  brinqen,  sei  es  urn  kommunikative  oder  sexuelle  Bedurfmsse  zu 
hefriedigen.  Wollen    sie  laut  Musik  horen,  stbrt  es  die  Erwachsenen. 
Fs  werden  Konflikte  hervorgerufen,  die  weder  von  den  Jugendlichen 
noch  von  den  Erwachsenen  aufgearbeitet  geschweige  denn  gelost  werden 
kbnnen.   In  solchen  Situationen_wird^das  ^9erd^tJz^s^n^9;_^nt^eder 
wenden  sich  die  Eltern 


den  Sozialarbeiter  mit  der  Forderung  urn 


nphen 'auf~Trebe  und  werden  zunehmend  mehr  kriminalisiert.  Die  Statis- 
tik  beweist,  daB  die  Kriminali tat  von  Kindern  und  Jugendlichen  standig 
ansteigt. 

Hns  Sozialarbeitern  bleibt  in  der  gegenwartigen  Situation  nur  die  Mb'g- 
lichkeit    die  Heimeinweisung  zu  akzeptieren  oder  die  Jugendlichen 
cich  selbst  zu  Liberlassen,  da  Jugendliche  unter  21  Jahren  aufgrund 
der  gesetzlichen  Bestimmungen  m'cht  in  der  Lage  sind,  eigenstandig 
Mietvertrage  abzuschli'eBen  und  die  Eltern  in  den  meisten  Fallen  ihre 
7nstimmung  nicht  geben.  Wir  Sozialarbeiter  in  unserer  Praxis  haben 
bisher  keine  andere  Moglichkeit,  als  die  Konflikte  innerhalb  der  Fami- 
ne zu  verschleiern  oder  Heimplatze  fur  die  Jugendlichen  zu  firtden, 
die  noch  eine  minimale  Entfaltungsmbglichkeit  offenlassen,  obwohl  uns  45 


46 


klar  ist,  daB  die  bestehende  Heimsituation  weder  padagogisch  noch 
emanzipatorische  Perspektiven  ftt>  die  Kinder  und  Jugendlichen  er- 
b'ffnet,  sind  wir  aufgrund  der  Realitat  gezwungen,  diese  Institutio- 
nen  in  Anspruch  zu  nehmen.  Nicht  nur  uns,  sondern  auch  den  verantwort- 
lichen  Stellen  der  Biirokratie  ist  klar,  da(3  die  Heimsituation,  wie  sie 
augenblicklich  besteht,  die  zunehmende  Kriminalisierung  der  Kinder 
und  Jugendlichen  in  der  Regel  nrit  vorantreibt.  Trotz  des  Wissens 
von  diesen  Tatsachen  versuchen  wir  Sozialarbeiter  den  Erwachsenen  und 
Jugendlichen  einzureden,  daB  die  Heimsituation  zwar  nicht  gut,   aber 
ertragbar  ist,  wenn  man  sich  anpaSt. 

Wir,  die  Gruppe,  sehen  die  einzige  Mbglichkeit  hauptsachlich  darin, 
die  Jugendlichen  zu  unterstiitzen,  daB  sie  in  Wohnkollektive  zusammen- 
ziehen  und  ihr  Leben  selber  organisieren.  Dadurch,  daB  die  Jugendli- 
chen  ihr  Leben  ansatzweise  selbst  organisieren  und  reqeln,   ist  zu  er- 
warten,  daB  mit  Fortschreiten  dieses  Prozesses  die  Jugendlichen  neue 
positive  Verhaltensweisen  entwickeln.  Eine  unterstiitzende  Funktion 
in  der  Anfangsphase  werden  wir  Sozialarbeiter  aufgrund  unseres  Informa- 
tionsvorsprungs  ubernehmen  mussen. 

Weiterhin  wird  es  auch  in  diesem  SchwerDiinkt  notwendig  sein,   laufend 
Informationen  zu  sammeln  und  Kontakte  zu  fortschrittlichen  Heimen 
aufzunehmen. 

4.  Wirtschaftliche  Hilfen 

Einen  groBen  Teil   unserer  Arbeitskraft  mlissen  wir  fur  liberflussige 
Stellungnahmen  und  Anfragen  des  Sozialamtes  und  der  U-Stelle  verwen- 
den.  Ein  totaler  Verzicht  auf  Mitwirkung  in  Sozialhilfesachen  ist 
jedoch  nicht  mbglich,  weil   die  tagliche  Arbeit  zeigt,  daB  die  Sozial- 
hilfeberechtigten  oft  der  Willkur  der  zustandiqen  Sachbearbeiter  aus- 
gesetzt  sind  und  nur  unzureichend  Liber  ihre  gesetzlich   verankerten  An- 
sprliche  aufgeklart  werden. 

Beispiel:  Sozialhilfe  muB  mit  Bekanntwerden  der  Hi lfebedLirf tigkei t  ge- 
leistet werden,  tatsa'chlichePraxis  in  Neukblln  ist,  daB  Sozialhilfe 
erst  ab  iinterschreiben  des  A-Bogens  geleistet  wird,  Hier  z.B.   ist  es 
unsere  Aufgabe,  Sozialhilfeberechtigte  auf  ihre  gesetzlich  verankerten 
Anspriiche  hinzuweisen  und  ihnen  bei  der  Durchsetzung  Hilfestellung  zu 
lei  s  ten. 

Wir  haben  den  Arbeitsbereich  wirtschaftliche  Hilfen  vorlibergehend  des- 
wegen  iibernommen,   urn  festzustellen,  welche  Aufgaben  wir  derzeit  in 
diesem  Bereich  erflillen  und  was  eigentlich  vom  Versta'ndnis  der  Sozial- 
arbeit  her  unsere  Aufgaben  waren. 

Gesetzliche  Pflichtaufgaben  des  SH-Tragers  mu'Bten  unseres  Erachtens 
von  den  daflir  vorgesehenen  Stellen  ohne  Einschaltung  der  Fafii  geleistet 
werden.  So  ist  den  Sozialhilfestellen  ohne  weiteres  mdglich,  wirtschaft- 
liche Situationen  von  Antragstellern  selbst  zu  Liberprufen.  Die  Zuar- 
beiterfunktion  der  Fafii  ist  in  diesem  Bereich  deshalb  iiberflussig. 
Nicht  durch  die  Fafli-Berichte  sollten  Entscheidungen  der  betroffenen 
Sachgebiete  abgesichert  werden,  sondern  durch  die  gesetzlichen  Bestim- 
mungen, 

Konkret  ist  in  diesem  Arbeitsbereich  in  der  nSchsten'Zeit  folgendes  zu 


Siditung  der  Akten  nach  den  Kriterien  SH-Berechtigter  und  danach 
wo  neben  rein  wirtschaftlichen  Hilfen  auch  Sozialarbeit  geleist'.t 

Vorbereitutigen  von  Gesprachen  mit  U-Stelle  und  Sozialamt  bezuglich  der 

Kriterien,  nach  denen  uns  Sozialhilfeakten  zur  Stellungnahme  oder 
Einsicht  zugeleitet  werden.  . 

Nphpnbei  ware  ein  Ziel,  daB  wir  zu  ohnehm  gesetzlich  eindeutigen  Lei- 


fen  Uberflu'ssig.  Einzige  Funktion  bleibt,  daB  ein  Gruppenmi tglied 
sich  besonders  mit  den  einschlagigen  Gesetzen  und  Verordnungen  lm 
Interesse  der  Hilfeberechtigten  und  im  Interesse  effektiver  Sozialar- 
beit auseinandersetzt. 

Eine  Abstimmung  und  Zusammenarbeit  mit  den  Kollegen  in  diesen  Ange- 
legenheiten  werden  wir  anstreben  und  halten  wir  fiir  notwendig. 

5.  Qrganisationskonzept 

a)  Aus  der  Zusammenlegung  der  Bezirke  zu  einem  GroBbezirk  ergeben  sich 
verwaltungsma'Big  folgende  Konsequenzen: 

Die  Akten'werden  zentral   verwaltet,  ein  gemeinsames  Postein-  und 
Ausqangsbuch  gefu'hrt,  eine  gemeinsame  Wiedervorlagekarte!   und  eine 
aemeinsame  Statistik.  AuBerdem  hat  die  Gruppe  ein  eigenes  Ausgangs- 
buch  fur  AuBendienst.  Die  Gruppe  hat  ein  gemeinsames  Stellenzei  cnen. 
Die  qemeinsame  Kartei  wird  folgendermaBen  gefiihrt:  Auf  der  Kartei - 
karte  ist  der  Name  des  zustandigen  Sozialarbeiters  enthalten,  auBer- 
dem  das  Stel lenzeichen  des  ehemaligen  Bezirkes,  urn  bei   Urn-  oder 
Neuorganisationen  die  Ubersicht  zu  behalten. 

Damit  am  Anfang  eine  Zuordnung  nach  den  Schwerpunkten  moglich  ist, 
mussen  alle  Akten  gesichtet  werden.  Ist  die  Zuordnung  nach  Schwer- 
punkten nicht  immer  mbglich,  werden  die  Akten  anteilsmaBig  verteilt. 

h\   Die  Gruppe  hat  keinen  Gruppenleiter  im  iiblichen  Sinne.  Allerdings 
'  wird  Frau  Holzkamp  lediglich  in  den  Fallen  die  Unterschnft  leisten, 
He  durch  die  gegenwartige  Unterschriftsregelung  des  Amtes  III  als 
Aufgaben  des  Gruppenleiters  festgelegt  sind.   Diese  Regelung  ist  auf 

S  Honate  begrenzt. 

Andere  Gruppenlei terfunktionen  fiihrt  die  Gruppe  selbst  aus. 

Teilnahme  an  den  Gruppenlei terbesprechungen  im  monatlichen  Wech- 
sel  nimmt  je  ein  Gruppenmitglied  an  der  Gruppenlei terbesprechung 

Erstellung  der  Beurteilung  fur  Gruppenmi tglieder.  Die  Gruppe 
"  schreibt  die  Beurteilungen,  der  Amtsleiter  unterzeichnet.   Bei 
Differenzen  findet  in  der  Gruppe  eine  Riicksprache  statt. 

i  m'e  Gruppe  ist  bereit,  standig  zwei  bis  drei   Praktikanten  auszubil- 
cl   den     Die  Einstellung  erfolgt  nach  gegenseitiger  Abstimmung  zwischen 
gruppe  und  Praktikant  und  Ausbildungsleitung. 

a\  Aufaabe  der  Verwaltungskraft.  Die  Verwaltungskraft  fiihrt  die  Kartei 
d)HPS  GroBbezirks,  verwaltet  samtliche  Akten,  fiihrt  die  Postbucher 

und  die  Wiedervorlagekartei .  Sie  ist  zustandig  fur  die  Anmeldung       47 


Sle  we'BtufaTunri^5"^6''  md  ve™'ttelt  TelefongesprSche.  .& 

r-S  te"„^;ij*|JhJ!}»  K^ten  an  einen  Sorf.TrtaW  <*r 
Im  Telefonbuch  ?«?  1- fu5r*»  ve™ittelt.  ,.  tor. 

wltung,  Auskunf?  Ji6/Uf?5be  dsr  Verwaltungsfachkraft  ml t  WJ^t 


PROBLEME   DES    KOMMUNISMUS 
Gert   Schafer: 

unJ  der?asch1SChS    Internationale 
u  aer   J;  aschismus 

wegung,  ihre  uo,-=  \T  ?   ung  der  kommunistischen  Wei'- 
ihre  gegenwSrt?™^  5   enen  stadien  und  Richtungen,   _ 
tiven  dIrgestelltVerZeichen'  Stromungen  und  Pf*Pf 
in  Zeitschr?ftenart!w  ?n"  Sie  so11  umfassender  als  £ 
schen  Erfahruno2n,t  ^elf  9eschehen  kann,  die  histori 
bringen  und  aSf«bS2  *tUelleB  Prob1^  zur  *raC  f- 
gabenstellung  und  stra?l„UVU  einer  anganessenen  *«* 
erste  Band  in  dieser  n*f?le*lndun9  beizutragen.  Der 
Internationale   „fL     C  Uber  die  Kommunistische 
einer  strategischen  Kon Faschis^s,  hat  das  Scheitern 
■nit  der  vernlchteSLn  vfSftion  zu™  Gegenstand,  welch* 
schen  ArbeiterWefuL  led?rlage  vor  ^llem  der  deut- 
Strategie  der  koSn?  =  <-Verbunden  ist-  °ie  heutige 
Entwicklungen,  ^  "ir  iSJhen  Parteien  ist  aus  jenen 
"nd  blieb  -  so  lautet  h   taStr°Phe  fuhrten,  entstande* 
gebunden,  weil  sie  dt    These  dieser  Arbeit  -  «  £* 
«nd  die  damit  gesLl?^  Wlrkli^hen  Grunde  der  Niederl*» 
und  praktischen  Fraopn*"  wesentlichen  theoretischen 
"yen  noch  inuner  verdrangen. 

Hl_^5_Offenbach  4/  Postfach  519 


REPRESSIVE  MASSNAHMEN  IM  SOZIALBEREICH 
°tKUFSVERBOTE  -  DISZIPLINIERUNGEN 
WIZUG  FINANZIELLER  MITTEL 


riiHeSeF  Stelle  ™  Info  werden  wir  uber  uns  *f^~         beriaUen, 

•«*■  Diszipliniemmgen,   Entlassungen  eta.    ->.--"-"-    ,         ,..,..„.-. 

Bepl~h+niaht  in  der  Lage  sind'    aVle  UflS 


da 


t^^en^e^ionen, 

££  \°vgangs  geleistet  wird,   da  ansonsten  dte  wb  m  gih 

indtake  ^fmevLamkeit  erregen.  Ein  mite™*  A***  st'^kt^elte 

*e£ilSen  ZMfltkten  typisehe  dem  ^^Iv*™"^  n  diese  Be- 

*i£?aUng.en  *"  Sozialbereich  widerspvegeln.   Desna  ^  ^  30. 
ziTv     mteiriezogen  werden  in  die  konkrete  Dt.sX.u8St, 
^Usche  Strategie  im  Sozialbeveich . 


MASSENENTLASSUNGEN  IM  DRK-HEIM 


'm  Ma 


n  73  wurde 
?-l80 


fur  geistig 


und 


mrti-    ■:•  «"»-ae  vom  Roten  Kreuz  in  Berlin  eln^eim   _u      fnahmealter 
-lpf*ch  behinderte  Kinder  und  Jugendliche  eron 


ill  Sj^SStaU,  ein  solches  Heim  zu  erHchten    ergab ,s1Ch  aus 
AusJ Ttalen  Unterversorgung  geistig  behinderte ^  ^  fur  Behin 

«te4'9e"  d«  Senats  besteht  ein  Bedarf  "  ^lltt ™ mi*  52  PWzen 
einpn-rDas  "Elisabeth  Weiske  Heim"  vom  DRK  sollte 

nen  Tropfen  auf  den  heiBen  Stein  bilden. 
F  c       den     Zuwendungen 

■Client  wurde  die  Einrichtung  durch  private  S$nfent\icite  Zuschus 


I     g       belent  wurde.   Na*      -   ,?e  Be^sti^ng 


Ze??  "n't  bestinmten  Aufl 


50 


Behinderten,  die  entsprechend  qualifizierten  und  engagierten  Mitar- 
beiter zu  finden,  war  es  notwendig,  den  Tatigkeitsbereich  fur  ZUkiirtf- 
tige  Mitarbeiter  attraktiv  darzustellen. 
Zitat  einer  Anzeige  des  DRK: 

"Wer  mbchte  uns  helfen,  interdisziplinare  Aufgaben  der  Rehabilitation 
geistig  behinderter  Kinder  und  Jugendlicher  zu  verwirklichen  und  da- 
bei  gleichzeitig  tatkra'ftig  beim  Aufbau  einer  neuen  Einrichtung  mit 
Modellcharakter,  die  im  Friihjahr  1973  in  Betrieb  genommen  wird,  mit- 
zuwirken?" 

Auch  in  persb'nlichen  Gespra'chen  mit  Bewerbern  und  in  den  Darstellun- 
gen  des  Heimes  in  der  Offentlichkeit  wurde  immer  Wieder  der  Modell- 
charakter in  den  Vordergrund  gestellt  und  betont:   "unter  Anwendung 
neuer  theoretischer  und  praktischer  Ekenntnisse  und  in  interdiszipli- 
narer  Zusammenarbeit  aller  dem  DRK  notwendig  erscheinenden  Berufsgrup- 
pen  soil  versucht  werden,  die  Rehabilitation  der  geistig  behinderten 
Kinder  und  Jugendlichen  so  weit  wie  mb'glich  zu  verwirklichen." 
Das  DRK  verstand  unter  Teamarbeit  die  Abschaffung  aller  leitenden 
Funktionen,  auBer  der  des  Heiraleiters.    (Keine  Gruppenleiter,  keine 
leitende  Krankengymnastin  etc.) 

"Die  Mi'tarbeiter  sollten  eine  geschlossene  Gruppe  bilden,  die  nach 
gemeinsamer  Absprache  alle  Hilfsmb'glichkeiten,  die  das  Haus  bietet, 
optimal  n'u'tzt." 

Aufbau  des  Heimes: 

Die  Einrichtung  war  in  4  Wohngruppen  a  8  Kinder  und  in  2  sogenannte 
Pflegegruppen  a  10  Kinder  eingeteilt.   In  jeder  Gruppe  sollten  5  Er- 
zieher  arbeiten.  AuBerdem  waren  zur  weiteren  Therapie  5  Krankengymna- 
stinnen,  2  Beschaftigungstherapeutinnen,  ein  Psychologe  und  verschie- 
dene  Facharzte  vorgesehen.  Zur  schulischen  Fbrderung  wurden  2  Sammel- 
klassen,  eine  Zweigstelle  der  brtlichen  Pestalozzi-Sonderschule,   im 
Heim  eingerichtet.  Zur  Vorbereitung  einer  beruflichen  Ausbildung  be- 
stand  die  Mbglichkeit,  im  Haus  Werkra'ume  einzurichten.  Durch  die 
schon  wahrend  der  Planung  gemachten  Auflagen,  sowie  der  Isolation  in 
einer  Villengegend,  wurde  jedoch  von  vornherein  verhindert,  da3  sich 
aus  dem  'EWH'  eine  Einrichtung  mit  "Modellcharakter"  entwickeln  konn- 
te.   Ebenfalls  im  Widerspruch  zum  "Model lheim"  stand  die  Konzeptions- 
losigkeit  des  DRK.  Seine  propagierte  "Teamarbeit"  war  Mittel  zum 
Zweck,  urn  Mi'tarbeiter  fur  das  Heim  zu  gewinnen. 
Der  grundlegende  Widerspruch  fijr  die  entstehenden  Konflikte  und  Aus- 
einandersetzungen  im  'EWH'   bestand  somit  in  dem  vorgeschobenen  An- 
spruch  des  DRK  einerseits  und  dem  ernsthaften  Bemiihen  der  Mitarbeiter 
andererseits. 

Die  Praxis  der  Teamarbeit: 

In  der  Anfangsphase  zeigte  sich,  daB  sehr  verschwommene  Vorstellungen 
von  Gruppenarbeit  unter  den  Mitarbeitern  bestanden.  Der  erste  Kon- 
flikt  entstand,  als  die  Krztin  ein  Alleinentscheidungsrecht  in  medi- 
zinischen  und  pa'dagogischen  Fragen  in  Anspruch  nahm  (sie  wollte  unter 
anderem  getrenntgeschlechtliche  Gruppen  einrichten).  Die  Mitarbeiter 
waren  nicht  bereit,  sich  dieser  Autori tat  unterzuordnen.  An  diesem 
Punkt  wurden  erstmalig  inhaltliche  Diskussioien  Liber  die  Vorstellun- 
gen  von  Gruppenarbeit  geflihrt  und  die  Mitarbeiter  kamen  zu  der  Erkennt- 


nis    -  zumal   sie  alle  in  der  Betreuung  mit  geistig  behinderten  Kindern 
unerfahren  waren  -,  daB  eine  sinnvolle  Arbeit  nur  gemeinsam  entwickelt 
werden  kann. 

Das   BewuBtsein,  in  der  Gruppe  zu  arbeiten  reichte  jedoch  mcht  aus, 
es  war  vielmehr  notwendig,  durch  einen  in  der  Gruppenarbeit  erfahrenen 
Theoretiker  die  globalen  Vorstellungen  der  Mitarbeiter  in  der  Praxis 
zu  konkretisieren.   Die  Aufgaben  des  Anleitens  Libernahm  der  Psychologe. 
Er  wollte  mit  den  Mitarbeitern  in  Erarbeitung  theoretisch  pa'dagogischer 
Vorstellungen   und  Aufarbeitung  der  aus  der  Gruppenpraxis  resultierenden 
Probleme  eine  effektivere  und  hb'her  qualifizierte  Arbeit  erreichen. 
In   der  Erkenntnis,  daB  eine  padagogische  Gruppenarbeit  nicht  losgelbst 
vom  qesamten  Arbeitsstil  zu  leisten  ist,  erfolgten  bestimmte,  fur  die 
Arbeit  notwendige  Konsequenzen.   Es  wurden  1  mal  wb'chentlich  eine  Grup- 
penbesprechung  mit  jeder  Gruppe  und  den  dazugehbrigen  Therapeuten  eine 
gemeinsame  Dienstbesprechung  abgehalten.   Hier  wurden  Fragen  betreffend 
eines   pa'dagogischen  Gesamtkonzepts  und  des  Arbeitsstils  sowie  allge- 
meine  technische  und  organisatorische  Fragen  diskutiert,   Um  anstehen- 
de  organisatorische  Fragen  zu  Ibsen,  wurden  ArbeitsausschLisse  gebil- 
det   (Spielplatz,  Spielzeug-,  WerkstattausschuB),  in  welche  aus  jeder 
Kinder-  und  Therapeutengruppe  ein  Mitglied  delegiert  wurde.  Dadurch 
wurde  erreicht,  daB  die  gesamte  organisatorische  und  padagogische  Ar- 
beit durch  die  Gruppenarbeit  getragen  wurde.  Als  Bindeglied  dieser 
Ausschusse  und  der  einzelnen  Gruppen  konstituierte  sich  der  Koordina- 
tionsausschuB.  Dieser  sollte  auBerdem  Informationen  sammeln  und  wei- 
tergeben  und  bestimmte  Aktionen  strukturieren,  wie  z.B.  die  Dienstbe- 
sprechungen  vorbereiten.  ..,.,. 

Durch  die  Aufteilung  der  organisatorischen  Arbeit  war  es  moglich,  in 
den  Gruppenbesprechungen  schwerpunktma'Big  rein  padagogische  Fragen 
zu  diskutieren.  Nach  anfa'nglichen  Beobachtungen  der  einzelnen  Kinder 

ihr  Verhalten  wahrend  des  Tagesablaufs ,  in  Spielsituationen,  als 
rruDDenmitglied,   den  Erziehern  und  der  Unwelt  gegenuber  -  wollten  wir 
unsere  Einschatzung  mit  den  Akten  der  Kinder  vergleichen.   Hierbei 
muBten  wir  feststellen,  daB  kaum  eine  Akte  vollstandig  war  und  die  me- 
dizinischen  und  psychologischen  Ausfuhrungen  kaum  zu  verwerten  waren, 
da  sowohl   die  Diagnose  sich  als  haufig  nicht  richtig  erwiesen    hatte  und 
unsere  Beobachtungen  sich  nur  punktuell  mit  den  Benchten  deckten. 
Hieraus  zogen  wir' die  Konsequenz,  unsere  Beobachtungen  taglich  schnft- 
lich  zu  fixieren,  um  Entwicklunqsberichte  liber  die  Kinder  differen- 


Schwferigkeiten.Die  individuellen  Fahigkeiten  der  Kinder  sollten 
danach  wei testgehend  gefbrdert  und  zugleich  auch  die  Integra- 

tion in  die  Gruppe  verstarkt  werden. 

Entstehung  und  Verlauf  des  Konflikts: 

Unsere  Arbeit  wurde  durch  eine  unserer  Meinung  nach  falsche  Personal - 
litik  des  Leiters   immer  wieder  behindert.   So  wurden  kaum  Fachkrafte 
Pinqestellt,  statt  dessen  waren  alle  Bewerber  wi 1 1 konrnen ,  ohne  daB 
lie  Liber  die  ihnen  bevorstehende  Arbeit  ausreichend  informiert  wurden. 
AuBerdem  wurden  haufig  relativ  kurze  Zeitvertra'ge  abgeschlossen,  so 
daB  sich  ein  starker  Mitarbeiterwechsel  im  Heim  ergab. 
Durch  die  inrner  wieder  auftretenden  Probleme  bei  einer  Neueinstellung    Ol 


diskutierten  wir,  wie  hier  Abhilfe  geleistet  werden  kbnnte. 
Die  Mitarbeiter  beauftragten  den  KoordinationsausschuS,  mit  neuen  De- 
werbern  ein  Informationsgesprach  zu  fiihren,   um  ihnen 'unsere  Arbeit 
rait  den  Kindern  und  die  Situation  im  Heim  zu  vermitteln.  Gleichzeitiq 
wollten  wir  uns  einen  Eindruck  von  den  Arbeitsvorstellungen  der  even- 
tuellen  neuen  Mitarbeiter  machen.  Alle  Mitglieder  des  Koordinations- 
ausschusses  sollten  dann  gemeinsam  liber  die  Eignung  des  Bewerbers 
entscheiden.  Ein  weiterer  Schritt  war  die  Forderung  nach  Mitbestimmung 
auch  bei  der  Aufnahme  von  neuen  Kindern.  Da  wir  bestimmte  Vorstellun- 
gen  Liber  die  Gruppenzusammensetzungen  batten,  sollten  gewisse  Krite- 
rien  bei  der  Neuaufnahme  eines  Kindes  berlicksichtigt  werden.  Diese 
Kriterien  sollte  der  Koordinationsausschufi  erarbeiten. 
Als  der  KoordinationsausschuS  bei  der  Bewerbung  einer  Psychologin  zum 
1.  Mai   tatig  wurde,  kam  es  zum  ersten  Konflikt  mit  dem  DRK-Arbeitge- 
ber.  Wir  fanden,  daB  die  Psychologin  geeignet  sei,  da  sie  Erfahrung  in 
der  Gruppenarbeit  hatte  und  unsere  Arbeit  dahingehend  unterstiitzen  woll- 
te.  Das  DRK  lehnte  sie  jedoch  von  vornherein  ab    mit  der  Begriindung, 
sie  habe  keine  Heimerfahrung.  Dies  geschah,  obwohl  vom  DRK  immer  wie- 
der  betont  wurde,  daS  es  neue  Ansatze  in  der  Heimpraxis  sucht  und  ob- 
wohl noch  kein  anderer  Bewerber  fur  diese  Stelle  gehb'rt  wurde. 
Durch  diesen  Konflikt  kam  es  zu  erneuten  Diskussionen  liber  das  Selbst- 
verstandnis  unserer  Gruppenarbeit.  Hier  wurde  deutlich,  daS  der  Heim- 
leiter  eine  andere  Position  als  wir  vertrat,  indem  er  auf  seinem  Al- 
leinentscheidungsrecht  bestand,   ohne  die  bisherigen  Bemiihungen  der 
Kollegen,  eine  gemeinsame  Arbeit  zu  leisten,  zu  beriicksichtigen.    In 
dieser  Zei't  fuhr  der  Heimleiter  in  den  Urlaub,  die  Diskussion  der  Mit- 
arbeiter mit  der  DRK-Hauptverwaltung  ging  jedoch  weiter.   In  einer 
Dienstbesprechung  wurde  dann  dem  von  alien  gewa'hltem  Koordinationsaus- 
schuS eine  neue  erweiternde  Funktion  dahingehend  zugesprochen    ,  daB  er 
bestimmte  Entscheidungen  auch  ohne  vorherigen  BeschluB  der  gesamten 
Kollegen  durchflihren  kann. 

Der  KoordinationsausschuS  sollte  kiinftig  als  Heimlei terkollektiv  fun- 
gieren  und  als  internes  Gremium  die  Heimpolitik  strukturieren.  Der 
Heimleiter  war  in  seiner  Funktion  selbstverstandlich  Mitglied  und  soll- 
te das  Heim  weiter  nach  auBen  vertreten.  Dieser  BeschluB  aller  Kolle- 
gen war  AnlaB  fiir  den  DRK-Arbeitgeber,  3  Mitarbeiter  nach  dem  Radels- 
flihrerprinzip  stellvertretend  fiir  die  gesamten  Kollegen  herauszugrei- 
fen  und  mit  sofortigem  Hausverbot  zu  belegen.  Dadurch  sollte  versucht 
werden,  die  librigen  Mitarbeiter  einzuschiichtern  und  zu  spalten.  Das 
gelang  dem  DRK  jedoch  nicht.  Als  den  drei  gekundi'gt  wurde,  solidari- 
sierte     sich  der  grb'Bte  Teil  der  Mitarbeiter  mit  ihren  gemaSregelten 
Kollegen   und  beschloB,  die  Arbeit  wie  begonnen  fortzusetzen.   In  der 
Folgezeit  wurden  weitere  15  Hausverbote  und  Kiindigungen  ausgesprochen. 
Ober  die  Halfte  der  Erzieher  und  Therapeuten  ist  gefeuert  worden!!! 

Dffentlichkeitsarbeit: 

Nach  den  ersten  Disziplim'erungen  begannen  wir  mit  einer  Kampagne  in 
der  Offentlichkeit: 

-  Auf  gewerkschaftlicher  Ebene  unterstutzte  uns  die  Komnrission  gegen 
Berufsverbot  Abt.  Sozialarbeit  in  der  OTV  mit  dem  Ziel,  eine    breite 
Solidaritat  unter  den  in  der  tfTV  organisierten  Kollegen  zu  erreichen. 

g2      "  Information  in  den  Erzieher-  und  Sozialarbeiterausbildungsstatten. 

-  10  000  Flugblatter,  die  in  Heimen,  flmtern  und  verschiedenen  Ausbil- 


bildungsstatten  verteilt  wurden,  mit  der  Einladung  zu  einer  Infor- 
mations veranstaltung. 

-  Durch  unser  Auftreten  wahrend  der  Tagung  des  Berufsverbandes  der 
Heilpa'dagogen  und  der  Tagung  der  "Internationalen  Gesellschaft  fiir 
Heimerziehung"  versuchten  wir,  die  Fachwelt  auf  die  Konflikte  im 
DRK-Heim  aufmerksam  zu  machen. 

-  Berichte  in  Zeitungen  und  Interviews  beim  SFB. 

Situation  der  Kinder-Padag.Arbeit  -  Reflexionen 

Der  grb'Bte  Teil   der  Kinder  kam  aus  anderen  Behinderteneinrichtungen, 
in  denen,  wie  wir  bei   unseren  Hospitationen  feststellten,  hauptsach- 
lich  Aufbewahrungsarbeit  geleistet  wurde.  Die  Kinder  flatten  dort 
sowohl   auf  Grund  von  Personalmangel  als  auch  mangelnder  Qualifikation 
des   Personals  nur  minimale  Entfaltungsmbglichkeiten.  Sie  wurden  z.B. 
qezwungen,   lange  ruhig  am  Tisch  zu  sitzen  und  muBten  sich  streng  nach 
Jen  Anweisungen  der  Betreuer  richten  usw.  Die  Aufnahme  in  unser  Heim 
bedeutete  fiir  die  Kinder  Umstellung  auf  eine  fiir  sie  vollkommen  neue 
Situation:  eine  neue  Umgebung,  andere  Kinder,  keine  getrennt  ge- 
schlechtlichen  Gruppen  und  neue  Bezugspersonen,  die  auf  sie  zum  grb'B- 
ten   Teil   ganz  anders  reagierten  als  sie  es  bisher  gewbhnt  waren. 
Unsere  Bemiihungen  gingen  zunachst  dahin,  die  Kinder  in  alien  den  Ta- 
qesablauf  betreffenden  Dingen  zu  einer  groBeren  Selbstandi'gkeit  zu 
verhelfen.  Dazu  war  es  notwendig,   ihnen  einen  groBeren  Handlungsfrei- 
raum  zu  gewahren,  in  dem  sie  Erfahrungen  machen  konnten,  die  eine 
Entwicklung  zur  Selbstandi'gkeit  fbrdern  sollten. 

Wenn  man  die  bisherige  Situation  der  Kinder  kennt,   ist  es  verstandlich, 
daS  diese  Umstellung  zunachst  eine  Oberforderung  fiir  die  Kinder  war 
und  es  auch  zu  entsprechenden  Reaktionen  wie  Aggressivitat  unterein- 
ander     den  Betreuern  gegeniiber,  Demolierung  von  Einrichtungsgegen- 
sta'nden  u.a.  kam.  Die  Schwierigkeiten,  die  wir  hatten,  lassen  sich  am 
Besten   anhand  von  konkreten  Beispielen  verdeutlichen. 
So,     versuchten  wir,  die  Gurte,  mit  denen  die  Kinder  nachts  im  Bett 
fixiert  wurden,  soweit  es  mbglich  war,  wegzulassen,  Wie  stark  sie  da- 
ran    qewbhnt  waren,   sahen  wir,  wenn  sie  uns  abends  den  Arm  oder  das 
Rpin  zum  Festschnallen  hinhielten.  Die  Folge  dieser  MaBnahme  war 
naturlich  starkere  Unruhe.  Die  Kinder  stiegen  nachts  aus  den  Betten. 
rSumten  Schranke  aus  u.a.  Doch  nach  einer  recht  schwierigen  Obergangs- 
2eit  gewbhnten  sich  einige  nach  und  nach  daran,  nachts  auch  ohne 
Fixierungen  im  Bett  zu  bleiben.  , 

Fhpnso  bemLihten  wir  uns,  die  oft  sehr  hohe  medikamentose  Sedierung  der 
binder  herabzusetzen,  durch  die  die  Kinder  zwar  "ruhiqer"  werden  und 
ulniaer  Arbeit  machen.aber  auch  apathisch  und  desinteressiert.  Natur- 
Urh  muBten  wir  in  Kauf  nehmen,  daB  dadurch  Aggressionen  haufiger  zum 
fl.jQbruch  kamen  und  zwar  so,  daB  Mitarbeiter  angegriffen,  Turen  und 
F^nqter  eingeschlagen,  Spielzeug  zerstort  wurde  u.a.  mehr.  Obwohl  wir 
e  bemuhten,  die  oft  schon  gera'hrlich  werdenden  Zwischenfalle  unter 
^nntrolle  zu  halten,  war  unser  primares  Arbeitsinteresse  auf  das  Er- 
^nnen  der  Ursachen  und  Therapieren  solcher  Verbal tenswei sen  gerich- 
*  t     da  die  iibliche  Praxis,  die  sich  auf  Sedierung  bzw.  autontare 
Unterdruckung  der  Symptome  reduziert,  unzumutbar  und  auch  nicht  effek- 

^Veiiiiger  Zeit  intensiver  Beobachtung  der  Kinder  gingen  wir  daran,       „ 
fur  die  einzelnen  zusammen  mit  denTherapeuten  und  dem  Psychologen  OO 


Therapieplane  auszuarbeiten.  Das  zentrale  Ziel  dieser  Plane  war  be- 

stimmt  von  der  Fb'rderung  und  Entfaltung  der  emotionalen  Kontakte  der 

Kinder  untereinander,  aber  auch  zu  den  Bezugspersonen.  Grundlage  hier- 

fu'r  war  die  Erkenntnis,  daB  geistig  schwer  behinderte  Kinder  fast  nur 

auf  emotionaler  Ebene  ansprechbar  sind,  Nach  einem  halben  Jahr  waren 

fast  bei  alien  Kindern  positive  Iferanderungen  zu  erkennen. 

Viele  lernten  selbstandig  zu  essen  und  auch  selbstandig  die  Toilette 

zu  benutzen   (ohne  Rei'nli'chkei'tsdressur). 

Bei  eim'gen  Kindern  mit  autistischen  Verbal tenswei sen  war  es  gelungen, 

durch  Entstehung  eines  posi'tiven  Kontaktes  zur  Bezugsperson,  sie  ftir 

einige  Zeit  nrit  einer  bestimmten  Sache  zu  beschafti'gen. 

Die  Aggress i vi tat  der  Kinder  konnte  teilweise  abgebaut  werden,  wodurch 

eine  bessere  padagogische  Arbeit  mb'glich  wurde. 

Die  Gruppe  mit  den  am  wem'gsten  behinderten  Kindern  entfaltete  Grup- 

penkreativi  tat,  die  sich  ausdruckte  im  Nachspielen  von  Gruppenbespre- 

chungen  der  Erzieher,  in  denen  sie  ihre  Wiinsche  auBerten  z.B.  Einuben 

eines  Theaterstuckes,  das  sie  den  anderen  vorspielen  wollten  verbun- 

den  mit  "Fest  feiern"  und  "Kaffeetrinken". 

Wir  sind  uns  bewuBt,  daB  unsere  padagogische  Arbeit  noch  in  vielen  Tei  - 
len  nicht,  bzw.   nur  ungeniigend  entwickelt  war  (z.B.  Elternarbeit,   Kon- 
zeptionsprobleme,  padagogische  Selbstreflexion  etc.).  Zum  anderen 
aber  meinen  wir,  in  einem  halben  Jahr  (!)  erkannt  zu  haben,  daB  pada- 
gogische Arbeit  in  unserem  Sektor  kiinftig  von  Kollektiven  bestimmt 
sein  sollta,  deran  wesentlichstes  Unterscheidungsmerkmal  zum  in  die 


WfestbertinerBuchladenKoBektive      (WBK) 


keine  privaten  profite 


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uitet^tiitzungdesantimperiafstischen 
kampfes 


He imhier archie  angepassten  Team  in  der  Auflosung  hierarchischer  Ent- 
scheidungsstrukturen  zugunsten  gleichberechtigter  und  gleichverant- 
wortlicher  Arbeitsbeziehungen  liegen. 

Welche  Erfahrungen  haben  wir  bei  dem  Versuch,  eine  kollektive  Arbeits- 
form  zu  finden,  gemacht? 

Als   die  ersten  Mitarbeiter  eingestellt  wurden,  stand  ein  genauer  Ter- 
min   fur  die  Aufnahme  der  ersten  Kinder  noch  nicht  fest.  Wir  beschaf- 
tigten  uns  mit  der  Einrichtung  der  Gruppen-  und  Therapier'a'ume  und 
stellten  das  Spiel-  und  Beschaftigungsmaterial  zusammen.   In  dieser 
Zeit  hatten  wir  die  Mbglichkeit,  in  anderen  Einrichtungen,  aus  denen 
wir  Kinder  Ubernehmen  sollten,  zu  hospitieren,  urn  erste  Kontakte  zu 
den   Kindern  zu  bekommen  und  ihre  bisherige  Lebenssituation  kennenzu- 
lernen.  AnschlieBend  diskutierten  wir  Liber  die  hier  gewonnenen  Ein- 
drlicke   und  versuchten,  ansatzweise  Vorstellungen  zu  entwickeln,  wie 
wir  Uber  eine  bloBe  Aufbewahrungsarbeit,  wie  wir  sie  in  den  meisten 
anderen  Einrichtungen  erlebt  hatten,  hinauskommen  kbnnten. 
Solche  Diskussionen  am  Arbeitsplatz  waren  fur  die  meisten  von  uns  neu 
und  zeigten  sehr  schnell   ihre  oositiven  Auswirkungen.  Die  anfangliche 
Unsicherheit  jedes  einzelnen  wurde  als  gemeinsames  Problem  erkannt,  und 
hier  versuchten  wir  auch  anzusetzen.   Ein  erster  Schritt  dazu  war  das 
Einbeziehen  der  Therapeuten  in  die  Gruppenarbeit  der  Erzieher.  Sie 
machten   in  den  ersten  Wochen  wie  diese  Schichtdienst,   urn  die  Kinder 
und  die  Arbeit  in  der  Gruppe  kennenzulernen.  Die  Integration  der  The- 
rapeuten in  das  Gruppenleben  war  ein  sehr  wesentlicher  Punkt,  urn  die 
Trennung  der  spezifischen  BerufsgrupDen  anzugehen  und  eine  bessere 
Zusammenarbeit  zu  ermog lichen.  Durch  diese  qualitativ  anderen  Arbeits- 
erfahrungen  ergab  sich  als  EntwicklungsprozeB,  da3  wir  in  der  Arbeit 
mehr  als  einen  Job  sahen  und  bei  den  einzelnen  ein  grbBeres  Engagement 
entstand.  . 

Aus  der  Erfahrung  und  dem  GefLihl,  gemeinsam  besser  arbeiten  zu  konnen, 
entstand  bei  vielen  das  Bediirfnis,  uber  die  Arbeitssituation  hinaus 
nersonliche  und  private  Kontakte  zu  verst'a'rken. 

Auf  diesem  Hintergrund  richteten  wir  zwei  Selbsterfahrungsgruppen  ein, 
urn  hier  Probleme,  die  aus  der  Arbeit  resultieren,  zu  diskutieren  und 
Lbsungsmdglichkeiten  zu  finden.  Obwohl  viele  von  uns  anfangs  Hemmun- 
aen  hatten,  hier  auch  uber  ihre  persb'nlichen  Schwierigkeiten  zu  reden, 
wurde  den  meisten  klar,  daB  ihre  persdnliche  Problematik  in  unmittel- 
barem  Zusammenhang  mit  ihren  Schwierigkeiten  am  Arbeitsplatz  stand  und 
eine  Trennung  zwischen  beidem  nicht  mb'glich  war. 

wahrend  dieser  Zeit  verfaBte     ein  Tei  1  der  Mitarbeiter  ein  Kritikpa- 
D1-er     Es  stellte  eine  Reflexion  unserer  bisherigen  Gruppenarbeit  dar 
und  wies  auf  Mangel  in  der  organisatorischen  und  pa'dagogischen  Arbeit 
hin     In  der  Folgezeit  erarbeiteten  wir  gemeinsam  eine  auf  unsere  Ar- 
beitsbedingungen  abgestiimite  Dienstordnung,  urn  bei  uns  ein  Interesse 
fur  mehr  Disziplin  und  Verantwortung  zu  entwickeln  bzw.  zu  fdrdern. 
per  Motor  dieses  Lernprozesses  war  das  Prinzip  der  gegenseitigen  soli- 
darischen  Kritik,  die  zumeist  in  den  Gruppenbesprechungen  geubt  wur- 
de    Konnten  Probleme  innerhalb  der  Gruppe  nicht  gelbst  werden,  wur- 
den sie  in  der  Dienstbesprechung  mit  alien  Mitarbeitern  diskutiert. 
In   solchen  gemeinsamen  Besprechungen  versuchten  wir,  soweit  es  uns 


55 


56 


moglich  war,   die  Arbeit  zu  reflektieren,  Fehler  zu  erkennen  und  an- 
stehende  Probleme  zu  Ibsen.  Bei  diesem  Bemlihen  stellten  wir  immer  mehr 
fest,  daB  der  Heimleiter  eine  deutlich  von  der  Gruopenarbeit  abgehobe- 
ne  Position  einnahm.   In  mehreren  Diskussionen  versuchten  wir  hier, 
Moglichkeiten  zu  finden,   ihn  ebenfalls  in  die  Gruppenarbei t  zu  inte- 
gneren.  Trotz  seiner  verbalen  Zugestandnisse,  sich  mit  gleichen  Rech- 
ten  und  Pflichten  an  der  Gruppenarbeit  zu  beteiligen,   traten  in  der 
Praxis  immer  wieder  Schwierigkeiten  auf,  da  er  in  Konfliktsi tuationen 
auf  sein  Alleinentscheidungsrecht  pochte.  Ganz  deutlich  wurde  uns  dies 
nach  der  Wahl  des  Heimlei  terkol  lektivs,  als  er  Liber  anstehende  Diszi- 
plimerungsmaBnahmen  schon  informiert  war,  in  einem  Gesprach  mit  uns 
aber  nichts  davon  erwahnte.  Die  ersten  KUndigungen  kamen  daher  fur 
uns  sehr  uberraschend.  Wir  hatten  zwar  mit  Schwierigkeiten  von  Seiten 
der  DRK-Hauptverwaltung  gerechnet,  aber  nicht  mit  diesen  Konsequenzen. 
Uns  war  nicht  einsichtig,  daB  sich  das  DRK  zwar  immer  liber  unsere  pa'da- 
gogische  Arbeit  sehr  positiv  geauBert  hatte,   unseren  Arbeitsstil  aber 
nicht  toleneren  wollte.  Die  Hoffnung,  diesen  Konflikt  in  Gespra'chen 
mit  der  DRK-Hauptverwaltung  zu  klaren,  gaben  die  Mitarbeiter  an  dem 
Punkt  auf,  wo  die  Wahl   des  Heimleiterkollektivs,  die  Mitbestimmung  bei 
Neueinstellung  von  Mitarbeitern  und  Aufnahme  von  Kindern  und  die 
Dienstordnung  als  null   und  nichtig  erkla'rt  wurden,  denn  dies  war  die 
Liquidierung  der  bisher  geleisteten  Arbeit. 

Uns  ist  jetzt  klar,  daB  der  Versuch,  unsere  Arbeit  nach  unseren  eige- 
nen  Vorstellung  zu  gestalten,  als  Angriff  auf  die  hierarchischen 
Strukturen  des  DRK  aufgefaSt  wurde  und  die  vom  DRK  getroffenen  MaS- 
nahmen  eindeutig  politisch  disziplinierenden  Charakter  haben. 

(Aus:  Bericht  der  entlassenen  Mitarbeiter) 

Auf  der  Jahrestagung  der  Internationalen  Gesellschaft  fiir  Eeimerzie- 
hicng   (FICE-Sektion  BRD)   in  Berlin  wurde  mit  Unter stiitzung  der  Mitglie- 
der,   die  auah  am  Info  Sozialarbeit  mitarbeiten,   der  Konflikt  Offenv- 
licht  gemaaht.   Unter  dem  Druak  der  "Faehoffentlichkeit"  -  das  DRK 
konnte  kavm  seine  miserable  pUdagogische  Fghlplanung  verbergeri  -  wurde 
mit  ihrem  Einverstdndnis  dem  Vorsahlag  zugestimmt,   in  einem  Vevmitt— 
lungsgesprdeh  unter  Beteiligung  von  Vertretern  dev  FICE,  DRK  und  der 
entlassenen  Mitarbeiter  zu  prufen,   ob  eine  Grundlage  zur  Wetter ftih- 
rung  der  begonnenen  padagogischen  Arbeit  gegeben  ist% 
ilie  es  mit  der  Glaubwurdigkeit  des  DRK  -  im  Intevesse  der  Kinder  zu 
handeln  -  bestellt  ist,    zeigt  die  latsaahe,  daii  das  DRK  bis  heute 
noah  keine  Gespraahsbereitschaft  hat  erkennen  lassen,   obwdhl  das  DRK 
(Vertreter:  Heimleiter  Kaiser  v.   EWH)  tiitglied  der  FICE  geworden  ist 
und  sogar  als   Vertreter  der  Institutionengruppe  im  Delegiertenrat  der 
FICE  sitzt. 

Nach  auBen  versucht  man,    sich  "fortsahrittlich"  zu  geben,   nach  innen 
halt  man  an  Uberholten  hierarchischen  Strukturen  und  padagogischen 
Konzepten  fest.   Mit  der  Zusage  an  ein  Vermittlungsgesprach  sollte 
allein  die   "Faehoffentlichkeit"  beruhigt  werden, 

Fiir  die  entlassenen  Mitarbeiter  finden  von  Mitte  Januar-Mitte  Februar 
die  Arbeitsgerichtsprozesse  statt  .  Das  Ergebnis  wird  sich  nicht  von 
den  anderen  im  Heft  dargestellten  Fallen  unter scheiden. 


FALL    2:    KINDERWOHNGRUPPE  "TREBEBAMBULE" 

SENAT  VERWEIGERT  TREBERN  FINANZIELLE  UNTERSTOTZUNG: 

ETAT   UM  DM  60.000  GEKORZT 


Der  SSB   (Verein  fiir  Sozialp'a'dagogische  SondermaBnahmen)  schafft  alter- 
native  Einrichtungen,  die  versuchen,  das  Problem  der  Treber  zu  Ibsen 
(Drugstore;  Wohngruppen:  Weifibecker-Haus,  SolmstraSe;  Trebebambule: 
Uohnoruppe  EisenbahnstraBe  und  OranienstraBe) . 
Da  die  zwei  groBen  wohnkollektive  (Rauch-Haus  und  WeiSbecker-Haus) 
das   Problem  der  Trebekinder  unter  14  Jahren  nicht  aus  der  Welt  schaf- 
fen   konnten,  entstand  die  Arbeitsgruppe  Tr°be  bambule.  Ihr  Ziel   ist, 
kleinere  Wohngruppen  fiir  Trebekinder  aufzubauen,  als  Alternative  zur 
up-im-   und  Familiensituation.aus  denen  die  Kinder  kommen   und   in  die  eine 
Riirkflihrung  nicht  mehr  moglich  ist.  So  entstand  eine  feste  Wohngrup- 
na   in  der  EisenbahnstraBe.  Die  Finanzierung  lief  bis  jetzt  uber  dne 
Mnterstutzungsstelle  des  Bezi  rksarates ,  da  der  Senat  die  Finanzierung 
dieser  und  einer  weiteren  Gruppe  von  7  Kindern  ablehnte.  Die  Begrun- 
riuna  war,    daB  das  Geld  erst  ab   1974  vorhanden  sen. 
S  dem  Zwischenfall  am  17.12.73  (als  der  Senat  versuchte,  die 
7   Kinder  in  verschiedene  Heime  unterzubringen  -  trotz  Zusicherung, 
^Kinder  nicht  zu  trennen  -  kam  es  zu  einer  Auseinandersetzung  mit 
Var  Polizei,  bei  der  einige  Leute  verletzt  wurden)  weigerte  sich  der 
conat  mit  der  Arbeitsgruppe  Trebebambule  weiterzuverhandeln.  Diesen 
7wischenfall   nahra  der  Senat  nun  zum  AnlaB,  die  Finanzierung  weiterer 
Wohngruppen  nicht  zu  iibernehmen  und  die  bestehenden  Gruppen  kaputt 
Zu  machen. 

aus  einem  Schreiben  vom  21.12.73  gent  hervor,  daB  die  Finanzierung 
und  der  Fortbestand  nicht  nur  der  Trebebambule,  sondern  sa'mtlicher 
Wohnqruppen  des  SSB  in  diesem  Jahr  in  Frage  gestellt  sind: 
_  Der  Vertrag  des  WeiSbecker-Hauses  ist  nicht  verlangert,  die  finan- 

zielle  UnterstLitzung  ist  nicht  mehr  gewahrleistet. 

Der  Vertrag  der  SolmstraBe  ist  nicht  verlangert. 
"  Die  Finanzierung  der  Kinder  in  der  EisenbahnstraBe  ist  nicht  ge- 

-  Die  Jugendlichen  aus  der  OranienstraBe  sind  -  trotz  mehreren  Heiw- 
einweisungen  -  mit  Kenntnis  des  Senats  bei  T.-ebebambule  -  Finan- 
zierung nicht  gekla'rt. 

Trotz  dieser  Situation  (allein  in  Vlest-Berlin  gibt  es  4  000  Treber; 
nat  cer  Senat  den  Etat  zur  Finanzierung  von  Wohngruppen  urn  60  000  DM 

Der  Senat,  der  die  "Realisierungsmoglichkeit  und  die  Notwendigkeit. 
der  Forderung  nach  Wohngruppen  priifen  will",  sieht  die  Lbsung  von  die- 
°         Problem  in  der  Einrichtung  einer  "CI  earingstelle"  fiir  Kinder  und 
Frzieher  in  der  KantstraBe.  Somit  wird  die  Alibifunktion  des  Senats- 
nroiekts   -  KantstraBe   (Beratungsstel  le  fur  Jugendliche)   -  dem  Druck 
5er  neuen  Problemstellung  angepaBt  und  erweitert.  Die  "Aufgabe"  die- 

er  Stelle  ist  das  "Auffangen  und  Vermitteln"  der  Treber  an  entsprechen- 
de  Heime.  Dauer  dieses  "Aufenthalts"  ist  14  Tage!   Somit  werden  nach 


57 


Meinung  des  Senats  Trebebambule  und  Wohngruppen  iiberflussig! ! !  Mi  t 
anderen  Worten,  die   "Cleari  nqstene"soll  ein  Durchgangsheim  in  Klein- 
format  werden,  in  dem  die  Kinder,  die  auch  vom  Senat  nicht  mehr  als 
"heimfahig"  bezeichnet  werden,  doch  in  die  gleiche  elende  Ausgangs- 
situation  zuruckgeschickt  werden  sollen. 

Diese  "Flippstation"  hat  im  Gegensatz  zu  uns  keine  der  Schwere  des 
Problems  angemessene  padagogische,  konzeptionelle  Konsequenz.   Dieses 
neue  Modell  der  linken  Sozialburokratie  dient  einzig  und  allein  dazu, 
das  Problem  der  Treber  zu  verschleiern  und  gegeniiber  der  Bevblkerung, 
der  CDU  und  der  rechten  SPO  ein  neues  Ausha'ngeschild  zu  haben,  mi  t 
dem  man  seine  Politik  rechtfertigen  kann. 

Wir  kb'nnen  dem  nur  etwas  wirksam  entgegensetzen  -  namlich  feste  Wohn- 
gruppen -  wenn  wir  auch  von  denen  Solidarity  bekommen,   denen  das 
Problem  der  Trebeganger  bekannt  ist. 

DESHALB  FORDERN  WIR  DIE  ANERKENNUNG  UND  UNTERSTOTZUNG  ALLER  GRUPPEN 
DES  SSB 

Solidaritatsadressen:   an  SSB,   1  Berlin  61,  Solmstr.   22 
WeiBbecker-Haus,  1  Berlin  61,  Wilhelmstr.  9 
SSB  Kontonummer:   02/88  682  000  Berliner  Bank  AG 

(Aus:  Flugblatt  d.  SSB) 


REIHE  BETRIEB  UND  GEWERKSCHAFTEN 

Spontane  Streiks  1973  -  Krise  der  Gewerkschaftspol  itik 

Die  Broschlire  informiert  umfassend  iiber  Ursachen,  Verlauf  und  die 
wichtigsten  Probleme  der  spontanen  Streiks  fur  Teuerungszulagen 
im  Jahre  1973.    Untersucht  werden  die  bkonomische  Entwicklung  und 
die  Krise  der  gewerkschaftlichen  Vertretungspolitik,  die  zu  dieser 
Streikbewegung  geflihrt  haben.   Forderungen  und  Kampfformen,  die 
Rolle  der  Vertrauensleute  und  Betriebsrate,  das  Vernal  ten  der  Ge- 
werkschaftsapparate,  die  Aktivitat  auslandischer  Arbeiter  und  die 
Rolle  politischer  Gruppen  werden  ebenso  analysiert  wie  die  Pol i- 
zeieinsatze  wahrend  der  Streiks  und  die  MaBregelungen,  denen 
Streikende  im  AnschluB  an  die  Aktionen  ausgesetzt  waren.   -  Die 
Schrift  dient  der  Verarbeitung  der  Streikerfahrungen  des  vergan- 
genen  Jahres,  der  Diskussion  der  zutage  getretenen  Schwachen  und 
der  Ansatzpunkte  fur  eine  weitere  sozial istische  Betriebs-  und 
Gewerkschaftsarbeit.  Adressaten  sind  vor  allem  aktive  Kollegen  und 
Kolleginnen  in  Betrieb  und  Gewerkschaft  und  alle  diejenigen,  die 
sich  Liber  die  Streikbewegung  ausfuhrlich  informieren  wollen. 

Ca.   loo  Seiten,  broschiert,  DM  5.— 

Verlag  2ooo  GmbH,   6o5  Offenbach  4,  Postfach  591 


FALL    3:   JUGENDZENTRUM  "PUTTE"  VON  ABRISS  BEDROKT 

Die    "Putte"  wurde  Anfang  1973  von  Mitgliedern  der  "Kinder-Lobby", 
(einem  Abzweiger  der  "Burgerinitiative  Wedding  e.V.)   aufgebaut.  Nach 
dem  Bau  eines  Abenteuersm'elplatzes  wurden  nach  und  nach  ein  Schu'ler- 
Laden,   Jugend-Laden  und  Wohngemeinschaft  in  Haus  R'u'gener  Str.   20 
eingerichtet.  Eigner  des  im  Sanierungsgebiet  lieqenden  Hauses  ist  die 
GeSoBau  (Gesellschaft  fur  Sozialen  Wohnungsbau) .   Im  Februar  73  schlug 
die  Burgerinitiative  der  GeSoBau  vor,  das  Haus  fur  weitere  5  Jahre 
(dann  soil   das  gesamte  Gelande  neu  bebaut  werden)  zu  erhalten.  Die 
Gesellschaft  sicherte  eine  Nutzung  der  Raume  (1  800  qm)  bis  zum  AbriB 
zu  und  bot  gleichzeitig  die  Finanzierung  einer  Baracke  (340  qm)  fur 
180  000  DM  als  spatere  Alternative  an.  Das  angebotene  Geld  bringt 
die  Jugendlichen  auf  die  Idee  das  Haus  fur  wem'ger  als  die  angebote- 
ne Summe  zu    erhalten.     Zu  diesem  Zeitpunkt  ergeben  Gesprache 
mit  dem  zustandigen  Jugendstadtrat,  daS  auch  er  die  Erhaltung  des 
Hauses  als  beste  Mb'glichkeit  ansieht;  bei  dieser  Meinung  ist  er  dann 
letztlich  allerdings  nicht  geblieben. 

Im  August  gibt  der  Senat  eine  Zusage  von  finanzieller  Unterstutzung 
fur  die  Renovierung.  Die  Baugesellschaft  ist  bereit,  das  Haus  dem 
Grundstlicksamt  des  Bezirks  zu  Ubereignen.  Jedoch  der  versprochene 
Kostenvoranschlag  des  Hochbauamtes  fur  die  Renovierung  bleibt  aus; 
Ende  Oktober,  nach  intensiven  Bemuhungen  der  Jugendlichen,  stellt 
sich  heraus,  daB  das  beauftragte  Amt  noch  gar  nicht  mit  dem  Kostenvor- 
anschlag  begonnen  hatte;  einige  Tage  spater  lag  er  dann  endlich  vor. 
Durch  betrachtliche  Eigenleistungen  der  Jugendlichen  ist  es  mbglich, 
die  veranschlagten  Kosten   (180  000  DM)   fast  auf  die  Ha'lfte  zu  redu- 
zieren   (98  000).   Der  JugendwohlfahrtsausschuB  entscheidet,  daB  das 
Projekt  sozialpadagogischen  Nutzen  aufweise  und  damit  fdrderungswur- 
diq  sei.  Die  Renovierung  beginnt.  Der  Senat  sagt  DM  40.000  zu  mit  der 
Bedingung,  bis  zum  13.12.73  eine  Bestatigung  des  Bezirksamtes  uber  die 
weitere  Nutzung  des  Hauses  vorzulegen. 

Jetzt  jedoch  ist  die  GeSoBau  plotzlich  nicht  mehr  am  Erhalt  des  Hau- 
ses filr  Kinder-  und  Jugendarbeit  interessiert;  der  Jugendstadtrat 
ist  genauso  plotzlich  "uberrascht"  von  der  Idee  der  Wohngemeinschaft 
im  Haus,  obwohl   ihm  das  langst  bekannt  war  und  bereits  positive  Stel- 
lunqnahmen  von  mehreren  Stellen  der  Familienflirsorge  abgeqeben  wor- 
sen waren.  Am  BuBtag  erfahren  die  Juqendlichen,  die  bereits  fur 
10  000  DM  Material   und  fur  30  000  DM  Arbeitsleistung  aufgebracht  ha- 
hen     daB  das  Haus  nun  doch  abgerissen  werden  soil. 
Als'l-laBnahmen  dagegen  fiihren  sie  durch:   Verstarkte  Dffentlichkeitsar- 
beit,  Kontaktaufnahme  zu  anderen  Jugendzentren,  Mobilisierung  von 
Presse  und  Funk,  Schreiben  an  samtliche  Fraktionen  der  BVV  mit  Einla- 
dunq  zu  Informationsgesprachen  in  der  "Putte".  Mehr  als  eine  Woche 
lang  erschienen  positive  Berichte  Uber  das  Jugendzentrum  in  der  Ber- 
liner Tagespresse.  Das  Bezirksamt  jedoch  besteht  unter  verschiedenen 
fadenscheinigen  Vorwanden  weiter  auf  dem  AbriB  des  Hauses. 

A.us  den  Berliner  Geschehnissen  wird  deutlich,  daS  die  SPD-Funktionare 
der  stadtischen  Institutionen  (hier  Senat  fiir  Familie,  Jugend  und  cq 


Sport  sowie  Bezirksamt)  jede  fortschrittliche  Regung,  sowohl  beim 
Klientel  als  auch  bei   den  Erziehern,  abwiirgen  und  systematisch  ver- 
suchen      eine  padagogische  Arbeit,  die  sich  an  den  Bediirfnissen  und 
Interessen  der  Jugendlichen  und  Kinder  orientiert,  unmoglich  zu  ma- 
chen. 

(Aus:  Dokumentation  Biirgerinitiative  "Putte") 


FALL  4:  CVJM-KINDERHEIM  RHEDA-WIEDENBROCK  AUFGELtJST 


Nach  den  Statuten  betreut  das  Kinderheim  Kinder  bis  zur  Schulentlas- 
sung.  Es  hat  eine  Aufnahmekapazita't  von  60  Kindern,  die  sich  auf  6  Grup- 
pen  verteilen.  Nach  dem  Stellenplan  sind  16  padagogische  Mitarbeiter 
und  8  Mitarbeiter  des  wirtschaftlichen  Bereichs  ausgewiesen. 
Dem  Heim  angegliedert  ist  ein  heimeigener  Kindergarten.   In  ihm  sollen 
wa'hrend  der  Vormittagsstunden  die  m'cht  schulpflichtigen  Kinder  be- 
treut werden. 

Tra'ger  ist  der  CVJM  Wiedenbruck,  dieser  wiederum  setzte  ein  sieben- 
kopfiges  ehrenamtlich  tatiges  Kuratorium  (Mitglieder  ohne  pa'dago- 
gisches  Fachwissen)  ein,  das  die  Funktionen  des  Tra'gers  wahrnimmt. 

Vor  dem  1.9.73  oblag  die  Heimleitung  einem  Ehepaar,   das  seit  11  Jah- 
ren  dem  Heim  vorstand.   Eingestellt  wurden  sie  seinerzeit  als  Kaus- 
eltern  fur  ein  Jugendwohnheim,  in  dem  Fluchtlinge  aus  der  DDR  vorla'u- 
fig  untergebracht  wurden.  Nach  dem  Mauerbau  versiegte  der  Fluchtlings- 
strom;   um  die  Existenz  des  Hauses  zu  sichern     wurde  es  notwendig, 
ihm  eine  neue  Funktion  zu  geben.  Das  Jugend-Uohnheim  wurde  in  ein 
Kinderheiin  umgewandelt,  allerdings  ohne  daB  auch  gleichzeitig  die  bau- 
lichen  Voraussetzungen  dafu'r  geschaffen  worden  waren. 
Das  Kinderheim  war  streng  nach  familialen  Strukturelementen  organi- 
siert  und  hierarchisch  gegliedert.  Die  Entscheidungen  trafen  die  Haus- 
eltern.  Die  Mitarbeiter  hatten   in  der  Regel  keine  Gelegenheit,  quali- 
fiziert  an  dem  EntscheidungsprozeB  zu  partizipieren,  Abweichende  Mei- 
nungen  einzelner  Mitarbeiter  wurden  als  destruktive  Kritik,  als  Un- 
ruhestifterei  empfunden.   Die  Mitarbeiter  gaben  die  von  den  Hauselterr 
erfahrenen  Repressionen  welter  an  Kollegen  und  Kinder.  Aufgrund  end- 
lich  doch  ausbrechender  Konflikte  zwischen  Mitarbeitern  und  Hauselte 
schieden  diese  faktisch  am  31.8.73  aus  dem  Heim  aus. 


rn 


Ab  1.9.73  fungierte  als  Heimleiter  der  Sozialarbeiter  F.   und  als  sein 
Stellvertreter  der  Sozialpadagoge  (grad)  Z.   Ihr  Verha'ltm's  zu  dem 
Kuratorium  verschlechterte  sich  zusehends,  da  sie  sich  gegen  folgende 
von  ihnen  festgestellte    MiSsta'nde  des  Heims  wandten  und  auf  Anderun- 
gen  drangen: 

-  Die  Kinder  leben  zu  fu'nft  in  engsten  Raumert;  es  existieren  keine 
besonderen  Gruppenraume,  keine  didaktischen  Hilfsmittel,  keine  Mate- 
nalien,  itnt  denen  gruppenpadagogisch  gearbeitet  werden  kann,  keine 
Freizeitmoghchkeiten. 
6D     "  krne  bzW'   recf,t1icn  nicnt  haltbare  Arbeitsvertrage 
"^    -  uberhdhte  Oberstundenanforderungen  (bis  zu  80  Std./wo) 


-  jahrelang  wurden  Mitarbeiter  durch  die  personell  zu  schwache  Beset- 
zung  und  aufgrund  fehlender  Ausbildung  verschlissen 

-  mangelnde  Arbeitsbedingungen,  keine  Mitarbeiterraume,  keine  ausrei- 
chenden  Wohnungen,  Verschleuderung  b'ffentlicher  Gelder 

sowie  etliches  mehr. 

Das  Kuratorium  hat  die  diesbezuglichen  Appelle  und  Hinweise  in  den 
Monaten  seit  September  nicht  beachtet  und  keine  Anstalten  gemacht, 
die  Dinge  zu  andern. 

Trotz  der  hochgradig  ungiinstigen  Bedingungen  versuchten  Heimleitung 
und  Mitarbeiter  das  Beste  aus  dem  Vorhandenen  zu  machen  und  initiier- 
ten  folgende  Aktivitaten: 

-  Organisation  von  Lerngruppen  fur  die  Grundschulkinder, 

-  Vorschulgruppe,  Ougendclub,  Kinderversammlung,  Gruppenbesprechungen 
und  -untemehmungen,  padagogische  Konferenz  und  Mi tarbeiterbespre- 
chungen,  Lehrlingsarbeitskreis  im  Wirtschaftsbereich,  um  die  schu- 
lischen  Anforderungen  zu  leisten,  Einzelbetreuung  und  -beobachtungen 
sowie  den  Versuch,  die  Verwaltung  zu  dezentralisieren. 

Da   Kuratorium  unterstutzte  diese  Dinge  in  keiner  weise,   sondern  kri- 
tisierte  nur  standig,  daB  es  im  Heim  schmutzig  und  unordentlich  sei 
(herumliegendes  Papier),  daB  die  Kinder  (denen  kein  ausreichender 
Spielplatz  zur  Verfiigung  stand)  die  Nachbarn  bela  stigten  usw. 
Da  der  Heimleiter  die  Zustande  unablassig  heftig  kritisierte,  grundle- 
qende  Reformen  verlangte  und  durchblicken  lieB,  daB  er  die  Verhalt- 
nisse  in  seinem  Namen  nicht  mehr  verantworten  kdnne,  wurde  er  am 
7   12.73  mit  einem  Ablbsungsvertrag  und  einer  Gehaltsentschadigung 
von   6  000  DM  abgespeist  (andernfalls  fristlose  Kiindigung).  Seine  Ar- 
beit hatte  nun  der  Stellvertreter  Z.  mi tzuiibernehmen. 

TO  Tage  spa'ter  wurde  dem  stell vertretenden  Heimleiter  ebenfalls  geklin- 
digt.   In  Absprache  mit  dem  Diakonischen  Werk,  dem  Evangelischen  Reichs- 
erziehungsverband,  die  kurzfristig  aus  ihrein  Mitarbeiterbestand  eine 
neue  Heimleitung  anboten,  ubernahm  ein  neuer  Heimleiter  das  Kinderheim 
mit  dem  Ziel,  die  alten  Strukturen  wieder  einzufuhren.   Spa'ter,  wenn 
sich  die  wogen  gegla'ttet  hatten,  sollte  das  Kinderheim  an  das  Evan- 
gel ische  Pertheswerk  verschachert  werden. 

Die  Mitarbeiter  und  die  Kinder  lehnten  sich  dagegen  auf,  sie  informier- 
ten  die  Presse,  verteilten  Flugblatter  und  versuchten,  in  'd«r  Offent- 
lichkeit  die  Situation  des  Kinderheimes  zu  problematisieren.  Sie  grun- 
deten  den  AKS  und  erstellten  eine  Dokumentation.  Aber  das  egoistische 
Verbandsinteresse  ging  vor  die  Interessen  der  Kinder;  alle     Mitarbei- 
ter    (8),  die  sich  nicht  von  den  Zielen  und  Aktionen  distanzierten, 
wurden  gek'u'ndigt  und  mit  Hausverbot  belegt,  einige  Mochen  spa'ter  alle 
Kinder  in  andere  Kinderheime  verlegt,  das  Heim  geschlossen  und  die 
Ubrigen  Mitarbeiter  auf  die  StraBe  gesetzt. 

Das  durch  staatliche  Zuschiisse  und  Pflegesa'tze  erwirtschaftete  Ver- 
mbgen  (Grundstiicke,  Hauser  etc.)  des  Verbandes  wird  nun  wohl  eine 
noch  bessere  bkonomische  Verwendung  finden. 

(Aus:  Dokumentation  Kinderheim  Rheda-Wiedenbruck  zu  beziehen  iiber 
Rainer  Strauch,  1  Berlin  65,  Togostr.  17/Michael  Fest,  5  Kb'ln  91, 
Siegburgerstr.  28) 


61 


FALL  5:  PERSONALPOLITIK  IM  BONDNIS  MIT  (CAPITAL  UND 
SOZIALBOROKRATIE  BEIM  INTERNATIONALEN  BUND  FOR  SOZIALARBEIT 


62 


Im  International  Bund  fur  Sozialarbeit-  Jugendsozialwerk  e.V.,der 
durch  Spenden  und  Mi tgliedschaften  sehr  eng  mit  Handwerk  und  Industrie 
verbunden  ist,  ist  es  Liblich,  Mitarbeiter  mit  Versprechungen  wie  Team- 
arbeit,  Mbglichkeit  Eigeninitiative  zu  entwickeln,  emanzipatorische 
Heim-  und  Bildungsarbeit  etc.  anzulocken.  Da  das  Jugendsozialwerk 
(IB-JSW)  schlecht  bezahlt,  kann  es  "Professionelle"  (Psychologen, 
Soziologen,  Padagogen   .Sozialarbeiter  etc.),  die  es  benbtigt  urn  b'ffent- 
liche  Gelder  zu  erhalten  bzw.  dem  Verband  einen  soliden  evtl.  sogar 
liberalen  Anstrich  zu  geben,  nur  gewinnen,  indem  er  ihnen  gunstige 
Arbeitsbedingungen  vorgau-kelt  ("Ihre  Freiheit  muB  Ihnen  schon  DM  300.- 
wert  sein"). 

Die  hauptsachliche  Arbeit  in  den  Einrichtungen  wird  allerdings  von 
der  groSen  Zahl    "unausgebildeter"  Mitarbeiter  geleistet,  die  schlecht 
bezahlt,  sich  unter  den  haarstra'ubensten  Bedingungen  ausbeuten   lassen 
und  sich  allem  fu'gen,  da  sie  Angst  haben,  ihre  Stelle  zu  verlieren. 
Versuchen     die  durch  die  groBzligigen  Versprechungen  angelockten  Mit- 
arbeiter dann  die  ihnen  zugesagten  (aber  arbeitsrechtlich  nicht  vor- 
handenen)  Arbeitsbedingungen  herzustellen,  werden  sie  oft  unter  dem 
Vorwand  formaler  Dienstvergehen   (unter  den  haufig  existierenden  un- 
verantwortlichen  Bedingungen  sind  die  Mitarbeiter  sta'ndig  gezwungen 
"DienstverstbBe"  zu  begehen,   um  wenigstens  den  formalen  Heimbetrieb 
aufrechtzuerhalten)  gekiindigt  und  bffentlich  als  "Linksradikale", 
"Sektierer",   "Querulanten",   "Unfa'hige"  etc.  diffamiert. 
Die  Interessen  der  betroffenen  Kinder  und  Jugendlichen  SDielen  in  die- 
sem  Zusammenhang  nicht  die  geringste  Rolle,  obwohl  haufig  diszipli- 
nare  MaBnahmen  scheinheilig  mit  der  Sorge  um  das  leibliche  und  seeli- 
sche  Wohl  der  Kinder  und  Jugendlichen  legitimiert  werden.   In  welcher 
Art  und  Weise  im  Kliingel  mit  Sozialbiirokratie  und  Kapital   Personal- 
politik  und  Padagogik  betrieben  wird,  zeigen  die  uns  bisher  bekannt 
gewordenen  Konflikte: 


a)  Massenentlassungen  im  Fbrderkurs  des  Jugendsozialwerkes  Darmstadt 

Einrichtung  zur  Erlangung  der  Berufs-  und  Arbeitsreife  durchgeflihrt 
vom  IB-JSW  im  Auftrag  der  Bundesanstalt  flir  Arbeit. 

Probleme  ergaben  sich  1971  erstinals  wegen  unterschiedlicher  padagogi- 
scher  Praxis  der  Mitarbeiter  im  Fbrderlehrgang  (FL)   und  dem  Heimlei- 
ter  des  Heims,   in  dem  die  Halfte  der  Teilnehmer  des  FL  untergebracht 
war     .  Die  Mitarbeiter  des  FL  versuchten,  einen  mb'glichst  nicht-re- 
pressiven  Stil   in  der  Arbeit  mit  den  Jugendlichen  auszuiiben,  wahrend 
die  Heimleitung  in  herkommlich  autoritarer  weise  verfuhr.  Ergebm's  eines 
Gesprachs  mit  dem  zustandigen  Abtei lungs  lei ter  der  HauDtgeschafts- 
fuhrung  (HGF)  in  Frankfurt  war:   In  beiden  Einrichtungen  (FL  u.  Heim) 
solle  em  demokratischer  Fuhrungsstil  praktiziert  werden.  Samtliche 
bachfragen  sollten  im  Team  gemeinsam  erortert  werden,  wobei  die  Heim- 
leitung ins  Team  zu  integrieren  sei .  Da  der  Heimleiter  mit  diesem 


Resultat  nicht  einverstanden  war,  wurde  er  Ends  des  Jahres  abgelb'st, 
nicht  etwa,  weil   die  HGF  von  der  Richtigkeit  des  von  ihrem  Vertre- 
ter  Gesagten  tiberzeugt  gewesen  ware,  sondern  weil  sie  Ruhe  in  ihrer 
Institution  haben  wollte.  Teamer  und  Leiter  W.  des  FL  vertraten  in  die- 
sem  Konflikt  eine  ubereinstimmende  Linie. 

Am   12.1.72  Ubernahmen  zwei  neue  Mitarbeiter  bis  1.3,   die  kommissari- 
sche   Heimleitung;  sie  wurden  nicht  eingeflihrt,  sondern  bekamen  ledig- 
lich   die  Kasse  ubergeben,  Sie  stellten  chaotische  Zustande  in  Akten- 
flihrung  und  Kassenwesen  fest.  Das  Haus  befand  sich  in  einem  verwahr- 
losten   Zustand  (sanitare  Anlagen,  Nicht-Einhaltung  der  VDE-Vorschrif- 
ten,    Einrichtung  usw.),  auBerdem  waren  3  Planstellen  unbesetzt.  Dies 
bedeutete  fur  die  Mitarbeiter  eine  enorme  Oberbelastung,  die  sich  ge- 
zwungen ermaBen  in  einer  Vernachlassigung  der  Arbeit  mit  den  Jugend- 
lichen  niederschlug.  Diese  Situation  war  auf  das  Verschulden  der  HGF 
zuruckzufiihren.  Nach  standigen  dringenden  Forderungen  wurden  im  April 
die   allernbtigsten  Reparaturen  durchgeflihrt.  Aktivitaten  zur  Verbes- 
serung  der  personellen  Situation  erfolgten  von  seiten  der  HGF  erst 
nach  einem  ultimativen  Brief,  in  dem  man  ankiindigte,  das  Heim  zum 
1.3.   zu  schlieBen,  da  man  der  gesetzlichen  Aufsichtspflicht  nicht 
mehr  nachkommen  kbnne. 

Aufgi~und  der  Differenzen  zwischen  FL  und  Heim  hatte  die  HGF  Ende  71 
beschlossen,  die  Position  eines  Gesamtleiters  einzuflihren,  verstan- 
den    als  Libergeordnete  Funktion,  die  sowohl  der  Heimleitung  als  auch 
dem  FL  vorsteht  und  bei  beiden  eine  Vermittlungsrolle  einnehmen  soil. 
Den  Anforderungen  der  HGF  nach  soil  der  Gesamtleiter  als  Sprecher  der 
Institution  FL  nach  auBen  fungieren  und  Vertrauensmann  der  HGF  sein. 
Das  Team  erwartete  von  ihm,  daB  er  Beschliisse  des  Teams   (rechtlich 
hatte  das  JSW  deutlich  gemacht,  kbnne  zur  Zeit  Team-Arbeit  nicht 
institutionalisiert  werden)  nach  auBen  vertrete,  gleichzeitig  aber 
voll    integriertes  Mitglied  sei.  Er  solle  der  Vertrauensmann  des  Teams 
aeqenliber  der  HGF  sein. 

Aufgrund  der  Qualification  und  der  privatistischen  Interessen  des  ab 
1.3.   eingesetzten  Gesamtleiters  W.  ergaben  sich  bald  Differenzen. 
In  den  Augen  der  Librigen  Temaer  war  der  GL  dem  gesamten  Team  gegen- 
uber verartwortlich;  dagegen  wehrte  sich  jedoch  W.  mit  der  Ansicht, 
dem  Team  gegenuber  keine  Rechenschaft  schuldig  zu  sein.  Er  zeigte  auch 
schon  von  Beginn  an  sowohl   den  Mitarbeitern  als  auch  den  Kindern  ge- 
qenLiber  autoritare  Verhaltensweisen.  Flir  die  Erarbeitung  eines  gemein- 
samen  padagogischen  Konzepts  zeigte  er  kein  Interesse. 

Nach  Obernahme  der  GL  wich  er  Gesprachen  Liber  Teamarbeit,  Position, 
Funktion  und  Arbeitsplatzanalyse  des  GL  beharrlich  aus  mit  der  Bemer- 
kunq     es  sei  nicht  mbglich,  seine  Arbeit  zu  beschreiben.  Obwohl  er 
weitgehend  vom  Untem'cht  befreit  war  (er  wunschte  selbst  Kontakt  zu 
den  Jugendlichen  durch  verschiedenen  Unterricht  aufrecht  zu  erhalten), 
war  er  weder  in  der  Lage  einfache  Sachinformationen  zu  geben,  noch 
aufgrund  von  prazisen  Kenntnissert  (z.B.  Etatfragen)  in  Konflikten 
zwischen  Team  und  HGF  zu  vermitteln.  Den  von  ihm  auf  eigenen  Wunsch 
Ubernommenen  Unterricht  lieB  er  so  haufig  ausfallen,  daB  die  Jugend- 
lichen sich  schriftlich  daruber  beschwerten.  Trotz  seines  verbal 
aufrecht  erhaltenen  Anspruchs  Teammitglied  zu  sein  und  dies  gegenuber 
der  HGF  durch  gemeinsames  Auftreten  zu  dokumentieren,  stellte  er  sich    63 


in  entscheidenden  Momenten  auBerhalb  des  Teams. 

Im  Konflikt  zwischen  Team  und  W.   (W.'s  Unfa'higkeit  als  GL  war  eindeu- 
ti'g  belegbar)  entschied  die  HGF  am  25.7.72  zugunsten  W.'s.lndem  sie 
Mitglieder  des  Teams  mit  befristeten  Vertra'gen  die  Verla'ngerung  ver- 
weigerte,  einem  Mn tarbeiter  in  der  Probezeit  klindigte  und  drei  weite- 
ren  Mitarbeitern  unannehmbare  Versetzungsangebote  machte.  Letzte  ku'n- 
digten  daraufhin. 

Als  Gru'nde  fur  diese  Entscheidung  gab  die  HGF  an:  Sie  werde  von  Darm- 
stadt offensichtlich  nur  als  notwendiges  Obel  angesehen,   im  iibrigen 
flihle  sich  das  Team  autonom.  Die  Vorstellungen  der  HGF  sahen  anders 
aus.  Der  Kurs  mlisse  vd  11  f g  gea'ndert  werden.  Die  HGF  habe  den  Eindruck, 
Darmstadt  vertrete  nicht  die  Ziele  des  Verbandes.  Auf  Befragen  der 
Team-Mi tglieder  war  die  HGF  m'cht  in  der  Lage,   ihre  pauschalen  Vor- 
wiirfe  und  Vermutungen  zu  prazisi'eren. 

(Aus:  Unterlagen  des  ehemaligen  Teams) 

b)  Massenentlassungen  im  Ma'dchenwohnheim  Haus  "Faldera"  Neumiinster/ 
Berufsverbot  durch   "schwarze  Listen" 

In  Anzeigen  und  im  "Diskussionsentwurf  einer  Konzeption"  nennt  der 
IB-JSW  als  Voraussetzung  fur  die  Mitarbeit  in  seinen  Einrichtungen: 
Selbsta'ndigkeit,  Eigenim'ti'ative,  Konzeptentwicklung,  Teamarbeit. 
Diese  Arbeitsbedingungen  wurden  den  Bewerbern  fur  das  Ma'dchenwohn- 
heim in  Einstellungsgesprachen  vom  Landesbeauftragten  U.  zugesichert. 
Er  betont,  daB  Teamarbeit  im  Verband  ein  Novum  und  arbeitsrechtlich 
nicht  abgesichert  sei .  Trotzdem  sei  es  notwendig,  diese  Arbeitsform 
durchzusetzen,  da  sie  bessere  Mbglichkeiten  in  sich  berge. 

Am  1.10.72  beginnen  drei  neue  Mitarbeiter  ihre  Arbeit  in  "Faldera", 
denen  von  U.   vorenthalten  worden  ist,  daB  zum  gleichen  Zeitpunkt  ein 
Gesamtleiter  Liber  mehrere  Einrichtungen   (unter  ihnen   "Faldera")  ein- 
gesetzt  wird.  Ihnen  wird  aber  bei  Aufnahme  des  Dienstes  deutlich  ge- 
macht,  daB  eine  gemeinsame  Erarbeitung  seiner  Funktionen  zugesichert 
ist.   In  der  Folge  ist  der  GL,  dessen  Funktionen  noch  unklar  sind, 
mehrwb'chig  abwesend.  Normalerweise  steht  er  dem  Heim  3-4  Std.  wochent- 
lich  zur  Verfugung,  wird  aber  zur  Ha'lfte  aus  dem  Haushalt  von  Faldera 
finanziert. 

Am  30.11.72  legt  der  GL  den  Mitarbeitern  seine  Vorstellungen  schriftlich 
vor.  Diese  U'ben  Kritik,  da  ihrer  Meinung  nach  der  GL  seine  Funktionen 
zu  abstrakt  beschreibt;  nicht  deutlich  macht,  wie  die  praktischen  Un- 
terschiede  zwischen  GL  und  Heimleiter  aussehen,  wie  er  sich  zur  Frage 
der  Verantwortlichkeit  stellt,  wie  seine  Vorstellungen  von  Teamarbeit 
aussehen  bzw.  wie  sich  Team  und  GL  zueinander  verhalten. 

Die  Mitarbeiter  gehen  davon  aus,  daB  sich  im  Heim  die  verschiedenen 
Bereiche  (Pa'dagogik,  Verwaltung,  Finanzen  etc.)  m'cht  voneinander 
trennen  lassen,  was  ihnen  sowohl   von  U.  als  auch  vom  zustandigen  Ab- 
tei lungs  lei ter  aus  der  HGF  bestatigt  wird.  Den     Vorrang  hat  dabei 
eindeutig  die  Pa'dagogik.  Alle  Entscheidungen  milssen  also  vor  dem  Hin- 
tergrund  der  ta'glichen  pa'dagogischen  Praxis  getroffen  werden.  Die 
D4-     Integration  ins  Team  ist  die  unabdingbare  Voraussetzung  der  zu  leisten- 


,.  Die  Mitarbeiter  fordern  deshalb  fiir  den  GL  einen  Tag 
t  wb'chentlich  in  "Faldera"  sowie  Teilnahme  am  Teamgespra 


den   Arbeit. 

Basn sdienst  wb'chentlich  in  "Faldera"  sowie  Teilnahme  am  Teamgesprach 

und   spezielle  Aufgabenerledigung.  Diese  Forderungen  werden  vom  GL 

ohne   Uberzeugende  Begriindung  abgelehnt. 

In   Gesprachen  im  Dezember  72  und  Januar  73  kann  keine  Einigung  er- 

zielt  werden.  U.   versucht  zu  vermitteln,  rekurriert  dabei  aber  auf 

rein   verfahrensma'Bige  bzw.   arbeitsrechtliche  Fragen,  denn  im  Pa'dagogik 

ginge  es  hier  nicht.  Es  kommt  keine  Einigung  zustande. 

Vom   2.2.73  datieren  daraufhin  die  ersten  beiden  KLindigungen,  obwohl 
insgesamt  6  Mitarbeiter  die  gleichen  Aussagengemacht  haben  (offenbar 
legt  der  Verband  eine  Ra'delsfuhrer-Theorie  bei  diesem     Vorgehen 
zugrunde).Als  sich  herausstellt,  daB  die  Iibrigen  Mitarbeiter  weiter- 
hin  den  Gesamtleiter  nach  seiner  derzeit  geleisteten  Definition  ab- 
lehnen,  wird  auch  ihnen  gekiindigt. 

In   einer  Presseerkla'rung  und  verschiedenen  Briefen  verbreitete  U. 
(laut  Rechtsgutachten)  wahrheitswidrige  und  verleumderische  Behauptun- 
gen    liber  die  geklindigten  Mitarbeiter.  An  das  Landesjugendamt  sandte 
er  ein  Schreiben,   in  dem  dunkel  angedeutet  wurde,  daB  die  geklindigten 
Mitarbeiter  sich  schwerer  Verfehlungen  schuldig  gemacht  ha'tten,  aller- 
dings   ohne  daB  auch  nur  ein  einziger  Tatbestand  pra'zisiert  worden  ware. 
Das    hatte  fur  zwei  der  Geklindigten   (Sozialarbeiter  und  Psychologe) 
die   Folge,  daB  sie  monatelang  vergeblich  auf  Stellensuche  in  Schles- 
wig-Holstein  waren.  Nach  dem  iiblichen  Bewerbungsgespra'ch  gingen  ihnen 
bedauernde  Absagen  zu  ("leider  nicht  in  die  engere  Wahl  gekommen  sind", 
"konnte  leider  nicht  berucksichtigt  werden"  usw.)  Wenig  spa'ter  erfuhren 
sie  dann  aus  anderer  Quelle,  daB  die  Stellen  wegen  "Personalmangels" 
immer  noch  nicht  besetzt  seien.  Anhand  der  Erfahrunnen  der  beiden 
(RuBerungen  von  Vertretern  verschiedener  Insti tutionen  unterstutzen 
das)   ISBt  sich  nachweisen,  daB  das  Landesjugendamt  als  Sammelstelle 
ftir   Informationen  liber  im  Sozialbereich  Bescha'ftigte  fungiert  und  die 
erhaltenen  Informationen  weitergibt. 

Ein  weiterer  Aspekt  des  Verhaltens  des  Jugendamtes  in  diesem  Fall   ver- 
dient  Beachtung:  Sowohl  LJA  als  auch  Stadtjugendamt  Neumiinster  gingen 
nach  den  KLindigungen  umfassende  Informationen  Liber  die  entstandene 
Lage  im  Heim  zu  (von  Mitarbeitern,  dem  Lehrerteam  der  Jurjendlichen, 
Pi-esseverbffentlichungen  usw.),  aus  denen  hervorging,  daB  das  Wohl 
der  Jugendlichen  als  gefa'hrdet  angesehen  werden  muBte,  da  ihre  Be- 
treuung  nicht  mehr  gewahrleistet  war.  Die  Rmter  sahen  offensichtlich 
keinerlei  Grund  zum  Eingreifen. 

(Aus:  Dokumentation  Konflikt  "Haus  Faldera"/Dokumentation  Interessen- 
iertretung  der  Sozialbiirokratie) 

c)  Entlassungen  im  Madchenwohnheim  und  im  Kurs 
i> p reiwilliges  soziales  Jahr"  Fftn.-Bonames 

Das     Haus  wurde  Ende  der  flinfziger  Jahre  fur  jugendliche  DDR-Fllicht- 

linge  gebaut.  Ab  1964  war  darin  eine  Gruppe  "Freiwilliges  Soziales 

Jahr"   (FSJ)  untergebracht,  die  Mehrzahl   der  Zimtner  wurde  auf  Mietba-     65 


sis  mit  jungen  Angestellten,  Lehrlingen  usw.  belegt. 
Das  Heim  hat  58  Pla'tze  in  Doppelzimmern,  keine  Aufenthaltsraume, 
keinen  dnterrichtsraum  (der  Unterricht  fand  auf  Dielen  und  im  baupo- 
lizeilich  nicht  abgenommenen  Keller  statt),  sowie  eine  miserable  Aus- 
s  tat  tun  q     (Mobiliar,  sam'tare  Anlagen  usw.)  Planstellen  gibt  es  drei, 
davon  werden  nach  Mbglichkeit  nur  zwei  besetzt. 

Im  April  71  stellt  die  HGF  die  Soziologin  H.,  die  sich  praktische  Er- 
fahrungen  in  der  Jugendarbeit  aneignen  wollte,  zunachst  als   "Prakti- 
kantin"  ein.  Sie  sollte  sich  vorwiegend  um  den  Unterricht  der  FSJ- 
Gruppe  klimmern;  bei  der  Einstellung  wurde  ihr  zugesichert,  sie  kb'nne 
im  Heim  "emanzipatorisch"  arbeiten.  Dies  erwies  sich  als  von  Beginn 
an  unmoglich.  Zum  geringeren  Teil   lag  das  an  der  Person  der  Heimlei- 
terin  (ehemalige  Gau-Madel-FLihrerin),  zum  grb'Beren  an  der  allgemein 
personellen  Situation,  da  nur  zwei  Mitarbeiter  existieren. 
Dies  i st  in  vielen  IB-JSW-Heimen  liblich  und  bedeutet  bei   alterm'eren- 
dem  Dienst,  ohne  Dienstbesprechungen,  Urlaub,  Krankheit  U.S.,  daB 
monatlich  pro  Mitarbeiter  27  regelma'Bige  (unbezahlte)   (Jberstunden  an- 
fallen.   Fallt  ein  Mitarbeiter  aus,  muB  der  andere  seinen  Dienst  Liber- 
nehmen.  Urlaubsvertretungen  werden  von  der  HGF  nicht  gestellt.  Welche 
Qualitat  unter  diesen  Bedingungen  ,iede  padagogische  Arbeit  aufweisen 
muB,  dlirfte  klar  sein. 

Im  Februar  72  wurde  die  Heimleiterin  ausgewechselt  und  die  Verhaltm's- 
se  wurden  noch  miserabler.  Die  alte  Heimleiterin   (sie  war  zum  DRK 
iibergewechselt)  hatte  sich,  ungeachtet  ihrer  padagogischen  Ausrichtung 
und  sonstigen  Schwachen,  fur  das  Heim  "aufgeopfert".  Der  Neuen,  Frau 
K.,  die  Liber  keinerlei   padagogische  Ausbildung  verfligte,  mangelte  es 
nicht  nur  an  Qualification,  sondern  auch  an  Interesse  fur  die  Arbeit 
in  den  Bereichen  Padagogik,  Verwaltung  und     Hauswirtschaft.  Da  keine 
Verstandigung  zwischen  ihr  und  K.  mdglich  war,  richtete  H.  bald  stan- 
dige  schriftliche  und   telefonische  Beschwerden  an  den  Abtei  lungsleiter 
M.   und  die  Referentin  B.,  daB  K.   laufend  ihre  Dienstpflichten  verletze 
(Nichteinhalten  von  Dienstzeiten  und  Absprachen,  Verpflichtungen  usw.). 
Reaktionen  darauf  erfolgten  nicht. 

Im  FrUhjahr  72  wurde  die  Sozialarbeiterpraktikantin  Sch.  eingestellt, 
die  nach  kurzer  Zeit  aus  denselben  Gr'unden  wie  H.  in  heftige  Ausein- 
andersetzungen  mit  K.   geriet.  Diese  operierte  nachweislich  mit  Liigen 
und  Diffamierungen  gegen  die  beiden  Mitarbeiterinnen  und  spielte  auch 
die  Heimbewohnerinnen  (unter  denen  sich  mittlerweile  ca.   10  von  K. 
aufgenommene  schwer  gestbrte  FE-und  FEH-Falle  befanden)  insbesondere 
gegen  Sch.  aus.  Trotz  der  zahlreichen  Beschwerden  von  H.   und  Sch,,  de- 
ren  wahrheitsgehalt  jederzeit  zu  belegen  war,  reagierten  M.   und  B. 
mit  Beharrlichkei t  zugunsten  der  Heimleiterin  (die  beiden  anderen  Mit- 
arbeiterinnen hatten  kein  Verstandnis  fiir  sie,  gaben  sich  keine  Mu'he 
etc.)   und  verletzten  ihre  Fursorgepflicht  gegenliber  Heimbewohnern  und 
Mitarbeitern  permanent  in  grb'bster  Weise. 

Als  der  Abteilungsleiter  M.  nach  6  Monaten  Sch.   die  Kiindigung  naheleg- 


te     ging  diese  vbllig  entnervt  umgehend  darauf  ein.  Han  hatte  also 
indirekt  einer  Mitarbeiterin,  die  sich  geradezu  verzweifelt  gegen  die 
MiBstande  im  Haus  wehrte  (Rauschgift,   Prostitution,  Diebstahle,  Ver- 
wahrlosung)  die  Schuld  daran  zugeschoben. 

M.   akzeptierte  informell,  daB  H.   unter  den  gegebenen  Umstanden  nun 
jede  Verantwortung  innerhalb  des  Heimbetriebes  ablehnte  und  sich  auf 
die  Arbeit  mit  dem  "FSJ"  beschrankte.  Allerdings  entstanden  hier  neue 
Konflikte  mit  der  Abteilung. 

H     arbeitete  seit  Herbst  72  mit  drei  ehrenamtlichen  Teamern  in  der 
Bildungsarbeit  fur  das  "FSJ"  zusammen.  Die  von  ihr  erstellte  Konzep- 
tion  wurde  zwar  verbal    von  der  Abteilungsleitung  unterstiitzt;   als  die 
FSJ-TEilnehmer  (H.  hatte  zunehmend  auch  Jungen  aufgenommen,  die  im 
Heim  Oberursel  wohnen  muBten)  jedoch  begannen,  sich  bei  der  HGF  liber 
MiBstande  in  den  Heimen  zu  beschweren  und  einigen  Wirbel  entfachten, 
wurde  H.   angelastet,  daB  sie  dies  nicht  unterbinde.   Ihr  wurde  nahege- 
legt,  keine  Jungen,  die  besonders  aufrlihrerisch  seien,  mehr  aufzuneh- 
men.'lm  librigen  habe  sie  bei   Konflikten   (den  Jugendlichen  gegenliber) 
stets  die  Position  der  HGF  einzunehmen,  was  ihr  aufgrund  des  Geschil- 
derten  aber  nicht  moglich  war. 

Zum  1.8.73  wurde  die  Heimleiterin  in  das  Madchenwohnheim  der  Farbwer- 
ke  Hoechst  versetzt,  aber  keine  neue  Mitarbeiterin  eingestellt.  Zusam- 
men mit  zwei   per  Honorar  bezahlten  FSJ-Teilnehmern  versuchte  ab  Ende 
juli   H.  die  grobsten  MiBstande  im  Haus  zu  beseitigen   (Reparaturen , 
Renovierung,  Dreck,  Gerlimpel ;  die  Heimschllissel   liefen  im  Ort  um, 
allnachtlich  drangen  Fremde  ein  und  machten  Rabatz).  Am  17.9.   (H.  war 
ca     4  wochen  in  Urlaub  und  auf  Dienstreise  gewesen)  schickte  sie 
eiiien  Katalog  mit  Versaumnissen  der  letzten  1,5  Jahren  und  einer  Schil- 
derung  der  Ma'ngel   an  die  HGF.   In  der  folgenden  Nacht  wurde  die  vor- 
schriftsma'Big  untergebrachte  Heimkasse  geklaut. 

H     wurde  fristlos  wegen   "grob  fahrlassigem  Umgang  mit  der  Heimkasse 
und   fehlenden  Vertrauensverhaltnisses"  entlassen.   Im  Rahmen  der  Kiin- 
digung wurden  politische  Unterstellungen  sowohl   ihr  als  auch  den  Tea- 
mern  gegenliber  geauBert. 

In  einer  Stellungnahme  den  Heimbewohnern  gegenliber  erklarte  die  Ab- 
teilungsleitung: H.  sei  entlassen  worden,  weil   sie  die  Zustande  im 
Heim  verschuldet  habe.   Der  von  H.   angestrengte  ArbeitsqerichtsprozeB 
cinq  mit  der  weithin  liblichen  Vereinbarung  aus:  das  Jugendsozialwerk 
zahlt  eine  finanzielle  Abfindung  und  die  Klagerin  verzichtet  auf  eine 
Klage  auf  Wei  terbeschaftigung.  Die  Situation  im  Madchenwohnheim  bleibt 
weiterhin  unverantwortlich. 

(Aus:   Berichte  der  beiden  Entlassenen) 

d)   Kiindigung  von  2  Berufspraktikanten/  Diszipli.nierung  der  Hei 
hpwohner  im  Lehrlingswohnheim  Oberliederbach 


im- 


66 


Mach  den  Heimbewohnerkampfen  1969  in  Eschborn  und  Liederbach  b.  Ffm. 
ubertrugen  die  Farbwerke  Hoechst  (FWH)  das  Heim  dem  JSW  als  padago- 
qischem  Trager.  Das  Heim  besteht  aus  zwei  Hausern,  in  denen  bis  zu 
240  Lehrlinge  untergebracht  waren.  D' 


68 


Zwei  Sozialarbeiterpraktikanten  begannen  hier  am  15.9,73  und  am  1.10.73 
ihr  Jahrespraktikum.  Nach  eigenem  Bekunden  hatten  sie  keinerlei   Stra- 
tegic. Sie  wollten  ihr  Praktikum  ableisten  und  hielten  die  Suchaktio- 
nen  nach  "revolutiona'ren  Berufsperspektiven  im  Kapitalismus  flir  ein 
Relikt  kleinblirgerlicher  Illusionen  aus  der  Studentenbewegung" .   Der 
Konflikt  zwischen  Heimleitung>  (HL)   und  Heimbewohnern  (HB)  zwang  sie 
jedoch,  Partei  zu  ergreifen  entweder  fur  die  Seite  des  Heimleiters, 
der  Neutral i tat  in  Worten  und  Partei lichkeit  in  Taten  (flir  die  FWH) 
praktizierte  oder  flir  die  Seite  der  urn  ihre  Interessen  ka'mpfenden  Heim- 
bewohner. 

Vor  Beschaftigung  der  Praktikanten  hatte  es  seit  1969  laufend  Ausein- 
andersetzungen  zwischen  HL  (FWH  bzw.  JSW)  und  Bewohnern  gegeben; 
die  Lehrlinge  wehrten  sich  gegen  die     ausgeiibten   repressiven  MaBnah- 
men     (standige  Zimmerkon  troll  en,  in  den  Zimmern  durften  keine  Veran- 
derungen  vorgenommen  werden,  liber  die  HL  kontrollieren  die  FWH  auch 
den  Privatbereich  der  Lehrlinge,  Besuch   (insbesondere  von  Madchen)   war 
eingeschrankt  bzw.   unmbglich,  die  Heimbewohner  durften  keine  Diskus- 
sionsveranstaltungen  im  Heim  mit  sog.   "Linken"  durchfiihren) . 

Kurz  vor  Arbeitsbeginn  der  Praktikanten  war  alien  Lehrlingen  liber 
18  Jahren  von  der  FWH  mitgeteilt  worden,  daB  sie  in  absehbarer  Zeit 
das  Heim  verlassen  mliSten.  Die  tatsachliche  Ursache   (verschiedene 
andere  Grlinde  wurden  genannt)  daflir  diirfte  darin  liegen,  daB  die  liber 
18-jahrigen  sich  in  den  Auseinandersetzungen  am  heftigsten  fur  die 
Interessen  der  HB  einsetzten.   In  den  folgenden  zwei  Monaten  organi- 
sierten  die  HB  eine  Reihe  von  Aktionen  gegen  diese  MaBnahme  (Diskus- 
sions-  und  Informationsveranstaltungen).  Die  FWH  reagierten  daraufhin 
mit  disziplinaren  MaBnahmen  gegen  die  Lehrlinge  (Briefe  an  Eltern, 
Aktennotizen  und  Verweise,  Androhung  von  Nichtu'bernahme  nach  der  Leh- 
re  usw . ) . 

Von  Beginn  des  Praktikums  an  entstanden  Differenzen  zwischen  den  Prak- 
tikanten  und  der  HL,  da  die  beiden  in  Mitarbei  terbesprechungen  liber 
padagogische  Inhalte  diskutieren  bzw.  sie  verandern  wollten   (Isolie- 
rung  der  HB,  30  %  nehmen  Rauschgift),  wahrend  der  HL  lediglich  ar- 
beitsorganisatorische  Anweisungen  gab  (Dienstplan,  Schllisseldienst, 
Zimmerkontrollen  usw).  Die  Sozialarbei ter  L.   und  H.  forderten  u.a. 
die  Errichtung  von  zwei  Kommunikationsraumen  (wurde  teilweise  genehmigt 
und  begonnen),  haufigere  b'rtliche  und  zeitliche  Zusammenarbeit,  Pro- 
tokollierung  der  Mitarbei  terbesprechungen  usw.   Ihrer  Meinung  nach  wurde 
im  Heim  uberma'Big  vie!   kontrolliert,   verwaltet  und  organisiert,  an  den 
Bedurfnissen  der  Lehrlinge  orientierte  Arbeit  wurde  kaum  geleistet. 

Am  11.10.  beantragte  der  HL  bereits  die  Versetzung  eines  der  beiden 
Praktikanten,  wovon  er  sie  allerdings  nicht  unterrichtete.  Aus  diesem 
Grunde  fand  am  1.11.  eine  Personalbesprechung  mit  dem  Landesbeauftrag- 
ten  B.  statt,  jedoch  ohne  konkrete  Ergebnisse.  Am  7.11.  verteilten  L. 
und  H.  anla'Blich  einer  HB-Versammlung  ein  Info,  in  dem  sie  die  ihrer 
Meinung  nach  mangelhafte  Situation  im  Heim  beschrieben  und  ihre  Vor- 
schlage  zu  deren  Verbesserung  schilderten.  Dieses  Info  legte  der  HL 
am  8.11.  dem  JSW  vor,  das  beschlieBt  am  16.11.  eine  Personal debatte 
durchzufuhren  zwischen  dem  HL,  den  Praktikanten  und-diversen  Mitar- 
beitern  der  HGF.  Ab  sofort  wird  L.  und  H.  untersagt,  uber  Infos  mit 


den   HB  in  Kontakt  zu  treten.  Widersprliche  in  der  HL  hatten  nicht 
nach  auBen  zu  dringen. 

Nach  anfanglichem  Widerstand  durfte  ein  Vertreter  der  FHS  an  der 
Personal  debatte  teilnehmen.  Als  Ziel  der  Arbeit  im  Heim  wurde  von 
HGp-Vertretern  "kompensatorische  Arbeit"  im  Sinne  von  "den  Lehrlin- 
gen  einen  schb'nen  Feierabend  bereiten"  genannt.  Nach  vierstlindiger 
Debatte  uber  "Unstimmigkeiten  des  Berufspraktikums"  erging  folgender 
BeschluB:    Das  JSW  kb'nne  es  sich  nicht  leisten  zwei  Praktikanten,  die 
Mittwochnachmittag  wegen  Schulbesuch  fehlen  in  einer  Einrichtung  zu 
belassen.   Einer,  enal  wer,  m'usse  versetzt  werden.   Ein  Mitarbeiter  lieB 
durchblicken,  daB  man  mit  dieser  Versetzung  aus  "Dienstgrlinden"  dem 
Wunsch  der  FWH  nachkomme. 

Am   22.11.    verteilten  die  Praktikanten  ein  zweites   Info  mit  dem  Ergeb- 
nis   der  Personalbesprechung  unter  den  HB,  in  dem  sie  auch  darauf  hin- 
wiesen,   daB  dies  arbeitsrechtliche  Folgen  (Kijndigung)  haben  kdnne. 
Am   23.11.   teilten  sie  der  HGF  mit,  daB  keiner  von  ihnen   versetzt  wer- 
den wolle.  Am  24.  wurde  ihnen  fristlos  geklindigt  und  Hausverbot  er- 

iV  der  Folge  forderten  die  Lehrlinge  ihre  Wiedereinstel  lung;  weitere 
Infos   sowie  ein  Flugblatt  des  HL,   in  dem  er  nachweislich  unwahre  Be- 
hauptungen  uber  die  Praktikanten  verbreitete,  wurden  verteilt.   Der  Kon- 
flikt  geriet  in  die  Presse.  L.  und  H.   klagten  beim  Arbeitsgericht  und 
schlossen,  da  sie  laut  Richter  in  diesem  "politischen"  Konflikt  in 
hoherer  Instanz  keine  Chance  hatten,  den  so  beliebten  Vergleich  (Kun- 
digung  zum  31.1.74). 


(Aus: 


Dokunentation  Oberliederbach) 


FALL  6:   SOZIALPOTAGOGISCHE  SONDER^ASSNAHMEN  KDLN  E.V. 

HILFERUF!! 

FORTSCHRITTLICHER  TRRGER  DER  FREIEN 

JUGENDHILFE  VOR  VERBOT! 


Erziehungsheime  und  Erziehungsmethoden  in  der  BRD  richten  sich  immer 
noch  gegen     die  Interessen  der  Jugendlichen,  besonders  gegen  die  aus 
Arbeiterf ami  lien.  Sie  bedeuten  Einschlichterung,  Bedrohung  und  brin- 
aen  oft  soziale  Vernichtung,  wo  Ermutigung,  Schutz  und  Hilfe  nbtig 

Seit  4  Jahren  kampft  in  Kbln  der  SSK  gegen  diese  Zustande.  Die  Ver- 
haltm'sse  sind  bekannt,  kaum  einer  verteidigt  sie  noch,  doch  nur  we- 
niqe  kampfen  fiir  ihre  Veranderung.  Seit  4  Jahren  hat  der  SSK  mit  wach- 
sendem  Erfolg  die  Interessen  der  am  sch'a'rfsten  bedrohten  Gruppe  Ju- 
aendlicher  -  der  sogenannten  "STREUNER"  -  vertreten.  Trotz  2-jahrigem 
Vereinsverbot,  trotz  strafrechtlicher  Verfolgung  der  Mitglieder,  trotz 
Hetze,  behtirdlicher  Hilfeverweigerung  und  Schikanen  hat  der  SSK  sich 
durchgesetzt.   Im  Friihjahr  1^73      wurden  seine  Vorstellunqen  als  die 
richtigen  anerkannt  und  vom  Jugendamt  der  Stadt  Kb'ln  iibernonmen,  seine 
Konzeption  genehmigt  und  seine  Arbeit  offiziell  unterstiitzt. 
Es  wurde  eine  Vereinbarung  zwischen  der  Stadt  Kb'ln  und  dem  SSK  ge- 
trofferii  die  jedem  obdachlosen  Jugendlichen  das  Recht  auf  Hilfe  garan-  by 


tiert.  Der  SSK  darf  jeden  aufnehmen  und  braucht  keinen,  der  Schutz 
vsrlangt,  auszuliefern  an  Polizei,  Heime  oder  El  tern. 
Da  das  Elend  der  obdachlosen  Jugendlfchen  unliberschaubar  groB  ist, 
kamen  Jugendliche  in  Massen,  Der  Druck  auf  SSK  und  Stadt  Koln  wuchs. 

Der  SSK  ist  aber  nicht  bereit,  das  Problem  wieder  zu  verdrangen:   Er 
weist  keinen  ab  und  nimmt  jeden  Bedurftigen  auf.  Jetzt  wa'chst  das 
Problem  der  Stadt  Koln  liber  den  Kopf.  Die  riickschrittlichen  Krafte 
gewinnen  die  Oberhand  -  ein  SSK-Verbot  steht  vor  der  TUr:  angedroht 
vom  Kblner  Sozialdezernenten  im  Kb'lner  Stadtanzeiger  vom  29.9.73. 
Fur  250  Jugendliche  beim  SSK  ist  die  Zukunft  direkt  abgeschni  tten, 
fiir  andere  besteht  keine  Hoffnung  mehr  auf  Hilfe. 

WIR  BRAUCHEN  EURE  SOLIDARITY" 

Unsere  Gegner  miissen  sehen,  daS  wir  nicht  alleinstehen!  Nicht  Argu- 
mente,  nicht  unser  Einsatz,  nicht  unsere  Erfolge  in  der  Arbeit  las- 
sen  sie  zuriickschrecken. 

Schreibt  an:  Minister  fiir  Arbeit,  Gesundheit  und  Soziales,  4  Diisseldorf, 
Postfach  1734,  Sozialdezernent  Herrn  Kb'rner,  5  Koln   1,  Schaevenstr.    lb 
Schickt  uns  Belegexemplare! 

Protestiert  und  erklart  Eure  Unterstlitzung  fiir  den  SSK. 
Zeigt  ihnen,  daB  Ihr  uns  nicht  alleinlaBt.' 

Solidaritatspreis   fiir  die  Dokumentation:  DM  2.--. 

Konto:  Stadtsparkasse  Koln  66142951/  SSK  e.V.,  5  Koln,  Vorgebirgsstr .5 

(Ausfuhrlicher  Bericht  in  "links"   51,  Januar  1974) 


NACHTRAG: 


Am  4.2.1974  erhielten  wir  vom  SSK  die  Nachricht,  daS  der  Jugendwohl- 
fahrtsausschuB  am  11.2.1974  uber  seine  Forderungswiirdigkeit  entschei- 
de  n  wi  rd . 

Nach  den  seit  Monaten  gegen  die  Jugendlichen  und  den  SSK  laufenden 
Presse-  und  Polizeikampagnen  und  nachdem  der  SSK  die  Richtlinien  der 
Stadt  Koln  fiir  eine  Zusammenarbeit  abgelehnt  hat,  soil  nun  versucht 
werden,  durch  den  Entzug  der  Forderungswiirdigkeit  den  Verein  endgiiltig 
zu  liquidieren. 

Hier  ein  Auszug  aus  den  Richtlinien  liber  die  Zusammenarbeit  zwischen 
SSK  und  dem  Jugendamt  der  Stadt  Koln: 

"1.  Hinderjahrige,  die  beim  SSK  Aufnahme  finden,   sind  dem  Jugendamt 
Koln  sofort,  spatestens  jedoch  am  auf  den  Tag  der  Aufnahme  folgenden 
Werktag  zu  melden.  Die  Meldung  muB  schriftlich  mit  vol  1  standi  gen  An- 
gaben  zur  Person  erfolgen.  Das  Jugendamt  Koln  ten  It  den  Personensorge- 
verpflichteten  den  Aufenthalt  des  Minderjahrigen  in  Koln  mit  (§  31  AG- 
JW6),  Schulkinder  (bis   15  Jahren)     durfen  nicht  beim  SSK  verbl'eiben. 

70      2.   Nichtkb'lner  Minderja'hrige  kbnnen  hbchstens  bis  zu  5  Tagen,  vom 


Taae  ihrer  Aufnahme  beim  SSK  an  gerechnet,  beim  SSK  verbleiben,  tfor- 
aasaesetzt,  daS  die  Personensorgeverpflichteten  nicht  eine  sofortige 
Herausgabe  des  Minderjahrigen  verlangen  und  das  Wohl   des  Minderjahn- 
aen  nicht  gefa'hrdet  ist.  ..      . 

Der  SSK  hat  alles  zu  unterlassen,  was  eine  Herausgabe  des  Minderjann- 
aen  be-  und  verhindern  kbnnte. 

Die  Erstunterbringung  von  Minderjahrigen  beim  SSK  bis  zu  7  Tagen  darf 
nur  im  Kontaktzentrum  des  SSK  erfolgen. 


Ausia-ndische'Minderjahrige,  deren  Personensorgeverpflichteten  ihren 
stKndigen  Wohnsitz  nicht  in  der  BRD  haben,  durfen  nicht  beim  SSK  ver- 
bleiben. 

a  Stimmen  die  Personensorgeverpflichteten  und  das  Jugendamt  Koln  dem 
Verbleib  des  Minderjahrigen  beim  SSK  zu,  erstellen  ausschlieBlich  die 
sozlalpSdagoglschen  Fachkrafte  des  SSK  in  Zusammenarbeit  mit  dem  Mi n- 
Tfcr  i ah n qerf,'  'den  Personensorgeverpt  1 1 chteten  und  dem  Jugendamt  Koln 

innerhalb  von  14  Tagen einen  Hilfeplan  mit  Anamnese.  Diagnose, 

Prognose  und  Hilfembglichkeiten.  Der  Hilfeplan  bedarf  der  Zustiimung 
allpr  o.a.    Beteiliqten,  ,.  .  ... 

Der  SSK  1st  verpflichtet,  monatlich  schriftlich  die  Beteiligten  uber 
die  Durchflihrung  des  Hilfeplans  zu  unternchten. 

q     Alle  Gesprache  zwischen  SSK  und  Jugendamt  liber  den  Hilfevollzug 
sollen  in  der  Regel  mit  sozialpadagogischen  Fachkraften  des  SSK  ge- 
fiihrt  werden, 

Die  Regelungen  6-8  beinhalten  die  Unterstiitzungsmodi  fur  die  unterge- 
brachten  Jugendlichen. 

q      Rei    Nichtbeachtung  der  Verfahrensrichtlinien  werden  Zahlungen  des 
jugendamtes  Koln  an  den  SSK  im  Einzelfall   eingestellt. 

in  Sachbeschadigungen,  die  von  Minderjahrigen,  die  in  der  Betreuung 
Kl.bacr.ue  airMden  Rguinen  des  Jugendamtes  und  semen  Einnchtun- 

£  SJerlStet  werden,  werden  mit  den  Kosten,  die  an  den  SSK  gezahlt 
werden,  verrechnet." 

n»r  SSK  ware  ein  braves  Kind  der  Jugendamtsbehbrden     wenn  er  z.B. ein 
°    -c=pnJhaftliches  Modell"  mit  40  obdachlosen  Jugendlichen  aus  Koln 
2211  wSrde!  oSwohl  bekannt  ist,  daB  in  Koln  2  000  obdachlcse  Jugend- 
Tirhe  illeaa     am  Rande  ihrer  Existenz  und  am  Rande  der  Kriminalitat 
1  .Oder  wenn  der  SSK  sich  weigern  wurde,  auslandische  Jugendli- 

\t     deren  Eltern  nicht  in  der  BRD  leben,  aufzunehmen  -  oder  wenn  er 
i^ute  Uber  21  Oahren,  deren  Probleme  durch  Erfahrungen  mit  Erziehungs- 
u el  nder  Elternhauser  sich  derart  angestaut  haben,  daB  sie  selbst 
TilTe  Probleme  nicht  allein  auf  sich  gestellt  Ibsen  kbnnen     ebenfalls 
aufn  mmt  -  oder  wenn  er  Jugendliche  aus  anderen  Stadten  aller- 
^rhstens  5  Tage  aufnehmen  wurde  -  Oder  wenn  er  z.B.  ein  Riahnges 
M^Hchen  abwe  sen  wurde,  das  noch  nicht  das  von  Sozialdezernent  Korner 
Stgese  zte  Aufnahmealter  von  15  Jahren  erreicht  hat    obwohl  es  Er- 
fahrSngen  gemacht  hat,  die  welt  uber  seiner  Altersstufe  Hegen,  well 
es  monatelang  auf  den  "Strich"  geprugelt  wurde. 


71 


Der  SSK  weigert  sich,  die  neuen  diktierten  Richtlinien  des  Jugendamtes 

anzuerkennen. 

Es  sirid  Richtlinien  fiir  die  van  Jugendamt  konzipierte  Padagogik  - 

einer  Padagogik  der  Gewalt. 

Die  Praxis  des  Jugendamtes  und  der  Polizei  beweist  es: 

Seit  Wochen  und  Monaten  laufen  Presse-  und  Polizeikampagnen  gegen  die 
Jugendlichen  und  den  SSK.  Seit  vergangener  Woche  leben  die  Jugendli- 
chen  des  SSK  in  standi ger  Angst:   am  1.2.74  drangen  gegen  6.00  Uhr  ca 
40  Polizisten  ins  "Hotel  Astor"  um  2  Madchen  herauszuholen,  danach 
runren  sie  zum  Kontaktzentrum  in  der  VorgebirgsstraBe,  um  ein  weite- 
res  Madchen  wegzubringen.   Bei  diesem  Einsatz  traten  die  Beamten  Turen 
ein  und  miBhandelten  Jugendliche,  die  nur  nach  dem  Grund  der  Polizei- 
aktion  fragten.  AuBer  Dhrfeigen  bekamen  die  Jugendlichen  darauf  zur 
Antwort:  "Wir  kommen  Euch  jetzt  b'fters  morgens  wecken."  Das  ist  nur 
ein  Beispiel   von  vielen. 

Durch  den  Entzug  der  Fb'rderungswiirdigkeit  soil  der  SSK  liquidiert, 
das  Problem  der  "Streuner",  das  der  Stadt  Liber  den  Kopf  gewachsen  ist 
wieder  in  den  polizei-staatlichen  Griff  bekommen  werden.  Doch  der  SSK* 
la'Bt  sich  nicht  allein  durch  den  Entzug  finanzieller  Mittel  kaputt 

machen. 

Genossen,  wir  brauchen  dringend  Eure  Solidaritat  und  l/nterstijtzung: 

Protestiert  und  schickt  Eure  Solidaritatsadressen  an  den  Jugendwohl- 
fahrtsausschuB  der  Stadt  Kb'ln,  5  Kbln  1,  Schaevenstr.   1  b. 

(Aus:  Flugblatt  des  SSK) 


NACHRICHTEN/TERMINE 


REIHE  BETRIEB  UND  GEWERKSCHAFTEN 

Politisches  Ende  der  EVA? 

Dokumentation  zum  Medienverstandnis  der  Gewerkschaften 


Im  Herbst  1973  entschieden  die  Vorsitzenden  verschiedener  Einzel- 
gewerkschaften  und  die  Bank  fiir  Gemeinwirtschaft  als  Gesellschaf- 
ter  der  Europaischen  Verlagsanstalt  (EVA),  das  Unternehmen  in 
Frankfurt  zu  schlieBen  und  zum  1.  Januar  1974  -  bei  Beibehaltung 
seiner  formal rechtlichen  Selbstandigkeit  -  in  den  ebenfalls  ge- 
werkschaftseigenen  Bund-Verlag  zu  integrieren.  Die  Hintergrunde 
dieses  Beschlusses  blieben  bis  heute  weitgehend  unbekannt.  Die 
Dokumentation  versucht,  die  wesentlichsten  Etappen,  die  zum  Ende 
der  EVA  als  eigenstandigem  Verlag  fuhrten,  nachzuzeichnen. 

40  Seiten,  broschiert,  DM  3.— 

Verlag  2ooo  GmbH,  6o5  Offenbach  4,  Postfach  591 


Alfons 


J 


1,    aus:   Frankfurter  Rundschau  v.   10.1.1973 


Sozialarbeiter  dlirfen  schweigen 

STUTTGART,  9.  Januar  (epd).  Die  Erweiterung  des  Zeugnisverweigerungs- 
rechtes  auf  Sozialarbeiter  im  Rahmen  der  Strafrechtsreform  diirfte 
noch   in  dieser  Legislaturperiode  Gesetzeskraft  erlangen,   teilte  der 
parUmentarische  Staatssekretar  im  Bundesjustizministerium,  *'•••■--• 
Bayer! ,  der  "Diakonischen  Korrespondenz"  in  Stuttgart  mit. 

Die   kleine  Notiz  in  der  Frankfurter  Rundschau  diirfte  bei   vielen  So- 
zialarbeitern  Erleichterung  und    ein"Na  endlich"  hervorgerufen  haben. 
Vor     Illusionen  muB  aber  gewarnt  werden>  das  was  sich  die  Sozialar- 
beiter mit  dem  Zeuqnisverweigerungsrecht  erhoffen,  namlich  nicht  mehr 
gegen  die  Interessen  ihres"Klientels"  vor  Gerichten  und  Staatsanwalt- 
schaften  aussagen  zu  mlissen,  wird  sich  nicht  erfiillen. 
Im  Entwurf  zum  2.  StVRG  v.  Oktober  1973: 

"Der  Bundestag  hat  das  folgende  Gesetz  beschlossen: 
Artikel    1 

Rnderung  der  StrafprozeBordnung 
Die  StrafprozeBordnung  wird  wie  folgt  geandert: 
1      §  53  wird  wie  folgt  geandert: 

In  §  53  Abs.   1  wird  nach  der  Ziffer  3  folgende  Ziffer  3  a  eingefligt: 
»3  a     staatlich  anerkannte  Sozialarbeiter  und  staatlich  anerkannte 
Sozialpadagogen  Liber  das,  was  ihnen  in  dieser  Eigenschaft  anvertraut 
oder  bekanntgeworden  ist,  es  sei   denn,  daB  sie  die  Kenntnis  von  die- 
sen  Tatsachen  in  Ausubung  ihrer  beruflichen  Tatigkeit  fiir  ein  Gericht 
oder  eine  Staatsanwaltschaft  (oder  eine  Behbrde)  erlangt  haben,". 

wird  zwar  der  Sozialarbeiter  in  den  Kreis  der  Zeugnisverweigerungsbe- 

rechtigten  einbezogen,  aber  durch  den  folgenden  Nebensatz  wird  die 

Finbeziehung  faktisch  wieder  aufgehoben. 

Das  Rechtsreferat  (IA)  des  Senat-s  fiir  Familie,  Jugend  und  Sport, 

Berlin  empfiehlt  zwar  dem  "Senat  Justiz  mit  Schreiben  vom  13.11.73 

dafiir  einzutreten,  daB  die  in  dem  Entwurf  zur  Einf'u'hrung  der  Ziffer 

3  a  in  §  53  Abs.   1  die  in  Klamner  aufgenommenen  Worte  "oder  eine 

Behbrde"  nicht  in  den  Gesetzentwurf  zu  ubernehmen,  da  andemfalls 

das  Zeugnisverweigerungs-Recht  fur  die  meisten  Sozialarbeiter  entfal- 

ien  und  der  Zweck  des  Gesetzes  nicht  erreicht  werden  wiirde."  Aber  auch 

diese  kleine  Korrektur  wird  an  der  Funktion  der  Sozialarbeiter,  die 

sie  im  Interesse  der  Sozialbiirokratie  wahrzunehmen  haben,  nichts 

andern.  Das  geplante  verscharfte  Dienstrecht  (Genscher-Reform  zun  __ 

Dffentiichen  Dienst)  macht  dies  ganz  deutlich.  '« 


Per  BDP  im  Bund  Demokratlscher  Jugend  gibt  MATERIALIEN 
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kussion  und  der  Auseinandersetzungen  in  der  Jugend- 
zentrumsbewegung  und  belegt  das  mit  Beispielen  aus 
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4/5   IMPERIALISMUS  UND  WELTPFADFINDERTUM  -  96  Seiten 

Preis:  DM  3,— 
Das  Heft  dokumentiert  den  imperialistischen  Charakter 
der  Weltpfadf inderbewegung  in  der  Theorie  und  Praxis 
u.a.  der  Lander  Griechenland,  Chile,  USA,  BRD. 

6    KLEINBURGERTUM  -  MITTELSCHICHT  -  NEUE  MITTEL- 


KLASSE 


-  56   Seiten  -  Preis:  DM  2.80 


Diskussionsbeitrage 
Das   Heft  enthalt   Beitrage  der   Klassiker  und  moderner 
Autoren,   die  sich  fur  Schulungsseminare  zum  Thema 
Kleinbiirgertum  eignen. 

In  Vorbereitung  sind: 

•Theaterarbeit  mit  Lehrlingen.    Theorie  und  Praxis 
proletarischer  Kulturarbeit. 

•Kinderarbeit.   Modelle  der   Kinderarbeit   und  deren 
theoretische  Ableitung. 

•X.    Weltf estspiele  der   Jugend  und    Studenten  -   Auswertung 
Auswertung 

•Politische  Bildung  mit   Hauptschulern 

•Emanzipation  durch  politische  Bildung?    (Broschuren- 
nachdruck  Hess.    Jugendring) 

•Xexte  zur     Jugendsoziologie 

Abonnementpreis   fiir  6   Hefte   inkl.    Porto       DM   15,  — . 

Einzelpreise  von  DM  2, —  bis  DM  3,50,   ab   10  Hefte 

10%  NachlaB. 

Bestellungen  an  Bund  Deutscher  Pfadfinder, 

6000  Frankfurt    (M)   90.    Hamburger  Allee  47. 


2.  aus:   Frankfurter  Rundschau  v.  10.1.1973 

KEINE  SOZIALHILFE  FOR  DEM  "UNTERMIETER" 

Weil  er  und  seine  Braut  Vie  Eheleute  aus  einem  Topf  wirtschaften", 
hat  die  Stadt  einem  Fursorgeempfa'nger  zu  Recht  die  Sozialhilfe  ver- 
ringert.  Das  entschied  das  Verwaltungsgericht,  wo  der  Mann  die  Kiir- 
zung  anfocht. 

Der  abgewiesene  Kla'ger  Juan  Manuel   P.  ist  staatenlos,  kann  krankheits- 
halber  nicht  arbeiten  und  lebt  in  der  Wohnung  der  Braut  als  deren 
"Unter-mieter".  Vom  Sozialamt  wurde  er  zuna'chst  mit  dem  Regelsatz  fur 
einen  Haushaltsvorstand  unterstu'tzt.  Als  es  dahinter  kam,  dal3  er 
mit  der  Braut  zusammen  wirtschaftet,  bekam  er  nur  noch  denRegelsatz 
fur  einen  Haushaltsangehorigen,  und  zwar  148  statt  friiher  185  Mark. 
Bis    hin  zu  Teller  ,  Besteck  und  einem  Spirituskocher  forschte  das  Ge- 
richt  nun     in  aller  Ausfuhrli'chkeit,  wie  es  in  diesem  Haushalt  zugeht 
und  Juan  Manuel  P.  sich  bekb'stigt.   Er  und  seine  Braut  Anita  M.   ver- 
sicherten,  daB  sie  strikt  getrennte  Haushalte  f'u'hren  und  er  sich  selbst 
koche.  Dem  stand  aber  der  Bericht  eines  Sozialarbeiters  entgegen, 
dem  das   Paar  bei  einem  Besuch  arglos  erza'hlt  hatte,  da8  die  Partne- 
rin    ftir  beide  koche,  weil  man  dabei   bi  lliger  wegkomme. 
Dies  schien  dem  Gericht  "eher  der  Wahrheit  zu  entsprechen"  als  die 
heutigen  Erkla'rungen  der  Verlobten  "unter  dem  Eindruck  der  zwischen- 
zeitlich  erfolgten  KUrzung".  DaS  der  Kla'ger  gelegentlich,  bei  berufs- 
bedingter  Abwesenheit  der  Braut,  allein  esse,  andere  nichts  an  dem 
Erqebnis,  daB  hier  eine  "ehea'hnliche  Gemeinschaft"  bestehe. 
Die  Stadt  hatte  auf  das  Bundessozialhi lfegesetz  verwiesen.  wonach  Per- 
sonen   in  einer  "eheahnlichen  Gemeinschaft"  bei  der  FLirsorge  nicht  bes- 
ser  stehen  d'urfen  als  Eheleute.   Kulanterweise  habe  sie     nicht  auf  das 
Einkommen  der  Braut  abgestellt.  Als  weitere  Sozialhilfe  erhalt  Juan 
Manuel   P.    160  Mark  fur  die  Untermiete.    (Az.:   Ill   2  E  116/72)         he. 

3#    Treffen  der  Knast-Gruppen 

In  Anbetracht  der  sich  standi g  verscharfenden  Verfolgung  und  Diskri- 
ninierung  von     Gruppen,  die  sich  urn  Gefangene  kummern,  halten  wi r  es 
fiir  sinnvoll,  ein   iiberregionales  Treffen  einzuberufen.  Auf  dnesem 
coll   zur  einen  besprochen  werden,  wie  wir  uns  gegen  die  steigenden 
Verleumdungen   und  Angriffe  durehs  Justizministeri  urn  und  die  Anstalts- 
leitungen  zur  Wehr  setzen  konnen  und  zum  anderen,  welche  gemennsamen 
Aktionsmoglichkeiten  fur  uns  bestehen.   Es  gibt  sicherlich  viele  Pro- 
hleme     die  liberal!   gleich  sind  und  deren  Lbsung  effektiver  ware,  wenn 
efe  nicht  nur  im  lokalen,  sondern  im  liberregionalen  Rahmen  diskutiert 
wiirden     Das  Treffen  soil  am  23. /24. 2. 1974  in  MLmchen  stattfinden, 
^amstaq   11   Uhr,  Treffpunkt  Burggrafenstr.  4,  Anmeldung  an  nachfolgen- 
de  Anschrift:  Soziales  Selbsthilfekomitee/Knastgruppe,  8  llunchen  80, 
Burggrafenstr.  4. 

4_   Emanzipations -Seminar 

Vom  12.4.   (Karfreitag)  bis  15.4.1974  findet  in  der  Uni versitat  Frank- 
furt  das'zweite  iiberregionale  April-Seminar  "Emanzipation  und  politi-    'O 


scher  Kampf"  statt.  Das  Seminar  beginnt  urn  14  Uhr  mit  einem  Teach-in 
und  wird  dann  in  verschiedenen  Arbeitskreisen  fortgefiihrt.  Zur  Vorbe- 
reitung  des  Seminars  wird  Anfang  Ma'rz  eine  Broschure  erscheinen,  die 
u.a.  auch  das  wichtigste  aus  dem  (vergriffenen)  Protokoll  des  ersten 
Seminars  wiedergibt.  Die  Broschure  ist  nach  Erscheinen  iiber  den  linker, 
Buchhandel  erhaltlich.  Genossen  aus  der  Provinz  kb'nnen  die  Broschure 
gegen  Voreinsendung  von  DM  5.—  liber  die  Kontaktadresse  beziehen: 
Heinz  Funke,  6  Frankfurt,  Marquardstr.  6. 


SOZIALISTISCHE  AKTION 
JUGENDHILFETAG  HAMBURG 


Nachstes   Vorbereitungstref f en 
26.  -  28.  April  1974  in  Hamburg 

Anmeldungen: 

Info   Sozialarbeit 

im   Sozialistischen   Biiro 

6o5    Offenbach   4,    Postfach   591 


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INFORMATIONSDIENST  ARBEITERBILDUNG 

Dieser  Informationsdienst  ist  fur  Sozialisten  in  der  Bildunqs- 
arbeit,  m  den  Gewerkschaften,  in  den  Volkshochschulen,  an 
Hildungsstatten,  in  Jugendverbanden,  Jugendgruppen  und  politi- 
schen  Gruppen.  "  ?*><- 

Einzelpreis  DM  3.  —  ,  Jahresabonnement  DM  lo.-- 
Verlag  2ooo  GmbH,  6o5  Offenbach  4,  Postfach  591 


MATERIALMEN 


1 . )   Dokumentation  Uber  das  "Arbei terj ugendzen trum" ,  die  Brackweder 
Hausbesetzung  und  die  Bewegung  urn  das  ajz..  trna'ltlich  bei: 
Jugendlokal  Johannislust,  48  Bielefeld,  Kochstr.  12 

2.)   Dokumentation:  -  SSK  yom  Verbot  bedroht  - 
SiJK.,   b  koln    I,  Vorgebirgstr.   5 

3#  )   Schriftenreihe  Humanes  Wohnen 

Material    I  Wohngruppenpiattrorm  1973  DM  l.~ 
"  2  GroBfamilie-Wohngemeinschaft-Koiumune. 

(Vortrag  v.   P.  Bruckner  14.2.73)  DM  1.50 
"  3  Literaturliste:  Familie,  Wohnen,  Gruppe     DM  -.50 

"  7  Formen  kollektiver  Erwachsenenbildung  in  Danemark  DM  1.50 

zu  beziehen  gegen  Materialpreis  +  Porto  in  Briefmarken  voraus  bei: 
Humanes  Wohnen  e.V.,  2  Hamburg  67,  Buckhorn  3  Organisation 
Hamburger  Wohngruppen 

4  )    Informationsdienst  Burgerinitiativen 

Herausgeber:  AKB,  fa  rt'm.,  Wittelsbacherallee  60 

5  )   Bericht  iiber  die  Entwicklung  und  Arbeit  des  SPAK  Konstanz  mit 

besonderer  Berucksichtigung  der  vom  Arbeitskreis  getragenen  Wohn- 

gemeinschaft: 

SPAK  775  Konstanz,  Neuhauserstr.   12 

6  )   Journal  G  i  Dokumentationen  zu  Problemen  auslandischer  Arbei tnehmer 

Heft   I:  Uerichte  zum  Thema:   Poll  tik/ukonomie,  Aus  landerrecht, 

Betriebe,  Kirchen,  Schulen 

Heft  2:  Politik/Okonomie.Kriminalitat,  Schulen,  Sozialpoli tik, 

Kirchen 

Heft  3:  Selbstverwaltung  im  kommunalen  Bereich 

zu  beziehen  bei:   Kulturkomitee  flir  auslandische  Arbeitnehmer 

7  000  Stuttgart  1,  Schlosserstr.  36 

7  )  Theoretisches  Konzept  einer  sozialistischen  Jugendarbeit 

'-  Zur  Situation  der  Lehrlinge  u.  Jungarbeiter  in  hami  lie  u.  Frei- 

zeit  - 

zu  beziehen  bei  Rainer  Steffen,  1  Berlin  65,  Martin-Opitz-Str.  5 

g#)  Schulungsmaterial  in  der  Reihe  "Materialien  der  AG  SPAK"  ist  die 
Mate'r'ialmappe  in  15,  Zur  Funktion  der  Sozialarbeit  erschienen, 
Weiterhin  sind  noch  lieferbar:  m  9  Marxismus  und  Psychoanalyse 

-  m  10  Zur  Staats-  und  Rechtsttieorie  -  m  11  Zur  Vorschulerziehung 

-  m  13  Transkulturelle  Psychologic  -  m  14  Zur  Obdachlosigkeit  -       It 


78 


m  16  Zur  Fiirsorgeerziehung.   Informationen  liber  Arbei tsgemein- 
schaft  Sozialpolitischer  Arbei tskreise,  Bundesgeschaftsstelle, 
8  Munchen  15,  Postfach.  Lieferung  nach  Oberweisung  von  je 
3.-  DM  auf  Postscheckkonto  Munchen  20547-808. 

9-)   Pol-itischer  Ka lender  74  Posterformat  DIN  A  2,   24  Blatter,  DM  8.- 
Hrbiwiruppen-Frodukti on  Berlin.  Grafiken,  Fotos,  Montagen,  Doku- 
mente.   Therna:  Gewalt  von  oben,  Gegenwehr  von  unten.  An  Beispie- 
len:   Lehrlingsausbi Idung  ,  Kindererziehung,  Gastarbeiter,  Straf- 
vollzug,  Stadtsam'erung,  Urnweltzerstb'rung  u.a.   Bestellungen  an: 
Prolit-Buchvertn'eb,  53  GieBen,  Steinstr.   37,  oder  Spartakus- 
Vertrieb,  2  Hamburg,  Von  Melle  Park  17. 

10.)"links",  Jahrgang  1973  Die  Ausgaben  40-50  "links"   (Jahrgang  73) 
sind  geDunaen  erhalt  nch  zum  Preis  von  DM  25,-  gegen  Vorausrech- 
nung.  Der  Preis  setzt  sich  zusammen  aus  den  Jahresabonnements- 
geblihren  von  DM  15.-  und  DM  10.-  fur  Einbindekosten .  Lieferbar 
ab  10.  Dezember.  Verlag  2000  GmbH.,  605  Offenbach  4,  Postfach  591. 

11QTKING 

Zeitschrift  zur  Praxis  und  Theorie  fortschri ttlicher  Jugendarbeit 
Heft  1/2  -  Zur  Praxis  fortschri ttlicher  Jugendarbeit  (Gruppenar- 
beit-Entscheidungsspiel-Jugendzentren-Bravo-Analyse) 

-  Zur  Theorie  der  Jugendarbeit  (Thesen  Liber  sozial  .Jugendarbeit, 
Sexualpadagogik.  Disziplinierung  durch  den  Bundesjugendplan) 

-  Materialien,  Tips,  Praxishilfen 

THING  erscheint  viermal   im  Jahr  und  kostet  1m  Abo.  mind.  DM  7.50/ 

Einzelheft  DM  1.50,  Doppelheft  DM  2.— 

Redaktion:  H.  Schulz,   1  Berlin  47,  Neukbl  Inerstr.   216 

12.)Wir  bieten  unsere  Arbei tsmateri alien  von  den  Projektbereichen 
Auslandische  Arbei ter  und  Dritte  Welt  an.  Material  li  ste  kostenlos 
auf  Anforderung  Bel   Arbei  tsgemeinschaft  der  Katholischen  Studen- 
ten-  und  Hochschulgemeinden,  53  Bonn,  Rheinweg  34. 

13.)Die  Sozialistische  Basisgruppe  Medizin  Munster  hat  zur  Kritik  der 
medizinischen  Soziologie  eine  Broschlire  verbffentlicht.  Sie  be- 
taBt  sich  u.a.  mit:  Krankheit  im  Verhaltnis  von  Gesellschaft  und 
Natur;  Organisatorische  Bewa'ltigung  von  Krankheit;   Kritik  des 
Lernzielkatalogs  medizinischer  Soziologie;  Politische  Einschatzung 
der  medizimschen  Soziologie.   Bestellungen   (DM  0,60  in  Briefmar- 
ken  beilegen):   E.  Holstiege,   44  Munster,  Eifelstr.    12. 

14-)"K"ast'',  Zeitung  der  Knastgruppe  des  Sozialen  Selbsthilfe-K-omitees, 
8  Munchen  80,  Burggrafenstr.  4   (Mr.    1    und  2/3  gegen  DM  2.50  in 
Briefmarken). 

15.) "Psycho-Info".  Informationsdienst  des  Projektbereichs  "Psychisch 
Kranke"  der  Arbei tsgemeinschaft  Sozialpolitischer  Arbeitskreise, 
8  Munchen  15,  Postfach   (Info  3  gegen  DM  1.--  in  Briefmarken). 

16.)Aktuelle  Broschlire  zu  den  Prozessen  in  Spanien  u'ber  Wolfgang  Kroner, 
8  Munchen  80,  Postfach  801027  (DM  0,60  Tn  Briefmarken  beilegen). 


17.)Wir  brauchen  dringend  aufgearbeitetes  Material   liber  die  "Neue  Heimat" 
und  liber  die  "Niedersa'chsiche  Heimst'a'tte" .  Schickt  es  bitte  an  " 

Aktionsgruppe  zur  Wohnungsfrage,  34  Gottingen,  Mikolausbergerweg  9 
(AS tA-Uni  -Sozial  referat ) . 

18.) Broschlire  "Opel   streikt"  -  Ausbeutung  und  Kamofe  bei  Opel   1973. 

Behandelt  wird:  Streik  1973,  Politische  Organ isationen  beim  Streik, 
Kampf  gegen  Entlassungen;  Opel/General  Motors,  Oberproduktions- 
Krise;  Profitanalyse;  Lohn;  Gewerkschaftliche  Auseinandersetzungen; 
SPD  und  Staatsorgane  u.a.  200  Seiten,  EinschlieBli ch  Versandkosten 
DM  5.--  (in  Briefmarken  beilegen):   Projektgruppe  Ruhrgebietsanalyse 
463  Bochum,  Lennershofstr.   66/8. 

19    )Kurzdokumentation  "Wir  vom  Tommy  Heissbecker  Haus"   (gegen  DM  1.- 
■in  Briefmarken):  Weissbecker-Haus,    I  Berlin  bl,  wilhelmstr.  9. 

20.)Nachrichtendienst  der  Gefangenenrate.  Pressedienst  und  Kommunika- 
tionstitel  der  Gefa'ngnisbewegung.  Texte  von  einzelnen  Gefangenenra- 
te n   und  Gruppen  von  Gefangenen  in  den  Anstalten,  Internationale 
Nachrichten  der  Gefangnisbewegung,  Berichte  aus  den  Gefa'ngnissen, 
Psychiatrischen  Anstalten  und  Flirsorgeanstalten  der  BRD, 
Abonnement  bei  Vorauszahlung  fur  3  Nummern  DM  6.--.  Gefangenenrat 
Frankfurt,   c/o  Bliro  Goller,  6  Frankfurt,  Glauburgstr.   75  a. 

21  . )Interessenvertretung  der  Sozialburokratie 

auf'gezeigt  am  Beispiel  der  LrziehungsDeratungsstelle  und  der 
schwarzen  Liste. gegen  Vorauszahlung  von  DM  5.- 
JUrgen  Hargens  235  Neumiinster,  Wasbekerstr.   190 

22.  )AMOS-Kritische  Blatter  aus  Westfalen   - 
Heft  Uezember   19/3 
Inhalt:   Protokoll  des  Amos-Gespr'a'chs  zum  Thema:  Jugendarbeit 

Zu  den  Streiks  im  Herbst  1973 

ProzeB  gegen  Pastor  Martin  Schrbter  etc. 
zu  beziehen  bei:  Amos,  463  Bochum  ,  Lennershofstr.  66     B  8 

23  V'Rote  Rube"  -  Lehrerzeitung  der  Projektgruppe  Berufspraxis  des 

Lehrers   (BBL)  Aachen,  tinzelversand  liber  Buchladen  Babula,  51  Aachen, 
Pontstr.   133  (DM  1.—  in  Briefmarken  beilegen). 

24  )Der  Bund  Deutscher  Pfadfinder  bringt  eine  neue  Reihe  "Materialien 

zur  Theorie  und  Praxis  demokratischer  Jugendarbeit"  heraus.   Zur 
Zeit  liegen  folgende  Hefte  vor:  Jugendzentren,    uu  Seiten,  DM  3.50; 
Imperialismus  und  Weltpfadfindertum,   96  Seiten,  DM  3.-;  Kleinbur- 
gertum  -  Mittelschicht  -  Neue  Mittelklasse,  56  Seiten,  DM  2.80. 
Weitere  Informationen  liber  die  Reihe  und  Bezugsadresse:  Bund 
Deutscher  Pfadfinder  im  Bund  Demokratischer  Jugend,  6  Frankfurt  90, 
Hamburger  Allee  47. 

25  )Die  vom  AStA-Auslandreferat  der  Uni  Heidelberg  zusammengestellte 

Dokumentation  zur  Auswei sung  von  Karen  S.  Bixler  (siehe  "links" 
Nr.  50)  ist  erhaltlich  liber  Buchhandlung  Burkhard,  69  Heidelberg, 
Marstallstr.  11  a.  79 


26.)Neues  Forum  Heft  240/Dezember  1973: 

Getangms:  staat  der  bewalt    ' 

Inhalt:  u.a.  Theorie  der  Gefa'ngnisarchitektur 

Jugend  in  Kaisheim-Dokumente 

Herz-  u,  Hirnwasche-Beschreibung  v.   Isolationser- 

scheinungen 

Sozi'ale  Isolation  und  sensorischeDeDrivation 

Politische  Gefangene  in  der  BRD 

Literaturhinweise 
zu  beziehen:  u'ber  Buchhandlungen 

27. )H  E  Z  (berliner  heimerzieher  zeitschrift)  Nr.   15  ist  erschienen: 
Inhalt:  Senat  disziplim'ert  Heime,  Kindersexuali tat  im  Heim  u.a 
Bezug:  HEZ-1  Berlin  61,  Urbanstr.   126  Flur  Preis:  DM  1.50. 


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ZUR  REIHE  PLAKAT-BAUERNVERLAG 


Trotz  der  grolien  Zahl  linker  Kleinverlage  und 
des  Interesses  burgerlicher  Verlage  fur  linke 
Literatur  existiert  ein  Mangel  an  Veroffent- 
lichungen  iiber  die  Agrarfrage.  Landgugendli- 
ahe,  oppositionelle  Bauern,  Landwirtsohafts- 
studenten,   aber  auoh  Lehrer  auf  dem  Lande  mus- 
sen  viel  Geld  und  Zeit  einsetzen,   urn  an  die 
wenigen  Arbeiten  zur  Agrarfrage  heranzukommen. 
Hier  setzen  wir  an, 

Bisher  sind  erschienen: 

Heft  1,   Hamza  Alavi: 

Theorie  der  Bauernr evolution 

7o  Seiten,   brosehiert,   DM  4. — 

Heft  2,   Emit  Rechtziegler: 

Westdeutsche  Landwirtsahaft  im  Spatkapitalismus 

12o  Seiten,  brosehiert,  DM  5. — 

Heft  3,  Arbeitskreis  Agrarpolitik : 

Bauer  was  nun?  Beitrage  zur  Agrarfrage  in  der  BRD 

8o  Seiten,   brosehiert,  DM  4.  — 

Heft  4,  Max  Kemper: 

Marxiamu8  und  Landwirtsahaft 

112  Seiten,   brosehiert,   DM  5. — 

Verlag  2ooo  GmbH,    6o5  Offenbach  4,   Postfach  591 


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FHS -Student  sucht  fiir  seine  Examensarbeit  Kontakte,  Materialien  u. 

Literatur  zum  Thema:  Sozialarbeit  im  Betrieb 

Thomas  Schwarz  4  Diisseldorf,  Binterimstr.  34 

FHS-Student  sucht  Materialien/Stellungnahmen  zum  Zeugnisverweigerungs- 

"recFTE 

H   -Joachim  Ferber  433  Mulheim,  Zechenbahn81 

FHS-Student  sucht  fiir  seine  Examensarbeit  Kontakte,  Materialien, 

Tfteratur  zum  Thema:   "Antikapitalistische  Jugendarbeit"  -  Unterschie- 

de   zwischen  burgerlicher  u.  proletarischer  Jugendarbeit 

Alfred  Buchele  7411   Ohnastetten,  Kohlstetterstr.   27 

niolom-Psychologe  sucht  neues  Tatigkeitsfeld,  das  u'ber  bloBe  "Repara- 

"fc'ur-Hsychologie"  hinausgeht.  Evtl .  Ausbildung  und  Weiterbi  ldung  fur 

soziale  Berufe,  Erwachsenenbildung.  Adresse:   Georg  Rammer,  74  Tubingen, 

Burqeriiiitiativen:  Fur  eine  Umfrage  zu  einer  wissenschaftlichen  Arbeit 
zum   Ihenia  "Partizipation  oder  Akklamation"  werden  Anschriften  von 
BUrgerinitiativen  gesucht.  Adresse:   ".P.  Turczak,v6331   Garbenheim, 
Im  Stiegel   10.  . 

Frfahrunqsberichte:   Zusammenarbeit  mit  Behinderten  (korperlich,  geistig, 
Ternbehinderi)   und  deren  El  tern:   GWA-Team  sucht  dringend  Erfahrungsbe- 
richte   (auch  Statistiken;  z.B.  uber  Zusammenhang:  Behinderung  -  sozia- 
le Schicht  -  Straffalligkeit).  Kontaktadresse:  Horst  Przytulla, 
8  Munchen  60,  Fritz -Berne-Stralte  52. 

.luaendfreizeitzentrum:   Fur  ein  Jugendfreizei  tzentrum  in  Lingen   (tms) 
wird  ein  Sozia  loa'dagoge  und  ein  Sozialarbeiter  gesucht.  Naheres 
Uber:  Jungsozialisten  in  der  SPD,  Unterbezirk  Lingen,  445  Lingen, 
LudwigstraBe/Falkenheim.  .  . 

Juaendwohnkollektiv:  Wir  suchen  zum  1.4.74  einen  engagierten  Sozial- 
-JrbeTter     mit  Heimer'fahrung)  fiir  anlaufendes  Projekt:  Uohnkollekti  v 
mit  Fursorgezbglingen  (6  Ougendliche  und  2  Sozialarbeiter)  in  Munster. 
Nahere  Informationen:  Verein  fur  soziale  Jugendarbeit  e.V.  44  Munster, 
StaufenstraBe  7. 

Schule-Elternhaus:  Welche  Gruppe  oder  Einzelperson  hat  sich  schon  mal 
mv£  der  Kooperation  zwischen  Schule  und  Elternhaus  (vor  allem  in  Ar- 
beitervierteln)  beschaftigt?  Schickt  bitte  vorhandene  Unterlagen^ 
und  Materialien  an  "Projekt  Kooperationsmodell  Schule-Elternhaus', 
Uni  Bielefeld,  Fakultat  PPP,  48  Bielefeld,  ftoonstr.  25.  Auf  Wunsch 
werden  Unkosten  erstattet. 

Sozialarbeiter  und  Diplom-Psychologe  fur  Modellversuch  sozialpadago- 
qTscher  Jugendarbeit  an  Gesamtschule  Kassel-Walfau  fiir  die  Dauer  von 
drei  Jahren  gesucht.   Kontaktadresse:  Peter  Bauche,  3501  Fuldabruck, 
Neue  StraBe  30.  Q-| 


Otto  Jacobi/Walther  Miiller- Jentsch/Eberhard  Schmidt 

Gewerkschaften  und 
Klassenkampf 


ZUH  ZEIT 


mit  Beitragen  zur  aktuellen 
Gewerkschaftspolitik,  zur  Ge- 
werkschaftstheorie,  zur  inter- 
nationalen  Gewerkschaftsbewegung, 
sowie  einer  Dokumentation  iiber 
Tarifabschlusse,  Streiks ,  Mit- 
gliederbewegung  und  wirtschaft- 
liche  Entwicklung. 
Zu  beziehen  liber  BUcher-  &  Paper- 
vertn'eb,  6o5  Offenbach  4,  Post- 
fach  591,  Preis  DM  4. 80 


Kritisches  Jahrbuch 


Fur  Arbeit  mit  Obdachlosen  sucht  Sozialpadagogikstudent  Erfahrungsbe- 
n'chte   und  Materialien  von  Gruppen.  Adresse:  Helmut  Ortner,  6142  Bens- 
heim-Auerbach,  Darmstadter  Str.   151. 

Gruppe  von  FHS-Studenten   (Gruppe-Team-Kollektiv)  sucht  Materialien 
zum  Themenbereich  mb'gliche  Organisationsformen  der  Sozialarbeit  und 
ihre   Verwirklichungsmbglichkeiten  aus  antikapi talistischer  Sicht  in 
der   Praxis.  Adresse:  Helmut  Czekalla,  4  DUsseldorf-Eller,  SchloBstr.   14 
(Wohnheim  II).  . 

Unser  Jugendzentrum  kann  m'cht  eroffnet  werden,  well  wir  noch  keinen 
Sozialarbeiter  bzw.  -padagogen  haben.  Wer  mb'chte  nach  Lahr/Schwarz- 
wald    (4U  000  tinwohner)  kommen?  Kontaktadresse:  Joachim  Hager  (DJD), 
763  Lahr,   Biirklinstr.  59. 

Wir  beabsichtigen,  im  Heinrich-Jasner-Haus  neben  der  offenen  Jugendar- 
beit,  Veranstaltungen  im  Rahmen  eines  "Zentrums  junger  Sozialisten" 
durchzufUhren.  Der  pa'dagogische  Leiter  soil  dabei  vor  allem  mit  dem 
Bezirks-  und  Stadtkreisvorstand  der  sozialistischen  Jugend  zusammen- 
arbeiten.  Bewerben  kbnnen  sich  Sozialarbeiter,  Jugendgruppenlei ter, 
Padaqogen,  Sozial padagogen,  Lehrer  oder  Praktiker  der  Jugendarbeit. 
Adresse:  Sozialistische  Jugend  Deutschlands,  Bezirksvorstand  Braun- 
schweig,  33  Braunschweig,  SchloBstr.  8. 

Wir      die  Jugendlichen   im  unabh'angigen  Jugendzentrum  Glocksee   (Hannover) 
suchen   schnel  lstmoglich  einen  Sozialarbeiter  oder  Sozialpadagogen,  der 
am  Aufbau  unseres  Zentrums  mi  tarbei  tet,  konkret  mit  zupackt,   urn  ge- 
meinsam  mit  uns  die  anstehenden  Probleme  zu  Ibsen.   Man  kann  bei    uns 
auch  ein  Hochschulpraktikum  absolvieren.   UJZ-Glocksee ,  3  Hannover, 
Glockseestr.   35,   Telefon  0511/18774. 

Sozial padagoge,    7.   Semester,   IG-Metall -Mi tglied,  sucht  fur  viermona- 
tiqes   Blockpraktikum  eine  Stelle  im  Bereich  der  politischen  Jugend- 
bildung   (vorzugsweise  Gewerkschaften)   ab  sofort  oder  spater. 
Adresse:   Erich  Walz,  74  Tubingen,  Linsenbergstr.  44. 
Snzialwirt  (grad.),  Soziologie,  VWL,  BWL  und  offentliches  Recht, 
"TlTTati  re ,   2.   Bi  Idung'sweg,  Examen  April   74  an  der  Hochschule  fur 
Wirtschaftspolitik  in  Hamburg,  sucht  Tatigkeit  in  den  Bereichen 
Erwachsenenbildung,  Sozialarbeit  o.a.  Vier  Jahre  berufliche  Erfahrun- 
nen    in  der  offentlichen  Verwaltung.  Adresse:   Detlef  Gehrkens  , 
?  Hamburg  19,  Osterstr.   122.  , 

nrei   Sozialarbeiter/innen  suchen  ab  April/Mai   74  in  Westberlm  Stel- 
1pn    in  der  Jugendarbeit  mit  Ansatzen  zur  Teamarbeit,  da  dort  Erfah- 
rungen  vorhanden.  Telefon:  030/391    25  87  oder  87  80  09. 


83 


84 


Sozialpadagoge     sucht  zura  Anfang  1974  eine  Praktikumstelle.  Studiere 

Sozia'lpadagogTlc  im  dritten  Semester  und  bin  im  Bereich  der  Jugendar- 

beit  an  einer  politischen  Arbeit  mit  Jugendlichen   (Lehrlingen)    inter- 

essiert.  Adresse:  Gottfried  Weise,  7411  Ohnastetten,  Kohlstetterstr.27. 

Sozialarbeiter  sucht  Kontakte/Materialien  zum  Thema  Berufsverbote/ 

Uiszip  nmerungen  im  Sozialbereich 

B.  Uischmann  403  Ratingen-Eckamp,  Otto-Hahn-Str,   3 

FHS-Studentinnen  suchen  fiir  ihre  Examensarbeit  Literatur  u.  Erfahrungs- 

bericnte  zum  inema:  Situation  von  alteren  Schulkindern  in  Neubauge- 

bieten  -  Marianne  Philipps  4  DLisseldorf,  Brunnenstr.   30. 

Wei cher  Sozialarbeiter/Padagoge     (bzw.  Student)  schickt  uns  Erfahrungs- 

bericnte  aus  seiner   latigKeit  in  einer  Sesamtschule 

Monika  Wohlfahrt,  4811  Leopoldshb'he  1,  Am  Steinsiek  5  a 

FHS-Student  (Sozialpadagogik  4.  Semester)  sucht  Praktikumsstelle   in 

einem  Kinder-  oder  Jugendheim  ab  Anfang  Mai     -  Dieter  Genreith, 

51  Aachen,  Kalverhenden  76. 

Zum  Thema:  Funktion  u.  Bedeutung  der  Erziehungsberatungsstellen  in 

der  Gesellschaft  der  BRD  sucht  Material   (Klientel,  Einstellungen   und 

Vorstellungen  der  Mitarbeiter,  Frage  d.  Effektivitat  etc.) 

Anne  Hofmann,  355  Marburg,  S-udetenstr.  6 

Dissozialitat  Wir  suchen  flir  den  Unterricht  mit  dissozialen,  drogen- 

getahrdeten  Jugendlichen  Unterrichtseinheiten  flir  alle  Fa'cher  der  Volks- 

und  Realschule,  sowie  Vorschlage,  Ideen,  Anleitungen  fur  Lernspiele 

etc.  Wer  kann  uns  solches  zur  Verfiigung  stellen  Oder  mitteilen,  wo  man 

es  bekommen  kann?  Kontaktstelle  flir  Jugendliche,  c/o  V,  Knigge, 

34  Gottingen,  GoSlerstr.   23,  Telefon  57957. 

Student  (Sozialwissenschaften)  sucht  fur  seine  Diplomarbeit  Kontakte 

uno  Materia  lien  aus  dem  bereich  Jugendwohngemeinschaften  u.  heilpada- 

gogische  Kinderheime.  Hans  DLirr,   34  Gottingen,  Nikolausbergerweg  32. 

Studentin  sucht  Ma  terial  zur  Analyse  der  Situation  der  Sozialarbeit 

in  Jugendamtern.  Gisela  Hessel,  75  Karlsruhe,  Kaiserstr.   36  a. 

Informationsmaterial  gesucht:  Gemeinwesenarbeit,  Sozialistische  Zen- 

tren,  staottei  larbeit,  Uterninitiativen.  Regina  Hubrich,  44  Munster. 

Coerderliekweg  81. 

Material   flir  Examensarbeit  gesucht:   Thema:    1.  Hauser  der  offenen  Tiir 

ihre  Funktionen  und  ihre  Beoeutung  flir  die  Arbeit  mit  nicht  organi- 

sierten  Jugendlichen.   2.  Mi tbestimmungsmoglichkei ten,  Mi tbestimmungs- 

fahigkeit  u.   Persbnlichkeitsentwicklung  im  Gruppenleben  von  Wohnge- 

meinschaften  (FE/FEH-Jugendliche).  Christel   Menebrbker,  44  MUnster, 

Wienerstr.   14. 

Wir  suchen  Stellen  flir  das  Berufspraktikum! !  1   5  Erzieher  suchen  fur 

das  Berufspraktikum  ab  September  19/4  Arbeitsstellen  fiir  den  Praxis- 

bereich  Kinderarbeit  (Abenteuer  spielplatze,  Kinderladen,  Kinderzen- 

trum,  Kindertagesstatte).  Regina  Hacke,  3578  Schwalmstadt  1,  Indu- 

striestr.  7 

4  Sozialarbeiter/Sozialpade.gogen  suchen  Stelle  flir  ihr  Berufsprakti- 

kum  ab  Herost  iy/4  in  der  Jugendarbeit  (Jugendzentren,  Jugendwohn- 

kollektive  etc.)  Hans-Diebold  Maurer,   78  Freiburg,  Meinrich-v.Stephan- 

str.   16. 

Material  und  Kontakte  fur  Examensarbeit  gesucht:  rhem.   pgdagogische 

Mbglichkeiten  und  Grenzen  studentischer  Obdac'h'losenarbeit, 

Lutz  Wedel,  63  GieBen,  Liebigstr.  68 


AUFRUF  ZUR 

SOZIALISTISCHEM  AKTION  JUGENDHILFETAG  HAMBURG 

8.    -11.   SEPTEMBER  1974 


Nach   2jahrigem  Zbgern  veranstaltet  die  Arbeitsgemeinschaft  fur  Jugend- 
hilfe    (AGJ)   den  5.  Jugendhilfetag  in  Hamburg.  Die  Analysen  der  Sozia- 
listischen  Aktion  4.  DJHT  hatten  das  Bundnis  der  Verbande  mit  der  herr- 
schenden  Klasse  aufgedeckt  und  deutlich  gemacht,  daB  die  unterprivi- 
leqierten  Jugendlichen  eine  konsequente  Vertretung  ihrer  Interessen 
von  denjenigen  Institutionen  nicht  erwarten  konnten,  die  an  ihrer 
Deklassierung  mitwirken.  Zielscheibe  der  Sozialistischen  Aktion  war 
die  januskb'pfige  Politik  der  Tra'ger  der  Sozialarbeit,  die  ihre  Mitar- 
beiter mit  demAppell  an  den  padagogischen  Idealismus  zusatzlich  aus- 
beuten   und  durch  miserable  Arbeitsbedingungen  den  individuellen  Ar- 
beitseinsatz  der  Erzieher  und  Sozialarbeiter  etc.  sabotieren.   Politi- 
sches  Ergebnis  des  JHT:  . 

Die   Entstehung  mehrerer  sozialistischer  regionaler  und  uberregionaler 
Organisationsansatze  im  Sozialbereich. 

In  dem  MaSe  wie  sich  in  den  letzten  Jahren  die  Klassenauseinander- 
setzungen  in  der  BRD  verscharften.ist  das  politische  BewuBtsein  der 
Sozialarbeiter  gewachsen.  Das  zeigt  sich  in  der  solidarischen  Unter- 
stiitzunq  beim  Wohnungs-  und  Stadtteilkampf  und  in  der  schwindenden 
Bereitschaft  der  Sozialarbeiter,  sich  kritiklos   der  Sozialbiirokratie 
zu  unterwerfen.  Angesichts  der  bkonomischen   und  politischen  Krisen,  des 
wachsenden  Widerstandes  der  Arbeiter  und  Angestellten  gegen  den  Raub- 
bau   an  ihrer  Arbeitskraft,  gegen  die  Steigerung  der  Arbei  tshetze, 
oeaen  Entlassungen,  Inflation  und  Lohndriickerei ,  gegen  die  Verscnlech- 
terung  ihrer  Lebensbedingungen  ist  der  staatliche  Interventionsapparat 
heute  inmer  mehr  gezwungen,  die  Unterdruckungs-  und  Disziplimerungs- 
instrumente  staatlicher  Gewalt  in  alien  gesel  lschaftlichen  Bereichen 
auszubauen,  urn  die  kapi talistischen  Produktionsbedingungen  zu  erhalten 
und  das  Steigen  der  Profite  zu  sichern: 

Politische  Polizei   kontrolliert  in  den  Betrieben  Arbeiter,  die  fur  die 
Verbesserungen  von  Arbeitsbedingungen  kampfen,  Spezialeinhei ten  der 
Polizei   zerschlagen  Wohnkollektive  und  ra'umen  als  Handlanger  pnva- 
ter  Baulb'wen  besetzte  Hauser, 

Von  der  Verscharfung  der  Klassenauseinandersetzungen  bleiben  die 
Sozialarbeiter  und  Erzieher  nicht  ausgenommen.  Sie  werden  ebenso  wie 
fortschrittliche  Arbeiter,  Jugendvertreter,  Vertrauensleute,  Lehrer, 
Juristen  etc.  in  ihren  Tatigkeitsfeldern  diszipliniert  und  mit  Ent- 
lassungen und  Berufsverbot  bedroht. 


und  Diszi- 
lechte- 


Die  Widerspr'u'chlichkeit  der  Sozialarbeit  als  Versorgungs-  u 
niinierungsinstrument  staatlicher  Politik,  die  reale  Versch 
rung  der  Lebensbedingungen  der  Arbeiterklasse  greift  die  AGJ 
ebensowenig  auf  wie  die  aktuellen  Kampfe  der  Arbei terbewegung  und  die  OO 


politischen  Konflikte  i m  Sozialfaereich. 
Das  Thema  fur  den  Hamburger  Jugendhilfetag: 

"Jugend  und  Recht" 
wurde  von  der  AGJ  gewahlt,  da  ei'ne  "umfangreiche  Neukodifizierung  des 
Jugendgesetzgebungsbereiches  ansteht,  auf  die  man  mit  der  breitesten 
Ebene  des  Forums  Jugendhilfetag  reagieren  sollte", 
Der  Jugendhilfetag  hat  fur  die  etablierten  "Verwalter  der  Jugend"  eine 
wichtige  Funktion.  Aus  den  vorgesehenen  Fragestellungen  und  dem  geplan- 
ten  Ablauf  geht  hervor,  daB  der  JHT  der  scheindemokratischen  Legitima- 
tion der  Jugendpolitik  der  Regierungen  und  der  VerbandsfLihrungen 
dient  und  zugleich  die  Loyalitat  der  "Fachbasis"  gegenuber  dem  blir- 
gerlichen  Staat  sicherstellen  soli.  Er  soil   den  Eindruck  entstehen    las- 
sen,  die  Masse  der  mit  Kindern  und  Jugendlichen  beruflich  befaBten 
Sozialarbeiter  und  Sozialpadagogen  kb'nne  bei  der  "hohen  Jugendpolitik" 
mitre  den   und  mi  tents  chei  den. 

Die  vorgesehenen  Themenbereiche  in  den  4  Sozialisationsfeldern: 

-  Familienerziehung 

-  AuSerfamiliare  Erziehung 

-  Freizeit  und  auBerschulische  Jugendarbeit 

-  Ausbildung  und  Beruf 

zielen  auf  eine   "Verrechtlichung"   und  "Verfachlichung"  der  Diskussion 
und  damit  auf  die  Leugnung  materieller  Interessen  und  die  Verharmlo- 
sung  und  Neutral isierung  gesellschaftlicher  Widersprliche  ab. 

Die  Aufspli tterung  des  Jugendhilfetages  in  kleinste  Diskussionszirkel 
wird  mit  dem  Bedlirfnis  vieler  Sozialarbeiter  nach  iiberregionalem  Er- 
fahrungsaustausch   legi timiert,  zielt  aber  darauf  ab,  die  Artikulation 
gemeinsamer  Interessen  und  ihre  Durchsetzung  zu  verhindern. 

Aufgabe  der  SOZIALISTISCHEN  AKTION  ist  es : 

-  Den  scheindemokratischen  Charakter  des  Jugendhilfetages  zu  entlarven. 

-  Die  "fachlichen"  Fragestellungen  der  AGJ  in  ihrem  politischen  Zu- 
samnenhang  zu  diskutieren. 

-  Den  Jugendhilfetag  zu  benutzen,  sozialistische  Jugendpolitik  darzu- 
stellen  und  den  OrganisationsprozeB  der  im  Sozialbereich  Tatigen 
voranzutreiben. 

-  Auf  dem  Jugendhilfetag  den  aktuellen  Kampf  sozialistischer  Jugend- 
licher  in  Hamburg  zu  unterstiitzen. 

Wir  fordern  auf: 

-  Kommt  zum  Jugendhilfetag  in  Hamburg 

-  Bildet  regionale  Vorbereitungsgruppen 

-  Erzwingt  in  den  Dienststellen  Diskussionen  zum  Jugendhilfetag 

-  Kommt  zum  nachsten  Vorbereitungstreffen  nach  Hamburg 

Kontaktadresse:   INFO  SOZIALARBEIT  IM  SOZIALISTISCHEN  B0R.O 
605  Offenbach,  Hohe  Str.   28,  Postfach  591 


LESERZUSCHRIFTEN 


Einschatzung  der  "zentralen  Arbeitstagung"  am  10, 711.  Marz  73 


1)   Die  Arbeitstagung  war  von  den  Teilnehmern  und  den  Veranstaltern 
nicht  ausreichend  vorbereitet. 

Die  Arbeitstagung  war  geplant  vor  allem,  urn  die  Diskussion  liber  das 
Info-Sozialarbeit  liberregional  zu  flihren  und  zu  Schlu^folgerungen 
Liber  seine  Gestaltung  und  seine  Mb'glichkeiten  zu  kommen.  Eine  solche 
Diskussion  setzt  aber  voraus,  daB  die  politische  Linie  des  Sozialisti- 
schen  BLiros   (=SB),  von  der  die  Notwendigkeit  eines  solchen   Infos  ab- 
geleitet  wird,   alien  Teilnehmern  bekannt  ist. 

Das   Info  wird  vom  Redaktionskollektiv  im  SB  als  Koitimunikations-  und 
Koordinationsmedium  verstanden.  Es  hat  keine  politische  Plattform 
mit  einer  eindeutigen  Zielperspektive  und  Abgrenzung  zu  anderen  lin- 
ker. Gruppen  zur  Grundlaqe.  Das  SB  meint,  daB  in  der  jetzigen  Situa- 
tion eine  solche  Plattform  erst  aus  den  konkreten  Kampfen  am  Arbeits- 
platz,   im  Wohn-  und  Freizei tbereich  entwickelt  werden  muB.   Die  Platt- 
form, welche  dann  die  Verallgemeinerung  konkreter  Erfahrungen  soldier 
Kampfe  darstellen  wird,  setzt  voraus,  daB  Erfahrungen  erst  ausge- 
tauscht  werden  mlissen.  Diese  Einschatzung  war  uns  nicht  bekannt.  Es 
ist  unser  Fehler,  daB  wir  uns  nicht  rechtzeitig  vor  der  Tagung  mit 
dieser  Einschatzung  bescha'ftigten.  Es  ist  der  Fehler  der  Veranstal- 
ter,  daB  sie  dieses  Problem  auf  der  Tagung  nicht  sahen. 


86 


2)   Die  Arbeitstagung   litt  an  unterschiedli 

sen  Erwartungshaltungen. 

Man   konnte  folgende  Haltungen  feststellen: 

-  Studenten,  die  mit  anderen  Studenten  ein 
Formen  von  Projektpraxis  und  deren  Stell 
wollten,  und  dazu  Ratschlage  und  Meinung 
ren  wollten. 

-  Sozialarbeiter,  die  mit  anderen  Sozialar 
das  Sozialarbeiterdasein  mit  sozialistis 
reden  und  Erfahrungen  austauschen  wollte 
schiedliche  Rolle  einer  sozialistischen 
Projekt  und  Sozialarbeiter  zutage:  einma 
liche  und  physische  Belastung,  dann,  das 
tische  Anspruchsniveau,  und  schlieBlich 
lichkeit  im  Hinblick  auf  institutionelle 

-  Studenten  und  Sozialarbeiter,  die  von  ei 
Klarung  des  politischen  Hintergrundes  de 
einer  Diskussion  liber  politische  Linien 
Interesse  batten. 

.  studenten  und  Sozialarbeiter,  die  Liber  S 


chen   und  uberwiegend  di ff u- 


en   Erfahrungsaustausch  iiber 
enwert  in  der  Ausbildung 
en  von  Sozialarbei tern  hb- 

beitern  liber  Mb'gl  ichkei  ten, 
chem  Anspruch  zu  verbinden, 
n.  Dabei  kam  die  unter- 
Praxis  fiir  Studenten  im 
1,  die   unterschiedliche  zeit- 

unterschiedliche  theore- 
die  unterschiedliche  Beweg- 

Zwange. 

nem  Erfahrungsaustausch  eine 
r  Praxis  erwarteten     und  an 
und  Orgam'sationsformen 

chwierigkeiten,  zu  einer  ge-  qj 


meinsamen  Kommunikationsebene  zu  kommen,  sowie  iiber  mb'gliche  Lb'sunqen 
dafUr,  sprechen  wollten. 

3.  Die  Aufgaben,  die  sich  einem  Info-Sozialarbeit  stellen 

a)  Verbesserung  der  Kommum'kation  und  (Coordination  sozialistisch 
orientierter  Gruppen  und  Einzelkampfer  auf  regionaler  Ebene:  Es 
hat  sich  gezeigt,  daS  selbst  in  geographisch  naheliegenden  Gebie- 
ten  Liberhaupt  keine  Verbindung  untereinander  besteht.   Das  ist  je- 
doch  die  Voraussetzung  fur  eine  iiberregionale  Kooperation. 

b)  Verbesserung  der  Kommunikation  zwischen  Sozialarbeitern  und  Studen- 
ten:   solange  eine   gemeinsame  Ebene  der  Zusammenarbeit  hier  m'cht 
erreicht  wird,  solange  wird  auch  ein  Bundnis  mit  der  Arbeiterklasse 
illusorisch  bleiben. 

c)  Eine  Aktivierung  und  Anpolitisierung  von  solchen  Sozialarbeitern, 
die  in  ihrem  Beruf  den  Konflikt  zwischen   ihrer  Helferrolle,   die 
sie  in  der  Ausbildung  verinnerlicht  haben,  und  der  faktischen  Rol- 
le  eines  kontrollierenden  und  disziplinierenden   Instruments  der 
Behbrde  wahrnehmen,  jedoch  noch  nicht  politisch  wenden  kbnnen. 

Die  Verbreiterung  von  Gruppen  innerhalb  der  Sozialinstitutionen 
ist  vor  allem  nbtig,   um  der  Korrumpierung  durch  die  institutionel- 
len  Zwange  und  der  Angst,  begrenzte  Risiken  einzugehen,  entgegen- 
zuwirken. 

d)  Eine  Bestimmung  der  Arbei tsfelder  in-  und   auBerhalb  der  Institu- 
tion.  Bestimmung  der  Widerspruche,   die  dort  auftreten  und  daraus 
resultierende  Konflikte,  um  Ansatzpunkte  fur  unsere  Arbeit  zu  ent- 
wickeln. 

e)  Eine  Diskussion  der  verschiedenen  Organisationen  der  Arbeiterklasse- 
denn  letztlich  bleibt  eine  Ta'tigkeit  im  Reproduktionsbereich  refor-' 
mistisch,  wenn  nicht  zugleich  die  Verbindung  mit  dem  Produktionsbe- 
reich  hergestellt  wird,  mit  dem  Bereich,  in  dem  die  Fronten  klar 
sind  und  wo  letztlich  die  Machtfrage  gestellt  wird. 

f)  Ansatze  einer  sozialistischen  Arbeit  in  diesem  Praxisfeld  in  den 
Ausbildungsstatten  bekanntgeben  und  diskutieren. 

g)  Die  Zusannenfassung  der  auf  den  einzelnen  Ebenen   unterschiedli  ch 
auftretenden  Widerspruche,  also  Erweiterung  des  Blickwinkels  liber 
den  Rahmen  der  Ka'mpfe  im  Bereich  der  Sozialarbeit  hinaus  fur 
Lehrer,  Arbei  ter  etc. 


ZUR  ORGANISATION  DES  SOZIALISTISCHEN  BOROS 


Die  Mittel   bzw.  Arbei tsformen,  die  ein  Info  dazu  in  Gang  setzen  kann- 
1)  Tagungen 7)     Papiere     J)     Akti'o'rien ' ' ~ 

AG  Karolienenviertel ,   Hamburg 


88 


Am  3./4.   November  1973  fand  in  Frankfurt  eine  erweiterte  Arbeitsgrup- 
pentagung  des  Sozialistischen  Biiros  statt.  Zu  dieser  Tagung  wurden 
vom  BUro  drei   Papiere  vorgelegt: 

1)  Zur  Entwicklung  und  den  Aufgaben  des  Sozialistischen  Biiros, 

2)  Informationen  und  Zahlen  zum  Sozialistischen  Buro, 

3)  Entwurf  eines  organisatorischen  Rahmens  der  Arbeitsgruppe 
Sozialistisches  Bliro. 

An   der  erweiterten  Arbeitsgruppentagung  beteiligten  sich  etwa  200 
Genossinnen  und  Genossen,  -  Mitglieder  der  seitherigen  Arbeitsgruppe, 
Genossen,  die  bereits  kontinuierlich  in  Projekten  des  Sozialistischen 
Biiros  mitarbeiten,  Vertreter  von  Gruppen,  die  im  politischen  Zusam- 
menhang  des  Sozialistischen  Biiros  arbeiten  oder  mit  dem  Buro  eng 
kooperi  eren. 

Im  Mittelpunkt  der  Tagung  stand  die  Organisationsfrage  des  Sozialisti- 
schen Biiros,  die  auf  dem  Hintergrund  der  vorgelegten  Papiere  disku- 
tiert  wurde.  Die  Diskussion  spiegelte  im  wesentlichen  die  in  den  Papie- 
ren   gegebene  Einschatzung  wider,  daB  der  bisherige  orgam'satorische 
Rahmen  des  Biiros  heute  nicht  mehr  ausreicht,  um  eine  kontinuierliche 
praktische  und  theoretische  Diskussion  und  Zusammenarbeit  derjenigen 
Genossen  und  Gruppen,  die  mit  dem  Sozialistischen  Biiro  verbunden  sind, 
sicherzustellen.  Deshalb  konzentrierte  sich  die  Diskussion  im  Verlauf 
dieser  Tagung  zunehmend  auf  den  vorgelegten  organisatorischen  Rahmen, 
der  zu  Ende  der  Tagung  per  Abstimmung  beschlossen  wurde. 


ZUR  ENTWICKLUNG  UND  DEN  AUFGABEN 
PES   SOZIALISTISCHEN  BOROS 

Die  nachfolgende  Ausarbeitung  wurde  von  Genossen  im  F  rank  furt /Off en- 
baaher  YJreis  des  Sozialistischen  Biiros  verfalit  und  der  erweiterten 
Arbeitsgruppensitzung  am  S./4.11.   in  Frankfurt  vorgelegt.  Der  Text 
faBt  die  Entwicklung  und  den  heutigen  Stand  des  Sozialistischen  Buros 
'zusammen  und  sollte  die  weitere  politisahe  Arbeit  sowie  den   (inztii- 
schen  von  der  erweiterten  Arbeitsgruppentagung  verabschiedeten)  orga- 
nisatorischen Rahmen  des  Sozialistischen  Biiros  begriinden. 

Die  Genossen,  die  bisher  die  "zentralen"  politischen  und  organisato- 
rischen Funktionen  des  Biiros  wahrgenommen  haben,  halten  es  fur  drin- 
gend  notwendig,  die  politische  Arbeit  des  Buros  qualitativ  und  quan- 
titativ  auszuweiten  und  einen  organisatorischen  Rahmen  zu  finden,  89 


der  seinen  Aufgaben  wirkungsvoller  gerecht  wird  als  das  bisher  der 
Fall  war.  Wir  mu'ssen  zu  Former)  der  politischen  Zusarrmenarbeit  und 
Arbeitsteilung  gelangen,  in  denen  die  Projekte  und  die  allgemeinen 
Aufgaben  des  Bu'ros,  seine  berufsspezifischen  und  regionalen  Ansatze 
ebenso  wie  die  allgemeine  politische  Discussion  und  Organisation,  mit- 
einander  verknlipft  und  intensiviert  werden.  Wir  halten  es  fur  richtig, 
die  Arbeitsgruppe  Sozialistisches  Biiro  als  ein  arbeitendes  Organ 
auszubauen,  um  die  politische  Diskussion  und  (Coordination  sowie  die 
(Cooperation  mit  nahestehenden  Gruppen  zu  verstarken.  Die  unten  vor- 
geschlagenen  Regelungen  sollen  dafiir  einen  Rahmen  schaffen, 

Wir  sind  langst  dariiber  hinausgewachsen,  lediglich  diskutierende  Pu- 
blikationsorgane  oder  nur  ein  "technisches"  Biiro  zu  sein,  das  Infor- 
mationen  und  Kontakte  vermittelt  oder  Materialien  verteilt.  Aber 
unsere  interne  organisatorische  Struktur,  Arbeitsteilung  und  politi- 
sche Kommunikation  blieb  bisher  hinter  den  tatsachlichen  Aufgaben 
zuriick.  Die  Aktivita't  und  die  Zahl  derjem'gen  Gruppen  und  Genossen, 
die  ihre  politische  Arbeit  in  Zusammenhang  des  Sozialistischen  Bu'ros, 
seiner  Projekte  und  Publikationen,  sehen,  ist  seit  zwei  Jahren  standi g 
angestiegen.  Auch  das  Wirkungsfeld  und  der  politische  EinfluS  der 
Argumentation  des  Bu'ros,  seiner  Verbffentlichungen  und  Kampagnen, 
haben  sich  innerhalb  der  linken  Bewegung  der  Bundesrepublik  rasch  aus- 
geweitet.  Wenn  wir  daher  als  eine  besondere  politische  Strb'mung  an- 
gesehen  werden,  dann  durchaus  zu  Recht.  Wir  tauschen  uns  jedoch  nicht 
dariiber  hinweg,  daB  viele  Gruppen,  die  sich  mehr  oder  weniger  auf  das 
Sozialistische  Buro  beziehen,  durch  eine  oft  groBe  Heterogenitat  Oder 
auch  Unbestimntheit  gekennzeichnet  sind.  Diese  Breite,  Offenheit  und 
zum  Teil  auch  Unsicherheit  driickt  aber  nicht  nur  einen  Nachteil  man- 
gelnder  politischer  "Vereinheitlichung"  aus,  sondern  ist  gerade  ge- 
genwa'rtig  auch  ein  Vorteil;  sie  entsoricht  dem  wenig  entwickelten 
Niveau  der  Klassenkampfe,  einer  nicht  ganz  verlorenen  Einheit  der  Lin- 
ken, und  vor  allem  bringt  sie  die  Entwicklungs-  und  Lernfahigkeit 
einer  Bewegung  zum  Ausdruck,  die  ihrem  ansatz-  und  versuchsweisen  Cha- 
rakter  entsprechend  sich  Offenheit,  Solidaritat  bewahrt  hat  und  sich 
weigert,  vorschnelle  und  heute  notwendige  abstrakte  Konzepte  als  ver- 
bindliche  Programme  hinzustellen  und  aufzuzwingen. 

Das  Sozialistische  Buro  wurde  im  Fruhjahr  1969  zu  einem  Zeitpunkt  ge- 
griindet,  an  dem  drei  politische  Tendenzen  sich  deutlich  abzeichneten: 
das  Auseinanderfallen  der  antiautoritaren  Bewegung  in  einem  unvermeid- 
lichen  Desil  lusionierungsprozeB  und  die  sich  gleichzeitig  abzeichnen- 
den  sektiererischen  Reaktions-  und  Organisationsbildungen;  eine  re- 
formistische  Wendung  bedeutender  Teile  der  antiautoritaren  Bewegung 
durch  die  strategische  Bindung  an  die  SPD;  der  Versuch  der  DKP,  als 
"einzige  Partei  der  Arbeiterklasse",  die  Protestbewegung  aufzufan- 
gen,  dabei  aber  jene  alten  und  neu  entdeckten  Inhalte  des  Sozialis- 
mus/Kommunismus,  die  nicht  ihrer  "marxistisch-leninistischen  Ideolo- 
gic", ihrer  politischen  Funktion  und  strategisch-taktischen  Konzep- 
tion  integrierbar  waren,  zu  unterdru'cken  oder  zu  diffamieren,  Die 
"Grundungsgenossen"  des  Sozialistischen  Bu'ros  waren  lange  Jahre  aktiv 
politisch  tatig,  kamen  aus  der  Arbeiterjugend,  den  Gewerkschaften, 
dem  SDS  und  der  Kampagne  fur  Demokratie  und  Abrustung,  Nun  sah  es 
das  Sozialistische  Buro  als  wesentliche  Aufgabe  an,  gegeniiber  den 
yu  drei  skizzierten  politischen  Tendenzen  einerseits  ein  offenes  Kommu- 


ni  kationsforum  zu  schaffen,  in  dem  die  verschiedenen  sozialistischen 
Richtungen  Liber  die  weitgehend  offenen  und  ungelb'sten  theoretischen 
und  praktischen  Fragen  diskutieren  kbnnten  und  in  dem  andererseits 
in  1  angerfristiger  Sicht  eine  Konzeption  entwickelt  werden  sollte, 
die  -  wie  wir  es  damals  formuliert  haben  -  "aus  dem  Dilemma  unbrauch- 
barer  traditionell -btirokratischer  Orgam'sationsvorstellungen  hier, 
ebenso  unbrauchbarer  und  teils  blinder  Spontaneita't  dort,  herausfin- 
det."  Wir  wollten  uns  dabei  keinen  Illusionen  liber  die  tatsachliche 
Starke  und  die  absehbaren  Mb'glichkeiten  einer  sozialistischen  Bewe- 
gung in  der  BRD  hingeben.  Die  Homente  der  antiautoritaren  Phase,  die 
die  Wechselbeziehungen  von  politischer  Praxis,  kollektiver  und  indi- 
vidueller  Emanzipation  zum  Vorschein  gebracht  hatten,  wollten  wir 
wahren.  Den  Diskussions-  und  Handlungsspielraum  in  oder  am  Rande  der 
DKP  sahen  wir  aufgrund  der  ideologischen,  organisatorischen  und  stra- 
tegischen  Abhangigkeiten,  Bindungen  und  Konzepte  dieser  Partei  als 
auSerordentlich  beschrankt  an  -  kurz,  das  Sozialistische  Biiro  wollte 
"undogmatisch"  und  "i  llusionslos"  sein.  Eine  wirklich  revolutionare 
Bewegung,  die  in  der  Arbeiterklasse  verankert  ist  und  aus  ihr  her- 
vorgeht,  schien  und  scheint  uns  nicht  in  Sicht,  die  Frage  eines 
Parteiaufbaus  und  einer  revolutiona'ren  Partei  sind  daher  aktuell  nicht 
zu  stellen.  Dariiber  hinaus  meinten  wir,  da(3  nicht  der  R'u'ckgriff  auf 
historische  Modelle,  sondern  allein  die  konkrete  Analyse  der  gegen- 
wartigen  und  zuklinftigen  gesellschaftlichen  Bewegung  tragfa'hige  An- 
satze fiir  eine  revolutionare  Organisierung  sichtbar  machen  kann. 
Das  Anknlipfen  an  der  Tradition  der  Arbeiterbewegung,  auf  die  wir  uns 
beziehen,  scheint  uns  aul3erdem  nur  dann  liber  "Dogmatismus"  hinauszu- 
gelangen,  wenn  wir  uns  den  epochalen  Niederlagen  der  westeuropai- 
schen  und  deutschen  Arbeiterbewegung  ebenso  wie  den  Erfahrungen  des 
sogenannten  Stalinisierungsprozesses  der  Kommunistischen  Parteien  und 
der  Sowjet -Union  mit  allem  Ernst  stellen,  auf  Legendenbildungen  ver- 
zichten  und  klar  erkennen,  daB  die  sozialistisch/kommunistische  Bewe- 
gung die  Grunde  ihres  bisherigen  Scheiterns  in  den  entwickelten  kapi- 
talistischen  Gesellschaften  auch  in  sich  selbst  trug.  Dies  gilt  in 
anderer  Hinsicht  auch  fur  sozialdemokratische  Organisationen  der  Ar- 
beiterbewegung, deren  Integration  in  die  blirgerliche  Gesellschaft  in 
westeuropaischen  Landern  die  historische  Notwendigkeit  einer  sozia- 
listischen Bewegung  im  BewuBtsein  der  Arbeiterklasse  verstellt,  Auch 
wir  sind  der  Ansicht,  daB  die  theoretische  Analyse  des  spa'ten  Kapi- 
talismus  ebenso  wie  der  sogenannten  Obergangsgesellschaften  keines- 
wegs  soweit  vorangetrieben  ist,  daB  wir  verbindliche  und  zureichend 
konkrete  Antworten  auf  theoretischer  Ebene  besitzen  wlirden.  Zudem 
bezweifeln  wir,  daB  es  iiberhaupt  richtig  ist,  wenn  "Avantgarden" 
den  Anspruch  erheben,  im  Besitz  einer  entwickelten  Theorie  zu  sein 
(selbst  wenn  sie  bestlinde),  fiir  die  man  lediglich  noch  die  organi- 
satorisch  richtigen  Anwendungsbedingungen  finden  musse,  um  sie  in 
"Praxis"  umzusetzen,  Oder  daB  KlassenbewuStsein  von  auBen  an  die  Ar- 
beiterklasse herangetragen  werden  kann  und  muB. 

Dagegen  meinen  wir,  daB  jede  sozialistische  Tatigkeit  nur  einen  be- 
schrankten  und  vorlaufigen  Sinn  haben  kann,  solange  es  nicht  eine  ent- 
wickalte  sozialistische  Arbeiterbewegung  selbst  gibt;  daB  eine  sozia- 
listische Organisierung  nicht  nach  einem  vorgegebenen  Programm  ge- 
schehen  kann,  sondern  das  Resultat  von  verallgemeinerten  Erfahrungs- 
prozessen  fortgeschrittener  Teile  der  Arbeiterklasse  selbst  sein  muB.  91 


eine  neue 


Analysen 
Strategien  -  Modelle 


Herausgegeben  vom 
Sozialistischen  Biiro 


ZUR  ZEIT 


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Daher  setzen  wir  uns  zum  Ziel ,  gegen  dogmatische  Ei'nschrankungen  des 
Diskussions-  und  Handlungszusammenhangs  eine  offene  Diskussion  und 
Kommunikation  zu  sichern;  den  Austausch  und  die  Interpretation  wirk- 
licher  Erfahrungen  von  arbeitenden  Gruppen  zu  versucfien  und  auf  die 
verschiedenen  Organisationsansatze  einzuwirken.  Unsere  eigenen  Akti- 
vitaten  knupfen  an  konkreten  Arbeitsansatzen  an,  soil  en  den  Erfahrungs- 
und  SelbstorganisationsprozeS  arbeitender  Gruppen  unterstiitzen  und 
die  Notwendigkeit  einerseits  der  unvermeidlichen  Beschranktheit  gegen- 
wartiger  sozialistischer  Ansatze,  andererseits  der  arbeitsteiligen 
Entwicklung  einer  zukiinftigen  sozialistischen  Bewegung  in  der  BRD  be- 
tonen.  Wir  begriffen  und  begreifen  uns  als  Tei1  einer  erst  zu  schaf- 
fenden  Bewegung,  die  eine  flexible,  den  jeweiligen  konkreten  Mb'glich- 
keiten  angemessene,  zur  Kooperation  mit  anderen  Ansatzen  fahige  Orga- 
nisationsform  besitzen  muB.  Die  Starkung  der  vielfaltigen  Basisbe- 
wegung,  die  Interpretation  ihrer  Erfahrungen  und  der  historischen  Zu- 
sammenhange,  in  denen  die  sozialistische  Bewegung  steht,  der  Aufbau 
eines  kontinuierlichen  und  wirksamen  Kommunikationsnetzes,  scheint 
uns  nicht  weniger  wichtig  zu  sein  als  der  Versuch,  auf  andere  Organi- 
sationszusammenha'nge  einzuwirken,  durch  Aktionsbiindnisse  eine  gewisse 
Einheit  der  linken  Bewegung  am  Leben  zu  erhalten  und  nicht  zuletzt  die 
sozialistische  Orientierung  in  den  gewerkschaftlichen  Massenorgani- 
sationen,  soweit  uns  das  mb'glich  ist,  zu  unterstiitzen.  So  ist  es  uns 
durch  unsere  publizistische  Tatigkeit  sowie  durch  Kampagnen  (zuletzt 
im  Hinblick  auf  Chile)  gelungen,  eine  linke  Gegenb'ffentlichkeit  mit 
zu   schaffen,  die  weit  liber  unseren  eigenen  Kreis  hinausreicht. 

Das  Sozialistische  Biiro  besitzt  heute  einen  wachsenden  EinfluB  in  den 
Bereichen,  die  sich  aus  der  urspriinglichen  Aufgabenstellung  ergaben. 
So  beziehen  sich  nicht  nur  in  Organisationszusammenhangen  der  DKP 
arbeitende  Genossen  auf  uns,  sondern  im  starken  MaBe  auch  jene  "Linke" 
der  Jusos,  die  ihre  Arbeit  in  der  SPD  nicht  als  eine  strategische  Grund- 
entscheidung  fiir  die  Partei,  sondern  als  schwerpunktma'Bige  Tatig- 
keit in  ihr  fiir  eine  bestimmte  politische  Etappe  begreift.   Ihre  und 
unsere  Konzeption  tatsachlich  sozialistischer  "Doppelstrategie"  sieht 
dabei   nicht  so  aus,  daB  wir  einen  Zuliefererbetrieb  fiir  jene  Sozia- 
listen  in  der  SPD  darstellen,  die  meinen,  wir  kbnnten  die  auBerinsti- 
tutionelle  Mobilisierung  betreiben,  die  sie  benbtigen,  urn  in  der  SPD 
Positionen  zu  erringen.  Ebensowenig  kann  unser  Verhaltnis  zur  DKP  das 
einer  ihrer  "Biindnisorganisationen"  sein.  Dazu  kbnnen  wir  uns  so  wenig 
wie  die  DKP  selbst  verstehen.  In  jeder  aktuellen  Kampagne  hat  sich  ge- 
zeigt,  daB  die  DKP  und  die     ihr  nahestehenden  Biindnisorganisationen 
zwar  bereit  waren,  jedes  Biindnis  mit  biirgerlichen  Gruppen  einzugehen, 
aber  keines,  in  dem  sozialistisch-kommum'stische  Positionen  vertreten 
werden,  die  Liber  die  Konzeption  des  "antimonopolistischen  Biindnisses" 
hinausgehen. 

Der  wesentliche  Ansatz,  durch  die  Unterstiitzung  von  Basisaktivitaten 
in  den  verschiedensten  Tatigkeitsfeldern  politische  Selbstorganisa- 
tion  zu  unterstiitzen  und  zugleich  einer  Fragmentierung  und  gewissen 
Perspektivelosigkeit  dieser  Arbeit  nicht  etwa  durch  Dekrete  einer 
"Zentrale0,  sondern  durch  Kooperation  entgegenzuwirken,  verstellt  uns 
nicht  den  Blick  fiir  die  in  vieler  Hinsicht  beschrankte  Erfahrungsba- 
sis  solcher  Gruppen  (z.B.  im    Sozialisationsbereich).  Wir  sehen  unse- 
re zentrale  Aufgabe  darin,  einerseits  diese  Gruppen  untereinander  q„ 
und  andererseits  ihre  Erfahrungsprozesse  mit  den  Perspektiven  zu  ver-    J*5 


94 


mitteln,  die  sich  aus  der  (noch  weiter  zu  entwickelnden)  Theorie 
der  gegenwartigen  kapitalistischen  Gesellschaft  ergeben.  Wie  auch  flir 
den  ErfahrungsprozeS  der  Arbeiterklasse  selbst,  meinen  wir,  daB  es 
darum  gehen  muB,  subjektive  Bediirfnisse  und  Interessen  und  das  objek- 
tive  Klassem'nteresse  tatsachlich  zu  vermitteln.  Die  Interessen  und 
Bediirfnisse,  die  sich  aus  der  Alltagspraxis  ergeben,  miissen  mit  dem 
objektiven  Klassem'nteresse,  das  sich  aus  der  Struktur  der  kapita- 
listischen Gesellschaft  ergibt,  vermittelt  werden,   Heute  ist  das  ge- 
wiB  nur  in  bescheidenen  Ansatzen  mbglich,   Dabei  bestehen  die  vielfa'l- 
tigsten  Erfahrungs-  und  Vermittlungsebenen,  die  etwa  bei  Sozialar- 
beiter-  oder  Lehrergruppen  anders  aussehen  als  bei  den  Kontakten,  die 
zu  Gewerkschaftern  und  Betriebsvertrauensleuten  oder  Lehrlingen  be- 
stehen. Diesen  verschiedenartigen  konkreten  Beziigen  miissen  auch  die 
jeweiligen  Organisationsformen  entsprechen. 

Wenn  wir  auch  die  allgemeine  politische  Perspektive,  die  sich  aus  die- 
sen  Ansatzen  ergibt,   noch  keineswegs  klar  genug  entwickelt  und  offent- 
lich  diskutiert  haben,  vertreten  wir  doch  die  Position,  daB  es  sich 
auch  in  Zukunft  nicht  darum  handeln  kann,  den  Erfahrungen  der  Selbst- 
organisation  "von  auBen"  eine  "politische"  Dimension  hinzuzufiigen, 
Vielmehr  sind  wir,  um  eine  Formulierung  Magris  zu  verwenden,  der  An- 
sicht,  daB  es  prinzipiell   falsch  ware,  angeblich  "unheilbar  im  Trade- 
Um'onismus  oder  Anarchismus  "  befangen,  b'konomistisch-spontaneistisch 
o.a.   genannte  Ansatze  (die  heute  natiirlich  alles  andere  als  eine  Has- 
senbewegung  repra'sentieren),   "eine  durch  das  Licht  der  Theorie  erleuch- 
tete  Avantgarde"  entgegenzustellen,  d.h.   zu  einer  "idealistischen  Kon- 
zeption  der  Revolution  und  einer  mystischen  Konzeption  der  Partei" 
zu  gelangen.  Die  notwendige  "Analyse  der  realen  Dialektik  der  materiel  - 
len  Krafte,  auf  denen  eine  revolutiona're  Alternative  aufgebaut  werden 
kann",  scheint  uns  freilich  kaum  starker  entwickelt  und  konkretisiert 
zu  sein  als  es  jene  Krafte  hierzulande  sind, die  sich  als  antikaoita- 
listische  begreifen   (was  sich  gegenseitig  mitbedingt). 

Wenn  uns  daher  von  auBen  immer  starker  unterstellt  wird,  wir  wiirden 
den  Aufbau  einer  Partei   betreiben  oder  als  aktuell   ansehen,  so  ist 
das  falsch.  Wir  haben,  was  sich  anscheinend  nicht  von  selbst  versteht, 
keineswegs  die  Absicht,   neben  die  diversen  Studentenparteien  und  Partei- 
aufbauorganisationen  ein  weiteres,  wenn  auch  vielleicht  potenteres, 
sektiererisches  Gebilde  zu  setzen.   Bei   derlei  Geriichten  und  MutmaBun- 
gen  handelt  es  sich  also  lediglich  um  Projektionen  bestiranter  Gruppen 
und  Genossen,  die  meinen,  was  sie  machen  ,  wiirde  jeder  tun.  Die  Frage 
einer  revolutionaren  Partei  ist  in  unserenAugen  solange  nicht  aktuell, 
wie  es  keine  fortgeschrittene  Bewegung  der  Arbeiterklasse  selbst  gibt. 
Die  Fragen  von  Partei  und  Klasse,  die  sich  dann  stellen,  sind  unserem 
Eindruck  nach  in  vieler  Hinsicht  nicht  gelb'st  und  kbnnen  auch  erst 
geldst  werden,  wenn  der  konkrete  Charakter  der  Klassenbewequnq  sicht- 
bar  ist. 

Allerdings  halten  wir  Schritte  zum  quantitativen  und  qualitativen 
Ausbau  der  politischen  und  organisatorischen  Arbeit  des  Sozialistischen 
Buros  fur  dringend  notwendig.  Denn  in  der  Tat  besteht  zwischen  den 
Erwartungen,  die  in  das  Biiro  gesetzt  werden,  den  Aufgaben,  die  wir 
erfiillen  miissen  und  den  gegenwartigen  Regelungen  und  Verfahren  ein 
eklatantes  MiBverha'ltnis.  Das  bezieht  sich  sowohl  auf  die  bisher  an- 
gedeuteten  Ziele,  auf  die  Moglichkeiten  einer  verstarkten,  arbeitstei- 


ligen   Kooperation  mit  vielen  Gruppen  und  Genossen,  die  dem  Biiro 
nahestehen  oder  in  seinen  Projekten  arbeiten,  als  auch  auf  die  heute 
schon  bestehenden  taglichen  Aktivitaten  und  politischen  Notwendigkei- 
ten.   Auch  wenn  wir  uns  lediglich  als  Teil  einer  arbeitsteilig  zu  or- 
ganisierenden  sozialistisch/kommunistischen  Bewegung  in  der  BRD  ver- 
stehen,   so  haben  wir  doch  heute  schon  wachsende  politische  Aufgaben 
zu   erfiillen,  die  von  keiner  anderen  liberregionalen  Gruppierung  zum 
gegenwartigen  Zeitpunkt  erf Ul  1 1  werden  konnen. 


Einige   Informationen  und  Zahlen  zum  Sozialistischen  Biiro 


1 )  "links"  hat  eine  gedruckte  Auflage  von  ca.   15  000  Exemplaren, 
9  000  Abonnenten,  4  000  Stuck  werden  Liber  etwa  120  Weiterverkaufer 
(Gruppen,  Buchladen)  vertrieben. 

Die  Arbeitsgruppe  Sozialistisches  Biiro  za'hlt  zur  Zeit  80  Mitglieder. 
Der  Fbrdererkreis  des  Sozialistischen  Buros  hat  800  Mitglieder. 
1972  erbrachte  der  Fbrdererkreis  ein  Beitragsaufkommen  von  knapp 
60  000  DM. 

An  der  "links"-Redaktion  und  am  Frankfurt/Offenbacher  Biirokreis  sind 
als   standige  Mitarbeiter  etwa  25  Genossinnen  und  Genossen  (fast  alle 
Mitglieder  der  Arbeitsgruppe)  beteiligt.  Der  Kreis  tagt  jeden  Don- 
nerstag  und  erledigt  bisher  neben  der  Redaktionsarbeit  flir  "links" 
die  Arbeiten  und  Entscheidungen  des  Biiros,  soweit  sie  nicht  in  den 
Arbeitsbereich  der  einzelnen  Projekte  fallen.  Die  Protokollnotizen 
des   Sozialistischen  Biiros  gehen  an  die  Mitglieder  der  Arbeitsgruppe 
sowie  an  alle  Gruppen  und  Projekte,  die  mit  demBuro  kooperieren, 
etwa  420  Adressen. 

Die  Thesen  der  Arbeitsgruppe  Sozialistisches  Biiro  Liber  "Ansatzpunkte 
sozialistischer  Politik  in  der  BRD"  wurden  im  Friihjahr  1971  verbf- 
fentlicht  und  seitdem  nicht  mehr  iiberarbeitet.   Zur  Zeit  wird  die 
sechste  Auflage,  April   1973,  25  -  30  000  Exemplare  vertrieben. 
Das  Fischer  Taschenbuch  des  Sozialistischen  Biiros  "Fur  eine  neue 
sozialistische  Linke  -  Analysen,  Strategien,  Modelle"  dokumentiert 
den    EntwicklungsprozeB  des  Sozialistischen  Biiros  anhand  von  Beitra- 
gen  aus  "links"  von  der  Griindung  1969  bis  Ende  1972.   Das  Buch  hat 
eine  Auflage  von  25  000  Exemplaren. 

2)  "express"   (Zeitung  flir  sozialistische  Betriebs-  und  Gewerkschafts- 
arbeit)  hat  eine  gedruckte  Auflage  zwischen  8  000  und  12  000  Exempla- 
ren   (z.B.    die  Ausgabe  September  mit  Berichten  und  Einschatzungen  zu 
den  spontanen  Streiks  wurde  in  einer  Auflage  von  12  000  Stuck  gedruckt 
und  ist  fast  vertrieben).  Ober  Abonnements  werden  3  800  "express" 
ausgeliefert   (durch  die  Fusion  des  friiheren  "express-international" 
und  der  Sozialistischen  Betriebskorrespondenz  zum  "express"  gingen 
etwa  900  Abonnenten  verloren;  es  konnten  jedoch  1   200  Abonnenten  seit 
der  Fusion  neu  hinzugewonnen     werden).  Ca,  2  000  "express"  gehen  an 
etwa  40  Betriebsgruppen.  Vertrauenskb'rper,  Betriebsrate  und  Redak- 
tionen  von  Betriebszeitungen.  Etwa  1    100  Stiick  werden  liber  linke  Buch- 
laden verkauft. 

In  der  Redaktion  "express"  arbeiten  15  Genossinnen  und  Genossen  sta'ndig 
mit.  Die  politische  Linie  des  "express"   soil   in  Redaktionskonferenzen     95 


diskutiert  und  in  ihren  Grundzu'gen  festgelegt  werden.  An  diesen  Re- 
daktionskonferenzen  beteiligen  sich  Kollegen  aus  den  Betrieben,  Be- 
triebsgruppen,  hauptamtliche  Gewerkschafter  und  Wissenschaftler.  An 
der  dritten  Redaktionskonferenz  (Ende  September  1973)  haben  etwa 
100  Kolleginnen  und  Kollegen,  unter  ihnen  Kollegen  aus  der  Metallin- 
dustrie,  der  chemischen  Industrie,  dem  Druckgewerbe,  dem  b'ffentlichen 
Dienst,  der  Post  und  der  Bahn  teilgenommen  (siehe  Bericht  'u'ber  die 
Redaktionskonferenz  in  der  Oktober-Nummer  "express"). 
Da  der  Aufbau  des  "express"  unsere  Arbeitskrafte  in  diesem  Bereich 
erst  einmal  stark  gebunden  hat,  konnte  die  Broschiirenreihe  Betrieb 
und  Gewerkschaften  kaum  weiter  entwickelt  werden.  Zur  Zeit  laufen  in 
dieser  Reihe  folgende  Broschliren:  Hansgeorg  Conert:  Gewerkschaften 
heute  -  Ordnungsfaktor  oder  Gegenmacht?  (Zur  Funktion  und  Strategie 
der  Gewerkschaften  im  Spa'tkapitalismus),  Vierte  Auflage,  15  000  Exem- 
plare  -  Godula  Kosack,  Stephen  Gastles:  Ausla'ndische  Arbeiter  und 
Klassenkampf,  Erste  Auflage,  3  000  Exemplare  -  Gewerkschaftliche  Ver- 
trauensleute  fur  eine  antikapitalistische  Betriebsstrategie,  Dritte 
Auflage,  12  000  Exemplare  (soil  iiberarbeitet  werden)  -  Betriebsrats- 
wahl  Merck  1972,  eine  Dokumentation,  Erste  Auflage,  5  000  Exemplare. 
In  Zusammenarbeit  mit  "pi akat" -Stuttgart  und  dem  Arbeitskreis  "Be- 
trieb und  Gewerkschaften"  Mannheim/Heidelberg  soil  ein  Arbeiterplakat 
von  Zeit  zu  Zeit  Uber  den  "express"  verbreitet  werden.  Das  erste  Pla- 
kat  "Lb'hne,  Preise,  Profite  73/74"  ist  vier  Wochen  nach  dem  Erscheinen 
bereits  nachgedruckt  worden  (Erste  Auflage  40  000,  Zweite  Auflage 
nochmals  15  000  Stuck). 

Dem  "express"  angegliedert  ist  der  Arbeiter-Solidarita'ts-Fonds.  Das 
Spendenaufkommen  betragt  in  den  ersten  sechs  Monaten  DM  32  000.  .Unter- 
stutzung  wurde  bisher  in  elf  Fallen  gegeben  (darunter  Rheinstahl 
Brackwede  und  Ford  Kb'ln). 

3)  Der  Informationsdienst  Arbeiterbildung  hat  550  Abonnenten.  Es  sind 
fiinf  Ausgaben  erschienen.  Die  Auflage  betragt  je  3  000  Stuck.  Die 
ersten  beidenAusgaben  sind  vergriffen.  Im  erweiterten  Redaktionskol- 
lektiv  arbeiten  etwa  60  Genossinnen  und  Genossen  mit.  Es  hat  sich 
her^sgestellt  f  daB  es  fur  die  Erarbeitung  und  fiir  das  Interesse  der 
Verwerter  des  Infos  sinnvoll  ist,  diese  jeweils  auf  Schwerpunktthe- 
men  zu  konzentrieren,  was  nicht  ausschlieBt,  daB  zusa'tzliche  Themen 
behandelt  werden.  Die  Themen  der  noch  vorra'tigen  Hefte: 
Heft  3  -  Politische  Jugendbildung;  Heft  4  -  Mb'glichkeiten  und  Grenzen 
der  Lohnpolitik;  Heft  5  -  Verscharfte  Arbeitsbelastung  -  Betriebsnahe 
Bildungsarbeit  mit  Jugendlichen. 

4)  Der  Info  Sozialarbeit ,  der  seit  Ende  vorigen  Jahres  erscheint,  hat 
etwa  750  Abonnenten,  die  Auflage  betragt  3  000  -  5  000  Stuck.  Am  Info 
arbeiten  etwa  8  bis  10  Gruppen  aus  dem  Sozialisationsbereich  standig 
mit.  Durch  den  Info  haben  jedoch  in  kurzer  Zeit  verha'ltnisma'Big  viele 
Gruppen  aus  dem  Sozialisationsbereich  (mindestens  30)  zum  Sozialisti- 
schen  BUro  Verbindung  aufgenoirmen,  die  bisher  jedoch  nicht  stabili- 
siert  werden  konnte.  -  Es  ist  beabsichtigt,  zum  Jugendhilfetag  1974 
eine  sozialistische  Aktion  vorzubereiten,  die  u.a.  die  Kooperation 
linker  Gruppen  im  Sozialisationsbereich  verbessern  dlirfte. 
Auch  der  Info  Sozialarbeit  bringt  je  Heft  ein  Schwerpunktthema: 
Heft  1  -  Fursorgeerziehung;  Heft  2  -  Sozialarbeit  in  Institutionen; 
96  Heft  3/4  -  Sozialarbeit  zwischen  Selbstorganisation  undBurokratie. 


5)  Der  Sozialistische  Lehrerbund  (SLB)  hat  120  Mitglieder  (Aufruf 
zur  Liberregionalen  Organisierung  im  SLB/Sozialistisches  BUro  vor 
etwa  einem  Jahr).  Es  gibt  Liber  diese  festen  Mitgliedschaften  hinaus 
mehrere  Gruppen  und  einzelne  Genossen,  mit  denen  Verbindung  und  auch 
Kooperation  besteht,  die  jedoch  noch  keine  feste  Mitgliedschaft  ein- 
gegangen  sind,  da  auch  noch  keine  zentrale  Konferenz  seit  dem  Aufruf 
stattfand.  Eine  solche  SLB-Tagung  soil  noch  bis  Jahresende  1973  statt- 
finden.  Die  Abonnentenzahl  des  SLB-Info  liegt  etwas  Liber  2  000.  Die 
verkaufte  Auflage  schwankt  zwischen  4  000  bis  6  000  Exemplaren,  je 
nach  Schwerpunktthema.  Zur  Zeit  sind  im  Vertrieb  (die  Ausgaben  1  bis 
11  sind  vol  Tig  vergriffen):  Heft  12  -  Zusammenfassung  der  wichtigsten 
Beitrage  aus  den  zuvor  erschienenen  Infos;  Heft  13  -  Grundschule; 
Heft  14  -  Gesamtschule;  Heft  15  -  Berufsschule.  Weiterhin  geben  SLB 
und  Sozialistisches  Biiro  die  Reihe  Roter  Pauker  (Materialien  fur  Leh- 
rer)   heraus;  Heft  1:  Unterrichtseinheit  Verhaltenssteuerung  -  Abwei- 
chendes  Verhalten,  Dritte  Auflage,  10  000  Exemplare  -  Heft  2:  Unter- 
richtseinheit Arbeit,  Dritte  Auflage,  10  000  Exemplare  -  Heft  3:  Dis- 
ziplinierung  von  Lehrern  -  Materialien,  Analysen,  Hinweise  zum  Berufs- 
verbot,  Dritte  Auflage,  25  000  Exemplare  -  Heft  4:  Unterrichtseinheit 
Lehrlingsausbildung  in  der  BRD,  Zweite  Auflage,  8  000  Exemplare  - 
Heft  5:  Materialien  zur  Arbeitsfeldanalyse  des  Lehrerberufs,  Dritte 
Auflage,  12  000  Exemplare  -  Heft  6:  Unterrichtseinheit  Lateinamerika, 
Erste  Auflage,  5  000  Exemplare  -  Heft  7:  Materialien  zur  Geschichte 
der  politischen  Lehrerbewegung,  Teil  I,  1789  -  1933,  Erste  Auflage, 

5  OO0  Exemplare  -  Heft  8:  Materialien  zur  Schulbuchproduktion,  Erste 
Auflage,  5  000  Exemplare. 

6)  Das  Arbeitsfeld  Landwirtschaft  wird  Liber  das  SZ  Stuttgart  organi- 
siert  (Agrargruppe  Universita't  Hohenheim).  Es  fanden  einige  u'berre- 
gionale  Seminare  des  Arbeitsfeldes  statt  .  In  unreaelmafiiier  Folqe 
erscheint  "Zur  Sache",  eine  Zeitung  fiir  Landjugendliche  und  Studen- 
ten.  In  der  Reihe  Plakat-Bauernverlag  sind  funf  Titel  (Auflagen 
zwischen  2  000  bis  3  000)  erschienen;  Heft  1  -  Theorie  der  Bauern- 
revolution;  Heft  2  -  Westdeutsche  Landwirtschaft  im  Spa'tkapitalismus; 
Heft  3  -  Bauer  was  nun?  Beitrage  zur  Agrarfrage  in  der  BRD;  Heft  4  - 
Harxismus  und  Landwirtschaft;  Heft  5  -  Studienmateri alien  zur  Agrar- 
politik  und  Agrarwirtschaft  sozialistischer  Lander. 

7)  Die  Organisierung  von  Zusammenarbeit  sozialistischer  Studenten- 
gruppen  ist  in  letzter  Zeit  nur  wenig  vorangekommen,  dies  sicher  auch 
deshalb,  weil  die  Verbindungsgruppe  zum  Sozialistischen  Biiro,  die 
Frankfurter  SF-Gruppe,  de  facto  nicht  mehr  besteht.  Es  fanden  im 
letzten  Wintersemester  zwei  Seminare  statt,  (am  Emanzipationsseminar 
Anfang  Mai  beteiligten  sich  etwa  300  Studenten).  Es  kommt  jetzt  darauf 
an,  uber  einen  KoordinationsausschuB  fur  sozialistische  Studentengrup- 
pen  die  Zusammenarbeit  zu  stabilisieren.  Es  besteht  u'ber  das  Sozia- 
listische BUro  ein  Austausch  von  Zeitungen,  Papers  und  ahnlichen 
Materialien  der  mit  dem  Sozialistischen  BUro  kooperierenden  Studen- 
tengruppen;  an  diesem  Austausch  beteiligen  sich  etwa  20  Gruppen. 

8)  Weitere  Arbeitsbereiche,  in  denen  Kooperation  zu  organisieren  wa- 
re, da  Ansa'tze  bereits  vorhanden  sind:  Wissenschaftsbereich/Uni ; 
Technik/Naturwissenschaften  (wird  bereits  von  Aachener  Genossen  koor- 
dim'ert);  Krzt.e  (will  SZ  Stuttgart  koordirieren) .  QJ 


98 


9)  Die  im  Frlihjahr  versuchte  Fragebogenaktion  (es  haben  sich  bei  weitem 
nicfit  alle  Gruppen  beteiligt)  und  die  bereits  bestehenden  und  neuen 
Kontakte  ergeben,   da(3  etwa  250  Gruppen  Sich   in   politischer  Na'he  zum 
Sozialistischen  BUro  verstehen.   Soweit  Arbei tsfelder  des  Sozialisti- 
schen  Bu'ros  bestehen,   beteiligen  sich  solche  Gruppen  teils  regelma'Sig, 
teils  sporadisch  an  dieser  Arbeit .Schwieriger  ist  es,  zu  den  ver- 
schiedenen  Provinzgruppen  (oft  Jugendgruppen)   und  zu  Gruppen,  die  kein 
spezifisches  Arbeitsfeld  haben,  Verbindung  zu  ha  1  ten.   Eine  Zusammen- 
arbeit  diirfte  hier  [jberhaupt  erst  iiber  regionale  Zusammenschlusse 
mbglich  sein.  Allerdings  lassen  sich  iiber  die  Versuche  von  Koopera- 
tion  auf  regionaler  Ebene  beim  gegenwa'rtigen  Stand  noch  keine  genauen 
Angaben  machen,  da  mit  Ausnahme  des  SZ  Stuttgart  solche  Initiativen 
erst  in  jungster  Zeit  anlaufen.    Initiativen  bestehen  bzw.  werden  von 
Gruppen  am  Ort  vorbereitet  in  Miinchen   (Siidbayern) ,  Mannheim/Ludwigs- 
haften/Heidelberg,  Frankfurt,  Marburg,  Kb'ln,  Duisburg/Dortmund 
(Ruhrgebiet ),  Bielefeld  und  Bremen. 

10)  Da  der  politische  und  organisatorische  EinfluB  der  Basis-  und 
Projektgruppen,  die  im  Zusammenhang  mit  dem  Sozialistischen  Biiro  ar- 
beiten,  und  die  Ta'tigkeit  des  Sozialistischen  Biiros  selbst  wegen  der 
Vielfalt,  Verschiedenartigkeit  und  Ungleichzeitigkeit  der  Arbeit  nur 
schwer  zusammenfassend  dargestellt  werden  kann,  soil   dies  hier  an- 
hand  der  Chile-Aktivitaten  beispielhaft  versucht  werden. 
Bekanntlich  haben  wir  bereits  vor  dem  Putsch  mehrfach  in  "links" 
iiber  die  Entwicklung  in  Chile  berichtet.  Sofort  nach  dem  Putsch  haben 
wir  eine  erste  politische  Erkla'rung  "Aufruf  zur  Solidarita't"  verfaBt 
und  diese  in  Frankfurt  mit  ca.   20  Gruppen  diskutiert  und  an  die  Adres- 
saten  der  Protokollnotizen  verschickt.  Dieser  Text,  der  auf  eine  Un- 
terstiitzung  des   chilenischen  Basis-Widerstandes  im  Kampf  fur  ein 
sozialistisches  Chile  abzielte,  findet  sich  ganz  oder  auszugsweise  in 
vielen  Bundnisaufrufen  fiir  brtliche  Aktionen,  in  Beschllissen  von  ort- 
lichen  Gewerkschaften,   auch  von  SPD-Gremien  usw.   Der  Aufruf  wurde 

von  der  Konferenz  der  Chile-Komi  tees  ubernommen. 

Gleich  in  den  ersten  Tagen  nach  dem  Putsch  haben  wir  das  "links"-Chi le- 
Extrablatt  herausgebracht,  das   in  einer  Auflage  von  170  000  Exemplaren 
verbreitet  und  auch  alien  Abonnenten  von  "links"  und  "express"  zuge- 
leitet  wurde.  Dieses  Extrablatt  und  der  Aufruf  hatten  die  Funktion, 
die  StoBrichtung  der  Chile-Aktionen  zu  strukturieren.    Es  folgte  unser 
zweites  Flugblatt  fur  allgemeine  Aufklarungsaktionen  unter  der  Bevol- 
kerung,  vor  Betrieben  und  bei  Veranstaltungen.  Dieses  zweite  Flug- 
blatt erreichte  eine  Auflage  von  600  000  Stuck.  Das  Plakat  "Chile   - 
der  Kampf  geht  weiter"  wurde  in  einer  Auflage  von  13  000  Stuck  ver- 
breitet. Die  Oktober-Ausgabe  "links"   (Chile  als  Hauptthema)  wurde 
20  000  mal  gedruckt,  und  wir  muBten  jetzt  5  000  Stuck  nachdrucken. 
Die  Broschiire  "Dokumente  zur  Entwicklung  in  Chile"   (Auflage  10  000 
Stiick)  enthielt  das  erste  zusammengefaBte,  umfangreiche  Chile-Mate- 
rial zur  inhaltlichen  Information  und  Diskussion. 

Weiterhin  haben  wir  in  alien  Drucksachen  immer  gezielt  fiir  die  Chile- 
Nachrichten  geworben,  was  erheblich  zu  deren  schnell  steigender  Auf- 
lage beigetragen  haben  diirfte.  Hinzu  kamen  noch  das  Chile-Plakat 
des  SLB  und  die  Chile-Aktivitaten  wahrend  der  Buchmesse.   Nicht  zu- 
letzt  haben  wir  durch  den  weit  verbreiteten  Spendenaufruf  "Fiir  ein 
sozialistisches  Chile"  bisher  iiber  DM  60  000  an  Spenden  gesammelt 
(der  Transfer  unserer  Spenden  ist  mit  dem  Berliner  Komitee  "Solida- 


rita't mit  Chile"  und  mit  der  AELA  Miinchen  koordiniert;  das 
Geld   kommt  direkt  an  die  Basis  des  chilenischen  Widerstands). 
Nun    kann  jedes  Biiro  drucken  lassen  und  jede  Druckerei  druckt  (wenn 
geniigend  Geld  da  ist)  -  wichtiger  ist  zur  Einscha'tzung  der  Gruppen- 
aktivitaten  im  politischen  Zusammenhang  des  Sozialistischen  Bu'ros, 
wie   diese  Materialien  unter  die  Leute  gekommen  sind.  Das  sieht  bei 
den    insgesamt  rund  800  000  Flugblattern  so  aus:  etwa  13  000  gingen 
an   die  Abonnenten  von  "links"  und  "express";  etwa  90  000  wurden  bei 
den    verschiedenen  Aktionen,   Informationsstanden  im  Raum  Frankfurt 
(einschl  ieBlich  Buchmesse)  verbraucht;  in  Mengen  zwischen   1  000  und 
10   OOO  Stiick  wurden  von  etwa  170  Gruppen,  Aktionskomitees  usw.  aus 
der   gesamten  BRD  etwa  550  000  Flugblatter  angefordert  Oder  abgeholt; 
in   Mengen  zwischen  100  und  1  000  Stiick  wurden  von  etwa  430  Genossen 
und   Gruppen  ca.  80  000  Flugblatter  abgenommen. 

(Zusanmengestellt  Anfang  November  1973) 


Qrqanisatorischer  Rahmen  des  Sozialistischen  Bu'ros 


Dieser  organisatorische  Rahmen  des  Sozialistischen  Buros  wurde  aitf 
dev   eTWeiterten  Arbeitsgruppentagung  am  3./4.   November  in  Frankfurt 
diskutiert  und  von  den  etwa  200  anwesenden  Mitarbeitern  des  Sozialisti- 
schen Biiros  und  Vertretern  sozialistischer  Gruppen  bei  einer  Gegen- 
stimme  und  14  Enthaltungen  beschloesen.   Der  organisatorische  Rahmen 
■ist  als  ein  experimentelles  Modell  zu  verstehen.  Die  weitere  Praxis 
und  Kooperation  im  politischen  Zusammenhang  des  Sozialistischen  Biiros 
wird  zeigen,   wo  Korrekturen  an  diesem  organisatorischen  Rahmen  vor- 
zunehrmn  sind. 

Das  Sozialistische  Biiro  geht  davon  aus,  daB  die  Entwicklung  einer  neuen 
sozialistischen  Bewegung  in  der  Bundesrepublik  nur  von  unten  her, 
d.h.   im  LernprozeB  von  Klassenauseinandersetzungen  in  den  Betrieben 
und*BUros,  durch  Erfahrungen  in  Schulen,  Hochschulen  und  anderen  ge- 
sellschaftlichen  Bereichen,  mbglich  ist.  Die  Ta'tigkeit  des  Sozialisti- 
schen Biiros  ist  darauf  gerichtet,  solche  Auseinandersetzungen  prak- 
tisch  voranzutreiben  und  theoretisch  zu  verarbeiten.  Das  zentrale 
Arbeitsfeld  des  Sozialistischen  Biiros  liegt  deshalb  bei   den  Gruppen, 
die  sich  im  Betrieb,  in  den  Gewerkschaften,  im  Berufsfeld,  Ausbil- 
dungssektor  Oder  wohnbereich,  im  Alltag  der  Klassenauseinandersetzun- 
gen engagieren.  Aktionen,  die  das  Sozialistische  Biiro  entwickelt  und 
Verb'ffentlichungen,  die  es  herausgibt,  sind  vor  allem  Instrumente 
dieser  Praxis.   Politische  Arbeit  im  Zusammenhang  des  Sozialistischen 
BUros  bedeutet  also  kontinuierliche  Beteiligung  an  lokalen,  auf  Be- 
triebe  und  Gewerkschaften  oder  spezifische  Berufs-  bzw.  Ausbildungs- 
felder  bezogene  Gruppen  oder  an  u'berregionalen  Projekten,  die  hier- 
fu'r  Unterstlitzung  geben. 

In  der  ersten  Aufbauphase  des  Sozialistischen  Bu'ros  haben  sich  dabei 
unterschiedliche  Formen  einer  organisierten  Zusammenarbeit  in  den 
verschiedenen  Arbeitsbereichen  herausgebildet.   -  So  wird  beispiels- 
weise  die  Redaktionsarbeit  fiir  "links"  bislang  von  der  Redaktion  mit      99 


100 


einem  relativ  offenen   (Frankfurt/Offenbacher)  Diskussionskreis  koor- 
dim'ert,  und  so  die  Mitarbeit  auch  von  Genossen,  die  nicht  direkt  der 
Redaktion  angehoren,  ermb'glicht.   -  Die  Betriebs-  und  Gewerkschaftsar- 
beit  beispielsweise  wird  von  der  "express"-Redaktion  in  Zusaramenar- 
bei't  mit  einer  Redaktionskonferenz  diskutiert  und  in  den  Grundzligen 
festgelegt.  An  dieser  Redaktionskonferenz  beteiligen  sich  Kollegen 
aus  den  Betrieben  und  Gewerkschaften,   Betriebsgruppen  sowie  Wissen- 
schaftler,  die  Liber  Betriebs-  und  Gewerkschaftsfragen  arbeiten,    - 
Mit  der  von  ihrer  Redaktionskonferenz  herausgegebenen  theoretischen 
Zeitschrift  "Probleme  des   Klassenkampfs"  arbeiten  wir  zusammen,  wo- 
bei    demnachst  Liber  eine  Redaktionskorrespondenz  und  iiber  regelma'Sige 
Arbeitstagungen  eine  Kooperation  mit  Redaktionskreisen  und  auch  einzel- 
nen  Genossen  des  Sozialistischen  BLiros  hergestellt  werden  soil.    - 
Das  Redaktionskollektiv  Arbeiterbildung  organisiert  seine  Zusammen- 
arbeit  und  Kommunikation  liber  Seminare,  die  schwerpunktma'Big  auf  ein- 
zelne  Themen  der  Bi Idungsarbeit  konzentriert  sind.  Dabei  werden   (ne- 
ben  der  engeren  Gruppe  des  Redaktionskollektivs)  stets  neue  Genossen 
aus  den  verschiedenen  Bereichen  der  Bildungsarbeit  in  den  Diskus- 
sions-  und  Arbeitszusammenhang  einbezogen,  und  es  entstehen  spezifi- 
sche  Arbeitsprojekte  verschiedener  Bereiche  von  Bildungsarbeit.   - 
Der  Sozialistische  Lehrerbund  organisiert  sich  in  einer  Mitglieder- 
organisation    ,  die  langerfristig  die  Bildung  stabiler,  kontinuierlich 
arbeitender  brtlicher  Gruppen  fbrdert  und  auch  die  vereinzelten  Leh- 
rergenossen  in  die  Arbeit  einbeziehen  soil.   -  Der  Info  Sozialarbeit 
wird  bisher  von  Gruppen  aus  verschiedenen  Praxisfeldern  dieses  Be- 
reichs  gestaltet,  wobei  einzelne  Gruppen  bestimmte  Themen  libernehmen, 
die  dann  auf  gemeinsamen  Arbeitstagungen  diskutiert  und  liber  den  Info 
publiziert  werden.    -  Im  Arbeitsfeld  Agrarpolitik  geht  es  zur  Zeit 
noch  vor  allem  darum,  die  vereinzelten  Genossen  aus  Landjugendgruppen 
und   linke  Agrarstudenten  und  Agrarwissenschaftler  in  einen  kontinuier- 
lichen  Diskussions-  und  Arbeitszusammenhang     zu  bringen.   -  Im  Bereich 
internationaler  sozialistischer  Solidarita't  arbeitet  das  Sozialisti- 
sche BLiro  mit  antiimperialistischen  Dritte-Welt-Gruppen  zusammen, 
werden  Solidaritatsaktionen  und  Kampagnen  organisiert  und  Broschiiren 
publiziert.   -  Fur  weitere  Arbeitsfelder  (sozialistische  Studenten- 
gruppen,  Wissenschaftsarbeiter,   Bereich  Technik/Naturwissenschaft, 
sozialistische  ttrzte  usw.),  deren  Koordination  zur  Zeit  zur  Diskuss'on 
steht,  werden  ebenfalls   jeweils  spezifische  Kooper.jtionsformen  zu  ent- 
wickeln  sein.    -  Auch  beim  Aufbau   regionaler  Zentren  veHVuft  die  Or- 
ganisierung  unterschiedl ich,   -  hier  sind  es  vornehmlich  die  bereits 
bestehenden  und  gefestigten  Gruppen,  dort  eher  einzelne  Genossen, 
die  mit  Gruppen  und  Lesern  der  Publikationen  des  Sozialistischen  Bii- 
ros  die  Kooperation  und  politischen  Aktivitaten  im  Regionalbereich 
organisieren  und  koordinieren. 

Diese  Vielfalt  organisierter  Zusammenarbeit  kann  und  soil   nicht  in 
ein  "verbindlich"  erklartes  Organisationsschema  genreBt  werden.   Je- 
doch  muB  jetzt  eine  Form  gefunden  werden,   urn  eine  kontinuierliche 
praktische  und  theoretische  Verstandigung  derjenigen  Gruppen  und  Ge- 
nossen, die  sich  mit  der  politischen  Richtung  des  Sozialistischen 
Bliros  verbunden  fuhlen,   zu  sichern  und  urn  zugleich  zu  gewahrleisten, 
dal3  Argumente  und  Aktionen  des  Sozialistischen  Biiros  sich  auf  einen 
EntscheidungsprozeS  aller  beteiligten  Gruppen  und  Genossen  griinden. 
Es  wird  deshalb  beschlossen,  fur  die  nachste  Phase  der  Entwicklung 


die  organisatorische  Struktur  des  Sozialistischen  BLiros  in  folgen- 
der  Weise  neu  zu  ordnen  (Organisatorischer  Rahmen  der  Arbeitsgrup- 
pe  Sozialistisches  Bliro): 

1.  Die  Arbeitsgruppe  Sozialistisches  BLiro  b'ffnet  sich  fur  diejenigen 
Genossen,   die  ihre  politische  Praxis  im  Zusammenhang  des  Sozialisti- 
schen Bliros  bestimmen.  Mitglieder  der  Arbeitsgruppe  Sozialistisches 
Bliro  kbnnen  demnach  solche  Genossen  werden,  die  an  lokalen  sozialisti- 
schen Zentren,  an  auf  spezifische  Arbeitsfelder  bezogenen  Arbeits- 
kreisen    (Betriebs-  und  Gewerkschaftsarbeit,  Bi ldungsarbeiter,   SLB, 
Sozialarbeitergruppen,  Arbeitsfeld  Landwirtschaft,  Hochschulgruppen 
usw.)    oder  an  bestimmten  Projekten   (Zeitschriften  des  Sozialistischen 
BLiros,   Kampagnen  des  BUros  usw.)  aktiv  beteiligt  sind.  Antrage  auf 
Neuaufnahme  von  Genossen  in  die  Arbeitsgruppe  Sozialistisches  Biiro 
kbnnen   von  Gruppen  und  Projekten  oder  von  Mitgliedern  der  Arbeitsgrup- 
pe Sozialistisches  Bliro  vorgelegt  werden.  Die  Mitarbeit  an  einem  regio- 
nalen   Zentrum  oder/und  an  Arbeitsfeldern  und  Projekten  des  Sozialisti- 
schen Bliros   ist  also  Voraussetzung  fur  eine  Mitgliedschaft  in  der 
Arbeitsgruppe  Sozialistisches  BLiro.  Die  Mitgliedschaft  in  der  Arbeits- 
gruppe  ist  jedoch  nicht  Voraussetzung  fur  die  Mitarbeit  in  Gruppen 

und   Projekten   im  Zusammenhang  des  Sozialistischen  BLiros.  Ortliche 
und  auf  spezifische  Arbeitsfelder  orientierte  sozialistische  Basis- 
gruppen  kbnnen  sich  korporativ  der  Arbeitsgruppe  Sozialistisches 
BLiro  anschlieBen.   Sie  sollten  gleichzeitig  in  regionalen  Zentren  bzw. 
an  der  uberort lichen  Kooperation  ihres  Arbeitsfeldes  bzw.  deren  Auf- 
bau mitarbeiten. 

2.  Die  Arbeitsgruppe  Sozialistisches  BLiro  tritt  mbglichst  zwei-  bis 
dreimal,  mindestens  jedoch  einmal    im  Jahr  zu  einer  Voll versammlung 
zusammen.   Funktionen  der  Vol lversammlung  sind: 

a)  Diskussion  und  Bestimmung  der  politischen  Linie  sowie  zentraler 
Kampagnen  des  Sozialistischen  Biiros; 

b)  Wahl  von  vier  Mitgliedern  des  Arbeitsausschusses  des  Sozialisti- 
schen BLiros; 

c)  Wahl  von  flinf  bis   sieben  Mitgliedern  der  Redaktion  der  Zeitung 
"links"  als  des  allgemeinen  Organs  des  Sozialistischen  Biiros. 

3.  Im  Rahmen  der  vereinbarten  politischen  und  organisatorischen  Ober- 
einstimmung  arbeiten  die  regionalen  Zentren,  die  Arbeitsfelder  und 
Redaktionen  wie  bisher  autonom.   Sie  bestimmen   ihre  Organisations- 
form  nach  den  Bedingungen  ihrer  Arbeit.    Die  "links"-Redaktion  bildet 
einen  erweiterten  Redaktionskreis   aus  Mitgliedern  der  Arbeitsgruppe, 
Die  Arbeitsgruppe  wird  flir  weitere  strategisch  wichtige  Felder,  in 
denen  bisher  keine  Kooperation  besteht,  mit  Genossen  aus  solchen  Be- 
reichen Initiativausschiisse  zum  Aufbau  einer  organisierten  Koopera- 
tion  bilden.   Die  Arbeitsgruppe  wird  den  Aufbau  weiterer  regionaler 
Zentren  unterstutzen, 

4.  Neben  die  Arbeitsgruppe  tritt  als  wei teres  Organ  ein  Projektaus- 
schuB  des  Sozialistischen  BLiros.  Dieser  hat  die  Funktion,  laufend 
die  regionalen,   publizistischen  und  arbeitsfeldbezogenen  Aktivitaten 
des  SozialistischenBLiros  zu  koordinieren.   Der  ProjektausschuB  tritt 
mindestens  viermal   im  Jahr  zusammen.  Der  ProjektausschuB  wahlt  wei- 
tere vier  Mitglieder  des  Arbeitsausschusses  des  Sozialistischen  Biiros. 
Im  ProjektausschuB  vertreten  sind  je  zwei  Mitglieder  regionaler  Zent- 


101 


SOZIALISTISCHES  BURO  +  VERLAG  2000  GMBH 
ALLE  LIEFERBAREN  TITEL;  FRtJHJAHR  1974 

Ansatzpunkte  sozialistischer  Politik  in  der  BRD  -  Thesen  der 

Arbeitsgrjppe  Sozial  istisches  BLiro,  DM  2.— 
Kofler/Buro:  Vom  Handelskapitalismus  zum  Neo-Imperialismus  der 

Gegenwart.  Eine  Einflihrung  in  die  Entwicklung  der  blirgerlichen 

Gesellschaft,  DM  5.-- 
Conert:  Die  politischen  Grundrichtungen  innerhalb  der  deutschen 

Sozialdemokratie  vor  dem  ersten  Weltkrieg,  DM  5.— 
Schafer:  Die  Kommunistische  Internationale  unddsr  Faschismus,  DM  8.— 
Evers/Lehmann:  Politisch-Okonomische  Determinanten  fUr  Planung  und 

Politik  in  den  Kommunen  der  BRD,  DM  10. — 
Autorenkollektiv  Assistentenpool :  Bedingungen  und  Perspektiven  der 

Stadtteilarbeit,  DM  4.-- 
Van  Spall:  Obersicht  deutschsprachiger  Periodika  der  unabhangigen 

sozial istischen  Linken,  DM  2.50 

REIHE  BETRIEB  UND  GEWERKSCHAFTEN 

Redaktionskollektiv  "express":  Spontane  Streiks  1973  -  Krise  der 

Gewerkschaftspolitik,  DM  5, — 
Politisches  Ende  der  EVA?  Dokumentation  zum  Medienverstandnis  der 

Gewerkschaften,  DM  3.— 
Conert:  Gewerkschaften  heute  -  Ordnungsfaktor  oder  Gegenmacht?  DM  3.3o 
Kosack/Castles:  Auslandische  Arbeiter  und  Klassenkampf ,  DM  4.— 
Redaktionskollektiv  "express":  Gewerkschaf tl iche  Vertrauensleute 

fiir  eine  antikapitalistische  Betriebsstrategie,  DM  2.5o 
Betriebsratswahl  Merck  1972.  Eine  Dokumentation,  DM  4.— 

REIHE  INTERNATIONALE  SOLIDARITAT 
Dokumente  zur  Entwicklung  in  Chile,  DM  5.— 
Wenzel/Krippendorff/Agnoli:  Klassenkampfe  und  Repression  in  Italien. 

Am  Beispiel  Valpreda,  DM  5.— 
Brasilien-Report,  DM  2.5o 

Industrialisierung,  Fremdkapita]  und  Zwangsarbeit  in  Siidafrika,  DM  4.— 
Portugal  und  die  NATO,  DM  4.-- 

REIHE  ROTER  PAUKER 

Unterrichtseinheit  (UE)  Arbeit,  DM  4.— 

UE  Verhaltenssteuerung  -  Abweichendes  Verhalten,  DM  4.— 

UE  Lehrlingsausbildung  in  der  BRD,  DM  3.5o 

UE  Lateinamerika,  DM  4.-- 

Disziplinierung  von  Lehrern.  Materialien,  Analysen,  Hinweise  zum 

Berufsverbot,  DM  4.— 
Materialien  zur  Arbeitsfeldanalyse  des  Lehrerberufs,  DM  4.— 
Materialien  zur  Geschichte  der  politischen  Lehrerbewegung  I 

(1789  -  1933),  DM  2.50 
Materialien  zur  Schulbuchproduktion.  Analyse,  Tendenzen,  Alterna- 

tiven,  DM  4.— 
UE:   Bundeswehr  und  Rustung   in  der  BRD,  DM  5,— 
PLAKAT-BAUERNVERLAG 

Alavi:  Theorie  der  Bauernrevolution,  DM  4.— 

Rechtziegler:  Westdeutsche  Landwirtschaft  im  Spa'tkapital  ismus,  DM  5.— 
Bauer  was  nun?  Beitrage  zur  Agrarfrage  in  der  BRD,  DM  4.— 
Kemper:  Marxismus  und  Landwirtschaft,  DM  5.-- 

Bergmann:  Agrarpolitik  und  Agrarwirtschaft  sozialistischer  Lander, 
DM  lo.- 

Verlag  2ooo  GmbH,  6o5  Offenbach  4,  Postfach  591 


ren   des  Sozialistischen  Biiros,  je  zwei   Mitglieder  der  Redaktionen 
der   in  Verbindung  mit  dem  Sozialistischen  Biiro  herausgegebenen  Pu- 
blikationen  und  je  zwei  Mitglieder  der  iiberregionalen  arbeitsfeld- 
bezogenen  Gruppierungen  im  Zusammenhang  des  Sozialistischen  Biiros. 
Die  Mitglieder  des  Projektausschusses  werden  von  den  arbeitenden  Ge- 
nossen  in  den  einzelnen  regionalen  Zentren,  in  den  Redaktionskreisen 
und  den  arbeitsfeldbezogenen  Gruppierungen  fiir  jeweils  ein  Jahr  ge- 
wahlt.  Wahlbar  sind  dabei   nur  Mitglieder  der  Arbeitsgruppe  Sozial isti - 
sches   Biiro.   Die  Beratungen  des  Projektausschusses  sind  alien  Mit  - 
gliedern  der  Arbeitsgruppe  zuganglich.   Ober  die  Ergebnisse  der  Bera- 
tungen des  Projektausschusses  sind  die  Mitglieder  der  Arbeitsgruppe 
durch  einen   Informationsrundbrief  zu  unterrichten. 

5.  Der  ArbeitsausschuB  des  Sozialistischen  Bu'ros  sichert  die  organi- 
satorische  Kontinuitat  der  Aktivitaten  des  Biiros.  Der  ArbeitsausschuB 
wi  rd   jeweils   auf  ein  Jahr  gewahlt.   Wahlbar  sind  dabei   nur  Mitglieder 
der  Arbeitsgruppe  Sozialistisches  Biiro.   Ober  die  Ergebnisse  der  Be- 
ratungen des  Arbeitsausschusses  sind  die  Mitglieder  der  Arbeitsgrup- 
pe  durch   den   Informationsrundbrief  zu  unterrichten.   Der  Arbeitsaus- 
schuB wird  ermachtigt,  die  im  Rahmen  der  Aufgabenstellung  erforder- 

1  i chen  und  rechtlich  notwendigen  Regelungen  zu  treffen. 

6.  Neue  Mitgliedschaften  in  der  Arbeitsgruppe  Sozialistisches  Biiro 
miissen  gegeniiber  dem  ArbeitsausschuB  erklart  und  von  ihm  bestatigt 
werden.  Im  Falle  der  Ablehnung  einer  Mitgliedschaft  durch  den  Arbeits- 
ausschuB kbnnen  die  Vorschl agenden  und  der  Bewerber  den  Antrag  auf 
Aufnahme  dem  Projektausschuss  und/oder  der  Vollversammlung  _der  Ar- 
beitsgruppe Sozialistisches  Buro  zur  endgiiltigen  Entscheidu'ng  vorlegen. 

7.  Jedes   Mitqlied   (also  auch  korporativ  angeschlossene  Gruppen)   hat 
in  der  Arbeitsgruppe  eine  Stimme.    Im  ProjektausschuB  sind  neben  den 
gewahlten  Vertretern  der  regionalen  Zentren,  der  Redaktionen  und  der 
Iiberregionalen,  arbeitsfeldbezogenen  Gruppierungen  auch  die  Mitglie- 
der des  Arbeitsausschusses  stimnberechtigt.   -  Grundsatzlich  wird 
angestrebt,   in  den  Entscheidungen  der  Arbeitsgruppe,  des  Projektaus- 
schusses und  des  Arbeitsausschusses  Obereinstimmung  zu  erzielen.   Sind 
Abstimmungen  unumganglich,   so  wird  mit  einfacher  Mehrheit  entschieden. 
Stark   vertretene  Minderheitspositionen  kcmmen  im  Informationsrund- 
brief der  Arbeitsgruppe  bzw.    in  "links"  zu  Wort. 

8.  Zur  Finanzierung  der  Arbeit  des  Sozialistischen  Biiros  zahlt  jedes 
Mitglied  monatlich  einen  Beitrag  von  mindestens  10  DM  (Ausnahmen 
kbnnen  vereinbart  werden).    -  Der  finanziellen  Unterstiitzung  dient  auch 
der  "Fbrdererkreis  Sozialistisches  Biiro",  dem  sich  alle  jene  Genossen 
anschlieBen  sollen,  die  nicht  aktiv  in  der  Arbeitsgruppe  Sozialistisches 
Biiro  mitarbeiten  kdnnen,  jedoch  das  Biiro  und  seine  Prpjekte  auf  die- 

se  Weise  unterstiitzen  mbchten.    Fbrderer  bestimmen   ihren  Beitrag 
selbst  (jedoch  mindestens  5  DM  monatlich). 


103 


PROBLEME 
DES  KLASSEN- 
KAMPFS  *  10 


ca.  150  Seiten 


DM  6,00 


Helga  Fassbinder: 


Gewerkschaf'ten: 

Manfred  Scharrcr/ 
Dieter  Schuttc 


Preisbildung,  Monopol  und  Spekulation  beim 
stadtischen  Boden 

Redaktionskollektiv      Neuc  Momenta  in  der  Klassenbewegung  1973 
in  der  MetalJindustrie 

Die  „Iiterarischen  Reprasentanten"  der  DKP- 
Kritik  am  Projekt  Klassenanaly.se 

Protokoll  der  Diskussion  in  der  Redaktions- 
konferenz  zum  Aufsat/.  von  Scharrer/Scliutte 

Zn  den  Klassenkampfen  in  Chile 

Interview  mil  Urs  Miiller-Plantenberg 

Erklarung  zur  Unterdriickiing  von  oppositio- 
nellen  Kraften  in  Peru 

Thesen  zum  Editorial  der  Redaktionskon- 
ferenz  (Prokla  Nr.6) 


Initiativgruppc 
Bad  Soden: 


Erhaltlich  in  den  Buchladen  oder  direkt  beim  Verlag: 
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ist  anzugeben  ab  welchem  Heft  die  Zusendung  gewiinscht  wird.  wobei  friihest- 
moglicher  Abo-Beginn  das  zutetzt  erschienene  Heft  ist. 
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nur  per  Post,  da  Bankiiberweisungen  mit  Gebiihren  belastet  werden. 


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SOZIALARBEIT 


Schwerpunktthemen: 

Jugendhilf er  echt 
und  Jugendhilf etag 

AuBerdem:  tGenscher-Reformf 
5  Falle  von  Disziplinierung 
Nachrichten/Termine/Hinweise 


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Offenbach  im  April  1974,  Preis  DM  3.-