druckungsmechanismen und fur Demokratie reichen nicht aus Vielmehr konnen wir den verhangnisvol len Wirkungen der Repression nur dann ent- gegenarbeiten, wenn wir den Widerstand uber diesen KongreB hinaus or- gamsieren. Deshalb war der Pf ingstkongreB fur uns nur ein Schritt im ProzeB der Organisierung der Gegenwehr gegen alle Formen der Repres- sion: K

- Aktive Arbeit gegen die Repression muB in erster Lime am jeweiligen Arbeitsplatz erfolgen, in der Information der Kollegen, in der Hilfe fur Betroffene, Bedrohte, Angstliche und nicht zuletzt in organisier- tem Widerstand.

- Aktiye Gegenwehr erfordert finanzielle Unterstiitzung der direkt und indirekt Betroffenen und Gefahrdeten. Jeder, der Liber eine feste Be- rufsposition verfugt, ist aufgefordert, finanzielle Unterstutzung zu leisten. - Wir geben mi t diesem KongreB die Griindung eines Solidari- tatsfonds bekannt, aus dem Falle besonderer Not, aber auch politische Aktivitaten gegen die Repression und Projekte selbstorganisierter "Rot- arbeit" zu finanzieren sind. Aus dem bisherigen Spendenauf koimien der Anti-Repressionskampagne des Sozial istischen Buros werden als Grund- stock 30 000 Mark in den Fonds eingebracht. Das ist nicht viel, aber

es ist ein Anfang. Wir rufen auf zu einer Spendenaktion zugunsten dieses Solidari ta'tsfonds ! - Gleichzeitig fordern wir die politisch Ak- tiven auf, sich in ihren liberschaubaren Arbeits- und Wohnzusammenhan- gen so fest zu organisieren, daB sie RepressionsmaBnahnten gegen ein- zelne gemeinsam abmildern konnen.

- Aktive Bekampfung von Repression und ihrer Folgen benotigt auch die politische Arbeit derjenigen, die durch Beruf sverbote und andere Re- press ionsmaBnahmen aus dem ArbeitsprozeB hinausgeworfen wurden. Ihre Arbeitskraft kann der isolierenden und individualisierenden Wirkung von Berufsverbot und Arbei tslosigkeit entgegensteuern. Ihre Fa'hig- keiten und Arbeitskraft mu'ssen zu einem Instrument der kollektiven Organisierung und Pol i tisierung werden. - Wir rufen deshalb auf zur Initiierung solcher Vorhaben organisierter "Rotarbeit" wie Lern- und Freizeitprojekte fur arbeitslose Schulabganger, soziale Projekte in Stadtteilen, Schulungsprojekte fur Arbei terbi Idung, praxisbezogene For- schungsprojekte zur Situation der Arbei terklasse in den verschiedenen Berufssektoren, Erarbeitung von emanzipatorischen Unterrichtsmodel- len, Kulturarbeit usw.

- Aktive Bekampfung der politischen Unterdruckung erfordert, daB re- pressive MaBnahmen in alien gesel lschaftl ichen Bereichen zugleich an die DTfentlichkeit gebracht werden, danit m'emand noch einmal sagen kann, er habe von alldem nichts gewuBt. Die Politik der Repression versucht mit alien Mitteln, die bffentliche Meinung fiir sich zu mani- pulieren. Deshalb miissen wir Gegendffentlichkeit herstellen!

- Aktive Bekampfung von Repression erfordert die Zusammenarbei t ins- besondere mit der Linken in Westeuropa, da die Diszipl inierung von Demokraten und Sozialisten in der Bundesrepubl ik auch sie bedroht. Wir rufen sie auf, mit uns gemeinsam gegen politische Unterdruckung und okonomische Ausbeutung zu kampfen!

DER NHCHSTE SCHRITT IST ES, DIE AUF DEM PFINGSTKONGRESS GEWONNENEN ERFAHRUNGEN UND DIE HIER ENTWICKELTEN ARBEITSMDGLICHKEITEN IN ALLEN BEREICHEN DER BUNDESREPUBLIK IN PRAKTISCHE POLITISCHE ARBEIT UMZU- SETZEN! DIESER KONGRESS WAR NUR EIN ANFANG! SETZEN WIR GEMEINSAM DEN KAMPF GEGEN DIE UNTERDRUCKUNG FORT!

SPENDEN FOR DEN SOLIDARITSTSFONDS sind zu Uberweisen an Sozialistisches Buro Offenbach, Postscheckkonto Frankfurt Nr. 295680-605 Oder Girokonto DARITATSFONDS W1>tSChaft °fferbach' Nr. 17413263 - Kennwort: SOLI-

INF0RMATI0NSDIENST S0ZIALARBEIT

rf

Hindernislauf eines Berufspraktikanten

AUSSERDEM:

BEITRAGE ZUR JUGENDARBEIT UND JUGENDPOLIZEI

Offenbach im Dezember 1976 Einfachnummer - Preis 5,—

AJTX

, . , c iail stischen BUYo Dieser Informal ionsdiens t Sozi alarbe. t „, rd im Sozia ben_

von GfLppen, die Im Sozial I sat .onsber.i ch ^rbeiten. Genossei1i dle Der Info dient der Kommun 1 ka 1 1 on und Kooperatlon von ^^

mit sozial istischem Anspruch in Feld der sozlalen Ar ^ dj<;

Der Info enthSlt neben einem Schwerpunkt thema Darste ^ Sozjalar-

Organisatlonsmodelle und Bas i sakt i v I tSten soz,a i * t nen und

beiter/-padagogen, Erzieher etc., Kurzberlchte '"£,ie Material ien, Analysen aus dem Sozial- und Gewerkschaf tsbereich sow Hinweise, Stel lenangebote und Klelnanzelgen.

, . , . , ;_ Jahr) verBffent-

Neben den, I nformat ionsdienst (erscheint VJerma « £erlB,len zum lichen wir in unregelmSBIgen AbstSnden Arbei tsfeldmate Sozialbereich. In dieser Reihe sind bisher erschienen.

Arbei tsfeldmaterial ien (AMS) DM 8 --

Heft I: Projektstudlum am Bspl . Helmerz lehung , 200 :> .

Heft 2: Arbei termSdchen im Jugendzentrum, 56 S. , DM "»•"

Heft 3: Knastalltag am Beispiel Mannheim, 128 S., Oh 7 .~

Heft l»: Der I nst i tut iona! i si erte Konflikt, 200 S., DM 10."

Heft 5: SozialpSdagogik und Arbei teri nteressen, A8 S. , DM 3.—

Heft 6: Staatllche Sozial pol I ti k, 1 36 S. , DM 8.--

Herausgeber: Sozial i st i sches BUro

605 Offenbach k, Postfach 591

Verleger: Verlag 2000 GmbH Offenbach

Erste Auflage: Dezember 1976, 5000 Exemplare

Alle Rechte bei dem Herausgeber

Vertrieb: Verlag 2000 GmbH, 605 Offenbach U

Postfach 591, Hohe Str. 28 (Souterrain) Postscheck Frankfurt N'r . 6 1 0^ l-60ti

Preis: El nzelexemplar DM 5.--

bei Abnahme von mind. 10 Stuck 20 % Rabatt WelterverkSufer (BucMSden, Buchhandel) 'tO * Rabatt jewel Is zuzUgllch Versandkosten

Oer Info kann auch Im Abonnement bezogen werden. BezugsgebUhren flir das Jahr 1976(Heft 12 - 15) DM 15,"- und DM 2,80 Porto

Verantwortl Ich: Redakt ionskol lekt Iv Info Sozialarbei t Presserechtl ich verantwortl Ich: GDnter Pabst Offenbach Karikaturen: K.F.Waechter Beilagen: 1. Flugblatt "Studenten im Hungerstreik an der Ev Fach-

hochschule Westberlin;

2. Abonnementkarte "Info Sozlalarbeit" Drtick: SOAK, Am Taubenfelde 30, 3 Hannover, Tel.l 76 18

INFO SOZIALARBEIT, Heft 15

IN HALT

Redaktionsmitteilung

Kan'n Tups:

Zur Kritik des Fa'cherstudi urns

AKS Hamburg:

Praktische Ansatze fachbereichsbezogener Hochschulpoli tik

an der FHS Hamburg im Fachbereich SozialpSdagogik

Kurt Sprenger:

Berufspraktikum: 0b einphasig.ob integriert,

wer sich nicht wehrt, wird angeschmiert

Ulrich Stascheit:

Zur arbeits- und versicherungsrechtl ichen Lage

der Berufspraktikanten

Axel Hubner:

Das Elend mit den Praktikantenstellen-am Bspl. Hessen

Laizos Praktikus:

Tragi komodie eines Berufspraktikanten

Ausgewahlte Literatur*

FHS Freiburg:

Das Mass ist voll!

Brief eines Prufungskandidaten: "PrLifungsterror Mord"

Jugendpolizei in Frankfurt

Sozial pa'dagogische Arbeit im Jugendfreizeitheim - Eine Auseinandersetzung -

Materialien/Kleinanzeigen

Seite 2/18

Seite 3

Seite 19

Seite 31

Seite 41

Seite 65

Seite 69

Seite 71

Seite 73

Seite 75

Seite 79

Seite 83

Seite 87

REDAKTIONSMITTEILUNG

Mit dem Info "Sozialarbei t:Studi um und Berufspraktikum" legen wir em weiteres Ergebnis unserer diesjahrigen Arbeit vbr. Vorausgegangen war ein Arbeitsseminar 1m April 1976, sowie eine Re- daktionskonferenz 1m November 76 zum Thema "Sozialistische Hochschul- politik an der FHS".

Das gesteckte Ziel, die weithin vorhandene Trennung von Theone und Praxis, von Ausbildungsbereich und praktischer Sozialarbeit zumindest in den Ansatzen einer sozialistischen Hochschulpolitik aufzuheben, haben wir nicht erreicht. Die Ursachen allein in den disparaten Dis- kussionsansatzen an den verschiedenen Hochschulorten und den daraus resultierenden unterschiedlichen Erwartungen(Informationsaustausch liber die jeweilige Situation in den anderen Bundeslandern.Tips fur die Hochschulpolitik, Tips fur die Organisierung von Berufs-AKS und Hochschulgruppe etc.) an das Arbeitsseminar zu suchen, wurde ledig- lich unsere (mit einigen Ausnahmen) bisherige Gleichglil tigkeit ge- genuber dem Ausbildungsbereich und die mangelhafte orgamsatonsche Verankerung an den Fachhochschulen verschleiern. Es gibt zwar an fast alien Fachhochschulen Gruppen, Dozenten und Studenten, die sich am SB orientieren(wie es so schb'n heiBt) oder auch im SB organisiert haben, eine kontinuierliche Zusammenarbeit dieser Gruppen und Individuen konnte bisher nicht hergestellt werden, geschweige denn eine VerknLipfung von Hochschulpolitik.Be- rufs- und Gewerkschaftsarbei t.

Die in diesem Heft zusammengestellten Beitra'ge sind daher auch nur zum Teil aus Gruppenzusammenhangen entstanden und enthalten ledig- lich rudimenta're Ansatze einer sozialistischen Strategie fur die Arbeit an den Fachhochschulen. Die Beitrage sind daher als Aufforde- rung an uns und die Leser zu verstehen, an dieser Punkten weiterzu- di'skutieren. Wir werden die Diskussion sowohl in einem der nachsten Hefte fortsetzen, wie ein weiteres Arbeitsseminar organisieren.das der Entwicklung einer organisierten Kommuni kation und Kooperation dient.

Ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeit war die Vorbereitung und Durchfiihrung der Arbeitsgruppe Sozialarbeit auf dem Antirepressions- kongreB Pfingsten 1976 in Frankfurt. Krise.Arbeitslosigkeit.Reduzie- rung der Sozialleistungen.Abbau der Reformen.Disziplinierungen und Widerstand sind einige der Stichworte, die die Diskussion in den Arbeitsgruppen bestimmten. Das von uns vorgelegte Einleitungsreferat, sowie eine ausfiihrliche Zusammenfassung der Diskussionsergebnisse enthalt die im Februar 1977 erscheinende "links"-Sondernummer zum AntirepressionskongreB. "links"-Abonnenten erhalten sie anstelle der Februar-Ausgabe; Info-Lesern wird sie gegen Voreinsendung von DM 5,- (Briefmarken/Scheck) zugesandt. Umfang lo4 Seiten. (Fortienung S. IS)

Karin Tups

ZUR KRITIK DES FACHERSTUDIUMS

VORBEMERKUNG

Ausgangspunkt der Auseinandersetzung rait "Reformen" innerhalb der Sozialwesen-Hochschulausbildung ist die am 28.2.1975 vom wissen- schaftsministerium in Nordrhein-Westfalen erlassene PrUfungsordnung flir die Studienrichtung Sozialwesen an Gesamthochschulen und Fach- hochschulen (1).

Anhand der beim Versuch ihrer Umsetzung gemachten Erfahrungen an der Gesamthochschule Siegen im Fachbereich Sozialwesen soil gezeigt wer- den, welche Konsequenzen die wiedereinfiihrung des Facherstudiums flir den Studienbetrieb hat. Einbezogen werden sowohl die hochschul- politischen Auseinandersetzungen, wie auch die festzustellenden ge- sellschaftlichen Anforderungen an die Sozialarbeit und damit auch an die Ausbildung von Sozialarbei tern.

Dabei gehen wir davon aus, daB trotz der landerspezifischen Ausfor- mungen der Sozialarbeiterausbildung, die in NRW festzustellenden Tendenzen auch auf die Ausbildungssituation an anderen Hochschulen ubertragbar sind.

Die Ausfiihrungen bleiben allerdings insoweit unzureichend, da Folge- rungen fur die Hochschulpolitik linker Basisgruppen lediglich ange- deutet und nicht weiter konkretisiert werden. Dies bleibt einem wei- teren Artikel vorbehalten. Es konnte auch nicht auf alle Aspekte der Sozialwesen-Ausbildung eingegangen werden (z.B. auf die Interes- sen der Berufsverbande und deren teilweise dem jetzigen Studium wider- sprechende Forderungen, Oder auf den Widerspruch insbesondere inner- halb von Kurzzeitstudiengangen zwischen einer breiten allgemeinen Grundlagenqualifikation, die die flexible Einsetzbarkeit garantiert und einer vertiefenden spezialisierten Ausbildung, die die prakti- sche Kompetenz garantiert). Damit sind weitere Fragen angedeutet, an denen hoffentlich nicht nur die Gruppen, die innerhalb des Arbeits- feldes Sozialarbeit im SB arbeiten, diskutieren.

EXKURS: KURZE DARSTELLUNG

DER WICHTIGSTEN INHALTE DER PRDFUNGSORDNUNG (PO)

Generelle Abschaffung des schwerpunkt- und projektorientierten Stu- diums, indem sie das reine Facherstudium durch den Zwang zu acht Fachpriifungen (2 durch benotete Leistungsnachweise) zum Inhalt des Studiums macht (dies ist uns weiterhin durch Erlauterungen und Erlas- se des Ministeriums deutlich gemacht worden).

t Projektorientierung verstanden als Bemlihen um eine Theorie/Praxis- Vermittlung an Problember-eichen der Sozialarbeit wird ausgetauscht

3 -

mit einera unvermittelten Nebeneinander von Studlura der Theorien der e nze nen Fachdisziplinen mit begleitenden Fachprufungen auf der e nen und 90 Tagen Praktika (abzuleisten in den Semesterfenen als lo-Tage Blockpraktikum und 40 Tage als studienbegleitendeTagesprak- tikum) auf der anderen Seite.

. Leistungsdruck und Studienkontrolle werden erhoht durch vermehrte f 11 htstunden Leistungsnachweise, Prufungsvcrleistungen und ru- funqen und dem Versuch der Festlegung der Hochschule auf Erstellung vonTtudienverlaufsplanen d.h. eindeutige vorgeschnebene Stunden- plane fur jedes Semester (ErlaB zur Studienordnung).

Festschreibung auf ein 6-semestriges Regelstudium 2 der PO)

. Manifestierung der Trennung von Sozialarbeit und Sozialpadagogik durch unterschiedliche Prlifungsanforderungen je nach Facnern

Einschrankung der Wahl des Prufers 5 Abs. 3)

Einschrankung der Wiederholbarkei t von Priifungen 15)

Einschrankung der Mitbestimmungsrechte der Studenten in Prufungs- angelegenheiten 5 und § 4)

Einschrankung der Mbglichkeit zu Gruppenprufungen 8 Abs. 5 u.6)

Die in § 8 Abs. 3 genannte Moglichkeit zur facherintegrativen PriJ- fungwird durch den folgenden Absatz 5 wieder erheblich eingeschrankt.

, Insgesamt ist eine vermehrte Zuweisung von Korapetenzen «" Jn PrU- fungsausschuB und dessen Vorsitzenden, sowie an das Wissenschaftsmi nisterium festzustellen.

. Trotzalledem formuliert die PO den Anspruch an den Prufling in den 5 8- "durch die Prufung soil der Kandidat nachweisen, daB er uldllche Fachkenntnisse erworben hat und befah lot St 1n der F ch- richtung Sozialwesen auf der Grundlage wissen chaft icher Me tho den selbstandig zu arbeiten." Und an anderer Stelle: daB er in der La ge ist, fachliche und facherUbergreifende Zusammenhange zu erfassen_ und die erworbenen Kenntnisse und/ahigkeiten auf das Berufsteid bo zialarbeit/Sozialpadagogik zu beziehen."

Studienablauf ist also kurz gefaBt fol gender:

Ab eSem Semester Erbringung Lr Vorleistung fur Fac hpru fungen us die benoteten Leistungsnachweise plus die durch die Studienordnung (Oder auch Studienverlaufs+lane zusatzlich geforderten Leistungen plus Blockpraktikum in den Semesterferein; Tanpqnrak-

ab drittem Semster: Ableistung der Fachprufungen und des Tagesprak

EnSe'des sechsten Semester: AbschluBarbeit und -prufung (Graduierung) und Berufspraktikum mit abschlieBenden Kolloquien (staatl. Anerken nung).

1 FACHERSTUDIUM/HOCHSCHULRAHMENGESETZ UND KAPAZITATSVERORDNUNG

Ein Instrument des Staates zur Kapazitats-/Bedarfskontrolle ist neben dem numerus clausus die Kapazitatsverordnung (2). DaB in der Verordnung m'cht nur eine Kosten-Nutzen-Rechnung gesehen werden darf, zeigt die Tatsache, daB diese nur dann gelingen kann , wenn Ausbildung weitgehendst technokratisch organisiert ist, d.h. meBbare Inhalte vermittelt und erbracht werden, quantifizierbare Prufungs- und Studienordnungen vorliegen. Dies setzt weiterhin voraus, die Einschrankung der Hochschulautonomie: Die Einschrankung der Ent- scheidungen liber Forschung und Lehre und deren' Inhalte und Formen. Das HRG (3) steht dabei in enger Verbindung zur Kapazitatsverordnung (Kapvo). Es bildet die rechtliche Grundlage staatlich zentralisier- ter Hochschulpolitik, indem es zugleich richtungsweisende Grundsatze, das entsprechende Instrumentarium. Kompetenzen und Aufgaben fur Bund, Lander und Hochschulen angibt. Insbesondere sind hier die er- hbhten staatlichen Anweisungs-, Eingriffs- und Kontrollmbglichkeiten zu nennen, welche Hochschulplanung und Studienreformen, Organisa- tion und Verwaltung der Hochschule mit lezter Entscheidungsbefugnis in die Hande von staatlichen Stellen (Bund u. Lander) legen (4). Das HRG dient der Schaffung einer hochstmb'glich effizienten Organi- sation der universitaren Ausbildung, auf reibungslose Anpassung von Forschung, Lehre und Studium an "die Bediirfnisse der beruflichen Praxis und die notwendigen Veranderungen in der Berufswelt" (E) und stellt die Mittel zu deren Erzwingen (6).

Vergleicht man die nordrhein-westfal ische Priifungsordnung mit den HRG-Aussagen zu Studium und Prufung (7), so stellt man fest, daB NRW die geforderten Anpassungsleistungen an das HRG bereits vorge- nommen bzw. in dieser Priifungsordnung schon umgesetzt hat (obwohl diese vor dem HRG erlassen wurde). Durch das HRG wird deutlich, welch ein Aufwand an staatl icher Planungsarbeit und Kontrolle von Studenten, Hochschullehrern und Hochschule Voraussetzung sind, um der notwendigen Rational isierung und Funktionalisierung der For- schungs- und Lehrtatigkeit besser gerecht zu werden. Insgesamt sind sowohl die Auswirkungen wie die Voraussetzungen der Kapvo nicht nur rein formal -organisatorischer Art, sondern weit wichtiger in- haltlicher Art. So war die Reaktion des Wissenschaftsministeriums auf die vom FAchbereich Sozialwesen erarbeitete Studienordnung (8), die neben dem Facherstudium weiterhin geforderten Ausbildungsinhal- te zu bezweifeln bzw. als notwendige Studienleistung nicht anzuer- kennen, mit der BegrLindung, es sei nicht ersichtlich, "ob es sich um Prlifungsvorleistungen oder Leistungsnachweise handelt" (9). Be- troffen waren die Unterrichtseinheiten, die ein projektorientiertes, in Ansatzen fa'cherintegratives Studium ermbglichen soil ten, wie "berufspraktische Grundlagen-Seminare" in der Orientierungsphase, "integrierte Schwerpunktseminare" (vergleichbar mit Projektarbei t) und "schwerpunktbezogene Seminare" in der Schwerpunktphase. Weiter- hin forderte der ErlaB des Ministeriums, daB der PrufungsausschuB "die Form des Leistungsnachweises fur jedes Semester verbindlich fest (zu legen)" habe und daB die in der Studienordnung geforderte Pflichtstundenzahl noch weiter zu erhbhen sei. Der Hochschule wird die Aufgabe erteilt, die Studienordnung so zu formulieren, daB sie Hie "Grundlage fur die Planung des Lehrangebots und fur die jahrlich zu erstellenden Studienplane", wie "fur eine sinnvolle (!) Gestaltung

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4 -

des Studiums" ist und weiter: "diese Funktion kann die Studienord- nung nur erflillen, wenn sie die Struktur des Studienganges nach In- halt und Form sowi'e nach deren funktionalem Zusammenhang und zeit- licher Abfolge beschreibt (...), wenn sie die Studienziele nennt, sowie Studieninhalte, Vermittlungsformen und Studienaufbau im Zusam- menhang und zeitlich quantifiziert in Form von Studienelementen (damit operiert auch die Kapvo, d.V.) beschreibt... Es ist notwen- dig, die Studienstruktur und die -inhalte im einzelnen zu beschrei- ben, nach Semestern und Veranstaltungstypen zu gliedern, das dafur jeweils vorgesehene Studienvolumen anzugeben und die Studieninhalte den in der Priifungsordnung genannten Prlifungsfa'chern zuzuordnen." (10) Was der Minister wohl von der Zuordhung "Projekt Obdachlosen- siedlung" zu dem Fach "Sozialphilosophie" halten wlirde? ...

Eine weitere Tendenz der Umorientierung der Ausbildung ist die Ab- trennung der Methoden von wissensinhal ten, durch die die Methoden zum wesentlichen Inhalt von Forschung und Studium gemacht werden (sollen) (11). Vielleicht mag man sich bei den vorausgegangenen Ausflihrungen zur Hochschul reform gefragt haben, was diese mit der Oberschrift des Artikels gemein hatten; dies muB spatestens bei der Beantwortung der Frage, was das bedeutet: "Quantifizierbare Studienordnungen deutlich geworden sein, die die Verschulung vorantreiben durch em zeitlich und inhaltlich fixiertes Facherstudium. Das Pnnzip ist einfach: mehr Stunden, Stoff und Abfragewissen und alles mbglichst planvoll und diszipliniert. Aber diese Planung und Ordnung auf der einen Seite b edeutet fur die Situation in den Fachbereichen gerade das Gegenteil, denn "fur alle Projekte, deren kapazitatsfbrderne Wirkung nicht klar nachgewiesen ist, werden in Zukunft die Mittel ge- strichen. DaB eine inhaltliche Selektion unter dem Mantel des Sach- zwanges stattfindet, braucht nicht erst betont zu werden. Die Ent- wicklung neuer Lernformen und Seminarinhal te, Projektstudium, Aufhe- bung der Schranken zwischen den Disziplinen, Herstellung neuer Pra- xisbezlige kurz: alles, was bisher unter dem Stichwort "inhaltliche Studienreform" diskutiert worden ist und zum grbBten Teil nur durch Experimenti eren vorankommen kann, fallt unter den Hammer der Kapazi- ta'tspolitik. In Obereinstimmung mit dem HRG werden dort Regelstu- dienzeit und starre, verschulte Studienga'nge festgesetzt. Diese quan- titative Studien'Veform" bedeutet flir uns konkret, daB das herr- schende Chaos formal isiert und festgeschrieben wird" (12)- Genau dies erfahren wir als Studenten und auch Hochschul lehrer seit Inkraft- treten der Priifungsordnung verstarkt an den Hochschulen in NRW; wir machen gleichzeitig die Erfahrung, daB das dem wissenschaftsministe- rium erstmal gleichgiiltig ist; nach dem Prinzip, das Chaos wird schon zur Regel und damit nicht mehr chaotisch erfahrbar werden. Hauptsache ist die MeBbarkeit von "fachlichem" wissen und diese wird sich spatestens realisieren bei den Prlifungen, beim Bestehen oder nicht Bestehen.

2. ALLGEMEINE SOZIALISATIONSFUNKTION

Die durch das Fa'cherstudium bedingte schulma'Bige Organisation des Studiums hat in Verbindung mit dem dauernden Prlifungsdruck die Ver- scharfung der ohnehin bestehenden Konkurrenzsituation zur Folge: Die unter dem Leistungsdruck wachsende Konkurrenz fiihrt zur weite-

6 -

ren Isolierung der Studenten untereinander und erhbht damit Angst- und StreBsi tuationen zunehmend. Die Mbglichkeit kollektiver Ausein- andersetzung mit der Ausbildung zum Sozialarbeiter , das Erlernen der Fa'higkeit, gemeinsam zu arbeiten, die Entwicklung alternativer Ausbildungsformen und -inhalte und die kritische Auseinandersetzung mit der Berufsperspektive werden damit fast unmbglich gemacht.

Das Lernen fUr einzelne Fa'cher bzw. Fachdozenten und die von ihnen erwarteten Prlifungsleistungen bedeutet flir das Verhaltnis Dozent- Student auf der einen Seite eine starkere individuell-wirksame Ab- ha'ngigkeit des Studenten vom einzelnen Dozenten. Zum anderen bedeu- tet die Aufsplitterung des Studiums fur das Studium einzelner Facher eine Art Versachlichung des Lern- und Lehrverhaltnisses: Der Dozent wird zum Warenverka'ufer, der die "richtige" Wissenschaft verkauft, der ihr vermittels seiner Fachautoritat und mit der Priifungsordnung im Rlicken die notige Wertscha'tzung verleihen kann. Umgekehrt lernt der Student, sich mehr und mehr danach zu orientieren, was in vor- handenen Angeboten in Blick auf die Anforderung der Studien- und Priifungsordnung Relefanz besitzt. Er lernt, das Angebotene mehr nach seinem Tauschwert (im Blick auf die Fachprufung) , nicht nach seinem Gebrauchswert (im Blick auf die Praxis) zu hinterfragen und einzu- schatzen.

Hieran wird deutlich, daB das Fa'cherstudium, wie es die derzeitige Priifungsordnung in Nordrhein-Westfalen festschreibt, nicht nur unter dem Aspekt der Vermittlung instrumentel ler Fertigkeiten und Fahig- keiten, sondern auch unter dem Aspekt seiner "geheimen" Sozialisa- tionswirkungen gesehen werden muB. (13) Bei der Analyse der derzei- tigen Entwicklung der Studienreform wird vorwiegend jener erste, stoffliche Aspekt gesehen, indem von den sich verscha'rfenden Wider- sprlichen im sozialen Feld und von den Professional isierungsbestre- bungen institutionalisierter Sozialarbeit auf eine wachsende Diffe- renzierung der Studieninhalte geschlossen wird. Hierbei gerat jedoch jener andere Aspekt, welcher mit der Formbestimmtheit des Studien- betriebs unter der Dominanz des Facherstudiums gegeben ist, auBer Sicht. Zielt das Facherstudium einerseits auf den Erwerb instrumen- teller Qualifikationen ab (in Hinsicht auf die Ausei nandersetzungen mit "Fallen", mit dem "Klintel" in der spateren Praxis), so geschieht andererseits durch die mit dem Fa'cherstudium sich verscharfende Reg- lementierung Einlibung in die spezifischen Bedingungen, in denen spa- ter diese Arbeit zu geschehen hat. Mit der Vermittlung instrumen- teller Fa'higkeiten und Fertigkeiten geht es zugleich urn die Ver- mittlung spezifischer "Interaktions- und Vernal tensmuster", urn An- passungs-, Umstellungs- und Verantwortungsleistungen. (14) In diesem Sinne ware der These von Bamme/Holling zuzustimmen, derzu- folge Qualifizierung und Sozialisation nicht als zwei voneinander unabha'ngige Dinge zu betrachten sind, sondern die "Qualifikation" aus einer "Kombination von Kenntnissen und Vernal tensweisen (z.B. die Kenntnis dessen, was der Vorgesetzte von einem erwartet, und die Fa'higkeit, diesen entsprechend angemessene Verhal tensweisen um- zusetzen)..." besteht. (15)

Blieb die mit der neuen Studien- und Priifungsordnung gegebene Sozia- lisationswirkung auf die Studenten bislang unbeachtet, so ware es auf der anderen Seite falsch, diesen Aspekt der "geheimen" Soziali-

sationswirkungen des Studienbetriebes nun seinerseits zu verabsolu- tieren. Solches deutet sich bei Bamme und Holling an, wenn sie in ihrem Aufsatz "Qualifikation, Sozialisation" die These wagen, "... daB - bis zu einem gewissen Grade die dem Erziehungs- und Ausbildungs- prozeB zugrunde gelegten Inhalte beliebig sind." (16) Hier entsteht der Eindruck, daB der konkrete Inhalt der Ausbildung auf Sozialar- beit bezogen: Handlungswissen (Methoden - Recht - Verwaltungskennt- nisse) wie Legitimationswissen (vermittelt innerhalb der einzelnen sozialwissenschaftlichen Fa'cher) unbedeutend ware. Wir meinen dem- gegenu'ber, daB beide Aspekte, die Vermittlung instrumentel ler Fertig- keiten wie die "geheimen" Sozialisationswirkungen der gegenwartigen Studien- und Prufungsordnung wirksam werden, daB sie in ihrem Zusam- raenhang und in ihrem Widerspruch gesehen werden m'ussen.

Diesen Widerspruch kann man dahingehend bezeichnen, daB die Studen- ten durch die mit der neuen Studienordnung und Prufungsordnung her- gestellten Studienbedingungen funktionale Autonomie lernen sollen. ("17) So sollen sie einerseits "...auf der Grundlage wissenschaft! i- cher Methoden selbstandig ... arbeiten. . .", sollen lernen, "fachli- che und facherubergreifende Zusammenha'nge zu erfassen und die er- worbenen Kenntnisse und Fahigkeiten auf das Berufsfeld Sozialarbeit/ -padagogik zu beziehen" (18). Kurz: Sie sollen lernen, Autonomie zu entfalten hinsichtlich der Anwendung der auf der Hochschule gelern- ten Methoden am je konkreten Fall.

Andererseits sollen sie lernen, dies alles in den funktionalen Zu- sammenhang ihres spateren Amtes einzuordnen. Sie sollen lernen, Ari- weisungen widerspruchslos hinzunehmen, Frustrationen zu tolerieren, starke Belastungssituationen auszuhalten, zuverlassig und diszipli- niert zu arbeiten.

Allgemein gesagt, stent die Anforderung an die Qualifikation der Sozialarbeiter unter der Spannung, Sozialarbeiter zu produzieren, welche einerseits den administrate vorgegebenen Rahmen ihrer Arbeit, d.h. auch deren Zielsetzungen weder hinterfragen noch in ihrer Pra- xis zu durchbrechen, andererseits jedoch innerhalb dieses Rahmens ein HbchstmaB an Eigenaktivita't und "Selbststandigkeit" entwickeln. So fordert die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbande einerseits, die Sozialarbeiter ha'tten "in ihren Zielen die verfassungs- ma'Bige Ordnung und die gesell schaftliche Wirklichkeit in der Bundes- republik (zu achten)", wie ihrem Dienstherrn gegeniiber absolute Loya- list zu beweisen. Andererseits bema'ngeln sie die Unselbstandigkeit und die "Angst vor der praktischen Arbeit" vieler Berufspraktikanten, sie "verursachten in ihrer Behbrde oder in ihrem Arbeitsfeld Kon- flikte, statt sie zu lb'sen; (...) Ziel der Ausbildung muB ein So- zialarbeiter sein, der den ihm in der Praxis gestellten vielfaltigen Aufgaben fachlich und von seiner persbnl ichen Haltung her gewachsen ist." (19) Wichtig ist, daB die Sozialarbeiter "gegebenen Spielraum" ausf'ullen, und das heiBt unter anderem, daB sie "sicher auftreten" kbnnen, Initiativen im Betriebsinteresse entfalten, in bestimmtem Rahmen Entscheidungen treffen kbnnen. Sie mlissen die Ziele des Be- triebes "internal isiert haben und auf die Entscheidungssituation Ubertragen kbnnen." (20)Man kbnnte auch sagen: "Gewiinscht ist weder der Dummgehaltene noch der Denkende, gewiinscht ist der mitdenkende Arbeiter." (21)

Ist "funktionale Autonomie" in sich schon ein Widerspruch, so kolli- diert sie erst recht mit der Notwendigkeit einer technokratischen Hochschulreform, wie sie im ersten Teil des Aufsatzes skizziert wird. So wird die Vermittlung instrumentel ler Fertigkeiten, wie sie die Prufungsordnung im Blick auf die Erfordernisse der Praxis intendiert, verunmbglicht durch die geforderte Quantifizierung, Segmentierung und Operational isierung der Studieninhal te, welche keine (Sinn-Zu- sammenhange) mehr entstehen la'Bt, sondern nur noch eine Anhaufung unvermittelt nebeneinander stehender Stoffquanten, die kein quali- tatives Ganzes mehr ergeben und sich allenfalls vol Tig abstrakt unter dem Titel "Sozialwesen" zusammenwlirfeln lassen. So wird Ver- mittlung relativer bzw. funktionaler Autonomie verunmbglicht durch die rigide, starre Verschulung des Studiums, welches ein Organisa- tionssystem entstehen la'Bt, welches den angestrebten Vernal tensdis- positionen und der Eigenaktivitat genau zuwiderlauft. Falls darunter mehr zu verstehen ist als "selbstandiges" Pauken fur Prlifungen und individuelles Bestehen der Konkurrenz, wird der Student kaum dazu in der Lage sein.

Nicht die permanente Betonung einer sich scheinbar unumstbBlich durchsetzenden Rational itat im Ausbildungssystem flihrt systemvera'n- dernde Praxis weiter, sondern das Ansetzen an solchen sich in der Studienreform zeigenden Widerspruchen. Geht es mit der gegenwartigen Reform des Studiums m'cht nur urn repressive Anpassungsprozesse, son- dern auch urn - in der Notwendigkeit beruflicher Praxis begrlindete - Autonomie, so ware in Blick auf die hochschulpolitische Arbeit zu fragen, wie an solchen Widerspruchen anzusetzen ist. Wie etwa die Forderung nach projektorientiertem Studium ansetzen kann an den in der Prlifungs- und Studienordnung formulierten Ansprlichen, wie wir sie mit dem Begriff "funktionale Autonomie" beschrieben haben.

3 FACHERSTUDIUM, WISSENSCHAFTLICHKEIT UND FUNKTION IN AUSBILDUNG UND BERUF

Zwei Fragen stehen im Mittelpunkt:

Inwieweit liegt die Dominanz der Einzeldisziplinen begrundet in dem Zustand der blirgerl ichen Wissenschaft?

Inwieweit erfordert die Erflillung der Sozialarbeiter-Funktion ge- rade dieses Studium von Einzeldisziplinen?

Dabei ist festzustellen, daB ausgenommen der Fa'cher Verwaltung, Or- ganisation, Methoden und Sozialmedizin die einzelnen Disziplinen unter den Begriff der GEistes- bzw. Gesell schafts- und Sozialwissen- schaften zu fassen sind, und weiterhin mit dem Facherkatalog eine differenziertere und "umfassendere" Ausbildung angestrebt wird. (22)

3.1. Differenzierung der Wissenschaft in Spezialdisziplinen und deren Funktion

Mit der Entwicklung der Produktivkrafte im Kapitalismus geht die Entfaltung seiner Widerspruche einher und nicht nur auf der Ebene der Produktion (Krisen, umwel tzerstbrende Industrie, verscharfte Ar- beitsbedingungen, extreme Arbeitsteilung etc.), sondern auf alien Ebenen der menschl ichen Existenz (dauernde Not der Arbeiter-Familien, Entfremdung und Vereinzelung innerhalb der sozialen Beziehungen).

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"Die Akkumulation von Reichtum auf dem einen Pol ist also zugleich Akkumulation von Elend, Arbeitsqual. Sklaverei, Unwissenheit Bruta- lisierunq und moralische Degradation auf dem Gegenpol, ... \") Das verstarkte Auftreten von materieller Not und psychosozialem Elend in den vielfaltigsten Erscheinungsformen kennzeicnnet heute die entwicke ten kapitalistischen Industriestaaten. (24 Diese sind nicht mehr in der Lage, ihre geschaffenen WidersprUche und Probleme und die dadurch provozierten sozialen Konflikte mit rein cantatiyen, SizinisThen?polizeilichen und ideologischen Mitteln zu bewaltigen.

Hier stellt sich die Aufgabe an die Wissehschaft, das vorhandene Instrumeniarium zur Konfliktfruherkennung und Regelung, ideo ognscher Manipulation und Verschleierung zu verfeinern bzw. ?" f^S s^'hS bei hat sie nicht wirklich Ursachenforschung zu betre ben Sie hat vielmehr MiBstande auf der Ebene ihrer spezifischen ^swirkungen be zliqlich der betroffenen sozialen Gruppen und Individuen irnt ihrem wis se'nschaftlichen Apparat festzustellen und in dlastn Grenzen zu ana- lysieren (25) Dieser Aufgabe versucht sie gerecht zu werden durcn £er weUere Differenzierung innerhalb der trad tionellen inzel- wissenschaften (denke man nur mal an die vielen Richtungen und ineo •rtSTKKK der Psychologie), sowie durch Einr chtung von jmer mehr Soezialdiszipl inen (z.B. Sozialmedizin, welche bereits wieaer Tn sich fferenziert ist). Diese erfassen die Auswirkungen gesamtge- el SaflfSr Widerspru'che, indem sie sich auf einzelne Phanomene beziehen, lediglich begrenzt und damit unzulanglich und falscn aur d" Ebene von oVflachenerscheinungen (z.B. wird.der ^menhang von Neurosen und entfremdeten ProduktionsprozeB nicht erkannt).

In diesem ProzeB der "Verwissenschaftlichung" hat sich die Funktion 5er ogena ?en Geisteswissenschaften ver'andert, die sich zunehmend die Regelung der Verkehrsformen der Menschen in der burgerlichen Ge- sellschaft zu ihrem Forschungsgegenstand macht. Sie hat also nicht mehr rein Theorie-Erklarungsmodelle zu entwickeln, e ^rschaft und Ausbeutung ideologisch absichern (Legitimationsfunktion), son dern auch Rezepte, Handlungsmodelle Interventionsstrate en U .a snyiaitprhnokratischer Art zu entwerfen. Sozialtecnnokratiscn des ha lb weil durch die Srientierung auf die Behandlung von Einzelsymp- tomen. sowie durch positivistisches analytisches Vorgehen welches eln Zustand, eine Situation, einen ProzeB lediglich beschreibend festhalt und nicht in seinen inneren Wesenszusanmenhangen erforscht zwangslaufig mit dem Forschungs- und Behandlungsgegenstand, also dem Menschen, verfahren werden muB wie mit einem naturwissenschaft ichen Geoenstand Bei dieser empirisch-analytischen Vorgehensweise wird SS«SSt, daB Behandlungsmethoden fur die betreffende Sruppe und das Individuum abzuleiten waren, welche in der Lage sind, Jie oesw henden Konflikte zu Ibsen. Indem sie von den gesellschaf til cnen, bkonomischen und sozialen Bedingungen, in denen sich Menschen betin- den und Konflikte abspielen, abstrahiert, kann sie Probleme ledig- lich technokratisch sehen bzw. nicht zu einer grundl egenden Losung beitraqen. Dies Vorgehen und BewuStsein liegt alien burgerlichen psy chologischen, padagogischen, soziologischen Modellen zugrunde und ist speziell in solchen Fachern wie Psychopathologie und Psychothera Die nachzuvoll Ziehen. Genau dies Verstandnis von Wissenschaft, diese

Soezifierzung, Individualisierung, Technokratisierung und Begrenzt- heit findet in der Sozialwesen-Ausbildungs-'Veform" ihren Niederschl

ag.

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Ausgestattet mit solch sozial technischem Wissen und daraus abgelei- teten wissenschaftlichen technokratischen Methoden soil der Sozial- arbeiter in der Lage sein, soziale Probleme zu bewaltigen. Der Ver- such, gesellschaftliche Probleme durch Spezialisierung zu erfassen, ist nicht eine Besonderheit von auf soziale Probleme gerichtete Wissenschaft. Er ist vielmehr burgerlicher Wissenschaft von Anbeginn immanent. Denn wlirde sie nicht beim Beschreiben und dem so begrenz- ten Kurieren von Oberflachenphanomenen stehen bleiben, sondern ver- suchen, gesellschaftliche Realitat in ihrer Gesamtheit, also ihren ursachlichen Bedingungszusammenhangen zu erfassen, muBte sie notwen- dig und in letzter Konsequenz die kapital'istische Produktionsweise/ die blirgerliche Gesellschaft infrage stellen und daraus gesellschafts- verandernde Praxis ableiten. Dies aber kann und darf sie nicht, ist sie doch auf die Notwendigkeit festgeschrieben und aus dieser ent- standen, gerade die aus dem Kapitalismus entstehenden unmenschl ichen existenzbedrohenden Lebensverhal tnisse und Ausbeutungsmethoden zu rechtfertigen, zu verschleiern und sie damit als naturgegeben festzu- schreiben. In diesem Kontext ist auch die Funktion der bestehenden Einzeldisziplinen, die die Sozialwesen-Ausbildung beherrschen, zu begreifen; die Zersplitterung in verschiedene Facher, wie deren jeweilige Inhalte.

3.2. Auswirkung auf die Sozialwesen-Ausbildung

Die Sozialarbeit bezieht nun ihre Existenznotwendigkeit und Arbeits- aufgaben aus dem genannten Widerspruch von privatem Reichtum und ge- sellschaftlicher Armut und dessen sozialen und politischen Auswirkun- gen. Ihre Funktion - hier kurz skizziert - ist die krassesten Auswir- kungen materieller und psychosozialer Not zu mildern und damit den "Sozialstaat" zu legitimieren, Deklassierungsprozesse innerhalb der Arbeiterklasse aufzuhalten und Ausgeflippte in die Gesellschaft bzw. den ProduktionsprozeB wieder einzugliedern (Resozialisation), sowie praventiv tatig zu sein bezuglich dem organisierten Kampf der Ar- beiterklasse gegen das Elend des Kapitalismus (betrifft in erster Linie Bereiche der Sozialisation und Bildung), dabei hat sie die Pro- bleme zu individualisieren und zu pathologisieren (nicht die Ge- sellschaft krankt, sondern das Individuum). (26) Ihre Bedeutung fUr das reibungslose Funktionieren der Ausbeutungs- verhaltnisse hat sich mit der verstarkten Krisenanfalligkeit des BRD-Kapitals in den letzten 10 Jahren stark erhbht, so wie sich ih- re Aufgabenbereiche gewandelt bzw. erweitert und differenziert haben. Die Umwandlung der Fachschulen in Fachhochschulen und dem damit ver- bundenen Anspruch von Wissenschaftlichkeit begriindet sich aus dieser Entwicklung und den daraus resultierenden Neu- und Hbheranforderun- gen an die Qualification des Sozial arbeiters. Eine eigenstandige Theorie/wissenschaftliche Disziplin der Sozialarbeit ist bisher nicht entwickelt worden und steht auch sehr in Frage, da die halbakademi- schen Fachhochschulausbildungsgange Arbeitskrafte zu qualifizieren haben, die im Produktions- oder Reproduktionsbereich nicht entwickeln, forschen und grSBere Verantwortungsbereiche verwalten sollen, son- dern in erster Linie auszufUhren haben, d.h. auf der Grundlage von vorhandenem weitgefachertem und/oder spezialisiertem Wissen "Rezepte" konkret anzuwenden.

Di

esen Zustand innerhalb der Sozialwesen-Ausbildung zu vera'ndern, wie

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zum Bei spiel durch den Versuch eines Pro jektstudi urns, welches ge- sellschaftliche Ursachenforschung und problemfeldbezogene Theone- arbeit bzw.. -rentwlcklung notwendig einbeziehen muB, Jiegt mcht im Interesse einer herrschaftssichernden Sozialarbeit. Handel t es sich bei Sozialarbei tern doch nicht um privi legierte zur burgerl chen Eli- te gehbrende "Kopfarbei ter", sondern um Rezeptanwender , die im argsten Dreck des "Sozialstaates" derart zu wuhlen haben, daB Sie inn auch noch als solchen legitimieren. Dies setzt voraus, daB sie derAusb Idung dermaBen zugerichtet (verblbdet worden sind um selbst noch an die Existenz oder zumindest W9lichk.lt eines sozia- len Kapitalismus zu glauben. Das Ziel der administration Durch setzung des Facherstudiums ist es unter anderem.die Erkenntn smog licnkeit der Studenten von poli tbkonomischen Verbal tmssenund W derspriicnen in burgerl icher Theorie und Praxis weitgehends zu verhindern wie den Versuch, spa ter als Sozialarbei ter statt anpas 2K zu wirken. loW sich die Sozialwesen-Aus Idu g aus den Resultaten einer Masse von Einzel disziplinen von denen ange nommen wird, daB sie irgendwie was mit Sozialarbeit zu tun haben In der PrLifungs- und Studienordnung formuliert man da in der Behaup tung, "Das Facherstudium (Die Fachprufung) erstreckt (er^cken) sich auf die fur den jeweiligen Studiengang relevanten Gebiete fol gender Fa'cher:. . ." (27)

Was nun relevant ist, bestimmt nicht etwa die p™*^' ^J^tudien- einzelne Fachdozent oder wird administrate festgelegt durch btudien verlalfsp Sne, die kritische Vorstellungen von Studentensei te aus- sch ieBen Wi senschaftlichkeit wird dabei gleichgesetztnnt Fach- e fund je hbher deren Quantitat (mehr Spezialdiszip inen St off und Abfragewissen) desto wissenschaftlicher, desto qualifizierter. Entsorechind antwortete Wissenschaftsminister Rau auf unsere Argu- mentation fUrein Projektstudium sinngema'B: Meinetwegen.erkan.pfen s solch wissenschaftlich mangelhaftes Studium be klagen sie

^ich nur nicht, wenn sie dann keine Anstellung finden (!). Dieser

r 1 St won einerseits die benannte Vorstellung von Wissen- KSffichkSt zugrunde, wie andererseits die Able hnung einer ver- tiefenden Ausbildung durch die Schwerpunktlegung auf ein Projekt. Die in Projektstudium angelegte Form des exemplar chen Lernens wird von dieser Seite dann entsprechend als "Spezialisierung diT famiert; denn die Spitzenverbande fordern "eine groBe Verwendungs- bre te" fur die Waren Sozialarbei ter. "Berufsanfanger ohne breite Einsatzmbglichkeit laufen Gefahr, daB sie nur einen sehr engen Ein- stiea in de Praxis finden." "Eine Spezialisierung sollte grundsatz- lich eine durch Pflichtpriifungen belegte breite Grundausbi ldung zur Voraussetzung haben..." (28).

Die SuBerunqen der Spiztenverbande sind nicht immer so eindeutig rat den Vorstellungen des Wissenschaftsministers gleichzusetzen 7so in der Frage der Trennung von Sozialarbeit und Sozia pada-

aoQik'oder der der "wissenschaftlichen" Ausbildung). Dies erkl art s?ch daraus, daB die subjektiven Interessen der Berufsverbande nicht durchgangig den objektiven Notwendigkeiten der Sozialwesenausbi dung entsprechen. Denn ware dies der Fall, so ware es unnotig, Ausbildung in einem vom ArbeitsprozeB abgetrennten Bereich zu organisieren, wie es die Hochschule ist. Festzuhalten bleibt; Ebenso wie in der Berufs- praxis auf die erhbhten Anforderungen an die Sozialarbeit nicht mit

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qualitativen Veranderungen, sondern mit Erhbhung der Effizienz von MaBnahmen (Rationalisierung, erhbhte Fallzahlen, Leistungssteige- rung durch Befdrderungsanreize) reagiert wird, glaubt man, die Aus- bildung mit technokratischen, formal istischen und quantiativen Ver- anderungen in den Griff zu bekommen. Dies verbirgt sich hinter den Schlagwbrtern von "Professionalisierung" und "Verwissenschaftlichung" der Sozialarbeit (Verbesserung von Interventionsstrategien durch Entwicklung von rationelleren Methoden). DaB dabei soziale Probleme und Menschen in Einzelaspekte zerstu'ckelt werden, geht diesen "Re- formern" und "Fachleuten" nicht in den Kopf, erst recht nicht in ihre toten Sinne. So funktional diese frdgmentarische Ausbildung auf der einen Seite auch sein mag, so ist sie doch andererseits fiir die Systemsicherung unzureichend. Denn in der Praxis stellen sich die Probleme nicht nur ausschnittsweise, sondern ebenso auch als kom- plexe, den "ganzen" Menschen, eine Klasse und den gesamten sozia- len, politischen und bkonomischen Lebensbereich der Gesellschaft umfassend. Demzufolge muB auch der Sozialarbei ter eine Ahnung ha- ben von umfassenderen sozialen Erscheinungen, um "angemessen" da- rauf reagieren zu kbnnen. Auf diesen Widerspruch innerhalb der Ausbildungsanforderungen sind wir bereits in Teil 2 eingegangen. Hier zeigt er sich in den gleichzeitig vorhandenen Anspruchen von umfangreichem Fachwissen und fa'cherubergreifendem Wissen. Die Ziel - formulierungen in PrLifungs- und Studienordnung, wie Interdiszipli- narita't, Fa'cherintegration, Anwendung auf Probleme der Sozialarbeit/ Sozialpadagogik deutet auf die Erkenntnis von derartigen Notwendig- keiten hin. Wie sich diese Widerspruche innerhalb der Ausbildung dar- stellen, wollen wir im folgenden an einigen Beispielen ausfiihren.

Interdisziplinarita't

Nach dem pluralistischen Verstandnis werden jeder Wissenschaft und jedem theoretischen Ansatz innerhalb der einzelnen Disziplinen eige- ne Modelle der Erkla'rung von Problemen zugebi 11 igt, die aneinander- qereiht das Ganze ergeben, wobei jede ihre Fachautonomie bewahren will/kann/soll. Dabei kbnnen die Analysen/Theorien/Ergebnisse von derartigen Disziplinen durchaus sehr widerspruchlich sein, solange sie im Endeffekt zur Stabi lisierung der bestehenden gesellschaftli- chen Verhaltnisse beitragen. Dazu ist gerade die Trennung in Einzel- wissenschaften erforderlich, die soziale Wirklichkeit von Menschen und Verhaltnissen in daflir zustandige Fa'cher zerlegen. Da zudem je- der Fachvertreter "seine" Wissenschaft und "seine" Methode fur die einzig wahre halt, kann unter diesen Bedingungen von Wissenschaft im allgemeinen und der PrLifungs- und Studienordnung im besonderen Interdisziplinarita't oder wie die Prufungsordnung formuliert "fa- cheriibergreifendes w-jssen" nicht mehr bedeuten wie Aneinanderreihen von Erkla'rungs- und Handlungsmodellen der verschiedenen Disziplinen zu einem bestimmten Problem, wobei diese Reihe nur addiert werden braucht, die Summe daraus das Rezept ergibt. Meist sagt dieses auch

•cnt mehr aus, als ha'tte man der Reihe nach die Fachvorlesungen besucht. Mit diesem Fa'chersalat werden wir dann in PrLifungs- und Be- rufspraxis geschickt. Auch ein noch so fortschrittl icher Fachver- treter kann die beschriebenen Grenzen nicht uberspringen. Fraglich ist ob, mit diesem unzusammenhangenden bruchst'u'ckhaftem Wissen aus- aestattet, der Student in der Lage ist, diese "erworbenen Kenntm's- se und Fahigkeiten auf das Berufsfeld Sozialarbeit/Sozialpadagogik

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zu beziehen" (29), geschweige denn als fur die berufliche Praxis bedeutend zur Losung konkreter sozialarbeiterischer Probleme nutz- bar zu machen. Wie soil im ubrigen der Student interdisziplinare Lei- stungen erbringen, wenn dies bisher kaum einraal von den Einzelwis- senschaftlern geleistet worden ist und nun nicht einmal mehr von ihnen gefordert werden kann.

Theorie/Praxi s-Verhal tni s

Gesellschaftliche Praxis, die sowohl die Produktion meterieller Gu- ter, wie die der menschlichen Lebensverhaltnisse und Verkehrsformen insgesamt umfaBt, stellt nowendig Anforderungen an die Wissenschaft. Wissenschaft steht im Kapitalismus aber nicht im Dienste der Verbes- serung menschlichen Daseins. Vielmehr bezieht sie sich reaktiv auf die sich anarchisch entwickelnde Produktion und deren negative Aus- wuchse. Das Verhaltnis von Theorie und Praxis bzw. Studium und Be- ruf entspringt diesem verkehrten Verhaltnis von Wissenschaft und Gesellschaft, welches unter diesen Bedingungen kein dial ektisches, sondern notwendig ein falsches jeweils einseitiges sein kann. Ent- sprechend wird Praxiserfahrung innerhalb einer vorrangig theoretisch bestimmten Ausbildung zum Sozialarbeiter, dessen Beruf aber hand- lungsorientiert ist, zwar von "unseren Bildungsrefortnern" als erfor- derlich erkannt, dient aber gerade nicht der besseren Erkenntnis von Problemen und MiBstanden, sondern lediglich dem Vertrautmachen mit diesen MiBstanden, die die unabanderl iche berufliche Realitat aus- machen. Ausschnittsweise Praxiserfahrung steht der Theorie unvermit- telt als Block gegeniiber, denn Praxis darf nicht in einem systema- tischen Zusammenhang zur theoretischen Ausbildung gestellt werden. Das Projektstudium bildet eine Gefahr, weil fruhzeitig der Wider- spruch zwischen sozialer Realitat und den "wissenschaft! ichen" Er- kla'rungsmodellen offensichtlich werden kbnnte (spater im Beruf, falls nicht bereits durch die richtige Zurichtung in der Ausbildung dazu unfahig gemacht, ist diese Erkenntnis nicht mehr so von Be- deu'tung, da man dort all ein sehen muB, mit dem Rrgsten zurande zu kommen, das erdrlickt schon genug). Der Versuch von Hochschulseite, einen Teil des abzuleistenden Praktikums in die Schwerpunkt- bzw. Projektphase zu integrieren, wurde vom Wissenschaftsminister abge- wiirgt. (30) Ferner kb'nnten Fragen nach richtigen, die Realitat auf- deckenden Erklarungen, wie nach grundsa'tzlicheren Losungsmbgl ich- keiten in einer Kritik und in AnsprLiche an die Ausbildung mlinden, die sie nicht aufnehmen kann und darf. Praxiserfahrung an sich reicht nicht aus, urn damit sowohl Rolle und Funktion der Sozialar- beit hinterfragen zu kbnnen, wie das, was einem an der Hochschule als "wissenschaftliche Ausbildung" verkauft wird. Sie wirkt in die- ser Form eher als zusatzliche Belastung, der man allein und relativ hilflos ausgeliefert ist, da sie notwendig unverarbeitet und re- flektiert bleibt. Dies wirkt angsterregend und produziert Unfa'hig- keitsgefiihle, die statt zur Kritik an bestimmten Theorien zu einer allgemeinen Theoriefeindlichkeit fiihren kbnnen. Dem Student wird durch die Vorrangigkeit des fachlichen Lernens und der Fachprufun- gen, wie der gesamten Studienorganisation kaum die Moglichkeit ge- geben, seine Praxisprobleme und -erfahrungen als Bediirfnisse und Impulse in die Hochschulausbildung einzubringen. Und wenn, beschrankt sich dies in der Regel auf die Fa'cher Recht und Methoden, die das unerla'BlicheHandwerkszeug der Sozialarbeit darstellen.

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Verhaltnis Methoden und Praxis bzw. Methoden und Einzelwissenschaften

Die Methoden der Sozialarbeit erscheinen, was ihre Inhalte betrifft, wie die Form in der sie vermittelt werden, als von ihren Hintergrlin- den und Implikationen abgetrennte neutrale und objektiv erforderli- che Fertigkeiten des Sozialarbeiters, die demzufolge in der Praxis dann ihre technokratische Anwendung finden. Sie werden in der Prii- fungsordnung als ein selbstandiges Fach gleichrangig neben anderen aufgefUhrt, als waren sie selbst schon Disziplin fur sich und nicht abzuleiten aus den Theorien und der Ideologie bestimmter Einzelwis- senschaften. Sie bilden als Handlungswissen, neben den Fachern mit der Intention konkret verfugbares Wissen zu vermitteln, also Recht und Verwaltung, einen dritten Block, angesiedelt zwischen Theorie und Praxis. Dieser Block gewinnt, wie allgemein als Tendenz inner- halb von Forschung und Lehre zu verzeichnen ist, zunehmend an Bedeu- tung, nicht zuletzt aufgrund der Unmbglichkeit.aus mit einer Summe von Fachwissen vollgestopften Studenten handlungsfahige Sozialarbei- ter zu machen. So schreiben die Spitzenverbande: "Unumga'ngl ich sind auf die Praxis ausgerichtete Lehrpla'ne und die Einschrankung der an vielen Fachhochschulen zu weitgehenden Wahlfreiheit. Zu fordern sind gediegene Kenntnisse mit Prufungspfl icht in den fundamentalen und in der Praxis unverzichtbaren Basisfachern. Zu diesen za'hlen auf je- den Fall die nachstehenden Fa'cher, die heute in zahlreichen Fachhoch- schulen vernachlassigt werden:" Es folgen dann verschiedene Rechts- fa'cher, Verwaltungskunde und Gesundheitshilfe. (31)

Die Methoden und Recht- und Verwaltungslehre werden wohl zukunftig den Raum ausfullen, den ehemals das Projektstudium eingenommen hat. So seltsam es aber klingen mag: dieses formal und zerstuckelt aufge- baute Studium erscheint zur Zeit als eine "gute" (!) Voraussetzung zur Funktionserfullung der Sozialarbeit, gerade wegen der Atomisie- rung von Ausbildungsinhalten. "Die Verwendung isolierter Teilstucke zur Beurteilung des Klienten spiegelt die in der Ausbildung zum Sozialarbeiter erfahrene parzellierte Vermittlung von Ausschnitten einzelner, nicht aufeinander bezogener Teildisziplinen (...) wider. Eine solche Ausbildung befahigt den Sozialarbeiter ausschlieBlich zur Behandlung einzelner Problembereiche, deren Stellenwert im Le- benszusammenhang des Klienten nicht erkannt werden diirfte . 'Die Aust schmi tthaftigkeit ist nicht allein mit dem Hinweis auf methodologi- sche Sachzwange zu rechtfertigen oder mit dem Hinweis auf die Ar- beitsteilung der Wissenschaft. Die Ausschnitte werden vielmehr unver- sehens zu verselbstandigten Gedankengebilden, werden oft wie voll- standige und gultige Modelle behandelt und fixieren sich zu Vorein- genommenheiten. Sie sind nicht zufallig, sie zeigen ihre massive Be- frachtung mit biirgerlicher Ideologie, sie sind selber gesellschaft- lich gepragte Erscheinungen unserer 'Geistes1- bzw. Sozialwissen- schaft."1 (32)

Mit dem Erkennen der Rolle und Funktion, die Sozialarbeit derzeit hat wird es moglich, den Zusammenhang von Ausbildungsform (Fa'cher- studium) und Inhalt des jeweiligen Faches (Symptomerfassung beim kranken Individuum), wie den von Handlungswissen (Methoden, Recht und Verwaltungskenntnisse) und ideologischem Legitimationswissen (biir- aerliche Gesellschaftstheorie) zu erkennen, sowie den uber diese Ausbildungsreform vermittelten Zweck der "Professionalisierung" der

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dk.

Sozialarbeit. Diese ist nicht trennbar von dem Bestreben beim Stu- denten bzw. Sozialarbeiter ein BewuBtsein zu bilden, welches ein klinisches Versta'ndnis von sozialer Arbeit zugrunde liegt. (33) Die Einbildung im Besitz von "wissenschaftlichem Wissen" und "wissen- schaftlich" begriindeten Methoden zu sein, erzeugt ein noch weiter entfremdetes Verhaltnis von Sozialarbeiter und Betroffenem, und zwar dem gleich eines Kranken und eines akademisch/fachlich zur Behand- lung Qualifiziertem. Dies soil einerseits mbgliche Solidansierungs- prozesse, wie Erkennen der eigenen Lohnarbeitersituation verhindern und andererseits die Loyal i tat des Sozialarbeiters der bestehenden Ordnung gegeniiber bestarken, indem ihm vorgegaukelt wird, nun auch zur gesellschaftlichen Elite zu gehb'ren.

4. ANMERKUNGEN

(1) Minister fur Wissenschaft und Forschung; Prufungsordnung fur die Fachrichtung Sozialwesen in Fachhochschulstudiengangen und ent- sprechenden Studiengangen an Gesarathochschulen Nordrhein-West- falens" ErlaB I A 3 8138.13-; Dusseldorf 28.2.1975. Die in der Einleitung genannten §en und Zitate sind dieser Prufungsordnung entnommen. . .

Damit ist die von den Kultusmini stern 1975 erlassene einheitli- che Verordnung zur Ermittlung und-Festlegung der Kapazitaten an den einzelnen Hochschulen der Lander zur Vergabe von Stu- dienplatzen gemeint. Diese beruht auf dem BVG-Urteil vom 18.7.72 (Entscheidungen des BVG, Bd. 33, S. 303 ff.). Bundesminister fur Bildun g und Wissenschaft; Hochschulranmen- gesetz, Koblenz Januar 1976

ebenda, siehe insbesondere die §en: § 9 Studienreformkommission, § 58 Rechtsstellun g der Hochschule, § 59 Aufsicht, § 60 Zusam- menwirken von Land und Hochschule, § 67 Hochschulentwicklungs- plan, Ausstattungsplane, § 68 Hochschulgesamtplan, § 69 Gemein- same Grundsa'tze der Planung. ebenda, § 8 Studienreform

ebenda, § 28 Widerruf der Einschreibung (bekannt unter der Be- zeichnung Ordnungsrecht); § 36 Mitgliedschaft; § 41 Studenten- schaft; sowie dienstrechtliche Vorschriften in den §en 42 bis 57 Wissenschaftliches und ku'nstlerisches Personal, Tutoren. ebenda, z.B. Aussagen zur Regelstudienzeit in § 10 Studiengange des HRG mit § 2 Studiendauer der P0; § 7 Ziel des Studiums, § 8 Studienreform des HRG mit § 1 Zweck der PrLifung der PO; sowie die §en 15 Pru'fungen und 17 Prlifungsfristen des HRG mit der PO.

Studienkommission der Fachbereiche 1-5 der Gesamthochschule Siegen. Vorla-fige Studienordnung der Fachrichtung Sozialwesen, Siegen, den 10.12.1975.

Minister flir Wissenschaft und Forschung, MaBgaben zur Studien- ordnung der Fachrichtung Sozialwesen an der Gesamthochschule Siegen vom 10.12.1975, ErlaB -I A 3-8112. 2/120-, Dusseldorf, den 30.4.1976. ebenda

vgl. dazu HRG § 7 Ziel des Studiums, und § 22 Aufgaben der For- schung.

Schellmuffski, H., Kapiazitatspolitik: Taylorisierung der Hoch- schule, in Diskus-Frankfurter Studentenzeitung.Heft 3,26,Jahr- gang, April 1976, S. 31.

(2)

(3) (41

(5) (6)

(7)

(8)

(10) (11)

(12)

(13) Vgl. Bamme, A./Holling E., Qualifikation-Sozialisation. Zum Verhaltnis von Produktion, Qualifikation und Arbeit des Lehrers, in: Pad Extra Nr. 2, Frankfurt/Main 1976, S.17 ff

(14) vgl. a.a.0., S. 25

(15) ebenda

(16) a.a.0., S. 17

(17) Vgl. Bamme/Holling, welche von einer "relativen Autonomie" sprechen, a.a.0., S. 26

(18) Minister fur Wissenschaft und Forschung, Prufungsordnung flir die Fachrichtung Sozialwesen in Fachhochschulstudiengangen und entsprechenden Studiengangen an Gesamthochschulen Nordrhein- Westfalens, ErlaB I A 3 8138.13-, Dusseldorf 28.2.1975 § 1 Zweck der PrLifung und § 8 Fachprufungen.

(19) Gesamtvorstand der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenver- bande, EntschlieBung zur Ausbildung der Sozialarbeiter/Sozial- padagogen an den Fachhochschulen, Aktenzeichen 4/31-02, Kbln 14.9.1976.

(20) Bamme A./Holling E., a.a.0., S. 26

(21) Ehlich K./Hohnha'user J./Muller F./Wiehle D., Spa'tkapitalismus- Soziolinguistik-Kompensatorische Spracherziehung, in Kursbuch 24, Berlin/West Juni 1971, S. 36

(22) Die Prufungsordnung NRW schreibt in § 8 folgende Fa'cher vor: Politikwissenschaft, Sozialpolitik, Soziologie, Erziehungswis- senschaft, Heil- und Sonderpadagogik, Ssthetik und Kommunikation (Medienpadagogik), Psychologie, Psychopatologie, Sozialmedizin, Sozialethik, Sozialphilosophie, Recht, Verwaltung und Organisa- tion, Methoden der Sozialarbeit, Methodik und Didaktik der So- zialpadagogik und ein weiteres sozialwissenschaftliches Fach. Die Fa'cher sind hier zusammengefaBt und ohne Rangfolge aufge- fiihrt. Eine Trennung von Sozialarbeut und Sozialpadagogik ergibt sich durch die Schwerpunktlegung auf unterschiedliche Fa'cher bei der PrLifung; bei Sozialarbeit mehr auf Verwaltung, Recht und Organisation, bei Sozialpadagogik Methodik/Didaktik und Pa'dagogik

(23) Marx, K., Das Kapital, Bd. 1, in: Marx/Engels Werke, Bd 23, Berlin/DDR 1970, S. 675

(24) Vgl. Roth J., Armut in der BRD-Ober psychische und materielle Verelendung, Frankfurt/Main 1974

(25) Vgl. dazu die Auswirkungen innerhalb der Theorie und Praxis der Sozialarbeit, z.B. Meinhold M. Zum Selbstversta'ndnis und zur Funktion von Sozialarbeitern. Am ei spiel von Theorie und Praxis der sozialen Einzelfallhilfe, in: Hollstein W. /Meinhold M., Sozialarbeit unter kapitalistischen Produktionsbedingungen, Frankfurt/Main 1973, S. 208 ff.

(26) Vgl. ebenda, Hollstein W. , Diskussionsthesen zur Funktion der Sozialarbeit, S. 205 ff.

Sowie: Arbeitskreis kritische Sozialarbeit, Geschichte und Funk- tion der Sozialarbeit, Frankfurt/Main 1971

(27) Minister fur Wissenschaft und Forschung, Prufungsordnung fur die Fachrichtung Sozialwesen in Fachhochschulstudiengangen und entsprechenden Studiengangen an Gesamthochschulen, ErlaB-I A3- 8138.13-, Dusseldorf 28.2.1975, § 8 Fachprufungen

(28) Gesamtvorstand der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenver- ba'nde, EntschlieBung zur Ausbildung der Sozialarbeiter/Sozial- pa'dagogen an den Fachhochschulen, Aktenzeichen 4/31-02, Koln 14.9.1976.

17

(29) Priifungsordnung flir Sozialwesen NRW, a.a.O., § 8 Fachprufungen

(30) So geschehen in dem ErlaB des: Minister fur Wissenschaft und Forschung, MaBgaben zur Studienordnung der Fachrichtung Sozial- wesen an der Gesamthochschule Siegen vom 10.12.75, ErlaB-I A 3- 8112.2/120, Diisseldorf 30.4.76.

(31) Gesamtvorstand der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenver- bande, a.a.O. .

(32) Meinhold M., Zum Selbstverstandnis und zur Funktion von bozial- arbeitern Am Beispiel von Theorie und Praxis der sozialen Ein- zelfallhilfe, in: Hoi 1 stein W./Meinholf M., Sozialarbeit unter kapitalistischen Produktionsbedingungen, Frankfurt/Main 1971,

S 225

(33) Vgl. Kunstreich T., Der institutionalisierte Konflikt, Offen- bach November 1975, S. 133-176.

FORTSETZUNG: REDAKTIONSMITTEILUNG

Info-Leser haben im Herbst die Null-Nummer von pad.extra-Sozialarbeit erhalten.Im Januar 1977 erscheint die erste Ausgabe. Sie entnalt u.a. auch einen Beitrag des Redaktionskoll^ktivs uber Repression und Wider- stand im Sozialbereich. ,. ,llt. , Wir haben das Projekt einer aktuellen Monatszeitschnft diskutiert jnd uns fur eine Mitarbeit an pad.extra-Sozialarbeit entschlossen. Gerade angesichts der fiir fortschrittliche Berufsarbeit sehr schW1er- igen Situation, 1st eine engere Kommunikation und Kooperation zwischen Einzelen und arbeitenden Gruppen notwendig. Pad.extra-Sozialarbeit stellt daher fiir uns ein Medium dar, sowohl schneller in aktuel le Konflikte einzugreifen, wie auch umfassender aus dem Sozialbereich zu berichten. D.h., daB der 1977 im 6. Jahr erscheinende Info Sozial- arbeit nun nicht reduziert wird oder gar eingestellt wird - m Gegen- teil: wir begreifen beide Zeitschnften als notwendige Erganzungen Die Genossen, die im Redaktionsbeirat von Pad.extra-Sozialarbeit nut- arbeiten, werden daher diese Arbeit mit der Arbeit im Arbeitsfeld Sozialarbeit im SB verbinden.

Fiir 1977 haben wir folgende Schwerpunktthemen geplant:

Gewerkschaftsarbeit im Sozialbereich

Kinderarbeit

Altenarbeit

Heimerziehung/Jugendwohnkollektive

Die zu diesen Themen stattfindenden Arbeitsseminare werden wir in der nachsten Ausgabe des Info Sozialarbeit bekanntgeben. Wer Interesse an einer Mitarbeit hat.Materialien zur Verfiigung stellen kann etc. wende sich bitte an das Redaktionskollektiv Info Sozialar- beit im Sozialistischen BLiro, Postfach 591, 6o5 Offenbach 4.

Wer Kontakt aufnehmen will zu einer Srtlichen AKS-Gruppe, findet die Adressen auf der 3. llmschlagseite dieses Heftes.

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AKS Hamburg

PRAKTISCHE ANSATZE FACHBEREICHSBEZOGENER HOCHSCHULPOLITIK AN DER FHS HAMBURG IM FACHBEREICH SOZIALPADAGOGIK

Neben Libergeordneten Thematiken und Aktionen miissen auch Fragestel- lungen, die sich auf die direkte Situation an den jeweiligen Fach- bereichen beziehen, Gegenstand sozial istischer Politik an der Hoch- schule sein.

Fiir uns standen in dieser Hinsicht zwei Fragestellungen im Mittel- punkt der Hochschularbeit in den letzten Jahren:

1. Welche Mdglichkeiten gibt es an unserem Fachbereich, die Mehr- zahl der weitgehend politisch abstinenten Studenten in einen Poli tisierungsprozeB einzubeziehen und sie zur Vertretung ihrer Interessen zu motivieren?

2. Welche Moglichkeiten gibt es, studentische Vorstellungen zur Studienreform punktuell durchzusetzen?

Zum ersten Problem stellen wir einen Versuch dar, quer zu den ver- schiedenen sich bekampfenden Gruppierungen eine breite Eigenaktivi- ta't mbglichst vieler Studenten zu erreichen. Zum zweiten Problem berichten wir von einem Einfuhrungsseminar. Auch dieses Projekt hat u.a. das Ziel, Selbstorganisation zu ermbglichen. Beide Ansatze sind noch nicht abgeschlossen. Wir haben deshalb die Form der Doku- mentation gewahlt, urn den Verlauf und daraus resultierende Proble- me besser verstandlich zu machen. Auf eine tiefer gehende Analyse haben wir verzichtet.

Besonders im ersten Bericht kann es manchmal erscheinen, als ver- treten wir hier einen organisationsfeindlichen Standpunkt. Das ist nicht der Fall - nur: Wenn die vorfindbare Realitat selbst einseitig ist (hier: Stellungskrieg der linken Gruppen), ist es notwendig, das Moment der Antithese (hier Selbstorganisation auf der Basis gemein- samer Interessen) zu betonen. Im zweiten Bericht spielt diese Frage nur eine untergeordnete Rolle. Hier arbeiten Vertreter aller politi- schen Gruppen mit.

ZUM POLITISIERUNGSPROZESS

Zwei Voraussetzungen sind unserer Meinung nach zur Realisierung

der Integration der Studenten in einen PolitisierungsprozeB an der

Hochschule notwendig:

- die Aufhebung der Vereinzelung im Studium durch die Schaffung eines institutionalisierten Kommunikationsrahmens, der die Mb'g- lichkeit zur ungehemmten Diskussion und zur kollektiven Problem- losung bietet;

die Aufhebung, bzw. das Verhindern einer Spaltung der Studenten in aktive Kader, die sich aus Frustration urn die Muhseligkeit der Aktivierung ihrer Kommilitonen in der internen Diskussion isolie- ren, und die schweigende Mehrheit.

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Diese Oberlegungen waren Grundlage einer Initiative - die auf Stu- denten zuruckgeht, die heute z.T. 1m AKS-Hamburg mitarbeiten -, die Studentenschaft des Fachbereichs in kleinen uberfraktionellen Basisgruppen zu organisieren. Hierzu muBten praktische Ansatzpunkte gefunden werden, die das Interesse vieler Studenten beruhrten, um die Motivation flir einen solchen ProzeB zu schaffen. 1971 organisierten Studenten des 1. Semesters "Vorlesungsgruppen . Die Studenten besuchten die Vorlesungen arbei tsteilig und erstell- ten flir alle Teilnehmer der Vorl esungsgruppe Protokolle. In den Gruppen wurde dann der Stoff aufgearbei tet und es ergab si en auch die Mdglichkeit zur politischen Diskussipn.

Hierdurch wurde ein groSer Teil des Semesters uber das materiel le Interesse angesprochen, nicht alle Vorlesungen besuchen zu mussen und so Zeit und Arbeit zu sparen.

Als 1972 der Studienbetrieb weitgehend von Vorlesungen aut beminare umgestellt wurde, verloren die Vorlesungsgruppen ihre Funktion. Als neuer Ansatzpunkt boten sich die berufskundlichen Seminare an. Diese Seminare soil ten Studienberatungsfunktion haben und eine Ein- fuhrung neuer Studenten in den Studienbetrieb ernibglichen. Neue Studenten wurden in diesen Seminaren mit ca. 10 - 15 Teilnehmern, die von einem Dozenten als Berater geleitet wurden, zusammengetaBt. Seit dem WS 72/73 nehmen auch Studenten hoherer Semester als Bera- ter an diesen Seminaren teil. Seit dem SS 1973 wird die Teilnahme von studentischen Beratern an der Erstsemestereinfuhrung von einer studentischen AG-Einfuhrung planmaBig vorbereitet und durchgetuhrt. Die studentischen Berater nahmen zunachst ohne Bezahlung an der Einfuhrung teil, s tell ten jedoch schon bald die Forderung nach be- zahlten Tutorenstel len und nannten sich studentische Tutoren. lm WS 73/74 konnte die Bezahlung der studentischen Tutoren gemali der Richtlinien fur ein Tutorenprogramm an den Hamburger Hochschulen durchgesetzt werden.

Die Ausschreibung fur die Tutorenstellen erfolgt nach den Richtli- nien hochschuloffentlich. Jeder Student kann sich also fur solch eine Stelle bewerben. Im WS 73/74 faftte die studentische Vo lver- sammlung des Fachbereiches Sozialpadagogik jedoch den Besch uts, daB sich nur noch Studenten fur Tutorenstellen bewerben sol I ten, die von der AG-Einfiihrung vorgeschlagen und von der VV bestatigt wurden. Die Gelder (76.-DM/mtl . ) , die die Tutoren erhalten, sol len nach diesem BeschluB fur einen durch die VV festgelegten Zweck ge- spendet werden (z.lt. Einrichtung eines Rechtshilfefonds fur die Studenten des Fachbereichs). Diese Beschllisse wurden bis auf eine Ausnahme bisher von den Studenten eingehalten.

Die studentischen Tutoren trafen sich einmal wochentlich, um ihr Vorgehen in den berufskundlichen Seminaren (Tutorengruppen) ab- zustimmen. Ober die Hilfestellung in der unsicheren Anfangssitua- tion der neuen Studenten hinaus sollten in den Tutorengruppen auch hochschulpolitische Fragen sowie Fragen der Berufsperspektive dis- kutiert werden.

Die ursprungliche Zielsetzung der Initiatoren des studentischen Tu- torenprogramms konnte nur im Ansatz realisiert werden. Die Tutoren- gruppen sollten nach der Einflihrungsphase weiterhin auch in den hbheren Semestern (natiirlich ohne Anleitung durch studentische

2o -

Tutoren Oder Dozenten) bestehenbleiben. Fur jedes Semester sollte eine Koordinationsgruppe eingerichtet werden, die sich aus je 2 Delegierten der einzelnen Gruppen zusammensetzen und die Aktivi- taten des gesamten Semesters koordim'eren sollte (Informationsaus- tausch, Vorbereitung von Semesterversammlungen, Unterstiitzung und Kontrolle des Fachschaftsrates usw.). Gekoppelt daran war die Vor- stellung, daB auch der Fachschaftsrat sich aus je 2 Delegierten jedes Semesters zusammensetzen sollte. Zur Erlauterung fol gender Auszug aus einem Flugblatt, das zur FSR-Wahl im WS 75/76 erstellt wurde:

NICHT DEN FACHSCHAFTSRAT,

SONDERN DIE STUDENTENSCHAFT STARKEN

"Die entscheidende Frage ist: Wie konnen die Studenten auf brei- tester Ebene zur Interessenwahrnehmung mobilisiert werden? Dies kann gesahehen durch eine Institutionalisierung der breiten und permanenten Diskussion in der Studentenschaft mit dem Ziel der gemeinsamen Aktion. Modell ist die organisierte Diskussion alter Semester in Semester gruppen nach dem organisatorischen Mu- ster der Tutorengruppen, die durch eine aus Delegierten bestehen- de Semesterkoordination zusammengefalit werden. Der FSR sollte die Aktivitaten der Semester koordinieren und sich daher aus Vertretern der jeweiligen Semester zusammensetzen, Ein Sohritt auf diesem Ueg kdnnte die Wahl von je 2 Delegierten aus jedem Semester sein, die dann den FSR bilden sollten, nachdem sie auf der W bestatigt wurden. Grundlage far ihre Arbeit im FSR waren Handlungsanweisungen, die sich aus der Diskussion in monatlich stattfindenden Semesterversammlungen ergeben sollten. Im 1. und 2. Semester wdre eine zusatzliohe Kontrolle durch die Koordina- tionsgruppe gegeben.

Der Vorteil eines solchen FSR im Hinblick auf die Motivierung und

Aktivierung der Studentenschaft ware

0 fog grOliere Basis nahe (zu Semesterversammlungen kommen mehr heute als zu Vollversammlungenj die Delegierten sind in ihrem Semester besser bekannt und haufiger in Seminaren ansprechbar) ;

$ die starkere Widerspiegelung der Stromungen in der Studenten- schaft (der FSR ware dann pluralistisch und nicht nur von Sym- patisanten einer Organisation besetzt; ein Beitrag zur Aufhe- bung der Zersplitterung konnte dadurch geleistet werden, dali die Vertreter der Organisationen gezwungen waren, im FSR Kompromisse im Interesse der Studentenschaft zu schlieBen).

Wir wollen diesen Vorschlag nicht als das Ei des Kolumbus artprei- aert aber es scheint notwendig, einen Weg aus der politischen Saskgasse zu finden, in die unser Faahbereich geraten ist, und neue Ideen zu entwickeln. In diesem Sinne schlagen wir vor: § Absetzen der FSR-Wahlen (der alte FSR arbeitet kommissarisch

$ Wahl von Delegierten auf Semesterversamnlungen (Bestatigung

t Diskussion in Semesterversammlungen im Hinblick auf Handlungs- anweisungen fUr die Delegierten im FSR. "

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Dieser Vorschlag, der auch schon in frliheren Semes tern gemacht wur- de, konnte sich bisher nicht durchsetzen. Entsprechende Antrage bekamen maximal 20 % der Stimmen. Wenn sich die Orgamsationen an unserem Fachbereich sonst auch noch so sehr bekampfen, in diesem Punkt sind sie sich einig: Es muB weiterhin eine Listenwahl geben, bei der sich die Studenten zwischen verschiedenen Organisations! l- sten mit dazugehbrigen Programmen entscheiden sollen. Auch der Ver- such scheiterte, quasi von "unten" her eine derartige Semesteror- ganisation aufzubauen. Die Tutorengruppen und die Koordinationsgrup- pe losten sich immer spatestens Ende des zweiten Semesters auf.

Ein wesentlicher Grund fur diese Entwicklung war, daB sich die ak- tivsten Studenten aus den Tutorengruppen entweder einer der Orgam- sationen (MSB/DKP, SSB/KB, SSG/KBW) anschlossen, (die ^hrerseits die Tutorengruppen hauptsachlich als Rekrutierungsfeld fur neue Mi t- glieder ansahen), oder sich in Selbstorganisationsgruppen zusammen- schlossen. Sie nahmen die Mitarbeit an den Tutorengruppen nicht mehr so ernst und isolierten sich schlieBlich von der Masse der stu- denten in ihrem Semester. Ohne die Mobilisierung durch die aktiven Studenten versandete die Diskussion in den Tutorengruppen und sie losten sich schlieBlich auf.

Wir haben aus diesen Erfahrungen gelernt, daB die an sich wunschens- werte Organisierung der Studentenschaft in Uberfraktionellen Gruppen z.Zt. nicht realisierbar ist, da gerade die neuen Studenten durch die Probleme, die mit der Aufnahme des Studiums verbunden sind, sich sehr verunsichert fuhlen und nach einer starken Onentierung Aus- schau halten, die ihnen sehr bereitwillig von den bekannten politi- schen Studentenorganisationen angeboten wird. Dies hat zur hoige, daB ein Teil der Studenten relativ kritiklos auf den Organisations- zug aufspringt und sich fur eine sehr engsichtige Parteiladenpoli- tik vereinnahmen laBt, die an unserem Fachbereich eine starke Poia- risierung der linken Gruppierungen bewirkt und so eine eigentncn notwendige konstruktive Zusammenarbei t weitgehend unmoglich gemacht hat.

Die Konsequenz, die wir daraus gezogen haben, ist der Aufbau einer zusatzlichen AKS-Gruppe im Ausbildungsbereich, um einerseits dem Bedlirfnis der aktiven Studenten nach einer politischen Diskussion , die liber die Mbglichkeiten in den Tutorengruppen hinausgeht, Recn- nung zu tragen und andererseits auch bei diesen Studenten das Be- wuStsein Liber die Notwendigkeit der politischen Arbeit mit wemger aktiven Kommilitonen zu scharfen, um so der Isolierungstendenz vorzubeugen. , ,. . .

DaB eine derartig "basisorientierte" Gruppe durchaus auf dies mter- esse der parteimiiden, aber politisch interessierten Studenten stoBt, zeiqten die ersten bffentlichen Versammlungen der AKS-Gruppe Hoch- schule zu Beginn des WS 76/77. Ca. 40-50 Studenten beteiligten sich an einer Info-Veranstaltung. Die AKS-Gruppe Hochschule selbst hat z.Zt. ca. 15 Mitglieder.

22

ANSATZE ZUR STUDIENREFORM

Aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen sind z.Zt. die Mbglich- keiten zur Durchsetzung studentischer Vorstellungen zur Studien- reform gering, dennoch sollten punktuelle Mbglichkeiten zur Veran- derung auf der Grundlage von einigermaBen klaren Vorstellungen fur ein Ausbildungskonzept unbedingt wahrgenommen werden. Durch die Beschrankung der uns zur Verfugung stehenden Seitenzahl kann hier nicht auf die rechtlichen Rahmenbedingungen, generelle Durchsetzungsmbglichkeiten, die Darstellung der gegenwartigen Aus- bildungssituation und der Diskussion Liber die Studienreform in Ham- burg, sowie auf die bisher von uns entwickelten Vorstellungen flir ein Ausbildungskonzept eingegangen werden. Da es jedoch viele Paral- lelen zu anderen Fachbereichen der Sozialarbei t/-padagogik geben dlirfte, sollten die folgenden AusfLihrungen auch ohne den entspre- chenden Hintergrund verstandlich sein.

Nur soviel zum Verstandnis: Das "Berufskundl iche Seminar" lauft zweistundig in den ersten beiden Semestern (s,o.). Sein Ziel ist die Einflihrung in Probleme des Studiums und der spateren Berufs- felder. Es ist gekoppelt mit einer Studienfachberatung. Nachdem die oben geschilderten Ansatze, die sich aus solchen Berufskund- lichen Seminaren entwickelt hatten, gescheitert waren, versuchte eine Gruppe Zweitsemester und einige Studenten hbherer Semester, dieses Seminar selbst umzustrukturieren. Damit wurden zugleich die bisherigen Erfahrungen aufgearbeitet. Diese "AG Einflihrung" legte im Dezember 75 den dozentischen Tutoren in einem Vorberei- tungsgesprach flir die Erstsemestereinfiihrung im SS 76 folgenden Vorschlag vor:

Zur inhaltlichen und organisatorischen Gestaltung der berufskundl i- r^fP Spminare im SS 76 und WS 76/77

1 Inhaltliche Gestaltung

Zielsetzungen der Seminare:

I Einflihrung in den Studienbetrieb, d.h., Vermittlung notwendiger

Grundinformationen liber das Studium und den Fachbereich, Hilfe-

stellung bei Anfangsschwierigkeiten | Fbrderung von Kontakten unter den. neuen Studenten t gemeinsame Reflektion aktueller Probleme am Fachbereich

1 ansatzweise Erarbeitung einer Berufs- und der damit verbunden Studienperspektive.

Die zur Verfligung stehende Zeit betragt 2 Wstd. im Zeitraum von

2 Semestern. Die Seminare werden von einem dozentischen Tutor in Zusammenarbei t mit maximal 2 studentischen Tutoren geleitet.

Die "AG Einfiihrung" schlagt folgende Grobstruktur vor:

1 Phase - Kennenlernen, Studieneinstieg, Grundinformationen z.B. Stundenplan, Scheine, was ist wo usw. (ca. 4 Sitzungen).

2 Phase - a) Reflektion aktueller Probleme am Fachbereich

b) ansatzweise Erarbeitung einer Berufs- und Studien- perspektive mittels des Versuchs einer ansatzweisen Analyse des Sozialinstrumentariums in einem begrenz- ten Wohngebiet. Die zeitliche Gewichtung der beiden Aspekte muB noch diskutiert werden (14tagiger Wechsel oder Teilung der wbchentlichen Sitzun- gen).

Fur die Realisierung von Punkt b) werden folgende Schritte vorge- schlagen:

1. Fragestellung - was wird auf dem Gebiet der SA/SP im betreffenden Wohngebiet gemacht? Auflistung der Einrichtungen und Initiative^ Lernen von Moglichkei ten der Informationsbeschaffung (wo kann man nachschlagen, hingehen, anrufen)

2. Erstellung eines Fragegeriistes zur systematischen Sammlung der Inforraationen Liber Einrichtungen und Initiativen im Wohngebiet: t Auftrag der Einrichtung (welcher und wo festgelegt/Gesetz)

Trager

materielle Situation

- personelie Kapazitat

Soil /Real ita't, Fallzahl o.a., Arbeitsbelastung, Vorbildung der Mitarbeiter

- finanzielle Kapazitat (welche Mittel stehen zur Verfugung, woher kommen sie?)

- Raume, Material

Konzeption . .

Entscheidungsstmktur (Wie 1st sie rechtlich deternnmert, wie laufen Entscheidungen tatsachlich ab, gibt es Mitarbeiterbe- sprechungen, wie haufig?)

Wirksamkeit der Einrichtung im Wohngebiet (Zielgruppe, Verhalt- nis Bevblkerung-Aktenbevblkerung,' Dffentlichkeitsarbeit, Beur- teilung der Wirksamkeit durch die Mitarbeiter)

Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen

Sammlung von Strukturdaten Liber das Wohngebiet

3. Erkundungsphase, Einholen der Information mit Hilfe des Frage- gerlistes (Einteilung der Gruppe in Kleingruppen, 2-4)

4. Auswertung, Verallgemeinerung , Konsequenzen

(insbesondere im Hinblick auf die Berufsperspektive und Studien- ordnung) . . .

Eine Zusammenarbeit mit anderen Seminaren ware, soweit mogncn, langfristig anzustreben. (z.B. Recht, Soziologie, Padagogik).

2. Organisatorische Gestaltuna

Einteilung der Studenten in die Tutorengruppen

Der bisherigen Aufteilung der Erstsemester in Tutorengruppen (berufs- kundliche Seminare) lagen keine besonderen Gliederungsprinzipien zugrunde. Sie ergab sich eher zufallig.

Als sinnvolles Gliedrungsprinzip bietet sich die Einteilung der Studenten nach brtlichen Gesichtspunkten an. Die Studenten sollten so auf die Tutorengruppen verteilt werden, daB diejenigen, die in raumlicher Nahe zueinander wohnen, in einer Gruppe zusammengefaBt sind. Das entsprechende Wohngebiet kbnnte den Rahmen fur den Versuch der Analyse des brtlichen Sozial instrumentariums durch die jeweili- ge Gruppe darstellen.

Dieses Gliederungsprinzip kann m'cht in alien Fallen konsequent durchgehalten werden (Umzug, Massierung der Studenten in bestimmten Wohngebieten), bietet aber einen Ansatz fur eine sinnvolle Auftei- lung.

- 24

Die Vorziige dieses Gliederungsprinzips sind folgende:

Es kniipft an den soziobkonomischen Bedingungen der Studenten an und berucksichtigt den gemeinsamen Erfahrungshintergrund bezogen auf Wohnbedingungen, Abhangigkeiten von dense! ben Verwaltungen usw.

Es fordert die Kontaktaufnahme unter den Studenten und begiinstigt eine gemeinsame Handlungsebene.

Die "AG Einflihrung" bietet sich an, die organisatorischen Vorarbeiten zu Libernehmen:

Durchsehen der Listen der angenommenen Bewerber t Einteilung nach den o.g. Kriterien

Verschicken eines Informationsbriefes vor Semesterbeginn

Supervision der Tutoren

Die "AG Einflihrung" schlagt vor, einen Studienberater der Allgemeinen Studienberatung der Fachhochschule als Supervisor zur Begleitung

der Einflihrung einzusetzen. Die AG Einflihrung wird als Seminar insti- tutional isiert. Die Teilnahme der dozentischen Tutoren wird, soweit die Arbeitsbelastung der Dozenten dies zula'Bt, begru'Bt. Die studen- tischen Tutoren sind zur Teilnahme verpflichtet. Das Interesse der Allgemeinen Studienberatung der Fachhochschule ist die Erprobung neuer Mbgl ichkeiten der Studienberatung. und Einflihrung in das Stu- dium, die Auswertung eines solchen Versuchs und die OberprLifung von Obertragungsmbgl ichkeiten auf andere Fachbereiche. . .

Ein Teil der Dozenten war mit dem Konzept einverstanden und sagte eine Zusammenarbeit zu. Der andere Teil war skeptisch bis ablehnend. Als Begrlindung fur die teilweise ablehnende Haltung wurde genannt:

- Aufwendigkeit des Konzeptes

- inhaltliche Ausrichtung (einige Dozenten wollten das Seminar zu einer Veranstal tung flir die Vermittlung von Techniken des wissen- schaftlichen Arbeitens machen)

- die geplante Beteiligung eines Angehbrigen der Prasidialverwal tung (Studienberater) als Supervisor der Tutoren.

Die "AG Einflihrung" legte daraufhin ein weiteres Papier vor, in dem die Planung flir den Ablauf der berufskundlichen Seminare konkreti- siert wurde:

7um Ablauf des Berufskundlichen Seminars SS 76 - WS 76/77

1 . Zielsetzung

Mit den im Vorschlag vom Dezember 75 genannten Zielsetzungen (Ein- flihrung in den Studienbetrieb, Fbrderung von Kontakten, Reflektion aktueller Probleme am FB, Studien- und Berufsperspektive) verbinden sich didaktische Zielsetzungen:

Im neuen Sozialisationsfeld "Fachhochschule" sollen nicht nur kognitive, sondern auch affektive Erfahrungen aufgearbeitet werden, (Ansprache von fingsten, Isolation und Konkurrenzmechanisnen; Gruppenbildung nach Wohnbereichen).

Das Reflektionsvermbgen dariiber soil geweckt bzw. verstarkt werden. t Durch die Arbeit in Gruppen (kooperatives Lernen) sollen ansatzwei-

se Handlungsalternativen entwickelt werden, damit die zukiinftige Studien- und Berufssituation nicht passiv hingenommen wird, sondern eine aktive Auseinandersetzung mit ihr mbglich wird.

- 25 -

2. Verhaltnis Dozenten (dozentische Tutoren) - Tutoren (studenti- sche Tutoren) - Studenten

Das Verhaltnis dieser drei Gruppen 1st nle "P»nnu|J9»\"tf JS"™**"

frei. ErfahrungsgemaB ergeben sich drei typische Konstellationen.

.Der Tutor iden?ifiziert sich mit den, Dozenten als Lehrenden und unterstiitzt damit das starke HierarcMeempfinden der Studenten - besonders bei den Erstsemestern und besonders bei der Tendenz bei- der LehrVortraqe zu halten. „. .. ..

. Der Tutor identifiziert sich mit den Studenten - haufig "gegen" den Dozenten. Die Auseinandersetzung bqider bestimmt den Seminar- verlauf, wobei der Tutor die Interessen der Studenten zu vertre- ten glaubt - und damit die Eigeninitiative der Studenten verhin- dert deren Frustration sich dann haufig gegen den Tutor wendet) .

. SSnffi und Tutoren sind sich dieser Risiken bewuBt und p anen gemeinsara ihren jeweiligen Part - unter moglichst fruhzeitiger Einbeziehung der Studenten.

3. Das Tutorenseminar

In der Darstellung dieser drei Mbglichkeiten ist enthalten. daB nur Sie dritte die anstrebenswerte ist. Hierbei mitzuwirken ist die eine Funktion des Tutorenseminars - z.B. durch Besprechung von Pro-

tokollen ("Fall besprechung" ). ru.i,„.Hnn nahPi

Die andere Funktion hangt eng damit zusannen: die Evaluation. Dabei aeht es nicht in erster Linie um "Produktevaluation , d.h. z.B urn die Ms welches Wissen in den. Seminar '^haW wurte, sondern

urn "Verfahrensevaluation", d.h. um standige Reflexion darube r ob die Durchfuhrung des Seminars den Zielen angemessen ist bzw daru ber, welche Mnderungen im Vorgehen notig sind Diese Funktionen kon nen nur erfUllt werden, wenn neben den studentischen Tutoren mog lichst viele dozentische Tutoren bei der gemeinsamen Planung im lu torenseminar mitwirken.

4. Zeitplanung

Dera Seminar stehen im SS und WS 35 Stunden zur VerfUgung (19 + 16 WStd ) Da erfahrungsgemaB immer eimge Stunden ausfa len, kann von 31 bzw 32 WStd. ausgegangen werden. Daraus ergibt sich folgende mbgliche Zeiteinteilung: Einfuhrungsphase J "*?»•

Fachhochschulbezogene Phase 14 Wbtd.

Berufskundliche Phase 14JW5r*i. *> J1(,h. Phasa soli-

Die fachhochschulbezogene Phase und die berufskundliche Phase soil til im wSchentlichen Wechsel stattfinden. Dabei ist eine hohere Flexibility fur den Fall gegeben, daB eine Phase mehr Zeit ertor- dert.

5. Inhaltliche Planung

Die inhaltliche Planung und die Durchfuhrung kbnnen und sol len nicht starr festgelegt sein, da sonst eine Revision wa'hrend der Durchfuh- rung schwierig ist. Besonders fur die Planung des WS konnen nur all- gemeine Rahmenbedingungen genannt werden.

26

5.1. EinfUhrungsphase

Ziele der Einfuhrungsphase:

Gegenseitiges Kennenlernen der Seminarteilnehmer

Hilfen geben zur Bewaltigung der neuen Situation (Studienplanung (PO, Sto), Hochschulpol itik, Ansprache sozialer Angste)

Sinn und Ziele des berufskundlichen Seminars erbrtern.

Vorschlag fiir die Durchfiihrunq der ersten Stunde:

Tutoren und Studenten stellen sich vor; Namensschilder werden auf- gestellt (sich mbgl ichst haufig mit Mamen ansprechen)!

Ausgabe von anonymen Bbgen mit zwei Fragen:

- Welche Erwartungen hast Du an das Studium?

- Welche Beflirchtungen verbindest Du mit dem Studium, besonders mit der jetzigen Anfa'ngersitutation?

Antworten unter allgemeinen Kategorien an Tafel sammeln, Haufig- keiten festhalten (z.B. Lernerfolg, soziale Lage, Berufsfelder etc.)

Diskussion der Schwerpunkte unter dem Gesichtspunkt, welche Erwar- tungen/Befiirchtungen wo und wie angesprochen werden. Damit ist zu- gleich ein StUck Seminarplanung besprochen, in die darn ausflihrli- cher eingestiegen werden kann.

Gegen Ende der Stunde: Eingabe der Papiere

- Einfuhrungspapier

- Papier zu Seminarverlauf

- Fragebogen zu Studienmotivationen/Berufsvorstellungen/Klientel- gruppen.

Leitfaden fur die 2. bis 4. Stunde ist das Einfuhrungspapier und Pa- pier zum Seminarverlauf.

5.2. Fachhochschulbezogene Phase

Die Vorausplanung dieser Phase ist kaum mbglich. Da Themen sowohl Probleme der Studiensituation als auch des Fachbereichs der Fach- hochschule sein konnen, reicht die Spannweite von den Prufungsforde- rungen und Studientechniken bis hin zur Hochschulpol itik (z.B. Ge- samthochschule).

Determinanten dieser Phase sind zum einen die Inhalte, die in der Einfuhrungsphase bearbeitet werden, zum anderen die aktuellen Pro- bleme der Studenten in den anderen Seminaren. Beachtet werden sollten in dieser Phase folgende Punkte: t "Dort anfangen, wo der Student steht", d.h. z.B. auch Details be- sprechen, die einem selbst schon selbstverstandlich sind, oder: nicht Informationsquellen nur nennen, sondern auch den Weg, wie man an sie herankommt. I "Die Situation im Seminar selbst zum Thema machen", d.h. die Dis- kussion von Problemen der Gruppe/in der Gruppe sollte in der Form einer laufenden Seminarkritik stattfinden (z.B. immer am Ende einer Stunde). Damit ist zugleich eine OberprLifung der Position der dozentischen und studentischen Tutoren verbunden, die einen Teil der Verfahrensevaluation ausmacht.

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5.3. Berufskundliche Phase

1. Abschnitt: Stadttpi Ibeoehunq

Ziel: Benennung einer Soll-Struktur sozialer Einrichtungen/MaBnahmen

in einem Stadtteil. Durchflihrung: (ca. 3 Std.)

Stadtteil begehung .... •, -!.„..„„•-

Protokollieren der Eindriicke: Bausubstanz, geschatzte Wohnungs- groBen, Versorgung mit Laden, Gaststatten, Waschsa ons, Verhaltms von Worn- und Arbeitsplatzen usw.. Die Begehung sollte nit der ge- samten Gruppe stattfinden oder zumindest so, daB der Endpunkt em oemeinsamer Treffpunkt ist (Gastst'a'tte) .

. Vert efung des protokollierten Eindrucks durch Statistiken und Beschreibungen (das Material muB vorher von der Tutorengruppe er- arbeitet werden). .„.-,■,_

Diskussion der Ergebnisse mit dem Ziel, eine ideale soziale Infrastruktur zu beschreiben. (Soll-Struktur)

2 Abschnitt: Vorbereitung HPr Berufsfelderkundung zi el rests tell ung der Ist-Struktur sozialer Einrichtungen und Er- ste una von Fragebbgen. Durchfuhrung: (ca. 3 Std. bis Ende des SS) Unterlei'lung der Gruppe nach Klientelgruppen, deren Jestl^ng aus der Soll-Struktur hergeleitet wird (Kinder, Jugendliche, Alte)

(Pro Gruppe ca. 2-3 Stud.)

Aufgabe dieser Untergruppen ist es

- herauszufinden, welche institutionen/MaBnahmen es fur lhre Klien telqruDPe in dem Stadtteil gibt,

- einen sbeziellen Fragebogen fur diese Institutionen zu entwik- ke?n (Die Grundstruktur des Fragebogens sollte vorgegeben wer- den, damit die Vergleichbarkeit gesichert bleibt - vergl . Vor-

t DieCTutorenZunterstutzen die Untergruppen bei ihrer Aufgabe (Eingabe von Adressenmaterial usw.) „.,„„,..

Austausch der Ergebnisse in der Gruppe und deren Diskuss!on.

3. Abschnitt: flrheitsfelderkundunq (WS 76/77)

Ziel: Analyse der Ist-Struktur sozialer Einrichtungen in einem Stadt- teil

Befragung der Institutionen anhand der Fragebogen

Auswertung der Fragebogen

. Diskussion der Ergebnisse (Vertiefung/Verallgeraeinerung).

Eine Einschatzung des bisherigen Verlaufs gibt das Protokoll des

Tutorentreffens void 8.7.1976 wieder:

"Der Verlauf in den Gruppen war auBerordentlich unterschiedncn.

Einige Gruppen fUhrten das Konzept mit Erfolg durch, andere hielten

sich zwar an das Konzept, waren damit aber unzufrieden, wiederum

andere haben das Konzept nur ansatzweise realisiert.

Folgende Probleme wurden angesprochen:

1 Dadurch, daB das Seminar neben den Vollversammlungen mittwochs stattfand, fielen vor allem zu Beginn viele Sitzungen aus. Die Ent- wicklung in den Gruppen verlief allein schon deshalb unterschiedlich.

2. Die Zweiteilung in fachhochschulbezogenen Teil und berufskundli- chen Teil wurde z.T. als problematisch empfunden.

28

Da zunachst Studienprobleme aller Art im Vordergrund standen, wirkte der berufskundliche Teil haufig "aufgesetzt". Schwierig war es auch, den Stellenwert des berufskundlichen Teils im Zusam- menhang mit dem Gesamtkonzept zu vermitteln.

Die Gruppen, die von einer positiven Verkoppelung beider Teile sprachen, nannten dafUr folgende Grlinde:

- Zusammensetzung der Gruppe

- Wahl des Stadtteils, Art der Stadtteil begehung.

In diesem Zusammenhang wurde diskutiert, wie man die Einfuhrungs- phase verbessern kbnne (z.B. Blockseminare), bzw. wie man den be- rufskundlichen Teil besser einbringen kbnnte (z.B. starkerer Bezug zur Schwerpunktwahl ) .

3. In den Gruppen wurde die Stadtteil begehung in unterschiedl icher Weise mit unterschiedl ichem Erfolg durchgeflihrt.

Aufteilung der Gruppe in Kleingruppen mit speziellen "Auftragen", z.B. Spielplatze, bzw. Spielmoglichkeiten zu erkunden, Erkundung spezieller Einrichtungen einzel ner Klientelgruppen.

Gemeinsames Begehen mit der ganzen Gruppe ohne vorherige Differen- zierung oder vorherige Information.

Die Gruppen, die zu einem Zeitpunkt die Stadtteil begehung durch- fiihrten, trafen sich danach in einer Wirtschaft. Einige Gruppen gingen auch einzeln oder in kleinen Gruppen zu unterschiedl ichen Zeiten in den Stadtteil.

Die Vorbereitungen flir die Stadtteil begehung waren ebenfalls sehr unterschiedlich. Sie reichten von der Diskussion urn das Problem der Stadtteil begehung bis zur Beschaftigung mit Statistiken. Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Art der Stadtteil begehung und Erfolg konnte nicht festgestellt werden. Insgesamt war die Zufrieden- heit Liber die Stadtteil begehung nicht sehr hoch. Vor allem das Pro- blem der Auswertung konnte bis jetzt von keiner Gruppe gelost wer- den.

4. Beklagten einige Gruppen die rezeptive Haltung der Studenten, das Abbrbckeln der Teilnehmer, das Desinteresse am b.T., berichteten an- dere Gruppen von starker Initiative der Studenten, gleichbleibenden Teilnehmerzahlen und starkem Interesse.

« Vor allem aus Gruppen des ersten Typs kam die Frage nach formal en Regelungen: Kann der Schein flir Fachstudienberatung ausgegeben wer- den, wenn die Teilnahmezu selten war? Kann die rezeptive Haltung der Studenten durch starkere Strukturierung oder durch "Anreize" abgebaut werden?

« Vor allem aus Gruppen des zweiten Typs kamen dagegen die Oberlegun- gen: Wird durch zu starke Strukturierung und inhaltliche Planung die rezeptive Haltung verstarkt und Initiativen abgeblockt?

5. Obereinstimmend positiv bewertet wurde die Zusammensetzung der Studentengruppen nach Wohngebieten. Das hat die soziale Integration der Anfanger in ihre neue Situation wesentlich erleichtert (wahrend der Zusammenhang mit der Stadtbegehung nicht immer gesichert war). Als positiv wurden weiter die privaten Treffen auBerhalb der Seminar- stunden gewertet. Die positive emotionale Atmosphare beinhaltet al- lerdings die Gefahr, daB die Inhalte zu kurz kommen. Vor allem flir den weiteren Verlauf ist das wichtig: Mit zunehmender Sicherheit im Studium verliert das Seminar diese soziale Funktion, der Schwerpunkt

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muB jetzt auf den zu vermittelnden Inhalten liegen. ...

6 Vor all em von den studentischen Tutoren wurde Unbehagen und Kritik an ihrer eigenen Rolle geiibt. Zum einen fuhlten sich eimge in die Rolle des "Lehrenden" gedrangt, die sie ablehnten, zum ande- ren kritisierten sie die Rezeptivitat der Studenten und forderten starkere inhaltliche Strukturierung und didaktische Mittel - also mehr "Attribute" des Lehrenden. Dieses Dilemma wurde zusatzlicn durch die nicht ausreichenden Vor- und Nachberei tungsmoglicnkeiten verstarkt. Ober das Verhaltnis der drei Gruppen zueinander wurde nicht eingehend diskutiert. Zu starken Spannungen zwischen den Grup- pen scheint es aber nicht gekommen zu sein...

Zum WS 1976/77 wurde folgender Vorschlag diskutiert und angenommen:

1. Stunde: Diskussion der allgemeinen Probleme von Bel egen/Studi en- plan usw. , . . , Am Ende der Stunde: Ausgabe des Schwerpunktepapiers

2 und 3. Stunde: Diskussion des Papiers und Sammlung von Fragen, die in der Diskussion nicht beantwortet werden konnen. Soweit notig: Probleme des Belegens/Studienplan.

4 Stunde: 1. gemeinsame Veranstal tung aller Gruppen: Einfuhrung in die Schwerpunkte "Erziehung und Bildung (Vorschul- erziehung, Heimerziehung, Heilpadaogik u.a.) durch die zustandigen Dozen ten.

5 Stunde: 2. gemeinsame Veranstaltung aller Gruppen: Einfuhrung in die Schwerpunkte "Soziale Behandlung" (Jugend- . Fami- lienfiirsorge, Gruppenarbeit, Gemeinwesenarbeit u.a.) durch die da fiir zustandigen Dozenten.

6 Stunde und nachfolgende: Exemplarische Aufarbeitung der Stadt- teilbegehung unter Einbeziehung der in der Gruppe mteressierenden

Be?spieM:6Arbeit in Hausern der Jugend: Vergleich der sozialen und demographischen Struktur der Jugend mit der Besucherstruktur der Hauser der Jugend. Diskussion der sich daraus ergebenden Probleme mit den Mitarbeitern von Hausern der Jugend.

BeisDiel 2- Verqleich der sozialen und demographischen Struktur der Familien mit der Klienten-"Struktur" der Jugend und Famil lenfursor- ge. Diskussion der daraus sich ergebenden Probleme mit den Jugena- und Famil ienf'ursorgern.

Mit diesem Vorschlag wollen wir dem Bedlirfnis bei vielen Erstsemestern, mdglichst schnell und umfassend uber die mbglichen .Schwerpunkte in- formiert zu werden, entgegenkommen.Da jeden aber mcht alle icnwer ounkte interessieren, auf der anderen Seite aber Interesse manchnal erst durch Erfahrung geweckt wird, scheint das exemplarische Vorgehen, bezogen auf einen Stadtteil, am sinnvollsten.

Z.Zt. konstituiert sich eine neue "AG Einfuhrung" fur die Erstseme- ster des SS 77. Sie wird damit beginnen, die gemachten Erfahrungen aufzuarbeiten.

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Kurt Sprenger

BERUFSPRAKTIKUM :

OB EINPHASIG, OB INTEGRIERT,

WER SICH NICHT RUHRT, WIRD ANGESCHMIERT

"Modern ausgebildete Sozialarbeiter sind renitent Sie sind etwas uberheblich, zu theoretisch und zu xis orientiert, wollen die Gesellschaft verandern gern unter und wollen die Innenstruktur der Amter Einschatzungen teilen rund 40 % der Leiter von So a'mtern.

Dr. Bauerle, Leiter des von der Arbeiterwohlfahrt tuts fiir Sozialarbeit und Sozialpadagogik, sprach "Oberqualifizierung" der Fachhochschul-(FH-)Absol Dr. Bauerle diese Oberqualifizierung bejaht, da d bildung ... das einzige in der notwendigen Breite ment (sei), die Praxis zu reformieren" (2), spric einigung der kommunalen Spitzenverbande "schlicht ret i si erenden Verwi ssenschaf tl i chung" .

Nachdem die goldenen Zeiten familialer Kooperation zwischen Ausbil- dungsstatten und Anstellungstragern mit Einfuhrung der Fachhochschu- len endgultige Vergangenheit sind, fordert diese einfluSreiche Ver-

. ~„ ^.-i na 'Miii-z-K Pf 1 -i r hf nv^iif I inrtan halonf a hraitfl ^v.| mHa nc K-i 1 Hun

und unpraktisch." wenig an der Pra- ordnen sich nicht andern. (1) Diese zial- und Jugend-

getragenen Insti- 1972 dezenter von venten. Wahrend ie Reform der Aus- wirksame Instru- ht die Bundesver- von einer "theo-

die "die Mogncnkeit des TiexiDien Kersonaieinsatzes" ermdgl ■.„.. „. Die "zu weitgehende Wahlfreiheit" soil zugunsten der Verwaltungs- und Rechtsfa'cher abgebaut werden. Die unangepaBten Sozialarbeiter "verursachten in ihrer Behbrde ... Konflikte statt sie zu Ibsen". Deshalb erwarten die Sta'dte, Gemeinden und Kreise von der Ausbildung an den Fachhochschulen, daB sie in ihren Zielen die verfassungsma'Bi- ge Ordnung und die gesellschaftl iche Wirklichkeit in der Bundesrepu- blik achtet. In den Fachhochschulen muB auch vermieden werden, den Sozialarbeitern eine falsche Grundhaltung gegeniiber ihren kommunalen Dienstherren zu vermitteln. Wer in den Dienst einer kommunalen Ge- bietskbrperschaft tritt, hat die Entscheidungen der kommunalen Orga- ne zu achten und auszufuhren. Es ist verfehlt, eine Grundhaltung zu vermitteln oder zu fbrdern, die die Zustandigkeiten der kommunalver- fassungsrechtlichen Organe infrage stellt und dazu flihrt, daB offen gegen sie gewirkt wird."

Die kommunalen Spitzenverbande fordern deshalb auf "Landerebene in- formelle (!) Gesprachskreise. .. , in denen Vertreter aus dem Bereich der b'ffentlichen und freien Trager des Jugend-, Sozial- und Gesund- heitswesens, der Fachhochschulen sowie Vertreter der fachlich betrof- fenen und die Aufsicht ausiibenden Ministerien gemeinsam die zentra- len Ausbildungsinhalte und andere Fragen der Ausbildung erdrtern, inn deren Praxisbezogenheit sicherzustellen". Sie drohen unmiBver- ct-andlich: "Fachhochschulen, die diese (o.g.) Notwendigkeit mcht beachten, laufen Gefahr, den beruflichen Erfolg ihrer Absolventen zu

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beeintrachtigen." (3) Da "informelle Gesprachskreise' den notwendigen EinfluB auf die "autonomen" Fachhochschulen nicht gewahrleisten, soil das Berufspraktikum entsprechend den Empfehlungen des Deutschen Vereins fur bffentliche und private Fursorge zweiphasig (s. weiter unten) organisiert werden.

nicht erschdpft ist, zeigt die ters Rau: "Die Anstellungstrager, n in gleicher Weise, haben durch daruber gelassen, daB sie nicht n Berufsvollziige zu wenig ausge- u erwartenden hbheren Gehaltsfor- seinfUhrungsjahr (!) bei den nach Fachhochschulen bleiben sollte." sungsmittel dienen die Plane fur (5).

DaB das Repertoire an Druckmitteln AuBerung der NRW-Wissenschaftsminis und zwar die koramunalen wie private ihre Spitzenverbande keinen Zweifel bereit sind, die fur die praktische bildeten FH-Absolventen mit ihren z derungen abzunehmen, wenn das Beruf ihrer Meinung hierfur ungeeigneten (4) Als wei teres politisches Erpres eine "Sozialassistentenausbildung"

WIE 1ST DAS PROBLEM ENTSTANDEN?

1960 wurden die Berufsakademien und Wohlfahrtsschulen, die bis dahin den Berufsnachwuchs ausgebildet hatten in Hohere Fachschulen tur Sozialarbeit/-padagogik umgewandelt Die Gliederung der Ausbil dung (ein Jahr Vorpraktikum - zwei Jahre Studium einschl lefll ich Block- und Begleitpraktika - ein Jahr Beruf spraktikum) wurde ajgunsten der the- oretischen Ausbildung angehoben: drei Jahre Studium e inschl eBl ch Block- und Begleitpraktika plus ein Jahr Berufspraktikum. FUr alle Praktika - auch das Berufspraktikum - war eindeutig die Lenkungs- kompetenz der Hbheren Fachschule gegeben, das Berufspraktikum ein- deutig Teil der Ausbildung.

Diese Anhebung der Ausbildung zahlte sich fur die Sozialarbeiter, jetzt eindeutig Angestellte oder.Beamte des .^hobenen Dienstes erst 1971 aus. Spatestens nach vier Berufsjahren (bis zur Krise 19/4/ 75 wegen des Sozialarbeitermangels meist fruher) erfolgt d e Eingrup- pierung in die Gehaltsstufe BAT IV b statt bis dahin BAT VI b.

Im Zuge der Hochschul reform, auf die hier nicht naher eingegangen wird, wurden die "HFS"-en zu "FHS"-en (Fachhochschulen). Die Abkur- zungsbuchstabenumgruppierung tauschte jedoch nicht nur eine "«us- anhebung der Absolventen vor, die jetzt ihre theoretische Ausbildung mit der Graduierung abschlieBen, sondern war zugleich mit biidungs- politischen Extravaganzen verbunden, wie sie nur auf dem Boden kui turhoheitlichen Provinzialismus der BRD gedeihen kbnnen. Wahrend in Bayern und Baden-Wurttemberg die Ausbildung formal der EWG-Norm (achtsemestriges Studium) angepaBt wurde, dauert in alien anderen Bundeslandern die FHS-Ausbildung nur sechs Semester. Unklar und zu- nehmend uneinheitlicher ist das daran anschlieBende Berufspraktikum geregelt, obwohl Gewerkschaften, Beruf sverbande und Ausbildungsstat- ten die Integration des Berufspraktikums in die theoretische Ausbil- dung forderten.

INTEGRIERTES BERUFSPRAKTIKUM - "FORTSCHRITT" AUF BAYRISCH

Das formal achtsemestrige Studium in Bayern und Baden-Wiirttemberg. (die Regelungen in Baden-Wiirttemberg sind denen in Bayern ahnlich. Im folgenden werden daher die bayerischen Verhaltnisse dargestellt.)

32 -

ist keineswegs eine "fortschrittliche" Lbsung. Auf "die Erfordernisse der Industrie, Wirtschaft, Verwaltung, Behbrden, sozialen Einrichtun- gen und Kirchen besonders ausgerichtet" (6), absolvieren die Sozial- arbeiterstudenten in Bayern in 5. und 6. Semester zwei praktische Stud i en semester unter Betreuung durch die Fachhochschule. "Da die praktische Ausbildung Bestandteil des Studiums ist, steht dem Studie- renden ein gesetzlicher Anspruch auf eine Vergutung durch die Aus- bildungsstelle nicht zu. ... Etwaige Vergiitungen der Ausbildungs- stellen werden auf die Leistungen nach dem Bundesausbildungsfbrde- rungsgesetz voll angerechnet." (7)

Damit der EinfluB der Fachhochschule nicht 'zu groB wird, bindet die "Studienordnung ... den Studierenden an die Ordnung seiner Ausbil- dungsstelle (d.h. der Dienststelle, d.V.) ... VerstbBe gegen die Ordnungen kbnnen einen wichtigen Grund bilden, der die Ausbildungs- stelle zur vorzeitigen AUflbsung des Vertrages berechtigt." (8) Ein solches Praxissemester muB durch die FHS-Prufungskommission anerkannt werden und es wird im Rahmen eines Collogquiums gepruft, ob das je- weilige Ausbildungsziel erreicht wurde Oder nicht. "Das Bestehen der Priifung ... ist Voraussetzung fur das Weiterstudium." (9)

Damit trotz achtsemestrigem Studium - und darin liegt insbesondere der formale Charakter der bayerischen Lbsung begru'ndet - der gradu- ierte Sozialarbeiter (eine staatliche Anerkennung wird nur auf Wunsch erteilt, urn Nachteile in anderen Bundeslandern zu vermeiden) nicht auf den Gedanken kommt, er sei Angehoriger nicht des "gehobenen Dien- stes", sondern des "hbheren Dienstes", werden die Praxissemester laufbahnrechtlich nicht anerkannt. Die Ausbildung endet mit der Gra- duierung.

Wahrend in Bayern unserer Kenntnis nach die staatliche Anerkennung als Sozialarbeiter/-padagoge auf bloBen Antrag hin erteilt wird, mussen die graduierten Sozialarbeiter in Baden-Wurttemberg vor einer Kommission des Regierungsprasidenten - beteiligt sind auBerdem Ver- treter der Trager von Sozialarbeit und Dozenten der FHS - ein Kollo- quium bestehen. Besondere "Praxisnahe ": Im Sommer 1976 sind Liber- durchschnittlich viele graduierte Sozialarbeiter durchgefallen. (Ge- naue Zahlen fehlen, vergl . Artikel: "Prufungsterror: Mord" S. ) DaB mit diesen Regelungen die Forderung nach einphasiger Ausbildung kaum formal erfullt sind, dlirfte bereits klar sein.

SOZIALARBEITERAUSBILDUNG IN BERLIN -

DER SEN AT BEFRIEDIGT DIE PERSONALBEDURFNISSE SEINER AMTER

Gegen den heftigen Widerstand von Gewerkschaften, Berufsverbanden und Fachhochschulen wurden 1974 in Berlin Bezirksseminare eingerich- tet, die Auswahl und Anerkennung der Praxisstellen, Genehmigung des Ausbi'ldungsplanes, Betreuung der Praktikanten und AbschluBkolloquien durchfiihren. Zwar sind Dozenten der Fachhochschule beteiligt. In den Gremien der Seminare und in Kommissionen zur Abnahme der Kolloquien stellen sie zusammen mit den Beruf spraktikanten eine Minderheit gegenliber den Vertretern der Rmter dar. Der damalige Wissenschafts- senator Stein formulierte in einer Stel lungnahme zur Verhinderung von KampfmaBnahmen an der Fachhochschule eindeutig: "Die Zustandig- keit fur die Beruf spraktikanten kann allerdings nicht bei der FHS liegen. Sie sind in dieser Phase der Ausbildung Bedienstete des Lan- des Berlin (soweit sie nicht von einem freien Trager eingestellt

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sind) und nicht mehr Studenten der FHS Ju. diesem ^u«l. J.«n .uch die primare Zustandigkeit ... nicht Dei aer ens neye , Gestal_

bei den behbrdlichen Anstellungstragern. Wenn d e FHS an der Gesta^ tung der zweiten Phase mitwirken sol .so kann dies nur im rammer, aer behbrdlichen Zustandigkeit erfolgen." (10) Auch hinsichtlich der in haltlichen Gestaltung der Prakt, j .is tto Ein fluMe B JfdJ.*^

tieren.

HESSEN HINTEN - HESSEN VORN?

In Hessen gelten wie in den meisten BurriesUndern noc} die alten. vor E?n?Uhrung9der Fachhochschulen in ,r1nzip s - ^frS ^ "o Se lungen. Danach dauert die Ausbildung der So alar eite ^

stfssysis.SBaw is j ^^^r^s

das von der Fachhochschule gelenkt und uberwacht "JrJtellenSSchte digkeit fur das Kolloquium, die Bewertung der PraxissteHenbencnte

ehend gewahrleistet. Hinzu kommt , d B die Be rufsp ikan n e n mal wbchentlich zu Praxisreflex onen dl^"^stei i en a wiegend einen Studientag) und einmal je Semester zu emwocmgen Fortbildungsveranstaltungen zusammengezogen werden.

Diese Regelungen sind oedoch ubergangsregelungen Die ^Jhochschul-

gesetze sehen eine Re9e1st"dlenze^,inrd-erFa"hnochschulen unzustan- bestandenem Examen und Graduierung s in die Fachn ch en ^

dig. Berufspraktikanten sind desalb aucn ^elne.el^eLnanpn - be- denten und deren Rechte - z.B. die Mitwirkung in FH-Organen

stritten.

EXKURS ZUR HOCHSCHULREFORM

Nach AbschluB der Wiederaufbauphase der -BRD verscharfte Si^Anfang^ j«^ criav bhro fir das Kaoital das rrouiem, nnscniuw =•■

C £ Pro KtS«SL£B der entwickeltsten Industnena lone USA und UdSSR zu finden. Die Extraprofite aus dem Aufba der BKU wur den von steigenden Lbhnen aufgefressen, auf dem Weltrnarkt konnre a e bundesdeuttche GroBindustrie wegen des relativen techno! ogischen Ruck- Sdes nur schwer konkurrieren! Die Einflihrung f°rtgeschnttener t u i„«*L ctPllte iedoch neue Qualifikationsanforderungen an das

schaftliche Intelligenz. Die burgerlichen Bildungspolitiker waren deshalb gezwungen, das Bildungssystem der BRD zu refonr eren Inst*. Sere der kostenaufwendige Hochschul berech muBte rationel er und effektiver gestaltet und den Verwertungsinteressen des capitals unter wTrfen werdin. Die an Wissenschaftsdisziplinen orientierte Ordmnen- unive?snat erwies sich aufgrund der Autonomie und Autarkie der Hoch-

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schulen als sehr widerstansfahig. Unterhalb der Ebene der Universi- taten waren Ingenieurschulen, Fachschulen institutionell und hin- sichtlich der Ausbildungsinhalte auBerordentl ich zersplittert.

In dieser Situation bot der Ausbruch der Studentenbewegung einen wi 1 1 kommenen AnlaB, den Reformwillen der Studenten vor den Karren der Hochschul reform zu spannen. Der Kampf der Studenten gegen die Ordinarienu.niversitat erleichterte die Auflbsung verknbeherter Struk- turen, die Errichtung der "demokratischen" Hochschule und ihre zu- nehmende Unterwerfung unter die Verwertungsinteressen des fortge- schrittenen Kapitals. Sobald dieser Durcbbruch gelungen war, konn- ten die Bildungspolitiker darangehen, den EinfluB der politisch or- ganisierten Studentenschaft einzudammen, ihre Mitbestimmungsrechte in den Hochschulgremien zurlickzunehmen. Sozialistisch orientierte Studentengruppen sollen mit Hilfe eines neuen Disziplinarrechts und der Praxis der Berufsverbote zurLickgedrangt werden. Damit dieses Ziel nicht erreicht wird, muB der Kampf der Studenten gegen Diszipli- nierung und Berufsverbote, fur demokratische Studienbedingungen und -inhalte taglich neu organisiert werden.

Der Kampf der Studentenbewegung richtete sich jedoch nicht nur gegen die verrottete Universitatsstruktur, sondern ebenso gegen die Aus- bildungsinhalte. Die sozialistische Studentenbewegung versuchte, die Ausbildungsinhalte an den Interessen und Bedlirfnissen der Arbeiter- klasse zu orientieren, politisch-gesellschaftliche Praxis zu entwik- keln und die Erfahrungen dieser Praxis mit den theoretischen Inhal- ten des Studiums zu vermitteln. Der Versuch, kritische Theorie und Praxis in der Ausbildung durch das Projektstudium zu verbinden, muB- te von fortschrittlichen Studenten und Dozenten gegen die Hochschul- bu'rokratie durchgesetzt werden. Im Zuge der inzwischen gestoppten Hochschul reform wurde das Projektstudium funktionalisiert, und in die Teilreform integriert. Der Boden fUr diese Integration wurde durch die Bundesassistentenkonferenz bereitet, die die Kriterien des Pro- jektstudiums formal isierte, indem diese von den konkreten antikapi- talistischen Kampf perspektiven abstrahiert wurden. Projektstudium im Sinne der Hochschul teilreform hat mehr die Anpassung des Studiums an vorgegebene Berufsanforderungen zum Ziel.

In Analogie zum Projektstudium wurde von der fortschrittlichen Stu- dentenbewegung, insbesondere im Bereich der Sozialarbeiter/-padago- genausbildung, die Einphasigkeit der Ausbildung gefordert. Das an das theoretische Studium anschlieBende Berufspraktikum sollte in Form von Praxissemestern in ein insgesamt mindestens achtsemestriges Studium integriert werden.

Die formale Einphasigkeit des Modells Bayern ist jedoch nicht das Resultat studentischen Kampfes, sondern entspricht Interessen der Industrie, die ihre Ingenieure unangefochten im europaischen Bereich einsetzen mbchte.

IST DIE EINPHASIGE AUSBILDUNG FORTSCHR1TTLICHER ALS DIE DUALE?

Die einphasige Ausbildung wird von den Gewerkschaften, Berufsverba'n- dpn der Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege, den Fachhochschulen und Teilen der Studentenschaft gefordert. Begriin- j t w-jrc| diese Forderung mit uberwiegend hochschuldidaktischen Griin-

det wi

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den. Die Ausbildung soil an und in Auseinandersetzung It der Pra xis, teilweise auch alternativen bzw. modellhaften Prax i de r Sozial arbeit erfolqen und die Theorie an dieser Praxis onentiert werden. Dadurch kbnnte das praxisfre.de Facherstudium uberwunden werden und eine realistische Berufsvorbereitung stattfinden.

Gegner der einphasigen Ausbildung und Bef iirworter einer Meiterent- wicklung der dualen Ausbildung sind insbesondere der Deutsche Ver ein fur offentliche und private Fursorge, die koramunalen Dachverb&n de, das Land Berlin und die Landesregierung von Ncrdrhein "esttalen. Die Hauptargumente fur die Entwicklung der f^Bhasigen Ausbildung hat der NRW-Wissenschaftsminister Rau am 6.9.19M in einem SenraiDen an den Vorsitzenden der AG Bildungspolitik des SPD-Landesvorstandes

Nordrhein-Westfalen formuliert: vorantwortuna

- "Die Einfuhrung der Nachwuchskrafte gehort in die Verantwortung derieniaen die die Verantwortung fur die Praxis tragen.

- - " egraiton der Praxissemester in die Fachhochsc u en irgt die Gefahr in sich, die Theorieaspekte vorrangig in die Praxis ein zubringen, ohne daB die Studenten zu elner verantwortung sbewuBten Berufshaltung gefiihrt werden Es zeigt sic schon jetzt daB es den Fachhochschulen nicht gelungen 1st, den Bezug *ur |^it herzustellen, daB die Absolventen auf die berufliche Soziaiaroeit

ausreichend vorbereitet waren." cnj+7envprhande kei-

- "Die Anstellungstrager, .... haben durch ihre Sp ^nverbande kei

nung hierfur ungeeigneten Fachhochschulen blelben so lite. Sie drohen deshalb mit der Durchsetzung der zur Zeit auf Eis geleg ten Ausbildung von Sozialassistenten.

Diese Aussagen machen die Funktion der dualen Ausbildung klar Die Traoer der Sozialarbeit sind an bequemen und fungiblen ^rb"tsKraT ten interessiert Da sie dieses Interesse uber die Fachhochschulen

h wfhrleisiet sehen, soil das Berufseinfuhrungsjahr die erf - Herliche Anoassung der Sozialarbeiter grad. an die Anforderungen oer Dienststellen leisten. Das Berufspraktikum - begriff lich noch Aus- l lSun sa pekte enthaltend - wird durch den Begriff Berufseinfuh- rungsjahr - Gewbhnung an die Bewaltigung des Arbei tsanfalls und dienststellengerechte Erledigung - ersetzt. Das Kolloquium zur staat-

chen Anerkennung kann - da selektierend - als Drue ins rumen einaesetzt werden. In d esem Sinne konsequent enthielt der NKW Ke q erungsentwurf zur, Berufspraktikum so gut wie keine Verbesserungen der ffiikantenausbil dung" Die Erteilung der staatlichen Anerken- nung sollte dagegen u.a. an die Voraussetzung gebunden werden, da sich der Bewerber "nicht eines Vernal tens schuldig gemacnt hat, aus dem sich die Unzuverlassigkeit zur Ausubung des Berufs ergibt (ii>. Es darf angenommen werden, daB diese Regelungen und der DrucK des Einfuhrungsjahres gewichtig genug sind. die Ausbildung an fachhoch- schulen und die Orientierung der Studenten entscheidend auch wanrena des Studiums zu beeinflussen und auf Tragerinteressen zu tixieren.

Die einphasige Ausbildung, wie sie in Bayern praktiziert wird, stellt - wie oben dargestellt - jedoch zur dualen Ausbildung keine Alterna-

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tive dar. Auch bei integrieten Praxissemstern sind weder die Indu- strie (fur die technischen Studiengange) noch die Trager der Sozial- arbeit bereit, sich von kultusministeriellen Richtlinien gangeln zu lassen. Die praktische Ausbildung soil an ihren Bedurfnissen, ihrer Struktur und ihren Kapazitaten ausgerichtet werden. "Vorschriften Oder Empfehlungen, die liber den Rahmenplan hinausgehen und detail- liertere Angaben enthalten, sollten nicht ausgegeben werden, weil die Betriebe.je nach ihren spezifischen Fragen und Mbglichkeiten Freiheitsgrade behalten mussen." (12)

1st die Ableistung der Praxissemester Voraussetzung flir ein Weiter- studiura, bietet sich dadurch ein von den Tragern gehandhabter NC an. Ein von Behbrden und Tragern verantwortetes Kolloquium verscharft die- se Situation. So haben in diesem Jahr "uberraschend" viele Absolven- ten der Fachhochschule Mannheim das Kolloquium trotz intensiver Vor- bereitung nicht bestanden: Es liegt nahe, einen Zusammenhang mit der vor eineinhalb Jahren vom baden-wurttembergischen Kultusministerium durchgeflihrten Nacht- und Nebelaktion zu vermuten. Damals wurden schriftliche Ausarbeitungen der Studenten beschlagnahmt, weil der Ver- dacht bestand, der Fachbereich Sozialarbeit sei "eine linke Kader- schmiede".Mehrere nebenamtl iche Dozenten muBten nach der Aktion den Dienst quittieren. DaB der Druck dieser Kolloquien terroristische Formen annehmen kann, beweist der "Frei"-tod einer graduierten So- zialarbeiterin in Freiburg nach nicht bestandenem Kolloquium. Gegeniiber den nur scheinbar gegensa'tzl ichen Konzepten der Sozialar- beiterausbildung muB die "alte" Regelung, Berufspraktikum nach der Graduierung unter Betreuung der Fachhochschule geradezu als erstre- benswerter und ausbaufahiger KompromiB erscheinen.

Die Fachhochschulgesetze erzwingen jedoch eine "Reform" der Studien- brdnungen. Zugleich stehen die Kultusministerien unter dem Druck, die Beendigung der Sozialarbeiterausbildung bis zur Staatlichen An- erkennung zu gewahrleisten. Da sie jedoch bei den Tragern der Sozial- arbeit keine - aufgrund des Praktikantentarifvertrages - "teuren" Ausbildungsplatze bei den Tragern der Sozialarbeit erzwingen kbnnen, erhalt die einphasige Ausbildung eine Chance. Langzeitpraktika waren dann Bestandteil der Ausbildung, die Studenten wurden auch wahrend des "Berufs- Praktikums BafbG-gefbrdert, wurden also den Tragern der Sozialarbeit billig - wenn nicht kostenlos - zur Verfugung gestellt. Nur so ist zu erklaren, daB das Hessische Kultusministerium, das die einphasige Ausbildung bisher ablehnte, eine Arbeitsgruppe zu dieser Problematik eingerichtet hat. Selbstverstandlich sollen die Praxis- zeiten nicht als Studiensemester angerechnet werden, so daB weiter- qehende besoldungsrechtliche Anspruche von den Sozialarbeitern nicht qestellt werden kbnnen.

Die von der Bundesvereinigung kommunaler Spitzenverbande geforderte zweiphasige Ausbildung nach dem Muster des Deutschen Vereins hat da- nach nur geringe Chancen. Das bedeutet jedoch nicht, daB die vom Deutschen Verein und den kommunalen Spitzenverba'nden angestrebten Disziplinierungsmechanismen, die geforderte Anpassung an die beste- hende Berufspraxis zu den Akten zu legen waren. Vielmehr mussen Kri- terien fur die einphasige Ausbildung entwickelt werden, an denen der studentische Kampf orientiert werden kann.

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KRITERIEN FUR EINE EINPHASIGE AUSBILDUNG

1. Die Zustandigkeit der Fachhochschulen fur Berufspraktikanten bzw. Praxissemester muB gewahrleistet werden.

Trotz fehlender Pan'tat kann die Lenkungs- und Oberwachungsfunk- tion der Fachhochschule gegenliber den Praktika noch am ehesten von Studenten/Praktikanten beeinfluBt werden. Die Fachhochschulen sind aufgrund ihres Status relativ geschiitzt vor Einfliissen der Trager. Insbesondere mu(3 die Verantwortung fur die Durchflihrung der Kollo- quien und die Bewertung der Praxisleistungen bei den Fachhochschu- len verbleiben.

2. Das Praktikum muB auf der Grundlage eines arbeitsrechtlichen Aus- bildungsvertrages durchgefiihrt werden.

Diese Forderung ist beim "traditionellen" Ber ufspraktikum gege- ben, muB auch flir Praxissemester gewahrleistet werden. Die Praxis- semester, z.B. in Bayern, werden ohnehin nur als "Null -Semester", also nicht gerechnet, die Praktikanten gelten als Studenten, Nur der Arbeitnehmerstatus begrlindet jedoch die Kompetenz der Gewerk- schaften. Die Praktikanten kbnnen sich zur Durchsetzung gewerk- schaftlich organisieren.

3. Praxissemester nur bei angemessener Bezahlung durch den Trager.

Die Tatigkeit der Praktikanten wahrend der Praxissemster muB durch den Trager angemessen vergutet werden. Die quasi berufliche Tatig- keit erfordert zusatzliche Ausgaben (z.B. Kleidung, Fahrgeld, erhoh- te Unkosten fur Essen usw.), die durch BefoG nicht erstattet werden.

Es ist nicht vertretbar, daB Praktikanten ihre Arbeitskraft dem Trager kostenlos zur Verfligung stellen. Die aufgrund der BafoG-Fi- nanzierung fur den Trager kostenlose Arbeitskraft wird oft deshalb nicht den Ausbildungszielen entsprechend eingesetzt. Von Studenten bayerischer Fachhochschulen liegen Berichte vor, daB sie wahrend des Praxissemesters nur zu "Hilfsarbeiten" wie Oberwachung des Or- ganisationsplanes von Bildungsstatten, Verteilung von Schreib- und Arbeitsmaterialien fur Seminarteilnehmer beschaftigt wurden. Lei- stet der Praktikant jedoch den Berufsanforderungen adaquate Autga- ben, so ist nicht einzusehen, warum er nicht wie bisher tantver- traglich abgesichert bezahlt werden soil.

Eine qroBe Zahl von Studenten wird nicht durch BafoG getoroert, sondern muB neben dem Studium jobben. Die Mbglichkeit zu jobber wird ihnen jedoch durch das Praktikum genommen. Ein vom Trager nicht bezahltes Langzeitpraktikum bedeutet fiir diese Studenten einen ma-

teriellen NC.

Da die Studenten unter normal en Arbeitsbedingungen 8 btunaen tag- lich arbeiten, mussen sie hinsichtlich der Renter- und Arbeitslosen- versicherung regularen Beschaftigten gleichgestellt werden.

4. Der Ausbildungscharakter des Langzeitpraktikums muB gewahrleistet werden.

Das Praktikum muB nach einem von Praktikant, Fachhochschule und Trager abgestimmten Ausbildungsplan durchgefiihrt werden.

Studientag, Studienwoche und ausreichende Reflexionsmoglichkeiten flir den Praktikanten sind unverzichtbar.

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Praxisplatze mussen gewahrleistet sein. Diese Forderung ist unverzichtbar, wenn - wie in Bayern - die Ab- leistung der Praxissemester Voraussetzung flir die Fortsetzung des Studiums ist. Angesichts der Arbeitslosigkei t von Sozialarbeitern/ -padagogen mussen Kultusministerien und Sozialministerien gezwun- gen werden, mehr als bisher flir die Gewa'hrlei stung von Arbeits- platzen flir Praktikanten zu investieren. Zum Beispiel ist denkbar, daB Landeszuschlisse zu Personal kosten nur dann gewahrt werden, wenn in einem festzulegenden Verhaltnis Praktikanten ausgebildet werden. Neben der finanziellen Forderung von Ausbildungsplatzen ist eine Verpflichtung der Trager zur'Ausb ildung von Praktikanten denkbar.

Dabei muB das Interesse an einer fachlich qualifizierten An- leitung bedacht werden. In der Regel stellen Praktikanten fiir an- leitende Sozialarbei ter eine zusatzliche Belastung dar. Deshalb muB einerseits flir die Anleiter Reduzierung der Arbeitsaufgaben, Fortbildung und Ref lexionsmbgl ichkeit gefordert werden, anderer- seits muB verhindert werden, daB der Status der Anleiter an forma- le Kriterien gebunden wird und die Hierarchisierung der Sozialar- beiter fbrdert.

6. Kiindigungsschutz, Urlab, AbschluB der Ausbildung.

Wahrend des Langzeitpraktikums, insbesondere wenn es in zwei Ab- schnitte geteilt werden sollte, ist ein erzwungener Wechsel der Praktikumsstelle unmbglich und wlirde stets auf eine zeitliche Ver- langerung des Studiums hinauslaufen. Entsprechend dem Ausbildungs- charakter des Praktikums und der damit verbundenen Ausbildungsver- antwortung des Tragers muB eine Kundigung des Praktikantenverha'l t- nisses durch den Trager ausgeschlossen werden.

Ein Praktikant, der wie andere Sozialarbeiter 8 Stunden taglich ar- beitet, hat Anspruch auf entsprechenden Urlaub.

Der Trager muB verpflichtet werden, alles zu tun, um den er- folgreichen AbschluB des Praktikums zu sichern.

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ANMERKUNGEN:

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(4) (5)

(7) (8) (9)

(10) (11)

(12)

Untersuchungsergebnisse verbffentl icht von der Deutschen Zentra-

le fur Volksgesundheitspflege, Ffm, 1975

W. Bauerle, Bildungsplanung und Praxisveranderung, in Tneone

und Praxis der Sozialen Arbeit, Bonn, Heft 1/72

Alle Zitate aus der Entschlie&ung des Gesamtvorstandes der Bun-

desvereim'gung der kommunalen Spitzenverba'nde vom 14.9.76.

Klammerzufugungen vom Verfasser.

Schreiben des NRW-Wissenschaftsministers Rau an den Vorsitzenden

der Arbeitsgemeinschaft fur Bildungspolit.ik beim SPD-Landesvor-

stand vom 6.9.74. Mit diesem Schreiben sollte die SPD-Landtags-

fraktion zur Zustimmung zur 2-phasigen Ausbildung bewegt werden.

Die Plane flir die Ausbildung von Sozialassistenten werden haupt-

sa'chlich in NRW vorangetrieben. Sie ruhen zur Zeit in den Schub-

laden der zustandigen Ministerien. Beabsichtigt ist ein Sozial-

arbeiter" auf Fachschulebene. Offiziell, so die Begrundung, soil

der "Sozialassistent" dem Sozialarbeiter zugeordnet werden; von

den Ausbildungsinhalten her, soil er i hn in vielen Arbeitsplatzen

ersetzen. D.Verf.

Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums fur Unter-

richt und Kultur vom 30.1.73 S. 1

a.a.O. S. 7

Verordnung Uber die praktischen Studiensemester fiir Studieren- de der Fachhochschulen in Bayern vom 30.1.73, § 6 Schreiben des Senators fiir wissenschaft und Kunst an den Rek- tor der FHSS Berlin vom 5.7.74, S. 2

Entwurf eines Gesetzes Uber die staatliche Anerkennung von So- zialarbeitern (grad.) und Sozialpadagogen (grad.) vom 12.3.1974, Landtag NRW-Drucksache 7/3685 § 4 . Besprechung im bayerischen Staatsministerium fur Unterricht und Kultus am 9.11.1970, zitiert in "Das Industriesemester , Infor- mations broschil re des AK Praktikum an der Fachhochschul e Munchen,

Seite 7.

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Ulrich Stascheit

ZUR ARBEITS- UND VERSICHERUNGSRECHTLICHEN LAGE DER BERUFSPRAKTIKANTEN (1)

EINLEITUNG

Die folgenden juristischen Hinweise dienen einem doppelten Zweck: Einmal sollen sie Berufspraktikanten eine erste Orientierungshilfe auf dem weg durch den arbeits- und versicherungsrechtlichen Dschungel bieten. Zum anderen kbnnen sie Argumente liefern flir die Diskussion der Frage: Soil das Berufspraktikum beibehalten oder in ein einphasiges Studium integriert werden? In diesem Zusammenhang ist die unterschiedliche rechtliche Ausgestal tung von Berufs- und "integriertem" Praktikum lange Zeit vernachlassigt worden. Das hat sich geracht. Viele Studenten und zahlreiche Dozenten hatten sich flir das integrierte Praktikum zurlickhal tender eingesetzt, hatten sie die im Vergleich zum Berufspraktikanten miserable finanzielle, arbeits- und versicherungsrechtliche Lage des "integrierten" Praktikanten (2) vorausgesehen.

WIE LASST SICH DAS BERUFSPRAKTIKUM RECHTLICH EINORDNEN?

Der Oberblick uber die rechtliche Lage des Berufspraktikanten wird dadurch erschwert, daB Berufspraktikanten rechtlich "Zwitter" sind. Ihr Rechtsverhaltnis vereinigt in sich Elemente eines Ausbildungs- verhal tnisses und - wenn auch modifiziert - Bestandteile eines re- gularen Angestel ltenverhal tnisses . Je nachdem welche der beiden Sei- ten man betont, kbnnen Rechtsfragen unterschiedlich beantwortet wer- den. Es ist deshalb von praktischer Bedeutung, den Rechtsstatus des Berufspraktikanten genauer zu klaren:

l. Sind Berufspraktikanten rechtlich Studenten? Vereinzelt wird die Auffassung vertreten, Berufspraktikanten hatten noch den Status eines Studenten (3). Diese Auffassung ist nicht halt- bar. Aus der Landerhochschulgesetzgebung, insbesondere den landes- rechtlichen Ausbildungs- und Prufungsordnungen ergibt sich, dal3 das Studium und damit der Status als Student mit der Graduierungsprufung endet. Deshalb haben das Landessozialgericht Niedersachsen (4), der Hessische Verwaltungsgerichtshof (5), das Bundesarbeitsgericht (6) und neuestens das Bundessozialgericht (7) es abgelehnt, Berufsprak- tikanten rechtlich als Studenten zu betrachten.

2_ Sind Berufspraktikanten regulare Auszubildende? Sind demnach Berufspraktikanten auch keine Studenten, so befinden sie sich doch in Ausbildung. Der Ausbildungscharakter des Berufsprak- tikums ergibt sich insbesondere aus den Ausbildungs- und Prufungs- ordnungen der Lander. In der geltender hessischen Ausbildungs- und Prlifungsordnung ist beispielsweise von "Ausbildung", "Ausbildungs- stellen", "Ausbildungsplan" die Rede. Auch der Hessische Verwaltungs-

- 41 -

gerichtshof (5) und das Bundessozialgericht (7) betonen den Ausbil- dungschrakter des Berufspraktikums.

Fraalich ist ob Berufspraktikanten wegen dieses Ausbildungs^harak- tP«als "Auszubildende" im Sinne des Beruf sbildungsgesetzes (BebiG)

legte berufliche Grundbildung" veflfllttelt wUrde l/^hrend dls Eine solche berufliche Grundbildung sollte aber schon wah^™ °e*

di m erfolgen. Das Beruf spraktikum dient mehr dazu. eine in. Sta- dium erworbene Grundbildung zu erganzen und abzurunden.

■, cir.A n=».,.fcnraktikanten den Auszubildenrien ahnlicpp Personen?

Oder Erfakrungen zu erverben, ohm** *JL «T 3bie18 mit der Mali- dung im Sinne dieses <***** *w*"j iJtVL }| ^uf die Vertragsnieder- gabe, daB die gesetzliche Probezeit abgeku r^t auf diev J sJhrtft verzichtet und bei vorzeiUger LOsung des VjfW«f*££ nisses naeh Ablauf der Vvobezeit ahletchend von § 16 Abs.

f^T:atHtS?Vb1Zr9leblGfUr Berufspraktikanten gilt Das Es ist umstntten, ob § 19 MDib t k AnWendung des

r^^1C Jeruft i h date zu Unrecht auf das Bundesarbeitsge- lint^nn 2slS sarbeitsgericht bat in dem uS f-nten -_

s1 sa r«aa " w?a&§- ^rfs^rrj-flt-

Sraktikum absolvieren" (9). Das helBt. nach Auffassung Jes^Bundes

erfaBt" wird (10).

4. Kann mit Berufspraktikanten rechtswirksam ein regularer Arbeits- vertrag abgescillSSiSP werden? _. , , -— tTTC^Pnver^

r ieS Aenannten'Be^tLungen des BebiG aber nurdannAn-

2, "soweit nicht ein Arbeitsve^ die Fa'lle nicht selten, in denen Berufspraktikanten re me vertrage" abschlieBen (mUssen). Entgegen dem Wortlaut d eser Ver traae kann sich der Berufspraktikant auch in diesen Ml en auT aen A 9b 1 scharakter berufen mit der Folge daB uter § 19 B eb G

ein Teil der Bestimmungen des BebiG an"f dbar,blel";nD?"?sachlicn tkantenverhaltnis wird inhaltlich mcht nur durch den »«acnncn ab e ch ossenen Vertrag geregelt. Auch die .Best lounger d ^j«t lichen Ausbildungsordnungen gestalten als offent i ch-rechtl 1 cne «us b dungsvorschriften unmittelbar das Berufspraktikantenver a tnis (1). Da diese Vorschriften (z.B. liber die Notwendigkeit eines h dunqsplans") zwingend den Ausbildungscharakter betonen, kann rechtlich zuVassig mit einem Berufspraktikanten kein reines Arbeits-

42 -

verha'ltnis vereinbart werden.

Andererseits la'Bt sich nicht leugnen, daB das Beruf spraktikanten- verhaltnis gewichtige Elemente eines regularen Angestell tenverhalt- nisses enthalt. Deutlich zeigt das der Praktikantentarifvertrag (vgl. unten S. ). Zwar spricht auch er vom "Ausbildungsverha'l tnis" Die Hbhe des "Entgelts" und die im Tarifvertrag vorgeschriebene Geltung der fur vergleichbare Angestellte maBgebenden "sonstigen Ar- beitsbedingungen" riicken den Berufspraktikanten gleichzeitig in die Na'he eines regularen Angestellten. Regularer Angestellter wird er aber hinsichtlich der "sonstigen Arbeitsbedingungen" nicht. Denn diese gel ten nach dem Wortlaut des Praktikantentarifvertrags nur "sinngema'B". "Sinngema'Be Geltung" bedeutet dabei: die fiir regulare Angestellte maBgebenden"sonstigen Arbeitsbedingungen" gelten nur in- soweit fiir das Beruf spraktikum, "soweit sich aus seinem Wesen und Zweck und aus dem (2. Teil des) Berufsbildungsgesetz nichts anderes ergibt (vgl.§§ 19, 3. Abs. 2 BebiG). Zweck des Berufspraktikums ist die Ausbildung. Soweit dieser Ausbildungszweck gefahrdet oder ver- eitelt wu'rde, gelten die "sonstigen Arbeitsbedingungen" vergleich- barer regularer Angestellter nicht fiir Berufspraktikanten.

5. Ergebnis

Als Ergebms kbnnen wir festhalten; das Beruf spraktikantenverhal tnis ist weder ein reines Angestellten- noch ein Berufsausbildungsverhalt- nis im Sinne des BebiG. Es ist vielmehr ein Vertragsverhaltnis eige- ner Art, auf das Liber § 19 BebiG ein Teil der fiir Auszubildende gel- tende Vorschriften und Uber §§19, 3. Abs. 2 BebiG (in Verbindung mit §§ 4, 5 des Prakti kantentarifvertrages) auch angestell tenrecht- liche Bestimmungen insoweit Anwendung finden, als sie den Ausbil- dungszweck des Berufspraktikums nicht beeintrachtigen.

Diese Zwitterstel lung mag das folgende januskopfige Schaubild ver- deutlichen. Es gibt einen groben und unvoll sta'ndigen Oberblick iiber die Rechtsquellen, die das Berufspraktikumsverha'ltnis beeinflussen. Der Oberblick muB deshalb grob und unvoll standi g bleiben, weil Be- rufspraktikanten bei unterschiedlichen Tra'gern arbeiten. Fiir jeden dieser Trager gelten zum Teil unterschiedliche Bestimmungen je nach- dem, ob es sich beispielsweise um einen Trager im bffentlichen oder privaten Bereich, ob es sich um einen konfessionellen oder nichtkon- fessionellen Trager, ob es sich um einen GroBunternehmer in Sachen "Soziales" oder um einen winzigen eingetragenen Verein handelt.

EINZELFRAGEN ZUM BERUFSPRAKTIKANTENVERTRAG

1. VertraqsabschluB

Nicht selten hbrt man von Berufspraktikanten, die schon einige Wo- chen ihres Berufspraktikums abgeleistet haben, den Satz: "Ich ar- beite schon x Wochen, habe aber noch immer keinen Vertrag." Diese Praktikanten kbnnen beruhigt schlafen. Besteht mit der Praktikanten- stelle Einigkeit Liber die Ausbildung als Berufspraktikant bei einer bestimmten VergLitung, so ist ein Beruf spraktikantenvertrag geschlos- sen. Denn zu seiner GLiltigkeit bedarf der Berufspraktikantenvertrag wie der ein regulares Berufsausbildungsverhaltnis begrlindende Ver- trag (12) nicht der Schriftform. Ist demnach auch der mlindlich ver- einbarte Berufspraktikantenvertrag giiltig, so empfiehlt es sich den-

- 43 -

HOCHST UNVOLLSTANDIGE OBERSICHT VON RECHTSOUELLEN

ZUM BERUESPRAKTIKANTENVERHALTNIS

Allgemeine, fur regulare Angcstellte geltende Rechtsquellcn

Besondere, fiir Bcrufspraktikanten geltende Rechtsquellen

Gesetze

z.B. Bundes-

urlaubsGs;

Mutterschutz-

Gs; GrundGs;

Arbeiterfor-

derungsGs;

Reichsversi-

cherungsord-

nung; Perso-

nalvertretungs-

gesetze; Betr.-

VerfassungsGs.

Kirchen-

gesetze z.B. Kirchen- gesetz iibcr Mitarbeiter- vertretung i.d Ev.Kirche in I lessen u. Nassau

Rechtspre-

chung

der Vcrfas-

sungs-, Arbeits-,

Verwaltungs-,

Sozialgcrichtc

larifver- triige

z.B. BAT nebst Sonderregelun- gen, z.B. fiir Angestcllte in Anslalten und Heimen (SR 2b BAT);Bundes- Mantellarifver- trag zwischen Arbcilcrwohl- fahrt u.BTV

Tarifmtrag

u.B. Prakti- kantentarif-

vertrag

Betriebsver- einbarungen

z.B. in der Ar- beiterwohlfahrt iiber die Erstal- tung von Fahrt- kosten

Einzel- arbeits- vertrag

Arbeitsver-

tragsricht- linien

Richtlinicn

fiir Arbeits-

vcrtrage...

des Deutschcn

Paritiitischen

Wohlfahrtsver-

bandes

Dienstan- weisungen

z.B. Allgemei- ne Dienstan- weisung Stadt- verwaltung Frankfurt; Einzclanwei- sungen des Vorgesetzten

Praktikanten vertrag mit Ausbildungs plan

zr

4r 4r-

Recht- sprechung

z.B. der

Arbeitsge-

richtsk.zum

BebiG

Spezielle Ar- beitsvertrags- richtlinien f. Berufsprakti- kanten

z.B. Anlage 711 zu Richtlinien fiir Arbcitsver- triige in den Einrichtungen des Dcutschen Caritasverbandes

Verord- nungen z.B. Aus- bildungs- ordnungen der Lander

Gesetze z.B.BebiG iiber § Id BebiG

noch, ihn schriftlich abzuschlieBen. Bei Schriftform laBt sich das Vereinbarte leichter beweisen. Jedenfalls sol 1 te der Beruf sprakti- kant versuchen, den Ausbildungsplan als Teil des Praktikantenvertra- ges schriftlich zu vereinbaren. Die Schriftform des Ausbildungsplans zwingt Praktikumsstelle, Berufspraktikanten und Praxisdozenten , sich Gedanken Liber die Art, die Phasen und das Ziel des Beruf spraktikums zu machen. Ein ausbildungsfreundlicher, schriftlich fix erter Aus- bildungsplan erlaubt es dem Berufspraktikanten zudem, sich auch ju- ristisch erfolgreich gegen die Aufburdung ausbildungsfremder, zeit- lich sich hinziehender Routinearbei t zu wehren.

o a^„Ainnnn Hpg Rpnif spra kt i kantenverha 1 tni sses (I J) AnaeHchts der zuneh^enden bewerberzahl und der 3gnTverbundtnen Angesicnts aer zunenmc, Berufspraktikanten zu bekomnien,

zuhbhlen. At~~\S^

PH4 S000

}<mQ f /ur\d{ wsere . -

2.1. Warm ist eine fristqemaBe Kundigung mbqlich? So emptienlt beispielsweise der Hessische Arbeitgeberverband der Ge- meindenund Kommunalverbande seinen Mitgliedern, in Berufspraktikan- tenvertragen eine Kiindigungsfrist von nur zwei Wochen zum Monats- schluB festzulegen. Der Hessische Minister der Justiz zwang den im Justizdienst beschaftigten Berufspraktikanten sogar elnen Praktikan- tenvertrag auf, der eine jederzeitige ordentliche Kundigung mit Frist von einer Woche zum Monatsende zulieB. Eine solche Klausel ist nicht nur unsozial, sie ist zudem auch gesetzwidrig.

Selbst die nach Protest der Fachhochschule Frankfurt vom Justizmini- ster in Anlehnung an § 53 Abs. 1 BAT eingera'umte Kiindigungsfrist von 2 Wochen zum Monatsende ist gesetzwidrig. Gent man mit der oben ver- tretenen Auffassung davon aus, daB gema'B § 19 BebiG auf das Berufs- praktikantenverha'ltnis ein GroBteil der Bestimmungen des zweiten Teils des BebiG anwendbar sind, so gilt hinsichtlich der fristgemas- sen (ordentlichen) Kundigung folgendes: Gema'B § 15 BebiG ist nach Ab- lauf einer Probezeit eine fristgema'Be Kundigung durch die Praktikums- stelle nicht mehr moglich, eine dennoch vereinbarte Kiindigungs- frist zugunsten der Praktikumsstelle rechtlich bedeutungslos (14).

Allerdings kann nach Ablauf der Probezeit auch der Berufspraktikant seinerseits gema'B §§ 19, 15 Abs. 2 Nr. 2 BebiG fristgema'B nur dann klindigen, "wenn er die Berufsausbildung aufgeben oder sich fiir eine andere Berufsta'tigkeit ausbilden lassen will". Dabei muB er eine Kiindigungsfrist von 4 wochen einhalten. Kiindigt ein Berufspraktikant ordentlich ohne diesen Grund (er will z.B. in eine andere Praktikan- tenstelle uberwechseln) , und halt er vielleicht noch nicht einmal die 4-Wochen-Frist ein, so passiert ihm, jedenfalls juristisch (15), nichts. Insbesondere braucht er keinen Schadenersatzanspruch zu be- furchten. Anders als bei regula'ren Auszubildenden ist ein Schadens- ersatzanspruch wegen vertragswidriger vorzei tiger Ldsung des Berufs- praktikantenverhaltnisses nach Ablauf der Probezeit ausgeschlossen (§§ 19, 16 Abs. 1 S. 1 BebiG) (16).

2.2. Probezeit wa'hrend des Berufsprak-ti kantenverha! tni sses Halt man unter Berufung auf §§ 19, 15 BebiG eine fristgema'Be Kundi- gung durch den Trager auBerhalb der Probezeit fur unzulassig, so muB man allerdings gleichzeitig damit rechnen, daB der Trager sich ent- sprechend §§ 13, 15 Abs. 1 BebiG eine Probezeit ausbedingt, inner- halb derer eine Kundigung "jederzeit ohne Einhaltung einer Kiindi- gungsfrist" moglich ist. Zur Wirksamkeit bedarf die Kundigung der Schriftform (§§ 19, 15 Abs. 3 BebiG).

Gema'B § 13 S.2 BebiG darf die Probezeit hbchstens3 Monate betragen. Die Lange dieser Probezeit mag angesichts der in der Regel 3 Jahre dauernden Berufsausbildungsverhaltnisse angemessen sein. Fur das nur 1 Jahr dauernde Berufspraktikum ist eine Probezeit von 3 Mona- ten zu lang. Man wird als angemessene Probezeit 1 Monat ansehen mussen.

Anders als beim Berufsausbildungsverhaltnis, bei dem gema'B § 13 S.2 BebiG die gesetzliche Probezeit mindestens 1 Monat betragen muB, kann beim Berufspraktikanten gema'B § 19 BebiG auch eine kiirzere Pro- bezeit als 1 Monat vereinbart werden. Die Probezeit kann demnach bei Berufspraktikanten auf 1 Tag beschrankt werden. Vereinzelt wird so-

- 47 -

gar die Auffassung vertreten, eine Probezelt kBnne bei ^^bi dungs verhaltnissen nach § 19 BebiG entfa len (17 . Wer also das GlUck hat, .It seiner Praktikumsstelle ledlglich Beginn und Ende des Prjkti kantenverhaltnisses vereinbart zu haben, muB sich Kon l^ttai i nicht nachtraglich eine Probezeit und damit die umstandslose Kund barkeit aufdrangen lassen.

2 3 Erneute Probezelt nach Dbernahme der Berufspraktikapten? s'kommHmmer wieder vor, daB Trager .hren p^gSbfter sie nach Beendigung des Berufsprakt kws auf eine S«l"«rbe1t«r stelle Ubernehmen, eine neue Probezeit (<im offentlichen Dienst ge ml 5 BAT* Sate) aufhalsen wollen. Wahrend dieser Pr bezel -

ben die Trager dann erneut, mit einer verkurzten Frist (imottentn chen Dienst genSB § 53 Abs. 1 BAT: 2 Woe hen j :m Monat s ch ;

t" S VkfnnenfdaB sich der Berufspraktikant erpro hat.

StehtNfrh I I kann mi?einm Sszubildenden, der iibernonunen wird, to ne "problzeiSehr 5ere ntaX werden. Auch wenn § 5 BAT wegen r i f RAT nicht unmittelbar anwendbar ist, so muB doch der dem § 5 BAT Lgrundf liegende RechSgedanke auch fur den ubernommenen Berufs- praktikanten gelten.

Bevor iTdie Frage beantworte, muB - «, keine Verwirrung zu stif- +„„ a^ uorhaltnis dieser sechsmonatigen Wartezeit zur HroDezeit te^" t Jn nnwohl d e Probezeit bei Arbei tnehmern haufig (vgl . It I I 5 £\ SSlSift is 6 Monate dauert, muB die sechsmonatige fitetelt Jlch § KSchG von der Probezeit eines Arbei tnehmers ge- 5 1 h getrennt werden. Als Faustregel kann man Sic h mer en: D e Probezeit eines Arbei tnehmers bedeutet in der Regel. daB die KUmH

r^m ^ezeit^nTl^l ShftE t S ^ ts fir d e ilk rzung on Ku nd ungsfristen, sondern nur daB wahrend dieseJ Wartezeit der Arbeitgeber fristgemaB kundigen kann, ohne daB er linen In § 1 Abs. 2,3 KSchG genannten Grund haben muB.

Nun zur Beantwortung der Frage: fech inzwischen elnhelliger Meinung zahlt bei der Berechnung der Wartezeit nach § 1 Abs. 1 Kbchb die Ausbildungszeit mit (19). Deshalb brauchen von ihrer Praktnkum stel- le ins Angestell tenverha'ltnis ubernommene Berufspraktikanten nicht die sechsmonatige Wartezeit abwarten. Sie konnen sich, wird ihnen nach der Obernahme fristgemaB gekundigt, sofort auf das Kicnu. Deru fen.

48

2.5. Wann ist eine fristlose Kundigung moqlich?

Wahrend der gesamten Dauer des Berufspraktikums kann dem Berufsprak- tikanten, auch wenn das nicht ausdrlicklich vereinbart worden ist, fristlos "aus einem wichtigen Grund" gekundigt werden (§§ 19, is' Abs. 2 Nr. 1 BebiG). Einem Trager, der dem Berufspraktikanten frist- gemaB nach Ablauf der Probezeit nicht kundigen kann, bleibt demnach noch genug Spielraum, einen miBliebigen Berufspraktikanten fristlos loszuwerden. Denn was ein "wichtiger Grund" ist, bestimmen die Ar- beitsgerichte, die - insbesondere wenn es um politische Betatigung und"Stb'rung des Betriebsfriedens" geht - an den "wichtigen Grund" nicht allzu hone Anforderungen stellen. Auf 'die umfangreiche schwam- mige Rechtssprechung zum "wichtigen Grund" kann hier nicht eingegan- gen werden. Ich muB mich hier auf drei Tips beschranken, die fur den fristlos entlassenen Berufspraktikanten vielleicht hilfreich sein konnen:

2.5.1. Das Bundesarbeitsgericht laBt die fristlose Kundigung gegen- uber Auszubildenden nur unter erschwerten Voraussetzungen zu. Bei der Prufung des "wichtigen Grundes" ist "nicht nur die Zweckbestim- mung des Vertrages, na'mlich zu einem BerufsabschluB fur den Auszu- bildenden zu fuhren, sondern auch die im Zeitpunkt der Kundigung bereits zuriickgelegte Ausbildungszeit im Verhaltm's zur Gesamtdauer der Ausbildung zu berucksichtigen" (20). Je naher also der AbschluB des Berufsausbildungsverhaltnisses geriickt ist, desto groBere An- forderungen sind an das Vorliegen eines "wichtigen Grundes" zur frist- losen Kundigung zu stellen. Diese Rechtssprechung muB entsprechend fur Berufspraktikanten gelten, umso mehr, als eine Unterbrechung des Berufspraktikums nicht nur dessen AbschluB hinauszogert, sondern auch die Anrechenbarkei t bereits abgeleisteter Teile des Berufsprak- tikums gefa'hrdet, falls die Unterbrechung langer als (in Hessen) 6 Monate dauert.

Inzwischen vertreten einzelne Arbeitsgerichte sogar die Auffassung, daB "kurz vor Prufungsbeginn die fristlose Kundigung eines Auszu- bildenden in der Regel nicht mehr mbgl ich ist" (21).

2.5.2. Die fristlose Kundigung muB, um wirksam zu sein - anders als der AbschluB des Berufspraktikantenvertrages - schriftlich erfolgen. Zur Wirksamkeit der fristlosen Kundigung gehort auch die schriftli- che Angabe des wichtigen. Grundes (§§ 19, 15 Abs. 3 BebiG). Nach Auf- fassung des Bundesarbeitsgerichts "mlissen die Kundigungsgrunde jeden- falls so bezeichnet werden, daB der Kundigungsempfanger eindeutig erkennen kann, um welche konkreten Vorfalle es sich dabei handelt" (22).

2.5.3. Eine fristlose Kundigung ist unwirksam, wenn die ihr zugrunde liegenden Tatsachen dem zur Kundigung Berechtigten langer als 2 Wo- chen bekannt sind (§§ 19, 15 Abs. 4 S. 1 BebiG).

DIE VERFAHREN VOR DEM ARBEITSGERICHT NACH EINER KUNDIGUNG

|. Klage

1.1. Wann sollte der gekUndigte Berufspraktikant klage Bei ordentlichen fristgemalien Kundigungen nach Ablauf

gen?

Bei ordentnenen tnstgema&n Kundigungen nach Ablauf der Probezeit und bei fristlosen Kundigungen sollte der geklindigte Berufspraktikant regelma'Big Klage erheben. Die Erfolgsaussichten dieser Klagen von Berufspraktikanten sind hoher als entsprechende Klagen regularer An-

qestellter. Denn eine fristgemaBe Kundigung 1st ja nach Ablauf der Probezeit ausgeschlossen; und auch an eine fristlose Kundigung eines Berufspraktikanten werden - wie auf Seite dargelegt - J°™^ "™ mit Fortgang der Ausbildungszeit auch mhaltUch htfhert Anforderun- gen gestellt als bei fristlosen Kundigungen gegenuber einem regula- ren Angestell ten.

JernaJtnfisBlS kompliziert ist es, die Frage nach der Frist zu be- antworten, innerhalb derer vor dem Arbeitsgericht gegen "neKUndl- qung geklagt werden muB. Die fUr regulare Arbeitnahmer geltende Faust- reSel! wonach die Klage innerhalb von drei Wochen seit Zugang der Kundigung beim Arbeitsgericht eingegangen sein muB (§§ 4, 13 Abs. 1 KSchG), gilt fur Berufspraktikanten in der Regel nicht. GekUnd gte Berufspraktikanten nuissen m folgenden Fa en d e 3-Wo- chen-Frist nicht einhalten, kbnnen also auch noch spater kagen. I In den ersten 6 Monaten des Berufspraktikums, gleichgultig ob ihnen fHstSemSB oder fristlos gekUndigt worden 1st; denn in den ersten 6 Monaten gilt gemaB § 1 Abs. 1 KSchG das Kundigungsschutzgesetz und damit die 3-Wochen Frist des § 4 KSchG noch nicht. In den zweiten 6 Monaten des Berufspraktikums nach fristgemaBer Kiindigung; denn das Kundigungsschutzgesetz und damit § 4 ; KSchG findet gemaB § 13 Abs. 3 KSchG auf befnstete Arbeits- und Ausb!l- dungsverhaltnisse keine Anwendung (23). f^c-fln^r KiinHi

I In den zweiten 6 Monaten des Berufspraktikums nach fnstloser Kundi- gung, wenn die fristlose Kundigung wegen fehlender Schriftform (vgl. SeiteW ) unwirksam ist (24).

Die 3-Wochen-Frist des § 4 KSchG muB gemaB § 13 Abs 1 Satz 2 nur einaehalten werden, wenn dem Berufspraktikanten in der 2. Halfte des B s a ?ikums fristlos gekUndigt worden ist und er die Kundigung wegen Fehlens oder zu spater Gel tendmachung des wichtigen Grundes (vgl.. Seitekl ) fur unwirksam halt (25).

2 EinstweiligeVerfuqunq . . . .,.

2.1. Warum sollte der gekundigte Berufspraktikant eine einstweilige

VerfLiqung beantragen? -. 1 7 r-

Selbst wenn der Berufspraktikant den kundigungsprozeb gewinnt, ent- stehen ihm in Folge des schon in erster Instanz monatelang dauernden Verfahrens erhebliche Nachteile: Durch die Unterbrechung des Berufs- praktikums wahrend des Prozesses wird die Beendigung des Berufsprak- tikums und damit die staatliche Anerkennung als Sozialarbeiter ver- zbgert. In Landern, in denen - wie in Hessen - eine mehr als sechs: monatige Unterbrechung des Berufspraktikums grundsatzl ich unzuiassig ist muB der Berufspraktikant zudem befurchten, daB auch schon absoi- vierte Teile des Berufspraktikums nicht angerechnet werden. Gegen diese Gefahren kann das Eilverfahren der einstweil igen vertu- qunq helfen: Im Wege der einstweiligen VerfLigung kann der Berufsprak- tikant durchsetzen, auch wahrend der Dauer des Kundigungsprozesses weiterbeschaftigt und -ausgebildet zu werden. Das einstweilige Ver- fugungsverfahren dauert meist nur 2 bis 3 Wochen. Allerdings bringt die zugunsten des Berufspraktikanten erlassene einstweilige verfu- gung keine endgultige Entscheidung, sondern garantiert nur die Fort- fuhrung des Berufspraktikums wahrend der Dauer des Kundigungsprozes- ses. Die einstweilige Verfiigung nimmt die Entscheidung im Kundigungs- prozeB nicht vorweg, kann deshalb auch die Erhebung der Kiindigungs- klage nicht ersetzen.

2.2. Was setzt die einstweilige Verfiigung voraus? gin eine einstweilige Verfiigung zu erhalten, muB der Berufspraktikant beim zustandigen Arbeitsgericht beantragen, "dem Antragsgeqner (Praktikumsstelle) im Wege der einstweiligen Verfiigung - weqen der Dnnglichkeit ohne miindliche Verhandlung - bei Vermeidung eines vom Gencht fur jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Zwanqsqel- des zu verpflichten, den Antragsteller (Berufspraktikant) entspre- chend dem Praktikantenvertrag weiterauszubilden und zu beschaftiqen " Die einstweilige Verfiigung setzt - vereinfacht dargestellt - dreierlei voraus:

hZ'll 2!n.so?enannten "Verfugungsanspruch", d.h. der Gekundigte muB glaubhaft darlegen, daB er weiter ausgebildet werden muB, weil die Kundigung offensichtlich unwirksam" ist (26). Wahrend es fur einen regularen Arbeitnehmer in der Regel sehr schwer ist, glaubhaft zu ma- chen, seine Kundigung sei "offensichtlich unwirksam", wird dies einem Berufspraktikanten vor allem in folgenden Fallen einfach gelingen- Bei der fristgemaBen Kundigung nach Ablauf der Probezeit, weil nach wahrend der Probezeit, wenn die Kundigung nicht schriftlich er-

folgt ist; I immer nach Ablauf der Probezeit, weil nach Ablauf der Probezeit

eine fristgemaBe Kundigung ausgeschlossen ist. Bei der fristlosen Kundigung,

wenn die Kundigung und der "wichtige Grund" nicht schriftlich mit-

geteilt worden sind;

wenn seit Kenntnisnahme vom "wichtigen Grund" mehr als 14 Tage

verstrichen sind;

wenn der Berufspraktikant unmittelbar vor Beendigung des Berufs- praktikums steht;

in anderen Fallen, wenn der "wichtige Grund" offensichtlich an den Haaren herbeigezogen worden ist.

51 -

tra bar ist und der 1^bildungsansp™ch ^gehen d du ^esetzt _ werden muB. Anders als be regularen Arbeitnehnern be t t

denkbar, daB ein rechts ranges ur« , n .mw -.» - - ^

erst nach Ablauf eines Jahres oder noch spater erge ne

die Gefahr besteht, daB der Antrags ^Jer im Fal e elne 8

den Urteils seine Ausbildung mcht menr moigreicn u _

£l eine kontinuierliche Ausbildung mcht r? g g^,.

anderer Stelle des Urte lis begrUndet da s Arbe tsge ncn feh1enden Lehr.

EilbedUrftigkeit zusatz "chda.1t.da B ang esichts ae ^

stellen ... dera Auszubildenden mcht einmai mogncn :>=

neue Ausbildung zu beginnen" (28). Auszubildenden sprechen,

Die Griinde, die fur die Eilbedurftigkeit be «""U^i k

gel ten auch fur Berufspraktikanten Eine ^itere^ber^ g 3 h be_

zusatzlich dafUr be1 ^^)SsWd£^r\S^^ e'erufspraktikant jahen. Anders alsein reguiarer «u»" , vertragSW1.

kelnen Ersatz des Schadens verlangen. den er durch elne vt g

£15 TsTbs19! s" 19BeMGr( » nnlin'zu'unrecht gekundi ter

KUndigung entstandenen Schaden geltend machen, so mu» er

gung Je?bundeneH Schaden so gering wie noglich zu halten.

2 2 3 Verfligungsanspruch und Verfugungsgrund f «en gUubhaft ge-_

ot'von^eugerd^Gerfcht'vTrsichern, daB seine Behauptungen

richtig sind.

DIE PRAKTIKANTENTARIFVERTRAGE

m. jgg TnHfiiertraqe in Hffpntnchen Dienst r lm bffenthchen Mensttatige Berutspraktikar

I^^Uffireffiff^ in der Fassung vo,

b) der^TarSvertrag liber eine Zuwendung fur Praktikantinnen (Prak-

HkantenV vora 12.10.1973 in derFassung vom 7.11.19". n»r Prmlkintentarlfvertrag regelt einen Teil der Ausbil dungs- und KB ngSngen der Beruf sprlkti kanten . Der "Tari f vertraj , uber eine Zuwendung" legt die Voraussetzungen und die Hohe des Heihnachts

AusdpiatzgrUnden kann hier nur der Praktikantentarifvertrag - aus- Li A ahopdruckt werden Der "Tari f vertrag Uber eine Zuwen- dS? St in dfn gSeren BMlKoLentaren (30) und bei Kiihne ,ren Jandzio! Rech? der sozialen Arbeit, Reihe Goldmann Gesetze Nr. Gol 8049, Munchen 1976 zu finden.

- 52 -

- . Tarifv<rtrag . :'> . '"'. '.■ ;/ \V. /■': \/,- ::..-;.;-.-.^ W:;':r' '^

vpml7, DpzcmbtT 19?0

fiber die Re gc lung der ArbeJlsbedlngungen der Praktikantrn (Praktikantinnen)

fttrBerufe dec Sozial- und tie* Erzlehungsdienstes,

zulelzt gciindert durihdcn Andorung9-T«rilv<?rttag vom 17 Mai 1976

z*yi*chc*\ .'■ ■|.pi«^Bund^5republikI!>eatstJilaniJ,\ ^■.iVjWfl'retcft dttrch den BumWsminSsierdes Iruiprn, ::r;der-Tarifg«meins^aftdi;»t9cher lander, . it^ertcpJondur^dcn Vorsil/erdcs Vorstandcs, . dor Vcreinigung der kommunnJcn ArbeilgcbcrverliSndc,

vctfretcn durch -icn Vor»nnd, eioeiiCiU

und. :_■_■.■■■

detf tte^'crkschaft Dffcnllivity PJensle, Transport und Verkehr -nau^iVOrBtand-* '::|'iier:Dcti^dhpn'An'gcfrtc])iim*GewerksdiQ/t'' - Btindesvomand - andctct jeiti

wird fur di? Praktikflnlcti tProk(iknntinnen) :

a) fur den Beruf des r>o;ul.itbcit«r«/dcfi Sozi.iIpHdogogen wjhiend der praktl- s^iepTtitigkelt, die ji;uh den geltendeft AusbUdungsordn Anc.kcnnun^ ah S02i.1I; cbeltej.'als Sozi.tIpadagogc vorauazngchenhat,

..b)fut den Bfirafdes Erjiidhers/ider Erzleherin/ 's * inei. < or nn

w^hrend dci praktlschen TatigkcK, die nach <Vn gcltcnden Au^Mldungsord- nur.j-.n d«*r srootlichrn Anerkennung .il^ Crzielier/iils Kindcrg3ilncrln bnv, dot sr.uiliclu-n Priidti.u j\\ Klndergarlncrln'ali Hortnrrin vorauszugchon Ini

c) Kir d#n Ucruf di*r Kijidcrpde^erin wahrend der pr.iku;tncn Tatickpll die

nach den ge^enden AuEbildungEordnungen der •> . . Kinderpflegerin voraiiwiigeKeniiat,,.

A.folgCfyles v«ci(u»arl:

Si G e 1 1 u n g i b e r e i c h

Dieser Tarifvcflrag gilt fiii I?rjktik.>n!cn (Praktikantinnen), die in einem Aus- blldungsvcrhdllni!! ;mn l-.nid. zu eineni Land oder flnem Mit^lied elnes Mlt- glledverbandce der Vcrcinigungder komnuitulen Arb«ilgcberverbinde slehen.

I n t g c 1 1

.^kiiUfl

.'■lu-n nionadlA folgendirs Hntgclt und

Fnlgelt DM

: VerKvirjfoitfi*:

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70.83

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67.50

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11O0.7*

47^,0

1042.04

67 JO

dec Co;i.'.lp.;d.n;ogcn

'Ki sind artnerin

der Hortnrrin

der KihdfrpDfgt'rln

lttt die Z.thtuiig de> Vcrl^irjtetcnauitkUgs gttt $42 des Bund»besoy^|^>j gesetze-; ciiUprechenJ.

Das Enlgelt isr 101 Funftehnlen eln«s fi'drji Monats (Ur d«n 1aufend«n Monat

A rbel tazcif

Dtc AibeittKelt rithiol sich n«ch d*n tvi drm Aibcllgaber fur die ent»pred\«n- 4en Ange«tdlten }evvcjl< mafigebonden Betttmntui^eri.

a) bei tiller iatch IMall Oder Krenkhei vcrurmehttn Arb.l ttuaflM|k*fl "?"

wiihrend «ta«r von elitem Soalalveraichcrung. IrSger oder ciner Vw »8>

behorde verordnctcft Kur oder Unci Hcllverfaiircn. bii mr Dauer von ikm

Wochen,

W b»i etaer Arbelt.unfahlgkeit Infolge Arbeli.imf.l!.. [Oder B«niffkr»nUii««

Sinn* Relch«v»r>lcherung*ordnuitg bl. «u olncr Dauer von wolf Wocnen,

ledoch nicht ilber die Dtucr del AofblUun»«v,rMlt„l»e. hlniwi., weli«. »«M

St. - Ah. tu.nri der Praklikant (die I'rakt kantln) aleh dit ArbelNunfahlgkelt vor-

fu^^t&Z&itoi**™ nlchl gen.hmlg.en NriMtfMlk* «•»

.ogenhat, J4s

Anwendung de«««Sat*i

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§5 SonsilgeArbeitsbedingung.n 1 '«, '«■ ,«ji !)„i„^.,Auiiccn flirt]b«r«tunden, Bt«IUoh»fl»dl«n»t und Rufbe-

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Dm Wen elmr gewUhrien Unlerkunft wird ta Berel* der ■""arlfgemelrusheft d. uX «. d i«. tterelA der Verelnlgung der kommuna en ArtdW*«- , « r In ;<..,« dem TarUvirtrag liber die Bewertung der Personaltrnterkanf e fUr \mI«.Ml«W« iB d„ Jewell. «eltend,.nh..urig J>ofd« •.., . ' l , er M.8gabe ..ngcrechnel. J.ie der ru>d< $ 3 Abs. 1 Unter.b.. 1 d«» 1 p iten '.rlfvertroges maBgebende Quadratmetcr.au urn 15 v. H. iu kuraen 1st

5 o SchwelgepHlckt

i . n (Praktlkimllnnen) nnlerUrgen beeflglldi drr SAwelgepflidil den- , - mungen wle die enieptenSendon Ange.lelllen Arbeilgeben.

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Ansorllctie no. e.nem Au.hilJung>v«ihi»nl». dn< dlctetn rorilvertrag ur.ler- Hi st u%' h ,>erhalb einec Au««hlu8frl« von «ecb» Monaten mcb Enl.tehen del

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§» Inkraf ttrelen, t»uf reil

lies' ivertrag Iritl am Lfek^w >.«. in Krafi. Er kann mil clner Frist Mmm. jeweil» lum Ende elnes Kalendervleilelj.hret «hrlfllidl rden. § 2 Saiz 1 Irltl mlt dem AuSerkrafttrelen de» (.well, gtlteti- den Verguhmg«larifvetlMg.« mm BAT au8ef Kraft.

2. Hinweise zutn Praktikantentarifyertraq

Aus Platzgrllnden ist es merit mbglich, Jen Praktikantentarifvertrag detailliert zu komnentieren. Die folgenden knappen Hinweise kbnnten aber hilfreich sein:

2.1. Zur soaenannten Tarifqebundenheit

Ein unmittel barer und unabdingbarer tarifvertraglicher Anspruch kann grundsa'tzlich nur innerhalb eines Vertragsverha'ltnisses entstehen. dessen beide Parteien Mitglieder der tarifschlieBenden Verba'nde sind 3 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz). Danach ha'tten einen unmittel baren und unabdingbaren Anspruch aus dem Praktikantentarifvertrag nur:

gewerkschaftlich organisierte Berufspraktikanten im bffentlichen Dienst.nicht aber:

nicht organisierte Berufspraktikanten im bffentlichen Dienst;

organisierte Berufspraktikanten bei freien Tragern;

nicht organisierte Berufspraktikanten bei freien Tragern.

In der Praxis kommen aber regelma'Big auch nicht organisierte Berufs- praktikanten im bffentlichen Dienst und haufig auch Berufspraktikan- ten bei freien Tragern dadurch unmittel bar in den GenuB des Prakti- kantentarifvertrags, daB in ihrem Praktikantenvertrag die Geltung des Praktikantentarifvertrags vereinbart wird.

9.2. Zu 5 1: Geltungsbereich

Der Tarifvertrag gilt nur fiir Berufspraktikanten. In der Niderschrift liber die Verhandlungen der Tarifvertragsparteien vom 18.1.1972 ist ausdrlicklich festgehalten worden: Zwischen den Tarifvertragsparteien besteht Einvernehmen, daB dieser Tarifvertrag nur fur die Praktikan- ten gilt, die nach AbschluB ihrer theoretischen schulischen Ausbil- dung ein echtes Berufspraktikum ableisten. Der Tarifvertrag gilt dem- nach nicht flir Personen, die wahrend ihrer theoretischen schulischen Ausbildung Praktika ableisten.

7..?. Zu § 2: Entgglt

2.3.1- Durch den Anderungstarifvertrag vom 17.5.1976 wird - anders als bisher - nicht mehr ein gesondertes Entgelt flir verheiratete Berufs- praktikanten ausgewiesen, sondern ein Verheiratetenzuschlag ge- zahlt. Gema'8 § 2 Abs. 2 Praktikantentarifvertrag haben Berufsprakti- kanten einen Anspruch auf diesen Verheiratetenzuschlag unter den glei- chen Voraussetzungen, unter denen Beamte auf Widerruf (Anwa'rter) den Verheiratetenzuschlag erhalten. Der Anwarterverheiratetenzuschlag ist in § 62 Abs. 1 Bundesbesoldungsgesetz geregelt. § 62 Abs. 1 lau-

tet:

n Ben Anw&rteiv>er>heiratetenzuschlag . . . erhalten

1, verheiratete Amo&rter und verwitaete Anwarter,

2. Anwa'rter, deren She geeakieden, aufgehoben oder far nichtig erklart worden ist, wertn sie aus der Ehe zum Unterhalt verpfliah- tet sind,

S. andere Anwarter,

a) denen Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz zusteht oder o}me BerUokeichtigung des § 3 oder § 8 des Bundeskindergeldge- setzes zustehen wttrde,

b) die in ihrer Wohnung einev anderen Person nicht nur vorttber- gehend Vnterkunft und Unterhalt gew&hren, Weil sie gesetzlich oder sittlich dazu verpflichtet sind oder aus gesundheitlichen Gminden ihrer Hilfe bediirfen." 2-4 kbnnen aus Platzgrllnden hier nicht abgedruckt werden.)

(Abs

- 55 -

2.3.2. Die Teilnahme an Ausbildungsveranstal tungen der das Prakti- kum lenkenden und uberwachenden Fachhochschule darf nicht zu einer Minderung des Entgelts fiihren (Abschnitt II Nr. 2 der Niederschrift uber die Verhandlungen der Tarifvertragsparteien vom 17.12.1970).

2.3.3. In der Vergangenheit ist die Praktikantenverglitung entspre- chend den Verglitungen ira bffentlichen Dienst kontinuierlich gestie- gen. In Zukunft besteht die Gefahr, daB die Vergutung drastisch ge- senkt wird. Eine konzertierte Aktion zur Verbilligung der Berufsprak- tikanten haben jiingst die Landesregierungen gestartet:

"Die Veranderung der Situation seit Einfiihrung des Praktikantenta- rifvertrages - damals herrschte groBer Fachkraftemangel - zwingt dazj, das Problem des Unterhaltes von Praktikanten neu zu uberden- ken. Da das Berufspraktikum in den Ausbildungsordnungen verankert und als Teil der Ausbildung definiert ist, wurde die systematisch richtige Ldsung nicht in einer tarifvertraglichen Vergutung, son- dern in einer FbYderung nach dem Bundesausbildungsfbrderungsgesetz bestehen." (31 .„ ,

"Das Berufspraktikum gilt als Bestandteil der Ausbildung mit der Folge, daB die Berufspraktikanten nach dem Ausbildungsfbrderungsge- setz gefbrdert werden kbnnen, sofern die Voraussetzungen dafur vor- liegen". (32)

2.4. Zu § 5: Sonstige Arbeitsbedingungen

Nach § 5 des TaHfvertrags gelten hinsichtlich der dort aufgezahlten Arbeitsbedingungen der Berufspraktikanten "die fur entsprechende Angestellte bei dem Arbeitgeber jeweils maBgebenden Bestimmungen . Allerdings gelten sie nur "sinngema'B". "Sinngema'Be Geltung" bedeutet: die fur regulare Angestellte maBgebenden Arbeitsbedingungen sind nur insofern auf das Berufspraktikum anwendbar, "soweit sich aus seinem Wesen und Zweck und aus dem (2. Teil des) Berufsbi ldungsgesetz nichts anderes ergibt" (vgl. §§19, 3 Abs. 2 BebiG). Zweck des Berufspraktikums ist die Ausbildung. Soweit dieser Ausbil- dungszweck gefa'hrdet Oder vereitelt wlirde, gelten die Arbeitsbedin- gungen regularer Angestellter nicht fur Berufspraktikanten. DaB auch die Tarifvertragsparteien die Arbeitsbedingungen regularer An- gestellter nur unter diesem Ausbildungsvorbehal t angewendet sehen wollen, beweist zum Beispiel die Niederschrift iiber die Verhandlung der Tarifvertragsparteien vom 5./6.3.1 972. Danach besteht zwischen den Tarifvertragsparteien Einvernehmen, "daB Oberstunden, Bereit- schaftsdienst, Rufbereitschaft und Nachtdienst grundsatzlich nur zu Ausbildungszwecken abgeleistet werden."

Zu den im bffentlichen Dienst geltenden, "sinngemaB" auf Berufsprak- tikanten anwendbaren Bestimmungen gehbren neben dem BAT insbeson- dere die sogenannten "Sonderregelungen" zum BAT. Je nach Arbeitsfeld sollte sich der Berufspraktikant mit folgenden Sonderregelungen vertraut machen: Sonderregelungen fur Angestellte in Kranken-, Heil-, Pflege- und

Entbindungsanstalten ... (Sr 2a BAT); I Sonderregelungen fur Angestellte in Anstalten und Heimen, die

nicht unter die Sonderregelungen 2a fallen (Sr 2b BAT). In diesen "Sonderregelungen" werden insbesondere die Arbeitszeit und Oberstunden der in Anstalten und Heimen Beschaftigten geregelt.

56

VERSICHERUNGSRKCHTI.1CHK FRA<;EN

1. RENTFNVERSICHERUNG

Berufspraktikanten sind versicherungspfl ichtig in der Rentenversi- cherung der Angestellten. Das hat das Bundesozialgericht jiingst klar- gestellt (7). Die Versicherungspfl icht folgt aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG). Nach dieser Vorschrift wer- den u.a. alle Personen versichert, "die als Angestellte ( § 3) gegen Entgelt 160 Reichsversicherungsordnung) oder die als Lehrlinge Oder sonst zu ihrer Ausbildung fur den Beruf eines Angestellten be- scha'ftigt sind". Das Bundessozralgericht betonU daB das Berufsprak- tikum "Ausbildung fur den Beruf eines Angestellten" i.S. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AVG und deshalb versicherungspflichtig ist. Versicherungsfreiheit "als ordentlicher Studierender" nach § 4 Abs.l Nr. 4 AVG kommt nicht in Frage. Nach dieser Bestimmung ist u.a. derjem'ge versicherungsfrei , "der wahrend der Dauer seines Studiums als ordentlicher Studierender einer Hochschule ... gegen Entgelt be- schaftigt ist". Da, wie oben betont, das "ordentliche Studium" mit der Graduierung beendet ist, kann ein Berufspraktikant nicht versi- cherungsfrei sein.

2. KRANKENVERSICHFRllNfi

Bis 1975 waren Berufspraktikanten gema'B § 172 Abs. 1 Nr. 5 Reichs- versicherungsordnung (RVO) alter Fassung krankenversicherungsfrei . Mit der Knderung des § 172 Abs. 1 Nr. 5 RVO durch das "Gesetz Liber die Krankenversicherung der Studenten" vom 24.6.1975 ist die Versi- cherungsfreiheit fur Berufspraktikanten beseitigt worden. Sie sind seit dem 1.10.1975 versicherungspflichtig.

Fraglich ist nur, ob Berufspraktikanten nach § 165 Abs. 1 Nr. 2 RVO oder nach § 165 Abs. 1 Nr. 6 RVO krankenversicherungspflichtig sind. Nach § 165 Abs. 1 Nr. 2 RVO sind Angestellte, nach 1 § 165 Abs. 1 Nr. 6 RVO "Personen, die eine in Studien- oder Priifungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tatigkeit verrichten" versicherungs- pflichtig. Je nachdem welcher Paragraph fur Berufspraktikanten gilt, gestaltet sich die Versicherungspfl icht unterschiedlich. Unterschie- de ergeben sich insbesondere hinsichtlich der Befreiungsmbglichkeit (Versicherungspfl ichtige nach § 165 Abs. 1 Nr. 6 RVO kbnnen gema'B § 173d RVO von der Versicherungspfl icht befreit werden) und hinsicht- lich der Aufbringung und Hbhe der Beitrage (vgl. fiir Versicherungs- pflichtige nach § 165 Abs. 1 Nr. 2 RVO: § 381 Abs. 1 RVO; fiir Ver- sicherungspfl ichtige nach § 165 Abs. 1 Nr. 6 RVO: § 381a RVO).

Obwohl - dem Wortlaut nach - die Berufspraktikanten nach § 165 Abs. 1 Nr. 6 versicherungspflichtig zu sein scheinen, folgt die Ver- sicherungspflicht dennoch aus § 155 Abs. 1 Nr. 2 RVO (33). Berufs- praktikanten unterliegen der Versicherungspfl icht nach dieser Vor- schrift, weil sie das Berufspraktikum im Rahmen eines Beschaftigungs- verhaltm'sses berufsma'Big ableisten. Ergibt sich die Versicherungs- pflicht aber schon aus § 165 Abs. 1 Nr. 2 RVO, so kommt eine Versi- cherungspfl icht nach § 165 Abs. 1 Nr. 6 RVO nicht mehr in Betracht, da § 165 Abs. 1 Nr. 6 RVO gegenuber § 165 Abs. 1 Nr. 2 RVO subsidiar ist (vgl. § 165 Abs. 6 Satz 2 RVO).

Als Versicherungspfl ichtiger nach § 165 Abs. 1 Nr. 2 RVO tragen der Berufspraktikant und die Praktikumsstelle jeweils die Halfte des Krankenkassenbeitrags 381 Abs. 1 RVO). Eine Befreiung gema'B § 173 d RVO von der Versicherungspfl icht kann der Berufspraktikant nicht verlangen.

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3. WBEITSLusbNVFRsrrHFRii^

Mit der zunehmenden Verschlechterung des Stellenmarktes fUr Sozial- arbeiter werden Fragen der Absicherung 1m Falle von Arbeitslosiqkeit auch fur Berufspraktikanten immer wichtiger.

Arbeitslosigkeit kann den graduierten Sozialarbeiter in folgenden Phasen seiner Ausbildung treffen:

Er findet nach AbschluB des Studiums keine Stelle als Berufs- praktikant.

0 Er findet nach Unterbrechung des Berufspraktikums keine neue Berufspraktikantenstelle.

Er findet nach AbschluB des Berufspraktikums keine Stelle als Sozialarbeiter.

Will ein angehender Sozialarbeiter nun wissen, unter welchen Voraus- setzungen er in den unterschiedlichen Phasen mbglicher Arbeitslosig- keit Arbeitslosengeld (Alg) oder Arbeitslosenhi Ife (Alhi) erhalten kann, so muB er die folgenden Fallgruppen unterscheiden. Das Schau- bild auf S.S* erleichtert die Unterscheidung,

3.1. Der Berufspraktikant wird nach AbschluB des Studiums arbeitslos Hier sind fiinf Fallgruppen zu unterscheiden:

Der graduierte SozialarbeiUr war vor Studienbeginn beschaftigf. War er vor dem Studium beitragspfl ichtig beschaftigt, so kann ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht entstehen, weil die beitrags- pflichtige Beschaftigung langer als 3 Jahre (■ 6 Semester Studium) zuruckliegt (vgl. §§ 100 Abs. 1. 104 Arbeitsforderungsgesetz (AFG)). Auch ein Anspruch auf Arbei tslosenhilfe besteht nicht. Zwar kann Alhi beanspruchen, wer innerhalb eines Jahres vor Beginn der Ausbildung eine entlohnte Beschaftigung von mindestens 26 Wochen (bei mindestens 20 Arbeitsstunden pro Woche) nachweisen kann (vgl. § 134 Abs. 1

Nr. 4c 1. Halbsatz AFG). Urn Alhi zu erhalten , muB die Ausbildung aber abgeschlossen oder nicht nur vortibergehend aufgegeben worden sein. Der graduierte Sozialarbeiter hat aber seine Ausbildung nicht abge- schlossen; denn nach § 134 Abs. 1 Nr. 4c 2. Halbsatz AFG "gilt eine Ausbildung nicht als abgeschlossen, wenn ... fur den angestrebten Beruf eine noch zu leistende zusa'tzliche Ausbildung oder praktische Tatigkeit vorgeschrieben 1st". Da fur den Beruf des Sozialarbeiters die Ableistung des Berufspraktikums notwendig ist, entsteht kein An- spruch auf Alhi;es sei denn, der graduierte Sozialarbeiter kann dem Arbeitsamt plausibel machen, daB er die Sozialarbeit ein fur allemal an den Nagel gehangt hat. Dann hat er zwar Hoffnung auf Alhi, muB aber auch eine minderqualifizierte Arbeit annehmen.

* Der graduierte Sozialarbeiter hat wahrend des Studiums nicht oder

weniger ale 10 Wochen in entlohnter Beschaftigung gestanden. Es kann weder ein Anspruch auf Alg noch ein Anspruch auf Al"hi entste- hen.

0 Der graduierte Sozialarbeiter hat zwar wahrend des Studiums mehr ale 10 Wochen in entlohnter Beschaftigung gestanden, diese Beschaf- tigung liegt aber nicht innerhalb eines Jahres vor Studiumsende: Es kann weder ein Anspruch auf Alg, noch - wie sich aus der folgenden Fallgruppe ergibt - ein Anspruch auf Alhi entstehen.

0 uer graduierte Sozialarbeiter hat wdhrend des Studiums innerhalb eines Jahres vor Studiumsende mindestens 10 Wochen in entlohnter Be-

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schaftiounq (bei mindestens 20 Woahenstunden) gestanden): Er kknn geSsB § 134 Abs.l Nr. 4b AFG AIM erhalten, falls die son- stigen Voraussetzungen fur Alhi(also insbesondere Bedurftigkei t) vor- lieqen (Auf den AbschluB der Ausbildung kommt es, anders als in der ersten Fallgruppe nicht an, da der Anspruch auf Nr 4 , urn n cht auf dem Ersatztatbestand der Nr. 4c des § 134 Abs. 1 AFG beruht.)

Der graduierte Sozialarbeiter hat innevhalb von I Jahren vor Stu- dimsende mindestens 26 Wochen beitragopflichtig gearbe%tet. Er hat gemaG §§ 100 ff. AFG Anspruch auf Alg.

Exkurs: Wann liegt bei Studenten eine bei tragspfl ichtige Beschafti- gung vor?

Da der Anspruch aufAlg eine bei tragspfl ichtige Beschaftigung von min- Sestens "eVchen voraussetzt, 1st « . fllr Studenten sc on jeshalb wichtig zu wissen, wann eine Beschaf tigung bei tragspfl icntig 1st. Zwei Arten von Beschaftigungen sind zu unterscheiden: 1. Wahrend des Studiums ausgeiibte, jedoch nicht nit dem Studium in Zusanunenhang stehende Beschaftigungen smd^er^cherungsrechtl^ch wie folat zu beurteilen: "Studenten, die eine Beschaftigung yon min desteS920 Stunden wbchtentlich ausiiben, untarllegen gr und rttzl ch der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten- und Arbeitslosen v rsicherung. Versicherungsfreiheit besteht nur dann, we nn die wb- chentliche Arbeitszeit weniger als 20 Stunden betragt die Hohe des Arbeitsentgelts ist dabei ohne Bedeutung. Wird eine Be™tigung mlt einer wochentl ichen Arbeitszeit von weniger als 20 Stunden ledigbch in der vorlesungsfreien Zeit ( Seme sterfe Hen) auf 20 Stunden Oder mehr ausgeweitet, so ist auch fur diese Zeit Versicherungsfreiheit anzunehmen.

Daruber hinaus besteht fur solche Studenten Versicherungsfreiheit die zwar 20 Stunden oder mehr arbeiten, deren Besch&ftlgungsverha t nis aber von vornherein auf nicht mehr als drei Monate befristet ist, auch in diesen Fallen spielt die Hbhe des Arbeitsentgelts keine Rol- le W 1?d Sr Zeitraum von drei Monaten wider Erwarten uberschntten, tritt Versicherungspflicht von den Zeitpunkt des Oberschreitens an el ? sSlli sich ber'eits 1. Laufe der Beschaftigung eraus, daj le lanaer als drei Monate dauern wird, so beginnt die Versicherungs f c ht lit Si Tage, an de. das Oberschreiten der Zeit dauer < Jannt wird Fiir die zuruckliegende Zeit bleibt es bei der Versicherungs fretheit" Unabhangig davon ist Versicherungsfreiheit auch noch be solchen Beschaftigungen anzunehmen die zwar langer als dre ^te andauern, aber ausschlieUl ich auf die vorlesungsfreie Zeit (Semester ferien) begrenzt sind.

Obt ein Student im Laufe eines Jahres mehrmals eine Beschaftigung aus, ist zu priifen, ob er seinem Erscheinungsbild nach noch als ordent- licher Studierender anzusehen ist oder bereits zum Kreis der Be- schaf tigten gehbrt. Von einer Zugehbrigkeit zum Kreis der Beschat- tigten ist dann auszugehen, wenn ein Student im Laufe eines Jahres mindestens 26 Wochen beschaftigt ist. Der Jahreszeitraum ist in der Weise zu ermitteln, daB vom voraussichtlichen Ende der zu beurtei- lenden Beschaftigung ein Jahr zuruckgerechnet wird. ffnzurechnen sind alle Beschaftigungen in diesem Zeitraum, in denen - unabhangig von

- 6o

der versicherungsrechtl ichen Beurteilung - die wbchentliche Arbeits- zeit mindestens 20 Stunden betragt. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Beschaftigungen bei demselben Arbeitgeber oder bei verschiedenen Arbeitgebern ausgeiibt werden. Ergibt die Zusammenrechnung, daB ins- gesamt Beschaf tigungszei ten von 26 Wochen oder mehr vorliegen, be- steht vom Beginn der zu beurteilenden Beschaftigung an bzw. von dem Zeitpunkt an, in dem erkennbar ist, daS der vorgenannte Zeitraum er- reicht wird, Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten- und Ar- beitslosenversicherung. Fur die Vergangenheit bleibt es bei der bis- herigen Regelung." (34)

2. Soweit der Sozialarbeitsstudent ein sogenanntes "Blockpraktikum" ableistet, unterliegt er nicht der aufgrund einer Beschaftigung ein- tretenden Versicherungspflicht in der Renten-, Kranken- und Arbeits- losenversicherung. Als eingeschriebener Student gehbrt er vielmehr zu dem krankenversicherungspflichtigen Personenkreis nach § 165 Abs. 1 Nr. 5 RVO (35), der nicht nach § 168 AFG bei tragspfl icntig zur Arbeitslosenversicherung ist.

3.2. Der Berufspraktikant wird nach Unterbrechung des Berufsprakti-

kums arbeitslos

Hier sind drei Fallgruppen zu unterscheiden: "

» Der Berufspraktikant verliert die Praktikantenstelle in den ersten

10 Wochen des Praktikums:

Ein Anspruch auf Al hi oder Alg kann nicht entstehen; es sei denn, es

liegen die unter 3.1. aufgefuhrte 4. oder 5. Fallgruppe vor.

$ Der Berufspraktikant verliert die Praktikumsstelle zwisahen der 11, und 26. Woche des Praktikums.

Hier kann er einen Anspruch auf Alhi gema'B § 134 Abs. 1 Nr. 4b gel - tend machen. Allerdings mu3 er mit einer vierwbchigen Sperrzeit gemaB §§ 1 19 Abs . 1 Nr. 1 , 134 Abs. 2 AFG rechnen, falls er "das Ar- beitsverhaltnis gelbst oder durch ein vertragswidriges Verhalten An- lal3 fiir die Kundigung des Arbeitgebers gegeben und ... er dadurch vorsatzlich oder grobfahrlassig die Arbeitslosigkei t herbeigefuhrt (hat)". (36)

0 Tier Berufspraktikant hat mehr als 26 Woohen seines Praktikums hin- ter sich gebraoht:

Jetzt hat er Anspruch auf Alg. Denn als Berufspraktikant ist er bei- tragspflichtig zur Arbeitslosenversicherung (vgl. §§ 100, 104, 168 AFG in Verbindung mit § 165 Abs. 1 Nr. 2 RVO). Allerdings kann ihm auch hier eine vierwbchige Sperrzeit drohen (vgl. § 119 Abs. 1 Nr. 1 AFG). (36)

3,3. Der Berufspraktikant wird nach der Anerkennung als Sozialarbei-

jgC arppitslos.

Der Berufspraktikant, der nach Beendigung des Berufspraktikums keine Stelle als staatlich anerkannter Sozialarbeiter findet, hat - wie in der unter 3.2. aufgeflihrten 3. Fallgruppe Anspruch auf Alg. Be- messungsgrundlage fur die Hbhe des Alg ist nicht die Praktikanten- verqutung, sondern das Arbeitsentgelt, das ein anerkannter Sozial- arbeiter erhalt (vgl. § 112 Abs. 5 Nr. 2 in Verbindung mit § 112 Abs. 7 AFG).

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B . . <""-' '

ANMERKUNGEN

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(4) (5)

(6)

und

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gen studienganges ein integriertes Praktikum absolvieren. vgl. nierzu den kritischen Beitrag von R. Kiihnel , Praktikum Arbeit ohne Lohn, in: Sozialmagazin Heft 1/1977. bo das Verwaltungsgericht Kassel, Urteil vom 23.11.1973 ii- -: . „87/73); auszugsweise wiedergegeben in: Erziehung Wissenschaft Heft 4/1974, S. 24

Urteil vom 11.7.1973 (Az.: L 4Kr 55/72). Das Urteil bezieht sicn auf das Berufspraktikum in Nordrhein-Westfalen. tml Wm. 10-6-1974; abgedruckt in: Arbeitsrechtliche Praxis (AP) Nr. 2 zu § 3 BAT. Das Urteil betrifft das Berufspraktikum in Hessen und hat das in FuBnote 3 genannte Urteil des Verwal- tungsgenchts Kassel aufgehoben.

Urteil vom 19.6.1974; abgedruckt in: AP Nr. 3 zu § 3 BAT. Das Urteil befaBt sich mit der Rechtsstellung der "integrierten" rraxtikanten in Baden-Wurttemberg. Beilaufig (vgl . Blatt 4 des Urteil sabdrucks) halt das Bundesarbeitsgericht das frUhere Berufspraktikum in Baden-Wurttemberg fur ein "von der Schulaus- bi Idung (an der Hdheren Fachschule) rechtlich und tatsachlich vollig getrenntes Praktikum".

Kml ] V°u 31:8-1976 (Az.: 12/3/12 RK 27/74), beziiglich des truheren baynschen Berufspraktikums. Urteil vom 21.7.1976 (Az.: 4 Ca 152/76). Blatt" S9eHcht' a-a-°- <Fu0note 6)> Leitsatz 2 und

(10) Bundesarbeitsgericht, a.a.O. (FuBnote 6), Blatt 3. Auch H. Weber (in der Anmerkung zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts) und . t. von Rotenhan (Das Praktikum, 1976, S. 99 f.) bejahen die

fin n?R kS nV9 BebiG fUr Berufspraktikanten.

' n?c off^.tll9h-rechtliche Schutzvorschriften die Rechtsverhalt- nisse abhangig Beschaftigter unmittelbar und zwingend gestalten,

fl?l vni §h! J"?endfr^itsschutzgesetz (alter Fassung) klargestellt. ] 22 7 ?i7/la[St!llu^9 durch das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom schHftl?;^?!?^ in: AP Nr" 1 zu § 15 BBiG. Selbst eine I 2 llVr «< Ni.ederlegung ^s wesentlichen Vertragsinhal ts, wie fiir Hon R"e* ur de" BerufsaiJsbildungsvertrag vorschreibt, 1st verz?rht»ff Takui-aut?nVertra9 nicnt *t1g; denn § 19 BBiG tiae SfpSLc ndr^kllChufUr Berufspraktikanten auf eine derar: chin J f/? 5TU Berufspraktikanten im bffentli-

fHi SB" ^t^^Z^^^ - Iieds1cHCK 3f BAT er-

esse der LohnahhKnninJT ' Elnen allgemeinen, am Inter

Dieser Ratgeber 1st qeaen 3 5fi n«f hl1fe zum Arbei tsrecht". Initiativko^itee Arbl?te?h?i'fe V" *riefm.arken"zu erhalten *'■ Str. 41, c/o H. Theis ' 2 Hambur9 19, Methfessel

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(15)

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(18)

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(25) (26)

(27)

Selbst wenn man den Berufspraktikanten als regu atizn)inister

ten behandeln kbnnte, ware die vom W»^™ band vorgeschriebene

und vom Hassischen Kommunalen ArbeitgeDerve tzwidrig. Nach

KLindigungsfrist von 2 Wochen zum Monatsenae y ngestellten

§ 622 Abs. 1 S. 2 BGB kann einzel vertraglicn m^^ zum Mopats_

als kurzeste Kundigungsfrist eine Frist vu Tat,.fvertrag zu

ende vereinbart werden. Davon kann zwar " Aber selbst

Lasten auch des Angestellten abgewichen "=' f prakti kanten an-

wenn der BAT - entgegen § 3 f BAT - ^5!™ gsfr1st - auBer-

wendbar ware, so kbnnte als kurzeste .K"n°^yvor 4 Wochen

halb der Probezeit - doch auch nur eine rr 2 my

zum MonatsschluB vereinbart werden § M"»' Nachteile fur "ach'

DaB der unkorrekte Umgang mit praktt=^n eteht auf einem ande-

wachsende Berufspraktikanten haben kann, *

ren Blatt. . fi fi?8 abs 2 BGB scheidet

Auch ein Schadensersatzanspruch nacn 9 ot Kommentar

wohl aus (vgl. J. Herkert, Berufsbildungsgesex.

Stand Marz 1976, RandNr. 15 zu § 19); t in: Der Betrieb

So H. Monjau, Das neue Berufsbildungsgesetz,

1969, S. 1841 ff. (1847). "innerhalb der Probe-

Als typischen Fall vgl. § 53 Abs. 1 BAT inn Monatsscnlu&.<

zeit betragt die Kundigungsfrist j! woe Kommer

Vgl. A. Hueck. G. Hueck, K'undigungsschutzgese

.jr^lbt-nen rail vji. 3 -- Unrhpn ZUm NOnaww-"

, betragt die Kundigungsfr ist 2 Wocnen t Kommentar,

Vgl. A. Hueck, G. Hueck, K'undigungsschutzgese 9. Aufl. 1973, RandNr. 33 zu § 1. . abgedruckt in: Bundesarbeitsgericht Urteil vom 10. b. !»/■>. APNr. 3 zu § 16 BBiG. urteil vom 16.5.1975,

So z.B. Arbeitsgericht Hildesheim, Urteil

3hn.j„,„i,t ,■„. n„^ Rotrieb 19/D, >• ' __' _, AvurVX.

(28) (29)

(30)

(31)

..■druckt in: Der Betrieb 1975, 5. \u- abgedruckt in: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 2Z.Z.IJ"*. AP Nr. 1 zu § 15 BBiG. 8 6 1972, abgedruckt in.

Vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vomS.b.i^ AP Nr. 1 zu § 13 KSchG (1969). Kundigungsschutzgesetz,

Zur Begrundung vgl. A. HueCK, a. 13_

Kommentar, 9. Aufl. 1973, RandNr. 15 zu 9 Vgl. Bundesarbeitsgericht \lf'£^™. Einzelne Arbeitsge- So die wohl herrschende Rec"ssprechung. verlangen einzelne richte stellen geringere Anforderungen. = Kundigung mit

Kan^ern des Arbei tsgerichts am ugrda^^ ist (Urteil vom

uberwiegender Wahrschei nlichkeit unoeg 4.7.1974, Az.: 16 Ga 19/74) . !. 12. 1972, W

Z.B. Arbeitsgericht Ber ", Urtei icht Hamburg, Urte

AP Nr. 2 zu § 15 BBiG; Lan^sarbe itsg Hamburg .Urteil

vom 5.6.1974, Az.: 4 Ta 7(^;/Landesarbeitsgericht Hamburg, vom 4.7.1974, Az.: 16 Ga 19/74, Arbeitsgericht Emshorn^

Urteil vom 15.8.1974, Az.: 1 Sa ^^.'Arbeitsgericht H ldesheim, Urteil vom 16.5.1975, Az.: 2 Ga Wj*. ^ s 1225 f . . vgl. Urteil vom 16.5.1975, 1n: ^*£ vom 22.10.1975, Az.. 2 Ca auch Arbeitsgericht Bremen, Urtei

Arbeitsgericht Hamburg, a-a.O. W**g\ 628*Abs. 2 BGB ist Auch der Schadensersatzansprucn g ^^ f FuBnote 1 n

wohl ausgeschlossen (vgl. ^ "^ LoSeblattausgabe, Z.B. Bbhm-Spiertz, BAT, Komm .ne

1976, Teil V. „. cm.nisters vom 7-10-19/6 aur

Antwort des Hess. Kultusministers

(32;

(33)

Anfrage der CDU-Fraktion ira Hess. Landtag betreffend Prakti- kantenstellen fiir Erzieher und Sozialpadagogen. "Thesen zur zweiphasigen Ausbildung von Sozialarbeitern und Sozialpadagogen" vorgelegt vom Minister fur Wissenschaft und Forschung und vom Minister fur Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 19.11.1976, These Nr. 9. So der Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. (Schreiben vom 5 4 1976 an den Verfasser); der Bundesverband der Ortskran- kenkassen (Rundschreiben vom 30.4.1976); Der Senator fur Inne- res Berlin (Rundschreiben VI Nr. 97/1975 vom 3.11.1975).

(34) So das Ergebnis der Besprechung (11/76) der Spi tzenverbande der Krankenkassen, des Verbandes Deutscher Rentenversicherungstra- ger und der Bundesanstal t fur Arbeit vom 22. /23. 9. 1976.

(35) So fur "Blockpraktika" in Berlin, Der Senator fur Inneres Berlin, Rundschreiben VI Nr. 97/1975 vom 3.11.1975.

(36) Gegen Sperrzeiten muB man - da sie ha'ufig in gesetzeswidriger Weise von Arbeitsamtern verhangt werden - Widerspruch einlegen. Naheres hierzu in dem informativen "Arbeitslosenratgeber" des

"Initiativkomitees Arbeiterhilfe", S. 22 ff; der "Arbeitslosen- ratgeber" ist gegen 2.50 DM in Briefmarken zu beziehen iiber: Initiativkoinitee -Arbeiterhilfe e.V., 2 Hamburg 19, Methfessel Str. 41, c/o H. Theis.

ARBEITS-/W0HN- UND FREIZEITKONTAKTE

Alternativprojekt 1m Raum Baden - wir mbchten ein Projekt lm Bereich Ausbi ldung/Sozialarbeit initiieren, wobei Wohnen, Beruf und Offentlichkeitsarbeit im verbindlichen Zusammenhang einer Ge meinschaft stattfinden sollen. Wir suchen Kontakt zu annlicnen Projekten in der BRD und zu leuten, die solche Projekte planen. Zuschriften unter Chiffre 1/23 an Sozial istisches Buro. Wir - Fotograf (34) und Sozialarbeitern (23) - suchen Menschen, mit denen wir leben und arbeiten konnen. Monika Nieswand, Sengsbank 29, 46 Dortmund 1.

Zwei Frauen und ein Mann suchen wei teres Mitglied fur Wohngemein schaft in Kleinstadt zwischen Minden (2D km) und Hannover (40 km ab 1.10.1977. Haus vorhanden. Zuschriften unter Chiffre 1/27 an Sozialstisches Buro.

Ab 1. Januar 1977 sind Pla'tze fiir Schulkinder ab 1. Klasse in Schulerladen frei. Gebffnet ist Mo-Fr von 11-17 Uhr. Kontakt: Schulerhort Weyertal e.V., Eyertal 30, 5 Kbln 41, Telefon 422509.

Das Oberstufenkolleg (OS) an der Uni Bielefeld nimmt fur Septem- ber 1977 wieder Kollegiaten auf und ermbglicht Leuten mit 9./10. Schuljahr und abgeschlossener Lehre eine 4ja'hrige Ausbildung in zwei sel bstgewahl ten Fachern bis zum AbschluB des Grundstudiums und Obergang ins Hauptstudium.Auswahlriterium: reprasentativer Sozialschliissel und nicht die Noten. Bewerbungsfrist: 14.1. - 21.2.1977; Unterlagen anfordern: Oberstufenkolleg des Landes NW an der Universitat Bielefeld, 48 Bielefeld 1, Universitatsstr. Wir suchen ein Haus auf dem Land, das sich als Kl§inheim eignet und Kontakte zu Leuten, die alternative Arbeit mit behinderten Kindern praktizieren und Erfahrungen in Organisationsarbeit haben Ursula Obersdorf, Kollegienwal 1 22, 45 DsnabrLick.

Axel Hiibner

DAS ELEND MIT DEN PRAKTIKANTENSTELLEN AM BEISPIEL HESSEN

§ 2 der in Hessen noch gultigen "Ordnung fiir die Ausbildung und die Priifungen an den hbheren Fachschulen fur Sozialarbeit" sieht vor: "Die Ausbildung dauert vier Jahre. Sie gliedert sich in

1. einen theoretischen Teil, der sechs Semster an einer Hbheren Fach- schule fur Sozialarbeit einschlieBlich Block- und Begleitpraktika umfaBt und mit der staatlichen AbschluBpru'fung abgeschlossen wird und

2. ein einjahriges Beruf spraktikum, das mit einem Kolloquium abge- schlossen wird."

In welchen Fristen das Praktikum abgeschlossen sein soil, ist im § 59 geregelt:

"1. Voraussetzung fur die staatliche Anerkennung ist, daB der Bewer- ber nach der bestandenen PrLifung als Sozialarbeiter ein von der Schu- le gelenktes und uberwachtes einjahriges Beruf spraktikum ableistet 2. Das Beruf spraktikum soil spatestens drei Jahre nach der Prufung beendet sein. Es darf - auBer bei Vorliegen besonderer Grlinde - nicht langer als 6 Monate unterbrochen werden."

Wenngleich also die Ausbildungs- und Pru'fungsordnung eindeutig fest- legt, daB die Ausbildung als Sozialarbeiter erst mit AbschluB des Be- ruf spraktikums beendet ist, haben sich das Hessische Kultusministe- rium und das Hessische Sozialministerium bisher stets geweigert, eine Verantwortung fiir die Mbglichkeit des Studienabschlusses - also'fiir genUgend Praktikantenstellen - zu ubernehmen. So bedeutet die Suche nach einer Stelle also weiterhin einen unuberschaubaren Hindernislauf . Da passiert es in zunehmendem MaBe, daB Interessenten bei der Frage nach einer Stelle folgende Antwort erhalten:

Landesaohlfahrtsverband Hessen Beilersiehungsheim Kalmenhof

Sehr geehrter Herr XXJ

Wir danken fiir Ihre Bewerbung vom 18,5.1976. Die Einstellung von Jahrespraktikanten ist una leider nicht mehr mOglich, da keine Plan- stellen sur Vepfilgung stehen.

Sollten Sie in der luge sein, sioh Ihr Jahrespraktikum selbst zu fi- nanzieren (evtl. Ausbildungsbeihilfe) kSnnte eine Einstellung evfpl- gen. Viv bedauern, diese Aussage machen zu rmissen und hoffen, da/3 Sie doch noch eine Jahrespraktikantenstelle finden werden.

Mit freundlichem GruB

Ohne daB dies bffentlich diskutiert wird, scheint es besonders bei Studenten in Fachbereichen, die in ihrem Einzugsbereich uber wem'g

- 65 -

Stellen verfugen, Liblich zu werden, sich auf derartige Angebote - gezwungenermaBen - einzulassen. Die uble materielle Lage, in der bisher schon Studenten in integrierten Studienga'ngen stecken, wird

hier nach uberboten. . . . .

Eine andere typische Erfahrung bei der Stellensuche ist die depri- mierende Zahl an Ablehnungen, ohne daB es iiberhaupt zu einem tin- stellungsgesprach kommt. Ein Student hat im Jahre 1976 30 derartiger Ablehnungen eingesammel t. Aus den Begrundungen:

"Leider mUssen wir Ihnen jedoch mitteilen, daB unaer Verband nur in Einzelfallen die MOgliohkeit hat, Praktikanten zu beaohdftigen; tiber ausgesproohene Praktikantenstellen verfUgen wir nicht. Die Sofmevfg- keit liegt darin, daB wir Praktikanten nur auf nomaUn Planstellen fur Mitarbeiter einsetzen ktinnen. " (Jugendsozialwerk)

"Als Sozialetation Nordweststadt haben wir vor 1978 leider keinen Platz mehr und milssen Ihnen bedauerlioherweiae dbsogen.

"...alls Praktikantenatellen im Bereioh unserer Einrichtungen sind langfristig besetzt". (Frankfurter Verein far soziale Ueimstatten e.

"Leider mUssen wir Ihneh mitteilen, daB wir keine Praktikanten mehr einstellen kSnnen". (Jugendberatung und Jugendhilfe e.V.,tranKJurt]

"In unserer HauptgeschSftsetelle kOnnen wir aus fachlichen und orga- nisatorischen GrUnden keine Praktikantenstelle bereitsteUen . (Deutsaher Paritdtiaoher Wohlfahrtsverbond e.V.)

"Wir sind duroh die derzeitig angespannte Finanzlage nicht in der Lage, Praktikanten einzustellen" . (Veuteohes Rotes Kreuz, LV Heesen)

"In Ikren Bewerbungsunterlagen sollte ersiahtlioh sein, welcher Kon- fession Sie angehSren". (Caritas-Verband Frankfurt)

"dariXberhina.ua legen wir Wert darauf, daB Praktikanten Stadtjugendpfarramt ev. RegligionszugehSngkeit sind . gendpf arrant)

"Es ist mir bei der gegebenen Arbeitssituation und der hieraus resul- tierenden Belastung meiner Faohdienete niaht mBgUoh, Thre Praktikan- tenausbildung zu Ubernehmen". (Landesarbeitsamt Hessen)

"He Finanzsahwierigkeiten in unserem Eaus lassen z.Zt. keine weite- ren Einstellungen zu". (Nachbarsahaftshaus Wiesbaden e.V.)

Die Konferenz der Fachbereich'e des Sozialwesens in Hessen hat diese Situation zum AnlaB genommen, um in.einem Schreiben am 31.1.1975 an das Hessische Kultusministerium (HKM)die Bereitstellung von genugend Praktikantenstellen zu fordern. In seiner Antwort vom 19.3.75 lie- fert das HKM in Obereinstimmung mit dem Hessischen Sozialministerium eine neue Variante flir eine Begriindung des numerus clausus fur Stu- diengSnge des Sozialwesens:

v.)

in unserem (Ev. Stadtju-

"Bei friiherer Gelegenheit hat der Sozialminister allerdings bereite darauf hingewiesen, daB er 'eine Gewtihrleistungspflicht in Bezug auf die Praxisstellen' jedoch nicht Ubernehmen kOnne. Ein Grund sei der, dad er keinen EinfluB auf die Kapazitat der Ausbildungsst&tten habe, die den Bedarf an Praxisstellen bestimmt. 'Im Grunde genommen mU&te', so meint der Sozialminister, 'wenn Engpdsse in der Mitte oder am Ende der Ausbildung vermieden werden sollen, die Zahl der Studienpldtze an Fachhochsahulen von der Zahl der verfilgbaren Praxis- stellen abhangig gemaoht werden."

1976 sind endlich die Gewerkschaften in der Frage der Praktikanten- stellen aktiv geworden. In einem Schreiben des GEW Hauptvorstandes vom 28.1.76 an Kultusminister der Bundeslander heiBt es: "Jeder, der eine sozialpadagogisahe Ausb ildung beginnt, hat einen Anspruoh auf eine Praktikantenstelle, solange far die staatliahe Anerkennung ein Praktikum Voraussetzung ist und die Berufsausbildung nur so beendet werden kann. Der Stoat hat daher die Verpfliohtung £"? ri *?f0**e*M°'» ^eahl von Praktikantenstellen Sovge zu traqen. " Bei Erfullung dieser Bedingung forderte die GEW dann weiter die Ein- richtung einer zentralen Praktikantenvermittlungsstelle, um den Vor- gang der Stellensuche transparenter zu raachen.

in seiner Antwort vom 18.3.76 erwies sich der Hessische Kultusmini- ster dann als eifnger Verfechter der "freien" Marktwirtschaff "Haoh alledem trifft es nur bedingt zu, daB jeder, der eine Ausbil- dung zum Sozialarbeiter oder Sozialpadagogen begonnen hat, einen 'Anspruoh' auf eme Praktikantenstelle hat. Vielmehr gilt leider auoh auf diesem Gebiet das Weahaelspiel von Angebot und Nachfraae " Des weiteren wurde dann ausgefuhrt. daB auch die Trager nicht qe-' zwungen werden konnten, freie Stellen zentral zu melden Eine zen- trale Vernnttlungssteile - die dann Uber nichts als eine Adressen- liste der Trager verfugen wurde - die konne man getrost einrichten Die hessischen Fachbereiche des Sozialwesens haben dieses Ansinnen' dann mit gutem Grund geschlossen abgelehnt. Es bestand die Gefahr, daB die Vernnttlungssteile Kriterien flir die Vergabe von Praktikan- tenstellen entwickelt hatte und damit eine Situation wie in der Re- ferendarausbildung von Lehrern eingetreten ware.

In dem Schreiben des HKM vom 18.3.1976 taucht zugleich ein Argument auf, das in der weiteren Diskussion um die Behebung des Stellenman- gels in den Vordergrund geriickt ist:

"Dem guten Willen der Anstellungatrager sind allerdings insoweit finanzielle Grenzen gesetzt, als den Berufepraktikanten schon ein tarifrechtliah gesioherter Vergtitungaanepruch von monatlich 1.269.59 DM (Ledige) bzw. 1.337.54 DM (Verheiratete) zusteht. Hinzu komnen die Arbeitgeberanteile zur Sozialversiaherung . "

In der Antwort des HKM auf eine kleine Anfrage der CDU Fraktion im Hessischen Landtag "betreffend Praktikantenstellen fur Erzieher und Sozialpadagogen" vom 7.10.76 wird dieses Argument weitergefiihrt: "Die Veranderung der Situation seit EinfUhrung des Praktikantenver- trages (gemeint ist der Tarifvertrag filr Praktikanten, d.V.)-damals herrachte groBer Faehkraftemangel - zwingt dazu, das Problem des Unterhaltes von Praktikanten neu zu tiberdenken. Da das Berufsprak- tikum in den Ausbildungsordnungen verankert und als Teil der Ausbil-

66

67 -

dung definiert ist, wiivde die systematise*! richtige Ldsung mcht %n einer tavifvevtraglichen Vergutung, sondern in einer FOrderung nach dem Bundesausbildungsfbrderungsgesetz besteken. Nach § 2 Abs.4 BafoG iat AusbildungsfDrderung zwav auch filr diese Berufspraktzkan- ten zu leiaten; wenn dedoch ein Anspruch auf PraktikantenvevgUtung nach tarifvertraglicher Vereinbarung besteht, so hat dtesev Anspruch Vormng. "

Diese Vorstellungen des HKM gehen einher mit einem Schwenk in der Einschatzunq des integrierten Berufspraktikums: Hatte das HKM es bisher abqelehnt, das integrierte Berufspraktikum in ganz Hessen ein- zufiihren, so wurde jetzt im HKM eine Arbeitsgruppe eingenchtet, die qenau dieses vorbereiten soil. Der Zusammenhang ist klar: Wenn die Kosten des Praktikums, die bisher die Trager belasteten, uber die BafbG-Finanzierung zum groBeren Teil auf die Praktikanten, zum klei- neren auf den Bund abgewalzt werden, werden in Zukunft genugend Stellen zur Verfugung stehen.

Da die hochschulpolitischen und hochschuldidaktischen Argumente, die in der Vergangenheit fur das integrierte Praktikum sprachen, weiterhin bestehen, sollte das integrierte Praktikum angestrebt werden - auch wenn die materiellen Nachteile fur die Studenten deut- lich sind. Allerdings ware die Zustimmung an eine Reihe von Forde- rungen zu knUpfen, die in vorhergehenden Artikeln dargestellt sind.

JOURNAL

KctuiMgctiehefi voro Kultutkomile lur iin^l. I Arbciinehmcr. Stuttgart

Aus dem Inhall:

Schwerpunkt-Thema :

Auslanderpolitik Jor europaischen uewerkschaf ten. Berichte und Ana- lysen zur 3. In- tern. Gewerk- schaftskonferenz in Stuttgart.

AuBerdem: Inter- views, Dokumente und Presseberich- te.

Kh./.t-lh.-ll 3.S0 RctkktJoit Jouraal G

plus Porto StfcloMcntntBe 36

Abonnemenl: 7UOO Stuttgart 1

S Aiucibcn 18.- DM Tel. 0711 647X09 plus Porto

[UGENDSEKRETAR

Die SJD - Die Falken -.Kreisverband Koln sucht fur die Jugendarbeit in Koln zum

1. Februar 1977

einen hauptamtlichen Mitarbeiter.

Arbeitsschwerpunkt waren die Bewaltigung

von Organisationsaufgaben sowie die Be-

treuung der Bildungsarbeit des Kreisver-

bandes.

Bevorzugt werden Bewerber, die eine

haupt- bzw. nebenamtliche Tatigkeit bei

der SJD-Die Falken - nachweisen kbnnen.

Voraussetzung sind:

- mindestens 21 Jahre alt

- .abgeschlossene Berufsausbil dung oder abgeschlossenes Studium als Sozial- arbeiter.Lehrer.

Bezahlung und andere Leistungen erfolgen in Anlehnung an BAT(Kommunaltarif ) .

Bewerbungen an:

SJD - Die Falken -, Severinswall 32

5ooo K b 1 n 1

*•

- 68

Laizos Praktikus:

TRAGIKOMODIE EINES BERUFSPRAKTIKANTEN

Als ich mich nach 25 schriftlichen Absatjen und mindestens eben soviel nichtsbringenden Telephonaten fast beginne damit abzufinden, demna'chst irgendwo irgendwas zu jobben, erhalte ich von einer Be- kannten einen "heiBen Tip" fur die Arbeit an einem kleinen Jugend- amt.

Konzeptionslos, froh, u'berhaupt eine Stelle gefunden zu haben, be- gebe ich mich in das Einstellungsgesprach. Das einzige, was wir in dem noch nicht mal 10 Minuten dauernden Gesprach vereinbaren ist die gesetzliche Norm zu erflillen, ein halbes Jahr Verwaltungsprak- tikum und danach das halbe Jahr Sozial praktikum zu machen. Endlich ist es soweit, ich kann die groBe Barriere zwischen Theore- tikern und Praktikern Liberwinden; ich hatte zwar schon vorher Ob- dachlosenarbeit gemacht und mit streunenden Jugendlichen gearbeitet aber sowas zahlt ja nicht richtig bei "Praktikern". Umso schlimmer wirkte das auf mich, was ich in den nachsten Monaten an "Praxis" vol lziehen sollte.

Als ich am ersten Tag handl ungsschwanger im Jugendamt auftauche er- kla'rt man mir, daB das erste Arbeitsgebiet die wirtschaftliche Ju- gendhilfe sei. Man flihrt mich in das Zimmer eines Kollegen,- der sich gerade im Urlaub befindet; aufgrund der Raumnot sei es nicht mbg- 1 ich, mir einen festen Arbeitsplatz zur Verfugung zu stellen Nach anderthalb Wochen kommt der Kollege aus dem Urlaub zuruck und'fur mich beginnt ein Wanderzug, der im nachsten halben Jahr nicht mehr aufhbrt; ich sitze jeweils in dem Zimmer, dessen normaler Benutzer sich zur Zeit entweder im AuBendienst, auf Gericht oder auf dem Kran- kenbett befindet; jeden Tag des abends muSte ich neine wahrend des Tages geschaffene Ordnung auf einen Haufen packen, urn inn am nachsten Tag irgendwoanders wieder neu aufzubauen; aber das ist ja nicht das einzige; mal ist man bei einem Kollegen im Zimmer, der jeden Rau- cher ermorden will, am nachsten Tagtreibt der Kollege mit seiner Pafferei einem die Tranen in die Augen; ein Einstellen auf die Ver- nal tensweisen des anderen ist so schwer mbglich.

Meine sozialarbeiterische Tatigkeit ist kaum zu beschreiben, da das, was ich mache, mit Sozialarbeit soviel zu tun hat, wie Rudolf Schock mit den Rolling Stones. Mein Aufgabengebiet hat mehr Tatigkeitsmerk- male eines EDV-Angestell ten als eines Sozialarbeiters; ich uberprii- fe die Einzahlungen der Unterhaltspflichtigen gegeniiber ihren nicht im eigenen Haushalt untergebrachten Kindern. Zahlt jemand, so ist es gut, ich trage es in die daflir vorgesehene Liste eini zahlt je- mand nicht, so sag ich meiner "Praxisanleiterin" Bescheid. Diese "Praxisanleiterin" ist nicht, wie in der Ausbildungsordnung vorge- schrieben, eine Sozialarbeiterin (was sollte die auch in einem solchen Arbeitsgebiet), sondern eine Verwaltungsangestellte; es ist mir nicht mbglich, die Hintergrunde zu erfahren, auf die sich die

- 69 -

Arbeit stiitzt, zum Beispiel, warum jemand nicht in der Lage ist, seinen Unterhal tsverpflichtungen nachzukommen. Es ist nicht Unfahig- keit meiner "Praxisanleiterin", mir das zu vermitteln, sie weiB es selber nicht, sie leistet typisch entfremdete Arbeit (dieser Begriff wird mir hier plastisch vor Augen vorgefiihrt) undyist me dazu ge- kommen, zu hinterfragen, was sie eigentlich macht. Zahlungen an die Heime verfuge ich auch; zu diesem Zweck hat man mir als "Hilfswerkzeuge" flinf Stempel gegeben; ich mbchte keinem Info- Leser damit auf die Nerven gehen, daB ich die einzelne Funktion die- ser Dinger erklare, es genugt, wenn ich bei dieser ScheiBarbeit fast psychisch vor die Hunde gegangen bin.

Als ich psychisch immer mehr absinke, versuche ich mit dem Amtslei- ter zu reden; bringt nichts-er erklart mir, daB meine Arbeit ver- waltungstechm'sch notwendig sei und "als Sozialarbei ter muBte ich eben iiber verschiedene Arbei tsgebiete einen Uberblick erhalten"; im iibrigen stellt er mir die Versetzung in die Abteilung allgemeine Jugendhilfe in ungefa'hr zwei Monaten in Aussicht. Die Sozialarbei- terkollegen versuchen, mir auf der individuellen Ebene zu helfen, indem sie mich zu Hausbesuchen Oder Gerichtsterminen mitnehmen; so kann ich wenigstens ab und zu mal eine Kontonummer verdinglicht als Mensch vor mir se'hen und bin wenigstens fur einen Nachmittag meinem stupiden Kram entflohen.

Gegen Ende des Jahres steigert sich das Ganze ins Tragi sch-Absurde: das Haushaltsjahr muB abgeschlossen werden. Hierbei fuhrt man einen regelrechten Krieg an mehreren Fronten: gegen das Rechnungspriifungs- amt, das groBe "Fahndungsaktionen" auslbst, wenn auf einem Konto 50 Pfennig fehlen; mit den (Verwaltungs)kollegen, der Stadtkasse, die ein- oder ausgehende Gelder falsch gebucht haben; gegen den Computer in der Buchungszentrale, der manchmal anders handelt, als es die Logik von ihm verlangt.

Das gesamte Amt befindet sich in einer Hektik und Gereiztheit, die man wahrscheinlich nur mit der Stimmung nach einer Niederlage der deutschen FuBbal lmannschaft gegen einen Zwergstaat vergleichen kann. Der dickste Hund passiert, als ich eines morgens zur Amtsleitung ge- rufen werde und man mir vorwirft, ich liefe immer mit einem solch mifimutigen Gesicht durch die Gegend, daB man vermuten konnte, ich hatte Probleme zu Hause. Ich versuchte zu erklaren, daB bei mir zu Hause alles in Ordnung sei; was nicht stimme, sei die Tatigkeit, zu der ich gezwungen wlirde. Da kbnnten sie nichts dran machen, dies sei nun mal notwendig. Wer will bei solch uberzeugender Argumentation noch weiterreden; ich gebe mich geschlagen und hoffe aufs Oberleben.

Endlich, es ist vollbracht, ich "darf" in die Abteilung allgemeine Jugendhilfe liberwechseln. Das erste, was ich mit meinem neuen Pra- xisleiter ausmache, ist, trotz der dann herrschenden Raumnot noch einen Schreibtisch ins Zimmer zu stellen, damit meine "Wanderei' endlich ein Ende hat.

Heute, nachdem ich auch dieses halbe Jahr absolviert habe, stecke ich mittendrin in der Praxis; ich fulle einen Arbeitslosengeldan- trag aus - nicht den eines Klienten, meinen eigenen.

7o

AUSGEWAHLTE LITERATUR

1. Ausbildungsbereich und Hochschulpolitik

E. Altvater, F. Huisken (Hg.)

Materialien zur politischen Okonomie des Ausbildungssektors,

Erlangen 1971 G. Armanski, B. Penth, J. Pohlmann

Lohnarbeit im Offentlichen Dienst der BRD, westberlin 1976 M. Baethge, Ausbildung und Herrschaft

Frankfurt am Main 1970 P. Bruckner, T. Leithauser, W. Kriesel

Politisierung der Wissenschaften, Rotdruck Band 27, s'Gravenhage

1973

F. Hiusken

Zur Kritik blirgerlicher Didaktik und Bildungsbkonomie, Miinchen

1972 II Manifesto

Thesen zur Schul- und Hochschulpolitik, Internationale Marxisti-

sche Diskussion 25, Berlin 1972 Institutsgruppen Bonn

Kritik der Studienreform, Sozialistische Hochschulpolitik Nr. 2,

Bonn 1974 Institutsgruppen Bonn

Kritik der Vermittlungswissenschaften, Sozialistische Hochschul- politik Nr. 3, Bonn 1975 J. Kluver, F.D. Wolf (Hg.)

Wissenschaftskritik und sozialistische Praxis, Hamburg 1975 F.J.T. Lee,

Technische Intelligenz und Klassenkampf , Frankfurt am Main 1974 Marxistische Gruppe Erlangen

Kapitalistische Hochschul reform Erlangen 1972 M. Masuch

Politische Dkonomie der Ausbildung, Hamburg 1972 Rotzeg Miinchen

Wissenschaft und Kapital, Miinchen 1972 AStA Miinchen

Materialien z ur Hochschul reform, Miinchen 1973

2. Projektstudium

AStA der PHN Abt. Gbttingen (Hg.)

Materialien zum Projektstudium in der Sozialpadagogik, Gbttingen

1972 R. Bauer

Die Methoden der Sozialarbei t/-padagogik unter kapitalistischen

Produktionsverhaltnissen, in: Neue Praxis 2/1973

- 71 -

E.-B. Berndt u.a.

Erziehung der Erzieher: Das Bremer Reformmodell , Hamburg 1972 W. Bbdecker, 0. Frey, U. Maas

Projektorientiertes Grundstudium fur Sozialarbeit/Sozial padagogik,

in: Neue Praxis 3/1974 H. Brammerts, R. Zech

Das Projektstudium in Kontext staatlicher Bildungspol i ti k, in:

Studentische Pol i ti k Heft 2/3/1972 Curriculumarbeitsgruppe Sozialarbeit/Sozi a 1 padagogik

Zur Reform der Ausbildung fur sozialpadagogische Berufe, Kassel

1973 G. Deutscher u.a.

Projektstudium am Beispiel Heimerziehung, Arbei tsmaterialien

Sozialarbeit/Sozialpadagogik, Offenbach 1974 G. Hanschen

Zur Strategie emanzipatorischer Sozialarbeit, in: Neue Praxis

1/1973 G. Heitmann

Zielsetzungen und Bedingungen projektorientierter Studiengange, in:

Studentische Polijik 5/6/1970 S. Keller

Projektorientiertes Studium an Fachhochschulen flir Sozialwesen-

Versuch einer Planung, in: Neue Praxis 4/1973 P. Moltke u.a.

Das Projektstudium al s Bindeglied zwischen Theorie und Praxis in

der Ausbildung von Sozialarbeitern-Sozialpa'dagogen, in: Nachrich-

tendienst des Deutschen Vereins fur bffentliche und private FLii

sorge 5/1975 0. Schiitt

Zur Didaktik an Fachhochschulen-Fachbereich Sozialarbeit, in:

Neue Praxis 2/1972 SVI e.V. (Hg.)

Universitatsneugrundungen in der Bundesrepubl ik Deutschland,

Materialien zur Unineugrundung 2, o.O., o.J. H. Ulich (Hg.)

Aktuelle Konzeption der Hochschuldidaktik, Munchen 1974 Verband deutscher Studentenschaften (Hg.)

Info 3 zum Projektstudium 1, o.O., o.J. H. Wagner

Das Prljekt Georg-von-Rauch-Haus, in :Neue Praxis 2/1973 K.H. Wehkamp

Zur Einschatzung des "Bremer Modells", in: Erziehung und Klassen-

kampf 5/6/1971

DAS MASS 1ST VOLL!

- WARNSTREIK AN DER FHS FREIBURG

MATERIALIEN GESUCHT

I Fur eine Ausstellung Bilder gegen den Paragraphen 218. Plakate, KLinstlerische Arbeiten etc. (auch leihweise) Jula Dech, Steifen- sandstr. 5, 1 Berlin 19.

Zum Thema Freizeitverhal ten von kbrperlich behinderten Jugendli- chen. Kosten werden erstattet Mia Brink, Bergstr. 45, 58 Hagen.

I Suche Materialien und Adressen fur Examensarbeit "Internationaler Jugendaustausch" (schwerpunktmaTiig Vergleich kapitalistische/ sozialistische Lander. Uschi Sossalla, Bahrfeldstr. 7, 32 Hildes- heim.

Vom 30.11. bis 2.12.1976 beteiligten sich die Studenten der Katholi- schen Fachhochschule flir Sozialwesen in Freiburg an dem bundeswei- ten Warnstreik. In der grbBten Vollversammlung (VV) der Geschichte dieser FHS hatten sich liber 86 % der Studenten flir den Streik aus- gesprochen. In Arbeitskreisen wurden die Forderungen der VDS erar- beitet. Aus der spezifischen Situation an der Katholischen FHS erqa- ben sich weitere Forderungen:

Abschaffung des Ordnungsrechts

Als eine der ersten Fachhochschulen der Bundesrepublik verfiigt die- se Schule seit Januar 1975 iiber ein Ordnungsrecht, das der Schullei- tung die Mbglichkeit gibt, jederzeit Studenten zu relegieren, die den Frieden des Schulbetriebs stbren.

Abschaffung der Genehmigungspflicht flir Gruppen

Um sich an der Schule als studentische Gruppe konstituieren und auliern zu kbnnen, bedarf man der ausdrucklichen Genehmigung der Schulleitung. Eine Genehmigung erhalt naturlich nur diejenige Grup- pe, die auf dem Boden der katholischen Glaubens- und Sittenlehre steht.

Abschaffung der Raumvergabe- und Plakatierungsordnung Veranstaltungen, die der AStA oder anerkannte studentische Gruppen durchftihren wollen, miissen vorher vom Rektor genehmigt werden, unter Einhaltung der festgelegten inhaltlichen und formalen Vorschn'ften. Plakate und Wandzeitungen dlirfen ebenfalls nur von den o.g. Gruppen aufgehangt werden, und das auch nur zu hochschul-politischen Themen.

Wahrend sich an anderen Hochschulen Dozenten und Rektoren mit den Forderungen der Studenten solidarisch erklarten, reagierte unsere Schulleitung in altbekannter Manier: Exmatrikulationsandrohung an alle AStA-Mitglieder und einen weiteren Kommil itonen. Begrundung:

der AStA habe zum Streik aufgerufen. Dabei ist der AStA lediglich seiner Informationspflicht nachgekommen, indem er auf einer Wandzei- tung die VV-Beschlusse bekanntgab.

der AStA habe eine verbotene Veranstaltung durchgefuhrt.

Diese Veranstaltung - Filme und Diskussion iiber Berufsverbote - war bereits seit langerer Zeit genehmigt, wurde jedoch kurzfristig und ohne Angabe von Gru'nden verboten. Aufgrund eines Beschlusses der Stu- denten wurde die Veranstaltung trotzdem durchgefuhrt - im Freien auf dem Gelander der Schule, da wir an diesem Streiktag ausgesperrt waren.

, ein Student habe ein Flugblatt mit dem Aufruf zum Streik verteilt. Das Flugblatt enthielt ebenfalls Informationen uber die Streik-VV.

- 73 -

Die Aktivitaten der emporten und betroffenen Studenten und ein mas- siver Druck durch die Offentlichkeit, die von den Studenten mobili- siert worden war, zwangen den Rektor, die angedrohten Kundigungen des Ausbildungsvertrages zu verleugnen und stattdessen "nur Verwar- nungen auszusprechen. Aber auch damit kdnnen wir uns mcnt zufrie- dengeben. Denn jetzt ist der Punkt erreicht, wo das MaB vol! 1st. In den vergangenen 3 Jahren hat sich die Ausbildungssituation stan- dig verschlechtert und der Druck auf die politischen Aktivitaten der Studenten ist iramer starker geworden, z.B. Streohung ernes gesamten Fachbereiches (Sozialpsychiatrie in Heidelberg), Mangel an qualifizierten Dozenten, die diversen Einschrankungen von Grund- rechten (s.o.), Relegation eines AStA-Mi tgliedes, Exmatrikulations- versuch bei weiteren Studenten, Exmatrikulationsandrohung an den jetzigen AStA aufgrund einer DGB-Forderung in seiner Wahlplattform etc.

Nachdem sich lange Zeit ein Klima der Angst unter der Studentenschaft ausgebreitet hatte, ist in den letzten Wochen wieder eine starke politische Bewegung an der Schule festzustellen. Am 14.12 wurde ein ltagiger Streik durchgefuhrt und seitdem wurde das Rektorat bis zu den Weihnachtsfenen "belagert". An diesem Sit-In, bei dem neue Formen des Protestes entwickelt wurden, beteiligte sich ein groBer Teil der Studenten.

Weitere Informationen: AStA der Kathol. Fachhochschule, WbflinstraBe 4, 7800 Freiburg

THING

ZEITSCHRIFT

Nr.Null, f/2 und 3 vers;rif fen .

4 *5 und G enthalten die Portsetnn^sserie zur J2- B ewenjung: Illusion der Selbstverwaltun^ Oder Tell des Karapfes des jua;endli -hen Proletariats?

TmMmJNGI nur. :ieu In-

haltsverzeictinis von 0-7 Zur Perspective der THINT Aktlon Jupjendhaus Werthn.

THINGS okC.75,«s.

Wir wehren uns IGe^en Ju- sr,endarbeitslosii$keit und Abtreibun^sverbot ! Kritik der KJV-Position ( JZ-Bewe^una; i .d .Dlskuss. )

THINGS

Doppel

Febr.73 Dfcppelnummer

Arbeit or jugendzentren and Jui^endarbeitalosigkeit JZ-BewegLing: Kritik der RBJ Position

THING ii

Periohte bus der JZ-Pro- vlnz THINfi-Story:

Jui?endll?he Arbeitslose- Driickeber^er und Fgulen- ier ?

THING 12 ok e.75

Schwerpunkt :Kernkraf ter-

werke

Ju^endverbande :BDP-KBJ

Repression ,Frauenh3US ii.

Materialien

THING 13 llez./.T-n.

replant :e>tadt-und ,lu<3;end- zei tuns;en Jagsndliche im Knast

REIKI 1BLN.12 BUCH LADEN v CARMER STR.11

- 74

'PRUFUNGSTERROR: MORD"

Diese Anklage "sierte" in diesem Sommer die AuBenfassade der Frei- burger Fachhochschule fiir Sozialarbeit, nachdem die graduierte So- zialarbeiterin Hildegard ... nach niaht bestandenem Kolloquium "Selbst"-Mord beging. Keine Priifung ist sinnloser als diese. Urn so deutlicher ihv barbarischer, "Identitat gewahrender" und Identitat verweigernder Charakter. Wie diese Priifung erlebt wird, schildert der naahfolgende Brief eines Kommilitonen :

Lieber. . .

Vor der Priifung ma und meine Nervosit Fal Is ich die Pruf liber meine Qua l i f i gemessen werden wi gung, Versagensang nicht in mei nem Ve Was mir Angst bere weigerung der staa los) , al s vielmehr fert zu sein, die als reaktionar und

F..., den 3. II .76

chte ich mir ein paar Gedanken, die mich beruhigen

at dampfen sol lten.

ung bestehe, wei3 ich nicht mehr und nicht weniger

kation als Sozial arbei ter , we i I dies rami ich nicht

rd, sondern die Fahigkeit, Priifungsterror, Demiiti-

st und Ausgeliefertsein auszuhalten bzw. dies

rhalten erkennbar werden zu lassen.

itete, waren weniger die moglichen Folgen einer Ver-

tlichen Anerkennung (ich bin mit und ohne arbeits-

die Tatsache, 30 Hinuten sechs Leuten ausgelie- ich wahrend meines Studiums (zumindest drei davon)

studentenfeindl ich kennengelernt habe.

Ich empfand diese Prufung ais ungeheure Demtit igung durch dieses Aus- geliefertsein aber auch deswegen, weil ich wuBte, daS es in dieser Priifung nur zwei Arten von Prtifern geben wird:

a) diejenigen, die so gr6Senwahnsi nnig sind und in Selbstuberschatzung tatsachlich giauben, diese Prufung mit ihren fiinf Minuten fur jeden ' Pruf ling ermogliche eine objektive Einschatzung der Fahigkeiten und Kenntnisse (das sind diejenigen, die von staatlicher Seite als Prii- fer eingesetzt wurden);

b) diejenigen, die sich Ober den Charakter der Prufung im klaren sind und die aus Loyal i tStsgrllnden geforderte Form und Inhalt mehr als erforderlich einhalten und voll durchziehen.

Uber die Gefahrl ichkei t beider will ich mich nicht naher auslassen.

Aber all meine Gedanken, die meine Angst mildern sollten, reich-

ten nicht aus; sie steigerte sich ins unermeBl iche, als sich die

PrUfung urn 2 Stunden und 20 Minuten verzogertl!

"Das GefCihl, ausgeliefert zu sein, wird zum Grundgefiihl des entfrem-

deten Lebens. Ausgeliefert sein bedeutet Angst. Die Angst selbst

wird vom entfremdeten Menschen erlebt als naturhafte fremde Macht.

... Im Richterbl ick des iiberlegenen Anderen verliert der Mensch seine

Souvera'ni tat." (Duhn, Angst im Kaptalismus S. 47)

Inzwischen hatte ich lieber 5 Klausuren geschrieben, als diese mtind-

75 -

liche PrUfung du rchzustehen. Jm 11.10 Uhr ware unsere "Gruppe" dran- gewesen. Es war keine Gruppe, sondern es waren bunt zusammengewurfel - te Individuen, die eines gemeinsam natter,: A ngst und em, wenn auch nur entfernt ahnliches Thema.

Wir kannten uns kaum. Der Sinn dieser "Gruppen"prijfung liegt auf der Hand:

a) Zei tersparni s

b) Vergleichsmoglichkelt der PrUflinge. (Die Bewertung emer Leistung im kapital istischen System erfolgt inner im Vergleich zu anderen - Versagen anderer hebt die eigene Leistung - latente Feindsel igkei t der Menschen untereinander) i

Urn die lange Wartezeit zu uberbrucken, gingen einige in em Cafe oder Restaurant, um nicht stundenlang vor dem Priif ungsraum s i tzen zu mUssen und langsam durchzudrehen. . . Soweit mir bekannt ist, ist lediglich die 1. Gruppe termingerecht drangekommen . Bei alien ande- ren hat sich's jeweils um 15, 30 etc. Minuten verzogert. Kurz vor der Mi ttagspause der Priifer gab ein Dozent bekannt, die Prufung gin- ge um H.OO Uhr weiter, man konne also getrost noch etwas trinken gehen.

Zwischendurch, so gegen 13.00 Uhr, wurd und ging zurilck zur Schule. Dort habe i um 13.30 weiterginge mit meiner "Gruppe Hof in der Annahme, es ginge um l'l.OO U hoi te ihn.

Zu meiner Angst kam jetzt immer mehr oh ha'tten auch ohne die fehlenden Prufling Pech gewesenll Mir wurde uberdeutlich Leute ausgeliefert sein werden, was mir fijhrte. Wenn sie wollen, konnen sie all einmal dran war wahrend des Studiums. I gehort, dal3 in einer der vorangegangene Fragen gestellt wurden - behandelt im 1 war, daS ein groUer Teil der Fragen aus rectus stammen wird und da3 man durchfa

e ich im Cafe wieder unruhig ch dann erfahren, daB es schon

K. saB noch im Elzta'ler hr weiter. Ich raste los und

nmachtige Wut. Diese Herren e angefangen - ware wohl i hr daB wir der Will kur dieser

diese Sache klar vor Augen es fragen, was i rgendwann ch habe von Kommilitonen n Gruppen Uber Vertragsrecht oder 2. Semester! - Bekannt dem Bereich des Verwal tungs- 1 t , wenn man nix sagt .

Um 13.30 Uhr ging's also los: sechs Prufer gegen sechs PrUflinge

Uns wurde ein Fall vorgetragen. Z zelne gerichtet, jedoch nach ein stellt, daB keiner wuBte, wer nun so jeder gegen jeden? - oder noch drauf losquatschen auf die Gefahr danken abzuschneiden , jemandem di was zu sagen und dami t zu bestehe Zogern leisten, gerade jetzt, wo die nachsten Fragen selbst nicht sondern auch anderen (von K. . . we durch den Kopf schossen, entstand was diese sel bstherrl ichen Prufer fa'higkeit bewerteten, was sie hin (Zitat sinngemaB: "Sie haben zwar Ubrigen werden Sie ja selbst geme groBe Lucken aufwelsen. Ich muS I wie Sie nicht einstellen wiirde au

unachst wurden die Fragen an ein- ger Ze i t wurden die Fragen so ge- eigentlich gefragt ist - alle, al- der vorher Befragte? Soil jeder hin, jemandem das Wort oder den Ge- e Moglichkeit zu nehmen, doch noch •n?? Kann ich selbst mir jetzt ein ch etwas weiB; vietleicht kann ich beantwortenl? Weil nicht nur mir, iB ich's sicher) solche Fragen ;en unheimiich lange "Denkpausen",

natiirlich als Unkenntnis oder Un- ,terher auch zum Ausdruck brachten. bestanden, jedoch recht knapp. Im rkt haben, daB Ihre Kenntnisse hnen gestehen, daB ich solche Leute f meinem Amt .")■

76

Weil wir so knapp bestanden ha'tten, sagte ein Priifer: "Im Zweifels- falle fUr den Angeklagten" und traf dami t tatsSchl ic!r den Nagel auf den Kopf! I

Als ich horte, daB Hildegard die staatliche Anerkennung nicht bekom- men hat, wuBte ich, daB sie das gegen sich beziehen wird, sich als Versager sehen wird. Ihren Tod sehe ich als Konsequenz (Vollzug) dessen, was.ihr im Priif ungsergebnis bereits bescheinigt wurde: E i ne Identitat bzw. soziale Existenz wird ihr verweigert. Eine radikale Konsequenz auf unmensch! iche Bedingungen.

Ich habe in pa'd. extra Nr . 18/lg etwas en te verdeutl ichen soil. Das ganze geht au offens i cht 1 ich zu diesem Thema einiges ge M.L. Moeller fand bei empirischen Untersu nicht nur zahlreiche vegetative Storungen St6rungenj wie z.B. Konzentrat ionsunfahigk fiihle, Gedankenblock etc., also alles Sto tuelle Lei stungsfahi gkei t beeintra'cht igen Nach Moeller ist nicht nur die aktuelle P suchungsinteresse, sondern auch Prufungsm tungszeit, Prufer und PrUflinge, die Bede bl ick auf das soziale Umfeld des Prufling das sogenannte Entgegenkommen der Realita neurotischer Konflikte dar.... Wenn unbew reaktiviert werden, entsteht Angst." (pad

tdeckt, was das oben Gesag- f M.L. Moeller zuruck, der schrieben hat, falls Du's chungen von PrUflingen

sondern auch psychische eit, Minderwert igkei tsge- rungen , die die intellek-

rUf ungssi tuat ion von Unter- aterie, Pruf ungsvorberei - utung der Prufung im Hin- s. "Diese Faktoren bilden t fUr die Wiederholung uBte neurotische Konflikte .extra S. 38)

Laut Duhm (Angst im Kapi tal i smus) ist fast jede Angst eine Art "PrUfungsangst". Durch Uber ich-Bi Idung wird diese neurotische irra- tionale Angst hervorgerufen.Reale Angst ist in den wenigsten Fallen vorhanden (also Angst vor einer wirkl ichen drohenden Gefahr). Quelle dieser Angst ist die Herrschaf ts-Waren-Konkurrenzstruktur des Kapi- tal ismus .

Moeller geht kurz auf die histor i sch-gesel 1 schaf tl iche Funktion von Priifungen ein, was ich auch recht interessant finde: Er sieht als Vorlaufer der Prufungen die "Ini tiationsr i ten" (Vorgang bei Kulturen, die keine Pubertat kennen, zur Ubernahme von Erwachsenenrol len bei Kindern und Abgabe der Elternrolle der Eltern und Ubernahme neuer Roll en). Allerdings wird dort auf beiden Seiten (Eltern und Kind) eine Gefahrdung der eigenen Position erlebt und bei beiden entsteht Angst; jedoch wird dieser ProzeB filr beide als optimale Bewal t i gungs- form aufgefaBt, da sich die Rollen immer wieder erganzen und auch fur beide identi tatsbi 1 dende Funktion hat. (Z.B. der Jugendliche ge- winnt Identitat durch Ablosung von den Eltern) In Bezug auf die heu- tige gesel I schaftl iche Funktion bedeutet dies: In der Prufung sollen Fahigkeiten und Kenntnisse gemessen werden, um dem PrUfling als An- erkennung den angestrebten sozialen Status zuzuweisen. "Entscheidend ist hier jedoch, daB alle Arten von Examina in einer Gesel 1 schaf t, deren Grundstrukturen von den VerwertungszusammenhSn-

gen des Kapitals bestimmt sind die Funktion der Selektion und

Stabi 1 isierung der sozialen Schichtung haben. Diese gesel 1 schaf tl i- che Funktion der Prufung determiniert die Priif ungsordnung. .. , wi rkt bis in die zwi schenmenschl ichen Prozesse der Pruf ungss i tuat ion hin- ein und pervertiert deren identi tatsbi I dende und rationale Funktion.

77 -

Das Prufungsri tual ist in unseren Ausbi I dungssystemen asymetr i sen, d.h. ml t einer Ha'ufung von Macht auf Se i ten der PrUfer angelegt. Der Prufling befjndet sich in einer angst igenden Abhang igkei itsbe- ziehung zum Priifer. Die Priifung induziert Angst, begrenzt die intel- lektuelle Lei stungsfahigkei t (Denkstorungen) des PrUflings sowie die Urtei lsbi Idung des Priifers und verhindert damit exakt das, was sie zu messen vorgibt. Ferner legiert die Art der Prufungen die Identi tatsf indung via Stuatuszuwe i sung mlt starker Angst." (pad. extra S. 38) Die Verweigerung dieser Ident i tStsf i ndung bzw. ihre Moglichkeit dazu, fltiFJt vers ta'ndl icherwei se starke Angst ein, denn die Priifung spricht eine soziale Existenz aus oder auch nlcht. Identi tatsbi Idung und Gewahr lei stung von Identitat vermittelt durch Prufungen und auf ind ivi duel ler Ebene erlebt, spiegeln nur die Herr- schaftsverha'l tnisse im gesel Ischaf tl ichen und okonomi schen Bereich wieder, der die Moglichkeit zur Ident i tatsf i ndung durch Statuszuwei- sung von der aktuellen Arbei tsmarktlage und von politischen Verhalt- nissen (Arbei ts los igkei t , Beruf sverbote, Verscha'rf ung der PrUfungs- und Studienbedingungen) abhangig macht. Also Steuerung des Arbeits- kraftebedarfs durch Priifungs-, Beruf sverbotsterror auf Kosten von psychischem und physis-chem "Exi s tieren".

*

SOZIALARBEITER/SOZIALPADAGOGE

Fur ein Alternativprojekt werden 2 mannliche Mitarbeiter mit Erfahrungen in der Kinder- und Jugendarbeit gesucht, die sich engagiert in einem Team von 15 Kollegen/innen einbringen wollen. SpaB an intensivem Gruppendienst ist erforderlich.

INFORMATIONEN: Institut flir Sozial- und Heilpa'dagogik, GroBer Plan 13 31oo C e 1 1 e

••••••••••

INTERNATIONALE]* JUGENDGEMEINSCHAFTSDIENST

Wir kdnnen Euch mit einer in- ternational Gruppe jugend- licher und junger Erwachserer (16 - 25 Jahren) in Projekten (z.B. Kinderarbeit.Jugend- zentren.Behi ndertenarbei t,Um- weltschutz etc. helfen.

Wi r organisieren

INTERNATIONALE JUGENDGEMEINSCHAFTSDIENSTE

fur drei Wochen zu Ostern und im Sommer.

INFORMATIONEN:

Internationale Jugend- gemeinschaftsdienste-IJGD

Kaiserstr. 43, .

53oo B o n n 1

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DER JUGENDBULLE KOMMT

Was fiir Berlin und Miinchen gul ist.solltc auch fiir Frankfurt gut genug scin,dachte sich Polizcipriisident Miiller und richtete eine Arbeitsgruppe ein, die am 25.1 1.76 ihr "Rahmenkonzept zur Bekiimpfung de Jugcndkriminalitiit" vorstellte. In jedem Revicr soli ein speziell gcschultcr Beamtei fiir Jugendfnigen zustiindig scin. DaB die "Jugendpolizislen" nicht nur eine Flaschc Bier mil den Jugendlichcn auf Be- triebskosten trinken, ist vor alien den Ju- gendlichen klar, die ihre Erfahrungen mit der Frankfurter Foli/.ei gemacht haben. Statt wirksame Konzepte gcgen Jugend- arbeitslosigkeit und Lehrstcllcnmangcl, gegen Schulmisere und Lehrlingsausbeu- tung vorzulegen, versucht man cs mit Kon trollc, Disziplinicrung und Kriminalisic- rung.

Bishcr ist allerdings der Versuch das Kon- zept "Jugcndpolizei" durchzusetzen gc- scheitcrt. Jugcndliclic.Sozialarbeiter, WissenschaftlerJugendrichter.OTV- Betricbsgruppen, die Bezirksgnippe der Gcwerkschaft der Polizei, die Arbeits- gemeinschaft Frankfurter Jugendhiiuser, Hcssischcr Jugendring etc. haben sich bisher durch offcntliche Stellungnahmcn, Protestveranstaltungen.Resolutionen erfolgreich dagegen gewehrt. Zu einer offentlichen Veranstaltung haben Jugendliche ein Plakat cntworfen, das wir hier als weitere Kommentierung vorstellcn:

Uni lich ungozwunotn in dor Jugwtdiuna bewegsn lu kdnntn, ■olltt dv Juotndpollzlrt winen Diantt grundsatzlich in burpw- lienor Kllidung varnhan.

HWSo.

SoWBEEN UESHI&)1

WIE SICH DIE POLIZEI SO DIE ZUKDNFTIGE "JUGENDARBEIT" IN FRANKFURT VORSTELLT

Dor Jugendpolizirt tollta m6glichst airier Altarfgrupp* /wuchun 22 und 3b Jstven angettdrfln.

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- 79

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^^ ... und Hinweis auf Einrichtungen zur Freizeitgestalturtg.

Die Zitatc sind der "Rahmenkonzeption zur Bckampfung der Jugendkriminalitat" void 25.11.1976 entnommen.

KONTROLLE UND .

Polizeiliche Beratung der Jugend lichen ...

KRIMINALISIERUNG

Zur Koordinierung Am Einsatzesder Jugandpolizisten, Erkanntninammlung und Auswertung, Ruckkopplung und Informationuteuerung ist die Installation eines INFORMATIONSKOPFES erfordarlich.

DENKSTE

PRODUKTIV-

JUGENDi

j MANFRED IIEBELOBER AKTUELLE& HISIORISCHE ASPEKTE DER ARBEITERJUGENDFRAGE IM KAPITAUSMUS

Der Verfasser, Professor an dor PSdagoglschen Hochschule Berlin, untersuchc akruelte und histori sche Aspokte der Arbeiterjugendfrage Im Kapita- lismus. "Jugend" cliarakierisiert keinen unabhangig von der Klassenlago existlerendcn-"sozlalen Status" sondern ist eln dem Lebensaltor entsprcchender sozialer Aspekt der gesellsL-haftlichen Existent. Die kapir.il! stiselie I'roduktionsweise hat eine beson dere Jugendphase hervorgehrachu, In der sieh dor ihr immanente Grundwidersprueh von I ohnarbeit und Kapital im HntscehungsprozelS einer biirger- tichen Jugend einerseits und einer prolerarisehen Jugend anderersclts herausblldote.Aus dem Inhalt;

Arbeiterjugend und Emanzipatlon - Zur liegiun- dung des Lebenszusammennanges der Arbeiterju- gend - Vom kapitalistischen Fortschriti der Ju- gendfrageam Beispiel der USA - Zum Zusammen- hang von Schule, Arbeit und Arbuitsloslgkeit in der BRD - Selbstiindigkeif und Selbstorgnnisacion als Problem von Arbelterjugendbewcgungen.

Hamburger Allee 49 6 Frankfurt a.M. 90

ISBN 3-88203-027-5 160 Seiten DM 12,80

SOZIALPADAGOGISCHE ARBEIT IM JUGENDFREIZEITHEIM

1. Udo Maas, Mannheim:

LINKE SOZIALPADAGOGEN UND DIE ANGST VOR DER PRAXIS

Der Arbeitskreis Kritische Sozialarbeit, westberlin, greift in sei- nem Aufsatz "Sozialpadagogische Arbeit im Jugendfreizeitheim - Zum Verhaltrns von politischem Anspruch und padagogischer Real i tat -" (Info Sozialarbeit 13 1976) die politische Praxis einiger Genossen an, die sich in Konfl rkten von Arbeiterjugendlichen im Zusanmenhang mit Jugendfreizeitheimen gegenuber den Arbeiterjugendlichen solida- risch verhalten haben. So werden die Aktivitaten und Einschatzungen der Verfasser des Aufsatzes iiber Jugendzentren in "Erziehung und Klassenkampf 10-11/1973 ebenso mit der Floskel "linker Altruismus"

!2ge^n [,',' Wle unsere Arfaelt im Stadtteil Mannheim-Rheinau (S. 30: linkscantativ"). Uns wird vorgeworfen, wir seien volliq kritiklos auf die Forderungen von Jugendlichen eingegangen und hatten eigene Bedurfnisse und Anspruche negiert. Zum Beweis zitieren die Verfasser den Artikel "Kippe kaputt" des AKS Mannheim in "links" vom Juni 1975. Die Verfasser haben es versaumt, unsere ihnen gut bekann- te Gegendarstellung zu jenem "links"-Artikel (in: "links" Oktober 1975) und unsere ausfuhrliche Schilderung und Analyse der Rheinauer Arbeit in den Arb eitsfeldmaterialien des Sozial istischen Biiros (Anneliese und Udo Haas, Ingrid Schwarz, Sozialpadagogik und Arbei- tennteressen, Offenbach 1975) auch nur zu erwahnen, geschweige denn, sich mit der dort beschnebenen praktischen Arbeit und theoretischen Position auseinanderzusetzen. Trotzdem halten sie sich fur berech- tigt, unsere Arbeit als "politisch perspektivlos" einzustufen (S.30). Solche Urteile beruhen mcht allein auf wissenschaftlich schlampi- gem Vorgehen, sondern auf nicht eingestandenen Angsten.

Es ist eine fur uns inzwischen einigermaBen verkraftbare Erfahrunq geworden, dal3 praktische Solidaritat mit Arbeiterjugendlichen fur uns selbst allmahliche Isolierung von vielen Genossen zur Folqe hat well viele - vom Anspruch her politisch motivierte - Intellektuelle' verunsichert werden, den Ruckzug antreten und Abwehrhal tungen ent- wickeln, wenn Solidaritat mit Arbeitern auf ihre eigenen Lebensver- haltnisse zuruckwirkt. So zeigt sich auch in dem Aufsatz der West- berliner AKS ler, daB sie immer dann, wenn sie an den Punkt gelangen wo man Aussagen zu praktischen Konsequenzen erwartet, flugs abstrakt werden - und damit unverbindl ich: so besonders bedauerlicherweise bei den "Thesen zu einer bedurfnisorientierten Arbeit im Jugendfrei- zeitheim" (S. 40 ff). Hier geht's von Negt/Kluge iiber Seve bis zu Paolo Freire und endet mit der Feststellung, daB politische Arbeit im Jugendfreizeitheim nur begrenzte Auswirkungen haben kann - eine Binsenweisheit nach soviel Theorie. Es fehlt die entscheidende Aus-

- 83 -

I

sage dazu, was Sozialpadagogen denn machen sollen, wenn ihre lm Juqendfreizeitheim begonnene politische Arbeit den Rahmen des Jugend- freizeitheims verla'Bt. Politik ist namlich nicht zerlegbar 1n einen beruflichen (institutionellen) Teil (mit Arbeiterjugendlichen) und einen Feierabendteil (mit Genossen) (vgl S. 29) - oder umgekehrt. Aus beruflicher Arbeit im Jugendfreizeitheim kann sich durchaus die Notwendigkeit eines langfristigen, umfassenden Lebenszusammenhanges mit Arbei terj ugendli chen auch auBerhalb des Jugendf re! zei thelitis er- geben und dann erweist sich, inwieweit Intellektuelle lhr politisches Engagement flir Arbei ter ernst nehmen.

Nachdem funf Mitarbeiter des Nachbarschaftshauses Rheinau wegen ihrer solidarischen Unterstutzung der Jugendlichen 1974 ihre Kwidigung erhalten hatten, war fur einen Teil von ihnen die politische Arbeit zusammen mit diesen Jugendlichen nicht beendet. Sie haben auf der Seite der Jugendlichen gestanden, als diese urn einen Clubraum im neben dem Nachbarschaftshaus stehenden Kippe-Haus gekampft haben (vgl. Anneliese und Udo Maas, Ingrid Schwarz, a.a.O.) und sie haben die Jugendlichen bisher erfolgreich bei den gegen sie laufenden Pro- zessen wegen Landfriedensbruch unterstlitzt {a.a.O. ). Aus der darnal - qen Arbeit im Jugendfreizeitheim haben sich inzwischen vielschicnti- ge Ansatze eines kollektiven Lebenszusammennanges von Arbeiterju- gendlichen im Stadtteil entwickelt, in die wir, selbstverstandlich in unserer Funktion als Intellektuelle, durchaus eng verstrickt sind.

Wie wenig der Aufsatz des AKS Westberlin fur eine praktische politi- sche Arbeit mit Arbeiterjugendlichen hergibt, wird besonders deutlich, wenn man ihn mit den von Jbrg Krausslach, Friednch U. Duwer und Gerda Fell berg beschriebenen Erfahrungen mit Hamburger Arbeiterju- gendlichen vergleicht. (Aggressive Jugendliche, Ju9endarbeit zwischen Kneipe und Knast, 1976) Hier werden klar und kompromisslos Voraus- setzungen und Folgen einer an den Interessen und Bedurfnissen der Arbei terj ugend orientierten Jugendarbeit offengelegt, und zwar weder anonym noch theoretisch, sondern Satz fur Satz mlt1el^^p^^1^hprn belegt und daher von Grund auf ^g tiniiert. Krausslach/Duwer/Fellberg setzen voraus, daB man als mtellektueller "existentiell nutzlich fUr die Jugendlichen wird, d.h. sich im Handeln und nicht im Reden beweist; sich fur die Jugendli chen. erf ahrbar mit ihnen soli arisiert, selbst existentielles Risiko auf sich mmmt..." (a.a.O S 68) Wer das als "linken Altruismus" bezeichnet, hat nicht verstanden, was denn Arbeiterjugendliche uberhaupt dazu veranlassen sollte, Intel- lektuellen zu vertrauen.

Naturlich darf das Jugendfreizeitheim nicht als Zentrum der Gesell- schaftsveranderung miBverstanden werden. Aber darum geht es hier gar nicht Es geht darum, wie Politisierung im Jugendfreizeitheim statt- finden kann vom Ansatz an denjenigen Bedurfnissen her, deren Befrie- digung die Jugendlichen im Jugendfreizeitheim erwarten, aber meist nicht erreichen. Und es geht darum, wie sich Sozialpadagogen vernal- ten sollen, wenn sie diese Politisierung wollen, aber von deren prak- tischen Konsequenzen selbst ergriffen werden. Hierzu weist der AKb- Artikel keine Lbsungen auf, sondern Auswege. Der eine Ausweg be- steht darin, durch Politisierung der Jugendlichen auftretende Kon- flikte aus dem Jugendfreizeitheim hinaus zu befbrdern: "Die dort ge- auBerten Bedlirfnisse ... sind letztlich nicht in ihm zu befriedigen.

- 84

An diesem Punkt muB die Zusammenarbeit mit Gruppen und Institutionen iiber den Bereich des einzelnen Freizeitheims hinaus angestrebt wer- den: mit Gewerkschaften, Schulen, Jugendgruppen, Burgerinitiativen usw." (S.43) Ja werden denn dort die im Jugendfreizeitheim auftreten- den Bedlirfnisse befriedigt? Der andere Ausweg besteht darin, das Jugendfreizeitheim als padagogischen Freiraum ("pa'dagogische Pro- vinz") zu defim'eren: "Ansatze gibt es ferner mit den Methoden der Projekt- und medienpadagogischen Arbeit. Am ehesten lassen sich noch Bedlirfnisse nach Erholung und Entspannung sowie nach sozialer Aner- kennung und nach Orientierung im Jugendfreizeitheim verwirkl ichen." (S. 44) Wo bleibt der behauptete Unterschied (S'. 33) zur burgerli- chen Sozialpadagogik - zum Beispiel im Stil Mu'ller, Kentler, Molle- hauer, Giesecke (Was ist Jugendarbeit? Vier Versuche zu einer Theo- rie, 1. Auflage 1964)?

Der AKS Westberlin lehnt Konfliktstrategien ab, sagt dies aber nicht eindeutig. Er verwirft ausdriicklich nur "Konfrontationsstrategien mit dem Staat" und kritisiert klug "verklirzte Konfl iktstrategien"und ein "falsches Konf lik-tverstandnis" (S. 10), versaumt es aber anzuge- ben, was "nicht-verkiirzte" Konfliktstrategien und ein "richtiges" Konfl iktverstandnis sind. Nur das hatte den Aufwand gelohnt. Urn theoretische Voraussetzungen fur Politik im Jugendfreizeitheim zu bestimmen, ist es notwendig, die Elemente einer differenzierten Konfl iktstrategie herauszuarbeiten. Dabei ist auszugehen von der Tat- sache, daB Arbeiterjugendliche im Jugendfreizeitheim zwangslaufig in Konflikte geraten, wenn sie ihre Bedlirfnisse befriedigen wollen - und mit ihnen Sozialpadagogen, wenn sie Arbeiterjugendliche unter- stlitzen.

2. EINE ENTGEGNUNG DES AKS-WESTBERLIN

Die Kritik von U. Maas an unserem Artikel liber Jugendarbeit beruht Z.T. auf MiBverstandnissen, zum anderen aber vertritt er eine ande- re Position.

Zunachst zu den MiBverstandnissen.

Es ging uns in unserem Artikel nicht darum, die politische Praxis von Genossen anzugreifen, auch nicht darum, deren solidarisches Ver- halten Jugendlichen gegenliber zu kritisieren. Wir bestreiten auch nicht, daB solches Verhalten in Einzelfallen mbglich und richtig war. Worum es uns vielmehr ging, war die Frage, ob solche Versuche derSolidarisierung mit Jugendlichen verallgemeinerungsfahig waren und sind. Ganz allgemein gesagt kamen wir zu dem Ergebnis, daB es illusionar und politisch falsch ware, Einzelfalle, wo sich Genossen unter persbnlichem Einsatz - aus welchen Griinden auch immer - auf die Seite der Jugendlichen gestellt haben, zum Modell fortschrittl i- cher Jugendarbeit allgemein zu erklaren. In diesem Zusammenhang ha- ben wir solidarisches Verhalten hinterfragt und versucht, daraus resultierende Probleme aufzuzeigen.

U.a. kam es uns auch auf die Feststellung an, - und hier vertreten wir'wohl eine andere Position als U. Maas - daB Altruismus und

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Caritas (die Charakteristika traditioneller engagierter Sozialar- beit, die wir im librigen keineswegs denunzieren wollen) eben auch in der Linken eine Rolle spielen. Von daher ist der Begriff der politi- schen Praxis zu relativieren, deshalb, weil die politische nMomente, die uns von traditioneller Sozialarbeit, die nicht mehr will als Caritas unterscheiden, sich z.Zt. eben so gut wie gar nicht in Praxis darstellen lassen, sondern oft eher nur eine Differenz des BewuBt- seins bezeichnen.

Darliberhinaus sind wir der Auffassung, daB politisches BewuBtsein sich nicht einzig und allein im Eintreten fiir Interessen der Betrof- fenen ausdriickt - das ware bloB traditionelle Sozialarbeit -, son- dern auch und entscheidend im Eintreten fiir eigene Interessen. Es liegt auf der Hand, daB es in diesem Fall selbstverstandlich Inter- essengegensatze zwischen Sozialarbeitern und Jugendlichen geben muB. Dieser objektive Interessenkonflikt - darum ging es uns- darf nicht ignoriert werden, sondern muB in den Begriff politischer Praxis ein- gehen.

Aus der nochmaligen Lektlire des "Kippe"-Artikels von Maas/Schwarz in "links" Nr. 70/0kt. 75 ergibt sich nichts, was die Zuru'cknahme unserer kurzen Bemerkungen zu dem Konflikt rechtfertigen wiirde. Dort besta'tigt sich vielmehr, was wir kritisiert haben: Die Verfas- ser gehen nicht von ihren politischen Vorstellungen aus, sondern richten ihr Verhalten an den schwankenden Bedurfnissen der Jugendli- chen aus. Als - wie es dort heiBt - die Jugendlichen "...ein drin- gendes Bedurfnis nach dem Kippe-Club bekamen, ..." ("links" 70, S. 25), was verstandlich ist, stellen sie sich dahinter, was auch verstandlich ist, dies jedoch ohne den Jugendlichen von vornherein klarzumachen, daB dazu bestimmte Bedingungen eingegangen und einge- halten werden mu'ssen (Unfal lversicherung, Aufsicht, Offnungszei ten) , wie sie die Mitarbeiter der im gleichen Haus stattfindenden Straf- gefangenenarbeit gefordert hatten. Das ohne Eingehen auf diese Be- dingungen ein Selbstverwaltungsmodell scheitern muBte, sollte den beteiligten Sozialpadagogen klar gewesen sein. Unverstandlich ist daher, wieso sie dies den Jugendlichen nicht rechtzeitig vermitteln konnten.

Wenn Genossen ihren politischen Anspruch so fassen, daB er fiir sie das Eingehen eines umfassenden Lebenszusammenhangs mit Arbeiterju- gendlichen einschlieBt, (vgl. die Erwiderung von U. Maas) dann ist das eine persbnliche Haltung, die wir akzeptieren, nicht aber die politische Strategie von Jugendarbeit. Diese Haltung ist alt- ruistisch, solange nicht das eigene Interesse der Sozialpadagogen an diesem "Lebenszusammenhang mit Arbeiterjugendlichen" erkennbar ist. Weshalb machen sie das? Welches sind die eigenen langerfristi- gen Interessen, ohne die ein solcher Lebenszusammenhang nicht durch- gehalten werden kann? Was profitieren die Sozialpadagogen von den Jugendlichen? Wir stellen diese Fragen keineswegs in polemischer Absicht, sondern weil wir von denjenigen die Konzepte padagogischer Arbeit, wie das oben Angesprochene vertreten( hier Antworten erwarten. Vielleicht fehlt uns dazu ein Stuck Phantasie. Unsere eher skepti- sche Haltung, aus der heraus wir solche Versuche fiir moralisches Engagement halten, resultiert daraus, daB die Begrundungen dafu'r 1m- mer nur einseitig sind. DaB man als Intellektueller "existentiell nlitzlich" fiir die Jugendlichen werden kann - wie U. Maas schreibt - ist uns klar und bedarf keiner Erla'uterung, aber inwiefern gilt das in ahnlicher Weise auch umgekehrt.

MATERIALIEN/KLEINANZEIGEN

I Dokumentation "Geschichte einer Bewegung - Initiative Jugendzen- rum Cuxhaven" schildert auf 71 S. das Organisationsmodell und die Arbeit des Jugendzentrums und die Spaltung durch den KJVD. Gegen Voreinsendung von DM 4.- zu beziehen Liber AG SPAK Publ ikationen, Friesenstr. 13, 1 Berlin 61.

I Falkenkalender 1977 DIN A 2 beidseitig bedruckt mit vielen Comics. Gegen Voreinsendung von DM 1.- (in Briefmarken) zu beziehen liber SJD-Die Falken, Postfach 1923, 465 Gelsenkirchen.

I Kreuzberger Stadtteilzeitung - Erfahrungsberichte liber die Proble- me von Obdachlosen. Auseinandersetzung mit der SozialbLirokratie, die Arbeit von Initiativgruppen etc. Bezug u'ber Ulrike Urban, Fuggenstr. 33, 1 Berlin 30.

"Starke 12" - Jugendzeitung desNiebiiller Jugendzentrums - berich- tet Liber Atomkraftwerke, die Arbeit im JZ, Frauengruppe im JZ etc. Gegen Voreinsendung von DM 1.- (in Briefmarken) zu beziehen u'ber Jugendzentrum NiebUII, Gotteskoogstr. 22, 226 Nieblill.

Blickpunkt Ausla'nder Nr. 10/76 entha'lt: Welche Kultur'flir ausla'n- dische Arbeitnehmer? - Islam - Zur TLirkei - Mieterberatung in Kreuzberg -; Gegen Voreinsendung von DM 3. - zu beziehen liber Centre Europeen Immigres, 51 rue Vanderindere, 1180 Bruxelles/ Belgien.

•"Knoblauch", sozial istische Schulerzeitung Zeitung fiir (nicht nur) den zweiten Bildungsweg in Kassel. Diesmal: Was ist unsere Schu- le wert?, gegen 1.50 DM in Briefmarken liber "knoblauch", c/o Hessenkolleg, Witzenhauser Str. 5, 3500 Kassel.

Das Kronenburg-Projekt - Zwischenbilanz eines seit Frlihjahr 1974 laufenden Projektes. Ausgangssi tuation fiir das Projekt war die Er- fahrung gesellschaftlicher Isolation des Einzelnen und der An- spruch, politisch arbeiten zu wollen. Das Projekt wurde als selbst- verwaltetes Wohnhaus konzipiert, welches den Reproduktions- und Produktionsbereich (verbunden mit 4 Wohnetagen und einer Kneipe) vieler zusanrnenlegen und bewa'ltigen helfen sollte. 192 S.,

DM 11,50. Gegen Voreinsendung liber Klaus Mankowski, Steinfurter Str. 103, 44 Mlinster.

Dokumentation "Selbstorganisation und Selbstbestimmung am Bei- spiel des Club alpha 60" - 10 Jahre Clubarbeit (AK Vietnam - Emanzipation - Lehrlinge - Musik etc.) - 10 Jahre Auseinander- setzung. 315 S./DM 15 + 2 DM Porto. Gegen Voreinsendung auf das Konto Volksbank Hall Nr. 1076 000 Club alpha 60, Pfarrqasse 3, 717 Schwabi sch Hall. J *

Das Referat Jugendarbeit der DFG/VK hat eine Torrbildschau Liber Kernwaffen zusamrnengestellt. Die Tonbildschau entha'lt fiir viele sicherlich wichtige und auch neue Informationen. Sie kann sowohl fur bffentliche Veranstaltungen als auch fur Gruppendiskussionen verwendet werden. Vorbestellung (mindestens vier Wochen vor der beabsichtigten Veranstaltung) bei Erwin Eisenhardt, Goethestr. 16, 7253 Renmngen, Telefon 07159/5817.

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I Informationsbulletin des Vereins zur Fbrderung von Gemeinwesenar- beit Nr. 3'stellt zur Diskussion "GWA-Arbeit: Ordnungsmacht oder Gegenfaktor.

i Montagsnotizen - Zeitung von Wohngemeinschaften - mi t dem Thema "Atomkraft-Nein Danke", sowie weiteren aktuellen Berichter und Hinweisen Nr. 18/19 soeben erschienen. Gegen Voreinsendung von DM 1.50 zu bezieher Liber "Montagsnotizen", Schanzenstr. 6, 2 Hamburg 6.

Heim und Erzieher Zeitschrift Nr. 12 entahlt Materialien zur tJTV-Tarifrunde, Informationen aus den Dienststellen, SparmaBnah- men bei freien Tragern, Jugendpol izei , KKW, Heimsituation etc. Bezug: HEZ, Urbanstr. 126, 1 Berlin 61.

STELLENANGEBOTE/SUCHE

Sozialarbeiter(in)/Padagoge(in) zum 1.1.1977 (1.2.1977) fur Ougend- arbeit in einem Frankfurter Obdachlosengebiet gesucht. Praxis in der Jugendarbei t erwunscht. Teamarbeit. Bewerbungen an:

Kurt Degenhard, Nibelungenstr. 8, 6 Frankfurt. I Wir suchen einen Zivildienstleistenden und einen Sozialarbeiter flir ein neu eingerichtetes Jugendhaus in Bietigheim/Na'he Stuttgart, Bewerbungen an: Dieter Petri, Comeniusstr. 14, 712 Bietigheitm- Metterzimmern, Telefon 07142/44151.

Sozialarbeiter zum 1.7.1977/1.10.1977 von einer Dachorganisation Behinderter in Dlisseldorf gesucht. Selbstandige Arbeit im Freizeit- bereich (regional und u'berregional ) erforderlich. Zuschriften unter Chiffre 1/15 an Sozialistisches BLiro.

Wohnheim flir Behinderte sucht Ersatzdienstleistenden. Tel.: 0511/504898.

I Wir suchen einen Zivildienstleistungen flir Kommunikationszentrum und Jugendclub Teestube 165 e.V., Leipziger Str. 165, 64 Fulda.

Berufspraktikantin (Sozialarbei t) sucht Stelle im Bereich therapeu- tischer Wohngemeinschaften (Drogen), Jugendarbei t im Raum Heidel- berg. Beginn zwischen April und Oktober 1977, Uschi Kropp, Karpfengasse 2, 69 Heidelberg.

Suche Zivildienststelle im RAum Marburg ab Anfang 1978. Habe dann Examen in Germanistik und Politik. Zuschriften Liber Chiffre 1/20 an Sozialistisches BLiro.

Suche Stelle als Sozialarbeiter ab April 1977; bis 25 J., verh. wohnortunabhangig und bringe Erfahrungen aus der Praktischen Ar- beit in der Familienflirsorge, der Jugendarbeit und "Wohnkollektiv- arbeit mit, ebenso abgeschlossene Mechanikerlehre.

Glinter Hamburger, Hugenottenstr. 16, 68 Mannheim 71. I Sozialpadagoge, 29 J. verh., 1 Kind sucht Tatigkeit in der Vor- schul- Oder auBerschulischen Kinderarbeit im Raum Kbln/Dusseldorf/ Krefeld. Bisherige Erfahrungen: Abenteuerspielplatz, 0T, SchLiler- laden. Informationen Liber offene Stellen an Sozialistisches BLiro - Chiffre 1/1.

Sozialarbeiter sucht zum nachstmbglichen Termin eine Stelle flir das Berufspraktikum, vorzugsweise in den Bereichen Auslanderar- beit/Jugendarbeit/GWA im Raum Ostwestfalen-Lippe. Bei unterstlit- zungswlirdigen Initiativen Verglitung entsprechend finanzielle Mog- lichkeiten. Helmut Meier, Oststr. 9, 48 Bielefeld 1.

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