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Spiel haus fur Kinder in Frankfurt sucht Mitarbeiter(in) halbtags/ nachmittags, moglichst rait praktischen Fahigkeiten. Examen (Fach- hochschule oder Uni , z.B. Sozialarbeit/Padagogik) Voraussetzung. Telefon abends ab 18 Uhr 0611/441522.

Mil- suchen politisch engagierte Kinderg^artnerin mit Praxiserfahrung zur Mitarbeit in Kinder-El tern-Kollektiv, 9 Kinder ca. 4 Jahre, Adresse: Kinder-Eltern-Kol lektiv, 44 Mlinster, Sentmaringer Weg 9. Stadtteilzeitungen: Redaktionsteam der Stadtteilzeitung "Perlach aktuell" sucht Kontakte und Zeitungsexemplare aus anderen Stadten und Stadtteilen (gegen Bezahlung)

Adresse: Perlach aktuell c/o Renate Kotzara, 8 Munchen 83,Plettstr. 17 Projekt Gesamtschule der FHS-Bielefeld sucht dringend Erfahrungsbe- richte von Sozialarbeitern/Sozialpadagogen und Praktikanten im Ge- samtschulbereich. Adresse: Hartmut Hbhn, 48 Bielefeld, Sanddornweg 3 Gemeinwesenarbeit in Frankfurt-Bockenheim: Nachbarschaftsheim sucht 2 Sozialarbeiter(innen) oder andere Fachkrafte mit entsprechender Ausbildurg und Praxiserfahrung. Bockenheim soil nach dem Sta'dte- baufbrderungsgesetz saniert werden. Mit dem Projekt soil die Bevol- kerung in die Lage versetzt werden, ihre Bedlirfnisse und Interessen in die Planungs- und Entwicklungsprozesse des Stadtteils politisch wirksam einzubringen. In dem Projekt ist eine enge Kooperation mit der Victor-Gollancz-Stiftung und der Fachhochschule fur Sozialarbeit vorgesehen. Bezahlung nach BAT - Bewerbungen: Nachbarschaftsheim Ffm. e.V., 6 Ffm., Rohmerplatz 15.

Wir suchen noch Eltern mit Kindern, die am Aufbau einer Wohngemein- schaft in Mlinster teilnehmen mochten. Telefon: 0251/22466 o.55oo8. FHS^Studentin sucht fur Examensarbeit zum Thema: "Kommunale Sozial- arbeit" Literatur und ErfahrungsberTchte bes. aus dem Bereich der Famil ienfursorge: Marlies Grafe, 8 Munchen 60, Landsbergerstr. 519 Sozialarbeiter, 26 J. , sucht zum 1.10.1974 oder fru'her Stelle im Raum Marburg - GieBen; Zuschriften an: Detlef Behnken, 285 Bremerha- ven, Luisenstr. 8

Material und Kontakte gesucht zum Thema: "Hauptschulerarbeit im Freizeitbereich; Zuschriften an: "Prov. Jugendzentrum c/o Inge Nosal , 6833 Kirrlach, Ostendstr. 2

Erfahrungsberichte und Material gesucht:Thema "Arbeit mit Lehrlin- gen im Freizeitbereich"; Sozialpadagogikstudent Kalle Al tenbrunner, 34 Gbttingen, Rastenburger Weg 2

PROJEKT HEIMERZIEHUNG - Wir wollen neue Mbgl ichkeiten in der bffent- lichen Erziehung versuchen (Gruppe: 6-7 Kinder/Jgdl. im Alter von 3-16, Kooperation, Integration in das Wohngebiet). Wir suchen noch einen Sozialpadagogen, der bereit ist, einen mehrjahrigen Arbeits- vertrag abzuschl ieBen.

Kontakt: Werner Barking, 44 Miinster/St. Mauritz, Mondstr. 1 Die SOZIALARBEITER, die im Raum Mannheim/Heidelberg/Ludwigshafen tatig und an einer Zusammenarbei t interessiert sind, sollen sich melden bei : A. Blechschmidt, 68 Mannheim, Pfalzplatz 14.

Sozialarbeiter flir Jugendkollektiv in Heidelberg gesucht. Anfragen bei Drogen e.V., 69 Heidelberg, Brunnenaasse.

Sozialarbeiterstudenten der KFH f. Soziales suchen Kontakte/Materia- lien zu AKS-Sozialarbei tergruppen und folgenden Projekten: Jugend- wohngemeinschaften, Lehrl ingsarbei t, Kinderladen, Jugendzentren. Adresse: Michele Landezki, 5 Kb In 1, Fleischmengergasse 2.

;nformationsdienst

^0ZIALARBEIL^^!

. 5 m^

5.Deutscher Jugendhilfetag

JUGEND

UND. RECHT 7

Schwerpunktthema : Jugendhilfetag - Material i en der Sozialistischen Aktion

Offenbach, 1. Juli 1974 Preis vier Mark

a-H.September1974 Hamburg

Dieser Informationsdienst Sozialarbeit wird im Sozialistischen Bliro von Gruppen, die im Sozialisationsbereich arbeiten, herausgegeben. Der Info dient der Kommunikation und Kooperation von Genossen, die mit sozialistischem Anspruch im Feld der sozialen Arbeit tatig sind.

Folgende Ausgaben sind bisher erschienen:

Heft 1: "Fursorgeerziehung" Editorial zur Herausgabe des Info - Sozial- arbeit im Kapitalismus - Konzeption flir den Aufbau eines Jugendwohn- kollektivs - Auszlige aus einer Kollektivzeitung etc.

Heft 2: Sozialarbeit in Institutionen - Geschichte des AKS Frankfurt - Frobleme der Sozialarbeit bei treien Tragern (Evangelische Familien- beratung) - Kollektivpraktikum im Heim - Gemeinwesenarbeit mit Obdach- losen - Hinweise, Nachrichten, Leserzuschriften etc.

Heft 3/4 (Doppelnummer): Sozialarbeit zwischen Selbstorganisation und BUrokratie - Drei Aufsatze aus der Case-Con - Fursorgezbglinge nehmen ihre Sache selbst in die Hand - Das Lehrstlick Brackwede oder die objek- tiven Grenzen fortschrittlicher Jugendamtspolitik im Recht - Kampf zwischen Eltern und Arbeiterwohlfahrt urn eine Spielstube - Materialien, Hinweise, Zeitschriftenbibliographie !zur Heimerziehung etc.

Heft 5 (Doppelnummer): Zur Organisierung im Sozialisationsbereich - Funktion der Sozialarbeit - Disziplim'erung in der Fafu Neukblln - 6 Fa'lle von Disziplim'erung - Hinweise etc.

Heft 6: Jugendhilferecht und Jugendhilfetag - Kurzinformation zum JHG-Entwurf - Gegen sozialtechnokratische Tendenzen - Analyse und Forderungskatalog zur Reform des JHR - Genscher-Reform - Sozialarbeit und der 5. DJHT - Die Sozialistische Aktion NUrnberg - Bericht liber die konstituierende Sitzung der Sozialistischen Aktion - Offener Brief an die AGJ - Kurzberichte etc.

Herausgeber: Sozialistisches Bliro

6o5 Offenbach 4, Postfach 591

Verleger: Verlag 2ooo GmbH Offenbach

Erste Auflage: Juni 1974, 5ooo Exemplare

Alle Rechte bei den Herausgebern

Vertrieb: Verlag 2ooo GmbH, 6o5 Offenbach 4

Postfach 591, Hohe Str. 28 (Souterrain) Postscheck Frankfurt, Konto 61041-604

Preis: Einzelexemplar DM 4.— (8o Seiten)

Bei Abnahme von mindestens lo Exemplaren 2o % Rabatt Weiterverkaufer (Buchla'den, Buchhandel) 4o % Rabatt Jeweils zuzliglich Versandkosten

Der Info kann auch im Abonnement bezogen werden. Bezugsgebiihren flir das Jahr 1974 DM lo.— + DM 2.8o Versandkosten. Das Jahresabonnement enthalt vier regulare Ausgaben (Einfachnummern). Die Einfachnummer kostet DM 3. , eine Doppelnummer DM 5.—

Verantwortlich: Redaktionskollektiv Info Sozialarbeit Presserechtlich verantwortlich: Glinter Pabst Offenbach Druck: hbo-druck Bensheim

INFO SOZIALARBEIT, Heft 7

I N H A L T

Vorbemerkungen zu dieser Ausgabe

Regionalgruppe Frankfurt:

Vorbereitungsmaterialien zum Sozialisationsfeld "Ausserfamiliare Erziehung"

Autorenkollektiv Erziehung & Klassenkampf : Vorbereitungsmaterialien zum Sozialisationsfeld "Jugendarbeit und Freizeit"

Arbeitsgruppe Info Arbeiterbildung:

Thesen zum Sozialisationsfeld "Ausbildung und Beruf"

Redaktionskollektiv:

Bericht liber das Vorbereitungstreffen der

Sozialistischen Aktion in Hamburg

Aktiv R 16 Koln:

Jugendliche zum Jugendhilferecht

Aktiv R 16 Kbln/AKS Dlisseldorf:

Der Referentenentwurf - Jugendhilfegesetz von Biirokraten

Repressive MaBnahmen im Sozialbereich

8 Kurzberichte

Leserbriefe/Redaktionsmitteilungen

Nachrichten/Termine

Materialien

Kleinanzeigen

Erklarung der Sozialistischen Aktion zur Absage des 5. DJHT durch die AGJ

Seite 2

Seite 3

Seite 15 Seite 27

Seite 33

Seite 37

Seite 43

Seite 53 Seite 63 Seite 69 Seite 73 Seite 75

Seite 79

VORBEMERKUNGEN ZU DIESER AUSGABE

Die Vorbereitungsmaterialien zum Jugendhilfetag und zwei Beitrage zum neuen Jugendhilfegesetz bilden den Schwerpunkt dieser Ausgabe.

Die Vorbereitungsmaterialien zu den Sozialisationsfeldern "AuBerfa- miliare Erziehung", "Jugendarbeit und Freizeit" und "Ausbildung und Beruf" (die Papiere zum Sozialisationsfeld "Familie", die eine Ar- beitsgruppe nach der Diskussion in Hamburg noch einmal uberarbeiten wollte, lagen bei RedaktionsschluB nicht vor) sind als Diskussions- papiere zu verstehen. Es wurde versucht, auf einige der auf der kon- stituierenden Sitzung der Sozial istischen Aktion in Bielefeld aufge- worfenen Fragen und Probleme einzugehen; die explizit als Thesen formulierten Einschatzungen bzw. die mehr Oder weniger ausfuhrlich begriindeten Ausfiihrungen sollen dabei nicht nur auf den Jugendhilfe- tag orientieren, sondern Fragen und Probleme anreiBen, an denen prak- tisch und theoretisch weitergearbeitet werden muB.

Mit den drei Problemkreisen - Soziale Deklassierung - Offentliche Jugendhilfe - Einschatzung der Reformen im Heimerziehungsbereich - beschaftigt sich das Arbei tspapier zum Sozialisationsfeld II.

Eine Analyse der Funktionszuschreibung von Jugendpflege durch den blirgerlichen Staat und der daraus abzuleitenden Anforderungen an das Handeln von Jugendlichen und Sozialpadagogen in den Institutionen der Jugendpflege enthalt der Beitrag zum Sozialisationsfeld III. Daran schlieBen sich komprimierte Aussagen Liber Funktion, Organisation, Reform und Perspektiven beruflicher Bildungi an.

DaB in das neue Jugendhilfegesetz nicht die Interessen der betroffen- en Jugendlichen eingehen, zeigt der Beitrag einer Kblner Gruppe von Jungen und Madchen; sie haben ihre Kritik am JGH aufgrund ihrer lang- jahrigen Erfahrungen mit Jugendamtern und Heimen formuliert. Ihre Kritik bezog sich auf den Diskussionsentwurf ; mittlerweile liegt der Referentenentwurf vor, der einer parteilichen Kritik unterzogen wird.

Kurzberichte uber repressive MaBnahmen im Sozialbereich, Leserbriefe/ Stellungnahmen, Hinweise, Nachrichten und Kleinanzeigen sind die restlichen Beitrage in diesem Info.

Die nachste Ausgabe des Info, Heft 8, beschaftigt sich mit dem Thema: "Reformismus in der Sozialarbeit" und erscheint im Herbst 1974.

2 -

Regionalgruppe Frankfurt:

VORBEREITUNGSMATERIALIEN

ZUM SOZIALISATIONSFELD "AUSSERFAMILIKRE ERZIEHUNG"

Vorbemerkung:

Das vorliegende Arbeitspapier ist Teil-Ergebnis der Diskussionen in der Vorbereitungsgruppe Frankfurt. Die verschiedenen Teile wurden von einzelnen Mitgliedern der Gruppe erarbeitet, nach Diskussionen u'ber- arbeitet und, trotz noch bestehender unterschiedl icher Einschatzungen (z.B. der Reformbewegung) , als Beitrag der Regionalgruppe zum Vorbe- rei tungstreffen in Hamburg eingebracht.

Der Nachteil dieses Papiers liegt darin, daB es nur auf die Heimer- ziehung eingeht, der Bereich der auBer-familiaren-vorschul ischen Er- ziehung ausgeklammert bleibt (was mit der praktischen Orientierung der Gruppenmitglieder zusammenhing) und der Zusammenhang von famili- arer und auBerfamiliarer Erziehung nicht aufgezeigt wird. In den Diskussionen sind eine Reihe weiterer Fragen aufgetaucht, die auf dem Hintergrund dieser mehr grundsatzlichen Oberlegungen uber die gesel Ischafts-politischen Ursachen der Reformbewegung diskutiert und beantwortet werden miissen.

Die auf der Vorberei tungstagung in Hamburg andiskutierten Fragen und Probleme sind nachzulesen im Informationsrundbrief der Sozialisti- schen Aktion.

yer wird in dieser Gesellschaft sozial deklassiert?

Deklassierung bezieht sich in seiner Skonomischen Seite auf das Her- -usfallen aus dem ProduktionsprozeB. Das bedeutet allerdings, daB Deklassierung nicht etwas individuell verschuldetes ist, sondern be- dingt wird dutch verschiedene objektive Faktoren. Von Deklassierung ist somit jeder Arbeiter bedroht:

durch die Ausgl iederung aus dem ProduktionsprozeB bei wirtschaft-

lichen Krisen,

durch die spezifische Art seiner Sozial isation. r-eklassierung wird weiterhin bestimmt durch verschiedene Faktoren, wie Arbeitslosigkeit, physische und psychische Arbeitsunf'a'higkeit, AV-oholismus, Objekt der Sozialarbeit etc. DaB von Deklassierung ■irTbesonderer Weise Arbei terjugendl iche betroffen werden, ist keine wv/oothese, sondern langst statistisch erwiesen. Pongratz und Hlibner m untersuchten 582 Jungen und 378 Madchen, die 1950/51 aus bffent- licher Erziehung (FE und FEH) entlassen wurden. Diese Gruppe stamm-

zu 79.2 % bei den Jungen und 84,5 % bei den Madchen aus der Ar- heiterklasse. Der Sozialpsychiater Specht untersuchte 200 Jungen nd 200 Madchen, die sich in Fursorgeerziehung befanden (Stichprobe)

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"21 An9^en stammten 83 % der Jungen und 92,5 % der Madchen Ein „^*?r??hl?ht' Ube™iegend aus der unteren Unterschicht. (2) fSnnn^ccf lr\ d.eser Ju9endlichen All It auch spater die Jugendge- de?9iua^Hi?^h *\T "ntersuchung in Hameln staLt fast die Halfte aer jugendlichen Strafgefangenen aus Flirsorgehei.nen. (3)

dfniunnlr^9 t;5u9t also im allgeraeinen mit den sozialen Lebensbe- dingungen der Arbeiterklasse zusammen:

a) Schulische Ausbildur.n

MitteS?rht6m un"Fer Gesellschaft ist gepragt von den Normen der siezif^rho IK es^ede"tet,da6 Arbeiterkinder, bedingt durch nhre wird 11 S5i! ^"^'O?. von vornherein benachteiligt sind. Deutlich AbschfnR In?? V" 9roQer Teil der Arbeiterkinder ohne einen oft wlnpn{W?i^ dle..HauPtschule verlSBt. oder schon vorher - Das £'. enS5t5fUn9M " an die Sonderschule abgeschoben « rd. ablchfuS to,™ h tr\DrJtte] dieser Jugendlichen ohne einen Schu 1- zunehmpn ,T dne "°91 lchkeit hat, eine qualifizierende Letire auf tertatfSk^te °mt ™A vo™h^ein dazu verurteilt ist, Hilfsarbei- tertatigkeiten auszufuhren.

rait Si , i eKn2K?enAuSbi 1^7"9^03l ichkei t fur Arbeiterjugendliche QualitSt dSr L«km3uB 1S- d1e Lehre' Das Lehrstellenangebot und die giq was blLtl bll^un9 Slnd ^n der Willkur der Unternehir.er abhan- fenen LPhrc?o?? " dfUtlldh W1'rd a" der z.Zt. kiinstlich hervorgeru- Hp" "i!?r^e le™erknappung, mit der die Arbeiterjugendlichen fur

es

jLf^ubt, ihm bis zu 40 % vora Normal lohn seiner Lohngrupp ^ «*en. (Die Prozentsatze sind nach Bundeslandern und ar Wohnsitua. t^1ede»-) Mit der finanziellen Lage hangt u™Z*^a leisten. Er muB fe?usammen. Der Lehrling kann sich keine Wohnung ^ ver.

Z-t^ Zeit seiner Lehre in der oft engen e Iter icnen * e.

^iben. wenn es wegen unterschiedlicher BedUrfnisse una unertrag. henen zu Konflikten komt. wird die Wo hns it ua lon^ ^ '■en. Viele von ihren hauen da mal ab, knecnei. uc bleiben auf

ffifcr oder trampen herum. Manche komraen zuruck, mancne tgdte,

2*}s und geraten in die kriminellen Subkulturen ae und

uSftS Dealer oder gehen auf den Strich - urn Geld zu

nangig leben zu kbnnen.

Is sind nur einige wenioe Beispiele fur den u ge euren a ^ De_ fck: der auf der Arbeiterjugend lastet und be el nem ^ ganze fcerungserscheinungen fUhrt. Es ware "^^erjugend in un- 2£»B der Entrechtung und Unterdruckung der Arbeite rj.y_ R_n vor

t,.„„ .-»■ '-"<-ici.iii.uriu unu u...... - .. ahpr seine Augen

|Wer Gesellschaft angemessen darzustellen.Wer aber nicht ver.

SchV6a1:itat det" Situation der Lehrlinge und »r°^sen, die zwi- cblieBt, der wird auch die Zusainmenbange erkennen mus dgr ftr.

schen dieser Lebenslage und der Deklassierung eines BUerjUgend besteht.

S^he Interessen stehen hinter dem Eingreifen der dffentlichen dugendhilfe?

i.,«««ji- r " *'" oernn ly/u ca. 20 % der Berufsschulpt ncr

9 e'w^'r So?derschu^ oder ohne AbschluB haben keine Cha, Qleich al 1211 h Suarririerta Aust>ildung zu bekommen. Sie fangen 0 wlLpn9H-ernte Arbeits^afte an. Bei wirtschaftlichen Depres- b o ^•?a,iizierten Oungarbeiter zuerst gefeuert-

zahlt und ohno h Kndllfr Unsic^rheit, als Jugendliche unterbe- so viele von fh^d6"be«--che Pe^pektive. Warum werden wohl in Erz IhuS^ho?6" ajtfalli3 ga^eln arbeitslos herum und landen trziehungsheTmen und Jugendgefangnissen?

'rhTSriri—!?^-0" ;rb^ter.iuoPndHchen / Wohnsituation liegt durchweaTnt-Jf^F^5^^ v"m ArbeUgeEiF: Sie

e"t gliSen^Zwan^2 S6ihPlf!n V°n ^hUlern'und S ud nt'n fdt nicV Mer e1n£t?a Z V-l P!:od"kti°" ausgesetzt sind, sind die Lehrimge abhSng oe H Nacnteil Sie kbnnen sich kein von den Eltern un-

mSssen sich zusSt ? rh^r'r/r6^^1^ abhan919 vom Elternhaus und liefern zusatzlich auf Gedeih und Verderb dem Lehrbetrieb aus-

Srmari^lShnt^soSd^ ^t ^ ^Iterjugendliche aber auch nicht entiohnt. sondern nach einem Altersstufenlohnschlussel.der

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If dern Eingreifen der Jugendhilfe- Dies wird ^ die herr.

SympLome anschaut, an denen die Rechtspre^n "-nende Praxis Verwahrlosung festmachen. deli|cte

Begehen von straftaten. allem voran Eigen.umsae

.°rtlaufen unrl llmhprt.reiben - . ■-• ~a-i

ist dem- der kapi'

.--i-ionsproze J^ische Jugendl r'tuation pradesti

,--<"- run praaestimert sina. »cr n«. - •,.,... una <-e"""a,"l,"n-..

cher" Jugendlicher aus "geordneten" Fam lien eres unterlas

"*««! stammend nach herrschender le e ^ die Vergleichsgros

'8n Wnnte und in der Regel auch WtBrV^t,^ Wer gegen d,e

f" eben das Mittelschichtskind - ""tenchTgw folglich sc huld

S"ftestenten. einhaltbaren Normen verstoBt, z haftet die SchUi

haft» so daB ihm Strafe "gewahrt" werden nu». _ _

- uneingestanden natlirlich - der Klasse als solcher an. Denn wenn auch in die Definition der "Verwahrlosung" der zwingende Zusammen- hang zwischen dem Verhalten des proletarischen Jugendlichen und seinen Lebensbedingungen nicht zu seinen Gunsten eingeht, so ist er doch insofern berlicksichtigt, als der blirgerlichen Gesellschaft das Verhalten deshalb umso gefahrlicher und desto "verwahrloster" er- scheint, je unabwendbarer es aus den proletarischen Lebensverhaltnis- sen folgt. Was bei einem "normalen" Jugendlichen eine einmalige Ent- gleisung ist, ist beim proletarischen Jugendlichen AusfluB der gene- rellen Lebenssituation. Daher ist es dann auch unerheblich, ob die Eigentumsdelikte Bagatel lsachen sind, harmlose Gebrauchsentwendun- gen, exzessiver Mundraub schlimmstenfalls. Dann spielt es auch keine Rolle mehr, wie haufig vergleichbares Verhalten bei Kindern auftritt, die nicht zur Arbeiterklasse gehbren. Die Bedrohung der Gesellschaft ist permanent.

Wo allerdings Widerstande gegen die Funktionsgesetze des Kapitalis- mus laut werden, da reagiert auch die bffentliche Jugendhilfe rait einer breiten Palette von Repressionen, die einraal der Disziplinie- rung der momentanen, zum anderen der Abschreckung der potentiellen "Unruhestifter" dienen. Dariiber, daB Disziplinierung und Unterdru'k- kung die entscheidenden Mittel sind, um einmal die Arbeitskraft, zum anderen die Achtung vor der privaten Aneignung zu erhalten, kann daher kaum ein Zweifel bestehen.

Gleichwohl bedient sich die offentliche Jugendhilfe auch differen- zierterer MaBnahmen.

a) Eine MaBnahme ist die Re- Integration in die Familie als dem Ort, an dem auch dem jungen Proletarier das Funktionieren fiir den kapi- talistischen ProduktionsprozeB zunachst eingetrichtert wird. Sie ist eine der wichtigsten Sozialisationsagenturen des kapitalistischen Staates. Hier lernt das proletarische Kind von Anfang an, sich unter- zuordnen und fremdes Eigentum anzuerkennen. Die Familie erfreut sich daher besonderer Aufmerksamkeit seitens des Staates und seiner Ju- gendhilfe: man denke an Erziehungs- und sonstige Beratung, an Erzie- hungsbeistandschaft, die im Gegensatz etwa zur FEH gegen den Willen der El tern angeordnet werden kann. Die Familienideologie wird weiter aufrechterhalten durch Ruckfuhrung von Herumtreibern und Schulschwan- zern. Auch die Unterdruckung der Sexual i tat, insbesondsre bei Mad- chen, fdrdert die Ehe- und darait Familienwilligkeit, weil das der einzig anerkannte Ort fLir sexuelle Beziehungen ist. Allerdings werden in der proletarischen FamTlie aufgrund der mate- riellen Zwange gleichzeitig Verhaltensweisen produziert, die den Interessen des Staates zuwiderlaufen. Daher wird die proletarische Familie, wo sie nicht mehr im Sinne des kapitalistischen Staates funk- tioniert, ihrer Erziehungsfunktion behoben.

Das wird deutlich an der Ausweitung der bffentlichen-Erziehung auf alle 3-6jahrigen und die Intensivierung der VorfeldmaBnahmen, d.h. die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in Adoptions- und Pflegefamilien.

b) Der Zusammenhang von Ahndung der Eigentumsdelikte und Aufrechter- haltung des Privateigentums bedarf keiner weiteren Erla'uterung.

c) Weitere MaBnahmen der bffentlichen Jugendhilfe dienen der Quali- fizierung der Ware Arbeitskraft. Soil das Kapital stetig akkumuliert

werden, muB die Produktivitat immer weiter gesteigert werden, z.B. durch Weiterentwicklung der Produktivkrafte. Dies erfordert immer weitergehendere Qualifizierung der Arbeitskrafte. Von daher ist auch die Ausweitung des Jugendhilfesektors auf alle 3 - 6jahrigen (Elementarerziehung) zu verstehen. Weiter stehen in diesem Zusammen- hang die Erzwingung des Schulbesuches, die Verfolgung von Schul- schwanzern und der Kampf gegen Herumtreiber. Vjo die"Verwahrlosung" schon so weit fortgeschritten ist, daB eine Qualifizierung nicht mehr gewinnbringend erscheint, wird versucht, die Ware Arbeitskraft wenigstens zu erhalten, was sich im Kampf ge- gen Arbeitsbummelei und -unlust, gegen Fortlaufen und Herumtreiben niederschlagt. Versagen die offenen MaBnahmen, so werden mit dem Gedanken der Abschreckung und Isolierung Jugendliche in Heime und Gefangnisse eingeliefert. Ihrem Anspruch nach soil in diesen Insti- tutioncn die Integration in den ArbeitsprozeB und in die Gesellschaft vollzogen werden. Tatsachlich werden hier die Jugendlichen weiter deklacsiert.

Zur Einsch'a'tzung der Reformen im Heimerziehungsbereich

Die im Zuge der anti-autorita'ren Studentenbev/egung von Studenten, Fursorgezbglingen und' Sozialarbei tern durchgefiihrten Kampagncn im Heimbereich, der radikale Kampf gegen den Zwangscharakter der bffent- lichen Erziehung in den Heimen, brachte mit einem Schlag die gesam- te "Misere der Heimerziehung" an die Offentlichkeit. In den Auseinandersetzungen mit den in sich abgeschlossenen Heimen wurde einmal anschaulich die Funktion der bffentlichen Erziehung (eine Erziehung, die noch nicht einmal in der Lage war, ihre vor- gegebene Funktion der "Integration in die Gesellschaft" zu erfullen) als Abschreckungs- und Disziplinierungsmittel herausgearbeitet, und zum anderen konkrete Kritik an der Situation der Jugendlichen in den Heimen geleistet:

- totale Isolierung von der gesellschaftl ichen Realitat: abgeschie- dene Lage, Beschrankung des Ausgangs, Besuchsregulierung, Post- und Informationszensur etc.;

- mangelhafte Schul- und Berufsausbi ldung: Orientierung an handwerk-

1 ichen und halbindustriellen Berufen, die eine spatere qualifizier- te Arbeitsaufnahme verhindern; Arbeit dient im Heim als besonderes Disziplinierungsmittel ;

- bestandige Reduktion auf die Rolle des Unmlindigen: Reglementierung des gesamten Tagesablaufs (Gruppenleben, Arbeitsplatz, Freizeit), Unterdruckung des Sexuallebens, strikte Einordnung in die Heim- hierarchie, geringes Taschengeld statt Arbeitsentlohnung etc.

Der Kampf der 'Zoglinge' in verschiedenen Erziehungsheimen in der BRD, ihre Flucht aus den Heimen, die an ihrer realen Situation an- setzende Kritik der Heimerziehung, flihrte, unterstiitzt durch die aufgeschreckte liberale Dffentlichkeit, zu einer Reihe von Konse- quenzen auf den verschiedensten Ebenen: {Beispiel Hessen) a) unter dem Druck der Massenflucht von Jugendlichen wurden Staat

' und Verbande gezwungen, Jugendwohnkollektive einzurichten; h) um die libelsten MiBstande zu beseitigen und die Offentlichkeit zu beruhigen, wurden folgende MaBnahmen durchgefuhrt:

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- Einstell ungsstop fur unausgebildete Erzieher in Heimen des LWV

- Reduzierung der Belegungsstarke (teilweise bis zu 50 %)

- Erhbhung der Pflegesatze

- Abschaffung des Karzers, Aufhebung der Briefzensur, Taschengeld- richtlinien, Arbeitsentlohnung, Ausgangsregelungen etc.

- GrundrechtserlaB, der die Grundrechte der Jugendlichen und ihre Mitwirkung bei sie betreffenden Fragen regeln und gewahrleisten scllte.

c) Auf die bffentlich gewordenen MiBstande in der Heimerziehung re- agierten Wissenschaftler, Pa'dagogen, Behbrden und Verba'nde mit einer Flut von Stel lungnahraen, Untersuchungen und Reformvorschla- gen, die die widerspruche beseitigen sollten. Humanisierung, Demokratisierung, Chancengleichheit, Bildung und Ausbildung und soziales Lernen sind die Schliisselbegriffe der angestrebten Re- formen. Die Forderungen beziehen sich auf:

Veranderung der Heimstruktur:

- Abbau der Hierarchie, Gruppenautonomie, Mitwirkungsrechte flir Erzieher und Jugendliche

- Heira- und Gruppendifferenzierung; vom GroB- zum Kleinheim

- Neuorganisation der Heimfinanzierung

Forderung der Kinder und Jugendlichen:

- bessere schulische Forderung, Zusammenarbeit mit Lehrern

- bessere Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen flir die Jugendlichen

- tarifgerechte Entlohnung

- individuelle Erziehungs- und Therapieplane

- genaue Diagnose der Vernal tensauffa'lligkei ten

Aus- und Fortbildung der Erzieher:

- standige Fortbildung des padagcgischen Personals

- Integration der Wissenschaft in die Ausbildung.

Zu diesen Forderungen, die sich auf den Heimbereich selbst beziehen, ist eine Tendenz zur Intensivierung und zum Ausbau der offenen und halboffenen Hilfen festzustellen, die ihren Niederschlag sowohl im Riickgang der FE (17 %)/FEH (5,5 2S)-Einweisungen (v. 1952 - 1969) und im neuen JHR finden: Erziehung in einer Einrichtung 61 REJHG) setzt voraus, "daB die Hilfen im Vorfeld der Heimerziehung ausge- schbpft sein miissen", "wenn Art und Schwere einer Entwicklungs- Oder Verhaltensstbrung stationare padagogisch-therapeutische Hilfe erfor- dern."

"AusschlieSliche Kriterien flir diese Hilfen miissen die erzieherischen Sedlirfnisse des jungen Menschen sein."

Wie sieht aber nun diese Realisierung der Reformvorhaben aus? Kann die Heimerziehung so umgestaltet werden, daB sie den Interessen und Bedlirfnissen der Jugendlichen entgegenkommt?

Hessen, dessen staatliche Heime besonders der Kritik unterzogen wa- ren, legte im November 1972 einen Stufenplan zur Reform der Heimer- ziehung vor, der bis 1980 weitgehend realisiert sein soil. Die Vor- schlage beziehen sich im wesentlichen auf die Empfehlungen des Heim- beirats, der im Dezember 1969 als Reaktion auf die Staffelbergkam- pagne eingesetzt wurde. Das Reformpapier sieht eine Reihe von kurz-, mittei- und langfristigen MaBnahmen vor, die von der Gewinnung von

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Daten flir die Entwicklung, Planung und (Coordination der Heimerziehung, der Neuordnung der wirtschaftlichen Grundlage, der Ausweitung der Fortbildung, dem Neubau von Erziehungsberatungsstellen, offener Erziehungshilfen bis hin zur Realisierung und dem Ausbau eines Net- zes diagnostischer und therapeutischer Einrichtungen reicht. Welcher Stellenwert diesem Reformvorhaben zukommt, wird aus dem Vor- wort zum Stufenplan deutlich: "Der vorgelegte Stufenplan halt sich im Rahmen.der die Mbglichkeiten praktischer Umsetzung der Empfehlun- gen des Heimbeirates unter den immer und liberal 1 geltendcn Bedingun- qen knapper und personeller Mittei berlicksichtigt. " Abgesehen von der Intensivierung der Aus- und Fortbildung und dem Ausbau der offenen Hilfen (die daruber hinwegtauschen sollen, daB die Umwandlung von Heimen selbst nach Maximen burgerlich-emanzi pa to- ri scher Sozialpadagogik aus Kostengrunden im Kapitalismus nicht mbg- lich ist; zum anderen wird durch eine Reprivatisierung der Erziehungs- kosten eine Entlastung staatlicher Haushalte erfolgen) beschrankt sich der Stufenplan auf die technokratische Lbsung und Verwaltung der Probleme in der Heimerziehung.

Wir verkennen nicht, daB, bezogen auf die Situation vor 1968, eine Reihe von Verbesserungen fur die materielle Lebenssituation der Ju- gendlichen in den Heimen durchgefuhrt wurden, bzw. erkampft worden sind. Wir kbnnen auch Veranderungen im Heimbereich - bei Beibehal- tung der Funktion von Heimerziehung - einen Wandel vom offenen Dis- ziplinarsystem mit Strafcharakter hin zum sozialintegrativen System feststellen: Stichworte dazu sind: Heimdifferenzierung, Demokrati- sierung, Kooperation, Partnerschaft, Einzelgesprache, offene Grup- pengesprache als Mittei der Konflikt- und Problemlbsung, AuBenkon- takte etc. Die Begrenztheit von Reformen wird zudem an einem anderen Beispiel deutlich. Wie den Forderungen der Jugendlichen die Spitze abgebrochen wird, wie ihre Vorstellungen in institutionelle Bahnen qelenkt, d.h. reformistisch gewendet werden, zeigt die zum Zeitpunkt der Heimkampagnen gestellte Forderung nach Selbst- und Mitbestim- mung.

Als Reaktion auf die Heimkampagnen ist der GrundrechtserlaB des Sozialministers vom 12.6.72 anzusehen. Der GrundrechtserlaB nahm die Kritik an der Situation der Jugendlichen auf und verbriefte ihnen bestimmte Rechte: u.a. nach Mitbestimmung in alien sie betreffen- den padagogischen, organisatorischen und wirtschaftlichen Fragen. Die Jugendlichen, die vorher noch durch kollektive Aktionen Heimlei- tung und Tra'ger unter Druck setzen und Veranderungen erzwingen konn- ten, sollten nun Heimra'te als Interessenvertretunq wahlen. Dort, wo Heimrate eingerichtet und als groBes Reformvorhaben gefeiert wurden, dienten sie bald nur noch als demokratisches Mantelchen fur die Pro- qressivitat der Heimleitungen. In ihren Funktionen wurden sie zuneh- mend auf Ordnungs- und Disziplinierungsfragen zurLickgedrangt; be- schrankt auf die Mitwirkung bei Essenspla'nen, die Regelung der Fren- zeit und Kontrollaufgaben, erkannten die Jugendlichen sehr bald, daB durch diese Art von Mitbestimmung eine Veranderung ihrer Situation nicht zu erwarten war und sie verloren das Interesse an der Arbeit der Heimra'te. Dort wo die Jugendlichen den Heimrot als aktives Mo- ment der Interessenvertretung benutzten.wo sie z.B. bei der Entlas- sung und Neueinstellung von Erziehern mitbestimmen wollten, wurden diese Ansatze sehr schnell durch Intervention der Heimleitung Oder des Tra'gers zunichte gemacht.

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die s ch hIIV1SV" den Heimen ei"e Padagogik gehandhabt wurde, orientiert ,mn c Znarsationserfatirun9en der Kinder/Jugendlichen wlrt durch ri?« t aU dle Wah™ehmung ihrer Interessen vorbereitet, wira aurch die Praxis widerlegt.

Ernst zu mach^V^^96" VCn s^ialpadagogen und Sozialarbeitern, Heimerziehu'nS ?„ ll dm ref°>"meriSchen Anspruch, die Strukturen der un i Se's e dP^-^9enen Interesse (Arbeitsplatzsltuation) verbal 1" ! t Klndel" und Jugendlichen zu verandern, wurde toben sShffd e"?ekTen- Sie du>~fter, sich zwar auf dera Papier aus- In erven?ion Ltrlt^l '!! dif Real^ierung dachten, setzten die

nahme kritischer Fr7 "h d6S S^a?tes und der Verbande ein: die-AU n mit Ref~d>?^n ie-r ln Leitungsfunktlonen. die Beschaftigung lend * e Mif+ WeiS6S "jntgegenkonmen, der Verweis auf feh- bis hin zur Entlassin J Verschiedene Fo™en »<"> Disziplinierung

e«."8 asK^yss'sSbS"-^-^ interesse^ und BedUrf

sUuation tende'nziPii1"^!^" ielbst~ und Mitbestimmung'ihrer Lebens- e dann f ,,! a"f9enonmen und durch die Einrichtung von He » e aann auf instit.ntinnQii„ D,i ...._. _•_ "._* <jer HeiN

raten, die dann »■.* a^T?enoramen und durch die Einrichtung

leitung auf reihnnl f*S 0nelle Bahnen und ira Interesse ung auf reTbungslosen AM auf gelerlkt werden.

schanfpo'^Jischln^ Ve«e"> P"r Punkte Uber die gesell; febere^ch aufzuzl"gen ^^ ™r die R^mbewegung In, JugendhiT "cnlahggebend?en Waren"fU'" di* Veranderungen in diesem Bereich aus- SurdeL^nknur^^uSeld^iand9ruPPenb^g^9 pol itisch 1 Iquldjaft r-gsansatzeU™eneS Is " ^ I!5^^3?!^?9"^^^^^ Er a

rungsansatze'snioi+^k" "lbner diese Frage ueamwunei., i"<=. ... Reformtendenzen ?1 Z ^ ln der Diskusslon der Einschatzung v ■■Le»«den/en im Bereich der bffentlichen Erziehung eine Rolle.

sowie der MaBnahmen ?m ^"fj^dH^Torrinerung der HeimerTTehT . schlieBung ties ?n ?f yJ°rfeld ist be9^ndet in der notwendigen Er bisher aufgrund Ser nv^e^-ltZ?nden Arbeitskraftepotentials, das losungs- und DeklaLS"^0^11*" der Heimerziehung, die Verwahr- gehoben ha?, nicht Vn dTV*^™ 9erade verstSrkt und nicht auf' prozeS eingegliedert wdMir?dUkP0nspro2eB als Kapitalverwertungs- Arbeitskra'ftepotentlu de".konnte- Die Ausschbpfuny des national "nbeziehung von Mill onpn l-LV^ ?eigt in der Notwendigkeit der wendigkeit, auch d I nkGastarbeitern - schafft die zwingende Not Die Heimer iehunpsrefoL I el-S.kra'ftepotential verwertbar zu machen- der realen EntwVkw h eT"t sich so a1s ur.mittelbare Konsequenz sen in der BRD. y a KaPitals und seinen Verwertungsbedlirfms-

MATERIALIEN

ZUR JUGEND- UND SOZ1ALARBE1T

NFL,

?*ISCHENAUSWERTUNG DES PROJEKTES IN

DES FAMILIENFORSOH3E DER STADT KDLN

Ma'SOt Dolls

AlSjy'SffiBnauswsrtung stellt das erate Jahr der

sorni' -einer Proiaktgrappa In dar FamlllBnlur-

SSWer s,adt K6ln clar als erste Phase zur

boK unS olnea Veranderungsmodalls fur die

ffiui1*6 J"9end- und Sozialarbalt.

l=>elb8tkostenprala DM 2,50)

NR.2

[JAIDHAUSER: VERTEIDIGT EURE LEBENSBE- WNSUNQEN! QWA IN MONOHEN-HAIDHAUSEN ARBEITSBERICHT 1970/71 "aldhausen-Buro

dlr ws.,e Borlcnt besohrelbt die Arbalt des von 1sirt„ °Jor Gollancz-Stlftung getragenen Arbalts- S,«'H .Haldhausen-Bllro, Stadtteil-Wor- HifiiJ1" lm Stadterneuerungsgebiet Munchen- Kf"11" wahrend des ZaTtraumes November i7,^.bls ok1°ber 1971 und enthait erste Elnschat-

8SSS4 0,99nen ArbBit

NR.3

KAMPF UM EIN JUQENDWOHNKOLLEKTIV

PLANSPIEL UND WIRKLIPHKEIT

Christian Marzahn / Arbeltsgruppe Modalle Offe-

nBr Jugendhllle

H,!jJ« Plansplel, dessen Splelphasen und

gBfllkh mit Dokumenten aus der Seschlchte

2SL. Jugendwohnkollektlve konlrontlert we™f"'

In 2. v»rsucht, das Spannungsteld autozeigon,

'h dam aloh Jugendwohnkollektive bellnden. . Hler-

2i;* warden nicht nurdiespezlfischenProblerne

JJ» Jugendwohnkollektive deutlioh, sondern aucn

die Funktlon von Sozialarbelt Im zusammenspiei

l?2iKBs,^8rdon> Preese, Pollzel.

^eibstkoatenpreie DM 6,00)

NR.4

QEMEINWESENARBEIT IN DER BRD PRAXIS UND AUS8ILDUNQ 1971/72 "rbeitagruppo Gemelnwesenarbelt a™?*!!*1 on<"»lt 'm ersten Tell die Auswertung |rner Balragung von 38 BWA-Projekten In i der BRD Im Jahre 1971. Er untBrsucht die Konzepnon ?eV.fW<le und lhre Trager, die praktljche Pro- Wktarbelt, die kommunalpolltlsdien Strateg en, «• Imtltutlonallen Probleme der Atjellspiatw, |M i Eeibstverstandnls und die QualHkatlo" der aemelnwesenarbelter. Der zwelte Tel 1A"oneht« K" den stend der Ausblldung In GWA an den r:echhochschulen aul der Grundlage einer Frage epgenerhebung Im April/Mai 1972. taelbatkostanprels DM 4,00) NR. 5 und NR. e

READER JUGENDWOHNKOLLEKTIVE Arbeltsgruppe Modelle Offener Jugendhllle

ln'9ihEr"wickluna dar JuS»nd»oh"koll^Lte It in hrem polltischen Zuiammenhang djrgB«teMi "8"e Tendenzen warden herausgearljeltet DaW » JM gezelgt. da8 elne wlrksame Hlfe aU* in ni*t Inhaltllch und methodlsch an der gesamten LebenBsltuatlon Jugendllcher angesBtzt wlrd; .Der Reader enthait alna Relho bisher schwer zugjng |l*er Texte aowle elne austuhrliche Llteratur

<Selbstkoatenprels NR. 5 DM 8,00; NR. 6 DM 6,00)

SSSXSSLSUSX

ARBEITSBERICHT 1971/72

Haldhausen-Buro ,bl d]e Arbeltswelse

D8r zwalte Beridtt ^f^Arbeltssch werpunk-

ausluhrllcher als "

WE.TEBEVERDPFENTLiCHUNGEN

7IIR THEORIEBILDUNQ DUERlR^P^n%A<SpRTENaESPRACH BER|CHT OBER EIN EXPEh . e|

Werner Uocn. ww rselS?fflnpre,sDM^, feqe.

ir"R---SDEBV'CTORG0L" LANCZ-STIFTUNG de„ Entwur(;

_ jugendhllle als ju„endlillle,

- ssS-s gna^ssatf- ^*^

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NR» HZUBTHE0RIEUNDSTRATE3IE

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(Arbellstltel) |ntra,„sti.utlonelle M«|e»e £nt. Arbeilsaropp" V d welleren V=rlaur fc#.

D«r ,Be,'*deS Veranderunosmode'. iunr , d,r.

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•sssst— -

staatlich reformer! schen Anspruch des Staates und machte eine Inter- vention notwendig. Die Heimerziehungsreform ist Ausdruck eines aktuel- len und zeitlich begrenzten Legitimationszwangs der kapitalistischen Gesellschaft, der in diesem marginalen Bereich solange anhalt, wie die Skandalisierung der Heimerziehung als exemplarisches Bei spiel fur die Unfa'higkeit des sogenannten Sozialstaates, mit den menschen- zerstbreri schen Folgen des kapitalistischen Systems zurechtzukommen, anhalt.

Beide Erkla'rungsansatze fur sich gesehen kbnnen die Reformbewegung nur unzureichend erklaren. Einmal kbnnen wir nicht von einem direk- ten Zusammenhang zwischen den Verwertungsschwierigkeiten des Kapitals und der Reformentwicklung im Bereich Jugendhilfe ausgehen. Auch las- sen sich die Reformtendenzen im Jugendhilfebereich nicht allein als "Teil eines groBangelegten ideologischen Sozial isierungsprogramms" erklaren.

Ausgehend von der Entwicklung der bkonomischen Basis, waren die Ent- wicklungen in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen in ihrer Vermittlung abzuleiten.

Zwei Momente sind in diesem Zusammenhang wichtig:

a) die sich aus den Bkonomischen Notwendigkeiten der Kapitalverwer- tung ergebende Krise im Ausbildungsbereich; die Anpassung der Qualification der Arbeitskraft an den technologi schen Entwick- lungsprozess;

b) die gesellschaftliche Bedeutung von Sozial isierungs- und Resozia- lisierungsprozessen.

Konnte in der Phase des wirtschaftlichen Aufbaues bis in die 60iger Jahre hinein auf das vorhandene Potential qualifizierter Arbeiter zuruckgegriffen werden, bzw. der Mangel durch den Zustrom hochqua- lifizierter Arbeiter aus der DDR gedeckt werden, so wurde zum Zeit- punkt der SchlieBung der DDR-Grenzen, der sich verscha'rfenden Konkur- renzsituation auf dem internationalen Weltmarkt, die Krise des Aus- bildungsbereiches offensichtlich.

Die bkonomischen Widersprliche, die ihren Ausdruck u.a. auch in einer politischen Krise des Systems (insbes. im Ausbildungsbereich) fanden, fuhrten zur Ausrufung des "Bildungsnotstsndes". Dahinter steckt die Erkenntnis, daB die Entwicklung der Qualifikation der menschlichen Arbeitskraft bkonomische Bedeutung gewinnt zu dem Zeitpunkt, als festgestellt wurde, daB die Arbeitskraft langfristig nicht mehr den Verwertungsbedingungen des Kapitals entsprechen wlirde. Die politische Krise, die Anspruche des Kapitals an eine veranderte Qualifikations- struktur der ware Arbeitskraft fuhrten in der BRD zu einem Reform- klima, das sich fast auf alle gesellschaftlichen Bereiche ausdehnte; so auch auf den Bereich der Heimerziehung. BeeinfluBt wurde diese Situation durch die neueren wissenschaftl ichen Erkenntnisse der So- zial isationsforschung, der Psychologie und der Padagogik. Die Skan- dalisierung und die Reformbewegung in diesem Bereich ist damit als ein Abfallprodukt der Diskussionen und Reformtendenzen im Bildungsbe- reich zu erklaren.

Damit allein ware allerdings die Intensitat der Reformvorschlage und -vorhaben in dem marginalen Bereich der Heimerziehung noch nicht ausreichend erklart. Die Verbindung ist nicht so zufallig, wie es in

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der obigen Begrundung noch den Anschein hat. Auf die gesellschaftli- che Bedeutung von ResozialisierungsprozeBen haben Barabas/ SchBe in ihrem Aufsatz "Funktion und Grenzen der Reform des Jugendhilferechts" (Kritische Jusitz .1/74) hingewiesen.

Sie gehen davon aus, daB die Heimerziehung als Resozialisierungsprozess nicht schon selbst Qualifikationsprozess fur bestimmte Funktionen ist, sondern sie soil als Vorstufe hierzu die allgemeinen Bedingun- gen wiederherstellen, die der QualifikationsprozeB voraussetzt. Verandern sich nun die Anforderungen an die Qualifikationsstruktur der Ware Arbeitskraft, mlissen sich auch die Bedingungen, unter denen diese Qualifikation ausgebildet werden soil, verandern (Siehe Dis- kussion: Vorschule, Gesamtschule, betriebliche Ausbildung, Hochschu-

le).

In der Diskussion um die Vorschule wird die Begrenztheit der Familien- erziehung fur die Qualifikationsprozesse deutlich. Um diese aufzuhe- ben, soil durch Erfassung aller 3-6ja'hrigen Kinder in der Vorschule ein'hbherer Vergesellschaftungsgrad von Erziehung in Form von bffent- licher Erziehung durchgesetzt werden. Mit dem geplanten neuen Jugend- hilferecht soil ein tendenziell einheitliches bffentliches Erzie- hungssystem geschaffen werden; alle MaBnahmen der Jugendhilfe sollen dem Erziehungsgedanken unterstellt werden. Daraus ergibt sich, daB die bffentliche Erziehung - wenn sie ihrer gesellschaftlichen Aufga- ben gerecht werden will - ihren diskriminierenden Charakter tenden- ziell aufgeben bzw. ihre Struktur andern muB. Jugendhilfe konnte dann neben Familie, Schule und Berufsausbildung zum eigenstandigen Sozial isationsbereich werden. Die DurchfUhrung bzw. Realisierung dieses Programms stbBt neben politisch-ideologischen Schwierigkeiten (z.B. Verbandsinteressen, Hierarchisierung) auch auf die strukturell bedingte Knappheit finanzieller Mittel.

Ohne Zweifel haben sich die Ausgaben fur die Heimerziehung zu fast 50 % erhbht, eine Realisierung der aufgestellten Reformvorhaben wlir- de aber die Kosten flir die Resozial isierungsmaBnahmen ins unermeBli- che steigern, und die Trager der bffentlichen Erziehung (Gemeinde u Lander) in finanzielle Schwierigkeiten bringen. Grundsatzlich ist davon auszugehen, daB Investitionen flir den Sozialisations- und Re- sozialisierungsbereich gesamtgesell schaftlich notwendig, aber flir die Einzelkapitale unproduktiv sind. Die Kosten flir den Jugendhilfe- bereich werden zwar nicht vom Einzelkapital direkt getragen, sondern liber die Umverteilung der staatlichen Haushaltsmittel . Durch Umver- teilung des gesamtgesellschaftlich produzierten Mehrwerts werden die Trwestitionen im Sozialbereich finanziert; aus ihnen la'Bt sich aber kein Mehrwert Ziehen und sie bedeuten damit einen Abzug auch vom Wertpro- dukt der jeweiligen Einzelkapitale. Die kurzfristigen Interessen der Einzelkapitale nach Steigerung des Profits stehen also einer Auswei- tunq der Kosten flir den Sozialbereich entgegen. Andererseits ist es im Interesse des Gesamtkapitals, daB die Reproduktionsfahigkeit der Ware Arbeitskraft erhalten bleibt - die Qualifikationsstruktur der Ware Arbeitskraft muB den neuen Produktionsbedingungen angepasst bleiben. Investitionen werden daher in diesem Bereich gegen den Wi- derstand von Einzel-Kapitalen durchzusetzen sein bzw. nur insoweit, wie sie flir die Aufrechterhaltung der Reproduktionsbedingungen des KaDitals notwendig sind. _

ner Resozialisierungsbereich, der nicht in direkter Bezienung zum Capital steht (im Gegensatz zum Vorschul- und Bildungsbereich) ,

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muB daher im besonderen rait knappen Finanzmitteln rechnen. Der Widerspruch zwischen notwendiger Vergesellschaftung von Erzie- hung und den fehlenden Mitteln zu ihrer Realisierung bleibt beste- . hen und ist in der kapitalistischen Gesellschaft nicht aufzuheben.

Zusammenfassung:

Der gesamte Bereich der "auBerfamiliaren Erziehungshilfen" wird zu- nehmend ausgedehnt und erfasst zukunftig alle 3-18J./25 j. Kinder und Jugendlichen. Trotz des vorgesehenen Ausbaus von "offenen, vor- beugenden" Hilfen bleibt die traditionelle Jugendflirsorge Schwer- punkt sozialarbeiterischer Interventionen (siehe Kritik am Jugend- hilferecht Info Nr. 6).

Von diesen MaBnahmen sind tendenziell alle Arbeiterjugendlichen betroffen. Dort wo die herkb'mmlichen Sozialisationsinstanzen (Fami- lie, Schule, Betrieb) ihre Aufgabe nicht raehr erflillen kbnnen, dort wo Jugendliche gegen die ihnen aufgezwungenen Lebensbedingungen re- bellieren, setzt Jugendhilfe ein. Da Jugendhilfe fur die Arbeiter- jugendlichen Kontrolle und Diszipl inierung bedeutet, sollten rait einem sozialistischen Anspruch arbeitende Sozialarbeiter sich daher nicht aus diesera Bereich zuriickziehen, um nur dort zu arbeiten, wo diese Funktionen nicht vermutet werden. Wir sollten auch nicht die Illusion haben, die WidersprUche dieses Bereiches aufzulbsen Oder uns der systematablisierenden Funktion, die Sozialarbeit auch hier hat, entziehen zu kbnnen.

Wir sollten aber auch nicht die von Jugendhilfe Betroffenen einer konservativen Oder schein-progressiven Padagogik uberlassen. Viel- mehr sollte unser padagogisch-pol itischer Kampf zum Ziel haben, die Voraussetzungen fur die Re-Integration der Kinder und Jugendlichen in die Arbeiterklasse zu erreichen. D.h. Kampf um verbesserte Ar- beitsbedingungen, Befahigung der Jugendlichen zur Durchsetzung ihrer objektiven und subjektiven Interessen, und Unterstlitzung dort, wo sie selbst dazu nicht in der Lage sind, Auflbsung ihres individuellen Problemlbsungsverhaltens (Kriminalitat, Alkohol, Drogen etc.) zugun- sten einer kollektiven Kampfperspektive.

Eine Diskussion Liber diese Arbeit, liber ihren Stellenwert (siehe Info Nr. 5) und die mbglichen Handlungsperspektiven muB dabei aller- dings immer den gesamtgesellschaftlichen Zusamraenhang miteinbezie- hen, d.h. auch, daB wir unsere Mbglichkeiten realistisch einschatzen angesichts der Strukturen in der Heimerziehung, der noch wenig ent- falteten Klassenkampfe, der Tatsache, daB flir die Arbeiterorganisa- tionen die Deklassierung von Teilen der Arbeiterjugendlichen kein Massenproblem ist (im Gegensatz zur Weimarer Zeit) und die Verhinde- rung von Deklassierung nicht allein abhangig ist von der Intensitat sozialpa'dagogischer Arbeit.

(1) Pongratz/HLihner: Lebensbewahrung nach bffentlicher erziehung, Neuwied 1959

(2) Specht, F. Sozialpsychiatrische Gegenwartsprobleme der Jugend- verwahrlosung, Stuttgart 1967

(3) Der Spiegel, Nr. 3/73, Seite 90

(4) Siehe: Crusius/Wil ke: Zur Situation der Berufsausbildung in: Deutsche Jugend, 12/73.

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Autorenkollektiv Erziehung & Klassenkampf :

VORBEREITUNGSMATERIALIEN ZUM SOZIALISATIONSFELD "JUGENDARBEIT UND FREIZEIT"

Dieser Beitrag konzentriert sich auf die Analyse der Funktionen, die die Jugendarbeit und Jugendpflege im Sinne des bUrgerlichen Staates und der Interessen, die er vertritt, zu erflillen hat. Diese Funk- tionsbestimmung umreiBt die Bedingungen, mit denen das Handeln von Jugendlichen und Sozialpadagogen in den Institutionen der Jugend- pflege und der auBerinstitutionellen Jugendarbeit zu rechnen und mit denen es sich in dem MaBe, in dem es antikapitalistische Intentionen verfolgt, herumzuschlagen hat. Ein Engagement von Sozialarbeitern und Sozialpadagogen fiir die fundamental en Interessen von Jugendli- chen wird nur dann wirkungsvoll sein, wenn sie die, vor allem auf der Masse der Arbeiterkinder und -jugendlichen lastenden miserablen Lebensbedingungen und Lebenschancen als eine notwendige Auswirkung kapital istischer Produktionsverhaltnisse und der darin begrlindeten Klassenherrschaft einer Minderheit Liber die Mehrheit der arbeitenden Bevblkerung begreift und die Jugendarbeit als ein Feld unter anderen, in dem und von dem aus der Kampf gegen diese Verhal tnisse gef'u'hrt werden kann und muB. Wir gehen davon aus, daB ein wirkungsvoll es Engagement flir die fundamentalen Interessen von Jugendlichen nur moglich ist, wenn die jugendpolitischen Reformversprechen des Staa- tes nicht umstandslos flir bare Mlinze genommen, sondern auf ihre Legitimierungsfunktion hinterfragt und mit der Realitat der Jugend- pflege und mit den tatsachlich erfolgenden MaBnahmen des Staates kon- frontiert werden.

Eine Untersuchung der Reformversprechen ist auch deshalb besonders wichtig, weil sie bei manchen Sozialarbeitern und Sozialpadagogen mogl icherweise die Illusion produzieren helfen, der Staat werde ihre miserablen Arbeitsbedingungen und die Lebensbedingungen der Arbeiter- kinder und -jugendlichen von Grund auf a'ndern, und er kbnne dies, ohne die kapitalistischen Grundlagen unserer Gesellschaft anzutasten. Allerdings wlirden jugendpolitische ReformmaBnahmen auch nicht zu- reichend, ja sogar politisch falsch eingeschatzt, wenn sie nur als trickreiches Teufelswerk schlauer Reformisten Oder Agenten "progres- siver Kapital fraktionen" begriffen wlirden, die bloB entlarvt werden mliSten. Neben dieser - natlirlich notwendigen - Antwort kommt es da- rauf an, die in Reformversprechen und -versuchen selbst zum Vorschein kommenden WidersprUche und Schwierigkeiten aufzugreifen und in offen- siver Weise auszunutzen (1). Jeder konsequente Ansatz antikapitalisti- scher Jugendarbeit, der in den letzten Jahren in der Bundesrepublik unternommen wurde, flihrte in der Praxis zu Konfrontationen mit dem Staat. Dies gilt sowohl flir Initiativen "systemkritischer" Jugendli- cher und Jugendorganisationen wie flir die Versuche von Padagogen und anderen Intellektuellen, eine Jugendarbeit mit eindeutig antika- pital istischer Zielsetzung zu praktizieren. Frlihe, noch wenig ent- faltete Beispiele waren die Auseinandersetzungen um die von der

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antiautoritaren Studenten- und SchLilerbewegung inspirierten Ansatze einer "repressionsfreien" Sexualerziehung in Zeltlagern und Freizeit- heimen, spa'tere Beispiele die Kampfe von Arbeiterjugend- und Sch'u- lergruppen um selbstverwaltete Jugendzentren und Wohnkollektive. Je konkreter und offener antikapitalistisch die Ziele artikuliert und je grbBer die Resonanz dieser Initiativen bei Jugendlichen und in der Offentlichkeit wurde, desto massiver trat der Staat auf den Plan.

Staatliche Interventionen bilden eine wesentliche Rahmenbedingung jeder Jugendarbeit, seit der Staat in der kapitalistischen Gesell- schaft selber aktive Jugendpolitik betreibt. Jede Initiative, jede Praxis ist rait dem Staat spatestens da konfrontiert, wo sie die Praraissen staatlicher Jugendpolitik nicht anerkennt bzw. staatliche MaBnahmen und Intentionen in der Jugendarbeit infrage stellt, mag dies absichtlich geschehen Oder nicht. Jeder Ansatz antikapitalisti- scher Jugendarbeit muB deshalb, will er nicht vorzeitig scheitern, sich einen Begriff davon machen, warum den Staat Jugendarbeit inter- essiert, warum er Jugendpflege betreibt und welche Interessen er bei seinen MaBnahmen und Interventionen zur Geltung bringt.

Spatestens seit dem preuBischen JugendpflegeerlaB vom 18. Januar 1911 (2) hat der Staat im kapitalistischen Deutschland eine aktive Ju- gendpolitik entwickelt und praktiziert. Sie stand von Anbeginn im Dienst der Aufrechterhal tung der bestehenden Machtverhal tnisse und erfiillte ihre Aufgabe bisher im wesentlichen durch die ideologische Integration der nachwachsenden Generation in die bestehende gesell- schaftliche und staatliche Ordnung. Staatliche Jugendpolitik lieB immer den Kindern und Jugendlichen besondere "Aufmerksamkeit" zuteil werden, deren naturwu'chsige Integration in das bestehende System am meisten gefahrdet war und die ein "dysfunktionales" Potential dar- stellten Oder zu werden drohten. Jugendpolitik war immer besonders "gefragt" in gesellschaftlichen Krisensituationen, in denen die Integrationskraft des bestehenden gesellschaftlichen und politischen Systems auf die Jugend besonders prekar wurde und nach Starkung ver- langte. In ihrer HauptstoBrichtung lief sie darauf hinaus, revolu- tiona're Bewegungen - vor allem die Arbeiterbewegung -, die auf eine Entmachtung der in der kapitalistischen Gesellschaft herrschenden Klasse gerichtet waren, "unschadlich" machen zu helfen. Der spezifi- sche Beitrag staatlicher Jugendpolitik bestand darin, die aufbegeh- renden Teile der Jugend mit dem wechselbad von Zuckerbrot und Peit- sche den revolutionaren Organisationen zu entfremden und in die herr- schende Ordnung zu integrieren. In einer reprasentativen Darstel- lung der "staatlichen Organisation der Jugendpflege" heiBt es 1912: "Wenn wir uns nicht um die Jugend der arbeitenden Klassen klimmern, so verkommt sie, sie saugt den HaB gegen die Gesellschaft ein und birgt die Lust in sich, sie zu zertrlimmern." (3) Mit dem Mittel einer Art "inneren Sozialreform" wird der Gedanke in die Tat umzusetzen versucht, "daB soziale Sicherheit innen- und auch auBenpol itisch (?) Frieden garantiert. Die Forderung der sozialen Sicherheit fur mog- lichst alle Schichten ist flir die Herrschenden ein geeignetes Mittel, ihre eigene politische und gesellschaftliche Stellung zu halten".(4) An der antirevolutionaren Integrationsaufgabe der Jugendpolitik hat sich auch in den parlamentarischen Republiken von Weimar und Bonn im Kern nichts geandert. Shnlich wie im Kaiserreich wird im (2.) Ju-

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gendpflegeerlaB des Weimarer Staates vom 22. November 1919 der Ju- gendpflege aufgetragen, sie solle "dazu beitragen, daB die deutsche Jugend ... dem Vaterland in seinem tiefsten Ungllick erst recht Lie- be und Treue bewahrt und deutsches Wesen hochhalt. ... Die Jugend soil wiling und tiichtig werden, ihre Pflichten gegenliber dem Volks- ganzen gewissenhaft und in opfermutigem Gemeinsinn erflillen" (5). Diese.angesichts der gerade erstickten proletarischen Revolution in Deutschland formulierte Beschwbrung der Klassenversbhnung ,findet in der Bundesrepubl ik ihre Entsprechung in dem mit der Verkundung des 1. Bundesjugendplans am 18. Dezember 1950 verbundenen Appell des damaligen Bundesprasidenten Heuss, Jugendfragen nicht als Interessen- fragen, sondern als gemeinsame "deutsche Angel egenhei ten" zu ver- stehen: "Das steht nicht im Grundgesetz, das steht in unserem Her- zen" (6). In ahnlicher weise betont der damalige Innenminister Gerhard Schroder in einer Rede bei der Hauptversammlung des Deut- schen Bundesjugendringes am 19. November 1953 in Hamburg die Herstel- lung bzw. Bewahrung des "inneren Friedens" als Hauptaufgabe der Ju- gendpolitik: "Vom ersten Tage meiner T'a'tigkeit an habe ich die Mit- verantwortung flir das Schicksal der Jugend als einen ganz entschei- denden Teil meiner Arbeit angesehen. Der Innenminister ist fur die Ordnung des inneren Gefiiges eines Staates verantwortlich. Der Schutz der Verfassung, der richtige Aufbau der staatlichen Verwaltung und der innere Friede sind ihm anvertraut. Ich glaube aber, daB unsere innere Ordnung den St'urmen der Zeit nicht gewachsen ware, wenn sie nur auf Gesetzen, auf Verwaltungsvorschriften und auf der polizeili- chen Macht des Staates beruhen sollte. Unsere staatliche Ordnung bedarf der Verankerung in den Herzen aller Glieder des Volkes. (...) Die Jugend muB auch fru'h das Ganze sehen und ihre Verantwortung fur das Ganze. (...) Die ganze FLille jugendlicher Aktivitat und jugend- licher Lebenserwartung muB einmlinden in die Freude am Beruf, in den Willen zur Leistung, in den Willen zur zuverlassigen qualifizierten Arbeit" (7).

19 bzw. 16 Jahre spa'ter, als angesichts der aufgekommenen Studenten- und SchLilerbewegung erneut "Unsicherheit im Umgang mit den ihr zuge- ordneten Kraften, vor allem mit der aufbegehrenden Jugend, spurbar" (8) wird und die Jugendpolitik nicht mehr imstande ist "iiberzeugende Antworten auf die an sie gerichteten Fragen" (9) zu finden, sieht sich ein leitender Beamter des Bonner Ministeriums flir Familie und Jugend wieder veranlaBt, an die zentrale Aufgabe staatlicher Jugend- politik zu erinnern. "Jugendpolitik vol Izieht sich nicht auf elysi- schen Gefilden edler Menschlichkeit, sie ist vielmehr in gleicher Weise Dienst am Nachsten und Kampf um die Macht" (10). Die Propagie- rung des "Dienstes am Nachsten" ist selber als ideologische Kompo- nente des Kampfs um die Erhaltung bestehender Machtverhal tnisse zu verstehen, indem sie denen, die von der Macht ausgeschlossen sind, auszureden versucht, daB der Kampf gegen die bestehende Macht in ihrem (Klassen-) Interesse liegen kbnnte: "Jugendpolitik hat wie alle Politik den Frieden zu wahren und daflir zu sorgen, daB das mannig- fache Gegeneinander in unserer offenen Gesellschaft nicht im Chaos endet" (11)- Ihre Integrationsaufgabe nimmt die staatliche Jugend- politik nicht zuletzt dadurch wahr, daB sie an der Wiederherstellung des "inneren Friedens" mitwirkt, ohne die in der kapitalistischen Produktionsweise begriindeten Ursachen sozialer Konflikte beim Namen zu nennen Oder gar anzutasten.

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In den 60er Jahren setzten verstarkt Diskussionen Liber Aufgaben und Funktion staatlicher Jugendpflege ein, die ihren konkreten Ausdruck in verschiedenen Versuchen zur Entwicklung von Konzeptionen flir die Jugendarbeit fanden. Der Jugendpflegebericht des Senats von West- Berlin stellt den Ausgangspunkt flir die "Neu -Konzipierung"folgender- maBen dar:

"Die Aufgabenstellung in den 50er Jahren war stark bestimmt durch die Folgen der Kriegsschaden, der Demontage, der Spaltung Berlins - 1952 woven z.B. rd. 25 000 Jugendliche imter 18 Jahren ohne Aus- bildungs- bzw. Arbeitsplatz. " (12)

dm diese "soziale und individuelle Not im wesentlichen zu iiberainden" , .sestimmten "der Bau und Ausbau von Jugendpflegestatten, insbesondere als 'Heime der offenen Ttir', (...) von ' ' Jugendnoteinsatz ' , Spiel- platzaktionen (...) (und) das ' Hands ehaffende Jahr' (...) in starkem Halie die Aufgabenstellung der Jugendpflege" (13). Hier soli der Eindruck erweckt werden, als provoziere gerade die FLil- le von jugendpflegerischen Aktivitaten und Angeboten eine Koordina- tion in Form einer einheitlichen Konzeption flir die Jugendarbeit, um nicht am 1948 formulierten Ziel vorbeizuagieren "dem jungen Men- schen zu einem Selbstvertrauen zu verhelfen, ihm die kulutrellen Gii- ter unseres Volkes und die anderen Vdlker zu erschlieBen, urn damit einen au&erordentlich wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Person- liohkeit (...) zu leisten, dem jungen Mensohen Wage aufzuzeigen, die es ihm ermSgliohen, soziale Zusammenhdnge zu erkennen, urn ikn zu einem wertvollen, verantwortungsbewulSten Glied der Cemeinsahaft zu maehen" (14).

Tatsache dagegen war Ende der 50er Jahre das Manifestwerden des Scheiterns dieser Zielvorstellung von Jugendpflege, das sich - auf die Kurzformel : die Jugend von der StraSe zu holen, urn unliebsame Polizeieinsatze zu verhindern - in leerstehenden "Hausern der offe- nen Tu'r", sinkenden Teilnehmerzahlen bei Lehrgangen und Bildungsver- anstaltungen und nicht zuletzt anhand des "Bander- und Halbstarken- problems" als nicht langer Libersehbares Faktum darstellte. Zertrum- merte Sportpalaste, StraBenschlachten mit der Polizei, kompromiBlose Ablehnung der biirgerlichen Norm- und Wertvorstellungen und der kaputt- machenden Arbeitsorganisation, das Durchschauen der flimmernden Wohl- standsfassade vor der psychischen und physischen Verelendung des jugendlichen Proletariats, latente oder offene Aggressionen gegen alle Chefs, Lehrer, Eltern, Bullen - diese Einstellungen und Aktivi- taten vieler Arbeiterjugendlicher und Schuler in das kapitalistische System zu integrieren, konnte die herkbmmliche Jugendpflege nicht in der Lage sein. Die Einstellung der Jugendlichen sei illustriert durch ein Flugblatt nach einer Saalschlacht im AnschluB an ein Konzert mit den Rolling Stones:

"Den Stuhlen trauern wir nicht nach. Urn das klarzumachen: die Schuld an dieser Entladung angestauter Aggression haben weder Kick Jagger noch die anderen Stones. Sie haben nur fitr uns alle gesprochen mit: I CAN'T GET NO SATISFACTION ! !

DaB wir keine Befriedigung finden, geht voll auf das Konto derer, die uns angeben wollen, das Leben bestehe aus nichts anderem als Unierordnung und Vorwdrtskormien, Respekt und Karriere, Lernen und Zeugnissen, Arbeit und Zahltag, Fleili und Erspartem, Ruhe und Ord- nung, Anstand und Gesetz, VW und Opel. Mit ihrem ganzen Gefasel meinen sie immer nur das Geld, das sie in ihrer Ueuchelei aber nie beim

Somen nennen. Es ist die einzige 'echte Liebe', zu der sie fahig sind. Wir maehen uns nichts vor und zeigen, was wir fuhlen. Wir haben gemerkt, was uns fehlt: SATISFACTION!!"

Diese Aussagen sind als konkreter Ausdruck proletarischer Existenz- bedingungen, als Erkenntnis von der Unmbglichkeit der Bediirfnisbe- friedigung in der biirgerlichen Gesellschaft, als radikale Ablehnung burgerlicher Lebensperspektiven zu werten.

Im Gegensatz zu Unruhen unter der biirgerlichen Jugend treffen die Basisaktivitaten einer revoltierenden Arbeiterjugend auf die Lebens- nerven des kapitalistischen Systems, das nur in dem MaBe existiert, indem die Arbeiterklasse physisch und psychisch zu unterdrlicken vermag. Auf diesem Hintergrund des Versagens der Jugendpflege und der Problematik der nur partiellen und nicht standig praktikablen "Erfolge" brutal er Polizeieinsatze sind die Bemlihungen und Forderun- gen in den letzten zehn Jahren nach Erarbeitung neuerer, effektive- rer Konzeptionen und Integrationsstrategien in der Jugendpflege zu verstehen. Die sich starker artikulierende Arbeiterjugend, insbe- sondere wenn sie in Verbindung mit Schuler- und Studentenbewegungen steht, einerseits, und die veranderten Produktionsformen und neuen Qualifikationsanf'orderungen an die Ware Arbeitskraft (15) andererseits, maehen Jugendpflege neben oder liber die Sozialisationsagenturen Elternhaus und Schule hinaus zu einer immer wichtiger werdenden In- terventionsmb'glichkeit des kapitalistischen Staates.

Zur Erfullung dieser wachsenden und notwendiger werdenden Funktionen war die staatliche Jugendpflege immer weniger in der Lage, sie war selbst in eine Krise geraten. Untersuchungen in Nordrhein-Uestfalen und die Analysen der Jugendfreizeitheime der BRD durch Grauen/Llidtke (16) haben einen Rlickgang der Besucherzahlen und einen Wandel in der Struktur der Heimbesucher in den letzten 15 Jahren festgestell t: wahrend noch Ende der 50er Jahre die Hauptaufgabe der Jugendarbeit im Jugendfreizeitheim in der Verwaltung und Vergabe von Raumen an Jugendverba'nde bestand, ist der Anteil dieser Gruppen in der Besu- cherzahl heute verschwindend gering. Der Jugendbericht der Bundes- regierung von 1965 konstatierte dazu lakonisch:

"Die Zeiten, da man 'mit Leib und Seele' Turnen, Arbeiter sportier, V fad finder, Sahrebergartner oder Wandervogel war, sind vorbei". (17) Der Jugendpflegebericht von West-Berlin gibt sich wissenschaftl icher: "Fiir die Jugendverbdnde war der Zustrom eines groBen Teils von Mit- qliedern in den funfziger Jahren bestimmt von der dynamisahen Grup- penstruktur der Verbandsarbeit, die heute kaum noch anzutreffen ist. ( ..) Die formelle Jugendgruppe ist heute eine Seltenheit. (...) Die ' Jugendorganisationen befinden sich daher heute weitgehend in der Rolle einer 'Bildungs- und Freizeitinstitution' und haben sich damit weit von ihren fruheren Gruppenstrukturen entfernt". (18) Die Jugendlichen selbst erklaren ihre Abwehr gegeniiber der deutschen Vereinstlimlerei am konkretesten:

"Wir wollen unsere Freizeit frei und nicht einseitig festgelegt ver- bringen; Posaunenblaser blasen nur, Su&wasser angler angeln nur, Kaninchenzuchter zuchten nur. Wir wollen mehr. Wir wollen Nusik Wren und maehen, quatschen, malen, filmen, flippern, fotograf-Leren, diskutieren, drucken, lesen, Tee trinken (...) und das alles nicht im Verein und nicht nach Stundenplan" . (19)

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Ira folgenden soil versucht werden, die Jugendfreizeitheim-Misere auf dem Hintergrund des Selbstverstandnisses staatlicher Jugend- pflege einer genaueren Analyse zu unterziehen. Der Auftrag der Jugendhilfe leitet sich aus dem JWG § 5 ab: "Aufgabe des Jugendamtes ist ferner, die ftir die Wohlfahrt der Ju- gend erforderlichen Einrichtungen und Veranstaltungen anzuregen, zu fSrdern vend ggf. zu schaffen. "

DaB sich die Jugendamter jedoch in der Hauptsache auf einen Teil- bereich der Jugendhilfe, auf die JugendfUrsorge konzentrierten, wahrend die Jugendpflege, d.h. die auBerschulische Jugendbildung und die Organisierung und Verwaltung der Freizeit bisher vergleichs- weise vernachlassigt wurde, ist aus dem Zusammenhang von Repression und Fursorge abzuleiten (20). Jugendfursorge benotigt in ihrer Funk- tion der Abschreckung und Diszipl inierung, womit deklassierte Jugend- liche standig der Gefahr der Kriminalisierung und Kasernierung aus- gesetzt werden sollen, erst einmal wesentlich mehr finanzielle Mit- tel als die freizeitgestaltende Jugendpflege. Erst der kollektive Widerstand der Jugendlichen, der sich in der Schliler- und Lehrlings- bewegung und dem Kampf urn selbstverwaltete Jugendzentren manifestier- te, verdeutlichte der Offentlichkeit vordergriindig die Krise der Jugendpflege: leerstehende Jugendfreizeitheime, Angebote, die an den Interessen und Bediirfm'ssen der Jugendlichen, insbesondere der Ar- beiterjugend vorbeigehen, Konzeptionslosigkeit der Jugendpflege, Hilflosigkeit der Heimleiter, Erzieher, Sozialarbeiter gegenliber der sich immer unu'berhb'rbarer artikul ierenden Jugend. Kniippeleinsa'tze der Polizei und AbriB von besetzten Freizeitinstitutionen.

Trotz alledem liest sich das papierene Selbstversta'ndnis der Jugend- pflege so:

"Jugendpflege beschrdnkt sich nioht auf vorgegebene Inhalte. Sie kann sich mit jedem Gegenstand beschaftigen, der fur Junge Mensohen problematisch oder bedeutungsvoll ist. Wichtiger ist, wie ein Thema behandelt wird, damit SelbstbewuBtsein, kritische Einsieht in gesell- schaftliche Zusammenhdnge , Einubung bestimmter Verhaltensweisen ver- mittelt werden.

Insbesondere soil die Jugendpflege Mogliehkeiten zum Einuben einer Vielzahl sozialer Rollen (sosiales Lernen) und zum Bewaltigen von Konfliktsituationen privater und gesellsohaftlioher Art anbieten. Wiohtigste Voraussetzung far das Lernen eines derartigen sozialen Verhaltens sind die Ermoglichung von Autonomie, die Emutigung zur MOndigkeit und die Befreiung von Angst. Lernen sozialen Verhaltens fordert die Lernfahigkeit, die Teamfahigkeit und die Konfliktfahig- keit von Kindern und Jugendlichen. Eine sich demokratisch verstehen- de Gesellschaft muli es fUr wichtig halten, Konflikte auszutragen. Jugendpflege soil daher Kindern und Jugendlichen die Mogliehkeiten der Konfliktaustragung in der alltaglichen gesellschaftlichen Praxis aufzeigen". (21)

"Junge Mensohen befinden sich in einer Phase der Selbsterfahrung und Selbst findung; diese kann dazu fuhren, dali sie erhebliche Schwie- rigkeiten mit sich selbst und im Umgang mit anderen hdben. Sie brau- chen deshalb Bilfen, die zu ihrer Stabilisierung beitragen. Wanrend sie in Schule und Beruf Unterstiltzung von auBen finden, sollen die jungen Mensohen im Freizeithevn selbst Formen des Miteinanders fin- den. Im Baus der Jugend mttssen sie lernen, gleiahsam ohne Geliinder

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demokratische Formen des Umgangs zu entwickeln. " (22)

"Fur den Jugendlichen beginnt mit der Pubertat eine krisenreiche Vbergangsphase, die gerade in einer pluralistisah orientierten demo- kratischen Industriegesellschaft zu starker Unsicherheit und Rollen— konflikten ftihrt. In der Gruppe der Gleichaltrigen mit der gleichen Statusunsicherheit versucht der Jugendliche, sich eine eigene Welt aufzubauen. (...) Wichtig ist die Feststellung, dali sie (die offene Jugendarbeit, d. Verf. ) of fen ist fur die Bedurfnisse der Jugendli- chen. Nicht von aulien herangetragene Erziehungsziele sind ausschlag- gebend, sondern allein die Bedurfnisse der Jugendlichen, die daher in der Arbeit ihre eigenen Probleme, Interessen, Emotionen, Erfah- rungen und auch Ziele einbringen konnen. " (23)

"Die eigentlichen, in der Jugendpflege wichtigen Prozesse sind Individuation und Sozialisation. Anders ausgedruckt; Die Bildungs- arbeit, die hier getan wird, will zur Entwicklung autonomer Person- lichkeiten beitragen, die einerseits Subjekte ihres Denkens und Han- delns sind und andererseits in lebendigen, persdnlich integrierten Sozialbeziigen leben. So verstandene Bildungsarbeit wirkt, urn ein Schlagwort aus der aktuellen Diskussion einzuftihren, emanzipatorisch. (...) Im Informellen ablaufende Prozesse der Gesellung und der Rollenfindung, das Experimentieren junger Mensohen mit sich selbst, mit der Gruppe und mit der Gesellschaft, der zweckfreie, miiBige Um- gang mit Mensohen, Ideen und Dingen bedurfen eines niahtschulischen Bildungsraumes, den die Jugendpflege in Ansatzen schon geschaffen hat und den es weiter auszugestalten und modernen gesellschaftlichen Anforderungen anzupassen gilt. " (24)

Neben diesen teilweise auBerst hochgestochenen Anspruchen, teilweise sehr schwammigen Formulierungen lassen sich jedoch gleichzeitig Ein- gestandnisse der krassen Diskrepanz zwischen Selbstversta'ndnis und Realita't der Jugendpflege in den Berichten finden. Aus der Obersicht u'ber Jugendpflege in Hessen "ergibt sich mit unausweichlicher Logik der Befund, daB die kommunalen Gebietskbrperschaften den ihnen ge- setzlich erteilten Auftrag, Jugendpflege zu betreiben, nur unzulang- lich erfullen". (25)

Und in Berlin: "Der liberwi egende Teil der Jugend steht der bffentli- chen und freien Jugendpflege zuruckhaltend oder kritisch gegeniiber"

(26).

Auch die Senatorin flir Familie, Jugend und Sport in Berlin, Use Reichel, "bedauert", daB in der Jugendpflege das "Lernfeld sozialer Verhaltensweisen" begrenzt ist, da der rechtliche Spiel raum der Erzieher, Sozialarbeiter und Sozialpadagogen zu stark eingeengt sei, bzw. "die Umwelt ein schnelles Eingreifen der bffentlichen Hand" verl'ange und "die Jugendlichen vorzeitig an eigenen Erfahrungen zu

hindern"suche (27).

Und der Bezirksstadtrat Fritz Schmidt in Berlin-Schoneberg, der in einem SFB-Interview meinte: "Ich glaube, es (die Selbstorganisation von Jugendfreizeitheimen durch Jugendliche, d. Verf.) wird einer der Wege sein, der die zukLinftige Jugendarbeit mit beinhaltet" und der in der Praxis systematisch an der Zerschlagung des SJSZ (Schoneber- ger Jungarbeiter- und Schiilerzentrum) arbeitet, weiB zu berichten: '•Die herkSrrmliche Arbeit in den Freizeitheimen liegt doch irgendwie im Argen. Sie sehen das teilweise an den Besucherziffem, an dem

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Angebotj was also in unseren Jugendfreizeitheimen gar niaht mehr so benutzt wird, derm die Jug ■endliehen haben selbst ganz andere Vor- stellungen von dem, was also Vater Stoat ihnen manchmal anbietet" (28).

Diese "Selbstkritik" an den MaBnahmen von "Vater Staat" macht sich dann an Oberfla'chenphanomenen wie mangel hafte ra'umliche Ausstattung, Ausbildung der Mitarbeiter, personelle Situation etc. fest unter be- wuBter Ausklammerung des Widerspruchs zwischen Funktion der Jugend- pflege und Interessen und Bediirfnissen ihrer Zielgruppe, wodurch die Kritik, da Jugendpflege nur noch ein finanzielles Problem darstellt, unter der Hand zur Legitimation der praktizierten Jugendarbeit be- nutzt wird.

In der Tat sind die Anzeichen auf der Evidenz-Ebene fur die "Krise der Jugendfreizeitheime" (G. Grauer) Teil der bffentlichen Reform- Diskussion geworden. So zitiert der "Spiegel" die Berechnungen des "Jugendforschers Grauer", wonach hdchstens 2,7 % aller westdeutschen Jugendlichen zwischen 14 und 21 Jahren in den wenigen offenen Jugend- freizeitheimen Platz fanden (29), die "zudem noch haufig den Ein- druck von Wartesa'len" vermittelten. Die Angebote seien in der Regel immer noch von der traditionellen Bastel-ldeologie in Form von Holz-, Keramik-, Draht- und Emaillearbeiten gepragt, obwohl nach Grauers Untersuchungen diese Angebote den geringsten Bel iebtheitsgrad bei den Jugendlichen besa'Ben. Als Konsequenz wird die Altersverschiebung in der Heimbesucherstruktur beklagt, wonach der Anteil der Kinder und Jugendlichen bis 15 Jahren auBerordentl ich stark angestiegen ist, wahrend Jugendliche Liber 18 Jahre kaum noch in diesen Institutionen anzutreffen sind. Die Untersuchung liber die "Jugendheime in Nord- rhein-Westfalen konstatiert, daB unter den wenigen 15-19jahrigen Be- suchern nur 10 % Arbeiterjugendl iche gegenLiber 48 I Schlilern anzu- treffen sind (30), obwohl erstere 61,7 % unter der Gesamtzahl der Jugendlichen in der BRD ausmachen.

Die Kritik an der Selbstkritik staatlicher Stellen weist darauf hin, daB u.E. die Ursachen flir die Plan- und Ziellosigkeit der Jugend- pflege woanders zu suchen sind als in der Finanz- und Ausbildungspro- bl emati k .

Jugendfreizeitheime werden geschlossen, wieder geoffnet, geschlossen, abgerissen: Konzepte fur die Jugendarbeit werden bewilligt, auBer Kraft gesetzt, Mitarbeiter gekiindigt, sich solidarisierende Jugend- liche durch Polizeistreitkra'fte auseinandergetrieben; Jugendpflege soil "an den Interessen der Jugendlichen ansetzen", die Angebote be- stehen vornehmlich aus Basteleien etc.

Es ist festzustellen, daS der widerspriichliche Charakter staatlicher Jugendpflege nicht als organisatorischer, sondern als konstitutiver zu begreifen ist. Da ihre Teilnahme auf Freiwilligkeit beruht, unter- liegt sie standig der Gefahr, der Ort fur die Entladung angestauter, gesellschaftlich bedingter Aggressionen zu werden. So bestimmt sich die Widerspriichlichkeit des Freizeitbereichs zum einen darin, daB die Jugendpflege der Konzentration vieler Jugendlicher an einem Ort, der Kontrolle und Steuerung ihrer Aktivita'ten und dem ideologischen Zugriff des kapital istischen Staates dient, zum anderen hat sie in ihrem Kompensationscharakter Liber ihren Beitrag zur Regeneration der ausgepowerten Ware Arbeitskraft hinaus die Aufgabe, die den ver- anderten Qualifikationsanforderungen nicht mehr ada'quate psychische

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Zurichtung zur Lohnarbeit durch Familie, Schule, durch, auf das je- weilige Produktionsniveau abgestellte,"Bildungsangebote" zu ergan- zen.

"Wie mit zunehmender Arbeitsteiligkeit Lemprozesse, die ursprilng- liah in der Familie abliefen, von dieser nicht mehr bewaltigt Wer- den konnten und dann von den Institutionen Schule und Berufsbildung Ubernorrmen wurden, bewdltigen die Familien in unserer vielsahichti- gen und widerspruohlichen Gesellsshaft in der Regel nicht mehr alle Individuations- und Sozialisationsprozesse, die ihr Nachuuahs zu durahlaufen hat. Fur den so entstehenden, von der Familie nicht mehr gedeckten Bildungsbedarf muli eine gesellschaftliche Institution eintreten. (...) Es ist festzustellen, dali der nichtschiilischen Bil- dung, wie sie die Jugendpflege betreiben soil, im Zuge dieser Ent- wicklung Aufgaben zugewachsen sind. (...) Die Jugendpflege (...) ist der geeignete Bildungsraum,in dem der einzelne junge Mensch wie die junge Generation im ganzen,den politissh-sozialen BildungsprozeS zum rnundigen Burger durchlaufen. " (SI)

Die Identitat der in den Jugendpflegeberichten geforderten Qualifi- kationen wie "Einliben einer Vielfalt sozialer Rollen", "Konflikt- fahigkeit", "Teamfahigkeit", "Flexibilita't" etc. (32) mit den Arbeits- platzanforderungen der Kapitaleigner an den gesellschaftl ichen Ge- samtarbeiter verweist auf die weitgehende Subsumtion der schulischen wie auBerschulischen staatlichen Bildungsarbeit unter die Verwer- tungsinteressen des Kapitals.

Die Verscha'rfung der Klassenauseinandersetzungen in den letzten Jah- ren, der physische und psychische Widerstand gegen Ausbeutung und Arbeitshetze, der Kampf gegen Bodenspekulation , gegen Vernichtung von Lebensmi ttel n und Wohnraum, gegen die Verschlechterung der Le- bensbedingungen in alien gesellschaftl ichen Bereichen, wie er sich in Streiks, Sabotage, Eigentumsdelikten, Wohnkollektiven, Stadtteil- arbeit, Blirgerinitiativen etc. manifestiert, zwingen den blirgerli- chen Staat, seinen UnterdrLickungsapparat extrem auszubauen, seine Maske als "neutraler Mittler zwischen den Interessengegensatzen von Kapital und Arbeit" fallenzulassen und das Diszipl inierungsinstru- mentarium staatlicher Gewalt in alien Lebensbereichen zur Erhaltung der kapitalistischen Produktionsweise offen einzusetzen. Jugend- pflege ist in diesem Zusammenhang als ein Bereich staatlicher Inter- ventionspolitik zu verstehen, in dem aufbrechende Konflikte aufge- fangen, Aggressionen "nutzbar" gemacht und Widerstand integriert werden sollen. Wo dies auch nur unmbglich erscheinen mag, setzt.trotz gegenteiliger Behauptungen.die staatliche Gewaltmaschinerie in ihrer vollen Starke ein. Auf der anderen Seite ist staatliche Jugendpflege in ihrem offenkundigem "MiBerfolg" dazu gezwungen, zunehmend Reform- versprechen abzugeben, die Basisaktivitaten der Jugendlichen im Frei- zeitbereich aufzugreifen und Mitbestimmung und Selbstverwaltung zu propagieren, urn die Konkurrenzfahigkeit staatlicher Institutionen gegenLiber kommerziellen Einrichtungen zu verbessern und uberhaupt noch Jugendliche, insbesonder Arbeiterjugendl iche ansprechen zu kbnnen.

So fordert der West-Berliner Jugendpflegebericht: "Den jugendlichen Besuchern sollte mehr Mitbestimmung und Freiziigig- keit eingerdumt werden als es bisher der Fall war. In diesem Zusam- menhang muli auch gepruft werden, inwieweit Vorschriften filr die

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allgememe Veraaltung diesem Vorhaben hinderlich sind und ob ihre Anderwy moglich ist. (...) Folgerichtig wird dann auch die Frage gestellt, ob es sick unsere Gesellschaft nicht leisten kann, bei- spzelswei.se ein Haus der offenen Fur ganz in eigene Regie von Ju- gendgruppen zu geben". (33)

Der Jugendbericht der Niedersa'chsischen Landesregierung beklagt den Ruckgang der Besucherzahlen in den Jugenfreizeitheimen und fordert "Konsequenzen (...), die geeignet sind, die Slteren JugendUahen -etna durch bessere Moglichkeiten der Mtbestimmung - wieder an die Freizeitstatten heranzufiihren. " (34)

Und der Senat der "Freien und Hansestadt Hamburg" preist auf dersel- ben Welle seine Jugendpflege an:

"In manchen Hausern wirken Jugendliche mit an der Frograrrmgestal- tung, an der Einhaltung notwendiger Regeln, bei der Beurteilung von Fehlverhalten Jugendlicher einschlielilieh der Entscheidung iiber Konsequenzen und in Ausnahmen bei der Auswahl von Mitarbeitern. " (35) In Nordrhein-Westfalen ruft die Ministerial burokratie dazu auf: "Die Freizeitstatten sollen die Emanzipation dadurch provozieren, daJ3 sie die JugendUahen Besucher bereits als emanzipiert annehmen und ihnen aktive Mitwirkungsrechte und selbstverantwortliche Gestal- tungsmogliahkeiten einraumen. Das maaht es erforderlich, den Jugend- Uahen in den Freizeitstatten zunehmend die Moglichkeit der Selbst- verwaltung einzuraumen. " (36)

Die Ideologie dieser Integrationsversuche reformistischer Politik unter dem Deckmantel der "Progressivitat" erweist sich nicht nur anhand der konsequenten Zerschlagung "renitenter" Jugendzentren in der Praxis der Jugendpflege - als letztes Beispiel mag die Raumung und der AbriB der "Putte" in Berlin-Wedding stehen -, bereits in den Jugendberichten selbst werden, um jedes MiBverstandnis und Fehlinter- pretationen auszura'umen, dezidierte Vorstellungen entwickelt, wie "Selbstverwaltung" aussehen darf:

"Finer sahulpolitisch engagierten Sohiilergruppe mU&te demnach auch Gelegenheit gegeben werden, Flugblatter, in denen Verhaltnisse in der Sahule kritisch dargestellt werden, in einem Jugendheim zu ver- vielfdltigen. Sollte nieht auoh der Jugendpfleger als Berater einer solchen Schulergruppe im Hinbliek auf die sich aus dieser Aktivit&t ergebendenKonflikte fungieren dUrfen? Dabei wird davon ausgegangen, daB der Jugendpfleger eine solche Beraiungstatigkeit nur dann aus- tiben kann, wenn er eng mit der Lehrerschaft zusammenarbeitet. (...) Dabei mussen die von der Gesellschaft anzuerkennenden Grenzen auch von den JugendUahen akzeptiert werden. " (37)

Hier erfahrt der VerfassungsgerichtsbeschluB vom 19.7.68 "Staatliche Jugendpflege ist vorbeugende Jugendfursorge" seine inhaltliche Be- stimmung. Ebenso deutlich wird das "Konzept" des Reformismus in die- sem Punkt, der vor der Schwierigkeit stent, einerseits linke Basis- aktivitaten wenigstens partiell oder zeitweilig unterstutzen zu mils- sen, da hier das Interesse Oder der Unmut der Bevblkerung am konkre- testen artnkuliert wird, andererseits aber mindestens auf formaler Kontrolle - eingeschlossen ist dabei natlirlich immer die Moglichkeit der Zerschlagung der Initiative mittels Staatsbiitteln- auf das jeweilige Reformvorhaben insistieren muB, um damit Liberhaupt noch Politik machen zu konnen. "Solange die Basisinitiativen selbst Organisationen betroffener Interessen und Organisationen der Betrof- fenen zugleich sind, weil sie in den meisten Fallen mit einem Kon-

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flikt bzw. mit einem verletzten gemeinsamen Interesse beginnen, wird es einer Reformbtirokratie mOglich sein, mit dem Ziel 'Organisa- tion der Betroffenen ' Folitik zu machen. " (38) Dieses Konzept ist konstitutiver Bestandteil der Jugendpflege. Es findet seinen Ausdruck in der Dialektik von Kompensation flir ent- fremdete Arbeit und Ausbeutung, einschlieBlich der Vermittlung be- stimmter Qualifikationen und den Kontrollen, Disziplinierung und Repression im Freizeitbereich. Jugendpflege hat die Emotionen der Jugendl ichen zu verwalten, sie.einraal institutional isiert im Jugend- freizeitheim als Ventil gesellschaftlich unschadlich zu machen, zum anderen.sie so zu kanalisieren, daB sie flir das Integrations- und Verwertungsinteresse der burgerlichen Gesellschaft einsetzbar werden.

Dem Verhaltnis von Reform und Repression in der Jugendpflege ent- spricht die Zuckerbrot-und Peitsche-Politik der herrschenden Klasse vor dem 1. Weltkrieg. Damals wie heute sollte Jugendpflege"an den Interessen der Jugendl ichen anknupfen", damals wie heute diente die- se Forderung als Legitimationsformel reaktionarer politischer und okonomischer Interessen.

"So begann - auch wenn es heute jedermann peinlich ist - Jugend- pflege als staatlich verordnete Einiibung im Patriotismus und Unter- tanengehorsam: dienen statt denken. " (39)

Berlicksichtigt man die Veranderungen und neuen Anforderungen im Kapi- talverwertungsprozeB, so ha'tte diese offizielle Funktionsbestimmung der staatlichen Jugendpflege von 1911 - so "peinlich" es auch sein mag - auf heutige Verhaltnisse libertragen, folgendermaBen zu lauten:

Jugendpflege ist staatlich verordnete Einiibung in die "freiheitlich - demokratische Grundordnung der BRD" und in den kapital istischen ProduktionsprozeB: denken, um zu dienen.

vgl. Rote Hilfe Westberlin, Staatsgewalt, Reformismus und die

Politik der Linken, in: Kursbuch 31, Berlin 1973

vgl. U. Panter (Hg.), Staat und Jugend, Weinheim 1965, S. 20 ff.

H. Wetterling, Staatliche Organisation der Jugendpflege, Langen-

salza 1912, S. 9, zit. n. A. Keil, Jugendpolitik und Bundes-

jugendplan, Miinchen 1969, S. 28

A. Keil, a.a.O., S. 28

Zit. n. U. Panter, a.a.O. S. 40

Th. HeuB, Reden an die Jugend, Hrsg. v. Hans Bott, Tubingen 1956,

S 18, zit. n. J. Dehler, Jugend und Politik im Kapital ismus,

GieBen 1973, S. 16

G. Schroder, Freie Jugend im freien Staat, Schriftenreihe der

Bundeszentrale flir Heimatdienst, Heft 27, Bonn 1958, S. 9 ff. -

Bis 1957 war nicht das Familienministerium sondern das Innen-

ministerium flir Jugendfragen zust'a'ndig.

G. Flor, Einige Anmerkungen zum Thema Jugendpolitik und Tole-

ranz, in: deutsche jugend, H. 2/1968, S. 61

Ebenda

(10) A.a.O., S. 62

(11) Ebenda

(12) Der Senat v. Berlin, Bericht uber Situation und Planung im Sektor Jugendpflege DS 6/228 1971 S. 6/7

(13) Ebd.

(14) Ebd. S. 5

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(1)

(2) (3)

(4) (5) (6)

(7)

(8) (9)

(15) vgl. die Untersuchung von H. Kern/M. Schumann, Industriearbeit und ArbeiterbewuBtsein, Ffm. 1970, in der die Autoren eine Ver- lagerung der Qualifikationsanforderungen auf sogenannte "prozeB- unabhangige" Fahigkeiten konstatieren. ProzeBunabhangige Fahig- keiten sind: "Flexibilitat (verstanden als Fahigkeit der schnellen Anpassung an neue Arbeitsgegebenheiten) ; technische Intel ligenz (verstanden als Fahigkeit zum kausalen, abstrahie- renden und hypothetischen Denken); Perzeption (verstanden als Fahigkeit der Wahrnehmung von Veranderungen in einem komplexen Signal system); technische Sensibilitat (Verstanden als Fahigkeit zum Einfiihlen in komplexe technische Zusammenhange) ; Verantwor- tung (verstanden als Fahigkeit des gewissenhaften, zuverlassi- gen und selbsta'ndigen Arbeitsverhaltens) ." (S. 67 ff) und vgl. dazu insbesondere das EinflieBen dieser veranderten Qualifika- tionsanforderungen auf die Ougendpflege in: "Grundlegende Vor- stellungen Liber Inhalt und Begriff moderner Jugendhilfe, Be- richt, Materialien und Manifest des Ausschusses zur Erarbeitung dieser grundlegenden Vorstellungen, eingesetzt vom Bundesjugend- kuratorium im September 1971", in dem zum Inhalt "moderner Ju- gendhilfe" die fiinf "Leit-Kategorien Autonomie und Soziabili- tat, Sexualitat, Produktivitat, und Kreativitat-Metasozialisa- tion" erhoben werden.

(16) Vgl. E. Werner, Jugendheime in Nordrhein-Westfalen, hrsg. v. Ministerium flir Arbeit, Gesundheit und Soziales 1972 und

G. Grauer, Jugendfreizeitheime in der Krise, Weinheim 1973

(17) Zit. n. "Der Spiegel" 3/1974, S. 39

(18) Bericht liber Situation und Planung im Sektor Jugendpflege, a.a.O., S. 10

(19) Flugblatt der Jugendinitiative Harburg

(20) Vgl. dazu insbesondere: Autorenkollektiv, Gefesselte Jugend - Flirsorgeerziehung im Kapitalismus; Ffm. 1971;

(21) Jugendpflegebericht West-Berlin, a.a.O., S. 3

(22) Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, Jugendbericht 1973 S.99

(23) Bericht der Landesregierung Nordrhein-Westfalen uber die Lage der Jugendlichen und Liber die MaBnahmen im Lande, 2. Jugendbe- richt 1972, S. 66/69

(24) Der Hessische Sozialminister, Die kommunale Jugendpflege in Hessen, 1972 S. 6 und 10/11

(25) Ebd. S. 13/14

(26) Jugendpflegebericht West-Berlin, a.a.O. S. 7

(27) Protokoll der 10. Sitzung des Ausschusses flir Familie, Jugend und Sport in Berlin vom 11.2.72

(28) SFB-Sendung "Wir - um Zwanzig" vom 29.4.73, Jugendzentren, Manuskript S. 32 f

(29) Der Spiegel, a.a.O., S. 41

(30) E. Werner, Jugendheime in Nordrhein-Westfalen, a.a.O., S. 19

(31) Die kommunale Jugendpflege in Hessen, a.a.O. S. 6/7

(32) Jugendpflegebericht West-Berlin, a.a.O., S. 3

(33) Ebd., S. 16 und 8

(34) Jugendbericht des Landes Niedersachsen, a.a.O., S. 59

(35) Jugendbericht Hamburg, a.a.O., S. 99

(36) Jugendbericht 1972 Nordrhein-Westfalen, a.a.O., S 68

(37) Jugendpflegebericht West-Berlin, a.a.O., S. 8

(38) Rote Hilfe West-Berlin, a.a.O., S 78 f.

(39) Jugendpflegebericht West-Berlin, a.a.O., S. 3

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Arbeitsgruppe Info Arbeiterbi Idling1

THESEN ZUM SOZIALISATIONSFELD "AUSBILDUNG UND BERUF"

Vorbemerkung:

Die folgenden Thesen enthalten Aussagen, in die politische Interes- sen, Erfahrungen und Untersuchungen zum Problem "Ausbildung und Beruf" eingegangen sind. Der knappe Umfang dieser Thesen lieB ausfUhr- liche Begriindungen, die Absicherung der Aussagen durch Hinweise auf entsprechende Untersuchungen und Literatur und eine fur eine weiter- reichende Diskussion erforderliche Differenzierung nicht zu. Wenn dennoch statt der Liblichen Fragen mit verpackten theoretischen Ver- satzstlicken in diesen Thesen unzweideutig Position bezogen wird, so in der Erwartung, auf diese Weise eine Diskussion iiber die hier ange- sprochenen Probleme zu erleichtern.

- These 1 bestimmt die Funktion beruflicher Bildung;

- These 2 beschreibt die Organisation beruflicher Bildung;

- These 3 geht auf die Kritik am System der beruflichen Bildung ein;

- These 4 beschaftigt sich mit der gcscheiterten Reform der beruf-

lichen Bildung;

- These 5 untersucht die Rolle der Gewerkschaften;

- These 6 deutet eine Perspektive beruflicher Bildung an, die Liber

die ausschlieBliche kapital istische Verwertung der beruf- lichen Qualifikation hinausgehen kbnnte.

1. Funktion beruflicher Bildung

Be'-ufliche Bildung ist gesellschaftlich notwendige Arbeit zur Aneig- nung der fiir den gesellschaftlichen Produktions- und Reproduktions- prozess notwendigen Qual ifikationen. Sie wird inhaltlich bestimmt durch die Anspriiche, die der Arbeits- und VerwertungsprozeB der kapi- tal istischen Produktion an das Arbeitsvermbgen des gesellschaftlichen Gesamtarbeiters stellt.

Die Arbeiterklasse erfa'hrt die beruflic fiir lohnabhargige Arbeit. Diese Qualifi nur am Entwicklungsstand der Produktion spezifischen Organisation der Arbeit un mation. Die Qualif izierung der Arbeitsk terklasse auch als ein ProzeS der sozia gigen zu sehen. Der Arbeiter soil im Si funktions- und handlungsfahig werden.

Differenziert man die Qualifikationsansprtiche dieses Systems, die durch berufliche Bildung vermittelt werden, so kbnnen die Qualifika- tionen danach unterschieden werden, "wie sie mit den drei Grundpro- blemen von sozialem System korrespondieren:

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he Bildung als Qualifizierung zierung orientiert sich nicht stechnik, sondern auch an der d deren ideologischer Legiti- raft ist daher flir die Arbei- len Integration der Lohnabha'n- nne des bestehenden Systems

- der materiellen Reproduktion ira Austausch mit der Natur (technisch-instrumentelle Qualification)

- der Durchsetzung von jeweiligen Herrschaftsverhaltnissen (sozialtechnisches Wissen und normative Quail fikationen)

- und schlieBlich die Legitimierung dieser Herrschaftsverhaltnisse (Ideologie und entsprechendes Orientierungswissen)" (1)

Die Organisation der beruflichen Bildung hat sicherzustellen, daB fUr alle Bereiche der gesellschaftlichen Produktion und Reproduktion die jeweils erforderlichen Qual i fikationen vermittelt werden und sich aus diesem QualifizierungsprozeB keine disfunktionalen AnsprUche ergeben. Zur Aufrechterhaltung der bestehenden Herrschaftsverhaltnisse ist es daher notwendig, daB das Kapital die Kontrolle liber die berufliche Bildung behalt.

2. Organisation beruflicher Bildung

Zur Beschreibung der Organisation der beruflichen Bildung in der BRD wird der Begriff "duales System" verwendet. Berufliche Bildung soil danach im Betrieb und in der Schule zugleich stattfinden. Dieses System "basiert auf einer handwerklich-kleinbetrieblichen Ausbil- dungsverfassung, innerhalb welcher der liberwiegende Teil der Qualifi- kationsprozesse im unmittelbaren Zusammenhang mit praktischer Arbeit in Verbindung von Lehrliny und Geselle und Meister abgewickelt wird und nur ein begrenzter Teil zumeist theoretischer Zusatzqual if ikatio- nen auBerhalb des Betriebes in staatlich organisierten Schulen ver- mittelt wird..." (2)

Zum "dualen System" gehbrt die Freiwilligkeit des Angebots an Ausbil- dungsplatzen ebenso wie die Kontrolle der Ausbildung durch Industrie- und Handwerkskammern. Das Kapital besitzt damit eine weitgehende Autonomie in der beruflichen Bildung, die durch staatliche Rechts- vorschriften und die Beteiligung der Gewerkschaften in den Berufs- bildungsausschussen kaum eingeschrankt wird. Der Begriff "duales System" verschleiert daher das tatsachl iche Verhaltnis zwischen den Interessen der privaten, kapitalistischen Unternehmen und dem Staat. Den jeweils besonderen Interessen von Handwerksbetrieben, Klein- und Mittelbetrieben und der groBen Industrie entspricht dieses System auf eine optimale Weise.

Der grbBte Teil der Lehrlinge wird noch immer in Handwerks-, Klein- und Mittelbetrieben ausgebildet. Fur diese Betriebe ist die Arbeits- leistung der Lehrlinge eine Skonomische Notwendigkeit. Entsprechend gering sind die in diesen Betrieben aufgewendeten Kosten zur Ausbil- dung. Ein groBer Teil der hier ausgebildeten Arbeitskrafte wandert nach seiner Ausbildung in GroBbetriebe ab und wechselt dabei oft auch bereits nach kurzer Zeit den Beruf. Die in Handwerks- und Klein- betrieben erworbenen normativen und herrschaftsstabilisierenden Qua- lifikationen sind fUr den GroBbetrieb, der durch diese permanente Ab- wanderung zudem auch Ausbildungskosten spart, von besonderer Bedeu- tung. Auf der Basis dieser Qual if ikationen ist es jederzeit mbglich, den in steigendem Umfange erforderlichen kurzfristig angelernten Ar- beitskraften die technisch-instrumentellen Qual if ikationen noch zu vermitteln. Handwerks- und Kleinbetriebe sind somit notwendige

DIER l=RI=OI.G DIER SOL I DAM TXT.

- 'gOfltT Mtr.wi4^'

Stair

die 7/

die 12/74 mit Rehbock/RieB ^^9 die 11/74 mit Martin Baethge-*-/ die 10/74 mit Helmut Frohn u. a. /' die 9/74 rait D. v. Hase u. a. \t

die 8/74 mit Gerd Jungblut .y*" 74 Beck/Vollmer/miitzelburg 5"*^

VX'

die 6/74 mit Keiner, Schefer Ji.^' ie 5/74 mit du Bois-Reymand/Soll ^^

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S*-^— die 4/74 mit Komitee gegen die Folter

jr die 3/74 mit Berg/Rossbroich

•^^^ die 2/74 mit Rolf f/Tillmann

** f die 1/74 mit Birner/Schmelzer

/% die

3/4-73 mit Schulbuch-AG

Fdie 2/73 mit Jobano Strasser

/ die 1/73 mit Bamrae/Holling

/#die Null-Nr. m

it Johannes Beck

TMa&uin Mr Eritohung, WKsentcruft una PoJttiK

15,9. A.A4, i$.<< 4*i 4.1.)^ is*. ••■«. f«,i i.v <5.3 iv, um. -f.s. It* ■*■'. **•*

alle verzichteten - ebenso wie z. B. die zahlreichen Autoren des pad. extra-Lexikons - auf ihr Honorar, am pad. extra zum Erfolg zu verhelfen. pad. extra ist die erste Zeitschrift fur den Ausbildungssektor, die sich im Eigrantum derer befindet, die sie machen.Uber 9000 Abonnenten und die pad. extra-Macher sagen r.ach einem guten halben Jahr, das seit dem Start vergangen ist, dar.ke-

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Zulieferbetriebe der GroBbetriebe.

3. Kritik am System der beruflichen Bildung

Die Qualifikationsproduktion innerhalb des bffentlichen Bildungs- wesens entspricht nicht dem aktuellen Interesse des Kapital s. Gegen alle Versuche, durch staatliche Eingriffe dieses System der sorg- faltig abgesteckten Kapital interessen zu verandem, konnte sich das Kapital bisher mit Erfolg zur Wehr setzen.

Das Berufsbildungsgesetz von 1969 hat fur dieses System nur die "Spielregeln" allgemeinverbindlich festgelegt. Da aber bereits die Mindestanspruche an den ausbildenden Betrieb, die in diesem Gesetz und den darauf folgenden staatlichen Verordnungen enthalten waren, partiell eine Steigerung der Ausbildungskosten zur Folge hatten, war bereits durch die Grenzen der staatlichen Kontrollmbglichkeiten ga- rantiert, dap sich die ausbildenden Betriebe liber gesetzliche Aufla- gen hinwegsetzen konnten. Die vor allem in Handwerks- und Kleinbetrie- ben festgestellten AusbildungsmiBst'a'nde sind auf die objektive Funk- tion der Lehrl ingsausbildung in diesen Betrieben fur die Aufrecht- erhaltung des Gesamtsystems zurlickzufu'hren. Die Kritik dieser Aus- bildungsmiBsta'nde vor allem durch die Lehrl ingsbewegung in den Jah- ren 1969 bis 1971 fand daher auch konsequenterweise in einer Kritik des Gesamtsystems ihren Ausdruck. In die Forderung "Ausbildung statt Ausbeutung" ging auch die Forderung nach einer Beseitigung des "dualen Systems" ein. Die Qualifikationsproduktion sollte m'cht mehr durch das jeweilige Interesse des ausbildenden Betriebs bestimmt werden. Dem Staat als "ideellen Gesamtkapitalisten" sollte die beruf - liche Bildung iibertragen werden, um sicherzustellen, daB sich die Qualifikationsproduktion am fortgeschrittensten Stand der Entwick- lung derProduktivkra'fte orientiert. Die Integration der beruflichen Bildung in das staatliche Bildungssystem wurde so zu einem zentralen Programmpunkt sozialstaatlicher Reformpolitik.

4. Die gescheiterte Reform der beruflichen Bildung

Die Reform der beruflichen Bildung, an deren Anfang die Beseitigung des "dualen Systems" und die Integration der beruflichen Bildung in das bffentliche Bildungswesen stand, hat mit der Regierungserkla- rung von Helmut Schmidt ihr Ende gefunden. Das "bewahrte zweispurige System" der beruflichen Bildung und die "gemeinsame Verantwortung von Staat und Wirtschaft" sollen beibehalten werden.

Mit dieser Erklamng wurde ein SchluBpunkt unter die bisherige Re- formdiskussion gesetzt. Es wurde deutlich, daB gegen die aktuell bestehenden Interessen verbiindeter Kapital fraktionen auch eine Re- form, die durchaus dem langfristigen Interesse des Kapitals entspricht, nicht durchgesetzt werden kann. Die beabsichtigte Neufassung des Berufsbildungsgesetzes stieB auf massiven Widerstand, obwohl das Aus- bildungsmonopol der privaten Betriebe nicht eingeschrankt, sondern nur enger mit Bffentlichen Bildungseinrichtungen verkntipft werden sollte. "Die Ausbildung im Betrieb ist aus padagogischen, fachlichen und volkswirtschaftlichen Erwagungen unverzichtbar", hieB es in einem

- 30 -

BeschluB der Regierung Brandt. FUr eine "funktionale Auf gabentei lung" von bffentlichen Bildungseinrichtungen und privaten Betrieben sollten staatliche Verwaltungsbehbrden sorgen. Selbst eine staatliche Verant- wortung fiir die Auslibung des Ausbildungsmonopols schien den Unter- nehtnern Tendenzen zu enthalten, die die Rekrutierung und Regulierung des Arbeitskraftepotentials durch die berufliche Bildung neuen An- sprUchen aussetzt. Ein Wiederaufleben der Lehrl ingsbewegung ware zu erwarten gewesen, wenn der disziplinierende Druck innerhalb des Ge- samtsystems der beruflichen Qualifizierung gelockert wird.

Hatte bereits der seit langerer Zeit anhaltende R'uckgang der Aus- bildungsstellen aufgrund allgemeiner Veranderungen der Qualifikations- struktur zu einer steigenden Beunruhigung Jugendlicher und deren Eltern geflihrt, so loste die Androhung eines Ausbildungsboykotts durch die Betriebe und Kammern Angstreaktionen aus, die erst die endgulti- ne Liquidation der Reformpolitik ohne jeglichen gewerkschaftlichen Widerstand mbglich machte.

5. Rolle der Gewerkschaften

Die Rolle der Gewerkschaften im Machtkarr.pf zwischen Kapital und der sozialliberalen Regierungskoalition macht noch einmal die Abhangig- keit des gewerkschaftlichen Reformismus votn Handlungsspielraum des bUrgerlichen Staates deutlich. Mit dem Scheitern der Reformpolitik sind auch die Gewerkschaften gescheitert. Der Verzicht auf eine auto- nome Gewerkschaftspol itik zur Durchsetzung gewerkschaftl icher Forde- r-^ngen auch gegeniiber dem biirgerl ichen Staat hat zur Folge, daB die Wahrrehmung existentieller Interessen der Arbeiterklasse durch die Gewerkschaften nicht mehr mbglich ist.

Wesentlicher Bestandteil des gewerkschaftlichen Reformismus ist die Delegation gewerkschaftl icher Forderungen an das biirgerliche Parla- ment. Ebenso wie die Verwirklichung von Mitbestimmungsfcrderungen vom blirgerlichen Parlament erwartet wird, haben die Gewerkschaften ihre Forderungen zur Reform der beruflichen Bildung an den Staat ge- richtet. Im Gegensatz zum Kapital, das mit alien Methoden der Erpres- sung gegeniiber Regierung und Parlament sein Klasseninteresse zu be- haupten versteht, haben die Gewerkschaften sogar darauf verzichtet, politischen Druck auszuiiben. Ihre Abhangigkeit geht sogar soweit, die Position der Regierung Schmidt zu ubernehmen, ohne noch zu unter- suchen, wie es zum Scheitern der Reformpolitik kam.

Die Gewerkschaftsjugend hat in der Auseinandersetzung mit der Lehr- 1 ingsbewegung die Integration ihrer Strategie in die Gesamtorganisa- tion begriindet, gegeniiber der Lehrlingsbewegung auch durchgesetzt und bis zum bitteren Ende durchgehalten. Auf die Erpressung und Einschuch- terung durch die Unternehmer reagierte sie gerade noch mit Protesten. Zu einer Massenmobilisierung von Jugendlichen durch die Gewerkschafts- jugend kam es nicht. Die vom DGB-BundesjugendausschuB im April 1974 initiierte Schwerpunktaktion wird ein kraftloser Akt bleiben, da sie jetzt unter politischen Bedingungen stattfindet, die sowohl den Hand- lungsspielraum als auch die Reichweite solcher Aktionen erheblich einengen.

- 31

6, Perspektive beruflicher Bildung

Die Arbeiterklasse hat nicht nur ein Interesse an der Qualifizierung der Arbeitskraft zu ihrer kapital istischen Verwertung. So sehr sie aktuell darauf angewiesen ist, fur den Verkauf der Arbeitskraft efnen mbglichst hohen Preis zu erzielen und daher die eigene Qualifizierung primar durch das Interesse an der Erhaltung Oder Verbesserung mate- riel ler Lebensmbglichkeiten bestimmt ist, gehen doch nicht alle Be- diirfnisse und Lebenserwartungen in diesem Interesse auf.

Aus den tagta'glichen sinnlichen Erfahrungen, den Produktivkra'ften des Kapital israus nicht nur ausgeliefert zu sein, sondern sie tech- nisch auch beherrschen zu kbnnen, erwachsen durch alle Ohnmachtser- fahrungen hindurch immer wieder neu auch Bed'u'rfnisse nach Autonomie und Selbstbestimmung im ArbeitsprozeB. Diese Bedurfnisse wurden bis- her allenfalls politisch interpretiert und agitatorisch vereinnahmt. Zu entwickeln ware eine Strategie, in der das Interesse an der Qua- lifizierung der Arbeitskraft dieses Bedlirfnis nicht unterdruckt, sondern zum bestimmenden Inhalt raacht.

Der ausschlieBlich kapital istischen Verwertung der Arbeitskraft wur- den dadurch im ArbeitsprozeB selbst Grenzen gesetzt. Aus der Fahig- keit, die Produktivkrafte des Kapitalismus technisch zu beherrschen, wurden Anspru'che abgeleitet, den ArbeitsprozeB den eigenen Bedurfnis- sen entsprechend zu organisieren. Das Arbeitsvermbgen der Arbeiter- klasse konnte sich so selbst zu einer Produktivkraft entwickeln, die die Fesseln der bestehenden Organisation der Produktion sprengt.

Eine solche "klassenspezifische Qualifizierung" kann allerdings nur gegen das Gesamtsystem der kapital istischen Qual ifikationsproduktion durchgesetzt werden. In einem ProzeB der Integration der Arbeiter- bildung in die berufliche Bildung, fUr die es allerdings heute noch keinen institutionellen Rahmen gibt - es sei denn, die Bildungsein- richtungen der Gewerkschaften bffnen sich einmal fur eine solche Strategie - miiBten die didaktischen Konzeptionen entwickelt werden, die bis jetzt nur als Utopie gedacht werden konnten.

(1) Enno Schmitz in Zeitschrift fur Pad. 5/73, S.

(2) Martin Baethge in Pad. extra 11/74, S. 10

809

32

Redaktionskollektiv:

SOZIALISTISCHE AKTION JUGENDHILFETAG BERICHT OBER DAS VORBEREITUNGSTREFFEN 26. - 28. APRIL 1974 IN HAMBURG

An dem Vorbereitungstreffen der Sozial istischen Aktion Jugendhilfetag haben ca. 150 Genossinnen und Genossen aus der BRD und Westberlin teilgenommen. Zu Beginn wurde die Entstehung und Zielsetzung der Sozial istischen Aktion zum 5. DJHT dargestellt. Dabei wurde eine erste Einschatzung der politischen Funktion der Arbeitsgemeinschaft fur Jugendhilfe (AGJ) (Harmonisierung der Tragerinteressen im Bereich Jugendhilfe, Erweiterung des bundesministeriellen Handlungsspiel- raumes, Legitimationsinstrument als Veranstalter von Ougendhilfetagen) und der zu erwartenden Auseinandersetzungen mit anderen Teilnehmer- gruppen auf dem Jugendhilfetag (politische Vorbereitung durch entsen- dende Trager und starkere Fraktionierung) vorgenommen. Es wurde auf- gezeigt, daS die AGJ auf die wichtigsten Forderungen der Sozial isti- schen Aktion (vgl. Info Sozialarbeit, Heft 6) nicht eingegangen ist. In diesem Zusammenhang wurde bekannt, daS die AGO unter dem Druck der Argumente der Sozialistischen Aktion an das BMFJG einen weiteren Finanzierungsantrag auf Obcrnahme der Teilnehmerbeitrage in Hbhe von DM 48 000 gestellt hat. Es wird sich zeigen, ob die AGJ diesen An- trag durchsetzen kann Oder ob die Antragstellung eine bloBe Finte ist. Die Sozialistische Aktion fordert alle Teilnehmer am 5. DJHT auf, keine Teilnehmerbeitrage zu entrichten und dies auf der Anmeldung durch Streichung der Spalte Teilnehmerbeitrage deutlich zu machen (Anmeldekarten anfordern: AGJ, 53 Bonn 1, Haager Weg 44).

Die politische Diskussion des Vorbereitungstreffens konzentrierte sich auf folgende Fragen:

- Mit welchen Perspektiven tritt die Sozialistische Aktion auf dem Jugendhilfetag auf?

- Wie sieht die Verbindung der Sozialistischen Aktion und allgemei- ner politischer Kampf aus?

- Was ist fortschrittliche Berufspraxis?

- Wie kann durch gezielte Vorbereitung eine Vermittlung dieser poli- tischen Ziele in den Arbeitsgruppen der Sozialisationsfelder ge- leistet werden (Anknlipfen an Probleme der Berufspraxis)?

Gearbeitet wurde in vier Arbeitsgruppen entsprechend den Sozial isa- tionsfeldern "Familie", "AuBerfamiliare Erziehung", "Jugendarbeit und Freizeit" und "Ausbildung und Beruf". In den Arbeitsgruppen wurde der unterschiedliche Stand der Vorbereitungen in den einzelnen Regio- nalgruppen deutlich. In alien Arbeitsgruppen waren jedoch die Dis- kussionen darauf orientiert,

- die Probleme der Berufspraxis im Zusammenhang mit den Lebensbedin- gungen der von Sozialarbeit Betroffenen aufzugreifen;

- den scheinbaren Widerspruch zwischen Jugendhilfereform und gleich- zeitiger politischer Disziplinierung und Diskriminierung "klienten- orientierter" Sozialarbeit zu verdeutlichen;

- 33 -

- die "Notwendigkeit" der Jugendhilfereform zum jetzigen Zeitpunkt und ihre politische Funktion im Verha'ltnis zum Stand der Klassen- auseinandersetzungen im Sozialisationsbereich herauszuarbeiten;

- die Behinderung, aber auch die Ansatze im Jugendhilfegesetz, die eine Arwendung im Interesse der Kinder/Jugendlichen entweder un- mbglich machen oder ausgenutzt werden kbnnen, herauszuarbeiten;

- die damit im Zusammenhang stehende Notwendigkeit der politischen Organisierung zu vermitteln.

Die folgende Plenumsdiskussion konzentrierte sich auf die Frage nach der "fortschrittlichen Berufspraxis" und der Einscha'tzung der Repres- sion des Staatsapparats. Hinsichtlich der Berufspraxis standen sich im wesentl ichen zwei Positionen gegeniiber (bei Obereinstimmung, daB es eine revolutiona're Berufspraxis nicht gibt);

1) Mehrheitlich wurde die Auffassung vertreten, eine Berufspraxis, die gegebene rechtliche Mb'glichkeiten flir Betroffene im Hinblick auf deren objektive und subjektive Interessen und Bedurfm'sse

nutze und zugleich ihre klassenma'Bige Organisierung unterstiitze, sei fortschrittlich.

2) Diesen Argumenten wurde von einer kleinen Gruppe entgegengehal ten, Berufspraxis sei per se keine politische Praxis. Der Sozialarbei- ter ha'tte dagegen seine berufsbornierte Haltung aufzugeben, er ha'tte eine proletarische Orientierung vorzunehmen und sich in die Volkska'mpfe einzuordnen. Die Unterst'u'tzungsfunktion der Sczialar- beiter und ihre Beteiligung am Klassenkampf sei AusfluB ihrer politischen Organisierung und unabhangig von ihren Berufsfunktio- nen.

Die unterschiedliche Einscha'tzung "fortschrittl icher Berufspraxis" hat Konsequenzen fur die politische Organisierung der Sozialarbeiter und das Vorgehen der Sozialistischen Aktion auf dem Jugendhilfetag:

Eine Bremer Teilnehmergruppe lehnte es ab, die Arbeit politisch auf den Jugendhilfetag zu orientieren, will vielmehr prlifen, welchen Stellenwert die Teilnahme am JHT und der Sozialistischen Aktion fur die "gegenwa'rtigen Stadtteilka'mpfe" hat. Eine Hamburger Gruppe mb'ch- te bei ihrem Auftreten auf dem JHT eine (Confrontation mit dem Veran- stalter und dessen Referenten vermeiden und sich allein auf die Agi- tation der "fortschrittlichen Krafte" beschranken. So war die Rede von der "politischen Massenlinie", "der Einordnung der Sozialarbei- ter in die Volkska'mpfe", "der Vermittlung der politischen Perspekti- ve und dem gewerkschaftlichen Kampf" etc. - An der so formulierten Zielsetzung wurde kritisiert, daB die politischen Vermittlungsschrit- te zu diesen Zielen gegeniiber der groBen Zahl von Kollegen nicht aufgezeigt wurde, nicht angegeben wurde, wie die Auseinandersetzun- gen im Berufsbereich zu fiihren sind ur.d wie in den Gewerkschaften gearbeitet werden soil.

Die Mehrheit der Sozialarbeiter/Sozialpa'dagogen (Gruppen und einzel- ne, die am Info Sozialarbeit im Sozialistischen Buro bzw. der Zeit- schrift "Erziehung und Klassenkampf" orientiert sind) war im Gegen- satz zu diesen Bremer/Hamburger Vorstellungen der Auffassung, daB eine politische Organisierung nicht erreicht wird durch eine vora Beruf losgelbste Orientierung auf eine ihnen auBerlich bleibende "politische Massenlinie". Durch Aufgreifen der Probleme und der

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PROBLEME

DES KLASSEN- A

KAMPFS y^

13

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Abonnements sind nur direkt vom Verlag beziehbar. Abo-Preis fur 6 Einfachhefte (bzw. 2 Einfach- und 2 Doppelhefte) ist DM 31,00 inklusive Versandkosten. Luftpostabonnements (nur auBerhalb Mitteleuropas) : DM36,00. Die Lieferung wird aufgenommen, sobald der Abo-Betrag beim Verlag eingegangen ist. Dabei ist anzugeben, ab welchem Heft die Zusen- dung gewiinscht wird, wobei fruhestmoglicfier Abo-Beginn das zuletzt erschienene Heft ist. Bszahlung durch Oberweisung an Politladen GmbH. 852 Erlangen, Konto Nr. 3234-850 Postscheckamt Nurnberg oder Konto Nt. 1190 Raiffeisenkasse Effeltrieh/Ofr. Auslandsijber- weisungen bttte nur per Post, da Bankuberweisungen mit Gebiihren belastet werden.

Norbert Kostede

Redaktionskollektiv Gewerkschaften

Altvater /Hoffmann/ Schoeller/Semmler

Pedro Garcia Lopez

Akkumulation und Mittelklassen

Bedingungen sozialistischer Gewerkschaftsarbeit

Entwicklungsphasen und -tendenzen des Ka- pitalismus in Westdeutschland (I. Teil)

Materialien zur spanischen Streikbewegung der letzten Jahre

BILDUNGSARBEIT IM OFFENTLICHEN DIENST

Die Hefte 6 und 7 des Info Arbei terbildung zum Schwerpunktthema "Bildungsarbeit im offentlichen Dienst" bringen fur die Bildungs- arbeit im Bereich des offentlichen Dienstes wichtige Materialien. In Teil I (Info 6) werden die Entwiirfe fur neue Leitsatze flir Vertrauensleute der Gewerkschaft DTV behandelt und der Entwurf einer Bildungskonzeption der Gewerkschaft DTV wiedergegeben. In Teil II (Info 7) erscheinen im einzelnen folgende Beitrage bzw. Erfahrungsberichte: 1) Zum Beamtenstreikrecht; 2) Ein Beispiel gewerkschaftl icher Erwachsenenbildung mit Postkollegen; 3) Er- fahrungsbericht einer Postler-Gruppe; 4) Die "subjektive Seite" (Arbei tserfahrungen und Lehrgangserfahrungen aus Wochenlehrgan- gen mit Teilnehmern aus dem offentlichen Dienst); 5) Die DTV- Gesamtorganisation.

Info Arbei terbildung, Heft 6, Doppelnummer, DM 5.-- Info Arbeiterbildung, Heft 7, Einfachnummer , DM 3.-- Bezug: Verlag 2ooo GmbH, 6o5 Offenbach 4, Postfach 591

Konflikte in der Berufspraxis soil die Auseinandersetzung und Ober- zeugungsarbeit hinsichtlich der auf "demokratischen Positionen" stehenden Sozialarbeiter und Sozialpadagogen geleistet werden. Der Konfrontation rait den Auffassungen der Tragerverbande der Jugend- hilfe wird nicht ausgewichen, die Auseinandersetzung macht sich aber fest an den inhaltlichen Fragen, und dort werden wir klar unsere Po- sition vertreten. Das Auftreten allerdings von Referenten, die z.B. das "Berufsverbot" aktiv unterstlitzen (wie z.B. der Hamburger Schul- senator Apel) wird als Provokation des Veranstalters gewertet, auf die die Sozialistische Aktion reagieren wird.

Im weiteren Verlauf wurde noch einmal die Bedeutung des Teilnehmer- kreises fiir die Sozialistische Aktion diskutiert, wobei wir davon ausgingen, daB die Fraktionierung innerhalb der Sozialarbeiter und Sozialpadagogen gegeniiber dem 4. DJHT in Nlirnberg fortgeschritten ist, sowi'e die StoBrichtung der Sozialistischen Aktion. Dabei stehen folgende drei Punkte im Vordergrund:

- Auflosung der Reformillusionen anhand von konkretem Material;

- Diskussion der politischen Disziplinierungen;

- Diskussion der moglichen Handlungsperspektiven.

Dm diese Ziele umzusetzen, rallssen wir unsere bisherigen Praxiserfah- rungen einbringen, an den Erfahrungen der Kollegen ansetzen, die Be- rufssituation in den einzelnen Bereichen aufarbeiten, die Konflikte so thematisieren, daB sowohl die Funktion von Sozialarbeit, das Ein- greifen der Verba'nde/des Staates, wie auch mbgliche Handlungsper- spektiven diskutiert werden konnen. Dabei ist es ebenso notwendig, das neue Jugendhilferecht sehr genau zu analysieren und dies nicht isoliert zu sehen von der Situation der Kinder/Jugendl ichen.

Die AGJ - dies ist ja auch im "Offenen Brief der AGJ" deutlich ge- worden - wird versuchen, die Fragen zu den Disziplinierungen und den Berufsverboten so weit wie mb'glich zu unterschlagen bzw. sie even- tuell nur auf eine Arbeitsgruppe zu beschranken. Obergreifendes The- ma mul? daher in alien Arbeitsgruppen die Frage sein: Warum werden Sozialarbeiter, die sich fur die Interessen der von Sozialarbeit Be- troffenen einsetzen, diszipliniert oder sogar mit Berufsverboten be- legt?

Unter dem Punkt "Handlungsperspektiven" sollen die Mbglichkeiten "alternativer Praxis" mit ihren Konsequenzen fiir die gewerkschaftli- che und politische Organisierung diskutiert werden. Diese Diskussion wird nicht losgelost von der Berufspraxis gefiihrt, sondern im Zusam- menhang rait den konkreten Problemen dieser Praxis, z.B. ausgehend von der Frage: Wie verhalten wir uns gegeniiber den subjektiven und objektiven Interessen der Jugendlichen, in welcher Form nehmen wir sie auf, welche Konsequenzen Ziehen wir daraus etc.?

Mit einer Reihe von konkreten Auftra'gen an die bisherigen 14 regio- nal en Vorbereitungsgruppen wurde das Vorbereitungstreffen der Sozialistischen Aktion beendet. Der Schwerpunkt der kommenden Arbeit wird in der regionalen Vorbereitung liegen.-insbesondere sollen die Diskussionen in die Dienststellen und Ausbildungsstatten hineinge- tragen werden, mit dem Ziel einer frlihzeitigen Mobilisierung zum Jugendhilfetag. Weiterhin sollen Konf liktfalle aus dem Sozialbereich gesammelt und an die Kontaktadresse gesandt werden, damit aus dem Material eine Dokumentation zusammengestell t werden kann.

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Aktiv R 16, Koln:

JUGENDLICHE ZUM JUGENDHILFERECHT

Vorbemerkung:

Seit Marz 1974 liegt der Referentenentwurf fur ein neues Jugendhil- fegesetz vor. Mit diesem Gesetz soil das bisherige Jugendwohlfahrts- gesetz, dessen Grundzuge aus der Weimarer Zeit stammen, abgelOst und den gesellschaftspolitischen Erfordernissen der heutigen Zeit ange- passt werden.

Vorausgegangen war die mehrjahrige Arbeit einer vom BMFJG eingesetz- ten Expertenkommission, die sioh im wesentliohen aus Vertretern der JugendbehOrden und etablierten Wohlfahrtsverbdnden zusammensetzte und die im Frilhjahr 1973 der "Offentliohkeit" einen Diskussionsent- wuvf zum Jugendhilfegesetz vovlegte. Eine papierne Emsigkeit entfal- teten Vertreter der freien und staatlichen Spitzenverb&nde der Wohl- fahrtspflege, Jugendverbande und Experten-Kommissionen. ISO Stellungriahmen wurden dem Ministeriwn vorgelegt. Stellungnahnen, die in ihrer Mehrheit die emanzipatorischen Interessen der betrof- fenen Kinder und Jugendliahen den eigenen Verbandsinteressen unter- ordneten.

Wir wollen an dieser Stelle nicht noch eine neue Stellungnahme hin- zufiigen (siehe dazu Info Sozialarbeit Nr. 6), sondern die zu Wor~ kommen lassen, die bisher nur geringe bzw. so gut wie keine ffiglioh- keiten hatten, sioh zu diesem Gesetz zu Uuliern und die, die eigent- lich Betroffene dieses Gesetzes sind.

Eine Gruppe Kolner Jungen und Madchen, alle von Heimerziehung und Juge rdfursorge betroffen, hat sich mit dem Diskussionsentwurf aus- einandergesetzt, ihn konfrontiert mit ihren bisherigen Erfahrungen und deutlich gemacht, was sie von dem neuen Jugendhilfegesetz hat- ten, namlioh: ItlCBTS!

Sie haben Sozialarbeiter befragt, den verantwortlichen Minister (Frau Focke) interviewt und daraus einen Beitrag fur das Jugendmaga- zin "Direkt" zusammengestellt, der am 30.3. gesendet wurde,und der. yir hier im Wortlaut abdrucken.

"DIE BEHANDELN UNS, ABER WIR KONNEN DIE T3ICHT BEHANDELN"

Tina: "Seit Jahren wird die bffentliche Erziehung speziell im Ghetto ■der H'eime stark kritisiert. Z B. daB durch Erziehungshilfe mit Zwangs- charakter unsere Probleme nicht gelbst, sondern nur verscharft wer- den und daB Erziehung als Strafe nicht als Hilfe verstanden wird. Deswegen soil uns ein neues Jugendhilfegesetz mehr als bisher die Mbglichkeit geben, Liber unsere Lebenschancen mitzubestimmen. Doch der Entwurf fiir ein neues Jugendhilferecht wurde vor all em von den traditionellen Tragern der Jugendhilfe erarbeitet.

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Peter (Berater): Das ist also der Diskussionsentwurf des neuen Jugendhilfegesetzes. Jugendhilfe setzt sich aus zwei Teilen zusammen und zwar einmal der allgemeinen Fb'rderung der Jugend - was mehr Oder weniger die Freizeitangebote betrifft - und zum anderen die Erzie- hungshilfen, die fur auffallig gewordene Jugendliche angewandt wer- den. Wir haben uns hier in dieser Wohnung aus einer gewissen Notsi- tuation zusammengefunden, es sind alles Betroffene, die nach dem alten Jugendwohlfahrtsgesetz auffallig geworden sind und die durch die Gesetzesmiihlen gelaufen sind und die praktisch kein Vertrauen mehr zu den Behbrden haben und hier mit uns Lbsungen versuchen zu erarbeiten, die von dauerhafterer Art sind als die, die meinetwegen von den Behbrden flir sie gefunden worden sind.

Dave: Ich bin z.B. in einem Heim gewesen 9 Jahre und als ich mit 16 Jahren aus dem Heim raus kam und eine Lehre anfing, wurde mir dann verbffentlicht, daB ich mien nun in die Gesellschaft einzugl iedern habe, ja. Und das hat dann vollkommen nicht hingehauen, bin ich also voll auf die Schnauze gefallen.

Tina: Ober die Einweisung ins Heim entscheidet das Jugendamt. Hier werden unsere Akten, unser Fall, verwaltet; Liber unseren Kopf hinweg werden Entscheidungen getroffen, gegen die wir uns meistens nicht wehren kbnnen. Deswegen sehen wir das Jugendamt als eine Behbrde an, die uns zu Menschen zweiter Klasse abstempelt und zu hilflosen Objek- ten der Verwaltungsb'u'rokratie macht.

Achim: Im Stadtjugendamt in Kbln liegt von mir eine etwa 100 - 200 Seiten dicke Akte, die ist von mir angelegt worden, und ich habe da noch nie reingucken kbnnen, und ich weiB gar nicht, was da drin ist. Nur manchmal , wenn meine Sachbearbeiterin da rein guckt, dann sehe ich da so mal ein biBchen, da sind Gutachten drin von Psycho- logen und irgendwelchen Leuten, die mich aber gar nicht kennen. Die schreiben dann Liber mich Berichte und entscheiden dann, was mit mir geschehen soil Oder nicht. Und ich habe noch nicht einmal das Recht, da irgendwie rein zu gucken, ja.

Tina: Ja, z.B. bei meinem Heimatjugendamt ist von einer Psychologin ein Gutachten Liber mich gemacht worden und zwar hat die nur mit meinen Eltern gesprochen, ich bin da gar nicht zu worte gekommen und daraufhin ist dann Liber mich ein Gutachten geschrieben worden. Und ich hab daraufhin mein Kind nicht bekommen, was jetzt noch im Heim ist. Wir werden selber wie Kinder behandelt, obwohl ich selber schon ein dreijahriges Kind habe, ja. Man la'Bt mich gar nicht versu- chen, auf eigenen Fu'Ben zu stehen. Ich hange da in so einer Abhan- gigkeit drin, ja, und da kann ich einfach nichts dran andern.

Dave: Ich war mal drogenabhangig, und ich wollte in ein Therapiezen- trum zur Entziehungskur und da hab ich vom Jugendamt das Einverstand- nis bekommen, jedoch muBte ich mit aufs Jugendamt gehen und dort haben sie mir gesagt, daB sie mich flir zwei - drei Stunden flir ein a'rztliches Gutachten in eine psychiatrische Klinik bringen mu'Sten, und da bin ich mitgegangen und da haben sie mir dann erbffnet, daB ich aufgrund eines Paragraphen dort bleiben mu'Bte und da ist mein Vertrauen zum Jugendamt vbllig zerstbr.t worden.

Achim: Besonders in den Heimen gibt es fur uns so gut wie keine Rechte.

Tina: Ich bin da in so ein Heim gekommen, ja, und ich muBte da im neunten Monat noch Treppen putzen. Mir haben sie gesagt da im Heim - Zwischenfrage von Achim: Kannst Du mal Deine Narben zeigen? Ja, diese Narben habe ich hier z.B. auf dem Bauch und das ist ein- fach, well mir die arztliche Hilfe da im Heim verweigert wurde. Das ha'tte nicht passieren mlissen, das kann man mit gewissen Mitteln ver- hindern, ja, das hat mir keiner gesagt im Heim. Ich habe da bis im neunten Monat vom dritten Stock bis in den Keller Treppen scheuern mlissen, Marmortreppen und bohnern - Fliesen. Und die haben mir ge- sagt, ich wlirde nicht im Arbeitsverhal tnis stehen, deshalb ha'tte ich kein Recht auf eine Schonzeit. Hinterher, als ich aus dem Heim ent- lassen wurde, habe ich meine Arbeitspapiere bekommen; bevor ich ins Heim kam, war ich nur auf der Schule, also stand ich doch im Arbeits- verhal tnis. So wird man einfach nicht aufgeklart liber seine Rechte, die roan haben kann, dadurch kann man sie nicht vertreten.

ZDF-Redakteur: Ja, aber was muBte sich deiner Meinung nach andern, damit euch wirklich geholfen wird?

Tina: Ja, z.B. daB wir vielleicht jemand ha'tten, beim Jugendamt, der aTTerdings nicht zum Jugendamt gehbren wurde, der unabhangig da ware; zu dem man hingehen kann, dem man seine Probleme erzahlen kann, ohne daB der gleich zur Sachbearbeiterin rennt und das dann in die Akte geschrieben wird; der Gutachten widerlegen kann, z.B. ein Rechts- bei stand ja, der mir sagen kann, wie ich meine Rechte gegenu'ber dem Jugendamt vertreten kann, ja. Das war bisher noch nie der Fall und das ware, glaube ich, sehr gut.

Achim: Ja, und vor allem Liberhaupt Aufkla'rung, also daB man liber- Tiaupt da durchblickt, daB man Liberhaupt weiB, was da lauft, ja. Ich weiB also echt nicht, was da lauft, was die Leute von mir denken, was die sich flir ein Bild von mir machen; daB ich in die Akte, die die von mir angelegt haben, daB ich da mal reingucken kann zum Bei- spiel, damit ich mir liberhaupt vorstellen kann, also wie die zu mir stehen, ja. Das ist irgendwie, wir werden da immer hintergangen, ja. pie behandeln uns, aber wir kbnnen die nicht behandeln. Qas neue Jugendhilfegesetz miiBte nicht nur unsere Rechte, sondern auch die Situation der Sozialarbeiter verbessern, so daB ein echtes Vertrauensverhaltnis zu ihnen ermbglicht wird. Nach dem Diskussions- entwurf ist der Sozialarbeiter jedoch weiterhin den Zwangen der BUrokratie unterworfen und damit wird die Zusammenarbeit zwischen ihm und uns erschwert.

Sozialarbeiterin: Die Erwartungen, die wir hatten, sind nicht berlick- sTchtigt worden, da wir ja auch bei der Erstellung des Diskussions- entwurfes nicht gehbrt wurden. Zun'a'chst mal brauchten wir ein Jugend- hilferecht, das es uns ermbglicht, ein Vertrauensverhaltnis zu den Jugendlichen und zu unseren Klienten aufzubauen. Das wlirde bedeuten, daB wir nicht eingespannt sind in eine Verwaltungshierarchie, daB wir nicht gezwungen werden, Akten anzulegen, Berichte zu schreiben und den Jugendlichen zu einem Objekt der Jugendhilfe zu machen.

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Tina: In § 1 des Diskussionsentwurfes heiBt es zwar: jeder hat ein Recht auf Erziehung und Bildung. Das hdrt sich zunachst ganz gut an. Doch dann ist von unseren Pflichten gegenliber der Gesellschaft die Rede; hier wird Jugendhilfe so verstanden, daB, wer sich nicht fligt, mit Erziehungshaft bedroht wird. Ein Widerspruch ist in unseren Augen auch ein sozialtherapeutisches Jugendzentrum, denn Sozialtherapie ist in einer geschlossenen Anstalt nicht mbglich.

Achim: Und das mit dem sozialtherapeutischen Zentrum finde ich das beste Beispiel, was da drin ist. Das sind irgendwie nur bessere Na- men, ja, ich raeine sozialtherapeutisches Jugendzentrum hbrt sich naturlich besser an als Jugendgefangnis, ja. Das ist in meinen Augen keine Reform, wenn man Jugendgefangnis in sozialtherapeutisches Ju- gendzentrum umbenennt.

Unter den neuen Formen der Jugendhilfe verstehen wir auch selbstor- ganisierte Wohngemeinschaften ohne Kontrolle und Eingriffe des Ju- gendamtes. Deshalb lehnen wir es ab, daB nach dem Diskussionsentwurf Wohngemeinschaften nur fur Jugendliche eingerichtet werden soil en, die der Flirsorge unterstehen und nach Gutdunken des Jugendamtes zusammengefugt und auseinandergerissen werden. Unserer Meinung nach muB eine Mischung zwischen sogenannten normalen und gefa'hrdeten Ju- gendlichen mbglich sein. Nach dem Diskussionsentwurf sollen jedoch in Wohngemeinschaften offers ichtl ich liberholte pa'dagogische Zwangs- maSnahmen der Heimerziehung fortgesetzt werden.

Lisa: Mir fa'llt hier grad der § 56 ein, bei Wohngemeinschaften, warum marida ein Arbeitsverha'ltnis haben muB, ich finde, das ist ein un- heiml icher Zwang.

Walter (Berater); Es ware ja denkbar, daB man innerhalb der Wohnge- meinschaft jetzt neue Perspektiven entwickelt und irgendetwas Sinn- voiles macht, was einem entspricht, nicht, aber das kann erst mit der Zeit kommen, das kann nicht von Anfang an gefordert werden.

Tina: Wohngemeinschaften, die auf Selbstorganisation aufbauen, kbn- nen nicht funktionieren, wenn darin laut Diskussionsentwurf Erziehung durch das Jugendamt von oben aus geordnet werden soil. Doch im zu- standigen Ministerium konnte man unser MiBtrauen nicht verstehen.

Frau Focke: Diese Wohngemeinschaften sollen ja auch den Zweck haben, Probleme zu Ibsen, die die jungen Leute gehabt haben und es ist auch ratsam, Anleitung, Erziehung zu bieten und dazu gehbrt einfach auch die qualifizierte Fachkraft... und es ist nicht damit getan, daB da ein paar Leute zusammenziehen.

Tina: Nein, ich habe eben aus eigener Erfahrung gemerkt, daB mir dasZusammenleben mit anderen Jugendlichen weitaus mehr geholfen hat als die Hilfe vom Jugendamt, an die ich mich einfach von meinem eige- nen Vertrauen aus her nicht wenden konnte, weil ich von da praktisch immer nur getreten worden bin, ins Heim gekommen bin, bestraft wor- den bin. Es ist die Vertrauensbasis nicht da... (sie wird unterbrochen vom Jugendminister)

Frau Focke: Ich weiB jetzt nicht im einzelnen Liber ihr Schicksal bescheid und ich mUBte das mal versuchen zu ergrlinden. Ich glaube,

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- Sie gehen mit einem sehr groBen MiBtrauen an das heran, was wir mit - aah - der neuen Jugendhilfe schaffen wollen Oder (sehr zb- gernd) haben auch Erfahrungen, - aah - die das MiBtrauen begrlinden

- zugleich wollen Sie aber erhebliche Hilfe des Staates.

Tina: Ja, ich spreche nicht nur fur mich, ich spreche fiir die Jugend- TTclien, die jetzt nicht anwesend sein kbnnen (wird wieder unter- brochen)

Frau Focke: Ja ich weiB nicht, ob das in einem Fall, ob wir das ver- allgemeinern diirfen auf die Situation aller Jugendlichen, ich glau- be, das ist sehr differenziert zu sehen.

Tina: Nein, nicht auf alle Jugendlichen

Focke: Und auch alle Behbrden sind nicht ein- und dasselbe.

Walter (Berater): Ist es denn nach dem neuen Entwurf mbglich, daB ein Jugendlicher aufs Jugendamt geht, urn irgendwelche Hi 1 fen fur sich zu finden?

Focke: Ja, ja. Von einem gewissen Alter an, ich glaub, so 14 Jahre, hat~ir einen Anspruch von sich aus anzuregen, welche Form der Er- ziehungshilfe er fiir richtig halt und er kann sich selber an das Jugendamt wenden, er ist nicht darauf angewiesen, daB jemand ande- res das fur ihn tut.

Tina- Ohne das der Sozialarbeiter also, daB fiir ihn die Meldepflicht besteht, ja, das in einer Akte anzulegen, also z.B. an eine anonyme Beratungsstelle, wo Jugendliche sich wirklich beraten lassen kbnnen?

Focke- Das kommt ganz darauf an, was! Sehen Sie, Beratung kann ich iTrbTs zu einem gewissen Grad - also offene, ambulante Beratung, die man ein paar Stunden irgendwann bekommt - anonym vorstellen, ,aah

Walter: Ist z.B. nicht die Schweigepflicht verankert fur die Sozial- arbeiter? Das ware hier mbglich?

Focke- Nein, das kann in diesem Gesetz nicht gemacht werden, ich sag eTTTinen, das Problem ist gesehen und es wird auch gelbst, aber nicht in diesem Gesetz, sondern in einem ganz anderen.

Walter- Ich kann aber darauf hinweisen, daB z.B. die Beistandspflicht ■aiiTuIendamtes gegenliber anderen Behbrden verankert ist, das wurde bedeuten daB z.B. das Jugendamt Auskunft Liber einen Jugendlichen qeben muB, wenn die Polizei oder Staatsanwaltschaft entsprechende Informationen haben will; Oder stiirant das nicht?

Focke- Sicher, da gibt es eine Zusammenarbeit und ich weiB nicht, ^aiFlTas Zeugnisverweigerungsrecht kann auch sicher nicht dazu fiih- ren daB jede Information - liber was immer ein Jugendlicher gemacht hat'- die uns zur Kenntnis kommt, in Zukunft verweigert werden wird.

Sozialarbeiterin: Diese Pflicht zum Anzeigen, zum Weitergeben von Ta'tsachen, die eTgentlich nach dem Gesetz mit Strafe bedroht sind,

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verhindert ein Vertrauensverha'ltnis zu den Jugendlichen. Zum anderen sieht das neue Gesetz vor, eine Verpfl ichtung der Sozialarbeiter auf die anerkannten Methoden der Sozialarbeit, das bedeutet, daB neue Experimente nicht gemacht werden kdnnen, daB wir eben verpfl ichtet sind auf die mehr Oder weniger al thergebrachte Methoden der Einzel- fallhilfe, Gruppentherapie und dafl es uns nicht moglich ist, neue Ansatze zu entwickeln, in denen wir ein sol idarisches Hilfsangebot nrit den Jugendlichen erarbeiten.

Achim: Ein solches Angebot kb'nnte auch im Rahraen eines Jugendzentrums verwirklicht werden. Aber fiir die meisten von uns gibt es als Treff- punkt nur die Diskothek. Hier werden wir aber von unseren Problemen eher abgelenkt, deswegen mu'ssen von uns selbst verwaltete Jugendzent- ren, wo wir liber das Programm bestiramen kbnnen, besonders gefbrdert werden. Aber gerade hier, wo es urn die allgeraeinen Fb'rderungsangebo- te gent, haben wir Liberhaupt keine gesicherten Rechte.

T,jn*: Ja» vor alien Dingen, urn das zu konkretisieren, man brauchte wirkTich was, wo sich die Jugendlichen zusammensetzen kb'nnen, z.B. ein Jugendzentrum, das wird auch in diesem Gesetz angesprochen, aber die Jugendlichen haben kein Recht darauf, ja. Die kbnnen nicht drauf pochen, so ein Jugendzentrum zu haben, wahrend alles andere kann der Jugendliche fordern, Erziehung in Heimen, ja, die er viel- leicht gar nicht will, ja, aber das was wir wirklich fordern, das ist fur uns gar nicht rechtlich vertretbar, das wird zwar angeboten, aber jede Regierung kann hinterher sagen, da haben wir nicht genug Geld fiir und wir kbnnen das jetzt nicht machen, das andere ist not- wendiger, das steht im Gesetz und da habt ihr ein Recht drauf, aber das andere, da haben wir kein Recht drauf, das wird uns zwar ange- boten aber es wird sehr vage gehalten.

Peter: Ja, es scheint so, als waren da Rechtsverordnungen festgelegt worden, die reine VorsichtsmaBnahmen gegen Initiativgruppen sind, die nach den 68er/70er Jahren mal angefangen, sich selbst zu organi- sieren, und evtl . auch politisch aktiv zu werden in dieser Richtung."

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Der PADAGOGISCH-SOZIALE-AEBEITSKREIS e.V. Saarbriicken, der Stadtteilarbeit in einem Arbeiterviertel durchfiihrt, sucht fiir sein wissenschaftlich begleitetes Vorschulprojekt eine politiseh-engagierte SozialarbeiterinZ-padagogin ab August 1974 fiir das leitende Team.

Arbeitsbereich: Planung des Projekts rait dem Team -

Leitung einer Vorschulklasse Vergiitung j_ BAT IV b

Beverbungen an: PAD SAK e.V. 66 Saarbriicken 6,

Saargemiinder Str. 56, Telf. 068 1/ 85 26 39

Aktiv R 16 Kbln/AKS Diisseldorf:

DER REFERENTENENTWURF - JUGENDHILFEGESETZ VON BOROKRATEN

Vorbemerkung:

Die Basisaktivitaten von engagierten Sozialarbeitern und Jugend- initiativen haben in den letzten Jahren bedeutend zugenommen. Sie sind einefeaktion auf die zunehmende Verschlechterung der Lebenssituation der Lohnabha'ngigen im kapitalistischen System der BRD und die Un- fahigkeit der etablierten Jugendhilfe, die Interessen der Arbeiter- iuqendlichen konsequent aufzugreifen.

Auf dem Jugendhilfetag NUrnberg zeigte sich erstmals eine massive Kritik der Sozialarbeiter am bestehenden System. Die Folge war eine offene Polarisierung zwischen den Intentionen der kritischen Sozial- arbeiter und den Interessen der etablierten Verbande und der Staats- biirokratie. Um die Verunsicherung der Basis aufzufangen, wurden schlieBlich Reformen in Aussicht gestellt. Der 3. Jugendbericht der Bundesregierung (1972), der Diskussionsentwurf (1973) und Referenten- entwurf (RE) eines Jugendhilfegesetzes (1974) sind Stationen fur die Entwicklung einer systemstabilisierenden Reformlinie. Hier zeigt sich die Tendenz der Verbande und der Burokratie, ihre ursprlinglichen Reformversprechen schrittweise wieder zuruckzunehmen.

Gleichzeitig wird der Repressionsapparat weiter aufgeputzt: Diszi- □linierungen und Berufsverbote fur fortschrittliche Sozialarbeiter sowie repressive MaBnahmen gegen selbstorganisierte Jugendimtiativen nehmen zu. Die Burokratie entwickelt in der Auseinandersetzung mit den Initiativgruppen von Jugendlichen und Sozialarbeitern lmraer raf- finiertere Moglichkeiten der Disziplinierung: Vertrbsten, Spalten, Tntearieren bis hin zur Zerschlagung. Diese Strategien werden in den Gesetzesvorlagen konsequent aufgegriffen, dort abgesichert und natio- nal vereinheitlicht. ... L Zr RE eines Jugendhilfegesetzes wurde also nicht von den padagogischen Nntwendiqkeiten einer fortschrittlichen Sozialarbeit her entwickelt; ps ist ein Gesetz der Funktionare der Biirokratie. Dieser Beitrag ist zur Vorbereitung des Jugendhilfetags gedacht. Im ersten Teil setzen wir uns mit den allgemeinen Gestaltungsgrundsatzen des geplanten lnaendhilfegesetzes auseinander. In einem spateren Teil werden wir auf die einzelnen Leistungsbereiche des Gesetzes naher eingehen.

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I. Teil: Allgemeine Gestaltungsgrundsatze der Jugendhilfe

1. Allgemeine Zielbestimmung der Jugendhilfe nach dem RE

Der RE geht von einem systemintegrativen Aufgabenverstandnis der

Jugendhilfe aus und stellt emanzipatorische Ansatze von vorneherein

infrage.

Gleich in § 1 - aber auch an anderen Stellen wie z.B. den §§ 31 und

32 - wird besonders betont, daS jeder junge Mensch "seine Pflichten

gegenuber der Gesellschaft zu erf mien" hatte, und es Aufgabe der

Jugendhilfe sei, ihn dazu zu "befahigen".

Handlungs- und Lernraume werden den Kindern und Jugendlichen also nur insoweit zugestanden, als "Pflichten gegeniiber der Gesellschaft" nicht verletzt, d.h. konkret, soweit etabiierte Interessenpositionen nicht angegriffen werden. Von einem "Jugendhilfegesetz" hatte man erwarten mlissen, daB es sich konsequent an den Interessen speziell der gesellschaftlich unterprivilegierten Kinder und Jugendlichen orientiert und nicht an denen der herrschenden gesellschaftlichen Gruppen. Wenn uberhaupt, ware die Frage nach den Pflichten des jun- gen Menschen gegenuber "der Gesellschaft" im Rahmen anderer Gesetze (etwa dem Jugendgerichtsgesetz) zu Ibsen.

Alle Andeutungen eines emanzipationsfreundlichen Aufgabenversta'nd- nisses in § 1 ("Entfal tung der eigenen Personlichkeit, Befahigung zur wahrnehmung der eigenen Rechte und Interessen. sowie zur Mitwirku7ii~ an der Gestaltung von Staat und Gesellschaft") sind zum einen durch die Festlegung auf die "Pflichten gegenuber der Gesellschaft" wesent- lich eingeschra'nkt, zum anderen in den konkreten gesetzlichen Be- stimmungen nicht real abgesichert:

- "Entfaltung der eigenen Personlichkeit":

Der junge Mensch soil nach § 1 "seine Personlichkeit entfalten" kbn- nen. Voraussetzung dafur ware die Schaffung optimaler Sozialisations- bedingungen fiir alle Kinder und Jugendlichen. Um dies in etwa zu ge- wahrleisten, ha'tten der Bereich der Allgeraeinen Fbrderung entsprechend ausgebaut und qualifizierte Rechtsansprliche auf diese Angebote ver- ankert werden miissen. Dem ist aber nicht so: Es muB - siehe etwa die Voraussetzungen der besonderen Hilfe fiir schulpflichtige Kinder nach S 29 Oder die Einordnunq der Wohnqemeinschaft in das System der "Hilfen bei Gefahrdung Oder Stdrunq der Entwicklung" statt in den Komplex der Allgemeinen Forderung 62) - grundsatzlich erst einmal eine extreme Gefahrdungssituation vorliegen, bevor die Jugendhilfe einsetzt. Und die "Hilfen", die dann "gewahrt" werden, haben durch- wegs reglementierenden und diskriminierenden Charakter, was besonders deutlich wird an den Erziehungshilfen fiir entwicklungsgefahrdete Oder -gestorte junge Menschen 55 ff.). Letzten Endes la'uft dieses System darauf hinaus, die gesellschaftlich unterprivilegierten Kin- der und Jugendlichen zu disziplinieren, statt inner eine reelle Chan- ce zu geben, "ihre Personlichkeit zu entfalten".

- "Wahrnehmung der eigenen Rechte und Interessen": Die Jugendhilfe soil - entsprechend der Formulierung des § 1 - den jungen Menschen auBerdem befahigen, "seine Rechte und Interessen wahrzunehmen". Wie soil das geschehen, wenn Kinder und Jugendliche

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(liber ein sozialtechnokratisches Diagnose- und Zuweisungsverfahren 55,47, 123/24) versta'rkt in eine Objektrolle gedrangt werden und keine effektiven Mb'glichkeiten erhalten, ihre Rechte und Interessen gegenuber den Jugendbehbrden durchzusetzen?

- "Mitwi Nach § 1 werden, Offensic rende Mi tischen lichen a gesellsc derlich

rkung bei der Gestaltung von Staat und Gesellschaft": soil der junge Mensch schlieBlich auch noch dazu erzogen "an der Gestaltung von Staat und Gesellschaft mitzuwirken" . htlich ist hier nur an eine "konstruktive", systemstabilis i e- twirkung gedacht, wie es ja auch in den Bestimmungen zur poli- Bildung 32) zum Ausdruck kommt. Das Interesse der Jugend- n einer Mitwirkung, die keine reellenChancen zur Veranderung haftlicher Strukturen erbffnet, diirfte allerdings nicht son- groB sein.

?. Die "Fachlichkeit"

Der RE enth'a'lt gewisse Impulse fiir eine versta'rkte Aus- und Fortbil- dung der Sozialarbeiter 112), toleriert allerdings auch "groBzligi- gerweise" die herkbmmliche Praxis, gescheiterte Handwerker im Schnell- verfahren zu Heimerziehern umzuschulen und Leute, die fur ihre Aufga- ben nicht entsprechend ausgebildet sind, in leitende Stellungen zu befbrdern 111 ; 1.2).

Entscheidender ist aber, daB das Kriterium der "Fachlichkeit" als Handhabe gegen politisch-emanzipatorische Praxisansatze entwickelt und eine an den Interessen der Betroffenen orientierte Jugendhilfepraxis weitgehend verhindert wird.

a) Behinderung emanzipatorischer Praxisansatze aufgrund konkreter Ziel- und Methodenbeschreibungen:

Innerhalb des gesetzlichen Rahmens wird der Handlungsspielraum fUr Sozialarbeiter gleich zweifach eingegrenzt, u'ber die Festsetzung der 7ip1p und die Aussaqen zur Methode, Dies soil am Beispiel der politi- ?chen Bildung i'd) verdeutlicht werden :

Die Aufgabe der politischen Bildung wird nicht darin gesehen, die Juqendlichen zu unterstiitzen, ihre gesellschaftliche Situation zu analysieren und Strategien der solidarischen Durchsetzung ihrer Rech- te und Interessen zu entwickeln. Stattdessen sollen sie auf die vor- aegebenen gesellschaftlichen Normen ("Pflichten gegenuber der Gesell- schaft") verpflichtet und angehalten werden, sich fur die FDGO ("freiheitlich-demokratische Lebens- und Staatsordnung") zu engagie- ren Aufgrund dieser Zielbestimmung kbnnen engagierte Jugendbildungs- referenten und Jugendorganisationen politisch diszipliniert werden: Als z B der Bund Deutscher Pfadfinder (BDP) auf den 10. Weltjugend- festspielen in Ostberlin eine Resolution mitunterschrieb, in der das kapitalistische System der BRD hart kritisiert wurde, nahm das Bun- desiuqendministerium dies zum AnlaB, dem Verband mit dem Entzug von Fbrderungsmitteln zu drohen. Im Gesprach mit Vertretern des BDP-Vor- stands wurde seitens des Ministeriums Zweifel geauBert, "ob em Jugend- verband, der eine solche Erklarung verbffentliche, noch die Gewahr fur eine den Zielen des GG fbrderliche Arbeit biete und ob die von ■ihm aeleistete Arbeit noch von der notwendigen Fachlichkeit (!) getra- gen sei" (BDP-Dokumentation). Nach dem RE mUBte der BDP nicht nur irnt

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der Einstellung der Fbrderung, sondern sogar mit einem Tatigkeitsver- bot ira Bereich der Jugendarbeit rechnen, da kiinftig nur noch anerkann- te Traqer ein eigenstandiges Recht auf Betatigung in der Jugendhilfe haben 8;1) und die Anerkennung davon abhangiq qemacht wird, daB eine "fachlTch qualifizierte" (!) und "den Zielen des GG nicht wider- sprechenHe" Arbeit geleistet wird.

Die Methoden, die fur die politische Bildung angegeben werden (wie z.B. Setninare und Vortragsveranstaltungen) , sind konventi oriel 1 und entsprechen nicht den Bedurfnissen der Arbeiterjugendlichen. Politi- sche Bildungsprozesse verlaufen bei ihnen primar nicht auf verbal- abstrakter Ebene. Das resultiert aus ihrer konkreten gesellschaftli- chen Situation. Sie kbnnen ihre Lage nicht wesentlich durch "verbale Interaktionen" verandern, sondern in der Regel nur liber solidarische Aktionen, wie z.B. beim Kampf um ein selbstverwaltetes Jugendzentrum. Die Einbeziehung von Erfahrungen in solidarischen Aktionen und die Vermittlung von Aktionswissen fallt nun aber im RE als Methode weg.

Ober die gesetzlichen Ziel- und Methodenbeschreibungen hinaus, kbn- nen emanzipatorische Praxisansatze liber die Verpfl ichtung der Sozial-

arbeit auf "gesicherte Methoden" 15) reglementiert werden, wobei die Burokratie im einzelnen bestimmen kann, was gesicherte Methoden sind Ciommentaf zu § IS: "Die Entsaheidung davubev, welche Methode in einem konkreten Einzelfali anzuwenden ist, ist Sache des zustan- digen Tragers. ")

Diese Handhabe wird die Burokratie in der Auseinandersetzung mit Initiativen, wie dem Rauch-Haus, dazu nutzen kbnnen, die bestehenden Konflikte administrativ reglementierend statt liber die offene Dis- kussion zu "Ibsen". Den Initiativen werden dann auch Gutachten reno- mierter Wissenschaftler wenig helfen.

c) Verhinderung eines solidarischen Verhaltm'sses zwischen Sozialar- beiter und Klienten

Nach dem RE wird in der Jugendhilfe grundsatzlich jede Mbglichkeit eines solidarischen Vernal tnisses zu den Betroffenen ausgeschlossen. Dies wird deutlich an den Bestimmungen zur Melde- und Unterstiitzungs- pflicht gegeniiber eingreifenden und disziplinierenden Institutionen: Der $ 69 yerpflichtet den Traqer der Jugendhilfe und damit letztlich die Sozialarbeiter, dem Vormundschaftsgericht alle Fa'lle anzuzeigen, in denen sein Tatiqwerden in Betracht kommt.

Sein Tatigwerden kommt z.B. in Betracht, wenn bei einem Jugendlichen der dringende Verdacht einer Verfehlung besteht und weitere Verfeh- lungen zu erwarten sind (5 104^.

Wenn nun also ein Sozialarbeiter von einem Jugendlichen aufgrund eines Vertrauensverhaltnisses entsprechende Informationen, z.B. liber Kaufhausdiebstahle, bekommt, bestehen flir ihn grundsatzlich 2 Hand- lungsmbglichkeiten: Entweder er gibt entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen diese Informationen weiter, was flir den Jugendlichen zur Konsequenz hatte, daB er in ein geschlossenes Heim eingewiesen werden kbnnte. Oder er kommt im Interesse einer sinnvollen padagogischen Arbeit mit dem Jugendlichen seiner gesetzlichen "Pflicht" nicht nach.

Ein solches Verhalten kbnnte die Verwaltung dann so auslegen, daB er sich nach 5 111:1 von seiner "Person! ichkeit" her nicht zur Durch-

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ftihrung des Jugendhilfeqesetzes eigne und ihn folglich mit einem definitiven Berufsverbot belegen. Ein Berufsverbot nach § 111;1 wlirde nicht nur im Sffentlichen Dienst, sondern auch bei Sozialar- beitern relevant, die bei nicht-staatlichen Tragern angestellt sind. In der Regel diirfte der § 111;1 zur politischen Disziplinierung von Sozialarbeitern dienen, die im Konfliktfall die Solidaritat mit Ar- beiterjugendlichen hbher stellen als die Loyalitat gegeniiber der Blirokratie. Auf der gleichen Linie liegt librigens eine Gesetzesini- tiative in NRW Uber die Anerkennung von Berufspraktikanten. Dort wird die "persbnliche Zuverlassigkeit" als Voraussetzung der Aner- kennung genannt.

Ober § 69 hinaus, der die besondere Unterstutzungspflicht gegeniiber dem Vormundschaftsgericht regelt, haben die Jugendbehbrden bzw. Sozialarbeiter nach § 19 ;1 auch gegeniiber anderen Behbrden (Polizei , Verfassungsschutz usw.) verbindlicfte Beistands- und Auskunftspfl ich- ten. tier Sozialarbeiter wird demnach als Handlanger eines umfassen- den staatlichen Disziplinierungs- und Unterdriickungssystems "qualifi- ziert".

d) Festschreibung hierarchischer Entscheidungsstrukturen

Auf der einen Seite erhalt die Burokratie grbBere Machtbefugnisse, auf der anderen Seite wird eine Demokratisierung ihrer Struktur im Sinn verstarkter Kontrollmbglichkeiten durch die Basis nicht zuge- lassen. Auch die Mbglichkeit, den Sozialarbeitern an der Basis mehr Entscheidungskompetenzen und Unabhangigkeit von der Verwaltung zuzugestehen, wurde nicht in Erwagung gezogen. Somit kommt das allge- meine Verwaltungsrecht mit seinen hierarchischen, auf obrigkeitl iche Kontrolle zielenden Strukturen voll zur Geltung.

3. Mitwirkung und Mitbestimmung der betroffenen Kinder und Jugendlichen

Aufgabe der Jugendbiirokratie im kapitalistischen System ist es, die Kontrolle der Kinder und Jugendlichen, speziell aus der Arbeiterklas- se, zu gewahrleisten. Je unauffalliger, desto besser. Um Konflikte mbglichst zu verschleiern und lautlos zu entscharfen, kann den Ju- gendlichen ein gewisses MaB an formaler Mitwirkung zugestanden werden. Der RE enth'a'lt Ansatze fiir "Mitwirkungsmbglichkeiten" Jugendlicher (&§ 25,6, 107), die flir die Burokratie keinerlei Risiko Bedeuten und grundsatzlich nichts an der Objektrolle der Betroffenen andern.

a) Mitwirkung des Einzelnen

- Vernal tnis junger Mensch - Jugendamt:

Die vie! verklindete Partnerschaft findet sich nicht im Verhaltnis des

betroffenen jungen Menschen und Jugendamt.

nas Jugendamt hat bei alien Hilfen, auf die ein Rechtsanspruch besteht,

grundsatzlich das Entscheidungsrecht 21;4>.

fw unmittelbar Betroffene hat nach § 25;2 wohl die Mbglichkeit,

seine Wlinsche zu auBern; sie werden aber nur dann berucksichtigt,

wenn die El tern und das Jugendamt sie beflirworten.

Ein Beispiel: Ein Jugendlicher auBert gegeniiber dem Jugendamt den

Wunsch, in eine Wohngemeinschaft zu Ziehen statt in einem Heim unter-

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gebracht zu werden, Wenn die Eltern nun Vorurteile gegenliber Wohn- gemeinschaften haben, ist sein Wunsch nur eine Luftblase, Ira Konflikt- fall haben namlich dieWunsche der Eltern vor denen des Jugendlichen Vorrang. Das ergibt sich aufgrund der Bestimmungen nach § 18-, 1 (partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten - und nicht mit den betroffenen Kindern und Jugendlichen!) und § 2;2 (Bestimmung der Grundrichtung der Erziehung durch die Personen- sorgeberechtigten). Jetzt kann schlieBlich noch das Jugendamt diesen Wunsch des Jugendlichen selbstherrlich zurlickweisen, mit dem Argu- ment, er wlirde - nach Auffassung des Jugendamts - seinem "Wohl" nicht entsprechen bzw. "unvertretbare Mehrkosten" erfordern.

Die Mitwirkungsmbglichkeiten des Betroffenen (nach § 25) kbnnen "bei Gefa'hrdung oder Stb'rung der Entwicklung" noch zusatzlich durch ein sozialtechnokratisches Diagnose- und Zuweisungsverfahren 55 etwa in Verbindung mit § 61) eingeschrankt werden. Dieses Verfahren schlieBt ihn von seiner Bezugsgruppe, die ihn solidarisch unterstlitzen konnte, weitgehend aus und unterwirft ihn einem BehandlungsprozeB, auf den er keinen effektiven EinfluB hat. Im Ubrigen kann das Jugendamt mit dem Knlippel der gerichtl ichen Anordnung drohen, falls ein Jugend- licher sich nicht bereit zeigt, die flir ihn vorgesehene MaBnahme zu akzeptieren 47).

- Verhaltnis zum Vormundschaftsgericht:

Will der Betroffene beim Vormundschaftsgericht etwas gegen die MaB- nahmen des Jugendamts unternehmen, so erlebt er, daB beide Institu- tionen eng miteinander verknlipft sind, und er sich kaum Chancen aus- rechnen kann, sich gegenuber dem Jugendamt durchzusetzen. Kinder haben beim Vormundschaftsgericht von vorneherein keine eigene Rechtsposition: Sie brauchen grundsatzlich nicht angehbrt zu werden, wenn das Vormundschaftsgericht liber ihre Angel egenhei ten entscheidet 120;1.3). Auch kbnnen sie das Vormundschaftsgericht nicht anru- fen, wenn ihre Rechte von Seiten des Jugendamts angegriffen werden 125).

Jugendlichen, d.h. jungen Menschen iiber 14 werden zwar einige Rechts- mbglichkeiten zugestanden, die aber flir die Durchsetzung ihrer Inter- essen gegenliber dem Jugendamt nicht viel bringen: Die Initiativrechte der Jugendlichen gegenliber dem Vormundschafts- gericht (speziell die Antrags- und Anrufungsrechte) sind schon einmal vdllig unzureichend.

Lediglich in Fallen, in denen das Vormundschaftsgericht "zur Entschei- dung berufen ist" - und das sind im wesentl ichen die Falle, in denen es urn die Anordnung von Zwangserziehung geht - hat der Jugendliche ein Antragsrecht 120;1). Er hat aber keine Mbglichkeit, von sich aus an das Vormundschaftsgericht heranzugehen, urn positive, von ihm gewiinschte Leistungen der Jugendhilfe zu fordern, die ihm das Jugend- amt verweigert. Dies ware etwa denkbar, wenn ein Auszubildender aus seiner Familie heraus will, urn in einem Wohnheim zu leben oder mit anderen eine Wohngemeinschaft zu bilden, und dazu die staatliche Fbr- derung braucht.

Der Jugendliche hat dann wohl auch ein gewisses Anrufungsrecht gegen- uber dem Vormundschaftsgericht (5 126). Von diesem Recht kann er aber nur Gebrauch machen, wenn seine Rechte vom Jugendamt "uber das

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von der Hilfe gebotene MaB hinaus" eingeschrankt werden. Der Begriff des "gebotenen MaBes" ist dabei weit auslegbar, Es diirfte dem Be- troffenen im konkreten Fall relativ schwer fallen, den Nachweis zu erbringen, daB die Einschrankungen liber das "gebotene MaB" hinaus- gehen.

Ein Beispiel: Das Landesjugendamt Rheinland hat vor einigen Jahren die Planung eines Intensivheims flir Madchen, das nach dem RE etwa als sozialtherapeutisches Jugendheim (vgl. § 64) anzusprechen ware, in Angriff genommen. Es orientiert sich in der Konzeption an einem Washingtoner Madchenheim, in dem ein Teil der Madchen streng vonein- ander isoliert leben und nur Kontaktmbglichkeiten zu einer flir sie speziell abgestellten Sozialarbeiterin haben. Das methodische Ziel der amerikanischen Einrichtung besteht darin, "durch intensive Beein- flussung bei den Madchen einen Leidensdruck zu erzielen, also die Verwahrlosung zu neurotisieren, um spa'ter die so hervorgerufene Neu- rose therapeutisch angehen zu kbnnen" (aus den vertraul ichen Proto- kollen des LJWA Rheinland).

Dieses Verfahren ist so neu nicht. Es entspricht der Gehirnwasche und ist uns bekannt aus der Diskussion um die Isolationsfolter mit politischen Gefangenen in der BRD. Wenn nun die Jugendbehbrde aufgrund einer "Diagnose" zu dem SchluB kommen sollte, daB die Einweisung eines Jugendlichen in eine solche Einrichtung "geboten" ist, um dessen An- passung an die geltenden gesellschaftl ichen Normen zu gewahrleisten, bestehen flir ihn kaum Mbglichkeiten, sich gegen diese brutale Ei n- schrankung seiner Menschenrechte zu wehren.

Im vormundschaftsgerichtlichen Verfahren selbst hat der Jugendliche eine auBerst schwache Stellung. Er hat hier noch weniger Mbglichkei- ten, seine Rechte und Interessen zur Geltung zu bringen, als in einem forml ichen gerichtl ichen Verfahren:

- Der Jugendliche hat keinenAnspruch auf einen Verteidiger bzw. einen rechtl ichen Beistand seines Vertrauens (allenfalls auf einen Jugendgerichtshelfer, der vom Jugendamt benannt wird, und u,a. ge- gen den Jugendlichen zu ermitteln hat; vgl. § 93);

. Er hat kein Recht auf Akteneinsicht; sogar die Begrundung der vor- mundschaftsgerichtlichen Entscheidung kann ihm, "soweit das fiir seine erzieherische Entwicklung nachteilig sein kbnnte", verwei- gert werden 120;4);

- Die Berichte und Gutachten, auf die sich das Vormundschaftsgericht bei seinen Entscheidungen stiitzt, werden grundsatzlich vom Jugend- amt erstellt 69 ff.);

- In einzelnen Fallen, z.B. bei Trebegangern oder Jugendlichen, die im dringenden Verdacht (!) straf barer Verfehlungen stehen, kann der Vormundschaftsrichter, ohne den Betroffenen anzuhbren, Zwangserzie- hung anordnen und diese MaBnahme - ohne die Rechtsmittelfrist einzu- halten - sofort vollziehen lassen.

b) Kollektive Mit- und Selbstbestimmung der Jugendlichen

- Jugendvertretung:

Der RE sieht als eine Mbglichkeit kollektiver EinfluBnahme auf Ein- richtungen der Jugendhilfe die Schaffung von Juqendvertretungen vor (6 6-2)- Die Jugendvertretung in den Jugendhilfeeinrichtungen gibt 3i?iJugendl ichen allerdings keine reelle Chancen, ihre Interessen gegenuber dem jeweiligen Trager durchzusetzen. Diesem bleibt nam-

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lich die Formulierung der Satzunq Liberlassen, nach der sich die Mit- wirkung der Jugendlichen regelt. Es steht ihm ferner frei . .jederzeit die zunachst zugestandenen Rechte wieder zurlickzunehmen. Der RE selbst sichert den Jugendvertretungen keine qualifizierten Rechte zu, wie z,B. einen Anspruch auf eigene Raumlichkeiten, einen angemessenen und selbstverwalteten Etat fur ihre Aktivitaten sowie auf ungehinderte Offentlichkeitsarbeit. Die unzureichende rechtliche Qualifizierung der Jugendvertretungen erleichtert es den Leitern von Einrichtungen, sie zu manipulieren und als Ordnungsfaktoren fur ihre Interessen ein- zusetzen. Es ware noch zu priifen, inwieweit dies von den Autoren des RE beabsichtigt war.

- Mb'glichkeiten der Selbstorganisation:

Selbstorganisationsansatze von Jugendlichen werden all enf alls im tra-

ditionel Ten Jugendpflegebereich ( "allgemeine Forderung") toleriert.

In der JugendfUrsorge ("besondere Leistungen"), dem Kernbereich der

Jugendhilfe, sind infolge eines Systems stark individual isierender

und reglementierender Mechanismen entsprechende Voraussetzungen von

vorneherein nicht gegeben.

Aber auch Selbsthilfeinitiativen von Jugendlichen im Bereich von

Freizeit und Jugendarbeit werden klinftig starker als bisher admini-

strativen Eingriffen ausgesetzt.

Wenn jugendliche Initiativgruppen in der Jugendhilfe tatig werden, z.B. ein selbstverwaltetes Jugendzentrum realisieren wollen, diirfen sie das nur, wenn sie vorher vom Jugendamt als VereTnigung fur Jugend-

hilfe "anerkannt" worden sind (§8). Als Voraussetzungen dafiir gelten die Kriterien der fachlichen Qualifikation und der Verfassungstreue 9). Um das Kriterium der fachlichen Qualifikation erfiillen zu kbnnen, mlissen sie die repressive Leitlinie des Jugendhilfegesetzes in ihre Konzeption aufnehmen, den Vorstellungen der Jugendbehbrden in Bezug auf "gesicherte Methoden" entsprechen und dariiber hinaus "fachlich" und "persbnlich" qualifizierte Sozialarbeiter anstellen. Das kbnnen selbstorganisierte Jugendinitiativen wohl schwerlich leisten, ohne ihren eigenen Charakter aufzugeben. Sollten sie noch nit Go-ins Oder anderen "illegalen" Aktionen auf ihre Anliegen auf- merksam gemacht haben, besteht flir sie schon gar keine Chance auf Anerkennung.

- EinfTuBmbglichkeiten der Jugendlichen auf JugendhilfeausschuB und

Jugendbehbrde: Als eine Mbglichkeit fiir die Jugendlichen, unmittelbar auf die zen- tralen Entscheidungen im Bereich der Jugendhilfe EinfluB zu nehmen, stellt der RE die Beteiligung von "Jugendyertretern" im Jugendhilfe- ausschuB in Aussicht (5 107). Diese Beteiligung erflillt offensicht- lich Alibifunktionen:

Nur 1/7 der Sitze werden den Jugendlichen zugestanden. Zudem werden die "Jugendvertreter" von den kommunalen Parlamenten ausgesucht, also nicht von denen autorisiert, deren Interessen sie angeblich ver- treten sollen. Im iibrigen unterliegen diese aufgrund der vom RE nicht modifizierten landesrechtlichen Regelungen wie die anderen Aus- schuBmitglieder der Schweigepflicht. Ober Wahlmodus und Schweige- pflicht werden somit die "Jugendvertreter" systematisch von ihrer Basis isoliert. Andererseits haben die jugendlichen Basisinitiativen keine MSglich-

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keit, ihre Probleme mit der Jugendbehbrde unmittelbar zur Sprache zu bringen, Auch ist nicht daran gedacht, etwa Liber die Institutiona- lisierung bffentlicher Diskussionsforen eine breite Beteiligung der betroffenen Jugendlichen an Planungen und Entscheidungen der Jugend- behbrde zu ermbglichen.

4. Kooperation mit nicht-staatl ichen Tragern

Der RE macht eine starkere Differenzierung zwischen den etablierten Verbanden und den neu entstehenden Basisinitiativen. Durch den Ein- bau besonderer Barrieren sollen diese Initiativen starker unter Druck gesetzt werden, wahrend gleichzeitig mit den etablierten Verbanden ein noch engeres und partnerschaftlicheres Verhaltnis angestrebt wi rd :

- Barriere der Anerkennung:

Die Anerkennung als Voraussetzung fur die Betatigung in der Jugend- hilfe (§ 8) ist an folgende Kriterien gebunden: "fachlich qualifi- zierte" und "den Zielen des GG nicht widersprechende Arbeit" 9). Es wird proletarischen Elterninitiativen z.B. in der Praxis schwer- fallen, den Nachweis der fachlichen Qualifikation im Sinn des RE zu erbringen, wenn sie etwa ein Kinder! adenprojekt realisieren wollen.

- Barriere der Fbrderungswiirdigkeit:

Wenn eine Initiativgruppe gefbrdert werden will, muB sie uber diese Voraussetzung hinaus nachweisen, daB sie nicht nur nicht gegen die FDGO verstbBt, sondern die Gewahr fur eine die bestehende Ordnung fbrderliche Arbeit bietet 12). Arbeiten in einer Initiative etwa Leute der DKP Oder des KBW mit Oder beteiligt sie sich an einer punktuellen Aktionseinheit zu den Berufsverboten, in der auch kommunistische Gruppen vertreten sind, kann das flir die Jugendbehbrde zum AnlaB genommen werden, die For- derungswurdigkeit zu verneinen. Im Extremfall kann sogar jede systemkritische Aktivitat einer Initiativgruppe von der Behorde mit politischer Disziplinierung beantwortet werden.

- Barriere der wirtschaftlichen Leistungsfahigkeit:

Eine weitere Mbglichkeit des Abblockens von Basisinitiativen besteht im Ausspielen des Arguments der unzureichenden bkonomischen Basis. Nach dem RE sollen Basisinitiativen, die nicht in der Lage sind, "Rnnpmpssene EigenliTstUriqen" zu erbringen, von der Forderung aus- rWhlossen werden kbnnen (5 13;^). "Dem genannten Kriterium kommt auch eine gewisse Regulatorfunktion zu, um auszuschl leBen, daB mittellose oder nahezu mittellose Vereinigungen Anspriiche erheben (Kommentar zu § 13;2).

Daruber hinaus kann die Jugendburokratie sogar unter Hinweis auf die unzureichende eigene bkonomische Basis die nicht mit finanzkraf- tigen Tragerverbande liierten Initiativgruppen auf admim strati vem Weq aus wesentl ichen Bereichen der Jugendhilfe heraushalten: Bei Projekten, in denen Kinder oder Jugendliche regelmaBig zur Pfle- ae oder Erziehung aufgenommen werden sollen, ist die Erlaubms der Jugendbehbrde erforderlich 94;1). Diese wird nun nicht a lein davon abhangig gemacht, ob das "Wohl" der Kinder und Jugendlichen

- 51 -

gewahrleistet ist, sondern es wird zusa'tzlich vorausgesetztj daB die Initiativgruppe die "erforderl iche Zuverlassigkeit" hesitzt, Dazu stellt der Kommentar zu § 94;3 fest; "Der Begriff der Zuver- l&ssigkeit vmfalit auoh die wirtsohaftliohe Leistungsf&kigkeit des Tragers der Einrichtung , " Wenn also beispielsweise eine finanzschwache AKS-Gruppe ein Kollek- tiv mit Jugendlichen initiieren will, kann sie damit rechnen, nicht mehr gefbrdert zu werden. Will sie das Projekt trotzdem aufziehen, kann es ihr passieren, daB die Jugendbehorde ihr wegen fehlender "Zuverlassigkeit" die dafiir notwendige Erlaubnis ver- weigert.

Vertrauenswiirdig ist - wie im Bereich der kapitalistischen Wirtschaft

uberhaupt - nur wer u'ber entsprechendes Kapital verfugt.

Es liegt im ubrigen auf der Hand, daB sich der vage Begriff der

"Zuverlassigkeit" von der Jugendblirokratie besonders gut als Mittel

zur politischen Disziplim'erung gerade der gesellschaftskritisch

eingestellten und behbrdenfern strukturierten Initiativen verwenden

la'Bt.

- Dagegenaber enge partnerschaftliche Zusammenarbeit mit etablierten

Verbanden: Der Ausschaltung und Behinderung der Basisinitiativen entspricht die im RE angestrebte "partnerschaftliche Zusammenarbeit" mit den etablierten ("anerkannten" und "fb'rderungswurdigen") Verbanden. Trotz der formalen Auflockerung des Subsidiaritatsprinzips 10;2) wird die Machtposition der etablierten Verbande fester denn je ge- setzlich abgesichert:

Der RE spricht ihnen einen formlichen Rechtsanspruch auf Forderung . 13) und einen Anspruch auf Planungsbeteiliqunci (^ 10) zu und bestatigt auBerdenTihre Reprasentation im JugendhilteausschuB 107). Plant nun die Caritas zur Verbreitung ihrer ideologisch gefarbten Erziehungsvorstellungen die Einrichtung einer Elternbildungssta'tte, wird sie im JugendhilfeausschuB, in dem sie Sitz und Stimme hat, dafiir sorgen, daB eine solche Einrichtung in den Jugendhilfeplan 10, § 13) aufgenommen wird. Sieht sich die Kommune spater auf- grund ihrer permanenten Finanzmisere und weil ihr die Realisierung eines Jugendzentrums wichtiger erscheint, nicht in der Lage, ein solches Projekt zu finanzieren, kann die Caritas die Stadt darauf verklagen, den Bau des Jugendzentrums zugunsten der Finanzierung ihrer Bildungseinrichtung zu stoppen.

I'ortsetzung folgt

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REPRESSIVE MASSNAHMEN IM SOZIALBEREICH

Fall 1: Tatigkeitsverbot fur Di pi .-Psychol ogen in der JVA Castrop-Rauxel

Am 4.4.74 untersagte der Leiter der offenen Justizvollzugsanstalt (JVA) Meisenhof dem Dip!. Psych. B. ab sofort das Betreten der An-

Jurgeii B. leitete in der Anstalt seit Herbst 73 im Auftrag der VHS Castrop-Rauxel eine sozialtherapeutische Gruppe. Der Anstaltsleiter begr'u'ndete seinen Schritt mit der Behauptung, B. sei bestrebt, die Gefangenen "gegen die Anstalt, gegen den Staat und gegen die beste- hende Gesellschaftsordnung einzunehmen." AuBerdem wird ihm vorge- worfen, staatsfeindliche Schriften verteilt zu haben.

In einem Brief an den Prasidenten des JVA in Hamm widersprach B. dieser Verfiigung und erklarte:

"1. Der Anstaltsleiter bekam die o.g. Informationen (Verda'chtigungen) nur durch groben VerstoB gegen vorherige Absprachen liber die Grundy bedingungen der Gruppenarbeit. (Bruch der notwendigen Diskretion bei sozialtherapeutischer Arbeit).

2. Der Anstaltsleiter beschneidet mit seiner Verfiigung das Recht auf freie MeinungsauBerung und unternimmt den Versuch der politischen Unterdruckung.

3. Erst grundlegende Erkenntnisse Uber den Charakter der eigenen Existenz und des kriminellen Handelns schaffen die Voraussetzung, verbrecherisches Handeln als ausweglos, unsozial und illusionar zu erkennen. Wenn bei solchen politischen Oberlegungen der Klassen- charakter unserer bestehenden Ordnung und die Notwendigkeit des revo- lutionaren Klassenkampfes offengelegt werden, kann das zwar disku- tiert, aber nicht verboten werden."

Weiterhin fordert er die sofortige Aufhebung der Verfiigung des An- staltsleiters durch das Oustizvollzugsamt und eine Stellungnahme zu folgenden Forderungen fur sozialtherapeutische Gruppen in Strafan-

1 Das Recht auf Diskretion gegenuber der Anstalt.

2 Die Anhbrung der ganzen Gruppe in Konflikt- und Streitfallen.

3. Freiheit der politischen Betatigung, Unterlassung von Zensur und politischer UnterdrUckung.

(Informationen: Jiirgen Burmeister, 463 Bochum, Hustadtring 147)

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Fall 2: Jugendzeitung "Lokomotive" zu links

Die Jugendzeitung "Lokomotive Flachsland" erscheint seit zwei Mona- ten im Haus der Jugend Flachsland und wird von Jugendlichen mit finanzieller Unterstutzung des Hauses der Jugend (H.d.J.) herausge- geben, um die Probleme der Jugendlichen aufzugreifen und kritisch zu durchleuchten. Die erste Nummer wurde von der Behbrde beschlag- nahmt. Die Verteilung von Nr. 4 ist vom Heimleiter (auf Druck der Behbrde) verhindert worden, und zwar mit folgenden Begrlindungen: "1. Den "linken" Inhalt kbnne er nicht mit seiner Position als Heim- leiter und Herausgeber vereinbaren.

2. Artikel § 218 spricht die Heimbesucher nicht an, da unter den Be- suchern keine "Frauen" sind.

3. Vorwurf: Werbung fur die DKP auf der Veranstaltung der SDAJ fur die Blirgerschaftswahlen betrieben zu haben.

4. das hohe Niveau der Zeitung findet keine Resonanz bei den Besu- chern.

5. An einigen Schulen wird die Zeitung erst gar nicht verteilt, son- dern gleich von den Schulleitungen vernichtet."

Die Jugendlichen weisen diese Begrlindungen zuriick als Versuche, eine kritische Zeitschrift fur die Jugendhausbesucher mundtot zu machen: "- Kritische Meinungen werden von den Herrschenden als links diffa-

miert. Die SPD - Behbrde scheut kein Mittel, auch die Heimleitung

unter Druck zu setzen. (Entlassung)

- Der Heimleiter verschlieBt sich davor, daB das § 218-Problem sich auch jlingeren Leuten stellt.

- Der SDAJ Wahl veranstaltung blieb die eingeladene SPD u. CDU fern. So konnte nicht Liber deren Argumente berichtet werden.

- Die Diskussion liber bestimmte Artikel mit Besuchern, Mitarbeitern und Redaktionsmitgliedern zeigt, daB die Zeitung Resonanz erhalt.

- Gelder des HdJ werden durch Vernichtung der Zeitung sinnlos ver- schwendet."

Der Heimleiter hat angekiindigt, die nachste Nummer unter seiner Lei- tung entstehen zu lassen und an der Redaktionssitzung teilzunehmen. Die Redaktion ist unentschlossen, ob sie unter diesen Bedingungen weiter arbeiten soil .

(Information: Redaktion Jugendzeitung, H.d.J. Flachsland, 2 HH 33, Bramfeldstr. 9)

Fall 3: 0. Bujard als Fachhochschullehrer abgelehnt

Die Personalmisere in den Fachbereichen Sozialpadagogik und Sozial- arbeit der Kblner Fachhochschule ist offensichtlich (Fachbereich Sozialarbeit: 17 besetzte Stellen, 15 offene Stellen; Fachbereich Sozialpadagogik: 12 besetzte Stellen, 18 offene Stellen). Die Grlinde flir diese Situation liegen nicht etwa darin, daB es an

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geeigneten Bewerbern mangel te. Schon seit langem werden Dozentenbe- werbungen von der Verwaltung und den zustandigen Gremien in Hoch- schule und Ministerium so schleppend behandelt, daB viele Dozenten nach Fristen, die nicht selten ein Jahr liberschreiten, langst eine andere Tatigkeit aufgenommen haben. Zum anderen liegen sie in unver- sta'ndl ichen Entscheidungen des Senats, deren letzte wohl kaum zu liberbietende, die Ablehnung des Bewerbers Otker Bujard ist. Bujard, ehemaliger Pfarrer, wurde bekannt durch seine Arbeit im Arbeitskreis Notunterkunfte (Kbln). Die "Praxis von Bujard und die aus derselben resultierenden Verbffentlichungen erweisen ihn als einen Fachmann, dessen gesamte Arbeit die gegenseitige Abhangigkeit und Durchdrin- gung von sozialer Praxis und sozialwissenschaftl icher Theorie ab- bildet."

Am 2.5.73 bewarb sich Otker Bujard am Fachbereich Sozialarbeit um die Stelle eines Fachhochschullehrers. Nach der Anhbrung empfahl ihn der BewerberausschuB ohne Gegenstimme dem Fachbereich. Der Fachbe- reich schlug einstimmig seine Einstellung dem Senat der FHS vor; ausschlaggebend waren die Erfahrungen, die Kollegen und Studenten mit Bujard wahrend seiner 2jahrigen nebenamtl ichen Tatigkeit am Fachbe- reich gemacht hatten. Am 21.1.74 wurde die Bewerbung im Senat verhan- delt. Der Senat lehnte mit der Begrlindung ab, Otker Bujard habe zwar einen HochschulabschluB in Theologie, nicht aber in einem sozial- wissenschaftl ichen Fach, einem Fach also, in dem er zu lehren beab- sichtige. Die Argumentation fuBt auf der Einstellungsverordnung von NRW, in der es heiBt: "AbschluB eines den wahrzunehmenden Lehraufga- ben entsprechenden Studiums an einer wissenschaftl ichen Hochschule durch Ablegung einer Hochschulprufung Oder einer ersten Staatsprlifung flir eine Laufbahn des hbheren Dienstes." Was der Senat (anscheinend) nicht behandelte: Otker Bujard bringt neben den in der FH-Praxis bereits erwiesenen padagogischen Fahigkeiten eine liber 5jahrige wis- senschaftsbezogene Praxis mit, und ein von der VW-Stiftung finan- ziertes, als "Zusatzstudium" gedachtes Soziologiestudium. Auf die einstimmige Ablehnung durch den Senat (er habe nur Formal ien zu prlifen) erfolgte eine Sol idarisierung von 170 Studenten und einigen Dozenten, die eine erneute Behandlung der Bewerbung von Bujard for- derten.

Die zweite Ablehnung erfolgte am 4.2.74 und setzte sich damit liber die Einstellung des Fachbereichs hinweg. Als Vorwand flir die politi- sche Disziplinierung von Bujard und des Fachbereiches Sozialarbeit muBte die vorgeschobene Begrlindung der mangelnden fachl ichen Voraus- setzungen herhalten.

Der Fall Bujard macht deutlich, daB nicht nur ein Personal fall ver- handelt wurde, sondern ein Fall politischer Disziplinierung, der sich einreiht in eine Kette von Berufsverboten fur Einzelpersonen.

(Dokumentation zum Fall Bujard)

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Fall 4: Weitere Verscharfung der Sozialarbeiter-Ausbildung

Die Urawandlung der Hbheren Fachschulen fiir Sozialarbeit in Fach- hochschulen hat nur scheinbar eine Statusaufbesserung der Sozialar- beiter-Ausbildung gebracht. Das Festhalten an der hohen Semester- wochenzahl, die negative zahlenma'Bige Entwicklung des Studenten-Do- zenten-Vernaltm'sses, die Beibehaltung einer Vielzahl von Leistungs- nachweisen und Priifungen in Einzeldisziplinen aufgrund sich ver- scharfender Priifungsordnungen hat dazu gefuhrt, daB der Anspruch auf mehr Wissenschpftl ichkeit in der Ausbildung Papier geblieben ist. Besonderer Ausdruck restriktiver staatlicher Ausbildungspolitik sind die in fast alien Bundeslandern feststellbaren Versuche der Kultusblirokratien, das Berufspraktikum aus der Kom- petenz der Fachhochschulen in die Zustandigkeit der Verwaltungen zu verlagern und damit die Sozialarbeiterausbildung zeitlich zu verklir- zen.

Den Hintergrund dieser Bemlihungen bilden nicht nur bildungsbkonomi- sche Oberlegungen, sondern das ausdrlickl iche Interesse der Ministe- rien sowie der koraraunalen und freien Trager der Sozialarbeit, die politische und fachliche Kontrolle Liber die Sozialarbeiter-Ausbil- dung zu erhalten. Treten Gewerkschaften (DTV und GEW), die meisten Berufsverbande, (fast) alle Ausbildungsstatten, verschiedene Anstel- lungstrager fur die einphasige Ausbildung ein, so fiihren der Ge- setzentwurf der NRW-Landesregierung (Gesetz liber die staatliche Anerkennung von Sozialarbeitern/Sozialpadagogen grad. DS 7/3685) und die Leitsatze des Berliner Senats zum Berufspraktikum (v. 10.8.73) selbst die (mit Ausnahrae von Baden-Wlirttemberg und Bayern) noch existierende zweiphasige Ausbildung ad absurdum.

In NRW haben nach Warnstreiks Studenten, Praktikanten und Dozenten am 30.5. in Dlisseldorf gegen eine vom Hochschulministerium geplante Rahmenpriifungsordnung und gegen ein Gesetz demonstriert, das die Durchfuhrung des Berufspraktikums sogenannten "Seminaren" Libertragt. Diese sollen bei jedem Landschaftsverband eingerichtet werden. Die "Seminare" sind ferner an Richtlinien und Weisungen des Sozialmini- steriums gebunden, das die Ausbildungsordnung fiir das Berufsprakti- kum und das Kolloquium, Grundsatze, Verfahren und Zusammensetzung des "Seminars" durch Rechtsverordnung regelt. In dem vorgesehenen Beirat (er wird vom Arbeits- und Sozialministerium ernannt und hat nur beratende Funktion), sind die Dozenten der FHS hoffnungslos in der Minderheit und Vertreter der Praktikanten oder Studenten kon- sequent unberucksichtigt. Die staatliche Anerkennung wird in Zukunft nur derjenige erhalten, der u.a. § 4 "sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unzuverlassigkeit zur Ausiibung des Berufs ergibt." Damit Sozialarbeiter auch in anderen Bundeslan- dern nach dem Gusto der NRW-Regierung ausgebildet werden, ist in dem Gesetzentwurf ein NRW-Berufsverbot fur Sozialarbeiter anderer Bun- deslander aufgenommen. Eine nach Inkrafttreten des Entwurfs ira Gel- tungsbereich des GG erteilte staatliche Anerkennung wird namlich nur dann als gleichwertig anerkannt, "wenn sie aufgrund von Vorschriften erteilt worden ist, die § 1 dieses Gesetzes (und der darin enthal- tenen Vorschriften, d.V.) entsprechen".

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Auch der Berliner Entwurf sieht die Einrichtung von (Bezirks-) Seminaren vor. Sie bestehen aus je einem Ausbil dungs! eiter der Jugend-, Sozial- und Gesundheitsbehbrden und zwei Vertretern der Berufspraktikanten mit beratender Stimme. Die Dominanz der Verwal- tung kommt schlieBlich darin zum Ausdruck, daB das Verwaltungsprakti- kum auf ein 3/4 Jahr ausgedehnt werden soil. Davon sollen "jeweils 3 Monate dauernde Praktika im behbrdlichen Jugend-, Sozial- und Ge- sundheitswesen" abgeleistet werden. Denn: Die Verwaltung ist ... an Absolventen interessiert, die gegeniiber alien Belangen des Ju- gend-, Sozial- und Gesundheitswesens aufgeschlossen sind." Im Unter- schied zu NRW, das sich in seinem Gesetzentwurf auf Disziplinierungs- maBnahmen beschrankt, sehen die Berliner Leitsatze minimale Verbes- serungen vor. Die Praktikanten sollen wbchentlich zu Unterrichtsver- anstaltungen der Seminare (regelma'Bige Teilnahme ist Pflicht) heran- gezogen werden, die Praxisanleiter "wenigstens 1/3 ihrer Arbeitszeit der Anleitung von Praktikanten widmen kbnnen". Allerdings sind zur Gewahrlei stung dieser Voraussetzungen keine finanziellen Mittel vor- gesehen.

Beide Entwurfe (Berlin und NRW) stimmen darin uberein, daB der unterstlitzenswerte Gedanke einer praxisorientierten wissenschaftli- chen Ausbildung ins Gegenteil verkehrt wird. Durch die Trennung des Praktikums von den Inhalten der Fachhochschul-Ausbildung wird ein politisches und fachliches Disziplinierungsinstrument geschaffen und die Ausbildungsdauer effektiv verkurzt. Das Praktikum dient der An- passung der Absolventen an die BedLirfm'sse der Verwaltung.

Das jedoch liegt nicht im Interesse der "Klienten" und der Sozial- arbeiter und Studenten, die sich an deren Bedlirfnissen und Interessen orientieren. Deshalb muB der Kampf fur ein einphasiges, mindestens 8-semestriges, Theorie und Praxis integrierendes Studium fortgeflihrt werden. Wir schlagen vor, daB Sozialarbeiter, Praktikanten und Stu- denten liber ihren Kampf gegen die Verscharfung der Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen von Sozial arbeitern/-padagogen in diesem Info berichten und damit zu einer Koordinierung des Widerstands gegen die- se repressive "Sozialstaats"-Politik beitragen.

Fall 5: Politische Prozesse gegen das Arbeiterjugendzentrum Bielefeld

Ostern 1973 war das stadtische Haus der Offenen Tur Brackwede von ca. 200-250 Jugendlichen besetzt und nach 6 Tagen von starken Pol i- zeikraften auf Antrag des Oberstadtdirektors der Stadt Bielefeld ge- raumt worden. (Vgl. hierzu Info Sozialarbeit 3/4 ""Das Lehrstuck Brackwede" - Ziele und Entwicklung des AJZ -) Das AJZ sollte zerschla- gen werden. Allein es klappte nicht - das AJZ (in anderen Raumen) und als Bewegung gibt es bis heute.

Am 27.5.74 fand nun nach zweimaliger Verschiebung unter massivem Polizeieinsatz und den "ublichen" Durchsuchungen der ProzeB-Zuschau- er der erste sogenannte "HausbesetzerprozeB" im Bielefelder Amtsge- richt statt. Angeklagt waren die ersten 9 (4 Studenten, 3 Arbeiter, 2 Sozialarbeiter) von ca. 100 wegen "gemeinschaftlichen Hausfriedens- bruch" und in 5 Fallen wegen "versuchter Nbtigung"; bei ihnen sollte die Rodelsflihrertheorie praktiziert werden.

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In dem 11 Stunden dauernden Verfahren ging es urn die Frage (und da- rum war die Verurteilung auch abzusehen), ob die Jugendlichen in den stadtischen "Hausern der Jugend" selbst bestimmen konnen. was sie machsn wcl 1 en Oder ob stadtische Angestellte bestimmen kb'nnen, was Jugendl iche machen sollen. Es ging urn die Frage, ob "Selbstorganisa- tion" rechtens und vereinbar ist mit diesem Staat. Die Genossen, die auf der Anklagebank saBen, schilderten die Lage der Arbeiterjugendlichen und die Situation der Jugendarbeit in Bielefeld. Sie begrundeten die Notwendigkeit eines Arbeiterjugendzentrums und die Notwendigkeit der Hausbesetzung aufgrund der sich hinziehenden Verhandlungen mit den stadtischen Gremien und nachdem die Verwal- tung keine Bereitschaft zeigte, den berechtigten Forderungen der Ju- gendlichen nach einem selbstverwalteten Jugendzentrum, nachzukommen. Siegriffen Stadtverwal tung, Polizei und Justiz als "wahre Hausfrie- densbrecher" an, da "sie uns aus unserem Haus getrieben haben".

Der Darstellung der Genossen hatten Anklagebehbrde und Stadt nichts enLgegenzusetzen: die Zeugen der Anklage konnten ihre Darstellung nicht widerlegen, die Vertreter der Stadtverwaltung (des Rates und des Jugendamts) muBten eingestehen, daB sie Uberhaupt keine Vorstel- lungen hatten, wie Jugendarbeit aussehen sollte. Konkret bewiesen wurde - was alle wuBten und niemand bestreitet -, daB es im stadtischen Haus der Offenen Tur Brackwede 5 Tage lang ein selbstverwaltetes AJZ gegeben hatte, daB Jugendliche in einem stadti- schen Haus, das sie gebffnet hatten, solange Selbstverwaltung prakti- zierten, bis sie unter brutalem Pol izeieinsatz rausgeschmissen wur- den. DaB die Jugendlichen mit UnterstLitzung u.a. von fortschrittl i- chen Sozialarbeitern wahrend der Besetzung noch mit der Stadt ver- handelten, bezeichneten Staatsanwal tschaft und Richter als Notigung ! Wie zu erwarten - ProzeBergebnis: Verurteilung aller Angeklagten zu DM 2.700.- Geldstrafe (4 x 500, 2 x 200, 3 x 100 DM) plus Gerichts- kosten.

Uenn auch die Polizei, die dem ProzeB nachfolgende spontane Demon- stration zum AnlaB nahm, eine Auseinandersetzung zu provozieren (ein Demonstrant wurde von einem Polizeimotorrad angefahren) und ihre Starke vor dem neuen AJZ demonstrierte und versuchte, die Be- vblkerung einzuschlichtern und gegen das AJZ einzunehmen, so wird es fur die Stadt, Polizei und Justiz immer schwieriger, ihre Position gegenuber dem Recht der Jugendlichen auf selbstverwaltete Jugendzen- tren zu behaupten. Neben Nachbarn des AJZ haben nun als erste 60 Wis- senschaftler der Hochschulen bffentlich gegen die Urteile protestiert und die voile UnterstLitzung des AJZ durch die Stadt gefordert; ein bekannter Jurist hat bffentlich Zweifel Liber die'Praxis des Urteils- spruchs und der Kriminalisierung geauBert.

Genossinnen und Genossen, Kollegen die Prczesse werden teuer, wenn alle 90 weiteren Prozesse so durchgeflihrt werden, ist einschlieB- lich Gerichts- und Anwaltskosten mit einer Summe von Liber 20. 000. -DM zu rechnen. Da wir auch das AJZ bisher alleine finanzieren mu'ssen, sind wir auf Eure UnterstLitzung angewiesen.An den Strafen zeigt sich, was das Ziel der Prozesse ist: Die Zerschlagung des AJZ. Wir wehren uns dagegen. Spendet auf das Konto des AJZ-Vereins Kt.Nr. 80 812 Sparkassc Bielefeld Stichwort: ProzeBhilfe - Solidaritat ist eine Waffe -.

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hei

zjeher .„ eitschrift

1. Zeitschrift von Erziehern fur Erzieher in Beruf und Ausbildung. Als Forum von Praktikern fur Prak- tiker will die Heimerzielier-Zeitschrift (hez) die Heimsituation analysieren, die praktischen Erfah- rungen der Kollegen verallgemeinern, liber Konflik- te mit der Sozialblirokratie berichten, Model le diskutieren und relevante Informationen weitergeben.

Themenschwerpunkte des Heftes 6/74:

- Organisationsstruktur und Arbeitsweise der UTV

- Selbstverstandnisdiskussion der HEK

- Jugendhilfetag geplatzt

- Repression gegen Jugendzentren

Bezug: HEZ, 1 Berlin 61, Urbanstr. 126, Flur

ARCH +

Studienhefte fiir Plcmungspraxis und Plonongstheorle

Redaktion: Klaus Brake (Berlin) J Wolfgang Ehrlinger (Stuttgart) / Helga Fassbirtder (Berlin) / Christoph Feidrkeller (Stuttgart) / Mark Festor/Nikotaus Kuhnert (Aachen) / Jorg Pampe (Stutt- gart) / Renate Pelzinger (Bar Mn) / Hninrich Stoffl (Wien)

arch* ist eine : tie or.ngt Erfahri. und untersucnungan oner:

die im Bau-und Planungsprozea auftretanaen tecrmoiogischen ond organisatorischen Foinun (wie z.B. die der Industrialisierung des Bauens/dar Organisation. Instrumente, Metnodenuna theore- tischen Grundlagen der Pianung/der Arbeilssitualion und Qualifi- katidn won Architaktan und Stadtplanem etc.);

die mit ihm zusammrjnnangenden soziaien Foigen (wie r.B. die der ST3dtentwlcklunB/der Bodenpolitik/der Wohnungstrage/aer Planungsideoldgien);

und die den Bau-und PianungsprozeA beitimmenden Okono- mischen und colitischen Faktoren (wie z.B. die de» Bauauitrags- Struklur/der Bauproduktion/der staat lichen Rahmenbfldingungen

arch- bezietit dies* Baiuage aul die Bereiche ..Stadtteilarbeit" /„B#ru*spra«ij'V., Ausbildung" und ordnet s.e e,n in die Analyse ihrer gesellschaniicrien Beaingungen.

ARCH' soil Diskusiionen unterstiHren, die sich m,l Fragen Produktion und Planurtg gebauter Umwelt im Zusarnmennar iCMialistischer Polilik auseinandarsetzen.

ARCH' erscheinl viermal .m Jatir (197-1 im 5. Jahrg^g,. Preis tur ein Jahresabonnement DM 30,-. Der Preis lur ein Einzefheft bet'Sgt DM a, SO.

ARCH* erscheinl im VS A vef lag * vertrieb, 1 Berlin 36,

Erkelenzdamm 7, Postfach 307.

Ed,!

Sabine Kraft/Ren,

nger: Baukrise 73/74 Entwick- lungstendenien im Wohnungsbau una die Rede von der Ver- besserung der Lebensaualitat

Lonnabhangigkeit stall Partnerscnaft: Auswirkungen der Baukrise auf die ArbeitsbMirVgurvgen in Berliner Arehilektur- und ingenieurbiiros I Bedmgunqen gewerktcnaftl*

r Gesc

a des Arc

- Helga Fassbinder: Der so; fOrderungsge^U —eine knuscbe Untersuchung aus dem Vergiekh zum Sozialplan bei unternenmenisanierung nacn dem BetriebsverfassungsgeseU

ARCH+ 23 (3/1974) wschemt .m Oktober 1974 mit Beitrlgen zu Ptanungsflllen und beruMicher bzw. politischer Arbeit in der Stedt- und Regiortaiplanung, sowic zu deren geseiitchaft- licrien Bedingungerv

Gemeinden in Forderoeoieten Auiwirkungen aul die kommunaie Eniwickiungspianung una aui die Stand orte in den Zentren

Bedingungen gegenwirt ger inTrasiruktur. und RaumorJ. nungtpolitik

Zur Funktion ioiiaiwissenscnaftlicher Forschung baim SozialDlan nach dam StadtcbaufOrdeturtgigevetz

Zur Kritik der bliigeriicrian UmweltOkonomie

Qobietsrelorm und Burgenniliativen

BUrgerinitialiven und Gawerkicneltan

Stadl- und Ragionalplaner im blfenllichen Dianst

Fall 6; Schbneberger Jungarbeiter und Schulerzentrum von Raumung bedroht

Dem Schbneberger Jungarbeiter- und Schulerzentrum (SJSZ), dem einzi- gen selbstverwal teten Jugendzentrum, das aus einem staatlichen Frei- zeitheim hervorgegangen ist, droht die Raumung durch das SPD-Bezirks- amt.

Im Marz 1972 wurde das SJSZ von Lehrlingen und Schlilern besetzt, nach- dera alle Verhandlungen mit dem Bezirksamt iiber die Selbstverwal tung ohne Ergebnis blieben. Hit der Besetzung wurde erreicht, daB das Bezirksamt mit dem SJSZ einen Nutzungsvertrag abschloB. Mit der Kundigung dieses Vertrages sollen die Organisationsansa"tze_ zerschlagen werden. Dem Bezirksamt paBt es nicht, daB vom SJSZ Akti- vitaten ausgehen, die auf MiBstande in den Schulen und Betrieben auf- merksam machen.

Die Raumung ski age gegen das SJSZ ist der vorlaufige Hbhepunkt einer Entwicklung staatlicher Jugendpolitik in Berlin, die entweder ver- sucht, selbstverwal tete Jugendzentren fur eine "modernisierte Jugend- pflege" zu integrieren oder - wo ihr dies nicht gelingt - zu Metho- den der Liquidierung von Selbstorganisationsansatzen Iibergeht. Gerade diese letzte Spielart sozialdemokratischer Jugendpolitik kommt in Berlin immer mehr zum Durchbruch. In den letzten 6 Monaten haufen sich immer mehr Disziplinierungs- und Kontrollversuche, Polizeiein- satze in Freizeitheimen, die Raumungen und Zerstbrungen von Jugend- wohnkollektiven und Jugendzentren (u.a. Putte und Kinderhaus vom SJSZ - siehe Info Sozialarbeit Nr. 5 und 6).

Informiert Euch iiber das SJSZ - Fordert die Zeitung an und verteilt sie in den Dienststellen und Ausbildungssta'tten - Schickt Solidari- tatsadressen an das Bezirksamt Schbneberg, 1 Berlin 41, Breslauer Platz Abt. Jug. 6 und den Senator fur Familie, Jugend u. Sport, SJSZ, 1 Berlin 62, Belzigerstr. 4-6 - Unterstlitzt das SJSZ mit Geld- spenden: Berliner Commerzbank, Zweigstelle Schbneberg - Kto.Nr. 159310200.

Fall 7: Jugendzentrum Oetinger Villa/Darmstadt soil liquidiert werden

Im September 73 billigte der Magistrat Satzung und Vertrag fur ein Jugendzentrum in Selbstverwal tung - auch in Darmstadt wollte man sich reformfreudig geben und etwas fur die Jugend tun. Der eigens daflir gegrundete Tr'a'gerverein "Jugendzentrum e.V." stellte zwei haupt- amtliche Mitarbeiter (1 Psychologen und 1 Sozialarbeiterin) ein, die die Erbffnung vorbereiten und ein Konzept entwickeln sollten. Blirger- liche Presse und CDU betrieben allerdings von Anfang an unverhohlen ihre jugendfeindliche Politik, um ein Jugendzentrum in Selbstverwal- tung zu verhindern; SPD-Magistrat zwar verbal reformfreudig.versuch- te die Konkretisierung des Selbstverwal tungsansatzes durch Verzbge- rungstaktik zu unterlaufen: Nutzungsvertrag und Bestatigung der haupt- amtlichen Mitarbeiter wurden immer wieder hinausgezogen.

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Mit der Erbffnung der Oetinger Villa sollte gleichzeitig das Ju-Haus Martinsviertel geschlossen und abgerissen werden; nur - die Jugend- lichen aus dem Martinsviertel wehrten sich gegen den Abriss, sie for- derten einen Nutzungsvertrag, einen hauptamtlichen Mitarbeiter und die Obernahme aller Kosten durch die Stadt. Nach Ablehnung der For- derungen kampfte ein Aktionskomitee mit InfOrmationsstanden und Un- terschriftensammlungen (ca. 4.500) fiir die Erhaltung des Jugendhau- ses Martinsviertel. Der Stadtjugendring und der Verein Jugendzentrum e.V. unterstutzen die Forderungen der Jugendlichen; der Verein be- schloB sogar die aktive Mitarbeit der hauptamtlichen Mitarbeiter im Aktionskomitee und stellte DM 1.000 flir ein Filmprojekt und eine Jugendhauszeitung zur Verfiigung: Gel der von Jugendlichen fur Jugend- liche.

Die politischen Parteien, alien voran die CDU, k'bnnen sich allerdings eine solche praktische Solidaritat nicht vorstellen, sie nahmen die Geldspende zum AnlaB total zuzuschlagen:

- dem Verein wurden alle Geldmittel gesperrt;

- den hauptamtlichen Mitarbeitern wurde gekiindigt. Ausschlaggebend flir die Kundigung des Psychologen war zusatzlich sei- ne KBW-Mitgliedschaft. Die biirgerliche Presse konnte die "Entlarvung eines Kommunisten" mit folgender Schlagzeile feiern: "DKP hilft der CDU, Kommunisten zu entlarven (vgl. FAZ v. 4.6.74).

Die SPD behauptet zwar weiterhin, daB sie am Selbstverwaltungskcn- ?ept festhalte, knlipft aber daran Bedingungen, die genau diese Selbst- verwal tung massiv einengen.

Die Jugendlichen, unterstutzt vom Stadtjugendring, beharren dagegen auf ihren Forderungen:

- Einstellung und Entlassung der Mitarbeiter durch den Verein

- Selbstverwal tung unter der Regie des Jugendzentrums und der Mit- arbeiter (dazu gehbrt auch die Raumverteilung)

- Selbst'a'ndige Verfiigung uber die Geldmittel.

Schickt Eure Solidaritatsschreiben an den Darmstadter Magistrat, 61 Darmstadt, Schul- u- Jugenddezernent R. Staudt, Stadtjugendring, 61 Darmstadt, Landgraf-Georg-StraBe 119.

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Fall 8: Fachhochschul lehrer an der FHSS Frankfurt abgelehnt

Handelt es sich in Kbln noch um einen einzigen Fall (0. Bujard),in dem die Berufung zum FHS-Lehrer abgelehnt wurde, so schlug in Frank- furt der hessische Kultusminister gleich 6 mal zu. Zwei Psychologin- nen, einer Dipl .-Padagogin/Sozialarbeiterin, einem Sozialmediziner und zwei Sozialpadagogen wurde aus formalen Grlinden (wegen "fehlen- der Praxis nach DiplomabschluB) die Berufung verweigert. In einer sehr ausflihrl ichen Stellungnahme hat die FHS die Argumente des KuMi zuriickgewiesen und deutlich gemacht, daB hinter dieser formalen Grlinden eine Berufungs- besser Ablehnungspraxis steht, die politische Ursachen hat. Untersucht man namlich die spezifische Qual ifikation aller Bewerber - soweit es die nachgewiesene Praxis anbelangt - so zeigt sich, daB sich alle dadurch auszeichnen, daB sie vorwiegend in Bereichen experimenteller sozialarbeiterischer Praxis gearbeitet haben, die liber tradierte Normen und Zielvorstellungen der Sozial- arbeit hinausgingen. Diese experimentelle - keineswegs institutions- unabhangige - Praxis muBte haufig auBerhalb der etablierten Institu- tionen der Sozialarbeit geleistet werden, da diese zu Neuerungen ent- weder nicht in der Lage waren oder sich dagegen sperrten (vergl . Heimerziehung oder Vorschulerziehung im Rahmen von Gemeinwesenarbei t) .

Diese Fahigkeit aller Bewerber, sich mit starkem person! ichen Enga- gement fur eine von der offiziellen "Fachl ichkeit" noch nicht aner- kannte, an den Interessen der Klienten orientierten Sozialarbeit einzusetzen.ist es offenbar, was sie dem HKM als ungeeignet ftlr eine Lehrtatigkeit an der Fachhochschul e erscheinen la'Bt und was zu die- ser beispiellosen Serie von Ablehnungen gefiihrt hat.

Diese Haltung, trotz alien verbalen Engagements fur Reformen diejeni- gen zu diskriminieren, die ausgefahrene Gleise der Sozialarbeit ver- lassen haben, steht nicht isoliert. Sie findet ihre Entsprechung etwa im Referentenentwurf zum neuen Ougendhilferecht, dessen skandaloser § 15 fordert, Jugendhilfe auf der Grundlage "gesicherter Methoden... der Sozialarbeit zu leisten." In der Erla'uterung dieser Bestimmung im Diskussionsentwurf wurde gesagt, es gehe dabei um eine "weitge- hende Absicherung gegenuber zu experimentierfreudigen Theoretikern". Dieser Politik, verkrustete Strukturen der Sozialarbeit vor Verande- rungen zu schlitzen, schlieBt sich das HKM mit seiner Ablehnungspraxis an.

Ein weiteres Indiz dafu'r ist die schon vorher kritisierte Tatsache, daB flir Bewerber neuerdings nur noch Praxis nach dem Studium und nicht mehr vor oder wahrend des Studiums akzeptiert wird. Offenbar halt das HKM eine flinfjahrige berufliche Sozialisation flir unerlaBlich, weil die Erkenntnisse uber das Denken und Verhalten eines Bewerbers sicherer werden, je langer er unter der Aufsicht eines Tragers der Sozialarbeit gearbeitet hat.

(aus: Stellungnahme des FHS, Fb. Sozialarbeit, 6 Ffm. , Limescorso 5)

LESERBRIEF/REDAKTIONSMITTEILUNG

Brief des Jugendamtsleiter der Stadt Bielefeld/Stellungnahme des KKS Bielefeld

Vorbemerkung:

Im Info Sozialarbeit lir. 3/4 Sozialarbeit zwischen Selbstorganisa- tion void Biirokratie haben wir mit dem Beitrag des KKS Bielefeld am Beispiel des AJZ Brackuede versucht, die objektiven Grenzen einer "progressiven" Jugendamtspolitik herauszuarbeiten. Auf diesen Artikel hat nun der Jugendamtsleiter der Stadt Bielefeld mit einem Brief an dae Sozialistische Biiro reagiert. Tupisch fur den Stil Hirschauers ist, daB er sich nicht mit den Autoren und ouch nicht mit dem Inhalt des Avtikels auseinandersetzt. Die Moglichkeit hatte er gehabt, denn so anonym wie er es hinstellt, ist der KKS nicht - auf Seite 4 ist die Kontaktadresse angegeben. Seine Vnterstellung , wir wollten mit diesem Artikel die Kollegen diffamieren und manipulieren, weisen wir zuriick. Wer den Artikel genau gelesen hat, wird feststellen, daB es wis nicht um eine Diffa- mierung der Kollegen ging; allerdings zeigt das "Lehrstiick Brackwede", daB jeder Sozialarbeiter einmal in die Situation kommt, wo er sich entscheiden muli auf Welcher Seite er steht: in Solidaritat zu den Jugendlichen oder auf Seiten des Unterdruckungsapparates. Wir Ver- kennen nicht, da!3 dies oft einer schwierigen Gratwanderung gleich komrat, will man nicht seinen Arbeitsplatz Verlieren.

Abschrift des Briefes der Stadt Bielefeld Hirschauer - an das Sozialistische Biiro:

Jugendamtsleiter

Betr.: Info Sozialarbeit Heft 3/4;

hier: KKS Bielefeld "Das Lehrstiick Brackwede"

Mit immer starker nachlassendem Interesse habe ich und mit mir die informierten Kollegen des Jugendamtes Bielefeld den Beitrag des anonymen KKS Bielefeld "Das Lehrstiick Brackwede" gelesen. Es ist mu'Big, die verzerrte Darstellung der Tatsachen richtig zu stellen. Her es ndtig zu haben scheint, Adressaten dieses Artikels zu manipulieren, mag das mit sich ausmachen. Offenbar bedurfen die Autoren dieses Beitrages der Selbstbestatigung eigener Theorien oder der Wunschvorstellung von Handlungsablaufen, um sich nachtra'glich zu besta'tigen, daB alles so war, wie sie wiinschten, daB es gewesen ware.

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Ich mochte nur an einem Beispiel deutlich machen, daB die Autoren liigen und, davon bin ich iiberzeugt, wider besseren Wissens lligen. Auf Seite 42 wissen die Autoren (wir erfahren es durch diese Ver- bffentlichung), daB von Mitarbeitern des Jugendamtes eine Namens- liste von Sozialarbeitern und Sozialarbei ter-Studenten dem Ober- stadtdirektor zur Verfugung gestellt haben und diese Liste dann uber den Oberstadtdirektor an die Polizei ginge.

Weder die Liste existiert, noch die Aufforderung des Oberstadtdirek- tors (und was daraus folgt eine Weiterleitung an die Polizei).

Die Autoren liigen, wenn sie eine "schwarze" Liste von Sozialarbei- tern, die als "Radelsfuhrer" gezahlt werden, als erstellt betrachten. Weder ist eine schwarze noch eine andere Liste angefertigt worden. Dies ist im iibrigen in 2 bffentlichen Veranstaltungen behauptet und jeweils widerlegt worden.

Die Autoren liigen, wenn von einem praktischen Berufsverbot fur So- zialarbeiter, das nie b'ffentlich diskutiert werde, gesprochen wird und wegen der Verflechtungen sogar von einem total en Berufsverbot gesprochen wird. Da die ersten Behauptungen nicht stimmen, stimmt auch diese nicht. Offenbar haben es die Autoren (oder der von uns vermutete Autor) aber nbtig, sich selbst und die Leser der Broschiire politisch so zu stimulieren.

Die Autoren liigen, wenn sie behaupten, daB Studenten, die ein Prak- tikum beim Jugendamt machten, sich schriftlich distanzieren und er- klaren muBten, nicht an der Aktion der Hausbesetzung in Brackwede beteiligt gewesen zu sein. Die Wahrheit ist, daB in einer Versamm- lung der Mitarbeiter des Hauses der Offenen Tiir Brackwede von Prak- tikanten und Studenten, die sich von den Initiatoren der Hausbeset- zung distanzierten, verlangt wurde, daB diejenigen, die wahrend der Hausbesetzung im Hause waren und sich bei einigen Veranstaltungen nicht eindeutig verhalten hatten, schriftlich erklarten, daB sie sich von den Aktionen der Hausbesetzung distanzieren sollten, da sie anderenfalls nicht bereit seien, in Gegenwart dieser Studenten und Kollegen zu diskutieren und andererseits auch nicht bereit seien, mit diesen Kollegen weiter zusammen zu arbeiten (hier mu'Bte einiges dazu ausgefiihrt werden, in welcher Weise nicht nur die "Sozialb'u'rokraten" vom Jugendamt, sondern auch die ehrenamtl ichen Mitarbeiter des Hauses permanent diskriminiert und bffentl ich diffamiert worden sind). Im Zusammenhang mit dieser Veranstaltung habe ich verlangt, daB die- jenigen, die in irgendeiner Weise mit der Hausbesetzung selbst aktiv oder passiv zu tun hatten, sich auBern und erklaren sollten, ob sie in Solidaritat mit den iibrigen Mitarbeitern im Hause wei terarbei ten wollten und sich daher von der Praxis einiger weniger Mitarbeiter und der Initiatoren der Hausbesetzung distanzierten. In der Tat haben alle Anwesenden sich distanziert und zur weiteren Mitarbeit bereit erklart. Eine schriftliche Erklarung gibt es nicht. Die Autoren haben Recht (und genau in diesem Falle schreiben sie das einschrankende "soweit bekannt" dazu), wenn sie feststellen, daB die Namen der Verhandlungspartner der Polizei mitgeteilt wurden. Dies war auch nicht schwierig, sie waren ja der Polizei ohnehin bekannt. Was soil es also.

Gestatten Sie mir die abschlieBende Frage, welchen Sinn Sie als Her-

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SOZIALISTISCHES BORO + VERLAG 2000 GMBH ALLE LIEFERBAREN TITEL: FRUHJAHR 1974

Ansatzpunkte sozialistischer Politik in der BRD - Thesen der

Arbeitsgruppe Sozialistisches Biiro, DM 2.-- (Stand von 1970) Kofler/Buro: Vom Handelskapitalismus zum Neo-Imperialismus der

Gegenwart. Eine Einfiihrung in die Entwicklung der biirgerlichen

Gesellschaft, DM 5.— Conert: Die politischen Grundrichtungen innerhalb der deutschen

Sozialdemokratie vor dem ersten Weltkrieg, DM 5. Schafer: Die Kommunistische Internationale und der Faschismus, DM 5. Evers/Lehmann: Politisch-Dkonomische Determinanten fur Planung und

Politik in den Kommunen der BRD, DM lo.— Autorenkollektiv Assistentenpool : Bedingungen und Perspektiven der

Stadtteilarbeit, DM 4.— Van Spall: Dbersicht deutschsprachiger Periodika der unabhangigen

sozialistischen Linken, DM 2.5o

REIHE BETRIEB UND GEWERKSCHAFTEN

Redaktionskollektiv "express": Spontane Streiks 1973 - Krise der

Gewerkschaftspolitik, DM 6.-- Politisches Ende der EVA? Dokumentation zum Medienverstandnis der

Gewerkschaften, DM 3.— Conert: Gewerkschaften heute - Ordnungsfaktor oder Gegenmacht, DM 3.— Redaktionskollektiv "express": Gewerkschaf tliche Vertrauensleute

fur eine antikapitalistische Betriebsstrategie, DM 2.5o Betriebsratswahl Merck 1972. Eine Dokumentation, DM 4.--

REIHE INTERNATIONALE SOLIDARITAT Dokumente zur Entwicklung in Chile, DM 5.-- Wenzel/Krippendorff/Agnoli: Klassenkampfe und Repression in Italien.

Am Beispiel Valpreda, DM 5.— Brasilien-Report, DM 2.5o

Industrialisierung, Fremdkapital und Zwangsarbeit in Sudafrika, DM 4.— Portugal und die NATO, DM 4.—

REIHE ROTER PAUKER

Unterrichtseinheit (UE) Arbeit, DM 4.--

UE Verhaltenssteuerung - Abweichendes Verhalten, DM 4.--

UE Lehrlingsausbildung in der BRD, DM 3.5o

UE Lateinamerika, DM 4.—

Disziplinierung von Lehrern. Materialien, Analysen, Hinweise zum

Berufsverbot, DM 4.— Materialien zur Arbeitsfeldanalyse des Lehrerberufs, DM 4.— Materialien zur Geschichte der politischen Lehrerbewegung I

(1789 - 1933), DM 2.5o Materialien zur Schulbuchproduktion. Analyse, Tendenzen, Alterna-

tiven, DM 4.-- UE Bundeswehr und Rustung in der BRD, DM 5.— UE: Arbeiterliteratur, DM 5.--

PLAKAT-BAUERNVERLAG

Alavi: Theorie der Bauernrevolution, DM 4.--

Rechtziegler: Westdeutsche Landwirtschaft im Spatkapi talismus, DM 5.--

Bauer was nun? Beitrage zur Agrarfrage in der BRD, DM 4.--

Kemper: Marxismus und Landwirtschaft, DM 5.--

Bergmann: Agrarpolitik und Agrarwirtschaft sozialistischer Lander, DM la.

Hampicke: Zur Kritik der biirgerlichen Agrarbkonomie, DM 6.—

Verlag 2ooo GmbH, 6o5 Offenbach 4, Postfach 591

ausgeber und die Autoren der Beitrage Ihrer Informationen darin sehen, Leser aufgrund vorgefertigter und manipulierter Informationen gezielt zu stimulieren und welchen Sinn Sie darin sehen, ohne RUck- versicherung beim anderen Teil die Kolleginnen und Kollegen, die eben "die andere Seite" sind, zu diffamieren.

Mi t freundlichen GrliBen i.A. (Hirschauer) Jugendamtsleiter

Durchschrift des Briefes schicke ich Arno Klb'nne, Paderborn.

Stellungnahme des KKS Bielefeld zum vorstehenden Hirschauer-Brief :

Ura es gleich zu sagen, Hirschauer hat uns an einer schwachen Stelle erwischt, und wir mlissen selbstkritisch eingestehen, daB unsere Dar- stellung liber die konkreten MaBnahmen seitens des Jugendamtes ihm dazu einen guten Ansatzpunkt boten, sich der inhaltlichen Diskussion zu entziehen. Dieser pol itische Fehler la'Bt sich aber des- halb nicht entschuldigen.

a) zu den 3 ersten Punkten, die zusammengehbren (Namensl iste, "schwar- ze Liste", Berufsverbote), die Hirschauer bestreitet: Unser Problem und unser Fehler bestehen darin, daB wir nicht bewei - sen kbnnen, ob es die angesprochene Liste gibt Oder nicht. Es steht aTTerdings fest, daB in einer Dienstbesprechung im Jugendamt am 22.5.73 liber die Anfertigung einer Namensl iste gesprochen wurde und man sich darauf einigte, "nur" diejenigen, die der Polizei ohnehin bekannt seien und keine Namen von Jugendlichen aufzuflihren. Dies be- zieht sich auf den Personenkreis der an der Hausbesetzung beteilig- ten Sozialarbeiter, der vorher im HOT Brackwede beschaftigten neben- amtlichen Mitarbeiter (Studenten) sowie alle wahrend der Verhandlun- gen im besetzten Haus erkannten Jugendamtsmitarbeiter.

Der "PferdefuB" steckt in der Formulierung - die Hirschauer auch in seinem Brief nicht bestreitet -, "die der Polizei ohnehin bekannt waren". Der Polizei waren zu dem Zeitpunkt (22.5.), nach der Rau- mung des besetzten Hauses (26.4.), die Namen von 144 der 158 bei der Raumung vorlaufig Festgenommenen bekannt. Diese 144 waren alle er- kennungsdienstl ich behandelt und so jederzeit (Fotos!) identifizier- bar. Die Polizei "kannte" alle und wollte "Radelsfuhrer" geliefert haben.

In der Praxis hat sich das Jugendamt daran gehalten, keine Namen von Jugendlichen zu nennen, aber es hat bestimmte Namen der Polizei weitervermittelt und aus den 144 Namen bestimmte Personen selektiert. Ob die von uns genannte Liste nun aufgrund einer Anforderung durch den Oberstadtdirektor Oder durch die Polizei Oder Liberhaupt nicht angefertigt wurde, bleibt deshalb politisch gesehen letztlich belang- los. Wir wissen nun in der Tat nicht, ob die Absicht, eine Namensl iste

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anzulegen, ausgeflihrt worden ist oder (warum) nicht. Da wir aber davon ausgehen muBten, daB die geauBerten Absichten auch in die Tat umgesetzt wlirden, konnten wir auch folgern, daB damit gleichzeitig eine "schwarze Liste" existiert, die fiir die Betroffenen Folgen (sprich: Berufsverbote) bezilglich ihrer Arbeitsmbglichkeiten im Bie- lefelder Raum haben wurde, zumal gegen das AJZ und die daran betei- ligten Sozialarbeiter und Studenten noch Prozesse ausstehen. Diese Prozesse beginnen am 27.5.1974, und dort sind auch bereits Sozialarbeiter (die allerdings im Moment nicht als Sozialarbeiter ar- beiten), betroffen. Wir werden sehen, ob die beschriebenen Folgen eintreten ...

b) Was die anderen Punkte betrifft, so bestatigt der abgedruckte Brief Hirschauers unsere Aussagen, bis auf die - sicherlich aus tak- tischen Grlinden kurzfristig entschiedene - Anderung, sich mit einer mlindlichen Distanzierung von der Hausbesetzung zufriedenzugeben.

Am interessantesten ist fur uns allerdings, daB der (College Hirsch- auer in seinem Brief auf die pol itische Argumentation unseres Bei- trags nicht eingeht, sondern stattdessen versucht, Liber die Diffa- mierung unserer Position eine inhaltliche Auseinandersetzung zu ver- meiden, urn den fundamentalen Unterschied zwischen sozialistischer und sozialdemokratischer Politik mbglichst nicht zu thematisieren. Dieser Unterschied ist einer urns Ganze - und das mbchte er gerne undiskutiert lassen. Um mit Andre Gorz zu sprechen: "Die groBe Spezialitat der sozialdemokratischen Gruppen ist, unter Beweis zu stellen, daB alle Probleme gelbst Oder ertraglich gemacht werden kbnnen und alle materiellen Bediirfnisse im Rahmen des Systems selbst zu Ibsen sind, wenn man sich nur Zeit la'Bt und Disziplin wahrt. Es besteht keinerlei Veranlassung, "die Bude in die Luft zu jagen" (analog: ein Haus zu besetzen) oder eine Kraftprobe anzustrengen; es genligt, so sagen sie, sich geduldig, realistisch und verantwor- tungsbewuBt zu zeigen und im librigen den Staatsmannern zu vertrauen. Wenn jeder auf seinem Platz bleibt, wird es der neokapitalistische Staat schon alien recht machen." Es gabe demnach also keinen Grund, zu solchen Aktionsformen wie der Hausbesetzung eines Jugendheims in Brackwede zu gelangen. Was diesen Kampf um ein Arbeiterjugendzen- trum betrifft, den wir vorbehaltlos unterstlitzen, so ist festzuhal- ten, daB er einen fundamentalen Unterschied zur blirgerlichen Jugend- pflege darstellt, dem der inhaltliche Unterschied zwischen sozial- demokratisch-kapitalistischen und antikapitalistischen Reformen ent- spricht und damit notwendig einem Unterschied in der Methode. "Der Gehalt an Freiheit in den Reformen kommt nur zur Erscheinung, wenn er in den Massenaktionen immer schon pra'sent ist. Auf der methodi- schen Ebene liegt der Unterschied zwischen technischen und demokra- tischen Reformen darin, daB jene einfach institutionell abgewickelt und diese im lebendigen Zugriff kollektiver Aktionen inauguriert werden" (A. Gorz). Man wird auch nur dann den Einsatz wagen, der das Risiko - z.B. vorbestraft zu werden - rechtfertigt, wenn die Aktionen des Kampfes selbst schon die Erfahrung der Selbstorganisation, der kollektiven Initiative und Entscheidung, kurz: die Erfahrung der mbg- lichen Emanzipation vermitteln. Das dies der Fall ist, zeigt sich an den Aktionen der Jugendlichen bis heute.

KKS Bielefeld, gez. C. Herde, F. Peters

- 67

2. Arbeitsseminar "Jugendzentren" 25. -27.10.74 in Diisseldorf

Bereits im Info Nr. 3/4 und Info Nr. 5 haben wir auf das flir Herbst 1974 geplante Arbeitsseminar zum Thema "Jugendzentren" hingewiesen. Ziel dieses Arbeitsseminars, wie auch der anderen Arbeitsseminare mit anderen Schwerpunkten, ist es, eine kontinuierliche Diskussion Liber eine sozialistische Strategie (hier im Reproduktionsbereich) zu unterstlitzen und weiter voranzutreiben. Aus einem liberregionalen Diskussionszusammenhang kbnnten so neue Perspektiven flir die Praxis entwickel t werden.

Flir dieses Arbeitsseminar ware deshalb notwendig, daB mbglichst alle interessierten Gruppen oder Einzelpersonen Berichte aus ihrer Praxis verfassen, insofern sie das erwa'hnte Thema betreffen oder bestimmte Teilfragen dieses Bereiches ansprechen.

Wichtig erscheint uns, daB alle Berichte an den konkreten Erfahrun-

gen aus der Praxis anknlipfen, um nicht in eine "rein theoretische

Diskussion"hineinzugeraten.

Der Aufbau eines Berichtes kbnnte beispielsweise so aussehen:

Darstellung einer Initiative flir ein selbstverwaltetes Jugendzentrum

(ggf. mit der Perspektive der Initiatoren darstellen).

- unter welchen Bedingungen konnte beispielsweise ein Haus in Selbst- verwaltung erkampft werden?

- aus welchen Jugendlichen setzte sich die Initiative zusammen? (wurden sie von Studenten oder Pa'dagogen unterstlitzt - wie?)

- geographische Lage, Stadtteil

- wie ging die Entwicklung weiter, nachdem ein Haus erkampft oder erhandelt wurde? (innere Struktur, Organisation, Beziehung zur Offentlichkeit, Bevblkerung).

Quer zu einer dokumentarischen Darstellung kbnnten beispielsweise folgende Fragestellungen angesprochen werden:

- wie reagierte der Staatsapparat (Stadtverwaltung, Jugendamt etc.), Verba'nde auf die Initiative (Behinderung oder linterstiitzung)?

- ggf. Lernprozesse der Sozialarbeiter und ihre Rolle innerhalb einer Initiative oder des Jugendzentrums

- welche Lernprozesse machten die Jugendlichen, wie organisierten sie sich (was lauft im Jugendzentrum)?

- wie wird die politische Funkt.ion und der Stellenwert solcher Initiativen eingescha'tzt?

Die verfaBten Berichte konnten dann im Herbst auf dem Arbeitsseminar

diskutiert werden.

Die Berichte sowie die Diskussion Liber diese Berichte werden im Info

Sozialarbeit Nr. S abgedruckt.

Damit wir das Arbeitsseminar ausreichend organisieren und vorberei-

ten konnen, bitten wir darum, uns Bericht und Anmeldungen an die

Kontaktadresse: Gerd Rieger, 4 Dusseldorf 11, Oberkasseler Str. 7

zu schicken.

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NACHRICHTEN/TERMINE

1.) Kurzprotokoll vom "KNAST-TREFFEN" in Munchen

Zu der vom SSHK Munchen organisierten "Knastgruppentagung"vom

19. -21. IV. 74 kamen ca. 26 Genossen als Vertreter der verschiedensten

in der BRD ta'tigen Knastgruppen.

Aus den Berichten der verschiedenen Gruppen ergab sich, daB alle ihre Arbeit in oder auBerhalb des Gefa'ngnisses mit einem politischen Anspruch begonnen hatten. Dieser politische Anspruch wurde immer mehr zuruckgeschraubt und in der praktischen Arbeit z.T. aufgegeben. Da- raus ergab sich die Fragestellung: kann Arbeit im Gefa'ngnis Liberhaupt politisch sein, bleibt sie nicht nowendig im "Caritativen" , "Humani- ta'ren" stecken, und tra'gt so dazu bei, das System aufrechtzuerhalten? Man war sich einig, daB es nicht Aufgabe von Sozialisten sein kann, Arbeiten zu libernehmen, die von den zustandigen Institutionen (Justizministerium, Anstaltsleitung, freie Trager) gtleistet werden mlissen. Dies kbnnte dazu flihren, daB sie zum einen durch ihre Tatig- keit Llicken in der Institution flillen statt sie sichtbar werden zu lassen, und zum anderen solchen Institutionen durch ihre Tatigkeit zu helfen, Gelder, die flir solche Arbeit gestellt werden mu'Bten, einzusparen. Hilfe flir die Gefangenen heiBt in erster Linie, Druck auf diese Institutionen auszuliben, damit sie ihre Arbeit im Interes- se der Gefangenen wahrnehmen, deren BeHlirfnissen entgegenkommen und deren Rechte beachten.

Die Offentlichkeitsarbeit bietet eine Mdglichkeit, Druck auf solche Institutionen auszuliben, und ?war indem

- Informationen aus dem Knast herausgetragen werden;

- sie Massenmedien, kritischen Ausbildern, Jugendzentren etc. und mit Knastarbeit Beschaftigten zuganglich gemacht werden;

- ein mbglichst uberregionales Informationsorgan geschaffen wird. Es war jedoch klar, daB dieser Druck nur sehr beschrankt wirksam werden kann. Konsens dieser Diskussion war, daB Knastarbeit Teil der gesamten politischen Bewegung sein muB. Eine konkrete Analyse, ob und in welcher Form Gefangenenarbeit innerhalb und auBerh?lb des Knast politisch relevant ist, bzw. seir kann, konnte nicht mehr ge- klart werden, wurde aber als eine dringend nachzuholende Notwendig- keit gefordert.

Die Diskussion ergab, belegt durch zahlreiche Erfahrungen der vertre- tenen Gruppen, daB politische Arbeit im Gefa'ngnis sehr beschra'nkt, wenn nicht gar unmbgl^ch ist, da Struktur und Eigenart des Gefa'ng- nisses einer politischen Arbeit per se entgegenstehen. Da die Ge- fa'nqnisstrukturen ein Zerrbild unserer kapitalistischen Gesellschaft sind, ist es politisch wichtig, Ansatze zu solidarischem Handeln innerhalb des Gefa'ngnisses von auBen zu unterstlitzen. Der Schwerpunkt

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einer politischen Arbeit kann nur auBerhalb des Gefangnisses liegen, was aber nicht bedeutet, daB die Arbeit im Knast Liberfllissig bzw. unterschatzt wird, nur hat sie einen anderen Stellenwert, der be- stimmt wird durch die Arbeit auBerhalb des Gefangnisses.

Die in Miinchen angeschnittenen Punkte sollen auf einer Tagung An- fang Oktober anhand von Tatsachenmaterialien genauer analysiert werden, um zu Kriterien fur eine politische Knastarbeit zu kommen. Kontaktadresse 1st der SSHK 8 Miinchen 80, Postfach 801769. Urn den InformationsfluB zwischen den Gruppen aufrechtzuerhal ten, wird der SSHK Miinchen in seiner Zeitung "KNAST" standig Berichte aus den verschiedenen Gruppen verbffeiitlichen; dort wird auch ein aus- fuhrliches Protokoll iiber die Tagung abgedruckt werden.

2.) Homosexuellen Aktion Hamburg (HAH)-Vorbereitung auf den Jugendhilfetag

"Wir von der Homosexuellen Aktion Hamburg -HAH- halten die tagliche Diskriminierung homosexueller Ougendlicher und Homosexueller, die im Erziehungsbereich arbeiten, fur ein so wichtiges Problem, daB wir anla'Blich des Jugendhilfet?gs diesen Punkt in Zusammenarbeit mit einigen Jugendverbanden in die Diskussion bringen wollen. Dazu brauchen wir mbglichst vie! Dokumentationsmaterial aus den Be- reichen Schule, Lehre, Betrieb, Familie, Kirche und JugendarbeU. Wir wissen aus eigener Erfahrung, daB die Unterdriickung Homosexueller so wirksam ist, daB man eher seinen Mund halt. Dadurch andert sich aber nichts!

Wir fordern deshalb alle homosexuellen (seien es Manner oder Frauen) Schliler, Auszubildende, Jungarbeiter, Lehrer, Erzieher, Sozialar- beiter, Jugendpfle^er, Jugendgruppenleiter und andere =uf: Schickt uns Material Liber konkrete Falle von Diskriminierung an HAH, p. A. I.utz Fbrster, D-2000 Hambu-g 50: Postfach 500461. Weitere Informationen sind telefonisch zu bekommen liber Gdtz B.. Telefon 040-511 S5 06".

3.) Offener Brief des KV der Jugendzentren Rems-Murr an das Koordinationsbliro in Neustadt

Der Kreisverband (KV) ist ein ZusammenschluB von 21 JZ-Initiativ- Gruppen im Rems-Murr-Kreis (bei Stuttgart). Er wurde vor 2 Jahren gegrlindet, urn Erfahrungen der verschiedenen Gruppen untereinander auszutauschen, gemeinsame Aktionen zu planen und durchzufiihren. Der Kreisvrband arbeitete auch mit dein Koordinationsbliro (KB) in Neustadt zusammen, ist aber heute mit dessen Politik nicht mehr einverctanden:

"In der letzten Zeit verstarkt sich bei uns der Eindruck, daB das Koordinationsbliro (KB) versucht, sich an die Spitze der Jugendzen- trums-(JZ)Bewegung in der BRD zu stellen, insbesondere wurde das deutlich in den Artikeln im SPIEGEL (3/74) und ELAN (2/74). Wenn aber das KB ohne Mandat eine einheitliche Linie der JZ-Bewegung vertritt, la'uft das auf eine recht gefa'hrliche Politik hinaus. Wir sehen hier die konkrete Gefahr, daB die JZs im Sinne einer bostimm- ten politischen Richtunn beeinfluSt werden.

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Wir sind nicht bereit, diesen Weg des KB zu unterstUtzen.

Unsere Bedenken werden noch durch einige andere Tatsachen verstarkt:

1. Wie aus dem vorletzten Rundbrief des KB hervorgeht, wird der Do- kumentationsversand in der nachsten Zeit eingestellt und nur noch inhaltliche Arbeit geleistet. Das wurde uns auch bei einera Besuch in Neustadt von Mitgliedern des KB bestatigt.

Als aber das KB vor liber einem Jahr seine Arbeit aufnahm, haben wir auf einer gemeinsamen Sitzung mit Vertretern des KB verein- bart, daB vom KB keine inhaltliche Arbeit geleistet wird, sondern es sich auf das Sammeln und die Weitergabe von Informationsmate- rial beschrankt. Wir finden es nicht richtig, daB dieser Info- Versand einfach eingestellt wird, ohne daB dafu'r eine Rucksprache mit den einzelnen JZs stattfand.

2. Genauso aufgesetzt war auch die Einberufung eines zentralen JZ- Tages, denn wir waren uns damals einig, daB eine bundesweite Ar- beit und Aktion erst sinnvoll ist, wenn es eine Vielzahl von funktionierenden Dachverba'nden auf Kreis- und Regionalebene gibt. Dieser Grundsatz wurde vom KB erheblich verletzt.

Wir mbchten hier klarstellen, daB wir nicht grundsatzlich gegen die Einrichtung eines KBs sind, aber nur unter der Bedingung, daB es auf seine koordinierende Funktion beschrankt bleibt, und nicht versucht wird, vom KB aus der JZ-Bewegung ein Selbstverstandnis aufzudrlicken, das sie gar nicht hat.

3. Wie uns bei unserem o.g. Besuch von Vertretern des KB gesagt wur- de, arbeitet das KB nicht mehr in der brtlichen Initiative mit und verlagert seine Aktivitaten auf die Arbeit in anderen Organi- sationen, d.h., man verzichtet auf eigene Erfahrungen und be- schrankt sich auf die Erfahrungen Dritter, was natlirlich noch weniger eine Rechtfertigung fiir die gegenwartige Politik des KB sein kann.

Wir fordern das KB auf, zu diesem Offenen Brief Stellung zu be- ziehen, urn liber diese Punkte eine Diskussion innerhalb der JZ- Bewegung in der BRD in Gang zu bringen.

Verabschiedet auf der Sitzung des Kreisverbandes Rems-Murr vom

23. April 1973"

(Informationen: KV d. JZ Rems-Murr c/o Eberhard Kbgel , 7055 Stetten, Postfach 1172)

4.) Berufspraktikanten sind Studenten

Berufspraktikanten "sind wahrend ihrer gesamten Ausbildungszeit von 4 Jahren, d.h. auch wahrend der Zeit ihres einja'hrigen Berufsprakti- kums als Student (inn)en anzusehen". Dies hat das Verwaltungsgericht Kassel am 27.11.73 (AZ III E 87/73) bestatigt. Nach der in Hessen noch gliltigen Ausbildungs- und Priifungsordnung von 1968 dauert die Sozialarbeiterausbildung 4 Jahre. Das Berufspraktikum ist ein Teil der wissenschaftlichen Grundausbildung. Grundlage der Entscheidung war die sich aus der Ausbildungs- und Priifungsordnung ergebende "enge Verbindung, die wahrend des Berufspraktikums zwischen dem Prak- tikanten und der Schule fortbesteht" und "die auffallige Verbindung von Theorie und Praxis". Konsequenz der Entscheidung: Auch Berufs- praktikanten haben Anspruch auf einen Studentenausweis. (aus GEW-Zeitschrift, Erziehung und Wissenschaft, Nr. 4/74 Beilage)

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NEUER INFO IM SOZIALISTISCHEN BURO - INFORMATIONSDIENST GESUNDHEITSWESEN

Auf der ersten Arbeitstagung zur Konstituierung eines Artoeitsfeld.es Gesundheitswesen im Sozialistischen Biiro wurde u.a. beschlossen, wie in anderen Arbeits- feldern bereits praktiziert, einen Info Gesundheits- wesen aufzubauen. Die erste (noch vorlaufige) Aus- gabe soil einer (gewiss noch unvollstandigen) Be- standsaufnahme der bisherigen theoretischen und prak- tischen Aktivitaten dienen. Der erste Info bringt:

- Arbeitsberichte von Uni-Gruppen aus Marburg, Frank- furt, Munster und Mainz;

- einen Praxisbericht aus Miinchen der "Sozialmedi- ziner Hasenbergl" (stadtteilarbeit ) ;

- einen Beitrag eines Berliner Genossen zur Strate- gie im Gesundheitswesen;

- Einschatzung und Konsequenzen aus der OTV-Tarif- runde im Gesundheitswesen in Westberlin;

- Brief e und Kurzberichte aus Erlangen, Essen, Wiirz- burg, Papenburg und Miinchen;

- Aufruf zur Bildung einer Projektgruppe Arbeits- medizin

Der Info Gesundheitswesen (Heft 1) kann gegen Vor- einsendung von DM 3.— in Briefmarken bezogen werden durch VeHag 2ooo GmbH, 6o5 Offenbach 4, Postfach 591

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Halbheiten in der Uberwindung des Leninismus. Zur Leninkntik des Projekts Klassenanalyse,

N , K tdtntke

Kritik der Sozialfaschismus-Theone

W . 0 lie,

Zur Theorie des StaatskapiTalismus. Probleme von Theorie und Geschichte

BruhrW Wolfing/ Koch:

Das Geld im Imperialismus

E . A itvatar

Vorwort zu den Aufsatzen von Massa- rat und Tahmassebi

M . M atiarai

Energiekrise oder die Krise des Kapita-

lismus

A T ahm aneb.

Zur Situation der erddlexportierenden Lander des Nahen Ostens

MATERIALIEN

1.)

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3.:

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dungstext.ca. 200 Seiten, noch zu drucken. Vorbestellungen an

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Stiftung, 6 Frankfurt, Milhelm-Leuschner-Str. 25.

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DM 2.50

Literaturzusammenstellung zur GWA 1970/71

Kommunale Sozial- und Infrastrukturpolitik

GWAT-Bericht 1970/71, Haselbergl /Miinchen

Liste von Filmen Liber Probleme des Reproduk-

tionsbereichs

Literaturliste zur GWA-Obdachlosigkeit-

Sozialplanung und Sozialarbeit KNAST-ZEITUNGEN

'- DISKUS 70 Nr. 1/74 u.a. Strafvollzug durch die Senatsbrille, Arbeit hinter Gitter, Briefe, Interviews, Informationen ca. 50 S. Bezug: Diskus 70, 28 Bremen 21, Sonneraannstr. 2;

- KASCHOTT Nr. 10 u.a. Resozial isierung, Arbeitszwang, Beamte hinter Gitter, Ausbeutung der Gefangenen durch Staat und Pri- vatwirtschaft, Leserbriefe, Informationen, Lohnpfandung

ca. 30 S.

Bezug: Redaktion Kaschott, 334 Wolfenblittel , Ziegenmarkt 10;

- KNAST + RANDNOTIZEN Nr. 5 u.a. Schwule im Knast, Rundfunk im Knast, Sozialarbeit: Arbeit mit proletar. Kindern, Folter i.d. BPD, Bericht liber andere Knast-Zeitungen, Briefe, Infor- mationen ca. 55 Seiten

Bezug: SSHK e.V. 8 Miinchen 80 Postfach 801769

DM 1 ,50 + Porto TREBESPIEGEL

Die Zeitschrift des SSB e.V. 1 Berlin 30, Potsdamer Str. 180/11 bringt Berichte Liber die Trebeproblematik und aus der Heimerzie- hung;

SEX-POL-INFO Nr. 20 berichtet Liber Zusammenhange zwischen Sexual i tat, Politik und Herrschaft. Abo. DM 4.-- Bezug: SEX-Pol-Info, 21 Hamburg 90, Wetternstr. 19 PSCHA HH 379519-200

W0HNGRUPPENPLATTF0RM u.a. Materi alien zum Thema wohngemeinschaf- ten, sowie die "Montagsnotizen" mit Berichten zum Frankfurter

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8.:

Emanzipationskongress; Bezug: Humanes Wohnen e.V. 2 Hamburg 67, Buckhorn 3 ) KRIMINALS0ZI0LOGISCHE BIBLIOGRAPHIE, die 1973 v. Ludwig-Boltzmann Institut f. Kriminalsoziologie in Zusammenarbeit mit der AG f. Rechtssoziologie gegriindete Zeitschrift bringt Buchbesprechungen, Tagungsberichte und Bibliographien. Die Zeitschrift erscheint 4 x im Jahr Bezug: A - 1016 Wien, Postfach 1 "BIBLIOGRAPHIE ZUM THEMA ARBEITSIMMIGRANTEN" - die umfassendste Zusammenstellung zu diesem Gebiet, u'ber 600 Titel. Im gleichen Heft: Gesundheitsprobleme auslandischer Ar- beitnehmer. Sonderdruck des JOURNAL G DM 4.— Bezug: Kulturkomitee f. ausl . Arbeitnehmer, 7 Stuttgart 1, Schlosserstr. 36

9.) Sind die Berufsverbande und Gewerkschaften am Nachwuchs inter- essiert? Auswertung einer bffentlichen Umfrage zur Qrganisations- struktur, Zielsetzung, gewerkschaftliche und fachpol itische For- derungen in Unsere Ougend Nr. 5/74

10. )BERLINER HEIMERZIEHERZEITSCHRIFT Nr. 4/April 1974

u.a. 1. Mai 19/4, Holizei gegen Jugendzentren, Comic f. Kinder, Die Situation des Beamten, Haushaltsplan 1974, Preis DM 1.50 Bezug: HEZ 1 Berlin 61, Urbanstr. 126

ll.)ESG-INFO 3. ILLEGALITY UND VERELENDUNG

Politisch-bkonomische Untersuchung des Problems der illegal en Beschaftigung auslandischer Arbeiter. Bezug (DM 1.-- in Brief- marken beilegen): Evangelische Studentengemeinde, 3392 Clausthal- Zellerfeld, Graupenstr. la.

12.)Die neueste Ausgabe der Zeitschrift "Erziehung und Klassenkampf " (Nr. 14)befaBt sich ausschlieBl ich mit Hochschulproblemen und vor allem Studentenorganisationen und studenti'scher Politik. Erhaltlich im linken Buchhandel bzw. uber Verlag Roter Stern, 6 Frankfurt, Postfach 8ool47.

13.) Eine Tonkassette fur ttirkische Arbeiter hat das Kulturkomitee fur auslandische Arbeitnehmer gemeinsam mit dem tiirkischen volks- sanqer Sefile herausgebracht. Zur Kassette gehbrt auch eine Bro- schure mit den Texten. Die Lieder befassen sich mit der Situation der turkischen Arbeiter und Bauern. Kassette und Band(72 Seiten) kosten einschlieBl ich Porto und Versand DM 13. . Bestellungen an Kulturkomitee fur auslandische Arbeitnehmer, 7 Stuttgart 1, Schlosserstr. 36. 14.)Auslanderrecht. Textsammlung mit alphabetischem Wegweiser durch das qesamte Auslanderrecht. Herausgegeben von Rechtsanwalt Hans Heinz Heldmann. 272 Seiten, Taschenbuchformat, Bezug gegen DM 10.-- in Briefmarken. RA Heldmann, 61 Darmstadt, Jahnstr. 103. lb. J Journal G - Dokumentation zu Problemen auslandischer Arbeitneh- mer; Heft 3/74 Schwerpunktthema: Zur Situation nach dem Anwerbe- stopp. Zu beziehen bei Kulturkomitte fur auslandische Arbeitneh- mer, 7 Stuttgart 1, Schlosserstr. 36. 16.) Material ien des Bundes Deutscher Pfadfinder zur Theorie und

Hi-axis demokratischer Jugendarbei t: Nr. 11 Jugendarbeit und staat- liche Jugendpolitik; gegen Voreinsendung von DM 3.— + Porto zu erhalten bei BDP, 6 Frankfurt, Hamburger Allee 47. Stadtteilzeitung Neuperlach/Munchen bescha'ftigt sich mit dem Ihema Lehrlingsausbi idung und bringt Informationen aus dem Stadt- teili Kontaktadresse: Redaktionsteam c/o Renate Kotzam, 8 Mun- chen 83, Karl Marx Ring 51 (Stadtteilburo) .

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KLEINANZEIGEN

Sozialpadagogin (ehem. Erzieherin), 25 mit Interesse an Stadtteil- und Teamarbeit sucht zum 1.11.1974 Stelle im Bereich der- offenen Arbeit mit alteren Schulkindern. Angebote an Info Sozialarbeit im Sozia'listischen BUro, 605 Offenbach 4, Postfach 591 Abiturientin mochte auf der FHS Sozialpadagogik studieren und sucht fur ein Vorpraktikum (1/2 Jahr) eine Praktikumsstelle in einem Erziehungsheim oder einer Jugendwohngemeinschaft im Raum Gbttingen/ oder Giessen. Angebote an Info Sozialarbeit GWA in Obdachlosensiedlung: Wir suchen Kontakt zu einem (einer) Sozialarbeiter(in) der interessiert ware, im Team eine Intensivarbeit mit einzelnen Familien (keine Fafu) zu leisten.

Kontaktadresse: R. Prelle, 6 Frankfurt, Breitlacher Str. 38 Tel. 788767 Internationale Jugendgemeinschaftsdienste e.V.-Gesellschaft fur Internationale und politische Bildung - sucht zum Herbst einen Jugendbi 1 dungs ref erenten , dessen Aufgaben vor allem im Bereich der Tnnal tl ichen Oua 1 if lzierung der Teilnehmer an Gemeinschaftsdiensten liegen. Er oder sie braucht dazu praktische Erfahrungen in der auBer- schulischen politischen Jugendarbeit, Kenntnisse der gegenwartigen Diskussion in diesem Bereich, Kontakt- und Kooperationsbereitschaft, organisatorische Fahigkeiten, ein abgeschlossenes Universitatsstudi- um entsprechender Richtung. Nahere Ausklinfte bei: IJGD, 53 Bonn, Kaiserstr. 43

Wir mb'chten eine sozialistische Kindergruppe aufbauen und suchen Kontakte zu bestehenden Gruppen. Kontaktadresse: Wolfgang Langer, 3 Hannover, Kleestr. 12

Die Kooperative Jugendberatung Neuperlach sucht ab sofort hauptberuf- Tiche Mitarbeiter (Sozialarbeiter/Sozialpadagogen grad.) mbglichst mit Erfahrung in der Jugendarbeit. „.„-0

Angebote an: Kooperative JB, 8 Munchen 83, Quiddestr. 17 Tel. =674938 Der soziale Friedensdienst Kassel , eine Model leinrichtung der ev. ■Ri'rche f.d. Zivildienst mit z.Zt. 25 ZDL, sucht einen hauptamtl ichen Geschaftsfuhrer fur die Funktion des Beauftragten gegeniiber dem Bun- "desamt f.d. Zivildienst, den Zivildienstleistenden und den Einsatz- stellen. Voraussetzungen: sozialpadagogische Ausbildung, politisches Interesse, Bezahlung nach BAT, Zusatzversicherung, Hilfe bei der Wohnungssuche. Bewerbungen an: Sozialen Friedensdienst Kassel, z Hd. Herrn KeBler, 35 Kassel, Sta'ndeplatz 4

Sozialpadagogen (2) suchen mbglichst in Berlin eine Stelle in einem Juqendzentrum: Jurgen KUppers u. Elisabeth Bouten, 51 Aachen, Frankenstr. Z -

Sozialwissenschaftler, die liber Freizeit- und/oder Gesamt-Ganztags- schule theoretisch arbeiten und durch Informationsaustausch die wis- senschaftliche Konkurrenz etwas abbauen wollen, schreiben bitte an: Wolf Blass, 2 Hamburg 55, Schenfelder Landstr. 151 a

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FHS-Studentin sucht fur ihre Examensarbeit Kontakte, Material ien,

Erfahrungsberichte und Literatur zum Thema: Die Bedeutung der bild-

nerischen Erziehung (bildnerisches Gestalten) bei Kindern im Alter-

zwischen 5 und 14 Jahren. Inwieweit I a [it sich diese Bedeutung auf

verhaltensgestbrte Kinder ubertragen?

Si grid Hulverscheid, 59 Siegen, Marburger Str. 3. IC

Ich suche Anregungen, Projektberichte, Literaturhinweise, Konzep-

tionen, praktische Erfahrungsberichte, kurzum soviel Material wie

mbglich iiber Kinder- und Jugendarbeit in einer Obdachlosendiedlung.

Dietrun Feth, 68 Mannheim 42, Gerarer Ring 2/112.

FHS-Studentin sucht fur Examensarbeit zum Thema "Kommunale Sozial-

arbeit" Literatur und Erfahrungsberichte, besonders aus dem Bereich

der Familienflirsorge. Marlies Grafe, 8 MLinchen 60, Landsberger Str. 51 9

Material und Kontakte gesucht zum Thema "Hauptschlilerarbeit im

Freizeitbereich". Jugendzentrum c/o Inge Nosal, 6833 Kirrlach,

Ostendstr. 2

Erfahrungeberichte und Material gesucht zum Thema "Arbeit mit Lehr-

1 i ngen im Frei zei tbereich" . Sozialpadagogik-Student Kalle Altenbrun-

ner, 34 Gbttingen, Rastenburger Weg 2.

Sozialarbeiterstudenten der KFH fiir Soziales suchen Kontakte, Mate-

rialien zu AKS-Gruppen zu folgenden Projekten: Jugendwohngemeinschaf-

ten, Lehrlingsarbeit, Kinderladen, Jugendzentren.

Adresse: Michele Landezki , 5 Kbln 1, Fleischmengergasse 2.

Dringend Untersuchungen Liber sozialen Wohnungsbau gesucht.

G'unter Fries, 61 Darmstadt, Rhbnring 59

Material gesucht zu Jugend- und Erwachsenenbildung (Berufsfeld der

Sozialarbeit/Sozialpadagogik) und zum Projektstudium an Ausbildungs-

statten fiir EA/SP (Uni/GHS/FHS) . Kosten werden erstattet.

Zuschriften an R. Ha'hner, 59 Siegen, Leystr. 6.

Suche dringend Material iiber Lehrgange, Unterrichtseinheiten Oder

Erfahrungen mit Hauptschlileri'nnen/-schulern in Jugendclubs bzw.

-verbandsarbeit in Bezug auf Geschl echterrol 1 entrennung , bei denen

versucht wurde, geschl echtsspezi f i sche Verha I tenswei sen anzuknacken,

bzw. die Unterdriickung von Madchen/Frauen insbesondere zu thematisie-

ren. Die Zusammenstellung dieser Erfahrung werde ich fiir Interessier-

te zuganglich machen: Christa Wolff, 34 Gbttingen, Kreuzbergring 12,

Telefon 0551/58437

Die Cabora-Eassa-Gruppe Frankfurt sucht Mitarbeiter. Unsere Arbeit:

a) Materielle llnterstu'tzung der Befreiungsbewegungen in den portu-

giesischen Kolonien (FRELIMO, MPLA, PAIGC), besonders technische

Hilfe. b) Uffentlichkeitsarbeit und Gegeninformationen. Dazu sind

u.a. 2 Filme iiber die FRELIMO vorhanden. c) Mitaufbau der Solidari-

tatsbewegung fiir die Befreiungsbewegungen im slidlichen Afrika in

der BRD. Meldet euch bitte bei Reinhold Einloft, 6 Frankfurt,

Robert Mayer Str. 31, Tel.: 0661/903291

Fur Schwerpunktarbeit im Jugendzentrum Porta (Porta Westfalica,

Ostwestfalen) und Koordinierung von Jugendarbeit in der Stadt wird

Sozialarbeiter bzw. -padagoge gesucht. Naheres iiber:

Wolfgang WeiB, 4952 Hausb erge, Ortsstr. 21, Tel. 0571/7672

Sozialpadac|oge, Berufserfahrung mit Erwachsenenbildung, Jugendarbeit,

zielorientierter repressionsarmer Vorschularbeit und praktische

Erfahrung in Gruppendynamik sucht ab sofort oder zum 1.7.1974 neue

Tatigkeit im Raum Hamburg. Peter Walpurgis, 2 Hamburg 50, Fischers

Allee 72.

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Sozialarbeiter/Sozial padagoge fiir Behindertenarbeit im Projekt "Wohngruppe Wimmel straBe" gesucht. Naheres Liber Aufgabenbereich, Bezahlung etc.: B. Schlirmeyer, 35 Kassel , Wimmelstr. 6 Sozialzentrum Frauensteiner StraBesucht dringend padagogische Fach- kraft fiir Spiel stubenprojekt in sozialem Brennpunkt in Wiesbaden. Bewerbungen sind zu richten an: Sozialzentrum Frauensteiner StraBe, 62 Wiesbaden-Dotzheim, Frauensteiner Str. 112, Tel . :06121/421039 Die "Arbeitsgruppe Knast" an der Fachhochschule Sozialpadagogik in Darmstadt sucnt zu anderen im Reso-Bereich arbeitenden politischen (nicht karitativen) Gruppen Kontakt zwecks Kommunikation und Zusam- menarbeit. Die Gruppe will mit bffentlichen Aktionen und Veranstal- tungen auf MiBstande und Repressionen im Strafvollzug aufmerksam machen und beabsichtigt, auch einen Beitrag zur Berufsperspektive (fast alle Mitglieder studieren Sozialpadagogik) innerhalb der Grup- pe zu leisten.

Kontaktadresse: "Arbeitsgruppe Knast" FH Darmstadt, 61 Darmstadt, SchbferstraBe c/o Helmut Ortner FB Sozialpadagogik. Auf dem Emanzipations-Seminar in Frankfurt wurde uns in der Arbeitsgruppe "Kinder" klar, dafi es nbtig ware, einmal alle prakti- schen Erfahrungen und Theorieansatze zusammenzutragen und auszutau- schen. Wir wollen also eine Tagung vorbereiten, die vielleicht im Herbst an der Uni Hannover stattfindet. Weitla'uf iges Zfel der Tagung: Beitrag zu einer sozialistischen Padagogik. Wir sind dabei auf sure Unterstiitzung angewiesen. Bitte gibt uns Tips, Adressen, Themenvor- schla'ge, Beitra'qe usw. Wir suchen noch Leute, die helfen, die Tagung inhaltlich vorzubereiten. Der Erfolq dieser Sache ha'ngt von eurem Echo ab: Kontaktadressen: Use Kruger, 1 Berlin 61, Tempelherrenstr.3 oder Wolfgana Hermes, 1 Berlin 36, Forsterstr, 3, Telefon 030/612 42 52. Folk-Magazin - Zeitschrift fur Kabarett, Song, Chanson, Folklore, pb'litisches Lied, Kinderlied, Randgebiete. Probeheft gegen Voraus- zahlung von DM 1 .--: Edition Venceremos, 609 Russelsheim, Bodenheimer

Str. 2.

Suche fiir eine Untersuchung Materialien (Streikberichte, Erfahrungs- berichte, Dokumente, Resolutionen usw.) zum Thema "Politisches und qewerkschaftliches Verhalten der auslandischen Arbeiter und ihr Ver- haltnis zu den Gewerkschaften in Europa". Martin Frey, 507 Berg. Gladbach, Haus Lerbach.

Eine neue Auf 1 age der Broschlire "Kriegsdienstyerweiqerunq - ein Grundrecht" der AGG (Arbeitsgemeinschaft der katholischen Hochschul- gruppen und Studentengemeinden) ist erschienen. Bei dieser neuen Auflage wurden die Aufmachung verbessert und Fehler berichtngt. Die Broschiire entha'lt: Entwicklung des Rechts auf KdV; Der formale Weg zur Anerkennung; Der Ersatzdienst; Anschriften. Die Broschu're kostet DM 2.— (in Briefmarken beilegen) und kann bezogen werden iiber Arbeitskreis Bundeswehr und KdV, 54 Koblenz, Schiitzenstr. 40. Suche dringend Material und Projektberichte fiir Diplomarbeit iiber padagogische Handlunqsstrategien mit Betroffenen (besonders Kinder, Alte, Auslander) bei stadtebaulichen Problemen (v. a. Sanierung). Dorothee Prause, 74 Tubingen, Zwehrenbuhlstr. 43, Telefon 07122/

cyyo

In der Philosophischen Fakultat der RWTH Aachen ist ab sofort die Stelle eines wissenschaftlichen Rates und Professors fur Erziehungs- wissenschaft zu besetzen. Interessenten sollten die Ausschreibungs- unterlagen "s'ofort anfordern bei Dekan der Philosophischen Fakultat der RWTH Aachen, 51 Aachen, Karmanstr. 19.

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Wir, ein Team von Sozialarbeitern, Studenten und Honorarkraften

in der Drogenberatung Wiesbaden suchen flir sofort oder spa'ter

einen Sozialarbeiter (in), der (die) daran interessiert ist, mit uns

im Team neue Mbglichkeiten des Abbaus der Drogenabhangigkeit zu ent-

wickeln und zu verwirklichen,

Drogenberatung 62 Wiesbaden, Karl-Glassing-Str. 5, Tel.: 306503

Material qesucht zum Thema "Ausbildung der Erzieher im Vorschulbereich"

auch Literaturhinweise, Reinhold Bauer 44, Miinster, Schillerstr.31 .

Wir sind eine Initiativgruppe, die flir ein freies Juqendzentrum in

Witten kampft. Die Stadt Witten hat 2 Sozialarbeiterstel len frei .

Wir mbchten gern, daB Sozialarbeiter die Stellen kriegen, die an

einer Zusammenarbeit mit uns und an der Arbeit in einem Jugendzen-

trum interessiert sind. Nehmt mit uns Kontakt auf: Hans-Leo Bobber,

6804 Nerdecke 2, Weg zum Poethen 81.

Jugendzentrum Neuhausen in MLinchen sucht einen Sozialarbeiter mit

praktischer Erfahrung. Schreibt oder telefoniert an JZ NeuFausen,

3 Munchen 2, Lothstr. 54/ 089 - 183212.

Suche systematische, theoretische und empirische Neuverbffentlichun-

gen zum Bereich "Humanisierung bzw. Pemokratisierung der Arbeitsbe-

dingungen" zur Auswertung flir eine sozio-politische Examensarbeit:

Walter Sandritter, 68 Mannheim 25, Ludwig Richter Str. 7.

Ich bin bis 6.8.1975 in Haft. Bereits seit 14 Monaten habe ich keinen

Kontakt zur AuBenwelt. Wer ist bereit, mit mir zu korrespondieren

(mbglichst Umkreise Bremen und Bremerhaven).

Gerd Bunting, 285 Bremerhaven, Nordstr. 12/JVA.

Projektgruppe der FHS-Sozialarbeit Esslingen sucht Material zum

Thema Beziehunq Sozialarbeiter/Klientel im Gesamtzusammenhang der

Funktion der Sozialarbeit. Unterlagen bitte senden an:

Susanne Gb'tz, 7257 Ditzingen 4, Rossggerweg 3.

Wer hat Interesse an der Grlindur.g eines autonomen Disku«si"ns- und

Informationszentrums in Bremen flir Schuler, Lehrlinge und Jungar-

beiter? Kontaktadresse: Horst-Dieter Stbhr, 28 Bremen-Walle,

Dithmarsche Freiheit 21.

Linker Buchladen sucht zum 1.9.1974 Buchhandler (in).Evtl auch nur

fur 6 Mot

Str. 34.

fur 6 Monate. Zuschriften an: Probuch GmbH, 89 Augsburg, Gb'gginger

bur

□as unabhangige Jugendzentrum KornstraBe in Hannover sucht ab sofort eine padagogisch ausgebildete Fachkraft als Kollektivberater fiir ein Arbei terjuqend- Wohnkol 1 ekti v Kontaktadresse: Verein fiir ange- wandte Sozialarbeit, 3 Hannover," Kornstr. 28 - 30, Tel .: 0511/71 5033. Unser Team, das in MLinchen versucht, eigene padagogische Vorstellun- gen in der Arbeit innerhalb einer Institution durchzuflihren, sucht ab sofort einen mannlichen Mitarbeiter, der bereit ist, im Team offene Arbeit mit zum Teil qefahrdeter Kindern und Jugendlichen in

einem Arbei terviertel mit Randqruppenproblematik zu leisten. Inter-

'"'" "' nala 605 Offenbach 4, Postfach 591.

essenten wenden sich an Info Sozialarbeit im Sozialistischen BLiro,

Projektgruppe der FHS-Sozialarbeit Esslinqen sucht Material zum Thema Beziehunq Sozialarbeiter -Klient" im Gesamtzusammenhang der Funktion der Sozialarbeit. Susanne Gbtz, 7257 Ditzingen-4, Rosegger- weg 3.

Sozialarheiter(in) mnglich«;t mit. Heimerfahrung flir ein Jugendwohn- kollektiv im Munsterland gesucht. Bezahlung nach BAT IV/Wohnung wird gestellt; Anfragen bei Info Sozialarbeit im Sozialistischen Biiro, 6o5 Offenbach 4, Postfach 591.

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SOZIALISTISCHE AKTI0N JUGENDHILFETAG

Erklarung zur Absage des 5. DJHT durch die AGJ

Der seit 2 Jahren mit erheblichen Steuermitteln von der AGJ vorberei- tete 5. DJHT wurde kurzfristig unter fadenscheinigen Begriindungen im Hinblick auf die Sozialistische Aktion abgesagt. Die in der Sozia- listischen Aktion zusammenarbeitenden Sozialarbeiter/Sozialpadagogen verurteilen diese Absage.

Die Sozialistische Aktion hat sich im Januar 1974 in Bielefeld kon- stituiert und arbeitet seither in regionalcn Vorbereitungsgruppen und auf Uberregionalen Koordinationstreffen. In einem Aufruf und einem "Offenen Brief an die AGJ" hat die Sozialistische Aktion ihre Ziel- vorstellungen und Forderungen in Bezug auf diesen Jugendhilfetag for- muliert; die Streichung der Teilnehmergeblihren sollte einer groBen Anzahl von Sozialarbeitern/Sozialpadagogen aus der Praxis die Teil- nahme am 5. DJHT ermbglichen und zum anderen die Struktur des Jugend- hilfetags so beeinflusst werden, daB mit dem v«rbalen Anspruch der AGJ "ein offenes Forum fiir die Diskussicn der Jugendhilfepraxis herzustellen" ernst gemacht wird undpolitisch brisante Themen nicht ausgeblendet bleiben. Die Sozialistische Aktion geht davon aus, daB geplante Vera'nderungen im Bereich des Jugendrechts nur sinnvoll dic- kutiert werden kbnnen, wenn von der Analyse der derzeitigen Jugend- hilfepraxis mit all ihren Problemen, Behinderungen und Disziplinie- njngen, sowie der allgemeinen Situation der Arbei ter jugendlichen und ihrer Familien, Fragen des Berufsverbots, der politischen Justiz etc. ausgegangen wird.

Der Durchsetzung dieser Forderungen haben sich hunderte vonSozial- arbeitern/Sozialpadagogen aus der gesamten BRD und Westberlin an- geschlossen. Selbst aus den Reihen der AGJ-Mitgliedsverbande massier- ten sich die Forderungen, den Jugendhilfetag offen zu gestalten und eine breite Meinungs- und Willensbildung der erwarteten 3 000 Teil - nehmer zu ermbglichen. Diesen Forderungen ist der AGJ-Vorstand durch die Absage des Jugendhilfetages bewuBt ausgewichen. DaB dabei mehr als 53.000 DM Steuermittel in der Vorbereitungsarbeit verschleudert wurden, bereitet dem AGJ-Vorstand offensichtlich kein Kopfzerbrechen.

Mit der Absage des 5. DJHT hat die AGJ nicht nur vor der zu erwarten- den Kritik der Praktiker kapituliert, sondern auch deutlich gemacht, daB es ihr mit dem Jugendhilfetag lediglich um eine schein-demokra- tische Legitimation staatlicher Jugendpolitik und um die Sicherung der Loyal itat der "Fachbasis" gegeniiber dem burgerlichen Staat ging. Nicht die "Gefahr einer Sprenung des 5. DJHT" ware fur die AGJ und die Spitzen der Burokratie zu beflirchten gewesen - denn durch eine

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KoT?Siso^,rCh di? Sozia^tische Aktion nur von der Masse der_ zuna Uber S?I f "i^ern die ""stehende politische Auseinanderset am qeD?antpn ! U9e^-11lfepraxis in v^bindung mit einer harten KritiK SnSat «n h! 9en1hllferecht« das kaum dazu beitragen wird, die

ziel e Fining-1?5 durc5 die ^ektion der Teilnehmer (hohe finM- ein"L*!Sl2,SB8 Un2 Abhs"9igkeit von DienstbefreTungen soil ten ,t P We*to sch?f^n) und die Auswahl der Redner; nur die verschlPiPrn °^ komraen, die der AGJ politisch genehra sind und die a*s ein ncJ.helf!^ daB Ju9endhi1fe zukiinftig mehr noch als b«her Konf? ktp SJ?ment ?eS Staates zur Politischen Kontrolle soz aler abhSnaiop EES^J?* Werden kann" Als e1ne vo" d^ Bundesregierung fKEffi'S Jnstitution wendet die AGJ mit h«. Absage die 1hr»irjgft»

diszi«lin^tZt f5rner^1e Absage' um kritische Sozialarbeiter zu Sozial st Urh»nUS^-U d1ffa™'e™, indem sie behauptet, die in der "die frP1W??,£kH10", rePrasentierten Sozialarbeitergruppen wll*" treutln lin£l lch demokratische Ordnung unseres Staates" und die be S §*? "nd Jugendliche "in Wahrheit doch nur fur die Durch- hat s?rh SlTatf1!1/ Shen Ziele miBb*-auchen". Hit dieser Erklarunfl dem HamLrnL DJ;-?r?tand,ZL,m Vo^eiter der Krafte gemacht, die-sel* schen nnH ^- aM-aIener1aB f°>-tschrittliche Padagogen mit juristi hat auch h IrV /1Ch?" ^itte1n und Berufsverboten bedrohen. .Damit sche Aktion" '^f seine im "0ffenen Brief an die Sozialisti D01iti,rhp n,-3 ?ek-ndl9te Stellungnahme zum Thema "Berufsverbote, pontische Disziplmierungen" abgegeben.

mit KM ^^ialarbeitern/Sozialpadagogen, die gemeinsam "ektlw a B W betreuten" Arbeiterjugendlichen und -fanrillen d "I"6 ?egen den P°litischen und administrative* «■

qeoen 2aS "kT^3 -Ur0kratien durchzusetzen versuchen, ist letztH-n dKkkunq der Arh l! u?lbSt 9erichtet und ein Moment in der Unter- aruckung der Arbeiterklasse durch den biirgerlichen Staat.

qinnenSundM?ipChL,nf ma,nBvr der AGJ wil"d allerdings von den Kolle- d™zia?is? r^n durchschaut werden, die Diffamierungen: der In nSdaqooen w?rn n-eLAktl2n zu«™enarbeitenden Sozialarbeiter/Soziai paaagogen wirdmcht verfangen

voren'halten^rHp^5396 deS 5" DJHT de" Praktikern eine Moglichkf arTikulterln ^SA" geme nsamen mteressen und Forderungen zu schaffen um'an? nf !".S1?.sich andere Artikulationsraoglichkeiten f!6"! um auf die Situation der Jugendhilfe d-e miserablen Ar- n!erunqennu9ndn9RprUfd d1f v^"harfte Elg'ement erung durch DiszipH' SJW Berufsverbote aufmerksam zu machen und liber die kon- trollierend. und disziplinierende Funktion der Jugendhilfe aufkla'ren-

SofilyDadIqonpna!1SHiSChen Aktion ^usammenarbeitenden Sozialarbeiter/ zCm anderen a?^ tJt* I™ einen die regionale Arbeit verstSrken und rum herzul?el In l?=r|bUU9e2 unte^tUtzen, ein breites Diskussion*f° und Elternaruinp; 6 fo»;dert. deshalb alle fortschrittlichen JuS^d i" entsprechendpn,T^?-^-erbande und Sozialarbeitergruppen etc, auf.

SWS ^EKi&E PRAXIS DIE DEN INTER; ESSEN DER UNTERPRIVILEGIERTEN KINDER UND J§gENDLKHEn'w?RKUCH NOTZT!

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