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GaisbUhlstr. 28 y Ursula Harsch, 852 Erlangen-Fra
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t). Hannelore Warm*
JiKF0 SOZIALARBEIT
Heft Z/4
Sozialarbeit zwischen
Selbstorganisation
und BLirokratie
Dieser Informationsdienst S0Z1ALARBEIT wird im Sozialistischen Bliro
von Gruppen, die im Sozialisationsbereich arbeiten, herausgegeben.
Der Info dient der Kommunikation und Kooperation von Genossen, die
mit sozialistischem Anspruch im Feld der sozialen Arbeit tatig sind.
Der Info erscheint viermal jahrlich und kostet im Abonnement DM lo.-
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Herausgeber: Sozialistisches Bliro
6o5 Offenbach 4, Postfach 591
Verleger: Verlag 2ooo GmbH Offenbach
Erste Auflage, Oktober 1973, 5ooo Exemplare
Alle Rechte bei dem Herausgeber
Vertrieb: Verlag 2ooo GmbH, 6o5 Offenbach 4,
Postfach 591, Hone Str. 28 (Souterrain)
Postscheckkonto Frankfurt Nr. 61041-604
Presserechtlich verantwortlich: Uli Single, Offenbach
Druck: hbo-druck, Bensheim
INFO SOZIALARBEIT Heft 3/4
I N H A L T
Vorbemerkung zu dieser Ausgabe
M. Garrett:
Sozialarbeit - In wessen Auftrag
M. McNay/C. Stroud:
Islington - Die Vertrauensleute legen
ihren Fall dar
"Case-Con" Redaktionskollektiv:
Kommentar
AKSp Dusseldorf:
"FLirsorgezbgl inge" nehmen ihre Sache
selbst in die Hand
KKS Bielefeld:
Das Lehrstlick Brackwede oder die
objektiven Grenzen 'fortschri ttl icher'
Jugendamtspol itik im Recht
Initiativgruppe WegscheidestraBe Ffm:
Kampf zwischen El tern und Arbeiter-
wohlfahrt urn die Spielstube
Wohnkollektiv Bochum, Wittener StraBe:
Landschaftsverband Westfalen-Lippe
versucht Wohnkollektiv zu reglementieren
Peter van Spal 1 :
Tommy Weissbecker Haus
Zeitschriftenbibliographie Jahrgang 1971
zum Themenbereich "Heimerziehung"
Karola Pirl :
Aufruf zur Mitarbeit im Knast
Berufsverbot
Kleinanzeigen
Nachrichten
Seite 3
Seite 7
Seite 13
Seite 17
Seite 21
Seite 29
Seite 51
Seite 67
Seite 73
Seite 77
Seite 85
Seite 87
Seite 89
Seite 93
INFORMATIONSDIENST SOZIALARBEIT
Dieser Info dient der Information und Zusammenarbeit zwischen
sozialistischen Gruppen und einzelnen, die im Sozial isations-
bereich arbeiten und wendet sich an Sozialarbeiter, Sozial-
padagogen, Heimerzieher, Kindergartnerinnen, Sozialplaner ,
Psychologen, Erziehungsberatungsstellen, Kriminologen, Pfarrer,
Berufsschullehrer, Dozenten und Studenten an Fachausbildungs-
statten etc.
Im Mittelpunkt des ersten Heftes (November 1972) steht die FLir-
sorgeerziehung mit schwerpunktma'Biger Orientierung auf das Thema
"Wohngemeinschaft mit Jugendl ichen in der bffentl ichen Erzie-
hung". Folgende Themen wurden behandelt: Editorial zur Heraus-
gabe des Info - Sozialarbeit im Kapitalismus - Der Sozialarbei-
ter - Soziopsychische Situation der Sozialarbeiter - Schlag-
lichter zur Herkunft der "FLirsorge"jugendl ichen - Konkretionen
zum Aufbau eines Jugendkol lektivs - Verein soziale Ougendhilfe:
Konzeption fiir die Einrichtung einer Wohngemeinschaft mit Min-
derjahrigen in offentl icher Erziehung - Verdeutl ichung der Klas-
senlage der Sozialarbeiter anhand der im Kollektiv gemachten
Erfahrungen - "Die Kol lektiv-Zeitung" - Solidaritat mit dem Georg
von Rauch-Haus - Zunehmender Druck der Sozialblirokratie auf
Jugendgemeinschaften - Buchbesprechungen (Gefesselte Jugend,
Zur Sozial isation proletarischer Kinder; Material ien zur Lage
der Arbeiterjugend in Westberlin; Geschichte und Funktion der
Sozialarbeit) - Nachrichten.
Im Info Sozialarbeit 2 (Juni 1973) wurde schwerpunktma'Big das
Thema "Sozialarbeit in Institutionen" behandelt. Die einzelnen
Themen: Geschichte des AKS (Arbei tskreis Kritischer Sozialar-
beiter) Frankfurt - Probleme der Sozialarbeit bei freien Tragern
am Beispiel der evangel ischen Famil ienberatung Frankfurt - Kollek-
tivpraktikum im Heim - Bericht liber die Institutionalisierung
der Gemeinwesenarbeit mit Obdachlosen in Frankfurt (Lehrbeispiel
und seine Konsequenzen) - Diskussionsergebnis der 4. Redaktions-
sitzung zum Info 2 - Leserzuschriften - Material ien zum Thema
"Jugendkollektive" - Hinweise und Materialien aus der Sozial-
arbeit - Solidaritatserklarung - Kleinanzeigen.
Vorbemerkungen zu dieser Ausgabe
Ursprlinglich sollte das dieses Heft die Arbeit mit psychisch Kranken
thematisieren. Terminschwierigkeiten der Arbeitsgruppe verzbgern die-
ses Vorhaben. Aus diesem Grunde haben wir uns in der letzten Redak-
tionssitzung am 7.7.73 in Bochum auf folgende Strukturierung geeinigt:
- Drei Aufsatze aus der revolutionaren Sozial arbei terzeitschri ft
"Case-Con" schlieBen an das Info Heft Nr. 2 "Sozialarbeit in Institu-
tionen" an. Sie schildern Konfliktverlauf und Konfliktverarbeitung
aus der Sicht der Betroffenen, der Vertrauensleute und der Case-Con-
Herausgeber. Die Auswahl und Obersetzung dieser Berichte erschien
uns m'cht nur wichtig ftir einen beginnenden Erfahrungsaustausch mit
auslandischen Sozialarbeitergruppen, sondern auch im Hinblick auf tak-
tische und organisatorische Probleme von Sozialarbeitergruppen wenn
es gilt, KampfmaBnahmen fur von Disziplinierung betroffene Kollegen
durchzufiihren. Der geschilderte Konflikt zeigt deutliche Parallelen
zu den geschi lderten Auseinandersetzungen im Info Heft Nr. 2. Die Be-
richte verweisen nicht nur darauf, was man erreichen kann, wenn man
sich gemeinsam wehrt, sondern auch auf die notwendige Basisarbeit in
Dienststellen und Gewerkschaft (Aufbau von Vertrauensleutekbrper)
und die kritische Auseinandersetzung liber bestehende Personal- und
Dienstanweisungen.
- Drei weitere Berichte, zusammengestellt von einzelnen Sozialarbei-
tergruppen, geben die Erfahrungen wider, die im Kampf der Betroffe-
nen, die ihre Interessen jeweils selbst in die Hand genommen haben,
mit den freien/staatlichen Tragern der Sozialarbeit gemacht wurden:
"Fiirsorgezoglinge nehmen ihre Sache selbst in die Hand", ein Erfah-
rungsbericht des AKSp Dlisseldorf liber den Kampf der Jugendlichen urn
das von ihnen besetzte Jugendwohnheim Markushaus.
Konnten bisher alle Versuche, das Wohnkollektiv von Seiten des Evan-
gelischen Gemeindedienstes Dusseldorf und Jugendamtes.zu zerschlagen,
abgewehrt werden, so zeigt das "Lehrstlick Brackwede" (KKS Bielefeld)
in welcher Weise die Allianz von Polizeiapparat und Ougendamt die
ersten Versuche, ein selbstverwaltetes Arbei terjugendzentrum aufzu-
bauen, brutal zerstb'rten. An diesem Beispiel sollen die objektiven
Grenzen einer 'progressiven Jugendamtspolitik' herausgearbeitet wer-
den. Das Lehrstlick zeigt, welche Widerspruche zwischen den offiziellen
Aussagen des Jugendamtsleiters, derin der Sozialarbeiterb'ffentlichkeit
Uber ein progressives Image verfu'gt, und seinen tatsachlichen Hand-
lungs vol Izu'gen liegen.
In welcher Weise die Interessen von Eltern und Kindern in einer Obdach- 3
losensiedlung vom Ortsverband Ffm. der Arbeiterwohlfahrt wahrgenommen
werden, zei'gt der Bericht der studentischen Initiativgruppe Wegscheidestr./
FHS Frankfurt.
DaC Frankfurt kein Linzelfall ist, zeigen andere Beispiele, so z.B.
die Klindigung des Mitarbeiters der AWO in Berlin zum 31. Mai 1973 we-
gen einer Personalanzeige im Berliner Extra-Dienst (siehe Heimerzie-
her-Zeitschrift Nr. 9/10 1973). [mmer dann, wenn Mitarbeiter sich
nicht flir die Verwaltung engagieren und deren Selbsthilfe fb'rdern,
wird versucht, durch Diffamierungen und Entlassungen diese Prozesse
zu verhindern. Entscheidend fiir die Einschatzung von Jugendamt und
freien Verbanden sind eben nicht die in Fachzeitschriften und auf
Tagungen sich progressiv gebenden Jugendamts- und Verbandsvertreter,
sondern deren Verhalten in konkreten Situationen. Aber noch ein ande-
res Moment taucht in diesen Konflikten auf. Sie sind nicht isoliert
zu sehen als Konflikte im Sozialbereich, deren Ursachen ira unterschied-
lichen Arbeits- und Methodenverstandnis liegen. Diese Konflikte sind
einzuordnen in die bundesweiten Versuche der Arbeitgeber, fortschritt-
liche Jugendsprecher, Vertrauensleute, Lehrer, Juristen und Sozialar-
beiter etc, in ihren Tatigkeitsfeldern zu disziplinieren bzw. hinaus-
zuwerfen. Die Ablehnungen von Bewerbungen, Nichteinstellung nach der
Probezeit, befristete Arbeitsvertrage, Kundigungen, Versetzungen, poli-
tische Diffamierungen, Disziplinierungen durch Rede- und Publizitats-
verbot etc. sind zwar oft durch herrschaftssichernde Arbeitsrechts-
und Dienstvorschriften gedeckt, verfolgen aber nur das Ziel, solche
Arbeiter und Angestellte, die versuchen, ihre eigenen Interessen und
die der Kollegen sowie des Klientels zu vertreten und sich gegen mise-
rable Arbeitsbedingungen wehren, politisch zu disziplinieren, urn die
Selbstorganisation der Betroffenen im Keim zu ersticken. Der Klassen-
charakter der Arbeits- und Dienstvorschriften wird somit offenkundig.
Der Info enthalt ausserdem eine Stellungnahme des Wohnkollekti v
Wittenerstr. in Bochum auf einen Brief des Landschaftsverbandes West-
falen-Lippe, einen Bericht von Peter van Spall Liber das Tommy Weiss-
becker Haus Berlin, eine Zeitschriftenbibliographie zum Thema Heimer-
ziehung, einen Aufruf zur Knast-Arbeit, sowie Kleinanzeigen, Nachrich-
ten und Redaktionsmitteilungen.
Berichte aus der Sozialarbeiter-
zeitschrift "Case-Con"
Vorbemerkung:
Der Info 2 beschaftigte sich nrit Konflikten am Arbeitsplatz. Die
folgenden 3 Artikel dokumentieren die Auseinandersetzung um die beab-
sichtigte Entlassung einer Sozialarbeiterin aus der Sozial verwaltung
in Islington, einer Vorstadt Londons, jeweils aus der Sicht der Be-
troffenen, der gewerkschaftlichen Vertrauensleute und des Herausgeber-
kreises des "revolutionaren Magazins fur Sozialarbei ter". Myra Garett
war Dozentin fur Methodenlehre an einer Ausbildungsstatte flir Sozial-
arbeit und hatte ihrer politischen Oberzeugung folgend beschlossen,
in die berufliche Praxis zuriickzukehren. Ihre Teamleiterin empfahl
der Dienststellenleitung, das Arbeitsverhaltnis mit Myra nach Ablauf
der Probezeit m'cht zu verlangern, Durch solidarische und militante
Aktionen konnte Myra's Arbeitsplatz erhalten werden. Myra gehbrt zu
der wachsenden Gruppe sozialistischer Sozialarbeiter um die Zeit-
schrift "Case-Con" (Verhohnepiepelung von Casework und anderen Wort-
verbindungen; con=steuern) , die fiir eine sozialistische Umgestaltung
der Gesellschaft eintreten. Ihre Mitglieder sind nraanisiert in der Ge-
werkschaft NALGO, National Association of Local and Government Officers,
in der ein Sozialarbei ter-Zweig besteht. Case-Con-Gruppen bestehen
in fast alien englischen GroBstadten. Zentrale Anschrift:
Case Con Basement Flat, 110 Lansdown Way, London SH 8.
Kontaktadressen der Gruppen, die an diesem Info mitgearbeitet haben:
Verein Soziale Jugendarbeit, 463 Bochum, Lennershofstr. 66
Kontaktzentrum Kritische Sozialarbeit, 48 Bielefeld
c/o Friedhelm Peters, Karl-Eilers-Str. 8
Arbeitskreis Sozialpadagogik, DLisseldorf
c/o Gerd Rieger, Oberkasselerstr. 7
Arbeitskreis Kritische Sozialarbeit, 6 Frankfurt
c/o Giinter Pabst, Hamburger Allee 47
a Initiativgruppe Wegscheidestr./FHS Frankfurt
H6 Frankfurt, Limescorso 5
NO. II APRIL 73
PRICE lOp
CON
a revolutionary magazine for social workers
THE
MANAGEMENT
OF NEED
Myra Garrett
Sozialarbeit
in wessen Auftrag?
Meine jlingsten Schwierigkeiten mit meinem Arbeitgeber entstanden,
well ich Dinge tat, die als unerwunschte, schlechte sozialarbei teri -
sche Praxis angesehen wurden. Ich wurde nicht kritisiert wegen meiner
UnterstLitzung der Gewerkschaftsbewegung, wegen meiner "Case Con" oder
anderen politischen Aktivitaten, sondern wegen der Art und Weise,
wie ich meine Arbeit erledigte. War es das wirklich, was den Konflikt
ausmachte? Ja, denn die Art und Weise, in der ich meinen Sozialarbei -
terjob ausfulle, ist mehr und mehr eine Widerspiegelung meiner politi-
schen Oberzeugungen. Deshalb hat das, was ich auf meiner Arbeit tue,
meine Einstellungen, meine Beziehungen zum Klientel, mein Auftreten all-
gemein, politischen Charakter. So wie sich meine politische Perspek-
tive klarer herausbi ldete, wuchs meine Fahigkeit, meine Arbeitssi tua-
tion zu analysieren und stand meine Praxis der Sozialarbeit zunehmend
im politischen Zusammenhang. Fur mich persb'nlich ist es wichtig, daB
meine politische Tatigkeit.meine Arbeit und somit mein Leben soweit
wie mb'glich Ubereinstimmt. Wir sind uns alle der Zwange bewuBt. Wir
selbst bezeichnen uns nicht als revolution^' re Sozialarbeiter. Wie kb'n-
nen wir uns denn einem totalen Wandel der sozialen Ordnung verpflich-
ten und zur gleichen Zeit unseren Lebensunterhalt damit verdienen,
indem wir die gegenwartige Ordnung stabilisieren? Das ist die Frage,
die sich jeder von uns stellen muB! Es ist vol 1 ig unzureichend, einer
Antwort darauf auszuweichen dadurch, daB wir unsere revolutionaren
politischen Aktivitaten in den Freizeitbereich verlagern. Worin be-
steht denn dann der Unterschied zwischen meiner Arbeitsweise und der
meines konservativen oder "a-politischen" Mitarbei ters? Es scheint
hier eine Hilfe zu sein, sich die Kritik meiner Vorgesetzten an meiner
Arbeit anzusehen. Hier liegt der Schlussel fur die Strei tigkei ten.
Es sind Kritiken, die ihr sicher schorl vorher gehort habt oder von
denen sich einige auch gegen euch gerichtet haben mogen. Es ist drin-
gend notwendig, bei der Oberprlifung dieser Kritikpunkte sie aus dem
Kontext eines persb'nlichen Konflikts herauszulosen und als das zu sehen,
was sie darstellen - namlich einen ideologischen Konflikt. Zugrunde-
liegende Annahmen werden bezogen auf Verhalten und Einstellungen und
diese sind letztlich ideologischer Natur. Die Kritik basiert natlirlich
auf einer Ideologie, die Sozialarbeiter und Klient in die gleiche
Position zwingt, fur Versagen und Unfahigkeit individuell verantwort-
lich zu sein. Fallbericht (Einschatzung des Klienten) und Bewertung
des Arbeitsvollzugs (Einschatzung des Sozialarbeiters) kdnnen unter
dem gleichen Aspekt betrachtet werden, unter dem individuelle Unzulang-
lichkeit und institutionelle Unzulanglichkeit verwechselt werden. Ich
wurde bewertet wie Sozialarbeit traditionell ihr Klientel einschatzt
ohne Blick auf den institutionellen Kontext Oder eine kritische Ein-
scha'tzung derjem'gen, die meine Arbeit zu wu'rdigen hatten.
8
Principels before people
Der 1. Kritikpunkt hat mit meinem "klar ausgearbeiteten politischen
Standpunkt" zu tun, demzufolge die Individuen unter einer entfremdeten,
hbchst ungleichen Gesellschaftsordnung leiden. Deswegen bin ich, nach
der Meinung meines Teamleiters ,nicht in der Lage, Leuten, die ihre
Probleme vorbringen, im geniigenden MaBe zuzuhb'ren oder ihnen indivi-
duell voile Aufmerksamkeit zu schenken, die sie gerade im Stress so
dringend brauchen. Folglich fehlt mir die Sensibilit'a't fur die "wirk-
lichen" Probleme der Klienten. Was niitzt eine weiterreichende Perspekti-
ve einem Individuum, das sich in der Krise befindet? Ich wiirde antwor-
ten, daB diese Perspektive von nichts anderem herriihrt, als von einer
groBen Anteilnahme am Leiden der Individuen. Ich wurde als "gefiihllose
Person" bezeichnet und dies scheint mir eine nette Verwechslung von
Starke i.S.v. konsequentem Handeln mit Mangel an Gefu'hl zu sein. Meine
Kalte (konsequentes Handeln) wurde wieder meinen politischen Anschau-
ungen zugeschrieben.
Potential before Pathology
Weil ich auf der Meinung bestand, jeder Klient sei ein gleichwertiger
Partner in einem gemeinsamen Unternehmen oder in einem Arbeitszusammen-
hang mit mir, warf mir mein Teamleiter vor, daB ich die Note und Pro-
bleme des Individuums iibersehen wiirde. Mein Grundsatz "jeder Klient
ist ein potentieller 'Sozialarbeiter'" wurde, obwohl es sich bestimmt
nicht urn ein revolutionares Postulat handelt, hingestellt als unrealisti-
sche Forderung an Leute, die Unterstiitzung und Beistand benbtigen.
Meine Erwartungen wurden von meinen Vorgesetzten als Naivitat angese-
hen, in Bezug auf die potentielle Destruktivitat der Menschen im all-
gemeinen und der Klienten im besonderen. Ich bezog haufig Stellung zu
der Art und Weise, in der wir ernsthaft die Fahigkeit, das Potential
und die Starke jener unterschatzten, die wir unsere Klienten nennen.
Ich leistete offen Widerstand gegen Versuche, mich hinter verschlosse-
nen Tiiren in ein Getrtauschel Liber Interpretationen des Verhaltens von
Klienten (oder Kollegen) hinainzuziehen; ich bin uberzeugt, daB es
weniger richtig ist, Vermutungen anzustellen als die aktuell Betrof-
fenen zu fragen.
People before social workers
Mir wurde ein Mangel an Fahigkeit vorgeworfan, verniinftige 3eziehungen
zu Klienten aufzubauen. Meine Meinung, daB Nachbarn, Freunde und Fa-
mi lienmitglieder (fur die Klienten) wahrscheinlich wichtiger sind als
Sozialarbeiter, wurde als ein Versuch hingestellt, mich vor dero
Engagement und der Verantwortung fur die Klienten zu dr'u'cken. Es war
fur mich niemals schwer, Beziehungen zu Klienten herzustellen. Riick-
blickend scheint es, daB diese Beziehungen zumindest ebensoviel mit
meinen Bediirfnissen zu tun hatten, wie mit den Bedurfm'ssen der Klien-
ten. Mein in gewisser Weise respektloses Verhalten in Bezug auf das
Unvermbgen der Sozialarbeiter, Menschen, die von einem System unter-
driickt werden ,als dessen Agenten wir fungieren, eine verniinftige Al-
ternative anzubieten, wurde als Verneinung meiner moralischen Pflicht
ARBEITSMATERIALIEN
FOR SOZIALISTISCHE ARBEIT UND AKTION
Sozialistisches Bliro, 6o5 Offenbach 4,Postfach 591
REIHE BETRIEB UND GEWERKSCHAFTEN
In dieser Reihe publiziert das Sozialistisahe Biivo
in Zusarrmenarbeit mit Gruppen, die sozialisti-
sahe Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit machen,
Materialien zur Auseinandersetzung zwischen Kapi-
tal und Arbeit.
REIHE INTERNATIONALE SOLIDARITA'T
Mit dieser Reihe will das Sozvalistische Bilro in
Zusammenavbeit mit den deweils betroffenen Aus—
landergruppen und auslandisehen Genossen deren
Arbeit in der BRD unter stiitzen, politisch und
finanziell helfen, die 'OffentlioKkeit informie-
ren und zur Praktizierung Weltweiter Solidaritdt
unter Soziaiisten beitragen,
REIHE PLAKAT-BAUERNVERLAG
Fur Soziaiisten existiert ein Mangel an Veroffent-
liohungen ilber die Agrarfrage, Landjugendliche,
oppositionelle Bauern und Landwirtsohaftsstuden-
ten miiss.en} vor allem wenn sie als Gruppe arbei-
ten wollen, viel Geld und Zeit einsetzen3 urn an
die wenigen Arbeiten zur Agrarfrage heranzu-
korrmen. Hier setzen wir "an.
REIHE ROTER PAUKER
Kritische Lehver stehen vor der Schwierigkeit ,
tagtaglich unterriahten zu miissen, vorhandene
Unterriahtshilfen wegen ihres ilberwiegend apolo-
getischen Inhalts dedoch nur selten verwenden zu
konnen. Mit der Reihe Roter Pauker werden Mate-
rialmen aus der Unterrichtspraxis dargestellt:
einerseits als Arbeitshilfe bei der Unterriohts-
vorbereitung , andererseits als Gegenstand kriti-
saher Reflexion und Diskussion.
angesehen, Menschen in Not zu helfen, und wurde natlirlich auch als
Verunglimpfung des Berufstandes (Sozialarbeit) ausgelegt. Ich behaup.
te, daB meine Fertigkeit, Plane auszuarbaiten, weitaus grb'Ber ist als
meine Fa'higkeit, sie in die Tat umzusetzen. Ich bin vielleicht in
der Lage genau vorherzusagen, was unter bestimmten Urns tan den gesche-
hen wird, aber ich weifi keinen Weg, jene als vorteilhaft erkannten
Umstande herbeizufiihren. Geben wir uns nicht einer Illusion hin, wenn
wir glauben, daB eine Beziehung zwischen Klient und Sozialarbeiter
bedeutungsvoll sein kann, weil wir nichts anderes anzubieten haben?
Workers before Structures
Sicherlich habe ich Autoritatsprobleme. Ich wurde kritisiert, weil
ich die in der Berufsrolle des Sozialarbeiters eingeschlossene Auto-
ritat verneinte und nicht bereit war, die Autoritat meiner Vorgesetzten
hinsichtlich ihrer Verantwortlichkeit flir meine Arbeit zu akzeptieren.
Meine Erklarungsversuche, daB meine Autoritat und die Autoritat meiner
Vorgesetzten ungefa'hr das gleiche bedeuten - namlich soziale Kontrol-
le - wurden als das Resultat ungeloster Autoritatskonflikte gesehen.
Stadtische Sozialarbeiter, wurde mir gesagt, mu'ssen die durch Struk-
turen gesetzten Grenzen (deren gibt es sicher mehr als Sozialarbeiter)
erkennen und akzeptieren. Die Schwierigkeit mit mir ist die, daB ich
keine Lust habe, demlitig auf ein Wohlwollen von oben zu warten. Ich
glaube nicht, daB Leute, die Macht haben, diese freiwillig ohne jeden
Kampf aus der Hand geben, und ich beteilige mich am Kampf urn eine Ar-
beiterkontrolle in den Seebohmwerken, sowie an anderen Orten, wo Ar-
beitskraft zu Markte getragen wird.
Es gibt eine Menge interessanter Aspekte zu der Kritik an meiner Ar-
beit. Einer davon ist, daB Kritik mir nicht direkt bekanntgegeben
wurde, wenn die "schlechte Arbeit" gerade getan war. Mein Chef, der
in unseren Anleitungsbesprechungen keine Kritik a'uBerte, schien mit
meiner Ta'tigkeit zufrieden zu sein. Nachdem sich der "special anessment"
(Spezialeinscha'tzungsausschuss) mehrere Stunden damit bescha'ftigte,
nachdem er mehrere Stunden mit dem SonderausschuB verbracht hatte, der
gebildet worden war, urn meine Arbeit zu beobachten, wurden die Kriti-
ken genauer. Daraus kb'nnen mehrere Lehren gezogen werden:
- Nimm nicht an, daB NichtauBerung von Kritik Zustimmung bedeutet.
- Versuche, definitive fluBerungen deiner Vorgesetzten Liber deine "Fort-
schritte" und "Eignung" zu bekommen, damit du weiBt.wie du dran bist.
Auf diese Weise kannst du vielleicht die Erfahrung vermeiden, die ich
machte, als ich nach einer dreiwbchigen Abwesenheit zuruckkam und fest-
stellen muBte, daB mein Teamleiter meine Entlassung aus dem Team em-
pfohlen hatte. Das Dokument, welches von der Teamleiterin fur die Ver-
waltung vorbereitet war, za'hlte eim'ge "Fakten" auf Liber die Art und
Weise, wie ich 3 Falle behandelt (bzw. falsch behandelt) hatte. Es lag
auf der Hand, daB das angegebene Beweismaterial vb'llig unzureichend war
fur meine Entlassung. Aber wo lagen die anderen Beweise und GrLinde
fur ihre Handlungsweise? Verschiedene Leute sagten mir, es gabe einen
geheimen Beweis" fiir meine Inkompetenz. Generell also sahen die Leu-
te in der Dienststelle (im Gegensatz zu meinen Teamkameraden) die Ent-
scheidung der Teamleiterin, auf Grund ihres konsequent-demokratischen
■jQ Rufs« on"e jeden Beweis als gerechtfertigt an. Fur die meisten Leute
der Dienststelle blieb der Konflikt eine Auseinandersetzung zwischen
Personlichkeiten, obwohl in dem MaBe, in dem ich mit mehr von ihnen
direkten Kontakt bekam, es immer schwieriger wurde, diese Ansicht
aufrecht zu erhalten. Dies ist ein konkretes Beispiel flir die extreme
Gefahr einer individualistischen Ideologie. Die Teamgenossen haben mich
sofort und beharrlich unterstiitzt. Aber die Beliebtheit der Teamlei-
terin verunsicherte ihre Position und ertnb'glichte es in der Tat, daB
ihre Oberzeugung als "jugendlicher Oberschwang" eines "jungen, uner-
fahrenen und leicht beeinfluBbaren Teams" interpretiert wurde. Ich
mb'chte behaupten, daB dieses Beispiel klar das herablassende, iiber-
hebliche Verhalten aufzeigt, welches das Management gegenuber dem
Sozialarbeiter und der Sozialarbeiter gegenuber dem Klienten an den
Tag legt.
Die gesamte Ideologie der Sozialarbeit hat mit individuellen Unzu-
la'nglichkeiten, Stress, Bedlirfnissen, Konflikten usw. beider, des So-
zialarbeiters und des Klienten, zu tun. Um dem entgegenzuwirken, muB
man eine kollektive Perspektive anstreben, um aus dem Sumpf persbnli-
cher Pathologien und Gratifikationen herauszukommen. Radikale Indivi-
duen, als Klienten oder Sozialarbeiter, sind mbglicherweise gefangen
in ihrer eigenen Individual i tat, die in einem Bemiihen um Selbstver-
wirklichung griindet. Ware ich ohne eine solche Perspektive gewesen,
hatte ich leicht in ein Gefiihl verfallen kbnnen, personlich betroffen,
verantwortlich, unzureichend zu sein, oder - was vielleicht noch schlim-
mer ware - persbnliche Macht auszuliben. Wahrend ich meine eigene Auto-
ritat als Individuum nicht verleugne, gehe ich davon aus, daB es meine
Oberzeugung ist, die in dem MaBe stark und widerstandsfa'hig ist, wie
sie eine Analyse der Situation ermbglicht, in der wir als Individuen
uns selbst finden. Um diese Ansichten in die Tat umzusetzen, stellte
ich bffentlich Fragen: Was ist das Ziel der Bezirksfursorge ("area
social services team")? In welchem Zusammenhang stehen unsere Aktivi-
taten mit diesem Ziel? Wo liegen unsere Aktivitaten mit diesem Ziel?
Wo liegen unsere genau statuierten Pflichten? Wie und von wem werden
Entscheidungen getroffen uber Prioritaten, Mittel etc.? Wie kbnnen
wir Eingriffe rechtfertigen, wenn wir uber keine Mbglichkei ten verfii-
gen, den wirklichen Nbten abzuhelfen? Warum sollten wir Schuldgefuhle
haben, wenn wir etwas nicht erreichen, wozu wir nicht ausgeru'stet sind?
Ist jeder von uns verantwortlich fiir die Arbeit des anderen? Was hat
das Konzept der Verantwortlichkeit zu bedeuten? Sind einige von uns
verantwortlicher als andere? Wenn ja, warum? Warum werden unsere Mei-
nungen und Fragen von der Verwaltung miBachtet? Wie bekommen wir die
Mittel, die wir brauchen? Wie teilen wir das, was wir haben, mit unseren
Klienten? Brauchen wir unsere Klienten mehr als sie uns? Dies sind
vertraute Fragen, die wir uns ohne Zweifel alle schon selbst gestellt
haben. Wir mlissen sie oft und bffentlich wiederholen.
Es waren genau diese Fragen, die meine "Schwierigkeiten" auslosten
und die Zweifel an meiner "Eignung" aufkommen lieBen. Von dem Zeitpunkt
an, als diese Zweifel in den Kb'pfen meiner Vorgesetzten herumzuspu-
ken begannen, wurde meine Arbeit genauestens gepriift, urn einen Beweis
fiir meine Inkompetenz zu erhalten. Meine Mit-Arbei ter, die wohl am
ehesten unter meiner "Inkompetenz" gelitten ha'tten, hielten standig
daran fest.daS mein Verhalten, meine Arbeit und mein Benehmen konstruk-
tiv, anregend und produktiv waren. (Tatsachlich hatten sie von mir -< -i
noch erwartet, daB ich noch viel "militanter" auftrat). Unterstel lungen ,
lange bezweifelt von den Teammitgliedern, wurden bffentlich entlarvt.
Widerspruchl iche Hittei lungen mit der Tendenz uns zu vereinzeln, wur-
den als das gesehen, was sie waren. Was vielleicht das wichtigste war:
Man begann die Funktion dieser Erfindungen und Verwirrungen dem Ge-
meinwesen gegeniiber zu erkennen.
Marie McNay, Colin Stroud
ISLINGTON: Die Vertrauensleute
legen ihren Fall dar
Autoritat ist das zentrale Thema!
Ich bin uberzeugt, Erfahrungen als Sozialarbeiter mit Autoritat spie-
geln sich in unserem Umgang mit dem Klienten wider. Jeder Fall unbe-
griindeter Anerkennung hb'herer Autoritat, jede Konfliktvermeidung zum
personlichen Vorteil korrumpiert uns und vergrbBert die Mbglichkeit,
daB wir dasselbe von unseren Klienten erwarten. Wenn wir in unserer
Arbeitssituation entfremdet sind, unterdruckt durch eine machtige Bu'ro-
kratie, konnen wir uns dann anders verhalten? Selber kontrolliert,
kontrollieren wir der Reihe nach unsere Klienten im Interesse unserer
Bosse. Wir sind dann den kulturellen Mustern angepasst, die die der-
zeitige Gesellschaftsordnung stlitzen.
Fast alle Ideologien
daB wir Agenten der
kratie in dem Team,
Kontrolle durch eine
leiter ist. Ich glau
eine Wahl haben. Wir
fremdete Macht, wie
auf eine Autoritat h
duen respektiert. Un
zialarbeiter liefern
Praxis umsetzen.
liber Sozialarbeit sind ei
herrschenden Klasse sind.
in dem ich arbeitete, war
blirokratische Machtstrukt
be nicht, daB wir als Sozi
entlarven Autoritat als d
sie fur uns selbst erfahrb
in, die die Macht, Starke
sere Erfahrung und auch un
uns die Munition. Wir mlis
ne Verschleierung dessen,
Der Mythos der Demo-
eine Bemantelung der
ur, deren Teil der Team-
alisten in diesem Beruf
ie unterdrlickende, ent-
ar ist und arbeiten dann
und Wurde aller Indivi-
sere Ausbildung als So-
sen sie nur noch in die
12
Ich gl
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muBte
fen. S
gegen
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und di
taktis
tet we
groSer
tees z
aube es muBte sich einfach ereignen. Nach all den Darstellungen
letzten Ausgaben des "Case Con" (rev. Sozialarbeiter Zeitung)
die Leitung der Sozialarbeiterabteilung von Islington eingrei-
■chlimm dabei war vielleicht, daB sich die meisten Boshaftigkeiten
die kleine Gruppe treuer fJALGO-L&ute riditete, die noch im Komi-
r Vertrauensleute verblieben waren. Klar wurden Fehler gemacht,
e Vertrauensleute konnen zu einem gewissen Grad flir viele der
chen Fehler verantwortlich gemacht werden: doch Myra Garratt arbev
iter in unserer Abteilung. Dieses Ergebnis, meinen wir, geht in
MaBe a-jf die Eemuhungen der NALGO und des Vartrauensleutekomi-
uriick!
Im fulgenden wollen wir die Vorfalle xurz skizzieren:
de Direkter empfahl, Myras Anstellung nicht zu
rhob
ch mi
ung b
ierte
Beur
kzept
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m ein
rde d
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ruppe zur G
Vertreter
urch Androh
stimmte de
d auf 3 mon
nd forderte die Einsetzung einer
der Probazeit befassen und Krite-
Qualifikation ausarbeiten sollte.
ielt dagegen, daB er einen unab-
setzer. wurde.
usschuss und setzte durch, daB
rundlage gemacht wurden. Dem Aus-
der Gewerkschaft angehdren.
ung eines eintagigen Streiks flach-
r Direktor zu.
atige Probe in ein anderes Team
1 . Oer stellvertreten
verlangern.
2. Die Gewerkschaft e
Arbei tsgruppe, die si
rien flir die Beur teil
3. Der Direkter ignar
hangigen AusschuB zur
4. Die Gewerkschaft a
die Kriterien der Arb
schuss sollte auBerde
5. Den Forderungen wu
druck verliehen. Dara
6. Myra wurde beurtei
versetzt.
Diese Auseinandersetzung war sicher eine der schwierigster , mit denen
sich das Vertrauensleutekommitee jemals beschaftigen muBte.
Wir glauben, daB es wert ist, naher auf einige taktische Schritte ein-
zugehen, urn anderen Gruppen vielleicht Nutzen aus unseren Erfahrungen
zu vermitteln. Doch zuerst wollen wir einen Mythos zerstbren, der in
letzter Zeit in "Case Con" viel Verbreitung fand. NALGO ist keine revo-
lutionare Organisation, sie ist reformistisch.und so ist ihre Starke
so machtig (stark) wie die Solidaritat und das politische BewuBtsein
ihrer Mitglieder. Die Gruppe in Islington bildet keine Ausnahme. Die
Kampfe, die in der Vergangenheit gewonnen wurden, sind nicht leicht
erfochten worden, doch gllicklicherweise haben die intensiven Bemuhungen,
die von den radikalen Sozialarbeitern in die Hand genommen und vorange-
trieben wurden, den Konservatismus und die Apathie, wahrscheinlich der
Mehrheit, unserer Kollegen Liberwunden. Aber wir wollen nicht behaupten,"] 3
daB die Mitarbeiter der Abteilung immer solidarisch hinter dem Ver-
trauensleutekomitee stehen, noch die Vertrauensleute die Sozialsta-
tion managen. Wir haben viel erreicht in Islington. Das Vertrauensleu-
tekomitee ist der einzig wirkliche Reprasentant der Abteilung und in
diesem Sinne hat es dem Management die Initiative aus der Hand genom-
men. Seit der Arbeitsaufnahme des Komitees hat das Management keine
"Mitarbeiterversammlung" mehr einberufen. Aber dennoch muB sich die
Gewerkschaft zum Nutzen des Komitees einsetzen und fur Unterstutzung
werben.
Wahrend unseres Kampfes urn Myras Job wurden wir konfrontiert mit Mit-
gliedern, die hin-und hergerissen waren zwischen ihrer Loyal itat zu
einer popularen Teamleiterin, die auf Grund ihrer demokratischen Ideen
sehr respektiert wurde, und ihrer Verpflichtung einer Gewerkschafts-
genossin gegeniiber, deren Anstellung ganz offensichtlich unfairerweise
bedroht war. Vervollstandigt wurde das Dilenma durch die vdllig absur-
de Tatsache, da|3 NALGO die Mitgliedschaft erweiterte und deshalb auch
die Interessen fur beide - Angestellte und Vorgesetzte - wahrzunehmen
hat. Obwohl die Vertrauensleute im Anfangsstadium der Auseinanderset-
zung entschieden (und zwar zu Recht), daB in diesem besonderen Fall
die Teamleiterin klar die Rolle des Managements einnahm, waren wir uns
nichtsdestotrotz bewuBt, daB es sich im wesentlichen um eine Auseinan-
dersetzung zwischen zwei Mitgliedern handelte. Am Ende fiihrte diese
auBergewbhnliche Situation zu einer fast vblligen Polarisierung inner-
halb der Mitgliedschaft in punkto Loyalitat. Folglich muBten die Ver-
trauensleute, die gewiB die Pflicht haben, die Ansichten der Mitglieder
ihrer Sektion zu vertreten, immer die Unterstutzung im Hinblick auf
Aktionen, welche sie befiirworten, Liberprufen. Unnbtig zu sagen, daB
dieses Verfahren oft bedeutete, daS militante Aktionen zuriickgestell t
wurden um eines Kompromisses willen, der fur die Mitgliedschaft akzep-
tabel war. AuBerdem war es sehr schwer abzusehen, was eine befriedi-
gende Lbsung hatte sein kbnnen. Es sah so aus als ob ein nlitzliches
Mitglied der Abteilung und der Gewerkschaft auf der Strecke bleiben
wiirde. Folglich wiirde, obwohl es offensichtlich unser Ziel war, Myras
Arbeitsplatz zu erhalten, der Preis dafu'r in der Tat sehr hoch sein.
Einer der entscheidenden Faktoren in diesem Meinungsstrei t war das
Recht des Arbeitgebers, Arbeiter zu entlassen und im Besonderen eine
zur Probe Eingestellte, die kein Recht hat, dagegen Beschwerde einzu-
legen, oder auch nur zu erfahren, weshalb ihre Arbeit nicht zufrieden?
stellend war. Seit der Zeit, da diese Verfahrensweise als "Recht"
des Management eingefuhrt und auch praktiziert wurde, ging der Kampf
nicht darum, daB das Vertrauensleutekomitee verlorenen Boden zuru'ck-
gewinnt, sondern darum, daB das Management bestehende Rechte verliert.
Der Direktor war zwar in einer Ausgabe der Market Road in ein schlech-
tes Licht gesetzt worden und nun eifrig benuiht zu beweisen, daB er
befahigt ist, sein Amt zu leiten. Aus diesem Grunde verfuhr er sehr
rigide, was er sonst mbglicherweise nicht getan hatte, um zu versu-
chen, seine Machtposition zu erhalten. Es ist wichtig, sich Liber den
Druck im Klaren zu sein, der auf alien beteiligten Parteien lastet,
um in der Lage zu sein, die potentielle Starke einzuschatzen. Es ist
ebenso wichtig zu wissen, wie sich die Gewerkschaft in Verhandlungen
verhalt, da sie als nicht-revolutiona're Organisation ihre gewb'hnlichen
Vorgehensweisen, Konflikte zu Ibsen, die Wirkung beeinflussen. Wahrend
14 die Vertrauensleute StreikmaBnahmen besprachen, spielte der zustandige
Gewerkschaftssekretar (Branch secretary) die ubliche Rolle. Das fiihr-
te zu ernsten Differenzen in Fragen, von denen man schon Einstimmig-
keit vermutete. Die Fehler wurden auf beiden Seiten gemacht, aber sie
ha'tten vermieden werden kb'nnen, wenn ein Mitglied des Vertrauensleute-
komitees den Gewerkschaftssekretar wahrend seiner Besuche beim Direk-
tor begleitet hatte. Die unterschiedlichen Ansichten ha'tten sich dann
sicher deutlicher herausgestellt. Auf der einen Seite fiihrte der Direk-
tor, seinem Ziel angemessen, sehr selbstherrlich den lokalen Verwal-
tungsapparat, von dem der Gewerkschaftssekretar ein Teil ist. Auf der
anderen Seite faBten die Abteilung und die Gewerkschaft Stre-jkaktionen
ins Auge - einmalig in der Geschichte der Abteilung. Wenn die Gewerk-
schaftsmaschinerie in einem Fall wie diesem benutzt wird, ist Streik
das letzte, nicht das erste Mittel. Die Gewerkschaftsburokratie ver-
sucht oft, Konflikte durch Kompromisse zu Ibsen. Es wiirde folglich
den Anschein haben, daB, wenn in der ersten Resolution der Vertrauens-
leute ein eintagiger Warnstreik aus Protest gegen die Entscheidung des
stellvertretenden Direktors empfohlen worden ware, die Abteilung be-
gonnen hatte, sich in solchen Aktivitaten zu engagieren, die fiir die
meisten Leute neu waren. Dessen ungeachtet war die Antipathie sehr
stark dagegen, wie Myras Fall dargestellt wurde und es hatte durchaus
mbglich sein miissen, die Leute in einer Aktion gegen die unfaire Ent-
lassung zu vereinigen. Es war ein Fehler der Vertrauensleute, daB sie
niemanden gewahlt hatten, der schon in der ersten Vol 1 versammlung ihre
Empfehlung hatte einbringen kbnnen. Die Folge war, daB es in grund-
satzlichen Fragen keine Verstandigung gab und die Versammlung bald
den zentralen Punkt aus den Augen verlor und sich Fronten bildeten.
Eine Streikforderung im Verlauf der Versammlung wurde ebenso verworfen,
wie ahnliche Forderungen in folgenden Versammlungen. Es ist mbglich,
daB das GewerkschaftsbewuBtsein noch nicht das Niveau erreicht hat,
wo unverziiglich Aktionen zur Verteidigung eines Mitgliedes vorgenommen
werden kbnnen. Aber man sollte nicht potentielle Kraft vergeuden, in-
dem man auf Prinzipien herumreitet und Solidaritat testet. Von diesem
Zeitpunkt an wurde die ganze Kraft von der Notwendigkei t in Anspruch
genommen, an Lbsungen zu arbeiten und nicht an Grundsatzen. Eine die-
ser Lbsungen war, eine Arbei tsgruppe zu bilden, deren Aufgabe darin
bestand, die Prozedur der Probezeit zu untersuchen und befriedigende
(Beurtei lungs-)Kriterien zu entwickeln. Seitdem niemand mehr die Not-
wendigkeit einer Beurteilung Myras leugnete, war es sinnvoll, Mittel
und Wege zu einer gerechten Beurteilung zu finden. Der Gedanke zielte
darauf ab, Myra vor den Launen des stellvertretenden Direktors zu
schiitzen und war folglich ein einleuchtendes Argument. Das Ergebnis,
formuliert von einer Gruppe, der auch Mitglieder des Managements angehbr-
ten war vbllig verheerend. Es hatte den Anschein, daB sie sich mehr
mit der Verbesserung von Normen beschaftigten (und diese erweiterten
den Bereich der Eignungspriifung) als ir.it der Eingrenzung der subjek-
tiven Handhabung von Beurteilungen. Der Streitpunkt ist, daB die Probe-
kandidaten kein Beschwerderecht haben und keine Nonnen in Oezug auf die
Probezeit zu erwagen sind, die darauf hinauslaufen, dem Management fiir
willkiirliche Entiassungen verstarkt freie Hand zu Tassen. Wahrend die
Entwicklung von Standards eine Aigelegenheit des Management ist, durfen
Gewerkschafter in Ausiibung ihrer Funktion nicht die Rollen vertauschen
und ihl"e Aufgabe der Interessenvertretung vernachlassigen. Im Hinblick
auf da5 GewerkschaftsbewuStsein wurde es ideal sein, eine Organisation
Zu haben, wo die Vertrauensleute leicht mit den Mitgliedern, die sie -| 5
vertreten, kommunizieren konnen. In Islington vertreten die Vertrau-
ensleute noch eine zu groBe Anzahl Mitglieder und kb'nnen deshalb kei-
ne kleinen Versamml ungen abhalten, die ein Feed-back ermbglicht hat-
ten. Das Feed-back kam ziemlich zufa'llig zustande und war doch ein be-
stinmender Faktor bei der taktischen Planting. Das Kommunikationssy-
stem ist ein Feld, mit dem wir uns in naher Zukunft zu beschaftigen ha-
ben. In dieser Auseinandersetzung kam die ganze Frage der Probezeit
in den Blickpunkt und die Notwendigkeit einer Klarung wurde gesehen.
Spa'ter hat die Gewerkschaft die Absicht, Beurteilungskriterien aufzu-
stellen, auf Antrag des Vertrauensleutekomitees verworfen. In der Tat
wurde auch die Konzeption Liber die Probezeit zuriickgewiesen und soli
nun auf nationaler Ebene behandelt werden. Was Myra betrifft, so ist
es eine Ehre fur sie, daB die Situation liberhaupt geldst wurde. Ihre
Erkenntnis, den Fall der Gewerkschaft anzutragen, lb'ste einen sehr
notwendigen Untersuchungsprozess aus. Es gab viele Aufeinandersetzungen
Liber die Taktik und nach dem ersten Fehler, die Mi 1 i tanz nicht zu
testen, nahm die Streikbereitschaft bestandig ab. Das hb'chste was er-
reichbar schien, war die Drohung mit Militanz, um Forderungen zu unter-
stiitzen. Aussenstehende konnten die Spaltung innerhalb der Abteilung
nicht verstehen.und die Slogans von politischer Disziplinierung hatten
nicht die geringste Glaubwiirdigkeit. Es ist schade, doch unvermeidlich,
daB die Polarisierung in dem MaBe, in dem die Glaubwiirdigkeit fehlte,
grb'Ser wurde.
Es ist falsch, zu glauben, man kbnnte einem solchen Fall mit einer
Resolution uber die Situation gerecht werden. Militante Taktiken waren
in einigen Punkten nlitzlich, doch in anderen vbllig unbrauchbar, in
denen sie Leute nur abstoBen. Bei alien Anstrengungen hat ein giinstiger
Umstand das Resultat ermbglicht.
Myra hat als eine kompetente Sozialarbeiterin den Sieg selbst davonge-
tragen. Ware sie nicht kompetent gewesen, ware sie nicht hier. Wir
sind weit davon entfernt, Leute zu beschlitzen, die nicht fahig sind,
ihren Job auszufiihren.
6
Case Con-Redaktionskollektiv
Kommentar
Der Kampf urn Myras Job warf Schlaglichter auf die Probleme der Orga-
nisierung von Sozialarbeitern an der Basis in einer Sozialabteilung
und machte insbesondere deutlich, wie nebulbs die Idee des militan-
ten Kampfes ohne bestandige politische Basisarbeit ist.
Der Apparat des Vertrauensleute-Komitees existierte zwar, spiegelte
jedoch in einem alarmierenden Grad die Verwirrung der Sozialarbeiter
liber die Natur ihrer Tatigkeit und ihrer eigenen Interessenwahrnehmung
wider. Jedem Gewerkschafter.revolutionar, sozialdemokratisch Oder kon-
servativ, war in dieser Auseinandersetzung klar: Myras Job muB ver-
teidigt, die Entlassung rlickgangig gemacht werden. Aus den Mangeln die-
ser Perspektive ergab sich alles folgende. Ohne die lauteren subjek-
tiven Intentionen der Vertrauensleute in Zweifel zu Ziehen, sie wurden
leichte Beute der Case-Work-Ideologie (casework rationalisations),
der verbreiteten Furcht vor einer Zerstb'rung des Demokratie-Mythos
der Abteilung und der individualistischen Rollendefinitionen. Das
zentrale Problem war - trotz militanter Appelle - verdeckt, um zu er-
kennen, daB dies ein Rausschmi'6 war, der die Starke der Gewerkschaft
testen sollte. Die revolutionare Minderheit beabsichtigte flir den Fall,
daB die Mehrheit sich des wahren Charakters der Ereignisse nicht be-
wuBt werde, im Vertrauensleute-Komitee eine militante Leitung durch-
zusetzen, die die Situation klaren und Myra Garett verteidigen wlirde.
Der taktische Streikaufruf ha'tte nicht aufgegeben werden mlissen zu
Gunsten von Verhandl ungen. Wo die Solidaritat in der Abteilung zuletzt
schwach war, wo die Vertrauensleute - ohne direkte eigene Schuld -
keine Basisgruppe hatten, um Aktionen zu tragen, konnten sie wirklich
glauben, Myra werde ihren Job behalten ohne militante Interventionen?
Die Intervention von Case Con, dem Londoner
Sozialarbeiter innerhalb der NALGO und der
ruf zu einer Sol idaritatsveranstal tung, die
des Direktors gipfelte, war wichtig, um deu
Arbeiter der Behb'rde flihl ten, und um Solidar
der einzige Weg, um Angriffe auf jeden von
auf die spezifische Darstellung von McNay/S
hat nie gesagt, die NALGO sei in irgendeine
ist wie a^e Gewerkschaften eine defensive
fangen in reaktionarer Professionalisierung
sichtsvoll gegenliber Bossen, die oft Teil i
sind. Gleichwohl arbeiten, organisieren und
in ihr.
Koordinierungskomi tee der
in London verbreitete Auf-
in dem Marsch zum Bliro
tlich zu machen, wie andere
i tat zu demonstrieren -
uns zurlickzuweisen. Um kurz
troud einzugehen: Case Con
r Weise revolutionar. Sie
Organisation. Sie ist be-
sideologie und ist rlick-
hrer eigenen Hierarchie
diskutieren (agitate) wir
Handelte es sich lediglich um einen zwischenmenschlichen Disput? Der
ebenfalls abgedruckte Artikel von Myra Garrett ist die beste Antwort -Jy
REIHE BETRIEB UND GEWERKSCHAFTEN
GEWERKSCHAFTL ICHE VERTRAUENSLEUTE
FOR EINE ANTIKAPITALISTISCHE BETRIEBSSTRATEGIE
Autorenkol lektiv "express-international "
Oiese Schrift wendet sich an die gewerkschaft-
lichen Vertrauensleute in den Betrieben, an die
aktiven Gewerkschafter, die ihre Kolleginnen
und Kollegen daflir gewinnen wollen, eine ge-
werkschaftliche Politik der konsequenten Ver-
tretung der Interessen der Arbeiter und Ange-
stellten nachdriicklich zu unterstLitzen. Die
Schrift ist nach langen Diskussionen aus der
Zusammenarbeit von gewerkschaftlichen Vertrau-
ensleuten, Gewerkschaftsfunktionaren, Bildungs-
referenten und gewerkschaftlich orientierten
Wissenschaftlern entstanden.
Folgende Themen werden behandelt: Die kapitali-
stische Organisation des Betriebes - Der Doppel-
charakter der Forderungen - Die bisherige ge-
werkschaftliche Betriebspolitik - Die bisherige
Arbeit der Interessenvertretung im Betrieb -
Management und Vertrauensleute - Betriebsnahe
Gewerkschaftspolitik - Betriebsnahe Tarifpolitik
Betriebsnahe Bildungsarbeit - Mitbestimmung im
Betrieb als Gegenmacht - Kontrolle von unten
statt Delegation von oben - Zukunftige Rolle und
Organisation der Vertrauensleute - Durchsetzung
dieser Strategie.
54 Seiten, broscin'ert, DM 2.5o
Verlag 2ooo GmbH, 6o5 Offenbach 4
Postfach 591, Tel. 0611 - 832593
darauf. Die liberal 1 auftretende Polarisierung wurde verursacht durch
die Art und Weise, in der das Management und die Teamleiterin in ih-
ren Leitungspositionen handelten. Es handelte sich (bei dem Entlassungs-
beschluB) exakt um eine politische MaBnahme in dem Sinne wie Myra
ihren Job mit einer bewuBten politischen Methode anging. Und dies
traf die Teamleiterin, deren eigene radikale Reputation und der An-
schein demokratischer Beteiligung im Team auf dem Spiel stand. Die Leu-
te sind Agenten (wodurch auch immer bestimmt) der Politik. Marys Ein-
treffen brachte auf der Ebene des Arbeitsbereichs Erleichterung,
machte aber die Ohnmacht der Sozialarbeiter deutlich, im Feld den an
sie gestellten Erwartungen entsprechen zu kb'nnen. Die Hilfsmittel wer-
den allenthalben kontrolliert und allenthalben wiederholt sich die
Hierarchie. Allein der Klient bleibt - Klient. Die Frage nach der Re-
form des status quo ist die Forderung nach einer revolutionaren Al-
ternative.
"In jedem Fall wurde ein niitzliches Mitglied unterliegen". Dieser Satz
negiert den entscheidenden Grundsatz, daB ein Mitglied, dessen Arbeit
dem Teamleiter oder irgendjemanden zulie'be bestritten wird, bis zum
Erfolg verteidigt werden muB. Die Beurteilung (ihrer Arbeit): Dieser
Wirbel ware vermieden worden, ha'tten ihre'Schirmherren'Myras (berufliche)
Kompetenz von Anfang an offen anerkannt. Die militante Gruppe (be-
trachtete diese Behauptung als Schwindel und) unterstiitzte nicht die
Suche (nach Eignungskriterien) .
Damit die Vertrauensleute nicht annehmen, case Con kritisiere sie nur
wegen ihrer Unentschlossenhei t, miissen wir feststellen, daB sie eben-
so isoliert waren wie die Militanten. Dies ist zurlickzuflihren insbe-
sondere auf den provinziellen BewuBtseinsstand und das Fehlen einer
geeigneten Plattform flir eine Oberzeugungsarbeit und eine Mobilisie-
rung. Die Lehre aus den Vorfallen in Islington ist nicht nur, daB wir
die gewerkschaftliche Basis unterstutzen miissen: wir miissen uns selbst
in ihre Entwicklung einbringen. Es ist so, daB die Arbeit konsoli-
diert werden muB, Leute in einen politischen, liberzeugenden Arbeits-
zusammenhang zu bringen, der kontinuierlich Apathie und Unterwerfung
(unter Strukturen) -verursacht durch die Hierarchien.flir die wir ar-
beiten - bekampft.
Zusammenfassend wollen wir feststellen, daB Myra Garrett ihren Ar-
beitsplatz als Sozialarbei terin in Islington noch hat. Versetzt in
ein anderes Team mit ihrem Arbei tsgebiet und mit einer 3-monatigen
Verlangerung der Probezeit, - um das Gesicht des Management zu wahren.
Trotz der schrecklichen Ungleichheit der Ereignisse wie Mdglichkei-
ten, ihren Arbei tsplatz zu verteidigen, und der Abhangigkei t Myras
von einem Prlifungstribunal (entgegen fortdauerndem harten Widerspruch
einer Minoritat der Militanten) ist dies der bestmbgliche, erreichba-
re Teilerfolg. Die Vertrauensleute haben, daflir verdienen sie Aner-
kennung, die Verwicklung der Gewerkschaft in die Prlifungskriterien
auf einer folgenden auBerordentlichen Abteilungsversammlung zurlickge-
wiesen und es ist jetzt die Politik von NALGO in Islington, flir die
vb'llige Abschaffung der Probezeit zu arbeiten.
Dies ist offensichtlich erst der Anfang. Wir dlirfen nicht eine Situa-
tion dulden, in der jemand, der bereits bei einer stadtischen Dienst-
s tel le war, flir 6 Monate oder ISnger abhangig ist von einer Probezeit.
Myra ist noch in Bewahrung - eine Handhabung, die nicht langer uns "|9
aufgezwungen werden darf. Gewerkschafter miissen immer ihre Arbei ts-
kameraden verteidigen und Nein sagen zu jedem HinausschmiB.
PROBLI 4E
DES Kl SSEN-
KAMPF. a
PROKLA 8/9 (1973) bringt auf ca. 250 Seiten: *
Robert Katzenstein:
Margaret Wirth:
Heide Gerstenberger:
Niels Kadritzke:
Autorrenkollektiv:
Klaus Busch:
Riidiger Baron:
Ulf Baumgartner:
Zur Theorie des Staatsmonopolistischen
Kapitalismus
Replik auf R. Katzenstein
Zur Theorie der Konstitution des burger-
lichen Staats
Faschismus als gesellschaftliche Realitat
und als unrealistischer Kampfbegriff
Sozialistische Gewerkschaftsarbeit und
„Revolutionare Gewerkschaftsopposition"
Ungleicher Tausch — Zur Diskussion iiber
Internationale Durchschnittsprofitrate,
ungleichen Tausch und komparativer
Kostentheorie anhand der Thesen von
A. Emanuel
Das vietnamesische Lehrstuck des klein-
biirgerlichen Antiimperialismus
Anmerkungen zur Bauernpolitik der
Deutschen Kommunistischen Partei
PROKLA 8/9 (1973) ist ein Doppelheft (DM 9,-) und in alien linken
Buchladen zu erhalten oder direkt vom Verlag:
*
Politladen 852 Erlangen, H!ndenburgstraBe17
^
AKSp Dusseldorf
FLjrsorgezbg Tinge nehmen ihr
Sache selbst in die Hand
Selbstorganisierung von Jugendlichen des friiheren sozialpadagogischen
Wohnheims in Dlisseldorf-Gerresheim, Katnperweg 1 78
Vorbemerkung
Die Misere der Heimerziehung ist jedem bekannt. Eine qualitative Ver-
besserung der Lebenssituation von Fursorgezogl ingen hat es bisher bei
uns noch nicht gegeben. Alle Bemiihungen von Sozialarbeitern, Jugend-
amtern und Regierung haben kaum Erfolg gezeigt. Zurtt erstenmal haben
jetzt Flirsorgezb'glinge selbst die Initiative ubernotmien, sich aus
ihren Abhangigkeiten und der Versorgungssituation zu Ibsen. Sie haben ,-ihre
Sozialarbeiter rausgeschmissen und ihr Heim von innen heraus besetzt.
Das alles geschah vor ca.sechs Monaten (1. April 73) in D'u'sseldorf-
Gerresheim. In dieser Stadt, der Verwaltimgs- und Bankenmetropole am
Rhein und Hauptstadt von NRW, fehlt es an linker Gegendffentlichkeit.
Es existieren kaum linke Gruppen, die den Kampf der Jugendlichen ha'tten
unterstutzen wollen. Wir sind eine Gruppe von Sozialarbeitern, die die-
se zwanzig Fursorgezogl inge in ihrem Kampf urn ein Kollektiv unterstiit-
zen und in ihren LernprozeB mi teinbezogen waren und sind. Ober unsere
Erfahrungen wollen wir hier kurz berichten.
Ende Januar 1973 wurde der AKSp (Arbeitskreis Sozialpadagogik) durch
einen ehetnaligen Mitarbeiter des Dusseldorfer Markushauses (MH) iiber
die bevorstehende SchlieBung des Heimes informiert: 'Der Trager,
Evangelischer Gemeindedienst (EGD), blockiere seit langerer Zeit die
vorgeschlagene Konzeption der Sozialarbeiter, die eine hb'here Mi tar-
beiterzahl, Teamarbeit, Mitbestimmung der Jugendlichen und die Forde-
rung nach hdheren Pflegesatzen vorsahe. Daraufhin habe ein Teil der
Sozialarbeiter geklindigt. Das Verhaltnis zwischen den verbleibenden
Sozialarbeitern und den Jugendlichen verschlechtere sich von Tag zu
Tag, nicht zuletzt deswegen, weil sich die Jugendlichen von der neuen
Konzeption eine Verbesserung ihrer Lebenssituation versprachen. Unter
dem Vorwand der personellen und finanziellen Misere wolle der Trager
jetzt das MH zum 1.4.1973 schlieBen. Ein Teil der Jugendlichen sei vom
EGD flir die Unterbringung in Einzelzimmer ausgesucht worden, wahrend
die anderen auf verschiedene Heiroe, die grb'Btenteils noch autorita'rer
qefuhrt werden, aufgeteilt wu'rden. Sicherlich wurde dem EGD die Ar-
beit mit einem Kinder- oder Altenheim unproblematischer und kosten-
sparender werden, als die Durchfu'hrung der von den Sozialarbeitern
21
geforderten Konzeption .
Die kurzfristige Bekanntgabe des Kiindigungstermins dlirfte dem EGD
nicht leicht gefallen sein, da er vor ca. drei Jahren in gleicher Wei-
se mit dem Kinderheim Oberlinhaus verfahren war, was staricen Protest
in der Offentlichkeit hervorgerufen hatte. Der AKSp unterstiitzte die
damalige Offentlichkeitsarbeit, konnte jedoch nicht verhindern, daB
die Kinder brutal aus ihrer Umgebung herausgerissen und auf andere
Heime aufgeteilt wurden. Einige von ihnen leben jetzt im MH. Diese
wandten sich an Genossen des AKSp, die ihnen noch aus der Oberlin-
hausaffare bekannt waren.
Der AKSp befasste sich schon seit langerer Zeit mit der Problematik
von Jugendwohnkollektiven und diskutierte die politische Relevanz
einer Unterstiitzung der Jugendlichen im MH. Da die Genossen sich dar-
liber uneinig waren, beschlossen sie, mit den Jugendlichen und den
Sozialarbeitern des MH zu reden. Die Sozialarbeiter des MH glaubten
aufgrund ihrer Erfahrungen nicht, daB die Jugendlichen ihre Inter-
essen gegenuber dem Trager kollektiv vertreten und eine Konfrontation
mit ihm durchstehen kdnnten.
Die Genossen des AKSp befragten die 23 Jugendlichen, wie sie auf die
Kundigung durch den EGD reagieren wollten, Einige hatten die Absicht,
in Einzelzimmer zu Ziehen, andere wollten auf Tramp gehen, wieder
andere hatten vor, zusammenzubleiben und eventuell ein Kollektiv zu
grlinden. Ein Teil war unentschlossen und rechnete damit, auf irgend-
welche Heime aufgeteilt zu werden.
Der AKSp unterstiitzte die Bestrebungen der Jugendlichen, gemeinsam
ein Kollektiv zu grunden und bot ihnen seine praktische Hilfe an. Es
entwickelten sich spontan neue Aktivita'ten: Zuerst ging eine Gruppe
Markushausler geschlossen in eine interne Sitzung des EGD und forder-
te den Leiter, Pfarrer Seidel, auf, daflir zu sorgen.bis zum 1.4.73
ein Haus fur das Kollektiv zur Verfiigung zu stellen, da sie sonst das
MH nicht verlassen wurden. Sie lieBen sich auf keine Diskussion ein,
lehnten ab, sich zu setzen und wehrten die Spaltungsversuche des EGD
ab ("Peter, ich muB dich gleich mal sprechen, u.a."). Nachdem sie ihre
Forderungen vorgetragen hatten, verliessen sie geschlossen den Raum.
Die Verwirrung auf Seiten des EGD starkte die Jugendlichen in ihrer
Solidaritat und flihrte dazu, daB diejenigen, die zunachst hofften,
die Heimsituation, wie sie im MH gegeben war, durch Unterbringung in
Einzelzimmer hinter sich zu bringen, sich der Kollektivgruppe an-
schlossen. Zusatzliche Diskussionen liber die Zukunft und Isolierung in
Einzelzimmern bestarkte sie in ihrem EntschluB. In den Vollversamm-
lungen, die jetzt fast jeden Tag stattfanden, wurde den Jugendlichen
die Notwendigkeit klar, die Bevblkerung zu informieren, um auf den
EGD Druck ausuben zu kbnnen. Wie niitzlich die Verbreitung von Infor-
mationen liber das MH im Stadtteil "Siedlung Freiheit' sein konnte,
ha'tten die Hausbesetzungen in Frankfurt, Berlin etc. bewiesen, wo ein
Teil der Bevb'lkerung praktische Solidaritat mit den Besetzenden ge-
zeigt hatte. Die Nachbarn wurden die Forderungen sicherlich unter-
0 _ stlitzen, da man von einem "christlichen" Trager wohl erwarten miisse,
d.ii daB er seine gesellschaftlichen Aufgaben nicht derart unmenschlich
erfiille. Als eine Reporterin das MH besuchte, um sich zu informieren,
wurden die Jugendlichen von den Sozialarbeitern des Hauses daran gehin-
dert, mit ihr zu sprechen. Sie beklagten sich in den Vollversammlungen
liber das autoritare Verhalten der Sozialarbeiter, die Akten vor ihnen
verschlossen und das Telefon kon troll ier ten. Sie forderten, daB keine
A.ktivitaten, die ihre Situation betrafen, ohne sie stattfinden sollten.
Die Genossen des AKSp waren der Meinung, daB die konsequente Unter-
stiitzung der Jugendlichen notwendig sei, da die Jugendlichen bereit
waren, aktiv und solidarisch fur ihre Interessen zu kampfen. Sie be-
grlindeten den Jugendlichen, die sich gemeinsam gegen den EGD wehren
wollten, ihre Unterstiitzung mit folgender Erklarung: 'Wir unterstiitzen
euch nicht, weil wir euch so sympathisch finden, sondern weil euer
Konflikt ein gesellschaftlicher ist. Viele Menschen in der BRD sind
nicht in der Lage, ihre Mieten zu bezahlen oder leben ohne vernunfti-
ge Wohnung. Viele haben schon erkannt, daB sie, wenn sie sich nur auf
Parteien und Gewerkschaftsflihrer verlassen, nichts erreichen und daB
sie die Sache selbst in die Hand nehmen mlissen. Wir sehen eure Aktivi-
tat politisch und unsere Unterstiitzung stellt einen Teil unserer so-
zialistischen Praxis dar.' Als die Polit-Gruppe Ton-Steine-Scherben
in Dusseldorf auftrat, besuchten auch einige Markushausler die Veran-
staltung und tauschten mit der Gruppe die neuesten Informationen liber
aktuelle Ka'mpfe von Jugendlichen aus. Daraufhin kamen einige Leute
des G.v.Rauchhauses nach Dlisseldorf und lebten mehrere Tage im MH.
Das Kollektiv betrachtete seinen Kampf nicht mehr isoliert und infor-
mierte sich liber die Erfahrungen, die die Rauchhaus-Leute gesammelt
hatten. Sie sammelten Zeitungsartikel liber die Auseinandersetzungen
um den Kettenhofweg in Frankfurt und diskutierten darliber. AuBerdem
schnitten sie die Artikel aus, die der EGD u'ber sie in die Zeitung
setzte und klebten sie an die Wand. Jeden Abend trafen sich die
Jugendlichen in dem ehemaligen Sozialarbeiter-Teamraum, diskutierten
anfallende Probleme und schrieben darliber selbst Protokolle: Der Presse
sollten noch keine strategischen Informationen vermittelt werden. Frem-
de Leute sollten sich in Zukunft im Heim bei den Jugendlichen vorstel-
len. Sie organisierten einen besseren Informationsfl uB untereinander,
so daB diejenigen, die auch abends arbeiteten, am nachsten Morgen
iiber die Beschllisse der Gruppe informiert waren. Sta'ndig wurden die
schwierigen Probleme einer etwaigen Hausbesetzung diskutiert: Was
geschieht, wenn der Strom gesperrt wird, kein Tropfen Wasser mehr
flieBt, kein Heizoel mehr im Tank ist? - Wo bekommen wir Hilfe... in
Jugendclubs, Heimen, Sozialarbeiterschulen?
Die Auseinandersetzung mit dem Trager des Hauses war durch die Akti-
vitat der Jugendlichen bestimmt, die inmer wieder nach Grlinden der
SchlieBung und nach den Bemuhungen um ein neues Haus fragten. Sie leg-
ten die Termine fur die Gesprache mit dem Trager fest, damit diesem
keine Moglichkeit gegeben wurde, die Jugendlichen zu spa 1 ten, und die
Gruppe vollzahlig anwesend sein konnte. Sie stellten die Tagesordnung
auf und liberlegten sich vorher die Diskussionsfiihrung.Sie verhandelten
nur im MH, da "sie ja schlieBlich keine Autos hatten, mit denen sie
durch die Gegend fahren kb'nnteti'.'Einige Male geschah es, daB die So-
zialarbeiter des EGD, die Jugendliche als ihre Mundel betreuten, den
Kollektivmitgliedern in vertraulichen Gesprachen das Leben im Kollek-
tiv ausreden und ihnen "schb'ne Zimmer" anbieten wollten. In den Voll-
versammlungen wurden diese Sozialarbeiter dann vor dem Plenum hart
angegriffen. 23
24
In der ersten Besprechung machten die Jugendlichen dem Tra'ger klar,
was sie unter Selbstorganisation des Kollektivs verstehen:
1. Selbstorganisation stent einen ProzeB dar. Das Leban im Kollektiv
muB gelernt werden. Voraussetzung dafiir ist die Legalisierung aller
FLirsorgezbglinge durch den EGD.
2. Das Kollektiv wird kein Rentnerkollektiv. Alle gehen arbeiten, in
die Lehre Oder zur Schule. Jeder tragt zum Unterhalt des Kollektivs
bei.
3. Es gibt keine Kontrolle, Disziplinierung oder Reglementierung durch
irgendwelche Sozialarbeiter. Keine Behbrde darf sich in die inter-
nen Angelegenheiten des Kollektivs einmischen. Das Hausrecht hat das
Kollektiv. Es werden keine Diskussionen Liber padagogische Fragen im
hergebrachten Sinn geduldet. Bei nicht zu lb'senden Problemen werden
Sozialarbeiter aufgesucht und ihrer Leistung entsprechend bezahlt.
4. Das Instandhalten des Hauses, die Organisierung von Essen, wasche
und Finanzen werden selbst geleistet.
Die Jugendlichen forderten, da3 wesentliche Momente dieser Aufzahlung
zwischen ihnen und dem EGD vertraglich geregelt werden mu'Sten. Der
EGD legte den ersten Vertragsentwurf vor, zu dem die Jugendlichen so-
fort einen Gegenentwurf erarbeiteten. Der EGD war nicht' bereit, der
Forderung nach einem zwanzig Leute starken Kollektiv mit ma'nnlichen
und weiblichen Jugendlichen zuzustimnen. Er sagte, ihm seien die recht-
lichen Bestimmungen bezuglich der Aufsichtspflicht und des Aufenthalts-
bestimmungsrechts unklar. Die Jugendlichen aber meinten, daB ein Mi t-
glieder starkes Kollektiv deshalb wichtig sei, weil nur so den Spal-
tungsversuchen und eventuellen Repressalien sei tens des EGD effektiv
entgegengetreten werden konne. Die Genossen des AKSp betonten immer
wieder, daB der Landschaftsverband Rheinland der Konzeption dieser
Wohngemeinschaft niemals zustimmen wlirde, es sei denn, die Kampfkraft
des Kollektivs und die Solidaritat der Bevblkerung ware stark genug,
die Erfiillung dieser Forderungen zu erzwingen. Der EGD konnte sich
nun nicht mehr zuriickziehen. Die Oberlinhausaffare noch in den Knochen,
stimmte er verbal alien Forderungen der Jugendlichen zu und versuchte,
sie durch Hinhaltetaktik zu vertrbsten.
Der AKSp forderte den EGD und auch das Jugendamt Dusseldorf zu einer
schriftlichen Stellungnahme auf. Doch erst nach zwei Wochen erklarten
sie sich lediglich zu Gesprachen bereit. In dieser Zeit versuchte der
EGD permanent mit alien Mitteln die Selbstorganisierung der Jugendli-
chen zu verhindern. Er sagte zum Beispiel seine finanzielle Unterstut-
zung nur fur den Fall zu, wenn die Jugendlichen von ihrer Forderung
nach einem zwanzig Leute starken Kollektiv Abstand nehmen und der Bil-
dung zweier kleinerer wohngemeinschaften zustimmen wiirden. Aufgrund
der Hinhaltetaktik und des Drucks der Illegalitat beschlossen die Ju-
gendlichen weitere MSglichkei ten zur Publizierung ihres Kampfes aus-
zunutzen und nahmen Kontakt zu Mitarbeitern der Fernsehsendung "direkt"
auf, die sie schon von fru'her kannten. Die Leute von "direkt" hatten
schon fru'her mit der Theatergruppe, die jetzt den harten Kern des
Kollektivs bildete, Kontakt gehabt. Vor einem halben Jahr hatten sie
ein Stuck Liber Lehrlingsprobleme in Sozialarbeiterschulen und Jugend-
clubs aufgefuhrt. Jetzt beschlossen die Jugendlichen, einen Film Liber
ihren Kampf urn das MH zu drehen, nachdem sie vorher lange diskutiert
hatten, ob dieser zusatzliche Krafte- und Zeitaufwand sie nicht zu
sehr belasten wurde. Sie wurden sich jedoch klar daruber, daB eine
Otto Jacobi/Wafther Nfilller- Jentsch/€berhard Schmidt
Gewerkschatten und
Klassenkampf
ZUR ZEIT
Speben erschienen mit Beitragen
zur aktuellen Gewerksohaftspolitik,
zur Gewerkschaftstheorie, z\ir in-
ternational'en Gewerkschafts'be'we-
gung, sowie eine Dokumentation
iiber Tarifabschlusse, Streiks,
Mitgliederbewegung und wirtscha'ft-
licke Entwicklung.
tu beziehen liber Blicher- & Paper-
vertrieb, 6o5 Offenbach 4, Post-
fach 591, Preis DM 4.8o
Kritisches Jahrbuch
26
solche Publizierung ihres Kampfes sehr n'u'tzlich sein kb'nnte.
Der Jugendamtslei ter des Jugendamtes Duisburg sagte einem Jugendli-
chen des Kollektivs vor del- Kamara Hilfe und Legalisierung zu. In der
darauffolgenden Woche wurde dieser Jugendliche wieder zum Jugendamt
nach Duisburg bestellt. Als er dort ankain, wurde ihm mitgeteilt, daB
er sofort in ein anderes Heim gesteckt werden wiirde. Er bestand da-
rauf, sich. zuerst mit dem Kollektiv in Verbindung zu setzen, konnte
jedoch nur kurz mitteilen, daB sie ihn festhielten, da sie ihm das Ge-
spra'ch mit Gewalt unterbrachen. Die Jugendlichen des MH organisier-
ten sofort drei Autos, fuhren nach Duisburg und holten ihn in das MH
zurlick. Die Kollektivmitglieder starteten von nun an keine Einzelak-
tionen mehr, sei es die Vermittlung von Informationen an Presse und
Sozialarbeiterschulen oder Gange zu den Jugendamtern.
Nachdem der EGD das Telefon sperren lieB, weil die Jugendlichen das
BLiro "erobert" hatten und sich am Telefon mit "Markushaus-Kollektiv"
meldeten, intensivierte das Kollektiv die Offentlichkeitsarbeit. Die
Jugendlichen fu'hrten eine Pressekonferenz durch und fertigten Flug-
blatter an. Sie besuchten Sozialarbeiter und andere Flirsorgeheime
und forderten, das MH solidarisch durch direkte Hilfe zu unterstutzen.
Im MH selbst wurden die letzten verschlossenen Raume aufgebrochen und
die Wasch- und Kochkliche besetzt. Dem letzten im Haus noch verweilen-
den Sozialarbeiter Liberreichten die Jugendlichen symbolisch die schrift-
liche Ktindigung.
Durch die intensive Offentlichkeitsarbeit solidarisierten sich Madchen
und Jungen ans anderen Heimen und besuchten das Kollektiv. Urn flir
den Kundigungstermin, an dem eine groBe "Besetzungsfete" stattfinden
sollte, eine Dokumentation Liber den bisherigen Verlauf der Aktionen
verteilen zu kb'nnen, arbeiteten die Jugendlichen eine ganze Macht hin-
durch. Auf dem Dach hiSten die Jugendlichen rote Fahnen, die die Ein-
heit des Kollektivs und Solidaritat mit anderen besetzten Hausern aus-
driicken soil ten.
Am 1. April fand die groSe Besetzungsfete statt, die von dreihundert
Leuten besucht wurde. Das Fernsehen filmte, Musikgruppen spielten
kostenlos.und die Jugendlichen diskutierten und informierten. Solida-
ritatserkla'rungen, die aus anderen Stadten eintrafen, wurden ausgestellt,
die Wande mit Parolen beschrieben und mit Photos und Zeitungsaus-
schnitten beklebt. Oberall standen mit roter Farbe gemalte Spruche
am Haus: Mut und Solidaritat, damit es uns besser geht! - Kampf -
Auf den Mulltonnen stand: In die Mulltonnen mit dem EGD!
Das Gefu'hl der Solidaritat schlug sich im gemeinschaftlichen Leben
nieder. Das Leben im Haus wurde jeden Tag reflektiert. Auf einer
Wandzeitung standen die anfallenden Probleme des Tages. Abends waren
sie Grundlage flir die Vollversammlung.Der Hausputz und der KLichen-
dienst wurden gemeinsam organisiert. Darauf legten sie besonderen Wert,
damit das Gesundheitsamt oder andere Institutionen keine Vorwande
finden sollten, das Kollektiv zerstdren zu ki5nnen. Die Jugendlichen
zogen in den Trakt urn, in dem frliher die Sozialarbeiter gewohnt hat-
ten. Alte, unbrauchbare Schranke und Gerumpel wurden verbrannt. Sie
gestalteten alles nach ihrem Geschmack, stellten Blumen in den Tages-
raum und schafften in ihren Zimmern eine gemiitlichere Atmosphare. Die-
ser Trakt mit seinen kleinen Raumen erinnerte sie nicht so sehr an
das alte Heimleben und den Bau mit seinen langen Gangen, die wie Ge-
fangnisflure aussahen.
Der massive Druck der Jugendlichen, ihre Verhandlungspraxis und vor
alien Dingen die errungene Solidaritat bewegte den EGD zu einer neuen
Taktik. Mit Hilfe des Jugendamtes wollte er die Jugendlichen zu Kom-
promissen bewegen. Der letzte Versuch, mit Hilfe des Jugendamtes die
Selbstorganisierung der Jugendlichen zu verhindern, scheiterte jedoch
an der Entschlossenheit und Beharrlichkeit des Kollektivs: Das Jugend-
amt und der EGD, die sich zu einer Sitzung im MH um ca. 20 Minuten
verfrliht hatten, muBten vor dem Haus warten. Als der Leiter des Jugend-
amtes Korner (SPD) mit einem Tonband das Gesprach aufzeichnen wollte,
wurde das Gerat von den Jugendlichen kontrolliert und durfte nur bei
Reden von Mitgliedern des Jugendamtes und EGD eingeschaltet werden.
Unverrichteter Dinge muBten der EGD und das Jugendamt wieder abziehen.
Als "christlicher" Trager konnte der EGD die Jugendlichen jedoch nicht
einfach mit Gewalt aus dem Hause holen lassen. Er hoffte jetzt, das
Kollektiv wiirde innerhalb kurzer Zeit auseinanderfallen, tauchte des-
halb nicht mehr auf und uberlieB das Haus erst einmal den Jugendlichen.
Er schrieb Rundbriefe an Eltern und Jugendamter, in denen er sich
jeglicher Verantwortung fur das MH entziehen wollte. Den Jugendlichen
wurde klar, daB nicht nur der EGD, sondern auch die Jugendamter schon
den Versuch ihrer Selbstorganisation zerstdren wollten.
Sie standen nun vor einer doppelten Aufgabe: Einmal muBten sie sich
vor Einqriffen des Jugendamtes schUtzen, welches versuchte, verein-
!plt Juqendliche aus dem Kollektiv zu holen. Andererseits war es von
aroBer Notwendigkeit, das Kollektiv nach innen zu stabilisieren.
Die Mitarbeit der Genossen des AKSp bekam einen neuen Scnwerpunkt.
Die Jugendlichen hatten ihre unmittelbaren Autoritaten abgeschafft:
Sozialarbeiter, Klichenpersonal , Hausmeister und vor allem den Trager.
Risher wurden sie mit Essen, wohnung und Taschengeld versorgt. Nun wa-
ren sie gezwungen, selber dafiir zu sorgen und sich Arbeit zu sucnen.
Heute stellt sich dieses Problem neu fur sie dar. Ihre grundlegende
Situation, Lohnarbeiter im Kapi talismus zu sein, hat sich nicht veran-
dert. Die Auswirkungen der kapi talistischen Widerspriiche haben sie in
ihrem kleinen Lebensbereich erfahren. Nun stellt sich ihnen die Auf-
gabe, Einsicht in die Totalitat der Gesamtgesel lschaft zu gewinnen, urn
dann entsprechend u'ber den bisherigen Rahmen handeln zu kbnnen.
Biirgerinitiativen, selbstverwaltete Jugendzentren und andere Hausbe-
setzungen sind Ausdruck der Unzufriedenhei t mit dem System. Sie wehren
sich gegen das faule KompromiI31ertum der Gewerkschaftsburokratie und
der Sozialdemokratie. Die Arbeiterklasse beginnt, in sie das Vertrauen
zu verlieren und entwickelt immer mehr Initiativen und kampft fiir
seine Interessen und Bedlirfnisse.
Die linken Qrganisationen, die sich ihnen heute von au|3en anbieten,
mit FiihrungsanspriJchen auftreten und deren politische Inhalte flir sie
nicht nachvollziehbar sind, werden dann abgelehnt, wenn sie sie fiir
ihre organisationsspezifischen Interessen kadern wollen.
Alle bisherigen Versuche, das Kollektiv zu zerschlagen, hatten bis
heute keinen Erfolg. Deshalb wurde der EGD gezw'jngen, die Verhandlungen
um einen Nutzungsvertrag mit den Jugendlichen wieder aufzunehmen. Die
Sicherung des kollektiven Lebens und die Aufhebung der Illegalitat durch
einen Vertrag gibt den Jugendlichen einen besseren Ausgangspunkt,
langfristige Perspektiven zu entwickeln, damit die tatsachlichen
Ursachen UNSERER Misere von ihnen weiter aufgedeckt und weiteres
Handeln mb'glich wird.
Bernd Rabehl: Geschichte und
Klassenkampf
Aras Oren: Was will Niyazi in der
NaunynstraGe
F. C. Delius: Unsere Siemens-Welt
Jahrbuch zum Klassenkampf 1973
Peter Schneider: Lenz. Eine
Erzahlung von 1968 und danach
D. B. Rjazanov: Marx und Engels
fur Anfanger
Yaak Karsunke: Joset Bachmann/
Sonny Liston
Eschen/Plogstedt/Sami/Serge:
Wie man gegen Poiizei und Justiz
die Nerven behalf
Rotbiicher
KKS Bielefeld
Das Lehrstlick Brackwede
oder: Die objektiven Grenzen der 'fort-
schrittlichen' Jugendamtspolitik im Recht
Es geht in dem folgenden Bericht nicht darum,, die Aktivitaten und
Ereignisse, die sich im und um das Arbeiterjugendzentrum Brackwede
(AJZ) abgespielt haben, minutibs wiederzugeben. (1) Vielmehr kommt es
uns bei diesem ersten Versuch, die Ereignisse interpretierend dar-
zustellen, darauf an, das Niederschlagen dieses Ansatzes der Selbst-
organisation von Jugendlichen durch Sozialburokratie und Poiizei als
"systembedingte ZwangsTa'ufigkeiten" erkennbar zu machen, die sich
aus der spezifischen Stellung des Jugendamtes innerhalb der kapi ta-
listischen Gesellschaft und der im engeren Sinne handlungskonsti tuie-
renden Grundlagen des Jugendamtes, insbesondere dem Recht, notwendig
ergeben. Da|3 sich bei diesem ersten Versuch, den es weiter zu ent-
wickeln gilt, notwendig Brliche und Verkurzungen feststellen lassen
werden, liegt darin begriindet, daB wir erst beginnen, uns mit diesem
Thema zu befassen.
29
I. Vom Jugendheim zum Arbeiterjugendzentrum (AJZ)
"Sechs Tage lang gab es in Brackwede ein Arbeiterjugendzentrum. Ein
Haus der offenen TUr wurde besetzt und von den Jugendlichen selbst
verwaltet. In diesen 6 Tagen wurden Jugendliche, die das Haus besetz-
ten, zu Kriminellen abgestempelt. In diesen 6 Tagen wurde ein progres-
sives Jugendamt von diesen Jugendlichen zum Handlanger des Kapita-
lismus abgestempelt.... In diesen 6 Tagen wuchs unter den Jugendli-
chen Solidaritat: Solidaritat zwischen Arbeiterjugendlichen und Stu-
denten, zwischen Schlilern und Lehrlingen." blatter, nr. 270 (Zeit-
schrift des bielefelder jugendkulturringes)
Das Jugendheim Brackwede wurde im Juli 1972 als stadtische HOT eroff-
net. Als Heimleiter fungierte ein Sozialarbei ter (Rietschel), der zu
den Jusos gehbrt und der anfanglich die Anstrengungen der "nebenamt-
lichen" Mitarbeiter (Schliler, Studenten), ein Arbeiterjugendzentrum
zu errichten, unterstutzte. Die Jugendliche, die ins HOT kamen, stamm-
ten zum ijberwiegenden Teil aus den untersten Schichten der Arbeiter-
klasse; viele von ihnen kommen aus kaputten Familien, haben "Erfah-
rung" mit Flirsorgeheimen, sind "ankriminalisiert", ein Teil arbeitet
nicht regelmaBig - kurz: im blirgerlichen Jargon ist ein Teil dieser
Jugendlichen eine Rockerbande, obwohl dies nicht zutrifft. Tatsache
ist vielmehr, daB der GroSteil dieser Jugendlichen aufgrund ihrer
restriktiven Sozialisationsbedingungen keine oder nur eine ungenugen-
de Qualifikation ihrer Ware Arbeitskraft erhalten haben und deshalb
kaum eine Chance besitzen, eine langfristige Arbeit, die einigerma&en
bezahlt wird, zu erhalten und die - aus eben diesen Grunden - unter
einem hohen 'Kriminalitatsdruck' stehen.
Auf diesem Hintergrund sind die folgenden Daten Liber die chronologi-
sche Entwicklung des Konflikts mit dem Jugendamt, die wir aus einer
Darstellung der ehemaligen Mitarbeitergruppe Ubernehmen, zu lesen.
Wir haben diese Darstellung bewuSt unverandert gelassen, urn dem Leser
die Mb'glichkeit zu geben, die Entwicklung der Aktivitaten und des
BewuBtseinsstandes sowohl der Mitarbeiter als auch der beteiligten
Jugendlichen anhand der zusaramengetragenen Stichworte nachzuvollzie-
hen. An diese Schilderung schlieSt sich die Plattform des Aktions-
komitees "Kampf fiir ein Arbeiterjugendzentrum" an.
30
»
Chronologischer Ablauf der Entwicklung vom Jugendheim zum Arbeiter-
jugendzentrum
1. Phase Juli-Dez. 72
"Rietschel nur l/3-btelle im Jugendheim, Mitarbeiterkreis aus ca.
15 Schlilern, 3 FHS u. 4 PH od. Uni studenten.
Weitgehend unpolitische, hauptsachlich techm'sch-organisatorische
Aufgaben, groGe Fluktuation.
Entwicklung des Orgahisationsmodells: Kinder-, Jugend-, Hobbygruppe
und Mitarbeiterschulung.
Kindergruppe: Ansatz zur Sexualarbeit: 'KuBgruppe' groBer Anklang,
standig 2U-30 Leute.
Juqendgruppe: ca. 10 - 15 Leute, "Schlilerschule" gelesen, per Diskus-
sion Auf I i stung von Problemstellungen; schnelles Abbrb'ckeln des In-
teresses, weil zu theoretisch.
Hobbygruppe: Gitarrengruppe, Bastelgruppe, Tanzgruppe, dauernd Disko-
thek.
Mitarbeiterschulung: ungefahr seit Oktober war alien Mitarbeitern klar,
"dali gesel Ischat'tliche Bestimmung der Arbeit notwendig. Immer noch
keine Zusammenarbeit mit den Heimbesuchern.
Wahl eines Leitungsteams zur Koordinierung der Arbeit, zur Anlei-
tung der Mitarbeiter und zur Regelung von Personal fragen.
Versuch der Umsetzung von Theorie und Praxis. Theoretische Schulung
(pol.-Ok.-Schulung, Stalin) jedesmal gescheitert, Weil zu schwierig
(auch drei Jungarbeiter arbeiteten im Mitarbeiterkreis mit) und zu
wenig praxisbezogen.
Anfang Dez. 72
Erste tlesprache Liber die Selbstverwaltung der Mitarbeiter. Grund:
drohende SchlieBung des Heimes, da durch kommende Neuordnung des Bie-
lefelder Raumes der Heimleiter Rietschel abgezogen werden und Ersatz
so schnell keineswegs vorhanden sein wlirde.
Mitte Dez. 72 Vlotho-Seminar
"Kbsprachen mit Rietschel, Schmidt und Kleist.
Hauptdiskussionspunkte: Finanzierungsmoglichkei ten, Gewahrlei stung
des organisatorischen Ablaufs, Verantwortungsfrage.
Ergebnis: Rietschel fungiert weiter als Heimleiter, ist aber praktisch
im Jugendamt.
ca. 20.12.72
Erste I lung der Konzeption (Legitimationspapier) Eher ein konservati-
ves, denn ein fortschrittliches Papier. Jugendamt stimmt der Konzep-
tion und der darin vertretenen Selbstorganisation der Mitarbeiter zu.
20.12.72 - 4.1.73
Interne Weitertuhrung des Konzepts, abgesprochen auch mit Rietschel,
Schmidt (einmal auch mit Sandmann) in der StadtbrLicke.
Ziel: Selbstorganisation der Mitarbeiter und der Jugendlichen durch
TrTnrTchtung eines Arbeiterjugendzentrums, gegliedert in Jungarbeiter-,
Lehrlings- und Schulerzentrum sowie Kinderarbeitsgruppen.
Einzelgruppen wahlen Delegierte in a) OrganisationsausschuB b) Lei-
tungsausschuB.
jegliche Entscheidungsbefugnis nur bei der Hausversammlung.
5 -7.1.73 Neuland Bildungsstatte bei Bielefeld
■vtra^schiedung dieses Konzepts in einem Vorbereitungsseminar unter
Teilnahme aller Mitarbeiter (Initiatoren) sowie Rietschel und Schmidt. 31
32
Daruber hinaus Bezahlung der Mitarbeiter abgeschafft. (JA zunehmend
skepti'sch)
8.1 .73 Erb'ffnung des Heims (als Arbeiterjugendzentrum)
Jugendamt und reaktionarer Teil des Mitarbeiterkreises legen von An-
fang an Steine in den Weg: Finanzierung funktionierte nicht, Intrigen
gegen uns bei Praktikanten.
Hauptinhalt der praktischen Arbeit: Einzelfallhilfe (Flirsorge, Eltern,
Arbeit, Krankenhaus etc.)
Keine Disziplinierung: nachts schlafen zunehmend mehr und mehr Jugend-
liche im Heim, vornehmlich solche, die sonst nirgend hin kbnnen.
Chaotische Phase: Saufen, Schlagereien, Demolierungen -
Jedoch: Ansatzweises Erkennen der Unmbglichkeit die»er Phase. Selbst-
hi |fe der Besucher: z.B. Kassenorganisation, Aufraumen etc.
Suche nach Diskussionen liber Betrieb und Elternhaus.
Interesse flir studentische Funktion im HOT etc.
Gerade in dieser vielversprechenden Phase Haufung von Anzeigen und Be-
schwerden beim JA, die jedoch sich nicht unterscheiden von Konflik-
ten in anderen Bielefelder Jugendheimen z.B. Matthaus, Ummeln, Nieder-
mlihlenkamp.
Trotzdem willkommener AnlaS fur JA zum Eingreifen, Angeblich will man
mit uns verhandeln, wir bekommen jedoch die Information, daB die Ver-
handlung in der Ankundigung der Wiedereinsetzung eines hauptamtl ichen
Jugendheimleiters bestehen werde.
Daraufhin entwerfen wir am Abend vor dieser Verhandlung ein Flugblatt,
das die Forderung, die wir gesprachsweise von den Jugendl ichen erfuh-
ren, artikulierte.
Mit 20 Leuten wurde das Flugblatt diskutiert, die Jugendl ichen stellten
sich voll dahinter.
yollversamnilung
Bei der Vollversammlung am nachsten Tag waren ca. 30 Jugendliche, die
Mitarbeiter Schmidt und Rietschel anwesend.
Nach kurzer Zeit kam das Gesprach - von den Jugendl ichen selbst ini-
tiiert - auf ihre praktischen Erfahrungen mit dem JA (Fiirsorge, FE-
Heime)
Die Darstellung ihrer Erfahrungen ging nicht ohne Emotionen ab, und
als die Vertreter des JA das Wort ergreifen wollten, wurden sie und
ihre fluBerungen ('man muB ja auch bestimmte Spielregeln beachten1)
spontan mit dem vaterlich-fursorgerischen Verhalten der FE identi-
fiziert.
Da die Jugendlichen hier erstmals die Gelegenheit hatten, vor JA-Ver-
tretern ohne Angst vor Sanktionen ihren Emotionen freien Lauf zu las-
sen, lieBen sie die JA-Vertreter gar nicht mehr zu Wort kommen.
Wir bezogen eindeutig die Position der Jugendlichen. Dieses Verhal-
ten wird uns heute noch vom JA als manipulativ, aufwieglerisch vorge-
halten. Aber: Niemand kann die Jugendlichen besser agitieren, als ihre
Erfahrungen mit der Fiirsorge!!!
2 Tage spater
trneute Gesprache, diesmal mit Schulz u. anderen Vertretern des JA,
Jugendliche durften kaum teilnehmen.
Das JA legte ein Disziplinierungspapier vor, setzt Heimleiter Rietschel
wieder ins Haus, - wir sind ohnmachtig.
In alien Gespra'chen keine inhaltliche Gegen konzepti on, nur: so nicht!
12.2.73 HeimschHeBung
ltn Mitarbeiterkreis Besetzung diskutiert, keine Chance
Hansgeorg Conert
Gewerkschaften
heute
Ordnungsfaktor
oder Gegenmacht?
Funktion und Strategic
der Gewerkschaften im Spatkapit alismus
Ein kritischer Beitrag zur Standort-
bestimmung der Gewerkschaften in der
BRD heute. Ausgangspunkt ist die Er-
wartungshaltung der Mitglieder gegen-
iiber den Gewerkschaften. Es wird ver-
deutlicht, daB organisierte wie auch
nichtorganisierte Lohnabhangige von
den Gewerkschaften die Durchsetzung
von Anspriichen erwarten, die den
engen Rahmen der vom Profitziel dik-
tierten Funktionsbedingungen des
Spatkapitalismus sprengen . Die Ge-
werkschaften stehen vor der Entschei-
dung: integrieren sie sich in das
System des organisierten Kapitalismus
oder begreifen sie ihre Aufgabe als
antikapitalistische Gegenmacht und
gehen zu einer Strategie der Durch-
setzung systemverandernder Reformen
liber?
Verlag 2ooo GmbH, 6o5 Offenbach h
Postfach 591, Hohe Str. 28 (DM 3 • 3o )
',.
34
Resignation bezliglich dieser Arbeit
Dokumentation, theoretische Analyse, Pol .Ok. -Schulung.
Pause bis 20.2. kaum, nur sporadische Kontakte zu den Jugendlichen
19.2.73
Neue Westfa'lische (NW) - SPD-nahe Bielefelder Zeitung:
Protest der Jungen Union wegen SchlieBung
20.2.73
NW: Gegendarstellung des JA
20.2.73
NW: SPD-Geschaftsfu'hrer Hunger wirft der Jungen Union "Aufberei tung
zum Wahlkampfthema" vor.
24.2.73
NW: Wir waren liber die miesen Darstellungen anfangs nur sauer. Reagie-
ren nun spontaneistisch mit Gegendarstellung ohne Zielperspekti ve,
es sei denn Information.
28.2.73
NW: JA'reagiert in infamster Weise: Manipulationsvorwurf .
13.3.73
MU J' VH r reagieren erneut in der Zeitung. Fordern bffentliche Diskussion
mit JA im HOT. Diskussion wird abgelehnt (wegen Wahlkampf ) .Wir bekom-
men keinen Raum im HOT.
20.3.73
Wir sehen es inzwischen als unerla'Blich an, liber den richtigen Sach-
verhalt zu informieren.
Besorgen flir 23.3. (Freitag) einen Raum in der Gaststatte 'Tanneneck1.
Entwerfen erstes Flugblatt: Jugendheim-Report.
21.3.73
WiY verteilen das Flugblatt (noch allein) vor Brackweder Betrieben und
Schulen und verschicken es gezielt an Jugendvertreter.
21.U.23.3.73
Wir vertei I en in Brackwede/TreppenstraBe und Bielefeld/BahnhofstraBe .
Die Veranstaltung am nachsten Tag ist immer noch ohne explizite Ziel-
perspekti ve (es sei denn Information)
kurz andiskutierte Perspektive: wir kbnnen Gruppen bilden
23.3.73 Tanneneck
Verlauf der Veranstaltung:
- Lage der Arbeiterjugendlichen
- Konzept und Praxis des AJZ
- Theoretische Einschatzung aus der Praxis heraus
zur Funktion blirgerlicher Sozialarbeit
- Arbeiterfeindliche Politik des SPD-Jugendamtes
ca. 70 Teilnehmer
Diskussion: spontane Forderung: Wiedereinrichtung des AJZ, mbglicher-
weise Besetzung
Bildung des Aktionskomitees "Kampf flir ein Arbei terjugendzentrum"
Ende Ma'rz/Anfang April
Das Aktionskomi tee "Kampf fur ein Arbeiterjugendzentrum", das zur Half-
te aus Mitgliedern verschied. nicht-revisionistischer Organisationen
Bielefelds und zur anderen Halfte aus unorganisierten Jugendlichen
(z.T. ehemalige HOT-Besucher) bestand, erarbeitete sich eine "Platt-
form", die dazu dienen sollte, die Einschatzungen und Kampfformen
und -ziele der Beteiligten zu vereinheitlichen und flir weitere Orga-
nisationen als Grundlage der mdglichen Mitarbeit gelten sollte.
Plattform des Aktionskomitees "Kampf flir ein Arbeiterjugendzentrum"
Das SPD-Jugendamt Bielefeld hat Ende Januar dieses Jahres den Versuch
abgew'u'rgt, im Jugendheim Brackwede ein Arbeiterjugendzentrum zu er-
richten. Das Arbeiterjugendzentrirm Brackwede sollte von Jungarbeitern,
Lehrlingen, Schiilern und anderen fortschrittlichen Menschen selbst auf-
gebaut und geleitet werden. Im Arbeiterjugendzentrum sollte der Kampf
aufgenommen werden gegen die Verschlechterung der Lebens- und Arbeits-
bedingungen der werktatigen und schulpflichtigen Jugend:
Die Arbeiterjugend ist ein besonders rechtloser und ausgebeuteter Teil
der Arbeiterklasse; sie soil durch eine Vielfalt von Gesetzen vom Be-
triebsverfassungsgesetz bis zum Jugendschutzgesetz gefesselt werden.
Ihre Arbeitskraft wird standig liber das erlaubte MaB eingesetzt und
mit einem Lohn bezahlt, der unter dem Existenzminimum liegt. Die El-
tern der Jugendlichen sind die Leidtragenden dieser Ausbeutung: sie
mu'ssen die Ausbildung der Jugendlichen tragen, da ihre Kinder nicht
einmal das Nbtigste zum Leben bezahlen konnen. Die Familie , die die
Kapitalisten mit groBen Worten verteidigen, ist von ihnen langst ihrer
wirtschaftlichen Basis beraubt worden. Die meisten Arbeiterfrauen ralis-
sen arbeiten, urn der Familie mit den Unterhalt zu sichern.
Das Resultat: Fast ein Viertel aller Hauptschulabganger sieht sich
auBerstande, eine Lehre zu beginnen, vor allem deshalb, weil die El-
tern die Ausbildung nicht bezahlen konnen. Die Ausbildung in Handwerk
und Industrie wird standig rationalisiert und verschlechtert. Ein er-
heblicher Teil der im Handwerk eingesetzten Auszubildenden muB sofort
nach der Lehre den Beruf wechseln, weil das Handwerk die Jugendlichen
als billige Arbeitskrafte einsetzt und standig mehr Lehrlinge ein-
stellt, als nach der Lehre im Beruf eingesetzt werden konnen.
Die Zahl derjenigen, die in der Industrie eine Ausbildung erhalten,
wird standig eingeschrankt. Die Zahl der Un- und Angelernten nimnt
standig zu.
GroBe Teile der Arbeiterjugend werden in Flirsorge- und Erziehungshei-
me gesteckt, urn sie fur die kapitalistische Produktion gefligig zu
machen. Die Sozialbiirokratie versucht standig in der blirgerlichen
Jugendpflege, der Arbeiterjugend eine Interessenharmonie zwischen der
Arbeiterschaft und den Kapitalisten zu verkaufen und so ihre Lage
zu verschleiern.
Arbeiterjugendzentrum kontra Unterdruckung und Diziplinierung der
Arbeiterjugend in der kapitalistischen Produktion!
Existenzlohn flir Lehrlinge 600 DM!
Streikrecht flir Lehrlinge!
Arbeiterjugendzentrum kontra Unterdruckung und Disziplinierung der
Arbeiterjugend in stadtischen Jugendheimen, Erziehungsanstalten und
Jugendstrafanstalten!
Im Arbeiterjugendzentrum soil eingerichtet werden:
. ein Lehrlings- und Jungarbeiterzentrum mit Diskussions- und Aktions-
qruppen flir GroB- und Handwerksbetriebe, in denen man sich mit ande-
ren Lehrlingen und Jungarbeitern liber die betrieblichen MiBstande klar-35
36
werden und etwas dagegen unternehmen kann.
- eine Filmgruppe, in der Lehrlinge, Jungarbeiter und Schuler gemein-
sam einen Film iiber ihre Situation drehen kbnnen,
- eine Zeitungsgruppe, die eine Arbeiterjugendzeitung herausgibt
- ein Wohnkollektiv fur Lehrlinge und Jungarbeiter, die aus ihren mie-
sen Wohnlbchern herauskommen wollen,
- die tatsachliche Selbstorgam'sation der Jugendlichen im Arbeiterju-
gendzentrum Brackwede.
Mit der Verscharfung der Klassenauseinandersetzungen seit 1967/68
rlistete die BRD sich verstarkt, urn die "innere Sicherheit" zu erhalten,
das heiBt, um aufbrechende Klassenkampfe niederzuschlagen. Zu diesem
Zweck wurden die Notstandsgesetze verabschiedet, der Bundesgrenzschutz
zur Burgerkriegsarmee ausgebaut und weitere Schritte unternommen bis
hin zur Planung eines Berufsheeres. Mit dem WehrkundeerlaB soil der
Militarismus in den Schulen verankert werden, in der Bundeswehr, in
der die Kollegen in Uniform einen geringen Lohn bezahlt bekommen, soil
jede fortschrittliche Bewegung durch Disziplinarstrafen im Keime er-
stickt werden.
Erhbhung des Solds auf die Hone eines Facharbeiterlohnes !
Kampf dem Maulkorberlass
Arbeiterjugendzentrum kontra mil itarische Verhetzung in Schulen, Hoch-
schulen, Presse, Rundfunk und Fernsehen!
Die Bedlirfnisse der arbeitenden Jugend nach Tanz, Musik und Spielen
werden von den Kapitalisten fiir ihre Profitmacherei ausgenutzt. Die
sexuellen Wlinsche der Jugendlichen werden durch eine ganze Industrie
Yon Scheinangeboten und Programmen burgerlichen Konkurrenzdenkens ver-
zerrt.
Arbeiterjugendzentrum kontra Verdummung der Arbeiterjugend durch die
Verdummungs- und Unterhaltungsindustrie!
Im Arbeiterjugendzentrum sollen viele Musik- und Tanzveranstaltungen,
die dem Interesse der Jugendlichen entsprechend, stattfinden.
Die blirgerliche Klassenschule gewahrt der Arbeiterjugend nur eine
auBerst schlechte Ausbildung. Vollgestopft mit der burgerlichen Ideo-
logic sollen sie zu gefugigen Arbeitern gemacht werden. Oberfullte
Klassen, gro(3er Lehrermangel , nicht genligend Lehrmittel, dies erwar-
tet die Arbeiterjugend hinter den Schultliren. Die reaktionare Schul-
blirokratie versucht den Kampf vieler Schuler durch politische Diszi-
plinierung und den Abbau demokratischer Rechte zu untergraben. Dazu
komrnt ein umfangreiches System der Spaltung und Auslese in Schulzwei-
ge und Leistungsklassen.
Arbeiterjugendzentrum kontra Verdummung und Disziplinierung der Ar-
beiterjugend in der kapitalistischen Klassenschule!
Die Bielefelder SPD-Sozialbiirokratie hat versucht, die Einrichtung
eines selbstorganisierten Arbeiterjugendzentrums im Brackweder Jugend-
heim zu verhindern. AnschlieSend wurde das Heim geschlossen, weil
die Arbeiterjugend! ichen sich weigerten, einen konventionellen Heim-
betrieb zu akzeptieren.
Kampfen wir fiir die Durchsetzung des Arbeiterjugendzentrums Brackwede!
Prinzipien der Arbeit der Organisationen im Aktionskomitee
"Kampf fiir ein Arbeiterjugendzentrum"
1. Das Aktionskomitee "Kampf fiir ein Arbeiterjugendzentrum" hat die
Aufgabe, geeignete MaBnahmen zur Durchsetzung des Arbeiterjugendzentrums
zu ergreifen und bei der Errichtung cf§s Arbeiterjugendzentrums initiie-
rend zu wirken.
2. Die Planung und Durchfiihrung von Veranstal tungen und Verb'ffentli-
chungen in der Phase des Kampfes fiir ein Arbeiterjugendzentrum ist
Sache des Aktionskomitees und sie miissen auf den Sitzungen des Aktions-
komitees beschlossen werden.
3. Die im Kotnitee beteiligten Organisationen treten in alien Veran-
staltungen und Verbffentlichungen des Komi tees nur unter dem Namen
des Komitees auf. Die Propaganda fiir eine bestimmte Organisation soil
unterlassen werden.
4. Veranstaltungen und Verbffentlichungen der beteiligten Organisa-
tionen, die im Zusammenhang mit dem Kampf des Arbeiterjugendzentrums
stehen, miissen im Aktionskomitee besprochen werden.
5. Keine der im Komitee arbeitenden Organisationen kann gegenliber den
anderen einen berechtigten Fiihrungsanspruch ableiten.
Fur frei'e politische Bet'a'tigung in Schule und Betrieb!
Kampf der politischen Disziplinierung!
Nachdem das Jugendamt sich standig weigerte, in eine Sffentliche Dis-
kussion mit dem Aktionskomitee "Kampf fiir ein Arbeiterjugendzentrum"
einzutreten, kam es neben mehr Oder weniger informellen Kontakten und
einer Auseinandersetzung in der ortl ichen Presse liber den Charakter
von Jugendarbeit zu keiner Zusammenarbei t mit dem Jugendamt, das ledig-
lich erklarte, die Konzeption des AJZ sei unannehmbar. . .
So kam es - nach einer Solidari tatsfete am Karsamstag, zu der ca.
250 - 300 Jugendliche aus Bielefeld und Brackwede kamen - zu einer Be-
setzung des Jugendheims Brackwede, Die Jugendlichen hatten erkannt,
daB sie sich nehmen miissen, was sie brauchen... . Sechs Tage konnte
das AJZ gehalten werden, dann wurde es von mehreren Hundertschaften
der Polizei unter Bereitstellung von Wasserwerfern und Einsatz von
Hundestaffeln brutal geraumt, obwohl das AJZ vorher fur die Dffentlich-
keit gebffnet wurde. (2) Dazu aus einem Leserbrief v. 4.5. in der NW:
"Die Polizei schleppt die Jugend mit Gewalt aus dem Haus der Jugend:
das ist der Tatbestand, und der beunruhigt Sie wie mich, denn wir wol-
len in einem Rechtsstaat und nicht in einem Polizeistaat leben. Nun
heiBt es: Eigentum - aber meine Kinder wollen verdammt nicht einsehen,
daB das Haus der Jugend nicht der Jugend gehbren soil - und ich kann
und will ihnen nicht das Gegenteil klar machen. Wenn aber die Jugend
durch die Polizei aus ihrem eigenen Haus geworfen wird, ist etwas
schief gelaufen. Wir soil ten uns fragen: was?
Sprechen Sie einmal mit Arbeiterkindern und fragen Sie sie, ob sie sich gy
SOZIALISTISCHES BURO + VERLAG 2000 GMBH
ALLE LIEFERBAREN TITEL: HERBST 1973
Ansatzpunkte sozial istischer Politi'k in der BRD - Thesen der
Arbeitsgruppe Sozial istisches Biiro, DM 2.--
Kofler/Buro: Vom Handelskapitalismus zum Neo-Imperialismus der
Gegenwart. Eine Einfuhrung in die Entwicklung der blirgerlichen
Gesellschaft, DM 5.—
Conert: Die politischen Grundrichtungen innerhalb der deutschen
Sozialdemokratie vor dem ersten Weltkrieg, DM 5.--
Evers/Lehmann: Politisch-Bkonomische Determinanten flir Planung und
Politik in den Kommunen der BRD, DM lo.--
Autorenkollektiv 'Assiste/itenpool : Bedingungen und Perspektiven der
Stadtteilarbeit. DM 4.--
Van Spall: Obersicht deutschsprachiger Periodika der unabhangigen
sozial istischen Linken, DM 2.5o
REIHE BETRIEB UND GEWERKSCHAFTEN
Conert: Gewerkschaften heute - Ordnungsfaktor oder Gegenmacht? DM 3.3c
Kosack/Castles: Auslandische Arbeiter und Klassenkampf , DM 4.—
Redaktionskollektiv "express": Gewerkschaftliche Vertrauensleute flir
eine antikapital istische Betriebsstrategie, DM 2.5o
Betriebsratswahl Merck 1972. Eine Dokumentation, DM 4.--
REIHE INTERNATIONALE SOLIDARITY
Dokumente zur Entwicklung in Chile, DM 5.--
Wenzel/Krippendorff/Agnoli : Klassenka'mpfe und Repression in Italien.
Am Beispiel Valpreda, DM 5.—
Brasilien-Report, DM 2.5t>
Industrial isierung, Fremdkapital und Zwangsarbeit in Sudafrika.DM 4.-
Portugal und die NATO, DM 4.—
REIHE ROTER PAUKER - MATERIALIEN FOR LEHRER
Unterrichtseinheit (LIE) Arbeit, DM 4.--
UE Verbal tenssteuerung - Abw&ichendes Verhalten, DM 4.—
UE Lehrlingsausbildung in der BRD, DM 3.5o
UE Lateinamerika, DM 4.--
Disziplinierung von Lehrern. Materialien, Analysen, Hinweise zum
Berufsverbot, DM 4.—
Materialien zur Arbeitsfeldanalyse des Lehrerberufs, DM 4.—
Materialien zur Geschichte der politischen Lehrerbewegung I
(1789 - 1933), DM 2.5o
Materialien zur Schulbuchproduktion. Analyse, Tendenzen, Alternativen,
DM 4.—
PLAKAT-BAUERNVERLAG
Alavi: Theorie der Bauernrevolution, DM 4.—
Rechtziegler: Westdeutsche Landwirtschaft im Spatkapitalismus, DM 5.—
Bauer was nun? Beitra'ge zur Agrarfrage in der BRD, DM 4.--
Kemper: Marxismus und Landwirtschaft, DM 5.—
Bergmann: Agrarpolitik und Agrarwirtschaft sozialistischer Lander ,
DM lo.—
AuBerdem BUcher- & Paperliste mit Liber 3oo ausgewa'hlten Titeln
flir die theoretische Arbeit, flir die Praxis in strategisch wichtigen
Feldern, Erfahrungsberichte projektbezogener Aktivitaten etc.
Verlag 2ooo GmbH, 6o5 Offenbach 4, Postfach 591, Hone Str. 28
in den ublichen JH wohlfuhlen oder nicht und weshalb nicht. Der Kun-
diae weiB daB die Arbeiterjugend in normalen Jugendheimen mehr oder
weniger an die Wand gedruckt wird." Helmut Ostermeyer, Jugendnchter
II. Die Aktivitaten des Jugendamtes
Urn die MaBnahmen des Jugendamtes, die im folgenden naher untersucht
werden sollen, uberhaupt richtig einordnen zu konnen erscheint es
uns wichtig, sich bestimmter Grundsachverhalte, die die Handlungsvoll-
zuge eines Jugendamtes primar bestimmen, zu vergegenwartigen:
1. Das Jugendamt ist eine Institution des Staates (im weiteren Sinne)
uiid dem Oberbau zuzuordnen,
Marx beqreift die Struktur jeder Gesellschaft durch die verschiedenen
Ebenen und Instanzen konstituiert, die durch eine spezifische Deter-
mination einander zugeordnet sind: die okonomische Basis (Einheit der
Produktivkrafte und der ProduktionsverfiaTtnisse) und der Oberbau,
"der selbst zwei Ebenen oder Instanzen umfasst: die juristiscn-politi-
sche (Recht und Staat) und die Ideologie". (3) Die Begriffsbestiimiung
Basis - Oberbau verweist darauf, daB die Instanzen des Oberbaus nicnt
in letzter Instanz determinierend sind, sondern bestimmt sind durch die
Wirksamkeit der Basis, "daB, wenn sie auf ihre Weise determinierend
sind, sie es also als determiniert durcTPdie Basis
sina, s.e « a,3U a, o uc, - Tsind) " (3) D.h.
es gibt I.) eine 'relative Autonomie' des Oberbaus gegenuber der Ba-
sis 2.) eine Ruckwirkung des Oberbaus auf die Basis und 3.) sind
beide Prozesse bestimmt durch die Entwicklungsprozesse der okonomi-
schen Prozesse.
2 Das Jugendamt ist eine Erscheinungsweise der (Sozial-)BUrokratie
uiid eingeordnet in eine umfassendere Burokratie (Institutionen der
Stadt, des Landes, des Bundes)
Max Weber hat bekanntlich die innere Struktur des staatlichen Gewalt-
aDDarates unter dem Modell einer biirokratischen Verwaltung subsumiert,
die qleichermaBen Inbegriff formaler Rationali tat wie gesel lschaftli-
rher Herrschaft sei . Prazisiert wird diese Bestimmung der Biirokratie
durch die als Grundkategorien "rationaler Herrschaft" defimerten Pro-
,"',e namlich: kontinuierlicher regelgebundener Betrieb von Amtsge-
=rhSften Abgrenzung der Kompetenzen durch Arbeitsteilung, gestufte
Rafphlsaevalt und Gehorsamspflicht, Konzentration der Betnebsmitte .
4n Hiinden einer nicht-blirokratischen Spitze bzw. Trennung der Be-
Iriebsmittel von den Beamten, Anstellung nach Qualification in besol-
Zter, hauptberuflicher Tatigkeit mit geregelter Laufbahn sowie
crhriftliche Fixierung der Verwaltungsvorgange. (4) "Kennzeichnend
,n3 verb ndend fur dil verschiedenen empirischen Kritenen die Weber
auswShlte, ihr gemeinsames begriffliches Element, ist: die Ausubung
ton Kontrolle auf der Basis von Wissen, orgamsiert durch abstrakte
toSeS und gerichtet auf maximale EffektlvitSt " (5) Diese burokrati-
Trhl Struktur mit den eben aufgezShlten Merkmalen hat nun bestimmte
A^swirkungen auf das konkrete Handeln der Individuen und - was uns dy
hier primar interessiert - die Zwecke der Institution: Wichtig ist,
daS in der bu'rokratie-spezifischen formellen Gehorsamshierarchie eine
MaBnahme m'cht kraft ihres bestimmten und konkreten Inhalts, sondern
kraft ihres formellen Charakters als Befehl befolgt wird, woraus -
mit U.K. PREUSS - folgendes zu schliefien ist: 'Wenn das System des Ge-
horsams gegeniiber Befehlen die Form der wirksamsten Durchsetzung kon-
kreter Zwecke ist - und wenn die Erfolgskontrol le in der Biirokratie
lediglich darauf zielt, die Durchsetzung eines Befehls in der Hierar-
chie von oben nach unten festzustellen - so wird der konkrete Zweck,
den ein Befehl verfolgt, lediglich zur konkreten Erscheinungsform
eines allgemeinen Zweckes, der sich in der abstrakten Form des Befehls
ausdrlickt, Aber nur dadurch, daB jeder konkrete Zweck die Form eines
Befehls annimmt und so an den zentralen blirokratischen Herrschafts-
apparat riickgebunden ist, ist gewahrleistet, daB die konkreten Zwecke
sich nicht verselbstandigen und konkreten Bediirfnissen antworten, son-
dern daB sie ausschlieSlich den in der zentralisierten politischen
Gewalt erscheinenden allgemeinen Zweck erfiillen. ... Dieser ist nun
m'cht,, wie allgemein angenommen wird, das Gemeinwohl, denn dies ist
ein kqhkreter Zweck, zielend auf einen konkreten Zustand, der je
nach Situation und Interpretation zwar ganz verschieden aussehen kann,
gleichwohl aber immer etwas Konkretes ist. Der allgemeine Zweck, der
zugleich die Abstraktion von alien konkreten Elementen gesellscfiaft-
licher Beziehungen darstellt, ist Herrschaft.' (6) Das Jugendamt ist
also eine Institution der Herrschaftsausiibung, eingebettet in liber-
geordnete Instanzen ebensolcher Herrschaftsausiibung, die alle ihrer-
seits begriindet sind in der b'konomischen Herrschaft des Kapitals, der
Herrschaft der im Kapital vergegenstandl ichten toten Arbeit liber die
Tebendige Arbeit.
3. Das Jugendamt handelt wie alle staatlichen Institutionen nach MaB-
gabe und auf der Srundlage bestehender Gesetze.
Die Gesetze, aus denen sich die Aufgaben des Jugendamtes ergeben, sind:
das Grundgesetz fur die BRD (GG) , das Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG) ,
das Burgerliche Gesetzbuch (BGB), das Gesetz Liber die Vermittlung an
Kindesstatt (KAnnVerm.G) , das Jugendgerichtsgesetz (JGG), das Bundes-
sozialhilfegesetz (BSHG), das Gesetz zum Schutz der Jugend in der
Offentlichkeit (JgSchG), das Jugendarbeitsschutzgesetz (JASchG) sowie
eim'ge weitere Bundes- und Landesgesetze. Dieser Punkt ist insofern
wichtig, da bei der weiteren Interpretation der Aktivitaten des Biele-
felder Jugendamtes im Konflikt mit dem AJZ flir das Jugendamt die wie-
derherstellung des "rechtma'Bigen Zustandes" zur obersten Handlungsma-
xime wurde. Wie gerade hierdurch - in Verbindung mit den unter 1. und
2. dargestellten Punkten - der Klassencharakter der burgerlichen Ge-
sellschaft in die spezifischen Reaktionen der Sozialarbeiter des Ju-
gendamtes in der Auseinandersetzung mit dem AJZ transformiert wird und
darliber hinaus als Strukturelement behordlicher Jugendarbeit zum Aus-
druck kommt, soil im SchluBkapitel naher beleuchtet weraen. Befassen
wir uns vorher noch mit den konkreten Handlungen und Widersprlichen der
Jugendamtsvertreter und deren spezifisch falschem BewuStsein (auch
liber ihre eigene Lage), wie es sich in dem Konflikt mit dem AJZ zeigte.
An zwei Punkten, die flir uns einsichtig waren, sollen die Handlungen
4 0 und die Handlungsstrategie des Jugendamtes untersucht werden:
1. am Verhalten der Jugendamtsvertreter bei den Verhandlungen mit
2 an den konkreten MaBnahmen der politischen Disziplim'erung gegenuber
Sozialarbeitern, die im AJZ mitgearbeitet haben.
1 Zwei Tendenzen lassen sich aus der Strategie des Jugendamtes, die
es wahrend der Besetzung einschlug, herauskristallisieren: einmal
das Interesse des (sozialdemokratischen) Jugendamtes, es m'cht zu
einer gewaltsamen Raumung durch die Polizei und damit evtl . zu einer
StraBenschlacht und einer noch weiteren Politisierung und Polansie-
rung insbesondere unter den Jugendlichen in Bielefeld kommen zu las-
sen und zum anderen das Interesse, die "Rechtma'Bigkei t des lllega-
len Zustandes" wiederherzustellen, allerdings nicht Uber eine Legal l-
sierung der Hausbesetzung, sondern Liber die Raumung des Hauses. DaB
nach der der Besetzung vorausgegangenen Verscharfung des Konflikts
und der relativ hohen Mobilisierung der Jugendlichen beide Vorstel-
lungen sich einander ausschlieBen muBten, weil gerade die "Wiederher-
stellung des rechtmaBigen Zustandes" an einem abstrakten - und, was
SDater zu zeigen sein wird, klassenspezifischen - Postulat onentiert
ist das den konkreten Bediirfnissen der Jugendl ichen entgegensteht,
konnte von der Position des Jugendamtes nicht gesehen werden. Aus dem
gleichen Grund konnte auch die Perspektive, den Jugendlichen das be-
setzte Haus (oder ein anderes) zu liberlassen, nicht aufkommen.
Ein weiterer wichtiger Punkt der zur Strategie der burgerlichen Par-
teien und des Jugendamtes gehbrte, war die Verbreitung der sogenannten
"Radelsflihrertheorie", die in der Auseinandersetzung mit dem AJZ
mehrere Funktionen hatte: einerseits konnte dadurch versucht werden,
das AJZ zu spalten, hier die gute und nur verfuhrte Masse der Jugend-
lichen unter denen eine "erschreckend hone Anzahl von Jungarbei tern
und Lehrlingen war" (Zitat: Neue Westfalische) , dort die bosen Kommu-
nisten und sonstigen Radikalen, die die Jugendlichen zu einer radika-
len und starren Politik gegen das Jugendamt verfuhren. Dies wurde zu-
aleich auch als Legitimation zur Rechtfertigung des Verhandlungsab-
bruchs herangezogen. Andererseits lieferte die Radelsfuhrertheone
den Sozialarbeitern im Amt auch die Mbglichkeit, sich kerne allzu weit-
aehenden Gedanken Uber ihre Praxis zu machen: die Jugendlichen hatten ja
nicht etwa das Haus besetzt, urn kollektiv ihre Lage zu verbessern und
eine bessere 'Jugendarbeit' zu konkretisieren, hatten mcht etwa ver-
sucht Bedingungen zu schaffen , von denen aus sie den Kampf gegen die
kaDitalistische Unterdruckung aufnehmen wollten, sondern waren "Opfer
Piner kommunistischen Verfuhrung", vor der es sie zu bewahren gilt.. .
Im Verlauf der Verhandlungen, die in drei Phasen wahrend der Zeit von
<;amstaq, 21.4. - Donnerstag, 26.4. stattfanden, verschob sich -
cicherlich auch aufgrund der Interventionen des Rates und der burger-
lichen Parteien, die letztlich darin mundeten, daB dem Jugendamt die
KomDetenz liber die Fragen betreffs AJZ entzogen wurde - die Argumen-
tation und das Interesse des Jugendamtes von dem o.g. ersten Punkt
Pkeine Polizei - wir mu'ssen uns doch so einigen konnen") eindeutig
zu dem zweiten Punkt: Wiederherstellung der offentlichen Ordnung not-
falls mit Polizeigewalt.
2 Parallel zu dieser Betonung des ordnungsrechtl ichen Aspekts gingen
und gehen bis heute konkrete MaBnahmen der politischen Unterdruckung
41
42
und Disziplinierung einher:
- nach Aufforderung durch den Oberstadtdirektor fertigen die Mitarbei-
ter des Jugendamtes eine Namensliste von Sozialarbeitern und SA-Stu-
denten an, die im besetzten Haus erkannt wurden. Diese Liste gent u'ber
den Oberstadtdirektor an die Polizei;
- eine "schwarze Liste" von Sozialarbeitern, die schon aufgrund ihrer
Ausbildung zu den (nicht vorhandenen) "Radelsfiihrern" gezahlt werden, wird
damit gleichzeitig erstellt;
- damit wird praktisch ein Berufsverbot fiir Sozialarbeiter im gesamten
Bielefelder Raum ausgesprochen, das nie b'ffentlich diskutiert werden wird,
da es ja nicht offiziell bekannt ist. Aufgrund der starken Verflechtung
auch der privaten Trager der Sozialarbeit mit dem Jugendamt auf formel-
ler und informeller Ebene kann dieses Berufsverbot als total gelten;
- Studenten, die ein Praktikutn beim Jugendamt der Stadt Bielefeld machen
wollten, muBten sich schriftlich von dem "Aktionskomi tee Kampf flir ein
Arbeiterjugendzentrum" und der Hausbesetzung distanzieren und erklaren,
nicht an der Aktion teilgenommen zu haben;
- die Namen der Verhandlungspartner, mit denen das Jugendamt wahrend
der Besetzung verhandelt hat, werden (soweit bekannt) der Polizei mit-
geteilt.
Wie verhalten sich nun diese geschi lderten Erfahrungen, die wahrend des
Konflikts JA - AJZ gemacht wurden, mit vorhergehenden Erfahrungen und
Selbstdarstellungen des "progressiven" Bielefelder Jugendamtes? Das
Jugendamt in Bielefeld hat sich das Image geschaffen, in seinen Ein-
stellungen und den daraus folgenden Handlungsstrategien "progressiv"
zu sein. Durch Verbffentlichungen in Fachzeitschriften wird dieses Image
sorgfaltig gepflegt und ausgebaut, wie z.B. zuletzt in der NEUEN PRAXIS,
Heft 2/73 durch den Amtsleiter Paul Hirschauer in einem Artikel Liber
'Jugendarbeit im kommunalen Gemeinwesen1 .
Dort wird hervorgehoben, 'daB die Tatigkeit eines JA nicht rein reaktiv
(Versorgung), sondern besonders auch auf prophylaktischer Ebene zu
geschehen hat. Dies erfordert gegenuber der Offentlichkeit und besonders
Politikern die Schaffung von ProblembewuBtsein (Aufklarung an Hand von
Daten liber bestimmte Situationen und Verdeutlichung der zu Grunde liegen-
den Zusammenhange - Situationsanalyse) uber z.B. "die systemabhangige
Zwangslaufigkeit von Versorgungsleistungen." Durch das Anbieten von
Analysen, die den Personen von Administration und politischen Vertre-
tungskdrperschaften die Mbglichkeit gibt, na'here Einsicht in ihnen zu-
meist nicht bekannte Probleme und daraus ableitbare Handlungsstrategien
zu gewinnen, soil bei den Verantwortlichen Liber ein verandertes BewuBt-
sein die Voraussetzung fiir eine bessere politische und materiel le Ar-
beit des JA geschaffen werden.
Notwendigerweise gehbrt dazu die Befassung und Auseinandersetzung mit
den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaften und deren Erprobung in
der Praxis durch Experimente, was ein gewisses Risiko zwangslaufig mit
sich bringt. '
Diese Erkenntnisse und tlberlegungen schlagen sich auch nieder in den
Forderungen, die Hirschauer einer effektiven politischen Bildungsarbeit
zu Grunde legt: "Wenn politische Bildung effektiv sein soil, muB sie
letztlich politische Aktionen anstreben, auch wenn - was selbstverstand-
lich zu erwarten ist - diese politischen Aktionen sofort in Widerspruch
zu herrschenden Gegebenheiten, Personen oder Verhaltm'ssen fu'hren."
rliner
1.
"rzieher
itschrift
Zeitschrift von Erziehern fiir
ErzieherinBeruf u. Ausbildung
Die Zeitschrift versteht sich als Forum von Praktikern fur Praktiker,
wo hin und wieder mal Theoretiker das Sagen haben. Hier sind wir
schon beim Kern der Sache: diese Zeitschrift steht und fallt mit der
Bereitschaft ihrer Leser, Korrespondenzen und Beitrage - vor allem
aus dem Heimalltag - zu schreiben. Diese Zeitschrift kann und soil
dazu beitragen, daB die Kollegen durch sich selbst erkennen, daB der
oa'dagogische MiBerfolg nicht ihr personliches, individuelles Versa-
qen ist Ein weiterer Zweck unserer Zeitschrift, als Zeitschrift der
betroffenen Autoren und Leser, mul3 es sein, klarzumachen , daB fur die
desolate Heimsituation nicht der Zufall verantwortlich ist Oder die
UnfShigkeit der Senatsburokratie, sondern daB diese Situation und
deren Entwicklung zwangslaufig in ihrem gesamtgesel lschaftlichen Zu-
sammenhang zu sehen ist. In diesem Sinne sollen Model le der Verbes-
serung vorgestellt und diskutiert werden. Erfahrungen sollen verall-
aemeinert werden, wie man die Lage der Heimkinder und -jugendlichen
hier und heute verbessern kann. Dabei wird immer klarer werden, woran
Verbesserungen scheitern und welche Schritte zwangslaufig bei eimger
Konsequenz daraus abgeleitet werden miissen. Weiter wird es Sinn die-
ser Zeitschrift sein, Erkenntnisse zu verallgemeinern und alien zu-
□anqlich zu machen, die abstrakte Tatsache, daB Einigkeit stark macht,
deutlich und konkret werden zu lassen. Mancher BLirokratensumpf wird
sich gefallen lassen mussen, seine schillernden Farben hier wiederzu-
finden - rucksichtslos. Die Verquickung von Parteien, Gewerkschafts-
burokraten und Verwaltung wird aus dem intimen Damnerlicht der Abspra-
che an den Tag gebracht werden. Wenn diese Zeitschrift ein Mittel
sein soil, die Unkenntnis voneinander aufzuheben sowie die Isolierung
und das individuelle Austragen von Konflikten, wenn dadurch also -
zusatzlich zur fachlich lebendigen Diskussion - solidansches Ver-
halten mbglich werden soil, dann mussen wir uns beteiligen. Unsere
Probleme sollen hier abgehandelt und ihre Wendung hier besprochen
werden; wir haben die gleichen Probleme - wir mussen sie gemeinsam
ldsen.
Die hez erscheint monatlich. 1/2 Jahr kostet DM 9,60 im voraus.
Kiindigung 1 Monat vor Ablauf, sonst VerlKngsrung urn den gleicher
Zeitraum.
Einfach Postkarte an: hez/D. Tartsch(Hrsg .) 1 8erlin 61, Urbanstr. 126
postscheckkonto Berlin West Nr. 358636-109
44
Weil "bisher Jugendlichen eingeraumte Felder politischen Handelns, z.B.
Jugendvertreter im Betrieb, Schiilermitverwaltungen und Mitbestimmungs-
formen in Hausern der Offenen Tiir im Endeffekt nichts anderes als Spiel -
wiesen demokratischen oder politischen Verhaltens (si rid) " , deshalb,
so Herschauers Forderung "mlissen aus Spielwiesen Trainingsfelder wer-
den, die politisch.es Handeln auf den konkreten Fall hin ermb'glichen".
Die sich daraus ergebenden Konsequenzen fur das eigene Handeln im Amt
und fur die Personen bei anderen Anstellungstragern sowie die Notwendig-
keiten fiir Gesellschaft und Staat fiihrt H. so aus: "auch sie miissen den
Konflikt wollen und sie miissen bereit sein, das Risiko des Experiments
und der veranderten Verhaltnisse einzugehen." DaB dies ein Dilemma fur
den einzelnen Sozialarbeiter bedeutet, ist H. durchaus klar, da "der Mit-
arbeiter Handlungszwangen unterworfen ist, die von Dienstherren und Ju-
stiz ausgehen, von Institutionen und Personen, die inn im't Sanktionen
belegen kb'nnen". Die Folgen fiir die betroffenen Jugendlichen sieht H.
ebenfalls, indem er ausfiihrt: "agieren Jugendliche politisch, so geraten
sie fast immer in den Bereich der Illegalitat". Die entstehenden Kon-
flikte, Spannungen jnd Risiken sind auf systemimmanente Zwangsla'ufigkei ten
zuriickzuflihren, was H. durchaus sieht.
Wie sieht nun der hohe theoretische Anspruch aus, wenn er mit der Wirk-
lichkeit konfrontiert wird, hier mit den konkreten Fall des AJZ in Brack-
wede? Man geht zwar im Januar das Risiko der Verwirklichung eines neuen
Ansatzes in der Jugendarbeit (Selbstorganisation) ein, la'Bt den sich an-
fanglich zwangslaufig schwierig gestaltenden ProzeB (vgl. S. 37 + S. 41)
jedoch nicht weiterlaufen, sondern unterbindet ihn durch die SchlieBung
des Hauses. Damit wird der eingeleitete LernprozeB bei Jugendlichen und
Mitarbeitern zwar fiir das JA als zerschlagen angesehen, zeigt in der
Folgezeit jedoch durch organisierte Gegenreaktionen, wie weit die Teil-
lernprozesse schon fortgeschritten sind in den gemeinsamen Aktionen von
Jugendlichen und Mitarbeitern. Von Seiten des JA will man sich jedoch
unter keinen umsta'nden auf die Weiterfiihrung des begonnenen Experiments
einlassen. In den gemeinsamen Aktionen von Jugendlichen und Mitarbei-
tern bildet sich politisches BewuBtsein auf dem "Trainingsfeld" der
politischen Auseinandersetzung mit den Behbrden. Politisches Handeln
findet statt im gemeinsamen Kampf -fiir die Errichtung eines unabhangigen
und selbstverwalteten Arbei terjugendzentrums. Doch die Aktionen werden
von Seiten des JA nach au|3en hin nicht ernstgenommen, die Verhandlungen
verlaufen ergebnislos; die Folge: politisches Handeln in Form der Be-
setzung des Hauses. Nun ist das JA seinem eigenen theoretischen Anspruch
nach iiberrollt worden, es reagiert darauf zunachst abwartend, urn auf
dem Verhandlungsweg die Konfliktsituation zu Ibsen - in seinen Forde-
rungen gegenuber den Besetzern auBert sich das darin, daB man den Zu-
stand fordert, der im Januar bestand (das Haus als stadtisches HOT
weiterlaufen zu lassen), d.h. praktisch die Riickgangigmachung von Lern-
prozessen, die das JA selbst (unbeabsichtigt) gefb'rdert hat auf dem
"Trainingsfeld" der Auseinandersetzung mit ihm selbst. Als die Jugend-
lichen jedoch konsequent auf die Durchsetzung ihrer Interessen bestehen,
reagiert das JA durch Sanktionen, indem es sich auf die Seite von Pol i -
zei und Justiz stellt und diesen das Handeln LiberlaBt, das Ergebnis:
die Jugendlichen werden aus ihrem Haus geschleppt und unter Anklage
des Hausfriedensbruch, Landfriedensbruch, Sachbeschadigung und Nbtigung
gestellt.
Hier sind eine Rei
Auseinanderfallens
Handeln der Jugend
legen, die im Juge
dagegen, daB sie e
die sie hier spiel
- zu sagen, warum
Fachzeitschriften
nicht mbglich sein
- ihr tatsachliche
aus den Bedingunge
arbeiten miissen, a
- die Initiative p
sta'ndnis als Sozia
he von Fragen zu stellen nach den Hintergrunden des
von theoretischem Anspruch und dem tatsachlichen
amtsvertreter in der Praxis: "Die Kritik an den Kol-
ndamt arbeiten, richtet sich in diesem Zusammenhang
s versaumt haben, ihre eigene Position und die Rolle,
en miissen, klar zu verdeutlichen. Es wurde versaumt:
das, was theoretisch von ihnen unterstiitzt und in
sogar gefordert wird, ihrer Meinung nach praktisch
sol 1 ;
s Verhalten (das Zusammenspiel mit der Polizei z.B.)
n, unter denen sie in diesem Gesell schaftssystem
lien Beteiligten durchsichtig zu machen;
raktisch zu unterstiitzen, was von ihrem Selbstver-
1 arbei ter notwendig gewesen ware.
Sozialarbeiter
nicht hbren.
nicht sprechen
Durch ihr Schweigen zu den genannten Punkten und ihr tatsachliches Ver-
halten haben sie sich praktisch auf die Seite derer gestellt, die gegen
die Interessen der Jugendlichen sind, die diese im Dienst der Aufrecht-
erhaltung des kapitalistischen Systems unterdriicken." (aus einer Stel-
lunqnahme des KKS Bielefeld in der NW vom 19.5.73).
DaB H 's SuBerungen Liber den Charakter der politischen Aktionen von
Juaendlichen, die "zwangslaufig in Widerspruch zu herrschenden Gegeben-
heiten Personen oder Verhaltnissen fiihren" durchaus funktional im Sinne
der Aufrechterhaltung des kapitalistischen Systems gebraucht werden,
zeiqt sich an den AuBerungen nach der Besetzung und Raumung des AJZ:
aus "politischen Aktionen zur Gesell schaftsveranderung" (Aufsatz in
Her HP) werden "begrenzte Regel verletzungen" , (vgl. Interview mit den
'Rla'ttern', Nr. 270), die, so kbnnte man fortfahren, im Sinne einer
fiinktionalen Gesellschaftstheorie als begrenzte Normenbruche aufzufas-
sen sind, welche - wenn sie in begrenzten Feldern von verschiedenen ^-O
Gruppen vorgenommen werden - letztlich zu einer Veranderung des allge-
meinen Normensystems fUhren kbnnen und so wesentliches Moment der ge-
sellschaftlichen Veranderung darstellen. Da die okonomischen Grundlagen
des Kapitalismus bei einer solchen Betrachtungsweise auBerhalb der
Oberlegungen bleiben, muB eine solche Auffassung notwendigerweise funk-
tional im Sinne der Anpassung Uberholter Vernal tnisse an veranderte
Bedlirfnisse des Systems selber wirken.
Dieser Absatz ist allerdings nun nicht so zu interpretieren, daB eine
bestinmte Person sich als Handlanger des Kapitals versteht, sondern es
soil deutlich werden, daB - auf Grund der materiellen Bedingungen des
Handelns in Jugendamtern z.B. - ein bestimmtes notwendig falsches Be-
wuBtsein liber Mag! ichkei ten und Charakter der von dort initiierten MaB-
nahmen vorherrscht, das durchaus mit dem subjektiven Willen, fortschritt-
liche Arbeit zu leisten, einhergehen kann (d.h., wir konzidieren durch-
aus, daB das Jugendamt bemiiht ist, fortschrittlich zu arbeiten). Wel-
cher Art dieses' falsche BewuBtsein' ist, wodurch es gefb'rdert wird und
sich erhalten kann und worin der Klassencharakter der MaBnahmen des JA
besteht, wird im folgenden Kapitel zu zeigen sein.
46
fur sozialistische
jetriebs-und
Gewerkschaftsarbeit
"express" ist die erste unabhangige Gewerksahafts-
zeitung in der BED.
"express" bvingt kritische Beitrdge zur aktuellen
GeWerkschaftspolitik, die man nicht in der offi-
zieVlen Gewerkschaftspresse findet.
"express" berichtet ausfilhrlieh iiber Streiks,
Betriebskampfe und politisohe Aktionen der Lohn-
abhangigen im In- und Ausland.
"express" verdffentlicht Analysen zur sozialen
Lage und zum BewuBtsein der arbeitenden Klasse.
"express" diskutiert Alternaiiven zur gewerk-
sahaftliohen Strategic und Politik.
Verlag 2ooo GmbH, 60S Offenbach 4, Postfach 591
III. Das 'Recht' als Bezugspunkt klassenspezifischen Handelns und
ideologischen BewuBtseins
Das Niederschlagen des Versuchs der Selbstorganisation von Jugendli-
chen im AJZ beruhte im wesentlichen darauf, daB 'geltendes Recht1
durchgesetzt wurde, was zur Folge hatte, daB Jugendamt, Polizei und
Justiz Hand in Hand gegen die Jugendlichen vorgingen. Die Unrechtma'Big-
keit des Verhaltens der Jugendlichen (was als Anklage gegen ca. 150 Mit-
glieder des AJZ fixiert ist als: (schwerer) Landfriedensbruch, (schwerer)
Hausfriedensbruch, Sachbeschadigung und manchmal Nb'tigung) bestand
darin, daB sie ein Haus besetzten, das bffentliches Eigentum ist. Die-
se Hausbesetzung selbst war Ergebnis vorhergehender Lern- und Politi-
sierungsprozesse, in denen eine antikapitalistische Haltung gewonnen
wurde, was sich in dem Insistieren auf eine an konkreten Bediirfnis-
sen ausgerichtete Handlungsweise ausdruckte. Die Hausbesetzung selbst
war nur ein Moment dieser Handlungsweise.
Die Entwicklung eines antikapi talistischen BewuBtseins fiihrte zwangs-
laufig dazu, konkrete Bediirfnisse gegeniiber abstrakten Regeln, Gesetze
und Handlungen, die auf solchen beruhen, gewaltsam durchzusetzen, nach-
dem auf dem Verhandl ungswege aufgrund der Berufung des Jugendamtes
auf seine Handlungsmbgl ichkei ten (als durch Gesetze bestimmte - vergl.
Ha) diese nicht durchgesetzt werden konnten. Gewalt stand so gegen
Gewalt.
Worin besteht aber nun die Gewalt und der Klassencharakter des burger-
lichen Rechts, das primar Eigentums- und Vertragsrecht ist, (7) und wel-
che Auswirkungen hat die spezifische Ideologie, die aus dem Recht selbst
entspringt? Urn diese Frage beantworten zu kb'nnen, m'u'ssen wir uns zuerst
klarmachen, daB das Recht in der Produktionssphare entsteht, und es
deshalb nicht die allgemeine Tatsache, "daB alle warenbesitzer sich in
ihren okonomischen Transaktionen als gleich betrachten und gegenseitig
anerkennen miissen (8) (dasjenige ist), worauf das burgerliche Recht
arundet, sondern ein diesen Transaktionen zugrundeliegender sie bedin-
aender Austauschprozess ganz besonderer Art: das Austauschverhaltnis
* zweT besonderen Pnvateigentumern, den Lohnarbeitern und den Kapi-
talisten - ein produktionsvermittelter Austausch, aus dem das ganze
hUraerliche Recht seine geschichtliche Substanz und Geltung bezieht" (9)
ein bloBer Schein, da, betrachtet man den kapitalistischen Akkumula-
tionsprozess insgesamt, der sich in der Distribution vollziehende Aus-
tausch von flquivalenten "der als die ursprungliche Operation erschien,
die das Eigentumsrecht juristisch ausdrUckte, sich so gedreht (hat),
daB auf der einen Seite nur zum Schein ausgetauscht wird, indem der
neaen lebendiges Arbeitsvermogen ausgetauschte Teil des Kapitals, erstens
Selbst fremde Arbeit ist, angeeignet ohne Kquivalent, und zweitens
Z.it P,inem^uFpTus~vom Arbeitsvermogen ersetzt werden muB, also in facto
TPTcnT'fortgegeben wird, sondern aus einer Form in die andere verwandelt
W1'rd Das Verhaltnis des Austausches ist also ganzlich weggefallen,
oder'ist bloBer Schein. Ferner erschien ursprunglich das Eigentumsrecht
nearlindet auf die eigene Arbeit. Eigentum erscheint jetzt als Recht auf
fremde Arbeit und als Unmoglichkeit der Arbeit, sich ihr eigenes Pro-
dukt anzueignen. Die vbllige Trennung zwischen Eigentum und mehr Reich-
turn und Arbeit erscheint jetzt als Konsequenz des Gesetzes, das von 47
Fiir eine neue
sozialistische
Linke
Analysen
HerausL
Sozialistischen Biiro
* ZUR ZEIT
Mil BettrBgen von U. Blttarll, E. Brumlop, A. Buro,
S. Coalles, N. Conerl, F. Deppe, G. FOlberlh, H. Halber-
•tadt, H. Hannower, M. Hartlaub, M. Holy, E. Jahn,
A. KIBnne, K. Kolb, G, Koaack, 8. LawlladnroH, L. Mal-
ar, W. Michel, H. MUller, O. Nagl, J. Perala, 0. Poppln-
ga, H. Roth, G. SchSfer, K.' SchSfer, K.J. Schmidt,
H. Schneider, D. Sanghaaa, E. Senghau-Knobloch,
W. Streack, B. Tib!, K. Vack, R. Vaml, E. Welck,
G. Zwsranz u. a.
Fischer Taachenbuch 1404, DM 5.80. ErhWtllch (Iber dan
Buchhandel Oder gegan Voreintandung von DM 5.80 In
Brlelmarken bel Sozlaliatiachaa BDro, 605 ONenbach 4,
Poallach 591.
ihrer Identitat ausging." (10)
Das bedeutet, daB das Recht 1. auf bloBem Schein griindet, 2. durch die
Rechtsinstitute die wesentlichen Vermittlungen des gesamtgesellschaft-
lichen Reproduktionsprozesses geleistet werden, wobei das konstituie-
rende Moment dieser Vermittlung in der Al lgemeinheit des Aquivalenz-
prinzips, d.h. die naturwu'chsige Gesetzma'Bigkeit des Warentausches
beruht, also auf einem Abstraktionsprozess , 3, "die klassenneutrale
Geltung von rechtlichen Normen und ihre bestandige Manifestation in
realen, von gleichen freien Subjekten vollzogenen Tauschvorgangen"
die Ursache fur den auf der Oberflache der kapitalistischen Gesell-
schaft entstehenden "realen Schein" von "Gleichheit, Freiheit und Ge-
rechtigkeit" ist, (11) und 4. im wesentlichen die Funktion hat, (kapi-
talistisches) Eigentum zu schiitzen. Diese Tatbestande bezeichnen im
ubriqen genau den Punkt, an dem b'konomische Verh'a'ltnisse in juristische
umschlagen und umgekehrt. So erweist sich also "die biirgerliche Rechts-
form die den Schein der Gleichstellung aller Mitglieder der Gesell-
schaft durch eine universelle, die Klassengrenzen nicht beriicksichti-
gende Geltung von Rechtsnormen erzeugt, als eine Bedingung des Uider-
spruchs von Lohnarbeit und Kapital" und als Klassenrecht (12). Diese
Tatsache driickt sich bereits durch die Existenz dieser bestimmten Rechts-
form und im Begriff des Rechtsstaates aus, der die Tatsache verbirgt,
"daB die Rechtsform nur ein Oberbaureflex der in der okonomischen Basis
sich entwickelnden Vorherrschaft der burgerlichen Klasse ist." (13)
Fassen wir noch einmal zusammen: Die Rechtsform der blirgerlichen Ge-
sellschaft und die rechtlichen Bestimnungen im einzelnen haben die
Funktion, die Reproduktionsbedingungen kapitalistischer Produktionsfor-
men zu sichern, was inhaltlich vor allem die Garantie burgerlichen
Privateigentums in all seinen Formen und all seinen Entwicklungen und
der Institutionen , die sich auf seiner Grundlage entwickeln: letztlich
die Total itat der praktischen zwischenindividuellen Verhaltnisse in
ihrer Ausformung bis zur letzten Konsequenz der ihr innewohnenden Mdg-
lichkeiten, bedeutet.
Wenn das Jugendamt nun primar daran orientiert sein muB, - gema'B dem
prinzip der Rechtstaatlichkei t - auf der Grundlage von Gesetzen zu
handeln, findet es sich einerseits standig im Widerspruch zu vielleicht
vorhandenen 'emanzipatorischen padagogischen Strategien', die einzelne
Sozialarbeiter evtl. verwirklichen mb'chten, und handelt andererseits
faktisch tatsachlich als Handlanger des Kapitals, was sich auf der kon-
kreten Handlungsebene daran zeigen laBt, daB es - wie im Beispiel AJZ
Brackwede - gegenuber konkreten Bediirfnissen von Jugendlichen die ab-
strakte "Rechtma'Bigkeit eines Zustandes" durchsetzen tnuB, d.h. 'ille-
aale Zustande', die das Institut (Privat-) Eigentum bedrohen, in recht-
mSBiae Zustande zuriickfuhren muB, wobei das zuruckfiihren wdrtlnch zu
nehmen ist. Sozialarbeit - im Verbund mit Polizei und Justiz - dTente
L7U einer Bewegung, die aufgrund spezifischer Handlungen das kapi-
talistische System in Frage stellte, die Spitze abzubrechen und zu
nreintegrieren".
Fiir die Sozialarbeiter (das gilt allgemein) hat die spezifische Ideo-
loaie der Gleichheit und Freiheit des Individuums etc., die auf der
Grundlage des standig im Austauschprozess produzierten realen Scheins 49
von Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkei t entsteht und als 'Recht l
fixiert i st, die Folge, daB sie, - trotz bestimmter Einsichten Liber
die gesellschaftliche Bedingtheit der sozialen Probleme, mit denen
sie sich befassen -, ihr eigenes Handeln nur schwer als klassenspezi-
fisches Handeln erkennen konnen bzw, nur schwer die Grenzen ihrer Mog-
lichkeiten sehen konnen, was zu illusionaren Vorstellungen Liber sozial-
arbeiterische Praxis fiihrt und der Aufrechterhaltung der "Sozialstaats-
illusion" dient.
(4)
(8)
(1) s. hierzu die Dokumentation des AJZ. Bestellungen Liber:
Buchladchen J. Granier, 48, Bielefeld, Welle 9
(2) s. hierzu wiederum die Dokumentation des AJZ
(3) L. Althusser - Ideologie und ideologische Staatsapparate, in:
Marxismus und Ideologie, dtsch Berlin 1973, S. 121
vergl. Max Weber - Wirtschaft und Gesellschaft, Studienausgabe ,
Kbln/Berlin 1964, S. 164 ff
(5) K. Heymann - BLirokratisierung der Klassenverhaltnisse im Spat-
kapitalismus, S. 102, in: Negt/Meschkat (Hrsg.): Gesellschaftsstruk-
turen, Ffm.1973
(6) vergl. U.K. PreuB - Gesellschaftliche Bedingungen der Legalitat,
in: Legal i tat und Pluralismus. Beitrage zutn Verfassungsrecht der
BRD, Ffm.1973
(7) vergl. dazu die wesentlichen Bestimmungen der bLirgerlichen Verfas-
sungen, die alle das Eigentumsrecht und die persbnliche Freiheit =
Macht jedes Individuums Liber sich selbst, d.h. Liber seine Fahigkei-
ten, seine Leistungen und Liber sein Eigentum zu verfiigen, als Grund-
rechte verankern.
d.h. sie erkennen im Tausch einander als gleiche an, da sie alle
Eigentumer von Waren sind. Gleichzeitig - und das ist ebenso wich-
tig - realisieren sie im Tauschakt auch individuelle Freiheit. Da-
durch, daB alle Waren (betrachtet man die Wertform als Ausdruck der
qualitativen gesellschaftlichen Gleichheit der produzierten Giiter,
sie alle enthalten ein bestimmtes Quantum an abstrakter Arbeit)
qualitativ gleich sind, alle Warenbesi tzer sich zueinander als
gleiche verhalten, entauBern sie sich freiwillig ihrer jeweiligen
Waren ""
(9) 0. Negt - Thesen zur marxistischen Rechtstheorie, in: Kritische
Justiz 1/73, S. 13
(10)K. Marx - Grundrisse .... MEW Bd 13, S. 362
(11)F. Werkentin/M. Hofferbert/M.Baurmann - Kriminologie als Polizei-
wissenschaft, in: Kritische Justiz 3/72, S. 226
(12)dadurch, daB Klassenunterschiede gerade nicht thematisiert werden,
zeichnet sich bLirgerliche (Rechts-)Ideologie aus und gewinnt seine
Persistenz gerade dadurch, daB die antagonistischen Klassenverhalt-
nisse durch den Schein der wirklichen Verhaltnisse selbst geleugnet
werden konnen, da diese das Wesen der Dinge nur in • verkehrter und
verschleierter Form sichtbar werden lassen.
(13)Werkentin/Hofferbert/Baurmann - a.a.O. S. 226 f
50
Initiat-ivgruppe WegscheidestraBe Ffm.
Kampf zwischen Eltern und Arbeiterwohlfahrt
un die Spiel stube
Ausgangspunkt des Konflikts
Mitte April kundigte der Kreisvarband der Arbeiterwohlfahrt Ffm. (AWO)
der Leiterin der Spielstube der Obdachlosensiedlung WegscheidestraBe,
Frl K., die gerade seit dem 1. Januar tatig war. Die Hauptursache war,
dafiVri. K. die Aktivitat der Eltern anregte und die Gr'u'ndung eines
Bewohnerrates unterstutzte. Dieser stellte z.B. die Forderung nach Ein-
bau von Duschen und einem Abenteuerspielplatz. Das war der "fortschritt-
lichen" AWO schon zu fortschrittlich. Sie drohte Frl. K. schon fr'Jh
deshalb mit Entlassung und sprach sie dann aus: "Die von uns gewiinsch-
te Elternarbeit wurde wem'ger in Bezug auf Spielstubenarbeit, sondern
in Gemeinwesenarbeit umfunktioniert." (Brief des AWO-Geschaftsflihrers
Stegmann an den Stadtrat Berg (SPD) vom 2. Mai. Theoretisch gibt die
AWO ihre Zustimmung zur Gemeinwesenarbeit. "Nicht soziale Harmonie,
sondern Aufdeckung sozialer Widerspruche sowie BewuBtmachung und Ober-
windung derselben sollte Ziel der Gemeinwesenarbeit sein" (Sozialarbei-
tertagung der AWO 1972). In einer Tagung im FrLihjahr 1971 stellten die
Mitarbeiter in sozialen Brennpunkten Hessens an ihre Arbeitgeber die
Forderung, Kinderarbeit und Elternarbeit im Sinne der Gemeinwesenarbeit
zu vereinigen. Herr Stegmann und Fr. Alfhart nahmen als Vertreter der
AWO Ffm teil und akzeptierten dieses. Mit ihrer Ablehnung der Gemeinwe-
senarbeit bildet die AWO Ffm das Rlicklicht der hessischen Sozialbliro-
kratie. Ein ErlaB des hessischen Sozialministers sieht die Bildung von
Bewohnerraten in alien Obdachlosensiedlungen vor und der Sozialdezernent
Berg stellte am 1.2.73 in Ffm die ersten Gemeinwesenarbeiter ein.
Gemeinwesenarbeit bedeutet flir die AWO: Widerspruch, Forderungen, uner-
wlinschte Unruhe. Die demokratische AWO aber will "Zusammenarbeit" und
"ein gutes Arbeitsverhaltnis". Mit anderen Worten, Frl. K. soil sich
nicht auf die Seite der Arbeiterfamilien stellen, sondern sich der
Einstellung des Geschaftsfiihrers Stegmann anschlieBen: "Das sind primi-
tive Leute, denen darf kein Wein und kein Bier hingestellt werden."
CAuBerung Stegmanns gegenLiber Mitarbeitern der Spielstube vor einem
Elternabend). So ist es kein Wunder, daB die AWO in erster Linie auf
die Zusammenarbeit Frl. K.s mit ihrem Vorstand und nicht auf die Zusam-
menarbeit Frl. K.s mit den Bewohnern Wert legt. "Insgesamt war die
Zusammenarbeit mit der Geschaftsfiihrung sehr mangelhaft und lieB trotz
tiler Ermahnungen immer mehr nach." (Brief der AWO vom 2. Mai). Die
AWO versuchte naturlich diese Hauptursache zu leugnen: "Die AWO unter-
stu'tzt die Forderung nach Gemeinwesenarbeit. Es ist nur kein Geld da."
CVorstandsmitglied See, pers. Referent des SPD-Stadtrats Berg). Sie
stellte die Sache so dar, als habe Frl. K. ihre Pflichten gegenuber ^
den Kindern vernachlassigt, als sei es deshalb auch im Interesse der
Eltern, Frl. K. zu entlassen. Dabei griff sie tief in die Trickkiste.
Vorwlirfe
1. telefonische Beschwerden
vieler Eltern Liber Spielstube
2. a) mehrmals unplinktlich
b) Versuch Weihnachtsgeschen-
ke zu Libergeben, aber nie
jemand da
3. eigenmachtig einen Tag frei-
genommen
4. Rolladen, Balkontlir zerstdrt
5. Fensterscheiben, Waschbecken
kaputt
6. Raume "Restlos verschrautzt"
7.
Aber...
AWO hat nie Namen genannt, nie haben
Eltern offentlich Kritik an Frl. K.
geauBert. Eine schriftliche Beschwe) —
de gibt es nur von Ende 1972.
ja, wegen Verkehrsstauungen jnd Aus-
fall des Wagens. Oft friiher gekom-
men, spater gegangen, viele unbezahl-
te Oberstunden z.B. am Wochenende mit
Kindern ins Theater
Frl. K, trat ihren Dienst am
1 . Oanuar an.
Arztbesuch am morgen, nachmi ttags
Abfeiern von Oberstunden, mit den
Mitarbeitern abgesprochen
Von Unbekannten auBerhalb der Ar-
beitszeit von Frl . K.
durch Unachtsamkeit der Kinder, od,
durch Unbekannte. In jeder Spielstu-
be gibt's Bruch.
durch Mitarbeiter und Frl. K. erst
im Marz renoviert, guter Zustand.
AWO versaumt monatelang Reparaturen.
AWO vertraut Putzfrau keinen Schlu's-
sel an, so daB keine Reinigung nach
Weggang der Kinder mb'glich.
wegen Entlassungsdrohungen. Absicht,
Anschuldigungen aus dem Weg zu raumen,
GWA nach DienstschluB gemacht.
Es hat nie eine bestanden.
52
unangemeldetes Erscheinen
auf einer Vorstandssitzung
8. Kinder vernachlassigt
9. durch Frl . K. wurde Zusammen
arbeit mit Eltern gestdrt.
(Aus diesen Vorwlirfen entstanden bei den umliegenden Bewohnern von
Sozialwohnungen wilde Geru'chte: Die Leiterin sei oft besoffen gewesen,
die gesamte Inneneinrichtung sei zerstdrt worden usw.) Frl. K. wurde
auf den Elternabend vom 16.4. vertrdstet. Zwei Stunden vorher erhielt
sie die Kundigung und sofortiges Hausverbot, so daB sie auf keiner
Versammlung die unverschamten Angriffe der AWO zurlickweisen konnte.
(Vorstandsmitglied Alfhart (SPD): "Wir wollen nicht, daB etwas Nachtei-
liges uber Frl. K. in die Presse kommt und sie Schwierigkeiten in ihrer
beruflichen Laufbahn bekommt." (Versammlung vom 9.5.) Im Interesse von
Frl. K. wird ihr Redeverbot erteilt: perfekte Heuchelei und Beschoni-
gung von UnterdriickungsmaBnahmen. Um ihr den weiteren Lebensweg zu er-
leichtern, hat die AWO Frl. K. auch eine Anzeige wegen Hausfriedens-
bruch und Diebstahl ins Haus geschickt, weil sie die Raume der Spiel-
stube spater doch betreten hat. So schreibt dann selbst die Frankfurter
Allgemeine Zeitung (FAZ):
"Nachdem sich nam! ich alle Begriindungen fur die Entlassung der Leite-
rin der Spielstube als letzten Endes unhaltbar erwiesen hatten, blieb
als einziger konkreter Vorwurf iibrig, daB sich die Padagogin nicht nur
um die Kinder gekiirmiert habe, sondern auch um deren Eltern und die
ubrigen Bewohner der wahrhaft nicht komfortablen Siedlung." (11.5.1973)
Die AWO machte sich auch bald keine groBe MLihe mehr, ihr Kartenhaus von
Verleumdungen aufrechtzuerhalten. Als die SPD-Stadtverordnete Lizzy
Alfhart Vorstandsmitglied der AWO und Prasidentin des Hess. Landes-
wohlfahrtsverbandes ihren ersten Auftritt hatte, erkla'rte sie nur noch
kurz und b'u'ndig: innere Ordnung" nicht eingehalten. . . "normaler Fall"...
"keine Zusammenarbeit mb'glich"... "Tiefer Bruch"... "Eltern miissen sich
damit abfinden". Auch das anwesende Betriebsratsmitglied plapperte nach:
"gedeihliche Zusammenarbeit nicht gegeben". Eine Versammlung mit An-
Wesenheit von Frl. K. lehnte die Dame Alfhart als unermudl iche Kampfe-
rin fur die freiheitlich-demokratische Grundordnung ab. Sie bezog den
Standpunkt: Wir sind der Arbeitgeber. Wir bestimmen, wen wir entlas-
sen. Diskussionen daruber halten nur auf. Selbstverstandlich redete
sie'nach auBen mit Engelszungen: "Ich flihle mich nicht als Arbeitgeber."
"Wir haben schon immer Solidaritat mit den Lohnabhangigen geubt" usw.usf.
Die AWO, die grdBtenteils mit den Steuergroschen der Arbeiter finan-
ziert wird, schloB nach der Kundigung am 16.4. die Spielstube. Sie
setzte 15 Arbeiterkinder auf die StraBe, ungeachtet der Tatsache, daB
einige Mutter nur arbeiten kdnnen, wenn ihre Kinder in der Spielstube
sind. Bis heute hat sie keine Fachkraft als Ersatz gefunden. Als Grund
der SchlieBung schob sie die Notwendigkeit der Renovierung vor. In
Wirklichkeit wollte sie nur die Eltern gegen Frl. K. aufbringen, die ja
angeblich fur die Unbrauchbarkeit der Ra'ume verantwortlich sei. Ferner
wollte sie Zeit gewinnen und ihre unsinnigen Vorwlirfe von wegen rest-
loser Verschmutzung durch unndtige Renovierung untermauern.
Diktatorisches Auftreten gegenuber ihren Angestellten hat die AWO immer
schon praktiziert. Nicht umsonst wechselte die Leitung der Spielstube
in 3 Jahren xmal . Das Verhaltnis zur friiheren Leiterin Frl, H. erhellt
eine Episode nacn der Kundigung von Frl. K. Als Frl. H. auf der Bewoh-
nerversammlung forderte, daB Frl. K. anwesend sein und zu den Vorwlir-
fen Stellung nehmen miisse, antwortete Stegmann: "Sie sind hier ganz
ruhig. Nur die Eltern sollen hier reden. Wenn Sie reden wollen, muB
ich Sie bitten, den Rain zu verlassen. Sie sind hier nur Gast".
Auch gegenuber Frl. R., einer noch angestellten Mi tarbeiterin spielt
Stegmann den Geschaftsflihrer. Da sie ab Mitte August eine Fachschule
besuchen will, ihre Kundigungsfrist aber 6 Wochen bis Quartalsende
lauft, konnte sie die Frist nicht einhalten. Stegmann in einem Brief
an Frl. R.: "der Vorstand hat beschlossen, daB sie zum 1.7. klindigen
miissen!" Daruberhinaus hat die AWO einen befristeten Arbei tsvertrag
anqeboten, aber weder liber den Inhalt etwas verlauten lassen wollen,
noch rechtzeitig eine schriftliche Zusage gegeben. Stattdessen hat die
A iq [rri, R. mit Versetzung gedroht wegen mangelnder Auslastung der
Snielstube. Der Mdglichkeit einer vorzeitigen Entlassung ist damit Tlir
und Tor gedffnet. Auch Frl. R. ist bei Eltern und Kindern schon zu
beliebt.
53
Understand der El tern
Die Eltern wehren sich dagegen, daB die AWO in verbandsegoistischer
Weise Liber ihre Kb'pfe hinweg und gegen ihre Interessen handelt. Auf einem
Elternabend nach der Kiindigung der Leiterin der Spielstube Inge K.
stellten sie folgende Forderungen auf:
- sofortige Erbffnung der Spielstube mit Inge K.
- Mitbestimmung in personellen und finanziellen Fragen.
Diese Forderungen iiberreichten sie bei einem Go-in der Geschaftsstelle
der AWO mit den Kindern in Form eines Briefes, den 25 Eltern unterschrie-
ben hatten, das sind TOO % der Eltern, die ihre Kinder in der Spielstu-
be haben. Zitat eines Elternteils: "Fur nrich za'hlt nur eines. Die Kin-
der sind gern in die Spielstube gegangen, und das bedeutet doch, daB
FrJ.K. in unserem Interesse gearbeitet hat. Deshalb soil sie auch blei-
ben." (FR 24.4.) Um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, errichteten
die Eltern einen Notdienst, der von Studenten der Fachhochschule fur
Sozialarbeit Ffm unterstlitzt wurde, und an dem sich die Eltern aktiv
beteiligten. Der Notdienst fand jeden Tag statt und machte den Kindern
sehr viel SpaB, weil sie bfters mit Autos, z.B. in den Zoo, den Palmen-
garten, zum Monte Scherbelino usw. fahren konnten. Als dann am 10.5. die
Spielstube von der AWO ohne Fachkraft wieder gedffnet wurde, konnte so-
mit der angedrohte Boykott der Spielstube wahrgemacht werden. Die Raume
der AWO blieben leer. LieBen sich die Eltern, Kinder und der Notdienst
noch am ersten Tag (2.5.) aus den Ra'umen durch Herrn Stegmann raus-
schmeiBen, so drehten sie am 4.5. den SpieB urn. und lie&en Stegmann erst
gar nicht mehr rein mit der Begrundung, daB sie das Vertrauen in die
AWO verloren hatten.
Durch Offentlichkeitsarbeit (Flugbla'tter verteilen, Presse informieren)
machten die Eltern auf ihre Situation aufmerksam. Sie erhielten zahl-
reiche Sol idaritatsschreiben (Jugendhauser Frankfurts, Arbeitskreis
Kritische Sozialarbeit (AKS), Sozialarbei ter aus Sozialen Brennpunkten
Hessens, Gemeinwesenarbeiter Frankfurts, Sozialarbeiter und Sozialpada-
gogen in der Gewerkschaft OTV, einzelne SPD Ortsvereine, Fachhochschulen
fur Sozialarbeit Hessens, sowie eine Reihe einzelner Sozialarbeiter
und Personen), Angebote der praktischen Mithilfe aus der Bevblkerung,
sowie Geldspenden, Spielsachen und Blicher,
Bei einem 2. Go-in auf einer vorstandssi tzung der AWO wurde den Eltern
klar, daB ausschlieBlich durch Verhandlungen mit der AWO keine Moglich-
keit besteht, ihre Forderungen durchzusetzen, was am 9.5. auf einem
Elternabend mit der AWO nochmals ganz deutlich wurde.
Die Bemuhungen von Seiten der Eltern urn einen neuen Trager fur die Spiel-
stube scheiterten. Der Kinderschutzbund lehnte aus finanziellen Gru'n-
den ab. Der evangelische Volksdienst zeigte zu Anfang eine positive
Einstellung, nachdem aber Gesprache mit der AWO stattgefunden hatten, zog
er sich aus unbekannten Grunden wieder zuru'ck.
Mit Beihilfe des Bewohnerrats der MiihlbruchstraBe wurde am 21.5. mit
83.3 %iger Wahlbeteiligung (wahlbeteiligt waren alle Bewohner der Ober-
5 4 gangswohnungen Wegscheidestr. uber 18 Jahrei) ein Bewohnerrat gewahlt,
Spielstube der Arbeiterwohlf ahrt
Besetzt
• yric|
■if . .
KHHw I
■:
•
55
der sich aus 7 Mitgliedern zusammensetzt. Nach den Empfehlungen des
Hessischen Sozialministers mu(3 der Bewohnerrat bei alien Angelegen-
heiten hinzugezogen werden. Samtliche Verhandlungen liefen von nun an
liber den Bewohnerrat. In einem Brief an die zustandigen Stellen wurden
die Forderungen nochmals aufgefiihrt. Sollten diese nicht bis 24.5. er-
flillt werden, wird am 25.5. die Spielstube besetzt und der AWO der Zu-
tritt verweigert. Die Bewohner sind zu diesem Schritt gezwungen, urn die
Notlage der Kinder mbglichst rasch zu vermindern.
MaBnahmen der Arbei terwohlfahrt
56
Aus alien Mandvern der AWO zur Konfl iktbereinigung i st ersichtlich,
daB es ihr nicht urn eine Interessenvertretung der El tern oder Bewohner
der Wegscheidestr. geht, sondern sie versucht, ihre Vorstel lungen und
Prinzipien den Bewohnern aufzuzwingen. Dies la'Bt sich besonders deut-
lich erkennen an den praktischen Versuchen der AWO, die Solidarity
zwischen Bewohnern, Angestellten, dem Notdienst und der entlassenen
Fachkraft zu sabotieren.
a) Durch das ausgesprochene Hausverbot von Frl . K. sollte eine
Isolierung zwischen ihr und den Bewohnern erreicht werden. Es sollte
ihr unmdglich gemacht werden, den Konfl ikt aus ihrer Sicht zu beurtei-
len und der Gefahr einer gemeinsamen Front der Betroffenen begegnet
werden. Das Ziel der AWO, eine einseitige BeeinfluBung und eine Ver-
drehung der wirklichen Geschehnisse, scheiterte klaglich. Die Eltern
erkannten diesen Spal tungsversuch (Bewohnerversammlung am Tag der Ent-
lassung von Frl. K.) und verlangten eine Oiskussion nnt Anwesen-
heit von Frl. K. Die AWO aber erkla'rte, wenn Frl. K. anwesend sei , wurde
sie den Raum verlassen.
b) Der Notdienst, entstanden als Teil des Kampfes (Boykott der Spiel-
stube) gegen die AWO, diente genau wie die Initiati vgruppe Wegscheidestr
(bestehend aus Eltern und Studenten der FHS - Frankfurt) der AWO als
Mittel der Hetze und Luge, urn die Einheitlichkeit des Kampfes zu unter-
laufen. So wurde unter anderem auf der von der AWO abgehaltenen Bewoh-
nerversammlung am 9.5. (den Jugendlichen und Studenten wurde gewalt-
sam der Eintritt verwehrt) falschlicherweise behauptet, der Brief der
Bewohner an die AWO, in dem sie die Kundigungsgru'nde zurlickwiesen und
Forderungen formulierten, sei von einer Handvoll Studenten erstellt und
den Bewohnern vorgesetzt worden. Anderer Ansicht waren die Bewohner
selbst, die klipp und klar sagten, daB der Brief von ihnen stamrne und
die aufgestellten Forderungen ihre Forderungen seien, wahrend die Stu-
denten sie lediglich unterstiitzten. Die Beispiele lieBen sich noch er-
weitern bis hin zu EinschlichterungsmaBnahmen liber Strafanzeigen wegen
Hausfriedensbruch und angeblichen "Diebstahls" flir einen Teil des Not-
dienstes. Was versteht die AWO unter Diebstahl? Mitarbeiter des Not-
dienstes trugen aus der Spielstube der AWO Spielmaterialien in den
Jugendclub der AWO im selben Haus, urn mit den Kindern zu spielen. Ob-
wohl Herr Stegmann das Spielmaterial selber wieder in den Schranken der
Spielstube yerschloB, stand auf den Strafanzeigen, das entwendete Spiel-
material sei zur polizeilichen Vernehmung mitzubringen. Der tiefere Sinn
dieser MaBnahmen liegt darin, einen Keil zwischen Studenten und Bewoh-
ner zu treiben, indem einerseits vorbehaltlos und direkt Studenten
unter Druck gesetzt werden und andererseits auf die Forderungen der
Bewohner mit Beschwichtigungen und Hinhaltungen geantwortet wird.
c) Ein weiterer wesentlicher Aspekt besteht im Versuch der Spaltung der
Eltern durch die AWO, in der auch andere Institutionen eine gewichti-
ge Rolle spielen (z.B. Amt fiir soziale Wohnungsvergabe) . Entweder be-
drohte man Mitarbeiter des Bewohnerrates daunt, daB sie keine neue Woh-
nung in klirzester Zeit bekamen, oder versuchte sie mit groBziigigen Ange-
boten an Wohnraum zu kaufen. Versuche der AWO, Eltern fur ihre Dienste
in der Spielstube zu gewinnen, hatten einen geringen Erfolg (materiel-
ler Anreiz, 10 DM flir 3 Stunden). Oedoch beendete der einzige auf diese
Weise geworbene Elternteil schnell seine Arbeit, als er sah, daB keine
Kinder in die Spielstube kamen, die Eltern die Drohung des Boykotts
wahrmachten. Die Nichteinbeziehung aller Bewohner in die Diskussion urn
die Spielstube, sondern nur derjenigen, die ihre Kinder in die Spielstube
schickten, zeigt noch einrcal besonders krass die Versuche der Isolie-
rung von Teilen der Bewohner, Auf der Bewohnerversammlung am Klindigungs-
abend erkla'rte Stegmann, er werde sich nur mit den Eltern unterhalten,
die ihre Kinder in der Spielstube hatten. Nicht aber mit den anderen
Bewohnern, die bloB Ga'ste seien. Setzt man die praktisch gemachten Er-
fahrungen der Bewohner in Zusammenhang mit dem, was AWO, Stadt und an-
dere Institutionen vorgeben zu wollen, erkennt man das Phrasenhafte und
Hinterhaltige dieses Geredes. Ausspruche wie: "Wir wollen doch nur Ihr
bestes" und "Alle MaBnahmen sind doch nur im Interesse Ihrer Kinder",
werden angesichts der Realita't zu zynischen Ausrutschern, Dem "fort-
schrittlichen" Gerede der AWO stand eine abwartende Haltung der Stadt
gegenliber, die sich dadurch erkla'ren lieB, daB eine intensive Verbin-
dung zwischen Stadt und AWO (personelle Verflechtung) besteht. Deut-
lich zu sehen an der Reaktion von Sozialdezernent Berg, auf die Forde-
rung nach Finanzierung des Notdienstes, die er nicht etwa mit den Eltern
besprach, sondern nur in der Presse eine kurze Mitteilung hinterlieB.
Berg machte in der FR vom 2.5.73 "darauf aufmerksam, daB die Stadt mit
alien Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege in Partnerschaft zusam-
men arbeite, ihnen jedoch in keiner Weise etwas anordnen kbnne." Auch
bei der Forderung nach Raumlichkei ten flir den Notdienst flihlt sich nie-
mand von diesen Institutionen zustandig. Es wurden uns erst Hoffnungen
gemacht (Faller), dann aber bis zur Klarung des Konfliktes vertrbstet.
Hinhalteversuche, wie auch der des Evangelischen Volksdienstes (als
evtl . neuer Trager der Spielstube), dienen dazu, erst einmal die Bewoh-
ner zu beruhigen, sie durch Zurlicknahme von Zusicherungen (B rem) in
eine resignative Haltung zu treiben, urn dann umso leichter die eigenen
Vorstel lungen durchzusetzen. Es ist ersichtlich, daB die AWO auf der
einen Seite gerne als progressiver Verband gesehen werden will und dies
auch in Worten ausdrlickt, auf der anderen Seite aber den Worten Taten
fehlen la'Bt, bzw. sogar im direkten Widerspruch dazu gera't, indem von
Vertretung der Interessen gesprochen wird und genau den Interessen der
Eltern und Kinder widersprochen wird. Indem von Solidaritat gesprochen
wird und Solidaritat der Eltern mit hinterlistigen Mitteln begegnet wird.
Lizzy Alfahrt auf der Bewohnerversamml ung vom 9.5.73: "Wer ist mehr
verpflichtet als die AWO, mit den Bewohnern, mit den Lohnabhangigen
Solidaritat zu Liben."
57
Auf die Forderung na
scheinbar Zjgestandn
FR v. 3.5.73 Richard
dings nicht nit Frl.
nach finanzieller Mi
Weise geantwortet:
ihnen das Geld nicht
Nicht die Eltern und
der besseren Durchse
ch personeller Mitbestimnung der Bewohner werden
isse gemacht, die sich aber selbst entlarven.
Stegmann auf diese Frage: "Konnen Sie haben, aller-
K., die ist fur uns gestorben!" Auf die Forderung
tbestimmung der Bewohner wird in diskriminierender
Die Leute konnen ja gleich fragen, ob die Stadt
direkt auszahlen soil."
Kinder interessieren, sondern nur die Mb'glichkeit
tzung von blirokratischen MaBnahmen.
58
Am Freitag, den 25.5.73, wurde die Spielstube besetzt, nachdem die AWO
auf den Brief des Bewohnerrates iiberhaupt nicht reagiert hatte. Stegmann
stieB nur dunkle Drohungen aus: "Jetzt ist SchluB. Jetzt fallt der Hammer.
Er wie Herr Faller, der Leiter des Jugendamtes, drohte mit der Polizei,
und Stegmann kLindigte Anzeigen besonders gegen die Bewohner an. (Faller-
"Als Mensch stehe ich auf Ihrer Seite, aber als Beamter muB ich Sie
darauf hinweisen... usw. usf.) Viele Bewohner, besonders die Frauen betei-
ligten sich an der Besetzung, Transparente wurden gemalt und aus den
Fenstern gehangt. Als am Nachmittag die Polizei kam, eilten auch solche
Bewohner in die Spielstube, urn sie zu verteidigen, die vorher eher ab-
seits gestanden hatten. Aber die Polizei schn'eb nur die Parolen der
Transparente ab und versuchte auszuhorchen, wer sie aufgeha'ngt hat. Urn
die Bewohner der umliegenden Sozialwohnungen zu informieren, wurde ein
Flugblatt geschrieben. Nachdem am Montag, den 28. 5., die Spielstube wei-
ter besetzt wurde, bot die AWO Verhandlungen an.
Am gleichen Tag fand eine Sitzung des Sozialausschusses der Stadt Frank-
furt statt. Auf ihr stellte sich heraus, daB Frau Alfhart, die wiederum
erklarte, daB keine Zusammenarbeit zwischen dem Vorstand der AWO und
Frl. K. moglich sei, Frl. K. Iiberhaupt nicht kannte. Man warf ihr so ab-
surde Sachen vor, daB sie den Kindern bei einem Go-in in das AWO-Biiro
Pistolen in die Hand gedriickt habe usw. Bedeutsam an dieser Sitzung
war, daB der Arbeitskreis Soziales, der die Vergabe der Mittel an die
Wohlfahrtsverbande fur die Stadtverordnetenversamml ung vorstrukturiert,
die AWO aufforderte, die Entlassung wieder rlickgangig zu machen. Diese
Tatsache und die interne Information vom gleichen Tag, daB die AWO die
Spielstube abgeben wolle, haben wir zu wenig beriicksichtigt. Wenn wir
das den Bewohnern breit dargelegt hatten, dann ware ihnen die AWO nicht
so stark vorgekommen, dann hatte ihnen auch die Perspektive vor Augen
gestanden, daB die Stadt die dann frei werdenden Gelder unter anderer
Regie weiter an die Spielstube hatte geben miissen.
Die AWO schlug eine neue Taktik ein. Nachdem sie vorher .jede Mitbestim-
mung abgelehnt hatte, sicherte sie auf einmal Mi tbestinmunq in personel-
len und finanziellen Fragen zu, kLindigte die Einstellung einer weiteren
Fachkraft an und versprach die Riicknahme der Strafanzeigen. Allerdings
dachte sie nicht an die Riicknahme der Entlassung von Frl. K.
Viele Bewohner wurden dadurch unsicher, ob sie den Kampf fortsetzen
sollten..Am Mittwoch, den 30.5. .versammelten sich etwa 15 Bewohner und
beschlossen schliefilich, zunachst hart zu bleiben und die Vorschlage
der AWO zuruckzuweisen. Sie zweifelten an der Ehrlichkeit der AWO, weil
diese ja am Bei'spiel von Frl. K. gezeigt hatte, wie sie "Mi tbestimmung"
und "Zusammenarbeit" versteht. Nachwievor aber hielt die AWO gegen den
Willen der Bewohner an der KLindigung fest. Auf der Verhandlung vom
Dienstag hatte sie sogar ein neues Argument aufgetischt, nachdem die
alten bankrott waren. Frl. K. habe namlich mit dem Briefkopf der AW0-
Spielstube, also im Namen der AWO, Forderungen der Bewohner an die AWO
verschickt (wie zum Beispiel Abenteuerspielplatz, Duschen usw.) Solche
Ei'genma'chtiakeit kb'nne kein Arbeitgeber dulden. Zweck dieser Argumen-
tation war,"daB die Bewohner sich mit dem Standpunkt des Arbeitgebers
identifizieren sollten. Bei einigen Bewohnern hatte das auch gewissen
Erfolg. Damit bekraftigte die AWO noch einmal, daB AWO und Interessen
der Bewohner zwei Paar Schuhe sind, denn sonst hatte sie ja die Initia-
tive von Frl. K. begru'Bt und sich ihr sogleich angeschlossen trotz
ihrer "Eigenmachtigkeit". Weil die AWO aber kein Verein zur Uohlfahrt,
sondern zur Niederhal tung der Arbeiter ist, deshalb unterdriickte sie
auch diese Initiative fiir die Interessen der Bewohner, indem sie Frl.K.
entlieB.
Am Freitag, den 1.5.,fiel dann die Entscheidung. Die AWO marschierte
mit den Herren See und Zahn und 2-3 weiteren VorstandsgrbBen auf. Herr
See gab zu, daB es ein Fehler gewesen sei, nicht vor der Entlassung mit
den Bewohnern diskutiert zu haben (urn ihre Zustinmung dazu zu erlangen
d.V.) Die Herren sahen sich wieder gezwungen, die Entlassung von Frl. K.
zii '"' beg r linden". Jetzt lieBen sie alle anderen Vorwande fallen. Sie sag-
ten: "Jeder Arbeitnehmer muB tun, was der Arbeitgeber sagt. Sonst be-
steht kein Vertrauensverhaltnis mehr." Frl. K. aber sei mit ihrem Brief
im Namen der AWO zu selbstiindig vorgegangen. Einer der Herren verglich
die AWO mit den Farbwerken Hoechst, in denen so etwas auch nicht moglich
sei. (Die fortschrittliche AWO argumentierte haarklein wie die katholi-
sche Caritas, die als Begrundung fiir die Entlassung einer Sozialarbei-
terin beim ArbeitsgerichtsprozeB ausfiihrte: "Dadurch, daB die Klagerin...
stets nur die Interessen der... Spanier vertreten hat, entstanden bei
diesen vb'llig falsche Vorstellungen u'ber die Aufgaben und Moglichkeiten
des Verbandes, die in dieser Folge starke Differenzen zwischen der
spanischen kath. Kolonie und dem Caritasverband und sogar eine ausge-
sprochene Frontstellung der Spanier ausgelbst hat.. Der Klagerin ware
es ein leichtes gewesen, diese Verhartung zwischen den Beteiligten zu
verhindern, wenn sie die ihr zugewiesene Aufgabe richtig erkannt und
durchgefuhrt hatte, namlich zwischen den Interessen der Spanier und
denjenigen des Verbandes zu vermitteln und im Zweifelsfall denjenigen
ihres Arbeitgebers, gema'ss der Treuepfl icht, die ihr obliegt, den Vor-
zug zu geben... Kein Arbeitgeber kann es hinnehmen, daB seine Ange-
stellten bestimmen, in welcher Form das von ihm bestimmte Ziel seiner
Arbeit erreicht wird. Der Arbeitgeber allein hat das Recht zu bestim-
men wie und in welcher Form seine Unternehmensaufgaben erreicht werden
soll'en. Wenn der Arbeitnehmer mit diesen Vorstellungen nicht konform
neht ist er gezwungen, seine Vorstellungsn einem anderen Arbeitgeber
oder'in selbsta'ndiger Arbeit durchzusetzen.. . Es kommt. daher nicht da-
rauf an, welches Programm fur die Betreuung von Gastarbeitern richtig
Dde.r falsch ist, sondern allein darauf, 'u'r welches der Arbeitgeber
sich entschieder, hat. Die bei ihm Angestallten haben sich dieser Ent-
scheidung zu beugen.") (Aus dem ArbeitsgerichtsprozeB, Caritas Pforz-
heim, Mai 1971)
Der AWO-Vorstand behauptete schlieBlich schlankweg, er habe aus sozia-
ier Verantwortung" und aus "Sorge urn die Bewohner" dem Frl. K. gekiin-
digt. Ein Bauarbeiter, der in der Siedlung wohnt, faBte den Standpunkt
der AWO so zusammen: "Ich kann in meinem Betrieb auch nicht machen, was
ich will. Wenn der Chef zehnmal zu mir sagt: ' Du Arschloch!1 passiert O'd
nichts. Wenn ich das einmal sage, dann flieg' ich." Es kam zu turbu-
lenten Szenen, als die anwesenden Bewohner und die sie unterstiitzenden
Studenten und andere Personen die Unverschamtheiten der AWO angn'ffen.
Die Herren der AWO zeterten: "Einige Leute drangen sich zwischen uns
und die Bewohner. Wenn die Studenten nicht waren, dann ware alles schon
beigelegt. Fremde haben die Kinder geschadigt, indem sie die Spiel stube
boykottiert haben. Die Bewohner werden manipuliert." Solche "Argumente"
zogen allerdings nicht, weil ja jedem klar war, wer auf der Seite der
Bewohner gestanden hatte. Viele Bewohner sahen jedoch nicht mehr, wie
sie die AWO dazu zwingen kb'nnten, die Entlassung von Frl. K. ru'ckgangig
zu machen, Sie waren der Meinung, da6 die AWO nie nachgibt. Sie sahen
in einem eigenen Verein keine sichere Perspektive (ein Mitglied des Re-
wohnerrats: "Da mu|3te man viel zu viel Arbeit reinstecken. Ich kann
doch nicht den Kitt vom Fenster essen.") Auf der anderen Seite gaben
die Zugestandnisse der AWO ihnen die Mb'glichkeit, den Kampf mit dem
BewuBtsein einzustellen, daB sie doch etwas erreicht ha'tten. Der Be-
wohnerrat stimmte also trotz allem dem Vorschlag der AWO mit 5 zu 2
Stimmen zu. Kaum war das geschehen, zog der AWO-Vorstand eine vorformu-
lierte "gemeinsame Presseerklarung" aus der Tasche: "Die AWO erklart
ausdriicklich ihre Solidaritat mit den Interessen der Bewohner und der
Kinder der Wegscheidestr. Als Spitzenverband der Wohlfahrtspflege wi rd
sie sich gemeinsam mit dem Bewohnerrat, den Eltern und Kindern der Weg-
scheidestr. rait Nachdruck daflir einsetzen, da© die Stadt Frankfurt a.M.
und das Land Hessen die Voraussetzungen flir eine Verbesserung der Le-
bensbedingungen der Menschen in den sozialen Brennpunkten schaffen.
Bewohnerrat und AWO werden kunftig gemeinsame politische Aktionen planen
und durchfuhren, um der sozialen Diffamierung der Bewohner der Ober-
gangswohnung entgegenzutreten."
Photo: G.
Pabst
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Dieser Vorschlag wurde vom Bewohnerrat abgelehnt aus folgenden Grlinden:
"Der Kampf um die Spielstube hat die unterschiedli chen Interessen der
AWO und der Bewohner gezeigt. Die von den Bewohnern formulierten For-
derungen konnten in diesem Kampf teilweise erkampft werden, ohne daB
eine grundsatzliche Einigung bes. (im Falle Inge K.) erzielt werden
konnte. Die unterschiedlichen Standpunkte bleiben auch weiterhin be-
stehen. Die von der AWO erklarte Bereitschaft, klinftig gemeinsame poli-
tische Aktionen zu planen und durchzufuhren , setzen wir unsere Skepsis
entgegen. Wir bezweifeln, daB die AWO in der Lage ist, gegen die Situa-
tion im Wohnungswesen erfolgreich vorzugehen. Die in ihrem Vorschlag be-
tonte Solidaritat muB sich erst in Zukunft erweisen. Die Vergangenhei t
kann kein Zeugnis der Solidaritat ablegen."
Die nach wie vor bestehenden Interessengeg
der Frage der Mitbestimmung. Die AWO schlu
triebsrat der AWO und der Bewohnerrat glei
sollten. Das hatte aufgrund der Abhangigke
AWO bedeutet, da6 der Bewohnerrat nichts z
Bewohnerrat dagegen schlug paritatische Mi
4 Vertretern des Bewohnerrates, 4 der AWO
Liberstehen sollten. AuBerdem soil der Bewo
personellen und finanziellen Fragen haben.
Bewohnerrat flihrt zur Zeit Gesprache mit S
an der Spielstubenarbeit in der Wegscheide
geauBert hat, keine Sozialarbeiter mehr ei
ensatze zeigen sich auch in
g vor, daB die AWO, der Be-
chberechtigt mitbestirrmen
it des Betriebsrats von der
u sagen gehabt hatte. Der
tbestimmung vor, wonach
(einschl. Betriebsrat) gegen-
hnerrat ein Vetorecht in alien
Praktisch heiBt dies: Der
ozialarbeitern, die Interesse
str. haben, obwohl die AWO
nzustellen. Die Bewohner
Sozialistische
bringt monatlich auf efwa 24 Seiten Aktionsmodelle, Beitrage zur
sozialistischen Theorie und Strategie, Berichte aus derlinken inter-
national. Jinks" ist illusionslos, undogmatisch — eine Zeitung fur
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61
wollen die pad. Betreuer fiir ihre Kinder selbst bestimmen. An diesem
Bei spiel wird sich zeigen, ob die AWO zugesicherte Mitbestimmung in
personellen Fragen praktisch zulaBt.
Die Ereigm'sse nach der Versammlung am Freitag zeigten noch einmal ,
daB die AWO langst nicht so stark war, wie es schien. Am Sonntag, dem
3.6. ,wurde in Koblenz die Sozialarbeitertagung der Arbeiterwohlfahrt
abgeschlossen. Arno Kosmale, Ministerialrat in Bundesministerium fur
Fanrilie jiielt eine schbne Rede. Er sagte: die AWO mlisse das Vorhandene
nicht nur verbessern, sondern sogar prinzipiell verandern. Er forderte
die On'entierung der AWO an politischen Zielen wie dem der "Gesellschaft
der Gleichen". Er forderte, die AWO mlisse sich zuerst mit jenen solida-
risieren, die schwach sind und schlieBlich posaunte er aus: "Die AWO
ist eine sozialistische Organisation." Diese Phrasen nahmen ihm viele
Sozialarbeiter nicht mehr ab, weil sie u.a. am Beispiel der Wegscheidestr.,
liber das die Tagungsteilnehmer breit informiert worden waren (150 Ex.
der Dokumentation wurden verkauft) gesehen hatten, wie die Wirklichkeit
aussieht. Dreiviertel der Delegierten stimmten einer Resolution zu,
in der die Kiindigung von Frl . K. verurteilt wurde. Die Resolution
stellte heraus, daB die AWO deshalb die Kiindigung ausgesprochen hatte,
weil Frl. K. "die Aufgabe der Sozialarbeit im Interesse der Betroffe-
nen wahrgenommen hat". Auch Bundesgeschaftsfiihrer Haas konnte dieses
Ergebnis nicht mehr mit der Unwahrheit verhindern, "daB die Eltern der
Entlassung zugestimmt hatten". Der "fortschri ttliche" Cheftheoretiker
der AWO, Wolfgang Bauerle, enthielt sich vornehm der Stiinme. Schon eine
Woche vorher hatte er auf Anfrage des AKS Frankfurt erklart, er wisse
nichts von dem Konflikt in der WegscheidestraBe (obwohl timSchreiben
des Bewohnerrates und des AKS Frankfurt liber den Konflikt zugegangen
sind), und auBerdem kbnne der Bundesvorstand darauf keinen EinfluB
nehmen, weil jeder Kreisverband selbst verantwortlich sei . Zwei Tage
spater, am Dienstag, den 5.6., trat Lizzy Alfhart von ihrem Vorstands-
posten im Frankfurter Kreisverband zurlick. Die Frankfurter Rundschau
flihrte das auf die traurige Rolle zurlick, die sie im WegscheidestraBen-
Konflikt eingenommen hat. Auch der Geschaf tsflihrer Stegmann kundigte.
SchluSfolgerung:
Den Bewohnern der WegscheidestraBe steht in diesem Konflikt direkt der
burgerliche Staat gegenliber. Denn die AWO ist keine selbstandige Orga-
nisation, kein wirklich "freier" Trager. Sie ist finanziell vom Staat
abhangig und personell und politisch eng mit der SPD verbunden. Dieser
Staat ist keine unabhangige, liber den Klassen stehende Instanz, die
sich das Wohl des ganzen Volkes zur Aufgabe gemacht hat. Er ist viel-
mehr ein Klassenstaat, ein Staat der Kapitalistenklasse. Keine MaB-
nahme der Arbeiterwohlfahrt gegen die Bewohner der Wegscheidestr. ist
richtig zu verstehen, wenn man nicht sieht, daB die Aufrechterhaltung
der Diktatur des Kapitals auch die Hauptaufgabe der Wohlfahrtsein-
richtungen des Staates ist.
Zunachst einmal ist das Kapital die direkte Ursache der Obdachlosigkei t
von Teilen der Arbeiterklasse und kleiner Selbsta'ndiger (Handler,
Schausteller usw.) In einer Gesellschaftsordnung, in der die breite
g2 Masse vom Arbeitslohn ausschl ieBlich abhangt, flihrt jede Erschlitterung
der wirtschaftlichen Entwicklung zur Obdachlosigkei t. So warf die Welt-
wirtschaftskrise 1929-33 Hunderttausende von Familien in Deutschland
aus ihren Wohnungen, die sich dann in Bretterbuden und Laubenkolonien
zusammendrangten. Die Kriege, die die deutsche Bourgeoisie aus impe-
rial istischen Interessen flihrte, machten ebenfalls Hunderttausende
obdachlos.
Aber auch in "normalen Zeiten", in Zeiten der Hochkonjunktur, ist die
Zunahme der Obdachlosigkeit unvermeidl ich. Zum groBen Erstaunen der
blirgerlichen Wissenschaft wuchs die Zahl der Obdachlosen auch Ende
der 50er und in den 60er Jahren stetig an, obwohl die Kriegsfolgen
weitgehend beseitigt waren. Der einfache Grund ist, daB mit der Ent-
wicklung der kapital istischen Produktion die Maschinerie standig verbes-
sert wird, d.h. Handarbeit durch Maschinenarbei t ersetzt wird, so daB
notwendig eine Reservearmee von Arbeitslosen entsteht, die entweder
vorubergehend oder dauernd aus der Produktion ausgestoBen werden. Aus
einer Befragung von 75 Obdachlosen im Offenbacher Marioth vom Jul i 1970
ergab, daB 16 % (= 12 Personen) arbeitslos waren und daB 62,5 I (=47
Personen) schon ofter arbeitslos gewesen sind. (Rudolph Bauer. Studie
fur einen sozialen Entwicklungsplan im Bereich der Mariothsiedlung,
Juli 1970 Offenbach S. 49) Diese Unsicherheiten treffen insbesondere
die untersten Schichten der Arbeiterklasse, Bauarbeiter, Tagelohner,
Mbbelpacker usw. AuBerdem gibt es die nicht zu jnte>-scha'tzende Gruppe
der Zigeuner, die sich als Musiker, Artisten und Handler kaum iiber
Wasser halten kdnrien.
Wenn "endlich der Hausbesitzer, in seiner Eigenscha~t als Kapitalist
?icht nur das Recht, sondern vsrmbge der Konkurrenz gewissermaBen auch
die Pflicht hat, aus seinem Hauseigentum rlicksichtslos die hbchsten Miet-
preise herauszuschlagen" (Engels, Zur Wohnungsfrage, Ausgew. Werke
Marx/Engels, Bd. 1 Berlin 1968 S. 549), wie soil dann Obdachlosigkeit
vermieden werden kbnnen? Die Einweisung der Obdachlosen in Notunter-
klinfte hatte It. Statistik folgende Grlinde (30.6.1973): etwa 50 % wegen
Unfahigkeit, die Miete zu zahlen, etwa 25 %, die ohne "Verschulden"
vom Vermieter geklindigt bekamen (Eigenbedarf usw.) und etwa 20 %, die
wegen Zerstbrung von Wohnraum (Sanierung, Baufall igkei t, Feuer usw.)
ihre Wohnung verlassen muBten und keinen Ersatz fanden.
Inzwischen weiB jeder, daB das Kapital lieber in Luxus- und Eigentums-
wohnungen investiert, selbst wenn Zehntausende spater leerstehen, daB
die Sanierung billige Wohnungen durch profitablere Geschafts- und Ap-
nartementhochhauser ersetzt, daB die Mieten rlicksichtslos gesteigert
werden usw. All das wird notwendig, weil die Konzentration der Industrie
in den groBen Stadten den Bodenwert steigert. Die bestehenden Hauser
entsprechen nicht mehr dem gestiegenen Bodenwert und werden saniert.
Auf der anderen Seite aber setzt das Kapital jeder Lohnerhbhung den
heftigsten Widerstand entgegen (aus Grunden der "Stabilitat" seiner
Profite). Wie soil da nicht Obdachlosigkeit entstehen?
"In einer solchen Gesellschaft ist die Wohnungsnot kein Zufall, sie
ist eine notwendige Institution, sie kann mitsamt ihren Riickwirkungen
auf die Gesundheit usw. nur beseitigt werden, wenn die ganze Gesellschafts-
ordnung, der sie entspringt, von Grund aus umgewalzt wird.
Der "SoziaV'staat steht dieser objektiven Entwicklung ohnmachtig gegen-
u'ber. Die Kapitalistenklasse kann und will Obdachlosigkeit, d.h. die
elende Lage von Teilen der Arbeiterklasse, nicht beseitigen. Die burger- 63
64
lichen Ideologen erklaren, daB es "in jeder Gesellschaft ... eirie be-
stimmte Zanl von Menschen geben wird, die nicht gewillt Oder rn'cht in
der Lage sind, sich in die Normal gesellschaft einzugliedern" (Deutscher
Stadtetag, Hinweise zur Obdachlosenhilfe, Kbln 1968 S. 10) Sie halten
die kapitalitstische Gesellschaft flir die einzig mogliche Gesellschafts-
ordnung.
Die Bourgeoisie verweigert den Menschen, die sie ins Elend hinabstb'Bt,
bewuBt auch noch die minimal sten Voraussetzungen einer menschenwlirdi-
gen Existenz. Der Sozialstaat setzt sich liber aller Regeln des Grund-
gesetzes hinweg, auf das er gegeniiber "Verfassungsfeinden" so gern
pocht, Was grb'Beren Hunden It. Tierschutzgesetz zusteht, ein Kafig
von 6 qm, das gesteht der "SoziaV'staat vielen obdachlosen Arbeitern
nicht zu. Er verschlechtert die sanitaren Bedingungen (keine Duscien,
Bader, zu wenig Waschgelegenheiten, Klos usw.), er unterwirft die Ob-
dachlosen eineiH "besonderen GewaltverhSItnis", Die Murichener "Unter-
kunftsanlagensatzung" verbietet z.B. allgemein das Waschewtschan und
-trocknen in den Wohnungen, das Halten von Hunden, die Obernachtung
von Besuchern. Sie gestattet dagegen Rehbrdenbesuche ohne Anmeldung
selbst zur Nachtzeit. Sie gestattet Aus- und Umquartierung vegen jedes
VerstoBes gegen die Satzung und aus Griinden des "allgemeinen Wohls"
(vgl. Arbeitskreis junger Kriminologen ftandgruppenarbeit, MUndien 1973
S. 77-93)
Die Logik der Bourgeoisie bringt ein Obervarwaltungsrat der Stadt Mtil-
heim/Ruhr treffend zun Ausdruck: "Ei-Ziehuny, auch die sozialpadagogische
Hilfe (!!! d.V.), kann auf das warnende Seispiel nicht verzichten. Das
Vorhandansein einer solchen (Primitiv)-Unterkunft und die bestandige
Drohung nach dorthin zuriickkehren zu miissen, ist haufig das letzte Mit-
tel, die in besseren Unterkunften Lebenden vor einem Wiecerabgleiten zu
bewahre:i." (Blatter fur Wohlfahrtspflege Nr. 6/70 S, 198)
Ihter diesenVoraussetzungen fangt nun die So/.ialarbei t ihr Geschaft an.
Sie hat nicht die Aufgr.be, die Verhal tnisse zu andern, sondern die
Menschen. Uie soil das geschehen? Durch Aktivierung der "Selbsthi Ife-
krafte". Derselbe Staat, der durch tausend burokratische MaBnahmen
tagta'glich die Obdachlosen erdruckt und verwaltet, der sie gegen ihren
Willen jahrelang in Drecklb'chern festhalt, (vgl. die Beispiele des zahen
Kampfes gegen die Sozialblirokratie, die E. Richter in seinem Buch
"die Grupps" anfuhrt S. 253-260) gewahrt den Obdachlosen gna'dig "ein
Trainingsfeld flir die Eigenaktivita't" (Deutscher Stadtetag S. 23) So
diirfen denn auch die Bewohner einen Rat wahlen, sie durfen Liber ihre
eigene Unterdrlickung mitbestimmen, sie diirfen Feste feiern.Kurse ein-
richten, sie durfen in behbrdlichen Spielstuben selbst ihre eigenen
Kinder beaufsichtigen, sie durfen sich mit staatTTcH&ti Wohlwollen flir
Telefonhauschen, Beleuchtung, Duschen, Spielplatze usw. einsetzen und
diirfen besonders alles kostenlos selber machen, was die Stadt Geld ko-
sten wlirde (Renovieren usw,) All das hat den Zweck "bei einer inner
grb'Ber werdenden Zahl von Obdachlosen eine optimistischere Grundhaltung
zu fbrdern und die Bereitschaft zur aktiven Bewaltigung anstehender Pro-
bleme zu festigen (Deutscher Stadtetag S. 22) Dieselbe Bourgeoisie,
die rucksichtslos Hunderttausende von Menschen ins Elend stb'Bt, reicht
ihnen "briiderlich" die Hand zur "Zusammenarbeit", stellt sich als "Part-
ner" der Obdachlosen hin.
Lizzy Alfhart: "Angetreten ist die AWO vor mehr als 50 Jahren mit dem
Willen, die Armenpflege dieser Zeit... zu ersetzen... durch die Idee
der Solidarity. " (AWO Kreisverband Ffm., 1973 S. 3) Allerdings .: die
"Solidaritat" zwischen Unterdriickern und Unterdruckten.
In den "Hinweisen zur Obdachlosenhilfe" hat der Deutsche Stadtetag
die Bedeutung der Spielstuben so eingeschatzt. "Wesentlicher, viel-
leicht bedeutendster Ansatzpunkt einer Wiedereingliederung der gesamten
Familie sind die vielfaltigen Einrichtungen der Kinderhilfe. . ."
Was sind die Leitlinien?
"Hinflihren zur Gemeinschaftsfahigkeit , zur Konzentration, zur Spiel-,
Pflege- und Arbeitshal tung, Gewohnung an Sauberkeit und Ordnung."
(Kbln 1968, S. 19) (Das ist schlimmster Zymsmus, wenn man bedenkt,
daB in der Wegscheidestr. 52, 54, 56 keine einzige Dusche oder Bad vor-
handen ist).
Die AWO hat in der Wegscheidestr. klar gezeigt, daB sie nur gewillt
ist, die Gemeinschaftsfahigkeit der Arbeiterfamilien mit dem Vorstand
der AWO zu fordern, nicht aber die Solidaritat der Bewohner unterein-
ander. Oberbiirgermeister Rudi Arndt, der Schirmherr des Kreisverbandes
Ffm der AWO, schrieb in seinem GruBwort zum AWO-Somnerfest 1972:
"Materielle Hilfe flir alle Menschen, die im Schatten stehen und die
oleichzeitige Entfaltung ihres politischen BewuBtseins, damit sie
selbst eingreifen konnen in die Fortentwicklung unserer Gesellschaft,
das sind die beiden Bereiche, in denen die AWO wesentliche Beitrage
leistet zur Denokratisierung der Sozialarbeit. . ." (S. 1),
Die Bewohner der Wegscheidestr. wollten "selbst eingreifen in die
"Fortentwicklung unserer Gesellschaft", allerdings von ihrer Interes-
senlaqe aus. Die Reaktion der AWO hat bewiesen, daB nur die "Selbst-
hi lfekrafte" geschatzt werden, nur die "aktive Bewaltigung anstehender
Probleme", die vom Standpunkt der Bourgeoisie aus annehmbar ist.d.h.
vom Standpunkt der Zusammenarbeit, der freiwilligen Unterordnung.
"Demokratisierung der Sozialarbeit", d.h. fur die AWO in Wirklichkeit
nicht Entscheidungsfreiheit der Volksmassen, sondern daB die Volks-
nassen willkurliche Entlassung, Drohungen gegen Bewohner, Anzeigen,
Hausverbot, Spaltung und Diskriminierung als Ausdruck sozialer Gerech-
tigkeit anerkennen.
Oer Liberalismus des "SoziaV'staates endet schnell , wenn der objekti-
Interessengegensatz zwischen den Klassen auch in den Obdachlosen-
siedlungen aufbricht. Die Entlassung der Sozialarbeiterin Inge K.
zeiqt flir die Sozi alarbei ter: .
1 daB der bu'rgerliche Staat nicht gewillt ist und nicht sein kann,
die interessen der obdachlosen Teile der Arbeiterklasse und des Klein-
burqertums zu vertreten;
0 daB die soziale Hlille von Mitbestimmung und Zusammenarbeit sofort
fiillt wenn die Interessen der Bourgeoisie auch nur geringfugig ver-
iPtzt'werden. Dann kommt der wirkliche Charakter des Sozialstaates
zum Vorschein, namlich ein Teil der burgerlichen Unterdrlickungsmaschi-
nprie zu sein; . ,. ,- , j- r
1 daB der "Spielraum" des Sozialarbeiters , in diesen Fesseln die In-
teressen des Klientels zu vertreten, sehr gering ist, daB "sozialisti-
crhe Sozialarbeit" vom burgerlichen Staat nicht bezahlt wird;
4 daB die Obdachlosen sich im Kampf gegen den "Uohlfahrts"staat zu-
sannenschlieBen miissen, urn eine Knderung ihrer Lage zu erreichen.
Der Konflikt hat noch einmal bewiesen, daB die Sozialarbeiter nicht
die Hauptkraft sind, die eine Knderung der Lage der Obdachlosen her- 65
beifuhren konnen. Die bei der AWO angestellten Sozialarbeiter, Prakti-
kanten usw, haben eine vollig untergeordnete Rolle gespielt. Entweder
tiaben sie versteckt Oder offen gegen die Bewohner gearbeitet, Oder
haben si'ch versteckt mit ihnen solidarisch erklart, indem sie uns fn-
formi'erten Oder sonst wie unterstiitzten. Andere Sozialarbeiter in Ffm,
Hessen und im Bundesgebiet haben sich mit wenigen Ausnahmen (AKS)
nur verbal solidarisch erklaren konnen, Der Konflikt in der Wegschei-
destr. hat keine Antwort darauf gegeben, wie Sozialarbeiter im Dienst
der Arbeiterklasse handeln konnen. Es wurden keine Schritte unternom-
men, die Frankfurter Arbeiterklasse fur den Kampf der Obdachlosen zu
gewinnen. Dagegen viele Schritte, urn andere Sozialarbeiter zu gewinnen
So fanden die Bewohner der Wegscheidestr. hauptsachlich Unterstutzung
bei den Teilen des Kleinburgertums und der Intelligenz, die sich be-
rufsma'Big mit Sozialarbeit beschaftigen und Teilen der linken SPD.
Die Arbeiterklasse ist jedoch die soziale Kraft, die am entschlossen-
sten den Kampf zur Beseitigung der Verhaltnisse fuhren muB, unter denen
auch die Obdachlosen leiden. Erst die Verschmelzung mit dem Kampf,
den Zielen und den Organisationen der Arbeiterklasse wird den obdach-
losen Teilen der Arbeiterklasse die Mbglichkeit erb'ffnen, mit der Um-
wa'lzung der gesamten Produktionsverhaltnisse auch ihre elende Lage
grundlegend zu a'ndern. (vgl. SVI , Materialien zur Sozialarbeit/-
Padagogik Nr. 2 Berufsperspektive I 1973 S. 34-43 und S. 67-74
Bestellung an SVI e.V. 56 Wuppertal, Friedrich-Engels-Allee 164 a).
66
REIHE ROTER PAUKER
MATERIALIEN ZUR UNTERRICHTSPRAXIS
Heft 6, Unterrichtseinheit "Lateinamerika"
Die UE Lateinamerika wurde im Friihjahr 197t an
der Ernst-Reuter-Schule Frankfurt erarbeitet und
im Unterricht (7. Klassen Gesellschaftslehre ) er-
probt. Diese UE setzt sich weder zum Ziel, den
Schiilern eine Theorie des Imperialismus zu ver-
mitteln, noch kann sie sich auf der abstrakten
Ebene imperialistischer Erscheinungsformen -die
Abhangigkeit von Weltmarktpreisen und Verschlech-
terung der 'terms off trade' .Technologietransfer ,
Kreditverschuldang usw. bewegen. Sie beschrankt
sich vielmehr darauf, am Bei spiel der Staaten
Brasilien, Peru, Chile und Kuba anhand zweier
Froblemkreise (Landverteilung und Rohstoffkon-
trolle) wesentliche Ursachen der Unterent wick-
lung und die unterschiedlichen politischen Wege
zu deren Bewaltigung aufzuzeigen.
6o Seiten, broschiert, DM k, —
Verlag 2ooo GmbH, 6o5 Offenbach k; Postfach 591
Wohnkollektiv Bochum, WittenerstraBe
Landschaftsverband Westfalen-Lippe versucht
Wohnkollektiv zu reglementieren!
Die Jugendwohngerneinschaft Wittenerstr. in Bochum
le Jugendarbeit) gibt in unregelma'Bigen Abstanden
gie erarbeitete Kollekti vzei tung heraus, die u.a
andere Kollektive im Bundesgebiet verteilt wird.
v. 19.4.1972 gibt Berichte von Jugendlichen wiede
Erlebnisse in Heimen und vor Gerichten schildern;
im Info Sozialarbeit Heft Nr. 1 "Fursorgeerziehun
erfuhr so Anf.sng 1973 zi.satzliche bundesweite Ver
tete der Landschaftsverband sofort und versuchte
Trager.die freie MeinungsauBerung der Jugendliche
Die Jugendlichen der Wohngemeinschaft haben diese
energisch zuruckgewiesen.
(Trager Verein Sozia-
eine in eigener Re-
im Ortsteil und an
Die Kollekti vzeitung
r, in denen sie ihre
diese Zei tung wurde
g" abgedruckt und
breitung. Danach schal-
ir, einem Brief an den
n zu unterdriicken.
Versuche bewuBt und
Wir werden die Jugendlichen durch eine weitere Verdffentlichung dieser
Auseinandersetzung unterstutzen und drucken hier Auszlige aus ihrer
Zeitschrift ab:
Alle haben Pressefreiheit nur wir nichtl
In der Wittenerstr. 462 wohnen 6 Jugendliche in einem Fursorgekol lekti v.
Wir, die Jugendlichen, stehen unter FE oder FEH und kommen alle aus
Heimen. Unser Kollektiv soil ein Gegenmodell gegen die Ublichen Heime
sein. Das Kollektiv wird vom Verein flir soziale Jugendarbeit geleitet,
finanziert wird es von den Landesjugendamtern. Der Verein hat bestimm-
te Auflagen vom Jugendamt, nach denen er arbeiten muS. Geschieht dieses
nicht, so werden die Gelder gestrichen und das Kollektiv wird geschlos-
sen. Dann mu'Sten die Jugendlichen ins Heim zurlick.
Das'Kollektiv besteht schon seit 3 Jahren. In dieser Zeit wurden die
Leute ofter ausgewechselt, da einige nach Hause gingen oder auch straf-
fallig wurden. Manche muBten zurlick ins Heim, andere mieteten sich ge-
meinsam eine Wohnung und grlindeten ein neues Kollektiv. Sie lieBen
ihre FE auflbsen und wurden dadurch unabhangig, so daB sie endlich so
zusammen leben konnten, wie sie wollten.
Das Kollektiv hat bis jetzt auf dem Gebiet der Resozialisierung mehr
Erfolge aufzuweisen als irgendein anderes Heim. Das gibt uns die Mbg-
lichkeit, Liber unsere Situation nachzudenken und zu diskutieren, z.B.
wie wir eigentlich ins Heim gekommen sind und welche Rolle wir in der
Gesellschaft spielen. Mir ist es doch klar, warum man mich im Heim so
kurz gehalten hat. Als ich wieder raus kam, sollte ich meine Schnauze
nicht aufmachen; im Kollektiv dagegen kann ich mich so entwickeln, daB
ich mich wehren kann, wenn mir etwas nicht paBt. QJ
Ira Kollektiv haben wir schon bfter mal Veranstaltungen gemacht, die
sehr gut besucht waren. Uir haben z.B. iiber Drogenprobleme gesprochen,
well man danrit imnier wieder konfrontiert wird, Oder wir haben Fil-
me gezeigt und anschlieBend darliber diskutiert. Wir, das Kollektiv
Bochum, haben einmal alle Kollektive aus MRU eingeladen und Erfahrun-
gen ausgetauscht. Wir haben jetzt noch Kontakt zu ihnen und informie-
ren uns gegenseitig liber gemeinsame Probleme.
Bei uns im Kollektiv haben wir einen Aufgabenplan aufgestellt, da wir
vorher sehr viele Schwierigkeiten mit dem Saubermachen hatten. Die
Kollektivzeitung wird von uns ganz allein gemacht. Auch die Ideen sind
von uns, vom padagogischen Personal dlirfen lediglich Berichte und
Informationen kommen. Der Redaktionsstab besteht ausschl ieBlich aus
Kollektivmitgliedern. Der abgedruckte Brief ist eine glatte Erpressung
gegen den Redaktionsstab und das padagogische Personal. Aber wir las-
sen uns nicht erpressen, besonders nicht von solchen Leuten, die ver-
suchen, uns zu unterdrlicken. Wir haben es s&tt, uns etas vorschrei-
ben zu lassen.und wir werden uns mit Ha'nden und Fu!ler. wehren, denn
wir wolltn end! ich frei sein.
Das FE-Kollektiv wird von 3 Leuten betreut, die Angestellte des Ver-
eins sind. Es sind Padagogen, die nur als Berater im Kollektiv er-
wiinscht sind. Das Jugendamt sollte seine Finger nicht in die padago-
gische Arbeit stecken, wie es zum Teil versucht wurde. So hat das Ju-
gendamt beispielsweise verhindert, daB Jugendliche neu ins Kollektiv
aufgenommen wurden. Ihnen war jedes Mittel recht, denn sie haben so-
gar den Eltern der Jugendlichen davon abgeraten, ihre Kinder hierhin
zu bringen. Ein anderes Beispiel: Es wurden Gelder, die flir die Innen-
ausstattung notwendig sind, hinausgeschoben, so daB man nicht die Mog-
lichkeit hatte, die Raume so einzurichten, wie man es gerne wollte.
Wir haben uns dann behelfsmaBig eingerichtet und muBten die Mb'bel zum
Teil vom Sperrmlill holen.
Leute vom Jugendamt, vor alien Dingen CDU-Leute, haben si ch daruber
aufgeregt, daB bei uns auf der Toilette ein Marienbild hing, was sie
als Gotteslasterung empfanden. Es ist doch wohl die Sache jedes ein-
zelnen, was er sich aufs Klo hinhangt, und ich weiB auch nicht, was
das mit padagogischer Arbeit zu tun hat. Oberhaupt mbchten wir uns
eine Lebensform schaffen, die uns gefallt und nach der wir auch leben
kdnnen. Im Heim haben wir diese Mbglichkeit nicht gehabt und wLirden
sie auch nicht bekommen. Das Kollektiv ist flir uns der einzige Ort,
urn sich wirklich frei zu entfalten. Ich wlinsche mir, daB es bald kei-
ne Heime mehr gibt, sondern nur noch Kollektive, in denen wir leben
kdnnen.
Brief des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe an den Verein Soziale
Jugendarbeit Bochum
68
Vor einigen Tagen erhielt ich die Kollektivzeitung der Wohngemeinschaft
in Witten vom 19.4.1972 zugeschickt. Ich war nicht wenig erstaunt liber
den Inhalt und frage mien, was eine solche einseitige Darstellung der
Jungen liber die Heimerziehung flir einen Sinn haben kann. Es ist sicher
wichtig, daB die Jugendlichen zu ihrer eigenen Vergangenheit kritisch
Stellung nehmen, und zwar in Gruppensitzungen und in Einzelgesprachen.
Wenn aber eine Zeitung ausschlieBlich mit unreflektierten und ungepru'f-
ten Beitragen gegen die Heimerziehung erscheint, so liegt zumindest
der Verdacht nahe, daB hier bewuBt gegen die Offentliche Erziehung
polemisiert wird.
Sie selbst und Ihre Mitarbeiter wissen doch inzwischen nur zu gut,
wie solche Berichte oft zustande kommen, vor allem, mit welcher Moti-
vation. Ich erinnere an Ihr Schreiben vom 23.3.1972, in dem es u.a.
hei'Bt: "...Wir bemuhen uns doch inzwischen auch Entweichern nicht al-
les zu glauben, was sie liber Heime erzahlen!" Die gleichen Jugendli-
chen, die diese Zeitung verfaBt haben, flihrten ja seinerzeit auch
liber die Wohngemeinschaft Beschwerde und sprachen von zum Teil chaoti-
schen Zustanden. Hatte das Landesjugendamt alien Angaben dieser Art
im Laufe der Zeit Glauben geschenkt, so bestande Ihre Einrichtung
heute wohl nicht mehr.
Die Zeichnungen in der Kollektivzeitung geben allerdings zu denken
und lassen evtl . Ruckschllisse auf das Leben in der Wohngemeinschaft
zu. . , ...
Es wird dabei keineswegs verkannt, daB die Heimerziehung weiterhin re-
formbedlirftig ist und daB viele Jugendliche eine geradezu tragische
Vergangenheit haben. Es ware aber doch absurd, ohne die Zusammenha'n-
ge aufzuzeigen, gerade die Menschen anzugreifen, die, wenn auch oft
mit unzureichenden Mitteln, aber zum Teil unter Verzicht auf ihr Pri-
vatleben, ihre Hilfe anbieten, um noch grdBeres Ungluck und Unrecht
zu vermeiden. Ihre Mitarbeiter haben im letzten Jahr selber des dfte-
ren gebeten, einige Jugendliche in Heimerziehung zuriickzunehmen, weil
sie mit der ihnen gebotenen Freiheit nicht fertig wurden. Ich erwarte
von den Verantwortlichen einer Wohngemeinschaft, daB sie die Jugend-
lichen dazu motivieren, nicht nur "anzuklagen", sondern auch konstruk-
tiv und zukunftsorientiert mitzuarbei ten und die Hilfen anzunehmen,
die ihnen auch in einer verbesserungsbedurftigen Gesellschaftsstruk-
tur immer noch in beachtlicher Weise angeboten werden.
Ich bitte Sie daher, im Interesse der Jugendlichen und nicht zuletzt
auch im Interesse einer weiteren guten Zusammenarbei t mit Ihnen von
der Verdffentli chung derart negativ gefarbter Berichte gegen die
Heimerziehung abzusehen.
Meine Mitarbeiter und ich wurden es sehr bedauern, wenn die sich seit
kurzer Zeit anbahnende positive Zusammenarbei t mit Herrn Brand und
Herrn Kurzeja durch VerstdBe gegen unsere Vereinbarungen beeintrach-
tigen wlirde. . .... ,
Ich ware Ihnen dankbar, wenn Sie mir jeweils eine Ausfertigung der
Kollektivzeitung zusenden wurden.
Mit freundlichem GruB
i.A. (Abel) Landesoberverwaltungsrat
Stellungnahne der Jugendlichen
1 Der Brief ist an den Verein "Soziale Jugendarbeit e.V." gerichtet,
obwohl er die Zeitung ("Kollektiv-Zeitung") nicht gemacht hat, sondern
das Kollektiv.
2. Die Wohngemeinschaft ist nicht in WITTEN, wie im Brief angegeben
ist, sondern in Bochum, Wittener Str.
69
3. Zu dem Vorwurf der "einseitigen Darstellung der Jungen uber die
Heimerziehung..." Es ist zynisch, von Einseitigkeit zu reden, da
w i r doch die Erfahrungen im Heim lange Zeit haben ertragen mu'ssen.
Wir konnen das, was wir geschrieben haben, m'cht schb'ner darstellen,
weil das dann gelogen ware.
Uns wird vorgeschlagen, zwar zu kritisieren, jedoch in GRUPPENsitzungen
und in EINZELgesprachen. Das heiBt doch, in diesem Rahmen wird es vom
Landesjugendamt erlaubt, aber wenn wir, wie wir es getan haben, an die
tJffentlichkeit gehen, dann wird uns eine Zensur vorgesetzt. HeiBt
es nicht OFFENTLICHE ERZIEHUNG? "Offentliche Erziehung" meint bisher
nur, daB sie mit "dffentlichen Mitteln", d.h. nit den Steuergroschen,
finanziert wird. Wir jedoch meinen, daB dariiber hinaus die Offent-
lichkeit genau informiert werden muB, wie die padagogische Arbeit in
den Heimen und auch in dem Kollektiv, in dem wir leben, aussieht. Das
unbedingte Recht hat die Bevb'lkerung, weil es ja ihre Sonne und ihre
Tochter sind, mit denen etwas "getnacht" wird, und weil sie es ja auch
sind, die diese Einrichtungen bezahlen!
4. Mit welcher Motivation diese Berichte zustande kommen, wissen wir
selbst am besten: wir haben es alles erlebt, und nicht Herr Abel von
LJA! Man kann doch nicht die Aussagen in der Kol lektivzeitung verbin-
den mit dem, was einige Vereinsmitglieder uber die Erzahlungen anderer
Jugendlicher Liber die Heime sagten!
5. Es ist doch unbestreibar, daB die Hauptseite der padagogischen Arbeit
im Kollektiv positiv ist. Oder flatten sonst die Jugendlichen eine
eigene Zeitung machen konnen? Gibt es Heimzei tungen, die die dort le-
benden Jugendlichen selbst schreiben konnen ohne Zensur?? Im Landes-
jugendwohlfahrtsausschuB haben Frau Schulte und Herr Garske vom LJA
im Oktober 1972 selbst deutlich gesagt, daB die Wohngemeinschaft
Bochum sehr positiv eingescha'tzt wird. Die dort versammelten Teil-
nehmer waren weiterhin von der dortigen Arbeit beeindruckt.
6. Wir mu'ssen Abel den Vorwurf machen, daB er "einseitig" ist. Warum
lassen die Zeichnungen "Rlickschliisse auf das Leben in der Wohngemein-
schaft zu"? Hat er nicht begriffen, daB diese Zeichnungen die Vorur-
teile in bezug auf das Leben einer Wohngemeinschaft aufzeigen sollen?
Die Bewohner von Bochum-Laer und OPEL-Arbei ter erkannten die Zeich-
nungen klar als Satire...
7. In der "Einfiihrung zum JugendWohlfahrtsGesetz" werden Reformen ge-
fordert. Die tatsachlich wahrnehmbaren Reformen in den Heimen sieht
jedoch so aus, daB man die Gitter beseitigt und Panzerglasfenster
einsetzt. Was heiBt hier "...tragi scire Vergangsnheit. . ."? Das ist
zynisch. Tragisch sind sie, gewiB. Aber warum? Sie sind doch nur Sympto-
me unserer Gesellschaft. Die Ursachen werden nicht beka'mpft und beho-
ben. Stattdessen wird gejammert - tragisch!! Wieso haben nur "viele
Jugendliche" eine tragische V'ergangenheit erlebt, wie es Abel schreibt?
uuycuuMwiK eine tragi scne «er gangenneit erleDt, wie es ADe I scnreioi
Das sind doch keine Einzelschicksale, sondern das geschieht tagtag-
lich mit sehr vielen Jugendlichen, beinahe mit alien! Sie werden doch
ausgebeutet im Betrieb, fertiggemacht in Schulen, damit sie spuren.
7H r' Es wird aeschrieben, das die "Mittel unzureichend sind". Unsere
/U Gesellschaft erarbeitet Reichtu'mer, die jedoch nur in die Taschen weni-
qer Leute flieSen. Der Sozialetat ist minimal. Es ist doch nicht ver-
wunderlich, daB in diesem System fur die Heime kaum Geld fur eine bes-
sere Ausbi'ldung ihrer Erzieher etc. bereitgeste 1 1 1 wird. Klar, daB
die Heimerzieher sich "hingeben mussen", auf "ihr Pnvatleoen" ver-
zichten, damit die Misere noch irgendwie ertraglich bleibt. Die Heime
mussen doch so bleiben wie sie sind, damit sie immer einen Drohcha-
rakter haben fur Jugendliche, die sich nicht so leicht anpassen las-
sen wo 11 en!
9 Sicher wurden von den im Kollektiv arbeitenden Padagogen Jugendli-
che wieder ins Heim zuruckgeschickt. Aber nicht aus dem Grund, weil
sie "mit der Freiheit nicht fertig wurden...", sondern weil sie i;n
Heim schon so kaputtgingen, daB sie danach mit der Freiheit nicht fer-
tig wurden! . , ...... , „ ,, .
Im Kollektiv wird auf der Basis der gegenseitigen Kntik und Selbst-
krl-tl-k gearbeitet und gelebt. Erst dadurch kam unser zukunftsonen-
tiertes Handel n zustande. Warum besuchen wir nun Schulen, Betnebe,
Krankenhauser, in denen wir arbeiten, lernen? GewiB halten wir auch
die Gesellschaft fur verbesserungswiirdig: gerade wir konnen das doch
zurecht sagen! Aber Liber die herkbmmlichen Parteien allein geht das
woh.1 kaum, denn dann sahe es z.B. in den Heimen anders aus...
10 Abel schreibt ultimativ, daB wir "von einer Veroffentlichung dep-
art neqativ gefarbter Berichte gegen die Heimerziehung' absenen soil-
ten Waren wir Oder Abel im Heim? Wir verbitten uns diesen strengen
Eingriff, der ja mit einer Zensur gleichzusetzen ist.
11 Zuletzt laden wir Vertreter des Landesjugendamtes (Abel, Schulte)
ins Kollektiv ein, urn mit ihnen konstruktiv Liber Heimerziehung und
das Wohnkollektiv Bochum, Wittener Str. 462, zu diskutieren.
"Anzeige
REIHE ROTER PAUKER
MATERIALMEN ZUR UNTERRICHTSPRAXIS
Heft 2, Unterrichtseinheit "Arbeit"
Ausfuhrliche Darstellung dieser Unterrichtseinheit im Unter-
richf^esellschaft/Politi*", die im Herbs t 1971 *xe Gesamt-
schule Frondenberg, die Kapitalinteressen heimischer Fxrmen
fmd die Diisseldorfer Schulpolitiker ungevohnlich heftig auf-
~*te Die Schrift vermittelt: Sachanalyse , didaktische Analyse,
Unterrichtsziele, Unterrichtsinhalte, Verlaufsplanung und samt-
liche Arbeitsblatter-
88 Seiten. broschiert, DM 5.—
Verlag 2ooo QnbH, 6o5 Offenbach 4, Postfach 591
71
Der Konflikt zwischen Landschaftsverband und dem Verein Soziale Jugend-
arbeit spitzt sich zu. Die folgende Presseerklarung erreichte uns am
10.10.73:
Presseerklarung vom 9.10.73
Eine Reihe von intensiven Besprechungen zwischen dem Verein flir Sozia-
le Jugendarbeit e.V., der das Liber Bochum hinaus bekannte Fursorgekol-
lektiv an der Wittener StraBe tragt, und dem Landesjugendamt bzw. Lan-
desjugendwohlfahrtsausschuB stent bevor. Notwendig wurden diese Ge-
sprache, well das LJA seit Mai dieses Jahres durch willkiirliche finan-
zielle MaBnahmen die padagogische Arbeit des Vereins behindert. So konn-
te der Verein bis heute m'cht einen notwendigen zweiten Sozialarbei ter
einstellen. Seit fast einem halben Jahr schmort in der Ka'mmerei des
Landschaftsverbandes die Entscheidung iiber die Erhbhung von Pflegesat-
zen.HoherePflegesatze werden in der Sache vom Deutschen Paritatischen
Wohlfahrtsverband und den Pa'dagogen in LJA unterstlitzt, aber von BLiro-
kraten verzbgert.
Regelma'Bige monatliche Abschlagzahlungen sind seit Mai d.J. urn die Half-
te geklirzt worden mit einer Begrundung, die anstelle padagogischer rein
profitorientierte Mafista'be zugrunde legt. Von den jetzt bezahlten Ab-
schla'gen konnen gerade eben die anfallenden Kosten der Jugendlichen ge-
deckt werden. Den Angestellten, deren Zahl vom LJA vorgeschrieben ist,
wird offenbar zugemutet, von "Luft und Liebe" und auf Kredit zu exi-
stieren.
Offenbar wollen die Finanztechnokraten im LJA dieses einzige Wohnkollek-
tiv von ma'nnlichen Jugendlichen in der bffentlichen Erziehung in West-
falen - entgegen positiven SuBerungen einzelner Pa'dagogen im LJA und
vor allem im LandesjugendwohlfahrtsausschuB - kaputt machen.
Dagegen wird der Verein sich zu wehren wissen. Es wird endlich Zeit,
daB auch hier die Verwaltung den Interessen der Betroffenen unterge-
ordnet wird und nicht umgekehrt.
Der Verein Soziale Jugendarbeit e.V. wendet sich an die Offentlichkeit
auch mit der Bitte um Spenden: auf das Konto 93 77 11 bei der Westfa-
lenbank AG Bochum.
Auf Anfragen wegen anderer Formen der Unterstiitzung gibt der Verein gem
Auskunft.
Verein Soziale Jugendarbeit e.V.
Tel. 70 25 76.
Bochum-Querenburg, Lennershofstr. 66 (8),
Peter van Spall
Tomn\y Weissbecker-Kaus
72
Ober 2000 Jugendliche sind allein in Ifestberlin ohne Arbeit, Wohnung
und Papiere. Die meisten dieser "Trebeganger" stantnen aus sozial gefahr-
deten Familien und Erziehungsheimen, Jugendgefangnissen und Nerven-
kliniken. Sie sind von dort ausgerissen, um nicht mehr unterdru'ckt
zu werden und endlich ihre eigene Identitat zu finden, die dort auf-
qrund extrem autoritarer Strukturen nur zerstdrt wird. Das ist bei
unseren gesellschaftlichen Verhaltm'ssen natiirlich sehr schwer. Das
Fehlen von Verstandm's und Liebe wird daher von ihnen oft durch die
Fluent in harte Drogen und zweifelhafte "Bekanntschaften" kompensiert,
die sie noch tiefer in die Sackgasse hineinfuhren. Es gibt gegenwar-
tig wohl nur einen Ausweg aus dieser flir Trebeganger fatalen Situation:
die Schaffung von selbstverwalteten wohnkollektiven, in denen Treber
und sozialpolitisch motivierte Jugendliche ihre Lebenspraxis entspre-
chend ihren Bedlirfnissen und weitgehend unabh'a'ngig von staatlicher
Kontrolle organisieren.
Das Wohnkollektiv des Westberliner Tommy Weissbecker-Hauses hat ge-
meinsam mit anderen Jugendlichen eine solche Arbeit beginn°n konnen.
Wie kam es dazu:
In dem vom Verein SozialpadagogischeSondermaBnahmen Berlin e.V. unter-
haltenen autonomen Jugendzentrum "Drugstore" wurde vor etwa einem
Jahr eine "wohngruppe" gebildet, die aus Trebern unci politisch enga-
qierten Jugendlichen bestand und ein Wohnhaus fiir die "Randgruppen-
arbeit" erkampfen wollte. Offenbar erhielten allma'hlich viele Treber
von diasem Plan durch Mundpropaganda Kenntnis. Es kamen imner mehr
von ihnen in den von der Staatsburokratie nicht kontrollierten be-
liebtsn Treffpunkt, so daB er Mitte Februar in ein Notquartier fur
Treber umfunktioniert werden kennte. Etwa achtzig uberwiegend wohnungs-
lose Jugendliche erklarten den "Druastore" am 19. Fsbruar nir besetzt.
Die Vereinsgruppen solidarisierten sich mit dieser Aktion. In den da-
rauf folgenden drei wochen konntan die Treber dort kostenlos essen
und auf Matratzen schlafen. In dieser Zeit kam es auch zu Verhandlun-
aen mit den Vertretern der Administration, die anfangs nicht mitziehan
wollte dann aber wegen der Solidaritat der Aktion und unter dem
Druck der tjffentlichkeit - Funk, Fernsehen und Presse benchteten aus-
fjjhrlich Liber diese Aktion! - nicht nur die Aktion im nachhinein lega-
"Hsieren mu^te, sondern auch das von den Jugendlichen seit langem ge-
forderte Haus in der Kreuzberger WilhelmstraBe 9, ein seit Monaten leer-
stehendes dem Grundstlicksamt gehbrendes Gastarbeiterwohnheim fur die-
sen Zweck zur Verfugung stellte.
7ur Zeit bewohnen etwa funfzig Jugendliche, darunter einige Absolven-
ten von Sozialarbeiterfachschulen, drei Etagen dieses Mohnheims. Das
vierte Stockwerk soil nach der Renovierung nach der Meinung des Kol- 73
Leo Kofler /Andreas Buro:
m Neo'ImP^ali8muS der Qegenwart
di7h^nfU^mg in Me Entwicklung
Zl t 9erUQhen Gesellechaft
Wlck?ung IlJ'bSJS^fl'1!! erste Ei"fllhrung in die Ent
«ine Liicke in £r l ^hen Gesellschaft und schlieSt
""-Kiung der hilrno*i • l "■•3UC ^mrunrung in aie t"
«ine Lucke in der^n^encGPsellschaft ""d schl1eB
be9innt das Wissen " Schulungsl1teratur. Allzu
PitaHsti<rh.^:fn._y?n .aungen Sozialisten iiber die
oft
ka-
be9innt das Wissen ll ■ Schul"ngsl1teratur. Allzu
PitalTstisch.by;|" y°" J"ngen Sozialisten iiber die
wart, und das Sll^6 G?selTschaft in der Gegen-
s^n reduziert s"cR?Wose geschichtliche Schuiwis
steigungen. Der lit aI Date" Uber Kriege und Thronbe-
s"ch, tausend Jahr! clfT- 2r°schtire unternomnene Ver"
zustellen, zwinat dJn Ch fhte auf wenigen Seiten dar-
zieren, EinzelheitPn f« T1t,9roben Strichen zu skiz-
schiede zwischen H^2U assen' dl'e vielfaltigen
llnniQ,-,.L?',cnen den einzelnon <:<-=>,<-=„ Aio zeit
,Vfren« tmzelheitpn f«»* ,a ooen strichen zu ski^-
Unterschiede zwfschen Zl™ asSen' dl"e vielfaltigen
liche Ungleichheit in a eclnz^^n Staaten, die zeit;
beiseite zu schieLn „ T Entwicklung der Gesellschaft
und *u daruber h?n!,n "nd.auc". selbst wenn der BTick at
zieren
Unt
lic„e ungieichheit in 7"" ':"n'(-inf«> Staaten , die «
beiseite zu schieLn , / Entwicklung der Gesellsch-.
und ™ darUbir ffi Zi^' Selbst wenn der BTick ab
schaften in den MittS.^ eur°Pa'ischen Gesell-
So che Vergroberunq Sr S-*^?s B"ckfeldes zu rllelcen. :
telle, sie hilft z!nSrE.?1rkl!chkei't hat nicht nur Nach
und die gro(5e Linie der I 3U-h' 0berblick zu gewinnen
n. uer tntw1cklung zu erkennen.
Uiese Schrift da*-
Parteiisch geschrfeben*1^ Zwe1fel gelassen, 1st
^druckten, der JJJg. S e stent auf der Seite der Un-
rechtlgten, denen d"e Chan^1gten- der Nicht-Gleichbe-
sonlnchkeit in dieser S<?f 2i"" Ent™tung ihrer Per'
die Volker der arSM? "SChaft und " in Bezu* a"f
schen und imperial isti^L'I ^n diesen kapitalisti-
w ^ D^ese Schrift "I? in Gefel Schaften verwehrt
J jenen, die sich n h*. f" kn'tischen jungen Leuten,
m fen!3116" "-erJJSdJS und !n2te" Jahren'politisiert
empfehlen. en Ufid Lehrenden zur Lekture zu
^tivs als "Durchgangsstation" fur neue T^e^^"itere Uohngemein-
^9t, Uber den ju=enadsenator grote ««»hnuS^«Kr-Haus wird nach
SSf^Wch einen KoordinationsausschuB re e Berlin e.V. und
&rten des ^reins Sozialpadagogische HaBnaM ^ des
g Wohnkollektivs sowie je ei.en Vertreter des J«9 1(jb a.V. besteht,
Werger Grundstucksamtes und des Berliner J^nKollektiv einen
Z Wizieller Mieter des Hauses ist und in t «n Pr0b1eme, e
^oerger GrundstUcksamtes und aes »^i'»- - - Koliektiv ei"e"
omzieller Mieter des Hauses ist und in t «n Pr0b1eme, ein
■^ietvertrag abgeschlosser> hat. Alle JaUSintt ^ llversainmlung . de.
^Blich der Neuaufnahmen etc. entscheidet dae laufend Aus-
kollektivs in eigener Verantwortung. 0>^ h in einer Wohn
schu
einande
c.qener Verantwortung. °aDeL^uUch"" ^n einer ...
I^ersetzungen m t Sir Burokratie, da der Versuch. eig8nVeran* ort-
R5ln*chaft dieser Grbftenordnung unbea ufsicht i9J 1scha Provokation
f B?.?W"»enzuleben, letztlich eben doch eine po von d ^
siL6lrl6 Gesellschaft darstellt, deren Auff^sung de$ burger
teden Weologie der Kleinfamilie.- der Keimze vorstellen
U S^aats! " aepragt ist und die sich daher auc
<an". da|3 progressive Jugendliche anders leben
S!;rKend die sP^nghaft ansteigende «1^»^tou2rh1n terzieh ungen
^erger Staatsanwalt Graffke ist die BRD n ^e1nand fur die P^
S k-V0" 70 M^. DM sogar einmal fiihrend! - ansc werden imme>-
2%**r«tte immer noch kein relevantes Problem dem ^el der Dis
K52!p Aktionen gegen linke Emanzipation gruppen Ue1ssbecker-Haus.
1 J. Ouni tn;™^m ia Dn /Kten nnt geiuy<= ,,.„.„ abzunoicn.
gegen unite tniai^'K----- -h beim weiss"=y"- u um
|^9rund der Pol izeiaktionen wandten sich zwanz|5; ^ h e«t -J-
fesern nit einer ErHHnmg an die W^ uutan hoch an
m,!r sind der Auffassung, daB ■»«&r'iii ihrer selbstcew
muR. daft sie sich aus eigener Kraft beitliih-n,
75
Gemeinschaft ihre Probleme zu Ibsen. Sie haben genauso ein Wohnrecht
wie jeder andere auch. Durch den Schularbeitszirkel n m Weissbecker-
Haus haben wir mit den Bewohnern schon langere Zeit gute Kontakte.
Seit einiger Zeit arbeiten wir zusammen in einer Burgerinitiati ve,
die in der FriedrichstraBe einen Abenteuerspielplatz durchsetzen will
Anschrift fur Interessenten: Tommy-Weissbecker-Haus, 1 Berlin 61,
Wilhelmstr. 9. Tel. (030) 2 51 90 83
76
RICHTUNGSKAMPFE IN DER SPD
Hansgeorg Conert:
Die politischen Grundrichtungen
innerhalb der deutschen
Sozialdemokratie
vor dem Ersten Weltkrieg
llo Seiten, broschiert, DM 5. —
Verlag 2ooo GmbH, 6o5 Offenbach It, Postfach 591
Mit der Broschiirenreibe RICHTUNGSKAMPFE IN DER SPD
sollen die Richtungen in der deutschen Sozialdemokratie
analytisch dargestellt und politisch eingeschatzt
verden. Die erste Broschure beschreibt die politischen
Grundrichtungen innerhalb der SPD vor dem Ersten
Weltkrieg. Weitere Veroffentlichungen sind iiber die
Zeitraume Erster Weltkrieg bis 191*5 und Nachkriegszeit
geplant. Neben den historischen Darstellungen sind in
dieser Reihe jedoch insbesondere aktuelle Hefte
vorgesehen, in denen die Richtungsauseinandersetzungen
in der heutigen SPD und deren Stellenwert fur die
Rekonstruktion einer neuen sozialistischen Bewegung
in der BRD untersucht werden sollen. Die Hefte verden
jeweils in der vom Sozialistischen Biiro herausgegebenen
Zeitung "links" und in dem zweimal jahrlich erscheinen-
den Verlagsprospekt des Verlag 2ooo GmbH angekiindigt.
Zeitschriftenbibtiographie Jahrgang 1971
zum Themenbereich "Heimerziehiing"
Immer wieder erhalten wir Woche fur Woche Zuschriften von Gruppen, So-
zialarbeitern und Studenten, in denen sie urn Materialien, Literaturan-
gaben zu den verschiedenen Themenbereichen anfragen. Diesem Wunsch nach
Information und Austausch sind wir in der Vergangenheit nachgekommen,
indem wir eine Zusammenstellung der uns bekannten neuen Materialien aus
der Sozialarbeit abdruckten. Dieses Verfahren werden wir auch weiter-
hin beibehalten und bitten daher alle Interessierten, uns liber ihre Ar-
beiten (Graduierten-/Diplomarbeit, Konfliktberichte, Zeitungen, Mate-
rialzusammenstellung etc) zu berichten.
Dariiberhinaus sollen in Zukunft systematische Obersichten zu den ein-
zelnen Themenbereichen (z.B. Heimerziehung, GWA und Stadtteilarbeit,
Resozialisierungsbereich etc.) erarbeitet werden.
Wir beginnen in diesem Heft mit einer Zeitschriftenbibl iographie zum
Themenbereich "Heimerziehung"; zusammengestellt von Glinther Pabst,
6 Frankfurt, aus verschiedenen deutschsprachigen sozialpadagogischen
Zeitschriften des Jahrganges 1971.
In einem der nachsten Hefte folgt die Zeitschriftenbibliographie fur
das Jahr 1972.
Verfasser
Titel
Zeitschrift/Heft
Auersch
Autorengruppe
Autorengruppe
Autorenkollektiv
Badenhob
Bauerle
Baron
Bartel
Bartl
Eine subsidare AuBerung
zum Heimbericht
Heimerziehung
Merkmalszusammenhange b.
hilfreichen Gesprachen v.
Psych, u. Erz. mit Jgdl .
Materialien zum Kampf d.
Arbeiterbewegung gegen die
burgerliche FLirsorgeerzieh.
Erziehung in Kollektiv
Die Situation der Heimerz.
in der BRD
Verwahrlosung
Heimtrager u. -bewohner
Leidtragende d. wirtschaftl
Entwicklung
Vom Waisenhaus zur b'ffentl .
Jugendhilfe
Soziale Arbeit Nr.12
Unsere Jugend Nr. 5
Zeitschr.f .Entw.-
u.Padag.Psychologie
Heft 2
Erziehung & Klassen-
kampf Heft Nr. 4
AFET-Brief Nr. 1/2
Soziale Arbeit Nr.9
Jugendwohl Nr. 1
Bl.d. Wohlfahrts-
pflege Nr. 6
Berichte u. Dokumen-
te Hbg.
77
Bettelheim
Biesenbach
Birke
Boehnisch/Bolz
Borcherding
Bonnekamp
Bonhoeffer
Bohnenkamp
Burggraf
Burchhardt
Bundesfiihrung
Bund D.Pfadfinder
78
Dehn
Denninger
Deym
Diirr
Dunovsky
Endres
Eyferth
Fait
Federn
Fiedler
Niemals allein: Kibbuz-
Kinder
Gedanken zur Zusammenarbeit
v. Ju-wohnheimen rrn't Heimen
d. Jugendfiirsorge
Unterschicht-Subkultur
Das Kind zw.Heim, Eltern-
haus u. Verwaltung
Polit.-institut.Erfahrun-
gen u. Perspektiven zur Ar-
beit mi t Jugendkollektiven
Heimerzieher reflektieren
Liber schichtspezif. Seria-
lisation
Von der antiautorita'ren
zur sozialen Erziehung
Zerbrechen die Heime a.d.
modernen Arbeitszeitregel .
Verhaltenstherapie
Unruhe d. Jugend
Kooperation i.d.Heimer-
ziehung
Jugendkol lektive
Klassenspezif. Erziehung
T-geld u.Arbeitspramien-
ordnung i ,Erz, heimen
Jugend u. Drogen
Sozialisierung nicht Kri-
minalisierung
Offene erzieherische H11-
fen Club K 91
Jugendfiirsorge u. Grund-
gesetz
Herabsetzung d.Volljhk.
u.Auswirkung auf die Ar-
beit im Jugendwohnheim
Kleine Heime denken nach
Die Fursorge f. auBerhalb
ihrer Familien aufgewach-
sene Kinder i.d.CSSR
Antiautoritare Oder nicht-
autoritare Heimerziehung
Heimerziehung i. Bayern
Aufgabe d.Heilpadagogik
i, progress iver Heimer-
ziehung
DrogenmiBbrauch b.Jgdl.
aus einer sozialpa'd.
Sicht
Neue Wege d. Heimerziehung
d.AFET Nr, 1/2
Jgd.-Beruf-Gesell-
schaft Nr. 3
Unsere Jugend Nr. 5
Heilpad.Forschung
Nr. 3
Pad. Rundbrief Nr. 4
Neue Praxis Nr. 1
Heilpadagogik Nr.l
Praxis d.Kinder-
psych-u.psychiatrie
Nr. 6
Pad. Rundschau Nr. 3
Spiegel Nr. 11
Fichtner
Die Heimstatt
Flosdorf
Nr. 3/4
Nachrichtendienst
Flosdorf
d.D.Vereins Nr. 2
Frankhauser
Bl.d.Wohlfahrts-
pflege Nr. 7
Neue Praxis Nr. 2
Frommann
Frommann
Sozialpadagogik
Grams
Nr. 6
Grauert
Bl.d.Pestalozzi-
Frb'bel-Verb.Nr. 6
Grothe u.a.
Unsere Jugend
Nr. 5
Harder
Unsere Jugend Nr. 10
Bl.d.Pestalozzi-
Frbbel-Verb.Nr. 4
_
Bl.d.Wohlfahrts-
pflege Nr. 5
Hillig/Weitz
Briefe Nr. 132/133
Briefe Nr. 130/131
Hohne
Caritas-Nachrichten
Nr. 2
DBJR - Info
Hbrrmann
Nr. 3/4
Holzer
Bl.d.Wohlfahrts-
pflege Nr. 2
Mitgl ieder-Rundbrief
Horns tein
Huber
HLibner
Huennekens
Huppertz
Iben/Klliwer
Heimerziehung i.Konzept
einer neuen Jugendpolitik
Gesellschaftl .Aspekte der
Heimerziehung
Kath. Heimerziehung
Erfahrungen m.Drogen-
konsumenten i . einem
Erziehungsheim
Konflikt i. Heim
Das Kind zw.Heim, Eltern-
haus u.Verwaltung
Berechnung d.Heimerzieher-
schllissel in Heimen
Rolle d.Psychologen im
Kinderdorf
Aus der Arbeit eines
Planungsteams
Jugendfiirsorgerische Ar-
beit mit einem 16 j .
Verwahrlosten
Lehrlinge - Stiefkinder
d. Nation
Zur Lei terfunktion
A.S.Makarenkos i ,d.
Dzerzinsky-Kommune
Zur Rolle d.Leistungsmo-
tivation im Arbei tsverhal-
ten dissozialer Jugendl.
Hochspezial .Heimerziehung
- viele Pflegestellen
Jugenddisozialita't
D.Kind im wandlungspro-
zess d.heutigen Gesell-
schaft
Moderne Internatserziehung
- gesellschaftl .Erziehung
d, Jugend
Nachgeh. Fursorge f. heim-
entlassene Jugendliche
Drogenproblematik im
Jugendalter
Heimkinder mbgen wir nicht
Erhebung liber evang.Kin-
der-u.Erziehungsheime
i.d.BRD und West-Berlin
Zur Verwirklichung demo-
krat.Lebens-u.Erziehungs-
formen i.Einrichtungen d.
Jugendhilfe:aus padag.u.
psychoanalyt. Sicht
Bulletin d.BReg.
Nr. 102
Jugendwohl Nr. 7/8
Sozialarbeit Nr.7/8
NDV Nr. 8
Jugendwohl Nr. 9
Kindergarten Nr. 10
Neue Praxis Nr. 1
Sozialpadagogik
Nr. 6
Neuer Rundbrief Nr.l
Bl.d.Wohlfahrts-
pflege Nr. 5
Neuer Rundbrief Nr.l
Praxis d.Kinderpsych.
u.psychiatrie Nr. 1
Hess. Jugend Nr. 2
Bildung u. Erziehung
Nr. 1
Unsere Jugend Nr.4
Soziale Arbeit Nr. 1
Mt.schr.f .Krimin.
u.Strafrechts reform
Nr. 5
Welt d.Kindes Nr.5/6
Eltern-Forum Nr.l
Sozialarbeit Nr.ll
Unsere Jugend Nr.9
Jugendwohl Nr. 3
Innere Mission Nr.7
Mitgl ieder-Rund-
brief d. AFET Nr.5/6
79
80
Junge
Junge
Just
Kern
Kiehn
Kiphard
Klbnne
Klliwer
Kluge
Koester
Korff
Korte
Korz
Krappmann
Kratzmeier
Krebs
Krusch
Lander
Lange
Laubsch
Leber
Leber
Fluent v.d.Heimen
Schweizer Kinderheim-
Report
Behandlung aggressi'ver
Kinder
Heimerziehung :Gedanken
aus der Sicht d.Versor-
gers
Das sozialpad.Zentrum zur
Durchfuhrung dffentlicher
Jugendhilfe
Erziehung zur sozialen
Reife
Zur Klassenanalyse d.
Subkultur
Behandlung u.MaBnahmen f.
jg.Menschen gegenliber
Drogen
Leistungsrlickstande u.
Lernversagen eine abhan-
gige Variable v.Erzie-
hungsschwierigkeiten u.
Schwersterziehbarkeit
Das Kinderheim in recht-
licher u. arztlicher Sicht
SOS-Kinderddrfer in d.
Welt
Schwarze Schafe i. Heim
Verwaltete Jugend: Zu was
erzieht die bffentl. Er-
ziehung?
Familienerziehung.Sozial-
schicht u.Schulerfolg
Antiautoritare Erziehung
Chaos oder Chance
Vorbereitung d. familien-
gelbsten Jgdl.auf das
selbstandige Leben
D.koordinierte Arbeit zu
hbherer Effektivitat b.d.
Erziehung gefahrdeter
Burger
Tanz unter heim-u.heilpad.
Aspekten
D.EUernrecht u.d.L/ohl des
fremdversorgten Kindes
Heimerziehung im Urteil
der Betroffenen
Die Rolle sogen.Erzie-
hungsheime in unserer
Gesellschaft
Von der FE zur Sozfal-
therapie
Jugendwohl Nr.4
Jugendwohl Nr.7/8
Caritas Herkblatt 2
Jugendwohl Nr.3
Sozialarbeit Nr. n
Jugendwohl Nr. 6
Sozialpadagogik Nr.2
Deutsche Jugend Nr.6
Neues Beginnen Nr.6
Die Rehabilitation
Nr. 4
Deutsches Srzteblatt
Nr. 14 u. 17
Prakt.Psychologie
Nr. 9
Unsere Jugend Nr.10
Gewerkschaftl .
Monatshefte Nr. 11
betrifft Erziehung
Nr. 3
Schule u.Psycholo-
gie Nr. 4
Jugendhilfe Nr.9
(DDR)
Jugendhilfe Nr. 10
(DDR)
Pad. Rundbrief Nr.7/8
Recht d. Jugend u.
d.Bildungswesen Nr.12
Unsere Jugend Nr.5
Bl.d.Wohlfahrtspfle-
ge Nr. 5
Neue Praxis Nr.l
Archiv v.Wissenschaft
u. Praxis d.soz.Arb.Nr, 1
Lessing
Liebel
Liebel
Liegle
Luecken
Maier
Marzahn
Marzahn
Marciniak
ii
u
Martin
Mehringer
Metzger
Meves
Meyer-Kulenkampff
Minz
Mollenhauer
Moltke
Miiller-Schbll
Jugend i .d.Klassenge-
sellschaft
uberlegungen zum Praxis-
verstandnis antikap.
Jugendarbef t
Erfahrungen iriit Jugend-
wohnkollektiven
Kollektiverziehung:
Kibbuz
Jugendfursorge u. Grund-
gesetz
D.gegenwarti'ge FE und
eine Alternative: d.
Frankfurter Model 1
Entwicklungstendenzen i.d.
bffentlichen Erziehung
Zur Bedeutung d.revolutio-
naren Padagogen
Heimerziehung darf nicht
in die Sackgasse
Ersatzdienstleistende als
Heifer in der Heimerzieh.
Planung sozialpad.Heime
Aus der Arbeit im Heli-
pad.Kinderheim "Sonnen-
schein" - Versuch einer
Situations-u.Bedarfsana-
lyse
Heilen statt strafen -
nicht leichter geworden
Ober die Auswirkung d.
Verpflanzung eines Kin-
des in eine fremde Umge-
bung
Neurol .Verwahrlosung -
Teilaspekt d.Jugendpro-
blems
Erziehungsplanung u. Heim-
erziehung
Statistik Liber die Durch-
flihrung der FE/FEH
Familienanaloge Heimer-
ziehung Mbglichkeiten u.
Grenzen
Herabsetzung d. Vol Ijk. al-
ter Konsequenzen f.d.Ge-
fahrdetenhi lfe
Erlauterungen zum Kurs d.
Akadenrie f .Jugendarbeit
Liber die Leitung v.Erzie-
hungsheimen
Zur Lage der Heimerziehung
Rauschmi ttel gefahrdung
der Jugend
Deutsche Jugend 3
Deutsche Jugend 1
Links - Soz.Zeitung
Nr. 6
betrifft Erziehung
Nr. 1/2 u. Nr.4
Mitglieder-Rundbr.
d.AFET Nr. 1/2
Zeitschrift f.prakt.
Psychologie Nr. 3
Neuer Rundbrief
Nr. 2
Erziehung u.Klassen-
kainpf Nr. 1
Sozialpadagogik Nr.2
Unsere Jugend Nr.5
Innere Mission Nr.4
Archiv f.angewandte
Sozialpadagogik Nr.4
Unsere Jugend Nr.l 1
Unsere Jugend Nr.4
Zt. f.prakt. Psycho-
logie Nr. 1/2
Unsere Jugend 1
Mitgl ieder-Rundbr,
d.AFET Nr. 3
Neuer Rundbrief Nr.l
Neues Beginnen Nr.2
Archiv Nr. 1 f. angew.
Sozialpadagogik
Diak. Werk Nr.4
Nachrichten d.Dt.
Vereins Nr.ll 81
!
8 Miinchen 80 Josephsburgstr. 16
Was wir brauchen, miissen wir
uns nehmen. Multinationale Be-
triebsarbeit der Gruppe .ArbeL.
tersache" in Miinchen frSg^Ji
Die EntwickJung eines Ansatzes
von revolutionary Betriebsarbeit
seit 1970. Dargestellt werden
einerseits politische Grundposi-
tionen: die Notwendigkeit fur
efne wirklich multinationale Or-
ganisierung/die Untersuchungs-
arbeit/Arbeiterautonomie/Ex-
terne Arbeit etc. Andererseits
die wichtigsten Kampagnen und
Ereignisse im Betrieb bis 1972.
180 S. DM6.80
'CnSteineScherben'
1972,
LP-s
w33/30 Best.Nr. LI
Politrock Album 2
20.-
Marxistische Aufbauorganisation I
Frankfurt. Die Krise der kommu-l
nistischen Parteien/Probleme der |
gegenwartigen Revisionsmuskri-
tik.
Das Problem der ..Revisionismus-|
kritik" als Problem des Verhalt-
nisses von burgerlicher und prole-|
tarischer Revolution - anhand
der Darstellung der KPD-Politik
von 1945-1953.(1. Demokrati-
scher und sozialistischer Kampt
der KPD nach 1945. 2. Burgerli-
che und proletarische Revolu-
tion in der Theorie Lenins. 3.
Zur Analyse der westdeutschen
Studentenbewegung.)
309 Seiten DM 16.80 |
SUHALLPLA] 1 m\
[ ' Irland.
^ Latein
[Index
von derl
^m
tPolitrockgruppe I
/LP 33/30
LBest. Nr. L28 DM 15.00!
Zur Zeit lauft gegen die Mit-
glieder des Trikont-Verlags
ein Verfahren wegen
„Staatsverleumdung". Anlafi
ist die Platte WIR BEFREI-
EN UNS SELBST von der
Gruppe Arbeitersache
Miinchen, wo wahrheitsge-
raafi gesagt wird, daii in die-
sem Staat Menschen am
Fliefiband kaputgemacht
werden, Hausbesitzer Leute
terrorisieren, Jugendliche
Lunterdriickt werden.
Arbeitersache
Wir .
befreicn
tins
SELBST
LP 33/30 DM 15,OOJ
Neill
Neises
Neises
Neuhofer
R'a'ber
Ramb
Rave-Schwenk
Reather
Ringshausen
Rudolf
Ruge
Rutschmann u.a.
Seibert
Solar
Schafers
Schaffner
Scherpner u.a.
Scholz
Schmid
Alternativen zur
Heimerziehung
Heimerziehung in Theorie
u. Praxis
Antropol .Grundlagen anti-
autorita'rer Erziehungsmo-
delle
Das Kind zw.Heim,Eltern-
haus u. Verwaltung
Das "nicht-gruppenhaft"
organisierte Heim
Wie kbnnen Heimerzieher
den Status des Sozialpa-
dagogen erwerben
Der alte u.neue Erzieher
im Heim
Erziehungserfolg i.Inter-
nat
Die Grenzen d.Erziehbar-
keit aus medizin.Griinden
Gruppengesprache rait Jgdl .
u.Erziehern in einem FE-
Heim
Hat sich die FEH bewahrt?
Der evang. Erzieher i.Wandel
Erziehung zur Selbster-
ziehung
Brauchen wir die Theorie
f.d.prakt.Realisierung d.
Heimordnung
Planung sozialpad.Heime
Jugendkollekti v u. FE
Besuchspatenschaften -
Faktor d. Heimerziehung
O'ffentliche Erziehung u.
Grundgesetz
Heimerziehung i.gesell.
poll t.Wandel
(Jber einige aktuelle u.
zukunftige Probleme in
der Heimerziehung mannl.
Jugendlicher
Jugendhilfe u. Grundgesetz
Entwicklungschancen v.Kin-
dern rait unterschiedl .Ge-
schwisterzahl u. Sozial-
gruppenzugehbri gkei t
Heim u.Eltern als Partner
Neuer Rundbrief Nr,2
Neuer Rundbrief Nr.l
Bl.d.Pestalozzi-
Frdbel -Verb.Nr,5
DPWV-Nachrichten Nr.5
Unsere Jugend Nr.10
Unsere Jugend Nr.6
Prakt.Psychologie
Nr. 10
Heim u.Anstalt Nr.4
Archiv f.angewandte
Sozialpad ,Nr. 2
Gruppendynamik Nr.4
Zentralbl .f .Jugend-
recht u.-wohlfahrt
Nr. 1
Ev. Erzieher Nr.9
Jugendhilfe Nr. 10
(DDR)
Jugendhi lfe Nr. 5
(DDR)
Sozialpadagogik Nr.4
Deutsche Jugend Nr.3
Zei tschr.f .Fursorge-
wesen Nr.l
Soziale Arbei t Nr.9
Jugendwohl Nr. 9
Sozialarbeit Nr.ll
Mitgliederbrief d.
AFET Nr. 1/2
Neuer Rundbrief Nr.4
Unsere Jugend Nr.5
Bl.d.Wohlfahrtspfle-
ge Nr. 5
83
Schramli
Thiersch
Tamborini
Walther
Wendt
Wendt
Werkentin
Wei land
Widemann
Wintsch
Hinweise:
Sinnvolle Hilfe a.d.
Erziehungstieime
Zur Situation d.Heim-
erziehung
Drogenmi'Bbrauch i.Heim
Heimerziehung oder Wohn-
gemeinschaft
Padagogik d.Emanzipation
Method, und organisato-
rische Veranderungen in
der Heimerziehung
Krinrinalitat u. Verwahr-
losung in der Klassenge-
sellschaft
Berufspad.Forderungsmog-
lichkeiten im FEH/FE-Heim
Heimwechsel
Autoritat i.d. Heimer-
ziehung
Sozialarbei t Nr, 1 1
Neues Beginnen Nr.5
Unsere Jugend Nr.2
Neuer Rundbrief Nr.2
Sozialpadagogik Nr.5
Blatter der
Wohlfahrtspflege Nr . 5
Erziehung u. Klas-
senkampf Nr. 4
Sozi'ale Arbei t Nr. 1 2
Neuer Rundbrief Nr . 1
Zentralbl.f .Jugend-
recht Nr.5
1. Eine Zeitschriftenbibliographie zum Thema "Heimerziehung" aus den
Jahren 196S bis 1970 ist erhaltlich bei der "Internationalen Gesell-
schaft fur Heimerziehung", 6 Frankfurt, Heinrich Hoffmann StraSe.
2. Alle aufgeflihrten Artikel und Berichte kbnnen gegen eine kleine
Geblihr beim "Deutschen Zentralinstitut fur soziale Fragen", 1 Berlin
Miquelallee 83, entliehen werden.
33,
84
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INFORMATI0NSDIENST ARBEITERBILDUNG
Dleser Informationsdienst ist fur Sozialisten in der Bildungs-
arbeit, in den Gewerkschaften, in den Volkshochschulen, an
Bildungsstatten, in Jugendverbanden, Jugendgruppen und pol it i -
schen Gruppen.
Einzelpreis DM 3.--, Jahresabonnement DM lo.—
Verlag 2ooo GmbH, 6o5 Offenbach 4, Postfach 591
Aufruf zur Hitarbeit im Knast!
Eine wesentliche Funktion des Info Sozialarbeit besteht in der Informa-
tionsweitergabe von Genossen an Genossen im Bereich der Sozialarbeit.
Wir verbffentlichen deshalb auch den folgenden Aufruf, der uns eine
im Knast arbeitende Genossin kurz vor Fertigstellung des Info zuschick-
te, ohne daB er im Redaktionskol lektiv ausfiihrlich diskutiert werden
konnte. (Red.)
Karola Pirl
Kommt in den Knast
"Klassenjustiz", "Anpassungsinstitution", "Ausbeuterbetriebe" , "pa'da-
gogisches Personal als Feigenblatt" , "Jobs fur gescheiterte Existen-
zen, die ihre Machttriebe austoben wollen", "Alibi funktion fur die Ge-
samtgesellschaft". ..
So und ahnlich tont es, wenn Genossen liber die Zustande in den bundes-
republikanischen Gefangnissen diskutieren. Und die Folgen solcher Em-
pb'rung? Es werden z.B. Flugblatter gegen die Behandlung einiger pro-
mi nenter, politischer Gefangener verteilt. Gut - die Linke der ganzen
Welt hat Angela Davis befreit - na und? Was ist aus ihren unbekannten
Freunden geworden, die immer noch "sitzen"? Glauben wir wirkl ich.z.B.
an Ulrike Meinhof die Fragwiirdigkeiten der Justiz nachweisen zu konnen?
Sie ist privilegiert und macht Schlagzeilen in jeder Zeitung, wenn
ihr Unrecht geschieht. Sicher sollten wir zu diesen Vorgangen nicht
schweigen. Aber es wird Zeit, daB wir begreifen, daB ca. 90 % aller
Gefangenen in der BRD auf Grund ihrer sozialen Herkunft und der damit
verbundenen miesen Bildungs- und Ausbildungssituation die politischen
Gefangenen sind, die auf unsere Solidaritat und unsere konkrete Hilfe
angewiesen sind. Sie haben keine Staranwalte sondern Pf lichtverteidi-
ger, die meist - Ausnahmen gibt es selten - eine halbe Stunde vor Pro-
zeBbeginn die Akten fliichtig durchblattern. Wenn kbrperlich, geistig
und sozial Kranke in den Knast kommen, weil es kaum Alternativen gibt,
gibt es keine Pressekonferenz. Wer sollte die Fehlurteile anklagen?
Gefangene, die nie gelernt haben, ihre Rechte zu erkennen und durchzu-
setzen? , .
Unsere Analysen und Parolen, Protestma'rsche und Aufrufe konnen an der
Gesamtsituation in den Gefangnissen kaum etwas andern. Sie gehen von
gesellschaftlichen Zusammenhangen aus, die in der Subkultur der unter-
sten Unterschicht genauso wenig verwandt werden kbnnen, wie man jeman-
den, der Hungers stirbt durch Kaviar helfen kann. Z.B. genugt es nicht,
eine Zusammenstellung der faschistischen Literatur in den Gefa'ngnis- 85
bibliotheken zu machen. Effektiv fur die Gefangenen, jetzt und heute,
kann dies nur dann werden, wenn Bibliothekare auf BAT II verzichten und
in den Gefangnisbu'chereien arbeiten. Menschen, die nur gelernt haben,
Unterhaltungskitsch zu konsumieren, miissen erst einmal die Chance be-
kommen, erkennen zu kb'nnen, da8 Biicher eine Mb'glichkeit sind, sich mi t
der eigenen Situation auseinanderzusetzen. Das heiBt konkret: Es muB
erst einmal eine unterschichts-spezifische Bildung, die zur Selbst-
hilfe fiihrt, entwickelt werden. AuBer Paulo Freire, einem katholischen
Priester in Lateinamerika, der eine politische Alphabetisierungs-Me-
thode entwickelt hat und mit Erfolg praktiziert, gibt es kaum entspre-
chende Ansatze. Diesen weiBen Fleck kbnnen wir nicht mit unseren eige-
enen Bedlirfnissen Libertunchen.
Aber, argumentieren die Genossen: die Zustande in den Gefangnissen und
Obdachlosensiedlungen, Fiirsorge-Erziehungs-Heimen und Landeskranken-
ha'usern sind ja nur ein Nebenwiderspruch innerhalb des Hauptwiderspruchs
zwischen Kapital und Arbeit. Wenn erst die Produktionsmittel verstaat-
licht sind ... Gegenfrage: Soil bis zu diesem Tag X an den Bedlirfnis-
sen der Minderheiten, die insgesamt eine Mehrheit sind, vorbeigegangen
werden? Wenn die Betroffenen, die Experten, nicht selbst die Fragwur-
digkeiten unseres Gesellschaftssystems erkennen und mit ihren Bundnis-
partnern verandern, werden sie an der Unmenschl ichkeit ihrer Situa-
tion kaputt gehen. Sie werden in einem anderen Gesell schaftssystem wie-
der die Nachhut bilden, wenn wir ihnen nicht heute helfen, sich selbst
zu helfen.
Wir kbnnen und diirfen die sozialen Strafeinrichtungen, z.B. die Gefang-
nisse, nicht auf Dauer Funktionstragern uberlassen, die aus Angst vor
Neuerungen am Alten festhalten. Nutzen wir die ersten Schritte der Ver-
besserung, Veranderung und Infragestellung der vorgegebenen Situation
in den Justizvollzugs-Anstalten. Sie kdnnen auch deshalb nicht durch-
gesetzt werden, weil eine standige Oberforderung aller Mitarbeiter auf
Grund von Personalmangel besteht. Und schlieBlich haben Beamte und An-
gestellte zwar gelernt, fur ihre Gehalter zu ka'mpfen, aber noch nicht
fur die Interessen derer, fur die sie da sein sollen. Wenn es mehr
Engagierte in den "Erziehungs"-Institutionen der Unterschicht gabe,
ha'tten wir dort die Chance, Alternativen zu entwickeln und durchzu-
setzen, ein Gegengewicnt zu werden und die Wenigen zu unterstiitzen,
die bereits auf diesem Weg sind.
Wenn wir in die Gefangnisse gehen, werden wir uns zunachst an vorge-
gebene Spiel regeln halten miissen, um iiberhaupt etwas erreichen zu kbn-
nen. Aber selbst, wenn wir gangige Verbal tensweisen zum Teil Liberneh-
men miissen, werden wir auf dem Hintergrund einer politischen Analyse
arbeiten und daran standig unsere Arbeit messen kbnnen. Nutzen wir den
Freiraum, den uns die bestehenden Verordnungen bieten und der bis jetzt
kaum ausgeschbpft ist.
Oberwindet die Angst! Planstellen gibt es genug fur: Aufsichtsbeamte
(Handwerker, Facharbeiter) , Srzte, Lehrer, Psychologen und Sozialar-
beiter.
Wer an einer Zusammenarbeit und einem Erfahrungsaustausch interessiert
ist, schreibt an Karola Pirl, c/o Redaktion Info Sozialarbeit, 605 Of-
gg fenbach 4, Postfach 591.
Berufsverbot
Konmentarlos drucken wir hier die Antwortschreiben des Evangel ischen
Madchenheimes Ratingen und der Katholischen Fachschule fur Sozial-
padagogik Kbln auf eine Bewerbung ab. Die Bewerberin bat um Nichtver-
Hffentlichung ihres Namens, was bei der derzeit stattfindenden Kam-
pagne gegen fortschrittliche Arbeiter, Lehrer und Sozialarbeiter etc.
zu verstehen ist.
DUssel thaler Anstalten (Graf v.d. Recke-Stiftung)
Madchenheim Ratingen, 403 Ratingen, Diisseldorfer Str. 130-134
5.3.73
Bet rifft: Bewerbung - Ihr Schreiben vom 25.2. -
^eTTr geehrtes l-'raulein. . .!
Aufgrund Ihres obigen Schreibens mussen wir Ihnen imtteilen, daB wir
keine Mitarbeiter einstellen, die konfessionslos sind.
Mit freundlichem GruB!
Kath. Fachschule fur Sozialpadagogik
Fachrichtung Jugend- und Heimerziehung . staatlich anerkannt
5 Kbln 41, KlosterstraBe 79, Telefon 41 45 66 29.3.73
Sehr geehrtes Fraulein !
Wir danken fur Ihr Schreiben vom 15.3.1973 und mochten Ihnen dazu
mitteilen, daB unsere Fachschule bemuht ist, in der Ausbildung die
christlichen Erziehungsziele aufzuzeigen; deshalb ist es fraglich,
ob Sie als Konfessionslose damit Libereinstimmen konnen.
Mit freundlichem GruB!
Kath. Fachschule flir Sozialpadagogik
Fachrichtung Jugend- und Heimerziehung . staatlich anerkannt
5 Kbln 41, KlosterstraBe 79, Telefon 41 45 65 25.5.1^73
Sehr geehrtes Fraulein....! . .
AUf Ihr Schreiben vom 14.5.73 miissen wir Ihnen mitteilen, dass mzwi-
schen beide Kurse besetzt sind. Deshalb eriibrigt sich es wohl auch,
auf die Frage nach den christlichen Erziehungszielen einzugehen.
Mit freundlichem GriiBen!
87
.
INFORMATIONSDIENST
des
Sozial is tisch en
Lehrerbundes
Sozialistische Lehrer arbeifen heuie vereinzelf, in kleinen oder
grofoeren Orten, an Grund-, Haupt-, Real- und Berufsschulen, an
Gymnasien und Gesamtschulen ohne ausreichenden Kontakt un-
tereinander. Sie werden oft konfrontierf mit Problemen und Kon-
flikten, mit denen andere Gruppen schon ihre Erfahrungen ge-
sammelt haben. Fur diese Genossen und Gruppen reicht der
bisherige informelie Erfahrungsaustausch nicht mehr aus.
Um diese Liicke zu schliefjen, geben der SOZIALISTISCHE LEH-
RERBUND (SLB) und das Sozialistische Biiro gemeinsam den
INFORMATIONSDIENST des SOZIALISTISCHEN LEHRERBUNDES
Der SLB-INFO soil der Information und Kooperation zwischen
sozialistischen Lehrern und deren Organisierung dienen. Er behan-
delf auf ca. 60 Seiten je ein bestimmfes Schwerpunktlhema und
enthalt aktuelle Nachrichten, Materialien, Berichte iiber Schulkon-
flikte usw. . . .
Der INFO erscheinf viermal im Jahr und kostet im Abonnement
DM 10. — , Einzelheft DM 3. — , Probeheff Sozialistisches Biiro,
605 Offenbach 4, Postfach 591 (nur gegen Bezahlung, DM 3. — in
Briefmarken beilegen oder wir schicken eine Voraus-Rechnung).
Kleinanzeigen
Sozialarbeiter Arbeitskreis Soziale Brennpunkte Marburg e.V. sucht
dTringend I oder 2 Sozialarbeiter fur Stadtteil/Gemeinwesenarbeit im
Waldtal, Marburg. Weitere Informationen und Bewerbungen: AKSB, 355 Mar-
burg, Ginseldorfer Weg 28, Tel. (06421) 6 41 25.
Jugendbi Idungsreferent Jugendverband in Baden-Wiirttemberg sucht einen
Jugendbi Idungsreferenten. Der Bewerber sollte einen AbschluB als Dipl.
Soziologe, -Politologe o.a. besitzen und in der Lage sein, die Arbeit
eines Teams inhaltlich anzuleiten und zu koordinieren. Verglitung nach
BAT. Bewerbungen an: Hans Baab, 5751 Gonbach, Im Vogelsang 5.
Gruppenbetreuer (Sozialarbeiter oder -padagoge) gesucht fur eine Grup-
"p'e von lb-20 Zivildienstleistenden. Aufgabe u.a. praxisbezogene p'a'da-
gogische Reflexion mit der Gruppe. Viel Eigeninitiative, da Modell-
charakter. Bezahlung nach BAT 5b/4b und andere Leistungen. Kontakt-
adresse: Gruppe der ZDL, 35 Kassel , Goethestr. 96, Tel. (0561) 3 60 15.
Sozial arbeiter/Sozial padagoge
TUr die Arbeit in einem Jugendzentrum "Haus der offenen Tur" in
Saarbru'cken-Burbach gesucht. Beschaftigung mit ca. 200 Besuchern pro
Abend, audi Straffallige. Bezahlung nach BAT mit zusatzlichen Sozial-
leistunqen. c/o Josef Mittmann, 66 Saarbrucken 5, Bergstr. 58
Sozialarbeiter mit staatlicher Anerkennung fur die padagogi sche Be-
Treuung eines Wohnkollekti vs gesucht. Erfahrung in der Arbeit mit
proletarischen Jugendlichen erwunscht. Bezahlung nach BAT 4a und Fahr-
geld. Ab sofort oder spa'ter. Verein fur Soziale Jugendarbei t, 463 Bo-
chum, Lennershofstr. 66
Buchladenkollektiv sucht ab sofort undogmatische(n) Genossen(in) flir
Verbindliche Mitarbeit fur mindestens ein Jahr im Kollektiv.
Naheres: Buchladen Roter Stern, 355 Marburg, Am Gru'n 28.
Sozialpadagogin mit Vordiplom mdchte ab Oktober/November ein halbes
TjiTTFn'n i einem Wohnkol lektiv fur ehemalige Heimjugendliche arbeiten:
Anna Wild, 7415 Wannweil, Hauptstr. 27.
Initiativgruppe sucht Sozialpadagogi n/Sozialarbei terin flir Projekt
7Tnare'rarbeit in Notunterkunften in Frankfurt. Anfrage sobald wie
mbglich uber Telefon 0611/441522.
Jugendzentrum Dokuntentation iiber die Auseinandersetzungen um das
TUSendzentrum Siegen. Hausbesetzung, Demonstration, StraBentheater ,
Unterschriftenaktion, l/erhandlungen usw. sowie Analyse. 64 Seiten
mit Fotos, Karikaturen, Dokumenten. Bezug (DM 2.50 in Briefmarken
beifugen) liber E.W. Birkenstock, 59 Siegen, Flirst-Moritz-Str. 1,
Telefon 0271/52566
Wohngemeinschaft in Munchen (Stadtrand, S.-BahnanschluB, Garten)
TuTfrTt mbglichst politisch engagierte Leute, 2 zusammenhangende Zim-
mer, vielleicht Paar oder Mutter mit Kind. Anfragen an Sozialisti-
sches Buro, Chiffre WG.
89
Ersatzdienstleistende Die Selbstorganisation der Ersatzdienstleisten-
den mochte mal wieder auf ihren Info aufmerksam machen. Da wir EDL
untereinander sehr isoliert sind, ist ein solcher Info wichtig. Wer
sich den Info einmal anschauen mochte, schreibe an Selbstorganisation
Regionalzentrale Frankfurt, Vertrieb EDL-Info, 6 Frankfurt, Oederweg 153,
Gesundheitspolitisches Forum Funktion der Zeitschrift soil sein, die
Strategien der verschiedenen auf dent Gesundheitssektor arbeitenden
Gruppen zu verbffentlichen und auf breitester Ebene zu diskutieren,
um so zu fiir jeden einzelnen verwertbaren Ergebnissen zu kommen.
Probeexemplar (DM 1.- in Briefmarken beilegen) iiber Vertrieb Gesund-
heitspolitisches Forum, c/o Fachschaft Pharmazie, 355 Marburg,
Marbacher Weg 6.
Volkspreisheft "Was hat der Arbeiter von der sozialen Marktwirtschaft" .
Linze I exemplar DM -.50 (zuzliglich Porto und Verpackung bis 10 Stuck
DM 1.-), ab 10 Exemplare je DM -.40 (plus Porto und Verpackung DM 1.50,
30-50 Stuck DM 2.-), ab 50 Exemplare je DM -.30 (plus Verpackung DM 2.-),
Bestellungen an: Betrieb, 5 Kb'ln 60, Merkenicher Str. 99. Vorauszahlung
auf Postscheckkonto Kb'ln 282870-504.
Ersatzdienst KdVer sucht einen Ersatzdienstplatz, der als sozialpada-
gogische Arbeit anerkannt wird (fiir Diplom als erstes Staatsexamen
fur das Lehramt an berufsbildenden Schulen sozialpadagogischer Fachrich-
tung). ED-Gruppen bzw. ED-Stellen, die einen solchen Ersatzdienstplatz
vermitteln kbnnen, schreiben bitte an Sozialistisches Bliro, Chiffre ED.
Jugendarbeit Wir suchen einen engagierten Mitarbeiter fiir die Kinder-
und Jugendarbeit im Raum Herford. Spatere Weiterarbeit in Jugendzentrum
ist gegeben. Mdglichst sofort. Kontaktadresse: Hermann Strohrneier,
48 Bielefeld, Im Balgenstlick 19,.
Emanzipation und politische Arbeit Protokoll und Kritik des Frankfur-
t'e'r"S"eminars vom 27./Z8.4./3 (siehe "links" Mr. 45). Bezug(DM 1.50
in Briefmarken beilegen) iiber Heinz Funke, 6 Frankfurt, Marquartstr. 6
Knast-Hilfe Wer kann mich unterstlitzen? Ich brauche juristische Stu-
diumliteratur (3. und 4. Semester), Schreibzeug aller Art, Farbband,
einen Parker und eine Jeans (Gr. 48). Meine Adresse: Harry Eisermann,
31 Celle, Justizvollzugsanstalt, Postfach 910.
Spanienhilfe Die Kommission zur Hilfe fiir die politischen und sozialen
Gefangenen in Spanien bemliht sich angesichts der Entwicklung in Spanien
noch intensiver als bisher, den spanischen Unterdruckten die Hilfe
und Unterstiitzung internationaler Solidaritat zuteil werden zu lassen.
Wer bei dieser Solidaritat helfen will, fordere bitte Informations-
material an Liber Hannelore Koob, 8 Munchen 50, Dachauer Str. 288 a/1
(bitte DM 2.— in Briefmarken beilegen).
SpielstraBe Darstellung eines Experimentes Bauspielplatz/SpielstraGe
in "Politische Bildung und sozialistische Erziehung" 3/73, herausge-
geben vom Referenten fLir politische Bildung, SJD "Die Falken", LV
Hessen, 6233 Kelkheim, Hauptstr. 12
Wohnungssituation Im Obdachlosenbereich arbeitende Projektgruppe sucht
dringend eine ausfiihrliche Analyse zur Wohnungssituation der arbeiten-
den Bevblkerung in der BRD. Wer hat schon eine derartige Analyse erar-
beitet und stellt sie uns zur Verfligung? Adresse: Projektgruppe
Bellenacker der ESG Karlsruhe., 75 Karlsruhe!, GartenstraBe 29 a.
Mitarbeiter in der Jugendarbeit Wir suchen Sozialarbeiter, Sozialpa-
dagogen, Lehrer.DiplomnSdagogen oder Bewerber mit anderen vergleich-
baren AbschlLissen in padagogischen/politischen Fachgebieten als Refe-
30 rent in der Jugendbildungsarbeit, als Referent fiir Padagogik und als
Referent fiir Offentlichkeitsarbeit. Weitere Informationen: Sozialisti-
sche Jugend Deutschland "Die Falken", Landesverband NRW, 465 Gelsen-
kirchen, Bahnhofstr. 74-76.
Arbeiterbroschure Was hat der Arbeiter von der sozialen Marktwirtschaft?
Aus dem Inhalt: Arbeitsbelastung, Arbeitsunfalle, Profit, Preise,
Lbhne, Einkommensvertei lung, Vermb'gensverteilung, Nacht- und Schicht-
arbeit, Grund und Boden, Wohnen, Angaben weiterfiihrender Literatur.
Volkspreisheft, 24 Seiten, Stiick 50 Pfennig, 10 Stuck DM 2.50 und Por-
to. Bezug: Plakat, c/o Peter Grohmann, 7 Stuttgart 1, Kernerstr. 31.
Reader: Jugendwohnkollektive Die Entwicklung der Jugendwohnkollektive
wird in ihrem politischen Zusammenhang dargestellt, neue Tendenzen
werden herausgearbeitet. Dabei wird gezeigt, daB eine wirksame Hilfe
auch in Jugendwohnkollektiven nicht moglich ist, solange nicht inhalt-
lich und methodisch an der gesamten Lebenssituation Jugendlicher an-
gesetzt wird. Der Reader enthalt eine Reihe bisher schwer zugangli-
cher Texte sowie eine ausfiihrliche Literaturliste. Preis DM 8.-,
Bezug iiber Victor Gollancz-Stiftung e.V., 6 Frankfurt, Wilhelm-
Leuscher-Str. 25.
Stadtteilarbeit Als Ergebnis der letzten Plenen des SZ Stuttgart hat
sich ein AK Stadtteilarbeit gebildet. Er will in moglichst enger Zu-
sammenarbeit mit den Mitgliedern des parteifreien linken Blindnisses
im Stuttgarter Kommur.al pari anient (Gruppe Eugen Eberle) vor allern jene
Genossen in die Arbeit einbeziehen, die im Reproduktionsbereich tatig
sind. Der AK wird zjsarrmen mit der "Plakaf'-Betriebsgruppe bei Daim-
ler-Benz ab Herbst 1973 eine Zeitung "stuttgart-plakat" herausgeben.
Uie erste Nummer (Zeitungsformat 4 Seiten) erscheint zum Schwabischen
Sonntag (2. September), "stuttgart-plakat" soil monatlich herauskom-
men, im StraRenverkauf vertrieben werden und Probleme der Produktion
mit solchen des Reproduktionssektors verbinden. Die wichtigsten The-
men der ersten Ausgabe: Organisierte Mieter; Sanierung in Bad Cann-
statt; Auslander in Stuttgart; Blirgerini tiative Karl-Olga-Kranken-
haus; Burgerhausinitiative; Teuerungswelle u.a.
Adresse: AK Stadtarbeit im Sozialistischen Zentrum Stuttgart,
7 Stuttgart 1, Hasenbergstr. 95a.
Kontakt gesucht FHS-Studenten suchen Kontakte zu GWA- u. Stadtteilgrup-
pen und Material zum Thema "Stadtsanierung, Probleme und Einwirkungs-
mbqlichkeiten fur soziale Arbeit."
Burkhard Maus, 506 Bensberg-Refrath, Neuer TraSweg 36.
Material gesucht Erfahrungsberichte/Materialien zum Thema "Sozialar-
TjeTt 'wHhrend und nach dem Jugendstrafvollzug" gesucht: Klaus Pohlmann,
5 Kbln 41, Luxemburger Str. 154.
ntudiumsinformationen FachoberschLilerin sucht Informationen und Kon-
faTt'e zu rachhochschulen (Nurnberg, Wiirzburg, liegensburg, Frankfurt
oder Darmstadt) zwecks spateren Studiums: Birgit Bautz, 54 Koblenz,
2aum Aachen'wir suchen dringend Leute, die zu politischem Engagement
■Vn-eTnerniBdachlosensiedlung in Stolberg, bes. Gruppenarbeit mit
Sonderschulkindern, bereit sind. ,«.■■« <rm
Auskunft: Ingrid Liike, 51 Aachen-Brand, An der Rennbahn 6, Tel .56 603.
Tnitiativgruppe Gefangenenarbeit Holger Horst, 78 Freiburg, Hasla-
cRers'tr. 176 a sucht Kontakte zu Gruppen, die im Resozialisierungs-
bereich arbeiten.-
Suche Material ien, Erfahrungsberichte, Konzeptionen fur den Aufbau
eTner Arbeit in einer Obdachlosensiedlung - Ulrich Ernst, 433 Mulheim, 91
Bruchstr. 97.
Sozialarbeiterin sucht fur ihre Graduierungsarbeit zum Thema Zeugnis-
verweigerungsrecht fur Sozialarbeiter entspr. Literaturangaben, Ar-
beitspapiere, Gerichtsurteile, Rechtsverordnungen etc. Ansprechen mb'ch-
te sie auch das Theologen, Arzte, Juristen und Journalisten zugestan-
dene Aussageverweigerungsrecht. Wer kann mir Hinweise aus diesen Be-
reichen geben, wer kennt Sozialarbeiter, denen aufgrund ihrer Aussage-
verweigerung Gerichtsverfahren angedroht wurde?
Elfi Thurow-Linzer, 5 Kb'ln 41, Siebengebirgsallee 108
Padagogisch-soziale Aktionsgemeinschaft sucht politisch engagierten
Sozialarbeiter (in) fur die Arbeit in einem Saarbrlickener Obdachlosen-
ghetto. Das Projekt "Vorschul- und Erwachsenenarbeit" wird wissenschaf t-
lich begleitet. Vergutung BAT IVb. Pad. SAK e.V., 66 Saarbriicken, Feld-
mannstr. 92
Sozialpadagoge gesucht fur die Arbeit in unserem Jugendzentrum. Nahere
Informationen: Verein Jugendarbeit e.V., Thomas Schenk , 5608 Radevorm-
wald, Ritter von Halt Str. 40
Nachrichten
Wir suchen zum 1.11.1973 oder spater einen
SOZIALARBEITER (IN)
fiir die Leitung unserer im Friihjahr 1974 an-
laufenden "Of fenen-Tur -Arbeit" in
Hannover .
Wir arbeiten im Team. Zum Team gehoren weiter
ein Jugendleiter und ehrenamtliche Mitarbei-
ter .
Wir erwarten Ideen und Eigeninitiative fiir
eine neu zu konzipierende offene Jugendar-
beit, organisatorisches Geschick, Kontakt-
freudigkeit und nach Moglichkeit praktische
Erfahrung in der "Of fenen-Tur-Arbeit" .
Wir bieten Bezahlung nach BAT, 13. Monats-
gehalt, 4 Wochen Mindesturlaub, Bildungsur-
laub und Fortbildungsmoglichkeiten.
Bewerbungen mit ublichen Unterlagen sind zu
richten an:
Sozialistische Jugend Deutschlands - Die Falken -
Unterbezirk Hannover, 3 Hannover, Maschstr . 22-24
Telefon 0511/883244
Zum Thema "Jugendarbeit" sind zwei Hefte erschienen:
Krit. Blatter aus Westfalen - AMOS -
Redaktion: Bochum, Lennershofstr. 66
Material ien zur Heimerziehung Nr. 1: Dokumentation Hauptpflegeheim
Ollenhauerstr. - zu beziehen bei HEZ 1 Berlin 61, Urbanstr. 126 -
Laden
Im Deutschen Jugendinstitut erschien jetzt ein Forschungsbericht
von Gunter Steinvorth "Diagnose Verwahrlosung" - eine psychologische
Analyse von Jugendamtsakten aus Nordrhein-Westfalen und Bayern. Sie
gibt Auskunft darliber, wie die Jugendamter Verwahrlosung diagnostizie-
ren, welche Kriterien eine Rolle spielen und wie sich diese Krite-
rien zu den von der wissenschaftl ichen Forschung herausgearbeiteten
Erkenntnissen uber Genese u. Problematik der Verwahrlosung verhalten.
In ihrer fieihe"Politische Bildung Sozialistische Erziehung" Nr. 3
haben die Falken - Sozialistische Jugend Deutschland - Landesverband
Hessen, 6233 Kelkheim, Hauptstr. 13 HH Informationen, Seminarbenchte
jnd Anrequngen zum Thema "Spielstrasse u. Bauspielplatz" veroffent-
licht.
Mit theoretischen und praktischen Fragen der politischen Jugend-
bildungsarbeit beschaftigen sich die "Emlichheimer Blatter" heraus-
qegeben von der Jugendbildungsstatte Emlichheim, 4459 Emlichheim,
Postfach 1220. Bisher sind 5 Nummern erschienen einschl ieBl ich eines
Sonderdruckes "Die gesellschaftliche Funktion der Gruppendynamik"
(Zur Analyse und Kritik sozialpsychologischer Erziehungstheorien).
Eine Sammlung verschiedenster Entwiirfe, Stellungnahmen und Reso-
lutionen zum Berufspraktikum (x vom Verband der Praxisberater bis
zur OTV x) hat der SVS-Bundesverband in einer Sonderausgabe der Zeit-
schrift "Unruhe Nr. 2/73" herausgebracht. Anschrift der Redaktion:
Klaus Burianski 28, Bremen 1, Am Dobben 69.
Eine Dokumentation zur 27. o. Mitgliederversarnnlung des SVI , der
u a die Sozialarbeiterstudenten an den Fachhochschulen vertritt,
vom*April 1973 hat der SVI in seiner Nunmer "SVI-Aktuel 1" herausge-
geben. Die Dokumentation gibt Auskunft liber die Auseinandersetzung
des SVI mit den MSB und SHB (MF)-Asten. Weitere Broschtiren beschafti-
gen sich mit der Wissenschafts- und Bildungspoli tik sowi'e der Berufs-
perspektivendiskussion von Sozialarbeiter und Sozialpadagogen.
Anschrift: SVI 56 Kuppertal 2, Fr.-Engels-Allee 164 a
In Frankfurt erschien die 2. Nummer "Die LOG-Zeitung" u.a. mit
einem Artikel uber Selbstmord und uber innere Berufsverbote bei SPD-
Organisation: "Das Herz der Arbeiterwohlfahrt schlagt auf dem rechten
Fleck". Redaktion: Rieta Hau, 6234 Hattersheim, Lindenstr. 26.
93
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Reihe Internationale Solidaritat, Heft 7
Dokuraente zur Entwicklung in Chile
Solidaritat mit dem chilenischen Volk zu praktizieren kann nicht
nur heiBen, dessen Kampf gegen die Militardiktatur und fur den
Sozialismus politisch und materiel! zu unterstu'tzen, sondern muB
zugleich bedeuten, in alien Teilen der Bevblkerung der BRD und
Westberlins eine breite Diskussion Liber die Klassenkampfe in Chile
einzuleiten. Diese Diskussion, in der es darum gent, die chileni-
schen Erfahrungen kritisch zu hinterfragen und ihre Bedeutung fur
die Entwicklung der Klassenkampfe in Westeuropa zu untersuchen,
bedarf zunachst einmal der umfassenden und grlindlichen Information
Liber die tatsa'chlichen Ereignisse, Bedingungen und WidersprLiche des
revolutionaren Prozesses, der 1970 mit dem Wahlsieg der Unidad
Popular in Gang gesetzt wurde. Die "Dokumente zur Entwicklung in
Chile" sollen dazu Materialien liefern. In den vier Kapiteln
(Chile 1970 - 1973, Volksmacht in Chile, Das Militar in Chile, Hin-
tergrLinde und Verlauf des Putsches) werden vorwiegend Texte aus
Chile selbst verbffentlicht, und zwar deshalb, weil wir meinen,
daB die Diskussion sich vor allem an den konkreten Kampf erfahrun-
gen der chilenischen Arbeiter und Bauern und an den verschiedenen
politisch-strategischen Positionen, wie sie innerhalb der Linken
in Chile bestanden und weiterhin bestehen, orientieren sollte. Fur
diejenigen, die den revolutionaren UmwandlungsprozeB kapitalisti-
scher Gesellschaft nur als einen heroischen Kraftakt der Arbeiter-
klasse bzw. ihrer Avantgarde begreifen kbnnen, muB die chilenische
Erfahrung unverdaulich bleiben, la'Bt sich doch an der Entwicklung
der Rolle von Poder Popular, d. h. der autonomen, von der Regierung
unabhangigen und dem burgerlichen Staat entgegenstehenden Volks-
macht, erkennen, daB die Einheit der Arbeiterklasse, das BewuBtsein
und die Einsicht in die Notwendigkeit einer radikalen Umwalzung Er-
gebnis eines revolutionaren Prozesses sind und nicht dessen Voraus-
setzung. Erst in dem MaBe, wie die Politik radikaler Reformen, die
die revolutionaren Aktionen der Arbeiter und Bauern sichern und er-
weitern soil, an die Grenze stbBt, die ihr von der kapitalistischen
Gesellschaftsform gesetzt sind, gelangen die Arbeiter als Klasse zu
Einsichten in den Klassencharakter des burgerlichen Staates. In
diesem Zusammenhang ist der qualitative Sprung, den die Herausbil-
dung einer autonomen Bewegung der chilenischen Arbeiterklasse dar-
stellt, einerseits ein Resultat des von der Unidad Popular verwirk-
lichten sozio-b'konomischen Reformprogramms und bedeutet anderer-
seits dessen revolutiona're Aufhebung in Richtung auf einen Kampf,
der die tatsachliche Eroberung der Macht durch die Arbeiterklasse
zum Ziel hat. Aus dieser Dialektik von Reform und Revolution, durch
die der Klassenkampf in Chile exemplarisch gepragt ist, gilt es zu
"ernen.
112 Seiten, broschiert, DM 5.--
Verlag 2ooo GmbH, 6o5 Offenbach 4, Postfach 591
Redakti onsmi ttei 1 ung
Auf der 5. Redakti onskonferenz am 7.7.73 in Bochum wurde fur die Info-
Reihe folgende vorlaufige Planung vorgenommen:
1973
Info Nr. 5
Thema : Arbeit mit Psychisch Kranken
ITer Info wird zusammengestellt von SPAK-Gruppen
Koordination: Hans Groffebert, 78 Freiburg, Gerberau 28 a
1974
Thema: Jugendhilferecht/Vorbereitung auf den Jugendhilfetag im
TTerUsl 1974
Koordi nation: Aktiv R 16 W. Herrmann, 5 Kbln, Weinsbergerstr. 126
Thema: Zur Organisationsfrage von politischen Sozialarbeitergruppen
'(VeFIrbeitung der Diskussionsergebnisse vom Februar 73 und Oktober 73)
Koordination: Sozial istisches Biiro, Offenbach
Thema : Jugendclubarbeit/Jugendzentren
Koordination: AKSp Diisseldorf, Gerd Rieger, 4 Diisseldorf, Oberkasse-
Terstr. /
Thema: AuBerinstitutionelle Sozialarbeit/Stadtteilarbeit/Rote Hilfe
Kc"o?dTnation: Verein Soziale Ougendarbeit, 463 Bochum, Lennershofstr.66
Thema: Forschungsprojekte im Sozialbereich
feorHTnation: KKS Bielefeld, Friedhelm Peters, 48 Bielefeld, Karl-Eilers-
Wir bitten alle interessierten Sozialarbeiter/Sozialpa'dagogen etc.
und Arbeitsgruppen, die zu diesen oder anderenThemen Material gesammelt
haben bzw. bereit sind mitzuarbeiten, sich an die jeweilige Koordi-
nationsadressen zu wenden.dami t wir mit der Erarbeitung rechtzeitig
beginnen und eine intensive Diskussion stattfinden kann. Trotz der
thematischen Vorplanung werden wir natiirlich nicht auf aktuelle Be-
richte verzichten; bitte sendet Eure Mitteilungen und Berichte an
das Sozialistische Biiro, 605 Offenbach 4, Postfach 591 - die Redak-
tionskonferenz, zu der die jeweiligen Verfasser und ca. 20 Gruppen
eingeladen werden, diskutiert und entscheidet liber den jeweiligen Ab-
druck. ,.., ,
Der Info Sozialarbeit kann nur dann seine Funktion erfullen, wenn
sich viele Gruppen und Einzelne aus dem Sozialbereich an der Dis- g5
kussion und Herausgabe beteiligen.
.
Geschichte und Funktion
der Sozialarbeit
/Uo/
r
INFORMATIONSDIENST
SOZIALARBEIT
AuszLige aus Vorwort und Inhaltsverzeichnis
Das vorliegende Papier, der Versuch einer material istischen histori-
schen "Analyse" und Funktionsbestimmung der Sozialarbeit ist ein
Novum in ihrer Geschichte - zumindest seit der offenbar zur Vergessen-
heit gewordenen Auseinandersetzung urn eine "Fursorge"-Selbstorganisa-
tion der Arbeiter nach dem 1. Weltkrieg. Damals standen sich revolu-
tionare Krafts, 2. B. Clara Zetkin, die das Konzept der "Roten Arbeiter-
hilfe", eine Organisation praktischer Selbsthilfe und Solidaritat im
alltaglichen Klassenkampf , vertraten, und Revisionisten in der SPD urn
die spatere AWO-Begrunderin Marie Juchacz gegeniiber, die aus humani-
stischer Gesinnung die schl immsten Auswirkungen kapital isti scher Aus-
beutung mit Hilfe einer caritativen Wohlfahrtsorganisation verhindern
wollte.
Das vorliegende Papier zeigt, daB diese historisch zuriickl iegende Al-
ternative auch heute nicht an Aktual itat eingebu'Bt hat; es stellt sich
dar als ein Arbeitsergebnis einer immer groBer werdenden Zahl von
Sozialarbeitern, die begreifen, daB s.ie bisher bewuBtlos und ohnmach-
tig an den Symptomen eines Ausbeutungssystems, der kapital istischen
Gesellschaft, kuriert haben und die begriffen haben, daB die Vernach-
lassigung ihres Arbeitsfeldes (die vielfach beklagte Situation fehlen-
der Mittel, fehlenden Personals und mangel hafter Ausbildung) strukturell
bedingt ist in einem gesellschaftl ichen System, in dem Profit und
private Aneignung von Reichtum an erster Stelle und "Kosten" verursachen-
de "soziale Fragen" an allerletzter Stelle rangieren.
Aus dem Inhalt: Zur gesell schaftlichen Situation der Armenpflege in
der feudalen Gesellschaft - Sozialarbeit im Umbruch zur kapitalisti-
schen Gesellschaft - Marx' Analyse der burgerl ichen Gesellschaft und
ihre Bedeutung fur eine Analyse der Sozialarbeit - Bismarck'sche
Sozialpolitik und Sozialarbeit - Geschichte der Sozialarbeit 1880 - 1930
Sozialarbeit im Faschismus 1933 - 1945 - Geschichte des Jugendhilfe-
rechts (das RJWG 1923, Jugendhilfe-Recht im Faschismus, Diskussion urn
die Novel le 1953, Diskussion urn das JWG 1961) - Ausgewahlte Literatur
zur Sozialarbeit.
Ca. 7o Seiten, vervielfaltigt mit festem Umschlag. DM 3.--
Bezug liber AKS, c/o Gu'nter Pabst, 5 Frankfurt, Hamburger Allee 47
Sozialistisches Bliro, 6o5 Offenbach 4, Postfach 591
rf^
Inhalt: Zur Organisierung - Funktion
der Sozialarbeit - Disziplinierung
m
der Familienfiirsorge Neukolln -
6 Falle von Disziplinierung - Hinweise
5
Offenbach, Dezember 1973/Januar 1974
Doppelnummer, Preis DM 5.--